BGH: Besonders schwere Brandstiftung zur Begehung eines Versicherungsbetruges
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BGH 2 StR 141/08 – Beschluss vom 18. Juni 2008
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Juni 2008 für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 13. November 2007 mit den zugehö- rigen Feststellungen aufgehoben:
a) im Fall II. 2 der Urteilsgründe (Inbrandsetzen der Pizzeria) hinsichtlich aller Angeklagten sowie
b) im Gesamtstrafenausspruch hinsichtlich der Angeklagten B. , R. und Bä. .
Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben:
a) im Fall II. 2 der Urteilsgründe (Inbrandsetzen der Pizzeria) und
b) im Gesamtstrafenausspruch.
Seine weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
1. den Angeklagten B. wegen Anstiftung zur Körperverletzung sowie wegen Betruges und schwerer Brandstiftung, letztere in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten,
2. den Angeklagten R. wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich zusammentreffend mit schwerer Brandstiftung und Beihilfe zum Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten,
3. den Angeklagten Bä. wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich zusammentreffend mit schwerer Brandstiftung und Beihilfe zum Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten sowie
4. den Angeklagten Ro. wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts sowie die Revision des Angeklagten B. , der die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet. Während sich der Angeklagte B. gegen seine Verurteilung insgesamt wendet, erstrebt die Staatsanwaltschaft insbesondere eine Verurteilung aller Angeklagten u. a. wegen besonders schwerer Brandstiftung. Die Rechtsmittel haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der hoch verschuldete Angeklagte B. eine Pizzeria in A. . Nachdem sein früherer Koch C. im Frühjahr 2004 gekündigt und rückständigen Lohn eingefordert hatte, beauftragte B. im Dezember desselben Jahres den bei ihm angestellten Mitangeklagten R. damit, gegen eine Belohnung von 300 € passende Leute zu finden, die C. krankenhausreif schlagen sollten. Am 28. Dezember 2004 gegen 1.25 Uhr versetzte der von R. gedungene Mitangeklagte Bä. im Beisein R. s dem Geschädigten C. von hinten mit einem Stock einen Schlag auf den Kopf, so dass dieser eine Woche stationär im Krankenhaus behandelt werden musste (II. 1 der Urteilsgründe).
2. Im Februar 2005 beauftragte B. den Mitangeklagten R. damit, Leute ausfindig zu machen, die seine Pizzeria anzünden sollten. Mit den dann erhofften Zahlungen der Brandversicherung wollte er seine Schulden begleichen. Ende Februar/Anfang März 2005 kam es zu einem nächtlichen Treffen zwischen den Angeklagten B. , R. und Ro. , wobei B. darauf hinwies, dass das ihm nicht gehörende, aber von ihm und seiner Familie im Obergeschoss bewohnte Haus als solches intakt bleiben müsse. Nur die Pizzeria solle zerstört werden. Hierzu sei das als Brandbeschleuniger zu verwendende Benzin nur in einer schmalen Spur zu legen, damit das Feuer sich nicht ins Treppenhaus würde ausdehnen können. Als Lohn für die Brandstiftung stellte B. 20.000 € in Aussicht.
Anfang April 2005 übergab B. dem Mitangeklagten R. die Schlüssel für die Pizzeria mit dem Bemerken, er werde am nächsten Ruhetag, Montag dem 4. April 2005, mit seiner Familie einen Ausflug machen. An diesem Tag gegen 21.00 Uhr begaben sich R. , Ro. und der für die Tatausführung gewonnene Bä. zum Restaurant, betraten dieses mit dem ihnen übergebenen Schlüssel und schlugen eine Scheibe ein, um einen Einbruch vorzutäuschen. R. überprüfte, ob jemand im Obergeschoss zurückgeblieben war und schüttete dann zusammen mit Bä. im Inneren der Pizzeria insgesamt 25 l Benzin aus, bevor Bä. einen primitiven Zeitzünder legte. Plangemäß entzündete sich das Benzin erst, als die Angeklagten das Gebäude verlassen hatten. Es kam zu einer explosionsartigen Verpuffung. Nicht nur der Gastraum, sondern das ganze Wohnhaus wurden stark beschädigt. Darüber hinaus griff der Brand auf ein Nachbarhaus über und beschädigte Dachstuhl und Außenwand. Der dort wohnende Zeuge D. erlitt eine leichte Rauchvergiftung und musste im Krankenhaus medizinisch versorgt werden. Der Gesamtschaden betrug 500.000 €. Der Angeklagte B. erhielt 80.000 € an Versicherungsleistungen, seine Mittäter haben die versprochenen 20.000 € nicht bekommen (II. 2 der Urteilsgründe).
