Energierecht: Nachweisanforderungen für Begrenzung des Anteils der Strommenge aus erneuerbaren Energien
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Auf einen fristgerecht gestellten und begründeten Antrag hin kann eine Begrenzung des Anteils der abzunehmenden und zu vergütenden Strommenge aus erneuerbaren Energien nach § 16 EEG auch noch nach Ablauf des Begrenzungszeitraums gewährt werden.
Neu gegründeten stromintensiv produzierenden Unternehmen steht für das Jahr der Produktionsaufnahme kein Anspruch auf Begrenzung des Anteils der abzunehmenden und zu vergütenden Strommenge aus erneuerbaren Energien nach § 16 Abs. 1 und 2 EEG 2004 zu.
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
Die Klägerin, ein Tochterunternehmen der Papierfabrik A. … GmbH & Co. KG F., errichtete im Jahr 2004 eine Produktionsanlage in R. Sie begehrt für das Jahr 2005, in dem ihre Anlage die Produktion aufnahm, eine Begrenzung des Anteils der abzunehmenden Strommenge aus erneuerbaren Energien nach der besonderen Ausgleichsregelung des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) i.d.F. des Gesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1918 - EEG 2004).
Dieses Gesetz begründet Pflichten zur Abnahme und Vergütung des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms. Die damit verbundene Erhöhung der Stromendverbrauchspreise wird über einen bundesweiten Ausgleich der EEG-Strommengen unter den Übertragungsnetzbetreibern proportional zum Stromverbrauch im jeweiligen Bereich auf die Energieversorgungsunternehmen umgelegt und kann von diesen an die Letztverbraucher weitergegeben werden. Zur Entlastung sogenannter stromintensiver Unternehmen des produzierenden Gewerbes sieht eine besondere Ausgleichsregelung, die mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl I S. 1459 - EEG 2003) als § 11a EEG in das Gesetz eingefügt wurde, einen Anspruch solcher Unternehmen auf Begrenzung des von ihnen abzunehmenden und zu vergütenden Strommengenanteils aus erneuerbaren Energien vor. § 16 EEG 2004 erweiterte den Anwendungsbereich dieser Ausgleichsregelung und begründete einen Begrenzungsanspruch schon, wenn das betreffende Unternehmen einen Stromverbrauch von über 10 Gigawattstunden (GWh) jährlich und ein Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung von über 15 % anhand bestimmter Wirtschaftsdaten und Unterlagen für das letzte abgelaufene Geschäftsjahr nachwies. Bei fristgerechter Antragstellung und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen war die Begrenzung für das auf den Fristablauf folgende Kalenderjahr zu gewähren.
Mit Schreiben vom 30. August 2004, das am folgenden Tag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden: Bundesamt) einging, beantragte die Klägerin eine solche Begrenzung für ihre Papierfabrik in R. Dazu erklärte sie, nach ihren Planungen für das Geschäftsjahr 2005 werde die Fabrik voraussichtlich eine Strommenge von 88,8 GWh von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen beziehen und selbst verbrauchen. Für die übrigen Voraussetzungen verwies sie auf eine gutachterliche Stellungnahme der RG Treuhand Revisionsgesellschaft mbH vom 30. August 2004, die im Wesentlichen auf der Ertrags- und Energieplanung für die Papierfabrik in R. sowie auf den Verbrauchsdaten und dem letzten Jahresabschluss der Fabrik des Mutterunternehmens in F. basierte. Außerdem fügte die Klägerin dem Antrag eine Übersicht zu den Netznutzungsentgelten der Thüringer Energie AG (TEAG, seit Oktober 2005: E.ON Thüringer Energie AG) sowie die Bestätigung eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens betreffend die weitergeleitete Strommenge und die Differenzkosten der Fabrik in F. bei.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 lehnte das Bundesamt den Antrag ab, da die Klägerin die gesetzlichen Nachweisanforderungen nicht erfüllt habe. