Urteils-Kommentar zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2022 - IX ZR 213/21 von Dirk Streifler
Authors
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2022 - IX ZR 213/21
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. November 2021 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
F. E. (fortan: Schuldner) betrieb ein Busunternehmen als Einzelkaufmann. Die Beklagte beauftragte den Schuldner damit, die Schülerbeförderung zu fünf Schulen durchzuführen. Hierzu schlossen die Beklagte und der Schuldner am 21. Juni 2018 fünf auf die jeweilige Schule bezogene Beförderungsverträge ab, deren Laufzeit zum Schluss des Schuljahres 2019/2020 endete.
Sämtliche Beförderungsverträge bestimmten in § 2, dass ergänzend und nachrangig zu den Regelungen des Vertrags als Vertragsbestandteile unter anderem die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen (VOL/B 2003) gelten. § 16 der Beförderungsverträge enthielt in Nummer 1 folgende Regelung:
"Der Auftraggeber ist berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Als wichtige Gründe gelten insbesondere:
[...]
e) Der Auftragnehmer ist zahlungsunfähig geworden, über das Vermögen des Auftragnehmers ist ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden, die Eröffnung eines solchen Verfahrens ist mangels Masse abgelehnt worden, der Auftragnehmer befindet sich im Verfahren der Liquidation oder der Auftragnehmer hat seine Tätigkeit eingestellt."
Auf einen Eigenantrag des Schuldners bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 24. Januar 2019 zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der Kläger führte den Betrieb des Schuldners zunächst fort. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 1. Februar 2019 die mit dem Schuldner geschlossenen Beförderungsverträge fristlos. Sie berief sich hierzu auf § 16 Nr. 1 lit. e) der Beförderungsverträge. Mit Beschluss vom 1. April 2019 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam und verlangt mit seiner Klage Zahlung von 228.310 €. Er stützt sich auf die vereinbarte Vergütung für die Zeit vom 1. Februar 2019 bis 31. Juli 2020 in Höhe von insgesamt 442.170 € und lässt sich hierauf ersparte Aufwendungen in Höhe von 213.860 € anrechnen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZIP 2022, 541 ff veröffentlicht ist, hat angenommen, dass dem Kläger trotz der Kündigung der Beklagten ein vertraglicher Erfüllungsanspruch zustehe. Die in § 16 Nr. 1 lit. e) des Vertrags enthaltene Kündigungsregelung sei gemäß § 119 InsO wegen Verstoßes gegen § 103 InsO unwirksam. Die Verträge hätten daher bis zum Ende des Schuljahres 2019/2020 fortbestanden.
Die Regelung in § 16 Nr. 1 lit. e) des Vertrags entspreche nicht einer für den Fall der Insolvenz gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit. Die Kündigungsmöglichkeit nach § 648 BGB entspreche nicht der vertraglichen Regelung, weil der gesetzliche Entschädigungsanspruch nicht Teil der vertraglichen Regelung sei. Ebenso wenig sei § 648a BGB oder § 314 BGB ein gesetzliches Vorbild für die Regelung in § 16 Nr. 1 lit. e) des Vertrags. Das Bestehen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes aus wichtigem Grund genüge nicht, um eine insolvenzabhängige Lösungsklausel zu rechtfertigen. Jedenfalls außerhalb des Bauvertragsrechts treffe es nicht zu, dass ein nicht offensichtlich unzulässiger Insolvenzantrag stets einen wichtigen Grund im Sinne des § 648a BGB oder des § 314 Abs. 1 BGB darstelle. Die Argumentation im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. April 2016 (VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 ff) sei auf Personenbeförderungsverträge nicht übertragbar.
Aus den gleichen Gründen sei eine Berufung auf § 8 Nr. 1 VOL/B 2003 ausgeschlossen. Einen aus den Umständen des Einzelfalls abgeleiteten wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Eine Kündigung nach § 648 BGB sei der Beklagten verwehrt. Aus den umfassend geregelten Kündigungsgründen in § 16 des Vertrags und dem Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass eine freie Kündigung nach § 648 BGB ausgeschlossen sei. Dem Kläger stehe daher der volle Zahlungsanspruch zu. Auf Einwendungen der Beklagten gegen die Berechnung der ersparten Aufwendungen durch den Kläger komme es deshalb nicht an.
II.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision eine Verletzung des § 547 Nr. 6 ZPO. § 547 Nr. 6 ZPO verlangt, dass aus der Entscheidung zu ersehen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 337). Diesen Maßstäben genügt die Entscheidung des Berufungsgerichts.
Allerdings hat das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen zunächst lediglich den Inhalt seines Hinweisbeschlusses wörtlich wiedergegeben. Dieser enthält - worauf die Revision zutreffend hinweist - nur eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage und dabei etliche die Vorläufigkeit betonende Formulierungen, Erwägungen und Hilfsüberlegungen. Jedoch ergeben die daran anschließenden, zusätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichts eine ausreichende sachliche Festlegung, die erkennen lässt, welche Überlegungen für die tatsächlich getroffene Entscheidung maßgebend waren. Mehr ist für § 547 Nr. 6 ZPO nicht erforderlich.
2. Hingegen kann die Kündigung der Beklagten auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht als unwirksam angesehen werden.
a) Vereinbarungen, die es einer Vertragspartei erlauben, sich vom Vertrag bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder im Fall eines Insolvenzantrags oder der Insolvenzeröffnung allein aus diesem Grund zu lösen (fortan: insolvenzabhängige Lösungsklausel), sind in ihrer Wirksamkeit umstritten. Im Kern stehen sich zwei Ansichten gegenüber. Dies gilt auch nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 15. November 2012 (IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348 ff) und vom 7. April 2016 (VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 ff).
aa) Eine Ansicht hält insolvenzabhängige Lösungsklauseln grundsätzlich für unwirksam (HK-InsO/Marotzke, 10. Aufl., § 119 Rn. 4; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2017, § 119 Rn. 17 ff, 126; Graf-Schlicker/Kubusch, InsO, 6. Aufl., § 119 Rn. 8; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, 4. Aufl., § 119 InsO Rn. 2a; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rn. 20.10a f; Prütting in Festschrift Gerhardt, 2004, 761, 774 ff; ders. in Festschrift Horn, 2006, 509, 518 ff; Tintelnot in Festschrift Kübler, 2015, S. 697 ff; Brinkmann/Steinhauser in Festschrift Kübler, 2015, 87, 93 f; wohl auch Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 119 Rn. 14; vgl. zudem die Nachweise bei BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO Rn. 12 sowie zu § 8 Abs. 2 VOB/B bei BGH, Urteil vom 7. April 2016, aaORn. 19).
bb) Die Gegenansicht hält insolvenzabhängige Lösungsklauseln grundsätzlich für wirksam (Jaeger/Jacoby, InsO, 2. Aufl., § 119 Rn. 24 ff; MünchKomm-InsO/Huber, 4. Aufl., § 119 Rn. 34 ff; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 119 Rn. 13; Zeuner in Rattunde/Smid/Zeuner, InsO, 4. Aufl., § 119 Rn. 10, 12 f; Wöllner, Die Wirksamkeit vertraglicher Lösungsklauseln im Insolvenzfall, S. 90, 226 f; Thole, JbJZivRWiss 2008, 267, 280 ff; ders., ZHR 181 (2017), 548, 556 ff, 563; Huber, NZI 2014, 49, 53; Foerste, ZInsO 2015, 601, 603 ff, 613; Piekenbrock, ZIP 2018, 1, 5; Wagner/Klein in Festschrift Prütting, 2018, S. 805, 808 ff; wohl auch Hoffmann, KTS 2018, 343, 362 ff, der nur insolvenzbedingte Reuerechte für unwirksam hält; vgl. zudem die Nachweise bei BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO Rn. 11 sowie zu § 8 Abs. 2 VOB/B bei BGH, Urteil vom 7. April 2016, aaO Rn. 21).
b) Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat bislang keine abschließende Entscheidung zur Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln getroffen.
aa) Der Insolvenzverwalter muss einen Vertrag im Allgemeinen in der Lage übernehmen, in der er ihn bei Eröffnung des Verfahrens vorfindet (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 37 mwN; vom 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 97; vom 8. Dezember 2016 - IX ZR 257/15, ZIP 2017, 91 Rn. 33). Vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte bestehen grundsätzlich auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003, aaO S. 90 zu einem vertraglichen Rücktrittsrecht; vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, ZIP 2006, 87 Rn. 24; vom 14. September 2017 - IX ZR 261/15, BGHZ 216, 10 Rn. 16). Die vertraglichen Regelungen unterliegen jedoch Einschränkungen, soweit die Insolvenzordnung besondere gesetzliche Regelungen - wie etwa in §§ 103 ff InsO - vorsieht. Nach § 119 InsO sind Vereinbarungen unwirksam, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, also insbesondere wenn das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO beeinträchtigt wird.
bb) Eine Beeinträchtigung des Wahlrechts ist mit einer vertraglichen Lösungsklausel jedenfalls dann nicht verbunden, wenn diese sich eng an eine gesetzliche Lösungsmöglichkeit anlehnt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206Rn. 11; vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348 Rn. 13; vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 25, 39 ff). Hierzu zählen Lösungsklauseln, die an nicht insolvenzspezifische Umstände anknüpfen, etwa an den Verzug oder an sonstige Vertragsverletzungen (BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO Rn. 9). Gleiches gilt für Kündigungsregelungen, die als Kündigungsgrund allgemein das Vorliegen von Tatsachen bestimmen, auf Grund derer die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, ZIP 2006, 87 Rn. 26). Dies gilt insbesondere für vertragliche Vereinbarungen, die - wie etwa § 314 BGB oder § 648a BGB - eine Kündigung aus wichtigem Grund eröffnen. Auch gegen die Wirksamkeit einer Vereinbarung, die sich eng an die gesetzliche Regelung der §§ 736, 738 BGB anlehnt, bestehen aufgrund von § 119 InsO keine Bedenken (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11).
Da das in § 649 BGB aF (nunmehr § 648 BGB) geregelte Kündigungsrecht auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbesteht (BGH, Urteil vom 14. September 2017 - IX ZR 261/15, BGHZ 216, 10 Rn. 14 ff), sind entsprechende Lösungsklauseln in einem Werkvertrag zulässig. Dies hat auch der Gesetzgeber der Insolvenzordnung trotz der ursprünglich im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf einer Insolvenzordnung (fortan: InsO-E) vorgesehenen Regelung in § 137 Abs. 2 InsO-E angenommen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 153 zu § 137 InsO-E). Als problematisch hat er nur die vertragliche Begründung eines Schadensersatzanspruchs für den Fall einer Kündigung nach § 649 BGB aF - etwa nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B - angesehen (BT-Drucks. aaO). Eine Kündigung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) in der Insolvenz des Unternehmers hat der Bundesgerichtshof insbesondere deshalb für zulässig gehalten, weil diese Bestimmung nicht wesentlich vom gesetzlichen Leitbild des § 649 BGB aF abweiche (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 25 f).
cc) Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof eine insolvenzabhängige Lösungsklausel zugunsten eines Geldleistungsgläubigers bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie für unwirksam erklärt (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348 Rn. 13). In diesen Fällen hat die Einschränkung einseitiger Lösungsmöglichkeiten des Geldleistungsgläubigers nicht die im Gesetzgebungsverfahren befürchtete sanierungsfeindliche Wirkung (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO Rn. 14). Besteht die insolvenzabhängige Lösungsklausel zugunsten eines Geldleistungsgläubigers, hat § 119 InsO zudem Vorwirkung ab dem Zeitpunkt, in dem wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ernsthaft zu rechnen ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO Rn. 19; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Juni 2016 - IX ZR 314/14, BGHZ 210, 321 Rn. 58).
Zudem hat der Bundesgerichtshof ein zugunsten des Vermieters von Räumen vereinbartes insolvenzabhängiges Kündigungsrecht für den Fall der Insolvenzeröffnung oder der Zahlungseinstellung als unwirksam angesehen (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - II ZR 394/12, ZIP 2014, 23 Rn. 13 f). Die Vereinbarung des Kündigungsrechts für den Fall der Insolvenzeröffnung beschränkt die Anwendung der §§ 108 ff InsO (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013, aaO Rn. 13), das Kündigungsrecht für den Fall der Zahlungseinstellung widerspricht § 112 InsO (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013, aaO Rn. 14).
dd) Bislang nicht abschließend entschieden hat der Bundesgerichtshof, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung aus wichtigem Grund im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren möglich ist. Für Bauverträge zerstört der Auftragnehmer durch einen Eigeninsolvenzantrag in der Regel das für die Fortführung des Bauvertragsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis, weshalb der Auftraggeber berechtigt ist, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 41). Der Unternehmer verletzt bei einem Bauvertrag seine Pflicht, das zwischen den Bauvertragsparteien bestehende Vertrauensverhältnis nicht nachhaltig zu stören und die Erreichung des Vertragszwecks nicht zu gefährden, wenn er einen Eigeninsolvenzantrag stellt (BGH, Urteil vom 7. April 2016, aaO Rn. 53, 58). Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht auf Werklieferungsverträge übertragen, die erst nach dem Insolvenzantrag und in Kenntnis des Insolvenzantrags geschlossen worden sind (BGH, Urteil vom 14. September 2017 - IX ZR 261/15, BGHZ 216, 10 Rn. 27). Insbesondere rechtfertigen bei einem Werklieferungsvertrag weder das Risiko der verzögerten Entscheidung über die Erfüllung der Verträge (§ 103 InsO) noch dasjenige der Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren für den Vertragspartner des Insolvenzschuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Kündigung aus wichtigem Grund (BGH, Urteil vom 14. September 2017, aaO Rn. 30). Hingegen hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung aus wichtigem Grund im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2017, aaO Rn. 31).
c) Das Gesetz enthält keine abschließenden Regelungen zur Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln.
aa) § 119 InsO bestimmt, dass Vereinbarungen unwirksam sind, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird. Diese Vorschrift erfasst in erster Linie Vereinbarungen, welche die gesetzlichen Regelungen unmittelbar außer Kraft setzen sollen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 152 zu § 137 InsO-E).
bb) Eine ausdrückliche Regelung, wonach insolvenzabhängige Lösungsklauseln unwirksam sind, ist nicht Gesetz geworden. Die Entstehungsgeschichte des § 119 InsO spricht gegen ein umfassendes Verbot von Lösungsklauseln. Zwar schlug die Kommission für Insolvenzrecht im Leitsatz 2.4.1.11 für Reorganisationsverfahren vor, dass Vereinbarungen über ein insolvenzabhängiges Lösungsrecht unwirksam sein sollten (Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S. 226 f). Im Anschluss daran sollten nach § 137 Abs. 2 InsO-E Vereinbarungen unwirksam sein, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Auflösung eines gegenseitigen Vertrags vorsehen oder der anderen Partei das Recht geben, sich einseitig vom Vertrag zu lösen. Zudem sollte ein Lösungsrecht aufgrund einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse einer Vertragspartei nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgeübt werden können. Dies sollte vor allem Vereinbarungen erfassen, die ein Lösungsrecht an die Zahlungsunfähigkeit, die Überschuldung oder einen Insolvenzantrag knüpften (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 152). § 137 Abs. 3 InsO-E ließ hingegen Vereinbarungen, die an den Verzug oder andere Vertragsverletzungen anknüpften, unberührt.
