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Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zum Widerruf der in den Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 31.07.1995 enthaltenen Behauptungen (Klageantrag Ziffer 2) und des in zwei Schreiben des Ministerialdirektors Dr. K. vom 08.08.1995 enthaltenen Satzes begehrt, dem obersten Dienstherrn hätten einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdigen Behandlungen“ berichtet (Klageanträge Ziffer 3 und 4). Die beanstandeten Äußerungen werden dem im Verhältnis zwischen dem Innenministerium als oberster Dienstbehörde und der seiner Dienstaufsicht unterstehenden Klägerin geltenden eigenen Maßstab für nachteilige Äußerungen über Beamte gegenüber Dritten, welcher sich aus der grundgesetzlich verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergibt, nicht gerecht. In diesem Umfang hat das beklagte Land die dadurch eingetretene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch Widerruf rückgängig zu machen. Im Übrigen erweist sich die Berufung als unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat die weiteren Anträge der Klägerin zu Recht als unbegründet abgewiesen (dazu II. - IV.).
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Die ebenfalls zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit zu Recht stattgegeben (dazu V.).
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I. Das Klagebegehren ist als allgemeine Leistungsklage zulässig (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, BVerwGE 99, 56, 58).
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Bei der Erweiterung des ursprünglichen Klageantrags Ziffer 1 auf die Überschrift der Pressemitteilung vom 04.07.1995 handelt es sich um eine zulässige Klageänderung (§§ 125, 91 VwGO). Der Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in diese Klageänderung eingewilligt, da er sich in seinen Schriftsätzen rügelos auf diese eingelassen hat.
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II. Die Klage ist mit dem Klageantrag Ziffer 1 unbegründet. Denn dem Beklagten stand für die angegriffenen Äußerungen des Innenministers vom 04.07.1995 im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (dazu 2.) ein rechtfertigender sachlicher Grund zur Seite (dazu 3.).
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1. Die Klage ist zu Recht gegen das beklagte Land und nicht gegen dessen seinerzeitigen Innenminister persönlich gerichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.01.1987, BVerwGE 75, 354 und vom 29.06.1995, a.a.O. S. 58). Die von der Klägerin angegriffene Pressemitteilung ist eine solche des Dienstvorgesetzten (§ 4 Abs. 2 Satz 1 LBG) und damit dem beklagten Land als Dienstherrn der Klägerin zuzurechnen. Der Minister hat sich insoweit hoheitlich in seiner Funktion als Innenminister zu seinem Geschäftsbereich zugehörigen Fragen geäußert.
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2. Während die Grundlage für die Forderung eines Bürgers gegenüber einem Träger öffentlicher Gewalt, bestimmte Äußerungen zu unterlassen oder zu widerrufen, im Allgemeinen entweder unmittelbar aus den Grundrechten hergeleitet (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.07.1985 - 14 S 942/85 -, NJW 1986, 340) oder in einer Analogie zu § 1004 BGB gesehen wird (Bayer. VGH, Urteil vom 10.10.1984, NVwZ 1986, 327; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.12.1982, NJW 1983, 2402), bietet im Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn die Fürsorgepflicht einen spezielleren Maßstab (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, ). Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 98 des Landesbeamtengesetzes - LBG -, der auch für Beamte auf Zeit gilt, zu denen die Klägerin gehörte (vgl. §§ 130 Abs. 1 LBG, 22 Abs. 1 Satz 3 LDSG i.d.F. vom 27.05.1991). Danach hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Diese umfassende Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (vgl. auch § 48 BRRG und § 79 BBG) bildet die Entsprechung zur ebenso umfassenden Treuepflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn und zählt - wie diese - zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15.12.1976, BVerfGE 43, 154, vom 11.10.1977, BVerfGE 46, 97 und vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89; BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980, Buchholz 237.9 § 93 Nr. 1). Sie umfasst die in § 98 Satz 2 LBG ausdrücklich ausgesprochene Verpflichtung, den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter zu schützen. Dazu gehört es, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1976, a.a.O.; Urteil des Senats vom 30.03.1982 - 4 S 118/80 -). Hieraus ergibt sich auch ein Anspruch auf Wahrung der Ehre des Beamten, aufgrund dessen der Dienstherr verpflichtet ist, ehrverletzende Angriffe zu unterlassen. Insoweit ist es dem Dienstherrn verboten, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßzustellen. Das gilt sowohl für nachteilige Tatsachenbehauptungen als auch für missbilligende Werturteile (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1990, ZBR 1991, 155; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, ZBR 1974, 261; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, Stand: März 2004, Band 1, § 79, RdNr. 19a; Fürst/Finger/Mühl/Niedermaier, GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 1, Teil 2b, K § 79, RdNr. 28; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., RdNrn. 388 ff.). Hat der Dienstherr gegen diese Grundsätze verstoßen, kann der Beamte als Erfüllung der noch möglichen Fürsorge beanspruchen, dass der Dienstherr die Ansehensbeeinträchtigung für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechende Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63).
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Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Kritik des Dienstherrn gegenüber Dritten ist davon auszugehen, dass der Dienstherr einerseits durch die Dienstaufsicht und fachliche Weisungen der Dienstvorgesetzten und sonstigen Vorgesetzten die Amtsführung seiner Beamten steuert und andererseits für diese Amtsführung nach außen, gegebenenfalls auch gegenüber der Öffentlichkeit, verantwortlich ist. Weder dem Beamten noch dem Vorgesetzten steht es zu, über die Amtsführung des Beamten einen nach außen getragenen Meinungskampf gegeneinander zu führen. Dementsprechend haben das Bundesverwaltungsgericht und die Disziplinargerichte der Länder in ständiger Rechtsprechung eine "Flucht des Beamten in die Öffentlichkeit" im Falle innerdienstlicher Meinungsverschiedenheiten mit Vorgesetzten als Verstoß gegen die dem Dienstherrn geschuldete Loyalität und gegebenenfalls gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gewertet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.1983, BVerwGE 76, 76 m.w.N., vom 06.04.1989, BVerwGE 81, 365 und vom 29.06.1995, a.a.O. S. 60; ebenso für Soldaten BVerwG, Beschluss vom 10.10.1989, BVerwGE 86, 188). Für den Dienstvorgesetzten, der gegenüber dem Beamten den Dienstherrn repräsentiert, gilt Entsprechendes. Denn der Dienstvorgesetzte ist rechtlich in der Lage, seine Vorstellungen über die Amtsführung der ihm nachgeordneten Beamten durch Weisungen durchzusetzen. Auch würde ein nach außen getragener Meinungskampf mit ungleichen Waffen geführt, weil einerseits der Dienstvorgesetzte, insbesondere ein Minister, im allgemeinen erheblich wirkungsvollere Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit hat und andererseits der Beamte in der Regel durch die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gehindert ist, von sich aus nähere innerdienstliche Umstände bekannt zu geben, die er zur Rechtfertigung seines Verhaltens oder seiner Meinung heranziehen will (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 60; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, NJW 1983, 2343).
