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| Die zulässige Berufung hat mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die Disziplinarkammer hätte nicht auf Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erkennen dürfen. Gegen den Beklagten war aber eine Zurückstufung auszusprechen. |
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| Der Sachverhalt, der dem Beklagten in der Disziplinarklage vorgeworfen wird, steht zur Überzeugung des Senats fest, soweit die Bindungswirkung des amtsgerichtlichen Urteils (§ 57 Abs. 1 Satz 1 BDG) reicht. Der Senat teilt aber weder in allen Punkten die strafrechtliche Bewertung des Amtsgerichts noch die disziplinarrechtliche Bewertung der Disziplinarkammer. |
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| 1. Der Bindungswirkung nach § 57 Abs. 1 Satz 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils. Hierzu gehören die äußeren Aspekte des Tathergangs sowie die Elemente des inneren Tatbestandes. Dies gilt auch für sogenannte Rechtstatsachen, die zur Ausfüllung des gesetzlichen Tatbestandes der strafbaren Handlung festgestellt werden (vgl. dazu Senat, Urteil vom 24.02.2011 - DL 13 S 2817/09 -). Feststellungen zum Strafmaß entfalten demgegenüber keine Bindungswirkung (vgl. Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Aufl., § 57 Rn. 8). Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben aufgrund der Beschränkung der Rechtsmittel auf das Strafmaß mithin keine eigenen bindenden Feststellungen getroffen. |
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| Feststellungen zur Schuldfähigkeit haben nur Bindungswirkung, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Beklagte schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 - 2 C 59/07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3). Das Amtsgericht hat die Schuldunfähigkeit des Beklagten verneint. Für eine Lösung von dieser Feststellung (§ 57 Abs. 1 Satz 2, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG) besteht kein Anlass; sie wird mit der Berufung auch nicht geltend gemacht. |
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| Ist wie hier die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindung des Disziplinargerichts nicht. Das Disziplinargericht muss vielmehr selbst die hierzu erforderlichen Tatsachen feststellen, was auch im Wege der Übernahme entsprechender Feststellungen geschehen kann, es muss sich aber bewusst sein, dass es in diesem Punkt keiner Bindung nach §§ 57 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG unterliegt, und selbst die erforderliche Rechtsentscheidung treffen, ob die Minderung der Schuldfähigkeit eine erhebliche ist (BVerwG, a.a.O.). Davon ist zutreffend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. |
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| 2. Der Senat geht nach den bindenden Feststellungen des Amtsgerichts und den Ergebnissen des strafprozessualen Verfahrens sowie des behördlichen Disziplinarverfahrens, des Verfahrens vor der Disziplinarkammer und der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von folgenden Feststellungen zum disziplinaren Vorwurf aus: |
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| Der Beklagte war als Innenbetriebsleiter und Mitarbeiter in Service und Verkauf mit besonderen Aufgaben (Personalbuchführung, Kassenverwaltertätigkeit, sogenannte Masterfunktion) in der Filiale ... der Postbank Filialvertrieb AG beschäftigt. Er verwaltete allein die Nebenkasse ... Dieser Kasse entnahm er im Zeitraum zwischen dem 24.12.2007 und dem 04.04.2008 in 7 Fällen Bargeldbeträge, die er privat verwendete. Hierdurch entstand der Postbank Filialvertrieb AG ein Schaden in Höhe von 19.200,28 EUR. Dem Beklagten hatte gegenüber der Postbank Filialvertrieb AG eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen, die er durch sein Vorgehen verletzt hat. Er hat durch sein Handeln auch die Befugnisse als Amtsträger missbraucht. |
