Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Juni 2015 - 12 Ca 4043/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert wird auf 14.020 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie Weiterbeschäftigung.
3Die am 19.6.1962 geborene, verheiratete Klägerin hat eine 19jährige Tochter, die sich noch in der Ausbildung befindet. Sie ist kein Gewerkschaftsmitglied.
4Sie ist gelernte Bürogehilfin und hatte unter dem 1.7.1981 bei der T. als Schreibkraft angefangen. Zum 1.4.1991 wurde das Arbeitsverhältnis von der Rechtvorgängerin der Beklagten übernommen. Schriftlich teilte diese den Mitarbeitern in diesem Zusammenhang u.a. Folgendes mit:
5"�Im Hinblick auf Ihren erreichten Besitzstand möchten wir ausdrücklich bestätigen, daß die X. die bestehenden Anstellungsverhältnisse unter Berücksichtigung Ihres bisher bei T. und der X. ). erreichten arbeitsrechtlichen Besitzstand übernimmt. Im Hinblick auf die zusätzlich geltenden Regelungen des Manteltarifvertrages für das private und öffentliche Bankgewerbe und die Betriebsvereinbarung der X. gilt mit Wirkung vom 01.04.1991 an eine 39-Stunden-Woche.
6Nach Abschluss der mit dem Betriebsrat geführten Verhandlungen freuen wir uns, Ihnen ferner mitteilen zu können, daß die X. bereit ist, bei den Vergünstigungen der Paragraphen 2, 5, und 12 der Betriebsvereinbarung Ihre Betriebszugehörigkeit anzurechnen und auf die festgelegten Wartezeiten zu verzichten�.."
7Zuletzt war die Klägerin als Mitarbeiterin der Telefonzentrale in einer 30-Stunden-Woche zu einer durchschnittlichen Vergütung von 3505 € brutto bei einer Eingruppierung in die Tarifgruppe 4 beschäftigt.
8Die Rechtsvorgängerin der Beklagten als M. und international tätige Geschäftsbank war aufgrund eines Beschlusses der Europäischen Kommission vom 20.12.2011 abzuwickeln. Die Beklagte selbst beschäftigt regelmäßig weit mehr als 10 Arbeitnehmer, darunter auch Mitarbeiter mit vertraglichem Rückkehrrecht zur landeseigenen Bank (sogenannte Doppelverträgler). Sie unterliegt dem Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für das Bankgewerbe (im Folgenden: MTV). Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet.
9Bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen selbst gibt es seit dem Jahr 1969 eine Betriebsvereinbarung (im Folgenden: BV), die mehrfach - zuletzt am 18.12.2009 - erneut abgeschlossen wurde, unter § 4 (Kündbarkeit nur aus wichtigem Grund) aber im Wortlaut unverändert folgende Regelung enthält:
10"Mitarbeiter/-innen, die mehr als zwanzig Jahre ununterbrochen in der Bank tätig gewesen sind, können nur aus einem in ihrer Person liegenden wichtigen Grund gekündigt werden."
11Demgegenüber findet sich in § 17 Ziffer 3 MTV seit dem 12.11.1975 Folgendes:
12"Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören, sind nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar.
13Das gilt nicht, wenn ein Anspruch auf Altersruhegeld bzw. vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Rente wegen Erwerbsminderung geltend gemacht werden kann. Im Fall des Eintretens der teilweisen Erwerbsminderung und der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entfällt der Kündigungsschutz nur unter der weiteren Voraussetzung, dass für den Arbeitnehmer kein seinem Leistungsvermögen angemessener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden ist oder werden kann.
14Die Möglichkeit der Änderungskündigung bleibt unberührt. Für die Verdienstsicherung gilt § 7 Ziffer 5 MTV."
15Zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der W. wurde unter dem 3.11.2011 ein Tarifvertrag zur Restrukturierung und Beschäftigungssicherung bei der X. AG (im folgenden I.) geschlossen zur Regelung der Restrukturierungsmaßnahmen, die durch die Umsetzung von Auflagen aus verschiedenen EU-Entscheidungen veranlasst sind bzw. werden (§ 2 I.). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
16"§ 4Beschäftigungssicherung bei Restrukturierungsmaßnahmen gemäß § 2
171.Grundsatz
181.Betriebsbedingte Beendigungskündigungen sind bis zum 31.12.2012 ausgeschlossen. Auch danach sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen möglichst zu vermeiden. Dies setzt voraus, dass die Abbauziele, die sich aus den Umstrukturierungsmaßnahmen gemäß § 2 ergeben, erreicht werden. Die Abbauziele sind bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich von der Bank zu beschreiben.
19Bank und Betriebsrat überprüfen jeweils zum Quartalsende, ob die Abbauziele zum jeweiligen Jahresende erreicht sein werden. Sind die Abbauziele nach den zum Überprüfungszeitraum bekannten Personalveränderungen zu dem auf den Prüfungszeitpunkt folgenden jeweiligen Jahresende - beim vierten Quartal das Jahresende desselben Jahres - zu 90 % erreicht, ist der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen bis zum nächsten Prüfungszeitpunkt ausgeschlossen. Im Interessenausgleich können abweichende Stichtage vereinbart werden.
202.Zur Beschäftigungssicherung wird die Bank, insbesondere für die Dauer der Maßnahmen zur Einleitung und Umsetzung der Restrukturierungen, vor jeder Entscheidung zum Einsatz externer Beratung und Dienstleistung prüfen, ob die entsprechenden Leistungen nicht von internen Mitarbeitern erbracht werden können. � "
21Unter dem 4.12.2012 hat sie die BV vorsorglich zum 30.6.2013 gekündigt.
22Mit dem Betriebsrat schloss sie am 12.07.2013 den Interessenausgleich "Rückbau Q. und Errichtung T." (nachfolgend: Interessenausgleich).
23Nach § 7 Ziffer 1 des Interessenausgleichs ermöglicht die Beklagte den Mitarbeitern unter den dort näher aufgeführten Voraussetzungen einen Ringtausch von Beschäftigten, die von den Maßnahmen aus diesem Interessenausgleich nicht betroffen sind und vergleichbaren Beschäftigten, die ein Angebot auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung oder einer Altersregelung nicht annehmen wollen. Mitarbeiter, die an einem solchen Ringtausch interessiert sind, können ihr Interesse der Evidenzstelle gemäß § 9 Interessenausgleich mitteilen und werden dort auf der "Evidenzliste" geführt. Eine Zustimmung der Beklagten zum Ringtausch ist erforderlich.
24Gemäß § 23 des Interessenausgleichs wurden vom Stellenabbau betroffene Mitarbeiter, die ein Angebot zum freiwilligen Ausscheiden abgelehnt hatten, nach dem Wegfall ihrer Stelle dem Geschäftsbereich Restrukturierung zugeordnet.
25Im Hinblick auf eine Sozialauswahl haben die Betriebsparteien die als Anlage 6 dem Interessenausgleich beigefügte "Betriebsvereinbarung und Auswahlrichtlinie zur Besetzung von Stellen und für die Auswahl bei betriebsbedingten Kündigungen" geschlossen.
26Der Bereich der inneren Dienste (Postservicecenter, Empfang/Telefonzentrale, Wirtschaftsdienste) ist zum 31.12.2013 fremd vergeben worden. Die Telefonzentrale wurde von der Firma L. übernommen. Die zuvor als Telefonisten beschäftigte Klägerin wurde dem Geschäftsbereich Restrukturierung zugeordnet.
27Die Beklagte hörte den bei ihr gebildeten Betriebsrat mit Schreiben vom 11.6.2014 zur beabsichtigten Kündigung die Klägerin an. An diesem Tage ließ sie bereits um 8.30 Uhr verlautbaren, dass sie sich für die Kündigung entschieden habe und veröffentlichte um 10.00 Uhr im Intranet, dass die Kündigung erfolgen werde.
28Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 18.6.2014. Gleichwohl kündigte die mit Schreiben vom 20.6.2014, der Kläger am selben Tage per Boten zugestellt, das Anstellungsverhältnis ordentlich betriebsbedingt zum 31.1.2015 und stellte sie ab dem 1.7.2014 frei.