3. Das Landgericht hat im Fall II. 1 (zutreffend) eine Strafbarkeit der Angeklagten R. und Bä. wegen gefährlicher Körperverletzung sowie eine Anstiftung des Angeklagten B. zu einer einfachen Körperverletzung angenommen. Hinsichtlich des Inbrandsetzens der Pizzeria (Fall II. 2) geht das Landgericht – ausdrücklich entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – hinsichtlich aller Angeklagten "nur" von einer schweren Brandstiftung gemäß § 306 a StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus, bei den Angeklagten R. , Bä. und Ro. darüber hinaus (zutreffend) von tateinheitlich begangener Beihilfe zu dem von dem Angeklagten B. tatmehrheitlich begangenen Betrug zum Nachteil der Brandversicherung.
II. Revisionen der Staatsanwaltschaft
1. Zu Recht rügt die Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht eine Strafbarkeit aller Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung nach § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB mit unzutreffender Begründung abgelehnt hat. Dessen Voraussetzungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann gegeben, wenn die Brandlegung – wie hier – zum Zwecke eines Betrugs zum Nachteil der Versicherung begangen wird (vgl. BGHSt 45, 211, 216 ff.; NJW 2000, 3581; NStZ 2000, 197; NStZ-RR 2000, 209; 2004, 366; 2005, 76; NJW 2007, 2130; Beschluss vom 22. April 2008 – 3 StR 74/08). Die von dem Landgericht unter Berufung auf abweichende Meinungen in der Literatur (zum Streitstand vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 306 b Rdn. 9 ff.) bemühten Argumente für eine restriktive Auslegung des § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB auf Fälle, in denen gerade die spezifischen Auswirkungen der Brandlegung die Begehung der weiteren Tat begünstigen, sind nicht neu und geben dem Senat keinen Anlass, von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen.
2. Ebenso unzutreffend ist der rechtliche Ansatz des Landgerichts, eine Strafbarkeit der Angeklagten R. , Bä. und Ro. wegen besonders schwerer Brandstiftung scheide auch deshalb aus, weil deren primäres Tatziel das unabhängig von späteren Versicherungsleistungen zugesagte Entgelt von 20.000 € für die Brandlegung gewesen sei. Die von § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Absicht muss sich nämlich nicht auf den Deliktserfolg, sondern allein auf die Verknüpfung der Brandstiftungshandlung mit dem mindestens gebilligten Erfolg einer bestimmten weiteren Tat beziehen (BGHSt 45, 211 ff.; Fischer aaO Rdn. 10 a). Sowohl für die Brandstiftung als solche als auch für den nachfolgenden Betrug genügte bedingter Vorsatz, der nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts bei allen Angeklagten gegeben war. Dies gilt auch für den Angeklagten Bä. , der die Pizzeria deshalb im Auftrag des An- geklagten B. in Brand setzte, um diesem die Inanspruchnahme der Brandversicherung zu ermöglichen. Dass die ihm dafür versprochene Entlohnung nicht direkt aus der Versicherungsleistung, sondern aus dem sonstigen Vermö- gen B. s fließen sollte, hindert eine mögliche Strafbarkeit aus § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht.
