Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Feb. 2012 - 2 S 3010/11

bei uns veröffentlicht am14.02.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. September 2011 - 3 K 3899/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das genannte Urteil geändert, soweit der Klage stattgegeben wurde. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten Beihilfe für eine künstliche Befruchtung in Form der sogenannten heterologen In-vitro-Fertilisation (im Folgenden: IVF). Bei der IVF werden der Frau Eizellen aus dem Eierstock entnommen und außerhalb des Mutterleibs mit dem Samen des Ehemanns (homologe IVF) bzw. wie hier eines Spenders (heterologe IVF) befruchtet.
Der Kläger ist Beamter im Dienst des Beklagten und zu 50 % beihilfeberechtigt, seine Ehefrau ist gesetzlich krankenversichert. Er leidet unter einer Azoospermie (völliges Fehlen von Samenzellen) und ist deshalb nicht in der Lage, selbst Kinder zu zeugen. Bei der Ehefrau liegt eine Tubenpathologie, d.h. eine gestörte Funktion der Eileiter, vor.
Im Jahr 2008 ließ die Ehefrau des Klägers sechs Inseminationen mit Fremdsamen (heterologe Insemination) durchführen, die erfolglos blieben. Nach hormoneller Vorbehandlung ließ sie in der Zeit vom 02.02.2010 bis 04.02.2010 eine IVF-Behandlung mit Fremdsamen durchführen. Die Kosten hierfür (einschließlich der Hormonstimulation) beliefen sich auf insgesamt 3.094,18 EUR. Zusätzlich erfolgte eine Kryokonservierung und Lagerung weiterer vorsorglich gewonnener Eizellen, um zukünftig Versuche zur Befruchtung wiederholen zu können. Für die Kryokonservierung der Eizellen entstanden Aufwendungen in Höhe von 480,-- EUR.
Mit Antrag vom 09.03.2010 begehrte der Kläger vom Beklagten Beihilfe für die Aufwendungen in Höhe von insgesamt 3.574,18 EUR. Mit Bescheid vom 29.04.2010 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Erstattung ab und führte zur Begründung aus, Aufwendungen für die Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns seien nicht beihilfefähig. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 zurück.
Am 23.12.2010 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts vom 29.04.2010 und dessen Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010 zu verpflichten, ihm aufgrund seines Antrags vom 09.03.2010 Beihilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit Urteil vom 26.09.2011 den Beklagten verpflichtet, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 09.03.2010 Beihilfe in Höhe von 893,55 EUR zu bewilligen, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Aufwendungen für die vorliegend durchgeführte heterologe IVF sei im Grundsatz beihilfefähig. Die Erkrankungen der Eheleute stellten jeweils einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsender Menschen als Normalzustand abweiche und daher jeweils als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen sei. Die IVF sei auch eine zur Behandlung der Erkrankungen des Klägers und seiner Ehefrau spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Unerheblich sei, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt sei, die Ursachen der jeweiligen Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohne gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden sei. Von der Linderung einer Krankheit könne vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet sei oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt werde. Letzteres sei hier der Fall. Die IVF ersetze sowohl die fehlende Fertilität der Spermien des Klägers als auch die gestörte Funktion der Eileiter seiner Ehefrau durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienten daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderten Körperfunktionen beim Kläger und seiner Ehefrau zu ersetzen.
Das gelte auch dann, wenn die IVF mit heterologem Samen durchgeführt werde. Die künstliche Befruchtung der Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke zwar nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptome der Unfruchtbarkeit des Ehemanns. Sie ziele aber - wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen gestörter Fertilität des Mannes - auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Paares. Dieser komme zwar nicht selbst Krankheitswert zu. Sie sei aber vorliegend unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit werde auch bei einer heterologen künstlichen Befruchtung die durch Krankheit behinderte Körperfunktion des Klägers - die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege - durch eine medizinische Maßnahme ersetzt.
Beihilfefähig seien daneben auch die Kosten für die Kryokonservierung einschließlich deren Vorbereitungsmaßnahmen. Die Kryokonservierung erhöhe die Chancen zu einem Kind zu kommen, auch wenn in dem konkreten IVF-Zyklus keine Schwangerschaft eingetreten sei.
Aufgrund der Infertilität des Klägers könnten die entstandenen Aufwendungen auch teilweise ihm zugeordnet werden, obwohl die IVF-Behandlung nur bei seiner Ehefrau durchgeführt worden sei. Denn anders als für das Sozialversicherungsrecht in § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V geregelt, stelle das Beihilferecht des Landes Baden-Württemberg auf eine krankheitsbezogene, nicht aber auf eine anwendungsbezogene Betrachtungsweise ab. Da jedoch die IVF-Behandlung mit Spendersamen nicht nur wegen der Infertilität des Klägers, sondern auch aufgrund der Tubenpathologie seiner Ehefrau notwendig geworden sei, könnten die Aufwendungen nicht ausschließlich ihm zugeordnet werden. Mangels tragfähiger Anhaltspunkte für eine anderweitige Verteilung, seien die insgesamt entstandenen Aufwendungen je zur Hälfte beiden Eheleuten zuzuordnen. Die dem Kläger zuzuordnenden beihilfefähigen Aufwendungen beliefen sich danach auf die Hälfte von 3.574,18 EUR, d.h. auf 1.787,09 EUR. Unter Berücksichtigung des für ihn geltenden Bemessungssatzes von 50 % stehe ihm daher ein Anspruch auf Beihilfe in Höhe von 893,55 EUR zu.
10 
Für die der Ehefrau zuzuordnenden Aufwendungen in Höhe von ebenfalls 1.787,09 EUR stehe dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu. Nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO seien die in § 6 bis 10 genannten Aufwendungen, die für den Ehegatten des Beihilfeberechtigten entstanden seien, nicht beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten in den beiden Kalenderjahren vor Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18.000,-- EUR übersteige. So verhalte es sich vorliegend. Die Einkünfte der Ehefrau des Klägers hätten in den beiden, dem Beihilfeantrag vorangegangenen Jahren über 18.000,-- EUR gelegen.
11 
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgericht Sigmaringen zugelassenen Berufungen des Klägers und des Beklagten.
12 
Der Kläger führt aus, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hätten die Einkünfte seiner Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor Stellung des Beihilfeantrags nicht jeweils über 18.000,-- EUR gelegen. Nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Tübingen habe seine Ehefrau im Jahre 2010 Einkünfte in Höhe von 17.556,-- EUR gehabt.
13 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.09.2011 - 3 K 3899/10 - zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 29.04.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010 zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 1.787,09 EUR zu gewähren,
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sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.09.2011 - 3 K 3899/10 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen
18 
sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
19 
Der Beklagte ist der Auffassung, die IVF-Behandlung mit Spendersamen sei deshalb nicht medizinisch notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 BVO, weil die Krankheit des Klägers nicht geheilt werden könne. Die Fertilität des Klägers sei nicht nur gestört, sondern fehle gänzlich, so dass es unmöglich sei, seine organisch bedingte Unfruchtbarkeit zu überwinden. Die ärztlichen Maßnahmen ersetzten daher nicht die behinderte Körperfunktion des Klägers, sondern stellten ein aliud dar. Lediglich die Fiktion des § 1592 Nr. 1 BGB führe dazu, dass die Zeugungsunfähigkeit im rechtlichen Sinne ersetzt werden könne, indem der Kläger als Vater des Kindes gelte, das seine Ehefrau zur Welt bringe. § 1592 Nr. 1 BGB knüpfe die Vaterschaft nicht an genetisch-biologische Kriterien, sondern bezwecke die größtmögliche Sicherheit des Kindes. Im tatsächlichen Sinn sei eine Ersetzung der Zeugungsfähigkeit beim Kläger aber unmöglich. Im Ergebnis ermöglichten daher lediglich die zivilrechtlichen Vorschriften den Erfolg einer heterologen IVF-Behandlung. Wenn aber nur eine rechtliche Fiktion eine „Heilung“ hervorrufen könne, führe dies nicht zur Beihilfefähigkeit der Aufwendungen. Die Behandlung mit dem Ziel einer lediglich rechtlichen Vaterschaft reiche mit anderen Worten nicht aus, um eine Heilbehandlung einer Zeugungsunfähigkeit begründen zu können, zumal die Vaterschaft wegen diverser Anfechtungsmöglichkeiten nicht dauerhaft gesichert sei.
20 
Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Zeugungsunfähigkeit des Klägers eine Krankheit darstelle, die mittels ärztlicher Hilfe überwunden werden könnte, wäre aufgrund dieser Krankheit lediglich die Insemination beihilfefähig gewesen. Denn der verwendete Drittsamen werde eingehend überprüft und weise daher keine Beeinträchtigungen auf. Nach Aussage der behandelnden Ärztin sei die IVF-Behandlung bei der Ehefrau des Klägers nur deshalb durchzuführen gewesen, weil eine Inseminationsbehandlung aufgrund ihrer Tubenpathologie nicht möglich gewesen sei. Die Eileiter der Ehefrau seien so stark beschädigt, dass sie die Eizelle nicht regelgerecht transportieren könnten. Die Aufwendungen der IVF-Behandlungen seien daher an der gesetzlich versicherten Ehefrau des Klägers entstandene Aufwendungen und somit nicht beihilfefähig.
21 
Schließlich seien die Aufwendungen für die Kryokonservierung weder medizinisch notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO noch als Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 BVO zu qualifizieren. Eine Kryokonservierung sei nur dann medizinisch notwendig, wenn sie eine fertilitätsprotektive Maßnahme sei, wenn also aufgrund einer Erkrankung Sterilität drohe. Dies sei hier nicht der Fall. Die Konservierung sei ferner nur eine Aufwendung der Ehefrau und bereits aus diesem Grund - mangels Verursachung durch den Kläger - nicht beihilfefähig.
22 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und des Beklagten vor. Auf diese sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Berufung des Klägers hat dagegen keinen Erfolg. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 29.04.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 09.03.2010 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung - hier sog. heterologe In-vitro-Fertilisation - nicht zu. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Verpflichtungsklage somit insgesamt abweisen müssen.
24 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Die hier umstrittenen Aufwendungen sind im Januar/Februar 2010 entstanden. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407).
25 
2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind „aus Anlass einer Krankheit“ beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Aufwendungen müssen hiernach in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Krankheitsfall stehen, d.h. durch Maßnahmen entstanden sein, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden oder der Beseitigung oder dem Ausgleich angeborener oder erworbener körperlicher Beeinträchtigungen dienen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 07.11.2006 - 2 C 11.06 - BVerwGE 127, 91).
26 
Für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit ist weder ein vollständiger noch ein dauerhafter Erfolg einer der genannten Maßnahmen Voraussetzung. Es ist kein notwendiges Merkmal des Begriffs der Behandlung, dass eine Krankheit dauerhaft geheilt bzw. dass der regelwidrige Körperzustand vollständig wiederhergestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 - BVerwGE 119, 168). Dementsprechend kann bereits dann von der Linderung einer Krankheit gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine wenigstens partielle Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2009 - 4 S 1028/07 - juris; BGH, Urteil vom 3.3.2004 - IV ZR 25/03 - BGHZ 158, 166).
27 
3. Die Aufwendungen für die hier zu beurteilende heterologe IVF (einschließlich der hormonellen Vorbehandlung der Ehefrau des Klägers) sind danach nicht beihilfefähig. Die beim Kläger aufgrund einer Azoospermie vorliegende Infertilität stellt zwar unstreitig eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar. Es handelt sich um einen regelwidrigen Körperzustand, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit anzusehen ist (vgl. etwa BFH, Urteil vom 16.12.2010 - VI R 43/10 - BFHE 232, 179; BGH, Urteil vom 12.11.1997 - IV ZR 58/97 - NJW 1998, 824). Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen ist jedoch keine Krankenbehandlung für den Kläger im oben dargestellten Sinne.
28 
Da der Kläger vollständig und auf Dauer zeugungsunfähig ist, kann diese Krankheit auch nicht partiell oder zeitweise mit Erfolg behandelt und in diesem Sinne gelindert werden. Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen kann darüber hinaus auch nicht dazu führen, dass Symptome der Unfruchtbarkeit des Klägers - etwa damit zusammenhängende Schmerzen oder Beschwerden - beseitigt oder gelindert werden; die Maßnahme zielt vielmehr allein auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Klägers und seiner Ehefrau. Dieser kommt aber als solcher kein Krankheitswert zu (vgl. etwa BGH, Urteile vom 12.11.1997, aaO und 17.12.1986 - IV a ZR 78/85 - BGHZ 99, 228).
29 
Durch die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen wird entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger - die Möglichkeit, Kinder auf natürlichem Wege zu zeugen - ersetzt. Die Ersetzung einer behinderten Körperfunktion setzt schon vom Wortsinn her voraus, dass die medizinische Maßnahme einen Körperbezug aufweist. Die Behandlung muss darauf abzielen, einen Zustand zu erreichen, der ohne die Fertilitätsstörung mit Hilfe der natürlichen Körperfunktionen hätte herbeigeführt werden können. Erst dann lässt sich davon sprechen, dass die gestörte Körperfunktion durch den ärztlichen Eingriff ersetzt wird. Daran fehlt es hier. Denn tatsächlich ist die Ersetzung der Zeugungsfähigkeit beim Kläger unmöglich und dementsprechend können auch die sich aus seiner Unfruchtbarkeit ergebenden Krankheitsfolgen, d.h. die Unmöglichkeit, eigene Kinder zu zeugen, nicht beseitigt werden. Es ist mit anderen Worten nicht möglich, die gestörte Körperfunktion des Klägers durch einen medizinischen Eingriff im biologischen Sinne zu ersetzen und auf diese Weise die Krankheit der Infertilität zu lindern. Wollte man dies anders sehen, müssten konsequenterweise auch Aufwendungen für eine Kindesadoption, die im Zusammenhang mit der Unfruchtbarkeit der betreffenden Personen steht (vgl. §§ 1741 ff. BGB), als Kosten einer Heilbehandlung eingestuft werden.
30 
Der Umstand, dass der Kläger im Falle eines Erfolgs der künstlichen Befruchtung gemäß § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB als Vater des von seiner Ehefrau zur Welt gebrachten Kindes gilt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach dieser Vorschrift ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehefrau das Kind mit Einwilligung des Ehemanns durch künstliche Übertragung des Samens eines anderen Mannes empfangen hat. Die Vaterschaft des Ehemanns kann grundsätzlich allein durch Anfechtung nach den §§ 1599 ff. beseitigt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Mutter und dem Ehemann gemäß § 1600 Abs. 5 BGB keine Anfechtungsberechtigung zusteht, sofern sie der Zeugung des Kindes mit Spendersamen zuvor wirksam zugestimmt haben (Wellenhofer in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1592 Rn. 19). Diese Regelungen dienen der Rechtssicherheit sowie dem Wohl des Kindes. Bei der Anordnung des § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB handelt es sich jedoch um eine bloße Fiktion, die dazu führt, dass genetische Abstammung und Vaterschaft im Rechtssinn auseinanderfallen. Sie ändert deshalb nichts daran, dass es sich bei dem durch künstliche Befruchtung gezeugten Kind nicht um ein genetisch von dem Ehemann abstammendes Kind handelt. Die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die gesetzliche Krankenversicherung ist dementsprechend gemäß § 27 a Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) - in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - BVerfGE 117, 316) auf Fälle beschränkt, in denen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden.
31 
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29.06.2009 (aaO), wonach der Dienstherr Beihilfe für die Aufwendungen für eine homologe IVF zu gewähren hat, steht zu der hier vertretenen Auffassung nicht in Widerspruch. Bei der homologen IVF wird die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff ersetzt, um die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft der mit ihm verheirateten oder mit ihm in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Frau zu ermöglichen. Die fehlende Fähigkeit, ein eigenes Kind auf natürliche Weise zu zeugen, wird auf diesem Wege ersetzt. Bei der heterologen IVF ist dies, wie ausgeführt, nicht der Fall. Das durch eine heterologe IVF erzeugte Kind stammt genetisch von dem Mann ab, mit dessen Samen die Behandlung durchgeführt wird. Sie vermag daher die durch eine Krankheit behinderte Körperfunktion des anderen, nicht fortpflanzungsfähigen Mannes nicht zu ersetzen.
32 
Das vom Kläger für seine abweichende Auffassung in Anspruch genommene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.12.2010 (aaO) betrifft nicht die hier zu beantwortende Frage, ob eine heterologe IVF eine zur Behandlung der Unfruchtbarkeit des Mannes notwendige medizinische Leistung i. S. des Beihilferechts darstellt, sondern die Frage, ob die Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind und deshalb zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führen. Die genannten Fragen bewegen sich auf verschiedenen Ebenen. Aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof in den Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 EStG sieht, kann daher nicht hergeleitet werden, dass diese Aufwendungen auch als beihilfefähig anzuerkennen sind. Soweit der Bundesfinanzhof seine Entscheidung darauf stützt, dass auch eine heterologe IVF eine Maßnahme sei, die in ihrer Gesamtheit dazu diene, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes zu ersetzen, vermag der Senat der Auffassung des Bundesfinanzhofs im Übrigen nicht zu folgen. Denn, wie ausgeführt, wird bei einer heterologen IVF die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes in Form der fehlenden Fähigkeit, ein Kind auf natürlichem Wege zu zeugen, nicht durch eine medizinische Maßnahme ersetzt. Die Krankheit des Mannes, nämlich die Unfähigkeit genetische Nachkommen zu haben, wird dadurch nicht beeinflusst (zutreffend BFH, Urt. v. 18.05.1999 - III R 46/97 - BFHE 188, 566).
33 
Die weitere Frage, ob sich bei einer durch Kinderlosigkeit ausgelösten psychischen Erkrankung eine IVF-Behandlung als Heilbehandlung darstellen könnte, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Denn dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei ihm bzw. seiner Ehefrau in diesem Sinne entnehmen.
34 
Der Umstand, dass nicht nur beim Kläger, sondern auch bei seiner Ehefrau im Hinblick auf die gestörte Funktion der Eileiter eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts vorliegt, führt ebenfalls nicht zur Beihilfefähigkeit der heterologen künstlichen Befruchtung. Da die Gesamtmaßnahme nicht als Krankenbehandlung i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO anzusehen ist, kann es keine Rolle spielen, ob die heterologe IVF allein durch die Erkrankung des Mannes oder durch beide Ehepartner veranlasst wird. Die Kosten der medizinischen Gesamtmaßnahme können deshalb auch nicht als Aufwendungen des berücksichtigungsfähigen Angehörigen erstattet werden. Dies gilt konsequenterweise auch für die Kosten der Kryokonservierung, die dazu dient, zukünftige Versuche zur Befruchtung mit Fremdsamen wiederholen zu können. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Einkünfte der Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18.000,-- EUR überstiegen haben (vgl. dazu § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
36 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
37 
Beschluss vom 14. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 26.09.2011 - jeweils auf 1.787,09 EUR festgesetzt (Gesamtaufwendungen in Höhe von 3.574,18 EUR bei einem Bemessungssatz von 50 %).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Berufung des Klägers hat dagegen keinen Erfolg. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 29.04.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 09.03.2010 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung - hier sog. heterologe In-vitro-Fertilisation - nicht zu. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Verpflichtungsklage somit insgesamt abweisen müssen.
24 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Die hier umstrittenen Aufwendungen sind im Januar/Februar 2010 entstanden. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407).
25 
2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind „aus Anlass einer Krankheit“ beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Aufwendungen müssen hiernach in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Krankheitsfall stehen, d.h. durch Maßnahmen entstanden sein, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden oder der Beseitigung oder dem Ausgleich angeborener oder erworbener körperlicher Beeinträchtigungen dienen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 07.11.2006 - 2 C 11.06 - BVerwGE 127, 91).
26 
Für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit ist weder ein vollständiger noch ein dauerhafter Erfolg einer der genannten Maßnahmen Voraussetzung. Es ist kein notwendiges Merkmal des Begriffs der Behandlung, dass eine Krankheit dauerhaft geheilt bzw. dass der regelwidrige Körperzustand vollständig wiederhergestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 - BVerwGE 119, 168). Dementsprechend kann bereits dann von der Linderung einer Krankheit gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine wenigstens partielle Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2009 - 4 S 1028/07 - juris; BGH, Urteil vom 3.3.2004 - IV ZR 25/03 - BGHZ 158, 166).
27 
3. Die Aufwendungen für die hier zu beurteilende heterologe IVF (einschließlich der hormonellen Vorbehandlung der Ehefrau des Klägers) sind danach nicht beihilfefähig. Die beim Kläger aufgrund einer Azoospermie vorliegende Infertilität stellt zwar unstreitig eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar. Es handelt sich um einen regelwidrigen Körperzustand, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit anzusehen ist (vgl. etwa BFH, Urteil vom 16.12.2010 - VI R 43/10 - BFHE 232, 179; BGH, Urteil vom 12.11.1997 - IV ZR 58/97 - NJW 1998, 824). Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen ist jedoch keine Krankenbehandlung für den Kläger im oben dargestellten Sinne.
28 
Da der Kläger vollständig und auf Dauer zeugungsunfähig ist, kann diese Krankheit auch nicht partiell oder zeitweise mit Erfolg behandelt und in diesem Sinne gelindert werden. Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen kann darüber hinaus auch nicht dazu führen, dass Symptome der Unfruchtbarkeit des Klägers - etwa damit zusammenhängende Schmerzen oder Beschwerden - beseitigt oder gelindert werden; die Maßnahme zielt vielmehr allein auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Klägers und seiner Ehefrau. Dieser kommt aber als solcher kein Krankheitswert zu (vgl. etwa BGH, Urteile vom 12.11.1997, aaO und 17.12.1986 - IV a ZR 78/85 - BGHZ 99, 228).
29 
Durch die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen wird entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger - die Möglichkeit, Kinder auf natürlichem Wege zu zeugen - ersetzt. Die Ersetzung einer behinderten Körperfunktion setzt schon vom Wortsinn her voraus, dass die medizinische Maßnahme einen Körperbezug aufweist. Die Behandlung muss darauf abzielen, einen Zustand zu erreichen, der ohne die Fertilitätsstörung mit Hilfe der natürlichen Körperfunktionen hätte herbeigeführt werden können. Erst dann lässt sich davon sprechen, dass die gestörte Körperfunktion durch den ärztlichen Eingriff ersetzt wird. Daran fehlt es hier. Denn tatsächlich ist die Ersetzung der Zeugungsfähigkeit beim Kläger unmöglich und dementsprechend können auch die sich aus seiner Unfruchtbarkeit ergebenden Krankheitsfolgen, d.h. die Unmöglichkeit, eigene Kinder zu zeugen, nicht beseitigt werden. Es ist mit anderen Worten nicht möglich, die gestörte Körperfunktion des Klägers durch einen medizinischen Eingriff im biologischen Sinne zu ersetzen und auf diese Weise die Krankheit der Infertilität zu lindern. Wollte man dies anders sehen, müssten konsequenterweise auch Aufwendungen für eine Kindesadoption, die im Zusammenhang mit der Unfruchtbarkeit der betreffenden Personen steht (vgl. §§ 1741 ff. BGB), als Kosten einer Heilbehandlung eingestuft werden.
30 
Der Umstand, dass der Kläger im Falle eines Erfolgs der künstlichen Befruchtung gemäß § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB als Vater des von seiner Ehefrau zur Welt gebrachten Kindes gilt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach dieser Vorschrift ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehefrau das Kind mit Einwilligung des Ehemanns durch künstliche Übertragung des Samens eines anderen Mannes empfangen hat. Die Vaterschaft des Ehemanns kann grundsätzlich allein durch Anfechtung nach den §§ 1599 ff. beseitigt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Mutter und dem Ehemann gemäß § 1600 Abs. 5 BGB keine Anfechtungsberechtigung zusteht, sofern sie der Zeugung des Kindes mit Spendersamen zuvor wirksam zugestimmt haben (Wellenhofer in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1592 Rn. 19). Diese Regelungen dienen der Rechtssicherheit sowie dem Wohl des Kindes. Bei der Anordnung des § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB handelt es sich jedoch um eine bloße Fiktion, die dazu führt, dass genetische Abstammung und Vaterschaft im Rechtssinn auseinanderfallen. Sie ändert deshalb nichts daran, dass es sich bei dem durch künstliche Befruchtung gezeugten Kind nicht um ein genetisch von dem Ehemann abstammendes Kind handelt. Die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die gesetzliche Krankenversicherung ist dementsprechend gemäß § 27 a Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) - in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - BVerfGE 117, 316) auf Fälle beschränkt, in denen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden.
31 
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29.06.2009 (aaO), wonach der Dienstherr Beihilfe für die Aufwendungen für eine homologe IVF zu gewähren hat, steht zu der hier vertretenen Auffassung nicht in Widerspruch. Bei der homologen IVF wird die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff ersetzt, um die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft der mit ihm verheirateten oder mit ihm in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Frau zu ermöglichen. Die fehlende Fähigkeit, ein eigenes Kind auf natürliche Weise zu zeugen, wird auf diesem Wege ersetzt. Bei der heterologen IVF ist dies, wie ausgeführt, nicht der Fall. Das durch eine heterologe IVF erzeugte Kind stammt genetisch von dem Mann ab, mit dessen Samen die Behandlung durchgeführt wird. Sie vermag daher die durch eine Krankheit behinderte Körperfunktion des anderen, nicht fortpflanzungsfähigen Mannes nicht zu ersetzen.
32 
Das vom Kläger für seine abweichende Auffassung in Anspruch genommene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.12.2010 (aaO) betrifft nicht die hier zu beantwortende Frage, ob eine heterologe IVF eine zur Behandlung der Unfruchtbarkeit des Mannes notwendige medizinische Leistung i. S. des Beihilferechts darstellt, sondern die Frage, ob die Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind und deshalb zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führen. Die genannten Fragen bewegen sich auf verschiedenen Ebenen. Aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof in den Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 EStG sieht, kann daher nicht hergeleitet werden, dass diese Aufwendungen auch als beihilfefähig anzuerkennen sind. Soweit der Bundesfinanzhof seine Entscheidung darauf stützt, dass auch eine heterologe IVF eine Maßnahme sei, die in ihrer Gesamtheit dazu diene, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes zu ersetzen, vermag der Senat der Auffassung des Bundesfinanzhofs im Übrigen nicht zu folgen. Denn, wie ausgeführt, wird bei einer heterologen IVF die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes in Form der fehlenden Fähigkeit, ein Kind auf natürlichem Wege zu zeugen, nicht durch eine medizinische Maßnahme ersetzt. Die Krankheit des Mannes, nämlich die Unfähigkeit genetische Nachkommen zu haben, wird dadurch nicht beeinflusst (zutreffend BFH, Urt. v. 18.05.1999 - III R 46/97 - BFHE 188, 566).
33 
Die weitere Frage, ob sich bei einer durch Kinderlosigkeit ausgelösten psychischen Erkrankung eine IVF-Behandlung als Heilbehandlung darstellen könnte, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Denn dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei ihm bzw. seiner Ehefrau in diesem Sinne entnehmen.
34 
Der Umstand, dass nicht nur beim Kläger, sondern auch bei seiner Ehefrau im Hinblick auf die gestörte Funktion der Eileiter eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts vorliegt, führt ebenfalls nicht zur Beihilfefähigkeit der heterologen künstlichen Befruchtung. Da die Gesamtmaßnahme nicht als Krankenbehandlung i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO anzusehen ist, kann es keine Rolle spielen, ob die heterologe IVF allein durch die Erkrankung des Mannes oder durch beide Ehepartner veranlasst wird. Die Kosten der medizinischen Gesamtmaßnahme können deshalb auch nicht als Aufwendungen des berücksichtigungsfähigen Angehörigen erstattet werden. Dies gilt konsequenterweise auch für die Kosten der Kryokonservierung, die dazu dient, zukünftige Versuche zur Befruchtung mit Fremdsamen wiederholen zu können. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Einkünfte der Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18.000,-- EUR überstiegen haben (vgl. dazu § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
36 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
37 
Beschluss vom 14. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 26.09.2011 - jeweils auf 1.787,09 EUR festgesetzt (Gesamtaufwendungen in Höhe von 3.574,18 EUR bei einem Bemessungssatz von 50 %).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Vater eines Kindes ist der Mann,1.der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,2.der die Vaterschaft anerkannt hat oder3.dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und

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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:1.der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,2.der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,3.die Mutter und4

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(1) Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn 1. diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind,2. nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteh

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Feb. 2012 - 2 S 3010/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Aug. 2012 - 2 S 2076/11

bei uns veröffentlicht am 22.08.2012

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. März 2011 - 4 K 3340/08 - geändert. Der Bescheid des Bundespolizeipräsidiums vom 15.7.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9.9.2008 werden aufgehoben. D

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(1) Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn

1.
diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind,
2.
nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, daß durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist,
3.
die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind,
4.
ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und
5.
sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a erteilt worden ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für Inseminationen, die nach Stimulationsverfahren durchgeführt werden und bei denen dadurch ein erhöhtes Risiko von Schwangerschaften mit drei oder mehr Embryonen besteht. Bei anderen Inseminationen ist Absatz 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz und Nr. 5 nicht anzuwenden.