Der Regierungsentwurf sah keine Regelung für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor. § 137 Abs. 2 InsO-E sollte die andere Vertragspartei keinem unzumutbaren Risiko aussetzen, weil sie von einer entsprechenden Lösungsklausel Gebrauch machen könne, solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet worden sei (BT-Drucks. 12/2443, S. 152 zu § 137 InsO-E). Die Bundesregierung hat in ihrer Erwiderung zur Stellungnahme des Bundesrates nochmals ausdrücklich ausgeführt, dass § 137 InsO-E für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Regelung enthalte (BT-Drucks. 12/2443, S. 264). § 126 InsO-E (jetzt § 112 InsO) sei daher eine Ergänzung zu § 137 InsO-E (BT-Drucks. 12/2443, S. 264). Daraus folgt, dass § 112 InsO als (singuläre) Erweiterung der von § 137 InsO-E vorgesehenen Unwirksamkeitsregelungen verstanden worden ist.
Dieses Regelungskonzept hat der Gesetzgeber verworfen. Der Rechtsausschuss des Bundestags hat diese Regelungen gestrichen, weil die hiervon erfassten Vereinbarungen über die Auflösung eines gegenseitigen Vertrages im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse einer Vertragspartei durch die Insolvenzordnung nicht in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt werden sollen. Dass derartige Vereinbarungen mittelbar das Wahlrecht des Insolvenzverwalters einschränken, sei kein ausreichender Grund für einen schwerwiegenden Eingriff in die Vertragsfreiheit (BT-Drucks. 12/7302, S. 170).
cc) Ebenso wenig hat der Gesetzgeber eine allgemeine, ausdrückliche Regelung vorgesehen, dass insolvenzabhängige Lösungsklauseln stets wirksam sind. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat § 14 Abs. 1 VVG aF bestehen lassen (vgl. Art. 88Nr. 2 EGInsO). Nach § 14 Abs. 1 VVG aF konnte sich der Versicherer für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers die Befugnis ausbedingen, das Versicherungsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zu kündigen. Entsprechende Vereinbarungen verstießen daher nicht gegen § 119 InsO (BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 6/03, ZIP 2004, 176, 177 f). Die Gesetzgebungsgeschichte zu § 14 VVG aF spricht gegen eine allgemeine Regel, dass Lösungsklauseln unwirksam sein sollten. Während der Regierungsentwurf noch vorsah, diese Bestimmung im Hinblick auf das beabsichtigte Verbot von Vereinbarungen aufzuheben, die das Wahlrecht des Insolvenzverwalters mittelbar beeinträchtigten (vgl. BT-Drucks. 12/3803, S. 109 zu Art. 92 Nr. 2 EGInsO-E), hat der Rechtsausschuss die Aufhebung ausdrücklich abgelehnt, weil die Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Vertragsauflösung im Insolvenzfall nicht eingeschränkt werden sollte (vgl. BT-Drucks. 12/7303, S. 114 f zu Art. 92 Nr. 2 EGInsO-E). Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007 (BGBl. I, S. 2631 ff) nur deshalb auf diese Regelung verzichtet, weil für ein besonderes Kündigungsrecht des Versicherers kein hinreichendes Bedürfnis bestehe, nicht etwa, weil Lösungsklauseln generell unwirksam sein sollten (vgl. BT-Drucks. 16/3945, S. 64 zu § 16 VVG-E).
dd) Das Gesetz enthält eine differenzierte Regelung. Die Bestimmungen ordnen eine Unwirksamkeit von auf den Insolvenzfall bezogenen Abreden nur für bestimmte Konstellationen an. § 112 InsO untersagt es dem Vermieter oder Pächter, ein Miet- oder Pachtverhältnis nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen eines Zahlungsverzugs aus der Zeit vor dem Eröffnungsantrag oder wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners zu kündigen. § 225a Abs. 4 InsO bestimmt für ab dem 1. März 2012 beantragte Insolvenzverfahren (Art. 103g EGInsO), dass Maßnahmen nach § 225a Abs. 2 oder 3 InsO weder zum Rücktritt noch zur Kündigung von Verträgen berechtigen, an denen der Schuldner beteiligt ist. Gemäß § 225a Abs. 4 Satz 3 InsO sind entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen unwirksam. Der am 1. Januar 2021 in Kraft getretene § 44 StaRUG sieht vor, dass die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder die Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ohne Weiteres weder ein Grund für die Beendigung von Vertragsverhältnissen noch für die Fälligstellung von Leistungen noch für eine Leistungsverweigerung oder Anpassung des Vertrags sind. Gemäß § 44 Abs. 2 StaRUG sind abweichende Vereinbarungen unwirksam. Ein zeitlich beschränktes Verbot von Vertragsbeendigungen sah schließlich § 13 KredReorgG im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 28. Dezember 2020 vor; auch hier waren abweichende Vereinbarungen gemäß § 13 Satz 4 KredReorgG unwirksam.
Demgegenüber ermöglicht § 104 Abs. 4 Satz 1 InsO von der gesetzlichen Regelung über Fixgeschäfte, Finanzleistungen und vertragliches Liquidationsnetting in § 104 InsO abweichende Vereinbarungen. § 104 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 InsO sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass Lösungsklauseln für diese Geschäfte wirksam sind.
d) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel in einem Werkvertrag, die dem Besteller aus Anlass eines Insolvenzantrags oder der Insolvenzeröffnung eine Kündigung aus wichtigem Grund ermöglicht, ist nach § 119 InsO unwirksam, wenn bei objektiver Betrachtung eine Umgehung der zwingenden Regelung des § 103 InsO vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der insolvenzabhängige Umstand für sich allein die Lösung vom Vertrag ermöglicht und die Lösungsklausel in Voraussetzungen oder Rechtsfolgen von gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten abweicht, ohne dass für diese Abweichungen bei objektiver Betrachtung ex ante zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auf der Grundlage der wechselseitigen Interessen der Parteien berechtigte Gründe bestehen.
aa) Das Gesetz enthält keine ausreichende Grundlage dafür, dass insolvenzabhängige Lösungsklauseln stets unwirksam sind.
(1) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, dass sich aus §§ 103, 119 InsO eine Grundregel entnehmen lasse, dass insolvenzabhängige Lösungsklauseln stets unwirksam seien, wenn sie nicht ausnahmsweise einer gesetzlich ohnehin bestimmten Lösungsmöglichkeit entsprechen. Aus § 119 InsO folgt lediglich, dass Vereinbarungen unwirksam sind, die sich auf die Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO beziehen. Hingegen enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung zur Frage, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen vertragliche Vereinbarungen unwirksam sind, die in ihren Auswirkungen mittelbar Einfluss auf die Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO haben.
Dies gilt insbesondere für insolvenzabhängige Lösungsklauseln, die an Ereignisse vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anknüpfen und vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt werden. § 119 InsO enthält hierzu schon deshalb keine abschließende Aussage, weil letztlich alle vertraglichen Lösungsklauseln das Wahlrecht des Insolvenzverwalters leerlaufen lassen, gleich aus welchem Grund sie eine Lösung vom Vertrag erlauben. Damit betrifft die Frage, ob vertragliche Lösungsklauseln zulässig sind, im Kern die Frage, welche Gründe für eine insolvenzabhängige Lösungsklausel rechtlich zulässig sind und welche Grenzen sich für die privatrechtsautonome Gestaltung von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln gewinnen lassen.
(2) Die gesetzlichen Regelungen zu insolvenzabhängigen Lösungsklauseln sind vereinzelt. Aus ihnen kann nicht der allgemeine Schluss gezogen werden, dass insolvenzabhängige Lösungsklauseln stets unwirksam sind. So betrifft etwa § 112 InsO Miet- oder Pachtverhältnisse, die der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war. § 104 InsO stellt eine auf eine Sonderkonstellation bezogene Regelung dar, die nur sehr eingegrenzt weitere Schlüsse erlaubt (Hoffmann, KTS 2018, 343, 358 Anm. 74). § 44 StaRUG gilt nur für Restrukturierungsvorhaben nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen.
bb) Mangels einer klaren gesetzlichen Vorgabe bedarf eine auf § 119 InsO gestützte Unwirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln einer besonderen Rechtfertigung. Diese muss den Grundsatz der Vertragsfreiheit berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 12/7302, S. 170; MünchKomm-InsO/Huber, 4. Aufl., § 119 Rn. 34 ff; Zeuner in Rattunde/Smid/Zeuner, InsO, 4. Aufl., § 119 Rn. 10; Wöllner, Die Wirksamkeit vertraglicher Lösungsklauseln im Insolvenzfall, S. 184 ff; Hoffmann, aaO S. 362 f).
(1) Zuvörderst obliegt es den Parteien, bei Vertragsabschluss autonom die Voraussetzungen für ihre Bindung an den Vertrag zu definieren (Hoffmann, aaO S. 345). Demgemäß sind die vertraglich vereinbarten Begrenzungen einer Bindung als Ausdruck der Privatautonomie grundsätzlich auch in der Insolvenz zu respektieren (Hoffmann, aaO S. 348). Daher hat die Verfahrenseröffnung bei einem gegenseitigen Vertrag wegen der beiderseitigen Nichterfüllungseinreden der Vertragspartner (§ 320 BGB) nur zur Folge, dass diese ihre noch ausstehenden Erfüllungsansprüche, soweit es sich nicht um Ansprüche auf die Gegenleistung für schon erbrachte Leistungen handelt, nicht durchsetzen können (BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 359). Die Insolvenzord-nung trägt dabei grundsätzlich im Ausgangspunkt dem synallagmatisch begrenzten Bindungswillen des Vertragspartners umfassend Rechnung (Hoffmann, aaO S. 354); die gesetzlichen Eingriffe in die Privatautonomie erfolgen punktuell (Hoffmann, aaO S. 362).
(2) Soll die Privatautonomie eingeschränkt werden, bedarf dies grundsätzlich einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage.
(a) Zu entscheiden, welche Regelungen rechtspolitisch sinnvoll sind, ist nicht Sache des Gerichts. In welchem Umfang Sanierungschancen dadurch gefördert werden sollen, dass ein Vertragspartner trotz einer vorhandenen Lösungsklausel in einem Insolvenzfall weiter an einen Vertrag gebunden ist, ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers (vgl. Jaeger/Jacoby, InsO, 2. Aufl., § 119 Rn. 29; Piekenbrock, ZIP 2018, 1, 5). Die Vor- und Nachteile insolvenzabhängiger Lösungsklauseln stellen sich aus der Sicht ex ante und ex post unterschiedlich dar (Piekenbrock, aaO S. 4).
(b) Allerdings beruht die Vorschrift des § 119 InsO auf der Wertung des Gesetzgebers, dass die privatautonom begründete Bindung an einen gegenseitigen Vertrag grundsätzlich auch in der wirtschaftlichen Krise fortbesteht. Sie steht daher einem freien, anlasslosen Auflösungsrecht einer der Parteien entgegen. Ein insolvenzabhängiges Lösungsrecht steht in einem Spannungsfeld zu den haftungsrechtlichen Grenzen der Vertragsfreiheit (vgl. Berger, ZInsO 2016, 2111, 2112; Huber, ZIP 2013, 493, 496). Die vertragliche Bindung gilt grundsätzlich auch im Insolvenzfall. Dies zeigt besonders deutlich das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO. Dieser Regelung liegt zugrunde, dass die vertragliche Bindung eines (Insolvenz-)Gläubigers im Insolvenzfall fortbesteht. Lösungsklauseln, welche diese gesetzgeberische Wertung unterlaufen, sind unwirksam, wenn es dafür keinen rechtfertigenden Grund gibt.
Hierfür spricht, dass § 119 InsO auf der gesetzgeberischen Wertung beruht, das Verwalterwahlrecht nach § 103 InsO und die differenzierten Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO vor zum Nachteil der Insolvenzmasse abweichenden Regelungen zu schützen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 152). An dieser zwingenden Regelung hat der Rechtsausschuss des Bundestags nichts geändert. Das Gesetz selbst enthält keine ausdrückliche Regelung, wie weit dieser Schutz reichen soll. Er trifft sicher den unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 103 bis 118 InsO. Umgekehrt bleiben die kraft Gesetzes bestehenden Lösungsmöglichkeiten von den Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO jedenfalls im Grundsatz unberührt. In welchem Umfang Vereinbarungen, welche die gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten zugunsten einer Vertragspartei modifizieren und so mittelbar den Anwendungsbereich der §§ 103 bis 118 InsO beeinflussen, unwirksam sind, lässt sich deshalb nicht allgemein beantworten.
(c) Auf dieser Grundlage begrenzt § 119 InsO nach Auffassung des Senats die Gestaltungsfreiheit der Parteien. Die Bestimmung erfasst Lösungsklauseln, deren Zweck sich bei objektiver Betrachtung der wechselseitigen Interessen der Parteien darauf beschränkt, den Vertragspartner von den mit dem Vertrag eingegangenen Bindungen zu befreien und somit die Ausübung des Wahlrechts nach § 103 InsO zu vereiteln.
