Tenor

Die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2017 - 13 K 14557/17 - wird zurückgewiesen.

Der Vollstreckungsschuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.12.2017 (- 13 K 14557/17 - juris), mit welchem dem Land Baden-Württemberg für den Fall, dass es seiner Verpflichtung aus dem vor dem Verwaltungsgericht im Verfahren 13 K 875/15 geschlossenen Vergleich vom 26.04.2016 nicht bis zum 30.04.2018 nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde, ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), aber unbegründet.
Der Vollstreckungsschuldner und die Beigeladene halten die streitige Zwangsgeldandrohung für unzulässig, da auf Grund neuerer Entwicklungen inzwischen feststehe, dass es rechtlich nicht möglich sei, die im Vergleich übernommene Handlungsverpflichtung zur Reduktion des Verkehrs am Neckartor zu erfüllen. Entgegen der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung kann dieser Einwand aber nicht im vorliegenden Vollstreckungsverfahren, sondern nur im Rahmen einer - ggf. noch zu erhebenden - Vollstreckungsabwehrklage berücksichtigt werden. Im Einzelnen gilt das Folgende:
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 26.04.2016 nach § 172 VwGO erfolgt. So ist weitgehend anerkannt, dass es sich bei den in § 172 VwGO genannten Vollstreckungstiteln um keine abschließende Aufzählung handelt, sodass diese Bestimmung grundsätzlich auch für die Vollstreckung eines Prozessvergleichs (§ 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) anwendbar ist. Weiter entspricht es einer gut begründeten Auffassung, dass § 172 VwGO auch für die Vollstreckung einer Verpflichtung zur Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Amtshandlung gilt, jedenfalls soweit der Staat für sich eine spezifisch hoheitliche Regelungsbefugnis in Anspruch nimmt (zum Ganzen vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 172 Rn. 1; Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 172 Rn. 2 ff.; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 172 Rn. 41; Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 172 Rn. 16, 18; speziell zur Vollstreckung bei Luftreinhalteplänen vgl. z. B. BayVGH, Beschluss vom 27.02.2017 - 22 C 16.1427 - NVwZ 2017, 894; HessVGH, Beschlüsse vom 11.05.2016 - 9 E 448/16 - ZUR 2016, 432 und - 9 E 450/16 - juris; Schenk, jM 2018, 202); soweit der Senat in einer solchen Konstellation § 888 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO als Rechtsgrundlage für die Vollstreckung angesehen hat (vgl. z. B. Senatsbeschluss vom 28.02.2013 - 10 S 81/13 - VBlBW 2013, 310), wird hieran nicht festgehalten.
Tatbestandsmäßig setzt § 172 Satz 1 VwGO für die Vollstreckung voraus, dass die Behörde der ihr im Vollstreckungstitel auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Hiervon ist auszugehen, da der Vollstreckungsschuldner den (Teil-)Luftreinhalteplan für Stuttgart entgegen der im Prozessvergleich vom 26.04.2016 eingegangenen Verpflichtung bisher nicht entsprechend fortgeschrieben hat.
Der Vollstreckungsschuldner vermag mit seinem Vorbringen, „dass eine im Vollstreckungstitel selbst formulierte Rechtsbedingung nicht eingetreten und damit die Handlungsverpflichtung aus dem Vollstreckungstitel gar nicht entstanden“ sei, womit die „grundlegendste“ Vollstreckungsvoraussetzung fehle, nicht durchzudringen. Einen so zu verstehenden „expliziten Vorbehalt“, der als „Eingangsvoraussetzung für die Vollstreckung“ anzusehen wäre, enthält der am 26.04.2016 vor dem Verwaltungsgericht geschlossene Vergleich nicht.
Für die Auslegung des vollstreckbaren Inhalts eines Prozessvergleichs kommt es entscheidend auf den protokollierten Inhalt an. Maßgebend ist, wie das Vollstreckungs- bzw. das Beschwerdegericht den Inhalt der zu erzwingenden Leistungen verständigerweise versteht und festlegt. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Vollstreckungsschuldner seiner festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht. Dies dient einerseits dem Schuldner, für den erkennbar sein muss, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Andererseits verlangen das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv, auch mit Hilfe der Zwangsvollstreckung, durchgesetzt werden können (vgl. BAG, Beschluss vom 09.09.2011 - 3 AZB 35.11 - juris m. w. N.).
Hiervon ausgehend vermag der Senat in der im Prozessvergleich verwendeten Formulierung, dass der Vollstreckungsschuldner „mindestens eine rechtmäßige verkehrsbeschränkende Maßnahme für das Neckartor ... ergreifen“ wird, keine schon im Vollstreckungsverfahren selbst zu beachtende „Eingangsvoraussetzung“ für die Vollstreckung zu erblicken. Schon nach dem Wortlaut betrifft der fragliche Passus keine Anspruchsvoraussetzung, sondern den Anspruchsinhalt. Im Wesentlichen wird das Ziel der Handlungsverpflichtung vorgegeben, nämlich (an bestimmten Tagen) den Verkehr am Neckartor um ca. 20 % zu reduzieren durch die Aufnahme mindestens einer hierfür geeigneten verkehrsbeschränkenden Maßnahme in den Luftreinhalteplan. Da es dem Vollstreckungsschuldner überlassen bleibt, wie er dieses Ziel konkret erreicht, handelt es sich bei dem Hinweis auf das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der zu ergreifenden Maßnahme(n) um eine auch und gerade im Interesse der Vollstreckungsgläubiger wünschenswerte Klarstellung des Anspruchsinhalts; denn Luftreinhalteplanmaßnahmen sind überhaupt nur dann umsetzbar, wenn sie materiell rechtmäßig sind (vgl. § 47 Abs. 6 BImSchG; hierzu auch Jarass, BImSchG, 12. Aufl., § 47 Rn. 16, 52; Schenk a. a. O.; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 11.07.2012 - 3 B 78.11 - NVwZ 2012, 1175). Daneben kann die im Vergleichstext gewählte Formulierung, dass nur eine „rechtmäßige“ Handlung geschuldet ist, im Hinblick darauf, dass die vom Vollstreckungsschuldner gewählte Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrags (§ 54 Satz 1, § 55 LVwVfG) die aus Artikel 20 Abs. 3 GG resultierende Gesetzesbindung nicht beiseiteschieben kann, auch als eine zumindest sinnvolle Klarstellung der Rechtslage verstanden werden (vgl. Ramsauer/Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl., § 54 Rn. 2b, 44 f.).
Eine andere Bedeutung - als soeben ausgeführt - kann dem Wort „rechtmäßige“ bei verständiger Würdigung nicht beigelegt werden. Eine etwaige andere Vorstellung über den Bedeutungsgehalt dieses Worts seitens des Vollstreckungsschuldners oder der Beigeladenen im damaligen Erkenntnisverfahren wäre hingegen rechtlich unbeachtlich, zumal sie es seinerzeit bei Abschluss des Prozessvergleichs selbst in der Hand gehabt hatten, auf eine Formulierung des Vergleichstextes zu dringen, die das, was von ihnen gemeint und gewollt ist, auch (für die anderen Vertragspartner) hinreichend klar zum Ausdruck bringt.
Hierzu hätte umso mehr Anlass bestanden, als die These des Vollstreckungsschuldners, durch das Wort „rechtmäßige“ sei eine schon im Vollstreckungsverfahren selbst zu prüfende Rechtsbedingung in den Vergleich aufgenommen worden, ohne deren Eintritt die Handlungsverpflichtung überhaupt nicht entstehen könne, letztlich den Vollstreckungsgläubigern als den durch den Bedingungseintritt Begünstigten die Darlegungslast dafür aufbürden würde, dass die nach dem Vergleich (an bestimmten Tagen) geschuldete ca. 20 %ige Reduzierung des Verkehrsaufkommens am Neckartor durch mindestens eine verkehrsbeschränkende Maßnahme rechtmäßig in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden darf. Dabei kann der Eintritt einer solchen Rechtsbedingung nicht ohne den entscheidungserheblichen Sachverhalt dargetan werden, der hier aber komplexe und im Einzelnen auch streitige Tatsachenfeststellungen betrifft. Mithin würde eine „aufschiebende Rechtsbedingung“ den Vollstreckungsgläubigern etwas abverlangen, was von diesen kaum geleistet werden könnte und nach der Gesetzeslage auch nicht geleistet werden müsste. Für die Einhaltung der seit langem geltenden Grenzwerte für PM10 und für NO2 zu sorgen und hierfür geeignete Luftreinhaltepläne aufzustellen, gehört zu den Aufgaben des Vollstreckungsschuldners, die er aber bislang nur unzureichend wahrgenommen hat, wie nicht allein, aber auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 - 7 C 30.17 - zeigt (vgl. Schenk a. a. O.).
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Schließlich stünde hier die Annahme einer schon im Vollstreckungsverfahren selbst zu prüfenden Rechtsbedingung der rechtmäßigen Erfüllbarkeit der nach dem Prozessvergleich geschuldeten Handlungsverpflichtung auch im Gegensatz zum geltenden Vollstreckungsrecht. So setzt § 172 Satz 1 VwGO für die Vollstreckung tatbestandsmäßig nur voraus, dass die Behörde der ihr im Vollstreckungstitel auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Indem die Nichterfüllung der titulierten Verpflichtung eine Tatbestandsvoraussetzung für die Vollstreckung ist, ist der Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen, zumal ein Vollstreckungsschuldner, der für die Erfüllung grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig ist, regelmäßig seine Erfüllungshandlung hinreichend dokumentieren wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28.02.2013 a. a. O. [zu § 888 ZPO] und vom 15.07.2010 - 10 S 2400/09 - VBlBW 2011, 33). Steht die Nichterfüllung der titulierten Verpflichtung fest, ist weiter zu prüfen, ob diese Säumnis grundlos ist, was dann der Fall ist, wenn der Vollstreckungsgläubiger hinreichend Zeit hatte, um seiner Verpflichtung nachzukommen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21.12.2001 - 2 AV 3.01 - NVwZ-RR 2002, 314 und vom 30.12.1968 - I WB 31.68 - BVerwGE 33, 230; VG Freiburg, Beschluss vom 24.04.2014 - A 4 K 807/14 - juris; Kraft a. a. O. Rn. 15). Weitere Voraussetzungen, die - neben dem Antragserfordernis und den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel und Zustellung) - noch zu prüfen wären, werden von § 172 Satz 1 VwGO für die Vollstreckung nicht vorgesehen.
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Dem entspricht, dass es in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO mit Ausnahme des Erfüllungseinwands grundsätzlich nicht möglich ist, das Nichtbestehen oder den Wegfall des materiellen Anspruchs, der dem Vollstreckungstitel zugrunde liegt, geltend zu machen. Derartige Einwendungen betreffen das zugrundeliegende Recht, nicht die Durchsetzung der titulierten Forderung im Weg der Vollstreckung. Sie sind grundsätzlich einem erneuten Klageverfahren, insbesondere einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, vorbehalten. Nach der gesetzlich vorgegebenen Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts wird formal der Titel (und nicht der diesem zugrunde liegende materielle Anspruch) vollstreckt; der Titel löst den Vollstreckungsanspruch vom materiellen Anspruch des Erkenntnisverfahrens und entlastet somit die Zwangsvollstreckung weitgehend von materiellen Einwendungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001 a. a. O.; Urteil vom 06.09.1988 - 4 C 26.88 - BVerwGE 80, 178; OVG Hamburg, Beschluss vom 07.02.2018 - 1 So 1/18 - juris; OVG Saarland, Beschluss vom 21.12.2010 - 2 E 291/10 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 15.06.2010 - 13 E 201/10 - NVwZ-RR 2010, 750 und vom 30.06.1970 - X B 946/69 - DÖV 1970, 718; BayVGH, Beschluss vom 12.07.2007 - 11 C 06.868 - juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.05.1992 - 8 S 158/92 - VBlBW 1993, 51; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 10.12.1973 - I B 155/73 - NJW 1974, 918; Pietzner/Möller a. a. O. Rn. 54 und § 168 Rn. 5 f.; Heckmann a. a. O. § 167 Rn. 16, § 168 Rn. 11, 17, 40; Kraft a. a. O. Rn. 12, 20, § 167 Rn. 16; W.-R. Schenke a. a. O. Rn. 8; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 172 Rn. 11; a. A. wohl BayVGH, Beschluss vom 27.02.2017 a. a. O.; Jacob, VBlBW 2012, 135). Außer in den Fällen, in denen das Nichtbestehen oder der Wegfall des materiellen Anspruchs evident ist oder das Zwangsvollstreckungsrecht explizit eine (Ausnahme-)Regelung vorsieht (vgl. z. B. § 726 Abs. 1 ZPO), kann die der geltenden Gesetzeslage entsprechende Systematik auch nicht im Interesse der Verfahrenskonzentration oder Verfahrensökonomie einfach übergangen werden (a. A. zum Einwand der Unmöglichkeit einer Erfüllung aber z. B. BayVGH, Beschluss vom 27.02.2017 a. a. O.; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 76. Aufl., § 888 Rn. 9).
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Davon, dass hier der dem - bereits im April 2016 geschlossenen - Vergleich zugrundeliegende materielle Anspruch evident nicht oder nicht mehr bestehen würde, kann ernsthaft nicht die Rede sein. Eine solche Annahme stünde nicht nur im Widerspruch zu den Ausführungen der Vollstreckungsgläubiger und denen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss, sondern es ist auch nach Auffassung des Senats einigermaßen fernliegend, dass es keine rechtmäßige(n) Maßnahme(n) geben sollte, um die seit langer Zeit bestehenden Verstöße gegen das deutsche Recht und gegen Unionsrecht zu beseitigen. Zwar trifft es zu, dass vom Vollstreckungsschuldner, der nur materiell rechtmäßige Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufnehmen darf, in materieller Hinsicht keine rechtlich oder tatsächlich unmöglichen Maßnahmen gefordert werden dürfen (vgl. nur HessVGH, Beschlüsse vom 11.05.2016 a. a. O.; BayVGH, Beschluss vom 27.02.2017 a. a. O.; Jarass a. a. O.; Schenk a. a. O.). Jedoch wird in Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Luftreinhalteplänen typischer Weise gerade auch darum gestritten, ob bestimmte Maßnahmen von der dafür zuständigen Behörde als rechtmäßig in dem Plan vorgesehen werden dürfen (vgl. z. B. VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2017 - 13 K 5412/15 - VBlBW 2018, 119). Indem der Vollstreckungsschuldner, um die nach nationalem und Unionsrecht verbindlichen Immissionsgrenzwerte für PM10 und für NO2 künftig einhalten zu können, sich gegenüber den durch die anhaltende Überschreitung dieser Grenzwerte in ihrer Gesundheit nachteilig betroffenen Vollstreckungsgläubigern am Ende eines umfangreich geführten Gerichtsverfahrens in einem Prozessvergleich dazu verpflichtet hat, an Tagen, an denen Feinstaubalarm gerechtfertigt ist, den Verkehr am Neckartor um ca. 20 % zu reduzieren durch die Aufnahme mindestens einer hierfür geeigneten verkehrsbeschränkenden Maßnahme in den Luftreinhalteplan, hat er seinerzeit auch die Verantwortung dafür übernommen, dass eine entsprechende Verkehrsreduzierung zu Gunsten des Neckartors rechtmäßig verwirklicht werden kann. Der Vollstreckungsschuldner stellt auch nicht in Abrede, dass er im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses - trotz gewisser rechtlicher Bedenken - davon ausging, die im Vergleich eingegangene Handlungsverpflichtung auch erfüllen zu können (siehe z. B. auch Pressemitteilung des Umweltbundesamts vom 23.02.2017 „Tageweise Fahrverbote nur erster Schritt zu sauberer Luft“, abgerufen auf der Homepage des Umweltbundesamts). Wenn heute der Vollstreckungsschuldner geltend macht, neue Erkenntnisse aus einem inzwischen erstellten Verkehrsgutachten würden ergeben, dass es ihm rechtlich unmöglich sei, durch Luftreinhaltemaßnahmen eine solche Verkehrsreduzierung am Neckartor zu erreichen, so führt dies der Sache nach zu einer - wenn auch thematisch begrenzten - Fortsetzung des damaligen durch den Prozessvergleich abgeschlossenen Erkenntnisverfahrens. Eine solche Fortsetzung des Streits kann - wie ausgeführt - nach geltendem Vollstreckungsrecht nicht mehr innerhalb des Vollstreckungsverfahrens durchgeführt werden, sondern erfordert ggf. ein neues Erkenntnisverfahren, dem es vorbehalten bliebe, den vom Vollstreckungsschuldner aufgeworfenen komplexen Tatsachen- und Rechtsfragen weiter nachzugehen.
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Dem Vollstreckungsschuldner steht die Möglichkeit offen, seine Einwendungen gegen die durch den Vergleich festgestellte materielle Verpflichtung im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage und eines einstweiligen Anordnungsverfahrens geltend zu machen (§§ 767, 769, 794, 795 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 VwGO; vgl. z. B. BayVGH, Beschluss vom 23.10.2006 - 22 C 06.2640 - NVwZ-RR 2007, 353; Pietzner/Möller a. a. O. § 167 Rn. 23 ff., § 172 Rn. 54 ff.; Kraft a. a. O. § 167 Rn. 16 ff., § 172 Rn. 20; Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 767 Rn. 12; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 767 Rn. 20a; Hartmann a. a. O. § 767 Rn. 31; Brüning/Bosesky in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 55 Rn. 77). Entgegen der Auffassung des Vollstreckungsschuldners spielt es dabei keine entscheidende Rolle, ob die erst nach Vergleichsschluss auf Grund eines Sachverständigengutachtens neu entstandenen tatsächlichen Erkenntnisse geeignet wären, die Präklusionsregelung in § 767 Abs. 2 ZPO zu überwinden. Ganz abgesehen davon, dass die auf der Seite des Vollstreckungsschuldners stehende Beigeladene im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen die streitige Zwangsgeldandrohung explizit auch eine nachträgliche Änderung der Sachlage einwendet (z. B. Unverhältnismäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der im Vergleich eingegangenen Handlungsverpflichtung mit Blick auf den zuletzt deutlichen Rückgang der Schadstoffbelastung oder mit Blick auf die im Verfahren der DUH nach dem Urteil vom 27.02.2018 - 7 C 30.17 - rechtskräftig feststehende Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts den Luftreinhalteplan für das gesamte Plangebiet fortzuschreiben), kommt diese Präklusionsregelung, die der Absicherung der Rechtskraft des Titels dient, bei (nicht rechtskraftfähigen) Prozessvergleichen ohnehin nicht zur Anwendung (vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.1987 - BLw 5/86 - NJW-RR 1987, 1022; Pietzner/Möller a. a. O. § 167 Rn. 23, 32, 35; Kraft a. a. O. § 167 Rn. 18; Herget a. a. O. Rn. 20). Der Senat weist abschließend darauf hin, dass gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts über einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Beschwerde nicht statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.02.2014 - 5 S 2583/13 - VBlBW 2014, 432 m. w. N. auch zur Gegenauffassung; OVG Hamburg, Beschluss vom 07.02.2018 a. a. O.).
14 
Die vom Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss vom 19.12.2017 mit der Zwangsgeldandrohung verbundene Fristsetzung nach § 172 Satz 1 VwGO ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der den Beteiligten bereits am 20.12.2017 per Telefax übermittelte Entscheidungsausspruch setzte dem Vollstreckungsschuldner eine Frist zur Erfüllung seiner (bereits) im Vergleich vom 26.04.2016 eingegangenen Handlungsverpflichtung bis zum 30.04.2018. Dass diese Frist von ca. vier Monaten - unter Berücksichtigung aller Umstände - zu knapp bemessen gewesen sein sollte, um in diesem Zeitraum die geschuldete Handlung vornehmen zu können, wird vom Vollstreckungsschuldner bereits nicht geltend gemacht. Zwar trägt die Beigeladene im Beschwerdeverfahren vor, dass die Fristsetzung fehlerhaft sei, da die Fortschreibung des Luftreinhalteplans die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens mit Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung erfordere, jedoch fehlt es insoweit an einer hinreichend konkreten und substantiierten Darlegung, dass und warum auch bei einer schleunigen Ausführung nicht hätte fristgerecht erfüllt werden können.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entsprach hier nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
16 
Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, da bei Erfolglosigkeit der Beschwerde nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) lediglich eine Festgebühr erhoben wird.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 24. Apr. 2018 - 10 S 421/18

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. Juli 2010 - 10 S 2400/09

bei uns veröffentlicht am 15.07.2010

Tenor Die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. August 2009 - 13 K 511/09 - wird zurückgewiesen. Es wird festgestellt, dass sich die Hauptsache im Vollst

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus den für vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen öffentlich-rechtlicher Schiedsgerichte, sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.

(2) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

Tenor

I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde des Klägers eingestellt.

II. Auf die Beschwerde des Beklagten hin erhält die Nummer I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 folgende Fassung:

„1. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen zugänglich macht, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird.

2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.

3. Dem Beklagten wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. Platz greifen sollen, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird.“%2. Im Übrigen werden der Vollstreckungsantrag des Klägers und die Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen.%2. Unter Abänderung der Nummer II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 fallen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug zu zwei Fünfteln dem Kläger, zu drei Fünfteln dem Beklagten zur Last. Die Beigeladene trägt ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene zu je einem Viertel zu tragen. Dem Kläger fallen ferner jeweils die Hälfte der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zur Last. Diese Beteiligten haben ihrerseits je ein Viertel der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren über die Vollstreckung des Urteils, das das Bayerische Verwaltungsgericht München am 9. Oktober 2012 im Verfahren M 1 K 12.1046 auf eine Klage des Klägers - einer anerkannten Vereinigung im Sinn von § 3 UmwRG - hin erlassen hat.

1. Der Tenor dieses Urteils lautet in seiner Nummer I wie folgt:

„Der Beklagte wird verpflichtet, den für München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³, des über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 µg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von München enthält.“

Der in seiner Erstfassung vom September 2004 stammende, durch Schreiben des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 28. Dezember 2004 in Kraft gesetzte Luftreinhalteplan für die Stadt München wurde im Oktober 2007 zum ersten Mal, im August 2008 zum zweiten Mal und im September 2010 zum vierten Mal fortgeschrieben. Die im April 2012 erfolgte dritte Fortschreibung hatte eine Beteiligung des Münchener Umlandes zum Gegenstand.“

Nach den Feststellungen im Urteil vom 9. Oktober 2012 belief sich die NO2-Belastung in München - bezogen auf den Jahresmittelwert (vgl. § 3 Abs. 2 der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV) - im Jahr 2011 an der Messstelle Landshuter Allee auf 85 µg/m³, an der Messstelle Stachus auf 76 µg/m³ und an der Messstelle Prinzregenten Straße auf 61 µg/m³. Ferner wurde danach der Tagesmittelgrenzwert für Partikel PM10 von 50 µg/m³ (§ 4 Abs. 1 der 39. BImSchV) im Jahr 2011 an der Messstelle Landshuter Allee 48-mal überschritten.

Den Entscheidungsgründen zufolge genügte der Luftreinhalteplan für München in der Fassung der vierten Fortschreibung den sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl Nr. L 152 vom 11.6.2008, S. 1), aus § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. BImSchV ergebenden Anforderungen nicht. Selbst der Beklagte gehe nicht davon aus, dass das dort genannte Instrumentarium geeignet sei, die Grenzwerte einzuhalten. Nach den durchgeführten Immissionsprognosen sei ohne weitere Maßnahmen weder im Jahr 2015 noch im Jahr 2020 damit zu rechnen, dass insbesondere an der Messstation Landshuter Allee der sich auf das Jahresmittel beziehende NO2-Grenzwert eingehalten werde. Zwar seien die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht verpflichtet, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Grenzwertüberschreitungen mehr komme. Die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssten aber jedenfalls geeignet sein, eine solche Überschreitung auszuschließen; es genüge nicht, dass die zuständige Behörde lediglich Bemühungen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte unternehme und überhaupt einen Luftreinhalteplan aufstelle oder fortschreibe. Dass der Erlass eines Luftreinhalteplans mit weitergehenden Maßnahmen tatsächlich oder rechtlich unmöglich sei, sei nicht ersichtlich. Angesichts der Vielzahl möglicher Maßnahmen, die in der mündlichen Verhandlung diskutiert worden seien, stünden dem Beklagten weitere, naturgemäß einschneidendere Maßnahmen zur Verringerung der Werte zur Verfügung; die vom Kläger angeführte räumliche Ausdehnung der Umweltzone sei nur eine davon. Bei der Auswahl der Maßnahmen und der hiervon negativ Betroffenen verfüge die Behörde allerdings über einen Gestaltungsspielraum, der einen Anspruch des von einer Überschreitung des Immissionsgrenzwerts Betroffenen ebenso wie eines Umweltverbandes auf eine bestimmte Maßnahme regelmäßig ausschließe.

Die von ihm gegen dieses Urteil eingelegte, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 22 BV 12.2450 geführte Berufung nahm der Beklagte am 8. April 2014 zurück, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten mit Schreiben vom 4. April 2014 darauf hingewiesen hatte, dass die Klage nach dem damaligen Stand der Meinungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs als zulässig und begründet erscheine, so dass die Berufung zurückzuweisen sein könnte.

2. In der Folgezeit wurde der Luftreinhalteplan für München zweimal fortgeschrieben.

2.1 Die fünfte Fortschreibung datiert vom Mai 2014. Danach wurden an den im Stadtgebiet von München bestehenden Messstationen u. a. folgende Schadstoffkonzentrationen festgestellt:

Partikel PM10:

LÜB - Stationen

Jahresmittel 2010

µg/m³

Jahresmittel 2011

µg/m³

Jahresmittel 2012

µg/m³

Jahresmittel 2013

µg/m³

Anzahl der Überschreitungen*) 2010

Anzahl der Überschreitungen*) 2011

Anzahl der Überschreitungen*) 2012

Anzahl der Überschreitungen*) 2013

Stachus

32

31

26

26

47

35

[11] 14

[17] 19

Landshuter Allee

38

36

29

31

65

48

[17] 27

[30] 39

Prinzregenten Straße

28

25

-

-

31

17

-

-

Johanneskirchen

22

21

16

18

23

9

4

8

Loth Straße

24

22

18

20

27

11

5

11

*) bezogen auf den Tagesmittelwert

Die in eckige Klammern gesetzten Angaben haben - hier ebenso wie nachfolgend - die Zahl der Tage zum Gegenstand, um die das nach § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV zulässige Kontingent an Überschreitungstagen aufgrund der Ausbringung von Streusalz überstiegen wurde (vgl. § 25 der 39. BImSchV).

Stickstoffdioxid NO2:

LÜB - Stationen

Jahresmittel 2010

µg/m³

Jahresmittel 2011

µg/m³

Jahresmittel 2012

µg/m³

Jahresmittel 2013

µg/m³

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2010

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2011

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2012

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2013

Stachus

74

76

60

64

8

6

1

0

Landshuter Allee

99

85

81

81

192

50

27

50

Prinzregenten Straße

68

61

-

-

8

7

-

-

Johanneskirchen

28

23

22

22

0

0

0

0

Loth Straße

35

33

31

31

2

2

0

0

Moosach

39

39

35

-

2

2

0

-

Die fünfte Fortschreibung des Luftreinhalteplans enthält 20 Maßnahmen, die teils neu sind, zum Teil aber - wie diese Ausarbeitung auf Seite 37 selbst einräumt - bereits früher im Luftreinhalteplan thematisiert, aufgrund aktueller Entwicklungen und Fortschritte jedoch wiederum aufgegriffen worden seien. Nur vieren dieser Maßnahmen spricht die fünfte Fortschreibung ein quantifizierbares Minderungspotenzial in Bezug auf Luftschadstoffe (teilweise allerdings nur für NOx) zu. Es sind die Maßnahmen M 1 (Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung an der Landshuter Allee auf 50 km/h mit strenger Überwachung), M 4 (Fortführung des Optimierungsprogramms für Grüne Wellen), M 5 (Entwicklung und Simulation von Verkehrssteuerungsmaßnahmen für das umweltorientierte Verkehrsmanagement) und M 17 (Planung einer Verkehrsbeeinflussungsanlage mit intelligenter Verkehrssteuerung auf der BAB 96 zwischen den Anschlussstellen Gräfelfing und dem Autobahnende in München- Sendling).

2.2 Die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München stammt vom Dezember 2015. Die im Stadtgebiet gemessenen Schadstoffkonzentrationen stellten sich danach - soweit vorliegend von Belang - im Jahr 2014 wie folgt dar:

Partikel PM10:

LÜB-Stationen

Jahresmittel [µg/m³]

Anzahl der Überschreitungen beim Tagesmittelwert

LandshuterAllee

27

[16] 17

Stachus

23

[13] 14

Loth Straße

18

8

Johanneskirchen

16

6

Stickstoffdioxid NO2:

LÜB-Stationen

Jahresmittel [µg/m³[

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h-Mittelwert

LandshuterAllee

83

24

Stachus

62

0

Loth Straße

31

0

Johanneskirchen

22

0

Diese Fortschreibung räumt gleichfalls ein, dass sie außer neuen Maßnahmen auch solche enthält, die bereits im bestehenden Luftreinhalteplan bzw. in seinen Fortschreibungen thematisiert, aufgrund „aktueller Entwicklungen und Fortschritte[…] jedoch erneut aufgegriffen“ worden seien (Seite 30). Keine der in ihr aufgelisteten 20 Maßnahmen enthält bezifferte Angaben über das mit ihrer Umsetzung einhergehende Immissionsminderungspotenzial hinsichtlich der Luftschadstoffe „Partikel PM10“ und „Stickstoffdioxid (NO2)“; bei zwölf von ihnen wurde die Frage nach dem Minderungspotenzial mit den Worten „[derzeit] nicht quantifizierbar“, „nicht konkret bezifferbar“, „soll durch das Projekt ermittelt werden“ oder unter Verwendung ähnlicher Formulierungen beantwortet.

Unter prognostischem Blickwinkel führte die sechste Fortschreibung aus, eine Einhaltung des NO2-Immissionsgrenzwerts für das Jahresmittel an der Landshuter Allee sei ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich erst nach 2030 möglich; an der Messstation am Stachus stehe eine Einhaltung voraussichtlich ab 2025 zu erwarten. Die Immissionsprognosen beruhten im Wesentlichen auf der Erneuerung der Fahrzeugflotte sowie den quantifizierbaren Maßnahmen wie dem Lkw-Durchfahrtsverbot und der Umweltzone. Maßnahmen, deren Wirkungen sich nicht belastbar abschätzen ließen (hierzu gehörten solche, die den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie die Förderung des Fahrradverkehrs zum Ziel hätten), seien bei der Immissionsprognose nicht berücksichtigt worden.

3. Am 18. November 2015 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht,

dem Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen unter Fristsetzung ein angemessenes Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro anzudrohen,

hilfsweise,

gegen das Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen ein angemessenes Zwangsgeld festzusetzen.

Am 21. Juni 2016 erließ das Verwaltungsgericht daraufhin folgenden, dem Beklagten am 29. Juni 2016 als Fernkopie und am 30. Juni 2016 als Postexemplar zugestellten Beschluss:

Dem Antragsgegner wird für den Fall, dass er seiner Verpflichtung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung dieses Beschlusses nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,- Euro angedroht.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Anträge seien unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO so auszulegen, dass der Beklagte als Rechtsträger des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz Vollstreckungsschuldner sei.

Die Vollstreckung eines zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans verpflichtenden Urteils bestimme sich nach § 172 VwGO, da diese Vorschrift auch die Erzwingung solcher hoheitlichen Maßnahmen umfasse, mit denen die öffentliche Hand eine dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare, allein ihr vorbehaltene spezifische Regelungsbefugnis in Anspruch nehme.

Soweit im Stadtgebiet der Beigeladenen keine Überschreitung der Grenzwerte für Partikel PM10 mehr vorliege, ziehe das nicht die Unzulässigkeit des Vollstreckungsantrags nach sich. Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens bilde nämlich die Frage, ob die Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zur Gänze befolgt worden sei. Es müsse insgesamt geprüft werden, ob der für München geltende Luftreinhalteplan so geändert worden sei, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Partikel PM10 enthalte. Sei das nicht der Fall, müsse ein Zwangsgeld angedroht werden.

Der Umstand, dass die Vollstreckungsmaßnahme „innerhalb desselben Rechtsträgers“ erfolgen solle, nehme dem Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da dem Kläger andernfalls die Möglichkeit genommen würde, effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Überdies sei davon auszugehen, dass nicht nur das Zwangsgeld als solches, sondern gerade dessen Androhung den jeweiligen Vollstreckungsschuldner zur Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils motivieren solle.

Der Antrag habe in der Sache deshalb Erfolg, da der Beklagte der ihm durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegten Verpflichtung grundlos nicht nachgekommen sei.

Dieses Urteil sei vollstreckungsfähig, da sich aus ihm die Verpflichtungen des Beklagten in hinreichend bestimmter Weise ergäben. Jene Entscheidung habe den Gestaltungsspielraum des Beklagten beachtet und einen Anspruch darauf, dass er zu einer bestimmten Maßnahme verpflichtet werde, verneint. Der Vollstreckungsfähigkeit des Urteils sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die Entscheidungsgründe verbindliche Vorgaben enthielten, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten seien.

Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage, bei der die Bindung an die dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zugrunde liegende Rechtsauffassung entfallen würde, ergebe sich nicht daraus, dass Dieselfahrzeuge die Vorgaben der Euro-5- und der Euro-6-Norm zwar unter den vorgesehenen Testbedingungen, nicht aber im tatsächlichen Fahrbetrieb einhalten könnten. Denn diese tatsächliche Gegebenheit habe schon bei Erlass des zu vollstreckenden Urteils bestanden; die Euro-6-Norm sei überdies erst am 1. September 2014 verbindlich geworden. Neu sei lediglich die Erkenntnis, dass diese Normen bereits im Zeitpunkt der Rechtskraft jenes Urteils nicht eingehalten worden seien; das lasse seine Bindungswirkung jedoch nicht entfallen. Die Frage, wie schnell die Verminderung des Schadstoffausstoßes von Dieselfahrzeugen voranschreite, sei nicht entscheidungserheblich, da dem Beklagten unabhängig hiervon Maßnahmen zur Verfügung stünden, die zum Ausschluss der Grenzwertüberschreitung geeignet seien. Auch unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei es ihm zumutbar, solche einschneidenden Maßnahmen - bis hin zu einem Verkehrsverbot oder Ähnlichem - zu ergreifen.

Die Tatsache, dass offenbar einige Hersteller von Dieselfahrzeugen die Software dergestalt beeinflusst hätten, dass Fahrzeuge zwar bei Testmessungen, nicht aber im Realbetrieb die Vorgaben der Euro-5- und der Euro-6-Norm hätten einhalten können, vermöge die Säumnis des Beklagten ebenfalls nicht zu rechtfertigen, da dieser Umstand für die Nichterfüllung der Vorgaben des Urteils vom 9. Oktober 2012 nicht ursächlich sei.

Wenn dem Beklagten in diesem Urteil aufgegeben worden sei, einen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte geeigneten Luftreinhalteplan aufzustellen und den Zeitraum ihrer Überschreitung „möglichst kurz zu halten“, so folge hieraus in Verbindung mit Aussagen in der seinerzeit vorliegenden vierten Fortschreibung des Luftreinhalteplans, dass eine „schnellstmögliche Einhaltung“ der Grenzwerte jedenfalls dann nicht bejaht werden könne, wenn sie weder im Jahr 2015 noch im Jahr 2020 in Aussicht stehe.

Durch das zu vollstreckende Urteil sei dem Beklagten ferner aufgegeben worden,

„einschneidendere“ als die in der vierten Fortschreibung erwähnten Maßnahmen - insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone - zu prüfen und sie ggf. in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Verlangt werde mithin ein Katalog an wirksamen Maßnahmen, die geeignet seien, die Grenzwerte so schnell wie möglich - nach den Entscheidungsgründen vor 2015 bzw. 2020 - einzuhalten.

Die Ungeeignetheit der in der sechsten Fortschreibung enthaltenen Maßnahmen ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte selbst nicht davon ausgehe, sie seien zur Einhaltung der Grenzwerte tauglich. Die von ihm als zentral verstandene Maßnahme M 1 (sie hat die „gutachterliche Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid- Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“ zum Gegenstand) diene bestenfalls zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen, stelle aber selbst keine Maßnahme dar, die die Emissionen reduzieren könne. Die Maßnahmen M 2 bis M 20 seien viel zu unkonkret bzw. angesichts der Tatsache, dass die anhaltende Grenzwertüberschreitung hauptsächlich von Dieselfahrzeugen verursacht werde, nicht geeignet, effektiv zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte beizutragen.

4. Mit der von ihm eingelegten Beschwerde beantragte der Beklagte:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 wird aufgehoben. Der Antrag wird abgelehnt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei das Urteil vom 9. Oktober 2012 mangels ausreichender inhaltlicher Bestimmtheit nicht vollstreckbar. Hieran ändere der bei Verbescheidungsurteilen erforderliche Rückgriff auf die Entscheidungsgründe nichts, da auch aus ihnen nicht hervorgehe, mit welchen Maßnahmen oder in welchem Zeitraum das im Urteilstenor vorgegebene Ziel zu erreichen sei. Die einzigen insoweit belangreichen Ausführungen fänden sich in den beiden letzten Sätzen der Randnummer 33 des Urteils. Wie ein Vergleich mit dem nahezu identischen Parallelfall verdeutliche, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 11. Mai 2016 (9 E 448/16 - juris) befunden habe, reichten sie nicht aus, um die Vollstreckungsfähigkeit des hier inmitten stehenden Urteils bejahen zu können. Bereits in einem Schreiben vom 16. Dezember 2013 habe der beschließende Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anlässlich seiner Befassung mit der gegen das Urteil vom 9. Oktober 2012 eingelegten Berufung im Übrigen Zweifel an der Vollstreckungsfähigkeit dieser Entscheidung angemeldet.

Der im angefochtenen Beschluss enthaltene Hinweis darauf, dass eine Einhaltung der Grenzwerte im Jahr 2015 oder im Jahr 2020 keine „schnellstmögliche Einhaltung“ darstelle, stelle schon deshalb keine taugliche Konkretisierung dar, da zwei unterschiedliche, zudem fünf Jahre auseinander liegende Zeitpunkte genannt würden. Zudem ergebe sich aus diesem Kriterium allenfalls eine Negativabgrenzung dergestalt, der sich entnehmen lasse, wann der Beklagte seinen Pflichten nicht nachgekommen sei. Dazu, um dem Vollstreckungsschuldner hinreichend bestimmte Vorgaben zu erteilen, durch deren Erfüllung er sich einem Vollstreckungsverfahren erfolgreich entziehen könne, sei diese Aussage nicht geeignet.

Der Annahme, das Urteil vom 9. Oktober 2012 sehe in der Ausweitung der Umweltzone eine taugliche Maßnahme, stehe entgegen, dass sich das Verwaltungsgericht auf die Feststellung beschränkt habe, diese (vom Kläger angeführte) Maßnahme existiere und sei möglicherweise geeignet. Tatsächlich seien dem Beklagten keine Maßnahmen bekannt, die zum Ausschluss von Grenzwertüberschreitungen geeignet seien.

Sollte das Urteil vom 9. Oktober 2012 gleichwohl als vollstreckungsfähig angesehen werden, habe der Beklagte die sich aus dieser Entscheidung ergebende Verpflichtung durch die seither vorgenommene zweimalige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München erfüllt. Der Beklagte verweist insoweit auf die auf der Landshuter Allee eingeführte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h sowie darauf, dass seit Oktober 2012 die Einfahrt in die Umweltzone nur noch Fahrzeugen mit grüner, nicht aber mit gelber oder roter Plakette erlaubt sei. Weitergehende Verpflichtungen ließen sich weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen jenes Urteils entnehmen. Zudem bedürften die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen zunächst der Umsetzung; messbare Auswirkungen auf die Umwelt ließen sich deshalb erst mit deutlicher Verzögerung feststellen.

Auch der Beklagte verkenne nicht, dass sich in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO der Inhalt des zu vollstreckenden Urteils über dessen notwendige Auslegung hinaus auch durch eine gewisse Fortschreibung konkretisieren lassen müsse, falls Unklarheiten sich anhand der Urteilsurkunde selbst nicht beseitigen ließen. Wenn § 172 VwGO das Gericht des ersten Rechtszugs zum Vollstreckungsorgan erkläre, werde damit auch dem Umstand Rechnung getragen, dass in derartigen Vollstreckungsverfahren nicht selten ein „Weiterdenken“ der Erwägungen notwendig werde, die der zu vollstreckenden Entscheidung zugrunde lagen, um feststellen zu können, was der Beklagte schulde und ob er seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. Die zwangsläufig allgemein gehaltene Fassung von Verbescheidungsurteilen könne es im Licht des Art. 19 Abs. 4 GG erfordern, im Vollstreckungsverfahren die einem solchen Urteil zugrunde liegenden Überlegungen und Wertungen näher zu präzisieren, um zu verhindern, dass sich derartige Entscheidungen im Unverbindlichen erschöpften. Dies dürfe aber über die in dem zu vollstreckenden Urteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinausgehen und setze deshalb voraus, dass diese Feststellungen, Überlegungen und Wertungen selbst bereits Grundlage der Erwägungen in jenem Urteil gewesen seien. Da in dem Erkenntnisverfahren, das dem Urteil vom 9. Oktober 2012 vorangegangen sei, keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob die schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung diskutierten Maßnahmen tatsächlich möglich, geeignet und verhältnismäßig seien, müssten sie zunächst Gegenstand eines neuen Erkenntnisverfahrens sein; denn vom Vollstreckungsschuldner dürfe nichts rechtlich Unmögliches verlangt werden.

Aufgrund der Reichweite und Eingriffsintensität gelte das namentlich für eine Sperrung von (Innen-)Stadtbereichen für Kraftfahrzeuge. Erst ein neues Erkenntnisverfahren könne die nötige Plattform für die Prüfung bieten, ob hierfür eine Ermächtigungsgrundlage bestehe und ob das planerische Gestaltungsermessen u. U. auf die Verpflichtung zur Aufnahme dieser Maßnahmen in die weitere Fortschreibung des streitigen Luftreinhalteplans reduziert sei.

Die vom Verwaltungsgericht gesetzte Frist von einem Jahr sei im Übrigen viel zu kurz bemessen. Angesichts der Vielzahl der einzuschaltenden öffentlichen Stellen und der Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung benötige eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans einen Zeitraum, der deutlich über einem Jahr liege. Zu bedenken sei auch, dass das Gutachten, dessen Einholung die sechste Fortschreibung als Maßnahme M 1 enthalte, um die Jahresmitte 2017 und damit fast gleichzeitig mit dem Ablauf der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist vorzulegen sei. Erst wenn dieses Gutachten vorliege, werde zu prüfen und zu entscheiden sein, welche der dort genannten Vorschläge realisiert werden könnten; im Anschluss daran sei die Überarbeitung des Luftreinhalteplans zu erstellen.

Die Maßnahmen auf lokaler Ebene zur Reduktion der Immissionen seien im Übrigen beinahe erschöpft. Nur eine drastische Reduzierung der Fahrzeugmenge und/oder eine Verbesserung des Emissionsverhaltens von Kraftfahrzeugen (insbesondere solcher mit Dieselantrieb) könnten eine deutliche Verbesserung der Situation bewirken. Solche Maßnahmen seien nach derzeitiger Rechtslage indes unverhältnismäßig. Eine wesentliche Verbesserung der NO2-Belastungssituation durch die Umstellung der Fahrzeugflotte auf die Euro-6- bzw. die Euro-VI-Norm sei erst deutlich nach dem Ende des laufenden Jahrzehnts anzunehmen, da die vorhandene Fahrzeugflotte auf Jahre hinaus das Emissionspotenzial bestimmen werde.

5. Der Kläger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Urteil vom 9. Oktober 2012 sei deshalb vollstreckungsfähig, weil die dem Beklagten darin auferlegte Verpflichtung, einen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid geeigneten Luftreinhalteplan aufzustellen, in den Entscheidungsgründen dahingehend konkretisiert werde, dass „einschneidendere“ Maßnahmen als die in der vierten Fortschreibung enthaltenen geboten seien; zu ihnen gehöre insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) ausgeführt, dass dem Verwaltungsgericht die Option („machen kann“) zustehe, hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen verbindliche Vorgaben zu machen; diese seien alsdann auch im Vollstreckungsverfahren zu beachten. Das bedeute indes nicht, dass das Tatsachengericht alle in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen im Urteil erwähnen müsse; dies verbiete sich sowohl aus Gründen der Gewaltenteilung als auch mit Blickrichtung auf die Komplexität der Luftreinhalteplanung.

Bereits die Tatsache, dass die Umweltzone in München immer noch so groß sei wie im Jahr 2012, erhelle, dass der Beklagte die ihm durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt habe. Darüber hinaus gebe es nicht einmal ein Konzept dafür, welche Maßnahmen zu ergreifen seien, damit die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden könnten. Dass zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils auch (ggf. zeitlich, örtlich und sachlich begrenzte) Verkehrsbeschränkungen zählten, sei allen Beteiligten bewusst, jedoch weigere man sich beharrlich, die entsprechenden Konsequenzen insbesondere für den Verkehr mit Dieselfahrzeugen zu ziehen.

Für eine Beschränkung des Diesel-Kraftfahrzeugverkehrs bedürfe es keiner Novellierung der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (35. BImSchV). Denn jedenfalls hinsichtlich der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Einzelstraßen im Stadtgebiet der Beigeladenen könne ein solches Verkehrsverbot durch das Zeichen 251 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung, dem ein Zusatzzeichen „Gilt für Diesel“ bzw. „Alle außer Diesel frei“ o. ä. beizufügen sei, ausgesprochen werden. Härtefällen könne mit einer Allgemeinverfügung begegnet werden. Als Alternative zur Verlautbarung eines Durchfahrtsverbots für Dieselfahrzeuge komme eine Beschilderung in Betracht, wie sie im Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 11. März 2016 als rechtlich zulässig bezeichnet worden sei. Die Pflicht, derartige Maßnahmen zu ergreifen, sei die rechtlich zwingende Konsequenz daraus, dass auf Bundesebene von der Schaffung der „Blauen Plakette“ abgesehen worden sei. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte keine auf deren Einführung abzielende Initiative im Bundesrat ergriffen habe.

Der Hinweis der Beigeladenen darauf, dass sich das zu vollstreckende Urteil nicht dazu äußere, unter welchen Voraussetzungen sie ihr Einvernehmen zu straßenverkehrsbehördlichen Maßnahmen des Beklagten zu erteilen habe, sei unbehelflich, da es bereits an der Bereitschaft des Beklagten fehle, straßenbehördliche Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen und um das Einvernehmen der Beigeladenen hierzu zu ersuchen. Das Einvernehmen dürfe im Übrigen nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen verweigert werden; andernfalls sei es nach den zu § 36 Abs. 1 BauGB entwickelten Grundsätzen zu ersetzen.

6. Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an. Sie verweist auf ihre Ausführungen in dem Berufungszulassungsverfahren 22 ZB 16.1475, das ebenfalls die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Luftreinhalteplans für München zum Gegenstand hat. Ergänzend hierzu macht sie geltend, die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 richte sich nicht nach § 172 VwGO, sondern nach § 894 Satz 1 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Mangels einer Tenorierung, angesichts derer die Fiktion des § 894 Satz 1 ZPO eintreten könne, sei jene Entscheidung nicht vollstreckungsfähig. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 172 VwGO habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen abgelehnt.

Unabhängig hiervon sei es nicht Aufgabe des Vollstreckungsverfahrens, unterlassene konkrete Maßnahmen anzuführen, deren Benennung das Urteil vom 9. Oktober 2012 gescheut habe.

Der Beklagte könne deshalb nicht säumig sein, weil er ohne das nach § 47 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 BImSchG erforderliche Einvernehmen der Beigeladenen und ohne Erstreckung der Rechtskraft des Urteils vom 9. Oktober 2012 auf sie keine Maßnahmen der Luftreinhalteplanung treffen könne. Rechtskraftwirkung entfalte ein Verbescheidungsurteil nämlich dann nicht, wenn es zu einer Rechtsvoraussetzung keine verbindlichen Ausführungen enthalte. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Beigeladene ihr Einvernehmen zu Luftreinhaltemaßnahmen des Beklagten erteilen müsse, verhalte sich das zu vollstreckende Urteil indes nicht.

Eine grundlose Säumnis des Beklagten sei ferner zum einen deshalb zu verneinen, weil seit dem Erlass des zu vollstreckenden Urteils zwei Fortschreibungen des Luftreinhalteplans in Kraft getreten seien. Zum anderen sei eine Erweiterung der Umweltzone - die einzige vom Verwaltungsgericht konkret angesprochene Maßnahme - angesichts der bisher nicht eingeführten „Blauen Plakette“ rechtlich unmöglich.

7. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Januar 2017 legte auch der Kläger gegen den Beschluss vom 21. Juni 2016 Beschwerde ein. Dieses Rechtsmittel nahm er in der am 16. Februar 2017 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durchgeführten mündlichen Verhandlung zurück.

8. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift, wegen des Vorbringens der Beteiligten und des Verfahrensgangs im Übrigen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

II.

Das Verfahren über die Beschwerde des Klägers war nach der Rücknahme dieses Rechtsmittels entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die zulässige Beschwerde des Beklagten ist nur teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht ging zu Unrecht davon aus, dem Beklagten dürfe ein Zwangsgeld für den Fall angedroht werden, dass er die gesamte ihm im Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegte Verpflichtung nicht binnen Jahresfrist erfüllen sollte. Von ihm können in Vollzug jener Gerichtsentscheidung gegenwärtig nur Handlungen verlangt werden, die der Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung dieses Plans dienen (vgl. die Nummern 1 bis 3 der neu gefassten Nummer I des Tenors des angefochtenen Beschlusses). Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, die darüber hinausgehenden, aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 resultierenden Pflichten des Beklagten seien derzeit im Vollstreckungswege durchsetzbar, war der Beschluss vom 21. Juni 2016 deshalb unter gleichzeitiger diesbezüglicher Ablehnung des Vollstreckungsantrags des Klägers abzuändern. Andererseits musste die Beschwerde zurückgewiesen werden, soweit sie darauf abzielte, die erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes zur Gänze abzuwenden, da das Urteil vom 9. Oktober 2012 dem Grunde nach vollstreckbar ist und der Beklagte die ihm darin auferlegte Verpflichtung insoweit, als das von ihm gegenwärtig verlangt werden kann, nicht in dem gebotenen Umfang erfüllt hat.

1. Rechtsgrundlage für die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012

Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO.

Dies entspricht nicht nur der - soweit ersichtlich - übereinstimmenden Auffassung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die sich bisher mit der Vollstreckung von gleich oder ähnlich tenorierten, die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechenden Urteilen zu befassen hatten (VG Stuttgart, B.v. 14.8.2009 - 13 K 511/09 - juris Rn. 32; VG Wiesbaden, B.v. 11.1.2016 - 4 N 1727/15.WI - juris Rn. 28; VG Hamburg, B.v. 18.7.2016 - 9 V 1062/16 - juris Rn. 5; VG Sigmaringen, B.v. 24.11.2016 - 1 K 5134/15 - BA S. 11 f.; im Ergebnis ebenso, ohne die Frage überhaupt zu problematisieren, HessVGH, B.v. 11.5.2016 - 9 E 448/16 - juris Rn. 17 f., 25 f., 29 und 35; B.v. 11.5.2016 - 9 E 450/16 - juris Rn. 17, 25 f., 29 und 34); ein Rückgriff auf die - allerdings nur entsprechend anwendbare – Vorschrift des § 172 VwGO ist auch von der Sache her geboten. Denn zu vollstrecken ist vorliegend eine gerichtliche Entscheidung, die die öffentliche Gewalt lediglich dazu verurteilt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, die jedoch keinen kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt festsetzt, bis zu dem der geschuldete Erfolg herbeigeführt sein muss, und die darüber hinaus die Wahl der einzusetzenden Mittel vollständig dem - freilich stets pflichtgemäß auszuübenden - Ermessen der zuständigen Behörde überlässt. In solchen Fällen kann es in deutlich höherem Maß als in anderen Vollstreckungsverfahren ungewiss sein, ob die öffentliche Verwaltung der ihr gerichtlich auferlegten Verpflichtung vollständig nachgekommen ist. Das gilt namentlich dann, wenn sie seit dem Erlass der zu vollstreckenden Entscheidung gewisse Handlungen vorgenommen (hier: den verfahrensgegenständlichen Luftreinhalteplan tatsächlich fortgeschrieben) hat, jedoch Streit darüber besteht, ob diese Maßnahmen ausreichen (die Behörde m.a.W. den „Erfüllungseinwand“ erhebt), oder sie behauptet, weitergehende Schritte könnten von ihr deshalb nicht verlangt werden, weil das zur Verfügung stehende Handlungsinstrumentarium ausgeschöpft sei (vgl. zur grundsätzlichen Beachtlichkeit sowohl des Erfüllungseinwands als auch der Behauptung, die Vornahme der im zu vollstreckenden Titel rechtskräftig auferlegten Handlung sei dem Schuldner unmöglich, im Vollstreckungsverfahren sowie zur fehlenden Beschränkung des Vollstreckungsschuldners auf die Geltendmachung dieses Einwands im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO: Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 23 m.w.N.; Gruber in MK zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 888 Rn. 13 m.w.N.). In derartigen Konstellationen kann das Vollstreckungsverfahren einen Grad an Komplexität aufweisen, der sich signifikant von jenen Fallgestaltungen unterscheidet, in denen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, die Vollstreckung von nicht dem Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO unterfallenden Leistungsurteilen bestimme sich nach den §§ 887 f. ZPO (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 14.1.1999 - 8 C 98.2131 - juris Rn. 2, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Beseitigung eines straßenrechtlichen Überbaus; B.v. 2.4.2001 - 8 C 01.587 - VGH n.F. 54, 74/75, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Beseitigung der Überteerung eines Grundstücks; B.v. 7.3.2002 - 4 C 02.188 - BayVBl 2003, 375, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Lieferung von den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechendem Wasser; B.v. 9.3.2009 - 7 C 08.3151 - juris Rn. 17 f., betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Änderung eines Schulzeugnisses; B.v. 6.4.2009 - 7 C 09.763 - juris Rn. 13, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Zulassung als Mieter von Hochschulräumen). Es erscheint deshalb angemessen, für die Klärung der Stichhaltigkeit des „Erfüllungs-“ bzw. des „Unmöglichkeitseinwands“ in Fällen der hier inmitten stehenden Art ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung zu stellen, das dem Vollstreckungsschuldner dann, wenn sich ein Einwand der vorbezeichneten Art als (teilweise) nicht zutreffend erweist, Gelegenheit belässt, den ihm durch die zu vollstreckende Entscheidung auferlegten Pflichten innerhalb der gemäß § 172 Satz 1 VwGO zu setzenden Frist nachzukommen, ohne dass es bereits in diesem Stadium (was letztlich zu Lasten der Allgemeinheit ginge) zu einer Zwangsgeldfestsetzung kommt. Eine solche Folge aber wäre dann unabweisbar, würde sich die Vollstreckung eines Gerichtsurteils, das zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichtet, gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO von vornherein nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung bestimmen; denn die alsdann anzuwendende Vorschrift des § 888 ZPO schließt in ihrem Absatz 2 die Androhung eines Zwangsmittels ausdrücklich aus. Die Absicht des Gesetzgebers, die öffentliche Gewalt vor der „scharfen“ zivilprozessualen Vollstreckung zu verschonen - hierin muss das tragende Motiv für die Schaffung des § 172 VwGO gesehen werden (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2011, § 172 Rn. 11) -, gebietet deshalb die vorrangige Heranziehung von § 172 VwGO gerade in Fällen der inmitten stehenden Art.

Trotz der teilweisen Ablehnung des Vollstreckungsantrags durch das Beschwerdegericht kann der Kläger aus diesem Grund auch nicht mit dem im ersten Rechtszug gestellten, auf die sofortige Festsetzung eines Zwangsgelds abzielenden Hilfsantrag durchdringen.

Unzutreffend ist die Auffassung der Beigeladenen, die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 bestimme sich nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 894 ZPO. Dahinstehen kann, ob ein Luftreinhalteplan überhaupt als eine Willenserklärung (bzw. - mit Blickrichtung auf die darin erwähnten Maßnahmen - als ein Bündel von Willenserklärungen) angesehen werden kann. Einem Rückgriff auf die Vorschrift des § 894 ZPO steht jedenfalls entgegen, dass das zu vollstreckende Urteil die in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München aufzunehmenden Handlungen nicht derart detailgenau umschrieben hat, dass davon ausgegangen werden könnte, mit dem Eintritt der Rechtskraft einer solchen Entscheidung stehe der neue Inhalt des Plans bereits in einer Weise fest, die geeignet wäre, die sich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebende Vollzugspflicht auszulösen. Hieran ändert der Umstand nichts, dass das Ermessen des Beklagten, wie er dem Urteil vom 9. Oktober 2012 gerecht wird, dahingehend eingeschränkt ist, dass er nach Ausräumung der derzeit noch bestehenden straßenverkehrsrechtlichen Ungewissheiten nicht mehr rechtsfehlerfrei davon absehen kann, in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (nachfolgend „Dieselfahrzeuge“ genannt) einzuarbeiten. Denn selbst insoweit bedarf es noch vom Beklagten vorzunehmender Feststellungen darüber, hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) derartige Verkehrsverbote ohne Verstoß gegen anderweitige Vorgaben der Rechtsordnung angeordnet werden können, in welchem sachlichen und zeitlichen Umfang dies zu geschehen hat, und welche Ausnahmen von einem solchen Verkehrsverbot zugelassen werden müssen.

Bei alledem verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit von Verfassungs wegen gehalten sind, „die Vollstreckungsvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung so auszulegen und anzuwenden, dass ein wirkungsvoller Schutz der Rechte des Einzelnen auch gegenüber der Verwaltung gewährleistet ist“ (BVerfG, B.v. 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - DVBl 1999, 1646). § 172 VwGO steht daher dem Einsatz anderer nach § 167 VwGO in Verbindung mit der Zivilprozessordnung möglicher Zwangsmittel nicht entgegen (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O. S. 1646). Ist etwa aufgrund vorangegangener Erfahrungen, aufgrund eindeutiger Bekundungen oder aufgrund mehrfacher erfolgloser Zwangsgeldandrohungen klar erkennbar, dass die Behörde unter dem Druck des Zwangsgeldes nicht einlenkt, gebietet es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, von der nach § 167 VwGO möglichen „entsprechenden“ Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O. S. 1646). Die Durchführung des nach § 172 Satz 1 VwGO einer Zwangsgeldfestsetzung obligatorisch vorgeschalteten Androhungsverfahrens steht deshalb der gebotenen effektiven Durchsetzung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen auch gegenüber der öffentlichen Hand nicht entgegen.

2. Vollstreckbarkeit des Urteils vom 9. Oktober 2012

Dieses Urteil statuiert eine Verpflichtung des Beklagten, deren Inhalt und Umfang sich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs, in Ansehung dessen dieses Ziel zu verwirklichen ist, sowie hinsichtlich eines einzelnen zu diesem Zweck zu ergreifenden Mittels - nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München - im Weg der Auslegung eindeutig bestimmen lässt; es ist deshalb vollstreckbar.

2.1 Räumliche Reichweite der im Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegten Verpflichtung

Eindeutig ist der dem Beklagten in diesem Urteil erteilte Rechtsbefehl zunächst hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs. Die Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für München so zu ändern, dass die im Tenor des zu vollstreckenden Urteils genannten drei Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden, beschränkt sich nicht auf den näheren Umgriff derjenigen beiden öffentlichen Verkehrsflächen in München, an denen sich die Messstationen befinden, die auch in jüngerer Zeit noch Grenzwertüberschreitungen registriert haben (d.h. auf den Stachus sowie einen bestimmten Abschnitt der Landshuter Allee). Desgleichen ist diesem Urteil eine Begrenzung seines Regelungsgehalts auf das innerhalb des Mittleren Rings liegende Stadtgebiet der Beigeladenen (d.h. die bereits vorhandene Umweltzone) fremd. Nach dem eindeutigen, keiner relativierenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Nummer I des Tenors des zu vollstreckenden Urteils umfasst die auferlegte Verpflichtung vielmehr das gesamte „Stadtgebiet von München“.

2.2 Sachliche Reichweite der zu vollstreckenden Verpflichtung

Eindeutig ist ferner die sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebende Verpflichtung des Beklagten, die bisherige Überschreitung der im Tenor dieser Entscheidung genau bezeichneten Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (Partikel PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) abzustellen.

Spürbar eingeschränkt wird die Weite dieser Verpflichtung durch den Umstand, dass das Urteil nicht die „sofortige“, sondern nur die „schnellstmögliche“ Einhaltung dieser Grenzwerte verlangt. Es bringt damit zum Ausdruck, dass der Beklagte nur die Aufnahme solcher Maßnahmen in den Luftreinhalteplan schuldet, zu deren Durchführung die nach den einschlägigen Bestimmungen hierfür zuständigen Träger öffentlicher Gewalt (vgl. § 40 Abs. 1 und § 47 Abs. 6 BImSchG) tatsächlich und rechtlich in der Lage sind. Eine weitere Eingrenzung ergibt sich aus dem ebenfalls in die Nummer I des Urteilstenors ausdrücklich aufgenommenen Kriterium der „Erforderlichkeit“ der jeweiligen Maßnahme. „Erforderlich“ sind nach allgemeinem verwaltungsrechtlichem Sprachgebrauch nur solche Handlungen der öffentlichen Gewalt, bei denen sich die Relation zwischen ihrer Eignung, das zu verwirklichende Ziel zu erreichen, und den damit für die Allgemeinheit oder für Einzelne einhergehenden Belastungen vorteilhafter als bei zur Verfügung stehenden Alternativmaßnahmen darstellt. Der Gesichtspunkt der „Erforderlichkeit“ einer Maßnahme umschreibt damit einen Teilaspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dessen Beachtung der öffentlichen Verwaltung bei der Auswahl der in einen Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen und ihrer näheren Ausgestaltung durch § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG überdies ausdrücklich aufgegeben wird.

Für die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 ergeben sich hieraus bedeutsame Konsequenzen. Behauptet der Vollstreckungsschuldner, er habe mit den seit dem Erlass des zu vollstreckenden Urteils ergriffenen Maßnahmen das ihm (derzeit) zur Verfügung stehende Instrumentarium ausgeschöpft, während der Vollstreckungsgläubiger - wie vorliegend - eine Vielzahl weiterer Handlungsoptionen aufführt, die ohne rechtfertigenden Grund nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen worden seien, so besteht die Gefahr, dass das Vollstreckungsverfahren unter Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits mit Sachfragen überfrachtet wird (so zu Recht BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 54). Denn die Beantwortung der Frage, ob dieses Vorbringen des Vollstreckungsgläubigers zutrifft, setzt nicht nur die Prüfung voraus, ob die von ihm benannten Maßnahmen zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind; wegen der sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebenden Verpflichtung der zuständigen Behörden, die in einen Luftreinhalteplan aufgenommenen Aussagen umzusetzen (vgl. dazu z.B. Fisahn in Kotulla, BImSchG, Stand November 2004, § 40 Rn. 18; Scheidler in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1 Teil II, § 40 BImSchG Rn. 27; Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand September 2010, § 47 BImSchG Rn. 29 f.; Jarass BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 40 Rn. 11 und § 47 Rn. 52 - 55), müssen sowohl die materielle Rechtmäßigkeit der jeweils in Streit stehenden Maßnahme als auch ihre Vollzugsfähigkeit zumindest in allen wesentlichen Punkten bereits vor ihrer Einstellung in den Plan geklärt sein. Bejaht oder verneint das Gericht in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO die Existenz eines weiteren, vom Vollstreckungsschuldner bisher nicht berücksichtigten Instruments zur Luftreinhaltung (mit der daraus resultierenden Pflicht zur Aufnahme dieses Instruments in einen Plan nach § 47 Abs. 1 BImSchG), so übernimmt es die Verantwortung nicht nur für die materielle Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme einschließlich ihrer Verhältnismäßigkeit, sondern auch für ihre rechtliche und tatsächliche Vollziehbarkeit.

Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeit ist es zu verstehen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) angemerkt hat, der Vollstreckungsfähigkeit einer gerichtlichen Entscheidung der vorliegenden Art werde dadurch Rechnung getragen, dass die Entscheidung hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben machen könne, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten seien. Dieser Aussage kommt Beachtlichkeit auch im vorliegenden Zusammenhang zu, da die Tenorierung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 (4 K 165/12.WI - juris), das der Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) zugrunde lag, mit der Entscheidungsformel des vorliegend verfahrensgegenständlichen Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 im Wesentlichen übereinstimmt. Den vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Weg, verbindliche Vorgaben hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen bereits in die das Erkenntnisverfahren abschließende Entscheidung aufzunehmen, hat das zu vollstreckende Urteil allerdings nicht beschritten. Insbesondere kann der in Abschnitt 2.5 der Entscheidungsgründe dieses Urteils enthaltene Hinweis auf die aus der Sicht des Verwaltungsgerichts bestehende Option einer Ausdehnung der Umweltzone nicht als eine solche Vorgabe verstanden werden; die dortigen Darlegungen dienen vielmehr lediglich dazu, beispielhaft aufzuzeigen, dass dem Beklagten weitere, bisher nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Aus den knappen Ausführungen in der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) kann entgegen der Auffassung, die in den Beschlüssen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Mai 2016 (9 E 448/16 - juris; 9 E 450/16 - juris) zum Ausdruck gelangt, indes nicht hergeleitet werden, gerichtliche Entscheidungen, die die öffentliche Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichten, seien nur dann - und auch das nur insoweit - vollstreckbar, als sie zumindest in den Entscheidungsgründen eine oder mehrere Maßnahme(n) benennen, die dieser Plan zwingend zu enthalten hat.

Einer solchen Annahme steht zunächst entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Randnummer 56 des Urteils vom 5. September 2013 (a.a.O.) davon spricht, dass eine solche Entscheidung verbindliche Vorgaben der dort näher bezeichneten Art machen „kann“. Mehr noch fällt ins Gewicht, dass das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar zuvor - nämlich in den Randnummern 54 f. der Entscheidungsgründe des gleichen Urteils - die Ordnungsgemäßheit des Klageantrags, der dem in jenem Revisionsverfahren zu überprüfenden Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 (4 K 165/12.WI - juris Rn. 15) zugrunde lag (er stimmt mit dem in der Streitsache M 1 K 12.1046 gestellten Klageantrag - abgesehen von der hier vorgenommenen zusätzlichen Einbeziehung der Immissionsgrenzwerte nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV - praktisch wortgleich überein), als dem Bestimmtheitserfordernis genügend bezeichnet hat. Diese Einstufung erfolgte ausdrücklich auch mit Blickrichtung auf das Postulat der Vollstreckbarkeit der auf einen solchen Antrag hin ergehenden gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 5.9.2013 a.a.O. Rn. 54 a.E.). Da gerade bei Leistungsklagen - eine solche lag sowohl dem vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden anhängig gemachten Verfahren 4 K 165/12.WI als auch dem hier zu vollstreckenden Urteil des Verwaltungsgerichts München zugrunde - ein Klageantrag nur zulässig ist, wenn er zu einer vollstreckungsfähigen Entscheidung führen kann (Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2006, § 82 Rn. 7), darf nicht davon ausgegangen werden, ein Urteil, das einen vom Bundesverwaltungsgericht als hinreichend bestimmt bezeichneten Klageantrag unverändert übernimmt, sei unvollstreckbar. Die Bedeutung des Hinweises in der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) kann deshalb nur darin gesehen werden, dass die - fakultative - Benennung von Maßnahmen, die der verurteilte Träger öffentlicher Gewalt beim Erlass oder bei der Fortschreibung eines Luftreinhalteplans in Betracht zu ziehen hat, in den Entscheidungsgründen eines diesbezüglichen Urteils dessen Vollstreckung erleichtert, weil das Vollstreckungsverfahren hierdurch von materiellrechtlichen Fragen entlastet wird, ohne dass die Vollstreckbarkeit derartiger Erkenntnisse unabdingbar von der Aufnahme einschlägiger Aussagen in die Gründe der Entscheidung abhängt.