(3) Anspruch auf Sachleistungen nach Absatz 1 besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben; der Anspruch besteht nicht für weibliche Versicherte, die das 40. und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Vor Beginn der Behandlung ist der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorzulegen. Die Krankenkasse übernimmt 50 vom Hundert der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahmen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden.

(4) Versicherte haben Anspruch auf Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder von Keimzellgewebe sowie auf die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen, wenn die Kryokonservierung wegen einer Erkrankung und deren Behandlung mit einer keimzellschädigenden Therapie medizinisch notwendig erscheint, um spätere medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach Absatz 1 vornehmen zu können. Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(5) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 4.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einem Elektromobil (Cityliner 412).
Der Kläger ist Beamter der Bundesfinanzverwaltung der Bundesrepublik Deutschland und für sich und seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von jeweils 70 Prozent beihilfeberechtigt. Die Ehefrau des Klägers leidet an Multipler Sklerose (MS) und ist stark gehbehindert (Merkmal „aG“). Nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten erhält sie seit dem 01.08.2001 von der Beihilfestelle anteilige Pflegeleistungen der Stufe III (Pflegegeld für häusliche Pflege).
Unter dem 30.11.2008 beantragte der Kläger unter anderem Beihilfe für das für seine Ehefrau im September 2008 angeschaffte „behindertengerechte Elektromobil Cityliner 412“. Laut Rechnung der Firma R. belaufen sich die Kosten hierfür auf 3.928,57 EUR. In der ärztlichen Bescheinigung des Dr. med. J. vom 01.04.2008 wird sinngemäß die medizinische Notwendigkeit für ein „Elektrokrankenfahrzeug“ attestiert und ausgeführt, die Ehefrau des Klägers wohne an einem Berghang und ohne ein Elektrokrankenfahrzeug könne sie sich nicht fortbewegen.
Mit Bescheid vom 03.12.2008 lehnte die Beklagte die Ausstattung der Ehefrau des Klägers mit einem Elektromobil mit der Begründung ab, es handele sich nicht um ein beihilfefähiges Hilfsmittel. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, den er damit begründete, im Jahre 2003 sei für den Kauf eines behindertengerechten Elektromobils Beihilfe gewährt worden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 zurück. Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, nach Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes seien Krankenfahrstühle mit Zubehör beihilfefähig. Nicht beihilfefähig seien dagegen die unter Nr. 9 der Anlage 3 aufgeführten Gegenstände, wozu auch Elektrofahrzeuge, d.h. auch das hier zu beurteilende Elektromobil gehörten.
Der Kläger hat am 02.03.2009 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem sinngemäßen Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 70 Prozent für die Anschaffung eines Elektromobils Cityliner 412 zu gewähren und die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 03.12.2008 und 03.02.2009 aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 31.03.2011 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem vom Kläger angeschafften Elektromobil handele es sich ersichtlich nicht um einen Krankenfahrstuhl im Sinne von Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes, sondern um ein Elektrofahrzeug im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3. Dieses Fahrzeug sei so gebaut, dass es schon von seinem optischen Eindruck her niemandem einfallen werde, dieses Fahrzeug als Krankenfahrstuhl zu bezeichnen. Wegen seiner Konstruktion und seinen Ausmaßen sei das Fahrzeug auch nicht dazu geeignet, in Wohnungen als Ersatz für einen Stuhl zu dienen. Das Elektromobil sei zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr gedacht und entsprechend sei es auch ausgestattet mit Beleuchtung, Blinker, Bremslichtern und Warnblinklicht. Dafür, dass es sich nicht um einen Krankenfahrstuhl handele, spreche im Übrigen auch die Internet-Präsentation der Herstellerfirma. Diese präsentiere das Elektromobil unter dem Oberbegriff „Scooter“ und nicht unter dem Oberbegriff „Rollstühle“, unter dem sie unter anderem auch elektrisch betriebene Rollstühle anbiete.
Die Anschaffung des Elektromobils sei nicht beihilfefähig, weil der Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Es handele sich nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten sei. Ein Elektromobil spreche einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedürfe, aber seine Mobilität erhöhen wolle. Es könne unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen auch im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Der allgemeinen Lebenshaltung dienten diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen würden, um die „Unbequemlichkeiten“ des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild hätten.
Der Umstand, dass die Beklagte früher Beihilfe für ein ähnliches Gerät gewährt habe, begründe auch keinen Vertrauensschutz. Die Abrechnung der Beihilfestellen habe Einzelfallcharakter und enthalte keine darüber hinausgehende positive Feststellung oder Festlegung zur Beihilfefähigkeit künftiger Anträge. Selbst wenn die früher für ein ähnliches Gerät bewilligte Beihilfe rechtswidrig gewesen wäre, sei die Beklagte nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Praxis fortzusetzen.
Die Fürsorgepflicht gebiete ebenfalls nicht die Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Beihilfevorschriften stellten eine für den Regelfall grundsätzlich abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen dar. Weitergehende Beihilfeansprüche könnten allenfalls begründet sein, wenn die Fürsorgepflicht in einem Einzelfall gleichwohl noch in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Daran wäre etwa zu denken, wenn die Ehefrau des Klägers erst durch ein Elektromobil die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit erhielte; diese Bewegungsfreiheit könnte sie aber bereits durch einen - beihilfefähigen - Krankenfahrstuhl erhalten.
10 
Gegen das ihm am 08.04.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.05.2011 (einem Montag) - die vom Verwaltungsgericht zugelassene - Berufung beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Nachdem der Kläger am 09.05.2011 darauf hingewiesen worden war, dass die Berufung beim Verwaltungsgericht einzulegen ist, hat er am 20.05.2011 beim Verwaltungsgericht (nochmals) Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrags macht der Kläger geltend: Die Rechtsanwaltsfachangestellte des Bevollmächtigten habe in die Berufungsschrift als Adressaten den Verwaltungsgerichtshof eingetragen. Sie habe am 09.05.2011 gegen 11.00 Uhr dem Bevollmächtigten die Berufungsschrift vorgelegt. Der Bevollmächtigte habe kurzfristig wegen der Erkrankung seines Sohnes um ungefähr 12.00 Uhr die Kanzlei verlassen müssen. Zuvor habe er die Berufungsschrift unterzeichnet und die Rechtsanwaltsfachangestellte darauf hingewiesen, dass die erste Seite der Berufungsschrift noch ausgetauscht werden müsse, weil die Berufung beim Verwaltungsgericht einzureichen sei. Die Rechtsanwaltsfachangestellte habe den Berufungsschriftsatz in der alten Form - also adressiert an den Verwaltungsgerichtshof - um 12.19 Uhr gefaxt. Hierbei habe sie vergessen, dass der Adressat in dem Berufungsschriftsatz noch habe ausgetauscht werden müssen. Die Rechtsanwaltsfachangestellte sei eine ausgesprochen erfahrene und zuverlässige Kraft mit zwölfjähriger Berufserfahrung. Deshalb habe der Bevollmächtigte bei Verlassen der Kanzlei auch davon ausgehen dürfen, dass der Adressat der Berufungsschrift seinen Anweisungen entsprechend geändert werde.
11 
In der Sache trägt der Kläger zur Begründung der Berufung unter anderem Folgendes vor: Das angeschaffte Elektromobil sei als Krankenfahrstuhl im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes anzusehen. Es sei mit einem Elektrokrankenstuhl in jeder Hinsicht vergleichbar. Das Elektromobil könne auch nicht als Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung angesehen werden. Es sei speziell für behinderte und in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkte Personen entwickelt worden. Dem Verwaltungsgericht sei zwar insoweit Recht zu geben, als das Elektromobil auch von älteren, körperlich geschwächten Personen genutzt werden könne. Dies gelte jedoch auch für Rollstühle im herkömmlichen Sinne.
12 
Ein Anspruch lasse sich darüber hinaus auch aus der grundgesetzlich garantierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne die Ehefrau des Klägers die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit nicht bereits durch einen Krankenfahrstuhl erhalten. Ihre Mobilität sei durch das angeschaffte Elektromobil deutlich gestiegen. Hierdurch sei es ihr auch alleine möglich, sich außerhalb der Wohnung fortzubewegen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 09.12.2008 und 03.02.2009 zu verpflichten, ihm eine Beihilfe in Höhe von 70 Prozent zu den Kosten für die Anschaffung eines Elektromobils in Höhe von 3.928,57 EUR zu gewähren.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie erwidert: In Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes seien Gegenstände aufgeführt, die der allgemeinen Lebenshaltung unterlägen und die deshalb von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Dort seien Elektrofahrzeuge (= Elektromobile) namentlich genannt. Die Versorgung mit einem der Erkrankung der Ehefrau des Klägers entsprechenden - medizinisch notwendigen - Fortbewegungsmittel werde mit einem Krankenfahrstuhl, der unter Nr. 1 der Anlage 3 als beihilfefähiges Hilfsmittel aufgeführt sei, gewährleistet. Hierzu gehörten auch Elektrorollstühle, zu deren Anschaffungskosten von der Beihilfestelle eine anteilige Beihilfe gewährt worden wäre. Dadurch wäre dem Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Bewegungsfreiheit ausreichend Genüge getan. Die Versorgung mit einem Elektromobil gehe dagegen über den Maßstab des medizinisch Notwendigen hinaus.
18 
Das hier zu beurteilende Elektromobil könne - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht als Krankenfahrstuhl im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes angesehen werden. Auch bei wohlwollender Auslegung sei das Elektromobil, das ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und hierfür ausgestattet sei, hingegen für die Nutzung innerhalb einer Wohnung aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet sei, nicht mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl vergleichbar. In der Bedienungsanleitung für das vom Kläger angeschaffte Elektromobil werde darauf hingewiesen, dass als Voraussetzung für dessen Nutzung die grundsätzliche Eignung des Fahrers zur Teilnahme am Straßenverkehr gewährleistet sein müsse. Zudem werde mehrmals auf die durch den Gebrauch des Fahrzeugs möglichen Gefahren (Unfall-, Kurzschluss-, Verletzungs-, Kippgefahr, Überschreitung der Sicherheitsgrenzen bei Geschwindigkeit und Gefälle) aufmerksam gemacht. Nutzungseinschränkungen und -gefahren dieses Umfangs seien mit der Bezeichnung Krankenfahrstuhl, die nach der Definition ausschließlich eine Benutzung durch kranke und behinderte Personen ermöglichen solle, nicht vereinbar. Sie gäben vielmehr Hinweis darauf, dass die Nutzung hauptsächlich durch gesunde, allenfalls in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkte Personen erfolgen könne.
19 
Im häuslichen Bereich sei die Ehefrau des Klägers mit einem „normalen“ Rollstuhl versorgt. Zudem erhalte sie seit dem 01.08.2001 von der Beihilfestelle anteilige Pflegeleistungen der Stufe III (Pflegegeld für häusliche Pflege). Dieses Pflegegeld diene auch zur Verbesserung der Bewegungsfreiheit (Mobilität) der Ehefrau des Klägers. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Pflegeperson - bei einem Betreuungsbedarf „rund um die Uhr“, wie er der Pflegestufe III zugrundezulegen sei - dafür Sorge zu tragen habe, dass der Ehefrau des Klägers die Teilnahme am allgemeinen Leben ermöglicht werde. Hierzu könne mit Hilfe der Pflegeperson der bereits vorhandene Rollstuhl verwendet werden. Eine zusätzliche Versorgung mit einem Elektromobil sei daher nicht erforderlich.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig.
23 
Die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil zugelassene Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zwar beim Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingelegt worden. Wegen der versäumten Frist ist dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 125 Abs. 1, 60 VwGO), da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einlegung der Berufung verhindert war. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Rechtsanwaltsfachangestellte seines Prozessbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsfrist - am Montag, dem 09.05.2011 - die Berufung entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Bevollmächtigten beim Verwaltungsgerichtshof und nicht beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Kläger hat diese Darstellung durch eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten hinreichend glaubhaft gemacht. Das danach anzunehmende Verschulden des Büropersonals seines Bevollmächtigten ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Soweit ein Bevollmächtigter seinem Personal - wie hier - Weisungen erteilt hat, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 60 RdNr. 21). Danach hat der Bevollmächtigte des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Versehen seiner sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten beruhte. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und erfüllt damit auch die weiteren, sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 1 Hs. VwGO ergebenden Voraussetzungen.
II.
24 
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils beansprucht, zu Recht abgewiesen.
25 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger Anspruch auf Beihilfe für das für seine Ehefrau angeschaffte Elektromobil hat, bestimmt sich danach auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 01.11.2001. Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, sie waren jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom 26.08.2009 - 2 C 62.08 - NVwZ-RR 2010, 366). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen war. Die Vorschriften sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl. I 2009, 326) nicht mehr anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, aaO).
26 
2. Die Aufwendungen für die Anschaffung des hier zu beurteilenden Elektromobils sind dem Grunde nach nicht notwendig und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.
27 
a) Gemäß der genannten Vorschrift sind beihilfefähig nach den folgenden Bestimmungen Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BhV trifft nähere Regelungen über die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit. Nach Abs. 1 Nr. 4 dieser Vorschrift sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach der Anlage 3. Nach Nr. 1 der Anlage 3 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel - gegebenenfalls im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Dazu gehört ein „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“. In Nr. 9 der Anlage 3 wird weiter bestimmt, dass zu den Hilfsmitteln nicht Gegenstände gehören, die nicht notwendig und angemessen (§ 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (§ 6 Abs. 4 Nr. 3) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; daran anschließend sind im Einzelnen Gegenstände aufgeführt, die nicht zu den Hilfsmitteln gehören (sog. Negativkatalog). Durch die Formulierung „insbesondere“ wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dieser Katalog nicht abschließend ist; in diesem Negativkatalog ist unter anderem aufgeführt „Elektrofahrzeuge (z.B. LARK, Graf Carello)“. Vor dem Hintergrund dieser Systematik in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.09.2011 - 2 S 825/11).
28 
b) Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den dargestellten Rechtsvorschriften - das vom Kläger angeschaffte Elektromobil nicht als „Krankenfahrstuhl“ im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3, sondern als „Elektrofahrzeug“ nach Nr. 9 der Anlage eingestuft und dementsprechend die Beihilfefähigkeit des Gegenstand verneint. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
29 
aa) Nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Beklagten unterfallen dem Begriff „Krankenfahrstuhl“ sowohl Rollstühle ohne Antrieb als auch Elektrorollstühle, jedoch nicht Elektromobile wie das hier zu beurteilende Fahrzeug. Bereits der Wortlaut „Krankenfahrstuhl“ legt die Einbeziehung von Elektromobilen bzw. Scootern in diese „Hilfsmittelgruppe“ nicht nahe. Zudem ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für einen Krankenfahrstuhl charakteristisch, dass er gerade auch in Gebäuden, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt wird; seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und entsprechendem Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Das hier zu beurteilende Elektromobil ist dagegen ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und entsprechend ausgestattet; für eine Nutzung innerhalb einer Wohnung ist es aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist es mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl nicht vergleichbar. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die Auflistung von „Elektrofahrzeugen“ unter Nr. 9 der Anlage 3 ausdrücklich klargestellt, dass Geräte wie das hier zu beurteilende gerade nicht dem Begriff eines „Krankenfahrstuhls“ i.S.v. Nr. 1 der Anlage 3 unterfallen. Die unter dem Begriff „Elektrofahrzeuge“ beispielhaft aufgeführten Marken LARK und Graf Carello sind nach ihrem Aussehen und ihrer Funktion ohne weiteres mit dem vom Kläger angeschafften Elektromobil Cityliner 412 vergleichbar. Der Gesetzgeber hat danach eine eindeutige Abgrenzung zwischen „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“ einerseits und „Elektrofahrzeugen“ andererseits vorgenommen, die eine erweiternde Auslegung des Begriffs „Krankenfahrstuhl“ und eine Einbeziehung des Cityliners 412 unter diese Rubrik ausschließt.
30 
Soweit das OVG Bremen ein Elektromobil in die Rubrik „Krankenfahrstuhl“ in Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV eingestuft hat (Urteil vom 15.12.1999 - 2 A 112/99 - NordÖR 2000, 247), kann dieser Auffassung im Hinblick auf die dargelegte Systematik nicht gefolgt werden. Das OVG Bremen vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ein Elektromobil könne nicht als Gegenstand, der der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 angesehen werden, sondern müsse als beihilfefähiges Hilfsmittel eingestuft werden. Mit dieser Begründung wendet sich das OVG Bremen im Hinblick auf Elektromobile im Kern gegen die Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes und leitet aus übergeordneten Gesichtspunkten entgegen dem Wortlaut der Vorschriften einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil ab. Mit dieser Begründung kann jedoch ein unmittelbarer Anspruch des Beihilfeberechtigten auf Versorgung mit einem Elektromobil bereits nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes nicht angenommen werden.
31 
bb) Die danach in Nr. 9 der Anlage 3 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Elektromobile grundsätzlich nicht als erforderliche Hilfsmittel und damit nicht als beihilfefähig anzusehen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören danach das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das im Fall der Klägerin einschlägige Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 3 KR16/05 R -SozR 4-2500 § 33 Nr. 12). Die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, sei es als Fahrer oder Mitfahrer, zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistungen der Krankenversicherung zu befriedigen sind. Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden, da sie den Verpflichtungen des Dienstherrn entsprechen, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten erwachsen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ, Urt. v. 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - DÖD 1997, 37).
33 
Das hier zu beurteilende Elektromobil Cityliner 412 erweist sich danach zur Überzeugung des Senats nicht als notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV. Ist - wie hier - das allgemeine Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ betroffen, so richtet sich die Notwendigkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in einem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Ehefrau des Klägers die Bewegung im Nahbereich der Wohnung wegen ihrer MS-Erkrankung nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Sie bedarf daher zur Erschließung des erforderlichen körperlichen Freiraums - dies ist ebenfalls unstreitig - eines Hilfsmittels. Die Beklagte kommt bei dieser Sachlage ihren Verpflichtungen, die ihr aus der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten erwächst, in ausreichendem Maße nach, wenn sie entsprechend ihren Vorschriften die Aufwendungen für die Anschaffung eines „Krankenfahrstuhls“ übernimmt. Dies kann bedeuten, dass der Kranke bzw. Behinderte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände seines Einzelfalles gegebenenfalls Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls hat, um ihm auf diesem Weg den erforderlichen körperlichen Freiraum zu verschaffen. Ein - darüber hinausgehender - Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil bzw. ein Wahlrecht des Beihilfeberechtigten, ihm entweder einen Elektrorollstuhl oder ein Elektromobil zur Verfügung zu stellen, besteht hingegen nicht.
34 
In Fällen wie dem hier zu beurteilenden gewährleistet regelmäßig ein Hilfsmittel in Form eines Elektrorollstuhls das allgemeine Grundbedürfnis des Kranken bzw. des Behinderten auf „Bewegungsfreiheit“. Dieses Hilfsmittel sorgt für die erforderliche Mobilität des Kranken bzw. Behinderten sowohl in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen als auch außerhalb der Wohnung in einem Nahbereich, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. So ermöglicht es die Konstruktion des Elektrorollstuhls mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Der Elektrorollstuhl stellt ferner bei Einkäufen im Nahbereich und bei der Aufsuchung von Ärzten und Therapeuten sicher, dass der Benutzer sich in den entsprechenden Räumlichkeiten fortbewegen kann und insoweit mobil ist. Ein Elektromobil ist hingegen nicht geeignet, die erforderliche Mobilität des Benutzers in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsräumen sicherzustellen. Aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises ist es - wie dargelegt - nur für die Benutzung auf der Straße geeignet. Der Kranke bzw. der Behinderte kann damit nur den Weg zu den Einkaufsgeschäften und den Praxisräumen seiner Ärzte und Therapeuten zurücklegen, im Geschäft und in der Praxis selbst ist er jedoch auf weitere Hilfestellung bzw. ein weiteres Hilfsmittel angewiesen. So wäre es der Ehefrau des Klägers etwa unmöglich, mit dem von ihr angeschafften Elektromobil einen (kleineren) Supermarkt aufzusuchen und dort auch selbständig durch die Geschäftsräume zu fahren, um die Waren auszusuchen. Bei dieser Sachlage stellt sich die Entscheidung des Gesetzgebers, stark Gehbehinderten wie der Ehefrau des Klägers bei typisierender Betrachtung einen Elektrorollstuhl im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zur Verfügung zu stellen - nicht jedoch ein Elektromobil - als sachgerecht dar. Das Hilfsmittel eines Elektrorollstuhls sichert das Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ in umfassender Weise und stellt im Vergleich zum Elektromobil das zielgerichtetere bzw. das zielgenauere Hilfsmittel dar. Ist danach das Elektromobil kein gleichermaßen geeignetes Hilfsmittel, steht dem Beihilfeberechtigten auch kein Wahlrecht zwischen Elektrorollstuhl und Elektromobil zu und es kommt auf die Frage, welches Hilfsmittel wirtschaftlicher ist, nicht an.
35 
Dem Umstand, dass das Elektromobil im Vergleich zum Elektrorollstuhl dem Kranken bzw. Behinderten eine schnellere Fortbewegung und auch das Zurücklegen größerer Strecken ermöglicht, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Auch der Elektrorollstuhl sichert die Mobilität im Nahbereich der Wohnung in ausreichendem Maße. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein gesunder Fußgänger sich den Nahbereich einer Wohnung wesentlich schneller erschließen kann als dies für einen Behinderten mit Hilfe eines Elektrorollstuhls möglich ist. Ziel des Basisausgleichs ist es gerade nicht, ein vollständiges Gleichziehen mit Gesunden zu ermöglichen. Unerheblich ist schließlich auch, dass mit Hilfe eines Elektromobils weitaus größere Entfernungen zurückgelegt werden können und dementsprechend sich der Behinderte einen größeren Bewegungsradius verschaffen kann. Auch hier gilt, dass die Hilfsmittelversorgung nur den Nahbereich der Wohnung erschließen soll, jedoch nicht einen Bereich, den ein Gesunder üblicherweise mit dem Fahrrad, einem Elektrobike oder gar einem Kraftfahrzeug aufsucht.
36 
cc) Ob es unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall ausnahmsweise geboten sein kann, von der generellen Entscheidung des Gesetzgebers abzuweichen, wonach lediglich Elektrorollstühle, jedoch keine Elektromobile beihilfefähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Im Fall der Ehefrau des Klägers sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil begründen könnten. Das der Ehefrau des Klägers von der Beklagten früher zur Verfügung gestellte Elektromobil hatte zwar die Mobilität der Ehefrau des Klägers deutlich erhöht und es ihr - nach eigenem Vortrag - ermöglicht, sich alleine außerhalb der Wohnung fortzubewegen. Die erforderliche Mobilität kann jedoch - wie dargelegt - grundsätzlich durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl sichergestellt werden. Die Ehefrau des Klägers hat auch keine Besonderheiten vorgetragen, die in ihrem Fall die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl als nicht ausreichend erscheinen ließen.
37 
Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren sinngemäß darauf berufen hat, der Ehefrau des Klägers sei Pflegegeld der Stufe III zuerkannt worden und die entsprechende Pflegeperson habe mit Hilfe des bereits vorhandenen Rollstuhls die Teilnahme der Ehefrau des Klägers am allgemeinen Leben zu ermöglichen, braucht diesem Vortrag nicht weiter nachgegangen zu werden. Ob die Ehefrau des Klägers Anspruch auf die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl hat, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens, zumal sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt hat.
38 
dd) Da nach alledem das von der Ehefrau des Klägers angeschaffte Elektromobil nicht notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Elektromobile darüber hinaus im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV als Gegenstände anzusehen sind, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen und - auch deshalb - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.11.1999 - B 3 KR 16/99 R - FEVS 51, 395) ist ein Elektromobil kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V, weil es nur von Personen benutzt wird, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt sind, jedoch nicht in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen (so wohl auch OVG Bremen, Urteil vom 15.12.1999, aaO). Im Gegensatz dazu vertritt das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 - Juris) die Auffassung, bei einem Elektromobil handele es sich um ein Fortbewegungsmittel, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Dafür lässt sich - so zu Recht das Verwaltungsgericht - anführen, dass ein Elektromobil auch einen breiteren Personenkreis anspricht, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Ein Elektromobil kann - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des Bundessozialgerichts, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht der Senat jedoch der Frage, in welchem Umfang Elektromobile auch von gesunden (älteren) Menschen benutzt werden, nicht weiter nachzugehen.
39 
3. Schließlich vermittelt auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Ehefrau des Klägers keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beklagte ihr im Jahre 2003 Beihilfe für die Anschaffung eines vergleichbaren Elektromobils gewährt habe. Sollte die Beklagte der Ehefrau des Klägers in der Vergangenheit aufgrund individueller Besonderheiten die Beihilfe zu Recht gewährt haben, würde es nunmehr an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlen; nach den obigen Ausführungen sind im Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Besonderheiten gegeben, die einen Anspruch der Ehefrau des Klägers begründen könnten. Sollte die Beklagte dagegen in der Vergangenheit unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften des Bundes der Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils zuerkannt haben, ließe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch, ihr gegenüber nochmals eine solche (rechtswidrige) Entscheidung zu treffen, nicht herleiten. Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt nicht deshalb, weil eine Behörde diese Bindung während eines bestimmten Zeitraums nicht hinreichend beachtet hat. Deshalb kann die Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erfolg, d.h. mit dem Anspruch auf Einräumung einer Begünstigung nur rügen, wer nach der maßgebenden objektiven Rechtslage einen Anspruch auf die von ihm begehrte Gleichbehandlung hat. Gebietet die Rechtslage die erstrebte Behandlung nicht bzw. schließt sie sie aus, so ist der Gleichheitssatz auch dann nicht verletzt, wenn eine Behandlung entgegen der objektiven Rechtslage in anderen (gleichgelagerten) Fällen gewährt worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153; Urteil vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 - BVerwGE 34, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.09.2011 - 2 S 1202/10 -).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 10. Oktober 2011
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 2.750,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig.
23 
Die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil zugelassene Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zwar beim Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingelegt worden. Wegen der versäumten Frist ist dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 125 Abs. 1, 60 VwGO), da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einlegung der Berufung verhindert war. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Rechtsanwaltsfachangestellte seines Prozessbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsfrist - am Montag, dem 09.05.2011 - die Berufung entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Bevollmächtigten beim Verwaltungsgerichtshof und nicht beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Kläger hat diese Darstellung durch eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten hinreichend glaubhaft gemacht. Das danach anzunehmende Verschulden des Büropersonals seines Bevollmächtigten ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Soweit ein Bevollmächtigter seinem Personal - wie hier - Weisungen erteilt hat, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 60 RdNr. 21). Danach hat der Bevollmächtigte des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Versehen seiner sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten beruhte. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und erfüllt damit auch die weiteren, sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 1 Hs. VwGO ergebenden Voraussetzungen.
II.
24 
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils beansprucht, zu Recht abgewiesen.
25 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger Anspruch auf Beihilfe für das für seine Ehefrau angeschaffte Elektromobil hat, bestimmt sich danach auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 01.11.2001. Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, sie waren jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom 26.08.2009 - 2 C 62.08 - NVwZ-RR 2010, 366). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen war. Die Vorschriften sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl. I 2009, 326) nicht mehr anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, aaO).
26 
2. Die Aufwendungen für die Anschaffung des hier zu beurteilenden Elektromobils sind dem Grunde nach nicht notwendig und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.
27 
a) Gemäß der genannten Vorschrift sind beihilfefähig nach den folgenden Bestimmungen Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BhV trifft nähere Regelungen über die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit. Nach Abs. 1 Nr. 4 dieser Vorschrift sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach der Anlage 3. Nach Nr. 1 der Anlage 3 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel - gegebenenfalls im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Dazu gehört ein „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“. In Nr. 9 der Anlage 3 wird weiter bestimmt, dass zu den Hilfsmitteln nicht Gegenstände gehören, die nicht notwendig und angemessen (§ 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (§ 6 Abs. 4 Nr. 3) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; daran anschließend sind im Einzelnen Gegenstände aufgeführt, die nicht zu den Hilfsmitteln gehören (sog. Negativkatalog). Durch die Formulierung „insbesondere“ wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dieser Katalog nicht abschließend ist; in diesem Negativkatalog ist unter anderem aufgeführt „Elektrofahrzeuge (z.B. LARK, Graf Carello)“. Vor dem Hintergrund dieser Systematik in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.09.2011 - 2 S 825/11).
28 
b) Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den dargestellten Rechtsvorschriften - das vom Kläger angeschaffte Elektromobil nicht als „Krankenfahrstuhl“ im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3, sondern als „Elektrofahrzeug“ nach Nr. 9 der Anlage eingestuft und dementsprechend die Beihilfefähigkeit des Gegenstand verneint. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
29 
aa) Nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Beklagten unterfallen dem Begriff „Krankenfahrstuhl“ sowohl Rollstühle ohne Antrieb als auch Elektrorollstühle, jedoch nicht Elektromobile wie das hier zu beurteilende Fahrzeug. Bereits der Wortlaut „Krankenfahrstuhl“ legt die Einbeziehung von Elektromobilen bzw. Scootern in diese „Hilfsmittelgruppe“ nicht nahe. Zudem ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für einen Krankenfahrstuhl charakteristisch, dass er gerade auch in Gebäuden, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt wird; seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und entsprechendem Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Das hier zu beurteilende Elektromobil ist dagegen ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und entsprechend ausgestattet; für eine Nutzung innerhalb einer Wohnung ist es aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist es mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl nicht vergleichbar. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die Auflistung von „Elektrofahrzeugen“ unter Nr. 9 der Anlage 3 ausdrücklich klargestellt, dass Geräte wie das hier zu beurteilende gerade nicht dem Begriff eines „Krankenfahrstuhls“ i.S.v. Nr. 1 der Anlage 3 unterfallen. Die unter dem Begriff „Elektrofahrzeuge“ beispielhaft aufgeführten Marken LARK und Graf Carello sind nach ihrem Aussehen und ihrer Funktion ohne weiteres mit dem vom Kläger angeschafften Elektromobil Cityliner 412 vergleichbar. Der Gesetzgeber hat danach eine eindeutige Abgrenzung zwischen „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“ einerseits und „Elektrofahrzeugen“ andererseits vorgenommen, die eine erweiternde Auslegung des Begriffs „Krankenfahrstuhl“ und eine Einbeziehung des Cityliners 412 unter diese Rubrik ausschließt.
30 
Soweit das OVG Bremen ein Elektromobil in die Rubrik „Krankenfahrstuhl“ in Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV eingestuft hat (Urteil vom 15.12.1999 - 2 A 112/99 - NordÖR 2000, 247), kann dieser Auffassung im Hinblick auf die dargelegte Systematik nicht gefolgt werden. Das OVG Bremen vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ein Elektromobil könne nicht als Gegenstand, der der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 angesehen werden, sondern müsse als beihilfefähiges Hilfsmittel eingestuft werden. Mit dieser Begründung wendet sich das OVG Bremen im Hinblick auf Elektromobile im Kern gegen die Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes und leitet aus übergeordneten Gesichtspunkten entgegen dem Wortlaut der Vorschriften einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil ab. Mit dieser Begründung kann jedoch ein unmittelbarer Anspruch des Beihilfeberechtigten auf Versorgung mit einem Elektromobil bereits nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes nicht angenommen werden.
31 
bb) Die danach in Nr. 9 der Anlage 3 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Elektromobile grundsätzlich nicht als erforderliche Hilfsmittel und damit nicht als beihilfefähig anzusehen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören danach das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das im Fall der Klägerin einschlägige Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 3 KR16/05 R -SozR 4-2500 § 33 Nr. 12). Die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, sei es als Fahrer oder Mitfahrer, zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistungen der Krankenversicherung zu befriedigen sind. Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden, da sie den Verpflichtungen des Dienstherrn entsprechen, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten erwachsen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ, Urt. v. 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - DÖD 1997, 37).
33 
Das hier zu beurteilende Elektromobil Cityliner 412 erweist sich danach zur Überzeugung des Senats nicht als notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV. Ist - wie hier - das allgemeine Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ betroffen, so richtet sich die Notwendigkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in einem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Ehefrau des Klägers die Bewegung im Nahbereich der Wohnung wegen ihrer MS-Erkrankung nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Sie bedarf daher zur Erschließung des erforderlichen körperlichen Freiraums - dies ist ebenfalls unstreitig - eines Hilfsmittels. Die Beklagte kommt bei dieser Sachlage ihren Verpflichtungen, die ihr aus der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten erwächst, in ausreichendem Maße nach, wenn sie entsprechend ihren Vorschriften die Aufwendungen für die Anschaffung eines „Krankenfahrstuhls“ übernimmt. Dies kann bedeuten, dass der Kranke bzw. Behinderte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände seines Einzelfalles gegebenenfalls Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls hat, um ihm auf diesem Weg den erforderlichen körperlichen Freiraum zu verschaffen. Ein - darüber hinausgehender - Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil bzw. ein Wahlrecht des Beihilfeberechtigten, ihm entweder einen Elektrorollstuhl oder ein Elektromobil zur Verfügung zu stellen, besteht hingegen nicht.
34 
In Fällen wie dem hier zu beurteilenden gewährleistet regelmäßig ein Hilfsmittel in Form eines Elektrorollstuhls das allgemeine Grundbedürfnis des Kranken bzw. des Behinderten auf „Bewegungsfreiheit“. Dieses Hilfsmittel sorgt für die erforderliche Mobilität des Kranken bzw. Behinderten sowohl in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen als auch außerhalb der Wohnung in einem Nahbereich, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. So ermöglicht es die Konstruktion des Elektrorollstuhls mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Der Elektrorollstuhl stellt ferner bei Einkäufen im Nahbereich und bei der Aufsuchung von Ärzten und Therapeuten sicher, dass der Benutzer sich in den entsprechenden Räumlichkeiten fortbewegen kann und insoweit mobil ist. Ein Elektromobil ist hingegen nicht geeignet, die erforderliche Mobilität des Benutzers in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsräumen sicherzustellen. Aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises ist es - wie dargelegt - nur für die Benutzung auf der Straße geeignet. Der Kranke bzw. der Behinderte kann damit nur den Weg zu den Einkaufsgeschäften und den Praxisräumen seiner Ärzte und Therapeuten zurücklegen, im Geschäft und in der Praxis selbst ist er jedoch auf weitere Hilfestellung bzw. ein weiteres Hilfsmittel angewiesen. So wäre es der Ehefrau des Klägers etwa unmöglich, mit dem von ihr angeschafften Elektromobil einen (kleineren) Supermarkt aufzusuchen und dort auch selbständig durch die Geschäftsräume zu fahren, um die Waren auszusuchen. Bei dieser Sachlage stellt sich die Entscheidung des Gesetzgebers, stark Gehbehinderten wie der Ehefrau des Klägers bei typisierender Betrachtung einen Elektrorollstuhl im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zur Verfügung zu stellen - nicht jedoch ein Elektromobil - als sachgerecht dar. Das Hilfsmittel eines Elektrorollstuhls sichert das Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ in umfassender Weise und stellt im Vergleich zum Elektromobil das zielgerichtetere bzw. das zielgenauere Hilfsmittel dar. Ist danach das Elektromobil kein gleichermaßen geeignetes Hilfsmittel, steht dem Beihilfeberechtigten auch kein Wahlrecht zwischen Elektrorollstuhl und Elektromobil zu und es kommt auf die Frage, welches Hilfsmittel wirtschaftlicher ist, nicht an.
35 
Dem Umstand, dass das Elektromobil im Vergleich zum Elektrorollstuhl dem Kranken bzw. Behinderten eine schnellere Fortbewegung und auch das Zurücklegen größerer Strecken ermöglicht, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Auch der Elektrorollstuhl sichert die Mobilität im Nahbereich der Wohnung in ausreichendem Maße. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein gesunder Fußgänger sich den Nahbereich einer Wohnung wesentlich schneller erschließen kann als dies für einen Behinderten mit Hilfe eines Elektrorollstuhls möglich ist. Ziel des Basisausgleichs ist es gerade nicht, ein vollständiges Gleichziehen mit Gesunden zu ermöglichen. Unerheblich ist schließlich auch, dass mit Hilfe eines Elektromobils weitaus größere Entfernungen zurückgelegt werden können und dementsprechend sich der Behinderte einen größeren Bewegungsradius verschaffen kann. Auch hier gilt, dass die Hilfsmittelversorgung nur den Nahbereich der Wohnung erschließen soll, jedoch nicht einen Bereich, den ein Gesunder üblicherweise mit dem Fahrrad, einem Elektrobike oder gar einem Kraftfahrzeug aufsucht.
36 
cc) Ob es unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall ausnahmsweise geboten sein kann, von der generellen Entscheidung des Gesetzgebers abzuweichen, wonach lediglich Elektrorollstühle, jedoch keine Elektromobile beihilfefähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Im Fall der Ehefrau des Klägers sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil begründen könnten. Das der Ehefrau des Klägers von der Beklagten früher zur Verfügung gestellte Elektromobil hatte zwar die Mobilität der Ehefrau des Klägers deutlich erhöht und es ihr - nach eigenem Vortrag - ermöglicht, sich alleine außerhalb der Wohnung fortzubewegen. Die erforderliche Mobilität kann jedoch - wie dargelegt - grundsätzlich durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl sichergestellt werden. Die Ehefrau des Klägers hat auch keine Besonderheiten vorgetragen, die in ihrem Fall die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl als nicht ausreichend erscheinen ließen.
37 
Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren sinngemäß darauf berufen hat, der Ehefrau des Klägers sei Pflegegeld der Stufe III zuerkannt worden und die entsprechende Pflegeperson habe mit Hilfe des bereits vorhandenen Rollstuhls die Teilnahme der Ehefrau des Klägers am allgemeinen Leben zu ermöglichen, braucht diesem Vortrag nicht weiter nachgegangen zu werden. Ob die Ehefrau des Klägers Anspruch auf die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl hat, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens, zumal sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt hat.
38 
dd) Da nach alledem das von der Ehefrau des Klägers angeschaffte Elektromobil nicht notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Elektromobile darüber hinaus im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV als Gegenstände anzusehen sind, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen und - auch deshalb - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.11.1999 - B 3 KR 16/99 R - FEVS 51, 395) ist ein Elektromobil kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V, weil es nur von Personen benutzt wird, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt sind, jedoch nicht in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen (so wohl auch OVG Bremen, Urteil vom 15.12.1999, aaO). Im Gegensatz dazu vertritt das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 - Juris) die Auffassung, bei einem Elektromobil handele es sich um ein Fortbewegungsmittel, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Dafür lässt sich - so zu Recht das Verwaltungsgericht - anführen, dass ein Elektromobil auch einen breiteren Personenkreis anspricht, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Ein Elektromobil kann - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des Bundessozialgerichts, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht der Senat jedoch der Frage, in welchem Umfang Elektromobile auch von gesunden (älteren) Menschen benutzt werden, nicht weiter nachzugehen.
39 
3. Schließlich vermittelt auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Ehefrau des Klägers keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beklagte ihr im Jahre 2003 Beihilfe für die Anschaffung eines vergleichbaren Elektromobils gewährt habe. Sollte die Beklagte der Ehefrau des Klägers in der Vergangenheit aufgrund individueller Besonderheiten die Beihilfe zu Recht gewährt haben, würde es nunmehr an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlen; nach den obigen Ausführungen sind im Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Besonderheiten gegeben, die einen Anspruch der Ehefrau des Klägers begründen könnten. Sollte die Beklagte dagegen in der Vergangenheit unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften des Bundes der Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils zuerkannt haben, ließe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch, ihr gegenüber nochmals eine solche (rechtswidrige) Entscheidung zu treffen, nicht herleiten. Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt nicht deshalb, weil eine Behörde diese Bindung während eines bestimmten Zeitraums nicht hinreichend beachtet hat. Deshalb kann die Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erfolg, d.h. mit dem Anspruch auf Einräumung einer Begünstigung nur rügen, wer nach der maßgebenden objektiven Rechtslage einen Anspruch auf die von ihm begehrte Gleichbehandlung hat. Gebietet die Rechtslage die erstrebte Behandlung nicht bzw. schließt sie sie aus, so ist der Gleichheitssatz auch dann nicht verletzt, wenn eine Behandlung entgegen der objektiven Rechtslage in anderen (gleichgelagerten) Fällen gewährt worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153; Urteil vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 - BVerwGE 34, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.09.2011 - 2 S 1202/10 -).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 10. Oktober 2011