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Dem Verwaltungsgericht kann nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, diese Maßstäbe würden durch das Presserecht modifiziert, weil bei der Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und dem Beklagten eine Ebene der Gleichordnung bestanden und die Klägerin sich insoweit auf einen Meinungskampf mit ihrem Dienstherrn eingelassen habe. Dem Beamtenrecht ist eine derartige Modifikation fremd. Bei Eintritt einer Störung der vorliegenden Art unterliegt es nicht der Disposition der Beteiligten, durch die Art und Weise einer entsprechenden Äußerung und durch die Mobilisierung der Öffentlichkeit sich der Rechte und Pflichten, die das Beamtenrecht vorgibt, zu entledigen. Es besteht weder Raum noch ein Bedürfnis, von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abzurücken, nach denen es dem Beamten verwehrt ist, interne Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen nach außen zu tragen, und der Dienstherr den Beamten gegenüber Dritten nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßstellen darf (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a. a. O. S. 59 f.). Sie lassen es nicht zu, dass etwa schon dadurch eine Gleichordnung hergestellt wird, dass sowohl der Beamte als auch der Dienstherr die Presse als Austragungsort der Meinungsverschiedenheit wählen. Die Klägerin und der Beklagte standen einander auch nicht wegen der Unabhängigkeit der Klägerin gleichgeordnet gegenüber. Denn auch wenn die Klägerin in ihrer Funktion als Landesbeauftragte für den Datenschutz „in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen“ war (§ 22 Abs. 2 LDSG 1991) und kraft ihres Amtes auch regelmäßig Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verrichten durfte und verrichtete, unterstand sie zugleich der Dienstaufsicht des Innenministeriums, „soweit ihre Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt“ wurde (§ 22 Abs. 3 LDSG 1991). Daher durfte ihr der Innenminister - mit der gegebenen Einschränkung - Weisungen erteilen und auf diese Art seine Vorstellungen durchsetzen. Auf der anderen Seite unterlag die Klägerin zwar nicht auf dem Gebiet der Datenschutzkontrolle, wohl aber in ihren sonstigen Funktionen den beamtenrechtlichen Bindungen, also auch - was im vorliegenden Streitfall zum Tragen kommt und worauf noch zurückzukommen ist - in ihrer Eigenschaft als Führungskraft und Vorgesetzte der Mitarbeiter ihres Amtes. Dementsprechend richten sich zum einen die Maßstäbe, die an die angegriffenen Äußerungen des Innenministeriums einerseits und an das damit zusammenhängende Verhalten der Klägerin andererseits anzulegen sind, nicht nach den großzügigen Regeln des öffentlichen Meinungskampfes zwischen Gleichgeordneten, sondern nach den engeren Grundsätzen des Beamtenrechts; zum anderen tritt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch weder die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht zurück noch wird der Dienstherr kraft Verzichts des Beamten auf bestimmte beamtenrechtliche Positionen von seinen entsprechenden Dienstherrnpflichten befreit.
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Im Übrigen erfasst das Presserecht einen anderen Anwendungsbereich, weshalb auch aus diesem Grunde für eine Modifikation des beamtenrechtlichen Fürsorge- und Treueverhältnisses durch Presserecht keine Grundlage ersichtlich ist. So versteht man unter „Presserecht im weiteren Sinn“ alle für die Presse geltenden Rechtsnormen, während sich „Presserecht im engeren Sinn“ als das für die Presse wegen ihrer geistigen Wirkungskraft geltende Sonderrecht definieren lässt. Damit sind nur die pressespezifischen Normen gemeint, die die Rechtsverhältnisse der Presse gerade im Blick auf ihre Eigenart und ihren außergewöhnlichen geistigen und politischen Einfluss regeln (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Auflage, 1. Kap., RdNrn. 1 bis 4; Groß, Presserecht, 3. Auflage, AT, RdNr. 9). Jedenfalls werden sowohl unter Presserecht im weiteren wie auch unter Presserecht im engeren Sinn jeweils die maßgeblichen Vorschriften verstanden, die für die Presse gelten (Löffler/Ricker, a.a.O., 1. Kap., RdNr. 3). Am Maßstab dessen, was den Presseorganen erlaubt bzw. verboten ist, lässt sich danach aber gerade nicht eine Äußerung des Dienstherrn messen, mag sie auch öffentlich gefallen und in der Presse wiedergegeben worden sein.
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3. Diesen Maßstäben zufolge steht dem Beklagten aber im Rahmen der Fürsorgepflicht für die in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 gemachten Äußerungen ein rechtfertigender Grund zur Seite. Der Beklagte kann sich nämlich auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen stützen. § 193 StGB enthält insoweit einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der rechtfertigende Grund ergibt sich dabei daraus, dass mit dem Schutzanspruch des Beamten die Pflicht des Dienstherrn konkurriert, wegen seiner Verantwortung nach außen ein Fehlverhalten eines Beamten bei Führung seiner Dienstgeschäfte als solches zu kennzeichnen und die Öffentlichkeit über Beanstandungen zu informieren (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59). Der Dienstherr hat unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das schutzwürdige Interesse des Beamten, nicht über Gebühr und den konkreten Anlass hinaus vor Dritten bloßgestellt zu werden, mit dem schutzwürdigen Interesse der Allgemeinheit abzuwägen, dass amtliche Vorgänge offen bzw. sachlich und - wenn Fehler gemacht worden sind - nicht floskelhaft, beschönigend oder verschleiernd dargestellt werden (Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, a.a.O.). Insoweit ist bei der Ausübung der Fürsorgepflicht dem Dienstherrn Ermessen eingeräumt, in dessen Rahmen er pflichtgemäß unter anderem darüber zu entscheiden hat, in welchem Umfang und wie er das Verlangen von Medien nach Auskunft in Angelegenheiten eines Beamten befriedigt (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1990, a.a.O.), wobei im Falle der kritischen Würdigung der Amtsführung bestimmter Beamter nach außen der Einhaltung einer sachlichen, wenngleich deutlichen Form besondere Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59).
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a) Hier ist dabei von besonderem Gewicht, dass die Klägerin selbst als Erste den Boden der sachlichen Diskussion und innerdienstlicher Meinungsverschiedenheiten verlassen hat, indem sie ohne aktuellen Anlass seitens des Beklagten mit ihren massiven Angriffen die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antrat und damit ihrerseits zunächst gegen ihre beamtenrechtliche Treue- und Verschwiegenheitspflicht verstoßen hat. So äußerte sie sich in ihrer Pressekonferenz dahingehend, dass der Innenminister seit seinem Amtsantritt mit einer dreigleisigen Strategie das Ziel verfolge, sie, die lästige Kontrolle in Sachen Datenschutz, endgültig „zum Verstummen zu bringen“, er sich dabei nicht geniere, Fakten zu verdrehen und die strukturellen Defizite, die ihrem Amt anhaften würden, instrumentalisiere, um sie an die Kandare zu nehmen und in Bereiche hineinzuregieren, die eindeutig in ihre Unabhängigkeit fielen. Das Innenministerium bediene sich auch des Personalrats, die Belange der unabhängigen Datenschutzkontrolle ins Hintertreffen geraten zu lassen, wobei der Herr Innenminister beispielsweise unter dem massiven Druck des Personalrats sein gegebenes Wort gebrochen habe. Ihr werde mit Dienstaufsicht und weitergehenden Maßnahmen gedroht. Die Dienstaufsicht werde als Etikett benutzt, sie müsse dafür herhalten, dass man ihr eigentlich gern Weisungen geben wolle, dies aber nicht könne und man es darum auf diesem Wege mit der Kontrolleurin mache. Da sie nicht gespurt habe, habe man sie flugs mit den Schlagworten „Betriebsklima und Fluktuation“ attackiert, wobei das gesamte Vorgehen jegliche Fairness vermissen lasse.