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin am 28. Juni 2007 vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und begehrt, die Beklagte zur Gewährung einer Begrenzung für 2005, hilfsweise zur Neubescheidung zu verpflichten. Das Erfordernis von Nachweisen für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr könne nur als Regelbeispiel verstanden werden. Eine Einbeziehung neu gegründeter Unternehmen in die besondere Ausgleichsregelung sei auch verfassungs- und europarechtlich geboten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Begrenzungsbegehren für das Jahr 2005 habe sich nicht erledigt, weil § 14 Abs. 4 EEG 2004 nachträgliche Korrekturen aufgrund rechtskräftiger, in einem Hauptsacheverfahren ergangener Gerichtsentscheidungen zulasse. Auch die bis zum 30. November 2006 noch geltende gesetzliche Deckelung der Strommengenbegrenzung nach § 16 Abs. 5 EEG 2004 schließe eine Korrektur nicht aus, da diese sich erst künftig auswirke. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Begrenzungsanspruch aber nicht zu. Sie habe die gesetzlich geforderten Nachweise für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr nicht erbringen können, da ihre Papierfabrik die Produktion erst im Jahr 2005 aufgenommen habe. Prognosedaten genügten den Nachweisanforderungen des § 16 Abs. 2 EEG 2004 nicht. Diese ließen sich nicht im Sinne eines bloßen Regelbeispiels interpretieren. Eine teleologische Erweiterung scheide aus, da der Gesetzgeber keine lückenlose Einbeziehung sämtlicher stromintensiver Unternehmen bezweckt habe. Eine analoge Anwendung der Begrenzungsermächtigung auf neu errichtete Abnahmestellen komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Auch aus dem Verfassungs- und Unionsrecht ergebe sich für die Klägerin kein Begrenzungsanspruch. Die gesetzliche Regelung schränke die Wettbewerbsfreiheit nicht unverhältnismäßig ein und wahre den Gleichheitssatz. Die Strommengenbegrenzung solle die internationale Wettbewerbsfähigkeit der privilegierten Unternehmen sichern. Die formellen Nachweisanforderungen schützten die nicht privilegierten Letztverbraucher und stellten sicher, dass Begünstigungen nur auf verlässlicher Datenbasis gewährt würden. Der Kreis der Begünstigten werde sachgerecht abgegrenzt, indem die Strommengenbegrenzung an aussagekräftige Verbrauchs- und Wirtschaftsdaten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres anknüpfe. Die damit einhergehende Ungleichbehandlung sei verhältnismäßig.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine fehlerhafte Auslegung des § 16 Abs. 2 EEG und eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Der Nachweis gemäß § 16 Abs. 2 EEG 2004 könne auch auf der Grundlage der Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres eines anderen vergleichbaren Unternehmens geführt werden. Die vom Gesetz bezweckte Richtigkeitsgewähr werde dadurch nicht beeinträchtigt, zumal die Begrenzungsentscheidung stets auf einer Prognose beruhe. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich nichts anderes. Jedenfalls sei eine erweiternde Auslegung der Begrenzungsermächtigung verfassungsrechtlich geboten. Die Anknüpfung an das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr verzerre die Wettbewerbsbedingungen zu Lasten neu gegründeter Unternehmen. Sie verletze die Wettbewerbsfreiheit, die sich aus Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG ergebe. Die Differenzierung zwischen neu gegründeten und seit längerem tätigen Unternehmen sei auch nicht durch sachliche Gründe nach Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 23. Dezember 2004 und vom 12. Juni 2007 zu verpflichten, den Anteil der Strommenge nach § 14 Abs. 3 Satz 1 EEG, der von der Thüringer Energie AG und von der E.ON Thüringer Energie AG, Erfurt, im Jahre 2005 an sie weitergegeben wurde, für die Abnahmestelle in R. gemäß ihrem Antrag vom 30. August 2004 zu begrenzen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Die Revision ist nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Verpflichtungsklage für zulässig gehalten und eine Erledigung des Strommengenbegrenzungsbegehrens für das Jahr 2005 verneint. Weder der Ablauf des Begrenzungszeitraums noch die für diesen Zeitraum geltende Deckelung nach § 16 Abs. 5 EEG 2004 oder die zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen schließen eine Erfüllung des Verpflichtungsbegehrens aus.