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 2.750,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2005 - 17 K 4959/04 - geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für die mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen zu gewähren. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 18.08.2004 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten Beihilfe für eine künstliche Befruchtung.
Er ist Professor im Dienst des Beklagten und zu 50 % beihilfeberechtigt. Mit Antrag vom 30.07.2004 begehrte er vom Beklagten Beihilfe für Aufwendungen im Rahmen der bei seiner Lebenspartnerin durchgeführten künstlichen Befruchtung in Höhe von insgesamt 9.334,44 EUR (richtig: 10.133,82 EUR). Mit Bescheid vom 18.08.2004 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Erstattung ab und führt er aus, beihilfefähig seien nur Aufwendungen, die bei der Befruchtung mit Sperma des Ehemanns entstünden. Den mit Schreiben vom 25.08.2004 erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 zurück.
Am 15.12.2004 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 18.08.2004 und dessen Widerspruchsbescheids vom 15.11.2004 zu verpflichten, ihm aufgrund seines Antrags vom 30.07.2004 Beihilfe zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.08.2005 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zu § 6 BVO seien Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei homologer Insemination (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) und homologer In-vitro-Fertilisation (extrakorporal) nach näheren Maßgaben beihilfefähig. Nicht beihilfefähig seien Aufwendungen für die heterologe Insemination oder heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewähre, müssten sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergingen, müssten sich diese im Rahmen des normativen Programms halten. Sie dürften auch die Ausübung eines etwas vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Insoweit ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zur § 6 BVO, dass Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung bei Paaren, die nicht miteinander verheiratet seien, ausgeschlossen sein sollten. Dieser Ausschluss decke sich auch mit dem „Programm“ der Beihilfevorschriften. Die Regelung der Nichtbeihilfefähigkeit der heterologen Insemination oder heterologen In-vitro-Fertilisation in Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift habe nicht nur diejenigen Fälle im Blick, in denen sich die Frau einer entsprechenden Behandlung unterziehe. Vielmehr lasse sich in die Umschreibung auch der Fall der Behandlung des Mannes einordnen. Nichts anderes ergebe sich aus der positiven Regelung hinsichtlich der Beihilfefähigkeit homologer In-vitro-Fertilisation und homologer Insemination. Unstreitig sei die auf einem OAT-Syndrom beruhende Zeugungsunfähigkeit des Klägers ein regelwidriger Körperzustand, der einer Behandlung zugänglich sei, die einen Funktionsausgleich schaffe. Für die homologe Insemination und In-vitro-Fertilisation habe dies auch Niederschlag in der Beihilfeverordnung gefunden. Es widerspreche nicht dem Programm der Beihilferegelungen, heterologe Behandlungsmethoden aus der Beihilfefähigkeit auszunehmen. Auch ein Verstoß gegen das Fürsorgeprinzip sei nicht erkennbar.
Zum Programm der Beihilferegelung gehöre gemäß § 5 Abs. 1 BVO, dass dem Grunde nach notwendige Aufwendungen in angemessenem Umfang beihilfefähig seien, und dass unter anderem Ehegatten berücksichtigungsfähig seien. Dem entspreche es, Notwendigkeit und Angemessenheit zu verneinen, soweit der Fortpflanzungswunsch außerhalb der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe und Familie bestehe. Nichtehelichen Lebensgemeinschaften und sonstigen Lebensformen fehle das formale Element, weshalb sie nicht unter den Begriff der Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG fielen. Die Schutzwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG greife auch dann nicht ein, wenn nicht miteinander verheiratete Partner den Wunsch hätten, Kinder zu zeugen. Ein weitergehendes, auch den Kinderwunsch nichtehelicher Paare beihilferechtlich berücksichtigendes Programm der Beihilfeverordnung lasse sich nicht daraus ableiten, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 BVO die Mutter eines nichtehelichen Kindes des Beihilfeberechtigten im Hinblick auf die Geburt des Kindes als berücksichtigungsfähige Angehörige bezeichne. Vielmehr sei diese Regelung Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, der damit den amtsangemessenen Lebensunterhalt des Beamten im Hinblick auf die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der anstehenden Geburt seines Kindes sicherstellen wolle.
Der Dienstherr habe bei der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht einen Spielraum, der nicht die lückenlose Erstattung der Aufwendungen gebiete. In Fällen, in denen die Beihilferegelungen die Gewährung einer Beihilfe ausschlössen oder begrenzten, komme ein Zurückgreifen auf die allgemeine Fürsorgepflicht ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn diese andernfalls in ihrem Wesensgehalt verletzt sei. Dies sei nicht der Fall. Es sei mit dem Fürsorgeprinzip nicht schlechterdings unvereinbar, die Erstattung von Aufwendungen für Insemination oder In-vitro-Fertilisation von der Voraussetzung abhängig zu machen, dass die potentiellen Eltern miteinander verheiratet seien, mithin in diesem Fall die Fürsorgepflicht an Art. 6 GG zu orientieren.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 30.04.2007 - 4 S 2530/05 - die Berufung zugelassen. Nach Verlängerung der Begründungsfrist hat der Kläger die Berufung am 06.07.2007 begründet. Er trägt vor, der Beklagte sei verpflichtet, ihm Beihilfe für die In-vitro-Fertilisation, oder präziser ICSI (intracytoplasmatische Spermieninjektion), zu gewähren, weil eine Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren bei der Behandlung einer Krankheit gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und mit dem System der Beihilfe nicht vereinbar sei. Voraussetzung für die Gewährung einer Beihilfe sei, dass diese aus Anlass einer Krankheit entstanden sei. Seine auf einem OAT-Syndrom beruhende Einschränkung der Zeugungsfähigkeit sei unstreitig eine Krankheit. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zu § 6 BVO seien bei homologer In-vitro-Fertilisation daher vom Grundsatz her erstattungsfähig. Der Ausschluss der Beihilfegewährung für diese Behandlung sei bei nicht miteinander verheirateten Paaren nicht durch den dem Dienstherrn eingeräumten Spielraum bei der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht gedeckt. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass der Dienstherr bei Vorliegen einer Krankheit zur Erstattung von Aufwendungen für anerkannte Methoden der Heilung zwischen miteinander verheirateten und nicht verheirateten Paaren keine Unterscheidung treffen dürfe. Dies folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2007 und gelte nicht nur für das System der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bei der Beihilfe. Die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 16.12.2004, wonach es sachgerecht sei, den Vollzug der beihilferechtlichen Vorschriften von der Feststellung einer nichtehelichen Partnerschaft abhängig zu machen, sei überholt.
Der Ausschlussgrund Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sei bereits nach seinem Wortlaut nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Gemeint sei vielmehr nur der Fall, dass bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung mit dem Sperma eines anderen als des eigenen Ehemanns durchgeführt werde. Sein Fall unterscheide sich dadurch, dass er selbst beihilfeberechtigt und medizinisch zeugungsfähig sei, aber eben nur über den Weg einer künstlichen Befruchtung seiner Partnerin mit seinem Sperma. Diesen Fall erfasse die Verwaltungsvorschrift nicht. Praktische Probleme bei der Feststellung einer nichtehelichen Partnerschaft stellten sich in seinem Fall nicht, da er primär Aufwendungen geltend mache, die bei der Behandlung seiner eigenen Krankheit entstanden seien. In welcher Beziehung er zu seiner Partnerin stehe, sei dabei völlig unerheblich. Im Übrigen kenne das Beihilferecht durchaus Fälle, in denen auch in nichtehelicher Lebensgemeinschaft eine Beihilfeberechtigung des Partners gegeben sei. So sei im Falle der Geburt eines Kindes die nichteheliche Partnerin des Beihilfeberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 BVO selbst beihilfeberechtigt. Im Übrigen genieße die nichteheliche Lebensgemeinschaft den Schutz der Art. 1, 2, 3 und 9 GG. Mit diesen Vorgaben sei ein genereller Ausschluss der Aufwendungen zur Beseitigung seiner Krankheit nicht vereinbar. Außerdem seien auch seine Grundrechte und die seiner Partnerin aus der Konvention zum Schutze der Grundfreiheiten und Menschenrechte (EMRK) verletzt, und zwar vor allem die Art. 6, 12 und 14 EMRK. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe den Begriff der Familie in einem ähnlich weiten Sinn interpretiert wie das Bundesverfassungsgericht und in wichtigen Entscheidungen auch die Bereitschaft zu weiterer richterlicher Rechtsfortbildung erkennen lassen. Der Kinderwunsch nicht verheirateter Ehepaare falle in den Schutzbereich des Art. 12 EMRK und der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit stelle zusätzlich eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung im Sinne des Art. 14 EMRK dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2005 - 17 K 4959/04 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 18.08.2004 und dessen Widerspruchsbescheids vom 15.11.2004 zu verpflichten, ihm Beihilfe für die mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen zu gewähren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und trägt ergänzend vor, die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen scheitere daran, dass der Kläger im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung mit seiner Lebenspartnerin nicht verheiratet gewesen sei. Die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren bei Erstattung von Aufwendungen der künstlichen Befruchtung sei mit dem System der Beihilfe vereinbar. Eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu verheirateten beihilfeberechtigten Personen sei daher sachlich gerechtfertigt. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.02.2007. Der Ausschluss der Beihilfegewährung bei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei nicht miteinander verheirateten Paaren sei durch den dem Dienstherrn eingeräumten Spielraum bei der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht abgedeckt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach die Anknüpfung an den Familienstand einen einfachen Vollzug gewährleiste, sei nicht durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überholt. Würde der Vollzug der beihilferechtlichen Vorschriften von der Feststellung einer nichtehelichen Partnerschaft abhängig gemacht werden, müsste die Beihilfestelle in das Privatleben der Beihilfeberechtigten eindringen. Der Ausschlussgrund nach Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift sei im Falle des Klägers einschlägig. Eine Beschränkung auf die künstliche Befruchtung bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau sei schon dem Wortlaut nach nicht ersichtlich. Auch die Regelung in § 3 Abs. 1 BVO führe nicht zur Beihilfefähigkeit der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen. Diese Regelung sei Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, der damit den angemessenen Lebensunterhalt des Beamten im Hinblick auf die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der anstehenden Geburt seines Kindes sicherstellen wolle. Dagegen gebiete es die Fürsorgepflicht nicht, darüber hinaus auch den amtsangemessenen Lebensunterhalt des unverheirateten Beamten im Hinblick auf die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit dem Kinderwunsch sicherzustellen. Ein Anspruch auf die Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen künstlichen Befruchtung könne weder aus Art. 6 GG noch aus anderen Artikeln der Verfassung oder der EMRK abgeleitet werden. Der Dienstherr dürfe vielmehr die Fürsorgepflicht an Art. 6 GG orientieren.
13 
Der Ausschlussgrund nach Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO schränke die Norm des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ein, sondern konkretisiere sie. Dabei halte er sich im Rahmen des normativen Programms der Beihilfevorschriften und sorge für eine einfache und gleichartige Handhabung. Unabhängig davon dürften Verwaltungsvorschriften auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Beurteilungsspielraums lenken. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO ordne die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung stets der Ehefrau zu, während Aufwendungen für eine ICSI regelmäßig dem Ehemann zuzurechnen seien. Damit führe die Vorschrift den von Art. 6 GG vorgegebenen Schutz von Ehe und Familie fort und stehe im Einklang mit dem Aufbau und dem Grundsatzprogramm der Beihilfevorschriften. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO seien berücksichtigungsfähige Angehörige nur die Ehegatten der Beihilfeberechtigten, nicht hingegen deren Lebenspartner. Im Hinblick darauf würde eine Gerichtsentscheidung, die Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO entgegenstehe, zumindest teilweise ins Leere laufen, da nämlich zu berücksichtigen sei, dass bei den streitgegenständlichen Rechnungen zumindest teilweise die Lebenspartnerin des Klägers Patientin gewesen sei. Für die bei ihr entstandenen Aufwendungen fehle es an der Berücksichtigungsfähigkeit. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung würden medizinische Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nur dann erfasst, wenn die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollten, miteinander verheiratet seien.
14 
Die Akten des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgarts waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Berufung des Klägers ist nach der Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die - zulässige - Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Juni 2003 bis Februar 2004) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125). Die Beihilfeverordnung ist auf der Grundlage des § 101 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (GBl. S. 286) erlassen worden. Nach dieser Vorschrift wird den Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten, Witwern und Waisen zu Aufwendungen in Ge-burts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen sowie zur Gesundheitsvorsorge Beihilfe gewährt, solange ihnen laufende Besoldungs- oder Versorgungsbezüge zustehen. Das Nähere regelt das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung. Dabei ist insbesondere zu bestimmen, welche Personen beihilfeberechtigt und welche Personen berücksichtigungsfähig sind (Nr. 1); welche Aufwendungen beihilfefähig sind, wobei kleinere gesetzliche Kostenanteile sowie Kosten des Besuchs vorschulischer oder schulischer Einrichtungen und von berufsfördernden Maßnahmen nicht einbezogen werden dürfen (Nr. 2); unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe zu gewähren ist oder gewährt werden kann (Nr. 3); wie die Beihilfe zu bemessen ist (…) (Nr. 4) und wie übergangsweise die Gemeinden, Landkreise und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die zu leistende Beihilfe über eine Versicherung gewähren können (Nr. 5).
18 
Die Gewährung von Beihilfe gehört zwar nicht selbst zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, ist jedoch Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu diesen Grundsätzen gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 33 Abs. 5 GG). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277 m.w.N.). Es steht ihm frei, entweder die Dienstbezüge des Beamten so zu bemessen, dass er in der Lage ist, die ihm und seiner Familie entstehenden Kosten medizinischer Heilbehandlungen durch eigene Vorsorge abzudecken, oder dem Beamten freie Heilfürsorge oder Zuschüsse zu gewähren oder aber verschiedene Möglichkeiten miteinander zu kombinieren. Entscheidet sich der Dienstherr - wie hier der Beklagte - für die Lösung, die Dienstbezüge entsprechend zu bemessen und ergänzend Beihilfe zu gewähren, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenbeteiligung nicht absichern kann (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 -, BVerwGE 119, 168).
19 
Damit dienen auch die für die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, müssen sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung als Rechtsverordnung des Landes Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergehen, müssen sich diese im Rahmen des normativen Programms halten, dieses also konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären. Sie dürfen auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
20 
Nach § 5 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen.
21 
Die In-vitro-Fertilisation in Kombination mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (IVF-/ICSI-Behandlung) ist eine zur Behandlung einer Krankheit spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie bzw. eines OAT-Syndroms III. Grades stellt einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 C 38.02 -, BVerwGE 119, 265; BGH, Urteile vom 17.12.1986 - IVa ZR 78/85 -, BGHZ 99, 228, und vom 13.09.2006 - IV ZR 133/05 -, NJW 2006, 3560; Senatsbeschluss vom 28.10.2005 - 4 S 2627/04 - ESVGH 56, 128; VG Berlin, Urteil vom 11.09.2007 - 28 A 274.05 -, Juris). Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.1993 - 11 S 498/93 -, Juris; BGH, Urteil vom 03.03.2004 - IV ZR 25/03 -, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der - unstreitig gesunden - Lebenspartnerin des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann - anders als bei anderen Erkrankungen - durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers kein Heilungserfolg eintreten (BGH, Urteil vom 03.03.2004, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 28.10.2005, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.09.2008 – 5 LA 198/07 -, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2007 - 1 A 2537/06 -, Juris). Daher sind die gesamten Maßnahmen im Rahmen der künstlichen Befruchtung dem Kläger zuzurechnen. Dies hat der Beklagte zumindest im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht in Frage gestellt.
22 
Der Umstand, dass medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen werden, sondern in § 27a SGB V als „eigenständiger Versicherungsfall“ den für Krankheiten geltenden Regelungen des Fünften Sozialgesetzbuchs lediglich unterstellt sind, rechtfertig keine andere Beurteilung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.02.2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316, und Beschluss vom 27.02.2009 - 1 BvR 2982/07 -, FamRZ 2009, 761; BSG, Urteil vom 03.03.2001 - B 1 KR 40/00 R -, BSGE 88, 62). Denn zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen grundlegende Strukturunterschiede, die es ausschließen, einzelne Strukturelemente aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ohne ausdrückliche Regelung in das System der Beihilfe zu übertragen. Eine Anknüpfung an die Systematik des § 27a SGB V, wie sie sich in den Beihilfevorschriften des Bundes und anderer Länder findet, ist zwar grundsätzlich möglich. Weder die hier anzuwendende noch die derzeit geltende Fassung der Beihilfeverordnung des Beklagten sehen aber Derartiges vor. Aus Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Württemberg zu § 6 BVO vom 23.04.1996 (GABl. S. 371) ergibt sich vielmehr, dass die künstliche Befruchtung im System der Beihilfe als Maßnahme zur Behandlung einer Krankheit angesehen wird.
23 
Der Annahme, dass die IVF-/ICSI-Behandlung der Behandlung einer Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO dient und insoweit notwendig ist, steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte heterologe IVF-/ICSI-Behandlung handelt, also eine künstlichen Befruchtung zwischen nicht verheirateten Partnern. Denn das Vorliegen eines anomalen körperlichen Zustands hängt nicht von der Existenz einer Ehe ab. Eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit - die objektiv und nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch als regelwidriger Körperzustand anzusehen ist - liegt unabhängig vom Bestehen einer Ehe vor und verändert sich nicht je nachdem, ob eine eheliche oder nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht (LG Berlin, Urteil vom 24.02.2004 - 7 O 433/02 -, RuS 2004, 203). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Fortpflanzungsfähigkeit nur für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion ist (so LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 - 11 O 297/06 -, Juris; ebenso Bayerischer VGH, Urteil vom 30.03.1993 - 3 B 92.2829 -, ZBR 1993, 279; OVG Berlin, Urteil vom 28.10.2003 – 4 B 3.03 -, Juris; offen gelassen BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Eine selbstbestimmte Entscheidungsbefugnis für ein gemeinsames Kind steht nichtehelichen Lebenspartnern nach den gewandelten gesellschaftlichen Anschauungen ebenso zu wie Ehepartnern. Auch können erhebliche Einschränkungen des Selbstwertgefühls und schwerwiegende Konflikte bis hin zu seelischen Erkrankungen nichteheliche Partner, die in einer festen Partnerschaft leben, genauso treffen. Denn Kinder zu haben und aufzuziehen, bedeutet - unabhängig vom Familienstand - für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens (BFH, Urteil vom 10.05.2007 - III R 47/05 -, NJW 2007, 3596).
24 
Die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen wird durch Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ausgeschlossen. In diesem „Hinweis“ ist bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für homologe Insemination und homologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) beihilfefähig sind. Nicht beihilfefähig sind nach dieser Regelung Aufwendungen für heterologe Insemination und heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Dabei beschränkt sich der Ausschlussgrund entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Fälle, in denen bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung durchgeführt wird. Zwar ist die in Parenthese erfolgte Präzisierung des Begriffs der heterologen Befruchtung dem Wortlaut nach nur auf die (Ehe-) Frau bezogen. Dies beruht indes darauf, dass jede Behandlung einer Fertilitätsstörung, unabhängig davon, ob die Ursache dafür beim Mann oder bei der Frau liegt, im Ergebnis die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei der Frau zum Ziel hat. Da sich die Ausschlussregelung - ohne Einschränkung hinsichtlich der betroffenen Person - insgesamt auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bezieht, sind damit auch die Fälle erfasst, in denen der beihilfeberechtigte Mann aufgrund seiner Erkrankung nur im Wege der künstlichen Befruchtung in der Lage ist, ein Kind zu zeugen. Die Unterscheidung zwischen homologer und heterologer Befruchtung erfolgt in diesem Fall danach, ob der Samen des „erkrankten“ Mannes zur Befruchtung seiner Ehefrau vorgesehen ist oder zur Befruchtung einer Frau, mit der er nicht verheiratet ist.
25 
Die Verwaltungsvorschrift kann aber weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus den Vorschriften der Beihilfeverordnung selbst ergibt (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).
26 
Es erscheint bereits fraglich, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine IVF-/ICSI-Behandlung bei nichtverheirateten Beamten mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des § 27a Abs. 1 SGB V ausgeführt, es wäre nicht zu rechtfertigen, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung von der Sachleistung einer Maßnahme der künstlichen Befruchtung auszuschließen, wenn diese medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienten; eine Vorschrift, die eine solche Leistung der gesetzlichen Krankenkasse nur Verheirateten, aber nicht unverheirateten Personen zugute kommen ließe, hätte vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand. Die Regelung in § 27a Abs. 1 SGB V hat das Bundesverfassungsgericht dennoch gebilligt, weil der Gesetzgeber Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern hierfür einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe (BVerfG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.). Dies ist nach der Beihilfeverordnung - wie ausgeführt - anders. Die künstliche Befruchtung wird hier den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit zugeordnet. Ob die Erwägung des Beklagten, die Feststellung des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könne zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen und unter Umständen ein Eindringen in das Privatleben des Beihilfeberechtigten erfordern, einen tragfähigen Grund für die Ungleichbehandlung von unverheirateten Beamten darstellen könnte, kann indes offen bleiben. Denn die Entscheidung, unverheirateten Beamten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung keine Beihilfe zu gewähren, kann jedenfalls nicht im Wege einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden.
27 
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 BVO berechtigt nur zum Erlass von Verwaltungsvorschriften, welche die Beihilfefähigkeit von näher bezeichneten Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen. Dies betrifft Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sowie Materialien, Arznei- und Verbandmittel (Nr. 1), Aufwendungen für nicht in den Gebührenverzeichnissen der Gebührenordnungen der Bundesregierung aufgeführte ärztliche, psychotherapeutische oder zahnärztliche Leistungen (Nr. 2) und Aufwendungen für Heilbehandlungen nach Absatz 1 Nr. 3, Behandlungen von Heilpraktikern und psychotherapeutische oder ähnliche Behandlungen (Nr. 3). Hierunter fallen die streitgegenständlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht, insbesondere sind die In-vitro-Fertilisation und die intracytoplasmatische Spermieninjektion als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden einzustufen (BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Darüber hinaus dürfen Verwaltungsvorschriften das normativ vorgegebene „Programm“ der Beihilfevorschriften lediglich norminterpretierend konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären und auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem „Programm“ der Beihilfevorschriften selbst ergeben. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt sind, kann nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O., und Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
28 
Mit diesen Grundsätzen unvereinbar ist ein Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei unverheirateten Beamten, wie ihn Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO vorsieht. Erfüllt der Beamte, dem eine ärztliche Leistung zur Linderung eines krankheitsbedingten Leidens oder - wie hier - zum Ausgleich eines körperlichen Mangels erbracht wird, die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BVO aufgestellten Voraussetzungen, so steht ihm nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVO ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf die Beihilfe zu, der durch Verwaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden kann.
29 
Die Erwägung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aus Gründen einer einfachen und gleichartigen Handhabung und damit zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten auf Ehepartner zu beschränken, rechtfertigt die Regelung im Wege einer Verwaltungsvorschrift nicht. Denn die Anknüpfung an den Familienstand ist zur Abgrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Krankheit im „Programm“ der Beihilfevorschriften nicht vorgesehen. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO, auf die das Verwaltungsgericht hingewiesen hat. Diese Vorschrift regelt, wer außer den Kindern des Beihilfeberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVO) noch zum Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehört. Dies sind - mit Ausnahme der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Hinblick auf dessen Geburt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BVO) - nur die Ehegatten. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es bereits im normativen Programm der Beihilfeverordnung angelegt wäre, zu Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur verheirateten Beamten Beihilfe zu gewähren. Zwar ist eine IVF-/ICSI-Behandlung nur unter Einbeziehung des (Ehe-) Partners durchführbar. Die Aufwendungen werden allerdings allein dem erkrankten Partner zugeordnet und von diesem als Aufwendungen zur Behandlung seiner Erkrankung geltend gemacht. Die Beihilfefähigkeit derartiger Aufwendungen wird an keiner Stelle der Beihilfeverordnung unter Anknüpfung an den Familienstand bestimmt.
30 
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. In dem vom Beklagten genannten in einem Berufungszulassungsverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 16.12.2004 - 4 S 2431/04 - bestand nämlich kein Anlass, sich zu der Frage zu äußern, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei unverheirateten Beamten durch eine untergesetzliche Vorschrift geregelt werden darf.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
33 
Beschluss vom 29. Juni 2009
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 10.133,82 EUR festgesetzt.
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Berufung des Klägers ist nach der Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die - zulässige - Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Juni 2003 bis Februar 2004) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125). Die Beihilfeverordnung ist auf der Grundlage des § 101 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (GBl. S. 286) erlassen worden. Nach dieser Vorschrift wird den Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten, Witwern und Waisen zu Aufwendungen in Ge-burts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen sowie zur Gesundheitsvorsorge Beihilfe gewährt, solange ihnen laufende Besoldungs- oder Versorgungsbezüge zustehen. Das Nähere regelt das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung. Dabei ist insbesondere zu bestimmen, welche Personen beihilfeberechtigt und welche Personen berücksichtigungsfähig sind (Nr. 1); welche Aufwendungen beihilfefähig sind, wobei kleinere gesetzliche Kostenanteile sowie Kosten des Besuchs vorschulischer oder schulischer Einrichtungen und von berufsfördernden Maßnahmen nicht einbezogen werden dürfen (Nr. 2); unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe zu gewähren ist oder gewährt werden kann (Nr. 3); wie die Beihilfe zu bemessen ist (…) (Nr. 4) und wie übergangsweise die Gemeinden, Landkreise und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die zu leistende Beihilfe über eine Versicherung gewähren können (Nr. 5).
18 
Die Gewährung von Beihilfe gehört zwar nicht selbst zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, ist jedoch Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu diesen Grundsätzen gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 33 Abs. 5 GG). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277 m.w.N.). Es steht ihm frei, entweder die Dienstbezüge des Beamten so zu bemessen, dass er in der Lage ist, die ihm und seiner Familie entstehenden Kosten medizinischer Heilbehandlungen durch eigene Vorsorge abzudecken, oder dem Beamten freie Heilfürsorge oder Zuschüsse zu gewähren oder aber verschiedene Möglichkeiten miteinander zu kombinieren. Entscheidet sich der Dienstherr - wie hier der Beklagte - für die Lösung, die Dienstbezüge entsprechend zu bemessen und ergänzend Beihilfe zu gewähren, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenbeteiligung nicht absichern kann (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 -, BVerwGE 119, 168).
19 
Damit dienen auch die für die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, müssen sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung als Rechtsverordnung des Landes Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergehen, müssen sich diese im Rahmen des normativen Programms halten, dieses also konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären. Sie dürfen auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
20 
Nach § 5 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen.
21 
Die In-vitro-Fertilisation in Kombination mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (IVF-/ICSI-Behandlung) ist eine zur Behandlung einer Krankheit spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie bzw. eines OAT-Syndroms III. Grades stellt einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 C 38.02 -, BVerwGE 119, 265; BGH, Urteile vom 17.12.1986 - IVa ZR 78/85 -, BGHZ 99, 228, und vom 13.09.2006 - IV ZR 133/05 -, NJW 2006, 3560; Senatsbeschluss vom 28.10.2005 - 4 S 2627/04 - ESVGH 56, 128; VG Berlin, Urteil vom 11.09.2007 - 28 A 274.05 -, Juris). Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.1993 - 11 S 498/93 -, Juris; BGH, Urteil vom 03.03.2004 - IV ZR 25/03 -, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der - unstreitig gesunden - Lebenspartnerin des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann - anders als bei anderen Erkrankungen - durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers kein Heilungserfolg eintreten (BGH, Urteil vom 03.03.2004, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 28.10.2005, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.09.2008 – 5 LA 198/07 -, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2007 - 1 A 2537/06 -, Juris). Daher sind die gesamten Maßnahmen im Rahmen der künstlichen Befruchtung dem Kläger zuzurechnen. Dies hat der Beklagte zumindest im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht in Frage gestellt.
22 
Der Umstand, dass medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen werden, sondern in § 27a SGB V als „eigenständiger Versicherungsfall“ den für Krankheiten geltenden Regelungen des Fünften Sozialgesetzbuchs lediglich unterstellt sind, rechtfertig keine andere Beurteilung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.02.2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316, und Beschluss vom 27.02.2009 - 1 BvR 2982/07 -, FamRZ 2009, 761; BSG, Urteil vom 03.03.2001 - B 1 KR 40/00 R -, BSGE 88, 62). Denn zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen grundlegende Strukturunterschiede, die es ausschließen, einzelne Strukturelemente aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ohne ausdrückliche Regelung in das System der Beihilfe zu übertragen. Eine Anknüpfung an die Systematik des § 27a SGB V, wie sie sich in den Beihilfevorschriften des Bundes und anderer Länder findet, ist zwar grundsätzlich möglich. Weder die hier anzuwendende noch die derzeit geltende Fassung der Beihilfeverordnung des Beklagten sehen aber Derartiges vor. Aus Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Württemberg zu § 6 BVO vom 23.04.1996 (GABl. S. 371) ergibt sich vielmehr, dass die künstliche Befruchtung im System der Beihilfe als Maßnahme zur Behandlung einer Krankheit angesehen wird.
23 
Der Annahme, dass die IVF-/ICSI-Behandlung der Behandlung einer Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO dient und insoweit notwendig ist, steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte heterologe IVF-/ICSI-Behandlung handelt, also eine künstlichen Befruchtung zwischen nicht verheirateten Partnern. Denn das Vorliegen eines anomalen körperlichen Zustands hängt nicht von der Existenz einer Ehe ab. Eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit - die objektiv und nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch als regelwidriger Körperzustand anzusehen ist - liegt unabhängig vom Bestehen einer Ehe vor und verändert sich nicht je nachdem, ob eine eheliche oder nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht (LG Berlin, Urteil vom 24.02.2004 - 7 O 433/02 -, RuS 2004, 203). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Fortpflanzungsfähigkeit nur für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion ist (so LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 - 11 O 297/06 -, Juris; ebenso Bayerischer VGH, Urteil vom 30.03.1993 - 3 B 92.2829 -, ZBR 1993, 279; OVG Berlin, Urteil vom 28.10.2003 – 4 B 3.03 -, Juris; offen gelassen BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Eine selbstbestimmte Entscheidungsbefugnis für ein gemeinsames Kind steht nichtehelichen Lebenspartnern nach den gewandelten gesellschaftlichen Anschauungen ebenso zu wie Ehepartnern. Auch können erhebliche Einschränkungen des Selbstwertgefühls und schwerwiegende Konflikte bis hin zu seelischen Erkrankungen nichteheliche Partner, die in einer festen Partnerschaft leben, genauso treffen. Denn Kinder zu haben und aufzuziehen, bedeutet - unabhängig vom Familienstand - für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens (BFH, Urteil vom 10.05.2007 - III R 47/05 -, NJW 2007, 3596).
24 
Die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen wird durch Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ausgeschlossen. In diesem „Hinweis“ ist bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für homologe Insemination und homologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) beihilfefähig sind. Nicht beihilfefähig sind nach dieser Regelung Aufwendungen für heterologe Insemination und heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Dabei beschränkt sich der Ausschlussgrund entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Fälle, in denen bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung durchgeführt wird. Zwar ist die in Parenthese erfolgte Präzisierung des Begriffs der heterologen Befruchtung dem Wortlaut nach nur auf die (Ehe-) Frau bezogen. Dies beruht indes darauf, dass jede Behandlung einer Fertilitätsstörung, unabhängig davon, ob die Ursache dafür beim Mann oder bei der Frau liegt, im Ergebnis die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei der Frau zum Ziel hat. Da sich die Ausschlussregelung - ohne Einschränkung hinsichtlich der betroffenen Person - insgesamt auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bezieht, sind damit auch die Fälle erfasst, in denen der beihilfeberechtigte Mann aufgrund seiner Erkrankung nur im Wege der künstlichen Befruchtung in der Lage ist, ein Kind zu zeugen. Die Unterscheidung zwischen homologer und heterologer Befruchtung erfolgt in diesem Fall danach, ob der Samen des „erkrankten“ Mannes zur Befruchtung seiner Ehefrau vorgesehen ist oder zur Befruchtung einer Frau, mit der er nicht verheiratet ist.
25 
Die Verwaltungsvorschrift kann aber weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus den Vorschriften der Beihilfeverordnung selbst ergibt (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).
26 
Es erscheint bereits fraglich, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine IVF-/ICSI-Behandlung bei nichtverheirateten Beamten mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des § 27a Abs. 1 SGB V ausgeführt, es wäre nicht zu rechtfertigen, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung von der Sachleistung einer Maßnahme der künstlichen Befruchtung auszuschließen, wenn diese medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienten; eine Vorschrift, die eine solche Leistung der gesetzlichen Krankenkasse nur Verheirateten, aber nicht unverheirateten Personen zugute kommen ließe, hätte vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand. Die Regelung in § 27a Abs. 1 SGB V hat das Bundesverfassungsgericht dennoch gebilligt, weil der Gesetzgeber Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern hierfür einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe (BVerfG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.). Dies ist nach der Beihilfeverordnung - wie ausgeführt - anders. Die künstliche Befruchtung wird hier den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit zugeordnet. Ob die Erwägung des Beklagten, die Feststellung des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könne zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen und unter Umständen ein Eindringen in das Privatleben des Beihilfeberechtigten erfordern, einen tragfähigen Grund für die Ungleichbehandlung von unverheirateten Beamten darstellen könnte, kann indes offen bleiben. Denn die Entscheidung, unverheirateten Beamten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung keine Beihilfe zu gewähren, kann jedenfalls nicht im Wege einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden.
27 
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 BVO berechtigt nur zum Erlass von Verwaltungsvorschriften, welche die Beihilfefähigkeit von näher bezeichneten Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen. Dies betrifft Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sowie Materialien, Arznei- und Verbandmittel (Nr. 1), Aufwendungen für nicht in den Gebührenverzeichnissen der Gebührenordnungen der Bundesregierung aufgeführte ärztliche, psychotherapeutische oder zahnärztliche Leistungen (Nr. 2) und Aufwendungen für Heilbehandlungen nach Absatz 1 Nr. 3, Behandlungen von Heilpraktikern und psychotherapeutische oder ähnliche Behandlungen (Nr. 3). Hierunter fallen die streitgegenständlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht, insbesondere sind die In-vitro-Fertilisation und die intracytoplasmatische Spermieninjektion als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden einzustufen (BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Darüber hinaus dürfen Verwaltungsvorschriften das normativ vorgegebene „Programm“ der Beihilfevorschriften lediglich norminterpretierend konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären und auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem „Programm“ der Beihilfevorschriften selbst ergeben. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt sind, kann nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O., und Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
28 
Mit diesen Grundsätzen unvereinbar ist ein Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei unverheirateten Beamten, wie ihn Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO vorsieht. Erfüllt der Beamte, dem eine ärztliche Leistung zur Linderung eines krankheitsbedingten Leidens oder - wie hier - zum Ausgleich eines körperlichen Mangels erbracht wird, die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BVO aufgestellten Voraussetzungen, so steht ihm nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVO ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf die Beihilfe zu, der durch Verwaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden kann.
29 
Die Erwägung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aus Gründen einer einfachen und gleichartigen Handhabung und damit zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten auf Ehepartner zu beschränken, rechtfertigt die Regelung im Wege einer Verwaltungsvorschrift nicht. Denn die Anknüpfung an den Familienstand ist zur Abgrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Krankheit im „Programm“ der Beihilfevorschriften nicht vorgesehen. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO, auf die das Verwaltungsgericht hingewiesen hat. Diese Vorschrift regelt, wer außer den Kindern des Beihilfeberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVO) noch zum Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehört. Dies sind - mit Ausnahme der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Hinblick auf dessen Geburt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BVO) - nur die Ehegatten. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es bereits im normativen Programm der Beihilfeverordnung angelegt wäre, zu Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur verheirateten Beamten Beihilfe zu gewähren. Zwar ist eine IVF-/ICSI-Behandlung nur unter Einbeziehung des (Ehe-) Partners durchführbar. Die Aufwendungen werden allerdings allein dem erkrankten Partner zugeordnet und von diesem als Aufwendungen zur Behandlung seiner Erkrankung geltend gemacht. Die Beihilfefähigkeit derartiger Aufwendungen wird an keiner Stelle der Beihilfeverordnung unter Anknüpfung an den Familienstand bestimmt.
30 
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. In dem vom Beklagten genannten in einem Berufungszulassungsverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 16.12.2004 - 4 S 2431/04 - bestand nämlich kein Anlass, sich zu der Frage zu äußern, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei unverheirateten Beamten durch eine untergesetzliche Vorschrift geregelt werden darf.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
33 
Beschluss vom 29. Juni 2009
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 10.133,82 EUR festgesetzt.
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für eine heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden im Streitjahr (2006) gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger leidet unter einer inoperablen organisch bedingten Sterilität (sog. Kryptozoospermie) und ist deshalb nicht in der Lage, auf natürlichem Weg selbst Kinder zu zeugen. Im Rahmen der von den Klägern zunächst erfolglos versuchten homologen künstlichen Befruchtung wurde festgestellt, dass sein Sperma auch nicht geeignet ist, im Rahmen einer künstlichen Befruchtung selbst nach ärztlicher Behandlung eingesetzt zu werden. Deshalb entschlossen sich die Kläger, die Erfüllung des beiderseitigen Wunsches nach einem gemeinsamen Kind mit Hilfe einer instrumentellen donogenen Insemination, d.h. der Übertragung von Spendersamen, zu verwirklichen, und beantragten schließlich deren Durchführung in der Praxis des Prof. Dr. R. (Fertility Center). Das Fertility Center ist entsprechend der Verfahrens- und Qualitätssicherung nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert, das IVF-, Hormon- und Andrologielabor nach DIN EN ISO 17 025. Am 16. Januar 2006 und am 18. Januar 2006 fand eine psychosoziale Beratung durch eine Diplom-Psychologin statt. Zudem wurden die Kläger durch Prof. Dr. R. und Dr. P. (B. Samenbank) über die rechtlichen Aspekte und die möglichen Folgen der Verwendung von heterologen Samen unterrichtet.

