Vertiefte Einblicke in das Vertragskonzernrecht: Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge

published on 28/05/2024 15:03
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Das Vertragskonzernrecht stellt eine fundamentale Säule der deutschen Unternehmenslandschaft dar, die die Beziehungen zwischen herrschenden und abhängigen Gesellschaften regelt. Dieser Artikel bietet eine umfassende Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, die Herausforderungen beim Schutz von Minderheitsaktionären und die rechtlichen Pflichten, die mit der Führung eines Konzerns verbunden sind. Tauchen Sie ein in die komplexe Welt des Konzernrechts und erfahren Sie, wie diese spezialisierten Verträge die Dynamik innerhalb von Unternehmensgruppen prägen.

Aktuelle Entwicklungen im Vertragskonzernrecht

Das deutsche Konzernrecht, speziell das Vertragskonzernrecht, spielt eine zentrale Rolle in der Strukturierung und Verwaltung von Unternehmensgruppen. Ein fundiertes Verständnis der gesetzlichen Vorgaben und der jüngsten Rechtsprechung ist für Fachanwälte im Gesellschaftsrecht unerlässlich.

 

Grundlagen des Vertragskonzernrechts

Das Vertragskonzernrecht regelt die Beziehungen zwischen herrschenden und abhängigen Unternehmen primär durch Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge gemäß § 291 ff. AktG. Solche Verträge können isoliert oder kombiniert auftreten und sind entscheidend für die steuerliche Organschaft nach § 17 KStG. Sie erlauben es, beteiligte Gesellschaften wie ein einziges Unternehmen zu behandeln.

 

Beherrschungsverträge

Ein Beherrschungsvertrag gemäß § 291 AktG ermöglicht es dem herrschenden Unternehmen, direkte Weisungen zu erteilen, die das abhängige Unternehmen umsetzen muss. Dieser hat eine strukturändernde Wirkung, da er die Unabhängigkeit der abhängigen Gesellschaft aufhebt und sie dem Willen des Mehrheitsgesellschafters unterstellt. Die Sicherung von Gläubigern erfolgt durch eine Verlustausgleichspflicht nach § 302 AktG, während Minderheitsaktionäre durch Abfindungs- oder Ausgleichszahlungen geschützt werden (§§ 304, 305 AktG).

 

Zustandekommen und Beendigung von Beherrschungsverträgen

Die Errichtung eines Beherrschungsvertrages ist ein mehraktiger Prozess, der eine schriftliche Vertragsform, eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer sowie die Zustimmung beider Hauptversammlungen mit qualifizierter Mehrheit erfordert. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die Angaben zur Berechnung von Abfindungen und Ausgleichszahlungen. Bei Beendigung des Vertrages enden sowohl das Weisungsrecht als auch die Verpflichtung zum Verlustausgleich.

 

Gewinnabführungsverträge

Gewinnabführungsverträge sind darauf ausgerichtet, den Bilanzgewinn an das herrschende Unternehmen abzuführen. Sie sind besonders relevant für die steuerliche Anerkennung als Organschaft. Anders als Beherrschungsverträge beinhalten sie kein Weisungsrecht, beeinflussen aber die Vermögensbindung der betroffenen Gesellschaft.

 

Minderheitenschutz und Organhaftung

Der Minderheitenschutz ist ein kritischer Aspekt im Vertragskonzernrecht. Minderheitsaktionäre haben Anspruch auf eine Abfindung, die dem vollen wirtschaftlichen Wert ihrer Anteile entspricht, oder auf einen jährlichen Ausgleich für die Dauer des Vertrages. Die Organhaftung ist ebenfalls streng geregelt: Handeln Vorstände auf Weisung, sind sie von der Haftung befreit, wohingegen das herrschende Unternehmen für fehlerhafte Weisungen haftet.

 

Praktische Bedeutung

Das Vertragskonzernrecht beeinflusst maßgeblich die strategischen Entscheidungen innerhalb von Konzernen. Die Möglichkeit, Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammenzufassen, eröffnet Effizienzsteigerungen, birgt jedoch auch Risiken, insbesondere im Hinblick auf den Minderheitenschutz und die Gläubigersicherung.

In der Praxis müssen sich Rechtsberater stets der neuesten Entwicklungen und gerichtlichen Entscheidungen bewusst sein, um ihre Mandanten effektiv zu unterstützen und die Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen zu gewährleisten.

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(1) Außer der Verpflichtung zum Ausgleich nach § 304 muß ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag besti

(1) Ein Gewinnabführungsvertrag muß einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. Ein Beherrschungsvertrag muß, wenn die Ges

(1) Unternehmensverträge sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an
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06/12/2023 14:23

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass Geldbußen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nur bei schuldhaftem Verstoß gegen die Verordnung verhängt werden können, sei es vorsätzlich oder fahrlässig. Die Schuldhaftigkeit gilt auch für juristische Personen, und die Höhe der Geldbuße für Unternehmen richtet sich nach dem weltweiten Jahresumsatz. Die Entscheidung schafft Klarheit in Bezug auf die Verantwortlichkeit, gemeinsame Verantwortlichkeit und die Berechnung von Geldbußen im Rahmen der DSGVO. Dirk Streifler – Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin
06/12/2023 14:15

Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil erstattungsfähige Kosten für die Entfernung unbefugt abgestellter Fahrzeuge auf Privatgrundstücken geklärt. Der Fall betraf die Herausgabe eines Fahrzeugs und Verwahrungskosten. Der Kläger hatte sein Auto seiner Schwester geliehen, die es unbefugt abstellte. Ein Abschleppunternehmen wurde beauftragt, das Fahrzeug zu entfernen. Der Rechtsstreit fokussierte sich auf Verwahrungskosten von 4.935 €. Die Entscheidung des Gerichts hebt hervor, dass erstattungsfähige Kosten sowohl Entfernung als auch Verwahrung umfassen. Das Urteil schafft Klarheit und bietet klare Richtlinien für ähnliche Fälle in der Zukunft.  
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Annotations

(1)1Die §§ 14 bis 16 gelten entsprechend, wenn eine andere als die in § 14 Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens sich wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen im Sinne des § 14 abzuführen.2Weitere Voraussetzung ist, dass

1.
eine Gewinnabführung den in § 301 des Aktiengesetzes genannten Betrag nicht überschreitet und
2.
eine Verlustübernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart wird.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 gilt § 34 Absatz 10b in der Fassung des Artikels 12 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) entsprechend fort.