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Diese in hohem Maße verwerflichen Äußerungen waren geeignet, den Innenminister in das Zwielicht des - unzulässigen - Eingriffs in die Unabhängigkeit der Landesbeauftragten für den Datenschutz zu bringen. Sie waren deshalb zugleich geeignet, die beamtenrechtliche Fürsorge und Treue des Innenministers in Zweifel zu ziehen; gleichzeitig zeichnete die Klägerin ein Bild des Innenministers, das von fehlender Beachtung der geltenden Gesetze und von mangelnder Fairness geprägt war. Sie bedeuteten außerdem, dass hinter einem angeblichen, von langer Hand geschmiedeten Komplott gegen die Klägerin der Innenminister selbst gestanden habe. All dies war geeignet, sein Ansehen und seine Eignung für das Amt des obersten Leiters der Innenverwaltung zu erschüttern.
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Demgegenüber kann der Klägerin nicht darin gefolgt werden, dass der Pressebericht vom 30.06.1995, der ihren öffentlichen Angriff auf den Innenminister unmittelbar ausgelöst hatte, von dem Beklagten lanciert gewesen wäre. Der Beklagte hat dies stets bestritten. Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich insoweit in Vermutungen und wenig substantiierten Behauptungen. Darüber hinaus fehlen stichhaltige Anhaltspunkte und Beweise für die Richtigkeit ihrer Behauptung. Es ist nämlich weder ersichtlich, dass der persönliche Brief des MR Dr. H. Grundlage für den Pressebericht gewesen ist, noch dass sich in der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtages vom 13.07.1995 eindeutig ergeben habe, dass das Innenministerium hinter dem Pressebericht vom 30.06.1995 gestanden habe. Aus dem Protokoll der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtags vom 13.07.1995, welches von der Klägerin auszugsweise vorgelegt worden ist, ergibt sich zunächst nicht, dass dem Innenminister seitens einer Abgeordneten vorgehalten worden ist, er bediene sich der Hilfe von Journalisten, um bestimmte Themen in die Presse zu lancieren. Soweit sich die Klägerin für die Richtigkeit dieser Behauptung auf allgemeine Heiterkeit des Ständigen Ausschusses auf die Angaben des Innenministers stützt, er habe mit Frau W., der Verfasserin des Presseberichts vom 30.06.1995, nicht gesprochen, diese habe von sich aus recherchiert, und den Zuruf eines Abgeordneten, es sei bekannt, wie Frau W. recherchiere, vermag der Senat einer heiteren Stimmung oder launigen Bemerkung keine Substanz oder gar Beweiskraft für die Ausführungen der Klägerin abzugewinnen. Auch für die weitere Behauptung der Klägerin, dass dem Innenminister aus der Mitte des Landtagsausschusses des weiteren vorgehalten worden sei, ob er in Zusammenhang mit dem Artikel „Mobbing in der Mini-Behörde“ auch noch den Brief des Leiters des Personalreferats, MR Dr. H., an ihn in Abrede stellen wolle, gibt das Protokoll über die Sitzung nichts her. Dort heißt es auf Seite 124 lediglich: „Abg. xxx xxx GRÜNE fragt Minister xxx, ob er sich dessen bewusst sei, dass er in seinem mündlichen Bericht immer wieder auch inhaltliche Kritik an Äußerungen von Frau xxx xxx zu Gesetzgebungsvorhaben der Landesregierung oder zum Einsatz verdeckter Ermittler geübt habe. Minister xxx legt dar, aus dem Gedächtnis könne er nicht sagen, wann ihn MR Dr. H. über die Kritik aus dem Amt von Frau xxx xxx informiert habe. Er könne dies aber nachsehen lassen und dem Ausschuss schriftlich mitteilen. MR Dr. H. habe ihm die Schwierigkeiten auch einmal in einem persönlichen Brief dargestellt.“ Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem maßgeblichen Artikel und dem persönlichen Brief des MR Dr. H. ist danach nicht erkennbar.
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Der Klägerin kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass der Beklagte deshalb als Erster an die Öffentlichkeit gegangen sei und für den Inhalt der Presseberichte vom 30.06.1995 verantwortlich zeichne, weil der Pressesprecher - wie sich dem Presseartikel vom 30.06.1995 „Schlechtes Klima im Hause xxx“ entnehmen lasse - auf Anfrage seitens der Presse erklärt habe, „das Innenministerium sehe inzwischen erhebliche Probleme, qualifizierte Mitarbeiter für die LfD zu gewinnen, es gebe in der 14-Mitarbeiter-Dienststelle deutliche Kritik am Führungsstil von Frau xxx und das Thema beschäftige sie leider seit längerer Zeit“. Zum einen geht lediglich die kurze Stellungnahme in dem Artikel „Schlechtes Klima im Hause xxx“ auf das Innenministerium zurück, nicht aber lässt sich dem weiteren Bericht unter der Überschrift „Mobbing in der Mini-Behörde“ eine irgendwie geartete Urheberschaft des Innenministeriums entnehmen. Zum anderen waren diese kurzen und sachlichen Äußerungen von § 4 Abs. 1 LPresseG gedeckt. Danach sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Da die Klägerin - wie dem Artikel „Mobbing in der Mini-Behörde“ zu entnehmen ist - offenkundig auch eine Stellungnahme abgegeben hatte, was sie bislang nie in Abrede gestellt hat, kann sie sich nicht darauf berufen, der Pressesprecher hätte seinerseits keine Auskünfte geben dürfen. Die Öffentlichkeit hatte hier das Recht, von beiden Seiten eine Stellungnahme zu erhalten und nicht einseitig informiert zu werden. Deshalb konnte die Klägerin nicht Verschwiegenheit seitens des Beklagten fordern, aber ihrerseits an die Öffentlichkeit gehen, indem sie gegenüber der Presse anführte, dass „die Datenschutzkontrolle nicht beliebt sei, in der Sache könne man ihr nichts anhaben; da mache man es eben so ...“. Damit haben im Zusammenhang mit den Artikeln vom 30.06.1995 beide Seiten Angaben zu dem Thema „
Führung(sstil)
der Landesdatenschutzbeauftragten“ gemacht. Diese sachliche Ebene hat die Klägerin mit ihren in der Pressekonferenz gemachten Behauptungen verlassen, indem sie eine neue Dimension schwerer Vorwürfe eröffnet hat.
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Angesichts dieser Sachlage gehen auch die Ausführungen der Klägerin zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 LPresseG fehl. Danach können Auskünfte verweigert werden, soweit Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 LPresseG) oder ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG). Vorschriften über die Geheimhaltung, insbesondere § 113d Abs. 2 LBG über Auskünfte aus der Personalakte, standen der kurzen Stellungnahme des Pressesprechers nicht entgegen, wobei unentschieden bleiben kann, ob diese Kurzinformation überhaupt Teile der materiellen Personalakte der Klägerin zum Inhalt hat. Denn die knappe Bestätigung enthielt keine Informationen, die nicht bereits seit dem Zeitungsbericht vom 24.12.1993 in der Öffentlichkeit bekannt gewesen wären, wobei auch der Behauptung der Klägerin in diesem Punkt nicht gefolgt werden kann, das Innenministerium habe damals (24.12.1993) Mitarbeitern derartige Äußerungen in den Mund gelegt. Diese Behauptung, zu deren Beweis sich die Klägerin lediglich auf von ihr selbst verfasste Zitate aus dem Schriftverkehr mit den verantwortlichen Chefredakteuren beruft (vgl. insoweit Gegenäußerung der Klägerin vom 31.10.1995 zum Bericht von Innenminister xxxxxxx vom 15.09.1995, Anlage 4, S. 5), ist unsubstantiiert, im Übrigen lässt sich den Zitaten der von der Klägerin beigemessene Aussagegehalt nicht entnehmen.