Damit in Einklang steht, dass auch die Zivilgerichte es als für die Vollstreckung eines Urteils ausreichend ansehen, wenn darin die geschuldete Handlung lediglich in Gestalt des zu erzielenden, bestimmt bezeichneten Erfolgs umschrieben wird (Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 5 mit umfangreichen Nachweisen in der Fn. 12).

Bestätigt wird das vorstehend dargestellte Ergebnis ferner durch den Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) davon spricht, die Gerichte könnten den für die Erstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden verbindliche Vorgaben „im Sinne eines Bescheidungsurteils“ hinsichtlich der „in Betracht zu ziehenden“ Maßnahmen erteilen. Dem Bundesverwaltungsgericht steht insoweit mithin nicht die Fallgestaltung vor Augen, dass ein Träger öffentlicher Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verurteilt wurde, der nach den Vorgaben des erkennenden Gerichts (mögen sie sich im Tenor oder in den Gründen der Entscheidung finden) konkrete, bereits vom Gericht verbindlich vorgegebene Maßnahmen auf jeden Fall zu enthalten hat; denn in dieser Konstellation liegt gerade kein Bescheidungs-, sondern ein „klassisches“ Leistungsurteil vor. Für Bescheidungsaussprüche ist demgegenüber kennzeichnend, dass sie die öffentliche Verwaltung dazu verpflichten, bestimmte Prüfungen oder Erwägungen vorzunehmen. Betreibt der obsiegende Rechtsschutzsuchende die Vollstreckung aus einem Urteil der letztgenannten Art mit der Begründung, die zuständige Behörde habe die geschuldete Prüfung bzw. die vorzunehmenden Erwägungen nicht in einer den Vorgaben des Gerichts entsprechenden Weise durchgeführt bzw. sei hierbei zu nicht rechtskonformen Ergebnissen gelangt, so können sich in einem solchen Vollstreckungsverfahren Sach- und Rechtsfragen stellen, die sich u. U. nur graduell von denen unterscheiden, die dann aufgeworfen sind, wenn das erkennende Gericht - wie im Urteil vom 9. Oktober 2012 geschehen - von „Vorgaben im Sinne eines Bescheidungsurteils“ gänzlich abgesehen hat.

Begrenzt ist der Nutzen von „Prüfaufträgen“, „Erwägungsgeboten“ oder ähnlichen Vorgaben im Sinn der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312), die der öffentlichen Verwaltung nur eine verfahrensrechtliche Verpflichtung sowie eine Begründungslast auferlegen, ohne das Ergebnis der geschuldeten Vergewisserung vorwegzunehmen, schließlich in all den Fällen, in denen das zu vollstreckende Urteil den zuständigen Träger öffentlicher Gewalt - wie vorliegend der Fall - dazu verpflichtet, aus der Gesamtheit des tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums eine nicht näher beschriebene Auswahl zu treffen, um der Nichteinhaltung verbindlicher Immissionsgrenzwerte ein Ende zu setzen. Etwaige gerichtliche Hinweise über in diesem Zusammenhang in Betracht kommende Handlungsoptionen würden in derartigen Konstellationen stets nur beispielhaften Charakter tragen und andere zielführende Maßnahmen nicht ausschließen. Rügt der Vollstreckungsgläubiger, der Vollstreckungsschuldner habe ein Urteil der vorbezeichneten Art deshalb nicht vollständig erfüllt, weil er Instrumente nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen habe, die rechtlich zulässig und tatsächlich realisierbar seien, ohne dass das erkennende Gericht sie in den Gründen der rechtskräftig gewordenen Entscheidung als „in Betracht zu ziehende Maßnahmen“ erwähnt hat, so stellt sich im Vollstreckungsverfahren ebenfalls die Notwendigkeit, einem derartigen - entscheidungserheblichen - Vorbringen nachzugehen. Auch dieser Umstand erhellt, dass die Vollstreckungsfähigkeit eines Urteils, das die öffentliche Gewalt zur schnellstmöglichen Einhaltung von genau bezeichneten Immissionsgrenzwerten im Weg der Luftreinhalteplanung verpflichtet, nicht damit „stehen oder fallen“ kann, ob die Entscheidungsgründe eines solchen Erkenntnisses verbindliche Vorgaben „über in Betracht zu ziehende“ Maßnahmen enthalten.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das in § 172 VwGO erwähnte „Gericht des ersten Rechtszuges“ in nach dieser Vorschrift durchzuführenden Verfahren - ebenso wie das gemäß § 887 Abs. 1, § 888 Abs. 1 Satz 1 und § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Fall ist - zutreffender Auffassung zufolge als Prozess-, nicht aber als Vollstreckungsgericht tätig wird (Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 167 Rn. 94; Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2011, § 172 Rn. 7). Die Befugnisse des im Vollstreckungsverfahren tätigen Prozessgerichts - z.B. zur Auslegung des zu vollstreckenden Titels - aber reichen weiter als diejenigen anderer Vollstreckungsorgane (Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 5; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, vor § 704 Fn. 127). Insbesondere kann es dann, wenn Inhalt und Grenzen des im Erkenntnisverfahren zugesprochenen Anspruchs im Hinblick auf künftige Entwicklungen noch nicht in vollem Umfang eindeutig bezeichnet werden konnten, die nötige Bestimmung selbst vornehmen, soweit dies aus dem Titel einschließlich der Entscheidungsgründe oder aufgrund allgemein zugänglicher, leicht und sicher feststellbarer anderer Urkunden, auf die der Titel verweist, möglich ist (BGH, B.v. 4.3.1993 - IX ZB 55/92 - BGHZ 122, 16/18). Statthaft - und ggf. auch geboten - sind deshalb im Verfahren nach § 172 VwGO die Konkretisierung eines zu vollstreckenden Urteils, das die Behörde zu bauaufsichtlichen Maßnahmen gegen einen Grundstücksnachbarn des Vollstreckungsgläubigers verpflichtet, dahingehend, dass diesem Gebot nicht bereits durch den Erlass einer bauaufsichtlichen Verfügung, sondern erst durch deren Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs entsprochen wird (OVG NW, B.v. 20.2.1992 - 10 E 1357/91 - NVwZ-RR 1992, 518), ferner die in einem solchen Verfahren getroffene Feststellung, dass die Übertragung eines bestimmten konkret-funktionellen Amtes der rechtskräftig ausgesprochenen Verpflichtung zur Beschäftigung eines Beamten auf einem nach der Besoldungsgruppe A 14 bewerteten Dienstposten nicht genügt (NdsOVG, B.v. 12.9.2006 - 5 OB 194/06 - NVwZ-RR 2007, 139), und die Aussage, dass ein Urteil, das eine Straßenverkehrsbehörde zu einer „spürbaren“ und „effektiven“ Verringerung der von einer Straße ausgehenden Geräusche verpflichtet, so zu verstehen ist, dass eine Lärmreduzierung um mindestens 3 bis 5 dB(A) angestrebt werden muss (BayVGH, B.v. 12.7.2007 - 11 C 06.868 - juris Rn. 28 - 30).

2.3 Unionsrechtliche Determinanten für die gerichtliche Handhabung des Vollstreckungsrechts in Fällen der vorliegenden Art

Eine gerichtliche Entscheidung der hier inmitten stehenden Art jedenfalls dem Grunde nach als vollstreckungsfähig anzusehen, ist auch unter unionsrechtlichem Blickwinkel geboten. Im Urteil vom 19. November 2014 (C-404/13 - NVwZ 2015, 419) hat der Europäische Gerichtshof die Verpflichtung der Gerichte der Mitgliedstaaten betont, dann gegenüber der zuständigen nationalen Behörde „jede erforderliche Maßnahme“ wie z.B. eine Anordnung (im englischen Originaltext: „any necessary measure, such as an order in the appropriate terms“) zu erlassen, damit diese Behörde einen nach der Richtlinie 2008/50/EG erforderlichen Plan gemäß den darin vorgesehenen Bedingungen erstellt, falls dieser Mitgliedstaat die sich aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der genannten Richtlinie ergebenden Anforderungen (zu ihnen gehört u. a. die Pflicht zur Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im Jahresmittel ab dem 1.1.2010) verfehlt und er um keine Fristverlängerung gemäß Art. 22 der Richtlinie 2008/50/EG nachgesucht hat.

Liegt - wie hier - bereits ein rechtskräftiges Urteil vor, das die zuständige Behörde zum Erlass eines richtlinienkonformen Luftreinhalteplans verpflichtet, so kann die nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. November 2014 (a.a.O.) gebotene gerichtliche „order in the appropriate terms“ nur darin bestehen, für eine effektive Durchsetzung dieses Urteils im Vollstreckungswege Sorge zu tragen. Die Verweisung des obsiegenden Rechtsschutzsuchenden auf die Möglichkeit einer erneuten Klage wäre mit den in dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs statuierten Pflichten der Gerichte des betroffenen Mitgliedstaats zum einen wegen des damit verbundenen weiteren Zeitverlusts, zum anderen - und vor allem - deswegen nicht vereinbar, weil die Befolgung eines solches Urteils zunächst wiederum von der diesbezüglichen Bereitschaft des Beklagten und der Beigeladenen abhinge; sollte sie weiterhin nicht (in genügendem Maß) bestehen, würde sich die Problematik der Durchsetzung derartiger Entscheidungen erneut stellen.

2.4 Anforderungen an die Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens bei der Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung der inmitten stehenden Art

Notwendiges Korrelat der Erfordernisse, die sich aus dem Postulat der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts sowie dem Gebot der Wirksamkeit der Vollstreckung von gegen die öffentliche Verwaltung ergangenen Gerichtsentscheidungen (BVerfG, B.v. 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - DVBl 1999, 1646) für den Umfang der vorliegend veranlassten Sach- und Rechtsprüfung ergeben, ist eine Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens, die die Rechte der Beteiligten - insbesondere den Anspruch des Vollstreckungsschuldners und anderer durch Vollstreckungsmaßnahmen nachteilig Betroffener auf rechtliches Gehör - in besonders sorgfältiger Weise wahrt. Die eingehende schriftsätzliche Aufbereitung des Streitstoffs im ersten Rechtszug und im Beschwerdeverfahren, vor allem aber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in beiden Instanzen dienen diesem Zweck.

2.5 Grenzen der gerichtlichen Befugnisse in derartigen Vollstreckungsverfahren

Bei alledem darf nicht verkannt werden, dass das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen kann. Das folgt nicht zuletzt daraus, dass in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts besteht. Dies schließt es vor allem aus, im Vollstreckungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Vollstreckungsschuldner bisher noch ungenutzte Möglichkeiten zur Erfüllung der ihm rechtskräftig auferlegten Verpflichtung zur Verfügung stehen, rechtliche Fragen zu beantworten, die gemäß § 137 Abs. 1 VwGO letztinstanzlich der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen, sofern sie höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt wurden und sich das zutreffende Normverständnis nicht unmittelbar und zweifelsfrei aus dem geschriebenen Recht ergibt; durch eine gegenläufige Vorgehensweise würde den unterliegenden Beteiligten eine von Gesetzes wegen grundsätzlich eröffnete Rechtsmittelmöglichkeit abgeschnitten.

3. Keine gesonderte Zwangsgeldandrohung hinsichtlich des Stundenmittelwerts für Stickstoffdioxid und des Tagesmittelwerts für Partikel PM10

Die Beschwerde des Beklagten hat zunächst insoweit Erfolg, als sich die Androhung eines Zwangsgelds vorliegend auf den Teil des Urteils vom 9. Oktober 2012 zu beschränken hat, durch den dem Beklagten die Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bezeichneten Immissionsgrenzwerts im Stadtgebiet von München aufgegeben wurde.

Nach den glaubhaften Angaben, die sich u. a. in der Tabelle 2/7 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München (Seite 16) finden und deren Richtigkeit der Kläger nicht in Abrede gestellt hat, wurde der in § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV für Partikel PM10 festgesetzte Grenzwert von 50 µg/m³ am Stachus letztmals im Jahr 2010 und an der Landshuter Allee zuletzt im Jahr 2011 öfter als an 35 Tagen im Jahr nicht eingehalten. Für zutreffend erachtet der Verwaltungsgerichtshof ferner die Angabe des Beklagten, dass die im Jahr 2013 an der Landshuter Allee registrierten 39 Überschreitungstage gemäß § 25 der 39. BImSchV deshalb auf 30 zu reduzieren sind, weil die im Lauf jenes Jahres zu verzeichnende Nichteinhaltung des 50-µg/m³-Kriteriums an neun Tagen auf der Ausbringung von Streusalz beruhte. Dass die Grenzwerte für Partikel PM10 im Gebiet der Beigeladenen mittlerweile eingehalten werden, hat der Kläger eingangs des Abschnitts I des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 27. April 2016 im Übrigen ausdrücklich eingeräumt.

Allerdings geht der Beklagte selbst davon aus, ungeachtet dieser positiven Entwicklung könnten in den nächsten Jahren bei ungünstigen meteorologischen Bedingungen einzelne Überschreitungen des in § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV festgesetzten Grenzwerts nicht ganz ausgeschlossen werden (vgl. z.B. Seite 13 f., Seite 17 und Seite 76 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München). Abhängig vom weiteren Verlauf der Witterung kann eine solche Gegebenheit bereits im Jahr 2017 eintreten. Ob es hierzu kommt, muss freilich - wie die mündliche Verhandlung ergeben hat - als in jeder Hinsicht offen gelten.

Der Beklagte hat ferner glaubhaft darauf hingewiesen, dass an der Landshuter Allee im Jahr 2016 erstmals auch der Stundenmittelwert für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 1 der 39. BImSchV) nur noch weniger häufig überschritten wurde, als das von Rechts wegen zulässig ist. Insoweit ist derzeit freilich ebenfalls ungesichert, ob es sich hierbei um einen einmaligen Befund oder um eine dauerhafte Entwicklung handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es dahinstehen, wie es sich auf den Fortbestand der Pflicht des Beklagten zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München mit dem Ziel der Einhaltung der in § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV festgesetzten Immissionsgrenzwerte auswirkt, dass eine Nichteinhaltung dieser beiden Grenzwerte aktuell nicht mehr mit Sicherheit bejaht werden kann. Denn der Kläger besitzt an der Androhung eines Zwangsgeldes mit dem Ziel der Aufnahme von Maßnahmen in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, die der schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV dienen, derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis. Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge, wie sie der Beklagte in Befolgung des Urteils vom 9. Oktober 2012 nach näherer Maßgabe dieser Beschwerdeentscheidung vorzubereiten und nach Ausräumung der insoweit derzeit bestehenden rechtlichen Unklarheiten in den Luftreinhalteplan aufzunehmen hat, werden nämlich allen erkennbaren Umständen nach bewirken, dass an den hiervon betroffenen Straßen(abschnitten) außer der Stickstoffdioxidkonzentration auch die Belastung mit Partikeln PM10 weiter zurückgehen wird. Dies folgt allein schon aus der Verringerung des Verkehrsaufkommens, das mit einem Ausschluss von Dieselfahrzeugen von der Benutzung bestimmter Strecken einhergeht. Sofern der Beklagte derartige Verkehrsverbote - wie er dies nach dem Urteil vom 9. Oktober 2012 schuldet - so ausgestaltet, dass sie auch während derjenigen Zeitabschnitte im Tagesverlauf gelten, während derer an den insoweit problematischen Straßen(abschnitten) eine besonders hohe Stickstoffdioxidbelastung der Luft zu verzeichnen ist, werden solche Maßnahmen aller Voraussicht nach auch bewirken, dass der Immissionsgrenzwert nach § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV auf Dauer nicht mehr häufiger überschritten werden wird, als dies von Rechts wegen zulässig ist.

4. Nichterfüllung der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtungen hinsichtlich des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV

Jedenfalls hinsichtlich der Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für die Stadt München so zu ändern, dass der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird, ist der Beklagte dem Rechtsbefehl, der sich diesbezüglich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergibt, bisher nicht gerecht geworden.

Dabei ist auch der verfassungsrechtliche Hintergrund zu beachten, von dem dieses Urteil ausgeht: Denn aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) folgt die Pflicht der staatlichen Organe, sich schützend und fördernd vor diese Rechtsgüter zu stellen (BVerfG, U.v. 25.2.1975 - 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 - BVerfGE 39, 1/41; U.v. 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77 - BVerfGE 46, 160/164; B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30/57; B.v. 14.1.1981 - 1 BvR 612/72 - BVerfGE 56, 54/73; U.v. 15.2.2006 - 1 BvR 357/05 - BVerfGE 115, 118/152 sowie jüngst BVerfG, B.v. 26.7.2016 - BvL 8/15 - NJW 2017, 53 Rn. 69). Dass dieses Grundrecht durch die nunmehr bereits seit mehr als sieben Jahre andauernde unzulässig hohe NO2-Belastung zahlreicher Straßen(abschnitte) in gravierender Weise beeinträchtigt wird, hat der Kläger im Vollstreckungsverfahren überzeugend aufgezeigt. Zu verweisen ist insofern namentlich auf die Ausführungen in dem aus dem Jahr 2013 stammenden Bericht der Weltgesundheitsorganisation „Review of evidence on health aspects of air pollution“, auf den die Klagebevollmächtigten auf Seite 29 ihres Schriftsatzes vom 27. April 2016 verwiesen haben. Dieser Ausarbeitung zufolge (vgl. namentlich die Ausführungen auf der dortigen Seite 73) haben viele seit dem Jahr 2004 publizierte Studien Zusammenhänge zwischen kurzzeitigen Schwankungen der NO2-Konzentration und Veränderungen hinsichtlich der Zahl der Todesfälle, der Krankenhausaufnahmen und dem Auftreten von Atemwegssymptomen dokumentiert; weitere nunmehr veröffentlichte Untersuchungen würden Verknüpfungen zwischen der NO2-Langzeitexposition und der Mortalität sowie der Morbidität aufzeigen. Sowohl die Kurzals auch die Langzeitstudien hätten zudem ergeben, dass diese Wirkungen bei Konzentrationen einträten, die im Bereich der gegenwärtig geltenden unionsrechtlichen Grenzwerte oder sogar unter ihnen lägen (vgl. zur Vielzahl der seit 2005 gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die - u. a. in Bezug auf Stickstoffdioxid - Zusammenhänge zwischen nachteiligen gesundheitlichen Folgen und einem Belastungsniveau aufzeigen, das unterhalb der Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation liegt, auf denen die im Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten Grenzwerte beruhen, Seite 182 sowie - speziell in Bezug auf Stickstoffdioxid - Seite 185 des Berichts „Review of evidence on health aspects of air pollution“). Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, die - wie das in Abschnitt 6.4 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts des vom Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros geschehen ist - Maßnahmen in Erwägung ziehen, die dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrag für menschliches Leben und menschliche Gesundheit allenfalls mit Blickrichtung auf einen kleinen Teil der betroffenen Bevölkerung gerecht werden, stellen keine ausreichenden Schritte zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils dar.

Das Verwaltungsgericht hat im Beschluss vom 21. Juni 2016 zutreffend aufgezeigt, dass auch die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht als ausreichende Erfüllung dieses Urteils anerkannt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Verwaltungsgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen in Abschnitt II.3.b der Gründe jener Entscheidung Bezug.

Ausgenommen von dieser Verweisung ist die Kritik, die das Verwaltungsgericht im zweiten bis vierten Satz des letzten Absatzes auf Seite 15 des Beschlussumdrucks an der formalen Ausgestaltung der „funktionalen Leistungsbeschreibung“ geübt hat, die zum Zweck der Umsetzung der Maßnahme M 1 aus der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans erstellt worden sei. Wäre - wie das die sechste Fortschreibung insoweit vorsieht - die Einholung eines Gutachtens, das der „Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid-Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“ dient, tatsächlich geboten, um den Luftreinhalteplan für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung insbesondere des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV ändern zu können, so wäre nichts dagegen zu erinnern, dass die Leistungsbeschreibung weder einen Kopf noch ein Datum trägt und sie nicht unterschrieben ist.

Tatsächlich kann jedoch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - die Einholung eines solchen Gutachtens nicht als eine Maßnahme anerkannt werden, die für eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung bisher überschrittener Grenzwerte geeignet und erforderlich ist. Zum Einen hat das diesbezügliche Vorgehen des Beklagten zu vermeidbaren Verzögerungen bei den eigentlich erforderlichen Maßnahmen geführt (4.1). Zudem reichen die bereits jetzt absehbaren Ergebnisse des eingeholten Gutachtens nicht aus, das durch das zu vollstreckende Urteil vorgegebene Ziel zu erreichen (4.2).

4.1 Vermeidbare Zeitverluste auf Grund des gemäß der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München einzuholenden Gutachtens

Die Erstellung einer solchen Ausarbeitung würde nur dann eine der rechtskonformen Umsetzung des Urteils vom 9. Oktober 2012 dienende Handlung darstellen, wenn sie erforderlich wäre, um bei den verantwortlichen Entscheidungsträgern vorhandene Wissensdefizite entweder hinsichtlich der Ursachen der fortdauernden Nichteinhaltung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bezeichneten Immissionsgrenzwerts oder aber darüber zu beheben, welche Handlungsmöglichkeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen, um diesem rechtswidrigen Zustand so rasch als möglich ein Ende zu setzen. Hiervon kann indes keine Rede sein.

4.1.1 Herausragende Bedeutung des mit Dieselfahrzeugen abgewickelten Straßenverkehrs für die Stickstoffdioxidbelastung der Luft schon umfassend und zweifelsfrei bekannt

Bereits im Schreiben vom 18. Dezember 2014 an die Regierung von Oberbayern hat das Bayerische Landesamt für Umwelt festgehalten, der Maßnahme M 1 in der damals in Aussicht genommenen Fassung des Entwurfs der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht zustimmen zu können, obgleich seinerzeit - anders als im endgültigen Wortlaut dieser Fortschreibung - noch in Aussicht genommen war, außer lediglich verkehrssteuernden Maßnahmen auch Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote zum Gegenstand des Gutachtensauftrags zu machen (vgl. die dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz der Klagebevollmächtigten beigefügte Anlage Ast. 7). Die Entbehrlichkeit dahingehender erneuter Studien hat das Landesamt für Umwelt mit folgenden Worten begründet:

„Gerade für München liegen bereits umfangreiche Untersuchungen vor. Im anliegenden Vortrag von Herrn K* … vom 21.10.2014 zum Erfahrungsaustausch Luftreinhalteplanung bei der Regierung von Oberbayern ist auf Folie 6 übersichtlich dargestellt, wie sich die Immissionsbelastung von Stickstoffdioxid im Hauptstraßennetz von München verteilt. Uns stellt sich die Frage, zu welchen neuen Erkenntnissen eine weitere teure Untersuchung führen soll.“

Dass - und in welch herausragendem Ausmaß - das erforderliche Fachwissen über die Ursachen der verfahrensgegenständlichen Luftverunreinigungen und die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Schritte innerhalb des öffentlichen Dienstes selbst vorhanden ist, bestätigt eindrucksvoll vor allem die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellte, am 25. März 2015 abgeschlossene Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“.

Diese Studie, deren wichtigste Ergebnisse Eingang in Abschnitt 2.5 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München gefunden haben, zeigt detailgenau auf, in welchem Umfang Dieselfahrzeuge (verschiedener Kategorien) zur Belastung der Luft an der Landshuter Allee mit Stickstoffdioxid beitragen. Mit einem Anteil von fast 68% sei der lokale Kraftfahrzeugverkehr auf dieser Straße mit Abstand der größte Verursacher der NO2-Immissionen (Seite 2 der Studie vom 25.3.2015). Rechne man den durch Kraftfahrzeuge hervorgerufenen Beitrag „aus dem städtischen Hintergrund“ hinzu, ergebe sich, dass insgesamt ca. 81% des NO2- Immissionswerts an der Landshuter Allee durch den Kraftfahrzeugverkehr hervorgerufen würden (Seite 2 der Studie vom 25.3.2015). 91% der auf den lokalen Verkehr zurückzuführenden NO2-Immissionen wiederum werden durch Dieselfahrzeuge (Diesel-Pkw und schwere Nutzfahrzeuge) hervorgerufen (Seite 10 der Studie vom 25.3.2015).

Dieser Verantwortungsanteil des mit Dieselfahrzeugen abgewickelten Straßenverkehrs an der NO2-Belastung der Luft an der Landshuter Allee ist noch um jene Immissionen zu erhöhen, die nicht durch den lokalen Verkehr verursacht werden, sondern die aus dem städtischen und dem regionalen Hintergrund stammen. In diese Hintergrundbelastung, deren Anteil vom Bayerischen Landesamt für Umwelt auf 32% veranschlagt wurde (vgl. u. a. Seite 10 der Studie vom 25.3.2015, Abbildung 8), geht gleichfalls ein hoher verkehrsbedingter Anteil ein. Denn jedenfalls die „städtische Hintergrundbelastung“ mit Stickstoffdioxid stellt sich ebenfalls ganz überwiegend als verkehrsbedingt dar, wie den in der fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München enthaltenen, die Verhältnisse im Jahr 2012 wiedergebenden Tabellen 2/12 bis 2/15 entnommen werden kann. Die darin enthaltenen Aussagen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anteil einzelner Verursacherarten (in Prozenten) an der NO2-Gesamtbelastung:

LÜB-Station

lokaler Verkehr

verkehrsbedingteHintergrundbelas- tung aus dem städtischen Raum

von genehmigungsbedürf- tigen Anlagen ausdem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung

von nichtgenehmigungsbe- dürftigen Anlagen aus dem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung

sonstige Einflüsseauf die ausdem städtischen Raum stammende Hintergrundbelas- tung

regionale Hintergrund- Belastung

Stachus

51,0

22,5

0,5

2,7

0,0

23,2

Landshuter Allee

67,8

13,3

0,3

1,7

0,0

16,9

Johanneskirchen

0,0

33,3

1,1

5,1

0,0

60,6

Loth Straße

11,4

37,2

1,1

4,7

0,0

45,6

Welch herausragende Rolle Dieselfahrzeugen an der verkehrsbedingten Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid zukommt, zeigt schließlich auch eine emissionsbezogene Betrachtungsweise. Nach den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt sind 75% der an der Landshuter Allee zu verzeichnenden, durch Kraftfahrzeuge hervorgerufenen NO2-Emissionen auf Personenkraftwagen mit Dieselantrieb und 23% auf schwere Nutzfahrzeuge zurückzuführen; lediglich 2% der verkehrsbedingten Stickstoffdioxidemissionen werden danach von Personenkraftwagen mit Benzinmotoren verursacht (Seite 6 der Studie vom 25.3.2015, Abbildung 5).

Der Beklagte geht selbst davon aus, dass die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Bezug auf die Landshuter Allee in München ermittelten Ursachen für die NO2- Belastung der Luft keine atypische Gegebenheit widerspiegeln, sondern sie zumindest dem Grunde nach verallgemeinerungsfähig sind. Denn eingangs des Abschnitts 2.5 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München hat er festgehalten:

„Die bisherigen Verursacheranalysen der Luftreinhaltepläne in Deutschland zeigen deutlich, dass die NO2-Belastung an verkehrsbezogenen Messstellen maßgeblich von Kraftfahrzeugen (Kfz), insbesondere von Diesel-Kfz, verursacht wird.“

Auf die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellte Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“ bezieht sich diese Fortschreibung im unmittelbaren Anschluss daran nur, um die Richtigkeit dieses ubiquitären Befunds exemplarisch zu verdeutlichen.

4.1.2 Wissen um die Unausweichlichkeit der Begrenzung des Dieselanteils am Straßenverkehr zum Zweck der Einhaltung der NO2-Immissionswerte bereits vorhanden

Auch hinsichtlich der zur Bekämpfung der Grenzwertüberschreitungen bei NO2 in Betracht kommenden Handlungsoptionen selbst bestehen innerhalb der öffentlichen Verwaltung keine Kenntnisdefizite, die durch Sachverständigengutachten behoben werden müssten. Am 16. Februar 2016 hat der LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, der sich aus Amtsträgern der Umweltverwaltungen des Bundes und der Länder zusammensetzt, eine mit „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“ überschriebene Ausarbeitung vorgelegt, in der die aus fachlicher Sicht gebotenen Schritte dargestellt werden. Auch für dieses Fachgremium steht danach fest, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid, wie sie an etwa zwei Dritteln der in Deutschland an verkehrsreichen Straßen errichteten Messstationen zu verzeichnen seien, der motorisierte Straßenverkehr ist, und dass vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (Kernsätze 1 und 2 der LAI- Ausarbeitung). Zusätzliche Maßnahmen müssten deswegen vor allem hier ansetzen, um eine hohe Wirksamkeit zu entfalten und der gesetzlichen Vorgabe entsprechen zu können, die Überschreitungen so schnell wie möglich zu vermeiden (Kernsatz 3 der LAI-Ausarbeitung). Prioritärer Maßstab für die Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen habe der Schutz der Gesundheit der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Bevölkerung zu sein; dem Schutz dieser Menschen müsse Vorrang vor den Belangen der von Maßnahmen Betroffenen beigemessen werden (Kernsatz 4 der LAI-Ausarbeitung). Die Planung und Umsetzung zusätzlicher, auch einschneidender Maßnahmen sei vor dem Hintergrund des seitens der EU-Kommission gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens unausweichlich, wobei die erforderlichen Schritte zeitnah eingeleitet und stringent verwirklicht werden müssten (Kernsätze 5 und 6 der LAI-Ausarbeitung). Angesichts des beträchtlichen Handlungsdrucks komme einer möglichst schnellen Umsetzbarkeit von Maßnahmen große Bedeutung zu; da die Möglichkeiten zur kurzfristigen Verbesserung der Fahrzeugflotte mit Blick auf die NOx-Emissionen begrenzt seien, müsse in den besonders belasteten Gebieten zusätzlich das Kfz-Verkehrsaufkommen gesenkt werden (Kernsatz 8 Teil 1 der LAI-Ausarbeitung). Da die unionsrechtlichen Abgasgrenzwerte für Dieselpersonenkraftfahrzeuge der Schadstoffklasse „Euro 5“ mit Blickrichtung auf eine NO2-Minderung unwirksam seien, die Richtlinie 2008/50/EG jedoch eine Ergebnisverpflichtung statuiere, habe die EU-Kommission ausdrücklich ein „Verbot von Dieselfahrzeugen in einigen städtischen Gebieten“ als mögliche Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte benannt (Seite 7 der LAI-Ausarbeitung). Auch der Europäische Gerichtshof habe im Urteil vom 19. November 2014 (C-404/13 - NVwZ 2015, 419) klargestellt, dass die Grenzwerte nicht mehr überschritten werden dürften. Da dies gleichfalls einer Ergebnisverpflichtung entspreche, sei das planerische Ermessen dann eingeschränkt, „wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt“ (Seite 8 der LAI-Ausarbeitung).

Zutreffend festgehalten hat der LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“ in seiner Ausarbeitung vom 16. Februar 2016 in diesem Zusammenhang ferner, dass sich der von Rechts wegen geschuldete Erfolg innerhalb überschaubarer Zeit nicht als Folge eines veränderten NO2-Emissionsverhaltens von Dieselfahrzeugen einstellen wird. Denn die derzeit auf den Markt gelangenden Diesel-Pkw der Schadstoffklasse „Euro 6“ würden die durch diese Norm beabsichtigte Minderung der NOx- Emissionen bei Weitem nicht erreichen; insbesondere die im Jahr 2013 auf den Markt gelangten Kraftfahrzeuge dieser Schadstoffklasse würden zum Teil ähnlich hohe, in Einzelfällen sogar höhere Realemissionen verursachen, als sie im „Handbuch Emissionsfaktoren für städtische Fahrbedingungen“ im Mittel für Euro-5-Fahrzeuge angegeben würden (Seite 9 der LAI-Ausarbeitung). Was den NO2-Ausstoß anbetreffe (hierauf kommt es, wie der Verwaltungsgerichtshof ergänzend anmerkt, von Rechts wegen ausschließlich an), so könne „anhand der derzeitigen Datenlage keine gesicherte Schlussfolgerung in Richtung eines relevanten Rückgangs des NO2- Anteils am NOx im Abgas von Euro-6-Fahrzeugen gezogen werden“ (Seite 10 der LAI-Ausarbeitung).

4.1.3 Wissen um die Auswirkungen von Verkehrsbeschränkungen und -verboten für Dieselfahrzeuge

Aufgrund eigener Sachkunde in der Lage ist der Beklagte darüber hinaus schließlich, die Auswirkungen von Maßnahmen zu bewerten, die der Bekämpfung unzulässig hoher Stickstoffdioxidkonzentrationen in der Luft dienen. So hat das Bayerische Landesamt für Umwelt in Abschnitt 6 der Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“ detailgenau aufgezeigt, wie sich ein Ausschluss (bestimmter Arten) derartiger Fahrzeuge von der Benutzung der Landshuter Allee auf die dortige NO2-Konzentration auswirken würde. Dass diese Behörde die Konsequenzen bestimmter Maßnahmen für die Belastung der Luft mit Schadstoffen exakt zu quantifizieren vermag, zeigt ferner die Stellungnahme, die das Bayerische Landesamt für Umwelt am 22. August 2012 gegenüber der Regierung von Oberbayern zu der Frage abgegeben hat, wie sich eine Verlängerung von Lärmschutzwänden, die Einführung von Geschwindigkeitsbeschränkungen sowie der Stufen 1 bis 3 der Umweltzone auf die NO2- und PM10-Belastung an der BAB 96 in München- Laim auswirken würden.

4.1.4 Wissen um die Problematik der rechtlichen Zulässigkeit insbesondere von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Das Ausmaß der innerhalb des öffentlichen Dienstes vorhandenen Sachkunde dokumentiert sich u. a. in den im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eingereichten Schriftsätzen der Landesanwaltschaft Bayern, in denen die - vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund eigener Rechtsüberzeugung geteilten - Bedenken aufgezeigt wurden, die u. U. dagegen sprechen, dass sich Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge bereits mit dem gegenwärtig zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung in zweifelsfrei rechtskonformer Weise verlautbaren lassen.

4.2 Keine hinreichende Eignung der im eingeholten Gutachten in Aussicht genommenen Vorschläge zur Zielerreichung.

Bereits der Entwurf des zweiten Zwischenberichts des Gutachtens, das in Umsetzung der Maßnahme M 1 aus der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München eingeholt wurde, rechtfertigt darüber hinaus die Aussage, dass diese Ausarbeitung keine Beiträge enthalten wird, auf die sich der Beklagte stützen könnte, um dem Urteil vom 9. Oktober 2012 jedenfalls jetzt nachzukommen.

Der Entwurf eines zweiten Zwischenberichts des Sachverständigenbüros diskutiert in seinem Abschnitt 6 drei - jeweils in mehreren Varianten betrachtete - Maßnahmen, durch die sich die Stickstoffdioxidbelastung in Teilen des Gebiets der Beklagten verringern lasse. Keiner dieser Ansätze kann indes als hinreichend geeignet angesehen werden, das zu vollstreckende Urteil umzusetzen.

4.2.1 Keine hinreichende Eignung von Dosierungen des Verkehrszuflusses

Ausweislich der Ausführungen auf Seite 24 will der Entwurf des zweiten Zwischenberichts eine Dosierung des Verkehrszuflusses in (nicht exakt bezeichnete) zentrale oder zentrumsnahe Bereiche des Stadtgebiets der Beigeladenen durch „eine Erhöhung von Widerständen an Knoten“ erreichen. Da auf Seite 25 der gleichen Ausarbeitung von einer Erhöhung des „Widerstands“ für in bestimmte Richtungen fahrende Verkehrsteilnehmer an der Kreuzung der Prinzregenten Straße und des Leuchtenbergrings um 15 Sekunden die Rede ist und im Anschluss daran (Abschnitt 6.1.2 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts) untersucht wird, wie sich eine Erhöhung der Abbiegewiderstände an allen Knotenpunkten im Verlauf der Prinzregenten Straße auf die verkehrliche Frequentierung dieser Straße auswirken würde, kann als gesichert gelten, dass das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro insoweit eine Verlängerung der Rotphasen von Lichtsignalanlagen in Erwägung gezogen hat.

Der Entwurf des zweiten Zwischenberichts räumt in Abschnitt 6.1.1 selbst ein, dass der Erfolg einer solchen Maßnahme, würde sie sich nur auf eine einzige Lichtsignalanlage im Verlauf der untersuchten Prinzregenten Straße beschränken, „sehr gering“ bliebe, da sich der Verkehr alsdann zum größten Teil auf die Einstein Straße verlagern würde, die ihrerseits bereits hohe Immissionswerte aufweise. Eingangs des Abschnitts 6.2 hält die gleiche Ausarbeitung ferner fest, eine gezielte Zuflussdosierung, die einen gesamten Streckenzug umfasse, würde gleichfalls „nur eine kleinräumige Entlastung“ bewirken; würden die Rotphasen entlang der gesamten Prinzregenten Straße verlängert, wäre die ganze Einstein Straße bis zum Max-Weber Platz von einer Verkehrsverlagerung betroffen (Entwurf des zweiten Zwischenberichts, Seite 26).

Ein derartiges Ausweichverhalten der motorisierten Verkehrsteilnehmer könnte nach Auffassung des vom Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros verhindert werden, wenn die „Widerstände“ an allen Knotenpunkten der Straßen, die radial auf den Mittleren Ring zulaufen, verlängert würden; dies zöge eine gleichmäßige Erhöhung der Reisezeit nach sich, ohne dass schnellere Alternativrouten zur Verfügung stünden. Im Entwurf des zweiten Zwischenberichts wird angenommen, dass durch eine derartige „gleichmäßige Erhöhung der Reisezeit der motorisierte Individualverkehr (MIV) unattraktiver wird und dies zu einer Reduktion des Kfz-Verkehres führt“ (Seite 29 dieser Ausarbeitung). Dass dieser Effekt zeitnah eintritt, ist allerdings sehr unsicher.

4.2.2 Keine hinreichende Eignung einer Sperrung der Altstadt der Beigeladenen für Kraftfahrzeuge

Nicht zielführend ist der Ansatz, das gesamte innerhalb des Altstadtrings der Beigeladenen liegende Gebiet für Kraftfahrzeuge (generell oder für solche bestimmter Art) zu sperren, wie dies das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro in Abschnitt 6.4 des Entwurfs seines zweiten Zwischenberichts zur Diskussion stellt.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die für Stickstoffdioxid geltenden Immissionsgrenzwerte an keiner einzigen innerhalb des Altstadtrings liegenden Straße überschritten werden. Der Beklagte hat in die Anlage 2 zur fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München als Abbildungen A 2/1 und A 2/2 grafische Darstellungen aufgenommen, aus denen hervorgeht, wie hoch Hauptverkehrsstraßen im Gebiet der Beigeladenen nach dem Ergebnis eines Screenings, das im Jahr 2010 im Rahmen der „Machbarkeitsstudie Umweltorientiertes Verkehrsmanagement München - Simulationsstudie“ durchgeführt worden sei, im Jahresmittel mit Stickstoffdioxid belastet sind. Die innerhalb des Altstadtrings liegende Fläche des Stadtgebiets weist keine einzige einschlägige Eintragung auf. Ebenfalls keine einzige innerhalb des Altstadtrings liegende Straße enthält ferner die Tabelle 4-2, die Bestandteil der vorerwähnten Simulationsstudie ist; in ihr werden diejenigen Straßenabschnitte aufgeführt, die im Gebiet der Beigeladenen die höchste NO2-Gesamtbelastung aufweisen. Sollten an einzelnen Straßen innerhalb der Altstadt gleichwohl Überschreitungen des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzten Grenzwerts festzustellen sein, so spräche angesichts der geringen Frequentierung der Altstadt durch Lastkraftwagen (vgl. dazu S. 39 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts des beauftragten Sachverständigenbüros) sowie angesichts der wegen der zahlreichen dort befindlichen, ausgedehnten Fußgängerzonen und des fehlenden Durchgangsverkehrs nicht besonders hohen Verkehrsbelastung dieses Stadtteils nichts dafür, dass es sich um ein flächenhaft auftretendes Problem handelt.

Zwar erhofft der Entwurf des zweiten Zwischenberichts als Folge einer Sperrung der Altstadt der Beigeladenen eine Verkehrsentlastung des Altstadtrings selbst, auf dem es abschnittsweise (wie z.B. am Stachus) zu Überschreitungen des Immissionsgrenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV kommt, sowie wesentlicher radialer Zufahrtsstrecken zur Altstadt, für die ausweislich der vorerwähnten Tabelle 4-2 partiell der gleiche Befund gilt. Es fehlt jedoch jede - auch nur ansatzweise - Begründung dafür, dass es mangels anderweitiger Handlungsalternativen geboten und verhältnismäßig ist, den Bewohnern der Altstadt und den dort ansässigen Gewerbebetrieben jene Belastungen aufzuerlegen, die mit einem Benutzungsverbot für Kraftfahrzeuge einhergehen, um hinsichtlich des Altstadtrings sowie in Bezug auf außerhalb der Altstadt liegende, auf sie zuführende Straßen eine Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung zu erzielen.

4.2.3 Keine hinreichende Eignung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge auf dem gesamten Mittleren Ring und der ganzen hiervon umschlossenen Fläche

Der im Entwurf des zweiten Zwischenberichts erörterte Vorschlag, auf und innerhalb des Mittleren Rings ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge zu erlassen, geht von dem zutreffenden Ansatz aus, dass sich Maßnahmen zur Bekämpfung unzulässig hoher NO2-Konzentrationen gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ganz vorrangig gegen den Verkehr mit Dieselfahrzeugen zu richten haben, da diese Emissionsquelle nach dem Vorgesagten im weitaus größten Umfang zur Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid beiträgt. Unzureichend ist jedoch der räumliche Ansatz, den das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro insoweit gewählt hat.

Der Vorschlag greift insofern eindeutig zu kurz, als er von Maßnahmen hinsichtlich des außerhalb des Mittleren Rings liegenden Stadtgebiets vollständig absieht. Dies stellt deshalb keine pflichtgemäße Erfüllung des Urteils vom 9. Oktober 2012 dar, weil diese Entscheidung eine Änderung des Luftreinhalteplans dahingehend verlangt, dass die einschlägigen Immissionsgrenzwerte „im [gesamten] Stadtgebiet von München“ schnellstmöglich eingehalten werden, und der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzte Immissionsgrenzwert auch außerhalb des Mittleren Rings überschritten wird. Aus der Abbildung A 2/1, die sich in der Anlage 2 zur fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München findet, geht hervor, dass die danach höchstzulässige Konzentration für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nach dem im Jahr 2010 durchgeführten Screening u. a. an zahlreichen Straßen im Stadtteil Milbertshofen, einigen Straßen im Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl (namentlich an der Dülfer Straße) sowie an Teilen der Verdi- und der Fürstenrieder Straße überschritten wurde. Soweit das seinerzeitige Screening zu einer Nichteinhaltung des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV auch für wesentliche Teile des Ortszentrums von München-Pasing gelangte, erscheint es vorstellbar, dass dieser Befund als Folge der insoweit geschaffenen Umfahrungsstrecke ganz oder partiell gegenstandslos geworden sein könnte. Im Übrigen muss jedoch nicht zuletzt deshalb von der prinzipiellen Fortdauer dieser rechtswidrigen Zustände ausgegangen werden, weil die Messungen, die im Herbst 2016 im Auftrag der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Gebiet der Beigeladenen durchgeführt wurden, bestätigt haben, dass die höchstzulässige Jahresmittelwertkonzentration an Stickstoffdioxid auch außerhalb des Mittleren Rings an mehreren Stellen überschritten wird. Aus dem Entwurf des hierüber vorbereiteten Berichts, den der Kläger als Anlage zum Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10. Februar 2017 in das Vollstreckungsverfahren eingeführt hat, geht hervor, dass u. a. an der Verdi- und der Dülfer Straße ein höherer NO2- Jahresmittelwert als 40 µg/m³ gemessen worden sei; gleiches gelte für einen Abschnitt der Dachauer Straße im Bereich des Stadtteils Moosach.

5. Rechtskonform ausgestaltete Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge als einzige dem zu vollstreckenden Urteil gerecht werdende Handlungsmöglichkeit

Aus einer zusammenschauenden Würdigung des Vorgesagten folgt, dass dem Beklagten andere Möglichkeiten als eine Verringerung der Zahl der Dieselfahrzeuge, die auf den zu hoch mit Stickstoffdioxid belasteten Straßen bzw. in ihrem nächsten Umgriff verkehren, nicht zur Verfügung stehen, um das durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 vorgegebene Ziel - wie geschuldet - schnellstmöglich zu erreichen. Auf den Umstand, dass „nur eine drastische Reduktion der Fahrzeugmenge … eine deutliche Verbesserung der Situation bewirken“ kann, hat der Beklagte auf Seite 19 der Beschwerdebegründung vom 29. Juli 2016 selbst hingewiesen. Dies trifft mit der Einschränkung zu, dass mit dahingehenden Maßnahmen gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zumindest in erster Linie die Halter und Fahrer von Dieselfahrzeugen in die Pflicht zu nehmen sind.

5.1 Keine ausreichende Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils durch Maßnahmen zur Verbesserung des Emissionsverhaltens von Dieselfahrzeugen

Als weitere Handlungsoption hat der Beklagte in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorstehenden Zitat eine Verbesserung des Emissionsverhaltens von Kraftfahrzeugen (insbesondere solchen mit Dieselantrieb) erwähnt. Das trifft insofern fraglos zu, als eine drastische Reduzierung des NO2-Ausstoßes von Fahrzeugen mit Selbstzündungsmotor den effizientesten und - im Vergleich zu Verkehrsverboten - zugleich deutlich weniger stark in Freiheitsrechte Betroffener eingreifenden Lösungsansatz darstellen würde. Der Annahme, der Beklagte könne dem Urteil vom 9. Oktober 2012 durch diesbezügliche Schritte gerecht werden, steht indes entgegen, dass ihm keinerlei Regelungsbefugnisse zustehen, mit deren Hilfe er auf den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen Einfluss zu nehmen vermag.

Es käme deshalb in Vollzug des Urteils vom 9. Oktober 2012 lediglich in Betracht, dass der Beklagte sich in einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans selbst verpflichtet, seinen eigenen Fuhrpark sowie den Fahrzeugbestand von Rechtssubjekten des Privatrechts, auf die er einen dahingehenden Einfluss auszuüben vermag (d. h. vor allem staatlicher Eigengesellschaften), schnellstmöglich mit Fahrzeugen auszustatten, die ein optimales NO2-Emissionsverhalten aufweisen. Der Annahme, der Beklagte könne auf diese Weise das zu vollstreckende Urteil erfüllen, ohne zusätzliche, einschneidendere Maßnahmen zu ergreifen, steht jedoch bereits der - gemessen am Gesamtbestand - nicht ins Gewicht fallende Anteil staatseigener Fahrzeuge im Raum München entgegen.

Die Aufnahme von Umstellungsmaßnahmen der vorbezeichneten Art in Bezug auf den Fuhrpark der Beigeladenen und derjenigen Privatrechtssubjekte, auf die die Beigeladene diesbezüglich Einfluss auszuüben vermag (dazu gehören vor allem ihre Stadtwerke), würde voraussetzen, dass die Beigeladene entweder von sich aus hierzu bereit wäre oder der Beklagte eine solche Umrüstung ihr gegenüber erzwingen könnte. Denn auch insoweit kommt dem Gesichtspunkt Bedeutung zu, dass wegen der aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG folgenden Verpflichtung, in Luftreinhaltepläne aufgenommene Maßnahmen auch tatsächlich zu realisieren, ihre rechtliche und tatsächliche Umsetzbarkeit gesichert sein muss.

Ob zumindest eine der vorgenannten Voraussetzungen erfüllt ist, kann in vorliegendem Zusammenhang auf sich beruhen. Der Bejahung einer Verpflichtung der Beigeladenen zu einer forcierten Umstellung ihres Fahrzeugbestands steht jedenfalls entgegen, dass gegenwärtig für zahlreiche Kommunalfahrzeuge (namentlich für solche, die eine hohe Masse aufweisen, wie das z.B. im Bereich der städtischen Verkehrsbetriebe, der Müllabfuhr und der Feuerwehr der Fall ist) andere ausgereifte Antriebstechniken als Dieselmotoren noch nicht zur Verfügung stehen.

5.2 Fehlende Eignung einer Erweiterung der im Gebiet der Beigeladenen bestehenden Umweltzone zur ausreichenden Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils

Rechts- und ermessensfehlerfrei hat der Beklagte vor diesem Hintergrund auch davon abgesehen, in den Luftreinhalteplan für die Stadt München die Verpflichtung der Beigeladenen aufzunehmen, diejenigen Straßenabschnitte in ihrem Stadtgebiet, an denen Überschreitungen der Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV zu verzeichnen sind, zu Umweltzonen im Sinn von § 45 Abs. 1f StVO zu erklären. Selbst dann nämlich, wenn in eine solche Zone nur Fahrzeuge mit grüner Plakette einfahren dürfen, wäre eine derartige Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung dieser Grenzwerte ungeeignet. Denn die grüne Plakette erhalten Dieselfahrzeuge dann, wenn sie die Anforderungen der Euro-4-Norm/Euro-IV-Norm erfüllen oder sie zwar nur der Euro-3-Norm/Euro-III-Norm genügen, jedoch mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind (vgl. dazu Seite 19 der vierten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München sowie Knauff in GK-BImSchG, Stand September 2011, § 40 Rn. 46). Dieselfahrzeuge, die der Euro-4-Norm/Euro-IV-Norm unterfallen, weisen im Vergleich aller Schadstoffgruppen jedoch den bei weitem höchsten NO2-Ausstoß auf (vgl. z.B. die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, Seite 27 Abbildung 2/14).

5.3 Materielle Rechtmäßigkeit und Vollziehbarkeit von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Als verbleibende Handlungsoption, um dem Urteil vom 9. Oktober 2012 gerecht zu werden, steht dem Beklagten mithin allein die Möglichkeit zu Gebote, die Zahl der Dieselfahrzeuge zu verringern, die auf den von NO2-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen verkehren.

Die Zuständigkeit, die zu diesem Zweck erforderlichen Verkehrsverbote für solche Fahrzeuge zu erlassen und die in Zusammenhang damit erforderlichen Ausnahmen zu genehmigen, liegt entweder nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 11 ZustGVerk bei der Beigeladenen als örtlicher oder gemäß Art. 4 Abs. 1 ZustGVerk bei ihr als unterer Straßenverkehrsbehörde. Da die Beigeladene insoweit im übertragenen Wirkungskreis handelt (vgl. Art. 6 Satz 1 ZustGVerk), kann ihr der Beklagte gemäß Art. 109 Abs. 2 GO - vorbehaltlich der sich aus Art. 109 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GO ergebenden Einschränkungen - Vorgaben auch hinsichtlich der Ausübung eines ihr insoweit ggf. verbleibenden Ermessens erteilen.

Jedenfalls in Gestalt der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG steht der Beigeladenen eine Befugnisnorm zu Verfügung, um Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge nach ihrer Aufnahme in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans durch den Erlass dahingehender straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen umzusetzen. Ob derartige Anordnungen zusätzlich auf § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO gestützt werden können, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Vertiefung.

-Bei methodisch korrekter Vorgehensweise, die den einzelnen, unzulässig hoch mit Stickstoffdioxid belastete Straßenabschnitt zum Ausgangspunkt der Prüfung nimmt, ob dort ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich seines räumlichen, sachlichen und zeitlichen Umfangs erforderlich, geeignet und angemessen ist, und bei der die gleichen Prüfungsschritte dann vorgenommen werden, wenn ein solches Verkehrsverbot auf andere, selbst nicht von NO2- Grenzwertüberschreitungen betroffene Straßen(abschnitte) erstreckt werden soll, kann nicht davon gesprochen werden, derartige Eingriffe in den Straßenverkehr seien von vornherein unverhältnismäßig. Denn die damit einhergehenden - ggf. erheblichen - Beschränkungen grundrechtlich verbürgter Freiheiten von Verkehrsteilnehmern müssen in Relation zu der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der betroffenen Anwohner gesetzt werden, die aus unzulässig hohen Stickstoffdioxidkonzentrationen resultiert. Angesichts der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt (vgl. zum Rang des menschlichen Lebens als oberstem Verfassungswert BVerfG, U.v. 25.2.1975 - 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 - BVerfGE 39, 1/42; U.v. 15.2.2006 - 1 BvR 357/05 - BVerfGE 115, 118/152), wird von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitten) deshalb allenfalls in atypisch gelagerten Ausnahmefällen vollständig abgesehen werden dürfen.

Entgegen dem Vorbringen des Beklagten kann auch nicht davon gesprochen werden, ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge sei deshalb ungeeignet (und damit rechtswidrig), weil sich seine Einhaltung nicht überwachen lasse. Die Überwachung mag teilweise aufwändig oder nur weitmaschig möglich sein. Dass sie ihre Wirkung wesentlich verfehlen würde, ist nicht nachvollziehbar. Da praktisch alle schweren Nutzfahrzeuge ab einer gewissen Größenordnung mit Dieselmotoren ausgestattet sind, können sie bei polizeilichen Verkehrskontrollen, die auf einer von einem solchen Verbot betroffenen Straße stattfinden, gezielt angehalten und daraufhin überprüft werden, ob sie ggf. unter eine Ausnahme von einem derartigen Verkehrsverbot fallen. Aber auch kleinere Nutzfahrzeuge sowie bestimmte Arten bzw. Typen von Personenkraftwagen verfügen derart häufig über Dieselantrieb, dass sie gezielt kontrolliert werden können. Zudem entspricht es verbreiteter polizeilicher Praxis, zum Zwecke der Verkehrskontrollen eine „Langsamfahrstelle“ einzurichten; Dieselfahrzeuge werden sich hierbei vielfach bereits durch ihr Motorengeräusch oder durch einschlägige auf dem Fahrzeug angebrachte Modellbezeichnungen („TDI“ o.ä.) identifizieren lassen. Unabhängig von alledem hat nach § 11 Abs. 6 FZV jeder Fahrer eines Kraftfahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil I mit sich zu führen und sie zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen; die vom jeweiligen Fahrzeug benötigte Kraftstoffart ist aus der Eintragung im Feld P3 dieses Dokuments ersichtlich.

6. Derzeit noch bestehende rechtliche Ungewissheiten im Zusammenhang mit Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Obwohl der Beklagte nach alledem das Urteil vom 9. Oktober 2012 bisher nicht ausreichend befolgt hat, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof gehindert, die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Androhung der Festsetzung eines Zwangsgelds für den Fall zu bestätigen, dass der Beklagte den Luftreinhalteplan für die Stadt München nicht bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 durch Aufnahme desjenigen Handlungsinstruments (nämlich von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge) fortschreibt, durch das allein er nach dem Vorgesagten dem Rechtsbefehl gerecht werden kann, der ihm durch das zu vollstreckende Urteil erteilt wurde. Denn im Hinblick auf die sich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebende Pflicht, derartige Verkehrsverbote auch tatsächlich anzuordnen, darf eine solche Zwangsmittelandrohung nur ergehen, wenn bereits jetzt die Rechtmäßigkeit auch der Handlungen, die die öffentliche Verwaltung im Vollzug eines solchen Plans vorzunehmen hätte, in jeder Hinsicht zweifelsfrei feststünde. Diesbezügliche Bedenken bestehen zum einen hinsichtlich der Frage, ob das geltende Recht ausreichende Befugnisnormen bereithält, um in allen Fällen, in denen das ggf. geboten ist, Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge rechtskonform zulassen zu können (6.1). Vor allem aber ist zweifelhaft, ob solche Verbote mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung einwandfrei bekanntgegeben werden können (6.2).

6.1 Erforderlichkeit und rechtliche Bewältigung von Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Die Verpflichtung, die dem Beklagten durch das zu vollstreckende Urteil auferlegt wurde, schließt es nicht aus, Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zuzulassen, sofern das nachweislich erforderlich ist, damit eine solche Maßnahme ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angeordnet werden kann, und auch unter Berücksichtigung der jeweils bewilligten Ausnahme(n) zugunsten der Anwohner das im konkreten Fall höchstmögliche Schutzniveau gewahrt bleibt.

Dass partiell Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge unumgänglich sein werden, erscheint im Hinblick darauf nicht zweifelhaft, dass mit derartigen Fahrzeugen zum Teil Transportbedürfnisse abgewickelt werden, die von derart großer Bedeutung für die Allgemeinheit sind, dass das lückenlose Unterbleiben derartiger Verkehrsvorgänge auf von einem einschlägigen Verbot betroffenen Straßen u. U. nicht ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht gefordert werden kann. In den Blick zu nehmen sind insbesondere die Fälle, in denen für einen Beförderungsvorgang weder andere Verkehrsmittel als Dieselfahrzeuge noch Alternativstrecken zur Verfügung stehen. Nicht von vornherein ausschließbar erscheint es ferner, dass aus den gleichen Gründen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auch im Individualinteresse geboten sein könnten. Angesichts der herausgehobenen Bedeutung, die den Schutzgütern „menschliches Leben und menschliche Gesundheit“ nach der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt, werden Ausnahmen freilich stets nur dann rechtsfehlerfrei zugelassen werden können, wenn sich das betroffene Allgemein- oder Einzelinteresse gegen den aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzanspruch der von unzulässig hohen Stickstoffdioxidbelastungen betroffenen Straßenanwohner durchsetzen kann. Sofern danach Durchbrechungen eines solchen Verkehrsverbots dem Grunde nach in Betracht kommen, werden sie ggf. in gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht zu begrenzen sein.

Dass an die Zulassung von Ausnahmen von einschlägigen Verkehrsverboten ein strenger Maßstab anzulegen ist, zeigt § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG, der derartige Sonderregelung selbst dann, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert, von unaufschiebbaren und überwiegenden Gründen abhängig macht. Ein ebenfalls gemeinwohlbezogener Ansatz liegt der ersten Alternative des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV zugrunde. Sollte ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge unzumutbare Folgen ausschließlich zu Lasten Einzelner zeitigen, würde die zweite Alternative der letztgenannten Vorschrift dann ausreichende Möglichkeiten eröffnen, um einer solchen Fallgestaltung Rechnung zu tragen, wenn „von und zu bestimmten Einrichtungen“ stattfindende Verkehrsvorgänge inmitten stehen. Denn § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV ist so aufgebaut, dass sich die im Vordersatz dieser Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale auf die beiden im Anschluss daran normierten Fallgestaltungen beziehen.

Nicht zweifelsfrei erscheint demgegenüber, ob das geltende Recht eine Befugnisnorm zur Verfügung stellt, um Ausnahmen von einem Verkehrsverbot auch dann zulassen zu können, wenn eine solche Entscheidung im ausschließlichen überwiegenden Individualinteresse erforderlich sein sollte, die begünstigten Fahrten jedoch nicht „von und zu bestimmten Einrichtungen“ führen, wie § 1 Abs. 2 der 35. ImSchV das voraussetzt. Derartige Fallgestaltungen ließen sich zwar unschwer durch Rückgriff auf die allgemeine Ausnahmevorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO lösen. Es ist indes nicht zweifelsfrei, ob diese Bestimmung auf Verkehrsverbote anwendbar ist, die ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG finden. Für Verkehrsverbote, wie sie in Umweltzonen im Sinn von § 45 Abs. 1f StVO gelten, hat dies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (B.v. 8.12.2009 - OVG 11 S. 50.09 - juris Rn. 9) unter Hinweis auf den aus seiner Sicht abschließenden Charakter der in § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV eröffneten Ausnahmemöglichkeiten ausdrücklich verneint; die engen tatbestandlichen Bestimmungen dieser Normen dürften nicht durch die in § 46 Abs. 1 und 2 StVO enthaltenen, weitgefassten Ausnahmevorschriften unterlaufen werden.

Diesen Erwägungen lässt sich sachliches Gewicht nicht absprechen. Andererseits dürfen Maßnahmen, die der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie der Durchsetzung des Geltungsanspruchs der Richtlinie 2008/50/EG und der dort normierten Immissionsgrenzwerte auch in der Bundesrepublik Deutschland dienen, schlechthin nicht daran scheitern, dass die deutsche Rechtsordnung u. U. nicht für alle Härtefälle, die in diesem Zusammenhang zu bewältigen sein können, hinreichende Ausnahmevorschriften bereithält. Auch bestünde die Gefahr der Umgehung des § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV dann nicht, wenn § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO in der Verwaltungspraxis nur in den Fällen herangezogen würde, in denen ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge ohne Zulassung einer Ausnahme im Einzelfall eine Härte nach sich zöge, die ihrerseits nicht mehr als verfassungskonform angesehen werden könnte, die beiden erstgenannten Bestimmungen indes tatbestandlich nicht einschlägig sind.

Angesichts des vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 8. Dezember 2009 (OVG 11 S. 50.09 - juris Rn. 9) eingenommenen Standpunkts käme einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO auch hinsichtlich solcher Verkehrsverbote für anwendbar erklären würde, die sich auf § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG stützen, wohl grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. In einem Hauptsacherechtsstreit, in dem sich diese Frage in entscheidungserheblicher Weise stellt, wäre wegen ihrer Bedeutung für den Verwaltungsvollzug die Zulassung der Revision in Erwägung zu ziehen. Es erschiene vor diesem Hintergrund nicht angemessen, würde sich der Verwaltungsgerichtshof in einem Vollstreckungsverfahren, in dem eine Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen ist, in einer an der Rechtskraft seines Beschlusses teilnehmenden Weise zu der inmitten stehenden Problematik äußern.

Muss die Frage, ob das geltende Recht ausreichende Instrumente zur Verfügung stellt, um in allen Fällen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zulassen zu können, in denen das zur Vermeidung verfassungswidriger Härten u. U. geboten ist, derzeit aber als offen angesehen werden, so scheidet bereits aus diesem Grund eine unveränderte Bestätigung des angefochtenen Beschlusses aus. Denn da der Beklagte - wie aufgezeigt - dem zu vollstreckenden Urteil nur durch den Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge nachkommen kann, würde ihm ein ggf. rechtswidriges Verhalten abverlangt, wollte man ihn als verpflichtet ansehen, derartige Verbote bereits zu einem Zeitpunkt in die geschuldete Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufzunehmen, in dem noch ungeklärt ist, ob von derartigen Verboten in allen erforderlichen Konstellationen ggf. notwendige Ausnahmen zugelassen werden können.

6.2 Ungeklärte Möglichkeit einer rechtskonformen Bekanntgabe von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge sowie gruppenbezogener Ausnahmen hiervon

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ergehen auch Verkehrsverbote und -beschränkungen, die immissionsschutzrechtlichen Zielsetzungen dienen, „nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften“. Unabhängig davon, ob darin eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung auf das Straßenverkehrsrecht liegt, folgt aus dieser Vorschrift, dass die öffentliche Verwaltung bei einschlägigen Maßnahmen auf das Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts beschränkt ist.

Nach § 45 Abs. 4 Halbs. 1 StVO dürfen die in § 45 Abs. 3 StVO genannten Behörden (d.h. die Straßenverkehrs- und die Straßenbaubehörden) den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken. Es spricht alles dafür,

dass auch die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen dieser Bindung unterliegen, da - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden.

Da die Straßenverkehrs-Ordnung kein der Verlautbarung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge dienendes Verkehrszeichen kennt, ist eine rechtskonforme Bekanntgabe derartiger Verbote derzeit nur möglich, wenn sich eine dahingehende behördliche Anordnung mittels des vorhandenen Zeichenbestandes (unter Einschluss von Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt) in einer Weise zum Ausdruck bringen lässt, die den straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen genügt. Das setzt voraus, dass der objektive Aussagegehalt des Verkehrszeichens (bzw. der Kombination aus - ggf. mehreren - Verkehrs- und Zusatzzeichen) zum einen eindeutig ist und eine solche Beschilderung zum anderen so übersichtlich gestaltet werden kann, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.).

6.2.1 Bekanntgabe mittels des Zeichens 251 und eines Zusatzzeichens

Der Kläger schlägt zum einen vor, ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit Hilfe des Zeichens 251 der Straßenverkehrs-Ordnung unter Beifügung des Zusatzschilds „gilt nur für Diesel“ (oder mittels eines ähnlichen Texts) zu verlautbaren. Durch ein solches Zusatzzeichen würde eine allgemeine Beschränkung des durch das Zeichen 251 kundgemachten Verbots zum Ausdruck gebracht; dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu. Ebenfalls rechtmäßig wäre bei einer auf den Wortlaut der letztgenannten Bestimmung beschränkten Betrachtungsweise ein Zusatzzeichen, aus dem sich ergäbe, dass alle Kraftfahrzeuge, die über einen anderen Antrieb als einen Dieselmotor verfügen, von dem Verbot ausgenommen sind.

Dahinstehen kann, ob dem Einwand des Beklagten zu folgen ist, durch ein solches Zusatzschild werde angesichts des weitreichenden Umfangs der hierdurch bewirkten Beschränkung des Geltungsanspruchs des prinzipiellen Verkehrsverbots für Kraftwagen aller Art (bzw. - im Fall der zweiten vom Kläger zur Diskussion gestellten Ausgestaltung des Zusatzschildes - angesichts des erheblichen Umfangs der vom normativen Regelungsgehalt des Zeichens 251 zugelassenen Ausnahmen) dessen Wesensgehalt verändert. Denn unabhängig hiervon bestünde jedenfalls das Problem, dass § 39 Abs. 3 Satz 2 StVO „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen (d.h. Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen) nur zulässt, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Eine „andere Bestimmung“ im Sinn dieser Vorschrift könnte u. U. in der laufenden Nummer 26 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung gesehen werden. Nach der Nummer 1 der dortigen, sich auf die Zeichen 250 bis 259 - und damit auch auf das Zeichen 251 - beziehenden Erläuterungen können „andere Verkehrsarten“ durch „Verkehrszeichen gleicher Art mit Sinnbildern nach § 39 Absatz 7“ StVO verboten werden. Sollten Fahrzeuge mit Dieselantrieb als eine „Verkehrsart“ im Sinn dieser Bestimmung anzusehen sein, so könnte hieraus herzuleiten sein, dass sich auf solche Fahrzeuge beziehende Verkehrsverbote nicht in der vom Kläger befürworteten Weise verlautbart werden dürften. Denn weder würde die Kombination aus dem Zeichen 251 in Verbindung mit einem Zusatzzeichen, das eine der im vorstehenden Absatz beispielhaft erwähnten Aufschriften trägt, als ein den Zeichen 250 bis 259 gleichartiges Verkehrszeichen angesehen werden können, noch würde der Regelungsgehalt einer solchen Schilderkombination ausschließlich durch Sinnbilder kundgemacht.

6.2.2 Bekanntgabe durch die Zeichen 270.1 bzw. 270.2 und ein Zusatzzeichen

Zum anderen hat der Kläger zur Diskussion gestellt, den Beginn eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge durch das Zeichen 270.1 der Straßenverkehrs-Ordnung bekanntzugeben, dessen (sich auf alle Kraftfahrzeuge erstreckender) Regelungsgehalt wiederum durch ein Zusatzzeichen „gilt nur für Dieselfahrzeuge“ eingeschränkt oder dem ein Zusatzzeichen beigefügt werden könnte, demzufolge alle Kraftfahrzeuge mit anderem als Dieselantrieb von dem durch das Zeichen 270.1 bewirkten Verkehrsverbot ausgenommen sind.