29Mit der am 3.7.2014 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen, der Beklagten unter dem 9.7.2014 zugestellten Klageschrift wendet sie sich gegen die ausgesprochene Kündigung, mit Klageerweiterung vom 23.10.2014 begehrt sie die Weiterbeschäftigung.
30Sie ist der Auffassung, dass die ausgesprochene Kündigung wegen eines Verstoßes gegen § 4 BV unwirksam sei. Sie habe jedenfalls auf die Wirksamkeit der Regelung vertrauen können. Zudem beruft sie sich darauf, dass die Kündigung gemäß § 4 I. i.V.m. § 7 Ziffer 2 des Interessenausgleiches vom 12.07.2013 ausgeschlossen sei. Sie rügt die Sozialauswahl und behauptet, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten. Dabei ist sie der Auffassung, dass die Beklagte willkürlich zu ihren Lasten einen Ringtausch zwischen der Betriebsratssekretärin N. und der Mitarbeiterin C. vorgenommen habe. Sie könne anstatt Frau I. als Sekretärin arbeiten oder auch die Tätigkeiten des Mitarbeiters F. ausüben. Sie sei kündigungsrechtlich als auch versorgungsrechtlich mit den Doppelverträglern gleichzustellen. Sie ist ferner der Auffassung, dass die Beklagte eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG hätte erstatten müssen. Ferner rügt sie die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung und die Einhaltung der Wochenfrist des § 102 BetrVG. Den Weiterbeschäftigungsanspruch stützt sie auch auf den Widerspruch des Betriebsrats.
3132
Sie beantragt zuletzt unter Rücknahme des allgemeinen Feststellungsantrages,
331. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagtem vom 20.06.2014 aufgelöst worden ist;
342.die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Telefonistin, hilfsweise als Schreibkraft, hilfshilfsweise als Sekretärin bis weiterhin bestehender Eingruppierung unter der Tarifgruppe 4, hilfshilfshilfsweise mit den Tätigkeiten einer Bürokauffrau betraut, insbesondere in der Abteilung Restrukturierung, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über Feststellungsantrag zu 1.) weiter zu beschäftigen;
35Die Beklagte beantragt,
361.die Klage abzuweisen;
372.vorsorglich die vorläufige Vollstreckbarkeit eines erstinstanzlichen Urteils auf Weiterbeschäftigung auszuschließen.
38Sie trägt vor, dass die Stelle die Klägerin mit der Auslagerung der inneren Dienste ersatzlos entfallen sei. Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten gebe es nicht. Es seien keine freien Arbeitsplätze vorhanden, die ihr nach ihren Kenntnissen und Qualifikationen zur Vermeidung der betriebsbedingten Kündigung hätten angeboten werden können. Sie trägt vor, dass die Stelle der Betriebsratssekretärin in die Tarifgruppe 6 eingruppiert sei, die Mitarbeiterin I. seit dem 1.5.2001 als Team-Assistentin beschäftigt und in die Tarifgruppe 5 eingruppiert sei und verweist darauf, dass der Mitarbeiter F. der Vorgesetzte der Klägerin sei. Die Kündigungen seien erst am 20.6.2015 unterschrieben worden.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
41I.
42Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
431.
44Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die mit Schreiben vom 20.6.2014 ausgesprochene Kündigung mit Ablauf des 31.1.2015 beendet worden.
45a)
46Die ausgesprochene Kündigung ist nicht nach § 4 BV i. V. m. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unwirksam.
47aa)
48Nach § 4 BV kann einem Mitarbeiter, der - wie die Klägerin - mehr als zwanzig Jahre ununterbrochen in der Bank tätig gewesen ist, nur aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund gekündigt werden. Der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung wäre damit ausgeschlossen. Voraussetzung für die unmittelbare und zwingende Geltung einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist aber wirksame betriebsverfassungsrechtliche Regelung. Daran fehlt es hier.
49§ 4 BV ist wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können danach nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Weil § 17 Ziffer 3 MTV eine Regelung zum Sonderkündigungsschutz enthält, der an die Betriebszughörigkeit anknüpft, kann dieser nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Kammer schließt sich hier der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.10.2013 zu dem Aktenzeichen 7 TaBV 56/13 ausdrücklich an. Soweit die Klägerin demgegenüber die Rechtsauffassung vertritt, dass sich aus einer genauen Gegenüberstellung der tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen ergebe, dass es sich bei § 17 Abs. 3 Satz 2 MTV und § 4 BV um unterschiedliche Regelungstatbestände handele, kann dies die Kammer nicht nachvollziehen. Es trifft zwar zu, dass die beiden Vorschriften unterschiedliche tatbestandliche Voraussetzungen haben. Die Rechtsfolge (Ausschluss von Kündigungen) ist aber bei beiden Vorschriften dieselbe. § 19 Ziffer 3 MTV enthält auch keine Öffnungsklausel für von den tariflichen Regelungen abweichende Betriebsvereinbarungen. Nach der tariflichen Vorschrift bleiben günstigere Arbeitsbedingungen, auf die ein Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung oder Kraft eines besonderen Arbeitsvertrages Anspruch hat, bestehen. Diese Vorschrift gestattet keine Abweichungen oder Ergänzungen des Manteltarifvertrages durch die Betriebsparteien, sondern stellt lediglich eine Besitzstandsklausel für die vom Arbeitnehmer bereits erworbenen Ansprüche dar. Auch insoweit schließt sich die Kammer der vorgenannten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf an.
50bb)
51Die betriebsverfassungsrechtlich unwirksame Regelung in § 4 BV kann auch nicht in entsprechender Anwendung des § 140 BGB in eine Gesamtzusage umgedeutet werden.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, eine unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung (Gesamtzusage oder gebündelte Vertragsangebote) umzudeuten. Eine solche Umdeutung kommt allerdings nur in Betracht, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die in dieser vorgesehenen Leistungen zu gewähren. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitgeber von einer Betriebsvereinbarung durch Kündigung jederzeit lösen kann, während eine Änderung der Arbeitsverträge, zu deren Inhalt eine Gesamtzusage wird, nur einvernehmlich oder durch gerichtlich überprüfbare Änderungskündigung möglich ist. Ein hypothetischer Wille des Arbeitgebers, sich unabhängig von der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung auf Dauer einzelvertraglich zu binden, kann daher nur in Ausnahmefällen angenommen werden (BAG vom 30.5.2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 34, zitiert nach juris; BAG vom 19.6.2012 - 1 AZR 137/11 -, Rn. 21, zitiert nach juris).
53Allein eine irrtümlich fehlerhafte Normanwendung ohne das Vorhandensein besonderer Umstände führt nicht zur Annahme eines solchen Willens des Arbeitgebers. Voraussetzung ist vielmehr, dass besondere tatsächliche Umstände vorliegen, die für die Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (Hessisches LAG vom 15.5.2012 - 12 Sa 281/11 - Rn. 28, zitiert nach juris).
54Im vorliegenden Verfahren liegt kein Ausnahmefall vor, in dem angenommen werden könnte, dass die Beklagte sich unabhängig von der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung auf Dauer habe einzelvertraglich binden wollen. Selbst wenn man das Vorbringen des Klägers in tatsächlicher Hinsicht insgesamt als richtig unterstellt, liegen hier keine besonderen Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen würden, der Arbeitgeber habe sich in diesem Sinne unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren. Dazu im Einzelnen:
55Die Klägerin stellt hier maßgeblich auf die Historie der Regelung ab. Aus der Tatsache, dass es bereits bei der s. und Q. in einer Betriebsordnung eine vergleichbare Regelung gegeben hat, lässt sich aber schon deshalb kein Rückschluss auf das hiesige Verfahren ziehen, weil eine Betriebsordnung einseitig vom Arbeitgeber festgelegt wird. Daraus lässt sich für einen Arbeitgeber, der - wie die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen - eine Betriebsvereinbarung abschließt, doch gerade nicht der Wille ableiten, dass sich dieser Arbeitgeber dann auch unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollte, wozu er bei dem hiesigen Regelungsgegenstand (Kündigungsausschlusses nach langer Betriebszugehörigkeit) als freiwillige Leistung doch jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte.