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| Am ... wurde eine unangemeldete Kassenprüfung durchgeführt. Für den Beklagten war es der erste Arbeitstag nach seinem Urlaub. Ihm war bewusst, dass im Rahmen der Kassenprüfung der Fehlbetrag der von ihm geführten Nebenkasse entdeckt werden würde. Er entnahm deshalb dem in der Filiale befindlichen beschäftigtenbedienten Geldausgabeautomaten 18.000,--EUR in 36 Scheinen zu je 500,-- EUR in der Absicht, damit den Fehlbetrag der Nebenkasse zu vertuschen. Dieses Vorhaben bemerkte die Prüferin und konnte es unterbinden. Der Beklagte hat auch hierdurch gegen seine ihm der Postbank Filialvertrieb AG gegenüber bestehende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen und seine Befugnisse als Amtsträger missbraucht. Ein Schaden ist der Postbank Filialvertrieb AG hierdurch allerdings nicht entstanden und wurde vom Amtsgericht auch nicht festgestellt. Der Beklagte hatte mit der Kassenprüfung gerechnet, allerdings nicht zu diesem Zeitpunkt. |
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| Der Beklagte leidet an einer bipolaren affektiven Störung mit depressiven Phasen und Episoden mit manisch-hypertymer Stimmungslage. Dabei handelt es sich um eine krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB, die als Ursache für eine Minderung der Schuldfähigkeit in Betracht kommen kann. Der Beklagte befand sich im Zeitraum zwischen November 2007 und April 2008 im Zustand einer hypomanischen, d.h. unvollständigen, jedoch in der Tendenz vorliegenden Gemütsauslenkung. Eine manische, d.h. voll ausgeprägte Gemütsauslenkung lag ebenso wie eine höhergradige Störung des Realitätsbezuges nicht vor, großen Teils war die Fähigkeit der Anpassung an die Umgebung, des korrekten Denkens und instrumentellen Handelns gegeben. Es lag aber bezogen auf die Unterschlagungshandlungen eine Unbekümmertheit und Freiheit der Normauslegung vor, ein sorgloses Handeln zum eigenen Vorteil; diese Umstände waren mit der hypomanen Kritikminderung verbunden. Die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, wie auch die Fähigkeit zur selbstkritischen Prüfung eigenen Handelns waren zur Tatzeit krankheitsbedingt deutlich eingeschränkt, wenn auch zwischen den einzelnen Unterschlagungshandlungen die Unrechtmäßigkeit seines Handelns ins Bewusstsein des Beklagten drang. Das sonstige Verhalten des Beklagten wies zwar Verhaltensbesonderheiten auf, war aber noch angemessen und begrenzt sowie teilweise für Korrektur und Kritik zugänglich. |
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| Die Schwerbehinderung des Beklagten, insbesondere die vorliegende hirnorganische Schädigung, steht hiermit nicht im Zusammenhang, ebenso wenig wie die Entbindung des Beklagten von seiner Tätigkeit als Filialleiter. Die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit des Beklagten und seine Zurruhesetzung sind bislang von keiner Seite betrieben worden. |
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| Der Beklagte verwendete die erlangten Gelder im wesentlichen für den Erwerb von Modellautos. Er hat den entstandenen Schaden bislang etwa zur Hälfte ausgeglichen. |
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| 3. Das Verhalten des Beklagten stellt sich als Dienstvergehen dar. Er hat durch sein Verhalten schuldhaft gegen die ihm obliegende Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 61 Abs. 1 Satz 2 BBG) und zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG) verstoßen und hierdurch ein - einheitliches - innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen. |
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| Hierdurch hat sich der Beklagte aber nach Auffassung des Senats - anders als das Amtsgericht angenommen hat - nur in 7 Fällen wegen Untreue in einem besonders schweren Fall (§§ 266 Abs. 1, 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB) strafbar gemacht. |
