Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 31. Jan. 2017 - 10 S 1503/16

bei uns veröffentlicht am31.01.2017

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Juni 2016 - 3 K 3375/15 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30.06.2016, der auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützt ist, hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Kläger innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist. Um dem Darlegungserfordernis zu genügen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ist grundsätzlich eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Dies erfordert ein Durchdringen und Aufbereiten des Sach- und Streitstoffs in einer Weise, die im Einzelnen verdeutlicht, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen den entscheidungstragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 14.06.2016 - 10 S 234/15 - VBlBW 2016, 466).
Gemessen hieran bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel. Der Kläger hat keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Dies ist nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fall, wenn sie die körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Davon kann nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 der FeV vorliegt. Die regelmäßige Einnahme von Cannabis im Sinn der Nummer 9.2.1 der Anlage 4 der FeV schließt grundsätzlich die Fahreignung aus. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine solche regelmäßige Einnahme von Cannabis jedenfalls dann vorliegt, wenn über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.02.2009 - 3 C 1.08 - BVerwGE 133, 186; Senatsurteil vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 - ESVGH 58, 156; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 2 StVG Rn. 55). Dass beim Kläger ein derartiges Konsumverhalten gegeben ist, hat das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zu Recht festgestellt; der entsprechende Cannabiskonsum als solcher wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.
Vor dem Hintergrund, dass der Kläger täglich bis zu 5 g Cannabis zu sich nimmt, er jedoch als Hartz IV-Bezieher die Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke nur insoweit konsumiert, als er sich diese leisten kann, im Übrigen aber Cannabis konsumiert, das er sich illegal beschafft, ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass im Fall des Klägers (nur) die Vorschrift in Nummer 9.2.1 der Anlage 4 der FeV anzuwenden ist.
Wie schon aus der Nummer 9 der Anlage 4 der FeV folgt, ist bei der Beurteilung der Fahreignung zu unterscheiden zwischen der Einnahme von Betäubungsmitteln, zu denen auch Cannabis zählt, anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und Arzneimitteln. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, kann die fehlende Fahreignung nicht schon aus der Einnahme von Betäubungsmitteln nach den Nummern 9.1 oder 9.2.1 der Anlage 4 der FeV hergeleitet werden, da insoweit die in den Nummern 9.4 und 9.6.2 der Anlage 4 der FeV definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren (vgl. Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - Blutalkohol 50, 108; siehe auch Senatsurteil vom 11.08.2015 - 10 S 444/14 - VRS 129, 95).
Das vom Kläger täglich in erheblicher Menge konsumierte Cannabis stammt jedoch zu einem großen, zumindest beträchtlichen Teil aus einer illegalen Beschaffung. Nachvollziehbar hat der Beklagte vorgerechnet, dass der Kläger, der Hartz IV-Leistungen bezieht, sich nur eingeschränkt Medizinal-Cannabisblüten leisten kann, und diese folglich nur einen geringen Bruchteil seines täglichen Konsums ausmachen können. Dem entspricht, dass nach Aktenlage allein bei einer polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung am 21.09.2013 ca. 107 g Haschisch (ca. 1174 Konsumeinheiten bei einer Dosis von 15 mg THC) und bei einer weiteren Wohnungsdurchsuchung am 19.02.2015 u. a. eine Haschischkante mit ca. 49 g (ca. 474 Konsumeinheiten bei einer Dosis von 15 mg THC) aufgefunden wurden. Wer - wie der Kläger - regelmäßig illegal beschaffte Drogen konsumiert, fällt von vornherein nicht unter die für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln vorgesehene Spezialregelung in den Nummern 9.6 und 9.6.2 der Anlage 4 der FeV, da eine illegal beschaffte Droge im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes - auch und gerade unter dem Gesichtspunkt des Gefahrenabwehrrechts - kein Arzneimittel im Sinn dieser Spezialregelung ist.
Die Anlage 4 der FeV beruht maßgeblich auf den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung des Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr und Bundesministerium für Gesundheit (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 262). Ihnen liegt ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zugrunde; sie geben den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wieder (vgl. z. B. BVerwG, Urteile vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439 und vom 14.11.2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230). Sowohl aus Kapitel 3.12.1 der alten Fassung der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung als auch aus Kapitel 3.14.1 der seit 01.05.2014 geltenden neu gefassten Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115) folgt, dass die Spezialregelung für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln in Nummer 9.6.2 der Anlage 4 der FeV nur dann anzuwenden ist, wenn die dem Betäubungsmittelgesetz unterfallende Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (siehe auch § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG). Während bei der illegalen regelmäßigen Einnahme von Cannabis die Fahreignung ohne weiteres ausgeschlossen ist (Nummer 9.2.1 der Anlage 4 der FeV), ist bei einer ärztlich verordneten Therapie mit Cannabis eine einzelfallorientierte Beurteilung der Fahreignung unter Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht die Erkrankung, ihre Symptome, die medikamentenspezifischen Auswirkungen und die ärztliche Überwachung der Medikamenteneinnahme erfasst als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Fähigkeit zur Kompensation von ggf. festgestellten Leistungseinschränkungen, die Compliance des Patienten gegenüber der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme überprüft (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 11.08.2015 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 22.01.2013 a.a.O.; Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Auflage, Kapitel 3.12.2, S. 201 f.; Kapitel 3.14.1 und 3.14.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung a.a.O.; Graw/Mußhoff, Blutalkohol 53, 289 ff.).
Mehrere dieser Kriterien vermag von vornherein derjenige nicht hinreichend zu erfüllen, der seinen regelmäßigen Cannabiskonsum in beträchtlichem Umfang mithilfe illegal beschaffter Drogen bestreitet. Deshalb ist die vom Kläger propagierte Gleichstellung von Medizinal-Cannabis, das für eine medizinisch betreute Therapie auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG in der Apotheke erworben wird, mit illegal beschafften Cannabis abzulehnen, auch wenn der Kläger geltend macht, dass er aufgrund seines jahrelangen Cannabiskonsums subjektiv in der Lage sei, den jeweiligen Wirkstoffgehalt abzuschätzen und so einer Überdosierung vorzubeugen. Der Umstand der Illegalität der konsumierten Drogen deutet jedenfalls bei einem regelmäßigen Konsum auf eine eher geringe Normanpassung hin, was auch eine normativ angepasste Steuerung des Konsums und der Wirkung als unwahrscheinlich erscheinen lässt. Im Fall des Klägers kommt hinzu, dass dieser bereits in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und - nach Aktenlage - ein nur geringes Unrechtsbewusstsein hat, was seinen jahrelangen illegalen Cannabiskonsum angeht. Der Konsum illegal beschaffter Drogen entzieht sich ferner auch einer - jedenfalls was die Frage der Fahreignung angeht - hinreichend zuverlässigen ärztlichen Wirkungskontrolle. Auf Grund der speziellen Bedingungen eines illegalen Marktes und einer illegalen Beschaffung von Drogen verfügt weder der Konsument noch der Arzt über verlässliche Informationen hinsichtlich des Wirkstoffgehalts, des Reinheitsgrads bzw. der Verschnitt- und Zusatzstoffe der angebotenen Droge, was die Problematik der fehlenden Wirkungskontrolle zusätzlich verschärft (zum Ganzen siehe nur Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan a.a.O. Kapitel 3.12.1, S. 170). So ist es nur folgerichtig, dass in der Rechtsprechung unterschieden wird zwischen der ärztlich verordneten Einnahme eines betäubungsmittelhaltigen Arzneimittels (bzw. der ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit ausschließlich auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG erworbenen Medizinal-Cannabisblüten) einerseits und der eigenmächtigen Einnahme einer illegal beschafften Droge andererseits (vgl. z. B. Senatsurteil vom 11.08.2015 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 22.01.2013 a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.01.2013 - 12 ME 289/12 - DAR 2013, 288; BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167 - SVR 2011, 389; SächsOVG, Beschluss vom 06.05.2009 - 3 B 1/09 - Blutalkohol 46, 296; VG Würzburg, Beschluss vom 26.10.2016 - W 6 K 16.986 - juris; VG München, Beschluss vom 07.09.2016 - M 26 S 16.3079 - juris; VG Meiningen, Beschluss vom 07.05.2012 - 2 E 180/12 Me - juris; zu § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG siehe etwa König in Hentschel/König/Dauer a.a.O. § 24a StVG Rn. 22).