56Es reicht auch nicht aus, dass die streitgegenständliche Regelung bereits in den (ansonsten) mehrfach geänderten Vorläuferregelungen enthalten war. Gerade die Tatsache, dass der Arbeitgeber nach Kündigung einer Betriebsvereinbarung jeweils den Weg über den erneuten Abschluss einer Betriebsvereinbarung wählt, spricht gegen die Annahme, er habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung und deren Wirksamkeit binden wollen.
57Die vom Klägerin angeführten Erklärungen der Gesellschafter der Beklagten, dass im Rahmen der Umwandlung der Rechtsvorgängerin der Beklagen die Arbeitnehmerrechte gewahrt blieben und die Betriebsvereinbarungen kollektivrechtlich fortgelten würden, ist schon deshalb kein zu berücksichtigender Umstand, weil sie im Rahmen der Umdeutung gerade aus einer unwirksamen kollektivrechtlichen Regelung eine individualrechtliche Zusage ableiten möchte.
58Nicht maßgeblich ist, dass Rechtsvorgängerin der Beklagten ab dem Jahr 2001 bis 2005 und ab 2009 die Anwendbarkeit von § 4 BV in Neuverträgen ausdrücklich ausgeschlossen hat. Sie selbst weist zu Recht darauf hin, dass ihr Arbeitsvertrag unverändert geblieben ist. Gesonderte Zusagen ihr (oder anderen Mitarbeitern mit "Altverträgen") gegenüber sind nicht abgegeben worden, so dass nach Auffassung der Kammer auch nicht der Umkehrschluss gezogen werden kann, dass sich die Arbeitgeberin gegenüber den Mitarbeitern gesondert und unabhängig von der Wirksamkeit der betriebsverfassungsrechtlichen Regelung hat binden wollen.
59Soweit die Klägerin auf den immensen Personalabbau der letzten Jahre abstellt, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass bislang gar keine Kündigungen ausgesprochen worden sind, sondern es sich um den Abbau durch Betriebsübergänge, freiwilliges Ausscheiden oder Renteneintritt gehandelt hat. Dass die Beklagte hier in Kenntnis der Unwirksamkeit von § 4 BV gleichwohl auf den Ausspruch von Kündigungen bei Mitarbeitern mit der entsprechenden Betriebszugehörigkeit verzichtet hätte, ist nicht ersichtlich.
60b)
61Die ausgesprochene Kündigung ist nicht nach § 4 Ziffer 1 Abs. 1 I. ausgeschlossen.
62Mangels Gewerkschaftszugehörigkeit der Klägerin findet der I. auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis keine Anwendung nach den §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG Anwendung.
63c)
64Die ausgesprochene Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil sie nicht sozial ungerechtfertigt ist.
65aa)
66Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
67Die Beklagte stützt die Kündigung auf die Einstellung des Bereiches der inneren Dienste. Der Klägerin ist hier zuzugeben, dass der Bedarf für die von den inneren Diensten angebotenen Leistungen nicht gänzlich weggefallen ist, sondern die Tätigkeiten vielmehr fremd vergeben wurden. Auch dabei handelt es sich aber um eine innerbetriebliche Maßnahme, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten führt.
68Die einer solchen betrieblichen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist außerdem, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfallen ist (BAG vom 24.5.2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21 zitiert nach juris; BAG v. 23.2.2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17 zitiert nach juris).
69Ansatzpunkte für eine offensichtlich unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Entscheidung, die inneren Dienste fremd zu vergeben, sind nicht ersichtlich. Die Gestaltung des Betriebs, die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, ist Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG vom 26.9.2002 - 2 AZR 636/01). Soweit die Beklagte vorträgt, dass sie Kosten sparen müsse um mit der Kapitalbasis bis zur endgültigen Umsetzung der EU-Vorgaben auszukommen, sind diese Erwägungen weder sachfremd noch willkürlich. Ihre Umsetzung ist vom Grundrecht des Arbeitgebers nach Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, diesem eine "bessere" oder "richtigere" Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in seine Kostenkalkulation einzugreifen (BAG vom 26.9.2002 - 2 AZR 636/01).
70Die Fremdvergabe von Tätigkeiten ist auch nicht nach § 4 Ziffer 1 Abs. 2 I. ausgeschlossen. Nach der tariflichen Regelung wird die Beklagte vor jeder Entscheidung prüfen, ob die entsprechenden Leistungen nicht von internen Mitarbeitern erbracht werden können. Mehr als eine Prüfung sieht die Vorschrift aber nicht vor, insbesondere enthält sie keine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit, Arbeiten fremd zu vergeben.
71bb)
72Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht etwa nach § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG daran, dass die Beklagte die Klägerin auf einem anderen Arbeitsplatz hätte weiter beschäftigen können.
73Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, die einer Kündigung nach § 1 KSchG entgegensteht, liegt nur dann vor, wenn die Stelle im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung frei ist oder zumindest absehbar ist, dass sie bis zum Wirksamwerden der Kündigung frei wird (Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage 2015, § 1 KSchG, Rn. 250). Eine solche freie Stelle kann die Kammer auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin zu ihren Qualifikationen und Einsatzmöglichkeiten nicht erkennen:
74Die Stellen der Mitarbeiter auf der Evidenzliste sind nach Auffassung der Kammer nicht frei, so dass es nicht darauf ankommt, ob es auf der Liste geeignete Stellen für den Klägerin gegeben hat und ob diese nicht sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmern hätten angeboten werden müssen.
75cc)
76Die Kündigung scheitert auch nicht an einer unzureichenden Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG.
77Die Klägerin, der darlegungs- und beweisbelastet dafür ist, dass eine unzureichende Sozialauswahl vorliegt, hat nicht dargelegt, dass vergleichbare Mitarbeiter, die sozial weniger schutzwürdig waren, nicht gekündigt worden sind.
78Eine Austauschbarkeit mit den namentlich benannten Mitarbeitern unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit sowie der jeweiligen Kenntnisse und Fähigkeiten ergibt sich allerdings im Hinblick auf die von der Beklagten geschilderten verschiedenen Tarifgruppen nicht.
79Die darüber hinaus angeführte Entscheidung des Vorstandes der Beklagten, schwerbehinderten Mitarbeitern nicht zu kündigen, kann die Kammer nicht beanstanden.
8081
e)
82Die Kündigung ist auch nicht mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam i.S.d. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG.
83Die Beklagte hat die schriftliche Betriebsratsanhörung vom 11.6.2014 zur Akte gereicht, in der die Gründe für die Kündigung unter Verweis auf die abgeschlossenen Interessenausgleiche im Einzelnen dargelegt sind. Beigefügt war auch die Anlage 25 zum Anhörungsschreiben, in der die Klägerin namentlich aufgeführt worden ist unter Angabe des Kündigungstermins und der maßgeblichen Frist.
84Soweit die Klägerin bestreitet, dass die Beklagte nach Ablauf der Wochenfrist am 18.6.2014 die Kündigungen erst am 20.6.2014 unterschrieben und (per Botendienst) auf den Weg gebracht hat, kann dies die Kammer auch unter Berücksichtigung des Feiertages am 19.6.2014 nicht nachvollziehen.
8586
f)
87Die ausgesprochene Kündigung ist letztlich auch nicht nach § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 3 KSchG wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig.
88Die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist für die tatsächlichen Voraussetzungen der Anzeigepflicht nach § 17 darlegungs- und beweispflichtig, da es sich bei dieser Vorschrift um keinen Ausnahmetatbestand handelt (Kiel in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl., § 17 KSchG Rn. 40). Erforderlich wären hier angesichts der Beschäftigtenanzahl von über 500 Arbeitnehmer mindestens 30 Entlassungen im Sinne des Gesetzes. Von Seiten der Beklagten wurden hier im maßgeblichen Zeitraum 20 Kündigungen und 4 Aufhebungsverträge vorgetragen. Das reicht nicht.