Dies ist immer dann der Fall, wenn bei objektiver Betrachtung der wechselseitigen Interessen der Parteien aus der Sicht ex ante bei Vertragsschluss keine berechtigten Gründe für eine sofortige Auflösungsmöglichkeit allein aufgrund des Insolvenzfalls in Betracht kommen. § 119 InsO legitimiert Einschränkungen der Privatautonomie, wenn Risiken aus der Vertragsdurchführung einseitig allein auf die zukünftigen Insolvenzgläubiger verlagert werden. Freie, anlasslose Lösungsrechte ohne rechtfertigenden Grund führen dazu, dass die privatautonom eingegangene Bindung an einen Vertrag letztlich negiert wird und sich eine Vertragspartei der aufgrund der übereinstimmenden Willenserklärungen entstandenen Pflichten aus einem vertraglichen Schuldverhältnis (vgl. § 241BGB) entziehen kann. Dies ist der Fall, wenn die Vertragsparteien mit der Vereinbarung eines insolvenzabhängigen Lösungsrechts nicht über ihre eigenen Interessen, sondern allein über diejenigen der Insolvenzgläubiger disponieren (vgl. Hoffmann, KTS 2018, 343, 364). Dann wirkt sich eine insolvenzabhängige Lösungsklausel allein dahin aus, das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO zu unterlaufen und verstößt deshalb gegen § 119 InsO. Daran fehlt es, wenn bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei objektiver Betrachtung ex ante berechtigte Gründe bestehen, die einer einseitigen Verlagerung des Vertragsrisikos allein auf die zukünftigen Insolvenzgläubiger entgegenstehen. Solche Gründe können sich aus den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ergeben. Sie können sich auch durch die Besonderheiten der Interessenlage im Zeitpunkt des Insolvenzantrags oder der Insolvenzeröffnung ergeben.
(d) Hingegen haben weder der Grundsatz der schuldnerischen Vermögenshaftung noch die Sanierungschancen für den Schuldner eine hinreichende gesetzliche Ausprägung erhalten, auf deren Grundlage § 119 InsO als allgemeine Regel für eine Unwirksamkeit aller insolvenzabhängigen Lösungsklauseln auch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verstanden werden könnte.
(3) Ob die insolvenzabhängige Lösungsklausel eines nach Maßgabe des § 119 InsO insolvenzrechtlich beachtlichen Gebrauchs der Privatautonomie entspringt, hängt von den betroffenen Interessen ab.
(a) Entscheidend ist, ob aus der Sicht ex ante - sei es im Hinblick auf die bei Vertragsabschluss bestehenden Umstände, sei es im Hinblick auf die durch eine Insolvenzsituation ausgelösten Umstände - für eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ein sachlicher Grund besteht, welcher der Lösungsklausel einen anderen Charakter verleiht als das bloße Bestreben des Vertragspartners, den Vertrag den zwingenden Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO zu entziehen. Hierbei kommt es in erster Linie auf die objektive Sachlage an. Subjektive Vorstellungen des Einzelfalls sind hingegen unerheblich.
(b) Die Vereinbarung einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel kann dazu dienen, die Frage des Lösungsgrundes rechtssicher auszugestalten und nicht mehr von den schwierigen, streitanfälligen und möglicherweise nur schwer beweisbaren Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen. Sieht das Gesetz eine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund vor, ist es möglich, ein Insolvenzereignis als wichtigen Grund einzuordnen. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, in § 648a BGB einen speziellen Kündigungstatbestand für den Fall der Insolvenz des Unternehmers zu schaffen, weil dies der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse nicht Rechnung tragen würde (BT-Drucks. 18/8486, S. 50). Dabei ist er davon ausgegangen, dass die Insolvenz häufig einen wichtigen Grund zur Beendigung des Werkvertrags darstellen wird (BT-Drucks. 18/8486, S. 50). Der Übergang zwischen insolvenzabhängigen und insolvenzunabhängigen Lösungsklauseln ist gleitend. Wie insbesondere die Kündigung aus wichtigem Grund zeigt, kann ein insolvenzunabhängiger Tatbestand - der wichtige Grund - allein oder zusätzlich insolvenzabhängige Sachverhalte erfassen.
In solchen Fällen liegt die Bedeutung insolvenzabhängiger Lösungsklauseln vor allem darin, abschließend zu regeln, worin ein wichtiger Grund liegt, und damit Streit darüber zu vermeiden, ob die mit dem Insolvenzantrag oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintretenden Veränderungen im konkreten Einzelfall ihrer Art nach die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes erfüllen. Entsprechendes gilt für eine allgemeine Anknüpfung an eine - insolvenzunabhängige - Verschlechterung der Vermögensverhältnisse. Eine solche Lösungsklausel bringt erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich, ob der Tatbestand tatsächlich erfüllt ist.
(c) Die Insolvenz eines Vertragspartners kann die Interessen des anderen Teils an der Durchführung des Vertrags beeinträchtigen. Dies hängt davon ab, ob die Insolvenz eines Vertragspartners zu einer Risikoerhöhung für den anderen Vertragspartner führt (vgl. von Wilmowsky, JZ 2013, 998, 1000). Solche das vertraglich vorausgesetzte Austauschverhältnis beeinträchtigende Umstände können gegeben sein, wenn die Zuverlässigkeit des Schuldners erhebliche Bedeutung für die weitere Leistungserbringung hat. Dies kann - wie etwa bei einem Bauvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 35 ff) - die weitere Leistungserbringung selbst betreffen. Es gilt aber auch dann, wenn der Gläubiger damit rechnen muss, dass die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen hinsichtlich der vom Schuldner weiter zu erbringenden Leistungen nicht ausreichend gesichert erscheint, oder wenn der Gläubiger ein Interesse an zusätzlichen Leistungen des Schuldners - etwa Wartungsleistungen - hat, die nicht mehr gesichert erscheinen.
cc) Sieht ein Vertrag - wie im Streitfall - vor, dass der Auftraggeber berechtigt ist, einen Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, und bestimmt dieser Vertrag, dass es als wichtiger Grund gilt, wenn über das Vermögen des Auftragnehmers die Eröffnung eines Insolvenzverfahren beantragt ist, ist für die Wirksamkeit der Klausel mithin zu unterscheiden.
(1) Unwirksam sind Lösungsklauseln dann, wenn sie die in einzelnen Be-stimmungen enthaltenen, ausdrücklich auch die Zeit vor Insolvenzeröffnung erfassenden Regelungen umgehen. Deshalb führt etwa die gesetzliche Regelung in § 112 InsO dazu, dass Lösungsklauseln unwirksam sind, die eine Auflösung des Vertrags an geringere Voraussetzungen knüpfen als die vom Gesetzgeber für die Zeit ab Insolvenzantragstellung für unzureichend angesehenen.
(2) Lösungsklauseln zugunsten eines Geldleistungsgläubigers sind regelmäßig unwirksam, soweit sie den gesetzlichen Rahmen überschreiten (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348 Rn. 13). Die Risiken für einen Geldleistungsgläubiger bestehen darin, dass er mit seiner Gegenforderung auf Geldzahlung ausfällt; hiergegen schützt ihn § 320BGB und - sofern er vorleistungspflichtig sein sollte - § 321 BGB. Hierfür spricht auch, dass die von § 105 Satz 1, § 107 Abs. 2 Satz 1 und § 112 InsO ausgehenden Eingriffe in das vertragliche Gefüge vor allem Geldleistungspflichten des Schuldners betreffen (vgl. Hoffmann, KTS 2018, 343, 356). Demgemäß mutet das Gesetz dem Geldleistungsgläubiger erheblich stärkere Eingriffe in die vertraglich geschützte Sphäre zu als dem Sach- und Dienstleistungsgläubiger.
(3) Auf der anderen Seite sind solche Lösungsklauseln wirksam, bei denen die Vertragsparteien nach der Interessenlage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine insolvenzrechtlich gerechtfertigte Zielsetzung innerhalb der vertragsautonomen Gestaltung der Verhältnisse verfolgen. Dies ist der Fall, wenn der Vertrag als Teil einer Sanierung des Schuldners zustande kommt und die Klausel dazu dient, die Risiken eines Scheiterns der Sanierung abzumildern (vgl. den der Entscheidung BAGE 117, 1 ff zugrunde liegenden Sachverhalt; Berger, ZInsO 2016, 2111, 2112, 2117 f). Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers. Die Ablehnung des § 137 Abs. 2 InsO-E ist gerade darauf gestützt worden, dass die in einer Sanierung enthaltenen Risiken ohne eine Lösungsklausel Sanierungen erschweren könnten.
(4) Schließlich sind Lösungsklauseln bei Verträgen wirksam, für die das Gesetz eine Kündigung aus wichtigem Grund zulässt und die vertragliche Ausgestaltung der wichtigen Gründe durch eine typisierte Interessenbewertung für die darin geregelten Fälle gerechtfertigt ist. Für die typisierte Bewertung ist entscheidend, ob die mit der Insolvenz einhergehenden Risiken die weitere Vertragserfüllung in einem Ausmaß gefährden, das nach der Art der geschuldeten vertraglichen Leistungen und der wechselseitigen Interessen der Parteien bei einer vom Einzelfall losgelösten Betrachtung einen wichtigen Grund darstellen kann. Dies gilt für alle Verträge, die unabhängig von einer Sanierung oder außerhalb von Sanierungsversuchen abgeschlossen worden sind.
dd) Darüber hinaus können vertragliche Lösungsklauseln einer Ausübungskontrolle unterliegen. Hat der andere Vertragsteil kein schutzwürdiges Interesse an der Ausübung des vertraglich eingeräumten insolvenzabhängigen Lösungsrechts oder überwiegen die schutzwürdigen Belange des Schuldners das Interesse des Ausübungsberechtigten, schließt dies die Ausübung des insolvenzabhängigen Lösungsrechts mit Blick auf Treu und Glauben aus (vgl. Wagner/Klein in Festschrift Prütting, 2018, S. 805, 813). Im Regelfall nimmt der Kündigungsberechtigte berechtigte Belange wahr; anders ist dies, wenn er die Insolvenz dazu nutzt, um höhere Preise durchzusetzen, oder sich von einem Vertrag lösen möchte, dessen Durchführung durch die Insolvenz nicht weiter erschwert wird (vgl. Wagner/Klein, aaO S. 814 f).
Im Hinblick auf § 44 StaRUG wird zu erwägen sein, ob im Falle der Eigenverwaltung (§§ 270 ff InsO) die Interessen des Gläubigers an einer Lösungsklausel zurücktreten.
e) Nach diesen Maßstäben hat die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand. Nach den bisherigen Feststellungen lässt sich nicht ausschließen, dass die Beklagte den Vertrag wirksam gekündigt hat.
aa) Der Vertrag sah in § 16 Nr. 1 Buchst. e) vor, dass die Beklagte den Vertrag unter anderem kündigen konnte, wenn über das Vermögen der Schuldnerin ein Insolvenzantrag gestellt worden war. Die Voraussetzungen sind erfüllt.
bb) Dass Berufungsgericht stellt keine Umstände fest, die dazu führen, dass die Klausel unwirksam ist.
(1) Auf die Personenbeförderungsverträge sind die Vorschriften des Werkvertrags anwendbar (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - X ZR 97/14, NJW 2016, 2404 Rn. 14; vom 20. März 2018 - X ZR 25/17, NJW 2018, 2039 Rn. 18). Demgemäß stand der Beklagten das Recht zu, den Vertrag gemäß § 648a BGB zu kündigen. § 648a BGB ist anwendbar, weil das Schuldverhältnis nach dem 31. Dezember 2017 entstanden ist (vgl. Art. 229 § 39 EGBGB).
Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass die von der Beklagten im Zeitpunkt der Kündigung vorgebrachten konkreten Umstände des Einzelfalls nicht genügen, um eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 648a BGB zu begründen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind rechtsfehlerfrei.
(2) Die Vertragsparteien könnten mit der Regelung in § 16 Nr. 1 Buchst. e) der Verträge jedoch wirksam den Insolvenzantrag als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung vereinbart haben. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich nicht annehmen, dass die Vereinbarung unwirksam ist.
(a) Bei der Frage, ob bei objektiver Betrachtung aus der Sicht ex ante bei Vertragsschluss die insolvenzabhängige Lösungsklausel berechtigten Interessen der Beklagten diente, ist zu berücksichtigen, dass in § 16 Nr. 1 Buchst. e) der Verträge eine Ausgestaltung des freien Kündigungsrechts nach § 648 BGB liegen könnte. Zwar hat das Berufungsgericht - von der Revision nicht angegriffen - den Vertrag rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass das freie Kündigungsrecht nach § 648 BGB abbedungen worden ist. Dies hindert die Parteien jedoch nicht daran, eine Kündigung des Werkvertrags mit geringeren Anforderungen als einen im Einzelfall festzustellenden wichtigen Grund vorzusehen und so das freie Kündigungsrecht des § 648 BGB auszugestalten. Dies allein genügt jedoch nur dann, damit die Klausel der insolvenzrechtlichen Kontrolle standhält, wenn die Rechtsfolgen der Kündigung nicht wesentlich von § 648 BGB abweichend geregelt sind.
(b) Zum anderen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht aufgeklärt, ob die Beklagte bei einer typisierten, objektiven Betrachtung ex ante zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein berechtigtes Interesse daran hatte, mit der Vereinbarung eines Insolvenzereignisses als wichtigem Grund Vorsorge für eine allgemein bei Personenbeförderungsverträgen zur Schülerbeförderung mit einem Insolvenzfall einhergehende Risikoerhöhung zu treffen. Solche Umstände können sich etwa aus - öffentlich-rechtlichen - Vorgaben für die Durchführung der Schülerbeförderung ergeben. Hierzu kann eine notwendige besondere Zuverlässigkeit des Auftragnehmers für die Schülerbeförderung gehören. Ebenso kann die Regelung eines Insolvenzfalls als wichtiger Grund zur Kündigung gerechtfertigt sein, wenn bei typisierter Betrachtung ex ante mit einem Eigeninsolvenzantrag wiederholte Störungen der ordnungsgemäßen Beförderung zu befürchten sind und solche Störungen angesichts der Art und Weise der versprochenen Leistungen in jedem Fall so weit als möglich zu vermeiden sind. Schließlich kann erheblich sein, ob der Insolvenzantrag die ausreichende Absicherung gegen etwaige Unfallschäden bei der Schülerbeförderung gefährdet.
Hingegen dürften Gewährleistungsrechte unerheblich sein, nachdem der Schuldner die jeweiligen Beförderungsleistungen täglich ausführte. Es handelte sich um keine Leistungen, bei denen etwaige Mängel erst nach längerer Zeit zu befürchten waren.
cc) Für § 8 Nr. 1 VOL/B (2003), der nach § 2 der Beförderungsverträge einbezogen ist, gilt nichts anderes. Danach kann der Auftraggeber vom Vertrag zurücktreten oder den Vertrag mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn über das Vermögen des Auftragnehmers das Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares gesetzliches Verfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt oder dieser Antrag mangels Masse abgelehnt worden ist oder die ordnungsgemäße Abwicklung des Vertrags dadurch in Frage gestellt ist, dass er seine Zahlungen nicht nur vorübergehend einstellt. Diese insolvenzabhängige Lösungsklausel wirft die gleichen Fragen auf wie die Regelung in § 16 Nr. 1 Buchst. e) des Vertrags. Sie ist daher an den gleichen Maßstäben zu messen.