3. Die Aufhebung im Fall II. 2 der Urteilsgründe erfasst auch die tateinheitliche Verurteilung aller Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten D. , die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten B. wegen schwerer Brandstiftung auch nach § 306 a Abs. 2 StGB sowie die Verurteilung der Angeklagten R. , Bä. und Ro. wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug. Die Verurteilung des Angeklagten B. wegen tatmehrheitlich begangenen Betruges bleibt hiervon unberührt.
Von der Aufhebung umfasst sind auch die Feststellungen, da der Senat nicht ausschließen kann, dass die neue Hauptverhandlung zu abweichenden Feststellungen führen wird. Im Übrigen wird der neu entscheidende Tatrichter genauer als bisher geschehen zu prüfen haben, ob sich der Vorsatz aller Angeklagten auf eine Verletzung (§§ 223, 224 StGB) oder zumindest eine konkrete Gesundheitsgefährdung (§ 306 a Abs. 2 StGB) des Geschädigten D. bezog. Dies versteht sich angesichts des gemeinsamen Tatplans der Angeklagten, durch eine "umsichtige" Brandlegung nur das Inventar der Pizzeria, nicht aber das gesamte Gebäude, geschweige denn das Nachbargebäude, in Brand zu setzen (UA S. 10 bis 12, 20), hier nicht von selbst.
Der Wegfall der im Fall II. 2 festgesetzten Einsatzstrafen führt auch zur Aufhebung der hinsichtlich der Angeklagten B. , R. und Bä. verhängten Gesamtstrafen. Was den Angeklagten R. anbelangt, wird der neue Tatrichter zu prüfen haben, ob gegen diesen verhängte frühere Geldstrafen bereits vollstreckt sind oder ob diese gegebenenfalls bei erneuter Gesamtstrafenbildung zu berücksichtigen sein werden. Der Angeklagte Bä. hingegen ist durch die rechtlich nicht mögliche Einbeziehung einer gegen ihn verhängten, zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe ersichtlich nicht beschwert, so dass sich die Erörterung eines Härteausgleichs erübrigt.
III. Revision des Angeklagten B.
1. Die von dem Angeklagten B. erhobene Formalrüge einer Verletzung des § 185 GVG ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. April 2008 unzulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
2. Auf die Sachrüge hin ist das Urteil - soweit es den Angeklagten B. betrifft - ebenfalls im Fall II. 2 der Urteilsgründe (Inbrandsetzung der Pizzeria) und im Gesamtstrafenausspruch aufzuheben, weil ein Vorsatz dieses Angeklagten, seinen Nachbarn D. zu verletzen oder zumindest dessen Gesundheit konkret zu gefährden (§§ 223, 224, 306 a Abs. 2 StGB) nicht in der erforderlichen Weise festgestellt ist. Eine Erstreckung der Revision insoweit gemäß § 357 StPO auf die übrigen Mitangeklagten war nicht veranlasst, weil hier die Beurteilung eines Verletzungsvorsatzes hinsichtlich jedes Angeklagten individuell vorzunehmen ist und der Entscheidung des Landgerichts nicht etwa ein fehlerhaftes Verständnis des bedingten Vorsatzes als solchem zugrunde liegt.
Die Verurteilung des Angeklagten B. wegen tatmehrheitlich begangenen Betruges bleibt von der teilweisen Aufhebung im Fall II. 2 unberührt. Im Übrigen ist seine Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Nach den Feststellungen setzte der Angeklagte, der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, ein Wohnhaus in Brand, das im Eigentum seiner Ehefrau stand. Ihm kam es darauf an, seiner Ehefrau, auf deren Namen auch der Vertrag über die Gebäudeversicherung lief, die Versicherungsleistung zukommen zu lassen, um damit einen geplanten Umbau des Hauses zu finanzieren. Zu einer Auszahlung der Versicherungssumme an die Ehefrau des Angeklagten kam es jedoch nicht.