10 
Im Einklang damit hat das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass und warum die für eine Dauerbehandlung mit betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln geltende Spezialregelung in Nummer 9.6.2 der Anlage 4 der FeV im Fall des Klägers nicht greift und es deshalb mit der Vorschrift in Nummer 9.2.1 der Anlage 4 der FeV sein Bewenden hat. Auf die vom Verwaltungsgericht lediglich vorsorglich gemachten Ausführungen zu der Vorschrift in Nummer 9.4 der Anlage 4 der FeV kommt es nicht an, da illegal beschaffte Drogen zwar psychoaktiv wirksam sind, aber deshalb noch nicht zu den „psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln“ gehören, weshalb diese Vorschrift hier nicht anwendbar ist; unabhängig davon wäre diese Vorschrift auch sonst nicht geeignet, in der vorliegenden Konstellation etwas zu Gunsten des Klägers zu erbringen. Auch seine Ausführungen zur Erteilung einer Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken nach § 3 Abs. 2 BtMG rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung. Zunächst verfügt der Kläger - warum auch immer - nicht über eine solche Erlaubnis zum Eigenanbau. Weiter ist die Therapiesicherheit und damit die Wirkungskontrolle beim Eigenanbau zwar nicht so hoch wie bei dem aus der Apotheke erworbenen Medizinal-Cannabis, das hinsichtlich Herstellung und Qualität pharmazeutischen Standards entspricht. Anders als bei illegal beschafften Cannabis kann jedoch im Einzelfall bei einem Eigenanbau eine hinreichende Therapiesicherheit durch andere Gegebenheiten als noch gewährleistet angesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2016 - 3 C 10.14 - NVwZ 2016, 1413). Jedenfalls berührt dies alles nicht die durch eine Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr trotz regelmäßigen Konsums von - illegal beschafften - Cannabis resultierende Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, wie sie nach der fachlichen Einschätzung des für die Erstellung der Begutachtungsleitlinien eingesetzten Sachverständigengremiums besteht (vgl. nur Senatsurteil vom 13.12.2007 a.a.O.).
11 
Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung in der angegriffenen Entscheidung dargelegt, weshalb dem Kläger nicht die Ausnahmeregelung in Nummer 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 der FeV zugutekommt. Danach ist eine Ausnahme von der Regel, dass der regelmäßige Konsum von Cannabis die Fahreignung ausschließt, grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen, sowie sein Vermögen, erforderlichenfalls zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Nummer 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 der FeV besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und Verhaltensumstellungen genannt, durch die ggf. drogenbedingte Einschränkungen kompensiert werden können. Es ist Sache des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers, das Bestehen solcher atypischen Umstände in seiner Person substantiiert darzulegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25.11.2010 - 10 S 2162/10 - NJW 2011, 1303 und vom 24.05.2002 - 10 S 835/02 - Blutalkohol 39, 379; BayVGH, Beschluss vom 05.05.2015 - 11 CS 15.334 - juris; Dauer a.a.O. Rn. 52).
12 
Belastbare Anhaltspunkte, dass solche besonderen Umstände hier vorliegen könnten, werden von der Begründung des Zulassungsantrags nicht hinreichend aufgezeigt. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Klägers, dass in dem illegal beschafften Cannabis keine andere Substanz enthalten sei als in den Medizinal-Cannabisblüten, die er aufgrund seiner Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der Apotheke beziehen dürfe. Wie bereits ausgeführt, ist eine entsprechende Gleichsetzung von Medizinal-Cannabisblüten, die aus der Apotheke bezogen werden und die hinsichtlich Herstellung und Qualität pharmazeutischen Standards entsprechen, mit illegal beschafftem Cannabis, dessen exakter Inhalt letztlich ungewiss bleibt, im vorliegenden Zusammenhang verfehlt. In der Sache versucht der Kläger letztlich ohne Erfolg, die ihm erteilte Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG gleichsam zu einem medizinisch erteilten Freibrief zum weitgehend beliebigen illegalen Erwerb von Cannabis zur Selbsttherapie umzudeuten, obwohl auch die von ihm vorgelegten Unterlagen einer solchen Umdeutung entgegenstehen (vgl. z. B. Schreiben der Bundesopiumstelle vom 07.02.2011; Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 01.03.2013; Erklärung des betreuenden Arztes vom 04.06.2013; Schreiben der Bundesanstalt für Straßenwesen vom 15.01.2014).
13 
Soweit der Kläger geltend macht, dass das Verwaltungsgericht mithilfe eines medizinisch-toxikologischen Sachverständigen der Frage hätte nachgehen müssen, bei welcher Menge, Wirkstoffkonzentration und Häufigkeit die Einnahme von Cannabis bei ADHS-Erkrankten positive Auswirkungen auf die Fahreignung haben kann, setzt er sich bereits nicht hinreichend mit der hierauf bezogenen Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander. So wird in der angegriffenen Entscheidung ausgeführt, dass und warum bei dem Kläger gar nicht von einer gesicherten Diagnose einer ADHS auszugehen sei (UA S. 13 f.). Auf diese Ausführungen, die der Senat im Übrigen für überzeugend hält, geht die Begründung des Zulassungsantrags nicht weiter ein. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht ausweislich des Verhandlungsprotokolls den Kläger bereits in der mündlichen Verhandlung auf die bestehenden Zweifel an der Diagnose einer ADHS-Erkrankung hingewiesen hat. Im Übrigen vermag der vom Kläger mit diesem Vorbringen in der Sache gerügte Aufklärungsmangel dem Zulassungsantrag auch deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen‚ weil nicht hinreichend vorgetragen und auch ausweislich des Verhandlungsprotokolls nicht ersichtlich ist‚ dass der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger einen förmlichen Beweisantrag gestellt hätte (vgl. § 86 Abs. 2, § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Die Rüge unzureichender Sachaufklärung kann nicht dazu dienen‚ Beweisanträge zu ersetzen‚ die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können‚ jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG‚ Beschlüsse vom 20.12.2012 - 4 B 20.12 - juris und vom 05.03.2010 - 5 B 7.10 - juris). Dass und weshalb sich dem Verwaltungsgericht die jetzt vom Kläger vermissten Ermittlungen auch ohne Stellung eines Beweisantrags von sich aus hätten aufdrängen müssen‚ legt der Zulassungsantrag nicht dar.
14 
2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend hinreichend dargelegt. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.08.2013 - 7 B 9.13 - juris; BayVGH, Beschluss vom 03.02.2016 - 10 ZB 15.1413 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl., § 124a Rn. 49, 54).
15 
Die vom Kläger formulierte Frage,
16 
„ob auch im Fahrerlaubnisrecht eine Gleichstellung von Cannabis, welches auf Grundlage einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus einer Apotheke bezogen wird mit solchem Cannabis anzunehmen ist, welches nicht auf Grundlage einer derartigen Erlaubnis erworben wurde,“
17 
ist bereits nicht hinreichend konkret, selbst wenn man als Präzisierung hinzudächte, dass die „Unterscheidung nach legal und illegal erworbenem Cannabis ... nicht dem Regelungszweck der Anlage 4 zur FeV“ entsprechen würde, da eine so weit formulierte Frage der ausdifferenzierten Regelungssystematik der Anlage 4 der FeV nicht gerecht würde, insbesondere den erforderlichen Bezug zur jeweils hier für einschlägig erachteten einzelnen Regelung vermissen ließe. Das Fehlen einer hinreichend konkret formulierten Frage ergibt sich weiter auch aus der folgenden Ergänzung, die der obigen Frage beigefügt wurde:
18 