III.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird den Parteien nach Zurückverweisung Gelegenheit zu geben haben, zu den Umständen vorzutragen, die eine Wirksamkeit der insolvenzabhängigen Lösungsklausel begründen können.
Hintergrund des Urteils
Im Streitfall kündigte die Beklagte die Schülerbeförderungsverträge aufgrund eines Insolvenzantrags des Auftragnehmers. Die Kündigung stützte sich auf eine Klausel, die den Insolvenzantrag als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung definierte. Der Insolvenzverwalter hielt die Kündigung für unwirksam, da sie seiner Ansicht nach das Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO unterlief.
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle sah die Klausel als unwirksam an. Der BGH hob dieses Urteil jedoch auf und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung zurück, wobei er differenzierte Maßstäbe für die Beurteilung der Wirksamkeit solcher Klauseln formulierte.
Analyse: Wirksamkeit insolvenzabhängiger Lösungsklauseln
Der BGH bekräftigt, dass insolvenzabhängige Lösungsklauseln nicht grundsätzlich unwirksam sind. Stattdessen sei eine differenzierte Prüfung erforderlich, die auf die wechselseitigen Interessen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt.
-
Grundsatz der Vertragsfreiheit und Einschränkungen durch die Insolvenzordnung
- Die Vertragsfreiheit erlaubt es grundsätzlich, Kündigungsgründe individuell zu vereinbaren.
- Einschränkungen ergeben sich jedoch aus § 119 InsO, der Vereinbarungen untersagt, die die Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO mittelbar oder unmittelbar umgehen.
-
Zulässigkeit insolvenzabhängiger Klauseln
- Enger Bezug zu gesetzlichen Regelungen: Klauseln, die an gesetzliche Kündigungstatbestände wie § 648a BGB (wichtiger Grund) anknüpfen, sind zulässig.
- Objektive Rechtfertigung: Die Klausel muss durch berechtigte Interessen der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses begründet sein. Im vorliegenden Fall könnten die besonderen Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Sicherheit bei der Schülerbeförderung ein solches Interesse begründen.
-
Unzulässigkeit bestimmter Klauseln
- Klauseln zugunsten von Geldleistungsgläubigern: Regelmäßig unwirksam, da das Insolvenzrecht bereits ausreichende Schutzmechanismen wie §§ 320, 321 BGB bietet.
- Umgehung gesetzlicher Schutzvorschriften: Klauseln, die z. B. die Kündigungssperre für Mietverhältnisse gemäß § 112 InsO unterlaufen, sind unzulässig.
Fortbestehen der vertraglich vereinbarten Kündigungsrechte nach Insolvenzantrag
Der BGH stellt klar, dass vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte grundsätzlich auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen bleiben, sofern sie nicht gegen § 119 InsO oder andere zwingende Regelungen verstoßen.
- Bezug zum Verwalterwahlrecht (§ 103 InsO): Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters darf nicht ausgehebelt werden. Kündigungen, die lediglich auf den Insolvenzantrag abzielen, ohne objektiv gerechtfertigt zu sein, unterlaufen dieses Wahlrecht und sind daher unwirksam.
- Abgrenzung: Eine Klausel kann zulässig sein, wenn sie mit berechtigten Interessen der nicht insolventen Vertragspartei in Einklang steht, wie beispielsweise der Aufrechterhaltung des Schulbetriebs bei Schülerbeförderungsverträgen.
Abweichende Meinungen und Rechtsprechung
-
BGH, Urteil vom 15. November 2012 – IX ZR 169/11:
- Klauseln, die in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie an den Insolvenzantrag anknüpfen, sind unwirksam.
- Die Entscheidung betont den Schutz der Insolvenzmasse und die Sanierungschancen des Schuldners.
-
BGH, Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15 (Bauvertragsrecht):
- Insolvenzklauseln sind zulässig, wenn sie der besonderen Interessenlage der Vertragsparteien entsprechen und sich eng an gesetzliche Regelungen wie § 648a BGB anlehnen.
-
Literaturmeinungen:
- Kritiker sehen eine generelle Unwirksamkeit insolvenzabhängiger Klauseln als notwendig, um Sanierungen zu erleichtern und die Privatautonomie der Vertragsparteien nicht zu Lasten der Gläubiger zu missbrauchen.
- Befürworter differenzierter Lösungen betonen die Bedeutung einer typisierten Bewertung der Interessen im Einzelfall.
Erkenntnisse aus dem Urteil
- Keine generelle Unwirksamkeit: Insolvenzabhängige Klauseln sind nicht pauschal unwirksam, sondern bedürfen einer differenzierten Prüfung.
- Relevanz der Interessenlage: Entscheidend ist die objektive Rechtfertigung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
- Stärkung der Einzelfallbetrachtung: Der BGH betont die Bedeutung einer sorgfältigen Abwägung der Interessen aller Beteiligten.
- Unklare Linie: Die Rechtsprechung bleibt heterogen, insbesondere im Hinblick auf unterschiedliche Vertragsarten und Konstellationen.
Praktische Auswirkungen und Empfehlungen
- Vertragsgestaltung: Bei der Formulierung insolvenzabhängiger Klauseln sollten Parteien berechtigte Interessen dokumentieren, um die Wirksamkeit zu sichern.
- Vorsicht bei Geldleistungsgläubigern: Für diese bleibt die Verwendung solcher Klauseln problematisch.
- Einzelfallprüfung: Unternehmen und Insolvenzverwalter sollten die Wirksamkeit der Klauseln im jeweiligen Kontext sorgfältig prüfen.
Fazit
Das Urteil des BGH vom 27. Oktober 2022 setzt einen weiteren Akzent in der rechtlichen Behandlung insolvenzabhängiger Lösungsklauseln. Es bestätigt die Bedeutung der Einzelfallbetrachtung und liefert wichtige Leitlinien für die Praxis, lässt jedoch Raum für Rechtsunsicherheit. Die zukünftige Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur bleibt abzuwarten.
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(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin hatte am 17./20. Februar 2004 mit der A. GmbH (fortan: Schuldnerin) einen Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie geschlossen. Der Vertrag sollte zunächst für ein Jahr bis zum 28. Februar 2005 laufen und sich jeweils um weitere zwölf Monate verlängern , wenn er nicht drei Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wird. Ferner bestimmt Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags: "Der Vertrag endet auch ohne Kündigung automatisch, wenn der Kunde einen Insolvenzantrag stellt oder aufgrund eines Gläubigerantrages das vorläufige Insolvenzverfahren eingeleitet oder eröffnet wird."
- 2
- Nachdem der Beklagte am 16. Dezember 2004 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden war, korrespondierte er mit der Klägerin wegen des Fortbestandes des Vertragsverhältnisses. Er wandte sich gegen die Auffassung der Klägerin, der bisherige Energielieferungsvertrag sei infolge der Insolvenz der Schuldnerin automatisch beendet worden, unterzeichnete aber gleichwohl einen neuen Vertrag mit Wirkungzum 1. Januar 2005 zu höheren Preisen. In seinem Begleitschreiben vom 31. Januar 2005 teilte der Beklagte mit, den neuen Vertrag nur unter dem Vorbehalt der Prüfung der Rechtslage anzunehmen.
- 3
- Die Klägerin verlangte von dem Beklagten für Stromlieferungen im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 21. Juli 2006 über die nach dem alten Vertrag bereits geleisteten Zahlungen hinaus zunächst ein weiteres Entgelt von 42.064,86 €. Nach teilweiser Klagerücknahme begehrt er noch 38.957,38 € nebst Zinsen. Der Beklagte wendet gegen die Klageforderung die Unwirksamkeit der Lösungsklausel aus dem ersten Energielieferungsvertrag ein, der weiterhin Bestand habe und der Abrechnung der Stromlieferungen zugrunde zu legen sei.
- 4
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat wie schon das Landgericht gemeint, der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag sei nach der wirksamen Lösungsklausel gemäß Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags spätestens zum 16. Dezember 2004 beendet worden. Die insolvenzabhängige Lösungsklausel verstoße nicht gegen § 119 InsO. Vielmehr spreche die Entstehungsgeschichte der Vorschrift für eine generelle Wirksamkeit von solchen Lösungsklauseln, weil der Gesetzgeber bewusst von einer anders lautenden Bestimmung im Gesetzentwurf Abstand genommen habe. Auch die Neufassung des § 16 Abs. 1 VVG zeige , dass der Gesetzgeber insolvenzabhängigen Lösungsklauseln nicht kritisch gegenüber stehe. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO sei nicht berührt, weil der Insolvenzverwalter den Vertrag in seinem rechtlichen Bestand hinnehmen müsse. Die Lösungsklausel sei auch nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 308 Nr. 3 BGB aF unwirksam , weil die Insolvenzantragstellung als sachlicher Grund der Vertragslösung ausdrücklich genannt werde und eine unangemessene Benachteiligung der Schuldnerin durch die Lösungsklausel nicht ersichtlich sei. Eine insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit der Lösungsklausel sei nicht geltend gemacht worden. Daher sei der Zahlungsanspruch auf der Grundlage des unter Vorbehalt abgeschlossenen neuen Vertrages begründet.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 8
- 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag nicht infolge der Insolvenz der Schuldnerin aufgelöst worden. Die in dem Vertrag vereinbarte Lösungsklausel für den Insolvenzfall erweist sich vielmehr als unwirksam im Sinne von § 119 InsO, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließt.
- 9
- a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der unter Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags enthaltenen Klausel um eine insolvenzabhängige Lösungsklausel handelt. Eine solche liegt vor, wenn eine der Parteien für den Fall der Zahlungseinstellung, des Insolvenzantrages oder der Insolvenzeröffnung das Recht eingeräumt wird, sich vom Vertrag zu lösen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 95), oder wenn der Vertrag wie im Streitfall unter der auflösenden Bedingung des Eintritts dieser insolvenzbezogenen Umstände steht (vgl. Braun/Kroth, InsO, 5. Aufl., § 119 Rn. 9). Im Unterschied dazu knüpfen insolvenzunabhängige Lösungsklauseln an nicht insolvenzspezifische Umstände an, etwa an den Verzug oder an sonstige Vertragsverletzungen (MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl., § 119 Rn. 18; HK-InsO/ Marotzke, 6. Aufl., § 119 Rn. 2). Solche insolvenzunabhängigen Lösungsklauseln sind nicht auf das Ziel ausgerichtet, die Wahlmöglichkeiten des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO auszuhöhlen, so dass § 119 InsO - mit Ausnahme der Kündigungssperre des § 112 InsO - nicht berührt ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 147; MünchKomm-InsO/ Huber, aaO Rn. 19; HK-InsO/Marotzke, aaO; HmbKomm-InsO/Ahrendt, 4. Aufl., § 119 Rn. 4).
- 10
- b) Die Frage, ob vertraglich vereinbarte insolvenzabhängige Lösungsklauseln nach § 119 InsO unwirksam sind, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung war umstritten, ob diese Klauseln mit dem zwingenden Charakter des § 17 KO vereinbar sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 36 ff; vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 79; dagegen Hess, KO, 6. Aufl., § 17 Rn. 1 aE; differenzierend Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 17 Rn. 214). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt. Der Senat hat die Rechtsfrage bisher offen gelassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003, aaO S. 95).
- 11
- aa) Nach einer Auffassung (OLG München, ZInsO 2006, 1060, 1062; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 28 ff; ders. in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch , 4. Aufl., § 35 Rn. 13; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, InsO, § 119 Rn. 2; FK-InsO/Wegener, 6. Aufl., § 119 Rn. 4 ff, 9, aber anders für Energielieferungsverträge Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/ Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 12; von Wilmowsky, ZIP 2007, 553, 554 ff), der sich die Vorinstanzen angeschlossen haben, steht § 119 InsO einer insolvenzbedingten Lösungsklausel grundsätzlich nicht entgegen. Lösungsklauseln würden von § 119 InsO nicht erfasst, weil diese Klauseln den Bestand des Vertrages betreffen, nicht aber dessen Abwicklung im Sinne der Bestimmungen der §§ 103 bis 118 InsO (Huber in Gottwald, aaO). Für die Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln spreche zudem die Entstehungsgeschichte. Der Rechtsausschuss des Bundestages habe geglaubt, die Wirksamkeit von insolvenzbedingten Lösungsklauseln festzuschreiben, als er die in § 137 Abs. 2 RegE vorgesehene Regelung gestrichen habe (BT-Drucks. 12/7302, S. 170). Entsprechende Klauseln für unwirksam zu erachten, wie dies zunächst ausdrücklich vorgesehen war, hätte eine sanierungsfeindliche Wirkung und Nachteile im internationalen Geschäftsverkehr haben können (vgl. BT-Drucks., aaO). Zudem hätte es nicht der Anordnung einer Kündigungssperre nach § 112 InsO für spezielle Vertragstypen bedurft, wenn solche Lösungsklauseln bereits nach § 119 InsO unwirksam wären (MünchKomm-InsO/Huber, aaO; Zeuner in Leonhardt /Smid/Zeuner, aaO; von Wilmowsky, aaO S. 554).
- 12
- bb) Die Gegenauffassung (OLG Düsseldorf, ZInsO 2007, 152, 154; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 1998, § 119 Rn. 16 ff; HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Braun/Kroth, aaO, § 119 Rn. 11 f; Nerlich/Römermann/ Balthasar, InsO, 1999, § 119 Rn. 11, 15; BK-InsO/Goetsch, § 119 Rn. 5 ff; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 133 ff; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 3. Aufl., § 103 Rn. 11; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, Rn. 269 ff, 298 f, 317, 429; Gerhardt, AcP 2000, 426, 443; Pape in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung , 2. Aufl., S. 531 Rn. 60 ff; Berger in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., S. 325 Rn. 28; Abel, NZI 2003, 121, 128; Dahl, NJW-Spezial 2008, 373 f) hält insolvenzabhängige Lösungsklauseln jedenfalls dann für unwirksam, wenn sie nicht einer spezialgesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entsprechen. Die Vorstellung des Gesetzgebers bei der Streichung des § 137 Abs. 2 RegE habe keinen Ausdruck im Gesetz gefunden (Tintelnot in Kübler/ Prütting/Bork, aaO Rn. 15; Berger, aaO Rn. 18; Gerhardt, aaO S. 441; Dahl, aaO S. 374). Wären entsprechende Lösungsklauseln wirksam, könnte der Vertragspartner schon im Vorfeld das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO vereiteln (HK-InsO/Marotzke, aaO). Gerade die Zulässigkeit von vertraglichen Lösungsklauseln könne eine sanierungsfeindliche Wirkung haben, wenn massegünstige Verträge dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters entzogen würden oder konkurrierende Unternehmen den Markt zu günstigeren Konditionen übernehmen wollten (Braun/Kroth, aaO § 119 Rn. 10).