3

Einen Tag später, am 19. Januar 2006, unterschrieben die Kläger einen entsprechenden Aufklärungsbogen und eine Vereinbarung mit der B. Samenbank. Prof. Dr. R. und die B. Samenbank dokumentierten die Identität des Samenspenders sowie die Verwendung der Samenspende. Es lag eine Einverständniserklärung des Samenspenders vor, seine Identität bei einem entsprechenden Auskunftsverlangen des Kindes bekannt zu geben. Gleichfalls erklärten sich die Kläger mit der Verwendung von heterologem Samen und der Dokumentation von Herkunft und Verwendung der Samenspende einverstanden und entbanden den Arzt im Rahmen eines entsprechenden Auskunftsverlangens von seiner Schweigepflicht. Verstöße gegen das Embryonenschutzgesetz wurden bei der Behandlung nicht festgestellt. Eine von der Ärztekammer Hamburg eingerichtete Kommission genehmigte die Behandlung der Kläger. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass diese auf das Krankheitsbild des Klägers abgestimmte, medizinisch indizierte Behandlungsmethode die berufsrechtlichen Voraussetzungen der im Streitfall maßgeblichen Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen im Streitfall erfüllt (vgl. Anhang zu § 13a der Berufsordnung "Richtlinien zur assistierten Reproduktion").

4

Leistungen von Krankenversicherern sind nicht erfolgt. Die Klägerin ist gesetzlich krankenversichert. Leistungsansprüche sind in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Eheleute beschränkt; es dürfen nur Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (§ 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch). Der Kläger ist privat krankenversichert. Da seine Erkrankung bei Abschluss des Versicherungsvertrags bekannt war, erfolgte ein entsprechender Leistungsausschluss für sterilitätsbedingte Behandlungsmaßnahmen.

5

Mit der Einkommensteuererklärung 2006 machten die Kläger die im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 21.345 € erfolglos als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, Aufwendungen für eine heterologe Befruchtung dienten, anders als bei einer homologen Befruchtung, nicht zur Überwindung einer Krankheit, so dass es an der medizinischen Notwendigkeit der Behandlungskosten fehle.

6

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) hingegen mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 1694 veröffentlichten Gründen statt.

7

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 33 Abs. 1 und Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

8

Es beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 5. Mai 2010  9 K 231/07 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die im Zusammenhang mit der durchgeführten heterologen künstlichen Befruchtung entstandenen Kosten als zwangsläufige Aufwendungen i.S. von § 33 EStG zu berücksichtigen sind.

11

1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

12

a) In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427, und vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; vom 2. September 2010 VI R 11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119).

13

b) Im Hinblick auf die für den Abzug nach § 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch indizierte Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Aufwendungen für Zahnersatz (vgl. FG Berlin, Urteil vom 18. Dezember 1980 IV 51/79, EFG 1981, 293, betreffend Zahnprothese), für medizinische Hilfsmittel im engeren Sinne wie Brillen, Hörapparate und Rollstühle (BFH-Urteil vom 14. Oktober 1997 III R 27/97, BFH/NV 1998, 571) sowie für medizinische Hilfsmittel im weiteren Sinne wie Blindencomputer (Sächsisches FG, Urteil vom 7. November 2000  5 K 1777/98, EFG 2001, 440) oder Treppenschräglifte (Sächsisches FG, Urteil vom 12. Oktober 2006  2 K 1859/04, EFG 2007, 931) werden regelmäßig als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl durch sie der körperliche Mangel nicht behoben, sondern ebenfalls "umgangen" oder kompensiert wird. An der Ausnahme im BFH-Urteil vom 28. Juli 2005 III R 30/03 (BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495) --kein Abzug von Aufwendungen für künstliche Befruchtungen einer unverheirateten Frau-- hält der BFH nicht länger fest (BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 47/05, BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871).

14

c) Auch aus der Tatsache, dass die private und die soziale Krankenversicherung für derartigen Bedarf Leistungsausschlüsse oder -beschränkungen vorsehen, ist nicht gefolgert worden, dass es an der Zwangsläufigkeit fehle; die Leistungsausschlüsse waren vielmehr Voraussetzung der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für den Steuerpflichtigen, der sich ihnen bei einem Anspruch gegen den Krankenversicherer hätte entziehen können.

15

d) Gleichwohl hat der BFH mit Urteil vom 18. Mai 1999 III R 46/97 (BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761) die Aufwendungen einer empfängnisfähigen verheirateten Frau für die Befruchtung mit Spermien eines Dritten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die organisch bedingte Sterilität eines Ehepartners sei zwar als Krankheit, d.h. objektiv als anomaler regelwidriger Körperzustand, einzuordnen. Denn die Fortpflanzungsfähigkeit sei für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion. Bei den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer künstlichen Befruchtung in Form der sog. heterologen Insemination, d.h. der Befruchtung von Eizellen der Ehefrau mit dem Sperma eines fremden Mannes, handele es sich aber nicht um die Kosten therapeutischer Maßnahmen im Sinne der Rechtsprechung des BFH zu § 33 EStG. Es fehle --anders als in Fällen der homologen künstlichen Befruchtung-- an einer gezielten, medizinisch indizierten Behandlung zum Zwecke der Heilung oder Linderung der Krankheit des zeugungsunfähigen Ehemannes. Die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptomen der Unfruchtbarkeit des Ehemannes, sondern die Erfüllung des Wunsches nach einem Kind.

16

2. An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat nicht länger fest. Vielmehr sind --wie das FG zutreffend ausführt-- auch Aufwendungen für eine medizinisch angezeigte heterologe künstliche Befruchtung als Krankheitskosten zu beurteilen und damit als steuermindernde außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

17

a) Nach dem von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), des Bundessozialgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entwickelten Krankheitsbegriff, dem sich der BFH grundsätzlich angeschlossen hat (vgl. BFH-Urteile vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805, m.w.N.; in BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761, und in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871), ist die organisch bedingte Sterilität eines Ehepartners --hier die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie-- als Krankheit, d.h. objektiv als anomaler regelwidriger Körperzustand, einzuordnen. Denn die Fortpflanzungsfähigkeit ist für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion (BFH-Urteil in BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761; FG Düsseldorf, Urteil vom 11. August 2003  7 K 3527/02 E, EFG 2003, 1786; FG München, Urteil vom 20. Mai 2009  10 K 2156/08, EFG 2009, 1462; BVerwG-Urteil vom 27. November 2003  2 C 38.02, BVerwGE 119, 265; BGH-Urteile vom 17. Dezember 1986 IVa ZR 78/85, BGHZ 99, 228, und vom 13. September 2006 IV ZR 133/05, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2006, 3560; Verwaltungsgerichtshof --VGH-- Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Oktober 2005  4 S 2627/04, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechung-Report --NVwZ-RR-- 2006, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2009  4 S 1028/07, juris; Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 11. September 2007  28 A 274.05, juris). Der Krankheitswert der organisch bedingten Sterilität des Klägers ist zwischen den Beteiligten zu Recht auch nicht streitig.

18

b) Die In-vitro-Fertilisation --IVF-- (in Kombination mit einer intracytoplasmatischen Spermieninjektion) ist eine zur Behandlung dieser Krankheit --bei Mann wie Frau-- spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Oktober 1993  11 S 498/93, juris; BGH-Urteil vom 3. März 2004 IV ZR 25/03, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der --unstreitig gesunden-- Ehefrau des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann --anders als bei anderen Erkrankungen-- durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers keine Linderung der Krankheit eintreten (BGH-Urteil in NJW 2004, 1658; VGH Baden-Württemberg, Beschluss in NVwZ-RR 2006, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2009  4 S 1028/07, juris; Oberverwaltungsgericht --OVG-- Lüneburg, Beschluss vom 4. September 2008  5 LA 198/07, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. November 2007  1 A 2537/06, juris).

19

c) Dies gilt auch, wenn die IVF mit heterologem Samen durchgeführt wird. Auch in diesem Fall liegt nach den in den Berufsordnungen der Landesärztekammern enthaltenen Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion unstreitig eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Überwindung der Sterilität eines Mannes vor. Es handelt sich um eine medizinische Maßnahme, die bei schweren Formen männlicher Fertilitätsstörungen angezeigt ist. Denn der Einsatz von heterologem Samen ist medizinisch nur indiziert, wenn der Einsatz von homologem Samen nicht erfolgreich war oder nicht zum Einsatz kommen konnte. Umstritten ist in diesem Zusammenhang lediglich, ob Aufwendungen hierfür vom Leistungsumfang einer privaten Krankenversicherung gedeckt (so Landgericht Dortmund, Urteil vom 10. April 2008  2 O 11/07, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2008, 1414) und beihilfefähig sind (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2009  4 S 1028/07, juris).

20

Die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezweckt damit nach Auffassung des erkennenden Senats zwar nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptomen der Unfruchtbarkeit des Ehemannes. Sie zielt aber --wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen der Sterilität des Mannes-- auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit eines Paares. Dieser kommt zwar nicht selbst Krankheitswert zu (BGH-Urteil in BGHZ 99, 228). Sie ist aber vorliegend unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit wird auch bei einer heterologen Insemination die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger --die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege--, entgegen der Auffassung im BFH-Urteil in BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761, durch eine medizinische Maßnahme ersetzt.

21

Da die streitige Heilbehandlung im Streitfall von einer zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person (vgl. BFH-Urteil in BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119) --unstreitig-- entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden ist, hat das FG zu Recht die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