Eine nachträgliche Begrenzung des EEG-Strommengenanteils ist nicht schon unmöglich, weil tatsächlich gelieferte Strommengen nicht rückwirkend geändert werden können. Die Begrenzung der abzunehmenden und zu vergütenden Strommengenanteile nach § 16 Abs. 1 EEG 2004 verlangt keine tatsächliche Rückabwicklung, sondern behandelt die Strommengenanteile als bloße Berechnungsgrößen. Im Zusammenhang mit der „Rückwälzung“ von EEG-Strommengen, die das Gesetz zur Einbeziehung der Entlastung in den bundesweiten Ausgleich nach § 16 Abs. 8 Halbs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 und 3 EEG 2004 vorsieht, lässt § 14 Abs. 4 EEG 2004 eine nachträgliche Korrektur abrechenbarer Mengen auf der Grundlage rechtskräftiger gerichtlicher Hauptsacheentscheidungen zu. Dies gilt auch für Änderungen, die sich aus der gerichtlichen Klärung von Begrenzungsansprüchen nach § 16 Abs. 1 und 2 EEG 2004 ergeben.
Eine nachträgliche Begrenzungsentscheidung ist auch nicht etwa ausgeschlossen, weil § 16 Abs. 6 Satz 3 EEG 2004 eine Begrenzung nur für das Folgejahr vorsieht. Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit der Regelung der Ausschlussfrist (§ 16 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004) zu sehen und stellt sicher, dass Begrenzungsentscheidungen nur auf fristgerechtem Antrag und nur mit Wirkung zum 1. Januar des auf den Ablauf der Ausschlussfrist folgenden Jahres getroffen werden. Dies gewährleistet eine gleichheitskonforme, wettbewerbsneutrale Behandlung aller Antragsteller im Verhältnis zueinander. In Fällen, in denen trotz fristgerechten begründeten Antrags bis zum Beginn des jeweiligen Folgejahres noch keine stattgebende Entscheidung getroffen wurde, schließt die Regelung eine auf diesen Zeitpunkt rückwirkende Bewilligung nicht aus.
Dass die Deckelungsschwelle gemäß § 16 Abs. 5 EEG 2004 im Begrenzungszeitraum 2005 überschritten wurde, steht der begehrten nachträglichen Begrenzungsentscheidung ebenfalls nicht entgegen. Stünde der Klägerin ein solcher Anspruch für 2005 zu, wäre die zuständige Behörde befugt, die für diesen Zeitraum bereits erteilten Bewilligungen zu Gunsten anderer Unternehmen nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 48 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zurückzunehmen und unter Einbeziehung des bislang übergangenen Begrenzungsanspruchs neu über die Verteilung des gedeckelten Begrenzungsvolumens zu entscheiden. Insoweit gilt nichts anderes als für Verpflichtungsklagen eines bislang nicht berücksichtigten Bewerbers, der eine Begünstigung anstelle eines anderen, bereits erfolgreichen Mitbewerbers erstrebt. Dass die Verpflichtungsklage in solchen Fällen wegen des Rücknahmeermessens nach § 48 Abs. 1 VwVfG und des rechtsstaatlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes regelmäßig keine Aussicht auf uneingeschränkten Erfolg hat, sondern nur zu einem Bescheidungsurteil führen kann, schließt ihre Statthaftigkeit nicht aus. Zur Verwirklichung ihres Klageziels musste die Klägerin neben der Verpflichtungsklage auch keine Drittanfechtungsklagen gegen die Begrenzungsentscheidung zu Gunsten anderer Unternehmen für das Jahr 2005 erheben. Diese Entscheidungen entfalten keine Drittwirkung gegenüber weiteren Antragstellern. Darüber hinaus würde die prozessuale Obliegenheit, rund 400 Begrenzungsentscheidungen für das Jahr 2005 anzufechten, den Rechtsschutz unzumutbar erschweren.
Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf nachträgliche EEG-Strommengenbegrenzung für 2005 ist schließlich nicht durch die nach Ablauf des Begrenzungszeitraums in Kraft getretenen Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch die Gesetze vom 7. November 2006 (BGBl I S. 2550) und vom 25. Oktober 2008 (BGBl I S. 2074 - EEG 2009) oder die Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus vom 17. Juli 2009 (BGBl I S. 2101) entfallen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens ist nach dem einschlägigen materiellen Bundesrecht die Rechtslage, die im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlussfrist am 31. August 2004 (§ 16 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004) bestand und bis zum Ablauf des Begrenzungszeitraums 2005 unverändert blieb.
Im berufungsgerichtlichen Verfahren wurde keine notwendige Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO versäumt, die nach § 142 Abs. 1 Satz 2 VwGO im Revisionsverfahren nachzuholen gewesen wäre. Die Unternehmen, denen für 2005 bereits eine Strommengenanteilsbegrenzung bewilligt worden war, sind nicht am streitigen Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der durch das Bundesamt vertretenen Beklagten beteiligt. Wie bereits dargelegt, entfaltet die Bescheidung des Begrenzungsantrags der Klägerin ihnen gegenüber keine Drittwirkung. Das die Klägerin beliefernde Elektrizitätsversorgungsunternehmen war nicht notwendig beizuladen, weil die Begrenzungsentscheidung ihm gegenüber zwar nach § 16 Abs. 6 Satz 2 EEG 2004 rechtlich wirksam werden, sich nach § 16 Abs. 8 Halbs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 mit der Kürzung der gegen das Elektrizitätsunternehmen gerichteten Ansprüche des Übertragungsnetzbetreibers aber nur zu seinen Gunsten auswirken würde. Der regelverantwortliche Übertragungsnetzbetreiber selbst ist ebenfalls nicht derart am streitigen Rechtsverhältnis beteiligt, dass die Entscheidung ihm gegenüber nur einheitlich ergehen könnte. Die Minderung seiner Ansprüche nach § 16 Abs. 6 Satz 2, Abs. 8 Halbs. 1 EEG 2004 führt nicht zu einer materiellen Beschwer, weil sie durch Ausgleichsansprüche nach § 14 Abs. 2 und 3 EEG 2004 kompensiert wird. Danach werden die zusätzlichen Entlastungskosten als durchlaufende Posten über den bundesweiten Ausgleich auf andere Übertragungsnetzbetreiber und Elektrizitätsversorgungsunternehmen abgewälzt.
Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof einen Anspruch der Klägerin auf Begrenzung des EEG-Strommengenanteils für 2005 nach § 16 EEG 2004 verneint. Ein solcher Anspruch setzt bei Unternehmen des produzierenden Gewerbes nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift voraus, dass die in den Nummern 1 bis 4 aufgezählten Anspruchsvoraussetzungen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr erfüllt waren und dass dies bis zum Ablauf der Ausschlussfrist am 31. August 2004 durch die in § 16 Abs. 2 Satz 3 EEG 2004 vorgeschriebenen Nachweise belegt wurde. Die Klägerin konnte diese Voraussetzungen nicht erfüllen, weil sie die Produktion erst im Jahr 2005 aufnahm. Bei Ablauf der Antragsfrist am 31. August 2004 (§ 21 Abs. 6 Satz 1 EEG 2004) konnte sie nicht auf ein letztes abgeschlossenes Geschäftsjahr zurückblicken.
Der von der Revision vorgeschlagenen Auslegung des § 16 Abs. 2 Satz 3 EEG 2004, nach der neu gegründete oder neu strukturierte Unternehmen ihren Begrenzungsantrag auf der Grundlage von Prognosedaten für den Begrenzungszeitraum oder auf der Grundlage der Vorjahresdaten eines vergleichbaren Unternehmens stellen könnten, ist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht gefolgt. Eine solche Auslegung ist weder einfach-rechtlich zu begründen noch verfassungsrechtlich geboten.
Der Wortlaut und die Systematik des § 16 Abs. 2 EEG 2004 verlangen eindeutig Nachweise über den Stromverbrauch und die sonst nach dem Gesetz maßgeblichen Wirtschaftsdaten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres des antragstellenden Unternehmens selbst. Diese Anforderungen sind zwingend und nicht nur als Regelbeispiele formuliert. Sie lassen weder Prognosedaten für das auf die Antragstellung folgende Jahr noch Daten eines mit dem antragstellenden Unternehmen nicht identischen, sondern nur vergleichbaren Unternehmens genügen.
Einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes darf nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 und 3 EEG 2004 eine Begrenzung der EEG-Strommenge nur gewährt werden, wenn es nachweist, dass und inwieweit im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr der „selbst verbrauchte“ Strom an einer Abnahmestelle den Schwellenwert von 10 GWh überstiegen hat und die dem Übertragungsnetzbetreiber vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen abgenommene EEG-Strommenge anteilig an das Unternehmen weitergereicht und „von diesem selbst verbraucht“ worden ist. Diese Nachweise hat das antragstellende Unternehmen nach § 16 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 EEG 2004 durch Vorlage der dort genannten Unterlagen auf der Grundlage des Jahresabschlusses für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr zu erbringen. Aus dem Zusammenhang mit Satz 1 der Regelung ergibt sich, dass damit jeweils das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr des antragstellenden Unternehmens gemeint ist. Damit übereinstimmend knüpft die Regelung des Selbstbehalts in § 16 Abs. 4 Satz 3 EEG ausdrücklich an den eigenen Stromverbrauch der betreffenden Abnahmestelle im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr an.
Die Anknüpfung an die Vorjahresdaten des antragstellenden Unternehmens und die Formalisierung des Nachweises entsprechen dem in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Willen des Gesetzgebers. Danach regeln die Nachweisanforderungen nicht nur die kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen einer das Unternehmen begünstigenden Begrenzungsentscheidung, sondern auch die Art und Weise, wie dieser Nachweis zu erbringen ist.
Diese Auslegung des Nachweiserfordernisses trägt auch dem Zweck der Regelung Rechnung. § 16 Abs. 2 EEG 2004 soll sicherstellen, dass nur die Unternehmen, die die materiellen Entlastungskriterien erfüllen, im geregelten Umfang von der Senkung der Stromkosten profitieren können (ebenda S. 51). § 16 EEG 2004 zielt weder ausschließlich noch vorrangig auf eine umfassende Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit aller stromintensiv produzierenden Unternehmen. Vielmehr formuliert Absatz 1 den Vorbehalt, dass die Strommengenanteilsbegrenzung mit den Interessen der Gesamtheit der Stromverbraucher vereinbar sein muss. Deshalb bezweckt die gesetzliche Regelung nur eine beschränkte Begünstigung besonders Betroffener. Sie führt zu einer teilweisen Entlastung (§ 16 Abs. 4 Satz 2 und 3 EEG 2004) derjenigen Unternehmen, bei denen nicht nur vorübergehend erhebliche EEG-Stromkosten angefallen sind. Das Erfordernis eines formalisierten Nachweises der Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres dient dazu, eine verlässliche, unternehmensspezifische Tatsachengrundlage für die erst in der Zukunft wirksam werdende Begrenzungsentscheidung zu schaffen. Dies soll sachlich nicht gerechtfertigte Privilegierungen vermeiden, die mangels Ermächtigung zur Anpassung der Begrenzungsentscheidung an einen tatsächlich niedrigeren Stromverbrauch im Begrenzungszeitraum nachträglich nicht mehr korrigiert werden könnten. Gleichzeitig dient das Nachweiserfordernis dem Schutz der nicht privilegierten Letztverbraucher, die die Entlastungskosten über den Strompreis finanzieren müssen (vgl. BTDrucks 15/2864 S. 51). Während die im Jahr 2005 noch geltende Deckelung nach § 16 Abs. 5 EEG 2004 die Mehrbelastung der nicht privilegierten Verbraucher absolut begrenzte, schützt das Nachweiserfordernis sie unterhalb der Deckelungsschwelle vor einer ungerechtfertigten Umverteilung von EEG-Stromkosten zu ihren Lasten.
Eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 und 2 EEG 2004 auf neu gegründete Unternehmen scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass die Vorschrift keine Entlastung im Jahr der Produktionsaufnahme zuließ. So hat die Bundesregierung bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage die Auffassung vertreten, neu in Betrieb gehende Unternehmen könnten die Entlastung nicht in Anspruch nehmen, da sie keine Nachweise für ein letztes abgeschlossenes Geschäftsjahr vorlegen könnten (BTDrucks 15/5212 S. 10 zu Nr. 35). Entgegen der Auffassung der Revision ist diese Äußerung als Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers zu verwerten. Der Referentenentwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2004, den die Bundesregierung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hatte, war von den Koalitionsfraktionen textgleich übernommen worden. Mit der Novellierung des EEG zum 1. Januar 2009 hat der Gesetzgeber die Anknüpfung der Entlastung an die Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres des antragstellenden Unternehmens nicht aufgegeben, sondern nur bei neu gegründeten Unternehmen die Daten eines Rumpfgeschäftsjahres genügen lassen und die Antragsfrist um drei Monate verlängert.
Eine verfassungskonforme Auslegung im Sinne der Klägerin kommt nicht in Betracht. Das einfach-rechtliche Nachweiserfordernis und der daraus folgende Ausschluss einer Entlastung neu gegründeter Unternehmen sind mit der Verfassung vereinbar. Sie verletzen weder die Berufs- noch die Wettbewerbsfreiheit (Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG), auf die sich die Klägerin als juristische Person des Privatrechts im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann, noch den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Teilhabe am Wettbewerb nur nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Sie schützt weder gegen rechtliche Regeln, die diese Bedingungen herstellen, ausgestalten und sichern, noch gegen jede Beeinflussung wettbewerbsrelevanter Faktoren. Zwar kann ein Eingriff mit objektiv berufsregelnder Tendenz vorliegen, wenn eine Regelung die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs zu Lasten bestimmter am Wettbewerb teilnehmender Adressaten verändert und dadurch deren berufliche Betätigung erheblich beeinträchtigt. Die in § 16 Abs. 2 EEG geregelte Anknüpfung an Nachweise für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr ändert aber nicht die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs, sondern beschränkt - wie zuvor § 11a EEG 2003 - die Privilegierung stromintensiv produzierender Unternehmen von vornherein auf die Zeit ab dem zweiten oder, bei unterjährigem Produktionsbeginn, ab dem dritten Produktionsjahr. Soweit die Klägerin sich dagegen wendet, wehrt sie keinen Eingriff in eine bestehende Wettbewerbsposition und keine Begünstigung einer abgrenzbaren Gruppe von Konkurrenten ab, sondern begehrt eine zeitliche Vorverlagerung und Ausweitung der Entlastungsregelung.
Der Einwand, das Nachweiserfordernis benachteilige neu gegründete Unternehmen jedenfalls bezogen auf einen konkreten Begrenzungszeitraum im Vergleich zu etablierten Konkurrenten, rügt im Kern einen angeblich gleichheitswidrigen Ausschluss von einer Begünstigung. Ob Art. 12 Abs. 1 GG insoweit trotz seines abwehrrechtlichen Charakters wegen der Wettbewerbsrelevanz der Ungleichbehandlung einschlägig wäre, oder ob nur Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Einbeziehung in die Begünstigung vermitteln könnte, muss nicht geklärt werden. Denn ein etwaiger Eingriff in die Berufs- oder Wettbewerbsfreiheit neu gegründeter Unternehmen wäre ebenso wie deren Ungleichbehandlung jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Der Ausschluss neu gegründeter Unternehmen von der Entlastung beruht auf einer formell-gesetzlichen Grundlage, die dem Parlamentsvorbehalt genügt. Das Nachweiserfordernis gemäß § 16 Abs. 2 EEG 2004 wird von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Wirtschaftsrecht nach Art. 72 Abs. 2, Art. 74 Nr. 11 GG a.F. gedeckt. Es regelt die grundrechtsrelevanten Voraussetzungen der Privilegierung detailliert und abschließend.