- 13
- cc) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ist bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie nach § 119 InsO unwirksam, wenn sie im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausschließt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11). Die vom Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete Zulässigkeit vertraglicher Lösungsklauseln (BT-Drucks. 12/7302, S. 170 zu § 137 RegE) hat im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden und widerspricht den Zielsetzungen des § 103 InsO. Der Zweck des Erfüllungswahlrechts ist es, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103 Rn. 1 ff; zu § 17 KO vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1988 - IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 244). Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen kann (HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Dahl, NJWSpezial , 2008, 373, 374).
- 14
- Ist das Schuldverhältnis auf eine fortlaufende Lieferung von Waren oder - wie hier - Energie gerichtet, zeigt sich, dass eine einseitige Lösungsmöglichkeit durch den Gläubiger nicht die im Gesetzgebungsverfahren befürchtete sanierungsfeindliche Wirkung hat. Häufig wird das Gegenteil der Fall sein, weil die Unwirksamkeit der Lösungsklausel den Gläubiger regelmäßig daran hindert, einen zu günstigen Bedingungen abgeschlossenen und für die Betriebsfortfüh- rung wesentlichen Vertrag kurzfristig einseitig zu beenden. Derartige Nachteile bei der Betriebsfortführung wollte der Gesetzgeber gerade vermeiden, wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 119 (jetzt § 105 InsO, BTDrucks. 12/2443 S. 146) entnehmen lässt. Danach soll § 105 InsO dem Verwalter ermöglichen, Verträge über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie im Insolvenzverfahren zu den gleichen Bedingungen fortzusetzen. Die Fortführung eines Unternehmens sollte in dieser Weise erleichtert werden. Hierdurch wird der Vertragspartner, der seine Rückstände nur als Insolvenzforderungen geltend machen kann, im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht unzumutbar belastet, weil er bei einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach Eröffnung die vereinbarte Gegenleistung aus der Masse erhält (vgl. BTDrucks. , aaO; ebenso Gerhardt, aaO S. 443). Dieser Regelungsabsicht bei Einführung des § 105 InsO widerspräche es, wenn ein massegünstiger Vertrag dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters durch eine vertragliche Lösungsklausel entzogen werden könnte.
- 15
- Gegen die Unwirksamkeit von vertraglichen Lösungsklauseln nach § 119 InsO kann nicht eingewandt werden, dass es dann keiner mietvertraglichen Kündigungssperre nach § 112 InsO bedurft hätte (so aber MünchKommInsO /Huber, aaO § 119 Rn. 31). Diese Vorschrift war als § 126 bereits in dem Entwurf der Bundesregierung enthalten, der insolvenzbedingte Lösungsklauseln in § 137 Abs. 2 ausdrücklich für unwirksam erklärte. Die Kündigungssperre für spezielle Vertragstypen sollte die Unwirksamkeit der allgemeinen Lösungsklauseln für die Zeit vor Verfahrenseröffnung ergänzen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 264). Die Existenz des § 112 InsO spricht somit nicht dafür, dass der Vorschrift des § 119 InsO ein Ausnahmecharakter zukommt (vgl. Schwörer, aaO Rn. 370 ff).
- 16
- In der hier vertretenen Auffassung liegt keine Abweichung vom Urteil des IV. Zivilsenats vom 26. November 2003 (IV ZR 6/03, NZI 2004, 144; vgl. MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 34), in welchem der Fall einer versicherungsvertraglich vereinbarten Kündigungsklausel behandelt wurde. Die damals streitgegenständliche Klausel entsprach in ihrem Regelungsgehalt der gesetzlichen Sonderregelung in § 14 Abs. 1 VVG aF (BGH, Urteil vom 26. November 2003, aaO S. 145 f). Vorliegend besteht demgegenüber keine der Klausel entsprechende gesetzliche Lösungsmöglichkeit. Im Übrigen ist die früher in § 14 Abs. 1 VVG aF vorgesehene Kündigungsmöglichkeit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 ersatzlos entfallen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Anhang zu § 16 Rn. 1).
- 17
- c) Der Anwendbarkeit des § 119 InsO steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Klausel die Vertragsauflösung bereits für den Fall eines Eigenantrags oder eines zulässigen Gläubigerantrags vorsieht.
- 18
- aa) Zu Unrecht wird vertreten, dass § 119 InsO bei vor der Verfahrenseröffnung liegenden Anknüpfungsumständen nicht eingreife, weil die Norm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetze (MünchKomm-InsO/Huber, aaO Rn. 22; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 35 Rn. 12; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 136; Stengel, Energielieferungsverträge in der Kundeninsolvenz , 2010, S. 155 f). Die Stellung der Norm in dem mit "Wirkungen der Verfahrenseröffnung" überschriebenen Dritten Teil der Insolvenzordnung trägt diese Annahme nicht. Dieser Teil der Insolvenzordnung enthält auch in § 112 InsO eine Regelung, die bereits im Eröffnungsverfahren Anwendung findet, um das allgemeine insolvenzrechtliche Ziel einer möglichen Betriebsfortführung zu sichern (Schwörer, aaO Rn. 412). Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO könnte leicht unterlaufen werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners ein Kündigungsrecht oder eine automatische Vertragsauflösung für den Fall ausbedingen könnte, dass ein Insolvenzantrag gestellt oder ein Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet wird.
- 19
- bb) Soll die Vorschrift des § 119 InsO in der Praxis nicht leer laufen, muss ihr eine Vorwirkung jedenfalls ab dem Zeitpunkt zuerkannt werden, in dem wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ernsthaft zu rechnen ist. Jedes Insolvenzverfahren setzt einen schriftlichen Eröffnungsantrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO zwingend voraus. Könnte eine Lösungsklausel wirksam an den Eröffnungsantrag anknüpfen, würde in der Praxis die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst als Anknüpfung für nur dann als unwirksam anzusehende Lösungsklauseln jede Bedeutung verlieren. Der von § 119 beabsichtigte Masseschutz könnte ohne weiteres ausgeschlossen und der Zweck der Vorschrift unterlaufen werden.
- 20
- Wie sich auch aus § 21 Abs. 1 InsO ergibt, sollen nach einem zulässigen Insolvenzantrag nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners verhindert werden. Zu diesem Zweck kann das Insolvenzgericht vorläufige Maßnahmen zum Schutz der späteren Masse anordnen.
- 21
- Der einem Insolvenzverfahren zwingend vorausgehende Antrag auf Eröffnung unterscheidet sich auch maßgeblich von anderen, einem Insolvenzverfahren vorgelagerten Ereignissen, etwa dem Zeitpunkt einer Vermögensverschlechterung des Schuldners (vgl. HK-InsO/Marotzke, aaO Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 6; Braun/Kroth, aaO Rn. 5). Aus § 21 Abs. 1 InsO lässt sich ebenso wie aus § 112 InsO ableiten, dass die Vermögenslage des Schuldners ab Beginn des Eröffnungsverfahrens gesichert werden soll, auch um eine mögliche Betriebsfortführung nicht zu erschweren (vgl. Schwörer, aaO Rn. 421, 425 ff). Dieser Schutz vor nachteiligen Veränderungen wäre unzureichend, wenn er nicht durch eine Vorwirkung des § 119 InsO im Hinblick auf die genannten insolvenzbedingten Lösungsklauseln ergänzt würde.
- 22
- 2. Aufgrund der Unwirksamkeit der insolvenzbedingten Lösungsklausel ist der ursprüngliche Energielieferungsvertrag nicht mit der Insolvenzantragstellung oder Einleitung des Eröffnungsverfahrens beendet worden, sondern hatte weiterhin Bestand. Das Vertragsverhältnis wurde auch nicht durch die schriftliche Kündigung der Klägerin beendet. Durch das erst am 6. Dezember 2004 zugegangene Kündigungsschreiben wurde die nach Nr. 7 Abs. 2 des Vertrages vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist zum Ende der Vertragslaufzeit am 28. Februar 2005 nicht eingehalten. Nach Nr. 7 Abs. 2 des Belieferungsvertrages verlängerte sich die Vertragslaufzeit damit zunächst um 12 Monate. Die erklärte Kündigung kann auch nicht als Kündigung zum nächst zulässigen Kündigungstermin ausgelegt werden (vgl. zum Versicherungsrecht MünchKommVVG /Fausten, § 11 Rn. 138 ff; zu Miet- und Pachtverhältnissen MünchKommBGB /Häublein, 6. Aufl., § 573c Rn. 14; Staudinger-BGB/Roth, 2003, § 140 Rn. 46 jeweils mwN). Der ausdrücklich auf die geänderte Preisentwicklung auf dem Strommarkt gestützten Kündigungserklärung ist nicht mit hinreichender Sicherheit der Wille zu entnehmen, dass die Kündigung gegebenenfalls auch nach Ablauf einer weiteren einjährigen Vertragslaufzeit gelten soll. Die Erklärung konnte auch so verstanden werden, dass die Klägerin bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Kündigung die weitere Preisentwicklung auf dem Strommarkt hätte abwarten wollen, um zum Ende der bis Ende Februar 2006 verlängerten Vertragsperiode neu entscheiden zu können, ob das Vertragsverhältnis zu den alten Bedingungen fortgesetzt oder wirksam gekündigt werden soll.
- 23
- 3. Auf der Grundlage des ursprünglichen Energielieferungsvertrages sind die Forderungen der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Da der ursprüngliche Vertrag fortgilt, kann die Klägerin keine weitergehenden Zahlungsansprüche aus dem im Neuvertrag vereinbarten höheren Strompreis herleiten. Den neuen Energielieferungsvertrag hatte der Beklagte nur unter der Bedingung der erfolgten Auflösung des ursprünglichen Vertrags abgeschlossen; hiermit hatte sich die Klägerin durch Fortsetzung der Lieferung einverstanden erklärt.
III.
- 24
- Die angefochtenen Urteile können damit keinen Bestand haben und sind aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung der Urteile nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Dies führt zur Abweisung der Klage.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 08.02.2011 - 2 O 189/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.10.2011 - 13 U 53/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 166.000 €.
- 2
- Die Klägerin beauftragte die B. GmbH im Jahre 2011 unter Einbeziehung der VOB/B (2009) mit der Errichtung eines Geschäftshauses in L. gegen Zahlung einer Pauschalvergütung in Höhe von 1.660.000 €. Die von der Klägerin gestellten Vertragsbedingungen enthalten unter anderem die folgenden Bestimmungen : "III. Sicherheitsleistungen Der Generalunternehmer stellt eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu 10% der Auftragssumme. Die Vertragserfüllungsbürgschaft muss bis zur Auszahlung der 1. Abschlagsrechnung dem AG vorgelegt werden. Die Bürgschaft muss unbedingt, unbefristet und selbstschuldnerisch sein. Eine Rückgabe erfolgt im Austausch mit der Gewährleistungsbürgschaft (siehe Ziffer V c)."
- 3
- Zur Sicherung der Erfüllungsansprüche der Klägerin gegen die B. GmbH verbürgte sich die Beklagte bis zur Höhe eines Betrages von 166.000 €.
- 4
- Im April 2012 beantragte die B. GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, woraufhin die Klägerin den Vertrag mit der B. GmbH unter Bezugnahme auf die vertraglichen Vereinbarungen und auf § 8 VOB/B (2009) aus wichtigem Grund kündigte. Die B. GmbH stellte daraufhin die Arbeiten ein. Die Klägerin beauftragte Drittunternehmer mit der Fertigstellung des Gebäudes. Über das Vermögen der B. GmbH wurde am 12. Juni 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet.
- 5
- Wegen der Fertigstellungsmehrkosten, die die Klägerin auf 382.744,02 € beziffert, nimmt sie die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht , dessen Urteil in BauR 2014, 1321 veröffentlicht ist, hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2015, 1332 = NZBau 2015, 292 abgedruckt ist, ist der Auffassung, der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus der Bürgschaft zu, da es an einer durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung fehle. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die B. GmbH aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) bestehe nicht, weil diese von der Klägerin gestellte Klausel nach § 119 InsO unwirksam sei.
- 8
- Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348, seien Lösungsklauseln in Verträgen über fortlaufende Lieferung von Waren und Energie, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpften, nach § 119 InsO unwirksam, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschlössen. Insolvenzabhängige Lösungsklauseln seien nach dieser Entscheidung nur dann unbedenklich, wenn sie einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entsprächen.
- 9
- Diese Erwägungen seien auf den Bauvertrag mit der Konsequenz zu übertragen, dass die insolvenzabhängige Lösungsklausel des § 8 Abs. 2 VOB/B (2009) unwirksam sei. Eine vergleichbare Lösungsmöglichkeit kenne das Gesetz nicht. Insbesondere das freie Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 Satz 1 BGB sei mit dem durch § 8 Abs. 2 VOB/B (2009) eingeräumten Sonderkündigungsrecht in Bezug auf die Rechtsfolgen nicht vergleichbar. § 8 Abs. 2 VOB/B (2009) lasse anders als § 649 BGB nicht nur die Werklohnforderung des Unternehmers entfallen, sondern begründe im Gegenteil einen Schadensersatzanspruch , der in den von der Regelung erfassten Fällen von Gesetzes wegen nicht ohne weiteres bestehe.
- 10
- Die Zielsetzungen des § 103 InsO, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren, würden durch die Kündigung eines für die Masse wirtschaftlich vorteilhaften Bauvertrags vereitelt. Denn dem Insolvenzverwalter werde durch das Sonderkündigungsrecht die Möglichkeit genommen, sich für die Ausführung der ausstehenden Bauleistungen zu entscheiden und auf dieser Grundlage den vollen Werklohn zu vereinnahmen.