„wobei hierbei zu berücksichtigen sein wird, dass auf Grundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln im Verfahren 7 K 5217/12 eine Erweiterung der Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG dahingehend ausgesprochen wurde, dass nicht nur Medizinal-Cannabis auf Grundlage der Erlaubnis aus der Apotheke erworben werden kann, sondern - als kostengünstigere Alternative - auch Cannabis zu therapeutischen Zwecken und somit mit unterschiedlichen Wirkstoffgehalten selbst angebaut werden soll“.
19 
Im Hinblick auf diese Ergänzung fehlt ferner eine hinreichende Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der so gestellten Frage für den vorliegenden Rechtsstreit. Im Übrigen hätte es auch Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer solchen Fragestellung bedurft, denn die Unterscheidung zwischen einem regelmäßigen Konsum von illegal beschafften Cannabis einerseits und der ärztlich verordneten Dauerbehandlung mit einem cannabishaltigen Arzneimittel (bzw. der ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit ausschließlich auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG erworbenen Medizinal-Cannabisblüten) andererseits ist eine ohne weiteres erkennbare Folge der in den Nummern 9.2.1, 9.6 und 9.6.2 der Anlage 4 der FeV getroffenen Vorschriften.
20 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
21 
Der festgesetzte Streitwert für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt z. B. in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, unter § 163).
22 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Der am ... geborene Kläger begehrt die erstmalige Erteilung einer Fahrerlaubnis.
Der Kläger ist arbeitslos und lebt von staatlichen Sozialleistungen (Hartz IV). Er ist bereits vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Ausweislich einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 04.03.2014 enthielt dieses elf Eintragungen. Der Kläger wurde u.a. wie folgt verurteilt:
1. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 21.12.2000, rechtskräftig seit dem 29.12.2000, wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten (Datum der Tat: 14.01.2000);
2. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 05.04.2001, rechtskräftig seit dem 05.04.2001, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten;
3. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 14.05.2002, rechtskräftig seit dem 14.05.2002, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in fünf Fällen und versuchten unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten (Datum der Tat: 22.10.2001);
4. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 06.02.2006, rechtskräftig seit dem 12.09.2006 wegen Raub in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Datum der Tat: 08.10.2005);
5. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 13.01.2012, rechtskräftig seit dem 13.01.2012, wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen, unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 10 EUR (Datum der Tat: 03.09.2011).
Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 07.03.2014 - ... - wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Mit Urteil vom 27.07.2015 - ... - verwarf das Landgericht Baden-Baden die Berufung des Klägers und änderte auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts dahingehend ab, dass der Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt wurde. Auf die Revision des Klägers hob das Oberlandesgericht ... das Urteil des Landgerichts mit Beschluss vom 03.03.2016 - ... - auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Baden-Baden zurück.
Gegen den Kläger wurde bereits am 19.02.2015 ein weiteres Ermittlungsverfahren eingeleitet (Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft Baden-Baden ...). Der Kläger stand im Verdacht, im Zeitraum zwischen September 2014 und Februar 2015 in einer Vielzahl von Fällen (32-48) jeweils 2 g Haschisch oder Marihuana zum Preis von je 25 EUR veräußert zu haben. Bei einer Durchsuchung waren in der Wohnung des Klägers am 19.02.2015 eine Haschischkante (Nettogewicht: 49 g), 34 g Cannabissamen, 34,57 g Cannabisstängel sowie getrocknetes Pilzmaterial (Nettogewicht 3,505 g) aufgefunden worden. In den Pilzen waren Psilocybin und Psilocin nachweisbar.
10 
Der Kläger beantragte unter dem 11.11.2013 beim Landratsamt Rastatt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Er gab an, er sei wegen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) mit einem Grad von 50 % schwerbehindert und fügte dem Antrag unter anderem eine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte - Bundesopiumstelle - nach § 3 Abs. 2 BtMG vom 01.03.2013 bei zum Erwerb von Cannabis (Medizinal-Cannabisblüten) entsprechend der Dosierungsvorgabe des betreuenden/begleitenden Arztes nur jeweils bis zu dem in der Erklärung des Arztes vorgegebenen 4-Wochen-Bedarf, und zwar der Sorten Bedrocan (mit ca. 18 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedica (mit ca. 14 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedrobinol (mit ca. 11 v. H. Delta-9-Tetrahydro-cannabinol) und Bediol (mit ca. 6 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), wobei dem Kläger der Bezug nur aus der ...-Apotheke in ... gestattet war. In der dem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ebenfalls beigefügten Erklärung des betreuender/begleitender Arztes Dr. ... vom 04.06.2013 wird als Dosierungsanweisung eine Einzeldosis von 1 g, eine maximale Tagesdosis von 5 g und ein 4-Wochen-Bedarf von 140 g angegeben. Die Medizinal-Cannabisblüten seien als Teezubereitung oder Inhalation anzuwenden. Der Kläger fügte dem Antrag des Weiteren ein ärztliches Attest von Dr. G. vom 03.04.2013 bei, wonach er sich in dessen ärztlicher Behandlung befinde. Bei der ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabis auf der Grundlage einer Erlaubnis durch die Bundesopiumstelle handele es sich, zumindest soweit eine gleichbleibende Dosierung erreicht sei, um eine arzneiliche Anwendung; diese sei bezüglich der möglichen Auswirkungen auf die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs der Therapie mit einem verschriebenen Arzneimittel vergleichbar. Der Kläger gehe mit der Verwendung seines Medikaments im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr gewissenhaft um, so dass seine Cannabisverwendung nicht die Teilnahme am Straßenverkehr ausschließe.
11 
Am 28.01.2014 übersandte der Kläger dem Landratsamt ... ein Schreiben der Bundesanstalt für Straßenwesen an Dr. G. vom 15.01.2014. Danach unterliege die Beurteilung der Fahreignung bei medizinischer Verwendung von cannabishaltigen Medikamenten den gleichen rechtlichen Regelungen wie bei der Verwendung anderer Medikamente. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass das Medikament ärztlich verordnet worden sei, eine mit dem Arzt abgesprochene Medikamentierung erfolge und diese vom Patienten auch eingehalten werde. Für den Fall einer Dauermedikation gelte Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -.
12 
Der Kläger legte darüber hinaus eine Bescheinigung des Hausarztes Dr. ... vom 13.09.2012 vor, wonach er an einer Impulskontrollstörung aufgrund einer bereits vordiagnostizierten ADHS im Erwachsenenalter leide. Die Behandlung mit dem einzigen Präparat, das in Deutschland für diese Erkrankung bei Erwachsenen zugelassen sei, habe wegen ausgeprägten Unverträglichkeiten beendet werden müssen. Auch der Versuch einer Dosisanpassung habe keinen Erfolg gebracht.
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Der Kläger legte ferner ein Schreiben der Bundesopiumstelle vom 07.02.2011 an Dr. G. vor, in dem zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisprodukten und zur Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr Stellung genommen wurde.
14 
Mit Schreiben vom 28.03.2014 führte der Prozessvertreter des Klägers aus, der Kläger leide seit Jahren unter den Symptomen einer ADHS. Aufgrund dieser schwerwiegenden Erkrankung sei ihm von der zuständigen Bundesopiumstelle eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Cannabisblüten und Cannabisextrakt zur Anwendung im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie erteilt worden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft solle der Kläger zwischen Mai und September 2013 über kleinere Mengen von Haschisch bzw. Marihuana in Pflanzenform verfügt haben. Fahrten unter Betäubungsmitteleinfluss hätten dem Kläger zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen werden können und hätten auch nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund sei von einer bestimmungsgemäßen und ärztlich verordneten Einnahme von Cannabis als Arzneimittel auszugehen. Sollte das Landratsamt von einer Dauermedikation ausgehen, wäre gemäß Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu beachten, dass die Fahreignung dann nicht gegeben wäre, wenn die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß beeinträchtigt wäre. Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger nicht von einem bestimmungsgemäßen und insoweit ärztlich verordneten Gebrauch von Cannabis auszugehen sei, lägen nicht vor. Gemäß der vorgelegten ärztlichen Verordnung sei davon auszugehen, dass der Kläger täglich 5 g eines Cannabisderivats zu sich nehmen müsse, um die unbestrittenen erheblichen Symptome seiner ADHS-Erkrankung zu lindern. Anhaltspunkte dafür, dass die medizinisch verordnete Dosierung vom Kläger überschritten werden könne, bestünden nicht. Im Übrigen seien auch charakterliche Eignungsmängel nicht gegeben.