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Ferner kann der Klägerin in ihren Ausführungen nicht beigepflichtet werden, der Beklagte sei deshalb als Erster an die Öffentlichkeit gegangen, weil die in dem Bericht „Mobbing in der Mini-Behörde“ gemachten Äußerungen von Mitarbeitern des Beklagten stammten, die diesem als eigene Äußerungen zuzurechnen seien. Zwar kommt - wie bereits oben dargelegt - in Fällen des Widerrufs ehrkränkender Äußerungen als Verpflichteter grundsätzlich allein der Dienstherr in Betracht, dessen hoheitliche Aufgaben mit der streitigen Äußerung wahrgenommen wurden und nicht der einzelne Amtsträger (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.01.1987, a.a.O. und vom 27.12.1967, ZBR 1968, 230; BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 19.12.1960, BGHZ 34, 99). Eine Ausnahme von diesem Regelfall ist jedoch wegen der besonderen Eigenart der Ehrkränkung dann anzuerkennen, wenn der Amtsträger gelegentlich der Wahrnehmung hoheitlicher Pflichten nach Form und Inhalt über die Erfüllung seiner Aufgaben hinausgehende, insoweit ihm persönlich zuzurechnende Äußerungen getan hat. Dann besteht gegen ihn ein (privatrechtlicher) Widerrufsanspruch (BVerwG, Urteil vom 29.01.1987, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 19.12.1960, a.a.O.; Schnellenbach, a.a.O., RdNr. 388). Ist demnach ein von einem Beamten erhobener Vorwurf so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung, dass wegen dieses persönlichen Gepräges der Ehrkränkung die Widerrufserklärung eine unvertretbare persönliche Leistung des Beamten darstellt mit der Folge, dass der Streit um die Rücknahme des Vorwurfs mit seinem durch persönliche Momente geprägten Charakter zwischen dem Beleidigten und dem Beleidiger ausgetragen wird, ist eine solche Äußerung dem Dienstherrn auch nicht zurechenbar. Dies trifft gerade auf die in dem Zeitungsbericht wiedergegebenen Äußerungen von Mitarbeitern der Klägerin zu, wenn insbesondere davon die Rede ist, die Klägerin mache alles nieder, für den Umgang mit ihr falle die Vokabel „menschenverachtend“ ein und man sei chancenlos, wenn man eine andere Meinung vorzutragen versuche.
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Ebenso wenig kann der Behauptung der Klägerin gefolgt werden, Mitarbeiter hätten derartige Äußerungen nie getan, hätten sie nicht Rückendeckung seitens des Innenministeriums gehabt. Konkrete Anhaltspunkte, die diese These der Klägerin stützen könnten, sind nicht ersichtlich.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin stand sie weder ohne jeden Schutz ihres Dienstherrn da noch war sie ihrerseits nach § 4 Abs. 1 LPresseG verpflichtet, der Presse Auskunft auf deren Fragen zu geben. Sie verkennt dabei, dass sie mit den Aussagen auf ihrer Pressekonferenz gegen ihre Pflicht zur Loyalität gegenüber ihrem Dienstherrn und zur Wahrung von Vertraulichkeit in internen Dienstangelegenheiten verstoßen hat und diese Äußerungen und Vorwürfe gegen den Innenminister gerade nicht den Bereich betrafen, auf den sich ihre Unabhängigkeit als
Datenschutzkontrolleurin
bezog und in dem sie Öffentlichkeitsarbeit hat verrichten dürfen. Dem Beamten ist der Gang an die Öffentlichkeit auch als ultima ratio nicht erlaubt. So ist die in der Publizierung von internen Verwaltungsvorgängen liegende „Flucht in die Öffentlichkeit“ stets als Pflichtverletzung gewertet und entsprechend disziplinar geahndet worden (st. Rspr.: vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1983, a.a.O., m.w.N.). Ungeachtet dessen hat die Klägerin aber auch nicht von anderen Mitteln, die sie zum Ziel hätten führen können, Gebrauch gemacht. Sie hat sich der Pflicht, sich der Beteiligung der Öffentlichkeit an einer innerdienstlichen Meinungsbildung zu enthalten, auch nicht etwa dadurch entledigt, dass sie in der Vergangenheit den Innenminister intern vergeblich aufgefordert hatte, konkrete Vorfälle und die einzelnen Mitarbeiter, die sich über ihren „Führungsstil“ beschwert hätten, zu benennen. Denn zum einen war das Bemühen des Innenministeriums um ein gemeinsames Gespräch zur Klärung der Probleme ersichtlich davon geprägt, dass sich die Klägerin regelmäßig - angefangen im Jahr 1994 und später vor allem im April/Mai 1995 - mit dem in diesem Punkt unzutreffenden Hinweis auf ihre Unabhängigkeit geweigert hat, Gespräche über die Lage in ihrer Behörde zu führen. Dabei ist davon auszugehen, dass zwar die sachliche Unabhängigkeit eine Fachaufsicht gegenüber den Datenschutzbeauftragten ausschließt, die Amtsführung des Datenschutzbeauftragten unterliegt jedoch insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem eigentlichen Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Organisation gehörig anzusehen sind. Zu Letzterem zählen Fragen der Personalführung und des Personalmanagements (vgl. Wippermann, Zur Frage der Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten, DÖV 1994, Seite 929, 933; ähnlich Simitis, Kommentar zum BDSG, 5. Aufl., § 22, RdNr. 17, wonach eine Dienstaufsicht nur in eingeschränkter Form stattfindet; Gola/Schomerus, BDSG, Kommentar, 7. Aufl., § 22, RdNr. 10, wonach die Unabhängigkeit funktionell sei und sich auf die „Ausübung seines Amtes“ beziehe). Auch das Gespräch vom 10.05.1995 führte die Klägerin nach eigenem Bekunden nur, um dem Innenminister persönlich zu sagen, dass sie erwarte, dass die fortlaufenden Einmischungen des Innenministeriums in Angelegenheiten ihres Amtes aufhören. Danach kann von ernsthaften und vergeblichen Versuchen der innerdienstlichen Problemlösung durch die Klägerin nicht gesprochen werden. Zum anderen betrafen die in der Pressekonferenz von der Klägerin gegen den Innenminister gemachten Vorwürfe der Intrige und einer „Strategie, sie zum Verstummen zu bringen“ einen anderen Komplex als die Fragen um ihren Führungsstil. Außerdem hat die Klägerin nach Erscheinen der Presseberichte vom 30.06.1995 nicht einmal versucht, den Beklagten um Schutz zu ersuchen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 18.02.1970, BVerfGE 28, 55; BVerwG, Urteil vom 27.04.1983, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 10.10.1989, BVerwGE 86, 188).