892.
90Die Klägerin kann nicht nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG von der Beklagten verlangen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigt zu werden.
91Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen.
92Voraussetzung für einen Weiterbeschäftigungsanspruch wäre ein frist- und ordnungsgemäßer Widerspruch. Hier genügt die Widerspruchsbegründung des Betriebsrats indes nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 102 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3 und 5 BetrVG.
93Nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nach der Neufassung des § 1 Abs. 3 KSchG zum 1.1.2004 hat der Arbeitgeber bei der Sozialauswahl nur noch die Kriterien Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Soweit der Betriebsrat mit seinem Widerspruch geltend macht, der Arbeitgeber habe zu Unrecht Arbeitnehmer nicht in die soziale Auswahl einbezogen, müssen diese Arbeitnehmer konkret benannt oder anhand abstrakter Merkmale bestimmbar sein (vgl. Kania in: Erfurter Kommentare zum Arbeitsrecht, 15 Aufl., § 102 BetrVG Rn. 18. Daran fehlt es.
9495
Nach § 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn diese gegen eine (Auswahl) Richtlinie im Sinne von § 95 BetrVG verstößt. Bei der (ohnehin unwirksamen) Regelung in § 4 BV handelt es sich offensichtlich nicht um eine Auswahlrichtlinie. Durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung soll der Mitarbeiter doch gerade unabhängig von weiteren Kriterien der Auswahl entzogen werden.
96Nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG kann der Betriebsrat der Kündigung widersprechen, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden könnte. Der Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG kann erfolgen, wenn die Weiterbeschäftigung zu anderen Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Wenn der Betriebsrat einen Widerspruchsgrund nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 oder 5 BetrVG anführen will, muss er darlegen, auf welchem freien Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht kommt. Nicht ausreichend ist es, wenn er - wie hier - nur allgemein auf eine Beschäftigungsmöglichkeit in demselben Betrieb, die ohne die Fremdvergabe der inneren Dienste bestanden hätte, verweist.
97II.
98Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Danach hat die Klägerin als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
99Der Rechtsmittelstreitwert wurde gemäß § 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, § 3 ZPO festgesetzt. Die Kammer ist von drei Gehälter für den Kündigungsschutzantrag und einem Gehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag ausgegangen. Dieser Wert ist identisch mit dem Gerichtsgebührenwert i.S.d. § 63 Abs. 2 GKG.
100RECHTSMITTELBELEHRUNG
101Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
102Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
103Landesarbeitsgericht Düsseldorf
104Ludwig-Erhard-Allee 21
10540227 Düsseldorf
106Fax: 0211 7770-2199
107eingegangen sein.
108Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
109Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
110Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1111.Rechtsanwälte,
1122.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1133.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
114Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
115* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
116(E.)
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Urteil einreichenArbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Juni 2015 - 12 Ca 4043/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
- 1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, - 4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, - 5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er
- 1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, - 2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, - 3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über
- 1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen, - 2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, - 3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, - 4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, - 5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, - 6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.
(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.
(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.
(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, - 2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen, - 3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 - 1 Sa 353/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über eine Abfindung.
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-
Die Klägerin war bei der Beklagten seit Juni 1991 als Ingenieurin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.
- 3
-
Die Beklagte vereinbarte mit ihrem Personalrat am 9. April 2008 eine Dienstvereinbarung zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform (DV 2008). Diese sah die Zahlung einer Abfindung bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Auflösungsvertrag aus betriebsbedingten Gründen vor (Nr. 7 Satz 1 DV 2008). Die Abfindungshöhe beträgt nach Nr. 7 Satz 2 DV 2008 bei einer Beschäftigungszeit von bis zu 20 Jahren 35 vH des letzten Monatsentgelts.
-
Am 8. Mai 2009 schlossen die Beklagte, deren Personalrat, der Kommunale Arbeitgeberverband Thüringen e.V. (KAV) sowie ver.di eine Vereinbarung zur beteiligungsorientierten Begleitung der Verwaltungs- und Personalstrukturreform (VE 2009), in der bestimmt ist:
-
„III.
Beschäftigungssicherung
…
3.
Vor diesem Hintergrund erkennen die Tarifvertragsparteien ver.di und KAV Thüringen die in der „Dienstvereinbarung zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform“ vom 21. April 2008 vereinbarten Regelungen zur Beschäftigungssicherung trotz der nach wie vor bestehenden rechtlichen Einschränkungen hinsichtlich ihrer Wirksamkeitsvoraussetzung als wirksame Maßnahmen an.
...
…
V.
Schlussbestimmungen
…
2.
Die Stadt, die Personalvertretung, ver.di und der KAV sind sich darüber einig, dass es sich bei dieser Vereinbarung nicht um einen Tarifvertrag handelt. Die getroffenen Vereinbarungen gelten jedoch für die Unterzeichner als bindende Verpflichtung.
...“
-
Bis zum 31. Dezember 2009 galt für die Beschäftigten im Tarifgebiet Ost des TVöD der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 13. September 2005 (TV SozSich), dessen § 4 lautet:
-
„Abfindungen
(1)
Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, erhalten eine Abfindung.
(2)
1Die Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit (§ 34 Abs. 3 TVöD) ¼ des letzten Tabellenentgelts, mindestens aber die Hälfte und höchstens das Fünffache dieses Entgelts. 2Abweichend von Satz 1 kann, wenn das Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag beendet wird, die Abfindung auf bis zum Sieben-fachen des in Satz 1 genannten Tabellenentgelts festgelegt werden.
…“
- 6
-
Ende 2008 beschloss die Beklagte, die bislang in einem Eigenbetrieb erfolgte Verwaltung, Verpachtung und Bewirtschaftung von städtischen Immobilien zukünftig von der E GmbH als Dienstleister wahrnehmen zu lassen. Die Klägerin, die als Projektleiterin in diesem Eigenbetrieb beschäftigt war, schloss mit der Beklagten am 26. August 2009 einen Aufhebungsvertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis am 31. August 2009 endete. In Nr. 2 des Aufhebungsvertrags bot die Beklagte der Klägerin unwiderruflich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen an, sofern ihr Arbeitsverhältnis mit der E GmbH bis zum 31. August 2019 aus betriebsbedingten Gründen enden sollte.
- 7
-
In dem am 26. August 2009 zwischen der Klägerin und der E GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrag war ua. die Anwendung der für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft geltenden Tarifverträge, die Anerkennung der bei der Beklagten zurückgelegten Betriebszugehörigkeitszeit, die Fortführung der von der Beklagten abgeschlossenen betrieblichen Altersversorgung sowie ein Ausschluss der ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung bis zum 31. August 2019 vereinbart. Im Jahr 2009 überstieg die Vergütung der Klägerin bei ihrem neuen Arbeitgeber bei einer geringeren regelmäßigen Wochenarbeitszeit die zuvor bei der Beklagten bezogene Gesamtvergütung.
- 8
-
Mit Schreiben vom 28. September 2009 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten erfolglos die Zahlung einer Abfindung nach Nr. 7 DV 2008 geltend.
-
Die Klägerin hat beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 23.856,71 Euro brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. Oktober 2009 zu zahlen.
- 10
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht wegen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2009 kein Abfindungsanspruch zu.
- 13
-
I. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach Nr. 7 Satz 1 DV 2008 besteht nicht. Soweit diese Vorschrift einen Abfindungsanspruch bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags aus betriebsbedingten Gründen vorsieht, verstößt die DV 2008 gegen den Tarifvorbehalt in § 72 Abs. 1 Satz 1, § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th. In diesem Umfang ist sie unwirksam.
- 14
-
1. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 PersVG Th sind Dienstvereinbarungen zulässig, soweit sie im PersVG Th ausdrücklich vorgesehen sind. § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th sieht den Abschluss von Dienstvereinbarungen nur bei Bestehen eines Beteiligungsrechts aus den dort enumerativ aufgezählten Katalogtatbeständen vor. Nach § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th hat der Personalrat mitzubestimmen bei der Aufstellung eines Sozialplans einschließlich Plänen für Umschulungen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die dem Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen. Eine Rationalisierungsmaßnahme iSd. § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th setzt voraus, dass durch sie die Leistungen des Betriebes bzw. der Dienststelle durch eine zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen verbessert werden sollen, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit, Energie, Material und Kapital herabgesetzt wird (vgl. BVerwG 17. Juni 1992 - 6 P 17/91 - zu II der Gründe, BVerwGE 90, 228).