22

3. Ausweislich der bindenden Feststellungen des FG haben die Kläger von ihren Krankenversicherungen keine Erstattung der streitigen Kosten zu erwarten. Damit kommt es auf die Frage, ob Aufwendungen nicht zwangsläufig erwachsen, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können (BFH-Urteile vom 20. September 1991 III R 91/89, BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137; in BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805; vom 14. August 1997 III R 67/96, BFHE 183, 561, BStBl II 1997, 732, und vom 21. Februar 2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309), nicht an.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einem Elektromobil (Cityliner 412).
Der Kläger ist Beamter der Bundesfinanzverwaltung der Bundesrepublik Deutschland und für sich und seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von jeweils 70 Prozent beihilfeberechtigt. Die Ehefrau des Klägers leidet an Multipler Sklerose (MS) und ist stark gehbehindert (Merkmal „aG“). Nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten erhält sie seit dem 01.08.2001 von der Beihilfestelle anteilige Pflegeleistungen der Stufe III (Pflegegeld für häusliche Pflege).
Unter dem 30.11.2008 beantragte der Kläger unter anderem Beihilfe für das für seine Ehefrau im September 2008 angeschaffte „behindertengerechte Elektromobil Cityliner 412“. Laut Rechnung der Firma R. belaufen sich die Kosten hierfür auf 3.928,57 EUR. In der ärztlichen Bescheinigung des Dr. med. J. vom 01.04.2008 wird sinngemäß die medizinische Notwendigkeit für ein „Elektrokrankenfahrzeug“ attestiert und ausgeführt, die Ehefrau des Klägers wohne an einem Berghang und ohne ein Elektrokrankenfahrzeug könne sie sich nicht fortbewegen.
Mit Bescheid vom 03.12.2008 lehnte die Beklagte die Ausstattung der Ehefrau des Klägers mit einem Elektromobil mit der Begründung ab, es handele sich nicht um ein beihilfefähiges Hilfsmittel. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, den er damit begründete, im Jahre 2003 sei für den Kauf eines behindertengerechten Elektromobils Beihilfe gewährt worden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 zurück. Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, nach Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes seien Krankenfahrstühle mit Zubehör beihilfefähig. Nicht beihilfefähig seien dagegen die unter Nr. 9 der Anlage 3 aufgeführten Gegenstände, wozu auch Elektrofahrzeuge, d.h. auch das hier zu beurteilende Elektromobil gehörten.
Der Kläger hat am 02.03.2009 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem sinngemäßen Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 70 Prozent für die Anschaffung eines Elektromobils Cityliner 412 zu gewähren und die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 03.12.2008 und 03.02.2009 aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 31.03.2011 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem vom Kläger angeschafften Elektromobil handele es sich ersichtlich nicht um einen Krankenfahrstuhl im Sinne von Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes, sondern um ein Elektrofahrzeug im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3. Dieses Fahrzeug sei so gebaut, dass es schon von seinem optischen Eindruck her niemandem einfallen werde, dieses Fahrzeug als Krankenfahrstuhl zu bezeichnen. Wegen seiner Konstruktion und seinen Ausmaßen sei das Fahrzeug auch nicht dazu geeignet, in Wohnungen als Ersatz für einen Stuhl zu dienen. Das Elektromobil sei zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr gedacht und entsprechend sei es auch ausgestattet mit Beleuchtung, Blinker, Bremslichtern und Warnblinklicht. Dafür, dass es sich nicht um einen Krankenfahrstuhl handele, spreche im Übrigen auch die Internet-Präsentation der Herstellerfirma. Diese präsentiere das Elektromobil unter dem Oberbegriff „Scooter“ und nicht unter dem Oberbegriff „Rollstühle“, unter dem sie unter anderem auch elektrisch betriebene Rollstühle anbiete.
Die Anschaffung des Elektromobils sei nicht beihilfefähig, weil der Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Es handele sich nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten sei. Ein Elektromobil spreche einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedürfe, aber seine Mobilität erhöhen wolle. Es könne unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen auch im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Der allgemeinen Lebenshaltung dienten diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen würden, um die „Unbequemlichkeiten“ des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild hätten.
Der Umstand, dass die Beklagte früher Beihilfe für ein ähnliches Gerät gewährt habe, begründe auch keinen Vertrauensschutz. Die Abrechnung der Beihilfestellen habe Einzelfallcharakter und enthalte keine darüber hinausgehende positive Feststellung oder Festlegung zur Beihilfefähigkeit künftiger Anträge. Selbst wenn die früher für ein ähnliches Gerät bewilligte Beihilfe rechtswidrig gewesen wäre, sei die Beklagte nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Praxis fortzusetzen.
Die Fürsorgepflicht gebiete ebenfalls nicht die Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Beihilfevorschriften stellten eine für den Regelfall grundsätzlich abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen dar. Weitergehende Beihilfeansprüche könnten allenfalls begründet sein, wenn die Fürsorgepflicht in einem Einzelfall gleichwohl noch in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Daran wäre etwa zu denken, wenn die Ehefrau des Klägers erst durch ein Elektromobil die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit erhielte; diese Bewegungsfreiheit könnte sie aber bereits durch einen - beihilfefähigen - Krankenfahrstuhl erhalten.
10 
Gegen das ihm am 08.04.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.05.2011 (einem Montag) - die vom Verwaltungsgericht zugelassene - Berufung beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Nachdem der Kläger am 09.05.2011 darauf hingewiesen worden war, dass die Berufung beim Verwaltungsgericht einzulegen ist, hat er am 20.05.2011 beim Verwaltungsgericht (nochmals) Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrags macht der Kläger geltend: Die Rechtsanwaltsfachangestellte des Bevollmächtigten habe in die Berufungsschrift als Adressaten den Verwaltungsgerichtshof eingetragen. Sie habe am 09.05.2011 gegen 11.00 Uhr dem Bevollmächtigten die Berufungsschrift vorgelegt. Der Bevollmächtigte habe kurzfristig wegen der Erkrankung seines Sohnes um ungefähr 12.00 Uhr die Kanzlei verlassen müssen. Zuvor habe er die Berufungsschrift unterzeichnet und die Rechtsanwaltsfachangestellte darauf hingewiesen, dass die erste Seite der Berufungsschrift noch ausgetauscht werden müsse, weil die Berufung beim Verwaltungsgericht einzureichen sei. Die Rechtsanwaltsfachangestellte habe den Berufungsschriftsatz in der alten Form - also adressiert an den Verwaltungsgerichtshof - um 12.19 Uhr gefaxt. Hierbei habe sie vergessen, dass der Adressat in dem Berufungsschriftsatz noch habe ausgetauscht werden müssen. Die Rechtsanwaltsfachangestellte sei eine ausgesprochen erfahrene und zuverlässige Kraft mit zwölfjähriger Berufserfahrung. Deshalb habe der Bevollmächtigte bei Verlassen der Kanzlei auch davon ausgehen dürfen, dass der Adressat der Berufungsschrift seinen Anweisungen entsprechend geändert werde.
11 
In der Sache trägt der Kläger zur Begründung der Berufung unter anderem Folgendes vor: Das angeschaffte Elektromobil sei als Krankenfahrstuhl im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes anzusehen. Es sei mit einem Elektrokrankenstuhl in jeder Hinsicht vergleichbar. Das Elektromobil könne auch nicht als Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung angesehen werden. Es sei speziell für behinderte und in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkte Personen entwickelt worden. Dem Verwaltungsgericht sei zwar insoweit Recht zu geben, als das Elektromobil auch von älteren, körperlich geschwächten Personen genutzt werden könne. Dies gelte jedoch auch für Rollstühle im herkömmlichen Sinne.
12 
Ein Anspruch lasse sich darüber hinaus auch aus der grundgesetzlich garantierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne die Ehefrau des Klägers die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit nicht bereits durch einen Krankenfahrstuhl erhalten. Ihre Mobilität sei durch das angeschaffte Elektromobil deutlich gestiegen. Hierdurch sei es ihr auch alleine möglich, sich außerhalb der Wohnung fortzubewegen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 09.12.2008 und 03.02.2009 zu verpflichten, ihm eine Beihilfe in Höhe von 70 Prozent zu den Kosten für die Anschaffung eines Elektromobils in Höhe von 3.928,57 EUR zu gewähren.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie erwidert: In Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes seien Gegenstände aufgeführt, die der allgemeinen Lebenshaltung unterlägen und die deshalb von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Dort seien Elektrofahrzeuge (= Elektromobile) namentlich genannt. Die Versorgung mit einem der Erkrankung der Ehefrau des Klägers entsprechenden - medizinisch notwendigen - Fortbewegungsmittel werde mit einem Krankenfahrstuhl, der unter Nr. 1 der Anlage 3 als beihilfefähiges Hilfsmittel aufgeführt sei, gewährleistet. Hierzu gehörten auch Elektrorollstühle, zu deren Anschaffungskosten von der Beihilfestelle eine anteilige Beihilfe gewährt worden wäre. Dadurch wäre dem Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Bewegungsfreiheit ausreichend Genüge getan. Die Versorgung mit einem Elektromobil gehe dagegen über den Maßstab des medizinisch Notwendigen hinaus.
18 
Das hier zu beurteilende Elektromobil könne - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht als Krankenfahrstuhl im Sinne der Anlage 3 Nr. 1 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften des Bundes angesehen werden. Auch bei wohlwollender Auslegung sei das Elektromobil, das ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und hierfür ausgestattet sei, hingegen für die Nutzung innerhalb einer Wohnung aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet sei, nicht mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl vergleichbar. In der Bedienungsanleitung für das vom Kläger angeschaffte Elektromobil werde darauf hingewiesen, dass als Voraussetzung für dessen Nutzung die grundsätzliche Eignung des Fahrers zur Teilnahme am Straßenverkehr gewährleistet sein müsse. Zudem werde mehrmals auf die durch den Gebrauch des Fahrzeugs möglichen Gefahren (Unfall-, Kurzschluss-, Verletzungs-, Kippgefahr, Überschreitung der Sicherheitsgrenzen bei Geschwindigkeit und Gefälle) aufmerksam gemacht. Nutzungseinschränkungen und -gefahren dieses Umfangs seien mit der Bezeichnung Krankenfahrstuhl, die nach der Definition ausschließlich eine Benutzung durch kranke und behinderte Personen ermöglichen solle, nicht vereinbar. Sie gäben vielmehr Hinweis darauf, dass die Nutzung hauptsächlich durch gesunde, allenfalls in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkte Personen erfolgen könne.
19 
Im häuslichen Bereich sei die Ehefrau des Klägers mit einem „normalen“ Rollstuhl versorgt. Zudem erhalte sie seit dem 01.08.2001 von der Beihilfestelle anteilige Pflegeleistungen der Stufe III (Pflegegeld für häusliche Pflege). Dieses Pflegegeld diene auch zur Verbesserung der Bewegungsfreiheit (Mobilität) der Ehefrau des Klägers. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Pflegeperson - bei einem Betreuungsbedarf „rund um die Uhr“, wie er der Pflegestufe III zugrundezulegen sei - dafür Sorge zu tragen habe, dass der Ehefrau des Klägers die Teilnahme am allgemeinen Leben ermöglicht werde. Hierzu könne mit Hilfe der Pflegeperson der bereits vorhandene Rollstuhl verwendet werden. Eine zusätzliche Versorgung mit einem Elektromobil sei daher nicht erforderlich.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig.
23 
Die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil zugelassene Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zwar beim Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingelegt worden. Wegen der versäumten Frist ist dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 125 Abs. 1, 60 VwGO), da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einlegung der Berufung verhindert war. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Rechtsanwaltsfachangestellte seines Prozessbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsfrist - am Montag, dem 09.05.2011 - die Berufung entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Bevollmächtigten beim Verwaltungsgerichtshof und nicht beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Kläger hat diese Darstellung durch eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten hinreichend glaubhaft gemacht. Das danach anzunehmende Verschulden des Büropersonals seines Bevollmächtigten ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Soweit ein Bevollmächtigter seinem Personal - wie hier - Weisungen erteilt hat, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 60 RdNr. 21). Danach hat der Bevollmächtigte des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Versehen seiner sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten beruhte. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und erfüllt damit auch die weiteren, sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 1 Hs. VwGO ergebenden Voraussetzungen.
II.
24 
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils beansprucht, zu Recht abgewiesen.
25 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger Anspruch auf Beihilfe für das für seine Ehefrau angeschaffte Elektromobil hat, bestimmt sich danach auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 01.11.2001. Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, sie waren jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom 26.08.2009 - 2 C 62.08 - NVwZ-RR 2010, 366). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen war. Die Vorschriften sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl. I 2009, 326) nicht mehr anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, aaO).
26 
2. Die Aufwendungen für die Anschaffung des hier zu beurteilenden Elektromobils sind dem Grunde nach nicht notwendig und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.
27 
a) Gemäß der genannten Vorschrift sind beihilfefähig nach den folgenden Bestimmungen Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BhV trifft nähere Regelungen über die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit. Nach Abs. 1 Nr. 4 dieser Vorschrift sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach der Anlage 3. Nach Nr. 1 der Anlage 3 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel - gegebenenfalls im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Dazu gehört ein „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“. In Nr. 9 der Anlage 3 wird weiter bestimmt, dass zu den Hilfsmitteln nicht Gegenstände gehören, die nicht notwendig und angemessen (§ 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (§ 6 Abs. 4 Nr. 3) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; daran anschließend sind im Einzelnen Gegenstände aufgeführt, die nicht zu den Hilfsmitteln gehören (sog. Negativkatalog). Durch die Formulierung „insbesondere“ wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dieser Katalog nicht abschließend ist; in diesem Negativkatalog ist unter anderem aufgeführt „Elektrofahrzeuge (z.B. LARK, Graf Carello)“. Vor dem Hintergrund dieser Systematik in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.09.2011 - 2 S 825/11).
28 
b) Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den dargestellten Rechtsvorschriften - das vom Kläger angeschaffte Elektromobil nicht als „Krankenfahrstuhl“ im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3, sondern als „Elektrofahrzeug“ nach Nr. 9 der Anlage eingestuft und dementsprechend die Beihilfefähigkeit des Gegenstand verneint. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
29 
aa) Nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Beklagten unterfallen dem Begriff „Krankenfahrstuhl“ sowohl Rollstühle ohne Antrieb als auch Elektrorollstühle, jedoch nicht Elektromobile wie das hier zu beurteilende Fahrzeug. Bereits der Wortlaut „Krankenfahrstuhl“ legt die Einbeziehung von Elektromobilen bzw. Scootern in diese „Hilfsmittelgruppe“ nicht nahe. Zudem ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für einen Krankenfahrstuhl charakteristisch, dass er gerade auch in Gebäuden, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt wird; seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und entsprechendem Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Das hier zu beurteilende Elektromobil ist dagegen ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und entsprechend ausgestattet; für eine Nutzung innerhalb einer Wohnung ist es aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist es mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl nicht vergleichbar. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die Auflistung von „Elektrofahrzeugen“ unter Nr. 9 der Anlage 3 ausdrücklich klargestellt, dass Geräte wie das hier zu beurteilende gerade nicht dem Begriff eines „Krankenfahrstuhls“ i.S.v. Nr. 1 der Anlage 3 unterfallen. Die unter dem Begriff „Elektrofahrzeuge“ beispielhaft aufgeführten Marken LARK und Graf Carello sind nach ihrem Aussehen und ihrer Funktion ohne weiteres mit dem vom Kläger angeschafften Elektromobil Cityliner 412 vergleichbar. Der Gesetzgeber hat danach eine eindeutige Abgrenzung zwischen „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“ einerseits und „Elektrofahrzeugen“ andererseits vorgenommen, die eine erweiternde Auslegung des Begriffs „Krankenfahrstuhl“ und eine Einbeziehung des Cityliners 412 unter diese Rubrik ausschließt.
30 
Soweit das OVG Bremen ein Elektromobil in die Rubrik „Krankenfahrstuhl“ in Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV eingestuft hat (Urteil vom 15.12.1999 - 2 A 112/99 - NordÖR 2000, 247), kann dieser Auffassung im Hinblick auf die dargelegte Systematik nicht gefolgt werden. Das OVG Bremen vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ein Elektromobil könne nicht als Gegenstand, der der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 angesehen werden, sondern müsse als beihilfefähiges Hilfsmittel eingestuft werden. Mit dieser Begründung wendet sich das OVG Bremen im Hinblick auf Elektromobile im Kern gegen die Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes und leitet aus übergeordneten Gesichtspunkten entgegen dem Wortlaut der Vorschriften einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil ab. Mit dieser Begründung kann jedoch ein unmittelbarer Anspruch des Beihilfeberechtigten auf Versorgung mit einem Elektromobil bereits nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes nicht angenommen werden.
31 
bb) Die danach in Nr. 9 der Anlage 3 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Elektromobile grundsätzlich nicht als erforderliche Hilfsmittel und damit nicht als beihilfefähig anzusehen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören danach das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das im Fall der Klägerin einschlägige Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 3 KR16/05 R -SozR 4-2500 § 33 Nr. 12). Die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, sei es als Fahrer oder Mitfahrer, zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistungen der Krankenversicherung zu befriedigen sind. Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden, da sie den Verpflichtungen des Dienstherrn entsprechen, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten erwachsen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ, Urt. v. 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - DÖD 1997, 37).
33 
Das hier zu beurteilende Elektromobil Cityliner 412 erweist sich danach zur Überzeugung des Senats nicht als notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV. Ist - wie hier - das allgemeine Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ betroffen, so richtet sich die Notwendigkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in einem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Ehefrau des Klägers die Bewegung im Nahbereich der Wohnung wegen ihrer MS-Erkrankung nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Sie bedarf daher zur Erschließung des erforderlichen körperlichen Freiraums - dies ist ebenfalls unstreitig - eines Hilfsmittels. Die Beklagte kommt bei dieser Sachlage ihren Verpflichtungen, die ihr aus der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten erwächst, in ausreichendem Maße nach, wenn sie entsprechend ihren Vorschriften die Aufwendungen für die Anschaffung eines „Krankenfahrstuhls“ übernimmt. Dies kann bedeuten, dass der Kranke bzw. Behinderte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände seines Einzelfalles gegebenenfalls Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls hat, um ihm auf diesem Weg den erforderlichen körperlichen Freiraum zu verschaffen. Ein - darüber hinausgehender - Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil bzw. ein Wahlrecht des Beihilfeberechtigten, ihm entweder einen Elektrorollstuhl oder ein Elektromobil zur Verfügung zu stellen, besteht hingegen nicht.
34 
In Fällen wie dem hier zu beurteilenden gewährleistet regelmäßig ein Hilfsmittel in Form eines Elektrorollstuhls das allgemeine Grundbedürfnis des Kranken bzw. des Behinderten auf „Bewegungsfreiheit“. Dieses Hilfsmittel sorgt für die erforderliche Mobilität des Kranken bzw. Behinderten sowohl in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen als auch außerhalb der Wohnung in einem Nahbereich, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. So ermöglicht es die Konstruktion des Elektrorollstuhls mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Der Elektrorollstuhl stellt ferner bei Einkäufen im Nahbereich und bei der Aufsuchung von Ärzten und Therapeuten sicher, dass der Benutzer sich in den entsprechenden Räumlichkeiten fortbewegen kann und insoweit mobil ist. Ein Elektromobil ist hingegen nicht geeignet, die erforderliche Mobilität des Benutzers in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsräumen sicherzustellen. Aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises ist es - wie dargelegt - nur für die Benutzung auf der Straße geeignet. Der Kranke bzw. der Behinderte kann damit nur den Weg zu den Einkaufsgeschäften und den Praxisräumen seiner Ärzte und Therapeuten zurücklegen, im Geschäft und in der Praxis selbst ist er jedoch auf weitere Hilfestellung bzw. ein weiteres Hilfsmittel angewiesen. So wäre es der Ehefrau des Klägers etwa unmöglich, mit dem von ihr angeschafften Elektromobil einen (kleineren) Supermarkt aufzusuchen und dort auch selbständig durch die Geschäftsräume zu fahren, um die Waren auszusuchen. Bei dieser Sachlage stellt sich die Entscheidung des Gesetzgebers, stark Gehbehinderten wie der Ehefrau des Klägers bei typisierender Betrachtung einen Elektrorollstuhl im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zur Verfügung zu stellen - nicht jedoch ein Elektromobil - als sachgerecht dar. Das Hilfsmittel eines Elektrorollstuhls sichert das Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ in umfassender Weise und stellt im Vergleich zum Elektromobil das zielgerichtetere bzw. das zielgenauere Hilfsmittel dar. Ist danach das Elektromobil kein gleichermaßen geeignetes Hilfsmittel, steht dem Beihilfeberechtigten auch kein Wahlrecht zwischen Elektrorollstuhl und Elektromobil zu und es kommt auf die Frage, welches Hilfsmittel wirtschaftlicher ist, nicht an.
35 
Dem Umstand, dass das Elektromobil im Vergleich zum Elektrorollstuhl dem Kranken bzw. Behinderten eine schnellere Fortbewegung und auch das Zurücklegen größerer Strecken ermöglicht, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Auch der Elektrorollstuhl sichert die Mobilität im Nahbereich der Wohnung in ausreichendem Maße. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein gesunder Fußgänger sich den Nahbereich einer Wohnung wesentlich schneller erschließen kann als dies für einen Behinderten mit Hilfe eines Elektrorollstuhls möglich ist. Ziel des Basisausgleichs ist es gerade nicht, ein vollständiges Gleichziehen mit Gesunden zu ermöglichen. Unerheblich ist schließlich auch, dass mit Hilfe eines Elektromobils weitaus größere Entfernungen zurückgelegt werden können und dementsprechend sich der Behinderte einen größeren Bewegungsradius verschaffen kann. Auch hier gilt, dass die Hilfsmittelversorgung nur den Nahbereich der Wohnung erschließen soll, jedoch nicht einen Bereich, den ein Gesunder üblicherweise mit dem Fahrrad, einem Elektrobike oder gar einem Kraftfahrzeug aufsucht.
36 
cc) Ob es unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall ausnahmsweise geboten sein kann, von der generellen Entscheidung des Gesetzgebers abzuweichen, wonach lediglich Elektrorollstühle, jedoch keine Elektromobile beihilfefähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Im Fall der Ehefrau des Klägers sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil begründen könnten. Das der Ehefrau des Klägers von der Beklagten früher zur Verfügung gestellte Elektromobil hatte zwar die Mobilität der Ehefrau des Klägers deutlich erhöht und es ihr - nach eigenem Vortrag - ermöglicht, sich alleine außerhalb der Wohnung fortzubewegen. Die erforderliche Mobilität kann jedoch - wie dargelegt - grundsätzlich durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl sichergestellt werden. Die Ehefrau des Klägers hat auch keine Besonderheiten vorgetragen, die in ihrem Fall die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl als nicht ausreichend erscheinen ließen.
37 
Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren sinngemäß darauf berufen hat, der Ehefrau des Klägers sei Pflegegeld der Stufe III zuerkannt worden und die entsprechende Pflegeperson habe mit Hilfe des bereits vorhandenen Rollstuhls die Teilnahme der Ehefrau des Klägers am allgemeinen Leben zu ermöglichen, braucht diesem Vortrag nicht weiter nachgegangen zu werden. Ob die Ehefrau des Klägers Anspruch auf die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl hat, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens, zumal sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt hat.
38 
dd) Da nach alledem das von der Ehefrau des Klägers angeschaffte Elektromobil nicht notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Elektromobile darüber hinaus im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV als Gegenstände anzusehen sind, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen und - auch deshalb - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.11.1999 - B 3 KR 16/99 R - FEVS 51, 395) ist ein Elektromobil kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V, weil es nur von Personen benutzt wird, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt sind, jedoch nicht in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen (so wohl auch OVG Bremen, Urteil vom 15.12.1999, aaO). Im Gegensatz dazu vertritt das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 - Juris) die Auffassung, bei einem Elektromobil handele es sich um ein Fortbewegungsmittel, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Dafür lässt sich - so zu Recht das Verwaltungsgericht - anführen, dass ein Elektromobil auch einen breiteren Personenkreis anspricht, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Ein Elektromobil kann - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des Bundessozialgerichts, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht der Senat jedoch der Frage, in welchem Umfang Elektromobile auch von gesunden (älteren) Menschen benutzt werden, nicht weiter nachzugehen.
39 
3. Schließlich vermittelt auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Ehefrau des Klägers keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beklagte ihr im Jahre 2003 Beihilfe für die Anschaffung eines vergleichbaren Elektromobils gewährt habe. Sollte die Beklagte der Ehefrau des Klägers in der Vergangenheit aufgrund individueller Besonderheiten die Beihilfe zu Recht gewährt haben, würde es nunmehr an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlen; nach den obigen Ausführungen sind im Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Besonderheiten gegeben, die einen Anspruch der Ehefrau des Klägers begründen könnten. Sollte die Beklagte dagegen in der Vergangenheit unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften des Bundes der Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils zuerkannt haben, ließe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch, ihr gegenüber nochmals eine solche (rechtswidrige) Entscheidung zu treffen, nicht herleiten. Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt nicht deshalb, weil eine Behörde diese Bindung während eines bestimmten Zeitraums nicht hinreichend beachtet hat. Deshalb kann die Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erfolg, d.h. mit dem Anspruch auf Einräumung einer Begünstigung nur rügen, wer nach der maßgebenden objektiven Rechtslage einen Anspruch auf die von ihm begehrte Gleichbehandlung hat. Gebietet die Rechtslage die erstrebte Behandlung nicht bzw. schließt sie sie aus, so ist der Gleichheitssatz auch dann nicht verletzt, wenn eine Behandlung entgegen der objektiven Rechtslage in anderen (gleichgelagerten) Fällen gewährt worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153; Urteil vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 - BVerwGE 34, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.09.2011 - 2 S 1202/10 -).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 10. Oktober 2011
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 2.750,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig.
23 
Die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil zugelassene Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zwar beim Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit verspätet eingelegt worden. Wegen der versäumten Frist ist dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 125 Abs. 1, 60 VwGO), da er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einlegung der Berufung verhindert war. Nach dem Vorbringen des Klägers hat die Rechtsanwaltsfachangestellte seines Prozessbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsfrist - am Montag, dem 09.05.2011 - die Berufung entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Bevollmächtigten beim Verwaltungsgerichtshof und nicht beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Kläger hat diese Darstellung durch eine eidesstattliche Versicherung der Angestellten hinreichend glaubhaft gemacht. Das danach anzunehmende Verschulden des Büropersonals seines Bevollmächtigten ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Soweit ein Bevollmächtigter seinem Personal - wie hier - Weisungen erteilt hat, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 60 RdNr. 21). Danach hat der Bevollmächtigte des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Versehen seiner sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten beruhte. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und erfüllt damit auch die weiteren, sich aus § 60 Abs. 2 Satz 1 1 Hs. VwGO ergebenden Voraussetzungen.
II.
24 
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils beansprucht, zu Recht abgewiesen.