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Die Klägerin kann sich, was die von ihr erhobenen Vorwürfe gegen den Innenminister betrifft, auch nicht auf § 4 Abs. 1 LPresseG berufen. Aufgrund dieser Bestimmung wäre sie allenfalls dazu befugt gewesen, zu den in den Presseberichten vom 30.06.1995 erhobenen Vorwürfen von Mitarbeitern Stellung zu nehmen und bezogen auf diese Vorwürfe Angaben zu machen. Indem sie - unter der Überschrift „Datenschutz“ - eine angebliche „Strategie des Innenministeriums, sie zum Verstummen zu bringen“ unterbreitete, hat sie die Informationspflicht aus § 4 Abs. 1 LPresseG bei weitem überspannt, denn dies hatte nichts mehr mit den Presseberichten vom 30.06.1995 zu tun.
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b) Ist damit davon auszugehen, dass der Pressekonferenz der Klägerin kein aktueller Anlass oder gar eine „Provokation“ seitens des Dienstherrn vorausging, sie vielmehr als Erste die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antrat, um dort Rückhalt zu finden, war das Vorgehen des Beklagten gerechtfertigt. Unter diesen Umständen stand es nämlich im pflichtgemäßen Ermessen des Innenministers, auf den öffentlichen Angriff der Klägerin in der Pressekonferenz vom 04.07.1995 in der gewählten öffentlichen Form sachlich Stellung zu nehmen und seine Kritik nach außen zu tragen, was zwangsläufig auch mit einer Bewertung ihrer insoweit gemachten Äußerungen und ihrem Verhalten verbunden war. Denn die Behauptungen der Klägerin auf ihrer Pressekonferenz waren - wie oben bereits im Einzelnen dargelegt - geeignet, das Ansehen des Innenministers und seine Eignung für sein Amt zu erschüttern.
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Dem stehen die Äußerungen des Innenministers als geeignet, erforderlich und angemessen und somit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend gegenüber. Dabei kann der Klägerin nicht zugestimmt werden, dass kein Sachzusammenhang zwischen dem Inhalt der Pressemitteilung des Beklagten und ihrer Pressekonferenz vorliege. Dieser Sachzusammenhang erschließt sich dem unbefangenen Durchschnittsleser ohne weiteres schon aus der Überschrift der Pressemitteilung, in der es heißt, „Das Innenministerium weist die Vorwürfe der Datenschutzbeauftragten als völlig abwegig zurück“. Der Bezug zur unmittelbar davor stattgefundenen Pressekonferenz der Klägerin liegt auf der Hand.
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Soweit der Beklagte danach die Vorwürfe der Klägerin als unqualifiziert bezeichnet, heißt das nicht, dass er die Klägerin für unqualifiziert hält, sondern dass ihr Vorwurf einer von langer Hand geplanten Intrige in seiner Gesamtheit von wenig Qualität zeugt. Dass die Klägerin mit ihrem Verhalten jedes Maß verloren hat, indem sie eine solche „Verschwörungstheorie“ angesichts der vorliegenden Tatsachen und des konkreten Verlaufs der Dinge aufstellt, bedarf keiner näheren Begründung.
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Da die Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 selbst den Bogen von den in dem Zeitungsbericht vom 30.06.1995 angesprochenen „Führungsproblemen“ zu einer Intrige seitens des Innenministeriums, um sie „loszuwerden“, gespannt hat - wie sich vor allem ihren Antworten auf einzelne Fragen seitens der Journalisten entnehmen lässt -, hat der Beklagte mit dem Satz „Es handelt sich um den untauglichen Versuch, von ihren eigenen Führungsproblemen abzulenken zu Lasten des Innenministeriums“ lediglich den von der Klägerin hergestellten Zusammenhang aufgegriffen und - wenngleich in scharfer, aber doch noch sachlicher Form - zurückgewiesen.
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Auch wenn der Satz „Tatsache ist, das sich aus der Landesverwaltung niemand mehr auf freie Stellen der Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg bewirbt“ in dieser Absolutheit so nicht richtig ist, da sich zumindest ein Beamter aus der Landesverwaltung (Finanzverwaltung) auf eine Stelle bei der Klägerin beworben hatte, wird die Klägerin mit diesem Satz nicht in ihrer Ehre verletzt und deshalb nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßgestellt. Dieser Satz ist nämlich im Zusammenhang mit der gesamten Pressemitteilung zu sehen, vor allem aber auch mit dem nachfolgenden Satz „Das Innenministerium sieht sich gezwungen, Bewerber von außerhalb der Landesverwaltung und Berufsanfänger für ihre Dienststelle einzustellen“. Der vorangegangene Satz wird dadurch relativiert, er erklärt dessen Aussagegehalt und begründet diesen. Unter Berücksichtigung des gesamten Aussagegehalts lässt sich nicht annehmen, dass die Klägerin bloßgestellt wird.
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Soweit die Klägerin dem Innenministerium öffentlich einen Eingriff in ihre Unabhängigkeit vorgeworfen hat, vermengt sie ihre sachliche Arbeit in Sachen des Datenschutzes, bei der sie unabhängig ist, mit Fragen, die mit ihrer sachlichen Arbeit nicht unmittelbar zu tun haben. Deshalb hat die Beschäftigung der Klägerin mit der Darlegung und Verbreitung einer „Strategie des Innenministers, sie zum Verstummen zu bringen“, weder etwas mit ihrer eigentlichen Arbeit als
Datenschutzkontrolleurin
noch etwas mit ihrer Arbeit als Behördenleiterin zu tun, weshalb die Aufforderung zur Rückkehr zu einer sachlichen Arbeit angesichts der von der Klägerin erhobenen schweren unsachlichen Vorwürfe durchaus ihre Berechtigung hatte.
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Schließlich kommt es auf die Frage, ob sich - wie die Klägerin behauptet - noch niemand bei ihr beschwert habe, nicht an, da Gegenstand des Widerrufsbegehren die Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 und nicht die Berichterstattung in der Südwest-Presse vom 30.06.1995 ist. Ungeachtet dessen hat der Beklagte nicht behauptet, dass sich schon jemand bei der Klägerin beschwert hätte.
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Auch kann den Ausführungen der Klägerin, die Äußerungen des Beklagten in der Pressemitteilung seien schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie nicht zu den ihr gemachten Vorwürfen angehört worden sei und es auch an der Dokumentation der Vorwürfe fehle, nicht gefolgt werden. Dabei kann offen bleiben, ob ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht aus § 113b LBG einen Widerruf grundsätzlich rechtfertigen könnte. § 113b LBG ist in diesem Fall nicht einschlägig, da es - was die Pressemitteilung vom 04.07.1995 betrifft - gerade nicht um die Aufnahme schriftlich niedergelegter Behauptungen in die Personalakte geht. So ist unter „Aufnahme in die Personalakte“ im Sinne des § 113b LBG die Einordnung eines Vorgangs in die Personalakte im formellen Sinn zu verstehen (vgl. zu der bundesrechtlichen Regelung des § 90b BBG: Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 90b, RdNr. 9). Da die Pressemitteilung im Übrigen eine öffentliche Reaktion auf den öffentlichen Angriff der Klägerin („Strategie“) war, wäre es mit dem Recht des Beklagten, die Öffentlichkeit ebenfalls umgehend zu informieren, nicht zu vereinbaren gewesen, wäre ihm eine solche schnelle öffentliche Erklärung im Hinblick auf die Anhörungspflicht nach § 113b LBG verwehrt gewesen. Jedenfalls verkennt die Klägerin insoweit, dass es hier nicht um die Anhörung, Aufklärung und Dokumentation zu Beschwerden ihrer Mitarbeiter, sondern um die Reaktion auf ihre gegen den Innenminister erhobenen öffentlichen Vorwürfe geht, weshalb auch ihre Ausführungen, der Beklagte habe lange vor der Pressemitteilung ausreichend Zeit gehabt, sie zu den Vorwürfen in Sachen „Führungsstil“ anzuhören, irrelevant sind. Soweit sich die Klägerin außerdem auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.10.1971 (BVerwGE 38, 336) und des Bundesgerichtshofes vom 29.11.1956 (BGHZ 22, 258) beruft, wonach einem Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist, wenn der Dienstherr beabsichtigt, aus Tatsachen, die nicht bereits nach Anhörung des Beamten in den Personalakten vermerkt sind, dem Beamten ungünstige Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 15.01.1985, BVerwGE 76, 310), geht es nicht um einen solchen Fall, da die Äußerungen in der Pressemitteilung auf die Vorwürfe der Klägerin strikt von der Frage zu trennen sind, welche Probleme es im Hinblick auf den „Führungsstil der Klägerin“ gegeben hat. Die Pressemitteilung verhält sich insoweit nur zu den Vorwürfen, die die Klägerin gegen den Innenminister erhoben hat.