- 15
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2. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats aus § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th wird in Dienststellen eines tarifgebundenen Arbeitgebers durch den Tarifvorbehalt des § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th ausgeschlossen, soweit die Rationalisierungsmaßnahme zu einem Personalabbau iSd. § 4 Abs. 1 TV SozSich führt. Eine Dienstvereinbarung, in der die Voraussetzungen geregelt sind, unter denen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen eine Abfindung gezahlt wird, ist danach unzulässig.
- 16
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a) Nach § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th steht das Mitbestimmungsrecht des Personalrats in den dort aufgeführten Tatbeständen unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung. Der Eingangshalbs. in § 74 Abs. 2 PersVG Th beruht dabei - wie die gleichlautende Regelung in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG - auf der Erwägung, dass für die Erreichung des Mitbestimmungszwecks kein Raum mehr besteht, wenn eine die Dienststelle bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag bereits vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass hierdurch den berechtigten Interessen und Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte besteht dann kein Raum mehr. Der Ausschluss des Beteiligungsrechts durch den Tarifvorbehalt erfordert allerdings, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a, b der Gründe, BAGE 69, 134). Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 18. Oktober 2010 - 1 ABR 25/10 - Rn. 20, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 26).
- 17
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b) § 4 Abs. 1 TV SozSich enthält eine solche abschließende Regelung über die Voraussetzungen, unter denen die den Arbeitnehmern bei einem Personalabbau entstehenden Nachteile ausgeglichen oder gemildert werden. Danach erhalten Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, eine Abfindung nach Maßgabe der in § 4 TV SozSich bestimmten Voraussetzungen. Nach der Rechtsprechung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts bedeutet Personalabbau das Ausscheiden einer Mehrzahl von Arbeitnehmern aus betriebsbedingten Gründen aufgrund einer Arbeitgeberkündigung oder aufgrund sonstiger Beendigungstatbestände (BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 738/07 - Rn. 12, NZA-RR 2009, 280). Im Geltungsbereich des § 4 Abs. 1 TV SozSich besteht danach kein Beteiligungsrecht für Regelungen zwischen Dienststellenleiter und Personalrat über die Voraussetzungen, unter denen bei der Beendigung aus betriebsbedingten Gründen ein Abfindungsanspruch entsteht.
- 18
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c) Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt § 4 Abs. 2 Satz 2 TV SozSich nicht den Abschluss von Dienstvereinbarungen zu, in denen ein Abfindungsanspruch bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag geregelt wird. Die Tarifnorm erlaubt lediglich eine von § 4 Abs. 2 Satz 1 TV SozSich abweichende Festlegung der Abfindungshöhe, wenn das Arbeitsverhältnis unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 TV SozSich nicht durch Kündigung, sondern durch einen Aufhebungsvertrag beendet wird. Selbst wenn es sich bei § 4 Abs. 2 Satz 2 TV SozSich - anders als bei § 4 Abs. 1 TV SozSich - nicht um eine abschließende Regelung iSd. § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th handeln würde, bestünde eine Normsetzungskompetenz nach § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th nur hinsichtlich der Abfindungshöhe.
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3. Nach diesen Grundsätzen ist Nr. 7 Satz 1 DV 2008, der die Zahlung einer Abfindung bei Abschluss eines Auflösungsvertrags aus betriebsbedingten Gründen vorsieht, unwirksam. Der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der in Nr. 7 Satz 1 DV 2008 verwandte Begriff „betriebsbedingte Gründe“ von dem der Rationalisierungsmaßnahme iSd. § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th umfasst ist. Es kann weiter zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass das PersVG Th auch die Aufstellung eines Sozialplans für noch nicht konkret absehbare Rationalisierungsmaßnahmen zulässt, obwohl § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th - anders als § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG - das Merkmal „geplanten“ nicht enthält. Für die Regelung der Voraussetzungen, unter denen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen eine Abfindung zu zahlen ist, waren jedoch im zeitlichen Geltungsbereich des TV SozSich wegen der Regelungssperre in § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th Dienstvereinbarungen über Sozialplanansprüche nach § 74 Abs. 2 Nr. 7 PersVG Th unwirksam. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die durch § 4 Abs. 1 TV SozSich bewirkte Regelungssperre in § 74 Abs. 2 Eingangshalbs. PersVG Th nicht durch Nr. III 3 VE 2009 aufgehoben worden. Bei der VE 2009 handelt es sich nicht um einen Tarifvertrag, worüber zwischen den an der VE 2009 beteiligten tariffähigen Parteien ausdrücklich Einigkeit bestanden hat (Nr. V 2 VE 2009).
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II. Eine Gesamtzusage, die DV 2008 unabhängig von ihrer Wirksamkeit anzuwenden, hat die Beklagte nicht erteilt.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nicht ausgeschlossen, eine unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung(Gesamtzusage oder gebündelte Vertragsangebote) umzudeuten. Eine solche Umdeutung kommt allerdings nur in Betracht, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die in dieser vorgesehenen Leistungen zu gewähren. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitgeber von einer Betriebsvereinbarung durch Kündigung jederzeit lösen kann, während eine Änderung der Arbeitsverträge, zu deren Inhalt eine Gesamtzusage wird, nur einvernehmlich oder durch gerichtlich überprüfbare Änderungskündigung möglich ist. Ein hypothetischer Wille des Arbeitgebers, sich unabhängig von der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung auf Dauer einzelvertraglich zu binden, kann daher nur in Ausnahmefällen angenommen werden (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 34, BAGE 118, 211).
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2. Hiernach hat sich die Beklagte nicht gegenüber ihren Arbeitnehmern durch eine Gesamtzusage verpflichtet, die DV 2008 anzuwenden.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt eine solche Erklärung insbesondere nicht aus Nr. III 2 VE 2009. Diese ist nicht gegenüber den Arbeitnehmern der Beklagten abgeben, sondern in einer zwischen ihr, ihrem Personalrat, dem KAV und ver.di abgeschlossenen Vereinbarung enthalten. Darüber hinaus enthält dieser Teil der VE 2009 nur Erklärungen des KAV und ver.di. Die Beklagte hat in der VE 2009 die Wirksamkeit der mit ihrem Personalrat abgeschlossenen DV 2008 nicht in Zweifel gezogen. Von einer Erklärung, die Beklagte werde die in Nr. 7 DV 2008 zugesagten Abfindungen unabhängig von ihrem kollektivrechtlichen Geltungsgrund erfüllen, konnten die Arbeitnehmer der Beklagten daher nicht ausgehen.
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III. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass der Klägerin nach den Vorschriften des TV SozSich kein Abfindungsanspruch zusteht.
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1. Nach § 4 Abs. 1 TV SozSich erhalten Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, eine Abfindung.
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2. Die Tarifnorm ist dahingehend auszulegen, dass kein Abfindungsanspruch entsteht, wenn die Arbeitsvertragsparteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufheben und zugleich ein unwiderrufliches Rückkehrrecht zu den bisherigen Arbeitsbedingungen vereinbaren, sofern ein sich unmittelbar anschließendes Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber betriebsbedingt endet. In einem solchen Fall ist das Arbeitsverhältnis im Tarifsinn nicht beendet.
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a) Der Wortlaut von § 4 Abs. 1 TV SozSich lässt ein derartiges Verständnis zu. Zwar hat das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss des Aufhebungsvertrags in dem Sinn geendet, dass die wechselseitigen Haupt- und Nebenpflichten nicht mehr bestehen. Die rechtlichen Beziehungen sind - soweit der Bestand des Arbeitsverhältnisses betroffen ist - jedoch nicht vollständig erloschen. Aufgrund der vom bisherigen Arbeitgeber erteilten unwiderruflichen Zusage zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei einer betriebsbedingten Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses besteht zwischen den Arbeitsvertragsparteien weiterhin ein auf dem vorherigen Arbeitsvertrag beruhendes Schuldverhältnis. Das zwischen ihnen bestehende „Band“ des zunächst beendeten Arbeitsverhältnisses ist wegen der Verpflichtung des bisherigen Arbeitgebers zur Wiedereinstellung des Arbeitnehmers noch nicht endgültig gelöst.