- 3
- I. Zu den Verfahrensrügen, es liege ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO vor, weil die den Zeugen S. betreffenden Beweisanträge von der Strafkammer mit einer ungenügenden Begründung abgelehnt worden seien, bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts :
- 4
- Die Begründung der Ablehnungsbeschlüsse des Landgerichts enthalten zwar allenfalls knappe Ausführungen zu der Frage, aus welchen tatsächlichen Gründen der Tatrichter die Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen angenommen hat. Hierin liegt indes im vorliegenden Fall kein durchgreifender Rechtsfehler; denn die maßgeblichen Erwägungen des Tatrichters lagen auf der Hand. Sämtliche unter Beweis gestellten Tatsachen betrafen Umstände, die für den Anklagevorwurf von derart entfernter Bedeutung waren, dass es hierfür ausnahmsweise näherer Darlegung nicht bedurfte; vielmehr reichten die knappen Begründungen der angegriffenen Beschlüsse auch mit Blick auf die berechtigten Informationsinteressen der Verfahrensbeteiligten aus (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 14; BGH StV 1994, 635; Herdegen in KK 5. Aufl. § 244 Rdn. 58; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 244 Rdn. 41 a) und ermöglichten noch in hinreichender Weise eine rechtliche Überprüfung der Ablehnungsentscheidungen durch den Senat.
- 5
- II. Die Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen Erfolg. Soweit die Revision ausführt, der Angeklagte habe sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nur wegen schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht, zeigt sie keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
- 6
- 1. Die Voraussetzungen einer besonders schweren Brandstiftung (§ 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB) sind auch dann erfüllt, wenn die Brandlegung wie hier zum Zwecke eines Betruges zum Nachteil der Versicherung begangen wird (vgl. BGHSt 45, 211, 216 ff.; BGH NJW 2000, 3581; NStZ-RR 2000, 209; 2004, 366).
- 7
- 2. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass der Angeklagte durch die Inbrandsetzung des Hauses einen derartigen Betrug ermöglichen wollte. Insbesondere war die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung seiner Ehefrau rechtswidrig, weil diese keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hatte; dies war dem Angeklagten nach den Feststellungen bewusst.
- 8
- a) Nach § 61 VVG ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Diese Bestimmung findet hier Anwendung; denn die Ehefrau des Angeklagten muss sich zurechnen lassen, dass dieser das Wohnhaus vorsätzlich in Brand setzte, weil der Angeklagte als ihr Repräsentant im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen ist (vgl. hierzu BGHZ 107, 229; 122, 250; Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 61 Rdn. 5, § 6 Rdn. 57 ff.).
- 9
- Zwar ist - worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist - nach der neueren Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2007, 2038) in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer einem Dritten die selbstständige Wahrnehmung seiner für das Versicherungsverhältnis relevanten Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich überträgt, die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens auf diesen Bereich beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer braucht sich deshalb namentlich die vorsätzliche Brandstiftung durch einen Dritten, der nur in die Verwaltung des Versicherungsvertrages eingebunden ist, nicht mit der Folge zurechnen lassen, dass die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit wird (vgl. BGH aaO S. 2039). Jedoch belegen die Feststellungen des angefochtenen Urteils hinreichend , dass der Angeklagte nicht nur bezüglich der versicherungsvertraglichen Angelegenheiten, sondern auch im Bereich der Gefahrverwaltung als Repräsentant seiner Ehefrau zu gelten hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Der Angeklagte hatte das Anwesen 1990 in eigenem Namen erworben (UA S. 4 