Die laufende Nummer 44 des Anhangs 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung (vgl. dort Nummer 2 Satz 2) lässt es zwar ausdrücklich zu, Ausnahmen vom Geltungsanspruch des Zeichens 270.1 durch Zusatzzeichen zu verlautbaren. Bedenken gegen die rechtliche Tragfähigkeit dieser Lösung könnten sich jedoch daraus ergeben, dass die Zeichen 270.1 und 270.2 der Straßenverkehrs-Ordnung gemäß § 45 Abs. 1f StVO zur Kennzeichnung von „Umweltzonen“ dienen, und dass diese Vorschrift von einer wohl obligatorischen Verbindung dieser Zeichen mit dem Zusatzzeichen ausgeht, dessen äußere Gestalt und dessen Regelungsgehalt sich aus der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung ergeben. Unter einer „Umweltzone“ versteht der Verordnungsgeber danach ein Gebiet, in dem die Verkehrsteilnahme für alle Kraftfahrzeuge verboten ist, die nicht über eine der auf dem Zusatzzeichen nach der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung wiedergegebenen Plaketten verfügen. Auch in der Lebenswirklichkeit sind die Zeichen 270.1 bzw. 270.2 und das in der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs- Ordnung abgebildete Zusatzzeichen wohl derart ausnahmslos miteinander verknüpft, dass nicht gewährleistet ist, jeder Verkehrsteilnehmer, der sich mit der vom Kläger vorgeschlagenen, hiervon abweichenden Zeichenkombination konfrontiert sieht, werde den Bedeutungsgehalt der so kundgemachten Regelung innerhalb der kurzen Zeit zweifelsfrei erfassen, in der dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung für einen durchschnittlichen Kraftfahrer möglich sein muss (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.).

6.2.3 Bekanntgabe ggf. erforderlicher gruppenbezogener Ausnahmen

Ebenfalls nicht gesichert ist, ob sich mit dem vorhandenen Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung solche Ausnahmen von einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge rechtskonform bekanntgeben lassen, bei denen sich der Kreis der Begünstigten nur nach abstrakt-generellen Kriterien umschreiben lässt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag gegenwärtig nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit Vorgaben der Rechtsordnung, die schwerer wiegen als das Gebot der lückenlosen Geltung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge, geboten sein könnte, bestimmten Arten solcher Fahrzeuge die Verkehrsteilnahme auf für sie grundsätzlich gesperrten Straßen zu gestatten oder Fahrten zu bestimmten Zielen innerhalb des gesperrten Bereichs bzw. aus bestimmten Anlässen zuzulassen, ohne dass die Halter oder Fahrer solcher Fahrzeuge stets in der Lage sind, hierfür bei der Beigeladenen einzelfallbezogene oder eine Mehrzahl von Verkehrsvorgängen erfassende, durch Bescheid zu erteilende Ausnahmegenehmigungen zu beantragen. Ob all diese „gruppenbezogenen“ Ausnahmen - auch soweit nach dem Vorgesagten hierfür eine materielle Rechtsgrundlage vorhanden sein sollte - auf einem (weiteren) Zusatzschild zu den Zeichen, durch die das Verkehrsverbot als solches und seine auf Dieselfahrzeuge beschränkte Geltung verlautbart werden, so eindeutig und übersichtlich wiedergegeben werden können, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann (BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.), erscheint nicht gesichert. Einer Bekanntgabe der Ausnahmen gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG stünde, sofern das Verkehrsverbot durch das Zeichen 251 kundgemacht würde, wohl § 45 Abs. 4 Halbs. 1 StVO entgegen; der dort verankerte Grundsatz, wonach die Straßenverkehrs- und die Straßenbaubehörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, gilt auch für Ausnahmen von Verkehrsverboten (BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 20 - 23); angesichts des abschließenden Charakters dieser Regelung kommt eine Verlautbarung derartiger Ausnahmen durch öffentliche Bekanntmachung nur insoweit in Betracht, als sie ausdrücklich zugelassen ist (BVerwG, U.v. 13.3.2008 a.a.O. Rn. 25).

Dies ist zwar hinsichtlich des Zeichens 270.1 (vgl. die Nummer 2 Satz 2 zur laufenden Nummer 44 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung) der Fall. Ungesichert erscheint jedoch, ob insoweit der Grundsatz eingreift, dass sich Verkehrsteilnehmer auf die Vollständigkeit einer durch Verkehrszeichen bekanntgemachten Regelung verlassen können müssen (BVerwG, U.v. 13.3.2008 a.a.O. Rn. 25). Hiermit stünde es u.U. nicht in Einklang, wenn das Verkehrsverbot als solches durch ein Verkehrs- und die Beschränkung seines Geltungsbereichs auf Dieselfahrzeuge durch ein Zusatzzeichen verlautbart würden, die hiervon geltenden Ausnahmen indes aus den aufgestellten Zeichen nicht ersichtlich wären.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt bei alledem nicht außer Betracht, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Schreiben an den Minister für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg vom 11. März 2016 und an den Oberbürgermeister der Beigeladenen vom 6. Dezember 2016 die Auffassung vertreten hat, der Geltungsanspruch des in der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung als Ergänzung zum Zeichen 270.1 vorgesehenes Zusatzzeichens lasse sich „kurzfristig“ dadurch außer Kraft setzen, dass es zeitweilig abgedeckt werde; Härtefällen könne durch eine Ausnahmegenehmigung bzw. Allgemeinverfügung Rechnung getragen werden. Diese Aussagen beziehen sich jedoch dem ausdrücklichen Wortlaut beider Schreiben zufolge auf die Fallgestaltung, dass die örtlich zuständige Behörde zu dem Ergebnis gelangt, eine vorhandene Umweltzone werde „bei besonderen witterungsbedingten Ausnahmesituationen im Einzelfall“ nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht. Die Notwendigkeit, gruppenbezogene Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge dann in rechtskonformer Weise zu verlautbaren, wenn die zu begünstigenden Verkehrsteilnehmer aus praktischen Gründen nicht auf den Weg der Beantragung einer in Bescheidsform zu erteilenden Ausnahmegenehmigung verwiesen werden können, stellt sich indes nicht nur in zeitlich eng umgrenzten Ausnahmesituationen.

-7 Auswirkungen der vorbezeichneten Zweifelsfragen auf den Umfang der derzeitigen Durchsetzbarkeit des zu vollstreckenden Urteils

Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte stellen augenscheinlich keine Hindernisse dar, die dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge schlechthin entgegenstehen. Vielmehr handelt es sich um höchstrichterlich ungeklärte Fragen, die sich anhand des geschriebenen Rechts nicht völlig eindeutig beantworten lassen.

Es kann als gesichert gelten, dass diese Zweifel innerhalb überschaubarer Zeit ausgeräumt sein werden. Nicht fernliegend erscheint es insbesondere, dass zumindest ein Teil von ihnen durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geklärt werden dürfte, das voraussichtlich auf die Sprungrevision hin ergehen wird, die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. September 2016 (3 K 7695/15 - juris) eingelegt wurde. Denn das Verwaltungsgericht hat eine Kundgabe von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge mittels des Zeichens 251 und eines Zusatzzeichens, das den Geltungsanspruchs des durch dieses Zeichen verlautbarten Verkehrsverbots für Kraftwagen auf Dieselfahrzeuge beschränkt, ausdrücklich als zulässig angesehen.

Sollte durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgezeigt werden, dass dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge derzeit Hindernisse entgegenstehen, die sich daraus ergeben, dass das deutsche Recht gegenwärtig kein ausreichendes Instrumentarium zu ihrer Bekanntgabe zur Verfügung stellt, so wäre gleichfalls damit zu rechnen, dass dieser Mangel innerhalb überschaubarer Zeit behoben wird. Denn es ist sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Richtlinie 2008/50/EG unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, als auch im Licht des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen, dass die zu diesem Zweck alternativlos gebotenen Schutzmaßnahmen deswegen unterbleiben, weil die derzeit gültige Fassung der Straßenverkehrs-Ordnung kein Verkehrszeichen kennt, mit dessen Hilfe Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge (sowie die von ihnen ggf. geltenden Ausnahmen) kundgemacht werden können. Gleiches gälte, falls das geltende Recht keine ausreichenden Befugnisnormen dafür enthalten sollte, um sämtliche von Verfassungs wegen ggf. erforderlichen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge bewilligen zu können. Vielmehr kann als gesichert gelten, dass die zuständigen Stellen jedenfalls durch das Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission wegen der nunmehr seit dem Jahr 2010 andauernden Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt, dazu angehalten werden, die insoweit bestehenden (ohnehin nur marginalen) Defizite der inländischen Rechtsordnung zu beheben.

Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Ausgestaltung einer Zwangsgeldandrohung nach § 172 VwGO zusteht, entspricht es vor diesem Hintergrund, darauf Bedacht zu nehmen, dass die in Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge von dem Augenblick an ohne weitere Verzögerung in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufgenommen werden können, in dem die aufgezeigten Hindernisse ausgeräumt sein werden. Dies ist nur dann gesichert, wenn der Beklagte in jenem künftigen Zeitpunkt über ein Konzept verfügt, aus dem sich ergibt, in Bezug auf welche Straßen im Stadtgebiet der Beigeladenen, an denen es zu Überschreitungen des in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Immissionsgrenzwerts kommt, er Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan für München aufnehmen wird, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, die im Jahresmittel unzulässig hoch mit Stickstoffdioxid belastet sind, er von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots in den Luftreinhalteplan mit welcher Begründung abzusehen gedenkt. Vom Beklagten im Rahmen des anhängigen Vollstreckungsverfahrens die Erstellung eines solchen Konzepts als „Minus“ gegenüber der vom Verwaltungsgericht geforderten sofortigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu verlangen, ist von Rechts wegen umso mehr geboten, als zwischen der Aufnahme von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans und dem Erlass und der Bekanntgabe straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen, die solche Verbote zum Gegenstand haben, selbst bei der gebotenen unverzüglichen Umsetzung dieses Plans (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG) nochmals eine gewisse Zeitspanne vergehen wird.

7.1 Vollständige Erfassung der von einschlägigen Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitte) als notwendige erste Stufe des geschuldeten vorbereitenden Konzepts

Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Luftreinhalteplan für die Stadt München nach dem Wegfall der gegenwärtig inmitten stehenden rechtlichen Hemmnisse in der gemäß dem Urteil vom 9. Oktober 2012 geschuldeten Weise fortgeschrieben werden kann, ist das lückenlose Wissen darum, welche Straßen im Gebiet der Beigeladenen rechtswidrig hoch mit Stickstoffdioxid belastet sind. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu ausgeführt, diejenigen Hauptstraßen im Gebiet der Beigeladenen, auf denen die maximal zulässige NO2-Konzentration im Jahresmittel überschritten wird, seien bereits vollständig erfasst; hinsichtlich der Nebenstraßen bedürfe es einer solche Erfassung nicht, da erfahrungsgemäß dort keine Grenzwertüberschreitungen aufträten.

Bestandteil einer sachgerechten Vorbereitung der nach dem zu vollstreckenden Urteil geschuldeten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München ist es, dass der Beklagte dieses Straßenverzeichnis der Allgemeinheit zugänglich macht. Dies folgt bereits daraus, dass einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorauszugehen hat. Diese besitzt spätestens ab der Einleitung dieses Beteiligungsverfahrens einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, auf welchen Straßen(abschnitten) es zu Überschreitungen der einschlägigen Grenzwerte kommt, um beurteilen zu können, ob die zuständige Behörde einerseits alle betroffenen Teile der Bevölkerung in ihre Überlegungen einbezogen hat, sie andererseits aber von Maßnahmen absieht, die den motorisierten Straßenverkehr ohne sachlich rechtfertigenden Grund einschränken.

Wenn es der Verwaltungsgerichtshof vorliegend für ermessensgerecht ansieht, an der vom Verwaltungsgericht festgesetzten, am 29. Juni 2017 ablaufenden Frist hinsichtlich der geschuldete Teilhandlung „Bekanntgabe der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitte)“ festzuhalten, so ist hierfür einerseits maßgeblich, dass dem Beklagten bis zur Einleitung des Beteiligungsverfahrens nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG zwangsläufig eine längere Frist zugestanden werden muss. Denn die Durchführung der vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung setzt voraus, dass der Beklagte über ein sowohl zielführendes als auch den Vorgaben der Rechtsordnung genügendes Konzept über die näheren Modalitäten der dem Grunde nach geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge verfügt. Dies ist gegenwärtig weder der Fall noch kann die Erstellung eines solchen Konzepts selbst bei Anspannung aller Kräfte bis zum 29. Juni 2017 erwartet werden.

Nicht ermessensgerecht wäre es andererseits, es dem Beklagten zu gestatten, das Verzeichnis der Straßen, auf denen bzw. in deren Umgriff der Grenzwert nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV nicht eingehalten wird, der Allgemeinheit erst zeitgleich mit der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung zugänglich zu machen. Eine vorgezogene Bekanntgabe dieses Verzeichnisses trägt vielmehr dazu bei, den Betroffenen und der Allgemeinheit bereits vor dem Beginn des gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG erforderlichen Verfahrens einen den zuständigen Behörden vergleichbaren Kenntnisstand zu verschaffen. Sie werden damit bereits vorab in die Lage versetzt, gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, bestimmte Strecken seien zu Unrecht (nicht) in dieses Verzeichnis aufgenommen worden, da der durch § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV vorgegebene Grenzwert - nicht bzw. ebenfalls - überschritten werde. Das eigentliche Beteiligungsverfahren nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG kann auf diese Weise von Auseinandersetzungen darüber entlastet werden, in Bezug auf welche Straßen(abschnitte) ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge dem Grunde nach veranlasst ist. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb sachdienlich, weil die (Nicht-)Aufnahme von Straßen in das vorerwähnte Verzeichnis nicht auf Messungen, sondern auf Berechnungen beruht und es nicht fern liegt, dass die Richtigkeit dieser Berechnungen vor allem von dem Zeitpunkt an angezweifelt werden könnte, ab dem die Endfassung des Berichts über die Ergebnisse der Messungen vorliegt, die im Auftrag der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Gebiet der Beigeladenen durchgeführt wurden.

Wenn der Beklagte die Festsetzung eines Zwangsgeldes erst dann zu gewärtigen hat, falls er das Straßenverzeichnis nicht bis spätestens zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit zugänglich macht, so verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass dieses Verzeichnis Umweltinformationen im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG beinhaltet, hinsichtlich derer jedermann gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG verlangen kann, dass sie ihm nach Maßgabe dieses Gesetzes auch unabhängig von der vorgenannten Frist zugänglich gemacht werden. Da allein der Beklagte in zulässiger Weise Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. Juni 2016 eingelegt hat, durfte die in dieser Entscheidung gesetzte Frist jedoch auch hinsichtlich der hier inmitten stehenden Teilverpflichtung nicht zu seinen Ungunsten verkürzt werden.

7.2 Fristen für die Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung und die Erstellung der Endfassung des der Fortschreibung des Luftreinhalteplans dienenden Konzepts

Pflichtgemäßer Ermessensausübung entspricht es, die im angefochtenen Beschluss gesetzte Frist insoweit bis zum 31. August 2017 zu verlängern, als die Einleitung des Verfahrens nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG in Frage steht. Denn bis dahin muss es dem Beklagten möglich sein, die in Befolgung des Urteils vom 9. Oktober 2012 geschuldeten Überlegungen, auf welchen Straßen(abschnitten) ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit welchen Modalitäten zu erlassen ist, so weit zu konkretisieren, dass die Ergebnisse der Allgemeinheit zur Kenntnis gebracht werden können. Dies gilt zumal im Hinblick darauf, dass sich der Beklagte mit der Umsetzung der zu vollstreckenden Entscheidung bereits erheblich in Verzug befindet und der von Verfassungs wegen gebotene Schutz des Lebens und der Gesundheit der von rechtswidrigen Stickstoffdioxidimmissionen betroffenen Menschen es erfordert, zumindest die Erstellung des vorbereitenden Konzepts mit allem Nachdruck voranzutreiben, solange eine diesem Ziel dienende Fortschreibung des Luftreinhalteplans als solche nicht verlangt werden kann. Ebenfalls keinen weiteren Aufschub duldet die dem Beklagten obliegende Verpflichtung, innerhalb seines Verantwortungsbereichs jene langandauernde Verletzung des Rechts der Europäischen Union abzustellen, die in der Nichteinhaltung der sich aus der Richtlinie 2008/50/EG ergebenden Immissionsgrenzwerte liegt.

Dringlich ist aus den gleichen Gründen ferner die Erstellung jener Endfassung des ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge betreffenden Konzepts, in dem der Beklagte zum Ausdruck bringt, inwieweit er den Ergebnissen der Öffentlichkeitsbeteiligung Rechnung getragen hat. Da die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen zur vorläufigen Fassung des Konzepts gemäß § 47 Abs. 5a Satz 3 Halbs. 2 BImSchG nicht vor Mitte Oktober 2017 enden wird und u. U. mit einer großen Zahl von Äußerungen gerechnet werden muss, ist es ermessensgerecht, als Zeitpunkt für die späteste Präsentation der endgültigen Fassung des vorbereitenden Konzepts den 31. Dezember 2017 festzusetzen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene nur im zweiten Rechtszug einen Sachantrag gestellt hat, konnte sie lediglich insoweit anteilig zur Tragung der Gerichtskosten und zur teilweisen Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers herangezogen werden. Aus dem gleichen Grund war ihr auch nur hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens ein partieller Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen. Die unterschiedliche Höhe der Quoten, mit denen die Beteiligten im Vergleich der beiden Rechtszüge zueinander zur Kostentragung herangezogen wurden, rechtfertigt sich daraus, dass der Kostenanteil des Klägers hinsichtlich des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof um denjenigen Anteil zu erhöhen war, der auf die von ihm später wieder zurückgenommene Beschwerde entfällt.

Dr. Schenk Demling Ertl

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. August 2012 - 4 K 1386/12 - wird zurückgewiesen.

Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.08.2012, durch den sein Antrag, der Vollstreckungsschuldnerin „zur Erzwingung der ihr nach dem Beschluss des Senats vom 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - auferlegten unvertretbaren Handlung, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die nicht bestimmungsgemäße Nutzung (Missbrauch) des Spielplatzes in der ... durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden, ein Zwangsgeld bis zu 25.000,--EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft von bis zu 6 Monaten festzusetzen“, abgelehnt wurde, ist gemäß §§ 146, 147 VwGO zulässig; sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Vollstreckung der vom Senat mit Beschluss vom 06.03.2012 (10 S 2428/11 - VBlBW 2012, 469) erlassenen einstweiligen Anordnung auf Unterbindung der nicht bestimmungsgemäßen Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche und Erwachsene nach § 888 ZPO richtet (dazu unter 1.). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die einstweilige Anordnung nicht mangels Wahrung der einmonatigen Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO unwirksam geworden (dazu unter 2.). Dem Begehren des Vollstreckungsgläubigers steht jedoch entgegen, dass die Vollstreckungsschuldnerin die ihr im Erkenntnisverfahren auferlegten Verpflichtungen erfüllt hat (dazu unter 3.). Soweit der Vollstreckungsgläubiger einen Verstoß gegen Verfahrensrecht im erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahren durch das Verwaltungsgericht rügt, dringt er damit nicht durch (dazu unter 4.).
1. Die vom Senat mit Beschluss vom 06.03.2012 im Beschwerdeverfahren erlassene einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ist ein Vollstreckungstitel (§ 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) und vorläufig vollstreckbar. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung, die - wie hier - eine nicht vertretbare Handlungspflicht auferlegt, nach § 167 VwGO i.V.m. § 888 ZPO und nicht nach § 172 VwGO richtet. Denn § 172 VwGO ist nicht für alle Fälle der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO als abschließende Sonderregelung heranzuziehen (so auch Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2010 - 2 VO 327/08 - ThürVBl 2010, 230; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.06.2003 - 4 S 118/03 - NVwZ-RR 2004, 393; a.A. Hess.VGH, Beschluss vom 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 -ESVGH 55, 122; Pietzner/Möller in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 21. Ergänzungslieferung Juni 2011, RdNr. 18 zu § 172 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Bestimmung gilt bereits nach ihrem Wortlaut nur in den Fällen des § 113 Abs. 1 und 5 VwGO sowie des § 123 VwGO, also nur hinsichtlich der Vollstreckung von Entscheidungen im Zusammenhang mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO, die das Ergehen eines Verwaltungsaktes voraussetzen. Die gleichzeitig genannten Fälle „des § 123“ sind dementsprechend nur Fälle einstweiliger Anordnungen, die auf eine bereits erhobene oder noch zu erhebende Verpflichtungsklage bezogen sind. Eine allgemeine Leistungsklage, mit der die hier in Rede stehenden Verhaltenspflichten im Hauptsacheverfahren zu verfolgen sind, wird von § 172 VwGO indes nicht erfasst. Für die Vollstreckung von Urteilen, die auf eine allgemeine Leistungsklage hin ergangen sind, gilt bei der gebotenen engen Auslegung des § 172 VwGO nicht diese Vorschrift, sondern gemäß der Verweisung in § 167 Abs. 1 VwGO das Vollstreckungsrecht der ZPO, für den hier in Rede stehenden Fall der Erzwingung einer unvertretbaren Handlung also die Vorschrift des § 888 ZPO. § 172 VwGO stellt gerade keine allgemeine Norm für die Erzwingung behördlichen Verhaltens, sondern lediglich eine Sonderregelung für die dort genannten Fälle dar, die ausdrücklich nur die Erzwingung oder Rückgängigmachung der Folgen von Verwaltungsakten zum Gegenstand haben. Da zudem § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO ein gerade für mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgende Verhaltenspflichten taugliches Vollstreckungsinstrumentarium zur Verfügung stellt, fehlt es auch an einer ausfüllungsfähigen und -bedürftigen Lücke, die durch eine entsprechende Anreicherung des Bedeutungsgehalts des § 172 VwGO zu schließen wäre (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 29.08.2012 - 10 S 1085/12 - DÖV 2013, 40 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Um einen aus systematischen und Rechtsschutzgründen gebotenen Gleichklang von Vollstreckungen in der Hauptsache und im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu gewährleisten, sind deshalb auch im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegebene nicht vertretbare Handlungspflichten nach der zivilprozessualen Vorschrift des § 888 ZPO zu vollstrecken (vgl. hierzu eingehend Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2010 - 2 VO 327/08 - a.a.O.).
2. Zu Unrecht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsgläubiger die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO - diese Bestimmung gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO für den Erlass einstweiliger Anordnungen entsprechend - habe verstreichen lassen. Danach ist die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem diese verkündet oder dem Vollstreckungsgläubiger zugestellt wurde, ein Monat verstrichen ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht freilich angenommen, dass die Vollziehungsfrist für die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung bei der gerichtlichen Verpflichtung zum aktiven Tun bereits mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Vollstreckungsgläubiger anläuft. Soweit teilweise vertreten wird, die Monatsfrist werde unter bestimmten Voraussetzungen erst später in Gang gesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.09.1983 - 9 S 1924/83 - VBlBW 1984, 150) ist dem angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 929 Abs. 2 ZPO nicht zu folgen (vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 16.02.2009 - 4 M 463/08 - NVwZ 2009, 855; Hess.VGH, Beschluss vom 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 - a.a.O; BayVGH, Beschluss vom 13.03.2003 - 4 C 03.640 - BayVBl 2004, 247).
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die mit der Zustellung des stattgebenden Beschlusses an den Vollstreckungsgläubiger am 08.03.2012 angelaufene Monatsfrist durch ausreichende Vollzugsmaßnahmen des Vollstreckungsgläubigers gewahrt worden. Zwar reichte dazu die von Amts wegen erfolgte Zustellung des Senatsbeschlusses an die Vollstreckungsschuldnerin nicht aus (vgl. hierzu näher Oberverwaltungsgericht Magdeburg, Beschluss vom 16.02.2009 - 4 M 463/08 - a.a.O.). Die Amtszustellung ist Wirksamkeitserfordernis der nicht verkündeten einstweiligen Anordnung und kann deshalb nicht zugleich deren Vollziehung dienen. Der Amtszustellung fehlt auch das „spezifisch vollstreckungsrechtliche Element“, dass der Gläubiger tätig wird und von dem Titel Gebrauch macht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 - BGHZ 120, 73). Normzweck des § 929 Abs. 2 ZPO ist es - auch im Rahmen der entsprechenden Anwendung nach § 123 Abs. 3 VwGO -, den Vollstreckungsgläubiger anzuhalten, umgehend dem Schuldner Klarheit zu verschaffen, ob er von der Anordnung Gebrauch machen will. Außerdem soll eine Vollziehung verhindert werden, die zu einem späteren Zeitpunkt unter möglicherweise wesentlich veränderten Umständen erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.1988 - 1 BvR 549/87 - NJW 1988, 3141). Schließlich muss es im Hinblick auf den durch § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO normierten Schadensersatzanspruch dem Gläubiger überlassen bleiben, ob die erwirkte Anordnung vollzogen werden soll oder nicht. Daher ist auf jeden Fall für den Vollzug bzw. den Beginn des Vollzugs eine Maßnahme des Gläubigers erforderlich, durch die er für den Schuldner erkennbar seinen Willen kund gibt, von dem Titel Gebrauch zu machen. Andernfalls würde der Vollstreckungsgläubiger von Amts wegen dem Schadensersatzrisiko des § 945 ZPO ausgesetzt und seine Verfahrensherrschaft missachtet.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stellt die von dem Vollstreckungsgläubiger am 13.03.2012 bewirkte Parteizustellung der einstweiligen Anordnung im Wege der Zustellung von Anwalt zu Anwalt einen ausreichenden Vollzugsakt dar. Soweit - wie hier - die einstweilige Anordnung in einem Gebot oder Verbot an den Vollstreckungsschuldner besteht, ist sie mit der auf Betreiben des Gläubigers erfolgten Parteizustellung an den Schuldner vollzogen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14.01.1992 - 1 E 1474/91.PVL -juris; Pietzner/Möller, a.a.O., RdNr. 38 zu § 172; Grunsky in: Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 21. Aufl. 1996, RdNr. 30 zu § 938 ZPO). Eine solche Zustellung, gerade wenn sie keine notwendige Voraussetzung einer Vollstreckung darstellt, ist ein geeignetes Mittel zur Wahrung der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO. Der Vollstreckungsgläubiger hat mit diesem Akt hinreichend deutlich und in einem formalen Verfahren überprüfbar klargestellt, dass er von der einstweiligen Anordnung Gebrauch machen und sich dem Risiko der in § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO normierten verschuldensunabhängigen Schadensersatzpflicht aussetzen will. In einer derartigen Konstellation wäre es überflüssig, den Gläubiger zu weitergehenden Vollstreckungsmaßnahmen nach § 888 ZPO zu zwingen, nur um die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO zu wahren. Nach alldem macht die Beschwerde zu Recht geltend, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hier die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO gewahrt ist.
Die von der Beschwerde hilfsweise begehrte Feststellung dieser Rechtslage im Entscheidungstenor kommt indes nicht in Betracht. Dieses Begehren ist auf die isolierte Feststellung einzelner Rechtsfragen gerichtet, für die regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. hierzu Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. RdNr. 16 zu § 43 VwGO). Im Übrigen sind die wesentlichen Begründungselemente einer antragsabweisenden Entscheidung zur Auslegung des Entscheidungstenors heranzuziehen, so dass ein etwaiger zukünftiger Aufhebungsantrag der Vollstreckungsschuldnerin unter Hinweis auf § 929 Abs. 2 ZPO erfolglos bleiben dürfte.
3. Der Vollstreckungsantrag hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil die Vollstreckungsschuldnerin die ihr mit der einstweiligen Anordnung vom 06.03.2012 auferlegten Handlungspflichten vollständig erfüllt hat. Auch eine Zwangsvollstreckung nach § 167 VwGO i.V.m. § 888 ZPO setzt voraus, dass die Behörde der ihr im Vollstreckungstitel auferlegten Verpflichtung entweder überhaupt nicht nachgekommen ist oder sie die titulierte Pflicht nur unzureichend erfüllt hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der Erfüllungseinwand auch in einem Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO zu berücksichtigen, wobei die Vollstreckungsschuldnerin nicht auf den Vortrag unstreitiger Tatsachen oder die Verwendung liquider Beweismittel beschränkt ist. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 05.11.2004 - IXa - ZB 32/04 - BGHZ 161, 67) in auf die Vornahme von vertretbaren Handlungen gerichteten Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen. Der Senat schließt sich der herrschenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte an, wonach die vom Bundesgerichtshof angestellten Erwägungen zur Berücksichtigungsfähigkeit des Erfüllungseinwandes auch auf das Verfahren nach § 888 ZPO zu übertragen sind (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 07.06.2010 - 7 W 13/10 - juris).
Für diese Auffassung sprechen der Wortlaut von §§ 887 und 888 ZPO sowie Gründe der Prozessökonomie. Schon der Wortlaut des § 887 ZPO macht deutlich, dass die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung eine tatbestandliche Voraussetzung für den Erlass des Ermächtigungsbeschlusses im Sinne dieser Vorschrift ist. Die anders lautende Formulierung des § 888 ZPO steht diesem Verständnis nicht entgegen. Im Zusammenhang mit § 887 ZPO gelesen, lässt sich die Vorschrift unschwer dahin verstehen, dass an das Merkmal der Nichterfüllung in § 887 ZPO angeknüpft und nur der unterschiedliche Anwendungsbereich deutlich hervorgehoben wird. Die Erheblichkeit des Erfüllungseinwands in Verfahren nach § 888 ZPO entspricht auch der Annahme des Gesetzgebers, der die Kostenvorschrift des § 891 Satz 3 ZPO mit der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle vom 17.12.1997 (BGBl. I S. 3039) neu gefasst hat, „um der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass Vollstreckungsanträge des Gläubigers nur teilweise erfolgreich sind, z.B. wenn der Schuldner nachweist, dass er die vertretbare oder unvertretbare Handlung teilweise erfüllt hat ...“ (vgl. die Entwurfsbegründung in BT-Drs. 13/341 S. 41). Im Übrigen kann die Prüfung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO prozessökonomisch sinnvoll sein, da bei diesem Verständnis Vollstreckungsabwehrklagen gemäß § 767 ZPO bzw. Anträge auf Vollstreckungsaufschub nach § 769 ZPO vermieden werden. Gerade da hier das Verwaltungsgericht des ersten Rechtszugs Vollstreckungsorgan ist, führt die Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Vollstreckungsverfahren zu einer prozessökonomisch sinnvollen endgültigen Klärung des Rechtsstreits.
10 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Vollstreckungsschuldnerin der ihr mit Senatsbeschluss vom 06.03.2012 auferlegten Verpflichtungen hinreichend nachgekommen ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach dem Beschlusstenor, bei Unklarheiten sind zur Auslegung jedoch auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen. Zwar ergibt sich die in Rechtskraft (§ 121 Nr. 1 VwGO) erwachsende Verpflichtung regelmäßig bereits aus der Entscheidungsformel eines zusprechenden Beschlusses. Reicht der Tenor jedoch allein nicht aus, die inhaltliche Reichweite des Beschlusses zu ermitteln, müssen zu seiner Auslegung die Entscheidungselemente (insbesondere Entscheidungsgründe und der dem Beschluss zugrunde liegende Antrag) herangezogen werden, auch wenn diese für sich gesehen nicht an der Rechtskraft teilnehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2011 - 8 C 15.10 - LKV 2012, 34).
11 
Nach dem Beschlusstenor ist die Vollstreckungsschuldnerin gehalten, „die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die nicht bestimmungsgemäße Nutzung (Missbrauch) des Spielplatzes in der ... gegenüber dem Anwesen des Antragstellers durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden.“ Dieser Tenor ist bei der gebotenen objektiven Auslegung hinreichend bestimmt. Auch die Verwendung der Formulierung „notwendigen Vorkehrungen“ führt nicht zur Unbestimmtheit des Beschlusstenors. Diese Formulierung erklärt sich damit, dass die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen die Vollstreckungsschuldnerin zur Erreichung der geforderten Ziele ergreift, in ihrem alleinigen Ermessen steht. Denn der öffentlich-rechtliche Abwehranspruch, den der Vollstreckungsgläubiger im Wege der einstweiligen Anordnung im Erkenntnisverfahren verfolgt hat, gewährt dem Störungsbetroffenen regelmäßig keinen Anspruch auf bestimmte Maßnahmen. Folglich können auch im Tenor keine bestimmten Maßnahmen aufgegeben werden (vgl. zu diesem Aspekt ausdrücklich S. 13 des Beschlussabdrucks 10 S 2428/11). Es reicht daher aus, wenn - wie hier - das mit den Maßnahmen zu verfolgende Ziel hinreichend bestimmt bzw. im Wege der Auslegung bestimmbar ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den im Erkenntnisverfahren erlassenen Beschluss des Senats vom 06.03.2012 auch dahingehend verstanden, dass die Vollstreckungsschuldnerin die missbräuchliche Benutzung des Spielplatzes lediglich insoweit zu unterbinden hat, als hiervon unzumutbare Lärmeinwirkungen gerade für den Vollstreckungsgläubiger ausgehen. Dies folgt bereits zwanglos daraus, dass der Senat ausweislich der Beschlussgründe die einstweilige Anordnung gerade dazu erlassen hat, um den Vollstreckungsgläubiger vor nicht zumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu schützen (vgl. S. 12 des Beschlussabdrucks); nur in diesem Umfang besteht auch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen Geräuschimmissionen.
12 
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die von dem Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten Verstöße nicht geeignet anzunehmen, die Vollstreckungsschuldnerin sei ihrer Verpflichtung aus dem Senatsbeschluss vom 06.03.2012 nicht hinreichend nachgekommen. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers davon aus, dass die im Vollstreckungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht glaubhaft gemachten zehn Verstöße ganz überwiegend mit erheblichen und deshalb nicht mehr hinzunehmenden Geräuschimmissionen verbunden waren. Gleiches gilt für die von dem Vollstreckungsgläubiger im Beschwerdeverfahren vorgetragenen und mit einstweiligen Versicherungen belegten weiteren ca. 20 Verstöße, sofern der Antragsteller nicht (wie etwa bei den Verstößen am 03.08.2012 und 07.08.2012) selbst vorträgt, dass lediglich untergeordnete Geräuschimmissionen zu verzeichnen waren. Jedenfalls im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist den Einwendungen der Vollstreckungsschuldnerin, wonach sich die Verstöße nach den Beobachtungen des Nachbarn Dr. I. so nicht zugetragen haben können, nicht weiter nachzugehen.
13 
Denn auch wenn die von dem Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten Verstöße zugrunde gelegt werden, hat die Vollstreckungsschuldnerin die ihr mit dem Senatsbeschluss auferlegten Verpflichtungen noch erfüllt. Zwar muss die im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtete Vollstreckungsschuldnerin ihren Verpflichtungen effektiv nachkommen, sie schuldet aber nicht den sofortigen Erfolg dieser Bemühungen. Da ihr von dem Senat keine bestimmten Maßnahmen auferlegt worden sind, steht es ihr frei, nach ihrem Ermessen darüber zu befinden, auf welche Weise sie den Verpflichtungen nachkommen will. Dieser Ermessensspielraum bedingt, dass sie zunächst bestimmte Maßnahmen ausprobieren und auf ihre Eignung und Effektivität überprüfen darf - sofern es sich nicht um ersichtlich ungeeignete Maßnahmen handelt -, um sodann nach Auswertung gegebenenfalls andere Maßnahmen zu ergreifen. In diesem Zusammenhang hat der Senat in dem zugrunde liegenden Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vollstreckungsschuldnerin „zunächst versuchen dürfe, ob die derzeit nicht zumutbaren Missstände durch regelmäßige und engmaschige Kontrollen auch und gerade zur Abend- und Nachtzeit beseitigt werden können“ (vgl. S. 13 des Beschlussabdrucks 10 S 2428/11).
14 
Diesen Vorgaben ist die Vollstreckungsschuldnerin gerecht geworden. Aus den von ihr vorgelegten Aufzeichnungen ergibt sich, dass Bedienstete der Vollstreckungsschuldnerin regelmäßig - über weite Zeiträume fast täglich - den Spielplatz zu unterschiedlichen Tageszeiten kontrolliert haben; gerade in den Sommermonaten wurden Kontrollen auch in den späten Abend- bzw. Nachtstunden durchgeführt. Bei der weit überwiegenden Anzahl der Kontrollen wurden dabei keine, ansonsten allenfalls geringfügige Missbräuche des Spielplatzes durch Jugendliche bzw. Erwachsene festgestellt. Diese von der Vollstreckungsschuldnerin dokumentierten Kontrollen schließen naturgemäß nicht aus, das es zu den vom Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten vereinzelten Missbrauchssituationen gekommen ist. Selbst bei Zugrundelegung des Sachvortrags des Vollstreckungsgläubigers kann derzeit jedoch keine Rede davon sein, dass sich die von der Vollstreckungsschuldnerin eingeleiteten Kontrollmaßnahmen als wirkungslos erwiesen haben. Deshalb ist die Vollstreckungsschuldnerin nach Maßgabe der Ausführungen auf S. 13 des Senatsbeschlusses vom 06.03.2012 noch nicht gehalten, über die Kontrollen hinausgehende zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass die Effektivität des von der Vollstreckungsschuldnerin eingeschlagenen Weges, Verstöße über engmaschige Kontrollen zu unterbinden, erst nach einem längeren Zeitraum überprüft werden kann. So werden vor allem die Jugendlichen, die den Spielplatz in den Abend- bzw. Nachstunden missbräuchlich nutzen, erst nach einer gewissen Zeit realisieren, dass sie mit Kontrollen und Verweisen vom Spielplatzgelände zu rechnen haben. Im Übrigen weist die Vollstreckungsschuldnerin zu Recht darauf hin, dass sich einzelne Verstöße mit zumutbaren Maßnahmen kaum verhindern lassen werden.
15 
4. Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Vollstreckungsgläubigers, das Verwaltungsgericht habe sein rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, dass es keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Schriftsatz der Vollstreckungsschuldnerin vom 14.08.2012 und der damit vorgelegten Aufzeichnungen des Nachbarn Dr. I. gewährt habe. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts rechtlich zu beanstanden ist. Unabhängig hiervon käme die Gewährung von Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren selbst bei einer Verletzung des grundrechtlich gewährleisteten rechtlichen Gehörs des Vollstreckungsgläubigers nicht in Betracht. Denn die Beschwerde hat in diesem Verfahren lediglich dann Erfolg, wenn sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts inhaltlich als nicht richtig erweist (vgl. den Rechtsgedanken des § 144 Abs. 4 VwGO). Ein etwaiger Gehörsverstoß wird daher im Beschwerdeverfahren geheilt.
16 
Im Übrigen macht die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Ausführungen des Vollstreckungsgläubigers fehlerhaft dahingehend gewürdigt, dass bei der überwiegenden Anzahl der geltend gemachten Verstöße keine erheblichen Geräuscheinwirkungen entstanden seien. Damit wird eine fehlerhafte Sachverhaltswürdigung bzw. Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht geltend gemacht. Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.12.1994 - 2 BvR 894/94 - NJW 1995, 2839). Nach dem oben Gesagten geht der Senat im Gegensatz zu dem Verwaltungsgericht im Übrigen davon aus, dass jedenfalls bei der überwiegenden Anzahl der von dem Vollstreckungsgläubiger im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Verstöße erhebliche Geräuscheinwirkungen entstanden sind.
17 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
18 
Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da eine streitwertunabhängige Festgebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

Tenor

Die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. August 2009 - 13 K 511/09 - wird zurückgewiesen.

Es wird festgestellt, dass sich die Hauptsache im Vollstreckungsverfahren erledigt hat.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. August 2009 -13 K 511/09 - ist unwirksam.

Der Vollstreckungsschuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.08.2009, mit welchem dem Regierungspräsidium Stuttgart für den Fall, dass es seiner Verpflichtung zur Aufstellung eines Aktionsplans aus dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 31.05.2005 - 16 K 1120/05 und 16 K 1121/05 - nicht bis zum 28.02.2010 nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,-- EUR angedroht wurde, ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Der einseitigen Erledigungserklärung der Vollstreckungsgläubiger ist unter Zurückweisung der Beschwerde des Vollstreckungsschuldners durch den beantragten Feststellungsausspruch zu entsprechen. Die Hauptsache hat sich erledigt, weil nach Einleitung des Vollstreckungsverfahrens objektiv ein erledigendes Ereignis eingetreten ist (1.); der Vollstreckungsschuldner hat kein berechtigtes Interesse, dennoch an seinem Abweisungsantrag festzuhalten (2.).
Zu Recht haben die Vollstreckungsgläubiger mit Schriftsatz vom 26.03.2010 ihren ursprünglich verfolgten Antrag dahingehend auf ein Feststellungsbegehren umgestellt, dass die Hauptsache im Vollstreckungsverfahren erledigt ist. Denn eine derartige Umstellung des ursprünglich verfolgten Antrags ist auch im Rechtsmittelverfahren in den Fällen erforderlich, in denen der Antragsteller in der vorausgegangenen Instanz obsiegt hat und nunmehr im Rechtsmittelverfahren den ihm günstigen Beschluss mit einem Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels als Beschwerdegegner verteidigt (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 01.10.1985 - 9 C 25.85 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 154; vom 28.04.1988 - 9 C 1.87 - Buchholz 402.25 § 28 AsylVfG Nr. 13).
1. Die Hauptsache im Vollstreckungsverfahren hat sich insgesamt erledigt, weil ein nach Antragstellung eingetretenes außerprozessuales Ereignis dem Begehren die Grundlage entzogen hat und das Vollstreckungsverfahren deshalb für die Vollstreckungsgläubiger gegenstandslos geworden ist (vgl. zu diesem Maßstab beispielsweise BVerwG, Urteil vom 31.10.1990 - 4 C 7.88 - BVerwGE 87, 62). Der Vollstreckungsschuldner hat den kombinierten Luftreinhalte-/Aktionsplan im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 3 BImSchG für den Regierungsbezirk Stuttgart, Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart vom 01.01.2006 mit Wirkung zum 28.02.2010 fortgeschrieben und ist damit seiner Verpflichtung aus dem vorausgegangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31.05.2005 nachgekommen. Zwischen den Beteiligten steht dabei - zu Recht - nicht im Streit, dass jedenfalls der mit Wirkung zum 28.02.2010 fortgeschriebene Aktionsplan den vom Verwaltungsgericht Stuttgart in dem angegriffenen Beschluss aufgestellten Anforderungen genügt. Zutreffend weisen die Vollstreckungsgläubiger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der nunmehr gültige Aktionsplan gegenüber der vom Verwaltungsgericht Stuttgart im Vollstreckungsverfahren zu prüfenden ursprünglichen Fassung vom 01.01.2006 wesentlich weitgehendere und effektivere Schadstoffminderungsmaßnahmen vorsieht, etwa ein ganzjähriges Lkw-Durchfahrtsverbot für Teile des Stadtgebietes von Stuttgart, eine wesentliche Ausweitung der Fahrverbotsregelung in der Umweltzone sowie Geschwindigkeitsbeschränkungen. Damit ist das Regierungspräsidium der zu vollstreckenden Verpflichtung nachgekommen; das eingeleitete Vollstreckungsverfahren ist gegenstandslos geworden. Hätten die Vollstreckungsgläubiger auf ihrem ursprünglichen - nunmehr auf eine bereits erbrachte Leistung gerichteten - Vollstreckungsantrag beharrt, so hätte er schon aus diesem Grunde mangels fortbestehenden Rechtsschutzinteresses abgewiesen werden müssen. Ihre nach Einlegung der Beschwerde durch das Regierungspräsidium abgegebene Erklärung, der Rechtsstreit werde im Sinne von § 161 Abs. 2 VwGO für in der Hauptsache erledigt erklärt, entspricht daher der Verfahrenslage. Der Eintritt eines erledigenden Ereignisses wird auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen; sie macht vielmehr lediglich geltend, dass der Senat aufgrund eines bestehenden Feststellungsinteresses des Landes in die sachliche Prüfung des ursprünglichen Antragsbegehrens eintreten müsse.
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt ein Fall, in dem trotz Erledigung des Antragsbegehrens ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung des Abweisungsantrags anzuerkennen ist, hier nicht vor. Nach der überwiegend zu Anfechtungs- und Verpflichtungskonstellationen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss trotz der Erledigung der Hauptsache geprüft werden, ob die Klage zulässig und begründet gewesen ist, wenn der Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Prüfung dieser Frage hat (vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 14.01.1965 - 1 C 68.61 - BVerwGE 20, 146; vom 27.02.1969 - 8 C 37.67 u.a. - BVerwGE 31, 318; sowie vom 25.03.1981 - 8 C 85.80 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 104). Das berechtigte Interesse ist dabei sowohl seinem Inhalt als auch seiner Ableitung nach prozessualer Natur und findet seine Rechtsgrundlage in der entsprechenden Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Aus dieser - für Verpflichtungs- und Leistungsklagen entsprechend anwendbaren - Regelung folgt, dass in diesen verwaltungsgerichtlichen Verfahren die einseitige Erledigungserklärung des Klägers nicht zwangsläufig zu einer Prüfung der bisherigen Begründetheit der Klage führen soll. Dem Beklagten verwaltungsgerichtlicher Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitigkeiten ist ebenso wie dem Kläger regelmäßig zuzumuten, sich nach objektiver Erledigung der Hauptsache mit einer Kostenentscheidung nach Maßgabe des § 161 Abs. 2 VwGO zu begnügen. Nur dann, wenn ihm ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung des Klageabweisungsantrages zur Seite steht, muss wie im entsprechenden Falle für den Kläger anderes gelten; insoweit verträgt die prozessrechtliche Stellung der Beteiligten aus Gründen der Waffengleichheit keinen Unterschied (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1979 - 1 C 63.77 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 52). Allerdings führt das Anliegen des Beklagten in Fällen der vorliegenden Art zu keinem selbständigen Ausspruch im Entscheidungstenor; hat der Beklagte mit seinem Begehren Erfolg, so führt das lediglich zur Abweisung der Klage (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.03.1981 - 8 C 85.80 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 104). Dass das Gericht über das Anliegen des Beklagten lediglich in den Gründen seiner Entscheidung befindet, macht in diesem Zusammenhang jedoch keinen Unterschied. Denn es entfaltet dabei gleichwohl eine auf die Entscheidung einer Rechtsfrage gerichtete, rechtsschutzgewährende Tätigkeit.
Aus dem Gebot der Gleichbehandlung folgt, dass das Gewicht des berechtigten Interesses des Beklagten nicht höher zu sein braucht, als dies § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO vom berechtigten Interesse des Klägers in Fortsetzungsfeststellungskonstellationen fordert. Mithin muss beim Beklagten ebenso der prozessökonomische Zweck beachtet werden, das begonnene Verfahren möglichst mit einer Sachentscheidung zu beenden, wenn dadurch weiterer Streit vermieden oder wenigstens vereinfacht werden kann. Das Interesse des Beklagten an der Klärung einer Rechtsfrage allein rechtfertigt hingegen nicht einen Anspruch auf eine materiell-rechtliche Beurteilung. Ebenso wie für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist auch hier ein über das allgemeine Interesse an der Klärung offener Rechtsfragen hinausgehendes Interesse Voraussetzung der Sachentscheidung. Dieses Rechtsschutzinteresse muss regelmäßig gerade gegenüber dem Prozessgegner bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1979 - 1 C 63.77 - a.a.O.). Ein Feststellungsinteresse des Beklagten entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann etwa in der Klärung vorgreiflicher Fragen für weitere zwischen den Beteiligten schwebende Streitigkeiten oder bei einer hinreichend konkreten Gefahr der Wiederholung von gleichartigen Streitigkeiten bestehen.
Wie von der Beschwerde befürwortet, dürften sich diese vom Bundesverwaltungsgericht für das Erkenntnisverfahren entwickelten Grundsätze in der hier vorliegenden Konstellation des Vollstreckungsverfahrens entsprechend anwenden lassen. Entgegen der Auffassung des Vollstreckungsschuldners steht ihm jedoch kein schützenswertes Interesse an einer Sachentscheidung des Senats trotz eingetretener Erledigung zu. Die hierfür allein in Betracht kommende Wiederholungsgefahr besteht weder im primär maßgeblichen Verhältnis zu den Vollstreckungsgläubigern (a), noch liegt eine Fallgestaltung vor, in der ausnahmsweise eine allgemeine, das heißt gegenüber Dritten bestehende, Wiederholungsgefahr für ein Feststellungsinteresse ausreichend ist (b).
a) Die Beschwerde macht ein Feststellungsinteresse im Verhältnis zu den Vollstreckungsgläubigern unter zwei Gesichtspunkten geltend: Sie verweist zum einen auf die Möglichkeit, dass die Antragsteller trotz Erledigungserklärung erneute Vollstreckungsversuche aus dem zugrundeliegenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31.05.2005 unternehmen könnten, wenn ihnen in Zukunft die aufgrund des mit Wirkung zum 28.02.2010 fortgeschriebenen Aktionsplans ergriffenen Schadstoffminderungsmaßnahmen nicht ausreichend erscheinen sollten. Zum anderen bestehe die Gefahr einer erneuten Leistungsklage, die auf eine Verpflichtung zur weiteren Fortschreibung des Aktionsplans gerichtet werden könne. Entgegen der Auffassung der Beschwerde lässt sich mit diesen Erwägungen eine gerade im Verhältnis zu den Vollstreckungsgläubigern bestehende Wiederholungsgefahr nicht begründen.
aa) Die von dem Vollstreckungsschuldner geltend gemachte Gefahr einer erneuten Vollstreckung aus dem zugrundeliegenden Urteil vom 31.05.2005 besteht bereits aus Rechtsgründen nicht. Denn ein erneutes Begehren der Vollstreckungsgläubiger, dem Regierungspräsidium im Vollstreckungsverfahren unter Androhung eines Zwangsgeldes Frist zur Fortschreibung des Aktionsplans zu setzen, wäre unzulässig, da ihm die materielle Rechtskraft des gegenständlichen Feststellungsbeschlusses des Senats entgegenstünde (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteile vom 14.01.1965 - 1 C 68.61 - BVerwGE 20, 146; und vom 12.04.2001 - 2 C 16.00 - BVerwGE 114, 149; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Ergänzungslieferung 2006, RdZiff. 35 zu § 161 VwGO, m.w.N.). Die Vollstreckungsgläubiger können bei der hier eingetretenen Erledigung eine erneute Antragstellung rechtlich gar nicht beabsichtigen, da sie zutreffend als erledigendes Ereignis die Erfüllung des zu vollstreckenden Begehrens ansehen. Der Vollstreckungsschuldner ist also nach rechtskräftiger Beendigung dieses Prozesses in gleicher Weise geschützt, wie wenn ohne Erledigungserklärung der Vollstreckungsgläubiger der Vollstreckungsantrag abgewiesen worden wäre und die Abweisung lediglich mit dem durch das Erledigungsereignis eingetretenen Untergang des Anspruchs auf Vollstreckung begründet worden wäre. Der von der Beschwerde in diesem Zusammenhang herangezogenen, zur übereinstimmenden Erledigungserklärung im Zivilprozess gemäß § 91a ZPO ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28.05.1991 - IX ZR 181/90 - NJW 1991, 2280) lässt sich für die hier in Rede stehende Problematik nichts Gegenteiliges entnehmen. Denn anders als bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung auf der Grundlage von § 91a ZPO bzw. § 161 Abs. 2 VwGO trifft das Verwaltungsgericht bei einer lediglich einseitig gebliebenen Erledigungserklärung eine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung darüber, ob tatsächlich Erledigung eingetreten ist. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob etwaige weitere Vollstreckungsversuche darüber hinaus als treuwidrig anzusehen wären.
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bb) Auch die Gefahr einer erneuten Leistungsklage durch die Vollstreckungsgläubiger, gerichtet auf weitere Fortschreibung des Aktionsplans, vermag kein Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers zu begründen. Zwar wäre eine derartige erneute Leistungsklage wohl zulässig, jedenfalls stünde ihr nicht die Rechtskraft dieses Beschlusses entgegen. In einem zukünftigen, auf Planfortschreibung gerichteten Erkenntnisverfahren würden sich jedoch sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht grundlegend andere Fragen als im vorliegenden Vollstreckungsverfahren stellen. Denn das Gericht wäre in einem derartigen Verfahren nicht darauf beschränkt, durch Auslegung die sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31.05.2005 ergebenden, zu vollstreckenden Verpflichtungen zu ermitteln. Vielmehr würde in einem etwaigen weiteren Erkenntnisverfahren losgelöst von der rechtskräftig gewordenen gerichtlichen Verpflichtung zu klären sein, ob der dann geltend gemachte Anspruch auf erneute Planfortschreibung nach materiellem Recht bestünde. Die im Vollstreckungsverfahren inmitten stehende Frage, ob bereits der Aktionsplan zum 01.01.2006 den vom Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 31.05.2006 aufgestellten Anforderungen genügt, würde sich in einem weiteren Erkenntnisverfahren nicht stellen. Vielmehr wäre dann allein darauf abzustellen, ob der nunmehr mit Wirkung zum 28.02.2010 fortgeschriebene Aktionsplan den materiell-rechtlichen Vorgaben bereits in vollem Umfang genügt oder wegen zwischenzeitlicher tatsächlicher oder rechtlicher Entwicklungen fortzuschreiben ist. So wäre für ein etwaiges weiteres Erkenntnisverfahren in rechtlicher Hinsicht die seit dem 11.06.2010 anwendbare Richtlinie 2008/50/EG vom 21.05.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABLEG L 152/1) maßgeblich, die gegenüber der Vorgängerrichtlinie 96/92/EG vom 27.09.1996 wesentliche Änderungen aufweist. Insbesondere steht zumindest nach dem Wortlaut des einschlägigen Art. 24 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/50/EG der Erlass eines kurzfristigen Aktionsplans im Ermessen der Mitgliedstaaten, während Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62/EG eine unbedingte Verpflichtung vorsah. In einem neuen Erkenntnisverfahren würde sich deshalb die weitergehende Frage stellen, ob auch unter Geltung der Richtlinie 2008/50/EG ein Individualanspruch auf Aufstellung eines Aktionsplans bestehen kann.
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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch anerkannt, dass eine konkrete Wiederholungsgefahr sowohl für den Kläger bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage als auch für den Beklagten in der hier vorliegenden Fallkonstellation nur dann besteht, wenn auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wie im Zeitpunkt des erledigten Verwaltungshandelns vorliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.1979 - 1 B 76.76 - Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 16 m.w.N.). Gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie kann kein schützenswertes Interesse an der Überprüfung eines erledigten Verwaltungshandelns bestehen, wenn sich in einem etwaigen Nachfolgeprozess grundlegend andere Sach- und Rechtsfragen stellen würden.
12 
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde besteht ein schützenswertes Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen auch nicht im Verhältnis des Vollstreckungsschuldners zu dritten, nicht am gegenständlichen Verfahren beteiligten Personen. Wie oben bereits angedeutet und was auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wird, muss die für das Feststellungsinteresse erforderliche Wiederholungsgefahr regelmäßig gerade gegenüber dem Prozessgegner bestehen. Dagegen genügt die allgemeine Wahrscheinlichkeit, die Behörde werde irgendwann in der Auseinandersetzung mit einem Dritten den gleichen Rechtsfragen ausgesetzt sein, nicht zur Annahme eines Feststellungsinteresses. Das Interesse an der Klärung von Rechtsfragen, die lediglich für Rechtsverhältnisse des Beklagten bzw. hier Vollstreckungsschuldners mit anderen Personen, insbesondere für künftige Rechtsverhältnisse dieser Art, Bedeutung haben können, rechtfertigt nicht die Aufrechterhaltung seines Abweisungsantrags gegenüber dem gegenstandslos gewordenen Rechtsschutzbegehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1979 - 1 C 63.77 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 52). Denn gerade wegen des damit für die Vollstreckungsgläubiger verbundenen Kostenrisikos kann es nicht angehen, dieses allgemeine, nicht auf den konkreten Rechtsstreit und dessen Beteiligte bezogene Interesse der Behörde auf dem Rücken eines Einzelnen auszutragen (vgl. Jörg Schmidt in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., RdZiff. 95 zu § 113 VwGO).
13 
Zu Recht weist der Vollstreckungsschuldner darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht von diesen Grundsätzen teilweise abgewichen ist und ein schützenswertes Feststellungsinteresse auch im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr gegenüber dritten, am fraglichen Rechtsstreit nicht beteiligten Personen zulässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.06.1988 - 8 C 86.86 - NJW 1988, 263 und vom 13.11.2006 - 6 C 22.05 - NVwZ-RR 2007, 330). Dahingestellt kann dabei bleiben, ob diese zum Revisionsverfahren ergangene Rechtsprechung auf das zweitinstanzliche Beschwerdeverfahren übertragen werden kann. Denn der nach dieser Rechtsprechung erforderliche Sonderfall, dass wegen der Eigenart der Materie eine Prüfung der klärungsbedürftigen Rechtsfragen nur in einem Verfahren erreicht werden kann, in dem sich die Hauptsache bereits vor der Entscheidung erledigt hat, liegt nicht vor. Nach dem eigenen Sachvortrag des Vollstreckungsschuldners sind bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart mehrere Erkenntnisverfahren anhängig, in denen sich die jetzt noch aktuellen Fragen, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an einen Aktionsplan im Sinne von § 47 Abs. 2 BImSchG, klären lassen. Im Übrigen steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr und eines darauf gestützten Sachentscheidungsinteresses des Vollstreckungsschuldners nach dem unter 2 a) ausgeführten bereits entgegen, dass sich in weiteren Erkenntnisverfahren mit Dritten grundlegend andere Sach- und Rechtsfragen als im gegenständlichen Vollstreckungsverfahren stellen würden. Auch insoweit steht der Grundsatz der Prozessökonomie einer Fortführung des Beschwerdeverfahrens entgegen. Das Interesse des Vollstreckungsschuldners an der Klärung von Rechtsfragen, die für seine Beziehung zu anderen Beteiligten bedeutsam sein können, ist deshalb im vorliegenden Verfahren nicht schutzwürdig, so verständlich das vom Vollstreckungsschuldner geltend gemachte Interesse an einer obergerichtlichen Klärung der Auslegung und Anwendung des § 47 Abs. 2 BlmSchG sein mag.
14 
Nach alldem hat das Beschwerdegericht festzustellen, dass sich der Rechtsstreit insgesamt in der Hauptsache erledigt hat. Wegen der Erledigung ist der im Vollstreckungsverfahren ergangene erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.08.2009 wirkungslos geworden.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
16 
Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, da bei Erfolglosigkeit der Beschwerde gemäß Ziff. 5502 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG lediglich eine Festgebühr erhoben wird.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Die Entscheidungen ergehen gemäß § 87a Abs. 1 Nrn. 3 und 5 und Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter anstelle der Kammer.
Nachdem der Vollstreckungsgläubiger in dem am 23.04.2014 beim Gericht eingegangenen Schreiben seines Prozessbevollmächtigten (ohne Datum) den Rechtsstreit ausdrücklich in der Hauptsache für erledigt erklärt hat und die Vollstreckungsschuldnerin eine solche Erklärung im Schreiben vom 16.04.2014 zumindest konkludent abgegeben hat, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO muss das Gericht - unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands - nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens entscheiden (zur Anwendbarkeit des § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch in Vollstreckungsverfahren nach den §§ 167 ff. VwGO siehe Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 161 RdNr. 8 und § 170 RdNr. 2, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.02.1989, Die Justiz 1989, 445, m.w.N.; ebenso VG Freiburg, Beschluss vom 23.06.2009 - 4 K 666/09 -, m.w.N.).
Billigem Ermessen entspricht es hier, dem Vollstreckungsgläubiger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sein Antrag auf Vollstreckung des der (Asyl-)Klage des Vollstreckungsgläubigers (zum Teil) stattgebenden Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.01.2014 - A 4 K 725/13 - (noch) unzulässig war.
Dabei kann es hier dahingestellt bleiben, ob der Vollstreckungsantrag bereits deshalb unzulässig war, weil das dem Vollstreckungsschuldner zugestellte Urteil nicht mit einer Vollstreckungsklausel versehen war, wie das nach den §§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO und 725 ZPO an sich vorgeschrieben ist, da die Vorschrift des § 171 VwGO über die Entbehrlichkeit einer Vollstreckungsklausel für die Fälle der Vollstreckung von Verpflichtungsurteilen - wie hier - gemäß § 172 VwGO, der einer Anwendung von § 170 VwGO vorgeht (vgl. hierzu vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 170 RdNr. 1), ausdrücklich nicht gilt (vgl. zum Meinungsstreit hierzu u. a. Kopp/Schenke, a.a.O., § 171 RdNr. 1, m.w.N.; zu den beachtlichen Argumenten für die Entbehrlichkeit einer Vollstreckungsklausel [auch] in Fällen der Vollstreckung nach § 172 VwGO siehe Funke-Kaiser, in: Quaas/Zuck, Prozesse in Verwaltungssachen, 2. Aufl. 2011, § 3 RdNr. 859, m.w.N.).
Denn in jedem Fall ist der vom Vollstreckungsgläubiger beim Gericht gestellte Vollstreckungsantrag verfrüht gewesen. Damit fehlte dem Vollstreckungsgläubiger das Rechtsschutzinteresse für die Stellung eines solchen Antrags (Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 172 RdNr. 58). Zwar ist die Frage, wann ein Vollstreckungsgläubiger berechtigt ist, einen Antrag auf Vollstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils zu stellen, im Gesetz, insbesondere in den §§ 167 ff. VwGO, nicht geregelt. Soweit in § 170 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Frist von einem Monat bestimmt ist, scheidet eine Anwendung dieser Vorschrift schon deshalb aus, weil § 170 VwGO in Fällen der Vollstreckung eines Verpflichtungsurteils durch § 172 VwGO verdrängt wird (siehe oben); hinzu kommt, dass § 170 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht die Frage der Stellung eines Vollstreckungsantrags durch den Vollstreckungsgläubiger betrifft, sondern die vom Gericht nach Stellung eines solchen Antrags dem Vollstreckungsschuldner einzuräumende Frist zur Abwendung einer Vollstreckungsverfügung. Auch auf die Vier-Wochen-Frist in § 882a ZPO kann nicht abgestellt werden, da diese Vorschrift im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit generell keine Anwendung findet (Bayer. VGH, Beschluss vom 02.03.2004, BayVBl 2004, 571, m.w.N.; VG Cottbus, Beschluss vom 01.02.2010 - 6 M 15/09 -, juris, m.w.N.; ebenso für den Bereich der FGO FG Hamburg, Beschluss vom 02.05.2007 - 4 K 12/07 -, juris, m.w.N.) und insbesondere die Vollstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht von der vorherigen Anzeige der Vollstreckungsabsicht durch den Vollstreckungsgläubiger abhängt; darüber hinaus geht es hier nicht um die in § 882a ZPO allein geregelte Vollstreckung wegen einer Geldforderung. Ebenso wenig kann auf die Drei-Monats-Frist in § 75 VwGO abgestellt werden, weil die Erfüllung eines Vollstreckungstitels durch eine Behörde in der Regel weit weniger Aufwand erfordert als die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens (Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 172 RdNr. 4).
Ungeachtet fehlender gesetzlicher Regelungen ist es jedoch in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass dem Vollstreckungschuldner Gelegenheit zu geben ist, die Vollstreckung durch freiwillige Leistung abzuwenden, und dass der Vollstreckungsgläubiger ihm hierzu eine angemessene Frist einräumen muss, deren Länge sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet (BVerfG, Beschlüsse vom 10.12.1998, NJW 1999, 778, und vom 05.03.1991, NJW 1991, 2758; BVerwG, Beschluss vom 30.12.1968, NJW 1969, 476; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.05.1992, NVwZ-RR 1993, 447, und vom 25.03.1976 - IV 559/76 -, DÖV 1976, 606 [nur Leitsatz]; FG Hamburg, Beschluss vom 02.05.2007, a.a.O., m.w.N.; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: April 2013, Bd. 2, § 172 RdNr. 33, m.w.N.; Heckmann, a.a.O., § 172 RdNr. 58; Schmidt-Kötters, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 172 RdNr. 21; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2010, § 172 RdNr. 7). In Fällen der Vollstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils - wie hier - beginnt diese Frist frühestens mit der Kenntnis des Vollstreckungsschuldners von der Rechtskraft und damit der Vollstreckbarkeit des Urteils zu laufen, in der Praxis sogar regelmäßig erst mit Rückgabe der Akten durch das Gericht an die Verwaltungsbehörde, da die Erfüllung des Urteils im Allgemeinen die Kenntnis der Akten erfordert (Bader, a.a.O., § 172 RdNr. 7, m.w.N.; Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 172 RdNr. 4). Der Auffassung, der zufolge die Frist für die Stellung eines Vollstreckungsantrags bereits mit der Zustellung des Urteils und nicht erst mit Eintritt der Rechtskraft zu laufen beginne (so Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 RdNr. 33, und Heckmann, a.a.O., § 172 RdNr. 58), kann nach Auffassung des Gerichts nicht gefolgt werden, weil gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst die Rechtskraft die Vollstreckbarkeit eines Urteils bewirkt und - vor allem - weil vor Eintritt der Rechtskraft nicht feststeht, ob das Urteil letztendlich überhaupt Bestand hat. Denn den Beteiligten steht es bis zum letzten Tag der Rechtsmittelfrist frei zu entscheiden, ob sie das gegen das Urteil gegebene Rechtsmittel einlegen wollen oder nicht (Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., Bd. 1, § 60 RdNr. 40, m.w.N.; von Albedyll, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll,, a.a.O., § 60 RdNr. 59).
Diese (angemessene) Frist hat der Vollstreckungsgläubiger der Vollstreckungsschuldnerin im vorliegenden Fall nicht eingeräumt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.01.2014 - A 4 K 725/13 -, dessen Vollstreckung begehrt wird, ist den Beteiligten am 12.02.2014 zugestellt und am 13.03.2014 rechtkräftig geworden. Die vom Verwaltungsgericht versandte Mitteilung der Rechtskraft ist den Beteiligten jenes Verfahrens am 14.03.2014 (einem Freitag) zugegangen. Der Vollstreckungsgläubiger hat bereits am 01.04.2014, also nur etwas mehr als zwei Wochen nach Zugang der Rechtskraftmitteilung, beim Gericht den Antrag auf Vollstreckung aus dem zuvor genannten Urteil gestellt. Eine solch kurze Frist ist in keinem Fall, vor allem nicht im vorliegenden (Einzel-)Fall, angemessen, auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckungsschuldnerin zuvor bereits mit zwei Schreiben vom 17.03.2014 und vom 26.03.2014 zum Erlass des mit der Vollstreckung begehrten Bescheids aufgefordert hatte. Zwar erfordert der Erlass eines Bescheids über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, zu dem die Vollstreckungsschuldnerin im vorliegenden Fall rechtskräftig verurteilt worden war, einerseits keinen allzu großen Verwaltungsaufwand. Doch darf andererseits auch hier nicht verkannt werden, dass zumindest eine sorgfältige Prüfung der maßgeblichen Daten anhand der Akten geboten ist, um insoweit Fehler und damit weitere Verzögerungen zu vermeiden. Vor allem kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass die für den Erlass des begehrten Bescheids (allein) zuständige Behörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, durch einen enormen Anstieg von Asylanträgen im Jahr 2013 und vor allem auch zu Beginn des Jahres 2014 einer kurzfristig kaum zu bewältigenden Überbelastung ausgesetzt ist, was allgemein und insbesondere auch dem Prozessbevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers bekannt ist. Eine solche (Ausnahme-)Situation wird auch im Geltungsbereich des § 75 VwGO als zureichender Grund für eine Verzögerung anerkannt (siehe hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., § 75 RdNr. 13, m.w.N.) und kann auch im Rahmen von § 172 VwGO als Grund für eine Säumnis der Behörde bei der Erfüllung eines titulierten Anspruchs herangezogen werden (vgl. hierzu Schmidt-Kötters, a.a.O., § 172 RdNr. 21.1, m.w.N.; Heckmann, a.a.O., § 172 RdNr. 58).
An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der mit der Vollstreckung begehrte Bescheid erst am 07.04.2014 erlassen worden und dem Vollstreckungsgläubiger erst am 17.04.2014, also weitere ca. zwei Wochen nach Stellung des Vollstreckungsantrags, zugegangen ist. Denn zum einen liegen auch diese weiteren verstrichenen Zeiträume noch innerhalb der angemessenen Frist, die der Vollstreckungsschuldnerin nach den vorstehenden Ausführungen hier zur Erfüllung ihrer im Urteil aufgegebenen Verpflichtung zur Verfügung stand, und zum anderen kommt es für die Beantwortung der (Rechts-)Frage, ob eine Vollstreckungsmaßnahme bereits notwendig und ein Vollstreckungsantrag somit zulässig ist, auf den Zeitpunkt der Stellung des Vollstreckungsantrags beim Gericht und nicht auf spätere Zeitpunkte an (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 01.02.2010 - 6 M 15/09 -, juris; in diesem Sinne auch BVerfG, Beschluss vom 10.12.1998, a.a.O.).
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG; vgl. auch §§ 92 Abs. 3 Satz 2 analog und 158 Abs. 2 VwGO).