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b) Nach der Systematik des § 4 TV SozSich sind die Tarifvertragsparteien bei der Normierung der dort enthaltenen Abfindungsregelungen aber von einer endgültigen Beendigung der den Bestand des Arbeitsverhältnisses begründenden rechtlichen Beziehungen der Parteien ausgegangen. Die Vorschrift enthält keine Bestimmungen über die Wiedereinstellung von zuvor aus betriebsbedingten Gründen ausgeschiedenen Beschäftigten. Ebenso fehlt es an einer § 4 Abs. 6 TV SozSich vergleichbaren Regelung über eine anteilige Rückzahlung der Abfindung bei der Wiedereinstellung eines entlassenen Arbeitnehmers.
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c) Auch der Normzweck von § 4 TV SozSich verlangt nicht die Zuerkennung eines Abfindungsanspruchs bei der Gewährleistung eines Rückkehrrechts.
- 30
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aa) Das Regelungsziel des TV SozSich besteht in der Gewährleistung einer dauerhaften Beschäftigungsmöglichkeit für die von einem Arbeitsplatzwegfall betroffenen Beschäftigten. Dies folgt aus der vorangestellten Vorbemerkung. Danach hat bei erforderlichen Umstrukturierungen die Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten Vorrang gegenüber Entlassungen und den damit verbundenen Maßnahmen zur sozialverträglichen Abfederung.
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bb) Die vom TV SozSich angestrebte Gewährleistung einer dauerhaften Beschäftigung wird erreicht, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem öffentlichen Arbeitgeber zwar aus betriebsbedingten Gründen beendet wird, dieser sich aber bei der Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses aufgrund von betriebsbedingten Gründen unwiderruflich zur Wiedereinstellung zu unveränderten Arbeitsbedingungen verpflichtet. Hierdurch wird eine rechtlich abgesicherte Beschäftigungsmöglichkeit für den entlassenen Arbeitnehmer entweder beim neuen oder dem bisherigen Arbeitgeber sichergestellt.
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cc) Hat der öffentliche Arbeitgeber anlässlich einer betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Wiedereinstellungszusage erteilt, bedarf es auch keines Ausgleichs oder einer Milderung der durch die Entlassung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile durch eine Abfindung. In einem solchen Fall stünde der Arbeitnehmer besser, als wenn er beim gleichen Arbeitgeber eine ihm angebotene anderweitige Beschäftigung auf einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz annimmt. Auch dieser Arbeitnehmer erhält keinen Ausgleich seines hierdurch entstehenden Minderverdienstes. Vielmehr ist er lediglich für die Dauer eines Jahres vor einer Reduzierung seiner Arbeitszeit geschützt und erhält einen besonderen Kündigungsschutz (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 TV SozSich).
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3. Danach hat die Klägerin keinen Abfindungsanspruch wegen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2009. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 TV SozSich liegen nicht vor. Es fehlt an der dort vorausgesetzten Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte hat der Klägerin in Nr. 2 des Aufhebungsvertrags vom 26. August 2009 eine unwiderrufliche Wiedereinstellungszusage erteilt.
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IV. Der Zahlungsantrag ist unzulässig, soweit er erstmals in der Revisionsbegründung auf eine Anpassung des Aufhebungsvertrags, einen Schadensersatzanspruch, eine in der Pressemitteilung des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 21. Februar 2011 enthaltene Zusage sowie auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt wird. Diese Streitgegenstände sind nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Insoweit liegt eine in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO unzulässige Klageerweiterung vor(BAG 13. Dezember 2011 - 1 AZR 508/10 - Rn. 23, NZA 2012, 876).
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Schmidt
Linck
Koch
Hayen
Benrath
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.
-
2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.
-
3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
-
4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.
- 2
-
Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.
- 3
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Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.
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Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.
- 5
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Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.
-
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;
2.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;
3.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;
4.
für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
- 7
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).
- 10
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I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).
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1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).
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2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).
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3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.
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a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.
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b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).
- 16
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aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).
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bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:
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„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“
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cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).
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dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.
- 20
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II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.
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1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).
- 22
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2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).
- 23
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Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).
- 24
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3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
- 25
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a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
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b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).
- 27
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4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.
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5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
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a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.
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b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.
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c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.
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d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.
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aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.
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bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.
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e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.
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III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
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IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Kreft
Koch
Berger
Gans
F. Löllgen
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. August 2010 - 7 Sa 903/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
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Der 1956 geborene und mit einem Grad von 50 schwerbehinderte Kläger ist bei der Beklagten, die mit mehr als 200 Arbeitnehmern Messingprodukte produziert und verarbeitet, seit dem 15. November 1982 als Arbeiter beschäftigt. Er war bis August 2003 als Zieher an der 20-Tonnen-Ziehbank, danach bis zum März 2004 an der 15-Tonnen-Ziehbank und zuletzt in der Funktion eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ in der „Zieherei Allgemein“ (Rohrzieherei) tätig. Zumindest in Vertretungsfällen arbeitete er auch als „Stößler“. Nach der Stellenbeschreibung ist die Tätigkeit eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ in die Entgeltgruppe 2 h ERA eingruppiert. Der Kläger erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 3 ERA.
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Anfang 2009 verhandelten die Beklagte und der in ihrem Betrieb gebildete Betriebsrat vor dem Hintergrund eines beabsichtigten Personalabbaus im Umfang von 48 Stellen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. In einer Absichtserklärung vom 13. Februar 2009 beschrieben die Betriebsparteien bestimmte Maßnahmen als erstrebenswerte Alternativen zu den erwogenen Entlassungen; ua. war die Einführung von Kurzarbeit mit Wirkung zum 1. März 2009 bei einer maximalen Laufzeit von 18 Monaten und verteilt auf jeweils sechs Monate vorgesehen.
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Am 27. Februar 2009 schlossen die Betriebsparteien mehrere Betriebsvereinbarungen. Mit der Betriebsvereinbarung Nr. 163 wurde in den Produktionsbereichen Gießerei, Rohrlinie und Indirektlinie für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009 Kurzarbeit eingeführt. Der Umfang der in der jeweiligen Abteilung verringerten Wochenarbeitszeit ergab sich aus der Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung. Diese sah ua. für die „Rohrlinie und die Zieherei Allgemein“ eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 14 Stunden/Woche vor. Mit der Betriebsvereinbarung Nr. 164 verschoben die Betriebsparteien die zweite Stufe einer Tariferhöhung. Mit der Betriebsvereinbarung Nr. 165 führten sie ein Prämienentgelt und eine außertarifliche Leistungszulage ein. Ab dem 1. Mai 2009 sollte für bestimmte Produktionsmitarbeiter, zu denen auch der Kläger gehörte, eine neue Leistungsentgeltstruktur in Form der Entgeltmethode „Prämie“ gelten. Durch die Absenkung der Vergütung für die betroffenen Arbeitnehmer sollte eine Kostenersparnis im Umfang von 22 Produktionsarbeitsplätzen eintreten. Für die bereits Beschäftigten sollte die Anwendung der neuen Entgeltstruktur durch den Abschluss von Änderungsverträgen umgesetzt werden. Ziff. 11 der Betriebsvereinbarung Nr. 165 sah weiter vor, dass die Beklagte gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die das Angebot eines solchen Änderungsvertrags annähmen, bis zur vollständigen Beendigung der in der Produktion durchgeführten Kurzarbeit auf den Ausspruch von ordentlichen betriebsbedingten Kündigungen verzichte. Auf dieser Grundlage bot die Beklagte im März 2009 den in Frage kommenden 127 Arbeitnehmern den Abschluss entsprechender Änderungsverträge an. Das Angebot nahmen 111 Arbeitnehmer an. Der Kläger lehnte es ab.