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| Durch die Entnahme von 18.000,-- EUR aus dem beschäftigtenbedienten Geldausgabeautomaten anlässlich der Kassenprüfung hat sich der Beklagte demgegenüber nicht wegen Untreue strafbar gemacht, weil insoweit weder ein Schaden noch eine schadensgleiche Vermögensgefährdung eingetreten ist. Bezogen auf die konkreten Geldscheine hat sich das Vermögen der Postbank Filialvertrieb AG nicht nachteilig verändert und sollte es im Übrigen nach dem Vorhaben des Beklagten auch nicht. Hätte er den Betrag der Nebenkasse zugeführt, wäre aber möglicherweise die Realisierung des Anspruchs der Postbank Filialvertrieb AG auf Ersatz des ihr aufgrund der früheren Untreuehandlung entstandenen Schadens erschwert oder vereitelt worden. Hierin läge möglicherweise eine schadensgleiche Vermögensgefährdung. Zu einer Zuführung kam es aber nicht. Es liegt lediglich eine - straflose - Vorbereitungshandlung zum Betrug vor. Hätte der Beklagte mit dem entnommenen Geld den Fehlbetrag in der Nebenkasse (größtenteils) ausgleichen können, hätte dies bei der für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zuständigen Stelle der Postbank Filialvertrieb AG möglicherweise die irrige Vorstellung ausgelöst, der Beklagte sei für den in der Filiale festgestellten Fehlbetrag nicht verantwortlich, weshalb von einer Geltendmachung des Schadens aus den früheren Zugriffen des Beklagten möglicherweise abgesehen worden wäre. Damit liegt insoweit auch kein Zugriffsdelikt vor. |
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| 4. Gegen den Beklagten war wegen dieses Dienstvergehens eine Zurückstufung auszusprechen. |
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| Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Aufgrund dieser Vorgaben ist über die erforderliche Disziplinarmaßnahme im Wege einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Verhalten herbeigeführte Schädigung des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695). |
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| Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008, a.a.O.). Die gegen einen Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerfG, Beschluss vom 08.12.2004 - 2 BvR 52/02 -, BVerfGK 4, 243). |
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| Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB vor, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Wenn eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173). |
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| Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen wird sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.). |
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| a) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war die Schuldfähigkeit des Beklagten bei der Begehung der Untreuehandlungen erheblich vermindert. Zwar handelt es sich dabei um Zugriffsdelikte, deren Verwirklichung mit der Verletzung der leicht einsehbaren Kernpflicht, das Vermögen des Dienstherrn nicht zu schädigen und insbesondere nicht zum eigenen Zweck zu verwenden, einhergeht und die zu einem hohen Schaden geführt haben. Dementsprechend liegt die Erheblichkeitsschwelle besonders hoch. Sie wird im vorliegenden Fall aber erreicht, weil die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten nicht - wie z.B. bei einer alkoholbedingten Enthemmung - generell gemindert ist mit der Folge, dass eine Differenzierung ihrer Auswirkungen nach der unterschiedlichen Erkennbarkeit einzelner Pflichten naheliegt, sondern die Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten gerade die verletzte Kernpflicht betrifft, die Minderung stark ausgeprägt ist und auch keine rationale Motivation des Beklagten für sein Verhalten mehr erkennbar ist. |
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| Aus den im Strafverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass eine - beim Beklagten diagnostizierte - hypomane Episode dadurch gekennzeichnet ist, dass die Fähigkeit korrekten Denkens und instrumentellen Handelns nicht durchgängig, sondern nur in Teilbereichen nicht mehr vorhanden ist. Beim Beklagten äußerte sich die hypomane Kritikminderung in einer Freiheit der Auslegung gerade der Normen, die dem Schutz des Vermögens des Dienstherrn gegenüber Zugriffen seiner Beamten in der Absicht, dieses für eigene Zwecke zu verwenden, dienen. |