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Ungeachtet all dessen wäre dem formellen Erfordernis der Anhörung, das darin besteht, dem Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (BVerwG, Urteil vom 12.10.1971, a.a.O.; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 90b, RdNr. 7) sogar Rechnung getragen worden - soweit es um die Anhörung zu dem Komplex „Führungsstil der Klägerin und Beschwerden“ gegangen wäre -, als es am 10.05.1995 zu einem Gespräch des Innenministers mit der Klägerin gekommen war. Denn bei diesem Gespräch kamen Probleme in der Zusammenarbeit der Klägerin mit ihren Mitarbeitern zur Sprache (vgl. auch Schreiben der Klägerin an den Innenminister vom 14.05.1995).
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III. Die Klage hat dagegen Erfolg, soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag Ziffer 2 von dem Beklagten den Widerruf der in den Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 30.07.1995 verbreiteten Aussagen begehrt. Die im Rahmen der Fernsehauswertung wiedergegebenen Äußerungen von anonym gebliebenen Mitarbeitern der Klägerin aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 in den Pressespiegeln sind zugleich solche des Beklagten, weshalb er für den geltend gemachten Widerrufsanspruch passivlegitimiert ist (dazu 1.). Der Beklagte hat mit der Verbreitung der Aussagen aus der Fernsehsendung in den Pressespiegeln seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, ohne dass ihm ein rechtfertigender Grund zur Seite stand (dazu 2.). Der Widerruf ist das geeignete Mittel, die Ansehensbeeinträchtigung auszuräumen, die Klägerin hat den Widerrufsanspruch weder verwirkt noch hat sich dieser durch Zeitablauf erledigt (dazu 3.).
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1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Passivlegitimation des Beklagten, der den Druck und die Verbreitung der inkriminierten Aussagen durch seine Pressespiegel ermöglicht hat, bejaht. Die Passivlegitimation des Beklagten ist auch nicht dadurch eingeschränkt, dass Vorwürfe, deren Widerruf die Klägerin verlangt, in den Pressespiegeln als Zitate von Aussagen (anonymer) Dritter aus der Fernsehsendung in Südwest 3 vom 27.07.1995 wiedergegeben wurden. Zwar sind die Verfasser eines Pressespiegels nicht schon hinsichtlich jeder ehrverletzenden oder rufgefährdenden Äußerung, die in den Pressespiegeln aus Zeitungsberichten und aus dem Fernsehen wiedergegeben werden, für Ansprüche des Betroffenen passivlegitimiert. So fehlt die Passivlegitimation dann, wenn das Verbreiten lediglich Teil einer Dokumentation des Meinungsstandes ist, in welcher - gleichsam wie auf einem "Markt der Meinungen" - Äußerungen und Stellungnahmen verschiedener Seiten zusammen- und gegenübergestellt werden (vgl. im einzelnen BGH, Urteil vom 30.01.1996, BGHZ 132, 13). Auch sonst kann von jemandem, der die beanstandete Äußerung nicht selbst getan, sondern nur verbreitet oder zugelassen hat, ohne sie sich zu Eigen zu machen, in der Regel nur das Abrücken von der von einem anderen gemachten Äußerung, nicht aber ein Widerruf verlangt werden, da er selbst nichts zu widerrufen hat, und der Widerruf zudem als letzter Rechtsbehelf nur dort eingesetzt werden darf, wo dem Interesse des Betroffenen auf anderen Wegen nicht hinreichend entsprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.1976, BGHZ 66, 182 m.w.N.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Verbreiter mit der Äußerung des Dritten identifiziert hat, so dass sie als seine eigene Äußerung erscheint, d.h. wenn er sich den Inhalt der fremden Äußerung erkennbar zu Eigen gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 30.01.1996, a.a.O.).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, wo im einzelnen die Grenze zwischen der Verbreitung einer „fremden“ und einer sich „zu Eigen gemachten“ Äußerungen verläuft. Jedenfalls wenn solche kritischen Äußerungen derart aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und isoliert unter einer eigens verfassten Überschrift wiedergegeben werden, werden diese Äußerungen geradezu noch unterstrichen durch die Art der Darstellung und der verkürzten Wiedergabe. Damit wird die betreffende Fernsehsendung - nach dem maßgeblichen Verständnis des Durchschnittslesers - gerade nicht einem Spiegelbild gleich ohne Änderung wiedergegeben, weshalb der Beklagte sich auch nicht darauf berufen kann, dass die Aussagen keine „eigenen“ gewesen sind. So ist ihm auch nicht darin beizupflichten, dass er so behandelt werden müsse, als habe er lediglich die Aussagen Dritter veröffentlicht, da er dies mit der Bezeichnung „Kernaussagen ehemaliger LfD-Mitarbeiter“ deutlich gemacht habe. Der Beklagte ist nämlich in Wahrheit nicht als bloßer "Meinungsvermittler" tätig geworden, sondern hat Äußerungen von Dritten in einen von ihm selbst geschaffenen, den Leser in eine bestimmte Richtung führenden Zusammenhang gestellt, indem er die Fernsehsendung mit einer eigens geschaffenen Überschrift auf die drei Aussagen reduziert und diese damit in den Mittelpunkt gestellt hat. Gerade darin liegt eine neue - eigene - Äußerung.
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2. Der Beklagte hat seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, indem er die anonym gemachten Äußerungen aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 aus dem Gesamtzusammenhang gerissen, sie verbreitet und dabei verschwiegen hat, dass sie aus der Anonymität heraus erfolgt sind. Durch die in den Äußerungen enthaltene massive Kritik am Führungsverhalten der Klägerin, in der diese als undifferenziert arbeitende Beamtin, die die Welt in gut und böse aufgeteilt hat, dargestellt wird, die außerdem respektlos mit ihren eigenen Mitarbeitern umgeht, wird sie ungerechtfertigt bloßgestellt und in ihrer Ehre verletzt. Die Wirkung von Äußerungen auf Dritte hängt wesentlich davon ab, ob ihr Urheber erkennbar ist oder nicht. Bei anonymen Äußerungen vermag sich der Dritte ein Bild davon zu machen, was er von der Authentizität und Glaubhaftigkeit der Aussagen halten darf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.03.1998, BVerfGE 97, 391). Wird ihm dieser Umstand vorenthalten, wird er dagegen in aller Regel geneigt sein, sie für die Wahrheit zu halten. Das Innenministerium hat der Klägerin aber nicht einmal das wegen dieser Zusammenhänge offensichtlich erforderliche und deshalb an sich selbstverständliche Mindestmaß an Schutz ihres beruflichen Ansehens angedeihen lassen. Ein rechtfertigender Grund hierfür ist nicht ersichtlich.