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Angesichts weiter rückläufiger Aufträge entschloss sich die Beklagte am 19. Mai 2009, zahlreiche Arbeitsplätze, darunter den eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ in der Rohrzieherei, ab 1. Oktober 2009 wegfallen zu lassen. Von der Streichung waren fast ausschließlich Arbeitsplätze von Arbeitnehmern betroffen, die das Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags abgelehnt hatten.
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Nach Anhörung des Betriebsrats und nach Zustimmung des Integrationsamts kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 2009 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 28. Februar 2010 und stellte ihn mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 von seiner Arbeitsleistung frei.
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Mit seiner vorliegenden Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt und seine vorläufige Weiterbeschäftigung als Arbeiter in der Rohrzieherei begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung der Beklagten laufe auf einen bloßen Stellenabbau verbunden mit einer Neuverteilung der bisherigen Tätigkeiten hinaus. Einen dauerhaften Rückgang der Produktion und eine Reduzierung des Arbeitsvolumens habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Ein Vergleich der Auftrags- und Arbeitsstundenzahlen von Januar bis Mai 2009 mit den gleichen Monaten des Vorjahrs reiche hierfür nicht aus; nur ein längerer Betrachtungszeitraum könne die Basis für eine nachhaltige Prognose bilden. Zudem habe die Beklagte weder berücksichtigt, dass ab 1. März 2009 kurz gearbeitet worden sei, noch dass seit Oktober 2009 im Betrieb wieder samstags gearbeitet werde und Arbeitnehmer aus anderen Abteilungen in der Rohrzieherei zusätzlich eingesetzt würden. Im Übrigen belege der Umstand, dass im Jahr 2010 - unstreitig - 35 Leiharbeitnehmer beschäftigt worden seien, die Fehlerhaftigkeit der Prognose. Ebenso wenig habe die Beklagte dargelegt, wer welche seiner bisherigen Tätigkeiten in welchem Umfang ohne eine übermäßige dauerhafte Beanspruchung übernehmen könne. Im Übrigen sei die Sozialauswahl fehlerhaft. Statt seiner hätten andere Arbeitnehmer mit deutlich schlechteren Sozialdaten gekündigt werden müssen. Sie seien mit ihm vergleichbar, selbst wenn deren Kündigung nach der Betriebsvereinbarung Nr. 165 ausgeschlossen sei. Der einzelvertraglich gewährte Sonderkündigungsschutz sei mit ihnen in unzulässiger Weise zu seinen Lasten vereinbart worden.
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Der Kläger hat beantragt
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1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 7. Juli 2009 aufgelöst worden ist,
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag als Arbeiter in der Abteilung Rohrzieherei weiterzubeschäftigen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, Anfang 2009 habe sie geplant, den Personalbestand zu reduzieren, da die Mitarbeiter in der Produktion schon im Jahr 2008 nicht ausgelastet gewesen seien. Zwar habe sie zur Vermeidung dieses Personalabbaus mit dem Betriebsrat die Betriebsvereinbarungen Nr. 163 bis Nr. 165 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Auftragsbestand aber erst um ca. 25 % geringer gewesen. Nach Einführung der Kurzarbeit habe sich die Auftrags- und Auslastungssituation weitergehend verschlechtert. Ab der 14. Kalenderwoche 2009 sei die Auslastung auf rund 60 % der des Vorjahrs zurückgegangen, die (Grundlagen-)Produktion in der Gießerei habe sich im Zeitraum von Januar bis Mai 2009 um etwa 36 % reduziert.
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Vom Rückgang der Grundlagenproduktion seien sämtliche nachgeordneten Bereiche betroffen gewesen. Im Bereich Rohrzieherei sei die Arbeitsmenge im Zeitraum von Januar 2009 bis Mai 2009 um 34,5 % zurückgegangen, was einem verminderten Arbeitszeitbedarf von etwa 33 % entspreche. Bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden würden je Arbeitnehmer im Durchschnitt 12,2 Arbeitsstunden wöchentlich nicht mehr benötigt. Zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und zur Steigerung der Effizienz habe sie deshalb die Stelle eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ gestrichen und dessen Arbeit auf - sieben namentlich genannte - Mitarbeiter der Rohrzieherei verteilt. Aufgrund des Rückgangs ihrer eigenen Tätigkeiten seien diese Mitarbeiter nicht mehr ausgelastet gewesen und hätten die Aufgabe des Klägers ohne Weiteres mitübernehmen können. Den Rückgang der Arbeitsmenge habe sie im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als dauerhaft angesehen, Anhaltspunkte für eine Besserung habe es nicht gegeben.
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Die Sozialauswahl sei zutreffend, da die vom Kläger benannten Mitarbeiter aufgrund ihres Sonderkündigungsschutzes nicht in die Auswahl einzubeziehen gewesen seien.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Kündigung der Beklagten vom 7. Juli 2009 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat.
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I. Die Klage ist begründet. Die Kündigung vom 7. Juli 2009 ist nicht aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.
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1. Eine Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb voraussichtlich dauerhaft entfallen ist. Auf der Grundlage der betrieblichen Dispositionen des Arbeitgebers müssen im Tätigkeitsbereich des Gekündigten mehr Arbeitnehmer beschäftigt sein, als zur Erledigung der anfallenden Arbeiten benötigt werden. Dieser Überhang muss auf Dauer zu erwarten sein. Regelmäßig entsteht ein Überhang an Arbeitskräften nicht allein und unmittelbar durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktions- oder Umsatzrückgang etc.), sondern aufgrund einer - oftmals durch diese Entwicklungen veranlassten - Organisationsentscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung).
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a) Betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Passt der Arbeitgeber im Fall eines Auftragsverlustes oder eines reduzierten Auftragsbestands die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer unmittelbar an die verbliebene Arbeitsmenge an, kann sich daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung ergeben, wenn der Arbeitsanfall - dauerhaft - so zurückgegangen ist, dass zukünftig für einen oder mehrere Arbeitnehmer kein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung mehr besteht (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71 und - 2 AZR 456/98 - BAGE 92, 79). Behauptet der Arbeitgeber, das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung sei wegen eines solchen Auftragsrückgangs entfallen, kann das Gericht in vollem Umfang nachprüfen, ob die außerbetrieblichen Umstände für die Kündigung zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich vorlagen und zu einem dauerhaften Rückgang des Beschäftigungsvolumens führen. Dabei reicht ein bloßer Hinweis auf auslaufende Aufträge und das Fehlen von Anschlussaufträgen regelmäßig nicht aus, um einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss vielmehr anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine - kurzfristige - Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18, AP AÜG § 9 Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146).
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b) Ein Rückgang des Arbeitskräftebedarfs kann sich auch daraus ergeben, dass sich eine im Betrieb tatsächlich umgesetzte unternehmerische Organisationsentscheidung auf die Anzahl der verbliebenen Arbeitsplätze auswirkt. Eine unternehmerische Organisationsentscheidung kann etwa in der Bestimmung der Zahl der Belegschaftsmitglieder liegen, mit denen die im Betrieb anfallende Arbeitsmenge erledigt werden soll (vgl. BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - mwN, BAGE 115, 92). Unternehmerische Entscheidungen sind von den Gerichten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, aaO; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24, aaO).
- 18
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c) Führen die außer- oder innerbetrieblichen Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs im Betrieb, so besteht kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so ist sie vom Kündigungsentschluss selbst kaum zu unterscheiden. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Nur so kann das Gericht prüfen, ob sie missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61). Das wäre der Fall, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führte (Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Der Arbeitgeber muss deshalb konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, erledigt werden können (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 15, aaO; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).
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d) Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164; 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 21, 22; 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125). Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240; 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - zu II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Dabei muss eine der entsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers aber bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes führende Entscheidung nicht sicher prognostiziert werden.
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aa) Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18, AP AÜG § 9 Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146). Dem muss der Inhalt und die Substanz des Sachvortrags Rechnung tragen. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, indem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 17, aaO).