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Die Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Vollstreckungsschuldnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Festsetzung von Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Dezember 2017.

2

Mit Vergleich gemäß § 106 VwGO vom 25. Juni 2015 wurde zur endgültigen Erledigung des Rechtsstreits 2 K 4859/14 mit Wirkung zwischen der Vollstreckungsschuldnerin (Beklagte des Verfahrens 2 K 4859/14) und dem Vollstreckungsgläubiger (Kläger des Verfahrens 2 K 4859/14) u.a. folgendes vereinbart:

3

„1. Mit Wirkung ab Unterrichtsbeginn nach den großen Ferien besucht der Kläger die Lerngruppe für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen am J....-Gymnasium bis zum Erwerb des ersten allgemeinen und nach Möglichkeit des mittleren Schulabschlusses.

4

2. Für diesen Zeitraum ist ... weiterhin der Stammschule L... zugeordnet.“

5

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, kündigte die Vollstreckungsschuldnerin den Vergleich unter Berufung auf § 60 HmbVwVfG und führte aus, dass sich die Verhältnisse, die dem Vergleichsabschluss zugrunde gelegen hätten, wesentlich geändert hätten. Eine optimale Förderung des Vollstreckungsschuldners sei – entgegen den Erwartungen – in der Lerngruppe nicht möglich; er habe hohe Fehlzeiten und sein Leistungsstand habe sich kaum verbessert. Eine feste Lerngruppe bestehe zudem nicht mehr, da alle Schüler der Lerngruppe weitgehend in die Regelklassen hätten integriert werden können. Lediglich bei drei Schülerinnen und Schülern bestehe punktuell Hilfebedarf außerhalb der Regelklasse, der in den Räumen der bisherigen Lerngruppe nach fachlicher Vorgabe der die Regelklasse unterrichtenden Lehrer erfolge. Ein Festhalten an dem Vergleich könne der Vollstreckungsschuldnerin nicht zugemutet werden. Auch eine Anpassung des Vergleichs sei nicht möglich.

6

Mit Beschluss vom 22. November 2017 (2 V 8965/17) drohte das Verwaltungsgericht der Vollstreckungsschuldnerin auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro für den Fall an, dass die Vollstreckungsschuldnerin ihren Verpflichtungen aus Ziffer 1. und 2. des Vergleichs vom 25. Juni 2015 nicht binnen 3 Wochen nach Zustellung des Beschlusses nachkomme. Der Beschluss wurde der Vollstreckungsschuldnerin am 27. November 2017 zugestellt. Eine Beschwerde hiergegen erhob sie nicht.

7

Am 30. November 2017 erhob die Vollstreckungsschuldnerin Vollstreckungsabwehrklage (2 K 9597/17). Den zugleich beantragten vorläufigen Vollstreckungsschutz (2 E 9598/17) lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2017 ab. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung (§ 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 767, 769 ZPO) sei nicht zu entsprechen, da die Vollstreckungsabwehrklage voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Der Prozessvergleich vom 25. Juni 2015 sei durch die Vollstreckungsschuldnerin nicht wirksam gekündigt worden; eine wesentliche Änderung der dem Vergleich zugrunde liegenden Umstände liege nicht vor. Der Wechsel der Schüler der Lerngruppe in die Regelklassen sei in dem Konzept der Lerngruppe bereits bei Vergleichsschluss angelegt gewesen. Das weitere Risiko der Entwicklung der Lerngruppe habe daher bei Vergleichsschluss die Vollstreckungsschuldnerin übernommen. Dem Vergleich liege wohl nicht die Vorstellung zugrunde, dass der Vollstreckungsgläubiger in der Lerngruppe „optimal“ gefördert werden könne und bis zum Ende der Jahrgangsstufe 9 den ESA erreichen werde. Selbst wenn aber die Erwartung einer optimalen Förderung Vertragsgrundlage geworden sei, so könne sich die Vollstreckungsschuldnerin nicht darauf berufen, dass sich diese Erwartung nicht erfüllt habe, weil sie es in der Vergangenheit versäumt habe, sonderpädagogische Förderpläne für den Vollstreckungsgläubiger zu erstellen und damit eine wesentliche Grundlage für eine optimale Förderung nicht geschaffen habe. Zudem sei die Erfüllung des Vergleichs nicht deshalb objektiv unmöglich geworden, weil eine solche Lerngruppe in der ursprünglichen Form nicht mehr bestehe. Die Lerngruppe sei von Anfang an darauf angelegt gewesen, dass dem Vollstreckungsschuldner zeitweise auch Einzelunterricht zu erteilen gewesen sei. Die Erfüllung dieser Pflicht sei nicht unmöglich geworden. Auch sei es nicht von vorneherein vollkommen ausgeschlossen, dass der Vollstreckungsschuldner jedenfalls zeitweise mit weiteren Schülerinnen und Schülern unterrichtet werde. Dass die Leistung möglicherweise in grobem Missverhältnis zu dem Aufwand stehe, den die Vollstreckungsschuldnerin für die Erbringung der Leistung tätigen müsse, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Die von der Vollstreckungsschuldnerin angebotene Einzelbeschulung des Vollstreckungsgläubigers dürfte mit entsprechend hohem finanziellem Aufwand verbunden sein. Der unanfechtbare Beschluss ist der Vollstreckungsgläubigerin am 18. Dezember 2017, einem Montag, zugestellt worden.

8

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2017 setzte das Verwaltungsgericht ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro entsprechend der mit Beschluss vom 22. November 2017 erfolgten Zwangsgeldandrohung fest. Die in diesem Beschluss festgesetzte Frist von drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses sei am 18. Dezember 2017 abgelaufen. Dennoch erfülle die Vollstreckungsschuldnerin ihre Verpflichtungen aus Ziffer 1. und 2. des Vergleichs nicht. Dass die gegen die Vollstreckung vorgebrachten Argumente nicht zum Wegfall der Verpflichtung führten, habe die Kammer im Beschluss vom 14. Dezember 2017 festgestellt.

9

Gegen den ihr am 21. Dezember 2017 zugestellten Beschluss hat die Vollstreckungsschuldnerin am 4. Januar 2018 die vorliegende Beschwerde erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, ihre Verpflichtung aus dem Vergleich könne nicht erzwungen werden, weil der Vergleich wirksam gekündigt worden und die Umsetzung des Vergleichs unmöglich geworden sei. Zur weiteren Begründung nimmt sie auf ihre Schriftsätze im Verfahren 2 E 9676/17 Bezug, in welchem es um die Aufstellung des Förderplans für den Vollstreckungsgläubiger geht und in diesem Zusammenhang u.a. auch um die dort erfolgte Festlegung des Lernortes in den Räumen des ReBBZ Bergedorf. Eine Anpassung des Vergleichs dahingehend, dass der Vollstreckungsschuldner Einzelunterricht am J.....-Gymnasium erhalte, sei nicht möglich.

II.

10

Die zulässige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro gegen die Vollstreckungsschuldnerin festgesetzt.

11

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 25. Juni 2015 gemäß § 172 VwGO erfolgt. Es ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass der gerichtliche Vergleich gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO ein vollstreckungsfähiger Titel ist, es einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, und die nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 750 ZPO notwendige Zustellung des gerichtlichen Vergleichs an die Vollstreckungsschuldnerin gemeinsam mit dem Beschluss vom 22. November 2017 (2 V 8965/17) am 27. November 2017 erfolgte. Zudem lag eine grundlose Säumnis (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.12.1968, I WB 31.68, BVerwGE 33, 230) vor.

12

Die nach § 172 VwGO notwendigen weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Das Zwangsgeld ist der Vollstreckungsschuldnerin unter Fristsetzung durch inzwischen unanfechtbaren Beschluss vom 22. November 2017 angedroht worden. Die dort gesetzte Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses, die am 18. Dezember 2017 ablief, ist verstrichen. Die Vollstreckungsschuldnerin war auch weiterhin grundlos säumig, da sie den Vollstreckungsgläubiger nicht entsprechend Ziffer 1. und 2. der von ihr im gerichtlichen Vergleich vom 25. Juni 2015 eingegangenen Verpflichtungen in der Lerngruppe des J.....-Gymnasiums beschult.

13

Die von der Vollstreckungsschuldnerin geltend gemachte Kündigung des gerichtlichen Vergleichs vom 25. Juni 2015 aufgrund wesentlicher Veränderungen der dem Vergleichsschluss zugrunde liegenden Umstände sowie die von ihr geltend gemachte Unmöglichkeit der Leistung sind Einwendungen gegen den titulierten Anspruch selbst. Diese Einwendungen kann der Vollstreckungsschuldner nach der Systematik des gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Anwendung kommenden Vollstreckungsrechts der Zivilprozessordnung – abgesehen von den Fällen der Abänderungsklage gemäß § 323a ZPO – gemäß § 767 ZPO im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen. Auf Antrag kann das Vollstreckungsgericht gemäß § 769 ZPO anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 ZPO bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden kann. Dies ist für die Vollstreckung von Verpflichtungsurteilen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.1984, 4 C 53/80, BVerwGE 70, 227) und im Grundsatz auch für die Vollstreckung aus Bescheidungsurteilen (BVerwG, Beschl. v. 21.12.2001, 2 AV 3/01, NVwZ-RR 2002, 314, juris Rn. 4; vgl. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 12.3.1970, Bs I 100/69, HmbJVBl 1970, 56; offener: BVerwG, Beschl. v. 1.6.2007, 4 B 13.07, BauR 2007, 1709) anerkannt; in Bezug auf die Vollstreckung von Bescheidungsurteilen werden allerdings unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, in welchem Umfang die Behörde nach Erlass des Urteils eingetretene Änderungen der Sach- und Rechtslage bei der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat (vgl. Bader in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Auflage 2014, § 167 Rn. 12 f.; Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 172 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 172 Rn. 8). Nichts anderes kann in Bezug auf die Vollstreckung aus gerichtlichen Vergleichen gelten.

14

Diese Systematik verbietet es im Grundsatz, Einwendungen gegen das (Fort-)Bestehen einer titulierten Forderung - wie die von der Vollstreckungsschuldnerin hier vorgebrachte Kündigung des Vergleichs sowie die Unmöglichkeit der Erfüllung - im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen. Vielmehr sind hierdurch Erkenntnisverfahren und Vollstreckungsverfahren getrennt. Sie sind entsprechend ihren Funktionen unterschiedlich prozessual ausgestaltet; insbesondere ist das Vollstreckungsverfahren formalisiert ausgestaltet ist, um es effektiv zu gestalten, und sieht keine mündlichen Verhandlung vor (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 172 Rn. 54).

15

Hinzu kommt vorliegend, dass die Vollstreckungsschuldnerin von den nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 767, 769 ZPO bestehenden Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat. Gestützt auf die auch vorliegend vorgebrachten Einwendungen (Kündigung aufgrund wesentlicher Änderung der dem Vergleichsschluss zugrunde liegenden Umstände; Unmöglichkeit der Leistung) hat sie Vollstreckungsgegenklage erhoben (2 K 9597/17), über die noch nicht entschieden worden ist. Den Antrag der Vollstreckungsschuldnerin auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 25. Juni 2015 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2017 (2 E 9598/17) abgelehnt. Ein Rechtsmittel gegen einen Beschluss nach § 769 ZPO ist nicht vorgesehen. An diesen Beschluss ist demnach derzeit auch das Beschwerdegericht im Rahmen der Überprüfung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gebunden.

16

Darüber hinausgehend wird vertreten, die Zwangsvollstreckung müsse eingestellt werden, wenn die Erfüllung unmöglich geworden sei (vgl. Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 172 Rn. 86; Schmidt-Kötters in Posser/Wolff, VwGO, 2. Auflage 2014, § 172 Rn. 30), etwa weil der Gläubiger an der Leistung kein Interesse mehr habe (OVG Berlin, Beschl. v. 4.11.1998, 3 S 15.98, NVwZ-RR 1999, 411) oder die herauszugebende Sache untergegangen sei (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 172 Rn. 51). Angesichts der aufgezeigten Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts kann sich dies allenfalls auf eine offensichtliche Unmöglichkeit der Leistung oder andere offenkundige bzw. unstreitige Fallkonstellationen beziehen, die das Rechtsschutzinteresse an einer Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung entfallen lassen, mit keiner Rechtsverkürzung für den Vollstreckungsgläubiger einhergehen und die Effektivität des Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht schmälern (vgl. zu § 888 ZPO: LAG Kassel, Beschl. v. 6.7.2016, 10 Ta 266/16, juris Rn. 27 ff.). Ein derartiger Fall der offensichtlichen Unmöglichkeit der Leistung ist vorliegend nicht gegeben, wie sich bereits aus dem entgegenstehenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2017 (2 E 9598/17) ergibt.

17

Soweit in der Literatur (vgl. Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 172 Rn. 87) ferner ganz allgemein die Auffassung vertreten wird, das Vollstreckungsgericht dürfe nicht „sehenden Auges“ eine Vollstreckung anordnen, die die Rechtsordnung schlechterdings für unzulässig halte, kann dies nach Auffassung des Beschwerdegerichts angesichts der aufgezeigten Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts nicht über die aufgezeigten Fälle der Offenkundigkeit hinausgehen. Entsprechendes gilt auch, soweit in der Literatur geltend gemacht wird, das Vollstreckungsrecht verlange grundsätzlich die Identität des rechtskräftig festgestellten mit dem zu vollstreckenden Anspruch, der bei Wegfall der Geschäftsgrundlage bzw. Unmöglichkeit der Leistung nicht gegeben sei (vgl. Jacob, VBlBW 2012, 135, 136).

III.

18

Die Vollstreckungsschuldnerin hat als Unterlegene die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht veranlasst, da lediglich Gerichtsgebühren anfallen, die nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) streitwertunabhängig sind (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 15.6.2010, 13 E 201/10, juris Rn. 18).

19

Einer Entscheidung über den Antrag des Vollstreckungsgläubigers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bedarf es nicht mehr, da die Vollstreckungsschuldnerin mit ihrer Beschwerde unterlegen ist.

Tenor

Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. September 2010 – 5 N 580/10 – wird dem Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall angedroht, dass er bis zum 15. Februar 2011 keine Maßnahmen zur Erfüllung der ihm durch das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. September 2008 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtungen gegenüber dem Beigeladenen ergreift.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Vollstreckungsschuldner und der Beigeladene je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und unter entsprechender Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung in dem vorbezeichneten Beschluss von Amts wegen auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.9.2010 ist auch begründet.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Vollstreckungsgläubiger einen Anspruch darauf, dass der Vollstreckungsschuldner gemäß § 172 VwGO durch Androhung eines Zwangsgeldes zur Erfüllung der ihm durch Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtung angehalten wird. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt. Das vorbezeichnete Senatsurteil, mit dem dem Vollstreckungsschuldner als Beklagtem des damaligen Rechtsstreits (wörtlich) aufgegeben wird:

„…, der Beigeladenen die Nutzung des auf dem Grundstück A-Straße in A-Stadt im Grenzbereich zum Anwesen C-Straße befindlichen Schornsteins zu untersagen“,

ist - versehen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung – dem Vollstreckungsschuldner am 31.10.2008 und den übrigen Beteiligten bereits am 23.10.2008 zugestellt worden und hat – nachdem keiner der Beteiligten innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde gegen die in ihm ausgesprochene Nichtzulassung der Revision erhoben hat - Rechtskraft erlangt. Ein Vollstreckungstitel im Verständnis von § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO liegt mithin vor, der den Beteiligten im Amtsbetrieb zugestellt worden ist. Mittlerweile – mit Schriftsatz vom 16.12.2010 – hat der Vollstreckungsgläubiger auch eine mit Vollstreckungsklausel versehene Kopie dieses Senatsurteils zu den Akten des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens gereicht, so dass auch von der Erfüllung der Anforderungen der §§ 167 Abs. 1 VwGO, 724, 725 ZPO auszugehen ist. Im Übrigen neigt der Senat zu der Ansicht, dass es in den Fällen des § 172 VwGO in entsprechender Anwendung von § 171 VwGO einer vollstreckbaren Ausfertigung des zu vollstreckenden Verpflichtungstitels nicht bedarf. Zwar weist der Beigeladene zutreffend darauf hin, dass die Regelung des § 171 VwGO nach ihrem Wortlaut für die Fälle der §§ 169 und 170 Abs. 1 bis 3 VwGO eine Vollstreckungsklausel für entbehrlich erklärt, die Fälle des anschließenden § 172 VwGO jedoch gerade nicht einbezieht, wobei das Gewicht dieses hieraus gegen die erweiternde Auslegung von § 171 VwGO abgeleiteten systematischen Arguments noch durch den Umstand verstärkt wird, dass der Gesetzgeber in – hier zu unterstellender – Kenntnis des Meinungsstreits über die Zulässigkeit einer solchen Auslegung bislang keine Veranlassung gesehen hat, die betreffende Vorschrift – zum Beispiel im Zuge einer der Novellen zur Verwaltungsgerichtsordnung – zu ändern. Auf der anderen Seite betreffen jedoch auch die Fälle der §§ 169 sowie 170 Abs. 1 bis 3 VwGO Konstellationen, in denen entweder der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs oder das Gericht des ersten Rechtszugs selbst Vollstreckungsbehörde ist. Von daher erscheint es in den Fällen des § 172 VwGO ebenso wenig wie in den in § 171 VwGO ausdrücklich angesprochenen Fällen sinnvoll, vom Vollstreckungsgläubiger zu verlangen, dem Gericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels vorzulegen, den ihm dieses Gericht selbst oder allenfalls noch die Rechtsmittelinstanz zuvor erteilt hat. Das dürfte es rechtfertigen, auch in den Fällen des § 172 VwGO die Bestimmung des § 171 VwGO entsprechend anzuwenden

so OVG Münster, Beschluss vom 10.7.2006 – 8 E 91/06 – NVwZ – RR 2007, 140 m.w.N; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 171 Rdnr. 12; anderer Ansicht freilich Bader u.a., VwGO, § 171 Rdnr. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 171 Rdnr. 1.

Das bedarf indes aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Klärung, da – wie bereits angesprochen – dem Vollstreckungsgläubiger mittlerweile eine vollstreckbare Ausfertigung des Senatsurteils vom 18.9.2009 seitens des Verwaltungsgerichts erteilt worden ist, die er dann wiederum im vorliegenden Beschwerdeverfahren in beglaubigter Kopie vorgelegt hat.

Sind danach die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt, so ist ferner festzustellen, dass der Vollstreckungsschuldner der ihm im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtung nicht (vollständig) nachgekommen ist. Erforderlich ist insoweit eine grundlose Säumnis des Vollstreckungsschuldners, wobei es freilich nicht darauf ankommt, ob ihn ein Verschulden trifft. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Allerdings hat der Vollstreckungsschuldner vorliegend, nachdem er nach Rechtskräftigwerden des Urteils zunächst einmal rund ein Jahr untätig geblieben war, wenn auch auf Drängen des Vollstreckungsgläubigers entsprechend dem Tenor des zu vollstreckenden Senatsurteils mit Bescheid vom 11.1.2010 ein Nutzungsverbot betreffend den umstrittenen Schornstein auf dem Anwesen des Beigeladenen verfügt, außerdem für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung innerhalb der gesetzten Frist ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro angedroht und aufschiebend bedingt festgesetzt sowie ferner – nachdem der Beigeladene gegen die Verfügung vom 11.1.2010 Widerspruch erhoben hat – unter dem 9.6.2010 – wiederum auf Drängen des Vollstreckungsgläubigers – die sofortige Vollziehbarkeit dieses Nutzungsverbotes angeordnet. Auch entspricht es der den Beteiligten mit Verfügung vom 3.12.2010 mitgeteilten bisherigen Rechtsprechung des Senats

vgl. Beschluss vom 22.3.1985 – 2 W 419/85 – NVwZ 1986, 763,

dass in Fallgestaltungen, in denen sich die zu vollstreckende Entscheidung nach ihrem Wortlaut darauf beschränkt, der Behörde den Erlass einer bauaufsichtsbehördlichen Anordnung – einer Beseitigungsanordnung oder wie hier eines Nutzungsverbotes – aufzugeben, die behördliche Verpflichtung nicht auch die Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung dieser Verfügung einschließt. Zur Begründung ist in dem zitierten Beschluss vom 22.3.1985 ausgeführt, es entspreche einem vollstreckungsrechtlichen Grundsatz, dass im Wege der Zwangsvollstreckung nur solche Handlungen erzwungen werden könnten, die eindeutig Gegenstand des Verpflichtungsausspruches seien. Zum anderen wird die Ansicht vertreten, die Verbindung der Verpflichtung zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung mit der Verpflichtung zu ihrer Vollstreckung führte zu einem unzulässigen Entscheidungsinhalt, da die Durchsetzung der bauaufsichtlichen Maßnahme einen Verstoß des Verpflichteten gegen die ihm auferlegte Verhaltenspflicht voraussetze und der Behörde dann bei der Bestimmung des Zwangsmittels Ermessen zustehe.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr fest. Zum einen muss gesehen werden, dass die Verpflichtung der Behörde zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung im Baunachbarstreit voraussetzt, dass ein Verstoß gegen (auch) den Schutz des – rechtsmittelführenden – Nachbarn bezweckende Vorschriften des öffentlichen Rechts festgestellt wird und die bauaufsichtliche Anordnung, deren Erlass der Behörde im Verpflichtungsurteil aufgegeben wird, letztlich nur das Mittel bestimmt, mit dem der festgestellte Rechtsverstoß zu beseitigen ist. Geht es danach im Ergebnis um die Beseitigung einer festgestellten Rechtsverletzung beziehungsweise um die Herstellung eines nachbarrechtskonformen Zustandes, so kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es mit dem Erlass der der Behörde aufgegebenen Maßnahme nicht sein Bewenden haben kann, wenn der Inanspruchgenommene der in Befolgung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung getroffenen Anordnung nicht Folge leistet. Dies lässt sich den Gründen der zu vollstreckenden Entscheidung entnehmen, auf die auch in anderen Fällen – zum Beispiel bei Bescheidungsurteilen – zurückgegriffen werden muss, um die Reichweite der behördlichen Verpflichtung zu bestimmen

vgl. zum Beispiel OVG Münster, Beschluss vom 20.2.1992 – 10 E 1357/91 – NVwZ-RR 1992, 518.

Im Übrigen hat dies offenbar auch der Vollstreckungsschuldner so gesehen, der das von ihm mit Bescheid vom 11.1.2010 ausgesprochene Nutzungsverbot mit der Androhung und aufschiebend bedingten Festsetzung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung bewehrt und – nach Erhebung des Widerspruchs des Beigeladenen – den Sofortvollzug angeordnet hat. Dass der Verbindung von Verpflichtung zum Erlass einer Ordnungsverfügung mit der Verpflichtung zu ihrer zwangsweisen Durchsetzung im Falle der Nichtbefolgung nicht per se durchgreifende prozessuale Hindernisse entgegen stehen, wird auch von Vertretern der Literatur angenommen, die es ablehnen, in der Verpflichtung zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung zugleich die Verpflichtung ihrer Erzwingung zu sehen

vgl. zum Beispiel Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 113 Rdnr. 177, 189, zur Zulässigkeit einer Stufenklage analog § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO beziehungsweise § 113 Abs. 4 VwGO.

Der gerichtlichen Verpflichtung, die der Behörde bei der Anwendung von Verwaltungszwang zustehenden Ermessensspielräume zu respektieren, kann im Rahmen der Vollstreckung eines Verpflichtungsurteils nach § 172 VwGO bei der Beurteilung des Erfordernisses der – grundlosen – Säumigkeit der Behörde Rechnung getragen werden. Diese Notwendigkeit ergäbe sich im Übrigen in gleicher Weise, wenn es um die Vollstreckung eines – im Wege der Stufenklage erstrittenen - Urteils ginge, das im zweiten Schritt zur Durchsetzung der der Behörde aufgegebenen Anordnung verpflichtete, oder um die Vollstreckung einer Entscheidung in einem nach Nichtbefolgung der auf ein Verpflichtungsurteil hin ergangenen bauaufsichtsbehördlichen Anordnung durchgeführten weiteren - selbstständigen – Klageverfahren mit dem Ziel, die Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung der im Erstprozess erstrittenen Anordnung anzuhalten

vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, § 113 Rdnr. 189; sowie im Übrigen Beschluss des Senats vom 7.9.1988 – 2 R 422/86 – betreffend die Verpflichtung zur Anwendung der Ersatzvornahme zur Durchsetzung einer nach fruchtloser Zwangsgeldfestsetzung weiterhin nicht befolgten in einem früheren Verfahren (1982) erstrittenen Beseitigungsanordnung.

Der der letztgenannten Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt macht im Übrigen deutlich, dass die Verweisung des Nachbarn auf ein gesondertes Erkenntnisverfahren, um die Verpflichtung der Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung einer zuvor in einem – unter Umständen mehrjährigen – Rechtsstreit erstrittenen, aber nicht befolgten bauaufsichtlichen Anordnung zu erlangen, mit dem Gebot der effektiven Rechtsschutzgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG) allenfalls schwer zu vereinbaren sein dürfte.

Umfasst danach die durch das Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – begründete Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners nicht nur den Erlass des letztlich unter dem 11.1.2010 verfügten Nutzungsverbotes gegenüber dem Beigeladenen, sondern auch dessen zwangsweise Durchsetzung, so hat der Vollstreckungsschuldner diesen – zweiten – Teil seiner Verpflichtung ungeachtet des Umstandes, dass er das Nutzungsverbot für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb der gesetzten Frist mit der Androhung und – aufschiebend bedingten – Festsetzung eines Zwangsgeldes bewehrt und seine Anordnung – nach Widerspruchserhebung – für sofort vollziehbar erklärt hat, ohne hinreichende Rechtfertigung nicht vollständig erfüllt. Denn der Vollstreckungsschuldner hat vorliegend, nachdem der Beigeladene in Absprache mit ihm den umstrittenen, von dem Nutzungsverbot erfassten Schornstein mittels eines Edelstahlrohrs erhöht und Bescheinigungen des zuständigen Bezirksschornsteinfegermeisters vorgelegt hat, wonach die Schornsteinmündung nunmehr 40 cm über First des vorgelagerten Wohngebäudes liege und dem Betreiben der Feuerstätte zugestimmt werde (Bescheinigung über die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlage sowie über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit gemäß § 41 Abs. 6 und § 79 Abs. 2 LBO), von weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung des Nutzungsverbotes Abstand genommen und dem Beigeladenen mitgeteilt, seine Verfügung vom 11.1.2010 und die Anordnung vom 9.6.2010 hätten sich erledigt (Schreiben vom 13.7.2010 an den Beigeladenen).

In der Erhöhung und Führung des umstrittenen Schornsteines über Fristhöhe liegt indes keine – im Verfahren nach § 172 VwGO freilich prinzipiell beachtliche - Erfüllung des Senatsurteils vom 18.9.2008. Denn die in diesem Urteil ausgesprochene Verpflichtung gibt als Mittel zur Beseitigung der festgestellten Verletzung von Rechten des Vollstreckungsgläubigers gerade den Erlass eines Nutzungsverbotes und – erforderlichenfalls – dessen zwangsweise Durchsetzung vor. Vorliegend wird der Schornstein – wenn auch in seiner geänderten Ausführung – gerade weiterbetrieben. Allenfalls handelt es sich bei der Erhöhung des Schornsteins um eine Beseitigung des Rechtsverstoßes „auf andere Weise“, nämlich durch Herstellung eines nunmehr nachbarrechtskonformen „aliud“. Die Herstellung eines „aliud“, das heißt die Änderung der beanstandeten baulichen Anlage kann zwar unter dem Gesichtspunkt eines zulässigen Austauschmittels einen dem Nutzungsverbot gleichwertigen Weg zur Beseitigung des Rechtsverstoßes darstellen. Bezogen auf den Zeitpunkt des Ergehens der zu vollstreckenden Entscheidung handelt es sich jedoch dann um eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die nach wohl überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht mit Erfolg im Verfahren nach § 172 VwGO eingewandt werden kann, sondern vom Vollstreckungsschuldner mittels einer Vollstreckungsgegenklage (§§ 167 Abs. 1 VwGO, 767 ZPO) geltend zu machen ist, die erforderlichenfalls mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 769 ZPO verbunden werden kann

vgl. zum Beispiel Kopp/Schenke a.a.O, § 172 Rdnr. 8; Bader u.a., VwGO, 4. Auflage 2007, § 172 Rdnr. 12; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 172 VwGO Rdnr. 54-58; BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001 – 2 AV 3/01 – zitiert nach Juris; OVG Münster, Beschluss vom 15.6.2010 – 13 E 201/10 – NVwZ-RR 2010, 750; OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.12.1973 – I B 155/73 – NJW 1974, 918; anderer Ansicht möglicherweise OVG Münster, Beschluss vom 13.2.1997 – 10 E 45/97 – zitiert nach Juris, das sich mit der Frage befasst, ob nach – im entschiedenen Fall verneinter – Änderung der Identität der baulichen Anlage ein neuer Titel erforderlich wird.

Wäre der Einwand der gegenüber dem Titel erheblichen nachträglichen Veränderungen der Sach- und/oder Rechtslage im Verfahren nach § 172 VwGO beachtlich, würde ein etwaiger und auch hier entstandener Streit darüber, ob durch die Erhöhung des Schornsteins wirklich eine gegenüber der titulierten Verpflichtung durchgreifende Änderung der Sach- und/oder Rechtslage herbeigeführt wurde, das heißt vorliegend, ob die vorgenommene Schornsteinerhöhung ein gleichermaßen taugliches Mittel zur Behebung des der ausgesprochenen Verpflichtung zugrundeliegenden Nachbarrechtsverstoßes darstellt wie das dem Vollstreckungsschuldner aufgegebene Nutzungsverbot, von der Vollstreckungsgegenklage, mit deren Erhebung ein Erkenntnisverfahren zur Überprüfung der Berechtigung des Einwandes einer gegenüber dem Titel durchgreifenden nachträglichen Veränderung der Verhältnisse eingeleitet wird, auf ein hierfür allenfalls nur begrenzt taugliches Beschlussverfahren verlagert und letztlich dem Nachbarn, der nach der gerichtlichen Feststellung in den Entscheidungsgründen des Verpflichtungsurteils in seinen Rechten verletzt ist, angesonnen, von neuem gegen das geänderte Vorhaben vorzugehen, wenn er die Tauglichkeit des Austauschmittels bestreitet. Das wäre mit der prinzipiell vorgesehenen prozessualen Rollenverteilung nicht zu vereinbaren, nach der es Sache des Vollstreckungsschuldners ist, eine beachtliche Veränderung der Sach- und Rechtslage mittels der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Ob etwas anderes ausnahmsweise in Fallgestaltungen zu gelten hat, in denen die Tauglichkeit des Austauschmittels offenkundig ist – zum Beispiel wenn der mit dem Nutzungsverbot belegte Schornstein beseitigt worden wäre -, kann dahinstehen. Eine solche Situation ist hier nicht gegeben: Der Vollstreckungsgläubiger stellt sowohl die realisierte Schornsteinhöhe als auch – mit Blick auf den Standort des Schornsteins im Bereich eines Anbaus „hinter“ den Hauptgebäuden der privaten Beteiligten – auch die Eignung dieser Maßnahme in Frage. Auch wenn nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wenig dafür spricht, dass ein solches pauschales Bestreiten gegenüber den Bestätigungen des sachkundigen Bezirksschornsteinfegermeisters zum Erfolg führen wird, kann nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Verfahrens nicht im Sinne von Offensichtlichkeit von der Tauglichkeit des Austauschmittels ausgegangen werden, und ist kein Raum für eine gegebenenfalls erforderliche weitere Sachaufklärung. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Feststellung eines Rechtsverstoßes zum Nachteil des Antragstellers im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das in § 34 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung erfolgt ist, in der die seinerzeit vorhandene – unzureichende – Schornsteinhöhe nur ein Element, wenn auch ein wesentliches, darstellte. Die nunmehr erfolgte Erhöhung des Schornsteines mit dem Ziel, unzumutbare Auswirkungen seines Betriebes auf das Anwesen des Vollstreckungsgläubigers zu verhindern, geht hier einher mit einer ebenfalls zu bewertenden Verstärkung des Eingriffes in die Abstandsflächenfunktionen, weil die unmittelbar an der Nachbargrenze stehende Anlage nunmehr deutlich höher ist. Auch das zeigt, dass für eine abschließende Beurteilung der Tauglichkeit des gewählten Austauschmittels im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO kein Raum ist. Der Vollstreckungsschuldner ist daher darauf zu verweisen, den Einwand, in der Schornsteinerhöhung liege ein dem ihm aufgegebenen Nutzungsverbot entsprechendes Austauschmittel zur Behebung der im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – beanstandeten Rechtsverletzung zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers mit der Vollstreckungsgegenklage und – gegebenenfalls – einem damit verbundenen Anordnungsantrag nach den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 769 ZPO geltend zu machen. Bis zu einer auf diesem Weg ergehenden Entscheidung, unter Umständen einer Anordnung nach § 769 ZPO, bleibt er zur Durchsetzung des Nutzungsverbotes verpflichtet und bleibt das Senatsurteil vom 18.9.2008 prinzipiell vollstreckbar. Das bedeutet, dass der Vollstreckungsschuldner gehalten ist, Maßnahmen zur Durchsetzung des von ihm unter dem 11.1.2010 verfügten Nutzungsverbots zu ergreifen oder wenn er der Ansicht sein sollte, in seinem – nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen – Schreiben vom 13.7.2001 liege eine Aufhebung des Nutzungsverbotes vom 11.1.2010 und der dazu ergangenen Vollzugsanordnung oder eine verbindliche, der Bestandskraft fähige Zusicherung, dass diese Anordnung nicht mehr durchgesetzt werde, so bleibt er verpflichtet, das ihm aufgegebene Nutzungsverbot erneut zu erlassen und erforderlichenfalls durchzusetzen, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger die im Schreiben vom 13.7.2010 unter Umständen getroffene Regelung durch Widerspruchserhebung suspendiert.

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass der Beigeladene hierdurch nicht rechtsschutzlos gestellt wird. Ist der Vollstreckungsschuldner nach dem vorbezeichneten Senatsurteil verpflichtet, das Nutzungsverbot im Wege des Verwaltungszwanges durchzusetzen, so hat der Beigeladene grundsätzlich die Möglichkeit, gegen Maßnahmen des Verwaltungszwanges (auch) gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Im Falle einer auf diesem Wege erwirkten - gegebenenfalls auch vorläufigen – gerichtlichen Einstellung der Zwangsvollstreckung könnte dem Vollstreckungsschuldner keine grundlose Säumnis im Verständnis von § 172 VwGO angelastet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene, der ebenfalls einen Antrag gestellt hat und (mit-) unterlegen ist, ist an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Es besteht keine Veranlassung, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 63 Abs. 2 GKG, wobei es der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes entspricht, für das Vollstreckungsverfahren den Streitwert zum Ansatz zu bringen, der im Erkenntnisverfahren festgesetzt worden ist.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 21.2.2001 – 1 Y 5/01 -.

Der danach maßgebliche Streitwert von 5.000,-- Euro ist sowohl im Beschwerdeverfahren als auch in Anwendung von § 63 Abs. 3 GKG unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Von Urteilen, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, darf eine vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, wenn der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird.