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Mit Verfügung vom 03.06.2014 lehnte das Landratsamt ... den Antrag des Klägers auf Ersterteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B ab. Zur Begründung führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, beim Kläger sei von einer regelmäßigen Einnahme von Betäubungsmitteln auszugehen. Er konsumiere nach eigenen Angaben seit seinem 14. Lebensjahr und damit schon lange vor der Erteilung der Erlaubnis der Bundesopiumstelle Haschisch/Cannabis. Bei missbräuchlichem Konsum von illegalen Drogen sei in der Regel ein einjähriger, nachgewiesener Zeitraum der Drogenabstinenz erforderlich, um davon ausgehen zu können, dass ein erhöhtes Rückfallrisiko nicht mehr bestehe. Die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen stehe zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, weshalb die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens nach § 11 Abs. 7 FeV unterbleibe.
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Der Prozessvertreter des Klägers legte gegen die Verfügung rechtzeitig Widerspruch ein und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf sein Schreiben vom 28.03.2014.
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Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2015, der dem Prozessvertreter des Klägers am 24.06.2015 zugestellt wurde, zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis, weil er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Er sei in der Vergangenheit Konsument harter Drogen gewesen. Anlässlich einer psychiatrischen Begutachtung zur Frage seiner Schuldfähigkeit habe er im Jahr 2000 behauptet, schon alle Arten harter Drogen probiert zu haben. Aus einem Schreiben des Dr. G. vom 20.12.2012 an die Bundesopiumstelle gehe hervor, dass dieser bezüglich des Klägers als Nebendiagnose unter anderem „Zustand nach Polytoxikomanie (Alkohol, Ecstasy, LSG, Cannabis) im frühen Erwachsenenalter“ attestiert habe. Nach einem Urteil des Amtsgerichts ... vom 05.04.2001 habe der Kläger jedenfalls im Jahr 2000 in einem Fall drei Ecstasy-Tabletten und in zwei Fällen jeweils zehn Ecstasy-Tabletten unerlaubt erworben. Ausweislich einer psychiatrischen Stellungnahme vom 27.10.2014 habe er von ca. 2000-2003 einen LSD-Missbrauch betrieben und bis 2003 unregelmäßig Kokain sowie gelegentlich in der Vergangenheit Amphetamine eingenommen. Ein Nachweis darüber, dass der Kläger keine harten Drogen mehr konsumiere, liege nicht vor. Nach Ziffer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sei in der Regel der Nachweis einer einjährigen Abstinenz zu führen. Hinsichtlich des Cannabiskonsums des Klägers sei die Regelvermutung der Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt. Der Kläger konsumiere nach seinen eigenen Angaben seit seinem 14. Lebensjahr Haschisch. In der Hauptverhandlung vom 07.03.2014 habe er angegeben, er benötige 5 g Cannabis am Tag als Medikament. Die Regelvermutung der Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, die den Cannabiskonsum unabhängig von einer medizinischen Verwendung regele, könne allenfalls gemäß der Vorbemerkung Ziffer 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung widerlegt werden, wobei der Betroffene die Beweislast trage. Atypische Umstände im Sinne der Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung seien im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Aufgrund seiner wiederholten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, des Konsums harter Drogen, des übermäßigen Alkoholkonsums in der Vergangenheit, der ärztlich bescheinigten Polytoxikomanie, der bei den Straftaten zu Tage getretenen erheblichen Aggressivität des Klägers, seiner offensichtlichen Schwierigkeit, Normen einzuhalten, und der Art seiner Auftritte im Internet im Zusammenhang mit Drogen könne nicht von einer Kompensation nach Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ausgegangen werden. Beim Kläger könne im Übrigen von einem bestimmungsgemäßen, medizinischen Gebrauch von Cannabioden im Sinne der Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG nicht die Rede sein. Bei ihm sei vielmehr davon auszugehen, dass eine eventuell vorliegende ADHS-Erkrankung für den Erwerb und Konsum von Cannabis eine untergeordnete Rolle spiele und er auch ohne eine solche Erkrankung Cannabis erwerben und regelmäßig konsumieren würde.
18 
Der Kläger hat am 01.07.2015 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, der Beklagte habe keine Anknüpfungstatsachen benannt, die einen Konsum harter Drogen nahelegten. Jedenfalls seien diese angesichts des mittlerweile eingetretenen Zeitablaufs von mehr als zwölf Jahren nicht mehr verwertbar. Die möglicherweise in den auf YouTube eingestellten Videos sichtbaren Gegenstände seien keine Betäubungsmittel. Dass er aus persönlicher Überzeugung für die Legalisierung von Cannabis eintrete, dürfe ihm im Fahrerlaubniserteilungsverfahren nicht entgegengehalten werden. Entscheidend sei allein, ob die unstreitig medizinisch indizierte Einnahme von Cannabisprodukten bei ihm zu einer relevanten Beeinträchtigung der Fahreignung führe. In diesem Zusammenhang übersehe der Beklagte, dass die Einnahme von Cannabisderivaten in dem medizinisch indizierten Bereich bis 5 g pro Tag bei ihm nur zu einer Normalisierung seiner ADHS-bedingten und ihn massiv belastenden Symptomatik führe. Der Konsum von Cannabis führe bei ihm gerade nicht zu Rauschzuständen, die fahreignungsrelevante Beeinträchtigungen mit sich bringen könnten. Vielmehr führe die ADHS-Therapie mit THC unter Beachtung der ärztlichen Vorgaben des Konsums bei ihm nur dazu, dass seine neuronal dominierte psycho-physische und ADHS-typische Erregung und die daraus abzuleitende vielschichtige Symptomatik abklinge. Die bei ihm möglicherweise krankheitsbedingt bestehende Einschränkung seiner Kraftfahreignung werde gerade durch die Einnahme von Cannabis kompensiert. Insoweit werde die Einholung eines medizinisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens beantragt. Es werde auch auf den Fallbericht „Cannabis verbessert Symptome der ADHS“ von Stobeck-Kühner, Skopp und Mattern vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg (http://www.cannabis-med.org/data/ pdf/de_2008_01_1.pdf) verwiesen, wonach THC im Falle der ADHS atypische Wirkungen verursachen und sogar zu einer Verbesserung fahrrelevanter Leistungen führen könne. Darüber hinaus werde auf die Stellungnahmen der Bundesopiumstelle vom 07.02.2011 und der Bundesanstalt für Straßenwesen vom 15.01.2014 hingewiesen. Bezüglich der Fahreignung könne es nicht darauf ankommen, ob er das zu seiner Behandlung verwendete Cannabis entsprechend der Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der...-Apotheke bezogen habe oder aus anderen (bislang illegalen) Quellen. Diese Differenzierung betreffe lediglich die bisher noch nicht geklärte strafrechtliche Frage des unerlaubten Umgangs mit Cannabisderivaten außerhalb der Erlaubnis nach § 3 Absatz 2 BtMG. Für die Frage der Fahreignung könne es keinen Unterschied machen, ob ein möglicherweise sogar weniger potentes Cannabisderivat auf dem Schwarzmarkt bezogen worden sei oder das hochpotente Cannabis in Blütenform aus der Apotheke mit Wirkstoffgehalten von bis zu 18 % THC.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
den Bescheid des Landratsamts ... vom 03.06.2014 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.06.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
21 
Der Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der beigezogenen Behördenakten des Landratsamtes ... und des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen, die dem Gericht vorlagen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Verfügung des Landratsamtes ... vom 03.06.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.06.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in der hier gegebenen prozessualen Situation einer Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts.
25 