- 11
- Zwar drohten dem Auftraggeber und dritten Beteiligten durch die Insolvenz des Auftragnehmers erhebliche Schäden, insbesondere durch einen längeren Baustillstand bis zur Klärung der Frage, ob der Insolvenzverwalter Erfüllung wähle. Der Gesetzgeber habe jedoch in §§ 103, 119 InsO eine grundsätzliche Abwägung dahin vorgenommen, dass er dem Auftraggeber und Dritten die mit der Wartezeit verbundenen Nachteile im Interesse der Ermöglichung von Betriebsfortführungen und der besseren Befriedigung der Gläubigergesamtheit zumute. An diese Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers seien die Gerichte gebunden.
II.
- 12
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit des § 8 Abs. 2 VOB/B (2009) sind von Rechtsfehlern beeinflusst.
- 14
- 1. Gemäß § 103 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter bei gegenseitigen Verträgen, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil noch nicht vollständig erfüllt sind, ein Wahlrecht , ob er die Erfüllung der wechselseitigen Vertragspflichten verlangt oder ablehnt. § 119 InsO schützt dieses Wahlrecht, indem danach Vereinbarungen unwirksam sind, durch die die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt wird. Von dem Verbot des § 119 InsO können auch Klauseln erfasst sein, die dem Gläubiger für den Fall der Zahlungseinstellung , des Insolvenzantrags oder der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Schuldners das Recht einräumen, sich vom Vertrag zu lösen (insolvenzabhängige Lösungsklauseln), da derartige Klauseln das Wahlrecht des Insolvenzverwalters zumindest mittelbar beeinträchtigen (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348 Rn. 13).
- 15
- § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009) enthält eine insolvenzabhängige Lösungsklausel. Danach kann der Auftraggeber den Bauvertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat. An eine solche Kündigung knüpft § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) besondere, in § 649 BGB nicht vorgesehene Rechtsfolgen. Es sind nur die bereits ausgeführten Leistungen zu vergüten. Der Auftragnehmer kann also für die nicht erbrachten Leistungen nicht die vereinbarte Vergütung abzüglich desjenigen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, verlangen. Zudem steht dem Auftraggeber hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu.
- 16
- 2. Unter Geltung der Konkursordnung, die eine § 119 InsO entsprechende Regelung nicht enthielt, hatte der Senat entschieden, dass das Kündigungsrecht nach § 8 Nr. 2 VOB/B und die damit verbundenen Rechtsfolgen mit dem Konkursrecht vereinbar sind und die Regelung nicht wegen Verstoßes gegen das aus dem Wahlrecht des Konkursverwalters gemäß § 17 KO ableitbare gesetzliche Verbot unwirksam ist. Zur Begründung hatte der Senat ausgeführt, der Konkursverwalter müsse den Vertrag in dem rechtlichen Bestand hinnehmen, in dem er sich im Zeitpunkt der Konkurseröffnung befinde. Ferner seien die persönlichen Eigenschaften des Auftragnehmers (Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit) gerade im Bauvertrag für den Auftraggeber von so großer Bedeutung , dass ihm schon deshalb eine Fortsetzung des Vertrags mit dem Konkursverwalter entgegen seinem Willen nicht zugemutet werden könne (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 36 f., juris Rn. 13 f.).
- 17
- 3. Der Gesetzgeber wollte bei Einführung der Insolvenzordnung die Frage , ob § 8 Abs. 2 VOB/B im Hinblick auf seine Rechtsfolgen gegen §§ 103, 119 InsO verstößt, nicht regeln, sondern diese Entscheidung der Rechtsprechung vorbehalten. In der Begründung zu § 137 des Regierungsentwurfs wird insoweit ausgeführt: "Wie der Bundesgerichtshof klargestellt hat (BGHZ 96, 34 zur insoweit gleichlautenden Fassung von 1973), liegt die Bedeutung dieser Bestimmung nicht in der Festlegung eines Kündigungsrechts des Auftraggebers für den Insolvenzfall; denn schon nach § 649 BGB kann der Besteller den Werkvertrag jederzeit kündigen. § 8 Nr. 2 VOB/B hat vielmehr den Zweck, die Rechtsfolgen einer Kündigung des Auftraggebers im Insolvenzfall abweichend von der Gesetzeslage zu regeln, insbesondere dem Auftraggeber in diesem Fall einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einzuräumen. Die Frage, ob diese Regelung der Rechtsfolgen einer Kündigung wirksam ist, wird durch die neue Vorschrift der Insolvenzordnung nicht entschieden; die Beantwortung dieser Frage kann weiter der Rechtsprechung überlassen bleiben." (BT-Drucks. 12/2443, S. 152 f.).
- 18
- 4. Auf dieser Grundlage werden in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum zu der Frage, ob § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009), insbesondere aufgrund der mit der Kündigung verbundenen Rechtsfolgen aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009), wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen der §§ 103, 119 InsO unwirksam ist, unterschiedliche Ansichten vertreten.
- 19
- a) Vielfach wird angenommen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) schließe das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO aus und sei daher wegen Verstoßes gegen § 119 InsO unwirksam (Ingenstau/Korbion/Schmitz, VOB Teile A und B, 19. Aufl., § 8 Abs. 2 VOB/B Rn. 3 ff.; Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, VOB Teile A und B, 5. Aufl., § 8 VOB/B Rn. 74; Kniffka/Schmitz, Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 649 Rn. 177; Leinemann/Franz, VOB/B, 5. Aufl., § 8 Rn. 99 ff.; Braun/Kroth, InsO, 6. Aufl., § 119 Rn. 13; KPB/Tintelnot, InsO, Stand: Juli 2015, § 119 Rn. 15 ff.; Pape/Uhländer/Bezani, NWB-Kommentar zum Insolvenzrecht, 2013, § 119 Rn. 15; Flöther/Wehner in A/G/R, InsO, 2. Aufl., § 119 Rn. 2; Balthasar in Nerlich/Römermann, InsO, 28. EL, § 119 Rn. 16; FK-InsO/Wegener, 8. Aufl., § 119 Rn. 3 ff.; Schmitz, Die Abwicklung des Bauvertrags in der Insolvenz, ibronline , Stand: 7. Juni 2015 Rn. 45 ff.; ders., IBR 2013, 278; ders., BauR 2013, 772 ff.; Hain, jurisPR-InsR 10/2015, Anmerkung 2; Lau, EWiR 2015, 287, 288; Böhner, FD-InsR 2013, 342731; von Kiedrowski, BauR 2013, 1325, 1327 f.; Wittler/Kupczyk, NJW 2013, 1854, 1856; Wegener, ZInsO 2013, 1105, 1106 f.; Koenen, BauR 2011, 352 ff.; Baldringer, NZBau 2005, 183, 184 ff.; Bopp, Der Bauvertrag in der Insolvenz, 2009, S. 197 ff.; Prütting in Festschrift für Horn, 2011, S. 509, 519 f.; wohl auch Franke, BauR 2007, 774, 775 ff.; vgl. auch Voit in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 8 VOB/B Rn. 5 f., der die Unwirksamkeit auf den Schadensersatzanspruch beschränkt; Jaeger/Jacoby, Insolvenzordnung, Band 3, 2014, § 119 Rn. 38, der die Unwirksamkeit auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B beschränkt; ebenso: Hinger, Die Bauunternehmerinsolvenz, 2010, S. 201 f., 227 ff.; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, 2000, Rn. 516 ff.; zweifelnd auch: Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts , 4. Aufl., 7. Teil Rn. 33; Dahl in Runkel/Schmidt, Insolvenzrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 323 ff.; Smid, Handbuch Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 10 Rn. 14).
- 20
- Zur Begründung wird angeführt, der Auftragsbestand des Unternehmens sei Grundlage für eine Sanierung. Das Kündigungsrecht aus § 8 Abs. 2 VOB/B (2009) und die damit verbundenen Rechtsfolgen würden jede Unternehmensfortführung im Kern ersticken und Sanierungschancen für insolvente Bauunternehmen zunichtemachen. Die Insolvenzordnung stelle die Gläubigergesamtheit über die Vertragsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Der Auftraggeber sei hinreichend geschützt: Im Stadium des Insolvenzeröffnungsverfahrens stünden ihm Leistungsstörungsrechte zur Seite. Ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe er es jederzeit in der Hand, den Insolvenzverwalter zur Ausübung seines Wahlrechts aufzufordern und so einen Schwebezustand zu vermeiden. Wähle der Insolvenzverwalter die Erfüllung, so sehe sich der Auftraggeber ab diesem Zeitpunkt dem Insolvenzverwalter als Vertragspartner gegenüber , so dass der Vertrag für und gegen die Masse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfüllt werde. Letztlich sei auch nicht erkennbar, warum es gerade dem Auftraggeber eines Bauvorhabens unzumutbar sein sollte, am Vertrag festgehalten zu werden, wohingegen alle anderen Vertragspartner des Insolvenz- schuldners bei Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters gehalten seien, den Vertrag fortzusetzen.
- 21
- b) Nach der Gegenansicht in der Literatur und nach der überwiegenden Instanzrechtsprechung verstoßen die Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 und § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) nicht gegen §§ 103, 119 InsO (OLG Koblenz, NZI 2014, 807, 808 f., juris Rn. 23; OLG Celle, NZBau 2014, 696, 699 f., juris Rn. 47 f.; OLG Schleswig, NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn. 35 ff.; OLG Bamberg, Urteil vom 12. April 2010 - 4 U 48/09, juris Rn. 12; OLG Brandenburg, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 4 U 44/09, juris Rn. 39; OLG Düsseldorf, BauR 2006, 1908, 1912 f., juris Rn. 40 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Juli 2002 - 14 U 207/00, juris Rn. 20; LG Lübeck, BeckRS 2012, 09917; LG Hannover, BeckRS 2013, 02183; LG Würzburg, Urteil vom 12. Februar 2009 - 12 O 558/08, juris Rn. 46 ff.; BeckOK VOB/B/Vogel, Stand: 1. Juli 2015, § 8 Abs. 2 Rn. 8, 36; Kuffer in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl., § 8 VOB/B Rn. 47; Herig, VOB Teile A, B, C, 5. Aufl., § 8 VOB/B Rn. 72; Beck'scher VOB/B-Kommentar/Wellensiek, 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 24 ff., der jedoch § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B als Rechtsgrundverweisung auf §§ 280 ff. BGB ansieht; MünchKommInsO/Huber, 3. Aufl., § 119 Rn. 39 ff.; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 14. Aufl., § 119 Rn. 15 f.; Andres in Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 3; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 18. Aufl., § 119 Rn. 11 ff.; Jacoby, ZIP 2014, 649, 653 ff.; Karge, BauR 2016, 420 ff.; Matthies, jurisPR-PrivBauR 7/2015, Anmerkung 5; Riewe, NZI 2014, 809, 810 f.; Schmidt, NJW-Spezial 2013, 492, 493; Wilmowsky, JZ 2013, 998, 1001; Fischer, jurisPR-PrivBauR 5/2012, Anmerkung 5; Asam, IBR 2011, 87; Linnenbrink, NJW-Spezial 2008, 181 f.; Fritsche/Kilian, DZWIR 2008, 45 f.; Fritsche, DZWIR 2007, 446, 449 ff.; vgl. auch jeweils nur zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B: Vallender/Undritz/Werres, Praxis des Insolvenzrechts, 2012, Kap. 6 Rn. 14; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 119 Rn. 13b, 13d; ders., NZI 2014, 49, 50 ff.; Scharfenberg, IBR 2014, 661; Peters, BauR 2014, 1218, 1219; Wellensiek/Scharfenberg, DZWIR 2013, 317, 322 f.; Matthies, BauR 2012, 1005, 1008; wohl auch: Schwenker, ibr-online 2014, 1058; Rodemann, IBR 2014, 662; Braegelmann, KSI 2013, 259, 261 f.; Illies, IBR 2013, 396; Zarth, GWR 2013, 72; offen lassend: Löffler, BB 2013, 1283,
1285).
- 22
- Diese Auffassung wird unter anderem damit begründet, dass das Werkvertragsrecht mit § 649 BGB bereits ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Auftraggebers vorsehe und das vertragliche Lösungsrecht des Auftraggebers gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009) mit der Rechtsfolgeregelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) der besonderen Interessenlage der am Bau Beteiligten entspreche.
- 23
- 5. Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
- 24
- Sowohl das in § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009) vereinbarte Kündigungsrecht für den Fall des Eigeninsolvenzantrags des Auftragnehmers (im Folgenden unter b) als auch die in § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) vereinbarten Rechtsfolgen dieses Kündigungsrechts (im Folgenden unter c) sind trotz der Zielsetzung der Insolvenzordnung unter Berücksichtigung der besonderen Interessenlage der an einem Bauvertrag Beteiligten mit §§ 103, 119 InsO zu vereinbaren.
- 25
- a) Vorrangiges Ziel der Insolvenzordnung ist die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger. Als Mittel zur Erreichung dieses Ziels sieht § 1 InsO neben der Liquidation gleichrangig die Sanierung des Unternehmens und dessen Fortführung als Mittel der Massemehrung vor. Zu diesem Zweck eröffnen die §§ 103, 105 InsO dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die Erfüllung laufender , gegenseitiger Verträge zu wählen und damit das Unternehmen wirt- schaftlich fortzuführen. Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und dadurch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters unterlaufen kann. Eine Beeinträchtigung des Wahlrechts ist mit einer vertraglichen Lösungsklausel jedoch dann nicht verbunden, wenn diese sich eng an eine gesetzliche Lösungsmöglichkeit anlehnt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11; Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348 Rn. 13). Das ist bei § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) der Fall. Diese Regelungen entsprechen in aus Rechtssicherheit gebotener typisierender Weise gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten.
- 26
- b) Vor diesem Hintergrund verstößt die Kündigungsregelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009) isoliert betrachtet nicht gegen §§ 103, 119 InsO. Sie geht bereits nicht weiter als die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nach § 649 Satz 1 BGB (vgl. Beck'scher VOB/B-Kommentar/Wellensiek, 3. Aufl., § 8 Rn. 32 f.), wonach der Auftraggeber jederzeit berechtigt ist, den Werkvertrag zu kündigen. § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009) hat daher nur deklaratorische Bedeutung.