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| Die diesbezügliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten war in hohem Masse reduziert. Der Schweregrad seiner Erkrankung wird von den Gutachtern mit mindestens 7 auf einer Skala bis 10, also deutlich über einem mittleren Niveau liegend, angegeben. Auch der Umstand, dass der Beklagte in dem im Strafverfahren eingeholten Gutachten als ansonsten eher überangepasst beschrieben wird, spricht dafür, dass die Enthemmung, die mit den Untreuehandlungen einherging, ein massives Ausmaß hatte. Dem steht auch der Umstand, dass es in anderen Lebensbereichen nur zu Verhaltensbesonderheiten, nicht auch zu entgrenztem Verhalten kam, nicht entgegen, da eine solche Zweiteilung typisch für die beim Beklagten diagnostizierte hypomane Episode ist. Entsprechendes gilt mit Blick darauf, dass der Beklagte durch Mitnahme eines „Tresorschlüssels“ in den Urlaub und durch sein Verhalten anlässlich der Kassenprüfung gezielt, wenn auch nicht sehr geschickt, versucht hat, die Entdeckung eines Fehlbetrags zu verzögern bzw. die Geltendmachung eines Regressanspruchs gegen ihn zu vereiteln. |
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| Für das Erreichen der Erheblichkeitsschwelle spricht auch, dass der Beklagte Geld in der Absicht veruntreut hat, damit (im Wesentlichen) Modellautos sowie eine Vielzahl von Schuhen und teilweise identischen Hemden zu kaufen, er also zwar einerseits in der Lage war, zweckgerichtet zu handeln, andererseits der angestrebte Zweck sich wenn nicht schon dem Gegenstand, dann aber jedenfalls dem Umfang nach als völlig inadäquat darstellt. |
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| b) Hinsichtlich des dienstpflichtwidrigen Handelns anlässlich der Kassenprüfung geht der Senat hingegen nicht davon aus, dass der Beklagte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat. Die im Strafverfahren eingeholten Gutachten differenzieren zwar nicht ausdrücklich zwischen den Untreuehandlungen einerseits und der versuchten Verdeckungstat andererseits. Es lässt sich ihnen aber mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass sie von einer (deutlich) verminderten Schuldfähigkeit nur mit Blick auf die Untreuehandlungen ausgehen, was in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch unstreitig war. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, läge jedenfalls hinsichtlich des in Verdeckungsabsicht erfolgten Verstoßes gegen für den Beklagten ebenfalls leicht erkennbare, zentrale Kassenführungspflichten keine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vor. Es ging hierbei, anders als bei den Untreuehandlungen, nicht um die kaum noch steuerbare Beschaffung von Geld zur Befriedigung seiner ausufernden Sammelleidenschaft, sondern um den gezielten und nachvollziehbaren, wenn auch unzulässigen und untauglichen Versuch, die Entdeckung der Untreuehandlungen zu verhindern, um sich auf diese Weise den finanziellen, strafrechtlichen und disziplinarrechtlichen Folgen seiner Veruntreuungen zu entziehen. |
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| c) Das festgestellte Fehlverhalten des Beklagten rechtfertigt nicht seine Entfernung aus dem Dienst. |
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| Er hat zwar durch die Veruntreuungen ein regelmäßig zur Dienstentfernung führendes Zugriffsdelikt begangen, das noch dazu zu einem erheblichen Schaden geführt hat. Weil er dies in einem Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit getan hat, scheidet aber seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - wie regelmäßig in einem solchen Fall - und damit die Höchstmaßnahme aus. Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall liegen nicht vor. |
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| Auch die weitere Berücksichtigung des nicht im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangenen Verstoßes gegen die Kassenführungspflichten anlässlich der Kassenprüfung in Vertuschungsabsicht führt nicht zur Dienstentfernung des Beklagten. Dieses dienstpflichtwidrige Verhalten wiegt zwar ebenfalls schwer. Andererseits ist der Postbank Filialvertrieb AG hierbei kein weiterer Schaden entstanden. Es liegt kein Zugriffsdelikt vor. Auch die von der Klägerin vorgenommene Einordnung als „Begleitdelikt“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.05.2007 - 2 C 9/09 -, NVwZ-RR 2007, 695) rechtfertigt keine andere Entscheidung. |