Die mit dem Nachweiserfordernis einhergehende Benachteiligung neu gegründeter stromintensiv produzierender Unternehmen im Verhältnis zu denjenigen, die bei Ablauf der Ausschlussfrist bereits auf ein abgeschlossenes Geschäftsjahr zurückblicken können, ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Anknüpfung der Nachweispflicht an das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr bezweckt, eine Privilegierung nur auf unternehmensbezogener, empirisch gesicherter Tatsachengrundlage zuzulassen. Dies trägt einerseits dazu bei, prospektive Fehlentscheidungen zu vermeiden, die mangels gesetzlicher Ermächtigung nicht nachträglich korrigiert werden könnten. Andererseits wird damit sichergestellt, dass Entlastungskosten nur im erforderlichen Umfang auf die nicht privilegierten Letztverbraucher abgewälzt werden. Angesichts mehrerer Hundert jährlich innerhalb kurzer Frist zu bescheidender Begrenzungsanträge ist auch die Typisierung der Feststellung des Entlastungsbedarfs anhand standardisierter, formalisierter und auf einen zurückliegenden Referenzzeitraum bezogener Nachweise zulässig.
Die Anknüpfung an das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr und der damit einhergehende Ausschluss neu gegründeter Unternehmen im nachfolgenden Begrenzungszeitraum entspricht auch dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Sie ist erforderlich, um die beschriebenen legitimen Zwecke zu erreichen. Prognosewerte für ein neu gegründetes Unternehmen können mangels empirischer Grundlage nicht die gleiche Verlässlichkeit aufweisen wie Daten aus dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr einer laufenden Produktion. Der bereits im Berufungsverfahren erhobene Einwand, die Begrenzungsentscheidung beruhe stets auf einer Prognose, trifft in zweifacher Hinsicht nicht zu. Zum einen berücksichtigt er nicht, dass die Begrenzungsentscheidung allein aufgrund der Vorjahresdaten und nicht aufgrund einer darauf gestützten, individuellen Prognose für das Folgejahr ergeht. Zum anderen beruht die prospektive Entscheidung für den Begrenzungszeitraum auf einer unternehmensbezogenen Tatsachengrundlage, während eine Prognose für neu gegründete Unternehmen im ersten Produktionsjahr nur auf der Basis unternehmensfremder Daten möglich wäre, die selbst dann weit weniger verlässlich wären, wenn sie von vergleichbaren Unternehmen stammten. Die Erforderlichkeit der Nachweisanforderungen wird schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass § 40 Abs. 2a EEG 2009 Daten eines Rumpfgeschäftsjahres als Prognosegrundlage genügen lässt. Damit wird nur der Zeitraum, für den die Vorjahresdaten des Unternehmens nachgewiesen werden müssen, auf einen Teil des letzten Geschäftsjahres beschränkt. Das schmälert die Prognosebasis, lässt das Erfordernis gesicherter, auf das antragstellende Unternehmen bezogener Tatsachenfeststellungen als Prognosegrundlage jedoch unberührt.
Die Anknüpfung an die Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Aufschub der Begünstigung um zwei bis drei Produktionsjahre führt nicht zu unzumutbaren Nachteilen für die Betroffenen. Dass neu gegründete Unternehmen sich deshalb nicht am Markt etablieren könnten, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch substanziiert geltend gemacht.
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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung
- 1.
von Bundesrecht oder - 2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 65 Abs. 2.
(2) Ein im Revisionsverfahren nach § 65 Abs. 2 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beiladungsbeschlusses rügen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
- 1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung; - 2.
das Personenstandswesen; - 3.
das Vereinsrecht; - 4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer; - 5.
(weggefallen) - 6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen; - 7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht); - 8.
(weggefallen) - 9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung; - 10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft; - 11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte; - 12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung; - 13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung; - 14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt; - 15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft; - 16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung; - 17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz; - 18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht; - 19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte; - 19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze; - 20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz; - 21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen; - 22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen; - 23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen; - 24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm); - 25.
die Staatshaftung; - 26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen; - 27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung; - 28.
das Jagdwesen; - 29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege; - 30.
die Bodenverteilung; - 31.
die Raumordnung; - 32.
den Wasserhaushalt; - 33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.