f.). Er betrieb dort seine Putenmast und war Vermieter für die in dem Wohnhaus lebenden Personen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich nichts dafür, dass seine Ehefrau in irgendeiner Weise in die Verwaltung des Wohnhauses involviert gewesen wäre. So schloss der Angeklagte auch einen Gebäudeversicherungsvertrag mit der LVM in eigenem Namen ab (UA S. 6). Auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Angeklagten musste das Anwesen 1996 zwangsversteigert werden (UA S. 6). Im Jahre 2000 war ihm ein Rückerwerb wirtschaftlich wieder möglich, wegen der von ihm abgegebenen Versicherung an Eides statt konnte er jedoch nicht mehr als Vertragspartner für Banken und Versicherungen auftreten (UA S. 7). Allein aus diesem Grunde wurde das An- wesen auf den Namen seiner Ehefrau erworben, wurden Kredite auf ihren Namen aufgenommen und der Gebäudeversicherungsvertrag mit der LVM auf sie umgestellt (UA S. 6 f.). Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass die Ehefrau des Angeklagten nach dem Rückerwerb anders als in den Jahren 1990 bis 1996 - abgesehen von den rechtlich erforderlichen Unterschriftsleistungen - neben dem Angeklagten am Betrieb der Mast oder der Verwaltung des Wohngebäudes beteiligt gewesen wäre. Soweit einzelne Tätigkeiten festgestellt wurden, z.B. die Regelung der Modalitäten von Auszug und Schlüsselübergabe des ehemaligen Mieters K. (UA S. 21 f., 30) wurden diese vom Angeklagten ohne Beteiligung seiner Ehefrau erledigt. Besonders deutlich wird die Befugniswahrnehmung durch den Angeklagten bei der Regelung des Versicherungsfalls mit dem Vertreter der LVM. Dies übernahm der Angeklagte allein, lediglich zur Unterschriftsleistung kam seine Ehefrau hinzu (UA S. 13, 17). So stellen sich auch insgesamt die von der Revision herausgestellten Aktivitäten der Ehefrau (RB Rechtsanwalt W. S. 12) nicht als eigenständige Befugniswahrnehmung dar, sondern als rechtlich zwingend erforderliche Mitwirkungshandlungen, die nur von ihr als Eigentümerin erledigt werden konnten, etwa die Unterzeichnung von Kündigungsschreiben, Bauvoranfragen etc. (vgl. UA S. 10 f.)."
- 10
- Dem stimmt der Senat zu. Die Repräsentantenstellung des Angeklagten für den Bereich der Gefahrverwaltung des Anwesens wird entgegen der Auffassung der Revision auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Ehefrau des Angeklagten mit diesem nach dem geplanten Umbau in das Haus ziehen wollte. Dass sie über diesen ihre private Lebensgestaltung betreffenden persönlichen Entschluss und die zu seiner Umsetzung rechtlich erforderlichen Mitwirkungshandlungen hinaus irgendeinen Einfluss auf di e Verwaltung des Objekts nahm, ist nicht festgestellt. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, dass die Strafkammer aus den dargelegten Umständen sowie den im Übrigen in der Vergan- genheit von dem Angeklagten gewählten Firmenkonstruktionen den Schluss gezogen hat, seine Ehefrau sei als Eigentümerin des Hofes und Versicherungsnehmerin lediglich vorgeschoben gewesen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich somit wesentlich von demjenigen, welcher der von der Revision angeführten Entscheidung BGHR StGB § 265 Abs. 1 Betrugsabsicht 1 zu Grunde lag.
- 11
- b) Danach kann dahinstehen, ob die Versicherung - was die getroffenen Feststellungen nahe legen - auch deshalb von ihrer Leistungspflicht frei geworden ist, weil der Angeklagte bei der Abwicklung des Schadensfalles die Verhandlungen mit der Versicherung geführt und dabei arglistig über die Brandursache getäuscht hat (vgl. BGH aaO S. 2039 f.).
- 12
- Im Übrigen weist der Senat ergänzend noch darauf hin, dass die von § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Ermöglichungsabsicht auch dann gegeben ist, wenn der Täter nur irrig glaubt, die Versicherung sei leistungsfrei und ihre geplante Inanspruchnahme daher betrügerisch; auch in diesem Fall läge in der Schadensmeldung bei der Versicherung darüber hinaus ein versuchter Betrug.
- 13
- III. Der Strafausspruch kann indes keinen Bestand haben.