25 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger Anspruch auf Beihilfe für das für seine Ehefrau angeschaffte Elektromobil hat, bestimmt sich danach auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 01.11.2001. Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, sie waren jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom 26.08.2009 - 2 C 62.08 - NVwZ-RR 2010, 366). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen war. Die Vorschriften sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl. I 2009, 326) nicht mehr anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, aaO).
26 
2. Die Aufwendungen für die Anschaffung des hier zu beurteilenden Elektromobils sind dem Grunde nach nicht notwendig und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.
27 
a) Gemäß der genannten Vorschrift sind beihilfefähig nach den folgenden Bestimmungen Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BhV trifft nähere Regelungen über die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit. Nach Abs. 1 Nr. 4 dieser Vorschrift sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen u.a. für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach der Anlage 3. Nach Nr. 1 der Anlage 3 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel - gegebenenfalls im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Dazu gehört ein „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“. In Nr. 9 der Anlage 3 wird weiter bestimmt, dass zu den Hilfsmitteln nicht Gegenstände gehören, die nicht notwendig und angemessen (§ 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (§ 6 Abs. 4 Nr. 3) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; daran anschließend sind im Einzelnen Gegenstände aufgeführt, die nicht zu den Hilfsmitteln gehören (sog. Negativkatalog). Durch die Formulierung „insbesondere“ wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dieser Katalog nicht abschließend ist; in diesem Negativkatalog ist unter anderem aufgeführt „Elektrofahrzeuge (z.B. LARK, Graf Carello)“. Vor dem Hintergrund dieser Systematik in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob die Aufwendungen für den zu beurteilenden Gegenstand unter Berücksichtigung der genannten Beispielsfälle notwendig und angemessen sind, oder ob sie im Hinblick auf die genannten Ausschlussgründe - insbesondere weil die Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.09.2011 - 2 S 825/11).
28 
b) Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den dargestellten Rechtsvorschriften - das vom Kläger angeschaffte Elektromobil nicht als „Krankenfahrstuhl“ im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3, sondern als „Elektrofahrzeug“ nach Nr. 9 der Anlage eingestuft und dementsprechend die Beihilfefähigkeit des Gegenstand verneint. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
29 
aa) Nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Beklagten unterfallen dem Begriff „Krankenfahrstuhl“ sowohl Rollstühle ohne Antrieb als auch Elektrorollstühle, jedoch nicht Elektromobile wie das hier zu beurteilende Fahrzeug. Bereits der Wortlaut „Krankenfahrstuhl“ legt die Einbeziehung von Elektromobilen bzw. Scootern in diese „Hilfsmittelgruppe“ nicht nahe. Zudem ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für einen Krankenfahrstuhl charakteristisch, dass er gerade auch in Gebäuden, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt wird; seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und entsprechendem Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Das hier zu beurteilende Elektromobil ist dagegen ersichtlich für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr konstruiert und entsprechend ausgestattet; für eine Nutzung innerhalb einer Wohnung ist es aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises völlig ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist es mit einem speziell zum Ausgleich von Behinderungen konzipierten Krankenfahrstuhl nicht vergleichbar. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die Auflistung von „Elektrofahrzeugen“ unter Nr. 9 der Anlage 3 ausdrücklich klargestellt, dass Geräte wie das hier zu beurteilende gerade nicht dem Begriff eines „Krankenfahrstuhls“ i.S.v. Nr. 1 der Anlage 3 unterfallen. Die unter dem Begriff „Elektrofahrzeuge“ beispielhaft aufgeführten Marken LARK und Graf Carello sind nach ihrem Aussehen und ihrer Funktion ohne weiteres mit dem vom Kläger angeschafften Elektromobil Cityliner 412 vergleichbar. Der Gesetzgeber hat danach eine eindeutige Abgrenzung zwischen „Krankenfahrstuhl mit Zubehör“ einerseits und „Elektrofahrzeugen“ andererseits vorgenommen, die eine erweiternde Auslegung des Begriffs „Krankenfahrstuhl“ und eine Einbeziehung des Cityliners 412 unter diese Rubrik ausschließt.
30 
Soweit das OVG Bremen ein Elektromobil in die Rubrik „Krankenfahrstuhl“ in Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV eingestuft hat (Urteil vom 15.12.1999 - 2 A 112/99 - NordÖR 2000, 247), kann dieser Auffassung im Hinblick auf die dargelegte Systematik nicht gefolgt werden. Das OVG Bremen vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ein Elektromobil könne nicht als Gegenstand, der der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 angesehen werden, sondern müsse als beihilfefähiges Hilfsmittel eingestuft werden. Mit dieser Begründung wendet sich das OVG Bremen im Hinblick auf Elektromobile im Kern gegen die Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes und leitet aus übergeordneten Gesichtspunkten entgegen dem Wortlaut der Vorschriften einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil ab. Mit dieser Begründung kann jedoch ein unmittelbarer Anspruch des Beihilfeberechtigten auf Versorgung mit einem Elektromobil bereits nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes nicht angenommen werden.
31 
bb) Die danach in Nr. 9 der Anlage 3 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, Elektromobile grundsätzlich nicht als erforderliche Hilfsmittel und damit nicht als beihilfefähig anzusehen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören danach das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das im Fall der Klägerin einschlägige Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 3 KR16/05 R -SozR 4-2500 § 33 Nr. 12). Die Benutzung eines Kraftfahrzeugs, sei es als Fahrer oder Mitfahrer, zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistungen der Krankenversicherung zu befriedigen sind. Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden, da sie den Verpflichtungen des Dienstherrn entsprechen, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten erwachsen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ, Urt. v. 24.04.1996 - 4 S 3208/94 - DÖD 1997, 37).
33 
Das hier zu beurteilende Elektromobil Cityliner 412 erweist sich danach zur Überzeugung des Senats nicht als notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV. Ist - wie hier - das allgemeine Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ betroffen, so richtet sich die Notwendigkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in einem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Ehefrau des Klägers die Bewegung im Nahbereich der Wohnung wegen ihrer MS-Erkrankung nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Sie bedarf daher zur Erschließung des erforderlichen körperlichen Freiraums - dies ist ebenfalls unstreitig - eines Hilfsmittels. Die Beklagte kommt bei dieser Sachlage ihren Verpflichtungen, die ihr aus der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten erwächst, in ausreichendem Maße nach, wenn sie entsprechend ihren Vorschriften die Aufwendungen für die Anschaffung eines „Krankenfahrstuhls“ übernimmt. Dies kann bedeuten, dass der Kranke bzw. Behinderte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände seines Einzelfalles gegebenenfalls Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Elektrorollstuhls hat, um ihm auf diesem Weg den erforderlichen körperlichen Freiraum zu verschaffen. Ein - darüber hinausgehender - Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil bzw. ein Wahlrecht des Beihilfeberechtigten, ihm entweder einen Elektrorollstuhl oder ein Elektromobil zur Verfügung zu stellen, besteht hingegen nicht.
34 
In Fällen wie dem hier zu beurteilenden gewährleistet regelmäßig ein Hilfsmittel in Form eines Elektrorollstuhls das allgemeine Grundbedürfnis des Kranken bzw. des Behinderten auf „Bewegungsfreiheit“. Dieses Hilfsmittel sorgt für die erforderliche Mobilität des Kranken bzw. Behinderten sowohl in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen als auch außerhalb der Wohnung in einem Nahbereich, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. So ermöglicht es die Konstruktion des Elektrorollstuhls mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und z.B. auch an Tische heranzufahren. Der Elektrorollstuhl stellt ferner bei Einkäufen im Nahbereich und bei der Aufsuchung von Ärzten und Therapeuten sicher, dass der Benutzer sich in den entsprechenden Räumlichkeiten fortbewegen kann und insoweit mobil ist. Ein Elektromobil ist hingegen nicht geeignet, die erforderliche Mobilität des Benutzers in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsräumen sicherzustellen. Aufgrund seiner Abmessungen und seines Wendekreises ist es - wie dargelegt - nur für die Benutzung auf der Straße geeignet. Der Kranke bzw. der Behinderte kann damit nur den Weg zu den Einkaufsgeschäften und den Praxisräumen seiner Ärzte und Therapeuten zurücklegen, im Geschäft und in der Praxis selbst ist er jedoch auf weitere Hilfestellung bzw. ein weiteres Hilfsmittel angewiesen. So wäre es der Ehefrau des Klägers etwa unmöglich, mit dem von ihr angeschafften Elektromobil einen (kleineren) Supermarkt aufzusuchen und dort auch selbständig durch die Geschäftsräume zu fahren, um die Waren auszusuchen. Bei dieser Sachlage stellt sich die Entscheidung des Gesetzgebers, stark Gehbehinderten wie der Ehefrau des Klägers bei typisierender Betrachtung einen Elektrorollstuhl im Rahmen der Hilfsmittelversorgung zur Verfügung zu stellen - nicht jedoch ein Elektromobil - als sachgerecht dar. Das Hilfsmittel eines Elektrorollstuhls sichert das Grundbedürfnis der „Bewegungsfreiheit“ in umfassender Weise und stellt im Vergleich zum Elektromobil das zielgerichtetere bzw. das zielgenauere Hilfsmittel dar. Ist danach das Elektromobil kein gleichermaßen geeignetes Hilfsmittel, steht dem Beihilfeberechtigten auch kein Wahlrecht zwischen Elektrorollstuhl und Elektromobil zu und es kommt auf die Frage, welches Hilfsmittel wirtschaftlicher ist, nicht an.
35 
Dem Umstand, dass das Elektromobil im Vergleich zum Elektrorollstuhl dem Kranken bzw. Behinderten eine schnellere Fortbewegung und auch das Zurücklegen größerer Strecken ermöglicht, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Auch der Elektrorollstuhl sichert die Mobilität im Nahbereich der Wohnung in ausreichendem Maße. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein gesunder Fußgänger sich den Nahbereich einer Wohnung wesentlich schneller erschließen kann als dies für einen Behinderten mit Hilfe eines Elektrorollstuhls möglich ist. Ziel des Basisausgleichs ist es gerade nicht, ein vollständiges Gleichziehen mit Gesunden zu ermöglichen. Unerheblich ist schließlich auch, dass mit Hilfe eines Elektromobils weitaus größere Entfernungen zurückgelegt werden können und dementsprechend sich der Behinderte einen größeren Bewegungsradius verschaffen kann. Auch hier gilt, dass die Hilfsmittelversorgung nur den Nahbereich der Wohnung erschließen soll, jedoch nicht einen Bereich, den ein Gesunder üblicherweise mit dem Fahrrad, einem Elektrobike oder gar einem Kraftfahrzeug aufsucht.
36 
cc) Ob es unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall ausnahmsweise geboten sein kann, von der generellen Entscheidung des Gesetzgebers abzuweichen, wonach lediglich Elektrorollstühle, jedoch keine Elektromobile beihilfefähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Im Fall der Ehefrau des Klägers sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil begründen könnten. Das der Ehefrau des Klägers von der Beklagten früher zur Verfügung gestellte Elektromobil hatte zwar die Mobilität der Ehefrau des Klägers deutlich erhöht und es ihr - nach eigenem Vortrag - ermöglicht, sich alleine außerhalb der Wohnung fortzubewegen. Die erforderliche Mobilität kann jedoch - wie dargelegt - grundsätzlich durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl sichergestellt werden. Die Ehefrau des Klägers hat auch keine Besonderheiten vorgetragen, die in ihrem Fall die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl als nicht ausreichend erscheinen ließen.
37 
Soweit sich die Beklagte im Berufungsverfahren sinngemäß darauf berufen hat, der Ehefrau des Klägers sei Pflegegeld der Stufe III zuerkannt worden und die entsprechende Pflegeperson habe mit Hilfe des bereits vorhandenen Rollstuhls die Teilnahme der Ehefrau des Klägers am allgemeinen Leben zu ermöglichen, braucht diesem Vortrag nicht weiter nachgegangen zu werden. Ob die Ehefrau des Klägers Anspruch auf die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl hat, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens, zumal sie einen entsprechenden Antrag bislang nicht gestellt hat.
38 
dd) Da nach alledem das von der Ehefrau des Klägers angeschaffte Elektromobil nicht notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 BhV ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Elektromobile darüber hinaus im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV als Gegenstände anzusehen sind, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen und - auch deshalb - von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.11.1999 - B 3 KR 16/99 R - FEVS 51, 395) ist ein Elektromobil kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V, weil es nur von Personen benutzt wird, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt sind, jedoch nicht in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen (so wohl auch OVG Bremen, Urteil vom 15.12.1999, aaO). Im Gegensatz dazu vertritt das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 - Juris) die Auffassung, bei einem Elektromobil handele es sich um ein Fortbewegungsmittel, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Dafür lässt sich - so zu Recht das Verwaltungsgericht - anführen, dass ein Elektromobil auch einen breiteren Personenkreis anspricht, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Ein Elektromobil kann - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des Bundessozialgerichts, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln. Mangels Entscheidungserheblichkeit braucht der Senat jedoch der Frage, in welchem Umfang Elektromobile auch von gesunden (älteren) Menschen benutzt werden, nicht weiter nachzugehen.
39 
3. Schließlich vermittelt auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Ehefrau des Klägers keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beklagte ihr im Jahre 2003 Beihilfe für die Anschaffung eines vergleichbaren Elektromobils gewährt habe. Sollte die Beklagte der Ehefrau des Klägers in der Vergangenheit aufgrund individueller Besonderheiten die Beihilfe zu Recht gewährt haben, würde es nunmehr an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlen; nach den obigen Ausführungen sind im Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Besonderheiten gegeben, die einen Anspruch der Ehefrau des Klägers begründen könnten. Sollte die Beklagte dagegen in der Vergangenheit unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften des Bundes der Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils zuerkannt haben, ließe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch, ihr gegenüber nochmals eine solche (rechtswidrige) Entscheidung zu treffen, nicht herleiten. Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt nicht deshalb, weil eine Behörde diese Bindung während eines bestimmten Zeitraums nicht hinreichend beachtet hat. Deshalb kann die Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erfolg, d.h. mit dem Anspruch auf Einräumung einer Begünstigung nur rügen, wer nach der maßgebenden objektiven Rechtslage einen Anspruch auf die von ihm begehrte Gleichbehandlung hat. Gebietet die Rechtslage die erstrebte Behandlung nicht bzw. schließt sie sie aus, so ist der Gleichheitssatz auch dann nicht verletzt, wenn eine Behandlung entgegen der objektiven Rechtslage in anderen (gleichgelagerten) Fällen gewährt worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153; Urteil vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 - BVerwGE 34, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.09.2011 - 2 S 1202/10 -).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss vom 10. Oktober 2011
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 2.750,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2005 - 17 K 4959/04 - geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für die mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen zu gewähren. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 18.08.2004 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten Beihilfe für eine künstliche Befruchtung.
Er ist Professor im Dienst des Beklagten und zu 50 % beihilfeberechtigt. Mit Antrag vom 30.07.2004 begehrte er vom Beklagten Beihilfe für Aufwendungen im Rahmen der bei seiner Lebenspartnerin durchgeführten künstlichen Befruchtung in Höhe von insgesamt 9.334,44 EUR (richtig: 10.133,82 EUR). Mit Bescheid vom 18.08.2004 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Erstattung ab und führt er aus, beihilfefähig seien nur Aufwendungen, die bei der Befruchtung mit Sperma des Ehemanns entstünden. Den mit Schreiben vom 25.08.2004 erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 zurück.
Am 15.12.2004 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 18.08.2004 und dessen Widerspruchsbescheids vom 15.11.2004 zu verpflichten, ihm aufgrund seines Antrags vom 30.07.2004 Beihilfe zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.08.2005 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zu § 6 BVO seien Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei homologer Insemination (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) und homologer In-vitro-Fertilisation (extrakorporal) nach näheren Maßgaben beihilfefähig. Nicht beihilfefähig seien Aufwendungen für die heterologe Insemination oder heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewähre, müssten sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergingen, müssten sich diese im Rahmen des normativen Programms halten. Sie dürften auch die Ausübung eines etwas vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Insoweit ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zur § 6 BVO, dass Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung bei Paaren, die nicht miteinander verheiratet seien, ausgeschlossen sein sollten. Dieser Ausschluss decke sich auch mit dem „Programm“ der Beihilfevorschriften. Die Regelung der Nichtbeihilfefähigkeit der heterologen Insemination oder heterologen In-vitro-Fertilisation in Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift habe nicht nur diejenigen Fälle im Blick, in denen sich die Frau einer entsprechenden Behandlung unterziehe. Vielmehr lasse sich in die Umschreibung auch der Fall der Behandlung des Mannes einordnen. Nichts anderes ergebe sich aus der positiven Regelung hinsichtlich der Beihilfefähigkeit homologer In-vitro-Fertilisation und homologer Insemination. Unstreitig sei die auf einem OAT-Syndrom beruhende Zeugungsunfähigkeit des Klägers ein regelwidriger Körperzustand, der einer Behandlung zugänglich sei, die einen Funktionsausgleich schaffe. Für die homologe Insemination und In-vitro-Fertilisation habe dies auch Niederschlag in der Beihilfeverordnung gefunden. Es widerspreche nicht dem Programm der Beihilferegelungen, heterologe Behandlungsmethoden aus der Beihilfefähigkeit auszunehmen. Auch ein Verstoß gegen das Fürsorgeprinzip sei nicht erkennbar.
Zum Programm der Beihilferegelung gehöre gemäß § 5 Abs. 1 BVO, dass dem Grunde nach notwendige Aufwendungen in angemessenem Umfang beihilfefähig seien, und dass unter anderem Ehegatten berücksichtigungsfähig seien. Dem entspreche es, Notwendigkeit und Angemessenheit zu verneinen, soweit der Fortpflanzungswunsch außerhalb der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe und Familie bestehe. Nichtehelichen Lebensgemeinschaften und sonstigen Lebensformen fehle das formale Element, weshalb sie nicht unter den Begriff der Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG fielen. Die Schutzwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG greife auch dann nicht ein, wenn nicht miteinander verheiratete Partner den Wunsch hätten, Kinder zu zeugen. Ein weitergehendes, auch den Kinderwunsch nichtehelicher Paare beihilferechtlich berücksichtigendes Programm der Beihilfeverordnung lasse sich nicht daraus ableiten, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 BVO die Mutter eines nichtehelichen Kindes des Beihilfeberechtigten im Hinblick auf die Geburt des Kindes als berücksichtigungsfähige Angehörige bezeichne. Vielmehr sei diese Regelung Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, der damit den amtsangemessenen Lebensunterhalt des Beamten im Hinblick auf die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der anstehenden Geburt seines Kindes sicherstellen wolle.
Der Dienstherr habe bei der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht einen Spielraum, der nicht die lückenlose Erstattung der Aufwendungen gebiete. In Fällen, in denen die Beihilferegelungen die Gewährung einer Beihilfe ausschlössen oder begrenzten, komme ein Zurückgreifen auf die allgemeine Fürsorgepflicht ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn diese andernfalls in ihrem Wesensgehalt verletzt sei. Dies sei nicht der Fall. Es sei mit dem Fürsorgeprinzip nicht schlechterdings unvereinbar, die Erstattung von Aufwendungen für Insemination oder In-vitro-Fertilisation von der Voraussetzung abhängig zu machen, dass die potentiellen Eltern miteinander verheiratet seien, mithin in diesem Fall die Fürsorgepflicht an Art. 6 GG zu orientieren.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 30.04.2007 - 4 S 2530/05 - die Berufung zugelassen. Nach Verlängerung der Begründungsfrist hat der Kläger die Berufung am 06.07.2007 begründet. Er trägt vor, der Beklagte sei verpflichtet, ihm Beihilfe für die In-vitro-Fertilisation, oder präziser ICSI (intracytoplasmatische Spermieninjektion), zu gewähren, weil eine Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren bei der Behandlung einer Krankheit gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und mit dem System der Beihilfe nicht vereinbar sei. Voraussetzung für die Gewährung einer Beihilfe sei, dass diese aus Anlass einer Krankheit entstanden sei. Seine auf einem OAT-Syndrom beruhende Einschränkung der Zeugungsfähigkeit sei unstreitig eine Krankheit. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zu § 6 BVO seien bei homologer In-vitro-Fertilisation daher vom Grundsatz her erstattungsfähig. Der Ausschluss der Beihilfegewährung für diese Behandlung sei bei nicht miteinander verheirateten Paaren nicht durch den dem Dienstherrn eingeräumten Spielraum bei der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht gedeckt. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass der Dienstherr bei Vorliegen einer Krankheit zur Erstattung von Aufwendungen für anerkannte Methoden der Heilung zwischen miteinander verheirateten und nicht verheirateten Paaren keine Unterscheidung treffen dürfe. Dies folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2007 und gelte nicht nur für das System der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bei der Beihilfe. Die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 16.12.2004, wonach es sachgerecht sei, den Vollzug der beihilferechtlichen Vorschriften von der Feststellung einer nichtehelichen Partnerschaft abhängig zu machen, sei überholt.
Der Ausschlussgrund Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sei bereits nach seinem Wortlaut nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Gemeint sei vielmehr nur der Fall, dass bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung mit dem Sperma eines anderen als des eigenen Ehemanns durchgeführt werde. Sein Fall unterscheide sich dadurch, dass er selbst beihilfeberechtigt und medizinisch zeugungsfähig sei, aber eben nur über den Weg einer künstlichen Befruchtung seiner Partnerin mit seinem Sperma. Diesen Fall erfasse die Verwaltungsvorschrift nicht. Praktische Probleme bei der Feststellung einer nichtehelichen Partnerschaft stellten sich in seinem Fall nicht, da er primär Aufwendungen geltend mache, die bei der Behandlung seiner eigenen Krankheit entstanden seien. In welcher Beziehung er zu seiner Partnerin stehe, sei dabei völlig unerheblich. Im Übrigen kenne das Beihilferecht durchaus Fälle, in denen auch in nichtehelicher Lebensgemeinschaft eine Beihilfeberechtigung des Partners gegeben sei. So sei im Falle der Geburt eines Kindes die nichteheliche Partnerin des Beihilfeberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 BVO selbst beihilfeberechtigt. Im Übrigen genieße die nichteheliche Lebensgemeinschaft den Schutz der Art. 1, 2, 3 und 9 GG. Mit diesen Vorgaben sei ein genereller Ausschluss der Aufwendungen zur Beseitigung seiner Krankheit nicht vereinbar. Außerdem seien auch seine Grundrechte und die seiner Partnerin aus der Konvention zum Schutze der Grundfreiheiten und Menschenrechte (EMRK) verletzt, und zwar vor allem die Art. 6, 12 und 14 EMRK. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe den Begriff der Familie in einem ähnlich weiten Sinn interpretiert wie das Bundesverfassungsgericht und in wichtigen Entscheidungen auch die Bereitschaft zu weiterer richterlicher Rechtsfortbildung erkennen lassen. Der Kinderwunsch nicht verheirateter Ehepaare falle in den Schutzbereich des Art. 12 EMRK und der generelle Ausschluss der Beihilfefähigkeit stelle zusätzlich eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung im Sinne des Art. 14 EMRK dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2005 - 17 K 4959/04 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 18.08.2004 und dessen Widerspruchsbescheids vom 15.11.2004 zu verpflichten, ihm Beihilfe für die mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und trägt ergänzend vor, die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen scheitere daran, dass der Kläger im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung mit seiner Lebenspartnerin nicht verheiratet gewesen sei. Die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren bei Erstattung von Aufwendungen der künstlichen Befruchtung sei mit dem System der Beihilfe vereinbar. Eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu verheirateten beihilfeberechtigten Personen sei daher sachlich gerechtfertigt. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.02.2007. Der Ausschluss der Beihilfegewährung bei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei nicht miteinander verheirateten Paaren sei durch den dem Dienstherrn eingeräumten Spielraum bei der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht abgedeckt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach die Anknüpfung an den Familienstand einen einfachen Vollzug gewährleiste, sei nicht durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überholt. Würde der Vollzug der beihilferechtlichen Vorschriften von der Feststellung einer nichtehelichen Partnerschaft abhängig gemacht werden, müsste die Beihilfestelle in das Privatleben der Beihilfeberechtigten eindringen. Der Ausschlussgrund nach Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift sei im Falle des Klägers einschlägig. Eine Beschränkung auf die künstliche Befruchtung bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau sei schon dem Wortlaut nach nicht ersichtlich. Auch die Regelung in § 3 Abs. 1 BVO führe nicht zur Beihilfefähigkeit der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen. Diese Regelung sei Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, der damit den angemessenen Lebensunterhalt des Beamten im Hinblick auf die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der anstehenden Geburt seines Kindes sicherstellen wolle. Dagegen gebiete es die Fürsorgepflicht nicht, darüber hinaus auch den amtsangemessenen Lebensunterhalt des unverheirateten Beamten im Hinblick auf die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit dem Kinderwunsch sicherzustellen. Ein Anspruch auf die Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen künstlichen Befruchtung könne weder aus Art. 6 GG noch aus anderen Artikeln der Verfassung oder der EMRK abgeleitet werden. Der Dienstherr dürfe vielmehr die Fürsorgepflicht an Art. 6 GG orientieren.
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Der Ausschlussgrund nach Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO schränke die Norm des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ein, sondern konkretisiere sie. Dabei halte er sich im Rahmen des normativen Programms der Beihilfevorschriften und sorge für eine einfache und gleichartige Handhabung. Unabhängig davon dürften Verwaltungsvorschriften auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Beurteilungsspielraums lenken. Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO ordne die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung stets der Ehefrau zu, während Aufwendungen für eine ICSI regelmäßig dem Ehemann zuzurechnen seien. Damit führe die Vorschrift den von Art. 6 GG vorgegebenen Schutz von Ehe und Familie fort und stehe im Einklang mit dem Aufbau und dem Grundsatzprogramm der Beihilfevorschriften. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO seien berücksichtigungsfähige Angehörige nur die Ehegatten der Beihilfeberechtigten, nicht hingegen deren Lebenspartner. Im Hinblick darauf würde eine Gerichtsentscheidung, die Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO entgegenstehe, zumindest teilweise ins Leere laufen, da nämlich zu berücksichtigen sei, dass bei den streitgegenständlichen Rechnungen zumindest teilweise die Lebenspartnerin des Klägers Patientin gewesen sei. Für die bei ihr entstandenen Aufwendungen fehle es an der Berücksichtigungsfähigkeit. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung würden medizinische Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nur dann erfasst, wenn die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollten, miteinander verheiratet seien.
14 
Die Akten des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgarts waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Berufung des Klägers ist nach der Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die - zulässige - Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Juni 2003 bis Februar 2004) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125). Die Beihilfeverordnung ist auf der Grundlage des § 101 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (GBl. S. 286) erlassen worden. Nach dieser Vorschrift wird den Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten, Witwern und Waisen zu Aufwendungen in Ge-burts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen sowie zur Gesundheitsvorsorge Beihilfe gewährt, solange ihnen laufende Besoldungs- oder Versorgungsbezüge zustehen. Das Nähere regelt das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung. Dabei ist insbesondere zu bestimmen, welche Personen beihilfeberechtigt und welche Personen berücksichtigungsfähig sind (Nr. 1); welche Aufwendungen beihilfefähig sind, wobei kleinere gesetzliche Kostenanteile sowie Kosten des Besuchs vorschulischer oder schulischer Einrichtungen und von berufsfördernden Maßnahmen nicht einbezogen werden dürfen (Nr. 2); unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe zu gewähren ist oder gewährt werden kann (Nr. 3); wie die Beihilfe zu bemessen ist (…) (Nr. 4) und wie übergangsweise die Gemeinden, Landkreise und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die zu leistende Beihilfe über eine Versicherung gewähren können (Nr. 5).