- 27
- Dieses Ergebnis steht in Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. Die Vorschrift § 137 des Regierungsentwurfs, dessen Absatz 1 dem heutigen § 119 InsO entspricht, enthielt in Absatz 2 eine Regelung, nach der Vereinbarungen, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Auflösung eines gegenseitigen Vertrags vorsehen oder der anderen Partei das Recht geben, sich einseitig vom Vertrag zu lösen, unwirksam sind. Ferner sollten für den Fall einer Vermögensverschlechterung des Schuldners vereinbarte Lösungsrechte nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgeübt werden können. In der Begründung zu § 137 Abs. 2 des Regierungsentwurfs, der letztlich nicht in § 119 InsO übernommen wurde, weil der Rechtsausschuss eine sanierungsfeindliche Wirkung der Vorschrift befürchtete, wird ausgeführt, die neue Vorschrift solle nicht die Wirksamkeit der Kündigungsmöglichkeit nach § 8 Nr. 2 VOB/B berühren (BT-Drucks. 12/2443, S. 152 f.; vgl. Begründung zum EGInsO zu § 14 VVG a.F., BT-Drucks. 12/7303, S. 114 f.; vgl. zum gesamten Gesetzgebungsverfahren : Wöllner, Die Wirksamkeit vertraglicher Lösungsklauseln im Insolvenzfall, 2009, S. 100 ff.; Wortberg, Lösungsklauseln und Insolvenz, 2003, S. 73 ff.; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, 2000, Rn. 36 ff.).
- 28
- c) Nichts anderes ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B (2009) mit den sich aus der Kündigung wegen eines Eigeninsolvenzantrags des Auftragnehmers ergebenden Rechtsfolgen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009).
- 29
- aa) §§ 103, 119 InsO tangieren, soweit der Vertragspartner des Schuldners betroffen ist, den Schutzbereich der Eigentumsgarantie, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, und die aus Art. 2 Abs. 1 GG resultierende Vertragsfreiheit zugunsten des Schutzes des Eigentums der Insolvenzgläubiger.
- 30
- Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sind alle vermögenswerten subjektiven (Privat-)Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf, mithin also auch die obligatorischen Rechte (vgl. BVerfGE 83, 201, 208 f., juris Rn. 36; BVerfGE 89, 1, 6, juris Rn. 20; Maunz/Dürig/Papier, GG, Stand: September 2015, Art. 14 Rn. 201; jeweils m.w.N.). Grundrechtlich geschützt ist durch Art. 2 Abs. 1 GG ferner das Recht der Vertragsparteien, ihren Vertrag im Rahmen der Rechtsordnung frei zu gestalten. Geschützt ist demnach nicht nur der werkvertragliche Erfüllungsanspruch des Auftraggebers, das heißt der An- spruch auf vertragsgemäße Ausführung des Bauvorhabens mit dem gewählten Vertragspartner. Geschützt ist vielmehr auch der Anspruch des Auftraggebers, im Fall des Eigeninsolvenzantrags des Auftragnehmers von diesem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatz zu erlangen (Näheres dazu vgl. unten II. 5. c aa (2) mit III. 1. c cc) und damit einhergehend bei Lösung von dem Bauvertrag keinem Vergütungsanspruch nach § 649 Satz 2 BGB ausgesetzt zu sein.
- 31
- Andererseits unterfällt das Recht der Insolvenzgläubiger auf Realisierung ihrer Forderungen (§ 1 Satz 1 InsO) ebenfalls der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Insolvenzverfahren ist Teil des Zwangsvollstreckungsrechts. Es zielt damit unmittelbar auf den Schutz und die Durchsetzung verfassungsrechtlich geschützter privater Interessen. Nach § 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Forderungen der Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen, indem Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Vorrangiger Zweck des Insolvenzverfahrens ist damit unter Berücksichtigung der Lage des Schuldners die bestmögliche Befriedigung der Forderungen der Gläubiger, die auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung als private vermögenswerte Rechte von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind (BVerfGE 116, 1, 13, juris Rn. 34). Deshalb unterliegt es grundsätzlich keinen Bedenken, dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht des § 103 InsO einzuräumen und abweichende Vereinbarungen im Rahmen von § 119 InsO für unwirksam zu erklären.
- 32
- Die damit einhergehende Beschränkung der Rechte des Vertragspartners des Schuldners ist zur Erreichung des mit dem Insolvenzverfahren verbundenen Ziels aber nicht gerechtfertigt, wenn seine grundrechtlich geschützten Interessen die Interessen der Insolvenzgläubiger an einer möglichen Ver- tragsfortführung erheblich überwiegen und ihm ein Festhalten am Vertrag ohne Anspruch auf Schadensersatz unzumutbar ist. Davon ist zugunsten des Auftraggebers eines Bauvertrags regelmäßig auszugehen.
- 33
- Im Unterschied zu anderen Gläubigern, insbesondere Warenlieferanten, hat der Auftraggeber eines Bauvertrags regelmäßig ein schwerwiegendes, die Interessen der Insolvenzgläubiger an einer Fortführung des Bauvertrags erheblich überwiegendes Interesse daran, sich im Falle des Eigeninsolvenzantrags des Auftragnehmers frühzeitig vom Vertrag lösen zu können und den ihm durch die anderweitige Vergabe der Restarbeiten etwa entstehenden Schaden geltend zu machen, ohne gemäß § 649 Satz 2 BGB gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Zahlung einer Vergütung für nicht erbrachte Leistungen verpflichtet zu sein. Das beruht auf nachfolgenden Erwägungen:
- 34
- (1) Es ist dem Auftraggeber im Fall des Eigeninsolvenzantrags des Auftragnehmers regelmäßig nicht zuzumuten, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die sich anschließende Entscheidung des Insolvenzverwalters zur Fortführung des Bauvertrags abzuwarten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Juli 2002 - 14 U 207/00, juris Rn. 20; Kuffer in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl., § 8 VOB/B Rn. 47; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 14. Aufl., § 119 Rn. 15a). Zwar hat der Insolvenzverwalter auf Aufforderung des Auftraggebers unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung des Vertrags verlangen will, § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO. Dies gilt jedoch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Eine dem vorläufigen Insolvenzverwalter gegenüber erklärte Aufforderung zur Wahlrechtsausübung bleibt wirkungslos (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - IX ZR 53/04, NJW-RR 2008, 560 Rn. 8 ff.). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss der Auftraggeber daher zunächst abwarten. Hinzu kommt, dass sich der Insolvenzverwalter nach der Aufforderung durch den Auftraggeber nur unverzüglich, nicht jedoch sofort erklären muss. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern im Sinne des § 121 Abs. 1 BGB. Dem Insolvenzverwalter steht eine nach den Umständen angemessene Überlegungszeit zur Verfügung. Angemessen ist diejenige Zeitspanne, die im Einzelfall objektiv benötigt wird, um Klarheit über die Maßstäbe zur Wahlrechtsausübung und deren Bewertung zu erlangen (vgl. OLGR Köln 2003, 66, 67, juris Rn. 7; MünchKommInsO/Huber, 3. Aufl., § 103 Rn. 173). Die Prüfung, ob sich eine Erfüllung des Vertrags für die Masse lohnt, ist regelmäßig komplex. So erschöpft sich die Beurteilung nicht in der bloßen Beantwortung der Frage, ob der für die restliche Bauleistung vom Auftraggeber noch zu zahlende Werklohn den Aufwand für die Werkleistung übersteigt. Zu berücksichtigen sind zusätzlich die Folgen und die Reichweite möglicher Mängelrechte, das Risiko der Übernahme eines etwaigen Vertragsstrafeversprechens und die Übernahme erheblicher Haftungsrisiken durch Verzug oder Mangelfolgeschäden. Der Prozess der Entscheidungsfindung nimmt deshalb - noch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - erfahrungsgemäß einen längeren Zeitraum in Anspruch. Während dieser Zeit können sowohl dem Auftraggeber selbst als auch sämtlichen am Bau Beteiligten durch den daraus regelmäßig folgenden Baustillstand erhebliche Schäden entstehen, die durch eine frühzeitige Vertragsbeendigung geringer gehalten werden können (vgl. Beck'scher VOB/B-Kommentar/Wellensiek, 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 61 ff.; Wellensiek/Scharfenberg, DZWIR 2013, 317, 321 f.; Huber, NZI 2014, 49, 52; Fritsche/Kilian, DZWIR 2008, 45, 47).
- 35
- (2) Dem Auftraggeber ist es häufig auch in persönlicher Hinsicht nicht zuzumuten, den Vertrag gegen seinen Willen mit dem Auftragnehmer, der einen Eigeninsolvenzantrag gestellt hat, oder mit dem Insolvenzverwalter fortzusetzen. Bei einem Bauvertrag sind die persönlichen Eigenschaften des Auftragnehmers (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) für den Auftraggeber von wesentlicher Bedeutung. Der Abschluss eines Bauvertrags erfolgt deshalb regelmäßig unter Inanspruchnahme besonderen Vertrauens.
- 36
- Dieses Vertrauen zerstört der Schuldner, der einen Eigeninsolvenzantrag stellt. Aus Sicht des Auftraggebers bringt der Auftragnehmer mit seinem Eigeninsolvenzantrag zum Ausdruck, dass ihm die finanziellen Mittel zur vertragsgemäßen Erfüllung des Bauvertrags fehlen. Daran ändert nichts, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Vertragsfortsetzungsverlangen durch den Insolvenzverwalter dieser an die Stelle des Insolvenzschuldners tritt.
- 37
- Der Insolvenzverwalter kann das für die Erfüllung des Bauvertrags erforderliche Vertrauen nicht in gleicher Weise für sich in Anspruch nehmen wie der Schuldner vor der Eigeninsolvenzantragstellung. Er wird zur Fortführung des Bauvorhabens regelmäßig auf die Mitwirkung Dritter (z.B. von Materiallieferanten , Nachunternehmern und Banken) angewiesen sein, die sich häufig in Folge eigener Forderungsausfälle nicht zur Weiterarbeit bereitfinden. Aus Sicht des Auftraggebers steht daher zu befürchten, dass die weiteren Arbeiten durch den Insolvenzschuldner oder den Insolvenzverwalter nicht ordnungsgemäß ausgeführt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 38, juris Rn. 20; Kuffer in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl., § 8 VOB/B Rn. 47; Karge, BauR 2016, 420, 423 f.; Matthies, jurisPRPrivBauR 7/2015 Anm. 5; Wellensiek, BauR 2005, 186, 188).
- 39
- bb) Die Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) gehen daher regelmäßig nicht weiter als die dem Auftraggeber im Falle eines Eigeninsolvenzantrags des Auftragnehmers gesetzlich und aufgrund Richterrechts zustehenden Rechte.
- 40
- (1) Verletzt der Auftragnehmer seine Vertragspflichten derart, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, ist der Auftraggeber berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen, ohne gemäß § 649 Satz 2 BGB verpflichtet zu sein, eine Vergütung für noch nicht erbrachte Leistungen zu zahlen. Dieses Kündigungsrecht ergibt sich nicht unmittelbar aus § 314 BGB, da diese Vorschrift nur auf Dauerschuldverhältnisse anwendbar ist. Es ist jedoch richterrechtlich anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - VII ZR 118/10, BauR 2012, 949 Rn. 22 = NZBau 2012, 357; BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 212/07, BauR 2009, 1736 Rn. 26 = NZBau 2010, 47; BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 - VII ZR 271/01, BauR 2004, 1613, 1615, juris Rn. 24 = NZBau 2004, 612; Urteil vom 23. Mai 1996 - VII ZR 140/95, BauR 1996, 704, 705, juris Rn. 24; Urteil vom 30. Juni 1983 - VII ZR 293/82, BauR 1983, 459, 461, juris Rn. 11; OLG Brandenburg, Urteil vom 15. Januar 2008 - 11 U 98/07, juris Rn. 27) und folgt aus dem Rechtsgedanken des § 314 BGB (vgl. OLG Hamm, NZBau 2015, 480 Rn. 50; OLG Nürnberg, Urteil vom 29. Dezember 2011 - 13 U 967/11, juris Rn. 67; Kniffka/Schmitz, Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 649 Rn. 9 ff.).
- 41
- Durch seinen Eigeninsolvenzantrag zerstört der Auftragnehmer in der Regel das für die Fortführung des Bauvertragsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis , weshalb der Auftraggeber berechtigt ist, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen (vgl. auch Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, BR-Drucks. 123/16, S. 53). Insoweit wird auch auf die Ausführungen unten zu III. 1. c bb verwiesen.
- 42
- (2) Zugleich wird dem Auftraggeber regelmäßig auch ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, 3, § 282 BGB gegen den Auftragnehmer zustehen , da dieser mit seinem Eigeninsolvenzantrag seine aus dem Bauvertrag resultierende Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Auftraggebers verletzt (vgl. hierzu näher unten unter III. 1. c cc).
- 43
- d) In diesem auf den Besonderheiten des Bauvertrags beruhenden Ergebnis liegt keine Abweichung vom Urteil des IX. Zivilsenats vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348, in welchem eine Lösungsklausel zugunsten eines Energielieferanten im Fall der Insolvenz des Kunden beurteilt wurde. Die Entscheidung beschränkt sich auf Verträge über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie (vgl. Kayser, ZIP 2013, 1353, 1362; Wellensiek/Scharfenberg, DZWIR 2013, 317, 320; Raeschke-Kessler/ Christopeit, WM 2013, 1592, 1594).
III.
- 44
- Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
- 45
- 1. Die von der Klägerin gestellten Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) sind nicht gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB unwirksam.
- 46
- a) Es kann offen bleiben, ob die VOB/B (2009) als Ganzes zwischen den Parteien vereinbart worden und deshalb eine Prüfung anhand der Vorschriften der §§ 305 ff. BGB nicht eröffnet ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 419/02, BGHZ 157, 346, 348, juris Rn. 10), da § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) weder mit Grundgedanken gesetzlicher Regelungen unvereinbar sind, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (im Folgenden unter c), noch den Auftragnehmer sonst unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB benachteiligen (im Folgenden unter d).
- 47
- b) Dahinstehen kann ferner, ob die Vereinbarung anderer in § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B (2009) genannter Kündigungsgründe nach § 307 BGB unwirksam ist, da § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VOB/B inhaltlich von den weiteren Regelungen der Klausel trennbar und aus sich heraus verständlich ist (vgl. zur Trennbarkeit BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14, BauR 2015, 832 Rn. 19 = NZBau 2015, 223; Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, NZBau 2014, 759 Rn. 28; Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 15; Urteil vom 10. Oktober 1996 - VII ZR 224/95, BauR 1997, 302, 303, juris Rn. 16).