(2) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so ist der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, nur dann erforderlich, wenn die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung besteht.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den am 01.01.2006 in Kraft getretenen und derzeit in seiner Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 geltenden Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Stuttgart so fortzuschreiben bzw. zu ergänzen, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des Stundengrenzwertes für NO2 von 200 µg/m³ bei maximal 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im der Umweltzone Stuttgart enthält.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannter Umweltschutzverband, begehrt die Verurteilung des Beklagten, den für die Landeshauptstadt Stuttgart geltenden Teilplan des Luftreinhalteplanes für den Regierungsbezirk Stuttgart in der Fassung seiner 1. und 2. Fortschreibung (im Weiteren: Luftreinhalteplan Stuttgart) um die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des Stundengrenzwertes für NO2 von 200 µg/m³ bei maximal 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr zu ergänzen.
Bereits am 30.03.2005 erhob ein Stuttgarter Bürger beim Verwaltungsgericht Stuttgart erstmals eine Klage auf Erlass eines Luftreinhalte- und Aktionsplanes, weil der seit dem 01.01.2005 zum Schutz der menschlichen Gesundheit für Partikel PM10 geltende, über 24 Stunden gemittelte Immissionsgrenzwert von 50 µg/m³ (bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr) nicht eingehalten war. Dieser Klage gab das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 31.05.2005 statt (16 K 1121/05).
Daraufhin setzte das Regierungspräsidium Stuttgart mit Zustimmung des Umweltministeriums Baden-Württemberg zum 01.01.2006 den Luftreinhalteplan Stuttgart in Kraft, in dem insgesamt 36 Maßnahmen zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen festgelegt wurden.
Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, beantragte der damalige Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart im Verfahren 13 K 511/09 dessen Vollstreckung. Zur Begründung führte er aus, der aufgestellte Luftreinhalteplan Stuttgart enthalte keine geeigneten Aktionsplan-Maßnahmen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart teilte diese rechtliche Einschätzung und drohte dem Regierungspräsidium Stuttgart mit Beschluss vom 14.08.2009 ein Zwangsgeld für den Fall an, dass das Regierungspräsidium seiner Verpflichtung aus dem Urteil vom 31.05.2005 nicht bis zum 28.02.2010 nachkomme.
Da seit dem 01.01.2010 ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid NO2 von 40 µg/m³ einzuhalten ist (vgl. § 3 Abs. 2 i. V. m. der Anlage 11 der 39. BImSchV), nahm das Regierungspräsidium Stuttgart im Februar 2010 eine erste „Fortschreibung des Aktionsplans zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ vor, mit der unter anderem ein Lkw-Durchfahrtsverbot, nach Schadstoffgruppen zeitlich gestufte, ganzjährige Fahrverbote für Kraftfahrzeuge und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Hauptverkehrsstraßen angeordnet wurden.
Nachdem auch diese Maßnahmen in der Folgezeit nicht zu einer Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für PM10 und NO2 führten, erhob ein anderer Stuttgarter Bürger zwei weitere Klagen (13 K 3683/09 und 13 K 2756/12), die jeweils mit einem Prozessvergleich endeten.
Im Vergleich vom 15.09.2011 im Verfahren 13 K 3683/09 verpflichtete sich der Beklagte zur Prüfung und gegebenenfalls Anordnung einer weiteren Geschwindigkeitsbegrenzung (Tempo 40 km/h) und weiterer verkehrsbeschränkender Maßnahmen auf der B 14.
Im Vergleich vom 23.12.2013 im Verfahren 13 K 2756/12 verpflichtete sich der Beklagte, den Luftreinhalteplan Stuttgart ein weiteres Mal fortzuschreiben und mindestens zwei weitere Maßnahmen im Sinne des § 27 Abs. 2 der 39.BImschV aufzunehmen, die geeignet sind, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte für PM10 und NO2 am Wohnort des damaligen Klägers weiter zu reduzieren.
10 
Diese „2. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ erfolgte im Oktober 2014 und sah als „weitergehende Luftreinhaltemaßnahmen“ u. a. weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen an Steigungsstrecken sowie eine Verkehrsverflüssigung auf der B 14 vor.
11 
Nachdem auch diese weiteren Maßnahmen im Winterhalbjahr 2014/2015 wiederum zu keiner nennenswerten Reduzierung der PM10- und NO2-Belastungen auf der B 14 im Bereich des Neckartors führten, erhob der damalige Kläger eine weitere Klage auf Ergänzung des Luftreinhalteplanes Stuttgart um die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 µg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von Stuttgart (13 K 875/15).
12 
Dieses Klageverfahren 13 K 875/15 endete in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2016 mit folgendem Vergleich:
13 
1. Der Beklagte verpflichtet sich vorbehaltlich der Zustimmung des Ministerrats, den Luftreinhalteplan des Regierungspräsidiums Stuttgart, Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart bis 31.08.2017 wie folgt fortzuschreiben:
14 
Sofern die in der Klage monierten Immissionsgrenzwerte im Kalenderjahr 2017 noch überschritten werden, wird der Beklagte ab 01.01.2018 bei Wetterlagen, die nach dem Konzept des Beklagten, wie in seinem Schriftsatz vom 31.03.2016 in Abschnitt II dargestellt, die Ausrufung des Feinstaubalarms rechtfertigen, mindestens eine rechtmäßige verkehrsbeschränkende Maßnahme für das Neckartor auf der Grundlage seines Konzepts ergreifen, die geeignet ist, eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens am Neckartor um ca. 20 % gegenüber vergleichbaren Tagen für den Zeitraum der Verkehrsbeschränkung zu bewirken.
15 
2. Für den Fall, dass der Ministerrat die Zustimmung zum Vergleich nicht erteilt, können die Kläger den Vergleich bis zum 30.06.2016 widerrufen.
16 
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
17 
Nachdem der Ministerrat diesem Vergleich zugestimmt hatte und der genannte Immissionsgrenzwert für Partikel PM10 bereits Ende März 2017 erneut überschritten war und auch der für NO2 geltende Jahresmittelwert i. H. v. 40 µg/m³ im Jahr 2017 wiederum mit Sicherheit überschritten werden wird, legte das Regierungspräsidium Stuttgart Anfang Mai 2017 die „3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für den Regierungsbezirk Stuttgart/Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart zur Minderung der PM10- und NO2–Belastungen“ (im Weiteren: 3. Fortschreibung) vor, die seit dem 08.05.2017 auch Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5a BImSchG ist.
18 
Diese 3. Fortschreibung sieht die folgenden 20 als Maßnahmen bezeichneten Vorhaben vor:
19 
M1: Ab dem 01.01.2020 gilt ein ganzjähriges Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen der Stufe 5 gemäß der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung – 35.BImSchV) (Blaue Plakette), vorausgesetzt, die 35. BImSchV ist bis zu diesem Zeitpunkt so verändert, dass sie mindestens eine weitere Stufe (5) der Kennzeichnungsmöglichkeit enthält.
20 
M2a: Vorausgesetzt die 35.BImSchV wird noch im Jahr 2017 durch die Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer „Blauen Plakette“ erweitert, gilt ab 01.01.2018 an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verkehrsverbot für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen mit „Blauer Plakette“ für ein Gebiet auf allen Straßenzügen innerhalb des Stuttgarter Talkessels, auf allen Streckenabschnitten in Stuttgart-Feuerbach und auf einzelnen Streckenabschnitten in Stuttgart-Zuffenhausen.
21 
M2b: Sollte die 35.BImSchV bis zum 01.01.2018 noch nicht in der o. a. Art zur Verfügung stehen, wird ab 01.01.2018 auf einzelnen bestimmten Straßenabschnitten im Stadtgebiet von Stuttgart an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.
22 
M2c: Sollte die unter M2b dargestellte Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ergreifbar sein, wird ab 01.01.2018 zur Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs auf im einzelnen festgelegten Streckenabschnitten der B 14 (Cannstatter Straße, Am Neckartor), der Neckarstraße, der Tal-/Wagenburg-straße und der Landhausstraße im Stuttgarter Osten an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.
23 
M3: Die SSB AG baut ihr Angebot im Bereich der Stadtbahnen (neue Linien, Taktung, Verlängerung der Traktion auf Doppelzüge) weiter aus.
24 
M4: Als Vorlaufbetrieb für den Ausbau der Haltestellen der Linie U 1 für den 80-Meter-Zug-Betrieb plant die SSB AG zusammen mit der Landeshauptstadt Stuttgart zwischen Stuttgart-Bad Cannstatt und der Innenstadt im Jahr 2018 eine zusätzliche Schnellbuslinie (Betriebszeit 06:00 Uhr bis 20:30 Uhr) zur frühzeitigen Kapazitätserweiterung auf dieser hoch belasteten und bedeutsamen Nachverkehrsachse einzurichten.
25 
M5: Die Landeshauptstadt Stuttgart richtet zusätzliche Busspuren/Bussonderstreifen im Stuttgarter Talkessel ein. Die Maßnahme darf allerdings nicht zu relevanten Störungen oder Behinderungen des Kfz-Verkehrs führen.
26 
M6: Die SSB AG wird gewährleisten, dass auf den Buslinien im Stuttgarter Talkessel ab 01.01.2018 nur noch Busse mit Euro-VI-Standard oder Hybridantrieb unterwegs sind. Dazu erfolgt unter Voraussetzungen einer Landesförderung für diese Maßnahme bis zum 01.01.2018 eine vorgezogene Ersatzbeschaffung der 10 auf der Linie 42 eingesetzten CapaCity-Busse (derzeit noch EEV-Standard). Diese werden durch CapaCity-Busse mit Euro-VI-Standard ersetzt.
27 
M7: Das Land Baden-Württemberg unterstützt darüber hinaus die SSB AG bei der Ersatzbeschaffung ihrer EEV-Standard-Busse im Stadtgebiet von Stuttgart, so dass sukzessive im Rahmen der Ersatzbeschaffung unter ökologischen Gesichtspunkten die neueste und beste verfügbare Abgasreinigungstechnik bzw. alternative Antriebstechnik eingesetzt werden kann.
28 
M8: Der Verband Region Stuttgart wird im Rahmen des ÖPNV-Paktes bis zum 01.01.2025 sukzessive die Taktung auf bestimmten Strecken der S-Bahn und ihre Kapazität durch die Anschaffung neuer Züge erhöhen.
29 
M9: Weitere Expressbuslinien werden vom Verband Region Stuttgart sukzessive eingerichtet.
30 
M10: Die zuständigen Landkreise verbessern stufenweise den Bus-Zubringerverkehr zur S-Bahn, wie im ÖPNV-Pakt vereinbart.
31 
M11: Das Land Baden-Württemberg erhöht die Zahl der Zugverbindungen im Schienenpersonennahverkehr bis 2021 um 37 % von 415 Zügen auf 567 Zügen von/nach Stuttgart Hauptbahnhof und richtet dabei drei neue Metropolexpresslinien ein.
32 
M12: Der Verband Region Stuttgart entwickelt im Rahmen des ÖPNV-Paktes ein regionales Park + Ride-Konzept und setzt die erforderlichen Maßnahmen stufenweise um.
33 
M13: Die Landeshauptstadt Stuttgart setzt ihr Radverkehrskonzept weiter um und baut das Radwegenetzes auf den Hauptradrouten durch Stuttgart bis zum 01.01.2020 unter anderem auf den Hauptradrouten 2 (Stuttgart-Ost nach Hedelfingen), 9 (Radverbindung Geißeichstraße) und 10 (Vaihingen nach Sillenbuch) aus. Parallel dazu folgend sukzessive weitere Ausbauten, wofür im Haushalt der Landeshauptstadt Stuttgart die entsprechenden Haushaltsmittel bereitgestellt werden sollen. Die Maßnahme darf allerdings nicht zu relevanten Störungen oder Behinderungen des Kfz-Verkehrs führen.
34 
M14: Auf Basis eines Fußverkehrskonzepts plant die Landeshauptstadt Stuttgart ein Investitionsprogramm Fußverkehr zu erstellen, das die Strategie für Förderung und Umsetzung von Fußverkehrsmaßnahmen langfristig in Stuttgart festlegt.
35 
M15: Die Fahrzeuge der Landeshauptstadt Stuttgart und diejenigen des Landesfuhrparks Baden-Württemberg werden soweit es sich um Fahrzeuge handelt, die überwiegend im Stadtgebiet Stuttgart eingesetzt werden bzw. ihren regelmäßigen Stellplatz dort haben, im Rahmen der Neubeschaffung soweit möglich auf Elektro-, hilfsweise Hybrid-, hilfsweise Erdgasbetrieb umgestellt.
36 
M16: Zur Unterstützung einer beschleunigten Umstellung der Flottenzusammensetzung und Durchdringung der Kfz-Flotte mit Elektrofahrzeugen und anderen emissionsarmen Antrieben führt das Land Förderprogramme für Fahrzeuge von Pflege- und Lieferdiensten ein.
37 
M17: Die Landeshauptstadt Stuttgart plant, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet Stuttgart sukzessive ab dem 01.01.2018 auf 40 km/h zu reduzieren.
38 
M18: Die Höchstgeschwindigkeit im Stuttgarter Stadtgebiet wird an Feinstaub-Alarmtagen außerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 km/h bzw. auf mindestens vierstreifig ausgebauten Straßen auf 60 km/h reduziert, wenn sichergestellt ist, dass dies nicht zu spürbaren Ausweichverkehren führt.
39 
M19: Die Landeshauptstadt Stuttgart beabsichtigt, ihr Gebührensystem zu überprüfen und beginnend zum 01.11.2017 auch die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet moderat zu erhöhen. Hierbei sind die Interessen der Anwohner und des Handels zu berücksichtigen.
40 
M20: Die Gebühren der Parkhäuser im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart, die sich im Eigentum des Landes Baden-Württemberg befinden, werden im Zuge eines Gesamtkonzepts mit dem Ziel einer verträglichen Anpassung geprüft. Ausgenommen sind gewährte Benutzervorteile für emissionsarmen Fahrzeuge. Für Inhaber von längerfristigen Monatsverträgen sind angemessene Übergangsregelungen zu treffen.
41 
Bereits am 18.11.2015 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der seit dem 01.01.2010 geltende Jahresmittelgrenzwert für NO2 sei im Jahr 2013 an allen Verkehrsnahen Messstationen zum Teil um mehr als das Doppelte überschritten worden. Auch im Jahr 2014 hätten die Jahresmittelwerte an den Messstationen Am Neckartor und Hohenheimer Straße deutlich über den Grenzwerten gelegen. Der Stundengrenzwert sei an der Messstation Am Neckartor ebenfalls deutlich überschritten gewesen.
42 
Nach einem vom Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Mai 2015 würden unter Zugrundelegung der bisher in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart aus dem Jahr 2014 vorgesehenen Maßnahmen die genannten Immissionsgrenzwerte auch in Zukunft und bis über das Jahr 2020 hinaus nicht eingehalten. Wesentliche Ursache für diese Stickstoffdioxidbelastungen in Stuttgart sei der Straßenverkehr.
43 
Wegen dieser Überschreitungen der Stickstoffdioxidgrenzwerte habe die EU-Kommission die Bundesrepublik bereits mit Schreiben vom 22.09.2014 aufgefordert, mitzuteilen, bis wann die Grenzwerte eingehalten würden und weitere zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu benennen.
44 
Auf die Antwort der Bundesregierung vom 21.11.2014, wonach mit einer Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte im Stadtgebiet Stuttgart nicht vor dem Jahr 2020 und den Ballungsgebieten Stuttgart nicht vor dem Jahr 2030 gerechnet werden könne, habe die EU-Kommission mit Schreiben vom 08.06.2015 ein Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2015/2073, SG-Greffe (2015)D/6868) gegen die Bundesrepublik mit der Begründung eingeleitet, die langjährige Verzögerung sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass bislang keine geeigneten Maßnahmen getroffen worden seien, um den Zeitraum der Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich zu halten.
45 
Daraufhin habe der Beklagte der EU-Kommission ein zweistufiges Konzept „Luftreinhaltung für die Landeshauptstadt Stuttgart“ vom 27.07.2015 (im Weiteren: Konzept) vorgelegt. Die im aktuellen Luftreinhaltungsplan (2. Fortschreibung) und in dem Konzept vom 27.07.2015 enthaltenen Maßnahmen seien jedoch nicht geeignet, die Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten.
46 
Der Kläger habe deshalb mit Schreiben vom 13.08.2015 beim Beklagten den nun auch im Klageverfahren geltend gemachten Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans geltend gemacht.
47 
Hierauf habe der Beklagte lediglich mitgeteilt, der Luftreinhalteplan werde derzeit auf der Grundlage des am 27.07.2015 vorgestellten Konzepts fortgeschrieben. Daraufhin sei die vorliegende Klage erhoben worden.
48 
Diese sei als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Kläger sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere klagebefugt, weil er ein nach § 3 UmwRG anerkannter Verband sei.
49 
Die allgemeine Leistungsklage sei auch begründet. Dem Kläger stehe ein Rechtsanspruch auf Änderung/Fortschreibung des für Stuttgart geltenden Luftreinhalteplanes zu. Der für Stickstoffdioxid seit dem 01.01.2010 einzuhaltende Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ werde an mehreren Orten im Stadtgebiet überschritten. An der Messstelle Am Neckartor habe der Wert im Jahr 2014 bei 88 µg/m³ gelegenen. Auch der Stundengrenzwert sei dort im Jahr 2014 überschritten gewesen (36 statt 18 zulässige Überschreitungstage).
50 
Der Beklagte sei daher nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 27 der 39. BImSchV verpflichtet, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung der Luftverunreinigungen festlege. Diese Maßnahmen müssten geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Die bisher ergriffenen Maßnahmen seien hierfür nicht geeignet. Nichts anderes gelte auch für die im Rahmen der 3. Fortschreibung vorgesehenen Maßnahmen.
51 
Die geltenden Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV seien strikt verbindlich. Es handle sich um Werte, die aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt worden seien, schädliche Auswirkungen für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern, und die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eingehalten werden müssten und danach nicht mehr überschritten werden dürften (vgl. § 1 Nr. 15 der 39. BImSchV). Sie würden damit eine Gefahrenabwehrschwelle zum Schutz der Gesundheit definieren. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes handle es sich bei der Pflicht zur Einhaltung der Grenzwerte für NO2 nach Fristablauf um eine sog. „Ergebnisverpflichtung“, welche die Mitgliedstaaten nicht nach eigenem Ermessen hinausschieben könnten. Sofern das von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG geforderte Ergebnis der fristgerechten Grenzwerteinhaltung nicht erreicht werde, müsse der Mitgliedstaat nicht nur angemessene, sondern zur schnellstmöglichen Zielerreichung geeignete Maßnahmen ergreifen.
52 
Dabei stehe dem Planungsträger im Rahmen der Planung bei der Auswahl der Maßnahmen zwar ein Gestaltungsspielraum zu. Dieser Gestaltungsspielraum bestehe jedoch nur im Rahmen des vorgegebenen Ziels einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne dieses planerische Ermessen sogar auf die Festlegung einer bestimmten Maßnahme eingegrenzt sein, wenn allein die Wahl dieser Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lasse. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Umsetzung bestehe jedoch kein Ermessen. Ein schrittweises Vorgehen bei der Überschreitung bereits einzuhaltenden Grenzwerte sei daher nicht ausreichend.
53 
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes könne eine Maßnahme, die der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung diene, nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgeschlossen werden. Die komplexe Abstimmung der Eigentums-, Berufs- und allgemeinen Handlungsfreiheit mit dem Gesundheitsschutz könne nicht im Rahmen einer behördlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall erfolgen. Vielmehr bedürfe es hierfür einer gesetzlichen oder untergesetzlichen Konkretisierungsentscheidung, wie sie in Form der Immissionsgrenzwerte vorliege. Dies folge auch aus einem Umkehrschluss aus § 23 der 39. BImSchV, der die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen lediglich bei der Einhaltung der dort genannten langfristigen Ziele erwähne, nicht jedoch in Bezug auf Immissionsgrenzwerte. Insoweit sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit lediglich bei der Auswahl der Maßnahmenadressaten zu beachten. Diese Rechtsansicht zur Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Festlegung der zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte notwendigen Maßnahmen werde auch in der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichts und der Verwaltungsgerichte geteilt. In Bezug auf Immissionsgrenzwerte könne demnach lediglich in Fällen „höherer Gewalt“ auf Maßnahmen und zudem nur unter engen zeitlichen Voraussetzungen verzichtet werden.
54 
Die in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG enthaltene Ergebnisverpflichtung zur Luftreinhaltung impliziere also, dass hinsichtlich der hierfür zu ergreifenden Maßnahmen keine Beschränkung im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit bestehe. Eine andere Auslegung sei auch nicht mit dem Zweck der Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG vereinbar, da die Vorschrift als eine Art Notregelung dem Zweck diene, schwerwiegende Verstöße gegen das Unionsrecht zu beenden, welche gravierende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben.
55 
Nach einer Studie der WHO aus dem Jahr 2013 verkürze die Luftverschmutzung durch Feinstaub die durchschnittliche Lebenserwartung aller Menschen in der EU um 8,6 und in Deutschland sogar um 10,2 Monate. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur aus dem Jahr 2014 werde die NO2-Exposition unter anderem mit einer erhöhten Mortalität sowie mit vermehrten Atemwegserkrankungen in Verbindung gebracht. Dadurch, dass in der Richtlinie die von der WHO vorgeschlagenen deutlich niedrigeren Grenzwerte (noch) nicht festgeschrieben worden seien, seien die Aspekte der Durchführbarkeit der Emissionsreduzierung auch bereits auf gesetzgeberischer Ebene berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund stelle die Maßgabe der Eignung zur schnellstmöglichen Grenzwerterreichung, die in der Vorgängerrichtlinie noch nicht enthalten gewesen sei, eine bewusste Anhebung des Anforderungsniveaus angesichts bestehender gravierender Gesundheitsgefährdungen dar. Dies folge auch aus den Erwägungsgründen 2 und 3 der Richtlinie 2008/50/EG.
56 
Zu berücksichtigen sei schließlich, dass die Mitgliedstaaten nunmehr bereits 15 Jahre Zeit zur Erreichung der Grenzwerte gehabt hätten. Es sei daher auch aus diesem Grund nicht unverhältnismäßig, qualifizierte Anforderungen an die Eignung der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung zu stellen.
57 
Für die Verpflichtung des Beklagten zur Einhaltung der Grenzwerte sei das Verhalten anderer Rechtsträger unbeachtlich. Soweit die Grenzwertüberschreitungen auf unzureichende unionsrechtliche Abgasnormen zurückzuführen seien, sei zwar unstreitig, dass es der dringenden Einführung von Vorgaben für die Emissionsminderung im tatsächlichen Fahrbetrieb (sog. Real Driving Emissions; RDE) bedürfe. Sofern sich das Inkrafttreten solche Regelungen jedoch verzögere, seien diese allseits bekannten Defizite von den lokalen Behörden durch eigene effektive Maßnahmen zu kompensieren.
58 
Im Rahmen des zu erstellenden Gesamtkonzeptes zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte dürfe sich die Planung auch nicht auf eine Beschäftigung nur mit einzelnen Maßnahmen beschränken. Es seien vielmehr alle möglichen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, wozu auch die 110 geeigneten Maßnahmen gehören würden, die das Umweltbundesamt (UBA) in seiner „Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung“ aus dem Jahr 2013 benannt habe.
59 
Diesen Anforderungen werde die Luftreinhaltungsplanung des Beklagten weder mit der 2. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans aus dem Jahr 2014 noch mit den im Rahmen der 3. Fortschreibung vorgestellten Maßnahmen gerecht. Auch seien diese nicht geeignet, die Grenzwertüberschreitungen „so kurz wie möglich“ zu halten.
60 
Das vorgelegte Konzept entspreche bereits im Hinblick auf den vorgelegten Zeitplan nicht den oben dargelegten rechtlichen Anforderungen, da die Fahrbeschränkungen auf so genannte „Feinstaubalarmtage“ beschränkt seien und eine Grenzwerteinhaltung so erst für das Jahr 2020 prognostiziert und nur schrittweise angestrebt werde. Zudem hänge das Gelingen von mehreren Unwägbarkeiten ab.
61 
Der Begriff der Luftreinhaltemaßnahmen sei weit zu verstehen. In Betracht kämen alle behördlichen Aktivitäten, die zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte beitragen könnten. Bloße Handlungsabsichten seien dagegen nicht ausreichend. Es seien insbesondere verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu ergreifen, für die mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auch eine Rechtsgrundlage für Verkehrsbeschränkungen und -verbote existiere. Diese Begriffe seien weit zu verstehen und könnten sowohl den gesamten Kfz-Verkehr als auch nur bestimmte Fahrzeugarten betreffen. In zeitlicher Hinsicht könnten die Maßnahmen sowohl dauerhaft als auch zeitlich beschränkt sein. Die Bezugnahme auf die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beziehe sich im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung nur auf die Umsetzung der Verkehrsbeschränkungen durch Straßenverkehrsschilder. Weitere straßenverkehrsrechtliche Voraussetzungen müssten nicht vorliegen.
62 
Unter den Maßnahmenbegriff des § 47 Abs. 1 BImSchG würden auch planerische Maßnahmen fallen (vgl. § 47 Abs. 6 BImSchG), wie z.B. die Festsetzung von Fußgängerbereichen oder von verkehrsberuhigten Bereichen. Hierzu seien jedoch konkrete planungsrechtliche Festlegungen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Als „sonstige Entscheidungen“ im Sinne des § 47 Abs. 6 BImSchG kämen auch Maßnahmen in Betracht, die etwa durch Weisungen gegenüber anderen Verwaltungsträgern durchgesetzt werden könnten oder die Vergabe von Finanzmitteln und Subventionen für geeignete Luftreinhaltemaßnahmen (sog. Anreizentscheidungen). Die Mindestanforderungen an Luftreinhaltungsmaßnahmen seien in der Richtlinie 2008/50/EG in Anhang XV im Einzelnen genannt. Eine Beschränkung auf langfristige Maßnahmen sei bei bereits eingetretenen und anhaltenden Grenzwertüberschreitungen nicht zulässig. Ein Luftreinhalteplan müsse vielmehr ein wirksames Gesamtkonzept mit Immissionsprognose enthalten.
63 
Die derzeitige Planung des Beklagten entspreche diesen Anforderungen nicht und schöpfe insbesondere die vorhandenen Möglichkeiten nicht aus. Es fehle bereits an einer entsprechenden Gesamtplanung. Für den Großteil der angekündigten Maßnahmen gebe der Beklagte zudem kein Wirkungspotenzial an.
64 
Die vorgesehenen Maßnahmen im Bereich der Förderung emissionsarmer Fahrzeuge und Maschinen seien unzureichend, ein konkretes qualifiziertes Minderungspotenzial werde ihnen nicht zugeordnet. Für den Durchgangsverkehr werde keine verbindliche Maßnahme angekündigt. Die Umstellung auf emissionsarme Baumaschinen sei allein ebenfalls unzureichend.
65 
Das politische Engagement zur schnellen Einführung eines RDE-Testzyklus mache die Ergreifung verkehrsbeschränkender Maßnahmen nicht entbehrlich.
66 
Es sei auch nicht zu erwarten, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung (Ausweitung des Parkraummanagements, Förderung des Fußverkehrs, Erhöhung des Radverkehrsetats, Ausbau des ÖPNV im Stadtgebiet und in der Region, Lkw-Durchfahrtsverbot, Verkehrssteuerung zur Verstetigung des Verkehrs und zur Vermeidung von Durchfahrten durch die Umweltzone) zu einer Reduzierung des Kfz-Verkehrs um 20 % führen werde.
67 
Die derzeitige Förderung des ÖPNV durch Einführung des sog. Jobtickets gehe hierfür noch nicht weit genug, die Bezuschussung könne vielmehr noch deutlich höher ausfallen. Insbesondere sei in Erwägung zu ziehen, den Nahverkehr komplett gratis abzuwickeln, wie dies auch bereits in anderen Städten weltweit der Fall sei. Alternativ komme auch ein Bürgerticket oder ein deutlich günstigeres Jahresticket in Betracht.
68 
Die Einführung einer City-Maut sei nicht in Betracht gezogen worden, obwohl es für deren Einführung noch nicht einmal einer gesonderten landes- oder bundesrechtlichen Regelung bedürfe.
69 
Die Planung zur Förderung emissionsarmer Fahrzeuge sei dagegen zu unkonkret, mit zeitlichen Unsicherheiten behaftet und schöpfe die heute bestehenden Möglichkeiten zu einer solchen Förderung nicht aus.
70 
Dringend erforderlich und ohne weiteres möglich sei auch eine schnellere Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern, eine Optimierung der städtischen Fahrzeugflotte und der Taxiflotte sowie die Schaffung von finanziellen Anreizen (Förderprogramme) zur technisch ohne weiteres möglichen Nachrüstung schwerer Nutzfahrzeuge PKWs mit SCR(T)-Systemen.
71 
Die Beschränkung von Kleinfeuerungsanlagen sei weder zur sicheren Einhaltung der Feinstaub-Grenzwerte noch der NO2-Grenzwerte ausreichend. Ebenso wenig sei das planerische Potenzial zur Luftreinhaltung bei der Stadtplanung und dem Bau ausgeschöpft.
72 
Für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung sei letztlich eine deutliche Reduzierung der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Der Beklagte habe in seinem Konzept vom 27.07.2015 selbst anerkannt, dass die Einführung einer „Blauen Plakette“ besonders wirksam wäre, deren Einführung in zeitlicher Hinsicht jedoch nicht absehbar sei.
73 
Die im Konzept vom 27.07.2015 vorgesehenen zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverbote, etwa abwechselnd für Fahrzeuge mit geraden/ ungeraden Kennziffern, seien sofort zu ergreifen, die vorgesehene zeitliche Verzögerung (ab 2018) nicht nachvollziehbar.
74 
Der Ausschluss besonders verschmutzender Dieselfahrzeuge sei auf der Grundlage des § 40 Abs.1 Satz 1 BImSchG möglich. Ebenso sei die Umsetzung einer solchen Maßnahme durch entsprechende Verkehrszeichen auch schon heute möglich und werde beispielsweise in Italien bereits praktiziert. Dies habe das Bundesverkehrsministerium in einem Brief an das Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg auch ausdrücklich bestätigt.
75 
Statt der vom Bundesverkehrsministerium vorgeschlagenen, nicht differenzierenden Sperrung für den gesamten Verkehr durch Verdecken des Zusatzzeichens „Grüne Plakette“ sei es jedoch zweckmäßiger, lediglich dieselbetriebene Kraftfahrzeuge auszuschließen, die sich nicht mit einem SCRT-Filter nachrüsten lassen. Denn der Dieselverkehr sei mit einem Verursachungsbeitrag von ca. 85 % der Hauptverursacher der Luftverschmutzung mit Stickstoffdioxid in Ballungsgebieten.
76 
Solche gezielten Zufahrtsverbote für Dieselfahrzeuge seien auch bereits in früheren Aktionsplänen in anderen Städten enthalten gewesen. Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge seien auch ohne eine Novellierung der 35. BImSchV und der Einführung einer „Blauen Plakette“ rechtlich möglich, und zwar durch Verwendung des Verkehrszeichens 251 (Verbot für Kraftwagen) und einem Zusatzzeichen „Gilt für Diesel“ oder nur „Diesel“. Solche atypischen Zusatzzeichen seien nach der ständigen Rechtsprechung auch zulässig, da weder die StVO noch der zu § 39 StVO erlassene Katalog der Verkehrszeichen eine abschließende Aufzählung möglicher Zusatzzeichen enthalte und ein solches neues Zusatzzeichen lediglich der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedürfe. Da die Bezeichnung „Diesel“ international verwendet werde, sei dieses auch verständlicher als der vom Beklagten vorgesehene Zusatz für die Euro 6-Ausnahme. Da der straßenverkehrsrechtliche Sichtbarkeitsgrundsatz nicht für das Immissionsschutzrecht gilt und Ausnahmen deshalb schon aufgrund von § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG durch Allgemeinverfügung erlassen werden dürften, sei ein Zusatzzeichen, welches sich auf den Dieselverkehr bezieht, sogar entbehrlich.
77 
Als alternative Beschilderung komme deshalb auch die Ausweisung einer sogenannten „BMVI-Umweltzone“ in Betracht, die nach Rechtsansicht des Bundesverkehrsministeriums mit dem Zeichen Nr. 270.1 der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO ohne Zusatzzeichen bekannt gemacht werden könne. Da mit dieser Beschilderung der gesamte Fahrzeugverkehr ausgesperrt werde, seien für Fahrzeuge mit Grüner Plakette, die keine Dieselfahrzeuge sind, Ausnahmen durch personen- oder fahrzeug- bzw. Antriebsbezogene Allgemeinverfügungen zu erteilen.
78 
Alternativ hierzu könnten die Ausnahmen aber auch durch eine Beschilderung mit dem Verkehrszeichen 270.1 und dem Zusatzzeichen „Grüne Plakette“ sowie einem weiteren Zusatzzeichen „Kein Diesel“ verfügt werden. Weitere Ausnahmen seien ausdrücklich in § 2 Abs. 3 i. V. m. Anhang 3 der 35.BImSchV geregelt.
79 
Es sei schließlich auch kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum Ausnahmeregelungen zu Umweltzonen durch Allgemeinverfügung erlassen werden könnten und dies für Fahrverbote, die durch das Verkehrszeichen 251 bekannt gegeben werden, nicht ebenso gelten sollte. Auch die Kontrolle des Verkehrsverbotes sei sowohl im ruhenden als auch im fließenden Verkehr möglich. Der Umstand, dass der Dieselverkehr durch das Verkehrsverbot möglicherweise andere Straßen umgeleitet werde, rechtfertige kein Absehen von der Maßnahme.
80 
Da keine ebenso geeigneten, milderen Maßnahmen als die genannten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, dafür aber alternative Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen würden, seien diese auch verhältnismäßig. Solchen Maßnahmen könnten auch keine Bestandsschutzüber-legungen entgegengehalten werden. Dies habe der Beklagte für Fahrzeuge der Schadstoffklassen unterhalb Euro 6 auch selbst anerkannt.
81 
Obwohl weder die Besitzer von Dieselfahrzeugen noch die von den Immissionen betroffenen Bürger eine persönliche Schuld an der heutigen Schadstoffproblematik treffe, könne die Interessenabwägung nicht zulasten Letzterer ausgehen, weil die Immissionsgrenzwerte im Realbetrieb um ein Vielfaches überschritten würden und die in den Immissionsgrenzwerten zum Ausdruck kommende Interessenabwägung so systematisch missachtet werde.
82 
Hinsichtlich des möglichen Zeitpunktes eines Fahrverbotes sei es sinnvoll, zwischen den verschiedenen Fahrzeuggruppen zu differenzieren und die Möglichkeiten der Nachrüstung einzubeziehen. Bei neu zugelassenen Bussen und schweren Nutzfahrzeugen sei die Abgasnorm Euro 6 bereits seit 2014 Pflicht. Für diese Fahrzeuggruppe könnten die notwendigen Fahrverbote kurzfristig, etwa bereits zum 01.01.2017, umgesetzt werden. Ein Ausschluss von Dieselfahrzeugen der Schadstoffklassen Euro 4 und 5 aus den am stärksten belasteten Gebieten käme ab Januar 2018 in Betracht. Bei Kraftfahrzeugen, welche die aktuellsten Abgasstandards einhalten, sei dagegen eine etwas längere Übergangsfrist erforderlich, da die Schadstoffnorm Euro 6 bei Neuzulassungen erst im September 2015 verbindlich geworden sei.
83 
Der Begrenzung von Dieselfahrzeugen könne schließlich auch nicht der Klimaschutz entgegengehalten werden.
84 
Die sukzessive Erneuerung der Fahrzeugflotte reiche zur Verbesserung der Immissionssituation nicht aus, zumal die Immissionswerte auch von neu zugelassenen Pkws der Abgasnorm Euro 6 im Realbetrieb nicht eingehalten würden. Deren durchschnittlicher Stickoxidausstoß liege nach jüngsten Erkenntnissen des Forscherverbundes ICCT und des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) bei 500 mg/km und damit deutlich über dem Grenzwert von 80 µg/m³. Es sei daher rechtlich bedenklich, Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 von den Fahrverboten auszunehmen. Dies gelte auch im Hinblick auf die vom Beklagten vorgesehen straßenverkehrsrechtliche Beschilderung des Fahrverbots mit einem Zusatzzeichen "Nur für Dieselfahrzeuge unter Euro 6/VI“, da dies bei den betroffenen Verkehrsteilnehmern eine Kenntnis der Emissionsklasse ihres Kraftfahrzeuges voraussetze. Die allgemeine Beschränkung auf „Diesel“ sei demgegenüber rechtlich unproblematisch.
85 
Im Ergebnis seien nach alledem die verfügbaren und rechtmäßigen Maßnahmen für eine schnellere Grenzwerteinhaltung nicht ausgeschöpft. Insbesondere werde dem klägerischen Begehren auch nicht durch die im Vergleich vom 26.04.2016 vom Beklagten eingegangenen Verpflichtungen entsprochen, weil diese keine dauerhaften Verkehrsbeschränkungen beinhalten und sich lediglich auf schadstoffträchtige Wetterlagen beziehen würden. Die im Vergleich vorgesehenen Maßnahmen, die lediglich Am Neckartor eine Verkehrsreduzierung um 20 % bewirken sollen, seien damit nicht ausreichend, um die genannten NO2-Grenzwerte im gesamten Stadtgebiet einzuhalten.
86 
Nichts anderes gelte insoweit auch für den inzwischen vorliegenden Entwurf für eine 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart. Die darin enthaltenen Maßnahmen würden nicht den grundsätzlichen Anforderungen an die Eignung von Luftreinhaltemaßnahmen entsprechen, die das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 14.08.2009 im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 aufgestellt habe.
87 
Die im Planentwurf vorgesehene verkehrsbeschränkende Maßnahmen M1 (Blaue Plakette in der Umweltzone) sei zwar zu begrüßen. Diese Maßnahme gelte jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Bundesgesetzgeber durch eine Änderung der 35. BImSchV eine entsprechende Kennzeichnungsmöglichkeit durch die Blaue Plakette schaffe. Außerdem knüpfe die Maßnahme daran an, dass 80 % der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen an die neue Plakette erfüllen müssten. Insoweit gehe der Planentwurf aber selbst davon aus, dass dies frühestens im Jahr 2020 der Fall sei, möglicherweise also auch später. Es könne daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass es in Stuttgart die Blaue Plakette selbst im Jahr 2025 nicht gebe. Außerdem werde die Wirksamkeit der Maßnahme durch weitgehende und im Einzelnen sachlich nicht gerechtfertigte Ausnahmevorschriften eingeschränkt, nach denen etwa 20 % der Fahrzeuge aus dem Verkehrsverbot herausfallen würden. Sachlich nicht gerechtfertigt sei insbesondere auch die pauschale Ausnahme vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6, weil auch diese Fahrzeugklasse nach den Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes einen durchschnittlichen Stickoxidausstoß von 500 mg/km aufweise. Eine solche Herausnahme der Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 sei auch rechtlich nicht geboten, weil das baden-württembergische Straßenrecht ein Vertrauen des Bürgers an der Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs grundsätzlich nicht schütze und es auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gebiete, Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 pauschal von Verkehrsverboten auszunehmen. Mit den gesetzlichen Anforderungen unvereinbar sei schließlich auch der im Fortschreibungsentwurf angekündigte Verzicht auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen für den Fall einer Nachrüstzusage durch die Industrie.
88 
Diese Bedenken hinsichtlich der Ausnahmen für Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 würden auch für die Maßnahmen M2a bis c (Blaue Plakette/„Luftreinhaltestrecken“ im Talkessel oder Am Neckartor bei Feinstaubalarm ab 01.01.2018) gelten. Völlig ungeeignet seien diese Maßnahmen jedoch vor allem aufgrund ihrer zeitlichen Beschränkung auf Tage mit Feinstaubalarm, weil das Problem der Überschreitung der Jahresmittel- und Stundenmittelgrenzwerte für NO2 nicht lediglich an Feinstaubalarmtagen bestehe. Diese nur geringen Wirkungen der genannten drei Maßnahmen-Varianten räume der Fortschreibungsentwurf auch selbst ein. Es sei daher nur ein ganzjährig geltendes Fahrverbot geeignet. Die rechtliche Möglichkeit der Umsetzung der Maßnahmen M2b und M2c bestehe bereits heute, an deren bundesrechtlicher Zulässigkeit der Bekanntgabe mittels des Zeichens 251 der Anl. 2 StVO keine Zweifel bestünden. § 45 Abs. 1f StVO regle nur, wie eine Umweltzone zu kennzeichnen sei. Die Norm treffe jedoch keine Aussage dazu, dass innerhalb der Umweltzone keine Straße individuellen streckenbezogenen Beschränkungen unterliegen dürfe. Dies folge bereits daraus, weil nach der Konzeption der StVO begrifflich zwischen „Umweltzonen“ und „Strecken“ unterschieden werde. Als Rechtsgrundlage für streckenbezogene Verkehrsbeschränkungen komme zudem § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO in Betracht.
89 
Die Maßnahmen M3 bis M14 zur Stärkung des Umweltverbundes seien zu unkonkret, denn es werde bereits kein Immissionsminderungspotenzial für die einzelnen Maßnahmen genannt. Teilweise handle es sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des Verwaltungsgerichts Stuttgart auch bereits nicht um „Maßnahmen“ im Sinne des § 47 BImSchG. Teilweise seien sie auch in zeitlicher Hinsicht nicht als qualifizierte Luftreinhaltemaßnahmen nach § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG geeignet. Auch bei den Maßnahmen zur Verbesserung des Emissionsverhaltens bestimmter Flotten handle es sich nicht um Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG. Die Maßnahmen M17 und M18 (Ausweitung Tempo 40 auf Steigungsstrecken; Geschwindigkeitsreduzierung auf ausdrücklichen Straßen an Feinstaubalarmtagen) hätten nahezu kein Immissionsminderungspotenzial. Auch mit M19 und M20 (Erhöhung von Parkgebühren) seien keine konkreten Maßnahmen verbunden und eine Minderung der NO2-Immissionswerte Am Neckartor nicht zu erwarten.
90 
Die im Rahmen der Erstellung der Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans weiter diskutierten Maßnahmen seien überwiegend mit nicht überzeugenden Gründen abgelehnt worden. Dies gelte insbesondere für die Nahverkehrsabgabe und die City-Maut, der eine hohe Wirksamkeit bescheinigt werde. Die Richtigkeit der im Fortschreibungsentwurf enthaltenen Immissionsprognose sei ebenfalls zweifelhaft, weil die im Planentwurf angekündigten Maßnahmen mit den im Gesamtwirkungsgutachten untersuchten Maßnahmen in mehrfacher Hinsicht nicht deckungsgleich seien. Die Ergebnisse des Wirkungsgutachtens könnten daher nur bedingt zum Nachweis der Wirksamkeit des Maßnahmenpakets der 3. Fortschreibung herangezogen werden. Der Fortschreibungsentwurf sei somit insgesamt nicht geeignet, rechtmäßige Zustände herzustellen. Letzteres wäre nur dann der Fall, wenn die ab 2018 geltenden Streckenbeschränkungen ganzjährig gelten, die Ausnahmen für Euro 6 abgeschafft würden und die Blaue Umweltzone unmittelbar nach Novellierung der 35. BImSchV eingeführt würde. Soweit der Beklagte zuletzt vorgetragen habe, die Maßnahme M2b nicht mehr in den novellierten Luftreinhalteplan Stuttgart aufnehmen zu wollen, weil man mit einer Veränderung der Software zur Motorsteuerung im Rahmen der „Nachrüstlösung“ mehr erreichen könne, habe der Beklagte hierfür keinerlei Belege vorgelegt. Die angeblich vorrangigen Nachrüstlösungen würden vielmehr ausschließlich auf bloßen Gesprächen „mit der Autoindustrie“ - wer immer dies im Einzelnen auch sei - beruhen, obwohl diese Gespräche hinsichtlich der technischen, rechtlichen, finanziellen und zeitlichen Umsetzung bislang ohne konkretes Ergebnis geblieben seien. Es sei mittlerweile auch erwiesen, dass solche Software-Lösungen bei der NOx-Nachrüstung ungeeignet seien. Die Wirksamkeit solcher Softwareupdates liege zwischen 0% und 30 %. Die in diesem Zusammenhang weiter angesprochenen Konzepte der Hochschule Heilbronn und der TU Graz seien unzureichend, weil darin als Zielwerte der Nachrüstung lediglich Werte von 250 bzw. 360 mg NOx angestrebt würden, die deutlich über dem (gesetzlichen) Emissionsgrenzwert liegen und zudem nur bei Laborprüfzyklus (WLTC) eingehalten würden. Die vom Beklagten genannte Reduktion um 50 % der Maximalwerte sei im Übrigen nur dann zu erreichen, wenn keine Abschaltungen im Realbetrieb vorgenommen würden, was jedoch auch weiterhin beabsichtigt sei. Abgesehen von diesen technischen Einwänden, existiere bislang auch kein konkreter Vorschlag der Autoindustrie für die genannte Software-Lösung. Denn bislang hätten sich noch nicht einmal die deutschen Hersteller auf einen Vorschlag für eine Rückruflösung geeinigt. Jede Veränderung der Motorsteuersoftware erfordere zudem zwingend eine Prüfung und Genehmigung im Rahmen der EU-Verordnung 715/2007. Da die Entwicklung und Genehmigung von individuell unterschiedlichen Softwarelösungen für alle Euro 5- bzw. Euro 6-Modelle diverser Hersteller erfahrungsgemäß mehr als zwölf Monate dauere, und zwar beginnend ab dem Zeitpunkt der Einigung, seien im gesamten Jahr 2018 keinerlei Verbesserungen der Luftbelastungssituation und auch 2019 nur in geringem Maße zu erwarten. Schließlich könne auch nicht von einer hohen Beteiligungsbereitschaft der Diesel-Pkw-Halter an den Softwareänderungen ausgegangen werden, da selbst kostenlose Nachrüstaktionen in der Vergangenheit lediglich Beteiligungsquoten zwischen 5 und 20 % gehabt hätten. Demgegenüber habe der Kläger aufgezeigt, wie eine technisch wirksame Nachrüstung aussehe. Um einen Abgaswert unter 80 mg NOx/km bei realen Straßenmessungen zu erreichen, sei der Einbau einer neuen Abgasanlage mit einem Kostenaufwand von ca. 1500 EUR erforderlich.
91 
Der Beklagte sei im Hinblick auf die bisher vorgesehene Maßnahme M2b auch keineswegs an die Rechtsmeinung des BMVI als Rechtsaufsichtsbehörde gebunden. Dabei verkenne der Beklagte insbesondere, dass Streckenbeschränkungen wie in der Maßnahme M2b keine zonalen Verbote seien. Streckenbezogene Verkehrsbeschränkungen seien sowohl nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 als auch nach Abs. 1b Nr. 5 StVO zulässig (vgl. im Einzelnen Anwaltsschriftsätze vom 17.11.2015, 01.06.2016, 07.03.2017, 12.06.2017 und vom 17.07.2017).
92 
Der Kläger beantragt,
93 
den Beklagten zu verurteilen, den am 01.01.2006 in Kraft getretenen und derzeit in seiner Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 für die Landeshauptstadt Stuttgart geltenden Teilplan des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Stuttgart so fortzuschreiben bzw. zu ergänzen, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des Stundengrenzwertes für NO2 i. H. v. 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungen im Kalenderjahr in der Umweltzone Stuttgart enthält.
94 
Der Beklagte beantragt,
95 
die Klage abzuweisen.
96 
Er hält die Klage für unbegründet. Durch die beabsichtigte 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans würden die genannten Immissionsgrenzwerte bis zum Jahr 2021 eingehalten. Darüber hinausgehende Maßnahmen könnten vom Kläger nicht verlangt werden, weil es für solche weitergehenden Maßnahmen keine Rechtsgrundlage im geltenden Recht gebe und diese auch aus sonstigen Gründen - z.B. wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - rechtswidrig wären. Sollten die maßgebliche Immissionsgrenzwerte trotz dieser Maßnahmen nicht eingehalten werden können, scheide eine neuerliche Fortschreibung des Luftreinhalteplans um weitere Maßnahmen dennoch aus, weil der Bundesgesetzgeber bislang keine Rechtsgrundlagen für solche weitergehenden Maßnahmen geschaffen habe und der Beklagte nicht zu etwas rechtlich Unmöglichem verpflichtet werden könne.
97 
Zur näheren Begründung listet der Beklagte zunächst verschiedene Zahlen, Daten und Fakten zum tatsächlichen und technischen Hintergrund des Streitgegenstands des vorliegenden Klageverfahrens auf, namentlich zum Emissionsverhalten von Kraftfahrzeugen mit unterschiedlichen Antriebstechniken, den Kennzahlen zum Kraftfahrzeug-Bestand in Deutschland, zu den fiskalischen Rahmenbedingungen für die aktuelle Zusammensetzung des Kraftfahrzeug-Bestandes sowie zu den geographisch ökonomischen und verkehrlichen Eckdaten der Beigeladenen im Vergleich zu mehreren ausgesuchten Vergleichsstädten und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Danach sei unbestritten, dass die NO2 - und PM10 - Belastung in der Stuttgarter Innenstadt nach wie vor zu hoch sei. Der Vergleich zeige jedoch, dass die Immissionssituation in Stuttgart durch eine ausgeprägte Kessellage mit zahlreichen Steigungsstrecken geprägt werde, die durch hoheitliche Maßnahmen in einem Luftreinhalteplan nicht beeinflusst werden könnten, aber ein „höheres Ambitionsniveau“ bei der Luftreinhaltung zu Erreichung der gleichen Ziele notwendig mache. Da ein gutes ÖPNV-Angebot und eine hohe ÖPNV-Akzeptanz tendenziell zu besseren Immissionswerten führen würden, sei eine Steigerung der Attraktivität des ÖPNV in jedem Fall das Mittel der Wahl. Der verbleibende motorisierte Individualverkehr (MIV) sei idealerweise nicht auf wenige Verkehrswege zu konzentrieren, sondern sollte möglichst entzerrt werden, um den Verkehrsfluss zu gewährleisten und immissionskritische Staus und Stop-and-Go-Verkehr möglichst zu vermeiden (vgl. hierzu im Einzelnen: S. 6 bis 31 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
98 
Zur Vorbereitung der aktuellen Planungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplanes sei eine „Wirkungsabschätzung weiterer Maßnahmen für den Ballungsraum Stuttgart“ durch das Gutachterbüro ... GmbH (im Weiteren: Gesamtwirkungsgutachten; GWG) vorgenommen worden. Dabei sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einhaltung der in Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (PM10) am Neckartor und weiteren hoch belasteten Straßenabschnitten im Wesentlichen durch eine Minderung der Verkehrsmenge um 20 % bei gleichzeitiger Abnahme der Hintergrundbelastung – z.B. durch eventuell verpflichtende Betriebseinschränkungen bei Komfortheizungen – bis 2020 nahezu erreicht werden könne. Vergleichbares gelte auch für die Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte (NO2). Auch insoweit gehe der Gutachter davon aus, dass der zulässige Immissionsgrenzwert mit einer Kombination aus der Reduzierung der Verkehrsmenge um 20 % und einer Fortschreibung der Umweltzone nahezu erreicht werden könne.
99 
Die Beklagte wolle deshalb die Verbesserung der Immissionssituation in Stuttgart mit einem Maßnahmenbündel erreichen. Zu besseren Durchsetzbarkeit und Akzeptanz in der Öffentlichkeit sei hierfür ein zeitlich abgestuftes, in zwei Phasen aufgeteiltes Vorgehen vorgesehen, und zwar mit einer Phase der Freiwilligkeit (Phase 1) und einer Phase 2 mit verbindlichen Vorgaben im Rahmen der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes (vgl. hierzu im Einzelnen: S. 32 bis 43 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
100 
Weitergehende Maßnahmen seien unzulässig. Sie könnten insbesondere nicht auf § 40 Abs. 1 BImSchG gestützt werden. Dabei handle es sich nicht lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung, weil der Luftreinhaltungsplan im Sinne des § 47 BImSchG ein bloßes Verwaltungsinternum und deshalb gerade keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen sein könne, die in Rechte Dritter eingreifen würden. Hinzu komme, dass für die Verhängung von Fahrverboten, die nach dem Emissionsverhalten der Fahrzeuge differenzieren, eine entsprechende Kennzeichnung dieser Fahrzeuge in der 35.BImSchV (sog. Kennzeichnungsverordnung) erforderlich sei (z.B. „Blaue Plakette“) und damit der Mitwirkung des Bundesgesetzgebers bedürfe.
101 
Die Voraussetzungen des § 45 StVO für die Verhängung von Verkehrsverboten würden ebenfalls nicht vorliegen, weil Maßnahmen nach dieser Vorschrift nur hinsichtlich bestimmter Straßen oder Straßenstrecken ergriffen werden dürften. § 45 StVO lasse es daher nicht zu, pauschal ganze Ortsteile oder die Innenstadt für den „Motorisierten Individualverkehr (MIV)“ zu sperren, weil dies voraussetzen würde, dass auf allen Straßen der genannten Gebiete die Immissionsgrenzwerte für NO2 überschritten wären, was jedoch nicht der Fall sei. Außerdem dürfe eine Verkehrsbeschränkung nach § 45 StVO nur aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs und zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen erfolgen. Zwar seien die Schadstoffe PM10 und NO2 Abgase im Sinne dieser Vorschrift, PM10 jedoch nur, soweit dieser motorseitig emittiert werde, also nicht von Aufwirbelungen, Bremsen- und Reifenabrieb, etc. herrühre. Gerade dabei handle es sich jedoch um die Hauptverursachungsanteile der PM10-Gesamtemissionen am Neckartor. Es gebe demnach im geltenden Recht derzeit keine Vorschrift, auf die sich Fahrverbote zur Minderung von Abrieb und Aufwirbelungen als Hauptverursacher der Feinstaubbelastung stützen ließe. Schließlich schütze § 45 StVO lediglich die Wohnbevölkerung. Ein Schutz der Menschen, die im Plangebiet lediglich arbeiten würden, könne folglich über diese Vorschrift von vornherein nicht erfolgen.
102 
Daneben bestehe für (selektive) Fahrverbote gegenwärtig auch ein vollzugspraktisches Hindernis für die verkehrsrechtliche Anordnung von Verkehrsbeschränkungen, weil es für einen bestimmten Besetzungsgrad eines Fahrzeugs oder für ein bestimmtes Kennzeichen (gerade/ungerade) in der StVO gegenwärtig gar kein Verkehrsschild gebe. Die Ermächtigung für plangebietsbezogene Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs aus Luftreinhaltungsgründen finde sich vielmehr in § 40 und § 47 BImSchG i.V.m. § 45 Abs. 1 Ziffer f. StVO, in dem ausschließlich die Verwendung der Zeichen 270.1 und 270.2 StVO in Verbindung mit den dazu vorgesehenen Zusatzzeichen (StVO, Anlage 2 Nr. 46) vorgesehen sei (vgl. im Einzelnen S. 43 bis 48 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
103 
Soweit als planerische Maßnahmen der Ausbau des ÖPNV in Betracht komme, seien bloße programmsatzartig in den Luftreinhalteplan aufgenommene Appelle an die Beigeladene als Träger des ÖPNV nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart mangels hinreichender Konkretheit keine Maßnahmen, die den Mindestanforderungen des § 47 Absatz 1 BImSchG genügen würden. Konkrete Maßnahmen des ÖPNV-Ausbaus könnten zudem auch deshalb nicht in einen Luftreinhalteplan aufgenommen werden, weil deren Realisierung der vorherigen Durchführung von ergebnisoffenen Planungsverfahren bedürfe. Im Ergebnis nichts anderes gelte auch für die Frage der Festsetzbarkeit organisatorischer Maßnahmen im Bereich des ÖPNV (vgl. im Einzelnen S. 48 bis 51 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
104 
Maßnahmen eines Luftreinhalteplanes müssten zudem ohne Einschränkung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, da dieser Grundsatz auch im Recht der Luftreinhalteplanung gelte. Dies folge sogar explizit aus § 17 Abs. 2 BImSchG und müsse daher auch für Maßnahmen nach § 47 BImSchG gelten. Dies werde auch in der einschlägigen Rechtsprechung so gesehen und bedürfe auch keiner Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes.
105 
Verkehrsbeschränkungen seien daher nur zulässig, wenn die realistische Möglichkeit bestehe, auf ein alternatives Verkehrsmittel auszuweichen. Da Stuttgart sehr viele Berufspendler verzeichne, sei davon auszugehen, dass die große Mehrheit der Verkehrsteilnehmer, die auf einer der beiden Hauptverkehrsachsen in die Stuttgarter Innenstadt einfahren, auch dort arbeiten würden und daher - im Gegensatz zum klassischen Durchgangsverkehr - nicht auf Umfahrungsstrecken ausweichen könnten. Gegenüber diesen Verkehrsteilnehmern (Berufspendlern) sei eine verkehrsbeschränkende Maßnahme (wie z.B. ein Einfahrverbot) daher nur dann verhältnismäßig, wenn diesen Verkehrsteilnehmern der ÖPNV als alternatives Verkehrsmittel zur Verfügung stehe. Dies setze voraus, dass der Stuttgarter ÖPNV die Kapazitäten aufweise, um diese zusätzlichen Fahrgäste aufzunehmen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach den Erhebungen des örtlichen ÖPNV-Trägers VVS GmbH die Verkehrsmittel des Stuttgarter ÖPNV (insbesondere S-Bahnen) in der morgendlichen Spitzenstunde zwischen 7:00 und 8:00 Uhr eine Auslastungsquote im Mittel von lediglich 55 % (bei Langzügen mit 3 Einheiten), und dabei ein Drittel der Züge zu weniger als 50 % und nur ein Sechstel der Züge zu mehr als zwei Dritteln ausgelastet gewesen seien, müsse man festhalten, dass Verkehrsteilnehmer und vor allem Berufspendler, die bisher das eigene Fahrzeug für die Einfahrt in die Stuttgarter Innenstadt nutzten, im Falle von Fahrverboten im Grundsatz eine Möglichkeit finden müssten, auf den ÖPNV zu wechseln. An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts Wesentliches, wenn man zusätzlich zu den 6 S-Bahn-Linien auch die 5 Stadtbahnlinien in den Blick nehme, die im Stuttgarter Verbundgebiet betrieben würden. Da jedoch keinesfalls davon ausgegangen werden könne, dass bei Verhängung eines Fahrverbots auch sämtliche hiervon Betroffenen einfach und ohne weiteres auf den ÖPNV umsteigen würden, sei ein Einfahrtverbot bereits auf dieser ersten Stufe der Prüfung, ob es den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genüge, nicht unproblematisch. Den betroffenen Berufspendler müssten daher auch andere Mobilitätsoptionen angeboten werden, wie z.B. der Ersatz eines Kraftfahrzeuges mit zu hohen Immissionswerten durch ein sauberes Fahrzeug, was jedoch nicht von einem Tag auf den anderen, sondern nur innerhalb einer vernünftigen Frist ab der Ankündigung der geplanten Maßnahmen erwartet werden könne. Genau dies sehe das jetzt geplante Konzept zur Luftreinhaltung vor.
106 
Ein Ausschluss von Fahrzeugen mit aktuellster Schadstoffnorm (Euro 6) sei zudem mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar, weil ein Bürger, der ein solches Fahrzeug erwerbe, nicht rechtswidrig handle, wenn er dieses Fahrzeug im Rahmen des Gemeingebrauchs auf öffentlichen Straßen führe. Er könne sich daher auf die Garantiefunktion des Rechts berufen, wonach derjenige, der eine zugelassene Tätigkeit ausübt, darauf vertrauen dürfe, dass die Rechtsordnung ihm diese Tätigkeit nicht untersage. Wer ein Fahrzeug fahre, dass die aktuellste Schadstoffnorm einhalte, habe deshalb einen Rechtsanspruch darauf, hierfür zugelassene öffentliche Straßen im Rahmen des Gemeingebrauchs ohne jegliche Einschränkung befahren zu dürfen. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Einhaltung der aktuell geltenden strengsten Schadstoffnorm Euro 6 im Laborbetrieb nach dem geltenden Prüfverfahren NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) leider keine Gewähr dafür biete, dass das betreffende Fahrzeug diese Immissionsgrenzwerte auch im Realbetrieb tatsächlich einhalte.
107 
Bei einem Ausschluss von Fahrzeugen mit schlechterer Schadstoffnorm als Euro 6 stelle sich die Frage nach dem Bestandsschutz, weil diese Fahrzeuge jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Zulassung der seinerzeit geltenden strengsten Schadstoffnorm entsprochen hätten. Da der Bestandschutz im Immissionsschutzrecht allerdings von vornherein nur ein „eingeschränkter“ sein könne, sei festzuhalten, dass es keinen Rechtsanspruch eines Fahrzeugführers gebe, mit einem Fahrzeug, das irgendwann in der Vergangenheit einmal die seinerzeit geltenden emissionsseitigen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt habe, zeitlich unbegrenzt öffentliche Straßen befahren zu dürfen. Insoweit werde man vielmehr die gesetzgeberische Abwägungsentscheidung zwar grundsätzlich zu respektieren haben, wonach der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der von den Immissionen Betroffenen höher zu gewichten sind, als die betroffenen Rechtsgüter des Fahrzeugführers (Eigentum und allgemeine Handlungsfreiheit). Im vorliegenden Fall sei jedoch im Rahmen der erforderlichen Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zu berücksichtigen, dass die Kapazitäten des ÖPNV im Verbundgebiet Stuttgart gegenwärtig (noch) nicht ausreichen würden, sämtlichen von einem Einfahrtverbot betroffenen Pendlern die Möglichkeit zu bieten, zu den Stoßzeiten einfach auf den ÖPNV zu wechseln. Ebenso seien die wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen, die der Betroffene dadurch erleide, dass er sein bisheriges Fahrzeug durch ein anderes ersetzen müsse, um weiterhin zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auch auf die Parallele zum anlagenbezogenen Immissionsschutzrecht, dass im Falle des Widerrufs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einen Entschädigungsanspruch vorsehe, wenn das Vertrauen in den Bestand der Genehmigung schutzwürdig sei. Ein Einfahrverbot stelle im Ergebnis nichts anderes als einen solchen Widerruf im Sinne des § 21 BImSchG dar, für den dem Betroffenen ein irgendwie gearteter Ausgleich zustehe. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte sei die Verhängung eines weitergehenden Einfahrtverbotes in die Stuttgarter City für sämtliche Fahrzeuge mit einer schlechteren Abgasnorm als Euro 6 für Dieselfahrzeuge und Euro 3 für Benzinfahrzeuge nur dann verhältnismäßig, wenn man den betroffenen Fahrzeugführern angemessene Übergangsfristen einräume, in denen sie mit ihren Fahrzeugen noch die Innenstadt befahren dürften, bevor sie dann vom Einfahrtverbot erfasst würden. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Immissionsgrenzwerte der 39.BImSchV bereits zum 01.01.2010 verbindlich geworden seien und der Beklagte deshalb säumig sei. Denn eine Verurteilung der Beklagten zur sofortigen Ergreifung der notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der genannten Immissionsgrenzwerte würde im Ergebnis auf eine „Bestrafung“ der Beklagten für Versäumnisse in der Vergangenheit hinauslaufen.
108 
Da es bislang keine zusätzliche Kennzeichnung für besonders emissionsarme Fahrzeuge (Blaue Plakette) gebe, bestehe derzeit keine rechtliche Grundlage, Fahrzeuge aus Umweltzonen oder Teilen von Umweltzonen auszuschließen, die hohe NOx-Emissionen verursachen würden. Für auf § 40 Abs. 1 BImSchG gestützte Fahrverbote folge dies bereits aus Absatz 3 der Vorschrift, in dem explizit verlangt werde, dass für die bevorrechtigten (d.h. vom Fahrverbot ausgenommen) Kraftfahrzeuge eine entsprechende Kennzeichnung in einer Rechtsverordnung des Bundes festzulegen sei. Dasselbe gelte für Fahrverbote, die auf § 45 StVO gestützt werden sollten. Ohne eine entsprechende Kennzeichnung sei ein solches Einfahrtverbot auch nicht kontrollierbar.
109 
Entgegen der in seinem Schreiben vom 11.03.2016 geäußerten Rechtsansicht des Bundesministers für Verkehr und Digitale Infrastruktur, würden sich Einfahrverbote auch nicht bereits gegenwärtig – also auch ohne Blaue Plakette – durch Verdecken des Zusatzzeichens an den Umweltzonen-Schildern verhängen lassen. Denn dies hätte ein generelles Einfahrtverbot zur Folge und würde daher selbst besonders emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge wie Elektroautos betreffen. Eine solche Alles-oder-Nichts-Regelung sei daher unverhältnismäßig. Soweit Ausnahmen von diesem Verbot für bestimmte Gruppen von Fahrzeugführern durch Allgemeinverfügung gewährt werden könnten, sei eine solche Regelung wiederum nicht kontrollierbar und damit nicht praktikabel. Im Übrigen gebe es für solche Ausnahmen vom Einfahrtverbot auch wiederum keine Verkehrszeichen in der StVO. Eine Bekanntgabe solcher Ausnahmen vom Einfahrtverbot mittels Allgemeinverfügung sei möglicherweise bereits wegen der Vorschrift des § 45 Abs. 4 StVO nicht möglich, wonach die Behörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürften (vgl. im Einzelnen S. 53 bis 73 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
110 
Die geplante Einführung einer separaten Fahrspur für Fahrzeuge mit besonderen Merkmalen (sog. „Umweltstreifen“) werfe möglicherweise ebenfalls Fragen der Verhältnismäßigkeit auf, weil hierdurch der Straßenraum für den übrigen Verkehr verknappt, dadurch möglicherweise Ausweichverkehre generiert würden und es infolgedessen letztlich auch auf diesen Ausweichstrecken zu Überschreitungen der genannten Immissionsgrenzwerte kommen könne, was mit dem „Verschlechterungsverbot des § 26 der 39. BImSchV nicht vereinbar sei.
111 
Bei der weiter viel diskutierten Maßnahme, die Einfahrt in die Innenstadt an die Errichtung einer Abgabe zu knüpfen (sog. City-Maut), stelle sich neben dem Problem der Geeignetheit auch die Frage, ob es sich hierbei um eine verbotene Verhinderungsabgabe handle und diese auch wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig wäre, weshalb die Einführung einer City-Maut bis auf weiteres nicht möglich sein dürfte (vgl. im Einzelnen S. 78 bis 82 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
112 
Da weitergehende Maßnahmen als diejenigen, die aktuell zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehen seien, aus rechtlichen Gründen derzeit nicht ergriffen werden könnten, genüge der Beklagte auch den Anforderungen der Rechtsprechung, wonach der Zeitraum der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten „so kurz wie möglich“ zu halten sei.
113 
Sollte das jetzt geplante Maßnahmenpaket nicht ausreichen, um die NO2-Immissionsgrenzwerte spätestens im Jahr 2021 einzuhalten, sei schließlich – höchst vorsorglich – zu akzeptieren, dass die Immissionsgrenzwerte trotz Ausschöpfung aller rechtlich zulässigen Möglichkeiten in Stuttgart nicht einzuhalten seien. Es läge dann ein Anwendungsfall des anerkannten Grundsatzes vor, wonach niemand zu Unmöglichen verpflichtet sein könne. In diesem Fall habe der EU-Gesetzgeber der Beigeladenen eine vorübergehende Ausnahme von den Immissionsgrenzwerten zu gewähren (vgl. hierzu im Einzelnen S. 89 bis 94 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).
114 
Das inzwischen vorliegende Gesamtwirkungsgutachten bestätige, dass eine schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 und insbesondere des Jahresmittelwerts des § 3 Abs. 2 der 39.BImSchV nur mit sehr weitgehenden Maßnahmen der Beschränkung des „Motorisierten Individualverkehrs (MIV)“ erzielbar sei, namentlich von Fahrzeugen, die emissionsseitig die Anforderungen an eine Blaue Plakette nicht erfüllen würden, also in erster Linie Diesel-Pkw, die nicht die aktuell strengste Abgasnorm Euro 6 einhalten würden. Die Blaue Umweltzone mit ganzjährigen flächendeckenden Verkehrsbeschränkungen (Modul 1.1 laut Gesamtwirkungsgutachten) sei unverzichtbarer Bestandteil des Luftreinhaltungskonzepts des gegenwärtig in Bearbeitung befindlichen Luftreinhaltungsplans. Dieses Szenario 2 werde ergänzt um zusätzliche bis 2020 umsetzbare Maßnahmen (Szenario 2), welches wiederum durch Szenario 3 mit der weiteren Maßnahme einer City-Maut ergänzt werde, welche aber mangels Rechtsgrundlage bis auf weiteres nicht ergreifbar sei. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit könnten die genannten Verkehrsbeschränkungen für Fahrzeuge mit Otto-Motoren unter Euro 3 und Diesel-Pkw unter Euro 6 jedoch erst im Jahr 2020 erfolgen, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Flottenerneuerung so weit fortgeschritten sei, dass 80 % der im Stuttgarter Stadtgebiet zugelassenen Kraftfahrzeuge und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen der Blauen Plakette erfüllen würden. Für diese 80 %-Regelung sei jedoch eine Fortschreibung der 35.BImSchV um eine Blaue Plakette erforderlich. Die Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes sei nur dann rechtlich möglich, wenn die Blaue Plakette eingeführt werde.
115 
Die ohne Blaue Plakette im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans interimistisch vorgesehenen, zeitlich begrenzten und streckenbezogenen Verkehrsbeschränkungen würden zwar in der Summe einen begrenzten Beitrag zur Senkung des NO2-Jahresmittelwerts liefern, würden jedoch nicht zu dessen Einhaltung führen, worauf die vorliegende Klage gerichtet sei. Hieraus folge, dass das vorgelegte Konzept tatsächlich der schnellstmögliche Weg sei, um die Einhaltung der Grenzwerte zu erreichen. Könnten die weitergehenden Maßnahmen mangels Blauer Plakette rechtlich nicht umgesetzt werden, könne das Ziel der Grenzwerteinhaltung auch nicht schneller erreicht werden. Es könne daher auch offen bleiben, ob alle Maßnahmen des Konzepts oder nur einige oder womöglich gar keine dieser Maßnahmen materiell die Anforderungen erfüllen, die an eine Luftreinhaltungsmaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG zu stellen seien, weil mehr als diese Maßnahmen in rechtmäßiger Weise nicht ergriffen werden könnten. Denn der Kläger könne vom Beklagten nichts rechtlich Unmögliches verlangen (ultra posse nemo obligatur). Dies sei in den Parallelverfahren des Klägers in Darmstadt und Wiesbaden auch bereits obergerichtlich bestätigt worden.
116 
Zur weiteren Begründung gibt der Beklagte einen Überblick über bereits ergriffene Luftreinhaltungsmaßnahmen in den Bereichen Ausbau des ÖPNV, des Radverkehrs, des Fußverkehrs, von P+R-Parkplätzen, Förderung der Elektromobilität, Fuhrpark der Beigeladenen und des Beklagten, Parkraummanagement, Höchstgeschwindigkeit innerorts, Baumaschinen, Komfortkamine, Straßenreinigung, Stadtbegrünungskonzept und Feinstaubalarm (vgl. im Einzelnen S. 7 bis 15 der weiteren Klagerwiderung vom 28.02.2017).
117 
Der Beklagte beschreibt und erläutert weiter die in der 3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans vorgesehenen Maßnahmen. Diese umfassen im Einzelnen die beabsichtigten ganzjährigen bzw. temporären (streckenbezogenen) Verkehrsbeschränkungen, Ausbau und Förderung des Umweltverbundes, Umstellung des städtischen und landeseigenen Fuhrparks auf Elektro-, Hybrid- und Erdgasbetrieb und Entwicklung von Förderprogramme, Umrüstung der Busflotte, Geschwindigkeitsbegrenzungen inner- und außerorts und Parkraummanagement (vgl. im Einzelnen S. 15 bis 35 der weiteren Klagerwiderung vom 28.02.2017).
118 
Weitere Maßnahmen seien wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht möglich, dessen Geltung auch im Bereich der Luftreinhaltung eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sei. Dies habe der Gesetzgeber in § 47 Abs. 4 S. 1 BImSchG auch selbst ausdrücklich klargestellt. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus der strikten Verbindlichkeit der gemeinschaftsrechtlich festgesetzten Immissionsgrenzwerte herleiten, weil durch diese Immissionsgrenzwerte lediglich eine Gefahrenschwelle festgelegt werde, bei deren Überschreiten hoheitliches Handeln notwendig sei. Bei der Frage, welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen werden könnten, sei jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Deshalb sei es trotz der gesetzlichen Vorgabe der schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte auch rechtlich zulässig, dass infolge der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Einzelmaßnahmen sich das damit verfolgte Ziel der Einhaltung der Grenzwerte verzögern könne. Hierfür spreche auch bereits der Wortlaut des § 47 Absatz 1 S. 3 BImSchG, wonach Überschreitungen „so kurz wie möglich“ zu halten seien. Hieraus folge, dass eine zeitliche Relativierung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte bereits gesetzesimmanent sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Fehl gehe auch die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereits auf der normativen Ebene der Festlegung der Immissionsgrenzwerte Berücksichtigung gefunden habe und deshalb auf administrativer Ebene nicht mehr zu berücksichtigen sei.
119 
Da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz demnach uneingeschränkt Geltung beanspruchen könne, seien insbesondere Verkehrsbeschränkungen für Diesel-Kraftfahrzeuge, welche die strengste Abgasnorm Euro 6 erfüllen würden, nicht zulässig. Dies gelte nicht zuletzt auch deshalb, weil durch solche Verkehrsbeschränkungen auch der gesamte Wirtschaftsverkehr betroffen wäre und es zudem eine völkerrechtlich wie gemeinschaftsrechtlich bindende Verpflichtung der Bundesrepublik gebe, CO2-Emissionen abzubauen.
120 
Die von der Klägerin geforderte City-Maut sei ebenfalls unzulässig, weil es für eine solche bereits keine Rechtsgrundlage im materiellen Recht außerhalb des Bundesimmissionsschutzgesetzes gebe. Insbesondere ermögliche die Straßenverkehrsordnung (StVO) die Verhängung einer solchen City-Maut nicht. Hinzu komme, dass der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen seinem Wesen nach grundsätzlich unentgeltlich sei. Eine City-Maut stehe daher für eine schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwertes bis 2020 als Maßnahme nicht zur Verfügung und sei daher im jetzt in Bearbeitung befindlichen Luftreinhalteplan auch nicht vorgesehen. Ebenso wenig seien die von der Klägerin weiter geforderten Maßnahmen (Umrüstung der Taxiflotte, Nahverkehrsabgabe) rechtlich realisierbar (vgl. im Einzelnen S. 35 bis 50 der weiteren Klagerwiderung vom 28.02.2017).
121 
Außerdem habe das Verkehrsministerium inzwischen mit der Autoindustrie intensive Gespräche über die Möglichkeiten einer Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge geführt. Ziel dieser Nachrüstung sei es, dass tatsächliche Emissionsverhalten Fahrzeuge so zu verbessern, dass hierdurch wenigstens eine Immissionsreduzierung erzielt werden könne. Diese Gespräche hätten das erfreuliche Ergebnis gebracht, dass solche Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen der Eurostufe 5 tatsächlich möglich seien. Bei 50 % dieser Kraftfahrzeuge sei es technisch möglich, z.B. durch eine Änderung der Software der Motorsteuerung die Abgasemissionen um rund 50 % zu reduzieren. Im Falle einer tatsächlichen Nachrüstung von rund 50 % der zugelassenen Kraftfahrzeuge könne durch diese Nachrüstungen im Durchschnitt eine Reduzierung der regionalen Abgasimmissionen im Straßenverkehr 50 % bei Euro-5-Fahrzeugen bzw. 30 % bei Euro-6-Fahrzeugen gelingen. Da nach den neuesten amtlichen Zulassungszahlen davon ausgegangen werden könne, dass die Flottenerneuerung (Austausch älterer Dieselfahrzeuge durch solche mit der aktuellen Abgasnorm Euro 6) noch schneller erfolgen werde, als bislang angenommen, sei damit zu rechnen, dass dieser positive Effekt tatsächlich noch im größeren Umfang eintreten werde. Dies folge daraus, dass bereits heute (Stand 30.06.2017) 67,5 % der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge emissionsseitig die Anforderungen der künftigen Blauen Plakette erfülle.
122 
Bei diesem Ergebnis habe die Nachrüstung rechtlichen Vorrang vor Verkehrsverboten. Bereits der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlange, dass die Planbehörde zur Erreichung desselben Ziels diejenige Maßnahme auswähle, die den geringeren Eingriff in die Rechtsgüter Dritter bewirke. Die Nachrüstlösung sei deshalb zwingend vorrangig zu ergreifen. Zwar gebe es rechtlich keine Handhabe, den Fahrzeughalter hoheitlich dazu zu verpflichten, sein Fahrzeug tatsächlich nachzurüsten, solange es konform mit der erteilten Typgenehmigung sei. Die Nachrüstlösung sei jedoch ein mittelbarer Weg, den Fahrzeughalter zur Nachrüstung zu motivieren, weil er für den Fall, dass er sie nicht durchführe, zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem Verkehrsverbot für sein älteres Fahrzeug rechnen müsse. Die Nachrüstlösung führe deshalb auch nicht dazu, dass die Verkehrsverbote ersatzlos und vollständig aus dem Planentwurf gestrichen würden.
123 
Lediglich an der bislang vorgesehenen Maßnahme M2b könne nicht länger festgehalten werden, weil das Bundesverkehrsministerium inzwischen deutlich gemacht habe, dass es zwar streckenbezogene Verkehrsverbote neben der Plakettenregelung der 35.BImSchV im Grundsatz für rechtlich zulässig halte, nicht jedoch ein zonal wirkendes Verkehrsverbot wie die Maßnahme M2b. Insoweit genieße die Plakettenregelung der 35.BImSchV nach der Rechtsansicht des Bundesverkehrsministeriums Vorrang und habe abschließende Wirkung für zonale Verkehrsverbote. An diese Rechtsauffassung des Bundesverkehrsministeriums als zuständiger Rechtsaufsichtsbehörde sei der Beklagte gebunden. Diese Maßnahme werde der Planentwurf daher nicht mehr vorsehen. Hierdurch sei die generelle Strategie des Landes zur Verbesserung der Immissionssituation im Stadtgebiet von Stuttgart jedoch nicht infrage gestellt. Denn es sei nach wie vor beabsichtigt, das Verkehrsverbot im Sinne der Maßnahme M1 zu verhängen, sobald die Blaue Plakette zur Verfügung stehe und zur Vermeidung der an ansonsten drohenden unzulässigen Verlagerungseffekte in Umlandgemeinden an mindestens 80 % der Kraftfahrzeuge des Flottenbestandes vergeben werden könne. Ebenso sei weiterhin beabsichtigt, bei Ausbleiben der Blauen Plakette streckenbezogene Verkehrsverbote auf der Basis eines landesrechtlich noch zu schaffenden Verkehrszeichens zu ergreifen, sobald infolge der bis dahin erzielten Nachrüstquote und der voranschreitenden Flottendurchdringung solche streckenbezogenen Verkehrsverbote nicht mehr zu unzulässigen Verlagerungseffekten führen würden und/oder das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren bezüglich des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13.09.2016 (Az.: 3 K 7695/15 in juris; im Weiteren: Revisionsverfahren Düsseldorf) die generelle Zulässigkeit landesrechtlicher Strecken bezogenen Verkehrsverbote neben der Plakettenregelung des Bundes bestätigt habe (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017).
124 
Mit Beschluss vom 18.11.2015 wurde die Landeshauptstadt Stuttgart gemäß § 65 Abs. 1 VwGO in dem Verwaltungsstreitverfahren beigeladen, weil das Klagebegehren auch die Interessen der Landeshauptstadt Stuttgart berührt.
125 
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
126 
Dem Gericht liegen die an den verschiedenen Messstationen im Stadtgebiet Stuttgart zwischen 2004 und März 2016 ermittelten Messwerte für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) vor. Danach waren der seit dem 01.01.2005 geltende Jahresmittelwert für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) bis einschließlich 2016 an den Messstationen Am Neckartor und Hohenheimerstraße und die Anzahl der Überschreitungsstunden an der Messstation Am Neckartor in jedem Kalenderjahr des genannten Zeitraumes zum Teil um ein Vielfaches überschritten. Im Einzelnen ergibt sich Folgendes:
127 
Stickstoffdioxid (NO2), Stand: bis 31. Mai 2017
1. Anzahl Überschreitungsstunden von NO2 > 200 µg/m³
Grenzwert bis 2009: 175 Std., ab 2010: 18 Std.
2. Jahresmittelwerte Grenzwert: 40 µg/m³
128 
Stundengrenzwert NO2 200 µg/m³
Anzahl Überschreitungsstunden
Jahresmittelwerte
in µg/m³
Messstation
   1  
   2   
   3   
   4   
   5   
   6   
        