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3. Danach kann die Klägerin als Teil des ihr im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes beanspruchen, dass der Beklagte die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63). Der Widerruf der in den Pressespiegeln gemachten eigenen Äußerungen des Beklagen ist dabei ein notwendiges und geeignetes Mittel. Der Form und dem Inhalt nach ist ein Widerruf in zwei Pressespiegeln des Beklagten erforderlich, die nach dem üblichen Verteiler zu versenden sind.
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Auf die Unterscheidung, ob es sich bei den Aussagen um unwahre Tatsachenbehauptungen oder missbilligende Werturteile handelt, kommt es dabei nicht an. Denn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verbietet es - wie oben bereits ausgeführt -, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßzustellen, was sowohl für Tatsachenbehauptungen als auch für Werturteile gilt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59). So können die für das Zivilrecht erarbeiteten Grundsätze, wonach nur unrichtige Tatsachenbehauptungen Gegenstand eines negatorischen Widerrufsanspruchs sein können und Werturteile sowohl in schadensrechtlicher wie negatorischer Hinsicht nicht widerrufbar sind, dann nicht Platz greifen, wenn die abwertende bzw. ehrenrührige Erklärung nicht die höchstpersönliche Äußerung eines Privatmanns darstellt, sondern als Organerklärung einer Körperschaft zuzuschreiben ist. Hier steht dem in dem Widerruf zum Ausdruck kommenden Anspruch auf Beseitigung einer persönlichkeitsbeeinträchtigenden Schädigung kein rechtlich beachtliches Interesse der verklagten Körperschaft entgegen, das die mit Widerruf verbundene „Abbitte“ unzumutbar erscheinen ließe (Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, a.a.O.).
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Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihr Recht auf Widerruf verwirkt hätte. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.01.1992, NVwZ 1992, 974). Daran fehlt es schon deshalb, weil die Klägerin bereits im Jahre 1995 einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hatte, um überhaupt die im Streit stehenden Ansprüche auf Widerruf geltend machen zu können. Ihr Akteneinsichtsbegehren hat sie dabei gerichtlich durchsetzen müssen (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2001 - 4 S 2899/99 -).
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Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sich der Widerrufsanspruch auch nicht durch Zeitablauf erledigt, weil seit der Veröffentlichung der Pressespiegel mittlerweile fast neun Jahre vergangen sind. Zwar muss - wie bereits oben dargelegt - der Widerruf zur Folgenbeseitigung geeignet sein, was nur dann der Fall ist, wenn die Beeinträchtigung anhält (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1994, NJW 1995, 861; Löffler/Ricker, a.a.O., 44. Kap., RdNr. 22 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dabei wird die Auffassung vertreten, dass eine Äußerung durch Zeitablauf nach mehr als zweieinhalb bis drei Jahren in Vergessenheit gerät (Löffler/Ricker, a.a.O., 44. Kap., RdNr. 22). Dem insoweit von der Literatur zur Begründung dieser Auffassung zitierten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15.11.1994 (a.a.O.) lässt sich eine solche Aussage aber gar nicht entnehmen, insbesondere wird darin keine zeitliche Obergrenze genannt, ab wann ein Widerrufsanspruch wegen Zeitablauf mangels fortwirkender Beeinträchtigung der Persönlichkeit nicht mehr geeignet und erforderlich ist. Dort ist nur ausgeführt, dass ein seit der Veröffentlichung verstrichener Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht ausreichend ist, um den unwahren Behauptungen über die betreffende Person in einer auflagenstarken Zeitung die für sie verletzende Wirkung zu nehmen. Ob diese Rechtsprechung, die zu zivilrechtlichen Widerrufsansprüchen gegen die Presse ergangen ist, außerdem auch in Fällen der Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht anzuwenden ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls reicht der Zeitraum nicht aus, der Verbreitung der anonymen Aussagen durch den Dienstherrn die für die Klägerin verletzende Wirkung zu nehmen, zumal die Klägerin als Datenschutzbeauftragte eine in der Öffentlichkeit stehende Person war und ihre damalige öffentliches Aufsehen erregende Auseinandersetzung mit dem Innenminister auch heute noch vielen in Erinnerung sein dürfte. Das Bestehen eines Interesses der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin hat sich überdies aufgrund des regen Medieninteresses anlässlich der mündlichen Verhandlung dieser Verwaltungsrechtssache eindrucksvoll bestätigt.
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Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob ein Widerrufsanspruch zur Folgenbeseitigung noch geeignet ist, regelmäßig in dem umgekehrten Fall, in dem die Zubilligung einer Geldentschädigung begehrt wird. Denn ein Anspruch auf Geldentschädigung kommt nur in Betracht, wenn der Widerruf keinen hinreichenden Ausgleich für die Rechtsbeeinträchtigung erreicht, was dann zu bejahen ist, wenn der Verletzer den begehrten Widerruf verweigert, so dass ihn der Verletzte erst spät aufgrund gerichtlicher Entscheidung erlangt (BGH, Urteile vom 26. Januar 1971, NJW 1971, 698, 699 und vom 06.04.1976, a.a.O., m.w.N.). Hier begehrt die Klägerin jedoch keine Geldentschädigung, sondern ein „Weniger“, nämlich den Widerruf. Damit kommt ihr - da die ehrverletzende Äußerung anhält - ausreichend Genugtuung zu.
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IV. Die Klageanträge Ziffer 3 und 4 sind insoweit begründet, als die Klägerin jeweils den Widerruf der Sätze „Dem obersten Dienstherrn haben einige Beschäftigte von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichtet“ verlangen kann. Im Übrigen stand dem Beklagten nach den oben dargelegten Maßstäben für die außerdem in den Schreiben vom 08.08.1995 an die Humanistische Union und die Telefonseelsorge Nordschwarzwald abgegebenen Äußerungen im Rahmen der Fürsorgepflicht ein rechtfertigender sachlicher Grund zur Seite.
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Bei der Beurteilung dessen, ob die Ausführungen des Beklagten in den Schreiben gerechtfertigt sind, ist maßgeblich, dass die an den Innenminister gerichteten Protestschreiben der Humanistischen Union vom 06.07.1995 und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald vom 05.07.1995 Ausfluss der öffentlichen Reaktion der Angriffe der Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 gewesen sind. Das Ziel der Klägerin war dabei offenkundig, mit ihren öffentlichen Vorwürfen gegen den Beklagten Druck auf diesen zu erzeugen und Rückhalt von Dritten zu erlangen.