- 48
- c) Die Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) weichen nicht von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes ab, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
- 50
- bb) In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 VOB/B (2009), nach dem nur die bereits ausgeführten Leistungen abgerechnet werden können, aufgrund einer Abweichung von § 649 Satz 2 BGB unwirksam ist (bejahend: Leinemann/Franz, VOB/B, 5. Aufl., § 8 Rn. 106; Peters, BauR 2014, 1218, 1221 f.; Schmidt, NJW-Spezial 2013, 492, 493; Koenen, BauR 2011, 352, 360 f.; Hinger, Die Bauunternehmerinsolvenz, 2010, S. 75 f.; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, 2000, Rn. 585 f.; verneinend: OLG Schleswig, NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn. 46 ff.; BeckOK VOB/B/Vogel, Stand: 1. Juli 2015, § 8 Abs. 2 Rn. 8, 36; Fritsche/Kilian, DZWIR 2008, 45, 47; Beck'scher VOB/B-Kommentar/Wellensiek, 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 50).
- 51
- Die letztgenannte, verneinende Auffassung ist zutreffend.
- 52
- Nach § 649 Satz 2 BGB sollen dem Auftragnehmer durch das freie Kündigungsrecht des Auftraggebers keine Nachteile entstehen. Deshalb bestimmt § 649 Satz 2 BGB, dass der Auftragnehmer in diesem Fall Anspruch auf die vereinbarte Vergütung hat und sich nur anrechnen lassen muss, was er infolge der Aufhebung des Vertrags erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Damit schafft das Gesetz einen ausgewogenen Interessenausgleich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - VII ZR 154/06, BauR 2007, 1724, 1725 = NZBau 2007, 634, juris Rn. 18; Urteil vom 4. Oktober 1984 - VII ZR 65/83, BGHZ 92, 244, 249 f., juris Rn. 23 ff.). Anders stellt sich die Rechtslage indes dar, wenn der Auftraggeber den Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigt. In einem solchen Fall entfällt der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers aus § 649 Satz 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - VII ZR 285/12, BauR 2014, 1771 Rn. 13; Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 62/01, BauR 2003, 880, 881, juris Rn. 16; Urteil vom 30. Juni 1983 - VII ZR 293/82, BauR 1983, 459, 461, juris Rn. 11). Ein wichtiger Grund ist unter anderem dann anzunehmen, wenn der Auftragnehmer das für den Bauvertrag als eines auf Kooperation der Vertragspartner angelegten Langzeitvertrags vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch sein schuldhaftes Verhalten derart empfindlich stört, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet und dem Auftraggeber die Vertragsfortsetzung nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 - VII ZR 271/01, BauR 2004, 1613, 1615, juris Rn. 24 = NZBau 2004, 612; Urteil vom 23. Mai 1996 - VII ZR 140/95, BauR 1996, 704, 705, juris Rn. 24; Urteil vom 30. Juni 1983 - VII ZR 293/82, BauR 1983, 459, 461, juris Rn. 11; OLG Brandenburg, Urteil vom 15. Januar 2008 - 11 U 98/07, juris Rn. 27).
- 53
- Vor diesem Hintergrund weicht § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 VOB/B (2009) nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 649 BGB ab. Die Klausel regelt nicht die Rechtsfolgen eines freien Kündigungsrechts des Auftraggebers, sondern eines solchen aus wichtigem Grund, denn aufgrund des Eigeninsolvenzantrages des Auftragnehmers ist der Auftraggeber regelmäßig berechtigt, den Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Durch den Eigeninsolvenzantrag bringt der Auftragnehmer aus Sicht des Auftraggebers zum Ausdruck, eine Gewähr für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung nicht mehr geben zu können. Das für die Fortsetzung des Bauvertrags erforderliche Vertrauensverhältnis wird hierdurch - ungeachtet der Frage, ob der Auftragnehmer seine Arbeiten zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt hat oder weiterhin erbringt - nachhaltig gestört (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 38, juris Rn. 20, vgl. auch oben unter II. 5. c).
- 54
- cc) In Rechtsprechung und Literatur ist ferner umstritten, ob § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) deshalb wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist, weil er einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch regelt.
- 55
- Während eine Auffassung § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) als mit den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes vereinbar ansieht (vgl. OLG Schleswig, NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn. 47 ff.; BeckOK VOB/B/Vogel, Stand: 1. Juli 2015, § 8 Abs. 2 Rn. 8, 36; Fritsche/Kilian, DZWIR 2008, 45, 47; differenzierend: Beck'scher VOB/B-Kommentar/Wellensiek, 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 52 ff., der § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B als Rechtsgrundverweisung auf §§ 280 ff. BGB ansieht; differenzierend auch: MünchKommInsO/Huber, 3. Aufl., § 119 Rn. 52), wird teilweise angenommen, § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) verstoße gegen den in § 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4, § 311a Abs. 2 Satz 2, §§ 823 ff. BGB zum Ausdruck kommenden wesentlichen Grundgedan- ken des allgemeinen Haftungsrechts, nach dem ein Schadensersatzanspruch stets ein Verschulden des Schuldners erfordere. Indem § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) lediglich eine Kündigung wegen Insolvenz des Schuldners, nicht hingegen ein Verschulden voraussetze, weiche die Regelung von diesem Grundgedanken ab (vgl. Leinemann/Franz, VOB/B, 5. Aufl., § 8 Rn. 106 f.; Peters, BauR 2014, 1218, 1224; Schmidt, NJW-Spezial 2013, 492, 493; Koenen, BauR 2011, 352, 360 f.; Hinger, Die Bauunternehmerinsolvenz, 2010, S. 76; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, 2000, Rn. 587).
- 56
- Die erstgenannte Auffassung ist zutreffend.
- 57
- Wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelungen zum Haftungsrecht ist, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz grundsätzlich nur bei schuldhaftem Verhalten des Schuldners besteht.
- 58
- § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) steht hiermit in Einklang. Die Klausel regelt eine Schadensersatzverpflichtung des Auftragnehmers wegen schuldhafter Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne der § 280 Abs. 1, 3, § 282 BGB. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB sind die Bauvertragsparteien als Nebenpflicht aus dem Bauvertrag zur wechselseitigen Rücksichtnahme auf die Rechte , Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Vertragspartners verpflichtet. Dies umfasst die Verpflichtung der Bauvertragsparteien, das zwischen ihnen erforderliche Vertrauensverhältnis nicht nachhaltig zu stören und die Erreichung des Vertragszwecks nicht zu gefährden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1983 - VII ZR 293/82, BauR 1983, 459, 461, juris Rn. 11). Stellt der Auftragnehmer einen Eigeninsolvenzantrag, verletzt er diese Pflicht, da er aus Sicht des Auftraggebers zum Ausdruck bringt, eine Gewähr für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung nicht mehr bieten zu können, wodurch er regelmäßig das Vertrauensverhältnis zu seinem Auftraggeber nachhaltig stört (vgl. dazu oben unter III. 1. c bb).
- 59
- Diese Pflichtverletzung hat der Auftragnehmer zu vertreten. Zwar kann der Eigeninsolvenzantrag auf einer gesetzlichen Verpflichtung des Auftragnehmers beruhen, vgl. § 15a InsO, sodass der Vorwurf schuldhaften Verhaltens in diesen Fällen nicht allein an die Antragstellung geknüpft werden kann. Der Auftragnehmer hat jedoch stets auch die Ursache einer solchen Verpflichtung, nämlich seine fehlende Liquidität, im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB zu vertreten. Nach dem Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung, welches § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB ebenso zugrunde liegt wie der Vorgängerregelung des § 279 BGB a.F., hat der Auftragnehmer ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 18; OLG Schleswig, NJW 2012, 1967, 1969, juris Rn. 49; vgl. auch zu § 279 BGB a.F.: BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92, 102, juris Rn. 24; Urteil vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 300, juris Rn. 22).
- 60
- d) § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) benachteiligt den Auftragnehmer auch im Übrigen nicht unangemessen.
- 61
- Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1, § 308 Nr. 3, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB ist - ungeachtet der Frage, ob diese Bestimmungen auf Bauverträge, die auf eine längerfristige Zusammenarbeit angelegt sind, anwendbar sind - nicht gegeben , da die oben unter II. 5. c aa (1) bis (2) dargestellte besondere Interessenlage des Auftraggebers beim Bauvertrag ein sachlicher Grund im Sinne der Vorschrift für das besondere Kündigungsrecht des Auftraggebers ist (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 4 U 44/09, juris Rn. 40; MünchKommInsO/Huber, 3. Aufl., § 119 Rn. 50, 47 ff.). Der Kündigungsgrund bezieht sich auf den Insolvenzantrag des Auftragnehmers, mithin auf eine Tatsache , die eine konkrete und ernsthafte Gefährdung seiner Vertragsinteressen begründet (vgl. OLG Schleswig, NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn. 47 ff.; Beck'scher VOB/B-Kommentar/Wellensiek, 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 34).
- 62
- 2. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht die - erstmals mit der Berufung - von der Beklagten erhobene Einrede insolvenzrechtlicher Anfechtbarkeit gemäß § 242 BGB, § 146 Abs. 2 InsO, § 768 BGB entgegen.
- 63
- Grundsätzlich kann der Insolvenzverwalter, solange das Insolvenzverfahren noch nicht beendet ist, dem Anspruch des Insolvenzgläubigers die Einrede rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (dolo-agit-Einrede) entgegenhalten, sofern dieser seine Forderung gegen den Insolvenzschuldner in anfechtbarer Weise erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - IX ZR 59/06, NJW 2007, 2325 Rn. 13; Bork/Jacoby, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006, Teil 6 Rn. 12 f.).
- 64
- Es kann dahinstehen, ob der Bürge, der nach dem Akzessorietätsprinzip nicht weitreichender haften darf als der Hauptschuldner, gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB seiner Verpflichtung aus dem Bürgschaftsvertrag diese Einrede ebenfalls entgegenhalten kann (vgl. zur insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit der Gewährung einer Bürgschaft: BGH, Beschluss vom 20. September 2007 - IX ZR 155/06, juris Rn. 2; allgemein: Ensenbach/Jotzo, KTS 2010, 463, 464 ff.), da die Einbeziehung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) in den Vertrag nicht in anfechtbarer Weise im Sinne der §§ 129 ff. InsO erfolgt ist.
- 65
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist Anfechtungsgegenstand grundsätzlich nur ein Vertrag in seiner Gesamtheit. Die Anfechtung einzelner Bestimmungen eines Vertrags ist ausgeschlossen. Die Anfechtung des Vertrags als Ganzes kann aber die Wirkung einer Teilanfechtung haben, wenn die anfechtbare Handlung das Schuldnervermögen nur in begrenztem Umfang geschmälert hat und das Rechtsgeschäft insoweit teilbar ist. Teilbar in diesem Sinne ist auch ein allgemein ausgewogener Vertrag, der lediglich und gezielt für den Fall der Insolvenz den späteren Schuldner bzw. dessen Gläubiger benachteiligt. In diesem Fall entfällt für die Rückabwicklung alleine die benachteiligende Klausel. Eine Benachteiligung kommt in einem solchen Fall etwa in Betracht, wenn dem späteren Insolvenzschuldner gezielt für den Fall der Insolvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, welche über die gesetzlichen Folgen hinausgehen und auch bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zur Erreichung des Vertragszwecks nicht geboten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - IX ZB 39/05, NJW-RR 2008, 1274 Rn. 16; Urteil vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 80 f., 84 f., juris Rn. 50, 69 ff.; MünchKommInsO/Huber, 3. Aufl., § 119 Rn. 53; Jacoby, ZIP 2014, 649, 653 f.).
- 66
- An einer solchen Benachteiligung fehlt es hier, da die Einbeziehung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B (2009) in den Vertrag dem Insolvenzschuldner - wie bereits oben unter II. 5. c und unter III. 1. c ausgeführt wurde - keine Vermögensnachteile auferlegte, die über die gesetzlichen und richterrechtlich anerkannten Folgen hinausgehen.
- 67
- Da im Übrigen eine Unausgewogenheit des Bauvertrags nicht ersichtlich ist, scheidet eine insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit aus.
- 68
- 3. Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz steht schließlich nicht die Einrede der Unwirksamkeit der Sicherungsabrede gemäß §§ 242, 768 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen.
- 70
- Die Regelung weicht nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 632a Abs. 3 Satz 1 BGB ab, nach dem dem Besteller, wenn er Verbraucher ist und der Vertrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat, eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von fünf Prozent zu leisten ist. Dieser Bestimmung kann nicht entnommen werden, dass eine Vertragserfüllungssicherheit, die von einem Verbraucher - und mithin erst recht von einem Unternehmer - verlangt wird, nicht mehr als fünf Prozent betragen darf.
- 71
- § 632a Abs. 3 Satz 1 BGB dient dem Verbraucherschutz. Mit Einführung dieser Vorschrift sollte erstmals ein gesetzlicher Anspruch des Verbrauchers auf Bestellung einer fünfprozentigen Sicherheit normiert werden (BT-Drucks. 16/511, S. 15). § 632a Abs. 3 Satz 1 BGB ist dispositiv und beinhaltet keine Obergrenze der zulässigen Sicherheitsleistung, sondern regelt den erforderlichen Mindestschutz des Verbrauchers. Die Vereinbarung höherer Vertragserfüllungssicherheiten wird hierdurch nicht ausgeschlossen (vgl. OLG München, BauR 2010, 1230, 1232, juris Rn. 44; Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB Teile A und B, 19. Aufl., § 17 VOB/B Rn. 38; Hain, jurisPR-InsR 10/2015, Anmerkung 2; a.A. Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online, Stand: 10. August 2015 Rn. 123/1 ff.).
- 72
- b) Die Vereinbarung gemäß Nr. III. des Vertrags benachteiligt die Auftragnehmerin auch im Übrigen nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. In der Praxis hat sich für die Vertragserfüllungsbürgschaft eine Größenordnung von zehn Prozent durchgesetzt. Das Vertragserfüllungsrisiko verwirklicht sich insbesondere, wenn der Auftragnehmer vor der Fertigstellung seiner Werkleistung insolvent wird und der Auftraggeber deshalb einen Dritten mit der Vollendung des Bauvorhabens beauftragen muss. Der sich daraus ergebende finanzielle Mehraufwand wird vielfach zehn Prozent der Auftragssumme überschreiten. Die auf diesen Prozentsatz beschränkte Absicherung des Auftraggebers ist daher nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 20. März 2014 - VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10, BauR 2011, 677 Rn. 19 = NZBau 2011, 229).
IV.
- 73
- Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da nach den vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.
- 74
- Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen, da der Klägerin gegen die B. GmbH ein Schadensersatzanspruch aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VOB/B i.V.m. § 765 BGB dem Grunde nach zusteht, für dessen Erfüllung die Beklagte sich verbürgt hat.
V.
- 75
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 07.02.2014 - 1 O 139/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 16.03.2015 - 1 U 38/14 -