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| Des weiteren greift zu Gunsten des Beklagten insoweit der Milderungsgrund des persönlichkeitsfremden Verhaltens in einer psychischen Ausnahmesituation (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 35/13 -, juris) ein. |
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| Der Beklagte hatte zwar mit einer Kassenprüfung gerechnet. Er hatte durch Mitnahme des Schlüssels zu dem „Tresor“, in dem sich die Unterlagen zu der allein von ihm verwalteten Nebenkasse befanden, auch dafür Sorge getragen, dass die Überprüfung der Kasse nicht während seines Urlaubs stattfindet. Der Beklagte rechnete aber offensichtlich nicht damit, dass diese Kassenprüfung am ersten Arbeitstag nach seinem Urlaub, noch dazu frühmorgens, stattfinden würde. Die Prüfungsbeamtin war nach ihren Angaben in der polizeilichen Vernehmung „extra früher“ in die Filiale gekommen. Der Beklagte hatte mit ihr nicht gerechnet, ihm sind nach Angaben der Prüfungsbeamtin bei der Ankündigung, umgehend eine Kassenprüfung durchzuführen, „die Gesichtszüge entgleist“. Solchermaßen in die Enge getrieben, unternahm der Beklagte einen völlig untauglichen Vertuschungsversuch, der von der Prüfungsbeamtin bemerkt werden musste und auch bemerkt wurde, was den Schluss auf ein zwar zielgerichtetes, gleichwohl kopfloses, spontanes und unüberlegtes Handeln zulässt. Dafür, dass der Beklagte einen Plan zur Abwendung eines Regressanspruchs für den Fall der Entdeckung eines Fehlbetrages im Zuge einer Kassenprüfung hatte, der durch den Zeitpunkt der Kassenprüfung vereitelt wurde, was, weil dann kein persönlichkeitsfremdes Verhalten gegeben wäre, gegen das Vorliegen diese Milderungsgrundes spräche, ist auch nach der Befragung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nichts ersichtlich. |
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| Da der Beklagte aber gegen Kernpflichten verstoßen hat, deren Einhaltung für den Dienstherrn von essentieller Bedeutung ist und diesem ein erheblicher Schaden entstanden ist, bedarf es einer deutlichen Ahndung und Pflichtenmahnung des Beklagten in Form der ausgesprochenen Zurückstufung. |
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| Dabei hat der Senat zu Gunsten des Beklagten bereits die - nach der strafrechtlichen Bewertung des Senats z.T. zu Unrecht - verhängte, zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe sowie seine langjährige, frei von Dienstpflichtverletzungen erfolgte Tätigkeit für die Deutsche Postbank AG ebenso berücksichtigt wie sein Geständnis und seine Bereitschaft zur - bereits zur Hälfte erfolgten und verlässlich erfolgenden - Schadenswiedergutmachung. Weitere Milderungsgründe sind nicht vorgetragen bzw. nicht ersichtlich. |
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| Einer Zurückstufung stünde auch - seine Anwendbarkeit vorausgesetzt - § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG in der bis zum 11.02.2009 geltenden Fassung nicht entgegen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 11.01.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris). Nach dieser Vorschrift dürfte wegen desselben Sachverhalts eine Zurückstufung nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Dies ist dann der Fall, wenn konkrete Befürchtungen dafür ersichtlich sind, dass der Beamte sich trotz der ihm wegen desselben Sachverhalts bereits auferlegten Kriminalstrafe erneut einer Dienstpflichtverletzung schuldig macht (BVerwG, Urteil vom 23.02.2005 - 1 D 13.04 -, BVerwGE 123, 75.). Dies ist mit Blick auf die bipolare Störung des Beklagten und die Möglichkeit weiterer manischer Schübe aber gerade nicht auszuschließen. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte geltend macht, sein Zustand sei stabil. Denn er trägt gleichzeitig vor, er sei aufgrund seiner Krankheit nicht mehr belastbar und dauerhaft dienstunfähig. |
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