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnis zu erteilen, wenn der Bewerber die dort genannten Voraussetzungen erfüllt. Er muss nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. § 11 Absatz 1 Satz 1 FeV insbesondere zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein, d.h. er muss die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen haben (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Die körperlichen und geistigen Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Absatz 1 Satz 2 FeV).
26 
Nach diesen Maßgaben ist der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Zwar ergibt sich seine fehlende Fahreignung nicht bereits aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Danach ist ein Fahrerlaubnisinhaber, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
27 
Der Kläger hat jedenfalls bis 2002 nicht nur Cannabis, sondern auch andere Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG, u.a. LSD, Kokain und Ecstasy, eingenommen. Dies ergibt sich aus einem von dem Prozessvertreter des Klägers im Strafverfahren vor dem Landgericht ... (...) übersandten Arztbericht des Dr. G. vom 20.11.2012, in dem dieser bezüglich des Klägers als Nebendiagnose ausgeführt hat: „Zustand nach Polytoxikomanie (Alkohol, Ecstasy, LSD, Cannabis) im frühen Erwachsenenalter (bis 2002)“. Der Kläger habe im frühen Erwachsenenalter exzessiv legale und illegale Drogen (Alkohol, Ecstasy, LSD, Kokain, Cannbis) konsumiert. Im Fall des Klägers ist nicht allein aufgrund des Zeitablaufs seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen im Jahr 2002 von einer Wiedererlangung der Kraftfahreignung auszugehen. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist ohne Beachtung zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen, solange der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nicht erbracht ist (vgl. VGH Bad-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris). Vom Betroffenen ist regelmäßig der Nachweis einer mindestens einjährigen Betäubungsmittelabstinenz zu erbringen (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -, juris). Der Kläger hat keinen entsprechenden Nachweis durch negative Laborbefunde erbracht. Der Umstand, dass er seit 14 Jahren nicht mehr auffällig geworden ist, belegt nicht die tatsächliche Drogenabstinenz und damit einen stabilen Einstellungswandel im Hinblick auf den Konsum sogenannter „harter“ Drogen. Denn auch bei Personen, die wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, ist nicht gewährleistet, dass ausnahmslos jeder neue Konsum eines Betäubungsmittels den Behörden bekannt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.05.2004 - 10 S 2796/03 -, juris).
28 
Allerdings muss der in der Vergangenheit erfolgte Drogenkonsum noch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit der Versagung der Fahrerlaubnis stehen, d.h. er muss unter zeitlichen Gesichtspunkten noch den Schluss auf die fehlende Kraftfahreignung zulassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.07.2007 - 10 S 961/07 -, juris). Hiervon ist nach Ablauf von 14 Jahren seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen nicht ohne weiteres auszugehen. Auch unter Berücksichtigung des fortgesetzten Cannabiskonsums und des polizeilichen Fundes betäubungsmittelhaltiger Pilze in der Wohnung des Klägers am 19.02.2015 kann ohne Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht mit hinreichender Sicherheit auf die fehlende Fahreignung nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung geschlossen werden.
29 
Die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich jedoch aus seinem regelmäßigen Cannabiskonsum. Nach eigenen Angaben konsumiert der Kläger täglich bis zu 5 g Cannabis. Sein Prozessvertreter hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Kläger konsumiere die Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke, soweit er sich diese leisten könne, und zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. In seinem Schreiben vom 28.03.2014 führte er aus, der Kläger müsse täglich 5 g Cannabis zu sich nehmen, um die Symptome seiner ADHS-Erkrankung zu lindern. Dies entspricht der eigenen Aussage des Klägers in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... im Verfahren ... (vgl. das Protokoll zur Hauptverhandlung, Bl. 219 ff. d.A. des Landratsamtes ...).
30 
Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass hinsichtlich des Konsums von Medizinal-Cannabisblüten, für deren Erwerb der Kläger eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zur medizinisch betreuten und begleiteten Therapie einer bestehenden Erkrankung besitzt, die Nr. 9.6.2 (Dauerbehandlung mit Arzneimitteln) der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung eine grundsätzlich anwendbare und im Verhältnis zu Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (regelmäßige Einnahme von Cannabis) spezielle Regelung trifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.08.2015 - 10 S 444/14 -, juris; Beschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 11.01.2013 - 12 ME 289/12 -, juris). Auch bei der Einnahme von Cannabis, wenn diese medizinisch indiziert und das Cannabis aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der Apotheke bezogen und in Übereinstimmung mit der ärztlichen Dosierungsanweisung eingenommen wird, erscheint es dem Grunde nach vorstellbar, dass diese die Fahreignung unberührt lässt. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aufgrund des Charakters des Betroffenen und einer begleitenden ärztlichen Überwachung gewährleistet ist, dass das Cannabis nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und bei der zusätzlich entweder die Fahrtüchtigkeit unbeeinträchtigt bleibt oder - wenn Auswirkungen der Cannabiseinnahme auf die Fahrtüchtigkeit zu besorgen sind - gewährleistet ist, dass der Patient zwischen der therapeutischen Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris, allgemein zu Betäubungsmitteln).
31 
Beim Kläger ist hinsichtlich seines Cannabiskonsums jedoch nicht lediglich von einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln im Sinne der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen. Denn er konsumiert nicht ausschließlich entsprechend der ärztlichen Dosierungsanweisung die zu Therapiezwecken aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten der Sorten Bedrocan (mit ca. 18 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedica (mit ca. 14 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedrobinol (mit ca. 11 v. H. Delta-9-Tetrahydro-cannabinol) und Bediol (mit ca. 6 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. Dieses ist, obwohl es denselben Wirkstoff enthält, den nach der Dosierungsanweisung des Arztes einzunehmenden und aus der Apotheke zu beziehenden Medizinal-Cannabisblüten im Anwendungsbereich der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht gleichzustellen. Es unterfällt nicht der gesetzlichen Privilegierung betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel. Anders als bei der Einnahme aus der Apotheke bezogener Medizinal-Cannabisblüten nach der Dosierungsanweisung des betreuenden und begleitenden Arztes ist bei der Einnahme anderer - illegal beschaffter - Cannabioide keine Kontrolle über die Menge des Konsums und deren Wirkstoffgehalt möglich. Eine gleichbleibende Dosierung kann nicht entsprechend sichergestellt werden. Damit können auch die Auswirkungen des Konsums auf die Fahreignung nicht zuverlässig überprüft werden. Der Kläger selbst kann mangels Kenntnis des Wirkstoffgehalts und möglicher Zusätze seine Fahreignung nicht zuverlässig einschätzen. Eine ärztliche Begleitung und Überwachung findet zudem bei dem vom Kläger praktizierten illegalen Konsum nicht statt. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht davon auszugehen, dass der Wirkstoffgehalt des illegal erworbenen Cannabis stets unter dem des hochpotenten Cannabis aus der Apotheke liegen dürfte. Dies belegt bereits die Tatsache, dass bei dem Kläger am 21.09.2013 Haschischöl mit einem Wirkstoffgehalt von geschätzt 20 % aufgefunden wurde, das nach den Angaben des Klägers zu seinem Eigenkonsum bestimmt war.
32 
Soweit der Kläger illegal beschafftes Cannabis konsumiert, findet nach Auffassung der Kammer die Vorschrift der Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung Anwendung, wonach bei regelmäßigem Cannabiskonsum die Fahreignung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Zumindest ist, weil der Kläger nicht ausschließlich die aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten, sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis konsumiert hat, von einer missbräuchlichen Einnahme, d.h. einem regelmäßig übermäßigen Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen im Sinne der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen, der die Fahreignung grundsätzlich ausschließt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 111 CS 10.3168 -, juris, Rn. 25).