18 
Die Gewährung von Beihilfe gehört zwar nicht selbst zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, ist jedoch Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu diesen Grundsätzen gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 33 Abs. 5 GG). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277 m.w.N.). Es steht ihm frei, entweder die Dienstbezüge des Beamten so zu bemessen, dass er in der Lage ist, die ihm und seiner Familie entstehenden Kosten medizinischer Heilbehandlungen durch eigene Vorsorge abzudecken, oder dem Beamten freie Heilfürsorge oder Zuschüsse zu gewähren oder aber verschiedene Möglichkeiten miteinander zu kombinieren. Entscheidet sich der Dienstherr - wie hier der Beklagte - für die Lösung, die Dienstbezüge entsprechend zu bemessen und ergänzend Beihilfe zu gewähren, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenbeteiligung nicht absichern kann (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 -, BVerwGE 119, 168).
19 
Damit dienen auch die für die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, müssen sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung als Rechtsverordnung des Landes Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergehen, müssen sich diese im Rahmen des normativen Programms halten, dieses also konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären. Sie dürfen auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
20 
Nach § 5 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen.
21 
Die In-vitro-Fertilisation in Kombination mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (IVF-/ICSI-Behandlung) ist eine zur Behandlung einer Krankheit spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie bzw. eines OAT-Syndroms III. Grades stellt einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 C 38.02 -, BVerwGE 119, 265; BGH, Urteile vom 17.12.1986 - IVa ZR 78/85 -, BGHZ 99, 228, und vom 13.09.2006 - IV ZR 133/05 -, NJW 2006, 3560; Senatsbeschluss vom 28.10.2005 - 4 S 2627/04 - ESVGH 56, 128; VG Berlin, Urteil vom 11.09.2007 - 28 A 274.05 -, Juris). Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.1993 - 11 S 498/93 -, Juris; BGH, Urteil vom 03.03.2004 - IV ZR 25/03 -, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der - unstreitig gesunden - Lebenspartnerin des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann - anders als bei anderen Erkrankungen - durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers kein Heilungserfolg eintreten (BGH, Urteil vom 03.03.2004, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 28.10.2005, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.09.2008 – 5 LA 198/07 -, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2007 - 1 A 2537/06 -, Juris). Daher sind die gesamten Maßnahmen im Rahmen der künstlichen Befruchtung dem Kläger zuzurechnen. Dies hat der Beklagte zumindest im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht in Frage gestellt.
22 
Der Umstand, dass medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen werden, sondern in § 27a SGB V als „eigenständiger Versicherungsfall“ den für Krankheiten geltenden Regelungen des Fünften Sozialgesetzbuchs lediglich unterstellt sind, rechtfertig keine andere Beurteilung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.02.2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316, und Beschluss vom 27.02.2009 - 1 BvR 2982/07 -, FamRZ 2009, 761; BSG, Urteil vom 03.03.2001 - B 1 KR 40/00 R -, BSGE 88, 62). Denn zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen grundlegende Strukturunterschiede, die es ausschließen, einzelne Strukturelemente aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ohne ausdrückliche Regelung in das System der Beihilfe zu übertragen. Eine Anknüpfung an die Systematik des § 27a SGB V, wie sie sich in den Beihilfevorschriften des Bundes und anderer Länder findet, ist zwar grundsätzlich möglich. Weder die hier anzuwendende noch die derzeit geltende Fassung der Beihilfeverordnung des Beklagten sehen aber Derartiges vor. Aus Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Württemberg zu § 6 BVO vom 23.04.1996 (GABl. S. 371) ergibt sich vielmehr, dass die künstliche Befruchtung im System der Beihilfe als Maßnahme zur Behandlung einer Krankheit angesehen wird.
23 
Der Annahme, dass die IVF-/ICSI-Behandlung der Behandlung einer Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO dient und insoweit notwendig ist, steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte heterologe IVF-/ICSI-Behandlung handelt, also eine künstlichen Befruchtung zwischen nicht verheirateten Partnern. Denn das Vorliegen eines anomalen körperlichen Zustands hängt nicht von der Existenz einer Ehe ab. Eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit - die objektiv und nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch als regelwidriger Körperzustand anzusehen ist - liegt unabhängig vom Bestehen einer Ehe vor und verändert sich nicht je nachdem, ob eine eheliche oder nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht (LG Berlin, Urteil vom 24.02.2004 - 7 O 433/02 -, RuS 2004, 203). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Fortpflanzungsfähigkeit nur für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion ist (so LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 - 11 O 297/06 -, Juris; ebenso Bayerischer VGH, Urteil vom 30.03.1993 - 3 B 92.2829 -, ZBR 1993, 279; OVG Berlin, Urteil vom 28.10.2003 – 4 B 3.03 -, Juris; offen gelassen BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Eine selbstbestimmte Entscheidungsbefugnis für ein gemeinsames Kind steht nichtehelichen Lebenspartnern nach den gewandelten gesellschaftlichen Anschauungen ebenso zu wie Ehepartnern. Auch können erhebliche Einschränkungen des Selbstwertgefühls und schwerwiegende Konflikte bis hin zu seelischen Erkrankungen nichteheliche Partner, die in einer festen Partnerschaft leben, genauso treffen. Denn Kinder zu haben und aufzuziehen, bedeutet - unabhängig vom Familienstand - für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens (BFH, Urteil vom 10.05.2007 - III R 47/05 -, NJW 2007, 3596).
24 
Die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen wird durch Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ausgeschlossen. In diesem „Hinweis“ ist bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für homologe Insemination und homologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) beihilfefähig sind. Nicht beihilfefähig sind nach dieser Regelung Aufwendungen für heterologe Insemination und heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Dabei beschränkt sich der Ausschlussgrund entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Fälle, in denen bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung durchgeführt wird. Zwar ist die in Parenthese erfolgte Präzisierung des Begriffs der heterologen Befruchtung dem Wortlaut nach nur auf die (Ehe-) Frau bezogen. Dies beruht indes darauf, dass jede Behandlung einer Fertilitätsstörung, unabhängig davon, ob die Ursache dafür beim Mann oder bei der Frau liegt, im Ergebnis die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei der Frau zum Ziel hat. Da sich die Ausschlussregelung - ohne Einschränkung hinsichtlich der betroffenen Person - insgesamt auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bezieht, sind damit auch die Fälle erfasst, in denen der beihilfeberechtigte Mann aufgrund seiner Erkrankung nur im Wege der künstlichen Befruchtung in der Lage ist, ein Kind zu zeugen. Die Unterscheidung zwischen homologer und heterologer Befruchtung erfolgt in diesem Fall danach, ob der Samen des „erkrankten“ Mannes zur Befruchtung seiner Ehefrau vorgesehen ist oder zur Befruchtung einer Frau, mit der er nicht verheiratet ist.
25 
Die Verwaltungsvorschrift kann aber weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus den Vorschriften der Beihilfeverordnung selbst ergibt (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).
26 
Es erscheint bereits fraglich, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine IVF-/ICSI-Behandlung bei nichtverheirateten Beamten mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des § 27a Abs. 1 SGB V ausgeführt, es wäre nicht zu rechtfertigen, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung von der Sachleistung einer Maßnahme der künstlichen Befruchtung auszuschließen, wenn diese medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienten; eine Vorschrift, die eine solche Leistung der gesetzlichen Krankenkasse nur Verheirateten, aber nicht unverheirateten Personen zugute kommen ließe, hätte vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand. Die Regelung in § 27a Abs. 1 SGB V hat das Bundesverfassungsgericht dennoch gebilligt, weil der Gesetzgeber Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern hierfür einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe (BVerfG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.). Dies ist nach der Beihilfeverordnung - wie ausgeführt - anders. Die künstliche Befruchtung wird hier den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit zugeordnet. Ob die Erwägung des Beklagten, die Feststellung des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könne zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen und unter Umständen ein Eindringen in das Privatleben des Beihilfeberechtigten erfordern, einen tragfähigen Grund für die Ungleichbehandlung von unverheirateten Beamten darstellen könnte, kann indes offen bleiben. Denn die Entscheidung, unverheirateten Beamten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung keine Beihilfe zu gewähren, kann jedenfalls nicht im Wege einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden.
27 
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 BVO berechtigt nur zum Erlass von Verwaltungsvorschriften, welche die Beihilfefähigkeit von näher bezeichneten Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen. Dies betrifft Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sowie Materialien, Arznei- und Verbandmittel (Nr. 1), Aufwendungen für nicht in den Gebührenverzeichnissen der Gebührenordnungen der Bundesregierung aufgeführte ärztliche, psychotherapeutische oder zahnärztliche Leistungen (Nr. 2) und Aufwendungen für Heilbehandlungen nach Absatz 1 Nr. 3, Behandlungen von Heilpraktikern und psychotherapeutische oder ähnliche Behandlungen (Nr. 3). Hierunter fallen die streitgegenständlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht, insbesondere sind die In-vitro-Fertilisation und die intracytoplasmatische Spermieninjektion als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden einzustufen (BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Darüber hinaus dürfen Verwaltungsvorschriften das normativ vorgegebene „Programm“ der Beihilfevorschriften lediglich norminterpretierend konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären und auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem „Programm“ der Beihilfevorschriften selbst ergeben. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt sind, kann nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O., und Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
28 
Mit diesen Grundsätzen unvereinbar ist ein Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei unverheirateten Beamten, wie ihn Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO vorsieht. Erfüllt der Beamte, dem eine ärztliche Leistung zur Linderung eines krankheitsbedingten Leidens oder - wie hier - zum Ausgleich eines körperlichen Mangels erbracht wird, die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BVO aufgestellten Voraussetzungen, so steht ihm nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVO ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf die Beihilfe zu, der durch Verwaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden kann.
29 
Die Erwägung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aus Gründen einer einfachen und gleichartigen Handhabung und damit zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten auf Ehepartner zu beschränken, rechtfertigt die Regelung im Wege einer Verwaltungsvorschrift nicht. Denn die Anknüpfung an den Familienstand ist zur Abgrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Krankheit im „Programm“ der Beihilfevorschriften nicht vorgesehen. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO, auf die das Verwaltungsgericht hingewiesen hat. Diese Vorschrift regelt, wer außer den Kindern des Beihilfeberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVO) noch zum Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehört. Dies sind - mit Ausnahme der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Hinblick auf dessen Geburt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BVO) - nur die Ehegatten. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es bereits im normativen Programm der Beihilfeverordnung angelegt wäre, zu Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur verheirateten Beamten Beihilfe zu gewähren. Zwar ist eine IVF-/ICSI-Behandlung nur unter Einbeziehung des (Ehe-) Partners durchführbar. Die Aufwendungen werden allerdings allein dem erkrankten Partner zugeordnet und von diesem als Aufwendungen zur Behandlung seiner Erkrankung geltend gemacht. Die Beihilfefähigkeit derartiger Aufwendungen wird an keiner Stelle der Beihilfeverordnung unter Anknüpfung an den Familienstand bestimmt.
30 
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. In dem vom Beklagten genannten in einem Berufungszulassungsverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 16.12.2004 - 4 S 2431/04 - bestand nämlich kein Anlass, sich zu der Frage zu äußern, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei unverheirateten Beamten durch eine untergesetzliche Vorschrift geregelt werden darf.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
33 
Beschluss vom 29. Juni 2009
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 10.133,82 EUR festgesetzt.
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Berufung des Klägers ist nach der Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die - zulässige - Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Juni 2003 bis Februar 2004) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125). Die Beihilfeverordnung ist auf der Grundlage des § 101 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (GBl. S. 286) erlassen worden. Nach dieser Vorschrift wird den Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten, Witwern und Waisen zu Aufwendungen in Ge-burts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen sowie zur Gesundheitsvorsorge Beihilfe gewährt, solange ihnen laufende Besoldungs- oder Versorgungsbezüge zustehen. Das Nähere regelt das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung. Dabei ist insbesondere zu bestimmen, welche Personen beihilfeberechtigt und welche Personen berücksichtigungsfähig sind (Nr. 1); welche Aufwendungen beihilfefähig sind, wobei kleinere gesetzliche Kostenanteile sowie Kosten des Besuchs vorschulischer oder schulischer Einrichtungen und von berufsfördernden Maßnahmen nicht einbezogen werden dürfen (Nr. 2); unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe zu gewähren ist oder gewährt werden kann (Nr. 3); wie die Beihilfe zu bemessen ist (…) (Nr. 4) und wie übergangsweise die Gemeinden, Landkreise und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die zu leistende Beihilfe über eine Versicherung gewähren können (Nr. 5).
18 
Die Gewährung von Beihilfe gehört zwar nicht selbst zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, ist jedoch Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu diesen Grundsätzen gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 33 Abs. 5 GG). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277 m.w.N.). Es steht ihm frei, entweder die Dienstbezüge des Beamten so zu bemessen, dass er in der Lage ist, die ihm und seiner Familie entstehenden Kosten medizinischer Heilbehandlungen durch eigene Vorsorge abzudecken, oder dem Beamten freie Heilfürsorge oder Zuschüsse zu gewähren oder aber verschiedene Möglichkeiten miteinander zu kombinieren. Entscheidet sich der Dienstherr - wie hier der Beklagte - für die Lösung, die Dienstbezüge entsprechend zu bemessen und ergänzend Beihilfe zu gewähren, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenbeteiligung nicht absichern kann (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 -, BVerwGE 119, 168).
19 
Damit dienen auch die für die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, müssen sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung als Rechtsverordnung des Landes Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergehen, müssen sich diese im Rahmen des normativen Programms halten, dieses also konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären. Sie dürfen auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
20 
Nach § 5 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen.
21 
Die In-vitro-Fertilisation in Kombination mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (IVF-/ICSI-Behandlung) ist eine zur Behandlung einer Krankheit spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie bzw. eines OAT-Syndroms III. Grades stellt einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 C 38.02 -, BVerwGE 119, 265; BGH, Urteile vom 17.12.1986 - IVa ZR 78/85 -, BGHZ 99, 228, und vom 13.09.2006 - IV ZR 133/05 -, NJW 2006, 3560; Senatsbeschluss vom 28.10.2005 - 4 S 2627/04 - ESVGH 56, 128; VG Berlin, Urteil vom 11.09.2007 - 28 A 274.05 -, Juris). Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.1993 - 11 S 498/93 -, Juris; BGH, Urteil vom 03.03.2004 - IV ZR 25/03 -, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der - unstreitig gesunden - Lebenspartnerin des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann - anders als bei anderen Erkrankungen - durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers kein Heilungserfolg eintreten (BGH, Urteil vom 03.03.2004, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 28.10.2005, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.09.2008 – 5 LA 198/07 -, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2007 - 1 A 2537/06 -, Juris). Daher sind die gesamten Maßnahmen im Rahmen der künstlichen Befruchtung dem Kläger zuzurechnen. Dies hat der Beklagte zumindest im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht in Frage gestellt.
22 
Der Umstand, dass medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen werden, sondern in § 27a SGB V als „eigenständiger Versicherungsfall“ den für Krankheiten geltenden Regelungen des Fünften Sozialgesetzbuchs lediglich unterstellt sind, rechtfertig keine andere Beurteilung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.02.2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316, und Beschluss vom 27.02.2009 - 1 BvR 2982/07 -, FamRZ 2009, 761; BSG, Urteil vom 03.03.2001 - B 1 KR 40/00 R -, BSGE 88, 62). Denn zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen grundlegende Strukturunterschiede, die es ausschließen, einzelne Strukturelemente aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ohne ausdrückliche Regelung in das System der Beihilfe zu übertragen. Eine Anknüpfung an die Systematik des § 27a SGB V, wie sie sich in den Beihilfevorschriften des Bundes und anderer Länder findet, ist zwar grundsätzlich möglich. Weder die hier anzuwendende noch die derzeit geltende Fassung der Beihilfeverordnung des Beklagten sehen aber Derartiges vor. Aus Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Württemberg zu § 6 BVO vom 23.04.1996 (GABl. S. 371) ergibt sich vielmehr, dass die künstliche Befruchtung im System der Beihilfe als Maßnahme zur Behandlung einer Krankheit angesehen wird.
23 
Der Annahme, dass die IVF-/ICSI-Behandlung der Behandlung einer Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO dient und insoweit notwendig ist, steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte heterologe IVF-/ICSI-Behandlung handelt, also eine künstlichen Befruchtung zwischen nicht verheirateten Partnern. Denn das Vorliegen eines anomalen körperlichen Zustands hängt nicht von der Existenz einer Ehe ab. Eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit - die objektiv und nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch als regelwidriger Körperzustand anzusehen ist - liegt unabhängig vom Bestehen einer Ehe vor und verändert sich nicht je nachdem, ob eine eheliche oder nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht (LG Berlin, Urteil vom 24.02.2004 - 7 O 433/02 -, RuS 2004, 203). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Fortpflanzungsfähigkeit nur für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion ist (so LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 - 11 O 297/06 -, Juris; ebenso Bayerischer VGH, Urteil vom 30.03.1993 - 3 B 92.2829 -, ZBR 1993, 279; OVG Berlin, Urteil vom 28.10.2003 – 4 B 3.03 -, Juris; offen gelassen BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Eine selbstbestimmte Entscheidungsbefugnis für ein gemeinsames Kind steht nichtehelichen Lebenspartnern nach den gewandelten gesellschaftlichen Anschauungen ebenso zu wie Ehepartnern. Auch können erhebliche Einschränkungen des Selbstwertgefühls und schwerwiegende Konflikte bis hin zu seelischen Erkrankungen nichteheliche Partner, die in einer festen Partnerschaft leben, genauso treffen. Denn Kinder zu haben und aufzuziehen, bedeutet - unabhängig vom Familienstand - für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens (BFH, Urteil vom 10.05.2007 - III R 47/05 -, NJW 2007, 3596).
24 
Die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen wird durch Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ausgeschlossen. In diesem „Hinweis“ ist bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für homologe Insemination und homologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) beihilfefähig sind. Nicht beihilfefähig sind nach dieser Regelung Aufwendungen für heterologe Insemination und heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Dabei beschränkt sich der Ausschlussgrund entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Fälle, in denen bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung durchgeführt wird. Zwar ist die in Parenthese erfolgte Präzisierung des Begriffs der heterologen Befruchtung dem Wortlaut nach nur auf die (Ehe-) Frau bezogen. Dies beruht indes darauf, dass jede Behandlung einer Fertilitätsstörung, unabhängig davon, ob die Ursache dafür beim Mann oder bei der Frau liegt, im Ergebnis die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei der Frau zum Ziel hat. Da sich die Ausschlussregelung - ohne Einschränkung hinsichtlich der betroffenen Person - insgesamt auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bezieht, sind damit auch die Fälle erfasst, in denen der beihilfeberechtigte Mann aufgrund seiner Erkrankung nur im Wege der künstlichen Befruchtung in der Lage ist, ein Kind zu zeugen. Die Unterscheidung zwischen homologer und heterologer Befruchtung erfolgt in diesem Fall danach, ob der Samen des „erkrankten“ Mannes zur Befruchtung seiner Ehefrau vorgesehen ist oder zur Befruchtung einer Frau, mit der er nicht verheiratet ist.
25 
Die Verwaltungsvorschrift kann aber weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus den Vorschriften der Beihilfeverordnung selbst ergibt (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).
26 
Es erscheint bereits fraglich, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine IVF-/ICSI-Behandlung bei nichtverheirateten Beamten mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des § 27a Abs. 1 SGB V ausgeführt, es wäre nicht zu rechtfertigen, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung von der Sachleistung einer Maßnahme der künstlichen Befruchtung auszuschließen, wenn diese medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienten; eine Vorschrift, die eine solche Leistung der gesetzlichen Krankenkasse nur Verheirateten, aber nicht unverheirateten Personen zugute kommen ließe, hätte vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand. Die Regelung in § 27a Abs. 1 SGB V hat das Bundesverfassungsgericht dennoch gebilligt, weil der Gesetzgeber Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern hierfür einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe (BVerfG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.). Dies ist nach der Beihilfeverordnung - wie ausgeführt - anders. Die künstliche Befruchtung wird hier den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit zugeordnet. Ob die Erwägung des Beklagten, die Feststellung des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könne zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen und unter Umständen ein Eindringen in das Privatleben des Beihilfeberechtigten erfordern, einen tragfähigen Grund für die Ungleichbehandlung von unverheirateten Beamten darstellen könnte, kann indes offen bleiben. Denn die Entscheidung, unverheirateten Beamten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung keine Beihilfe zu gewähren, kann jedenfalls nicht im Wege einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden.
27 
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 BVO berechtigt nur zum Erlass von Verwaltungsvorschriften, welche die Beihilfefähigkeit von näher bezeichneten Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen. Dies betrifft Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sowie Materialien, Arznei- und Verbandmittel (Nr. 1), Aufwendungen für nicht in den Gebührenverzeichnissen der Gebührenordnungen der Bundesregierung aufgeführte ärztliche, psychotherapeutische oder zahnärztliche Leistungen (Nr. 2) und Aufwendungen für Heilbehandlungen nach Absatz 1 Nr. 3, Behandlungen von Heilpraktikern und psychotherapeutische oder ähnliche Behandlungen (Nr. 3). Hierunter fallen die streitgegenständlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht, insbesondere sind die In-vitro-Fertilisation und die intracytoplasmatische Spermieninjektion als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden einzustufen (BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Darüber hinaus dürfen Verwaltungsvorschriften das normativ vorgegebene „Programm“ der Beihilfevorschriften lediglich norminterpretierend konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären und auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem „Programm“ der Beihilfevorschriften selbst ergeben. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt sind, kann nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O., und Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
28 
Mit diesen Grundsätzen unvereinbar ist ein Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei unverheirateten Beamten, wie ihn Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO vorsieht. Erfüllt der Beamte, dem eine ärztliche Leistung zur Linderung eines krankheitsbedingten Leidens oder - wie hier - zum Ausgleich eines körperlichen Mangels erbracht wird, die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BVO aufgestellten Voraussetzungen, so steht ihm nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVO ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf die Beihilfe zu, der durch Verwaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden kann.
29 
Die Erwägung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aus Gründen einer einfachen und gleichartigen Handhabung und damit zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten auf Ehepartner zu beschränken, rechtfertigt die Regelung im Wege einer Verwaltungsvorschrift nicht. Denn die Anknüpfung an den Familienstand ist zur Abgrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Krankheit im „Programm“ der Beihilfevorschriften nicht vorgesehen. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO, auf die das Verwaltungsgericht hingewiesen hat. Diese Vorschrift regelt, wer außer den Kindern des Beihilfeberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVO) noch zum Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehört. Dies sind - mit Ausnahme der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Hinblick auf dessen Geburt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BVO) - nur die Ehegatten. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es bereits im normativen Programm der Beihilfeverordnung angelegt wäre, zu Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur verheirateten Beamten Beihilfe zu gewähren. Zwar ist eine IVF-/ICSI-Behandlung nur unter Einbeziehung des (Ehe-) Partners durchführbar. Die Aufwendungen werden allerdings allein dem erkrankten Partner zugeordnet und von diesem als Aufwendungen zur Behandlung seiner Erkrankung geltend gemacht. Die Beihilfefähigkeit derartiger Aufwendungen wird an keiner Stelle der Beihilfeverordnung unter Anknüpfung an den Familienstand bestimmt.
30 
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. In dem vom Beklagten genannten in einem Berufungszulassungsverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 16.12.2004 - 4 S 2431/04 - bestand nämlich kein Anlass, sich zu der Frage zu äußern, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei unverheirateten Beamten durch eine untergesetzliche Vorschrift geregelt werden darf.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
33 
Beschluss vom 29. Juni 2009
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 10.133,82 EUR festgesetzt.
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für eine heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden im Streitjahr (2006) gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger leidet unter einer inoperablen organisch bedingten Sterilität (sog. Kryptozoospermie) und ist deshalb nicht in der Lage, auf natürlichem Weg selbst Kinder zu zeugen. Im Rahmen der von den Klägern zunächst erfolglos versuchten homologen künstlichen Befruchtung wurde festgestellt, dass sein Sperma auch nicht geeignet ist, im Rahmen einer künstlichen Befruchtung selbst nach ärztlicher Behandlung eingesetzt zu werden. Deshalb entschlossen sich die Kläger, die Erfüllung des beiderseitigen Wunsches nach einem gemeinsamen Kind mit Hilfe einer instrumentellen donogenen Insemination, d.h. der Übertragung von Spendersamen, zu verwirklichen, und beantragten schließlich deren Durchführung in der Praxis des Prof. Dr. R. (Fertility Center). Das Fertility Center ist entsprechend der Verfahrens- und Qualitätssicherung nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert, das IVF-, Hormon- und Andrologielabor nach DIN EN ISO 17 025. Am 16. Januar 2006 und am 18. Januar 2006 fand eine psychosoziale Beratung durch eine Diplom-Psychologin statt. Zudem wurden die Kläger durch Prof. Dr. R. und Dr. P. (B. Samenbank) über die rechtlichen Aspekte und die möglichen Folgen der Verwendung von heterologen Samen unterrichtet.