- 14
- 1. Das Landgericht hat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt, weil zwischen dem Eingang der Anklageschrift bei Gericht am 21. März 2005 und dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 23. März 2007 ein unvertretbar langer Zeitraum gelegen habe. Es hat diese Verzögerung dadurch kompensiert, dass es zunächst die an sich verwirkten Einzelstrafen benannt , sodann den Strafrahmen gemäß § 49 Abs. 1 StGB herabgesetzt, niedri- gere Einzelstrafen festgesetzt und aus diesen eine verminderte Gesamtstrafe gebildet hat.
- 15
- Diese Verfahrensweise ("Strafabschlagslösung") steht, soweit das Landgericht die Einzelstrafen einem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen hat, bereits mit den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung (vgl. hierzu BGH NJW 2007, 3294) nicht in Einklang. Sie entspricht im Übrigen nicht der - nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung - geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Kompensation des Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ("Vollstreckungsmodell"; vgl. BGH - GS - NJW 2008, 860). Dadurch ist der Angeklagte beschwert, weil sich durch das Vollstreckungsmodell der Zeitpunkt, zu dem ein Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nach vorne verlagert. Der Angeklagte könnte deshalb - bei Vorliegen der übrigen, nicht von vornherein ausgeschlossenen Voraussetzungen des § 57 StGB - früher als nach dem Strafabschlagsmodell aus dem Strafvollzug entlassen werden.
- 16
- 2. Bei der nunmehr gebotenen Durchführung der Kompensation im Wege des Vollstreckungsmodells wird der neue Tatrichter Folgendes zu beachten haben (s. im Einzelnen BGH aaO S. 866 f.):
- 17
- Zunächst hat er in der neuen Hauptverhandlung nach den Kriterien des § 46 StGB und unter Beachtung der gesetzlichen Strafrahmen schuldangemessene , die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung außer Acht lassende Einzelstrafen festzusetzen und aus diesen eine Gesamtstrafe zu bilden. Sodann hat er die gebotene Kompensation dadurch vorzunehmen, dass er in der Urteilsformel - zusätzlich zu der neu gebildeten Gesamtstrafe - ausspricht , dass ein bezifferter Teil dieser Strafe als vollstreckt gilt. Dabei ist er durch § 358 Abs. 2 StPO nicht gehindert, höhere Einzelstrafen als die bisher erkannten zu verhängen und auch eine höhere Gesamtstrafe auszusprechen. Indes dürfen die neuen Einzelstrafen die im angefochtenen Urteil als an sich verwirkt und - ohne Kompensationsabschlag - als schuldangemessen ausgewiesenen Strafen nicht übersteigen. Außerdem darf die im Falle vollständiger Vollstreckung zu verbüßende Strafe (schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe abzüglich des als vollstreckt geltenden Teils) nicht höher sein, als die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe. Damit wird sichergestellt , dass der Angeklagte, auch wenn der neue Tatrichter auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als sechs Jahren und sechs Monaten erkennt, durch die Kompensation in Form der Vollstreckungslösung im Ergebnis nicht schlechter steht; denn die höchst mögliche Gesamtverbüßung kann im Vergleich zum bisherigen Straferkenntnis auch dann nicht länger dauern.
- 18
- 3. Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zum Strafausspruch zu treffen, die indes zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen dürfen.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Wird unter Beteiligung von Personen verhandelt, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Ein Nebenprotokoll in der fremden Sprache wird nicht geführt; jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit der Richter dies mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache für erforderlich erachtet, auch in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu beglaubigende Übersetzung beigefügt werden.
(1a) Das Gericht kann gestatten, dass sich der Dolmetscher während der Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Die Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen.
(2) Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unterbleiben, wenn die beteiligten Personen sämtlich der fremden Sprache mächtig sind.
(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bedarf es der Zuziehung eines Dolmetschers nicht, wenn der Richter der Sprache, in der sich die beteiligten Personen erklären, mächtig ist.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.