33 
Besondere Umstände, welche nach Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung trotz des regelmäßigen Cannabiskonsums die Annahme der ausnahmsweisen Fahreignung gebieten oder zumindest Zweifel begründen, die eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein lassen, sind im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Soweit sein Prozessvertreter auf den Fallbericht „Cannabis verbessert Symptome der ADHS“ von Stobeck-Kühner, Skopp und Mattern vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg (http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf) verweist, vermag die Kammer hierin keine Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall zu erkennen, der eine medizinisch-psychologische Begutachtung des Klägers nahelegt. Dem Fallbericht kann insbesondere nicht die allgemeine Aussage entnommen werden, dass der Konsum von Cannabis bei Menschen, die an ADHS leiden, nicht zu die Fahreignung beeinträchtigenden Rauschzuständen führt, sondern eine möglicherweise krankheitsbedingte Einschränkung der Kraftfahreignung gerade kompensiert. Denn der Fallbericht bezieht sich nur auf eine einzelne an ADHS erkrankte Person und stellt keine repräsentative Studie dar. Die Autoren kommen lediglich zu dem Ergebnis, „dass sich Cannabis bei einzelnen Personen günstig auf das Verhalten und die Leistungsfähigkeit auswirken kann“; der beschriebene Fall lasse „daran denken, dass bei Vorliegen einer ADHS (…) es in Einzelfällen durch THC zu einer Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Aktivierungsniveau kommen kann“. Der Fallbericht nimmt darüber hinaus keine Stellung zu der Frage, bei welcher Menge, Wirkstoffkonzentration und Häufigkeit die Einnahme von Cannabis bei ADHS-Erkrankten positive Auswirkungen auf die Fahreignung haben kann. Schließlich ist bei dem Kläger gar nicht von einer gesicherten Diagnose einer ADHS auszugehen. Dies geht aus dem vom Landgericht Baden-Baden im Verfahren ... in Auftrag gegebenen, überzeugenden Gutachten des Dr. med. Dipl. Psych. ... hervor, wonach beim Kläger eine entsprechende Testdiagnostik nicht durchgeführt wurde beziehungsweise wegen fehlender Explorationsbereitschaft nicht durchgeführt werden konnte. Der Gutachter hat nachvollziehbar dargelegt, dass die beim Kläger festgestellten Symptome durchaus auch andere Ursachen haben können wie etwa den von ihm seit seinem 14. Lebensjahr praktizierten Cannabis-Missbrauch.
34 
Von einem Ausnahmefall, der die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens geboten erscheinen lässt, ist hier auch deshalb nicht auszugehen, weil der Kläger nicht erst seit dem Bekanntwerden seiner Erkrankung zu Therapiezwecken, sondern bereits seit seinem 14. Lebensjahr Cannabis konsumiert. Besondere Anhaltspunkte für einen im Hinblick auf die Teilnahme am Straßenverkehr vernünftigen Umgang und insbesondere ein Trennungsvermögen bestehen bei ihm deshalb nicht. Für eine Kompensation durch Gewöhnung bestehen in seinem Fall angesichts des erheblichen Konsums von bis zu 5 g Cannabis täglich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte.
35 
Nach alledem begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Kläger vor der ablehnenden Entscheidung über die Fahrerlaubniserteilung nicht zunächst aufgefordert wurde, ein Gutachten beizubringen. Denn § 11 Abs. 7 FeV bestimmt ausdrücklich, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Durch diese Bestimmung hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass eine Begutachtung nur bei Eignungszweifeln in Betracht kommt, nicht jedoch, wenn - wie hier - die mangelnde Eignung bereits feststeht und ohne Hinzuziehung eines Gutachters über sie entschieden werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris; Urteil vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 -, juris).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt (§ 124 a Abs.1, S. 1 VwGO).
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 5.000,- Euro festgesetzt.
40 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
24 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Verfügung des Landratsamtes ... vom 03.06.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.06.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in der hier gegebenen prozessualen Situation einer Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts.
25 
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnis zu erteilen, wenn der Bewerber die dort genannten Voraussetzungen erfüllt. Er muss nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. § 11 Absatz 1 Satz 1 FeV insbesondere zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein, d.h. er muss die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen haben (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Die körperlichen und geistigen Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Absatz 1 Satz 2 FeV).
26 
Nach diesen Maßgaben ist der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Zwar ergibt sich seine fehlende Fahreignung nicht bereits aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Danach ist ein Fahrerlaubnisinhaber, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
27 
Der Kläger hat jedenfalls bis 2002 nicht nur Cannabis, sondern auch andere Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG, u.a. LSD, Kokain und Ecstasy, eingenommen. Dies ergibt sich aus einem von dem Prozessvertreter des Klägers im Strafverfahren vor dem Landgericht ... (...) übersandten Arztbericht des Dr. G. vom 20.11.2012, in dem dieser bezüglich des Klägers als Nebendiagnose ausgeführt hat: „Zustand nach Polytoxikomanie (Alkohol, Ecstasy, LSD, Cannabis) im frühen Erwachsenenalter (bis 2002)“. Der Kläger habe im frühen Erwachsenenalter exzessiv legale und illegale Drogen (Alkohol, Ecstasy, LSD, Kokain, Cannbis) konsumiert. Im Fall des Klägers ist nicht allein aufgrund des Zeitablaufs seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen im Jahr 2002 von einer Wiedererlangung der Kraftfahreignung auszugehen. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist ohne Beachtung zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen, solange der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nicht erbracht ist (vgl. VGH Bad-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris). Vom Betroffenen ist regelmäßig der Nachweis einer mindestens einjährigen Betäubungsmittelabstinenz zu erbringen (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -, juris). Der Kläger hat keinen entsprechenden Nachweis durch negative Laborbefunde erbracht. Der Umstand, dass er seit 14 Jahren nicht mehr auffällig geworden ist, belegt nicht die tatsächliche Drogenabstinenz und damit einen stabilen Einstellungswandel im Hinblick auf den Konsum sogenannter „harter“ Drogen. Denn auch bei Personen, die wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, ist nicht gewährleistet, dass ausnahmslos jeder neue Konsum eines Betäubungsmittels den Behörden bekannt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.05.2004 - 10 S 2796/03 -, juris).
28 
Allerdings muss der in der Vergangenheit erfolgte Drogenkonsum noch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit der Versagung der Fahrerlaubnis stehen, d.h. er muss unter zeitlichen Gesichtspunkten noch den Schluss auf die fehlende Kraftfahreignung zulassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.07.2007 - 10 S 961/07 -, juris). Hiervon ist nach Ablauf von 14 Jahren seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen nicht ohne weiteres auszugehen. Auch unter Berücksichtigung des fortgesetzten Cannabiskonsums und des polizeilichen Fundes betäubungsmittelhaltiger Pilze in der Wohnung des Klägers am 19.02.2015 kann ohne Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht mit hinreichender Sicherheit auf die fehlende Fahreignung nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung geschlossen werden.
29 
Die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich jedoch aus seinem regelmäßigen Cannabiskonsum. Nach eigenen Angaben konsumiert der Kläger täglich bis zu 5 g Cannabis. Sein Prozessvertreter hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Kläger konsumiere die Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke, soweit er sich diese leisten könne, und zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. In seinem Schreiben vom 28.03.2014 führte er aus, der Kläger müsse täglich 5 g Cannabis zu sich nehmen, um die Symptome seiner ADHS-Erkrankung zu lindern. Dies entspricht der eigenen Aussage des Klägers in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... im Verfahren ... (vgl. das Protokoll zur Hauptverhandlung, Bl. 219 ff. d.A. des Landratsamtes ...).