   7   
   8   
        
   7.   
   8.   
2004   
0
5
0
5
5
293
        
143
555
        
89
106
2005   
0
0
0
4
-
250
        
175
848
        
96
119
2006   
0
0
3
43
-
160
        
548
853
        
104
121
2007   
0
0
0
8
-
123
        
289
450
        
97
106
2008   
0
0
0
9
-
*
        
300
377
        
98
106
2009   
0
0
0
22
-
                 
629
499
        
109
112
2010   
0
0
0
6
-
                 
379
182
        
100
94
2011   
0
0
1
6
-
                 
269
76
        
97
90
2012   
0
0
*
2
-
                 
196
69
        
91
90
2013   
0
0
        
4
-
                 
21
63
        
80
89
2014   
0
0
        
0
-
                 
16
36
        
77
88
2015   
0
0
        
0
-
                 
15
61
        
77
97
2016   
0
0
        
0
-
                 
10
35
        
76
82
5/2017  
0
0
        
0
-
                 
3
2
                          
129 
*Messungen eingestellt
130 
Messstationen:
131 
1: S-Mitte, Eberhardstr.
5: S-Bad Cannstatt: Waiblinger Str.
2: S-Bad Cannstatt, Seubertstr. 
6: S-Feuerbach, Siemensstr.
3: S-Zuffenhausen, Frankenstr. 
7: S-Mitte, Hohenheimer Str.
4: S-Mitte, Arnulf-Klett-Platz
8: S-Mitte, Am Neckartor
132 
Betreiber: 1 Landeshauptstadt Stuttgart; 2 bis 8 LUBW
133 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die darin befindlichen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
134 
Dem erkennenden Gericht liegen die „Wirkungsabschätzung weiterer Maßnahmen für den Ballungsraum Stuttgart“ durch das Gutachterbüro ... GmbH vom Februar 2017 (Gesamtwirkungsgutachten; GWG) einschließlich der Dokumentation Teile 1 und 2 vom April 2017 und dessen Ergänzung vom Mai 2017 sowie der Entwurf der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart nebst Anlagen vor, die auch zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.
135 
Das erkennende Gericht hat die im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2017 erörtert. Wegen der Ergebnisse dieser Erörterung wird auf die hierzu gefertigte Sitzungsniederschrift vom 19.07.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
136 
Die Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.).
I.
137 
Die Klage ist zulässig.
138 
1. Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, weil das Begehren des Klägers auf die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart gerichtet ist und dieser Luftreinhalteplan nicht als Verwaltungsakt, sondern als „verwaltungsinterner Handlungsplan“ zu qualifizieren (so bereits VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009, - 13 K 511/09 - in juris) und seiner Rechtsnatur nach daher einer Verwaltungsvorschrift ähnlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, - 7 C 21/12 - in juris).
139 
2. Der vom Kläger gestellte Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Denn dem Antrag ist zu entnehmen, welches konkrete Klageziel der Kläger erreichen will, nämlich die Fortschreibung/Ergänzung des Luftreinhalteplans Stuttgart um Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass die Immissionsgrenzwerte für NO2 so schnell wie möglich eingehalten werden. Zu Recht hat der Kläger den Klagantrag - im Sinne eines Bescheidungsantrages - auch auf die mit den festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen bezweckten Ziele (schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsgrenzwerte) beschränkt, weil § 47 BImSchG den nach Landesrecht für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden bei der Auswahl und Festlegung der erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen in Luftreinhalteplänen einen planerischen Gestaltungsspielraum einräumt und es den Gerichten daher im Regelfall verwehrt ist, die zuständigen Behörde zur Festlegung konkreter Maßnahmen zu verpflichten.
140 
3. Der Kläger besitzt als ein nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannter Umweltverband die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, denn ihm steht in dieser Funktion das Recht zu, die Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans zu verlangen (so ebenfalls bereits BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, a.a.O.)
II.
141 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart um Maßnahmen, die zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der seit mindestens 2010 überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart führen.
142 
Anspruchsgrundlage für das entsprechende Begehren des Klägers ist § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde (hier: das Regierungspräsidium Stuttgart; im Weiteren: Planbehörde) einen Luftreinhalteplan aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Die aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene 39.BImSchV dient der Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1 der 39.BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Dieser Luftreinhalteplan muss die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegen und den Anforderungen der Rechtsverordnung entsprechen.
143 
Nach den §§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und 27 Abs. 2 der 39.BImSchV müssen die festgelegten Maßnahmen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Damit normiert § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 der RL 2008/50/EG einezeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte, die nicht zur Disposition der Planbehörde steht. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das durch die Immissionsgrenzwerte festgelegte zumutbare Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Planbehörde bei der Aufstellung bzw. Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans und der Auswahl der geeigneten Maßnahmen ausrichten. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert demnach eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele (so BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, a.a.O.).
144 
Die Planbehörde hat deshalb im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zum Ziel haben muss, zunächst die zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte grundsätzlich geeigneten Maßnahmen zu ermitteln, deren Wirksamkeit (Emissionsminderungspotenzial) prognostisch zu quantifizieren und danach in einem weiteren Schritt zu prüfen und auszuwählen, welche der grundsätzlich in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen sind, um zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der verbindlichen Grenzwerte zu gelangen. Es reicht daher regelmäßig nicht aus, wenn sich die Planbehörde im Rahmen ihrer Planung mit einzelnen Maßnahmen beschäftigt und diese sogar in ihren Luftreinhalteplan aufnimmt, dabei aber offen lässt, ob und wann mit diesen Maßnahmen das Gesamtziel erreicht sein wird (ebenso VG Sigmaringen, Urt. v. 22.10.2014 - 1 K 154/12 – in juris).
145 
Bei der Auswahl der Maßnahmen ist schließlich § 47 Abs. 4 BImSchG zu beachten, wonach die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionsgrenzwerte beitragen.
146 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Planbehörde verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart fortzuschreiben, weil die in der 39. BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart bislang nicht eingehalten werden (dazu unter 1.).
147 
Mit dem vorgelegten Planentwurf der „3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ vom Mai 2017 kommt die Planbehörde dieser Verpflichtung bislang nicht im gebotenen Umfang nach (dazu unter 2.).
148 
Es ist jedoch möglich, die überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart einzuhalten, weil eine solche Einhaltung nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten jedenfalls durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen tatsächlich erreichbar ist (dazu unter 3.).
149 
Solche weitergehenden Verkehrsbeschränkungen können mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden (dazu unter 4.).
150 
Sie begegnen auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken und verstoßen insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu unter 5.).
151 
1. Die Planbehörde ist gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart aus dem Jahr 2005 in der Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 fortzuschreiben.
152 
Nach § 3 Abs. 1 der am 12.09.2002 in Kraft getretenen und bis zum 05.08.2010 gültigen 22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (BGBl. I, S. 3626; im Weiteren: 22.BImSchV 2002), mit der u. a. die Richtlinie des Rates 80/779/EWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebstaub (ABl. EG Nr. L 229, S. 30) und die Richtlinie 1999/30/EG vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffdioxid, Partikel und Blei in der Luft (ABl. EG Nr. L 163, S. 41) in deutsches Recht umgesetzt wurden, war im Bundesgebiet zum Schutz der menschlichen Gesundheit bereits ab dem 01.01.2005 bis zum 31.12.2009 ein Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 200 µg/m³ (98-Prozent-Wert der Summenhäufigkeit, berechnet aus den während eines Jahres gemessenen Mittelwerten über eine Stunde oder kürzere Zeiträume) einzuhalten.
153 
Gemäß § 3 Abs. 2 und 4 der 22.BImSchV gilt seit dem 01.01.2010 ein Stundengrenzwert für NO2 von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr und ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³.
154 
Seit dem Inkrafttreten der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (im Weiteren: 39.BImSchV), welche die 22.BImSchV 2002 abgelöst hat und mit der die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.06.2008, S. 1), die Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. L 23 vom 26.1.2005, S. 3) sowie die Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. L 309 vom 27.11.2001, S. 22) in nationales Recht umgesetzt wurden, ergeben sich die o. g. Immissionsgrenzwertes für NO2 aus § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV und der Anlage 11 Abschnitt B hierzu.
155 
Dieser in § 3 Abs. 2 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte und seit dem 01.10.2010 geltende Jahresmittelwert für NO2 von 40 µg/m³ wird nach wie vor (bis einschließlich 2016) an mehreren Messstationen in der Umweltzone Stuttgart (z. B. Arnulf-Klett-Platz, Hohenheimer Straße und Am Neckartor) nicht eingehalten. Dasselbe gilt für den in § 3 Abs. 1 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV festgelegten Stundengrenzwert für NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr, der jedenfalls an der Messstation Am Neckartor nach wie vor nicht eingehalten wird.
156 
Dies wird durch die an den genannten Messstationen erhobenen Messwerte belegt, ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Darlegung.
157 
2. Dieser Verpflichtung gem. § 47 Abs. 1 BImSchG ist die Planbehörde mit dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom Mai 2017 jedoch nicht nachgekommen, weil die in diesen Planentwurf aufgenommenen Vorhaben M1 bis M20 weder allein noch gemeinsam geeignet und ausreichend sind, die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen NO2-Immissionsgrenzwerte zum schnellstmöglichen Zeitpunkt sicherzustellen.
158 
Von den in M1, M2a, M2b und M2c geregelten Verkehrsverboten kann nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keines als geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
159 
Für das Verkehrsverbot M1 folgt dies daraus, dass dieses nach dem Willen des Plangebers nicht vor dem 01.01.2020 umgesetzt werden soll und deshalb bereits wegen dieses späten Umsetzungszeitpunktes zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nichts beitragen kann.
160 
Für die Verkehrsverbote M2 a, M2b und M2c gilt dies deshalb, weil die Umsetzung dieser Verkehrsverbote ausnahmslos an weitere Bedingungen geknüpft ist, deren Eintritt bereits zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann (M2a und M2b) oder zumindest ungewiss ist (M2c). Soweit eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M2c zum 01.01.2018 zumindest noch denkbar ist, ist dieses jedenfalls auch wegen seines geringen Wirkungsgrades offensichtlich ungeeignet im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
161 
Soweit die im Planentwurf im Einzelnen beschriebenen beabsichtigten Vorhaben zur Verbesserung der Luftqualität nicht von den Trägern öffentlicher Verwaltung (insbesondere Behörden) durch entsprechende hoheitliche Anordnungen und Entscheidungen durchgesetzt, sondern von außerhalb der Landesverwaltung stehenden Dritten realisiert werden sollen (M3 bis M6, M7 bis M10, M12 bis M15 und M17 bis M19) und die nach § 47 BImSchG zuständige Planungsbehörde nicht durch entsprechende (z. B. vertragliche) Vereinbarungen mit diesen Dritten rechtsverbindlich sichergestellt hat, dass die beabsichtigten Vorhaben auch tatsächlich durchgeführt werden, können diese Vorhaben mangels einer verbindlichen Verpflichtung der betreffenden Umsetzungsadressaten zu Umsetzung dieser Vorhaben bereits begrifflich nicht als Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG eingestuft werden.
162 
Doch selbst wenn man auch diejenigen Vorhaben, auf deren Realisierung die Planbehörde in sonstiger Weise Einfluss genommen hat und deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich realisiert werden, noch als Luftreinhaltemaßnahmen „im weitesten Sinne“ einstufen könnte, liegen deren Immissionsminderungspotenziale an den einzelnen Messstationen selbst bei großzügiger Bewertung maximal in einer Größenordnung von ca. 10 %.
163 
Soweit die im Planentwurf dargestellten Vorhaben vom Land Baden-Württemberg durchgeführt werden sollen und daher grundsätzlich als Luftreinhaltemaßnahmen eingestuft werden können (M11, M16 und M20; Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen und Förderprogramme zur beschleunigten Flottenumstellung bei Fahrzeugen von Pflege- und Lieferdiensten; Erhöhung der Parkgebühren in den Parkhäusern des Landes), liegen die NO2-Immissionsminderungspotenziale dieser Maßnahmen selbst in dem günstigsten - aber eher unwahrscheinlichen - Fall, dass diese bis 2020 tatsächlich vollständig realisiert werden, zusammen bei unter 4 %.
164 
Damit liegt das NO2-Immissionsminderungspotenzial der Vorhaben M3 bis M20 - selbst wenn man diese alle als Luftreinhaltemaßnahmen einstufen könnte - insgesamt bei unter 15 %.
165 
Mit diesem Wirkungsgrad sind die betreffenden Vorhaben bzw. Maßnahmen offensichtlich nicht ausreichend, um in Bezug auf die überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte zeitnah rechtmäßige Zustände in der Umweltzone Stuttgart herbeizuführen. Es handelt sich deshalb auch bereits aus diesem Grund um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
166 
Im Einzelnen ist zu den Vorhaben M1 bis M20 Folgendes auszuführen:
2.1.
167 
M1: Ab dem 01.01.2020 gilt ein ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Fahrzeuge, mit Ausnahme von Fahrzeugen der Stufe 5 gemäß der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung – 35.BImSchV) (Blaue Plakette), vorausgesetzt, die 35.BImSchV ist bis zu diesem Zeitpunkt so verändert, dass sie mindestens eine weitere Stufe (5) der Kennzeichnungsmöglichkeit enthält.
168 
Das in der Maßnahme M1 vorgesehene ganzjährige und in der gesamten Umweltzone Stuttgart geltende Verkehrsverbot soll lediglich unter der Voraussetzung gelten, dass die 35.BImSchV bis zum vorgesehenen Zeitpunkt (01.01.2020) um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette/ Schadstoffgruppe 5) mit Ottomotoren der Schadstoffklassen Euro 3 bis Euro 5 und für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 6 ergänzt wird.
169 
Darüber hinaus soll das Verkehrsverbot M1 nach dem - im bisherigen Regelungstext der Maßnahme M1 allerdings nicht zum Ausdruck kommenden - Willen der Planbehörde, den die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung jedoch nochmals ausdrücklich bestätigt haben, frühestens dann in Kraft treten, wenn tatsächlich nur noch max. 20 % des Flottenbestandes Stuttgart - gemeint sind wohl die bei der Beigeladenen zugelassenen Kraftfahrzeuge - vom Verkehrsverbot betroffen sind.
170 
Die Regelung ist nach dem Willen der Planbehörde also so zu verstehen, dass das Verkehrsverbot frühestens dann in Kraft treten soll, wenn davon nur noch max. 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind, unter keinen Umständen jedoch vor dem 01.01.2020.
171 
Da es sich bei den vorgenannten „Voraussetzungen“ (Änderung/ Ergänzung der 35.BImSchV durch die Bundesregierung und Zahl der betroffenen Kraftfahrzeuge max. 20 %) um zukünftige Ereignisse handelt, deren Eintritt bzw. Eintrittszeitpunkt ungewiss ist, kommt diesen der Rechtscharakter von „aufschiebenden Bedingungen“ zu (vgl. analog § 158 BGB bzw. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), an deren Eintritt der Umsetzungszeitpunkt der beabsichtigten Maßnahme unmittelbar geknüpft wird.
172 
Bei einer solchen Verknüpfung einer beabsichtigten Luftreinhaltemaßnahme mit einem zukünftigen, ungewissen Ereignis kommt es bei der Beurteilung der Eignung der Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG deshalb entscheidend darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung gerechnet werden kann und bis zu welchem Zeitpunkt. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Luftreinhaltemaßnahme, deren Realisierung von einem Ereignis abhängig gemacht wird, dessen Eintritt unwahrscheinlich oder in zeitlicher Hinsicht nicht absehbar ist, bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten im Sinne der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu verkürzen.
173 
Hiervon ausgehend, handelt es sich bei der Maßnahme M1 bereits deshalb um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil nach jetzigem Kenntnisstand keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die für eine Änderung der 35.BImschV und der StVO zuständigen Verordnungsgeber des Bundes - also die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (im Weiteren: BMVI) und das Bundesministerium für Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Weiteren: BMUB) - die konkrete Absicht haben, die 35.BImSchV und die StVO in absehbarer Zeit um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit bzw. ein Verkehrszeichen mit einer sog. Blauen Plakette (Schadstoffgruppe 5) zu ergänzen.
174 
Es liegt bislang vielmehr lediglich eine entsprechende gegenteilige Rückäußerung des BMVI vor, in welcher der vom Verkehrsministerium des Beklagten geäußerten Rechtsansicht, wonach zur Verhängung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge zur Verringerung von Feinstaub und Stickoxid in Stuttgart die Einführung einer Blauen Plakette erforderlich sei, ausdrücklich widersprochen und zum Ausdruck gebracht wird, dass die in der StVO vorgesehenen Kennzeichnungsmöglichkeiten für weitergehende Verkehrsverbote in Umweltzonen wie in Stuttgart ausreichend seien (vgl. im Einzelnen Schreiben des BMVI vom 11.03.2016, Blatt 337 der Gerichtsakte).
175 
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsansicht des BMVI ist daher gegenwärtig nicht absehbar, ob und wann die von der Planbehörde für die Umsetzung der Maßnahme M1 formulierte (Vor)Bedingung eintreten wird. Bereits aus diesem Grund kann die Maßnahme M1 zum jetzigen Zeitpunkt nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
176 
Doch selbst wenn das BMVI seine Rechtsansicht in absehbarer Zeit aufgeben und die genannten Verordnungsgeber eine Blaue Plakette einführen würden, steht die Maßnahme M1 immer noch unter dem 2. Umsetzungsvorbehalt der Planbehörde, der im Ergebnis dazu führt, dass selbst bei Vorliegen einer Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette die Maßnahme M1 erst dann – und frühestens am 01.01.2020 - in Kraft treten soll, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens noch 20 % des Flottenbestandes Stuttgart beträgt.
177 
Die Maßnahme M1 kann deshalb auch wegen dieses 2. Umsetzungsvorbehalts nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
178 
Ob die Maßnahme M1 von ihrem Wirkungsgrad her ausreichend wäre, um die Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte sicherzustellen, kann daher an dieser Stelle offen bleiben.
2.2.
179 
M2a: Vorausgesetzt die 35.BImSchV wird noch im Jahr 2017 durch die Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer „Blauen Plakette“ erweitert, gilt ab 01.01.2018 an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verkehrsverbot für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen mit „Blauer Plakette“ für ein Gebiet auf allen Straßenzügen innerhalb des Stuttgarter Talkessels, auf allen Streckenabschnitten in Stuttgart-Feuerbach und auf einzelnen Streckenabschnitten in Stuttgart-Zuffenhausen.
180 
Bei der Maßnahme M2a handelt es sich ebenfalls bereits deshalb offensichtlich um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil deren Umsetzung ebenfalls an die vorherige Schaffung einer weiteren Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette) durch die zuständigen Verordnungsgeber anknüpft, und zwar sogar noch im Jahr 2017. Letzteres kann nach den Ausführungen in Ziffer 2.1. jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Diese Maßnahme geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere.
181 
Hinzu kommt, dass die Maßnahme auch lediglich temporäre Verkehrsverbote, nämlich nur an Tagen mit Feinstaubalarm für die Kraftfahrzeuge der genannten Eurostufen vorsieht.
182 
Nach den hierzu im Gesamtwirkungsgutachten und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung getroffenen Feststellungen der Gutachter des Beklagten, an deren Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hat, wird durch dieses temporäre Verkehrsverbot an Tagen mit Feinstaubalarm im Stadtgebiet Stuttgart (Stuttgarter Talkessel, Feuerbach und Teile von Zuffenhausen) die Gesamtstreckenlänge der Straßen, auf denen der zulässige NO2-Jahresmittelgrenzwert überschritten ist, voraussichtlich um lediglich ca. 17 % auf 27,4 km und im Talkessel Stuttgart um 24,2 % auf 9,6 km reduziert. Auch am Neckartor wird das lediglich temporäre Verkehrsverbot nicht zur Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes führen (vgl. im Einzelnen Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 80).
183 
Die Maßnahme M2a ist daher auch von ihrem Immissionsminderungspotenzial allein keine ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.3.
184 
M2b: Sollte die 35.BImSchV bis zum 01.01.2018 noch nicht in der o.a. Art zur Verfügung stehen, wird ab 01.01.2018 auf einzelnen bestimmten Straßenabschnitten im Stadtgebiet von Stuttgart an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.
185 
Zwar kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ausgeschlossen werden, dass bis zum 01.01.2018 eine Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette vorliegt (vgl. Ziffer 2.1). Die bei diesem Sachverhalt (ursprünglich) vorgesehene Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 ist jedoch von der Planbehörde (inzwischen) nicht mehr beabsichtigt, weil das BMVI die hierfür vorgesehene Beschilderung für rechtlich nicht zulässig hält und sich die Planbehörde an diese Rechtsansicht des BMVI als Rechtsaufsichtsbehörde gebunden fühlt (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017). Dies haben die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt.
186 
Weiter erklärten die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung, dass selbst für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren Düsseldorf die von der Planbehörde vorgesehene und vom BMVI verworfene Beschilderung der Maßnahme M2b noch vor dem 01.01.2018 für rechtlich zulässig erachte, eine Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 nicht mehr beabsichtigt sei, weil die Planbehörde inzwischen der sog. „Nachrüstlösung“ den Vorrang vor Verkehrsverboten geben wolle, wenn der Beklagte bis zum 31.12.2017 „entsprechende schriftliche Zusicherungen des BMVI und von Seiten der Automobilindustrie erhalte, dass mit einer Nachrüstung von Diesel-Kraftfahrzeugen der Eurostufe 5 immissionsseitig mindestens dieselben Wirkungen erzielt werden könnten, wie mit den im Luftreinhalteplanentwurf beschriebenen verkehrsbeschränkenden Maßnahmen“.
187 
Da sowohl der Bundesverkehrsminister als auch zahlreiche Vertreter der Automobilindustrie bereits mehrfach öffentlich geäußert haben, dass sie Verkehrsverbote aus politischen und wirtschaftlichen Gründen für „den falschen Weg“ halten, kann die Abgabe der vom Beklagten verlangten Zusicherungen für den von ihm dafür in Aussicht gestellten Verzicht auf Verkehrsverbote bereits jetzt als sicher gelten.
188 
Auch aus diesem Grund kann bereits jetzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Maßnahme M2b tatsächlich noch umgesetzt wird.
189 
Sie bedarf daher - sowohl im Hinblick auf ihre mögliche Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG als auch im Hinblick auf die Frage ihrer Umsetzbarkeit mit den genannten Verkehrszeichen - keiner vertiefenden Betrachtung mehr.
190 
M2c: Sollte die unter M2b dargestellte Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ergreifbar sein, wird ab 01.01.2018 zur Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs auf im einzelnen festgelegten Streckenabschnitten der B 14 (Cannstatter Straße, Am Neckartor), der Neckarstraße, der Tal-/Wagenburg-straße und der Landhausstraße im Stuttgarter Osten an Tagen mit Feinstaub Alarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.
191 
Die alternativ zur Maßnahme M2b vorgesehene Maßnahme M2c knüpft ihre Umsetzung zwar ebenfalls an eine aufschiebende Bedingung (keine Umsetzung der Maßnahme M2b). Diese wird jedoch eintreten, nachdem die Planbehörde von der Umsetzung der Maßnahme M2b aus den in Ziffer 2.3. genannten Gründen Abstand genommen hat bzw. nehmen wird.
192 
Allerdings haben die Beklagten-Vertreter ihre Bereitschaft, die Maßnahme M2c zum 01.01.2018 tatsächlich umzusetzen, in der mündlichen Verhandlung mit der Begründung relativiert, die Maßnahme führe möglicherweise zu unzulässigen Verlagerungsverkehren in der Umweltzone, die noch nicht abschließend geprüft seien und möglicherweise nicht ausreichend kompensiert werden könnten. Sollte dies der Fall sein, sei es der Planbehörde rechtlich nicht möglich, die Maßnahme umzusetzen.
193 
Den damit zusammenhängenden Sach- und Rechtsfragen muss im vorliegenden Klageverfahren jedoch nicht weiter nachgegangen werden, da die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt haben, dass die Maßnahme auch wegen ihres sehr geringen Wirkungsgrades nicht geeignet sei, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart tatsächlich zu reduzieren.
194 
Die Maßnahme M2c ist demnach - unabhängig davon, ob sie von der Planbehörde umgesetzt wird oder nicht - jedenfalls von ihrem Immissionsminderungspotenzial allein ebenfalls keine geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.4.
195 
Bei den Regelungen M3 bis M20 handelt es sich ebenfalls weder allein noch gemeinsam um geeignete bzw. ausreichende Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.4.1.
196 
In den Regelungen M3 und M4 werden lediglich künftige Absichten und Planungen der SSB AG zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dargestellt.
197 
Die Kammer hat bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 ausführlich dargelegt (vgl. im Einzelnen VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009 – 13 K 511/09 – in juris), dass es sich bei einem Luftreinhalteplan um ein verwaltungsintern bindendes Handlungskonzept handelt, das Verwaltungsvorschriften ähnlich ist und dessen Vorgaben in Form eines Maßnahmenkatalogs deshalb der Umsetzung im Außenverhältnis bedürfen.
198 
Unter dem Begriff der „Maßnahme“ im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG sind in erster Linie rechtsetzende (z. B. Rechtsverordnungen; vgl. § 47 Abs. 7 BImSchG), allgemein verfügende (z. B. Verkehrsbeschränkungen nach § 40 Abs. 1 BImSchG im Wege der Allgemeinverfügung), den Einzelfall regelnde (z.B. Anordnungen nach dem BImSchG durch Verwaltungsakt) und schlicht-hoheitliche Maßnahmen und damit also Maßnahmen mit hoheitlichen Charakter zu verstehen (ebenso Landmann/Rohmer, Kommentar Umweltrecht Band III, Stand 01.01.2017, zu § 47 Rn 25).
199 
Dies folgt insbesondere auch aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 6 S. 1 BImSchG, wonach die Durchsetzung dieser „hoheitlichen Maßnahmen“ den dafür zuständigen Trägern öffentlicher Verwaltung „durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften“ obliegt, weil die für die Aufstellung der Luftreinhaltungspläne zuständigen Planbehörden hierfür keine eigene Zuständigkeit besitzen.
200 
Träger der öffentlichen Verwaltung im Sinne der Vorschrift sind die für den Gesetzesvollzug zuständigen Landesverwaltungsbehörden sowie Bundesbehörden und die Behörden selbständiger Rechtsträger, wie etwa kommunaler Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer exekutiven Kompetenzen.
201 
Auf Grund der verwaltungsinternen, rechtlichen Bindungswirkung sind die genannten Träger öffentlicher Verwaltung zur Umsetzung der festgelegten Maßnahmen verpflichtet, soweit die hierfür einschlägigen Rechtsvorschriften dies erlauben, das heißt die festgelegten Maßnahmen nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften umsetzungsfähig sind (vgl. Bundestagsdrucksache 14/8450, Seite 14). Ein eigener Entscheidungsspielraum (Ermessen) steht den zuständigen Vollzugsbehörden dabei nicht zu.
202 
Ginge man von diesem, sich am Wortlaut des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG orientierenden, (engen) Maßnahmenbegriff im Sinne einer Handlungsanweisung (ausschließlich) an Träger öffentlicher Verwaltung aus, wären die Vorhaben M3 und M4 bereits deshalb keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 BImSchG, weil deren Handlungs- bzw. Umsetzungsadressat kein Träger öffentlicher Verwaltung, sondern die SSB AG ist, die keine hoheitlichen Anordnungs- und Entscheidungsbefugnisse im Sinne des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG besitzt.
203 
Die Kammer hat jedoch bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 keine sachliche Notwendigkeit für eine derart enge Begriffsauslegung gesehen, da hierdurch der Handlungsspielraum der Planbehörde unnötig eingeschränkt würde und es auch im Hinblick auf die Schutzziele der gesetzlichen Regelung letztlich unerheblich ist, ob die zu deren Erreichung geeigneten Maßnahmen durch staatliche Stellen oder durch Dritte realisiert werden. Da aber die oben beschriebene, gegenüber Behörden grundsätzlich bestehende gesetzliche Bindungswirkung von Luftreinhalteplänen gegenüber außerhalb der Verwaltung stehenden Dritten nicht besteht, setzt eine Einstufung von Vorhaben, deren Umsetzungsadressaten keine Träger öffentlicher Verwaltung sind, weiter voraus, dass die Planbehörde die hier fehlende rechtliche Verbindlichkeit auf andere Weise (wie z. B. durch öffentlich-rechtlichen Vertrag) herstellt, um auch in diesen Fällen sicherzustellen, dass die festgelegten Maßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden.
204 
Eine solche bindende Vereinbarung hat die Planbehörde - wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben - mit der SSB AG in Bezug auf die Regelungen M3 und M4 jedoch nicht geschlossen. Damit steht nicht nur die Durchführung der beschriebenen Ausbaumaßnahmen, sondern auch deren Zeitpunkt im Belieben der SSB AG. Bei den Vorhaben M3 und M4 handelt es sich daher selbst bei einem weiten Begriffsverständnis schon um keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG, weil für ihre Durchführung kein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 47 Abs. 6 BImSchG zuständig ist und die Planbehörde die Umsetzung dieser Maßnahmen gegenüber der SSB AG nicht rechtsverbindlich sichergestellt hat. Da damit zugleich auch kein konkreter Umsetzungszeitpunkt rechtsverbindlich festgelegt wurde, fehlt den Regelungen zudem auch die Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.4.2.
205 
Die weiteren Vorhaben M5, M8, M9, M10 und M12 sind ebenfalls keine geeigneten bzw. ausreichenden Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, da auch diese Vorhaben lediglich als unverbindliche Absichtserklärungen zurVerbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV der Landeshauptstadt Stuttgart (M5), des Verbandes Region Stuttgart (M8, M9 und M12) und der zuständigen Landkreise (M10) formuliert worden sind, deren tatsächliche Umsetzung und Umsetzungszeitpunkt von der Planbehörde - wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung ebenfalls eingeräumt haben - gleichfalls nicht rechtsverbindlich gesichert wurde.
206 
In Bezug auf das Vorhaben M5 hat die Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017 insoweit sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Vorhaben von der Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit durchgeführt werden soll und deshalb unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses steht (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 112).
207 
Weiter kommt hinzu, dass die Durchführung des Vorhabens M5 zusätzlich unter einer - inhaltlich auch noch offensichtlich zu unbestimmten - weiteren Bedingung (keine relevanten (?) Störungen oder Behinderungen des Kfz-Verkehrs) steht, deren Eintritt als ebenso ungewiss eingestuft werden muss, wie ein positiver Gemeinderatsbeschluss des Gemeinderats der Beigeladenen. Insoweit haben die Beigeladenen-Vertreter in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage auch bestätigt, dass es bislang keinen entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses gebe. Die entsprechenden Beschlüsse seien frühestens im Laufe des Jahres 2018 und die eventuelle Einrichtung der genannten Busspuren/Bussonderstreifen frühestens 2018/2019 zu erwarten.
208 
Im Falle der Vorhaben M9 und M12 enthalten die betreffenden Regelungen des Planentwurfs überhaupt keinen Zeithorizont und im Falle des Vorhabens M8 einen Umsetzungszeitrahmen von über 7 Jahren (bis zum 01.01.2025).
209 
Damit können diese Vorhaben nicht nur wegen ihrer Unverbindlichkeit, sondern auch wiederum in zeitlicher Hinsicht offensichtlich nicht als (geeignete) Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
210 
Hinzu kommt schließlich, dass für alle vorgenannten Vorhaben zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV (M3 bis M10 und M12) im Gesamtwirkungsgutachten selbst bei beschleunigter Umsetzung (Basisjahr 2020) lediglich ein offensichtlich sehr geringes NOx-Emissionsminderungspotenzial in Bezug auf den Straßenverkehr im Stadtgebiet Stuttgart zwischen 0 und maximal 2 % prognostiziert wurde (vgl. im Einzelnen Übersicht 4.10 und Bild 5.4, S. 30 und 46 des Abschlussberichts im GWG vom Februar 2017; ebenso Planentwurf der 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 110). Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass diese Vorhaben - selbst wenn sie tatsächlich umgesetzt werden (wie beispielsweise die teilweise Fertigstellung der neuen Stadtbahnlinie U 12 nach Remseck, voraussichtlich bis Dezember 2017) - lediglich ein NO2-Immissions-minderungspotenzial besitzen, das an den Messstationen, an denen die NO2-Immissionsgrenzwerte überschritten sind, kaum feststellbar ist (nach Einschätzung des zuständigen Gutachters in der mündlichen Verhandlung z. B. Am Neckartor maximal 5 µg/m³).
2.4.3.
211 
Die Maßnahme M11, die ebenfalls der Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dient (Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen von und zum Stuttgarter Hauptbahnhof), kann zwar begrifflich als Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, weil das Vorhaben vom Land Baden-Württemberg selbst umgesetzt werden soll und sich damit die Frage der Bindungswirkung gegenüber einem außerhalb der Landesverwaltung stehenden Umsetzungsadressaten nicht stellt.
212 
Diese Maßnahme ist jedoch bereits wegen ihres Umsetzungszeitrahmens (bis 2021) keine geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3 BImSchG. Hinzu kommt deren offensichtlich geringes NOx-Emissionsminderungspotenzial, das im Gesamtwirkungsgutachten von den Gutachtern nicht gesondert beziffert werden konnte und deshalb sicherlich deutlich unter 2 % liegt (vgl. Abschlussbericht im GWG vom Februar 2017, a.a.O.), allein
2.4.4.
213 
Für die Vorhaben M13 und M14 der Landeshauptstadt Stuttgart (Ausbau des Radwegenetzes und Planung und eines Investitionsprogrammes Fußverkehr zu langfristigen Förderung und Umsetzung von Fußverkehrsmaßnahmen) gelten die Ausführungen unter Ziffer 2.4.2. zum Vorhaben M5 sowie unter Ziffer 2.4.3. entsprechend.
214 
Da die Vorhaben nach Ansicht der Planbehörde in der kommunalen Selbstverwaltungshoheit der Beigeladenen und damit auch unter einem Zustimmungsvorbehalt des Gemeinderats stehen, hat die Planbehörde die Umsetzung dieser Vorhaben mit der Beigeladenen nicht rechtsverbindlich vereinbart.
215 
Die tatsächliche Umsetzung dieser Vorhaben, die in den Regelungen M13 und M14 als bloße Absichtserklärungen formuliert worden sind, ist daher ebenso ungewiss, wie deren Umsetzungszeitpunkt.
216 
Hinzu kommt, dass diesen Vorhaben ausweislich des Gesamtwirkungsgutachtens auch kein bezifferbares eigenes NOx-Emissionsminderungs-potenzial zugeschrieben werden kann.
217 
Auch diese Vorhaben können daher offensichtlich nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
2.4.5.
218 
Für das Vorhaben M15 (Umstellung der Flottenzusammensetzung des Landesfuhrparks und des Fuhrparks der Beigeladenen auf emissionsarme/elektrische Fahrzeuge im Stadtgebiet Stuttgart) wird in der genannten Regelung kein konkreter Zeitrahmen für die Umsetzung genannt.
219 
Soweit das Vorhaben den Fuhrpark der Beigeladenen betrifft, fehlt es auch insoweit an einer konkreten Vereinbarung zwischen der Planbehörde und der Beigeladenen, mit der die tatsächliche Realisierung des Vorhabens sichergestellt wird.
220 
Das Vorhaben M16 kann dagegen aus denselben Gründen wie die Maßnahme M11 als Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, nachdem ein entsprechendes Förderprogramm mit einem Finanzierungsvolumen von 25 Millionen - wie von den Beklagten-Vertretern in der mündlichen Verhandlung berichtet - vom Landtag im Mai 2017 auch tatsächlich bereits beschlossen worden ist.
221 
Auch diesen beiden Vorhaben wird aber selbst bei einer (vollständigen) Realisierung bis 2020 von den Gutachtern im Gesamtwirkungsgutachten lediglich ein NOx-Emissionsminderungspotenzial von zusammen höchstens 3 % bescheinigt (vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 114). Das sich daraus ergebende Immissionsminderungspotenzial an den einzelnen Messstationen wird daher unter diesen 3 % liegen.
222 
Auch die Vorhaben M15 und M16 können daher trotz beschlossener Förderung (M16) allein nicht als geeignet und ausreichend im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
2.4.6.
223 
Bei dem in M17 beschriebenen Vorhaben (Tempo 40 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet) würde es sich nur dann um eine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG handeln, wenn die Planbehörde selbst diese Geschwindigkeitsbegrenzungen und die betreffenden Strecken im Planentwurf festgelegt hätte und diese Geschwindigkeitsbegrenzungen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde der Beigeladenen deshalb zwingend anzuordnen wären. Nach dem klaren Wortlaut der Regelung („Die Landeshauptstadt Stuttgart plant“) und der Begründung im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017 (vgl. dort S. 119) will die Planbehörde das Ob und Wie solcher weiterer Geschwindigkeitsbeschränkungen jedoch ausschließlich der Beigeladenen überlassen und diese weiteren Geschwindigkeitsbegrenzungen gerade nicht selbst verbindlich vorgeben. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Vorhaben M17 bereits begrifflich um keine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG.
224 
Hinzu kommt, dass diesen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weiteren Streckungsstrecken in der Umweltzone Stuttgart von den Gutachtern praktisch kein NOx-Emissionsminderungspotenzial attestiert wird (0 % bzw. unter 0,5 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 117).
225 
Bei dem in M18 beschriebenen Vorhaben (Tempo 50 bzw. 60 km/h im Stadtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaften bzw. auf mindestens vierstreifigen Straßen) soll es sich nach den Angaben der Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung um eine verbindliche Handlungsanweisung an die zuständige Straßenverkehrsbehörde handeln. Diese steht jedoch wiederum unter dem Vorbehalt, dass diese Geschwindigkeitsbegrenzungen nur angeordnet werden sollen, wenn diese nicht zu spürbaren (?) Ausweichverkehren führen, was die Planbehörde der alleinigen Prüfung und Beurteilung der Straßenverkehrsbehörde überlassen will.
226 
Es kann hier offen bleiben, ob die Planbehörde im Rahmen einer Luftreinhaltemaßnahme der Vollzugsbehörde einen solchen eigenen Beurteilungsspielraum einräumen darf oder die genannte Voraussetzung für die Anordnung der beabsichtigten Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht vielmehr selbst prüfen müsste, bevor sie eine entsprechende Maßnahme festlegt. Denn jedenfalls ist der Wirkungsgrad des Vorhabens aufgrund dieses Vorbehaltes tatsächlich völlig offen und kann auch bei 0 % liegen, falls es nach der Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde auf allen in Betracht kommenden Strecken zu Ausweichverkehren kommen würde.
227 
Hinzu kommt, dass die Planbehörde der Straßenverkehrsbehörde auch keine Vorgabe im Hinblick auf den Zeitpunkt der Umsetzung dieser Maßnahmen gemacht hat. Es ist der Straßenverkehrsbehörde damit völlig freigestellt, selbst zu entscheiden, wann sie die genannte Maßnahme prüfen und gegebenenfalls umsetzen will.
228 
Bei den Vorhaben M17 und M18 handelt es sich bereits aus diesen Gründen ebenfalls um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG.
2.4.7.
229 
Das Vorhaben M19 gibt lediglich eine Absichtserklärung der Landeshauptstadt Stuttgart als Trägerin der kommunalen Selbstverwaltung wieder, ihr Gebührensystem zu „überprüfen“ und die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet „moderat“(?) zu erhöhen, wenn der Gemeinderat zustimmt. Zum Rechtscharakter diese Regelung gelten daher die Ausführungen unter den Ziffern 2.4.2. und 2.4.4. bis 2.4.6. entsprechend.
230 
Auch das Vorhaben M20 gibt lediglich eine Absichtserklärung des Landes Baden-Württemberg wieder, die Parkgebühren der in seinem Eigentum stehenden Parkhäuser „mit dem Ziel einer verträglichen (?) Anpassung zu überprüfen“. Mit diesem Inhalt ist die Regelung offensichtlich zu unbestimmt, um als Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG eingestuft zu werden, da sie noch nicht einmal eine verbindliche Aussage trifft, dass die genannten Parkgebühren tatsächlich erhöht werden.
231 
Hinzu kommt, dass die in Betracht gezogenen Parkgebührenerhöhungen auch von ihrem Wirkungsgrad nicht die erforderliche Eignung einer Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG besitzen, da die Gutachter diesen Vorhaben lediglich ein NOx-Emissionsminderungspotenzial im Stadtgebiet von maximal 4 % und auch dieses nur für den Fall attestieren haben, dass die Parkgebühren in den genannten Parkhäusern bis 2020 verdoppelt werden (vgl. Dokumentation zum GWG, S.28 sowie Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 121).
232 
Von einer solchen Verdoppelung der Parkgebühren kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht (mehr) ausgegangen werden, nachdem der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart in seiner Sitzung am 13.07.2017 lediglich eine Erhöhung der Parkgebühren in den städtischen Parkhäusern (M19) um 14 % bis 20 % beschlossen hat und der Regelung M20 eine konkrete Absicht des Landes, die Parkgebühren in den Parkhäusern des Landes bis 2020 zu verdoppeln, ebenfalls nicht zu entnehmen ist.
233 
Dementsprechend konnte der Gutachter des Beklagten den Wirkungsgrad beider Vorhaben in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr konkret beziffern. Dieser erklärte vielmehr, er könne nicht ausschließen, dass der Wirkungsgrad bei den genannten geringeren Gebührenerhöhungen auch nur bei „nahezu 0 %“ liege.
3.
234 
Geht man nach den obigen Ausführungen davon aus, dass die Planbehörde mit dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom Mai 2017 ihrer Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG noch nicht nachgekommen ist, ist der vom Kläger mit seinem Klagantrag geltend gemachte Rechtsanspruch dem Grunde nach zu bejahen.
235 
Eine Verurteilung des Beklagten, der Luftreinhaltungsplan Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt, setzt jedoch weiter voraus, dass eine Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte durch eine oder mehrere weitere Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich möglich ist.
236 
Vorliegend kann das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls durch die Festlegung eines über die bereits bestehenden Verkehrsbeschränkungen hinausgehenden Verkehrsverbotes in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder zumindest annähernd erreicht werden. Nach den Feststellungen der Gutachter im vorgelegten Gesamtwirkungsgutachten vom Februar 2017 und den dazu vorgelegten Dokumentationen Teil 1 und 2 vom April 2017 würde das von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung in M1 festgesetzte ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren (einschließlich Hybrid-Fahrzeugen) unterhalb der Schadstoffklasse Euro 3/III sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Schadstoffklasse Euro 6/VI bei einem angenommenen Anteil dieser Kraftfahrzeuggruppen an der Fahrzeugflotte der bei der Beigeladenen zugelassenen Kraftfahrzeuge von 20 % und wenn von diesen betroffenen Kraftfahrzeugen im Rahmen des vorgesehenen Ausnahmekonzepts weitere 20 % vom Verkehrsverbot ausgenommen würden, bezogen auf das Basisjahr 2020 zu NOx-Emissionsrückgängen von 40 % in der Umweltzone, 56 % im Talkessel und 55% an der Messstation Am Neckartor führen.
237 
In Bezug auf die NO2-Immissionen bedeutet dies eine Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen um 94,6 % auf eine Streckenlänge von lediglich noch 1,3 km in der Umweltzone Stuttgart und um 96,8 % auf eine Streckenlänge von lediglich noch 0,3 km im Talkessel Stuttgart sowie eine Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts Am Neckartor auf 42 µg/m³ bei einer Umsetzung der Maßnahme ab 01.01.2020 (vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 69 und 70).
238 
Ausgehend von diesen Feststellungen ist das Verkehrsverbot demnach von seinem Wirkungsgrad her geeignet, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte - mit Ausnahme der Messstation Am Neckartor (42 µg/m³) - an allen (anderen) Messstationen und damit in der gesamten Umweltzone Stuttgart auf das zulässige Maß zu reduzieren. Dies hat die zuständige Gutachterin in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt.
239 
Welchen Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einer Inkraftsetzung bereits ab dem 01.01.2018 - also zum Zeitpunkt des bislang geplanten Inkrafttretens der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart hätte, wurde von den Gutachtern nicht ermittelt.
240 
Da zu diesem Zeitpunkt der Flottenanteil der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge noch ca. 35 % (statt 20 % wie im Basisjahr 2020) betrage (vgl. Dokumentation zum GWG zur 3. Fortschreibung vom April 2017, Tabelle 4.2, S. 60), schätzte die zuständige Gutachterin den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf den Zeitpunkt 01.01.2018 zunächst als „tendenziell größer“ ein, relativierte diese Aussage jedoch anschließend für die Messstation Am Neckartor, für die sie nur von einer Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts auf ca. 48 µg/m³ (statt 42 µg/m³/Basisjahr 2020) ausgehen wollte, weil die Ausgangsbelastung im Jahr 2018 mit ca. 80 µg/m³ noch höher sei, als im Basisjahr 2020 (67 µg/m³ bzw. 72 µg/m³).
241 
Nach diesen Einlassungen der Gutachterin in der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass der Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf das Basisjahr 2018 - wenn überhaupt - nur unwesentlich geringer ist als im Basisjahr 2020.
242 
Für diese Annahme sprechen auch die Feststellungen der Gutachter zu der - nicht in den Planentwurf übernommenen - Maßnahme M83v3 „Einfahrt in die Umweltzone Stuttgart nur mit blauer Plakette, Variante 1“ als Teil des Moduls 8/Feinstaub-Alarm Verkehr, die für das Netz ganzjährig betrachtet wurde (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 130) und wonach die festgestellte Änderung der Streckenkilometer im Stadtgebiet Stuttgart mit Überschreitungen des NO2-Jahresgrenzwerte mit 91,8 % bei einer Umsetzung dieses Verkehrsverbotes M83v3 zum 01.01.2018 nur unwesentlich geringer ist, als die Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen bei dem Verkehrsverbot M1 ab dem 01.01.2020 (94,6 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30).
243 
Es kann deshalb nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten davon ausgegangen werden, dass das in M1 beschriebene Verkehrsverbot derzeit selbst dann die effektivste und damit am besten geeignete Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte darstellt, wenn deren Wirkungsgrad bei einer Umsetzung vor dem 01.01.2020 tatsächlich etwas geringer sein sollte, als im Falle einer Umsetzung zum 01.01.2020.
244 
Welchen Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einem Inkrafttreten vor dem 01.01.2020 letztlich tatsächlich hat, kann das Gericht nicht abschließend beurteilen, weil das Gesamtwirkungsgutachten hierzu keine Feststellungen trifft. Dies kann jedoch auch offen bleiben, weil es nicht Aufgabe des Gerichts ist, sondern in die Zuständigkeit der Planbehörde fällt, den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf einen Umsetzungszeitpunkt vor dem 01.01.2020 im Rahmen des zu erstellenden Gesamtkonzeptes zur Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans noch gutachterlich klären zu lassen.
245 
Für den Fall, dass die Gutachter des Beklagten dabei zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die Umsetzung des genannten Verkehrsverbotes zu einem solchen früheren Zeitpunkt zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte tatsächlich allein nicht ausreichend ist und sogar einen etwas geringeren Wirkungsgrad als bei einer Umsetzung zum 01.01.2020 besitzt, bedeutet dies jedoch nicht, dass das Verkehrsverbot als geeignete Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG ausscheidet. Die Planbehörde wäre in diesem Fall lediglich verpflichtet, entweder das Verkehrsverbot auf einen größeren Adressatenkreis auszudehnen oder im Luftreinhaltungsplan auch noch andere Maßnahmen festzulegen, um die Ziele des § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zu erreichen, soweit dies mit den Vorhaben und Maßnahmen M3 bis M20 nicht bereits geschehen ist.
246 
Welche konkreten Maßnahmen zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte gegebenenfalls weiter in Betracht kommen, hat aber nicht das Gericht, sondern die Planbehörde im Rahmen des von ihr zu erstellenden Gesamtkonzepts zu entscheiden, da die Maßnahmen-Auswahl allein dem planerischen Gestaltungsspielraum der Planbehörde unterliegt.
247 
4. Das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht kommende und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot kann auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden, weil es mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung (im Weiteren: StVO) ordnungsgemäß bekanntgegeben werden kann.
248 
4.1. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Umsetzung und Bekanntgabe des Verkehrsverbotes folgt unmittelbar daraus, dass durch das Verkehrsverbot in individuelle Rechte Dritter eingegriffen wird (insbesondere Handlungsfreiheit der betroffenen Verkehrsteilnehmer) und auch ausdrücklich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG,wonach die in Luftreinhalteplänen festgelegten Maßnahmen durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung, also in der Regel von Behörden des Bundes, der Länder, der kommunalen Gebietskörperschaften oder anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Landmann/Rohmer, Umweltrecht Kommentar, Band III, Stand 01.01.2017 § 47 Rn 29) „nach diesem Gesetz“ (BImSchG) oder „nach anderen Rechtsvorschriften“ durchzusetzen sind.
249 
Da es sich bei dem in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbot um eine Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs handelt, ist für dessen Durchsetzung die Straßenverkehrsbehörde (hier: die Beigeladene) nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), wobei die zuständige Straßenverkehrsbehörde auf das Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts unabhängig davon beschränkt ist, ob in der Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung zu sehen ist (ebenso BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 – 22 C 16.1427 –, in juris; Rn 167).
250 
Die Durchsetzung des Verkehrsverbotes setzt also voraus, dass die StVO das hierfür notwendige Instrumentarium enthält, weil die Planbehörde das Verkehrsverbot in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung nur dann aufnehmen kann, wenn die für dessen Umsetzung und Bekanntgabe zuständige Straßenverkehrsbehörde dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist.
251 
4.2. Da das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot die gesamte Umweltzone betrifft, ist für dessen Umsetzung und Bekanntgabe in erster Linie auf die für die Ausweisung solcher Umweltzonen in der StVO vorgesehenen Verkehrszeichen zurückzugreifen.
252 
§ 45 Abs. 1 Buchstabe f StVO sieht vor, dass die Straßenverkehrsbehörde zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan nach § 47 Abs. 1 BImSchG festgesetzten Umweltzonen die dafür erforderlichen Verkehrsverbote in der Regel mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen anordnet (vgl. lfd. Nrn 44, 45, und 46 der Anlage 2 zur StVO; im Weiteren: Verkehrszeichen).
253 
4.3. Mit dieser Verkehrszeichen-Kombination lässt sich das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot jedoch nicht anordnen, weil dieses Verkehrsverbot Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 betrifft, also Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 4, die gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (im Weiteren: 35.BImSchV) mit der Grünen Plakette gekennzeichnet sind und deshalb mit dem bislang zur Verfügung stehenden Zusatzzeichen lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO (im Weiteren: Zusatzzeichen 46) von dem Verkehrsverbot innerhalb der Umweltzone Stuttgart freigestellt werden.
254 
Hieraus folgt jedoch, dass die vom zuständigen Bundesverordnungsgeber mit den genannten Verkehrszeichen bislang in der StVO geschaffenen Kennzeichnungsmöglichkeiten von Verkehrsverbotszonen zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen nicht ausreichend sind, um ein Verkehrsverbot, wie es in Städten mit Immissionsgrenzwertüberschreitungen wie in Stuttgart in Betracht zu ziehen ist, bekanntzugeben.
255 
Hierzu bedarf es zweckmäßigerweise einer weitergehenden Kennzeichnungsmöglichkeit - wie beispielsweise der vom Beklagten vorgeschlagenen „Blauen Plakette“ - und folglich einer entsprechenden Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichens 46 der StVO durch die jeweils zuständigen Verordnungsgeber des Bundes (35.BImSchV: Bundesregierung; StVO: BMVI und BMUB). Es besteht kein Zweifel daran, dass sowohl die Bundesregierung als auch die genannten Bundesministerien in ihrer Funktion als Verordnungsgeber durch Bundesgesetz (hier: BImSchG und StVG) nicht nur ermächtigt (vgl. Art. 80 GG), sondern auch verpflichtet sind, den für die Umsetzung und den Vollzug der Vorschriften des Luftreinhalterechts zuständigen Landesbehörden das hierfür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, soweit dieses nicht bereits im Bundesimmissionsschutzgesetz enthalten ist (so BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 - 22 C 16.1427 - in juris, Rn 184).
256 
Sie haben daher die im vorliegenden Fall deutlich gewordenen Regelungsdefizite durch entsprechende Ergänzungen der StVO und der 35. BImSchV baldmöglichst zu beseitigen.
257 
Es ist derzeit nicht absehbar, ob und zu welchem Zeitpunkt die zuständigen Verordnungsgeber die bestehenden Regelungsdefizite in den genannten Verordnungen wegen des Vertragsverletzungsverfahrens, das die Europäische Kommission wegen der seit dem Jahr 2010 andauernden Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt, tatsächlich noch beheben werden.
258 
4.4. Durch diese bislang nicht behobenen Regelungsdefizite ist die Durchsetzung bzw. Bekanntgabe des vorliegend in Betracht kommenden Verkehrsverbotes entgegen der Rechtsansicht des Beklagten jedoch rechtlich nicht unmöglich, weil es zu dem in seiner derzeitigen Ausgestaltung hier nicht verwendbaren Zusatzzeichen 46 andere, rechtlich zulässige Möglichkeiten gibt, das Verkehrsverbot trotz „Fehlens einer Blauen Plakette“ im Einklang mit den Vorschriften der StVO ordnungsgemäß bekanntzugeben. Insoweit gilt im Einzelnen Folgendes:
259 
4.4.1. Da das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot zum Inhalt hat, innerhalb der gesamten bereits bestehenden und mit den Zeichen 270.1 und 270.2 ausgeschilderten Umweltzone Stuttgart die Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 aus der bislang mit dem Zusatzzeichen 46 angeordneten Freistellung der Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette herauszunehmen und damit im Ergebnis dem mit Zeichen 270.1 angeordneten Umweltzonen-Verkehrsverbot zu unterwerfen, besteht für einen Austausch der Zeichen 270.1 und 270.2 - etwa gegen das Zeichen 251 (Lfd. Nr. 29 der Anlage 2 zur StVO) - keine sachliche Notwendigkeit. Denn das Zeichen 251 unterscheidet sich in Bezug auf die Adressaten des damit angeordneten Einfahrverbotes (Kraftwagen und mehrspurige Kraftfahrzeuge) nicht von den Adressaten der Zeichen 270.1 und 270.2 (Kraftfahrzeuge), die darüber hinaus lediglich zusätzlich das Gebiet der Verkehrsverbotszone (Umweltzone) begrenzen. Da das Verkehrsverbot auch räumlich denselben Bereich betrifft, wie das bereits bestehende Verkehrsverbot, nämlich die gesamte Umweltzone Stuttgart, bliebe auch der Aufstellungsort der Schilder derselbe.
260 
Die Zeichen 270.1 und 270.2 können daher für das vorliegend in Betracht zu ziehende (Umweltzonen-)Verkehrsverbot weiter Verwendung finden. Ob ein auf einzelne Strecken (wie z. B. beim Maßnahme M2c) oder auf ein Teilgebiet (wie z. B. bei Maßnahme M2b) räumlich begrenztes zusätzliches Verkehrsverbot innerhalb der bereits bestehenden Umweltzone in rechtlich zulässiger Weise mit dem Zeichen 251 und einem entsprechenden (individuellen) Zusatzzeichen, das den freigestellten Adressatenkreis bezeichnet, ausgeschildert werden kann, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.
261 
4.4.2. Soweit das vorliegend in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot den Kreis der bislang mit der Grünen Plakette freigestellten Kraftfahrzeuge weiter einschränkt und hierfür das in der StVO vorhandene Zusatzzeichen 46 zu weit reichend und damit nicht verwendbar ist, gibt es rechtlich zulässige Handlungsalternativen, um die gebotenen Freistellungen vom Verkehrsverbot ordnungsgemäß bekannt zu geben.
262 
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn es sich bei der Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO um eine abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-Verkehrsverboten handeln würde und diese deshalb so verstanden werden müsste, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Umweltzonen-Verkehrsverbotes und der Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit den in der StVO vorgesehenen Zeichen 270.1 bzw. 270.2 in Kombination mit dem in der lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO abgebildeten Zusatzzeichen 46 erfolgen kann.
263 
Bei sachgerechter Auslegung der genannten Vorschrift ist für diese Interpretation jedoch kein Raum. Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen - und ebenso von Rechtsverordnungen - ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, Urt. v. 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10, 2 Bv2 BvR 2155/11 - in juris, Rn 66). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (BVerfG, Urt. v. 20.03.2002 – 2 BvR 794/95 in juris, Rn 79). Ausgangspunkt der Auslegung ist zwar regelmäßig der Wortlaut der Vorschrift. Soweit dieser jedoch keine hinreichend deutlichen Hinweise auf den Willen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers gibt, kommt daneben den genannten anderen Auslegungskriterien eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (BVerfG, Urt. v. 19.03.2013, a.a.O.).
264 
Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze kann § 45 Abs. 1f StVO nicht als abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-Verkehrsverboten verstanden werden. Eine solche Interpretation als abschließende Regelung ist bereits nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 1f StVO nicht zwingend. Der Wortlaut dieser Regelung deutet zwar darauf hin, dass der Verordnungsgeber bei deren Einführung im Rahmen der zum 01.04.2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO vom 06.03.2013 (vgl. BGBl. I, S.367) möglicherweise - und wie durch den vorliegenden Sachverhalt belegt - irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die genannten Verkehrszeichen ausreichend sind, um die Ziele des § 47 Abs. 1 BImSchG - soweit hierfür Verkehrsbeschränkungen erforderlich sind - zu erreichen. Der Wortlaut der Regelung lässt auch den weiteren Schluss zu, dass der Verordnungsgeber die in § 45 Abs. 1f StVO vorgesehene Schilderkombination im Hinblick auf die notwendige Kontrollierbarkeit als die geeignetste Form der Bekanntgabe eines solchen Umweltzonen-Verkehrsverbotes angesehen hat. Vor diesem Hintergrund ist die vom Verordnungsgeber gewählte Formulierung ohne weiteres nachvollziehbar.
265 
Eine mit der Formulierung darüber hinaus verfolgte Absicht des Verordnungsgebers, mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten Schilderkombination zugleich die einzige zulässige Form der Bekanntgabe eines Umweltzonen-Verkehrsverbotes und der Freistellungen bzw. Ausnahmen hiervon festlegen zu wollen, ist der Formulierung dagegen nicht eindeutig zu entnehmen.
266 
Es handelt sich bei der zuletzt genannten Interpretation des Wortlautes der Vorschrift vielmehr lediglich um eine unter grammatischen Aspekten denkbare Deutungsmöglichkeit, die aber nicht zwingend ist.
267 
Lässt die Formulierung eines Vorschriftentextes solche verschiedenen Deutungsmöglichkeiten zu, ist im Rahmen der Auslegung weiter zu ermitteln, welche der möglichen Deutungen nach den weiteren Auslegungskriterien und insbesondere nach dem Sinn und Zweck der Regelung dem objektiven Willen des Gesetzgebers (hier: Verordnungsgebers) entspricht.
268 
Der Sinn und Zweck der mit der Neufassung der StVO im Jahr 2013 in die StVO aufgenommenen Regelungen und Verkehrszeichen zu Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen aus Gründen der Luftreinhaltung bestand bei objektiver Betrachtung ausschließlich darin, den für die Umsetzung und den Vollzug der bundesgesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung zuständigen Landesbehörden das dafür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen.
269 
Das Gericht hat daher keine Zweifel daran, dass der StVO-Verordnungsgeber mit der Aufnahme der genannten Regelungen und Verkehrszeichen in die StVO den alleinigen Zweck verfolgte, den für die Luftreinhaltung zuständigen Landesbehörden die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen und -verboten zu ermöglichen, soweit solche zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG erforderlich sind. Die Tatsache, dass der Verordnungsgeber dabei möglicherweise irrtümlich davon ausgegangen ist, dass dafür ein Zusatzzeichen 46 mit Roter, Gelber oder Grüner Plakette bereits ausreichend ist, ändert hieran nichts. Denn es bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Befugnisse der zuständigen Landesbehörden zur Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO und dem genannten Zusatzzeichen 46 absichtlich beschränken wollte, um die Verhängung weitergehender Verkehrsverbote zu verhindern. Insbesondere enthält auch die Begründung der Neufassung der StVO keinerlei Hinweise dafür, dass der Verordnungsgeber den Regelungsinhalt des § 45 Abs. 1f StVO und des Zusatzzeichens 46 in diesem abschließenden Sinne beschränken wollte (vgl. z.B. BR-Drucksache 428/12).
270 
Ein solches Vorgehen des Verordnungsgebers wäre auch offensichtlich rechtswidrig gewesen. Denn es steht außer Zweifel, dass der Verordnungsgeber durch die Verordnungsermächtigung in Art. 80 GG keine Befugnis erhält, bundesgesetzliche Zielsetzungen - wie im vorliegenden Fall die Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG - durch Rechtsverordnung zu beschränken oder gar zu verhindern. Dies hätte der Verordnungsgeber im vorliegenden Fall aber getan, wenn er mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO tatsächlich hätte abschließend regeln wollen, dass die zuständigen Landesbehörden weitergehende Verkehrsverbote gegen Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette selbst dann nicht verhängen können, wenn solche Verkehrsverbote zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG geeignet und geboten sind.
271 
Gegen einen dahingehenden Willen des Verordnungsgebers sprechen darüber hinaus auch dessen Feststellungen zum Regelungsinhalt des Zeichens 270.1 in der Anlage 2 zur Neufassung der StVO 2013. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass Ausnahmen vom Umweltzonen-Verkehrsverbot „im Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung“ und damit nach dem Willen des Verordnungsgebers offensichtlich nicht ausschließlich mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten Schilderkombination zugelassen werden können.
272 
Die Möglichkeit, die Ausnahmen vom Umweltzonen-Verkehrsverbot statt mit dem Zusatzzeichen 46 grundsätzlich auch durch eine Allgemeinverfügung regeln zu können, hat das BMVI, das zusammen mit dem BMUB für die Neufassung der StVO zuständig war, zudem mit seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg vom 11.03.2016 auch nochmals ausdrücklich bestätigt. Denn in diesem Schreiben hat das BMVI die Notwendigkeit einer Änderung der Regelungen der StVO zur Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen zur Luftreinhaltung mit der Begründung verneint, weitergehende Verkehrsverbote gegenüber Kraftfahrzeugen mit Grüner Plakette könnten auch durch Allgemeinverfügung und gleichzeitiger Abdeckung des Zusatzzeichens 46, das in der Umweltzone Stuttgart Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette vom Umweltzonen-Verkehrsverbot freistellt, angeordnet werden.
273 
Zwar hat das BMVI diese Feststellungen wohl lediglich im Hinblick auf zeitlich befristete, weitergehende Verkehrsverbote getroffen. Dennoch lässt sich auch dieser schriftlichen Stellungnahme des BMVI ohne weiteres entnehmen, dass der für die StVO zuständige Verordnungsgeber selbst nicht davon ausgeht, dass Umweltzonen-Verkehrsverbote und die Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit der genannten Schilderkombination (Zeichen 270.1 und Zusatzzeichen 46) bekanntgegeben werden können. Nach dieser schriftlichen Stellungnahme darf das Zeichen 270.1 vielmehr auch ohne Zusatzzeichen verwendet und notwendige Ausnahmen oder Freistellungen vom Verkehrsverbot auch auf andere Weise verfügt und bekanntgegeben werden. Dieser Rechtsansicht schließt sich das Gericht an, zumal die StVO auch im Übrigen obligatorische Verbindungen von Zeichen und Zusatzzeichen nicht kennt.
274 
Bereits aus den vorgenannten Gründen kann die Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO nicht als abschließende Regelung verstanden werden. Eine solche Auslegung der Vorschrift ist auch deshalb abzulehnen, weil sie im Ergebnis dazu führen würde, dass die Vorschrift mit einem solchen beschränkten Regelungsinhalt gegen höherrangiges Recht verstoßen würde. Denn ein solches Verständnis des § 45 Abs. 1f StVO würde dazu führen, dass das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte und damit zum Schutz der menschlichen Gesundheit in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot nicht bekannt gegeben werden könnte. Die Regelung würde mit diesem Inhalt also nicht nur gegen die Zielsetzungen des § 47 BImSchG, sondern auch gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GRCH und gegen unionsrechtlich vorgegebene Umweltstandards (hier: der Richtlinie 2008/50/EG) und damit gegen (höherrangiges) Bundes-, Verfassungs- und Europarecht verstoßen.
275 
Da es jedoch sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, als auch wegen des aus Art. 3 Abs. 1 GRCH und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden staatlichen Schutzauftrages für das Leben und die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen ist, dass ein zur Sicherstellung dieser Zwecke gebotenes Verkehrsverbot nur deshalb unterbleibt, weil § 45 Abs. 1f StVO dessen Bekanntgabe nicht zulässt (in diesem Sinne auch BayVGH, a.a.O., Rn 184), wäre die betreffende Regelung jedenfalls auch verfassungs- und unionsrechtskonform so auszulegen, dass es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt.
4.4.3.
276 
Geht man davon aus, das es sich bei § 45 Abs. 1f StVO um keine abschließende Regelung handelt und ein Umweltzonen-Verkehrsverbot und die Freistellungen hiervon folglich nicht ausschließlich und zwingend mit der Verkehrszeichen-Kombination 270.1 bzw. 270.2 und dem Zusatzzeichen 46 bekanntgegeben werden muss, ist die zur Durchsetzung des Verkehrsverbotes zuständige Straßenverkehrsbehörde auch befugt, auf andere, nach der StVO zulässige Formen der Bekanntgabe zurückzugreifen.
277 
Insoweit haben das BMVI und der Beklagte die in Betracht kommenden Handlungsalternativen bereits selbst aufgezeigt, nämlich zum einen die vom BMVI in seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg vom 11. März 2016 empfohlene Bekanntgabe der notwendigen Freistellungen vom Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung (dazu unter 4.4.3.1.) und zum andern die vom Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkehrsverbot M2c beabsichtigte Schaffung eines bislang in der StVO nicht geregelten Zusatzzeichens (dazu unter 4.4.3.2.).
278 
4.4.3.1. Ob es sich bei dem Vorschlag des BMVI, die notwendigen Freistellungen von dem mit Zeichen 270.1 bekanntgegebenen Umweltzonen-Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung anzuordnen, um eine rechtlich zulässige Handlungsalternative handelt, erscheint zumindest fraglich. Denn dieser Vorschlag steht im Widerspruch zu dem in § 45 Abs. 4 Halbsatz 1 StVO zum Ausdruck kommenden Grundsatz, wonach die in § 45 Abs. 3 StVO genannten Straßenverkehrsbehörden – und insoweit gilt für die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen nichts anderes - den Verkehr grundsätzlich nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, weil - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer ein schutzwürdiges Interesse haben, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden (ebenso BayVGH, a.a.O. Rn 168; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 - 3 C 18.07 - in juris). Für Verkehrsverbote und -beschränkungen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO) sieht auch § 45 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 StVO insoweit keine Ausnahme vor, sondern nur für Verkehrsverbote und -beschränkungen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO). Die Frage kann jedoch offen bleiben.
279 
4.4.3.2. Denn jedenfalls bestehen gegen die zweite in Betracht kommende Handlungsalternative keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn man § 45 Abs. 1f StVO aus den bereits dargelegten Gründen richtigerweise nicht für eine abschließende Regelung hält.
280 
Es bestehen zunächst keine rechtlichen Zweifel daran, dass die Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt,in der StVO nicht abschließend geregelt sind und das Verkehrsministerium des Beklagten als oberste Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) vom 26.01.2001 i. d. F. vom 22.05.2017; (vgl. BAnz AT vom 29.05.2017 B8) deshalb befugt ist, andere als die im Verkehrszeichenkatalog (VzKAT) zur StVO aufgeführten Zusatzzeichen zu genehmigen und einzuführen. Denn dort heißt es unter Randnummer 46 zu §§ 39 bis 43: „... Abweichungen von dem in diesem Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen sind nicht zulässig; andere Zusatzzeichen bedürfen der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.". Diese Befugnis ist zwischen den Beteiligten unstreitig, denn davon geht auch die Planbehörde aus (vgl. Ziffer 6.2.2.2.2 des Planentwurfs zur 3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes Stuttgart vom Mai 2017 zur Umsetzung des Verkehrsverbotes M2b; S. 84).
281 
Inhaltlich müsste das Zusatzzeichen als sog. Frei-Zusatzzeichen ebenso wie das Zusatzzeichen 46 - vereinfacht ausgedrückt - den Aussagegehalt der bislang nicht vorliegenden Blauen Plakette in Textform zum Ausdruck bringen. Dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu. Dieses Zusatzzeichen würde auch nicht unter die Einschränkung des § 39 Abs. 3 Satz 2 StVO fallen, wonach „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen – also Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen - nur zulässig sind, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Letzteres ist hier der Fall, denn als Zusatzzeichen zu dem Zeichen 270.1 gelten für dieses insbesondere nicht die Einschränkungen in Nummer 26 der Anlage 2 zur StVO, sodass die damit zusammenhängenden Rechtsfragen hier keiner Erörterung bedürfen.
282 
Gegen ein solches Frei-Zusatzzeichen, das in Textform die vom Umweltzonen-Verkehrsverbot (Zeichen 270.1) freigestellten Kraftfahrzeuge benennt, bestehen daher keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken (ebenso BayVGH a.a.O., Rn 171).
283 
Auch in Bezug auf den hier notwendigen Textumfang, mit dem eine Freistellung vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge Euro 6 und ggf. für Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren ab Euro 3 geregelt werden müsste, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Zwar muss nach der obergerichtlichen Rechtsprechung der objektive Aussagegehalt von Verkehrszeichen - und dies gilt auch für Kombinationen aus Zeichen und Zusatzzeichen - zum einen eindeutig sein und eine solche Beschilderung zum anderen so übersichtlich gestaltet werden können, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. auch zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 – 3 C 18.07 – a.a.O., m.w.N.).
284 
Dies ist bei dem hier notwendigen Textumfang, mit dem zum Ausdruck zu bringen ist, dass Diesel-Kraftfahrzeuge „Diesel Euro 6“ und „Andere ab Euro 3“ vom Verkehrsverbot ausgenommen („Frei“) sind, auch im Vergleich mit den Textumfängen anderer im Verkehrszeichenkatalog enthaltenen und damit als zulässig erachteten Zusatzzeichen zu bejahen.
285 
Gegenüber einem solchen Frei-Zusatzzeichen zum Zeichen 270.1 dürfte die vom Kläger alternativ vorgeschlagene „Drei-Schilder-Regelung“ mit dem Zeichen 270.1, dem Zusatzzeichen 46 (Grüne Plakette) und einem zweiten Zusatzzeichen mit den Ausnahmen von der Freistellung durch das Zusatzzeichen 46 bereits deshalb nicht vorzugswürdig sein, weil diese Beschilderungsmöglichkeit die den Verkehrsteilnehmern im Zusammenhang mit Umweltzonen bereits vertraute Regelungstechnik „Verbot und Freistellung“ verkompliziert und bei dieser „Drei-Schilder-Regelung“ möglicherweise auch missverständlich bleibt, worauf sich das zweite Zusatzzeichen bezieht.
286 
Welche der vorgenannten Handlungsalternativen die hier zuständigen Behörden letztlich als vorzugswürdig erachten, muss jedoch deren Entscheidung im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG und § 45 Abs. 3 Satz 1 StVO - gegebenenfalls auch in Abstimmung mit dem BMVI als oberster Straßenverkehrsbehörde - vorbehalten bleiben. Sollte das BMVI dabei rechtliche Bedenken gegen alle aufgezeigten Handlungsalternativen haben, obliegt es allein den zuständigen Verordnungsgebern, diesen rechtlichen Bedenken durch eine entsprechende Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichen 46 um eine weitere Plakette zur Bekanntgabe von Verkehrsverboten der vorliegenden Art Rechnung zu tragen.
5.
287 
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot begegnet auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG keinen Bedenken.
288 
Das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zurEmittentenauswahl (dazu unter 5.1.) und ist auch verhältnismäßig (dazu unter 5.2.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet insbesondere auch nicht den generellen Aufschub der Umsetzung auf den vom Beklagten vorgesehenen späteren Zeitpunkt. Einem solchen Aufschub steht vielmehr das in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zum Ausdruck kommende Minimierungsgebot entgegen (dazu unter 5.3.).
5.1.
289 
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot, mit dem die Einhaltung der in der Umweltzone Stuttgart überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte tatsächlich sichergestellt werden kann, verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zurEmittentenauswahl, weil von dieser Maßnahme von allen Emittenten, die zum Überschreiten der Immissionswerte im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG beitragen, ausschließlich der Straßenverkehr und davon wiederum nur ein bestimmter Kreis von Verkehrsteilnehmern, nämlich die Nutzer der Kraftfahrzeuge der genannten Schadstoffgruppen betroffen sind. Denn dies lässt sich in der Sache damit rechtfertigen, dass der Straßenverkehr an allen Messstationen in der Umweltzone Stuttgart sowohl lokal als auch im Bereich der Hintergrundbelastung mit Verursacheranteilen an der NO2-Immissionsbelastung zwischen 59 % und 77 % (Am Neckartor) als Hauptverursacher der NO2-Immissionsgrenzwertüberschreitungen in Erscheinung tritt (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, Abbildungen 6 bis 9, S. 30 und 31) und die vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge zu diesen Verursachungsanteilen einen erheblichen Anteil beitragen (vgl. hierzu u.a. Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 73, Bild 4.12).
5.2.
290 
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehene Verkehrsverbot verletzt in der Sache auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, bei dem es sich um ein aus den Grundrechten (z.B. Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes allgemeines Abwägungsprinzip handelt, das bei der Auswahl in Betracht kommender Luftreinhaltemaßnahmen und der davon betroffenen Emittenten grundsätzlich zu beachten ist. Dies hat der Bundesgesetzgeber durch die ausdrückliche Erwähnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Regelung des § 47 Absatz 4 Satz 1 BImSchG auch nochmals klargestellt.
291 
Eine hoheitliche Maßnahme, die in (Grund-)Rechte Dritter eingreift, entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann, wenn sie einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgt und darüber hinaus geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, also angemessen ist. Diesen Anforderungen entspricht das hier in Betracht kommende Verkehrsverbot im Falle seiner Umsetzung voraussichtlich in jeder Hinsicht.
5.2.1.
292 
Als Maßnahme zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen und zur Einhaltung von Immissionsgrenzwerten, die dem Schutz der menschlichen Gesundheit vor schädlichen Luftschadstoffen dienen, verfolgt dieses zweifellos einen legitimen öffentlichen Zweck.
293 
5.2.2. Die Geeignetheit des Verkehrsverbotes steht ebenfalls außer Zweifel, weil mit diesem Verkehrsverbot das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder zumindest annähernd erreicht werden (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 3.).
5.2.3.
294 
Es sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grundlage des vom Beklagten vorgelegten Gesamtwirkungsgutachtens auch keine anderen, gleichwertigen Maßnahmen ersichtlich, welche den von dem Verkehrsverbot betroffenen Adressatenkreis weniger belasten würden und dem Verkehrsverbot deshalb im Rahmen der planerischen Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG als„milderes Mittel“ vorzuziehen wären.
5.2.3.1.
295 
Die von der Planbehörde bislang nicht als Luftreinhaltemaßnahmen in Betracht gezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen in den Regelungen M17 und M18 scheiden mit ihren NO2-Emissionsminderungs-potenzialen zwischen 0 % und maximal 5 % bereits von ihrem Wirkungsgrad als gleichwertige Maßnahmen aus und kommen daher als gleichwertige Handlungsalternative anstelle des Verkehrsverbotes nicht in Betracht.
296 
Nichts anderes gilt auch für die in Modul 6 (Schnellstraßenkonzept) des Gesamtwirkungsgutachtens bewerteten Maßnahmen M61v1 und M61v2, die „Geschwindigkeitsreduzierungen auf ausgewählten Autobahnen und Bundesstraßen auf 100 bzw. 80 km/h“ vorsehen und die von der Planbehörde bislang ebenfalls nicht als Luftreinhaltemaßnahmen vorgesehen sind. Zwar liegen deren NO2-Emissions-minderungspotenziale bei immerhin 13% bzw. 9 %. Die Beklagten-Vertreter haben hierzu in der mündlichen Verhandlung jedoch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass diese Maßnahmen die Immissionssituation in der Umweltzone Stuttgart sogar verschlechtern würden, weil sie zu Ausweichverkehren in die Umweltzone und damit sogar zu einer Verschlechterung der dortigen Luftqualität führen würden. Diese Handlungsalternative hat die Planbehörde daher zu Recht nicht in ihren Planentwurf übernommen.
5.2.3.2.
297 
Die als Handlungsalternative grundsätzlich in Betracht kommenden (ganzjährigen) Verkehrsverbote, die abwechselnd an das Kfz-Kennzeichen (gerade/ungerade) anknüpfen, wurden von der Planbehörde bereits wegen ihres zu geringen NO2-Immissionsminderungs-potenzials (Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone um weniger als 4 %; vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild 6.9, S. 127 sowie S. 39 und 40 des Abschlussberichts zum GWG vom Februar 2017) zu Recht nicht weiterverfolgt. Dies bedarf keiner vertiefenden Darlegungen, nachdem der Kläger der diesbezüglichen Argumentation der Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen und auch das Gericht an der Richtigkeit der genannten Feststellungen der Gutachter keine Zweifel hat.
298 
5.2.3.3. Auch die weiter in Betracht gezogene City-Maut kann bei der von den Gutachtern des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten untersuchten Ausgestaltung (5 Euro/Einfahrt in die Umweltzone; vgl. im Einzelnen Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 9, Ziffer 3.2.1.2) nicht als gleich geeignete Handlungsalternative eingestuft werden, weil diese nach den Feststellungen der Gutachter lediglich zu einer geringen Reduzierung der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs in Höhe von 7 % führen würde (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, Bild 5.4, Seite 46). Der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser Handlungsalternative bleibt damit deutlich hinter dem Wirkungsgrad des im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen Verkehrsverbotes zurück (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild 6.9, S. 127; Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone durch die Maßnahme M22/City-Maut um ca. 42 % und im Talkessel um ca. 80 % gegenüber den 94,6 % in der Umweltzone durch das Verkehrsverbot).
299 
Ob die Erhebung einer solchen City-Maut zur Durchsetzung von Zielen der Luftreinhaltung überhaupt zulässig wäre und auf die §§ 47 i. V. m. 40 BImSchG gestützt werden könnte oder vielmehr einer vorherigen entsprechenden Gesetzesinitiative des Landesgesetzgebers bedürfte, kann daher ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob der Beklagte zu einer solchen Gesetzesinitiative zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die Einführung einer City-Maut rechtlich verpflichtet wäre.
5.2.3.4.
300 
Für die weiter alternativ in Betracht gezogene Einführung einer Nahverkehrsabgabe für das Stadtgebiet oder die Region Stuttgart gelten die Ausführungen zur „City-Maut“ entsprechend, weil auch diese Maßnahme mit einem NO2-Emissionsminderungspotenzial von lediglich 2 bis maximal 4 % (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, a.a.O.) keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen Verkehrsverbot darstellt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher ebenfalls keiner weiteren Betrachtung.
301 
5.2.3.5. Bei der zuletzt noch in die Diskussion gebrachten „Nachrüstlösung“ für die vom Verkehrsverbot betroffenen Diesel-Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 handelt es sich bereits in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich um keine im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG gleichwertige Handlungsalternative zum Verkehrsverbot. Denn insoweit hat die zuständige Gutachterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage des Gerichts bestätigt, dass der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser „Nachrüstlösung“ bei maximal 9 % bezogen auf das Jahr 2020 liege.
302 
Dabei ist die Gutachterin bei ihrer Berechnung davon ausgegangen, dass 50 % der Diesel-Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 nachrüstbar sind, 100 % dieser Diesel-Kraftfahrzeuge bis 2020 auch tatsächlich nachgerüstet werden und jede dieser Nachrüstungen zu einer Reduzierung der realen Emissionen im Straßenverkehr um 50 % führe.
303 
Von diesen von der Gutachterin angenommenen Prämissen ist jedoch bereits die Annahme, dass im Rahmen freiwilliger Nachrüstaktionen - wie auch immer diese konkret aussehen mögen - bis 2020 alle nachrüstbaren Diesel-Kraftahrzeuge tatsächlich freiwillig nachgerüstet werden, wenig wahrscheinlich.
304 
Hinzu kommt, dass die Planbehörde eine eventuelle Bereitschaft der Betroffenen zur Umrüstung ihrer Kraftfahrzeuge mit der jetzt im Planentwurf vorgesehenen Maßnahme M1 zusätzlich konterkariert, wenn sie diesen mit dem darin genannten (frühestmöglichen) Umsetzungszeitpunkt 01.01.2020 bereits jetzt zu erkennen gibt, dass sie auch mit ihren nicht nachgerüsteten Diesel-Kraftfahrzeugen auf jeden Fall bis zum 01.01.2020 in der Umweltzone Stuttgart fahren dürfen und vorher nicht mit einem Verkehrsverbot rechnen müssen.
305 
Soweit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese „Nachrüstlösung“ möglicherweise auch nur aus Software-Updates bestehen wird, dürfte die damit zu erwartende Abgasreduzierung auch nicht bei den von der Gutachterin angenommen 50 %, sondern lediglich in einer Größenordnung von ca. 25 % bis maximal 30 % und der damit verbundene Wirkungsgrad folglich aller Voraussicht nach deutlich unter 9 % liegen.
306 
Doch selbst wenn man den von der Gutachterin ermittelten Wirkungsgrad trotz der vorgenannten erheblichen Bedenken als richtig unterstellen würde, handelt es sich bei der „Nachrüstlösung“ selbst mit diesem maximal denkbaren Wirkungsgrad von 9 % um keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, da dessen Wirkungsgrad um ein Vielfaches höher liegt.
307 
Davon geht auch der Beklagte aus, dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt haben, dass mit der „Nachrüstlösung“ eine Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht erreicht werden kann, sondern hierfür die „Blaue Plakette“, also das in M1 beschriebene Verkehrsverbot erforderlich ist.
308 
Bei dieser Sachlage würde die Planbehörde mit einer Entscheidung für die „Nachrüstlösung“ unter gleichzeitiger Verschiebung des Verkehrsverbotes bis mindestens 01.01.2020 den bereits seit über 7,5 Jahre andauernden rechtswidrigen Zustand der erheblichen Überschreitung der Stickstoffdioxid-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart aber um mindestens weitere 2,5 Jahre verlängern, anstatt diesen rechtswidrigen Zustand so schnell wie möglich zu beenden. Da der Planbehörde der zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte unzureichende Wirkungsgrad der „Nachrüstlösung“ auch bekannt ist, würde sie damit zugleich in Kenntnis der Sachlage ihren sich aus dem Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 BImSchG ergebenden gesetzlichen Handlungspflichten zuwiderhandeln.
309 
Bei dieser Sachlage steht die „Nachrüstlösung“ der Planbehörde nach derzeitigem Erkenntnisstand bereits aus tatsächlichen Gründen nicht als Handlungsalternative zu dem Verkehrsverbot zur Verfügung.
310 
Hinzu kommt, dass es sich bei der „Nachrüstlösung“ auch in rechtlicher Hinsicht um keine gleichwertige Handlungsalternative handelt, für die sich die Planbehörde bzw. der Beklagte im vorliegenden Fall anstelle des Verkehrsverbotes entscheiden kann. Denn bei der genannten „Nachrüstlösung“ handelt es sich ausschließlich um freiwillige Aktivitäten von Seiten der Automobilindustrie und der betreffenden Kraftfahrzeug-Eigentümer, auf welche die Planbehörde im Rahmen der beabsichtigten Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart keinerlei verbindlichen Einfluss nehmen kann, weil die Planbehörde keine Befugnisse besitzt, eine Nachrüstung von Kraftfahrzeugen in hoheitlicher Form wie beispielsweise im Wege eines behördlichen Bescheides rechtlich verbindlich zu machen.
311 
Davon geht die Planbehörde selbst aus (vgl. Klageerwiderung vom 13.07.2017, Ziffer 2.1, S. 3). Sie beabsichtigt deshalb auch nicht, eine entsprechende Luftreinhaltemaßnahme in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung aufzunehmen, welche die genannte „Nachrüstlösung“ zum Gegenstand hat. Die Nachrüstlösung kann daher auch in rechtlicher Hinsicht nicht als Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot eingestuft werden, der die Planbehörde im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans den Vorzug geben könnte.
312 
5.2.4. Gegen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes im engeren Sinne (Angemessenheit) bestehen im Grundsatz ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
313 
Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne hat die Planbehörde eine Abwägung der durch die beabsichtigte Luftreinhaltemaßnahme betroffenen Belange vorzunehmen. Im vorliegenden Fall sind dementsprechend das Ziel des Verkehrsverbotes (Schutz der menschlichen Gesundheit der Bewohner der Umweltzone) und die nachteiligen Auswirkungen des Verkehrsverbotes für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (z. B. Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit) zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei gilt generell, dass das mit der Maßnahme verfolgte Ziel umso gewichtiger und dringlicher sein muss, je intensiver die Maßnahme in die Grundrechte der Betroffenen eingreift. Ergibt die vorzunehmende Interessengewichtung und -abwägung, dass die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind, nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie bewirkt, ist diese auch als angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne einzustufen.
314 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze begegnet die von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vorgenommene Abwägung keinen rechtlichen Bedenken. Die Planbehörde hat ausweislich des vorgelegten Planentwurfs zur 3. Fortschreibung die bislang ermittelten Belange der Betroffenen gewichtet und in die Abwägung eingestellt. Dabei hat sie den Schutz der Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung höher gewichtet, als die Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer. Denn die Planbehörde hat im Planentwurf mit ihren Ausführungen in Ziffer 6.2.1.7 zur Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) ausdrücklich festgestellt (vgl. a.a.O., S. 76), dass
315 
„die geplante Erweiterung der Umweltzone um eine weitere Schadstoffgruppe die betroffenen Verkehrsteilnehmer nicht in unangemessener Weise belaste“ (…)
und
(…) „es zum Schutz der menschlichen Gesundheit sachgerecht erscheine, den Nutzern von weniger schadstoffarmen Fahrzeugen einen Beitrag zur Minderung dieser Schadstoffbelastung abzuverlangen“ (…) „da Stickstoffdioxid die Gesundheit schädigen könne“ (…)
316 
Dementsprechend hat der Beklagte zuvor auch bereits in seiner Klageerwiderung vom 17.02.2017 ausdrücklich außer Streit gestellt, dass
317 
„der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der von den Immissionen Betroffenen höher zu gewichten sei, als die von dem Verkehrsverbot betroffenen Rechtsgüter des Fahrzeugführers (Eigentum und allgemeine Handlungsfreiheit)“.
318 
In Bezug auf die mit dem Verkehrsverbot verbundenen Mobilitätseinschränkungen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer hat der Beklagten-Vertreter im Klagerwiderungsschriftsatz vom 28.02.2017 ausdrücklich eingeräumt, dass
319 
„der Käufer eines Kraftfahrzeuges mit diesem Kauf weder ein geschütztes Vertrauen geschweige denn ein Recht erwirbt, mit diesem Kraftfahrzeug jederzeit überall hinfahren zu dürfen.“
320 
Diese Ausführungen und die bislang von der Planbehörde vorgenommene Abwägungsentscheidung lassen keine Abwägungsfehler erkennen. Denn es steht außer Zweifel, dass dem mit dem Verkehrsverbot zu schützenden Rechtsgut der menschlichen Gesundheit grundsätzlich ein auch verfassungsrechtlich gewährleistetes, hohes Gewicht zukommt. Ebenso unzweifelhaft ist, dass in dieses Rechtsgut durch die im Bereich der Umweltzone Stuttgart festgestellten, zum Teil ganz erheblichen und langjährigen Überschreitungen der zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten NO2-Immissionsgrenzwerte auch in erheblichem Maße eingegriffen wird. Denn es ist allgemein anerkannt, dass zu hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen geeignet sind, die menschliche Gesundheit erheblich zu beeinträchtigen, weil Stickoxide in der Umwelt u. a. für die Zunahme sowohl von Atemwegs- als auch von Herz- und Kreislauferkrankungen mitverantwortlich gemacht werden und für bestimmte Personengruppen (z.B. Kinder, Asthmatiker, etc.) ein zusätzliches Gesundheitsrisiko darstellen.
321 
Dem stehen keine von der Planbehörde ermittelten Belange der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer gegenüber, die erkennbar höher zu gewichten wären, als diese Gesundheitsinteressen der Wohnbevölkerung. Die Planbehörde hat daher den Schutz der Wohnbevölkerung in der Umweltzone Stuttgart (ca. 600.000 Einwohner) vor fortdauernden, massiven Gesundheitsbeeinträchtigungen durch zu hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen zu Recht höher gewichtet, als die mit dem Verkehrsverbot einhergehenden Mobilitätseinschränkungen und sonstigen Nachteile für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (unter Berücksichtigung der Ausnahmekonzeption ca. 80.000; im Ergebnis ebenso: BayVGH, a.a.O., Rn 154).
322 
Soweit sich das Verkehrsverbot gegenüber einzelnen Betroffenen oder Emittentengruppen aufgrund besonderer Umstände als unzumutbar erweisen kann, ist es der Planbehörde unbenommen, solchen „Härtefällen“ durch entsprechende Befreiungs- und Ausnahmetatbestände im Luftreinhalteplan (vgl. auch bereits Ausnahmekonzeption im Planentwurf zur 3. Fortschreibung sowie unten S. 94) Rechnung zu tragen (vgl. hierzu auch Nds.OVG, Urt. v. 12.05.2011 -12 LC 143/09 - in juris).
323 
Soweit der Beklagte mit den zitierten Feststellungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes zugleich seine früheren weiteren Einwände gegen die Zumutbarkeit solcher Verkehrsverbote (vgl. im Einzelnen Klageerwiderungsschriftsatz vom 31.03.2016) ausdrücklich aufgegeben hat, bedürfen diese keiner näheren Betrachtung mehr.
324 
5.3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es auch nicht, das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot generell auf den 01.01.2020 zu verschieben. Dem steht vielmehr das Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG entgegen, wonach die Maßnahmen eines Luftreinhalteplanes geeignet sein müssen, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
325 
Der Rechtsansicht des Beklagten, wonach ein ganzjähriges flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart unverhältnismäßig sei, wenn dieses vor der „Nachrüstlösung“ bzw. bereits zu einem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werde, zu dem die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge noch mehr als 20 % des in Stuttgart zugelassenen Flottenbestandes betrage, ist nicht zu folgen.
5.3.1.
326 
In Bezug auf die „Nachrüstlösung“ ist die Argumentation des Beklagten bereits in der Sache nicht schlüssig. Denn danach soll der sog. „Nachrüstlösung“ ausnahmslos - also in Bezug auf alle vom Verkehrsverbot betroffenen Emittenten bzw. Emittentengruppen - der Vorzug vor dem Verkehrsverbot gegeben werden, obwohl der Beklagte selbst davon ausgeht, dass von den vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeugen lediglich „50 % der Euro 5-Diesel-Pkw“ und damit insgesamt lediglich ca. ein Drittel der vom Verkehrsverbot insgesamt betroffenen Kraftfahrzeugen überhaupt für eine Umrüstung technisch geeignet sind (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017, S. 1).
327 
Warum es der Beklagte bei dieser Sachlage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dennoch für geboten hält, auch den Eigentümern von nicht nachrüstbaren Kraftfahrzeugen bis mindestens 01.01.2020 „eine Chance zur Nachrüstung zu geben“, anstatt wenigstens diese Kraftfahrzeuge baldmöglichst mit dem zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte erforderlichen Verkehrsverbot zu belegen, konnten die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel begründen und ist auch für das Gericht nicht nachvollziehbar.
328 
In rechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob der „Nachrüstlösung“ aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Verkehrsverbot der Vorrang einzuräumen ist, bereits deshalb nicht, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von der Planbehörde lediglich im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zu beachten ist.
329 
Nach dieser Regelung steht der zur Aufstellung eines Luftreinhalteplanes verpflichteten Planbehörde ausschließlich bei der Auswahl und Festlegung der zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte und dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen ein planerischer Gestaltungsspielraum und damit ein Auswahlermessen in Bezug auf die geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen und deren Adressaten, in dessen Rahmen die Planbehörde neben den jeweiligen Verursacheranteilen der Emittenten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat.
330 
Die Ausübung dieses Auswahlermessens setzt regelmäßig voraus, dass mehrere (mindestens 2) geeignete Luftreinhaltemaßnahmen für eine Aufnahme in den Luftreinhalteplan auch tatsächlich in Betracht kommen und damit zur Auswahl stehen. An dieser Voraussetzung für die Ausübung des Auswahlermessens im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG fehlt es jedoch hier, weil es sich nach den Feststellungen der Gutachter im Gesamtwirkungsgutachten lediglich bei dem genannten Verkehrsverbot um eine geeignete Luftreinhaltemaßnahme handelt und eine solche Luftreinhaltemaßnahme zur Umsetzung der sog. „Nachrüstlösung“ jedoch offensichtlich nicht in Betracht kommt (vgl. dazu bereits Ziffer 5.2.3.5.). Die „Nachrüstlösung“ ist damit bereits keine rechtlich gleichwertige Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, die diesem im Rahmen einer Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgezogen werden könnte.
331 
Soweit die Planbehörde dieser „Nachrüstlösung“, wie sie es in der mündlichen Verhandlung umschrieben hat, dennoch „vorab eine Chance geben will“, würde sie damit zugleich gegen ihre gesetzlichen Pflichten aus § 47 Abs. 1 BImSchG verstoßen, wonach die Planbehörde bei Vorliegen einer Überschreitung der in der 39.BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte nicht nur zwingend verpflichtet ist, einen Luftreinhalteplan aufzustellen oder fortzuschreiben („hat“; vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), sondern wegen des in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normierten Minimierungsgebotes darin auch die zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeigneten Maßnahmen festlegen muss.
332 
Die Planbehörde ist bei der bereits vorliegenden Überschreitung der Immissionsgrenzwerte daher weder befugt, die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart, noch die Umsetzung der darin zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um den vorherigen Ausgang freiwilliger Aktivitäten Dritter abzuwarten.
333 
Die sog. „Nachrüstlösung“ berechtigt die Planbehörde demzufolge bereits unter den vorgenannten rechtlichen Aspekten nicht, den zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte notwendigen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verkehrsverbotes mit einem pauschalen Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
334 
Doch selbst wenn man dieser rechtlichen Argumentation nicht folgen wollte, fehlt der „Nachrüstlösung“ jedenfalls auch die notwendige tatsächliche Gleichwertigkeit zur Einhaltung des in § 47 Abs. 1 BImSchG normierten gesetzgeberischen Ziels (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 5.2.3.5.).
335 
Aus den obigen Ausführungen folgt freilich nicht, dass künftige Nachrüstmöglichkeiten, die einen mit dem Verkehrsverbot vergleichbaren Wirkungsgrad besitzen, im Rahmen des von der Planbehörde noch zu erstellenden Handlungskonzepts zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart völlig außer Betracht zu bleiben hätten. Wie bereits dargelegt, hat die Planbehörde gemäß § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zwar keinen Handlungsspielraum, die Fortschreibung des Luftreinhalteplans und das Verkehrsverbot wegen eventuell möglicher Nachrüstungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wenn die zulässigen Immissionsgrenzwerte bereits seit langer Zeit überschritten sind, wie dies in der Umweltzone Stuttgart der Fall ist. Sie hat aber die Möglichkeit, eventuelle Nachrüstmöglichkeiten bei ihrer Entscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, gegen welche Emittenten bzw. Emittentengruppen sie das Verkehrsverbot unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festgelegt, zu berücksichtigen. Denn es liegt auf der Hand, dass gerade die Nachrüstung von „jüngeren“ Diesel-Kraftfahrzeugen die Betroffenen weniger belasten kann, als die mit dem Verkehrsverbot verbundenen Nachteile.
336 
Es steht der Planbehörde daher frei, im Rahmen der Planaufstellung zu prüfen, ob bei technisch nachrüstbaren Kraftfahrzeugen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht eine Nachrüstmöglichkeit als „milderes“ Mittel eingeräumt werden muss, bevor auch für diese Kraftfahrzeuge das Verkehrsverbot gilt. Sollte durch solche Nachrüstungen beispielsweise eine Einhaltung des Euro 6-Grenzwertes von 80 mg NOx/km bei einem Teil der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge in absehbarer Zeit tatsächlich technisch möglich sein und der Bundesverordnungsgeber auch die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für den Fortbestand der Straßenverkehrszulassung für solche nachgerüsteten Kraftfahrzeuge zeitnah schaffen, besteht für die Planbehörde bei der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart im Rahmen ihres Auswahlermessens gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG grundsätzlich die Möglichkeit, solche nachrüstbaren Kraftfahrzeuge mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch entsprechende Ausnahmeregelungen im Luftreinhaltungsplan noch für einen befristeten Zeitraum vom Verkehrsverbot auszunehmen, um die entsprechenden Nachrüstungen zu ermöglichen. Die Nachrüstfristen müssten dabei allerdings so bemessen werden, dass das mit dem Verkehrsverbot verfolgte Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.
337 
Je mehr geeignete Luftreinhaltemaßnahmen die Planbehörde in ihren Planentwurf aufnimmt und je höher deren Gesamtwirkungsgrad ist, umso größer wird auch der Auswahlspielraum der Planbehörde im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, um den Eigentümern von nachrüstbaren Kraftfahrzeugen noch die Möglichkeit einer Nachrüstung einzuräumen, um dem Verkehrsverbot zu entgehen.
338 
Gleichzeitig würde die Planbehörde mit einer solchen Einbindung der Nachrüstmöglichkeiten in den Luftreinhalteplan und deren Verknüpfung mit dem ansonsten drohenden Verkehrsverbot auf die betroffenen Kraftfahrzeug-Eigentümer auch den notwendigen Druck ausüben, um solche Nachrüstungen tatsächlich zeitnah durchzuführen.
339 
Dieser Möglichkeit, auf - zweifellos sinnvolle - Nachrüstungen hinzuwirken, begibt sich die Planbehörde, wenn sie die sog. „Nachrüstlösung“ - anstatt diese im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG im Wege einer Regel-Ausnahme-Konstruktion rechtlich mit dem Verkehrsverbot zu verknüpfen - dem Verkehrsverbot nur zeitlich voranstellen und es damit vollständig dem freien Willensentschluss Dritter überlassen will, ob, in welchem Umfang und in welchem zeitlichen Rahmen solche Nachrüstungen stattfinden.
340 
Aus den obigen Ausführungen folgt, dass mögliche Nachrüstungen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes nicht in Frage stellen, sondern letztlich sicherstellen, wenn sie von der Planbehörde richtigerweise als Handlungsoption verstanden werden, die den betroffenen Kraftfahrzeug-Eigentümern durch entsprechende Ausnahmeregelungen im Luftreinhalteplan eingeräumt werden können, um das ansonsten zu beachtende Verkehrsverbot abzuwenden.
341 
5.3.2. Soweit der Beklagte seine Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes darüber hinaus an die Zahl der davon betroffenen Emittenten anknüpfen will und dabei zu dem abstrakten Ergebnis kommt, ein solches Verkehrsverbot sei unverhältnismäßig, wenn mehr als 20 % der Verkehrsteilnehmer betroffen seien, kann diesen Überlegungen ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn der Beklagte hat bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, warum das vorliegend zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeignete Verkehrsverbot generell und ohne Ansehung der davon konkret betroffenen Kraftfahrzeuge verhältnismäßig sein soll, wenn davon maximal 20 % der zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind und unverhältnismäßig, wenn diese „Obergrenze“ - in welcher Größenordnung auch immer (also auch schon bei 20,1 %?) - überschritten ist.
342 
Auch in der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten-Vertreter keine sachlich nachvollziehbare Begründung für diese sich an der reinen Zahl der betroffenen Adressaten der Maßnahme orientierenden Grenzziehung zwischen Verhältnismäßigkeit und Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme gegeben.
343 
Die Verhältnismäßigkeit einer Luftreinhaltemaßnahme hängt grundsätzlich nicht von der abstrakten Größe des davon betroffenen Adressatenkreises ab, sondern ausschließlich von der jeweiligen konkret-individuellen Betroffenheit der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen. Deshalb kann auch der Zeitpunkt der Umsetzung eines Verkehrsverbotes nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abstrakt vom Erreichen einer bestimmten Größe des betroffenen Adressatenkreises abhängig gemacht werden.
344 
Eine Rechtfertigung für eine derart abstrakt festgelegte „Obergrenze“ der betroffenen Adressaten/Emittenten lässt sich insbesondere nicht aus den vom Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017 erstmals vorgetragenen „unzulässigen Verlagerungseffekten in den Umlandgemeinden“ herleiten, die der Beklagte annimmt, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer über 20 % liegt.
345 
Der Beklagte hat bislang weder diese angeblichen Ausweichverkehre noch deren negative Auswirkungen auf die Luftqualität in den betroffenen Umlandgemeinden hinreichend belegt. Die hierzu in der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 von den Beklagten-Vertretern vorgelegten zwei Karten vom 17.07.2017 (GWG; Vergleich der Stickstoffdioxid-Jahres-immissionen im Stadtgebiet; Fall 9 (temporär) zu Basis HB 3.3) dokumentieren ausschließlich vereinzelte und zudem überwiegend geringfügige Immissionsgrenzwert-Erhöhungen außerhalb des Umweltzonengebiets infolge eines räumlich beschränkten Verkehrsverbotes im Talkessel Stuttgart. Zu welchen unzulässigen Ausweichverkehren es durch ein flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart angeblich kommen soll und in welchem Umfang, ist diesen Karten dagegen nicht zu entnehmen. Ebenso wenig hat der Beklagte bereits nachvollziehbar dargelegt, warum diese Ausweichverkehre in den Umlandgemeinden gerade dann das zulässige Maß überschreiten sollen, wenn von dem Verkehrsverbot in der Umweltzone mehr als 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen ist. Dieses unsubstantiiert gebliebene Vorbringen des Beklagten ist daher in dieser Form einer weiteren Erörterung nicht zugänglich.
346 
Es bedurfte insoweit aber auch keiner weiteren Tatsachenerhebungen durch das Gericht, denn selbst wenn es durch eine Einführung des Verkehrsverbotes zu nennenswerten Ausweichverkehren in den Umlandgemeinden kommen sollte, berechtigten diese die Planbehörde nicht dazu, die Festlegung des Verkehrsverbotes in der Umweltzone zu unterlassen oder deswegen dessen Umsetzungszeitpunkt zu verschieben. In diesem Falle wäre die Planbehörde vielmehr verpflichtet, diese Ausweichverkehre durch geeignete weitere Planmaßnahmen (wie z.B. durch eine Ausdehnung des Verkehrsverbotes auf die betroffenen Umlandgemeinden) auf ein zulässiges Maß zu reduzieren.
347 
Diese Vorgehensweise zur Unterbindung unzulässiger Ausweichverkehre ist der Planbehörde auch bekannt, denn sie ist bei der Festlegung der Maßnahme M2b den von den Gutachtern festgestellten Ausweichverkehren innerhalb der Umweltzone Stuttgart ebenfalls bereits dadurch begegnet, dass sie den Geltungsbereich des Verkehrsverbotes M2b richtigerweise auf diese Ausweichstrecken ausgedehnt hat. Mit solchen Ausweichverkehren lässt sich die vom Beklagten abstrakt festgelegte „Obergrenze“ folglich ebenfalls nicht sachlich begründen.
348 
Die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes, die allein an das Überschreiten einer abstrakt festgelegten, zahlenmäßigen „Obergrenze“ der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge bzw. Verkehrsteilnehmer anknüpft, ist auch unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar.
349 
Abzulehnen ist diese Rechtsansicht des Beklagten bereits deshalb, weil sie - wie schon die Überlegungen des Beklagten zum Vorrang der Nachrüstlösung - wiederum auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des § 47 BImSchG beruht. Es wurde bereits dargelegt, dass die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Aufstellung von Luftreinhaltungsplänen wie vom Gesetzgeber in § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ausdrücklich vorgesehen auf den Bereich des Auswahlermessens beschränkt ist.
350 
Zwar führt auch die Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Auswahlermessens nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG im Ergebnis letztlich zu einer konkreten Zahl der von einer Maßnahme in zumutbarer Weise betroffenen Emittenten. Diese Zahl der von der Maßnahme betroffenen Emittenten ist bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen Auswahlermessens aber lediglich das (zufällige) Resultat der Prüfung, ob sich die Maßnahme gegenüber jedem von der Maßnahme betroffenen Emittenten bzw. Emittentenkreis als verhältnismäßig erweist. Diese Zahl kann daher bei richtiger Rechtsanwendung nicht unabhängig von dieser Prüfung im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorab auf einen willkürlich gewählten Prozentsatz festgelegt werden.
351 
Rechtlichen Bedenken begegnet diese Vorgehensweise der Planbehörde im vorliegenden Fall außerdem deshalb, weil sie unberücksichtigt lässt, dass von dem Verkehrsverbot kein nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einheitlich zu behandelnder Adressatenkreis betroffen ist. Denn das Verkehrsverbot betrifft im Wesentlichen Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 und damit also die Eigentümer von Kraftfahrzeugen unterschiedlicher Schadstoffklassen. Das Verkehrsverbot trifft damit - gewissermaßen am „unteren“ Ende seines Adressatenspektrums - sowohl Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren der Stufen Euro 1 und Euro 2 mit geregeltem Katalysator ab dem Baujahr 01.01.1993, ebenso Dieselmotoren der Eurostufe 3 mit Partikelfilter oder Eurostufe 4 ab dem Baujahr 01.01.2006 als auch - am „oberen“ Ende des Adressatenspektrums - die zum Teil noch erheblich jüngeren Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der seit 2009 geltenden Eurostufe 5.
352 
Es liegt damit auf der Hand, dass von dem Verkehrsverbot nach Abgasverhalten, Alter, Fahrleistung und ihrem wirtschaftlichen Wert sehr unterschiedliche Kraftfahrzeuge betroffen und damit auch die rechtlich geschützten Interessen der Betroffenen durch das Verkehrsverbot nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterschiedlich zu beurteilen sind. Dabei ist das Verkehrsverbot für die betroffenen Adressaten regelmäßig umso zumutbarer und damit nicht unverhältnismäßig (im engeren Sinne), je höher das Alter und die Fahrleistung und je geringer der Restwert des betroffenen Kraftfahrzeuges ist.
353 
Hieraus folgt, dass die Verhältnismäßigkeit eines Verkehrsverbotes, das wie im vorliegenden Fall keinen einheitlich zu behandelnden Adressatenkreis betrifft und dessen Nachteile für die davon betroffenen einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen demzufolge sehr unterschiedlich sein können, nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG für jede dieser Emittentengruppen gesondert zu prüfen und festzustellen ist und nicht durch eine von der Planbehörde rein zahlenmäßige bestimmte „Obergrenze“ ohne Ansehung der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen abstrakt vorab festgelegt werden kann.
354 
Hinzu kommt, dass die Planbehörde nicht die Absicht hat, dieses für den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes maßgebliche Kriterium der Größe des betroffenen Adressatenkreises uneingeschränkt, d.h. zu Gunsten aller von der Planfortschreibung betroffenen Interessengruppen anzuwenden. Denn die Beklagten-Vertreter bestätigten hierzu auf Rückfrage in der mündlichen Verhandlung, dass eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M1 frühestens dann in Betracht komme, wenn die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens 20 % des Flottenbestandes Stuttgart betrage. Für den Fall, dass dieser Prozentsatz durch eine schnellere Flottenerneuerung als bislang prognostiziert bereits vor dem 01.01.2020 erreicht werde, verbleibe es allerdings bei dem Umsetzungsdatum 01.01.2020, ein früheres Inkrafttreten des Verkehrsverbotes M1 sei unter keinen Umständen beabsichtigt.
355 
Diesen Einlassungen lässt sich damit entnehmen, dass der Beklagte diese Anknüpfung des Umsetzungszeitpunktes des Verkehrsverbotes an eine bestimmte Größe des betroffenen Adressatenkreises ausschließlich heranziehen will, um den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes „auf später“ zu verschieben. Mit dieser Zielrichtung, die Umsetzung des Verkehrsverbotes ausschließlich auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, nicht jedoch gegebenenfalls auch vorzuziehen, erweist sich das genannte Umsetzungskriterium als rechtlich unzulässig.
356 
5.3.3. Sonstige Umstände, die eine generelle Verschiebung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes auf (mindestens) 01.01.2020 aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebieten könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere sind auch keine schutzwürdigen Interessen der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer an einer solchen Verschiebung erkennbar, die nicht im Rahmen der Ausnahmekonzeption des Luftreinhalteplanes berücksichtigt werden können und höher zu gewichten sind, als das legitime Interesse der Bewohner der Umweltzone, vor den Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit durch die fortdauernden und erheblichen Überschreitungen der zulässigen Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich geschützt zu werden.
357 
6. Nach alledem ist der Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, Maßnahmen zu treffen, mit denen die schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21/12 -; vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.11.2014, - C-404/13 -; beide in juris), wie es dem Antrag des Klägers entspricht.
III.
358 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
IV.
359 
Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausschließlich wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da das Gericht seine Entscheidung auf der Tatsachenebene ausschließlich auf den Tatsachenvortrag des Beklagten und die von diesem vorgelegten Unterlagen gestützt hat.
360 
Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen (Bundes-)Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.07.2016 - 1 B 85.16 -, in juris). Dieser Zulassungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Rechtssache grundsätzliche Rechtsfragen der Anwendung von bundesgesetzlichen Vorschriften des Luftreinhalterechts und der Auslegung einer Rechtsverordnung des Bundes aufwirft, die über den konkreten Fall hinaus von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht geklärt sind.
361 
Beschluss vom 26. Juli 2017
362 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
30.000,00 EUR
festgesetzt (in Anlehnung an die Ziffern 1.2 und 34.4 des Streitwertkatalogs 2013).