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Gemessen daran ist das Vorgehen und die inhaltliche Stellungnahme des Beklagten in seinen Antwortschreiben mit Ausnahme des Satzes über die Berichte von „menschenunwürdigen Behandlungen“ gerechtfertigt. Es stand im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten, in der gewählten Form Stellung zu nehmen, wobei die Schreiben dazu dienten, die von der Humanistischen Union und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald geäußerte Kritik am Verhalten des Innenministers zu beantworten und die kritischen Äußerungen zum Führungsstil der Klägerin seitens des Innenministers zu rechtfertigen. Die Ausführungen waren verhältnismäßig, insbesondere angemessen in bezug auf die zuvor von der Klägerin öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen den Innenminister. Der Beklagte greift auch hier den bereits von der Klägerin gespannten Bogen des „Führungsstils“ auf, indem er ausführt, dass sich die Kritik nie gegen die Arbeit der Klägerin gerichtet habe, sondern ausschließlich gegen den Führungsstil, über den sich zahlreiche Mitarbeiter beschwert hätten. Es ist die Rechtfertigung dessen, dass - entgegen den Vorwürfen der Klägerin - das Tätigwerden des Innenministers keinen Eingriff in deren Unabhängigkeit darstellt, sondern davon zu trennen ist. Indem ausgeführt wird, dass dem Innenminister als oberstem Dienstherrn die Probleme seiner Mitarbeiter nicht egal sein dürften, wird eine Selbstverständlichkeit formuliert, dass nämlich die Fürsorgepflicht auch gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin besteht. Danach erklärt und verteidigt das Innenministerium sein Tätigwerden, indem es darauf verweist, dass angesichts der von Mitarbeitern erhobenen zahlreichen Beschwerden eine Aufklärung dringend erforderlich war, weshalb es den Vorwürfen nachgehen musste. Unter Berücksichtigung des gesamten Aussagegehalts der Schreiben ist angesichts der schweren Vorwürfe der Klägerin gegen den Innenminister danach davon auszugehen, dass die Äußerungen sachlich gerechtfertigt waren.
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Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass wegen Verstoßes gegen die Anhörungspflicht gem. § 113b LBG der Rechtfertigungsgrund entfiele. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit zunächst auf die oben gemachten Darlegungen verwiesen. Obwohl § 113b LBG auch hier nicht einschlägig ist, da es nicht um die Aufnahme der Antwortschreiben in die formelle Personalakte der Klägerin geht, wurde der Klägerin aber auch bereits im Gespräch vom 10.05.1995 Gelegenheit zur Äußerung zu dem Komplex „Beschwerden von Mitarbeitern“ gegeben, weshalb insoweit das formelle Erfordernis der Anhörung erfüllt wurde.
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Anders verhält es sich jedoch mit dem Satz „Einige Beschäftigte hätten ihm von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichtet“. Dieser Satz trägt nicht mehr den Charakter einer unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehenden Entgegnung und Verteidigung auf die öffentlichen schweren Vorwürfe der Klägerin. Hierzu bestand nach Lage des Falles kein berechtigter Anlass, selbst wenn man dem Beklagten einräumt, dass er einem Auskunftsverlangen des Bürgers umfassend, deutlich und ohne Beschönigung Rechnung tragen darf. Zwar hat die Klägerin durch den Gebrauch bestimmter Formulierungen in ihrer Pressekonferenz die Ehre und das Ansehen des Innenministers beeinträchtigt, der Dienstherr hat sich aber - aus den dargelegten Gründen - dann der Wiedergabe einer Formulierung gegenüber Dritten zu enthalten, wenn diese im Rahmen einer anonymen Aussage gemacht wurde. Im Hinblick auf die leitende Position der Klägerin musste sie dies als besonders herabsetzend empfinden. Deshalb lässt sich die Äußerung auch nicht mit der Begründung verteidigen, dass sie von einem berechtigten Interesse des Bürgers an ungeschminkter Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zu dienstlichen Vorgängen gedeckt würde. Dem aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht erwachsenden Anspruch der Klägerin darauf, von dem Dienstvorgesetzten gegenüber Dritten nicht bloßgestellt zu werden, steht somit kein die missbilligende Äußerung des Innenministers rechtfertigender Grund entgegen.
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Der auf Widerruf der Missbilligung gerichtete Anspruch scheitert auch nicht daran, dass der Widerrufsanspruch im Zivilrecht auf die Richtigstellung falscher Tatsachenbehauptungen beschränkt ist, der die Klägerin beeinträchtigende Satz aber in seinem Kern ein Werturteil enthält. Wie oben bereits dargelegt, gelten diese Grundsätze nicht in Verfahren der vorliegenden Art, in denen es um den Widerruf wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geht.
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V. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
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1. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben, soweit sich der Beklagte gegen den Widerruf der in den Pressespiegeln als Aussage 2 bezeichneten Äußerung wendet. Insoweit wird zur Begründung auf das unter Abschnitt III. Gesagte verwiesen.
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2. Auch soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten zum Widerruf der Äußerungen in dem Leserbrief vom 10.01.1996 verurteilt hat, ist die Berufung des Beklagten unbegründet.
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Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Passivlegitimation des Beklagten bejaht. Dabei kann dem Beklagten nicht gefolgt werden, wenn er ausführt, der Leserbrief sei keine Erklärung des Innenministeriums und diesem nicht zuzurechnen. Zwar stammt der Leserbrief von H. Z., dieser hat sich aber ersichtlich nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Pressesprecher des Innenministeriums geäußert. Dies ergibt sich schon aus der äußeren Form des Leserbriefes, wonach dieser nicht allein mit dem Namen des Verfassers unterzeichnet war, sondern außerdem den Zusatz Pressesprecher, Innenministerium Baden-Württemberg und die Dienstanschrift enthielt. Damit ist der Leserbrief dem beklagten Land als Dienstherrn zuzurechnen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.01.1987, a.a.O.).
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Der Beklagte hat seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, indem er ein weiteres Mal eine anonym gemachte Äußerung aus einer Fernsehsendung wiedergegeben, dabei die Anonymität der Äußerung verschwiegen und diese verbreitet hat. Auch insoweit hätte es - wie oben bereits ausgeführt - dem Dienstherrn kraft seiner Fürsorgepflicht oblegen, sich der Verbreitung anonym getätigter Äußerungen Dritter über eine Beamtin zu enthalten, wenn er dem davor nicht bis ins Detail nachgegangen ist und keine Aufklärung herbeigeführt hat. Angesichts seiner Fürsorgepflicht war der Beklagte in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet. Mit den verbreiteten Äußerungen wird die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund bloßgestellt und in ihrer Ehre verletzt, wobei auch insoweit auf die obigen Ausführungen unter Abschnitt III. verwiesen wird. Zwar hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Vorstellung ihres letzten Tätigkeitsberichts im Dezember 1995 den Innenminister mit der Äußerung „Macht ging vor Anstand und vor Respekt gegenüber Amt und Person“ erneut angegriffen, dies rechtfertigt die in dem Leserbrief gemachten Äußerungen indes bei weitem nicht, wobei es auch insoweit bei der Frage, ob der Dienstherr seine Fürsorgepflicht verletzt hat, nicht auf die Unterscheidung zwischen unwahren Tatsachenbehauptungen oder missbilligenden Werturteilen ankommt und es deshalb dahinstehen kann, ob die gemachten Äußerungen zutreffend gewesen sind.
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Die Klägerin kann als Teil des ihr im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes beanspruchen, dass der Beklagte die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63). Der Widerruf der entsprechenden Passage in dem Leserbrief ist dabei das geeignete Mittel.
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Soweit der Beklagte ausführt, ein Widerruf komme nach der langen Zeit nicht mehr in Betracht, ist dem - aus den oben dargelegten Gründen - nicht zu folgen.
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VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin gemessen an der Anzahl und dem Ausmaß ihrer Begehren überwiegend obsiegt hat.
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