30 
Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass hinsichtlich des Konsums von Medizinal-Cannabisblüten, für deren Erwerb der Kläger eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zur medizinisch betreuten und begleiteten Therapie einer bestehenden Erkrankung besitzt, die Nr. 9.6.2 (Dauerbehandlung mit Arzneimitteln) der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung eine grundsätzlich anwendbare und im Verhältnis zu Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (regelmäßige Einnahme von Cannabis) spezielle Regelung trifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.08.2015 - 10 S 444/14 -, juris; Beschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 11.01.2013 - 12 ME 289/12 -, juris). Auch bei der Einnahme von Cannabis, wenn diese medizinisch indiziert und das Cannabis aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der Apotheke bezogen und in Übereinstimmung mit der ärztlichen Dosierungsanweisung eingenommen wird, erscheint es dem Grunde nach vorstellbar, dass diese die Fahreignung unberührt lässt. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aufgrund des Charakters des Betroffenen und einer begleitenden ärztlichen Überwachung gewährleistet ist, dass das Cannabis nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und bei der zusätzlich entweder die Fahrtüchtigkeit unbeeinträchtigt bleibt oder - wenn Auswirkungen der Cannabiseinnahme auf die Fahrtüchtigkeit zu besorgen sind - gewährleistet ist, dass der Patient zwischen der therapeutischen Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris, allgemein zu Betäubungsmitteln).
31 
Beim Kläger ist hinsichtlich seines Cannabiskonsums jedoch nicht lediglich von einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln im Sinne der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen. Denn er konsumiert nicht ausschließlich entsprechend der ärztlichen Dosierungsanweisung die zu Therapiezwecken aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten der Sorten Bedrocan (mit ca. 18 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedica (mit ca. 14 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedrobinol (mit ca. 11 v. H. Delta-9-Tetrahydro-cannabinol) und Bediol (mit ca. 6 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. Dieses ist, obwohl es denselben Wirkstoff enthält, den nach der Dosierungsanweisung des Arztes einzunehmenden und aus der Apotheke zu beziehenden Medizinal-Cannabisblüten im Anwendungsbereich der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht gleichzustellen. Es unterfällt nicht der gesetzlichen Privilegierung betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel. Anders als bei der Einnahme aus der Apotheke bezogener Medizinal-Cannabisblüten nach der Dosierungsanweisung des betreuenden und begleitenden Arztes ist bei der Einnahme anderer - illegal beschaffter - Cannabioide keine Kontrolle über die Menge des Konsums und deren Wirkstoffgehalt möglich. Eine gleichbleibende Dosierung kann nicht entsprechend sichergestellt werden. Damit können auch die Auswirkungen des Konsums auf die Fahreignung nicht zuverlässig überprüft werden. Der Kläger selbst kann mangels Kenntnis des Wirkstoffgehalts und möglicher Zusätze seine Fahreignung nicht zuverlässig einschätzen. Eine ärztliche Begleitung und Überwachung findet zudem bei dem vom Kläger praktizierten illegalen Konsum nicht statt. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht davon auszugehen, dass der Wirkstoffgehalt des illegal erworbenen Cannabis stets unter dem des hochpotenten Cannabis aus der Apotheke liegen dürfte. Dies belegt bereits die Tatsache, dass bei dem Kläger am 21.09.2013 Haschischöl mit einem Wirkstoffgehalt von geschätzt 20 % aufgefunden wurde, das nach den Angaben des Klägers zu seinem Eigenkonsum bestimmt war.
32 
Soweit der Kläger illegal beschafftes Cannabis konsumiert, findet nach Auffassung der Kammer die Vorschrift der Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung Anwendung, wonach bei regelmäßigem Cannabiskonsum die Fahreignung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Zumindest ist, weil der Kläger nicht ausschließlich die aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten, sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis konsumiert hat, von einer missbräuchlichen Einnahme, d.h. einem regelmäßig übermäßigen Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen im Sinne der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen, der die Fahreignung grundsätzlich ausschließt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 111 CS 10.3168 -, juris, Rn. 25).
33 
Besondere Umstände, welche nach Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung trotz des regelmäßigen Cannabiskonsums die Annahme der ausnahmsweisen Fahreignung gebieten oder zumindest Zweifel begründen, die eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein lassen, sind im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Soweit sein Prozessvertreter auf den Fallbericht „Cannabis verbessert Symptome der ADHS“ von Stobeck-Kühner, Skopp und Mattern vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg (http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf) verweist, vermag die Kammer hierin keine Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall zu erkennen, der eine medizinisch-psychologische Begutachtung des Klägers nahelegt. Dem Fallbericht kann insbesondere nicht die allgemeine Aussage entnommen werden, dass der Konsum von Cannabis bei Menschen, die an ADHS leiden, nicht zu die Fahreignung beeinträchtigenden Rauschzuständen führt, sondern eine möglicherweise krankheitsbedingte Einschränkung der Kraftfahreignung gerade kompensiert. Denn der Fallbericht bezieht sich nur auf eine einzelne an ADHS erkrankte Person und stellt keine repräsentative Studie dar. Die Autoren kommen lediglich zu dem Ergebnis, „dass sich Cannabis bei einzelnen Personen günstig auf das Verhalten und die Leistungsfähigkeit auswirken kann“; der beschriebene Fall lasse „daran denken, dass bei Vorliegen einer ADHS (…) es in Einzelfällen durch THC zu einer Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Aktivierungsniveau kommen kann“. Der Fallbericht nimmt darüber hinaus keine Stellung zu der Frage, bei welcher Menge, Wirkstoffkonzentration und Häufigkeit die Einnahme von Cannabis bei ADHS-Erkrankten positive Auswirkungen auf die Fahreignung haben kann. Schließlich ist bei dem Kläger gar nicht von einer gesicherten Diagnose einer ADHS auszugehen. Dies geht aus dem vom Landgericht Baden-Baden im Verfahren ... in Auftrag gegebenen, überzeugenden Gutachten des Dr. med. Dipl. Psych. ... hervor, wonach beim Kläger eine entsprechende Testdiagnostik nicht durchgeführt wurde beziehungsweise wegen fehlender Explorationsbereitschaft nicht durchgeführt werden konnte. Der Gutachter hat nachvollziehbar dargelegt, dass die beim Kläger festgestellten Symptome durchaus auch andere Ursachen haben können wie etwa den von ihm seit seinem 14. Lebensjahr praktizierten Cannabis-Missbrauch.
34 
Von einem Ausnahmefall, der die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens geboten erscheinen lässt, ist hier auch deshalb nicht auszugehen, weil der Kläger nicht erst seit dem Bekanntwerden seiner Erkrankung zu Therapiezwecken, sondern bereits seit seinem 14. Lebensjahr Cannabis konsumiert. Besondere Anhaltspunkte für einen im Hinblick auf die Teilnahme am Straßenverkehr vernünftigen Umgang und insbesondere ein Trennungsvermögen bestehen bei ihm deshalb nicht. Für eine Kompensation durch Gewöhnung bestehen in seinem Fall angesichts des erheblichen Konsums von bis zu 5 g Cannabis täglich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte.
35 
Nach alledem begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Kläger vor der ablehnenden Entscheidung über die Fahrerlaubniserteilung nicht zunächst aufgefordert wurde, ein Gutachten beizubringen. Denn § 11 Abs. 7 FeV bestimmt ausdrücklich, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Durch diese Bestimmung hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass eine Begutachtung nur bei Eignungszweifeln in Betracht kommt, nicht jedoch, wenn - wie hier - die mangelnde Eignung bereits feststeht und ohne Hinzuziehung eines Gutachters über sie entschieden werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris; Urteil vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 -, juris).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt (§ 124 a Abs.1, S. 1 VwGO).
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 5.000,- Euro festgesetzt.
40 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.