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bb) Für die Zukunftsprognose ist auch von Bedeutung, ob die Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einer vereinbarten oder prognostizierten Kurzarbeit erfolgt. Wird Kurzarbeit geleistet, so spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel wiederum kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz kann der Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag entkräften (BAG 26. Juni 1997 - 2 AZR 494/96 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 86 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 93). Entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund später eingetretener weiterer Umstände oder veränderter wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Rahmenbedingungen auf Dauer, so kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung bestehen (BAG 26. Juni 1997 - 2 AZR 494/96 - aaO).
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Da die betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen, dringend sein müssen, die Kündigung im Interesse des Betriebs also unvermeidbar sein muss, hat der Arbeitgeber zuvor alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die mit dem Ziel geschaffen worden sind und bestehen, durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit betriebsbedingte Kündigungen in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls zu vermeiden (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 418/06 - Rn. 16, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157, zur Inanspruchnahme von Arbeitszeitkonten). Haben die Betriebsparteien durch die Einführung von Kurzarbeit den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf ein Niveau abgesenkt, dass den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen gerade überflüssig macht, so kann ein dringendes betriebliches Kündigungserfordernis regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung voll ausgeschöpft hat und gleichwohl noch ein Beschäftigungsüberhang besteht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 418/06 - aaO).
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2. Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist keine dringenden betrieblichen Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG dargelegt, der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Bei Ausspruch der Kündigung war die Prognose nicht gerechtfertigt, der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei zum 1. März 2010 auf Dauer entfallen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Einen revisionsrechtlich relevanten Fehler im Zusammenhang mit dieser Würdigung hat die Beklagte nicht aufgezeigt.
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a) Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich - auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Revisionsbegründung - nicht hinreichend konkret entnehmen, dass ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers vorgelegen hat. Ihr Entschluss, die Stelle eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ zu streichen und dessen Tätigkeiten auf insgesamt sieben Mitarbeiter der Rohrzieherei zu verteilen, lag nahe an der Kündigungsentscheidung. Die Beklagte musste demnach die Möglichkeit, ihre Organisationsentscheidung tatsächlich umzusetzen, näher erläutern.
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b) Die Beklagte hat nicht dargetan, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die bisher vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten könnten von den verbliebenen Mitarbeitern ab dem 1. März 2010 im Rahmen ihrer normalen Verpflichtungen (mit-)übernommen werden. Sie hat zwar das vom Kläger und den fraglichen sieben Mitarbeitern zum Kündigungszeitpunkt zu erledigende Arbeitsvolumen dargestellt. Danach waren sie sämtlich nicht voll ausgelastet. Sie hat auch dargetan, dass durch die Neuorganisation und Umverteilung der Arbeit eine Übernahme der Tätigkeiten des Klägers durch die anderen Arbeitnehmer möglich erscheint. Soweit die Beklagte aber dafür auf den 1. Oktober 2009 abstellt, hat sie den Zeitpunkt verkannt, zu welchem die dringenden betrieblichen Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen müssen. Eine entsprechende Prognose war nicht für den 30. September 2009, sondern für den beabsichtigten Beendigungszeitpunkt, den 28. Februar 2010, zu erstellen. Die Beklagte konnte für ihre Prognose nicht auf einen beliebigen Zeitpunkt zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist abstellen. Maßgeblich ist vielmehr ausschließlich letzterer. Erst bei Ablauf der Kündigungsfrist, aber zugleich auch dann noch müssen dringende betriebliche Erfordernisse gegeben sein, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen. In den Fällen, in denen längere Kündigungsfristen zu beachten sind, kann der Prognosezeitpunkt nicht etwa vorgezogen werden. Bei der Kündigung länger beschäftigter Arbeitnehmer würden sonst unter Umständen geringere Anforderungen an eine Prognose und damit an den Kündigungsgrund gestellt als bei weniger lang beschäftigten Arbeitnehmern (vgl. BAG 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - zu II 2 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118).
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c) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte zur Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines nur geringen - und damit auf andere Arbeitnehmer aufteilbaren - Arbeitsvolumens des Klägers nicht hinreichend vorgetragen hat. Sie hat sich auf den pauschalen Vortrag beschränkt, das Volumen habe sich zum 30. September 2009 dauerhaft reduziert, Anhaltspunkte für eine Besserung habe sie zum Zeitpunkt der Kündigung nicht gehabt, auch seien keine Überstunden geleistet worden. Damit hat sie ihrer Darlegungslast nicht genügt. Bestimmte Tatsachen, aus denen zu schließen wäre, dass der mögliche Rückgang der Arbeitsmenge im Kündigungszeitpunkt als dauerhaft anzusehen war, hat sie auf diese Weise nicht behauptet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei diesem Rückgang nur um einen kurzzeitigen, nicht nachhaltigen Trend gehandelt hat. Aus dem Rückgang der Produktion in den ersten Monaten des Jahres 2009 im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2008 lässt sich nicht hinreichend sicher folgern, diese Entwicklung werde sich auch im weiteren Verlauf des Jahres fortsetzen. Hierzu hätte es eines stärker substantiierten, detaillierten Vortrags bedurft, dem beispielsweise die üblichen Auftragseingangszahlen und Bearbeitungsabläufe aus den Vorjahren zu entnehmen gewesen wären. So kann sich die Situation bei kurzfristig erfolgenden Auftragsabrufen anders darstellen als bei langfristigen und planbaren Auftragserteilungen.
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d) Zudem bleibt unklar, ob sich selbst bei Ausschöpfung der vereinbarten Optionen für Kurzarbeit das Arbeitsvolumen so verringert hat, dass ein dringendes Erfordernis für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger bestand. Immerhin erlaubte es die Betriebsvereinbarung Nr. 163 der Beklagten, die wöchentlich geschuldete Arbeitszeit der Mitarbeiter auf 14 Stunden abzusenken. Im Streitfall geht es deshalb nicht darum, ob der Arbeitgeber rechtlich gezwungen sein kann, vor dem Ausspruch der Kündigung die Einführung von Kurzarbeit zu betreiben. Hier besaß die Beklagte vielmehr bei Ausspruch der Kündigung bereits die Möglichkeit, die Arbeitszeit der Mitarbeiter rechtswirksam bis auf 14 Wochenstunden zu reduzieren. Von ihr hatte sie wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Gebrauch zu machen. Dass auch dann noch ein Arbeitskräfteüberhang bestanden hätte, hat sie nicht dargelegt. Auch hat sie nicht dargelegt, dass die fraglichen sieben Arbeitnehmer ausgehend von einem durch Kurzarbeit absenkbaren Arbeitszeitumfang überhaupt in der Lage gewesen wären, die verbliebenen Tätigkeiten des Klägers ohne Überschreitung dieses Zeitumfangs mitzuerledigen.
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e) Schließlich ist offen, ob im umgekehrten Fall - bei Aufhebung der Kurzarbeit - die fraglichen sieben Mitarbeiter die Arbeiten des Klägers weiterhin ohne überobligationsmäßige Zusatzleistungen würden übernehmen können. Die Betriebsparteien gingen, wie die Betriebsvereinbarung Nr. 163 und ihre Ergänzungen zeigen, von einer vorübergehenden, 18-monatigen Reduzierung des Beschäftigungsbedarfs aus. Dies spricht dafür, dass sie erwarteten, das frühere oder zumindest ein deutlich höheres Arbeitsvolumen als in den ersten Monaten des Jahres 2009 würde in absehbarer Zeit wieder erreicht.
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II. Da die Kündigung vom 7. Juli 2009 das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen Fehlens dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht rechtswirksam beendet hat, bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Sozialauswahl fehlerhaft iSv. § 1 Abs. 3 KSchG war.
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III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Feststellungsbegehren ist dem Senat nicht mehr angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden.
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IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
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Kreft
Berger
Eylert
A. Claes
Wolf
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er
- 1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, - 2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, - 3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über
- 1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen, - 2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, - 3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, - 4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, - 5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, - 6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.
(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.
(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.
(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, - 2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen, - 3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.
(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.