(1) Unternehmensverträge sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Als Vertrag über die Abführung des ganzen Gewinns gilt auch ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen.

(2) Stellen sich Unternehmen, die voneinander nicht abhängig sind, durch Vertrag unter einheitliche Leitung, ohne daß dadurch eines von ihnen von einem anderen vertragschließenden Unternehmen abhängig wird, so ist dieser Vertrag kein Beherrschungsvertrag.

(3) Leistungen der Gesellschaft bei Bestehen eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrags gelten nicht als Verstoß gegen die §§ 57, 58 und 60.

(1) Besteht ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag, so hat der andere Vertragsteil jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, daß den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

(2) Hat eine abhängige Gesellschaft den Betrieb ihres Unternehmens dem herrschenden Unternehmen verpachtet oder sonst überlassen, so hat das herrschende Unternehmen jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit die vereinbarte Gegenleistung das angemessene Entgelt nicht erreicht.

(3) Die Gesellschaft kann auf den Anspruch auf Ausgleich erst drei Jahre nach dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist, verzichten oder sich über ihn vergleichen. Dies gilt nicht, wenn der Ausgleichspflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan geregelt wird. Der Verzicht oder Vergleich wird nur wirksam, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluß zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt.

(4) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in zehn Jahren seit dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist.

(1) Ein Gewinnabführungsvertrag muß einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. Ein Beherrschungsvertrag muß, wenn die Gesellschaft nicht auch zur Abführung ihres ganzen Gewinns verpflichtet ist, den außenstehenden Aktionären als angemessenen Ausgleich einen bestimmten jährlichen Gewinnanteil nach der für die Ausgleichszahlung bestimmten Höhe garantieren. Von der Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs kann nur abgesehen werden, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag keinen außenstehenden Aktionär hat.

(2) Als Ausgleichszahlung ist mindestens die jährliche Zahlung des Betrags zuzusichern, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen, voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte. Ist der andere Vertragsteil eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, so kann als Ausgleichszahlung auch die Zahlung des Betrags zugesichert werden, der unter Herstellung eines angemessenen Umrechnungsverhältnisses auf Aktien der anderen Gesellschaft jeweils als Gewinnanteil entfällt. Die Angemessenheit der Umrechnung bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären.

(3) Ein Vertrag, der entgegen Absatz 1 überhaupt keinen Ausgleich vorsieht, ist nichtig. Die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung der Gesellschaft dem Vertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 fallenden Änderung des Vertrags zugestimmt hat, kann nicht auf § 243 Abs. 2 oder darauf gestützt werden, daß der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen ist. Ist der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen, so hat das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht auf Antrag den vertraglich geschuldeten Ausgleich zu bestimmen, wobei es, wenn der Vertrag einen nach Absatz 2 Satz 2 berechneten Ausgleich vorsieht, den Ausgleich nach dieser Vorschrift zu bestimmen hat.

(4) Bestimmt das Gericht den Ausgleich, so kann der andere Vertragsteil den Vertrag binnen zwei Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

(1) Außer der Verpflichtung zum Ausgleich nach § 304 muß ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben.

(2) Als Abfindung muß der Vertrag,

1.
wenn der andere Vertragsteil eine nicht abhängige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, die Gewährung eigener Aktien dieser Gesellschaft,
2.
wenn der andere Vertragsteil eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien und das herrschende Unternehmen eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, entweder die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft oder eine Barabfindung,
3.
in allen anderen Fällen eine Barabfindung
vorsehen.

(3) Werden als Abfindung Aktien einer anderen Gesellschaft gewährt, so ist die Abfindung als angemessen anzusehen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären, wobei Spitzenbeträge durch bare Zuzahlungen ausgeglichen werden können. Die angemessene Barabfindung muß die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen. Sie ist nach Ablauf des Tages, an dem der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag wirksam geworden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen; die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(4) Die Verpflichtung zum Erwerb der Aktien kann befristet werden. Die Frist endet frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens des Vertrags im Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist. Ist ein Antrag auf Bestimmung des Ausgleichs oder der Abfindung durch das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht gestellt worden, so endet die Frist frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Entscheidung über den zuletzt beschiedenen Antrag im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist.

(5) Die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung der Gesellschaft dem Vertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 fallenden Änderung des Vertrags zugestimmt hat, kann nicht darauf gestützt werden, daß der Vertrag keine angemessene Abfindung vorsieht. Sieht der Vertrag überhaupt keine oder eine den Absätzen 1 bis 3 nicht entsprechende Abfindung vor, so hat das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht auf Antrag die vertraglich zu gewährende Abfindung zu bestimmen. Dabei hat es in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Vertrag die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, das Verhältnis, in dem diese Aktien zu gewähren sind, wenn der Vertrag nicht die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, die angemessene Barabfindung zu bestimmen. § 304 Abs. 4 gilt sinngemäß.