Gründe

 
136 
Die Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.).
I.
137 
Die Klage ist zulässig.
138 
1. Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, weil das Begehren des Klägers auf die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart gerichtet ist und dieser Luftreinhalteplan nicht als Verwaltungsakt, sondern als „verwaltungsinterner Handlungsplan“ zu qualifizieren (so bereits VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009, - 13 K 511/09 - in juris) und seiner Rechtsnatur nach daher einer Verwaltungsvorschrift ähnlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, - 7 C 21/12 - in juris).
139 
2. Der vom Kläger gestellte Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Denn dem Antrag ist zu entnehmen, welches konkrete Klageziel der Kläger erreichen will, nämlich die Fortschreibung/Ergänzung des Luftreinhalteplans Stuttgart um Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass die Immissionsgrenzwerte für NO2 so schnell wie möglich eingehalten werden. Zu Recht hat der Kläger den Klagantrag - im Sinne eines Bescheidungsantrages - auch auf die mit den festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen bezweckten Ziele (schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsgrenzwerte) beschränkt, weil § 47 BImSchG den nach Landesrecht für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden bei der Auswahl und Festlegung der erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen in Luftreinhalteplänen einen planerischen Gestaltungsspielraum einräumt und es den Gerichten daher im Regelfall verwehrt ist, die zuständigen Behörde zur Festlegung konkreter Maßnahmen zu verpflichten.
140 
3. Der Kläger besitzt als ein nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannter Umweltverband die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, denn ihm steht in dieser Funktion das Recht zu, die Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans zu verlangen (so ebenfalls bereits BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, a.a.O.)
II.
141 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart um Maßnahmen, die zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der seit mindestens 2010 überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart führen.
142 
Anspruchsgrundlage für das entsprechende Begehren des Klägers ist § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde (hier: das Regierungspräsidium Stuttgart; im Weiteren: Planbehörde) einen Luftreinhalteplan aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Die aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene 39.BImSchV dient der Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1 der 39.BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Dieser Luftreinhalteplan muss die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegen und den Anforderungen der Rechtsverordnung entsprechen.
143 
Nach den §§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und 27 Abs. 2 der 39.BImSchV müssen die festgelegten Maßnahmen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Damit normiert § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 der RL 2008/50/EG einezeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte, die nicht zur Disposition der Planbehörde steht. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das durch die Immissionsgrenzwerte festgelegte zumutbare Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Planbehörde bei der Aufstellung bzw. Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans und der Auswahl der geeigneten Maßnahmen ausrichten. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert demnach eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele (so BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, a.a.O.).
144 
Die Planbehörde hat deshalb im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zum Ziel haben muss, zunächst die zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte grundsätzlich geeigneten Maßnahmen zu ermitteln, deren Wirksamkeit (Emissionsminderungspotenzial) prognostisch zu quantifizieren und danach in einem weiteren Schritt zu prüfen und auszuwählen, welche der grundsätzlich in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen sind, um zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der verbindlichen Grenzwerte zu gelangen. Es reicht daher regelmäßig nicht aus, wenn sich die Planbehörde im Rahmen ihrer Planung mit einzelnen Maßnahmen beschäftigt und diese sogar in ihren Luftreinhalteplan aufnimmt, dabei aber offen lässt, ob und wann mit diesen Maßnahmen das Gesamtziel erreicht sein wird (ebenso VG Sigmaringen, Urt. v. 22.10.2014 - 1 K 154/12 – in juris).
145 
Bei der Auswahl der Maßnahmen ist schließlich § 47 Abs. 4 BImSchG zu beachten, wonach die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionsgrenzwerte beitragen.
146 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Planbehörde verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart fortzuschreiben, weil die in der 39. BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart bislang nicht eingehalten werden (dazu unter 1.).
147 
Mit dem vorgelegten Planentwurf der „3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ vom Mai 2017 kommt die Planbehörde dieser Verpflichtung bislang nicht im gebotenen Umfang nach (dazu unter 2.).
148 
Es ist jedoch möglich, die überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart einzuhalten, weil eine solche Einhaltung nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten jedenfalls durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen tatsächlich erreichbar ist (dazu unter 3.).
149 
Solche weitergehenden Verkehrsbeschränkungen können mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden (dazu unter 4.).
150 
Sie begegnen auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken und verstoßen insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu unter 5.).
151 
1. Die Planbehörde ist gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart aus dem Jahr 2005 in der Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 fortzuschreiben.
152 
Nach § 3 Abs. 1 der am 12.09.2002 in Kraft getretenen und bis zum 05.08.2010 gültigen 22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (BGBl. I, S. 3626; im Weiteren: 22.BImSchV 2002), mit der u. a. die Richtlinie des Rates 80/779/EWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebstaub (ABl. EG Nr. L 229, S. 30) und die Richtlinie 1999/30/EG vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffdioxid, Partikel und Blei in der Luft (ABl. EG Nr. L 163, S. 41) in deutsches Recht umgesetzt wurden, war im Bundesgebiet zum Schutz der menschlichen Gesundheit bereits ab dem 01.01.2005 bis zum 31.12.2009 ein Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 200 µg/m³ (98-Prozent-Wert der Summenhäufigkeit, berechnet aus den während eines Jahres gemessenen Mittelwerten über eine Stunde oder kürzere Zeiträume) einzuhalten.
153 
Gemäß § 3 Abs. 2 und 4 der 22.BImSchV gilt seit dem 01.01.2010 ein Stundengrenzwert für NO2 von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr und ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³.
154 
Seit dem Inkrafttreten der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (im Weiteren: 39.BImSchV), welche die 22.BImSchV 2002 abgelöst hat und mit der die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.06.2008, S. 1), die Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. L 23 vom 26.1.2005, S. 3) sowie die Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. L 309 vom 27.11.2001, S. 22) in nationales Recht umgesetzt wurden, ergeben sich die o. g. Immissionsgrenzwertes für NO2 aus § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV und der Anlage 11 Abschnitt B hierzu.
155 
Dieser in § 3 Abs. 2 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte und seit dem 01.10.2010 geltende Jahresmittelwert für NO2 von 40 µg/m³ wird nach wie vor (bis einschließlich 2016) an mehreren Messstationen in der Umweltzone Stuttgart (z. B. Arnulf-Klett-Platz, Hohenheimer Straße und Am Neckartor) nicht eingehalten. Dasselbe gilt für den in § 3 Abs. 1 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV festgelegten Stundengrenzwert für NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr, der jedenfalls an der Messstation Am Neckartor nach wie vor nicht eingehalten wird.
156 
Dies wird durch die an den genannten Messstationen erhobenen Messwerte belegt, ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Darlegung.
157 
2. Dieser Verpflichtung gem. § 47 Abs. 1 BImSchG ist die Planbehörde mit dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom Mai 2017 jedoch nicht nachgekommen, weil die in diesen Planentwurf aufgenommenen Vorhaben M1 bis M20 weder allein noch gemeinsam geeignet und ausreichend sind, die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen NO2-Immissionsgrenzwerte zum schnellstmöglichen Zeitpunkt sicherzustellen.
158 
Von den in M1, M2a, M2b und M2c geregelten Verkehrsverboten kann nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keines als geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
159 
Für das Verkehrsverbot M1 folgt dies daraus, dass dieses nach dem Willen des Plangebers nicht vor dem 01.01.2020 umgesetzt werden soll und deshalb bereits wegen dieses späten Umsetzungszeitpunktes zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nichts beitragen kann.
160 
Für die Verkehrsverbote M2 a, M2b und M2c gilt dies deshalb, weil die Umsetzung dieser Verkehrsverbote ausnahmslos an weitere Bedingungen geknüpft ist, deren Eintritt bereits zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann (M2a und M2b) oder zumindest ungewiss ist (M2c). Soweit eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M2c zum 01.01.2018 zumindest noch denkbar ist, ist dieses jedenfalls auch wegen seines geringen Wirkungsgrades offensichtlich ungeeignet im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
161 
Soweit die im Planentwurf im Einzelnen beschriebenen beabsichtigten Vorhaben zur Verbesserung der Luftqualität nicht von den Trägern öffentlicher Verwaltung (insbesondere Behörden) durch entsprechende hoheitliche Anordnungen und Entscheidungen durchgesetzt, sondern von außerhalb der Landesverwaltung stehenden Dritten realisiert werden sollen (M3 bis M6, M7 bis M10, M12 bis M15 und M17 bis M19) und die nach § 47 BImSchG zuständige Planungsbehörde nicht durch entsprechende (z. B. vertragliche) Vereinbarungen mit diesen Dritten rechtsverbindlich sichergestellt hat, dass die beabsichtigten Vorhaben auch tatsächlich durchgeführt werden, können diese Vorhaben mangels einer verbindlichen Verpflichtung der betreffenden Umsetzungsadressaten zu Umsetzung dieser Vorhaben bereits begrifflich nicht als Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG eingestuft werden.
162 
Doch selbst wenn man auch diejenigen Vorhaben, auf deren Realisierung die Planbehörde in sonstiger Weise Einfluss genommen hat und deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich realisiert werden, noch als Luftreinhaltemaßnahmen „im weitesten Sinne“ einstufen könnte, liegen deren Immissionsminderungspotenziale an den einzelnen Messstationen selbst bei großzügiger Bewertung maximal in einer Größenordnung von ca. 10 %.
163 
Soweit die im Planentwurf dargestellten Vorhaben vom Land Baden-Württemberg durchgeführt werden sollen und daher grundsätzlich als Luftreinhaltemaßnahmen eingestuft werden können (M11, M16 und M20; Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen und Förderprogramme zur beschleunigten Flottenumstellung bei Fahrzeugen von Pflege- und Lieferdiensten; Erhöhung der Parkgebühren in den Parkhäusern des Landes), liegen die NO2-Immissionsminderungspotenziale dieser Maßnahmen selbst in dem günstigsten - aber eher unwahrscheinlichen - Fall, dass diese bis 2020 tatsächlich vollständig realisiert werden, zusammen bei unter 4 %.
164 
Damit liegt das NO2-Immissionsminderungspotenzial der Vorhaben M3 bis M20 - selbst wenn man diese alle als Luftreinhaltemaßnahmen einstufen könnte - insgesamt bei unter 15 %.
165 
Mit diesem Wirkungsgrad sind die betreffenden Vorhaben bzw. Maßnahmen offensichtlich nicht ausreichend, um in Bezug auf die überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte zeitnah rechtmäßige Zustände in der Umweltzone Stuttgart herbeizuführen. Es handelt sich deshalb auch bereits aus diesem Grund um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
166 
Im Einzelnen ist zu den Vorhaben M1 bis M20 Folgendes auszuführen:
2.1.
167 
M1: Ab dem 01.01.2020 gilt ein ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Fahrzeuge, mit Ausnahme von Fahrzeugen der Stufe 5 gemäß der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung – 35.BImSchV) (Blaue Plakette), vorausgesetzt, die 35.BImSchV ist bis zu diesem Zeitpunkt so verändert, dass sie mindestens eine weitere Stufe (5) der Kennzeichnungsmöglichkeit enthält.
168 
Das in der Maßnahme M1 vorgesehene ganzjährige und in der gesamten Umweltzone Stuttgart geltende Verkehrsverbot soll lediglich unter der Voraussetzung gelten, dass die 35.BImSchV bis zum vorgesehenen Zeitpunkt (01.01.2020) um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette/ Schadstoffgruppe 5) mit Ottomotoren der Schadstoffklassen Euro 3 bis Euro 5 und für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 6 ergänzt wird.
169 
Darüber hinaus soll das Verkehrsverbot M1 nach dem - im bisherigen Regelungstext der Maßnahme M1 allerdings nicht zum Ausdruck kommenden - Willen der Planbehörde, den die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung jedoch nochmals ausdrücklich bestätigt haben, frühestens dann in Kraft treten, wenn tatsächlich nur noch max. 20 % des Flottenbestandes Stuttgart - gemeint sind wohl die bei der Beigeladenen zugelassenen Kraftfahrzeuge - vom Verkehrsverbot betroffen sind.
170 
Die Regelung ist nach dem Willen der Planbehörde also so zu verstehen, dass das Verkehrsverbot frühestens dann in Kraft treten soll, wenn davon nur noch max. 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind, unter keinen Umständen jedoch vor dem 01.01.2020.
171 
Da es sich bei den vorgenannten „Voraussetzungen“ (Änderung/ Ergänzung der 35.BImSchV durch die Bundesregierung und Zahl der betroffenen Kraftfahrzeuge max. 20 %) um zukünftige Ereignisse handelt, deren Eintritt bzw. Eintrittszeitpunkt ungewiss ist, kommt diesen der Rechtscharakter von „aufschiebenden Bedingungen“ zu (vgl. analog § 158 BGB bzw. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), an deren Eintritt der Umsetzungszeitpunkt der beabsichtigten Maßnahme unmittelbar geknüpft wird.
172 
Bei einer solchen Verknüpfung einer beabsichtigten Luftreinhaltemaßnahme mit einem zukünftigen, ungewissen Ereignis kommt es bei der Beurteilung der Eignung der Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG deshalb entscheidend darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung gerechnet werden kann und bis zu welchem Zeitpunkt. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Luftreinhaltemaßnahme, deren Realisierung von einem Ereignis abhängig gemacht wird, dessen Eintritt unwahrscheinlich oder in zeitlicher Hinsicht nicht absehbar ist, bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten im Sinne der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu verkürzen.
173 
Hiervon ausgehend, handelt es sich bei der Maßnahme M1 bereits deshalb um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil nach jetzigem Kenntnisstand keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die für eine Änderung der 35.BImschV und der StVO zuständigen Verordnungsgeber des Bundes - also die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (im Weiteren: BMVI) und das Bundesministerium für Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Weiteren: BMUB) - die konkrete Absicht haben, die 35.BImSchV und die StVO in absehbarer Zeit um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit bzw. ein Verkehrszeichen mit einer sog. Blauen Plakette (Schadstoffgruppe 5) zu ergänzen.
174 
Es liegt bislang vielmehr lediglich eine entsprechende gegenteilige Rückäußerung des BMVI vor, in welcher der vom Verkehrsministerium des Beklagten geäußerten Rechtsansicht, wonach zur Verhängung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge zur Verringerung von Feinstaub und Stickoxid in Stuttgart die Einführung einer Blauen Plakette erforderlich sei, ausdrücklich widersprochen und zum Ausdruck gebracht wird, dass die in der StVO vorgesehenen Kennzeichnungsmöglichkeiten für weitergehende Verkehrsverbote in Umweltzonen wie in Stuttgart ausreichend seien (vgl. im Einzelnen Schreiben des BMVI vom 11.03.2016, Blatt 337 der Gerichtsakte).
175 
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsansicht des BMVI ist daher gegenwärtig nicht absehbar, ob und wann die von der Planbehörde für die Umsetzung der Maßnahme M1 formulierte (Vor)Bedingung eintreten wird. Bereits aus diesem Grund kann die Maßnahme M1 zum jetzigen Zeitpunkt nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
176 
Doch selbst wenn das BMVI seine Rechtsansicht in absehbarer Zeit aufgeben und die genannten Verordnungsgeber eine Blaue Plakette einführen würden, steht die Maßnahme M1 immer noch unter dem 2. Umsetzungsvorbehalt der Planbehörde, der im Ergebnis dazu führt, dass selbst bei Vorliegen einer Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette die Maßnahme M1 erst dann – und frühestens am 01.01.2020 - in Kraft treten soll, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens noch 20 % des Flottenbestandes Stuttgart beträgt.
177 
Die Maßnahme M1 kann deshalb auch wegen dieses 2. Umsetzungsvorbehalts nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
178 
Ob die Maßnahme M1 von ihrem Wirkungsgrad her ausreichend wäre, um die Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte sicherzustellen, kann daher an dieser Stelle offen bleiben.
2.2.
179 
M2a: Vorausgesetzt die 35.BImSchV wird noch im Jahr 2017 durch die Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer „Blauen Plakette“ erweitert, gilt ab 01.01.2018 an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verkehrsverbot für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen mit „Blauer Plakette“ für ein Gebiet auf allen Straßenzügen innerhalb des Stuttgarter Talkessels, auf allen Streckenabschnitten in Stuttgart-Feuerbach und auf einzelnen Streckenabschnitten in Stuttgart-Zuffenhausen.
180 
Bei der Maßnahme M2a handelt es sich ebenfalls bereits deshalb offensichtlich um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil deren Umsetzung ebenfalls an die vorherige Schaffung einer weiteren Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette) durch die zuständigen Verordnungsgeber anknüpft, und zwar sogar noch im Jahr 2017. Letzteres kann nach den Ausführungen in Ziffer 2.1. jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Diese Maßnahme geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere.
181 
Hinzu kommt, dass die Maßnahme auch lediglich temporäre Verkehrsverbote, nämlich nur an Tagen mit Feinstaubalarm für die Kraftfahrzeuge der genannten Eurostufen vorsieht.
182 
Nach den hierzu im Gesamtwirkungsgutachten und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung getroffenen Feststellungen der Gutachter des Beklagten, an deren Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hat, wird durch dieses temporäre Verkehrsverbot an Tagen mit Feinstaubalarm im Stadtgebiet Stuttgart (Stuttgarter Talkessel, Feuerbach und Teile von Zuffenhausen) die Gesamtstreckenlänge der Straßen, auf denen der zulässige NO2-Jahresmittelgrenzwert überschritten ist, voraussichtlich um lediglich ca. 17 % auf 27,4 km und im Talkessel Stuttgart um 24,2 % auf 9,6 km reduziert. Auch am Neckartor wird das lediglich temporäre Verkehrsverbot nicht zur Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes führen (vgl. im Einzelnen Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 80).
183 
Die Maßnahme M2a ist daher auch von ihrem Immissionsminderungspotenzial allein keine ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.3.
184 
M2b: Sollte die 35.BImSchV bis zum 01.01.2018 noch nicht in der o.a. Art zur Verfügung stehen, wird ab 01.01.2018 auf einzelnen bestimmten Straßenabschnitten im Stadtgebiet von Stuttgart an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.
185 
Zwar kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ausgeschlossen werden, dass bis zum 01.01.2018 eine Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette vorliegt (vgl. Ziffer 2.1). Die bei diesem Sachverhalt (ursprünglich) vorgesehene Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 ist jedoch von der Planbehörde (inzwischen) nicht mehr beabsichtigt, weil das BMVI die hierfür vorgesehene Beschilderung für rechtlich nicht zulässig hält und sich die Planbehörde an diese Rechtsansicht des BMVI als Rechtsaufsichtsbehörde gebunden fühlt (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017). Dies haben die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt.
186 
Weiter erklärten die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung, dass selbst für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren Düsseldorf die von der Planbehörde vorgesehene und vom BMVI verworfene Beschilderung der Maßnahme M2b noch vor dem 01.01.2018 für rechtlich zulässig erachte, eine Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 nicht mehr beabsichtigt sei, weil die Planbehörde inzwischen der sog. „Nachrüstlösung“ den Vorrang vor Verkehrsverboten geben wolle, wenn der Beklagte bis zum 31.12.2017 „entsprechende schriftliche Zusicherungen des BMVI und von Seiten der Automobilindustrie erhalte, dass mit einer Nachrüstung von Diesel-Kraftfahrzeugen der Eurostufe 5 immissionsseitig mindestens dieselben Wirkungen erzielt werden könnten, wie mit den im Luftreinhalteplanentwurf beschriebenen verkehrsbeschränkenden Maßnahmen“.
187 
Da sowohl der Bundesverkehrsminister als auch zahlreiche Vertreter der Automobilindustrie bereits mehrfach öffentlich geäußert haben, dass sie Verkehrsverbote aus politischen und wirtschaftlichen Gründen für „den falschen Weg“ halten, kann die Abgabe der vom Beklagten verlangten Zusicherungen für den von ihm dafür in Aussicht gestellten Verzicht auf Verkehrsverbote bereits jetzt als sicher gelten.
188 
Auch aus diesem Grund kann bereits jetzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Maßnahme M2b tatsächlich noch umgesetzt wird.
189 
Sie bedarf daher - sowohl im Hinblick auf ihre mögliche Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG als auch im Hinblick auf die Frage ihrer Umsetzbarkeit mit den genannten Verkehrszeichen - keiner vertiefenden Betrachtung mehr.
190 
M2c: Sollte die unter M2b dargestellte Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ergreifbar sein, wird ab 01.01.2018 zur Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs auf im einzelnen festgelegten Streckenabschnitten der B 14 (Cannstatter Straße, Am Neckartor), der Neckarstraße, der Tal-/Wagenburg-straße und der Landhausstraße im Stuttgarter Osten an Tagen mit Feinstaub Alarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.
191 
Die alternativ zur Maßnahme M2b vorgesehene Maßnahme M2c knüpft ihre Umsetzung zwar ebenfalls an eine aufschiebende Bedingung (keine Umsetzung der Maßnahme M2b). Diese wird jedoch eintreten, nachdem die Planbehörde von der Umsetzung der Maßnahme M2b aus den in Ziffer 2.3. genannten Gründen Abstand genommen hat bzw. nehmen wird.
192 
Allerdings haben die Beklagten-Vertreter ihre Bereitschaft, die Maßnahme M2c zum 01.01.2018 tatsächlich umzusetzen, in der mündlichen Verhandlung mit der Begründung relativiert, die Maßnahme führe möglicherweise zu unzulässigen Verlagerungsverkehren in der Umweltzone, die noch nicht abschließend geprüft seien und möglicherweise nicht ausreichend kompensiert werden könnten. Sollte dies der Fall sein, sei es der Planbehörde rechtlich nicht möglich, die Maßnahme umzusetzen.
193 
Den damit zusammenhängenden Sach- und Rechtsfragen muss im vorliegenden Klageverfahren jedoch nicht weiter nachgegangen werden, da die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt haben, dass die Maßnahme auch wegen ihres sehr geringen Wirkungsgrades nicht geeignet sei, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart tatsächlich zu reduzieren.
194 
Die Maßnahme M2c ist demnach - unabhängig davon, ob sie von der Planbehörde umgesetzt wird oder nicht - jedenfalls von ihrem Immissionsminderungspotenzial allein ebenfalls keine geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.4.
195 
Bei den Regelungen M3 bis M20 handelt es sich ebenfalls weder allein noch gemeinsam um geeignete bzw. ausreichende Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.4.1.
196 
In den Regelungen M3 und M4 werden lediglich künftige Absichten und Planungen der SSB AG zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dargestellt.
197 
Die Kammer hat bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 ausführlich dargelegt (vgl. im Einzelnen VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009 – 13 K 511/09 – in juris), dass es sich bei einem Luftreinhalteplan um ein verwaltungsintern bindendes Handlungskonzept handelt, das Verwaltungsvorschriften ähnlich ist und dessen Vorgaben in Form eines Maßnahmenkatalogs deshalb der Umsetzung im Außenverhältnis bedürfen.
198 
Unter dem Begriff der „Maßnahme“ im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG sind in erster Linie rechtsetzende (z. B. Rechtsverordnungen; vgl. § 47 Abs. 7 BImSchG), allgemein verfügende (z. B. Verkehrsbeschränkungen nach § 40 Abs. 1 BImSchG im Wege der Allgemeinverfügung), den Einzelfall regelnde (z.B. Anordnungen nach dem BImSchG durch Verwaltungsakt) und schlicht-hoheitliche Maßnahmen und damit also Maßnahmen mit hoheitlichen Charakter zu verstehen (ebenso Landmann/Rohmer, Kommentar Umweltrecht Band III, Stand 01.01.2017, zu § 47 Rn 25).
199 
Dies folgt insbesondere auch aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 6 S. 1 BImSchG, wonach die Durchsetzung dieser „hoheitlichen Maßnahmen“ den dafür zuständigen Trägern öffentlicher Verwaltung „durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften“ obliegt, weil die für die Aufstellung der Luftreinhaltungspläne zuständigen Planbehörden hierfür keine eigene Zuständigkeit besitzen.
200 
Träger der öffentlichen Verwaltung im Sinne der Vorschrift sind die für den Gesetzesvollzug zuständigen Landesverwaltungsbehörden sowie Bundesbehörden und die Behörden selbständiger Rechtsträger, wie etwa kommunaler Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer exekutiven Kompetenzen.
201 
Auf Grund der verwaltungsinternen, rechtlichen Bindungswirkung sind die genannten Träger öffentlicher Verwaltung zur Umsetzung der festgelegten Maßnahmen verpflichtet, soweit die hierfür einschlägigen Rechtsvorschriften dies erlauben, das heißt die festgelegten Maßnahmen nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften umsetzungsfähig sind (vgl. Bundestagsdrucksache 14/8450, Seite 14). Ein eigener Entscheidungsspielraum (Ermessen) steht den zuständigen Vollzugsbehörden dabei nicht zu.
202 
Ginge man von diesem, sich am Wortlaut des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG orientierenden, (engen) Maßnahmenbegriff im Sinne einer Handlungsanweisung (ausschließlich) an Träger öffentlicher Verwaltung aus, wären die Vorhaben M3 und M4 bereits deshalb keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 BImSchG, weil deren Handlungs- bzw. Umsetzungsadressat kein Träger öffentlicher Verwaltung, sondern die SSB AG ist, die keine hoheitlichen Anordnungs- und Entscheidungsbefugnisse im Sinne des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG besitzt.
203 
Die Kammer hat jedoch bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 keine sachliche Notwendigkeit für eine derart enge Begriffsauslegung gesehen, da hierdurch der Handlungsspielraum der Planbehörde unnötig eingeschränkt würde und es auch im Hinblick auf die Schutzziele der gesetzlichen Regelung letztlich unerheblich ist, ob die zu deren Erreichung geeigneten Maßnahmen durch staatliche Stellen oder durch Dritte realisiert werden. Da aber die oben beschriebene, gegenüber Behörden grundsätzlich bestehende gesetzliche Bindungswirkung von Luftreinhalteplänen gegenüber außerhalb der Verwaltung stehenden Dritten nicht besteht, setzt eine Einstufung von Vorhaben, deren Umsetzungsadressaten keine Träger öffentlicher Verwaltung sind, weiter voraus, dass die Planbehörde die hier fehlende rechtliche Verbindlichkeit auf andere Weise (wie z. B. durch öffentlich-rechtlichen Vertrag) herstellt, um auch in diesen Fällen sicherzustellen, dass die festgelegten Maßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden.
204 
Eine solche bindende Vereinbarung hat die Planbehörde - wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben - mit der SSB AG in Bezug auf die Regelungen M3 und M4 jedoch nicht geschlossen. Damit steht nicht nur die Durchführung der beschriebenen Ausbaumaßnahmen, sondern auch deren Zeitpunkt im Belieben der SSB AG. Bei den Vorhaben M3 und M4 handelt es sich daher selbst bei einem weiten Begriffsverständnis schon um keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG, weil für ihre Durchführung kein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 47 Abs. 6 BImSchG zuständig ist und die Planbehörde die Umsetzung dieser Maßnahmen gegenüber der SSB AG nicht rechtsverbindlich sichergestellt hat. Da damit zugleich auch kein konkreter Umsetzungszeitpunkt rechtsverbindlich festgelegt wurde, fehlt den Regelungen zudem auch die Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
2.4.2.
205 
Die weiteren Vorhaben M5, M8, M9, M10 und M12 sind ebenfalls keine geeigneten bzw. ausreichenden Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, da auch diese Vorhaben lediglich als unverbindliche Absichtserklärungen zurVerbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV der Landeshauptstadt Stuttgart (M5), des Verbandes Region Stuttgart (M8, M9 und M12) und der zuständigen Landkreise (M10) formuliert worden sind, deren tatsächliche Umsetzung und Umsetzungszeitpunkt von der Planbehörde - wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung ebenfalls eingeräumt haben - gleichfalls nicht rechtsverbindlich gesichert wurde.
206 
In Bezug auf das Vorhaben M5 hat die Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017 insoweit sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Vorhaben von der Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit durchgeführt werden soll und deshalb unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses steht (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 112).
207 
Weiter kommt hinzu, dass die Durchführung des Vorhabens M5 zusätzlich unter einer - inhaltlich auch noch offensichtlich zu unbestimmten - weiteren Bedingung (keine relevanten (?) Störungen oder Behinderungen des Kfz-Verkehrs) steht, deren Eintritt als ebenso ungewiss eingestuft werden muss, wie ein positiver Gemeinderatsbeschluss des Gemeinderats der Beigeladenen. Insoweit haben die Beigeladenen-Vertreter in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage auch bestätigt, dass es bislang keinen entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses gebe. Die entsprechenden Beschlüsse seien frühestens im Laufe des Jahres 2018 und die eventuelle Einrichtung der genannten Busspuren/Bussonderstreifen frühestens 2018/2019 zu erwarten.
208 
Im Falle der Vorhaben M9 und M12 enthalten die betreffenden Regelungen des Planentwurfs überhaupt keinen Zeithorizont und im Falle des Vorhabens M8 einen Umsetzungszeitrahmen von über 7 Jahren (bis zum 01.01.2025).
209 
Damit können diese Vorhaben nicht nur wegen ihrer Unverbindlichkeit, sondern auch wiederum in zeitlicher Hinsicht offensichtlich nicht als (geeignete) Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
210 
Hinzu kommt schließlich, dass für alle vorgenannten Vorhaben zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV (M3 bis M10 und M12) im Gesamtwirkungsgutachten selbst bei beschleunigter Umsetzung (Basisjahr 2020) lediglich ein offensichtlich sehr geringes NOx-Emissionsminderungspotenzial in Bezug auf den Straßenverkehr im Stadtgebiet Stuttgart zwischen 0 und maximal 2 % prognostiziert wurde (vgl. im Einzelnen Übersicht 4.10 und Bild 5.4, S. 30 und 46 des Abschlussberichts im GWG vom Februar 2017; ebenso Planentwurf der 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 110). Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass diese Vorhaben - selbst wenn sie tatsächlich umgesetzt werden (wie beispielsweise die teilweise Fertigstellung der neuen Stadtbahnlinie U 12 nach Remseck, voraussichtlich bis Dezember 2017) - lediglich ein NO2-Immissions-minderungspotenzial besitzen, das an den Messstationen, an denen die NO2-Immissionsgrenzwerte überschritten sind, kaum feststellbar ist (nach Einschätzung des zuständigen Gutachters in der mündlichen Verhandlung z. B. Am Neckartor maximal 5 µg/m³).
2.4.3.
211 
Die Maßnahme M11, die ebenfalls der Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dient (Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen von und zum Stuttgarter Hauptbahnhof), kann zwar begrifflich als Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, weil das Vorhaben vom Land Baden-Württemberg selbst umgesetzt werden soll und sich damit die Frage der Bindungswirkung gegenüber einem außerhalb der Landesverwaltung stehenden Umsetzungsadressaten nicht stellt.
212 
Diese Maßnahme ist jedoch bereits wegen ihres Umsetzungszeitrahmens (bis 2021) keine geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3 BImSchG. Hinzu kommt deren offensichtlich geringes NOx-Emissionsminderungspotenzial, das im Gesamtwirkungsgutachten von den Gutachtern nicht gesondert beziffert werden konnte und deshalb sicherlich deutlich unter 2 % liegt (vgl. Abschlussbericht im GWG vom Februar 2017, a.a.O.), allein
2.4.4.
213 
Für die Vorhaben M13 und M14 der Landeshauptstadt Stuttgart (Ausbau des Radwegenetzes und Planung und eines Investitionsprogrammes Fußverkehr zu langfristigen Förderung und Umsetzung von Fußverkehrsmaßnahmen) gelten die Ausführungen unter Ziffer 2.4.2. zum Vorhaben M5 sowie unter Ziffer 2.4.3. entsprechend.
214 
Da die Vorhaben nach Ansicht der Planbehörde in der kommunalen Selbstverwaltungshoheit der Beigeladenen und damit auch unter einem Zustimmungsvorbehalt des Gemeinderats stehen, hat die Planbehörde die Umsetzung dieser Vorhaben mit der Beigeladenen nicht rechtsverbindlich vereinbart.
215 
Die tatsächliche Umsetzung dieser Vorhaben, die in den Regelungen M13 und M14 als bloße Absichtserklärungen formuliert worden sind, ist daher ebenso ungewiss, wie deren Umsetzungszeitpunkt.
216 
Hinzu kommt, dass diesen Vorhaben ausweislich des Gesamtwirkungsgutachtens auch kein bezifferbares eigenes NOx-Emissionsminderungs-potenzial zugeschrieben werden kann.
217 
Auch diese Vorhaben können daher offensichtlich nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
2.4.5.
218 
Für das Vorhaben M15 (Umstellung der Flottenzusammensetzung des Landesfuhrparks und des Fuhrparks der Beigeladenen auf emissionsarme/elektrische Fahrzeuge im Stadtgebiet Stuttgart) wird in der genannten Regelung kein konkreter Zeitrahmen für die Umsetzung genannt.
219 
Soweit das Vorhaben den Fuhrpark der Beigeladenen betrifft, fehlt es auch insoweit an einer konkreten Vereinbarung zwischen der Planbehörde und der Beigeladenen, mit der die tatsächliche Realisierung des Vorhabens sichergestellt wird.
220 
Das Vorhaben M16 kann dagegen aus denselben Gründen wie die Maßnahme M11 als Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, nachdem ein entsprechendes Förderprogramm mit einem Finanzierungsvolumen von 25 Millionen - wie von den Beklagten-Vertretern in der mündlichen Verhandlung berichtet - vom Landtag im Mai 2017 auch tatsächlich bereits beschlossen worden ist.
221 
Auch diesen beiden Vorhaben wird aber selbst bei einer (vollständigen) Realisierung bis 2020 von den Gutachtern im Gesamtwirkungsgutachten lediglich ein NOx-Emissionsminderungspotenzial von zusammen höchstens 3 % bescheinigt (vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 114). Das sich daraus ergebende Immissionsminderungspotenzial an den einzelnen Messstationen wird daher unter diesen 3 % liegen.
222 
Auch die Vorhaben M15 und M16 können daher trotz beschlossener Förderung (M16) allein nicht als geeignet und ausreichend im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.
2.4.6.
223 
Bei dem in M17 beschriebenen Vorhaben (Tempo 40 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet) würde es sich nur dann um eine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG handeln, wenn die Planbehörde selbst diese Geschwindigkeitsbegrenzungen und die betreffenden Strecken im Planentwurf festgelegt hätte und diese Geschwindigkeitsbegrenzungen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde der Beigeladenen deshalb zwingend anzuordnen wären. Nach dem klaren Wortlaut der Regelung („Die Landeshauptstadt Stuttgart plant“) und der Begründung im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017 (vgl. dort S. 119) will die Planbehörde das Ob und Wie solcher weiterer Geschwindigkeitsbeschränkungen jedoch ausschließlich der Beigeladenen überlassen und diese weiteren Geschwindigkeitsbegrenzungen gerade nicht selbst verbindlich vorgeben. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Vorhaben M17 bereits begrifflich um keine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG.
224 
Hinzu kommt, dass diesen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weiteren Streckungsstrecken in der Umweltzone Stuttgart von den Gutachtern praktisch kein NOx-Emissionsminderungspotenzial attestiert wird (0 % bzw. unter 0,5 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 117).
225 
Bei dem in M18 beschriebenen Vorhaben (Tempo 50 bzw. 60 km/h im Stadtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaften bzw. auf mindestens vierstreifigen Straßen) soll es sich nach den Angaben der Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung um eine verbindliche Handlungsanweisung an die zuständige Straßenverkehrsbehörde handeln. Diese steht jedoch wiederum unter dem Vorbehalt, dass diese Geschwindigkeitsbegrenzungen nur angeordnet werden sollen, wenn diese nicht zu spürbaren (?) Ausweichverkehren führen, was die Planbehörde der alleinigen Prüfung und Beurteilung der Straßenverkehrsbehörde überlassen will.
226 
Es kann hier offen bleiben, ob die Planbehörde im Rahmen einer Luftreinhaltemaßnahme der Vollzugsbehörde einen solchen eigenen Beurteilungsspielraum einräumen darf oder die genannte Voraussetzung für die Anordnung der beabsichtigten Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht vielmehr selbst prüfen müsste, bevor sie eine entsprechende Maßnahme festlegt. Denn jedenfalls ist der Wirkungsgrad des Vorhabens aufgrund dieses Vorbehaltes tatsächlich völlig offen und kann auch bei 0 % liegen, falls es nach der Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde auf allen in Betracht kommenden Strecken zu Ausweichverkehren kommen würde.
227 
Hinzu kommt, dass die Planbehörde der Straßenverkehrsbehörde auch keine Vorgabe im Hinblick auf den Zeitpunkt der Umsetzung dieser Maßnahmen gemacht hat. Es ist der Straßenverkehrsbehörde damit völlig freigestellt, selbst zu entscheiden, wann sie die genannte Maßnahme prüfen und gegebenenfalls umsetzen will.
228 
Bei den Vorhaben M17 und M18 handelt es sich bereits aus diesen Gründen ebenfalls um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG.
2.4.7.
229 
Das Vorhaben M19 gibt lediglich eine Absichtserklärung der Landeshauptstadt Stuttgart als Trägerin der kommunalen Selbstverwaltung wieder, ihr Gebührensystem zu „überprüfen“ und die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet „moderat“(?) zu erhöhen, wenn der Gemeinderat zustimmt. Zum Rechtscharakter diese Regelung gelten daher die Ausführungen unter den Ziffern 2.4.2. und 2.4.4. bis 2.4.6. entsprechend.
230 
Auch das Vorhaben M20 gibt lediglich eine Absichtserklärung des Landes Baden-Württemberg wieder, die Parkgebühren der in seinem Eigentum stehenden Parkhäuser „mit dem Ziel einer verträglichen (?) Anpassung zu überprüfen“. Mit diesem Inhalt ist die Regelung offensichtlich zu unbestimmt, um als Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG eingestuft zu werden, da sie noch nicht einmal eine verbindliche Aussage trifft, dass die genannten Parkgebühren tatsächlich erhöht werden.
231 
Hinzu kommt, dass die in Betracht gezogenen Parkgebührenerhöhungen auch von ihrem Wirkungsgrad nicht die erforderliche Eignung einer Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG besitzen, da die Gutachter diesen Vorhaben lediglich ein NOx-Emissionsminderungspotenzial im Stadtgebiet von maximal 4 % und auch dieses nur für den Fall attestieren haben, dass die Parkgebühren in den genannten Parkhäusern bis 2020 verdoppelt werden (vgl. Dokumentation zum GWG, S.28 sowie Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 121).
232 
Von einer solchen Verdoppelung der Parkgebühren kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht (mehr) ausgegangen werden, nachdem der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart in seiner Sitzung am 13.07.2017 lediglich eine Erhöhung der Parkgebühren in den städtischen Parkhäusern (M19) um 14 % bis 20 % beschlossen hat und der Regelung M20 eine konkrete Absicht des Landes, die Parkgebühren in den Parkhäusern des Landes bis 2020 zu verdoppeln, ebenfalls nicht zu entnehmen ist.
233 
Dementsprechend konnte der Gutachter des Beklagten den Wirkungsgrad beider Vorhaben in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr konkret beziffern. Dieser erklärte vielmehr, er könne nicht ausschließen, dass der Wirkungsgrad bei den genannten geringeren Gebührenerhöhungen auch nur bei „nahezu 0 %“ liege.
3.
234 
Geht man nach den obigen Ausführungen davon aus, dass die Planbehörde mit dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom Mai 2017 ihrer Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG noch nicht nachgekommen ist, ist der vom Kläger mit seinem Klagantrag geltend gemachte Rechtsanspruch dem Grunde nach zu bejahen.
235 
Eine Verurteilung des Beklagten, der Luftreinhaltungsplan Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt, setzt jedoch weiter voraus, dass eine Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte durch eine oder mehrere weitere Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich möglich ist.
236 
Vorliegend kann das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls durch die Festlegung eines über die bereits bestehenden Verkehrsbeschränkungen hinausgehenden Verkehrsverbotes in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder zumindest annähernd erreicht werden. Nach den Feststellungen der Gutachter im vorgelegten Gesamtwirkungsgutachten vom Februar 2017 und den dazu vorgelegten Dokumentationen Teil 1 und 2 vom April 2017 würde das von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung in M1 festgesetzte ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren (einschließlich Hybrid-Fahrzeugen) unterhalb der Schadstoffklasse Euro 3/III sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Schadstoffklasse Euro 6/VI bei einem angenommenen Anteil dieser Kraftfahrzeuggruppen an der Fahrzeugflotte der bei der Beigeladenen zugelassenen Kraftfahrzeuge von 20 % und wenn von diesen betroffenen Kraftfahrzeugen im Rahmen des vorgesehenen Ausnahmekonzepts weitere 20 % vom Verkehrsverbot ausgenommen würden, bezogen auf das Basisjahr 2020 zu NOx-Emissionsrückgängen von 40 % in der Umweltzone, 56 % im Talkessel und 55% an der Messstation Am Neckartor führen.
237 
In Bezug auf die NO2-Immissionen bedeutet dies eine Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen um 94,6 % auf eine Streckenlänge von lediglich noch 1,3 km in der Umweltzone Stuttgart und um 96,8 % auf eine Streckenlänge von lediglich noch 0,3 km im Talkessel Stuttgart sowie eine Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts Am Neckartor auf 42 µg/m³ bei einer Umsetzung der Maßnahme ab 01.01.2020 (vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 69 und 70).
238 
Ausgehend von diesen Feststellungen ist das Verkehrsverbot demnach von seinem Wirkungsgrad her geeignet, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte - mit Ausnahme der Messstation Am Neckartor (42 µg/m³) - an allen (anderen) Messstationen und damit in der gesamten Umweltzone Stuttgart auf das zulässige Maß zu reduzieren. Dies hat die zuständige Gutachterin in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt.
239 
Welchen Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einer Inkraftsetzung bereits ab dem 01.01.2018 - also zum Zeitpunkt des bislang geplanten Inkrafttretens der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart hätte, wurde von den Gutachtern nicht ermittelt.
240 
Da zu diesem Zeitpunkt der Flottenanteil der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge noch ca. 35 % (statt 20 % wie im Basisjahr 2020) betrage (vgl. Dokumentation zum GWG zur 3. Fortschreibung vom April 2017, Tabelle 4.2, S. 60), schätzte die zuständige Gutachterin den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf den Zeitpunkt 01.01.2018 zunächst als „tendenziell größer“ ein, relativierte diese Aussage jedoch anschließend für die Messstation Am Neckartor, für die sie nur von einer Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts auf ca. 48 µg/m³ (statt 42 µg/m³/Basisjahr 2020) ausgehen wollte, weil die Ausgangsbelastung im Jahr 2018 mit ca. 80 µg/m³ noch höher sei, als im Basisjahr 2020 (67 µg/m³ bzw. 72 µg/m³).
241 
Nach diesen Einlassungen der Gutachterin in der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass der Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf das Basisjahr 2018 - wenn überhaupt - nur unwesentlich geringer ist als im Basisjahr 2020.
242 
Für diese Annahme sprechen auch die Feststellungen der Gutachter zu der - nicht in den Planentwurf übernommenen - Maßnahme M83v3 „Einfahrt in die Umweltzone Stuttgart nur mit blauer Plakette, Variante 1“ als Teil des Moduls 8/Feinstaub-Alarm Verkehr, die für das Netz ganzjährig betrachtet wurde (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 130) und wonach die festgestellte Änderung der Streckenkilometer im Stadtgebiet Stuttgart mit Überschreitungen des NO2-Jahresgrenzwerte mit 91,8 % bei einer Umsetzung dieses Verkehrsverbotes M83v3 zum 01.01.2018 nur unwesentlich geringer ist, als die Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen bei dem Verkehrsverbot M1 ab dem 01.01.2020 (94,6 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30).
243 
Es kann deshalb nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten davon ausgegangen werden, dass das in M1 beschriebene Verkehrsverbot derzeit selbst dann die effektivste und damit am besten geeignete Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte darstellt, wenn deren Wirkungsgrad bei einer Umsetzung vor dem 01.01.2020 tatsächlich etwas geringer sein sollte, als im Falle einer Umsetzung zum 01.01.2020.
244 
Welchen Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einem Inkrafttreten vor dem 01.01.2020 letztlich tatsächlich hat, kann das Gericht nicht abschließend beurteilen, weil das Gesamtwirkungsgutachten hierzu keine Feststellungen trifft. Dies kann jedoch auch offen bleiben, weil es nicht Aufgabe des Gerichts ist, sondern in die Zuständigkeit der Planbehörde fällt, den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf einen Umsetzungszeitpunkt vor dem 01.01.2020 im Rahmen des zu erstellenden Gesamtkonzeptes zur Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans noch gutachterlich klären zu lassen.
245 
Für den Fall, dass die Gutachter des Beklagten dabei zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die Umsetzung des genannten Verkehrsverbotes zu einem solchen früheren Zeitpunkt zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte tatsächlich allein nicht ausreichend ist und sogar einen etwas geringeren Wirkungsgrad als bei einer Umsetzung zum 01.01.2020 besitzt, bedeutet dies jedoch nicht, dass das Verkehrsverbot als geeignete Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG ausscheidet. Die Planbehörde wäre in diesem Fall lediglich verpflichtet, entweder das Verkehrsverbot auf einen größeren Adressatenkreis auszudehnen oder im Luftreinhaltungsplan auch noch andere Maßnahmen festzulegen, um die Ziele des § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zu erreichen, soweit dies mit den Vorhaben und Maßnahmen M3 bis M20 nicht bereits geschehen ist.
246 
Welche konkreten Maßnahmen zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte gegebenenfalls weiter in Betracht kommen, hat aber nicht das Gericht, sondern die Planbehörde im Rahmen des von ihr zu erstellenden Gesamtkonzepts zu entscheiden, da die Maßnahmen-Auswahl allein dem planerischen Gestaltungsspielraum der Planbehörde unterliegt.
247 
4. Das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht kommende und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot kann auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden, weil es mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung (im Weiteren: StVO) ordnungsgemäß bekanntgegeben werden kann.
248 
4.1. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Umsetzung und Bekanntgabe des Verkehrsverbotes folgt unmittelbar daraus, dass durch das Verkehrsverbot in individuelle Rechte Dritter eingegriffen wird (insbesondere Handlungsfreiheit der betroffenen Verkehrsteilnehmer) und auch ausdrücklich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG,wonach die in Luftreinhalteplänen festgelegten Maßnahmen durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung, also in der Regel von Behörden des Bundes, der Länder, der kommunalen Gebietskörperschaften oder anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Landmann/Rohmer, Umweltrecht Kommentar, Band III, Stand 01.01.2017 § 47 Rn 29) „nach diesem Gesetz“ (BImSchG) oder „nach anderen Rechtsvorschriften“ durchzusetzen sind.
249 
Da es sich bei dem in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbot um eine Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs handelt, ist für dessen Durchsetzung die Straßenverkehrsbehörde (hier: die Beigeladene) nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), wobei die zuständige Straßenverkehrsbehörde auf das Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts unabhängig davon beschränkt ist, ob in der Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung zu sehen ist (ebenso BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 – 22 C 16.1427 –, in juris; Rn 167).
250 
Die Durchsetzung des Verkehrsverbotes setzt also voraus, dass die StVO das hierfür notwendige Instrumentarium enthält, weil die Planbehörde das Verkehrsverbot in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung nur dann aufnehmen kann, wenn die für dessen Umsetzung und Bekanntgabe zuständige Straßenverkehrsbehörde dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist.
251 
4.2. Da das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot die gesamte Umweltzone betrifft, ist für dessen Umsetzung und Bekanntgabe in erster Linie auf die für die Ausweisung solcher Umweltzonen in der StVO vorgesehenen Verkehrszeichen zurückzugreifen.
252 
§ 45 Abs. 1 Buchstabe f StVO sieht vor, dass die Straßenverkehrsbehörde zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan nach § 47 Abs. 1 BImSchG festgesetzten Umweltzonen die dafür erforderlichen Verkehrsverbote in der Regel mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen anordnet (vgl. lfd. Nrn 44, 45, und 46 der Anlage 2 zur StVO; im Weiteren: Verkehrszeichen).
253 
4.3. Mit dieser Verkehrszeichen-Kombination lässt sich das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot jedoch nicht anordnen, weil dieses Verkehrsverbot Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 betrifft, also Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 4, die gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (im Weiteren: 35.BImSchV) mit der Grünen Plakette gekennzeichnet sind und deshalb mit dem bislang zur Verfügung stehenden Zusatzzeichen lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO (im Weiteren: Zusatzzeichen 46) von dem Verkehrsverbot innerhalb der Umweltzone Stuttgart freigestellt werden.
254 
Hieraus folgt jedoch, dass die vom zuständigen Bundesverordnungsgeber mit den genannten Verkehrszeichen bislang in der StVO geschaffenen Kennzeichnungsmöglichkeiten von Verkehrsverbotszonen zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen nicht ausreichend sind, um ein Verkehrsverbot, wie es in Städten mit Immissionsgrenzwertüberschreitungen wie in Stuttgart in Betracht zu ziehen ist, bekanntzugeben.
255 
Hierzu bedarf es zweckmäßigerweise einer weitergehenden Kennzeichnungsmöglichkeit - wie beispielsweise der vom Beklagten vorgeschlagenen „Blauen Plakette“ - und folglich einer entsprechenden Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichens 46 der StVO durch die jeweils zuständigen Verordnungsgeber des Bundes (35.BImSchV: Bundesregierung; StVO: BMVI und BMUB). Es besteht kein Zweifel daran, dass sowohl die Bundesregierung als auch die genannten Bundesministerien in ihrer Funktion als Verordnungsgeber durch Bundesgesetz (hier: BImSchG und StVG) nicht nur ermächtigt (vgl. Art. 80 GG), sondern auch verpflichtet sind, den für die Umsetzung und den Vollzug der Vorschriften des Luftreinhalterechts zuständigen Landesbehörden das hierfür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, soweit dieses nicht bereits im Bundesimmissionsschutzgesetz enthalten ist (so BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 - 22 C 16.1427 - in juris, Rn 184).
256 
Sie haben daher die im vorliegenden Fall deutlich gewordenen Regelungsdefizite durch entsprechende Ergänzungen der StVO und der 35. BImSchV baldmöglichst zu beseitigen.
257 
Es ist derzeit nicht absehbar, ob und zu welchem Zeitpunkt die zuständigen Verordnungsgeber die bestehenden Regelungsdefizite in den genannten Verordnungen wegen des Vertragsverletzungsverfahrens, das die Europäische Kommission wegen der seit dem Jahr 2010 andauernden Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt, tatsächlich noch beheben werden.
258 
4.4. Durch diese bislang nicht behobenen Regelungsdefizite ist die Durchsetzung bzw. Bekanntgabe des vorliegend in Betracht kommenden Verkehrsverbotes entgegen der Rechtsansicht des Beklagten jedoch rechtlich nicht unmöglich, weil es zu dem in seiner derzeitigen Ausgestaltung hier nicht verwendbaren Zusatzzeichen 46 andere, rechtlich zulässige Möglichkeiten gibt, das Verkehrsverbot trotz „Fehlens einer Blauen Plakette“ im Einklang mit den Vorschriften der StVO ordnungsgemäß bekanntzugeben. Insoweit gilt im Einzelnen Folgendes:
259 
4.4.1. Da das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot zum Inhalt hat, innerhalb der gesamten bereits bestehenden und mit den Zeichen 270.1 und 270.2 ausgeschilderten Umweltzone Stuttgart die Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 aus der bislang mit dem Zusatzzeichen 46 angeordneten Freistellung der Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette herauszunehmen und damit im Ergebnis dem mit Zeichen 270.1 angeordneten Umweltzonen-Verkehrsverbot zu unterwerfen, besteht für einen Austausch der Zeichen 270.1 und 270.2 - etwa gegen das Zeichen 251 (Lfd. Nr. 29 der Anlage 2 zur StVO) - keine sachliche Notwendigkeit. Denn das Zeichen 251 unterscheidet sich in Bezug auf die Adressaten des damit angeordneten Einfahrverbotes (Kraftwagen und mehrspurige Kraftfahrzeuge) nicht von den Adressaten der Zeichen 270.1 und 270.2 (Kraftfahrzeuge), die darüber hinaus lediglich zusätzlich das Gebiet der Verkehrsverbotszone (Umweltzone) begrenzen. Da das Verkehrsverbot auch räumlich denselben Bereich betrifft, wie das bereits bestehende Verkehrsverbot, nämlich die gesamte Umweltzone Stuttgart, bliebe auch der Aufstellungsort der Schilder derselbe.
260 
Die Zeichen 270.1 und 270.2 können daher für das vorliegend in Betracht zu ziehende (Umweltzonen-)Verkehrsverbot weiter Verwendung finden. Ob ein auf einzelne Strecken (wie z. B. beim Maßnahme M2c) oder auf ein Teilgebiet (wie z. B. bei Maßnahme M2b) räumlich begrenztes zusätzliches Verkehrsverbot innerhalb der bereits bestehenden Umweltzone in rechtlich zulässiger Weise mit dem Zeichen 251 und einem entsprechenden (individuellen) Zusatzzeichen, das den freigestellten Adressatenkreis bezeichnet, ausgeschildert werden kann, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.
261 
4.4.2. Soweit das vorliegend in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot den Kreis der bislang mit der Grünen Plakette freigestellten Kraftfahrzeuge weiter einschränkt und hierfür das in der StVO vorhandene Zusatzzeichen 46 zu weit reichend und damit nicht verwendbar ist, gibt es rechtlich zulässige Handlungsalternativen, um die gebotenen Freistellungen vom Verkehrsverbot ordnungsgemäß bekannt zu geben.
262 
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn es sich bei der Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO um eine abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-Verkehrsverboten handeln würde und diese deshalb so verstanden werden müsste, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Umweltzonen-Verkehrsverbotes und der Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit den in der StVO vorgesehenen Zeichen 270.1 bzw. 270.2 in Kombination mit dem in der lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO abgebildeten Zusatzzeichen 46 erfolgen kann.
263 
Bei sachgerechter Auslegung der genannten Vorschrift ist für diese Interpretation jedoch kein Raum. Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen - und ebenso von Rechtsverordnungen - ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, Urt. v. 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10, 2 Bv2 BvR 2155/11 - in juris, Rn 66). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (BVerfG, Urt. v. 20.03.2002 – 2 BvR 794/95 in juris, Rn 79). Ausgangspunkt der Auslegung ist zwar regelmäßig der Wortlaut der Vorschrift. Soweit dieser jedoch keine hinreichend deutlichen Hinweise auf den Willen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers gibt, kommt daneben den genannten anderen Auslegungskriterien eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (BVerfG, Urt. v. 19.03.2013, a.a.O.).
264 
Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze kann § 45 Abs. 1f StVO nicht als abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-Verkehrsverboten verstanden werden. Eine solche Interpretation als abschließende Regelung ist bereits nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 1f StVO nicht zwingend. Der Wortlaut dieser Regelung deutet zwar darauf hin, dass der Verordnungsgeber bei deren Einführung im Rahmen der zum 01.04.2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO vom 06.03.2013 (vgl. BGBl. I, S.367) möglicherweise - und wie durch den vorliegenden Sachverhalt belegt - irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die genannten Verkehrszeichen ausreichend sind, um die Ziele des § 47 Abs. 1 BImSchG - soweit hierfür Verkehrsbeschränkungen erforderlich sind - zu erreichen. Der Wortlaut der Regelung lässt auch den weiteren Schluss zu, dass der Verordnungsgeber die in § 45 Abs. 1f StVO vorgesehene Schilderkombination im Hinblick auf die notwendige Kontrollierbarkeit als die geeignetste Form der Bekanntgabe eines solchen Umweltzonen-Verkehrsverbotes angesehen hat. Vor diesem Hintergrund ist die vom Verordnungsgeber gewählte Formulierung ohne weiteres nachvollziehbar.
265 
Eine mit der Formulierung darüber hinaus verfolgte Absicht des Verordnungsgebers, mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten Schilderkombination zugleich die einzige zulässige Form der Bekanntgabe eines Umweltzonen-Verkehrsverbotes und der Freistellungen bzw. Ausnahmen hiervon festlegen zu wollen, ist der Formulierung dagegen nicht eindeutig zu entnehmen.
266 
Es handelt sich bei der zuletzt genannten Interpretation des Wortlautes der Vorschrift vielmehr lediglich um eine unter grammatischen Aspekten denkbare Deutungsmöglichkeit, die aber nicht zwingend ist.
267 
Lässt die Formulierung eines Vorschriftentextes solche verschiedenen Deutungsmöglichkeiten zu, ist im Rahmen der Auslegung weiter zu ermitteln, welche der möglichen Deutungen nach den weiteren Auslegungskriterien und insbesondere nach dem Sinn und Zweck der Regelung dem objektiven Willen des Gesetzgebers (hier: Verordnungsgebers) entspricht.
268 