3

Einen Tag später, am 19. Januar 2006, unterschrieben die Kläger einen entsprechenden Aufklärungsbogen und eine Vereinbarung mit der B. Samenbank. Prof. Dr. R. und die B. Samenbank dokumentierten die Identität des Samenspenders sowie die Verwendung der Samenspende. Es lag eine Einverständniserklärung des Samenspenders vor, seine Identität bei einem entsprechenden Auskunftsverlangen des Kindes bekannt zu geben. Gleichfalls erklärten sich die Kläger mit der Verwendung von heterologem Samen und der Dokumentation von Herkunft und Verwendung der Samenspende einverstanden und entbanden den Arzt im Rahmen eines entsprechenden Auskunftsverlangens von seiner Schweigepflicht. Verstöße gegen das Embryonenschutzgesetz wurden bei der Behandlung nicht festgestellt. Eine von der Ärztekammer Hamburg eingerichtete Kommission genehmigte die Behandlung der Kläger. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass diese auf das Krankheitsbild des Klägers abgestimmte, medizinisch indizierte Behandlungsmethode die berufsrechtlichen Voraussetzungen der im Streitfall maßgeblichen Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen im Streitfall erfüllt (vgl. Anhang zu § 13a der Berufsordnung "Richtlinien zur assistierten Reproduktion").

4

Leistungen von Krankenversicherern sind nicht erfolgt. Die Klägerin ist gesetzlich krankenversichert. Leistungsansprüche sind in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Eheleute beschränkt; es dürfen nur Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (§ 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch). Der Kläger ist privat krankenversichert. Da seine Erkrankung bei Abschluss des Versicherungsvertrags bekannt war, erfolgte ein entsprechender Leistungsausschluss für sterilitätsbedingte Behandlungsmaßnahmen.

5

Mit der Einkommensteuererklärung 2006 machten die Kläger die im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 21.345 € erfolglos als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, Aufwendungen für eine heterologe Befruchtung dienten, anders als bei einer homologen Befruchtung, nicht zur Überwindung einer Krankheit, so dass es an der medizinischen Notwendigkeit der Behandlungskosten fehle.

6

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) hingegen mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 1694 veröffentlichten Gründen statt.

7

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 33 Abs. 1 und Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

8

Es beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 5. Mai 2010  9 K 231/07 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die im Zusammenhang mit der durchgeführten heterologen künstlichen Befruchtung entstandenen Kosten als zwangsläufige Aufwendungen i.S. von § 33 EStG zu berücksichtigen sind.

11

1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

12

a) In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427, und vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; vom 2. September 2010 VI R 11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119).

13

b) Im Hinblick auf die für den Abzug nach § 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch indizierte Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Aufwendungen für Zahnersatz (vgl. FG Berlin, Urteil vom 18. Dezember 1980 IV 51/79, EFG 1981, 293, betreffend Zahnprothese), für medizinische Hilfsmittel im engeren Sinne wie Brillen, Hörapparate und Rollstühle (BFH-Urteil vom 14. Oktober 1997 III R 27/97, BFH/NV 1998, 571) sowie für medizinische Hilfsmittel im weiteren Sinne wie Blindencomputer (Sächsisches FG, Urteil vom 7. November 2000  5 K 1777/98, EFG 2001, 440) oder Treppenschräglifte (Sächsisches FG, Urteil vom 12. Oktober 2006  2 K 1859/04, EFG 2007, 931) werden regelmäßig als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl durch sie der körperliche Mangel nicht behoben, sondern ebenfalls "umgangen" oder kompensiert wird. An der Ausnahme im BFH-Urteil vom 28. Juli 2005 III R 30/03 (BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495) --kein Abzug von Aufwendungen für künstliche Befruchtungen einer unverheirateten Frau-- hält der BFH nicht länger fest (BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 47/05, BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871).

14

c) Auch aus der Tatsache, dass die private und die soziale Krankenversicherung für derartigen Bedarf Leistungsausschlüsse oder -beschränkungen vorsehen, ist nicht gefolgert worden, dass es an der Zwangsläufigkeit fehle; die Leistungsausschlüsse waren vielmehr Voraussetzung der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für den Steuerpflichtigen, der sich ihnen bei einem Anspruch gegen den Krankenversicherer hätte entziehen können.

15

d) Gleichwohl hat der BFH mit Urteil vom 18. Mai 1999 III R 46/97 (BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761) die Aufwendungen einer empfängnisfähigen verheirateten Frau für die Befruchtung mit Spermien eines Dritten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die organisch bedingte Sterilität eines Ehepartners sei zwar als Krankheit, d.h. objektiv als anomaler regelwidriger Körperzustand, einzuordnen. Denn die Fortpflanzungsfähigkeit sei für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion. Bei den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer künstlichen Befruchtung in Form der sog. heterologen Insemination, d.h. der Befruchtung von Eizellen der Ehefrau mit dem Sperma eines fremden Mannes, handele es sich aber nicht um die Kosten therapeutischer Maßnahmen im Sinne der Rechtsprechung des BFH zu § 33 EStG. Es fehle --anders als in Fällen der homologen künstlichen Befruchtung-- an einer gezielten, medizinisch indizierten Behandlung zum Zwecke der Heilung oder Linderung der Krankheit des zeugungsunfähigen Ehemannes. Die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptomen der Unfruchtbarkeit des Ehemannes, sondern die Erfüllung des Wunsches nach einem Kind.

16

2. An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat nicht länger fest. Vielmehr sind --wie das FG zutreffend ausführt-- auch Aufwendungen für eine medizinisch angezeigte heterologe künstliche Befruchtung als Krankheitskosten zu beurteilen und damit als steuermindernde außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

17

a) Nach dem von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), des Bundessozialgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entwickelten Krankheitsbegriff, dem sich der BFH grundsätzlich angeschlossen hat (vgl. BFH-Urteile vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805, m.w.N.; in BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761, und in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871), ist die organisch bedingte Sterilität eines Ehepartners --hier die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie-- als Krankheit, d.h. objektiv als anomaler regelwidriger Körperzustand, einzuordnen. Denn die Fortpflanzungsfähigkeit ist für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion (BFH-Urteil in BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761; FG Düsseldorf, Urteil vom 11. August 2003  7 K 3527/02 E, EFG 2003, 1786; FG München, Urteil vom 20. Mai 2009  10 K 2156/08, EFG 2009, 1462; BVerwG-Urteil vom 27. November 2003  2 C 38.02, BVerwGE 119, 265; BGH-Urteile vom 17. Dezember 1986 IVa ZR 78/85, BGHZ 99, 228, und vom 13. September 2006 IV ZR 133/05, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2006, 3560; Verwaltungsgerichtshof --VGH-- Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Oktober 2005  4 S 2627/04, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechung-Report --NVwZ-RR-- 2006, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2009  4 S 1028/07, juris; Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 11. September 2007  28 A 274.05, juris). Der Krankheitswert der organisch bedingten Sterilität des Klägers ist zwischen den Beteiligten zu Recht auch nicht streitig.

18

b) Die In-vitro-Fertilisation --IVF-- (in Kombination mit einer intracytoplasmatischen Spermieninjektion) ist eine zur Behandlung dieser Krankheit --bei Mann wie Frau-- spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Oktober 1993  11 S 498/93, juris; BGH-Urteil vom 3. März 2004 IV ZR 25/03, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der --unstreitig gesunden-- Ehefrau des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann --anders als bei anderen Erkrankungen-- durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers keine Linderung der Krankheit eintreten (BGH-Urteil in NJW 2004, 1658; VGH Baden-Württemberg, Beschluss in NVwZ-RR 2006, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2009  4 S 1028/07, juris; Oberverwaltungsgericht --OVG-- Lüneburg, Beschluss vom 4. September 2008  5 LA 198/07, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. November 2007  1 A 2537/06, juris).

19

c) Dies gilt auch, wenn die IVF mit heterologem Samen durchgeführt wird. Auch in diesem Fall liegt nach den in den Berufsordnungen der Landesärztekammern enthaltenen Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion unstreitig eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Überwindung der Sterilität eines Mannes vor. Es handelt sich um eine medizinische Maßnahme, die bei schweren Formen männlicher Fertilitätsstörungen angezeigt ist. Denn der Einsatz von heterologem Samen ist medizinisch nur indiziert, wenn der Einsatz von homologem Samen nicht erfolgreich war oder nicht zum Einsatz kommen konnte. Umstritten ist in diesem Zusammenhang lediglich, ob Aufwendungen hierfür vom Leistungsumfang einer privaten Krankenversicherung gedeckt (so Landgericht Dortmund, Urteil vom 10. April 2008  2 O 11/07, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2008, 1414) und beihilfefähig sind (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2009  4 S 1028/07, juris).

20

Die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezweckt damit nach Auffassung des erkennenden Senats zwar nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptomen der Unfruchtbarkeit des Ehemannes. Sie zielt aber --wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen der Sterilität des Mannes-- auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit eines Paares. Dieser kommt zwar nicht selbst Krankheitswert zu (BGH-Urteil in BGHZ 99, 228). Sie ist aber vorliegend unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit wird auch bei einer heterologen Insemination die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger --die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege--, entgegen der Auffassung im BFH-Urteil in BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761, durch eine medizinische Maßnahme ersetzt.

21

Da die streitige Heilbehandlung im Streitfall von einer zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person (vgl. BFH-Urteil in BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119) --unstreitig-- entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden ist, hat das FG zu Recht die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

22

3. Ausweislich der bindenden Feststellungen des FG haben die Kläger von ihren Krankenversicherungen keine Erstattung der streitigen Kosten zu erwarten. Damit kommt es auf die Frage, ob Aufwendungen nicht zwangsläufig erwachsen, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können (BFH-Urteile vom 20. September 1991 III R 91/89, BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137; in BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805; vom 14. August 1997 III R 67/96, BFHE 183, 561, BStBl II 1997, 732, und vom 21. Februar 2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309), nicht an.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.