Der Sinn und Zweck der mit der Neufassung der StVO im Jahr 2013 in die StVO aufgenommenen Regelungen und Verkehrszeichen zu Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen aus Gründen der Luftreinhaltung bestand bei objektiver Betrachtung ausschließlich darin, den für die Umsetzung und den Vollzug der bundesgesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung zuständigen Landesbehörden das dafür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen.
269 
Das Gericht hat daher keine Zweifel daran, dass der StVO-Verordnungsgeber mit der Aufnahme der genannten Regelungen und Verkehrszeichen in die StVO den alleinigen Zweck verfolgte, den für die Luftreinhaltung zuständigen Landesbehörden die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen und -verboten zu ermöglichen, soweit solche zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG erforderlich sind. Die Tatsache, dass der Verordnungsgeber dabei möglicherweise irrtümlich davon ausgegangen ist, dass dafür ein Zusatzzeichen 46 mit Roter, Gelber oder Grüner Plakette bereits ausreichend ist, ändert hieran nichts. Denn es bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Befugnisse der zuständigen Landesbehörden zur Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO und dem genannten Zusatzzeichen 46 absichtlich beschränken wollte, um die Verhängung weitergehender Verkehrsverbote zu verhindern. Insbesondere enthält auch die Begründung der Neufassung der StVO keinerlei Hinweise dafür, dass der Verordnungsgeber den Regelungsinhalt des § 45 Abs. 1f StVO und des Zusatzzeichens 46 in diesem abschließenden Sinne beschränken wollte (vgl. z.B. BR-Drucksache 428/12).
270 
Ein solches Vorgehen des Verordnungsgebers wäre auch offensichtlich rechtswidrig gewesen. Denn es steht außer Zweifel, dass der Verordnungsgeber durch die Verordnungsermächtigung in Art. 80 GG keine Befugnis erhält, bundesgesetzliche Zielsetzungen - wie im vorliegenden Fall die Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG - durch Rechtsverordnung zu beschränken oder gar zu verhindern. Dies hätte der Verordnungsgeber im vorliegenden Fall aber getan, wenn er mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO tatsächlich hätte abschließend regeln wollen, dass die zuständigen Landesbehörden weitergehende Verkehrsverbote gegen Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette selbst dann nicht verhängen können, wenn solche Verkehrsverbote zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG geeignet und geboten sind.
271 
Gegen einen dahingehenden Willen des Verordnungsgebers sprechen darüber hinaus auch dessen Feststellungen zum Regelungsinhalt des Zeichens 270.1 in der Anlage 2 zur Neufassung der StVO 2013. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass Ausnahmen vom Umweltzonen-Verkehrsverbot „im Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung“ und damit nach dem Willen des Verordnungsgebers offensichtlich nicht ausschließlich mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten Schilderkombination zugelassen werden können.
272 
Die Möglichkeit, die Ausnahmen vom Umweltzonen-Verkehrsverbot statt mit dem Zusatzzeichen 46 grundsätzlich auch durch eine Allgemeinverfügung regeln zu können, hat das BMVI, das zusammen mit dem BMUB für die Neufassung der StVO zuständig war, zudem mit seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg vom 11.03.2016 auch nochmals ausdrücklich bestätigt. Denn in diesem Schreiben hat das BMVI die Notwendigkeit einer Änderung der Regelungen der StVO zur Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen zur Luftreinhaltung mit der Begründung verneint, weitergehende Verkehrsverbote gegenüber Kraftfahrzeugen mit Grüner Plakette könnten auch durch Allgemeinverfügung und gleichzeitiger Abdeckung des Zusatzzeichens 46, das in der Umweltzone Stuttgart Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette vom Umweltzonen-Verkehrsverbot freistellt, angeordnet werden.
273 
Zwar hat das BMVI diese Feststellungen wohl lediglich im Hinblick auf zeitlich befristete, weitergehende Verkehrsverbote getroffen. Dennoch lässt sich auch dieser schriftlichen Stellungnahme des BMVI ohne weiteres entnehmen, dass der für die StVO zuständige Verordnungsgeber selbst nicht davon ausgeht, dass Umweltzonen-Verkehrsverbote und die Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit der genannten Schilderkombination (Zeichen 270.1 und Zusatzzeichen 46) bekanntgegeben werden können. Nach dieser schriftlichen Stellungnahme darf das Zeichen 270.1 vielmehr auch ohne Zusatzzeichen verwendet und notwendige Ausnahmen oder Freistellungen vom Verkehrsverbot auch auf andere Weise verfügt und bekanntgegeben werden. Dieser Rechtsansicht schließt sich das Gericht an, zumal die StVO auch im Übrigen obligatorische Verbindungen von Zeichen und Zusatzzeichen nicht kennt.
274 
Bereits aus den vorgenannten Gründen kann die Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO nicht als abschließende Regelung verstanden werden. Eine solche Auslegung der Vorschrift ist auch deshalb abzulehnen, weil sie im Ergebnis dazu führen würde, dass die Vorschrift mit einem solchen beschränkten Regelungsinhalt gegen höherrangiges Recht verstoßen würde. Denn ein solches Verständnis des § 45 Abs. 1f StVO würde dazu führen, dass das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte und damit zum Schutz der menschlichen Gesundheit in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot nicht bekannt gegeben werden könnte. Die Regelung würde mit diesem Inhalt also nicht nur gegen die Zielsetzungen des § 47 BImSchG, sondern auch gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GRCH und gegen unionsrechtlich vorgegebene Umweltstandards (hier: der Richtlinie 2008/50/EG) und damit gegen (höherrangiges) Bundes-, Verfassungs- und Europarecht verstoßen.
275 
Da es jedoch sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, als auch wegen des aus Art. 3 Abs. 1 GRCH und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden staatlichen Schutzauftrages für das Leben und die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen ist, dass ein zur Sicherstellung dieser Zwecke gebotenes Verkehrsverbot nur deshalb unterbleibt, weil § 45 Abs. 1f StVO dessen Bekanntgabe nicht zulässt (in diesem Sinne auch BayVGH, a.a.O., Rn 184), wäre die betreffende Regelung jedenfalls auch verfassungs- und unionsrechtskonform so auszulegen, dass es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt.
4.4.3.
276 
Geht man davon aus, das es sich bei § 45 Abs. 1f StVO um keine abschließende Regelung handelt und ein Umweltzonen-Verkehrsverbot und die Freistellungen hiervon folglich nicht ausschließlich und zwingend mit der Verkehrszeichen-Kombination 270.1 bzw. 270.2 und dem Zusatzzeichen 46 bekanntgegeben werden muss, ist die zur Durchsetzung des Verkehrsverbotes zuständige Straßenverkehrsbehörde auch befugt, auf andere, nach der StVO zulässige Formen der Bekanntgabe zurückzugreifen.
277 
Insoweit haben das BMVI und der Beklagte die in Betracht kommenden Handlungsalternativen bereits selbst aufgezeigt, nämlich zum einen die vom BMVI in seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg vom 11. März 2016 empfohlene Bekanntgabe der notwendigen Freistellungen vom Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung (dazu unter 4.4.3.1.) und zum andern die vom Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkehrsverbot M2c beabsichtigte Schaffung eines bislang in der StVO nicht geregelten Zusatzzeichens (dazu unter 4.4.3.2.).
278 
4.4.3.1. Ob es sich bei dem Vorschlag des BMVI, die notwendigen Freistellungen von dem mit Zeichen 270.1 bekanntgegebenen Umweltzonen-Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung anzuordnen, um eine rechtlich zulässige Handlungsalternative handelt, erscheint zumindest fraglich. Denn dieser Vorschlag steht im Widerspruch zu dem in § 45 Abs. 4 Halbsatz 1 StVO zum Ausdruck kommenden Grundsatz, wonach die in § 45 Abs. 3 StVO genannten Straßenverkehrsbehörden – und insoweit gilt für die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen nichts anderes - den Verkehr grundsätzlich nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, weil - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer ein schutzwürdiges Interesse haben, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden (ebenso BayVGH, a.a.O. Rn 168; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 - 3 C 18.07 - in juris). Für Verkehrsverbote und -beschränkungen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO) sieht auch § 45 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 StVO insoweit keine Ausnahme vor, sondern nur für Verkehrsverbote und -beschränkungen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO). Die Frage kann jedoch offen bleiben.
279 
4.4.3.2. Denn jedenfalls bestehen gegen die zweite in Betracht kommende Handlungsalternative keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn man § 45 Abs. 1f StVO aus den bereits dargelegten Gründen richtigerweise nicht für eine abschließende Regelung hält.
280 
Es bestehen zunächst keine rechtlichen Zweifel daran, dass die Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt,in der StVO nicht abschließend geregelt sind und das Verkehrsministerium des Beklagten als oberste Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) vom 26.01.2001 i. d. F. vom 22.05.2017; (vgl. BAnz AT vom 29.05.2017 B8) deshalb befugt ist, andere als die im Verkehrszeichenkatalog (VzKAT) zur StVO aufgeführten Zusatzzeichen zu genehmigen und einzuführen. Denn dort heißt es unter Randnummer 46 zu §§ 39 bis 43: „... Abweichungen von dem in diesem Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen sind nicht zulässig; andere Zusatzzeichen bedürfen der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.". Diese Befugnis ist zwischen den Beteiligten unstreitig, denn davon geht auch die Planbehörde aus (vgl. Ziffer 6.2.2.2.2 des Planentwurfs zur 3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes Stuttgart vom Mai 2017 zur Umsetzung des Verkehrsverbotes M2b; S. 84).
281 
Inhaltlich müsste das Zusatzzeichen als sog. Frei-Zusatzzeichen ebenso wie das Zusatzzeichen 46 - vereinfacht ausgedrückt - den Aussagegehalt der bislang nicht vorliegenden Blauen Plakette in Textform zum Ausdruck bringen. Dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu. Dieses Zusatzzeichen würde auch nicht unter die Einschränkung des § 39 Abs. 3 Satz 2 StVO fallen, wonach „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen – also Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen - nur zulässig sind, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Letzteres ist hier der Fall, denn als Zusatzzeichen zu dem Zeichen 270.1 gelten für dieses insbesondere nicht die Einschränkungen in Nummer 26 der Anlage 2 zur StVO, sodass die damit zusammenhängenden Rechtsfragen hier keiner Erörterung bedürfen.
282 
Gegen ein solches Frei-Zusatzzeichen, das in Textform die vom Umweltzonen-Verkehrsverbot (Zeichen 270.1) freigestellten Kraftfahrzeuge benennt, bestehen daher keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken (ebenso BayVGH a.a.O., Rn 171).
283 
Auch in Bezug auf den hier notwendigen Textumfang, mit dem eine Freistellung vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge Euro 6 und ggf. für Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren ab Euro 3 geregelt werden müsste, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Zwar muss nach der obergerichtlichen Rechtsprechung der objektive Aussagegehalt von Verkehrszeichen - und dies gilt auch für Kombinationen aus Zeichen und Zusatzzeichen - zum einen eindeutig sein und eine solche Beschilderung zum anderen so übersichtlich gestaltet werden können, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. auch zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 – 3 C 18.07 – a.a.O., m.w.N.).
284 
Dies ist bei dem hier notwendigen Textumfang, mit dem zum Ausdruck zu bringen ist, dass Diesel-Kraftfahrzeuge „Diesel Euro 6“ und „Andere ab Euro 3“ vom Verkehrsverbot ausgenommen („Frei“) sind, auch im Vergleich mit den Textumfängen anderer im Verkehrszeichenkatalog enthaltenen und damit als zulässig erachteten Zusatzzeichen zu bejahen.
285 
Gegenüber einem solchen Frei-Zusatzzeichen zum Zeichen 270.1 dürfte die vom Kläger alternativ vorgeschlagene „Drei-Schilder-Regelung“ mit dem Zeichen 270.1, dem Zusatzzeichen 46 (Grüne Plakette) und einem zweiten Zusatzzeichen mit den Ausnahmen von der Freistellung durch das Zusatzzeichen 46 bereits deshalb nicht vorzugswürdig sein, weil diese Beschilderungsmöglichkeit die den Verkehrsteilnehmern im Zusammenhang mit Umweltzonen bereits vertraute Regelungstechnik „Verbot und Freistellung“ verkompliziert und bei dieser „Drei-Schilder-Regelung“ möglicherweise auch missverständlich bleibt, worauf sich das zweite Zusatzzeichen bezieht.
286 
Welche der vorgenannten Handlungsalternativen die hier zuständigen Behörden letztlich als vorzugswürdig erachten, muss jedoch deren Entscheidung im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG und § 45 Abs. 3 Satz 1 StVO - gegebenenfalls auch in Abstimmung mit dem BMVI als oberster Straßenverkehrsbehörde - vorbehalten bleiben. Sollte das BMVI dabei rechtliche Bedenken gegen alle aufgezeigten Handlungsalternativen haben, obliegt es allein den zuständigen Verordnungsgebern, diesen rechtlichen Bedenken durch eine entsprechende Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichen 46 um eine weitere Plakette zur Bekanntgabe von Verkehrsverboten der vorliegenden Art Rechnung zu tragen.
5.
287 
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot begegnet auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG keinen Bedenken.
288 
Das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zurEmittentenauswahl (dazu unter 5.1.) und ist auch verhältnismäßig (dazu unter 5.2.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet insbesondere auch nicht den generellen Aufschub der Umsetzung auf den vom Beklagten vorgesehenen späteren Zeitpunkt. Einem solchen Aufschub steht vielmehr das in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zum Ausdruck kommende Minimierungsgebot entgegen (dazu unter 5.3.).
5.1.
289 
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot, mit dem die Einhaltung der in der Umweltzone Stuttgart überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte tatsächlich sichergestellt werden kann, verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zurEmittentenauswahl, weil von dieser Maßnahme von allen Emittenten, die zum Überschreiten der Immissionswerte im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG beitragen, ausschließlich der Straßenverkehr und davon wiederum nur ein bestimmter Kreis von Verkehrsteilnehmern, nämlich die Nutzer der Kraftfahrzeuge der genannten Schadstoffgruppen betroffen sind. Denn dies lässt sich in der Sache damit rechtfertigen, dass der Straßenverkehr an allen Messstationen in der Umweltzone Stuttgart sowohl lokal als auch im Bereich der Hintergrundbelastung mit Verursacheranteilen an der NO2-Immissionsbelastung zwischen 59 % und 77 % (Am Neckartor) als Hauptverursacher der NO2-Immissionsgrenzwertüberschreitungen in Erscheinung tritt (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, Abbildungen 6 bis 9, S. 30 und 31) und die vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge zu diesen Verursachungsanteilen einen erheblichen Anteil beitragen (vgl. hierzu u.a. Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 73, Bild 4.12).
5.2.
290 
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehene Verkehrsverbot verletzt in der Sache auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, bei dem es sich um ein aus den Grundrechten (z.B. Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes allgemeines Abwägungsprinzip handelt, das bei der Auswahl in Betracht kommender Luftreinhaltemaßnahmen und der davon betroffenen Emittenten grundsätzlich zu beachten ist. Dies hat der Bundesgesetzgeber durch die ausdrückliche Erwähnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Regelung des § 47 Absatz 4 Satz 1 BImSchG auch nochmals klargestellt.
291 
Eine hoheitliche Maßnahme, die in (Grund-)Rechte Dritter eingreift, entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann, wenn sie einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgt und darüber hinaus geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, also angemessen ist. Diesen Anforderungen entspricht das hier in Betracht kommende Verkehrsverbot im Falle seiner Umsetzung voraussichtlich in jeder Hinsicht.
5.2.1.
292 
Als Maßnahme zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen und zur Einhaltung von Immissionsgrenzwerten, die dem Schutz der menschlichen Gesundheit vor schädlichen Luftschadstoffen dienen, verfolgt dieses zweifellos einen legitimen öffentlichen Zweck.
293 
5.2.2. Die Geeignetheit des Verkehrsverbotes steht ebenfalls außer Zweifel, weil mit diesem Verkehrsverbot das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder zumindest annähernd erreicht werden (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 3.).
5.2.3.
294 
Es sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grundlage des vom Beklagten vorgelegten Gesamtwirkungsgutachtens auch keine anderen, gleichwertigen Maßnahmen ersichtlich, welche den von dem Verkehrsverbot betroffenen Adressatenkreis weniger belasten würden und dem Verkehrsverbot deshalb im Rahmen der planerischen Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG als„milderes Mittel“ vorzuziehen wären.
5.2.3.1.
295 
Die von der Planbehörde bislang nicht als Luftreinhaltemaßnahmen in Betracht gezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen in den Regelungen M17 und M18 scheiden mit ihren NO2-Emissionsminderungs-potenzialen zwischen 0 % und maximal 5 % bereits von ihrem Wirkungsgrad als gleichwertige Maßnahmen aus und kommen daher als gleichwertige Handlungsalternative anstelle des Verkehrsverbotes nicht in Betracht.
296 
Nichts anderes gilt auch für die in Modul 6 (Schnellstraßenkonzept) des Gesamtwirkungsgutachtens bewerteten Maßnahmen M61v1 und M61v2, die „Geschwindigkeitsreduzierungen auf ausgewählten Autobahnen und Bundesstraßen auf 100 bzw. 80 km/h“ vorsehen und die von der Planbehörde bislang ebenfalls nicht als Luftreinhaltemaßnahmen vorgesehen sind. Zwar liegen deren NO2-Emissions-minderungspotenziale bei immerhin 13% bzw. 9 %. Die Beklagten-Vertreter haben hierzu in der mündlichen Verhandlung jedoch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass diese Maßnahmen die Immissionssituation in der Umweltzone Stuttgart sogar verschlechtern würden, weil sie zu Ausweichverkehren in die Umweltzone und damit sogar zu einer Verschlechterung der dortigen Luftqualität führen würden. Diese Handlungsalternative hat die Planbehörde daher zu Recht nicht in ihren Planentwurf übernommen.
5.2.3.2.
297 
Die als Handlungsalternative grundsätzlich in Betracht kommenden (ganzjährigen) Verkehrsverbote, die abwechselnd an das Kfz-Kennzeichen (gerade/ungerade) anknüpfen, wurden von der Planbehörde bereits wegen ihres zu geringen NO2-Immissionsminderungs-potenzials (Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone um weniger als 4 %; vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild 6.9, S. 127 sowie S. 39 und 40 des Abschlussberichts zum GWG vom Februar 2017) zu Recht nicht weiterverfolgt. Dies bedarf keiner vertiefenden Darlegungen, nachdem der Kläger der diesbezüglichen Argumentation der Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen und auch das Gericht an der Richtigkeit der genannten Feststellungen der Gutachter keine Zweifel hat.
298 
5.2.3.3. Auch die weiter in Betracht gezogene City-Maut kann bei der von den Gutachtern des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten untersuchten Ausgestaltung (5 Euro/Einfahrt in die Umweltzone; vgl. im Einzelnen Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 9, Ziffer 3.2.1.2) nicht als gleich geeignete Handlungsalternative eingestuft werden, weil diese nach den Feststellungen der Gutachter lediglich zu einer geringen Reduzierung der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs in Höhe von 7 % führen würde (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, Bild 5.4, Seite 46). Der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser Handlungsalternative bleibt damit deutlich hinter dem Wirkungsgrad des im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen Verkehrsverbotes zurück (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild 6.9, S. 127; Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone durch die Maßnahme M22/City-Maut um ca. 42 % und im Talkessel um ca. 80 % gegenüber den 94,6 % in der Umweltzone durch das Verkehrsverbot).
299 
Ob die Erhebung einer solchen City-Maut zur Durchsetzung von Zielen der Luftreinhaltung überhaupt zulässig wäre und auf die §§ 47 i. V. m. 40 BImSchG gestützt werden könnte oder vielmehr einer vorherigen entsprechenden Gesetzesinitiative des Landesgesetzgebers bedürfte, kann daher ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob der Beklagte zu einer solchen Gesetzesinitiative zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die Einführung einer City-Maut rechtlich verpflichtet wäre.
5.2.3.4.
300 
Für die weiter alternativ in Betracht gezogene Einführung einer Nahverkehrsabgabe für das Stadtgebiet oder die Region Stuttgart gelten die Ausführungen zur „City-Maut“ entsprechend, weil auch diese Maßnahme mit einem NO2-Emissionsminderungspotenzial von lediglich 2 bis maximal 4 % (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, a.a.O.) keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen Verkehrsverbot darstellt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher ebenfalls keiner weiteren Betrachtung.
301 
5.2.3.5. Bei der zuletzt noch in die Diskussion gebrachten „Nachrüstlösung“ für die vom Verkehrsverbot betroffenen Diesel-Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 handelt es sich bereits in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich um keine im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG gleichwertige Handlungsalternative zum Verkehrsverbot. Denn insoweit hat die zuständige Gutachterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage des Gerichts bestätigt, dass der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser „Nachrüstlösung“ bei maximal 9 % bezogen auf das Jahr 2020 liege.
302 
Dabei ist die Gutachterin bei ihrer Berechnung davon ausgegangen, dass 50 % der Diesel-Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 nachrüstbar sind, 100 % dieser Diesel-Kraftfahrzeuge bis 2020 auch tatsächlich nachgerüstet werden und jede dieser Nachrüstungen zu einer Reduzierung der realen Emissionen im Straßenverkehr um 50 % führe.
303 
Von diesen von der Gutachterin angenommenen Prämissen ist jedoch bereits die Annahme, dass im Rahmen freiwilliger Nachrüstaktionen - wie auch immer diese konkret aussehen mögen - bis 2020 alle nachrüstbaren Diesel-Kraftahrzeuge tatsächlich freiwillig nachgerüstet werden, wenig wahrscheinlich.
304 
Hinzu kommt, dass die Planbehörde eine eventuelle Bereitschaft der Betroffenen zur Umrüstung ihrer Kraftfahrzeuge mit der jetzt im Planentwurf vorgesehenen Maßnahme M1 zusätzlich konterkariert, wenn sie diesen mit dem darin genannten (frühestmöglichen) Umsetzungszeitpunkt 01.01.2020 bereits jetzt zu erkennen gibt, dass sie auch mit ihren nicht nachgerüsteten Diesel-Kraftfahrzeugen auf jeden Fall bis zum 01.01.2020 in der Umweltzone Stuttgart fahren dürfen und vorher nicht mit einem Verkehrsverbot rechnen müssen.
305 
Soweit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese „Nachrüstlösung“ möglicherweise auch nur aus Software-Updates bestehen wird, dürfte die damit zu erwartende Abgasreduzierung auch nicht bei den von der Gutachterin angenommen 50 %, sondern lediglich in einer Größenordnung von ca. 25 % bis maximal 30 % und der damit verbundene Wirkungsgrad folglich aller Voraussicht nach deutlich unter 9 % liegen.
306 
Doch selbst wenn man den von der Gutachterin ermittelten Wirkungsgrad trotz der vorgenannten erheblichen Bedenken als richtig unterstellen würde, handelt es sich bei der „Nachrüstlösung“ selbst mit diesem maximal denkbaren Wirkungsgrad von 9 % um keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, da dessen Wirkungsgrad um ein Vielfaches höher liegt.
307 
Davon geht auch der Beklagte aus, dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt haben, dass mit der „Nachrüstlösung“ eine Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht erreicht werden kann, sondern hierfür die „Blaue Plakette“, also das in M1 beschriebene Verkehrsverbot erforderlich ist.
308 
Bei dieser Sachlage würde die Planbehörde mit einer Entscheidung für die „Nachrüstlösung“ unter gleichzeitiger Verschiebung des Verkehrsverbotes bis mindestens 01.01.2020 den bereits seit über 7,5 Jahre andauernden rechtswidrigen Zustand der erheblichen Überschreitung der Stickstoffdioxid-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart aber um mindestens weitere 2,5 Jahre verlängern, anstatt diesen rechtswidrigen Zustand so schnell wie möglich zu beenden. Da der Planbehörde der zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte unzureichende Wirkungsgrad der „Nachrüstlösung“ auch bekannt ist, würde sie damit zugleich in Kenntnis der Sachlage ihren sich aus dem Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 BImSchG ergebenden gesetzlichen Handlungspflichten zuwiderhandeln.
309 
Bei dieser Sachlage steht die „Nachrüstlösung“ der Planbehörde nach derzeitigem Erkenntnisstand bereits aus tatsächlichen Gründen nicht als Handlungsalternative zu dem Verkehrsverbot zur Verfügung.
310 
Hinzu kommt, dass es sich bei der „Nachrüstlösung“ auch in rechtlicher Hinsicht um keine gleichwertige Handlungsalternative handelt, für die sich die Planbehörde bzw. der Beklagte im vorliegenden Fall anstelle des Verkehrsverbotes entscheiden kann. Denn bei der genannten „Nachrüstlösung“ handelt es sich ausschließlich um freiwillige Aktivitäten von Seiten der Automobilindustrie und der betreffenden Kraftfahrzeug-Eigentümer, auf welche die Planbehörde im Rahmen der beabsichtigten Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart keinerlei verbindlichen Einfluss nehmen kann, weil die Planbehörde keine Befugnisse besitzt, eine Nachrüstung von Kraftfahrzeugen in hoheitlicher Form wie beispielsweise im Wege eines behördlichen Bescheides rechtlich verbindlich zu machen.
311 
Davon geht die Planbehörde selbst aus (vgl. Klageerwiderung vom 13.07.2017, Ziffer 2.1, S. 3). Sie beabsichtigt deshalb auch nicht, eine entsprechende Luftreinhaltemaßnahme in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung aufzunehmen, welche die genannte „Nachrüstlösung“ zum Gegenstand hat. Die Nachrüstlösung kann daher auch in rechtlicher Hinsicht nicht als Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot eingestuft werden, der die Planbehörde im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans den Vorzug geben könnte.
312 
5.2.4. Gegen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes im engeren Sinne (Angemessenheit) bestehen im Grundsatz ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
313 
Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne hat die Planbehörde eine Abwägung der durch die beabsichtigte Luftreinhaltemaßnahme betroffenen Belange vorzunehmen. Im vorliegenden Fall sind dementsprechend das Ziel des Verkehrsverbotes (Schutz der menschlichen Gesundheit der Bewohner der Umweltzone) und die nachteiligen Auswirkungen des Verkehrsverbotes für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (z. B. Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit) zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei gilt generell, dass das mit der Maßnahme verfolgte Ziel umso gewichtiger und dringlicher sein muss, je intensiver die Maßnahme in die Grundrechte der Betroffenen eingreift. Ergibt die vorzunehmende Interessengewichtung und -abwägung, dass die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind, nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie bewirkt, ist diese auch als angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne einzustufen.
314 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze begegnet die von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vorgenommene Abwägung keinen rechtlichen Bedenken. Die Planbehörde hat ausweislich des vorgelegten Planentwurfs zur 3. Fortschreibung die bislang ermittelten Belange der Betroffenen gewichtet und in die Abwägung eingestellt. Dabei hat sie den Schutz der Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung höher gewichtet, als die Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer. Denn die Planbehörde hat im Planentwurf mit ihren Ausführungen in Ziffer 6.2.1.7 zur Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) ausdrücklich festgestellt (vgl. a.a.O., S. 76), dass
315 
„die geplante Erweiterung der Umweltzone um eine weitere Schadstoffgruppe die betroffenen Verkehrsteilnehmer nicht in unangemessener Weise belaste“ (…)
und
(…) „es zum Schutz der menschlichen Gesundheit sachgerecht erscheine, den Nutzern von weniger schadstoffarmen Fahrzeugen einen Beitrag zur Minderung dieser Schadstoffbelastung abzuverlangen“ (…) „da Stickstoffdioxid die Gesundheit schädigen könne“ (…)
316 
Dementsprechend hat der Beklagte zuvor auch bereits in seiner Klageerwiderung vom 17.02.2017 ausdrücklich außer Streit gestellt, dass
317 
„der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der von den Immissionen Betroffenen höher zu gewichten sei, als die von dem Verkehrsverbot betroffenen Rechtsgüter des Fahrzeugführers (Eigentum und allgemeine Handlungsfreiheit)“.
318 
In Bezug auf die mit dem Verkehrsverbot verbundenen Mobilitätseinschränkungen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer hat der Beklagten-Vertreter im Klagerwiderungsschriftsatz vom 28.02.2017 ausdrücklich eingeräumt, dass
319 
„der Käufer eines Kraftfahrzeuges mit diesem Kauf weder ein geschütztes Vertrauen geschweige denn ein Recht erwirbt, mit diesem Kraftfahrzeug jederzeit überall hinfahren zu dürfen.“
320 
Diese Ausführungen und die bislang von der Planbehörde vorgenommene Abwägungsentscheidung lassen keine Abwägungsfehler erkennen. Denn es steht außer Zweifel, dass dem mit dem Verkehrsverbot zu schützenden Rechtsgut der menschlichen Gesundheit grundsätzlich ein auch verfassungsrechtlich gewährleistetes, hohes Gewicht zukommt. Ebenso unzweifelhaft ist, dass in dieses Rechtsgut durch die im Bereich der Umweltzone Stuttgart festgestellten, zum Teil ganz erheblichen und langjährigen Überschreitungen der zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten NO2-Immissionsgrenzwerte auch in erheblichem Maße eingegriffen wird. Denn es ist allgemein anerkannt, dass zu hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen geeignet sind, die menschliche Gesundheit erheblich zu beeinträchtigen, weil Stickoxide in der Umwelt u. a. für die Zunahme sowohl von Atemwegs- als auch von Herz- und Kreislauferkrankungen mitverantwortlich gemacht werden und für bestimmte Personengruppen (z.B. Kinder, Asthmatiker, etc.) ein zusätzliches Gesundheitsrisiko darstellen.
321 
Dem stehen keine von der Planbehörde ermittelten Belange der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer gegenüber, die erkennbar höher zu gewichten wären, als diese Gesundheitsinteressen der Wohnbevölkerung. Die Planbehörde hat daher den Schutz der Wohnbevölkerung in der Umweltzone Stuttgart (ca. 600.000 Einwohner) vor fortdauernden, massiven Gesundheitsbeeinträchtigungen durch zu hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen zu Recht höher gewichtet, als die mit dem Verkehrsverbot einhergehenden Mobilitätseinschränkungen und sonstigen Nachteile für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (unter Berücksichtigung der Ausnahmekonzeption ca. 80.000; im Ergebnis ebenso: BayVGH, a.a.O., Rn 154).
322 
Soweit sich das Verkehrsverbot gegenüber einzelnen Betroffenen oder Emittentengruppen aufgrund besonderer Umstände als unzumutbar erweisen kann, ist es der Planbehörde unbenommen, solchen „Härtefällen“ durch entsprechende Befreiungs- und Ausnahmetatbestände im Luftreinhalteplan (vgl. auch bereits Ausnahmekonzeption im Planentwurf zur 3. Fortschreibung sowie unten S. 94) Rechnung zu tragen (vgl. hierzu auch Nds.OVG, Urt. v. 12.05.2011 -12 LC 143/09 - in juris).
323 
Soweit der Beklagte mit den zitierten Feststellungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes zugleich seine früheren weiteren Einwände gegen die Zumutbarkeit solcher Verkehrsverbote (vgl. im Einzelnen Klageerwiderungsschriftsatz vom 31.03.2016) ausdrücklich aufgegeben hat, bedürfen diese keiner näheren Betrachtung mehr.
324 
5.3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es auch nicht, das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot generell auf den 01.01.2020 zu verschieben. Dem steht vielmehr das Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG entgegen, wonach die Maßnahmen eines Luftreinhalteplanes geeignet sein müssen, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
325 
Der Rechtsansicht des Beklagten, wonach ein ganzjähriges flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart unverhältnismäßig sei, wenn dieses vor der „Nachrüstlösung“ bzw. bereits zu einem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werde, zu dem die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge noch mehr als 20 % des in Stuttgart zugelassenen Flottenbestandes betrage, ist nicht zu folgen.
5.3.1.
326 
In Bezug auf die „Nachrüstlösung“ ist die Argumentation des Beklagten bereits in der Sache nicht schlüssig. Denn danach soll der sog. „Nachrüstlösung“ ausnahmslos - also in Bezug auf alle vom Verkehrsverbot betroffenen Emittenten bzw. Emittentengruppen - der Vorzug vor dem Verkehrsverbot gegeben werden, obwohl der Beklagte selbst davon ausgeht, dass von den vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeugen lediglich „50 % der Euro 5-Diesel-Pkw“ und damit insgesamt lediglich ca. ein Drittel der vom Verkehrsverbot insgesamt betroffenen Kraftfahrzeugen überhaupt für eine Umrüstung technisch geeignet sind (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017, S. 1).
327 
Warum es der Beklagte bei dieser Sachlage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dennoch für geboten hält, auch den Eigentümern von nicht nachrüstbaren Kraftfahrzeugen bis mindestens 01.01.2020 „eine Chance zur Nachrüstung zu geben“, anstatt wenigstens diese Kraftfahrzeuge baldmöglichst mit dem zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte erforderlichen Verkehrsverbot zu belegen, konnten die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel begründen und ist auch für das Gericht nicht nachvollziehbar.
328 
In rechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob der „Nachrüstlösung“ aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Verkehrsverbot der Vorrang einzuräumen ist, bereits deshalb nicht, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von der Planbehörde lediglich im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zu beachten ist.
329 
Nach dieser Regelung steht der zur Aufstellung eines Luftreinhalteplanes verpflichteten Planbehörde ausschließlich bei der Auswahl und Festlegung der zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte und dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen ein planerischer Gestaltungsspielraum und damit ein Auswahlermessen in Bezug auf die geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen und deren Adressaten, in dessen Rahmen die Planbehörde neben den jeweiligen Verursacheranteilen der Emittenten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat.
330 
Die Ausübung dieses Auswahlermessens setzt regelmäßig voraus, dass mehrere (mindestens 2) geeignete Luftreinhaltemaßnahmen für eine Aufnahme in den Luftreinhalteplan auch tatsächlich in Betracht kommen und damit zur Auswahl stehen. An dieser Voraussetzung für die Ausübung des Auswahlermessens im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG fehlt es jedoch hier, weil es sich nach den Feststellungen der Gutachter im Gesamtwirkungsgutachten lediglich bei dem genannten Verkehrsverbot um eine geeignete Luftreinhaltemaßnahme handelt und eine solche Luftreinhaltemaßnahme zur Umsetzung der sog. „Nachrüstlösung“ jedoch offensichtlich nicht in Betracht kommt (vgl. dazu bereits Ziffer 5.2.3.5.). Die „Nachrüstlösung“ ist damit bereits keine rechtlich gleichwertige Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, die diesem im Rahmen einer Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgezogen werden könnte.
331 
Soweit die Planbehörde dieser „Nachrüstlösung“, wie sie es in der mündlichen Verhandlung umschrieben hat, dennoch „vorab eine Chance geben will“, würde sie damit zugleich gegen ihre gesetzlichen Pflichten aus § 47 Abs. 1 BImSchG verstoßen, wonach die Planbehörde bei Vorliegen einer Überschreitung der in der 39.BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte nicht nur zwingend verpflichtet ist, einen Luftreinhalteplan aufzustellen oder fortzuschreiben („hat“; vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), sondern wegen des in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normierten Minimierungsgebotes darin auch die zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeigneten Maßnahmen festlegen muss.
332 
Die Planbehörde ist bei der bereits vorliegenden Überschreitung der Immissionsgrenzwerte daher weder befugt, die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart, noch die Umsetzung der darin zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um den vorherigen Ausgang freiwilliger Aktivitäten Dritter abzuwarten.
333 
Die sog. „Nachrüstlösung“ berechtigt die Planbehörde demzufolge bereits unter den vorgenannten rechtlichen Aspekten nicht, den zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte notwendigen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verkehrsverbotes mit einem pauschalen Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
334 
Doch selbst wenn man dieser rechtlichen Argumentation nicht folgen wollte, fehlt der „Nachrüstlösung“ jedenfalls auch die notwendige tatsächliche Gleichwertigkeit zur Einhaltung des in § 47 Abs. 1 BImSchG normierten gesetzgeberischen Ziels (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 5.2.3.5.).
335 
Aus den obigen Ausführungen folgt freilich nicht, dass künftige Nachrüstmöglichkeiten, die einen mit dem Verkehrsverbot vergleichbaren Wirkungsgrad besitzen, im Rahmen des von der Planbehörde noch zu erstellenden Handlungskonzepts zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart völlig außer Betracht zu bleiben hätten. Wie bereits dargelegt, hat die Planbehörde gemäß § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zwar keinen Handlungsspielraum, die Fortschreibung des Luftreinhalteplans und das Verkehrsverbot wegen eventuell möglicher Nachrüstungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wenn die zulässigen Immissionsgrenzwerte bereits seit langer Zeit überschritten sind, wie dies in der Umweltzone Stuttgart der Fall ist. Sie hat aber die Möglichkeit, eventuelle Nachrüstmöglichkeiten bei ihrer Entscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, gegen welche Emittenten bzw. Emittentengruppen sie das Verkehrsverbot unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festgelegt, zu berücksichtigen. Denn es liegt auf der Hand, dass gerade die Nachrüstung von „jüngeren“ Diesel-Kraftfahrzeugen die Betroffenen weniger belasten kann, als die mit dem Verkehrsverbot verbundenen Nachteile.
336 
Es steht der Planbehörde daher frei, im Rahmen der Planaufstellung zu prüfen, ob bei technisch nachrüstbaren Kraftfahrzeugen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht eine Nachrüstmöglichkeit als „milderes“ Mittel eingeräumt werden muss, bevor auch für diese Kraftfahrzeuge das Verkehrsverbot gilt. Sollte durch solche Nachrüstungen beispielsweise eine Einhaltung des Euro 6-Grenzwertes von 80 mg NOx/km bei einem Teil der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge in absehbarer Zeit tatsächlich technisch möglich sein und der Bundesverordnungsgeber auch die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für den Fortbestand der Straßenverkehrszulassung für solche nachgerüsteten Kraftfahrzeuge zeitnah schaffen, besteht für die Planbehörde bei der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart im Rahmen ihres Auswahlermessens gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG grundsätzlich die Möglichkeit, solche nachrüstbaren Kraftfahrzeuge mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch entsprechende Ausnahmeregelungen im Luftreinhaltungsplan noch für einen befristeten Zeitraum vom Verkehrsverbot auszunehmen, um die entsprechenden Nachrüstungen zu ermöglichen. Die Nachrüstfristen müssten dabei allerdings so bemessen werden, dass das mit dem Verkehrsverbot verfolgte Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.
337 
Je mehr geeignete Luftreinhaltemaßnahmen die Planbehörde in ihren Planentwurf aufnimmt und je höher deren Gesamtwirkungsgrad ist, umso größer wird auch der Auswahlspielraum der Planbehörde im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, um den Eigentümern von nachrüstbaren Kraftfahrzeugen noch die Möglichkeit einer Nachrüstung einzuräumen, um dem Verkehrsverbot zu entgehen.
338 
Gleichzeitig würde die Planbehörde mit einer solchen Einbindung der Nachrüstmöglichkeiten in den Luftreinhalteplan und deren Verknüpfung mit dem ansonsten drohenden Verkehrsverbot auf die betroffenen Kraftfahrzeug-Eigentümer auch den notwendigen Druck ausüben, um solche Nachrüstungen tatsächlich zeitnah durchzuführen.
339 
Dieser Möglichkeit, auf - zweifellos sinnvolle - Nachrüstungen hinzuwirken, begibt sich die Planbehörde, wenn sie die sog. „Nachrüstlösung“ - anstatt diese im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG im Wege einer Regel-Ausnahme-Konstruktion rechtlich mit dem Verkehrsverbot zu verknüpfen - dem Verkehrsverbot nur zeitlich voranstellen und es damit vollständig dem freien Willensentschluss Dritter überlassen will, ob, in welchem Umfang und in welchem zeitlichen Rahmen solche Nachrüstungen stattfinden.
340 
Aus den obigen Ausführungen folgt, dass mögliche Nachrüstungen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes nicht in Frage stellen, sondern letztlich sicherstellen, wenn sie von der Planbehörde richtigerweise als Handlungsoption verstanden werden, die den betroffenen Kraftfahrzeug-Eigentümern durch entsprechende Ausnahmeregelungen im Luftreinhalteplan eingeräumt werden können, um das ansonsten zu beachtende Verkehrsverbot abzuwenden.
341 
5.3.2. Soweit der Beklagte seine Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes darüber hinaus an die Zahl der davon betroffenen Emittenten anknüpfen will und dabei zu dem abstrakten Ergebnis kommt, ein solches Verkehrsverbot sei unverhältnismäßig, wenn mehr als 20 % der Verkehrsteilnehmer betroffen seien, kann diesen Überlegungen ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn der Beklagte hat bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, warum das vorliegend zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeignete Verkehrsverbot generell und ohne Ansehung der davon konkret betroffenen Kraftfahrzeuge verhältnismäßig sein soll, wenn davon maximal 20 % der zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind und unverhältnismäßig, wenn diese „Obergrenze“ - in welcher Größenordnung auch immer (also auch schon bei 20,1 %?) - überschritten ist.
342 
Auch in der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten-Vertreter keine sachlich nachvollziehbare Begründung für diese sich an der reinen Zahl der betroffenen Adressaten der Maßnahme orientierenden Grenzziehung zwischen Verhältnismäßigkeit und Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme gegeben.
343 
Die Verhältnismäßigkeit einer Luftreinhaltemaßnahme hängt grundsätzlich nicht von der abstrakten Größe des davon betroffenen Adressatenkreises ab, sondern ausschließlich von der jeweiligen konkret-individuellen Betroffenheit der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen. Deshalb kann auch der Zeitpunkt der Umsetzung eines Verkehrsverbotes nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abstrakt vom Erreichen einer bestimmten Größe des betroffenen Adressatenkreises abhängig gemacht werden.
344 
Eine Rechtfertigung für eine derart abstrakt festgelegte „Obergrenze“ der betroffenen Adressaten/Emittenten lässt sich insbesondere nicht aus den vom Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017 erstmals vorgetragenen „unzulässigen Verlagerungseffekten in den Umlandgemeinden“ herleiten, die der Beklagte annimmt, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer über 20 % liegt.
345 
Der Beklagte hat bislang weder diese angeblichen Ausweichverkehre noch deren negative Auswirkungen auf die Luftqualität in den betroffenen Umlandgemeinden hinreichend belegt. Die hierzu in der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 von den Beklagten-Vertretern vorgelegten zwei Karten vom 17.07.2017 (GWG; Vergleich der Stickstoffdioxid-Jahres-immissionen im Stadtgebiet; Fall 9 (temporär) zu Basis HB 3.3) dokumentieren ausschließlich vereinzelte und zudem überwiegend geringfügige Immissionsgrenzwert-Erhöhungen außerhalb des Umweltzonengebiets infolge eines räumlich beschränkten Verkehrsverbotes im Talkessel Stuttgart. Zu welchen unzulässigen Ausweichverkehren es durch ein flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart angeblich kommen soll und in welchem Umfang, ist diesen Karten dagegen nicht zu entnehmen. Ebenso wenig hat der Beklagte bereits nachvollziehbar dargelegt, warum diese Ausweichverkehre in den Umlandgemeinden gerade dann das zulässige Maß überschreiten sollen, wenn von dem Verkehrsverbot in der Umweltzone mehr als 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen ist. Dieses unsubstantiiert gebliebene Vorbringen des Beklagten ist daher in dieser Form einer weiteren Erörterung nicht zugänglich.
346 
Es bedurfte insoweit aber auch keiner weiteren Tatsachenerhebungen durch das Gericht, denn selbst wenn es durch eine Einführung des Verkehrsverbotes zu nennenswerten Ausweichverkehren in den Umlandgemeinden kommen sollte, berechtigten diese die Planbehörde nicht dazu, die Festlegung des Verkehrsverbotes in der Umweltzone zu unterlassen oder deswegen dessen Umsetzungszeitpunkt zu verschieben. In diesem Falle wäre die Planbehörde vielmehr verpflichtet, diese Ausweichverkehre durch geeignete weitere Planmaßnahmen (wie z.B. durch eine Ausdehnung des Verkehrsverbotes auf die betroffenen Umlandgemeinden) auf ein zulässiges Maß zu reduzieren.
347 
Diese Vorgehensweise zur Unterbindung unzulässiger Ausweichverkehre ist der Planbehörde auch bekannt, denn sie ist bei der Festlegung der Maßnahme M2b den von den Gutachtern festgestellten Ausweichverkehren innerhalb der Umweltzone Stuttgart ebenfalls bereits dadurch begegnet, dass sie den Geltungsbereich des Verkehrsverbotes M2b richtigerweise auf diese Ausweichstrecken ausgedehnt hat. Mit solchen Ausweichverkehren lässt sich die vom Beklagten abstrakt festgelegte „Obergrenze“ folglich ebenfalls nicht sachlich begründen.
348 
Die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes, die allein an das Überschreiten einer abstrakt festgelegten, zahlenmäßigen „Obergrenze“ der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge bzw. Verkehrsteilnehmer anknüpft, ist auch unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar.
349 
Abzulehnen ist diese Rechtsansicht des Beklagten bereits deshalb, weil sie - wie schon die Überlegungen des Beklagten zum Vorrang der Nachrüstlösung - wiederum auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des § 47 BImSchG beruht. Es wurde bereits dargelegt, dass die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Aufstellung von Luftreinhaltungsplänen wie vom Gesetzgeber in § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ausdrücklich vorgesehen auf den Bereich des Auswahlermessens beschränkt ist.
350 
Zwar führt auch die Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Auswahlermessens nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG im Ergebnis letztlich zu einer konkreten Zahl der von einer Maßnahme in zumutbarer Weise betroffenen Emittenten. Diese Zahl der von der Maßnahme betroffenen Emittenten ist bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen Auswahlermessens aber lediglich das (zufällige) Resultat der Prüfung, ob sich die Maßnahme gegenüber jedem von der Maßnahme betroffenen Emittenten bzw. Emittentenkreis als verhältnismäßig erweist. Diese Zahl kann daher bei richtiger Rechtsanwendung nicht unabhängig von dieser Prüfung im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorab auf einen willkürlich gewählten Prozentsatz festgelegt werden.
351 
Rechtlichen Bedenken begegnet diese Vorgehensweise der Planbehörde im vorliegenden Fall außerdem deshalb, weil sie unberücksichtigt lässt, dass von dem Verkehrsverbot kein nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einheitlich zu behandelnder Adressatenkreis betroffen ist. Denn das Verkehrsverbot betrifft im Wesentlichen Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 und damit also die Eigentümer von Kraftfahrzeugen unterschiedlicher Schadstoffklassen. Das Verkehrsverbot trifft damit - gewissermaßen am „unteren“ Ende seines Adressatenspektrums - sowohl Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren der Stufen Euro 1 und Euro 2 mit geregeltem Katalysator ab dem Baujahr 01.01.1993, ebenso Dieselmotoren der Eurostufe 3 mit Partikelfilter oder Eurostufe 4 ab dem Baujahr 01.01.2006 als auch - am „oberen“ Ende des Adressatenspektrums - die zum Teil noch erheblich jüngeren Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der seit 2009 geltenden Eurostufe 5.
352 
Es liegt damit auf der Hand, dass von dem Verkehrsverbot nach Abgasverhalten, Alter, Fahrleistung und ihrem wirtschaftlichen Wert sehr unterschiedliche Kraftfahrzeuge betroffen und damit auch die rechtlich geschützten Interessen der Betroffenen durch das Verkehrsverbot nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterschiedlich zu beurteilen sind. Dabei ist das Verkehrsverbot für die betroffenen Adressaten regelmäßig umso zumutbarer und damit nicht unverhältnismäßig (im engeren Sinne), je höher das Alter und die Fahrleistung und je geringer der Restwert des betroffenen Kraftfahrzeuges ist.
353 
Hieraus folgt, dass die Verhältnismäßigkeit eines Verkehrsverbotes, das wie im vorliegenden Fall keinen einheitlich zu behandelnden Adressatenkreis betrifft und dessen Nachteile für die davon betroffenen einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen demzufolge sehr unterschiedlich sein können, nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG für jede dieser Emittentengruppen gesondert zu prüfen und festzustellen ist und nicht durch eine von der Planbehörde rein zahlenmäßige bestimmte „Obergrenze“ ohne Ansehung der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen abstrakt vorab festgelegt werden kann.
354 
Hinzu kommt, dass die Planbehörde nicht die Absicht hat, dieses für den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes maßgebliche Kriterium der Größe des betroffenen Adressatenkreises uneingeschränkt, d.h. zu Gunsten aller von der Planfortschreibung betroffenen Interessengruppen anzuwenden. Denn die Beklagten-Vertreter bestätigten hierzu auf Rückfrage in der mündlichen Verhandlung, dass eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M1 frühestens dann in Betracht komme, wenn die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens 20 % des Flottenbestandes Stuttgart betrage. Für den Fall, dass dieser Prozentsatz durch eine schnellere Flottenerneuerung als bislang prognostiziert bereits vor dem 01.01.2020 erreicht werde, verbleibe es allerdings bei dem Umsetzungsdatum 01.01.2020, ein früheres Inkrafttreten des Verkehrsverbotes M1 sei unter keinen Umständen beabsichtigt.
355 
Diesen Einlassungen lässt sich damit entnehmen, dass der Beklagte diese Anknüpfung des Umsetzungszeitpunktes des Verkehrsverbotes an eine bestimmte Größe des betroffenen Adressatenkreises ausschließlich heranziehen will, um den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes „auf später“ zu verschieben. Mit dieser Zielrichtung, die Umsetzung des Verkehrsverbotes ausschließlich auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, nicht jedoch gegebenenfalls auch vorzuziehen, erweist sich das genannte Umsetzungskriterium als rechtlich unzulässig.
356 
5.3.3. Sonstige Umstände, die eine generelle Verschiebung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes auf (mindestens) 01.01.2020 aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebieten könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere sind auch keine schutzwürdigen Interessen der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer an einer solchen Verschiebung erkennbar, die nicht im Rahmen der Ausnahmekonzeption des Luftreinhalteplanes berücksichtigt werden können und höher zu gewichten sind, als das legitime Interesse der Bewohner der Umweltzone, vor den Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit durch die fortdauernden und erheblichen Überschreitungen der zulässigen Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich geschützt zu werden.
357 
6. Nach alledem ist der Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, Maßnahmen zu treffen, mit denen die schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21/12 -; vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.11.2014, - C-404/13 -; beide in juris), wie es dem Antrag des Klägers entspricht.
III.
358 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
IV.
359 
Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausschließlich wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da das Gericht seine Entscheidung auf der Tatsachenebene ausschließlich auf den Tatsachenvortrag des Beklagten und die von diesem vorgelegten Unterlagen gestützt hat.
360 
Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen (Bundes-)Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.07.2016 - 1 B 85.16 -, in juris). Dieser Zulassungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Rechtssache grundsätzliche Rechtsfragen der Anwendung von bundesgesetzlichen Vorschriften des Luftreinhalterechts und der Auslegung einer Rechtsverordnung des Bundes aufwirft, die über den konkreten Fall hinaus von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht geklärt sind.
361 
Beschluss vom 26. Juli 2017
362 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
30.000,00 EUR
festgesetzt (in Anlehnung an die Ziffern 1.2 und 34.4 des Streitwertkatalogs 2013).

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

Auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 erwähnten Schuldtiteln sind die Vorschriften der §§ 724 bis 793 entsprechend anzuwenden, soweit nicht in den §§ 795a bis 800, 1079 bis 1086, 1093 bis 1096 und 1107 bis 1117 abweichende Vorschriften enthalten sind. Auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 Abs. 1 Nr. 2 erwähnten Schuldtiteln ist § 720a entsprechend anzuwenden, wenn die Schuldtitel auf Urteilen beruhen, die nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sind. Die Vorschriften der in § 794 Absatz 1 Nummer 6 bis 9 genannten Verordnungen bleiben unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. Dezember 2013 - 2 K 2514/13 - wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde ist unzulässig.
Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 03.12.2013, mit der der Antrag der Antragstellerin, die Vollstreckung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23.05.2012 - 2 K 711/11 - bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage der Antragstellerin gegen dieses Urteil gemäß § 769 ZPO einzustellen, abgelehnt wurde, ist kein Rechtsmittel gegeben. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO, der gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechende Anwendung findet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21.04.2004 - XII ZB 279/03 - BGHZ 159, 14) schließt § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Anfechtung einer Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht nur in den in §§ 707 Abs. 1 und 719 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausdrücklich geregelten Fällen, sondern - in entsprechender Anwendung der Vorschrift - auch im Falle des § 769 Abs. 1 ZPO aus. Maßgebend für die analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist vor allem die Erwägung, dass Verfahren nach § 769 ZPO mit Verfahren, für die der Rechtsmittelausschluss nach § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO unmittelbar gilt, insoweit vergleichbar sind, als in diesen ebenfalls ein schon vollstreckbarer Titel abgeändert und die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen die Nebenentscheidung über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung verzögert werden soll. Daneben entspricht es auch der Wertung des Gesetzgebers, dass das mit der Hauptsache befasste erstinstanzliche Gericht am besten beurteilen kann, ob und gegebenenfalls welche einstweilige Regelung erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 10/3054 S. 14). Schließlich spricht nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die analoge Anwendung des Rechtsmittelausschlusses nach § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch der Umstand, dass einstweilige Anordnungen nach den genannten Vorschriften in jeder Instanz frei abänderbar sind und jeweils mit der Entscheidung in der Hauptsache enden.
Der Rechtsmittelausschluss in entsprechender Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über die vorläufige Einstellung der Vollstreckung gemäß § 167 Abs. 1 VwGO aus verwaltungsgerichtlichen Urteilen (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 21.04.2004 a.a.O. gelten gleicherweise auch für das verwaltungsgerichtliche Vollstreckungsverfahren; dies gilt insbesondere für den Gesichtspunkt, dass im Hinblick auf die Effektivität der Vollstreckung gerichtlicher Titel die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen Nebenentscheidungen verzögert werden soll. Auch Besonderheiten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens rechtfertigen - im Hinblick auf die in § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur subsidiär und entsprechend angeordnete Anwendung der Vorschriften des Achten Buchs der ZPO - keine andere Beurteilung (ebenso Hess.VGH, Beschluss vom 30.04.2009 - 7 B 675/09 -, NVwZ-RR 2009, 989; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.08.2013 - OVG 1 L 128.12 -; a. A. - jedoch ohne nähere Begründung - OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2010 - 13 B 1018/10 -, RdL 2011, 21; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.11.2006 - 9 S 2407/06 -, juris und BayVGH, Beschluss vom 23.10.2006 - 22 C 06.2640 -, NVwZ-RR 2007, 353).
Die Verweisung in § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO schließt grundsätzlich die besonderen Rechtsbehelfe des zivilprozessualen Zwangsvollstreckungsverfahrens ein (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.09.1988 - 9 S 2550/88 -, VBlBW 1989, 137; Eyermann/Kraft, VwGO, 13. Aufl., § 167 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 167 Rn. 2). So ist etwa entsprechend § 766 ZPO die Erinnerung in Bezug auf die Art und Weise der Vollstreckung und des bei ihr zu beachtenden Verfahrens zulässig, soweit es um eine reine Vollstreckungsmaßnahme geht (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.09.1988, a.a.O.). Dagegen verdrängt allerdings die Beschwerde nach § 146 VwGO die in § 793 ZPO vorgesehene sofortige Beschwerde, soweit eine Entscheidung im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach vorheriger Anhörung des Vollstreckungsschuldners in Rede steht (vgl. ebenfalls VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.09.1988, a.a.O.; Eyermann/Kraft, a.a.O., Rn. 15). Da aber im Falle der hier mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21.04.2004, a.a.O.), nicht gegeben ist, kann insoweit auch die sofortige Beschwerde nach dieser Vorschrift nicht durch die Beschwerde nach § 146 VwGO ersetzt werden. Auch sonst ist im Hinblick auf die aufgezeigte Vergleichbarkeit des Zwecks und der Interessenlage bei der Vollstreckung zivil- und verwaltungsgerichtlicher Titel nicht ersichtlich, dass die Eigenart der Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Titel einer entsprechenden Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO entgegenstünde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ergibt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.