(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber

1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat,
2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat,
3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist,
4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist,
5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat,
6.
Erste Hilfe leisten kann und
7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b können als weitere Voraussetzungen der Vorbesitz anderer Klassen oder Fahrpraxis in einer anderen Klasse festgelegt werden. Die Fahrerlaubnis kann für die Klassen C und D sowie ihre Unterklassen und Anhängerklassen befristet erteilt werden. Sie ist auf Antrag zu verlängern, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist und kein Anlass zur Annahme besteht, dass eine der aus den Sätzen 1 und 2 ersichtlichen sonstigen Voraussetzungen fehlt.

(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.

(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer

1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat,
2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist,
3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und
4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.

(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen

1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und
2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
sowie ein Lichtbild abzugeben. Außerdem hat der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis der beantragten Klasse oder einen entsprechenden Führerschein besitzt.

(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.

(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn

1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen,
2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
Satz 2 gilt nicht, wenn die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 oder wegen erheblichen oder wiederholten Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze angeordnet wird.

(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.

(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss

1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen,
2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und
3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
Die Fahrberechtigung gilt im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabenerfüllung der in Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Erwerb der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 7,5 t nicht übersteigt.

(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.

(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.

(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.

(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der

1.
das 30. Lebensjahr vollendet hat,
2.
mindestens seit fünf Jahren eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse C1 besitzt und
3.
zum Zeitpunkt der Einweisungs- und Prüfungsfahrten im Fahreignungsregister mit nicht mehr als zwei Punkten belastet ist,
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Januar 2012 - 7 K 1565/11 - geändert.

Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin ...-... beigeordnet.

Gründe

 
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das von ihm in erster Instanz verfolgte Anfechtungsbegehren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis mit Verfügung des Landratsamts Heilbronn vom 24.11.2010. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren. Erforderlich ist allerdings, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt nach Maßgabe des § 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen wegen der verfassungsrechtlich nach Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 GG gebotenen Aufgabe der Prozesskostenhilfe, dem Mittellosen den weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen wie dem Bemittelten, nicht überspannt werden. Deswegen kann nicht verlangt werden, dass der Prozesserfolg annähernd gewiss und überwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht schon dann, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen, der Prozessausgang bei summarischer Prüfung mithin als offen erscheint. Dies ist bei Klageverfahren insbesondere der Fall, wenn der Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedarf. Die gebotene Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen; das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 13.07.2005 - 1 BvR 1041/05 - NVwZ 2005, 1418; sowie Kammerbeschluss vom 26.02.2007 - 1 BvR 474/05 - NVwZ-RR 2007, 361). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist dabei grundsätzlich derjenige der Entscheidungsreife, also derjenige, in dem das Prozesskostenhilfegesuch vollständig, einschließlich der erforderlichen Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, vorliegt (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23.11.2004 - 7 S 2219/04 - VBlBW 2005, 196).
Bei Zugrundelegung des hiernach gebotenen großzügigen Maßstabs sind die Erfolgsaussichten der vom Kläger erstrebten Rechtsverfolgung zumindest offen.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss angenommen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken begegnet, weil der Kläger ein in materieller und formeller Hinsicht rechtmäßig angefordertes Eignungsgutachten nicht fristgemäß beigebracht habe. Jedenfalls bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen an dieser Einschätzung rechtliche Zweifel.
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 -DAR 2001, 522; und vom 09.06.2005 - 3 C 21.04 - DAR 2005, 578; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - VBlBW 2002, 441, m.w.N.).
Der Senat teilt die Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde und des Verwaltungsgerichts, dass beim Kläger Anlass besteht, seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begutachten zu lassen. Fahreignungsrelevante Bedenken bestehen deshalb, weil der Kläger nach eigenen Angaben wegen eines schweren Rückenleidens aufgrund ärztlicher Verordnung seit längerer Zeit die morphinhaltigen Präparate „Oxygesic“ und „Sevredol“ einnimmt. Er trägt vor, dass er ohne die Einnahme dieser Schmerzmittel nicht in der Lage wäre, überhaupt ein Kraftfahrzeug zu führen. Die anlässlich der Verkehrskontrolle vom 20.02.2008 beim Kläger entnommene Blutprobe ergab einen Morphinwert von 9,0 ng/ml; auch äußerlich schien der Kläger unter Drogeneinfluss zu stehen. Nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt die missbräuchliche Einnahme (regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen die Fahreignung aus. Nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 schließt auch die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Nach den Umständen des vorliegenden Falles besteht daher Klärungsbedarf, ob die aktuelle Einnahme von morphinhaltigen Arzneimitteln die Leistungsfähigkeit des Klägers fahreignungsrelevant herabsetzt und/oder ob eine missbräuchliche Einnahme der o.g. Medikamente vorliegt, was im Hinblick auf den früheren Drogenmissbrauch des Klägers nicht völlig fern liegt.
Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, da insoweit die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 FeV definiert als regelmäßig übermäßiger Gebrauch, d.h. der ein- oder mehrmalige Gebrauch genügt - anders als bei illegalen Drogen -nicht. In diesem Sinne dürfte auch Ziffer 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung zu verstehen sein, die den Schluss aus der Einnahme von Betäubungsmitteln auf die fehlende Fahreignung dann ausschließen, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 06.05.2009 - 3 B 1/09 - juris). Auch bei dem Eignungsmangel nach Nr. 9.6 der Anlage 4 genügt eine ein- oder mehrmalige Einnahme eines Arzneimittels nicht; vielmehr wird eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Dauerbehandlung mit Medikamenten vorausgesetzt. Soweit ersichtlich, gehen auch die Fahrerlaubnisbehörde und das Verwaltungsgericht nicht davon aus, dass bereits ein Eignungsmangel nach Nr. 9.1 der Anlage 4 vorliegt, da andernfalls die Anforderung eines Gutachtens entbehrlich gewesen wäre.
Danach bestehen aber Bedenken gegen die in der Gutachtensanordnung mitgeteilte Fragestellung. Der Senat hat in seiner jüngeren Rechtsprechung die zentrale Bedeutung sowohl der nach § 11 Abs. 6 FeV einzuhaltenden formell-rechtlichen als auch der materiell-rechtlichen Anforderungen an eine dem Betroffenen mitzuteilende konkrete Fragestellung in einer Gutachtensanordnung hervorgehoben (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 -VBlBW 2010, 323, sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196). Da eine Gutachtensanordnung nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht selbständig anfechtbar ist, sondern nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine daran anknüpfende Fahrerlaubnisentziehung oder gegen sonstige in Rechte des Betroffenen eingreifende Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann, ist es ein Gebot effektiven Rechtsschutzes, insoweit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 20.04.2010, a.a.O.).
10 
In der Anordnung vom 28.07.2010 wird die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu der Frage angeordnet, ob der Kläger Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt, und ob zu erwarten ist, ob er zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder deren Nachwirkungen führt. In dem der Anordnung beigefügten Formblatt ist die Frage angekreuzt, ob der Untersuchte trotz der Hinweise auf (früheren) Drogen-/Arzneimittelmissbrauch ein Kraftfahrzeug sicher führen kann, und ob zu erwarten ist, dass er ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln/Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen führen wird.
11 
Diese Fragestellungen dürften weder erforderlich noch geeignet sein, um die Eignungsbedenken im vorliegenden Fall angemessen aufzuklären. Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, steht es außer Frage, dass der Kläger weiterhin morphinhaltige Arzneimittel und damit Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt und unter deren Einfluss ein Fahrzeug führen möchte. Fraglich ist vielmehr, ob und inwieweit hierdurch seine Fahreignung in verkehrsmedizinischer und -psychologischer Hinsicht beeinträchtigt ist, und ob eventuell eine missbräuchliche Medikamenteneinnahme vorliegt. Während bei der illegalen Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, zu denen auch Opiate gehören, die Fahreignung ohne weiteres ausgeschlossen ist (Nr. 9.1 der Anlage 4), ist bei ärztlich verordneter Therapie mit Opiaten eine einzelfallorientierte Beurteilung unter Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht die Erkrankung, ihre Symptome und die medikamentenspezifischen Auswirkungen erfasst als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Compliance des Patienten gegenüber der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und die Fähigkeit zur Kompensation von ggf. festgestellten Leistungseinschränkungen, aber auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme überprüft. Die auf die illegale Einnahme von Betäubungsmitteln zielende Fragestellung der Behörde passt daher nicht auf die hier vorliegende ärztlich verordnete Einnahme psychoaktiv wirkender Mittel. Vielmehr müsste eine geeignete Fragestellung darauf ausgerichtet sein aufzuklären, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung mit den o.g. Medikamenten die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Fahrzeugen schafft, ob die Arzneimitteleinnahme ihrerseits zu psycho-physischen Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen führt, ob die langfristige Medikamenteneinnahme bereits für sich genommen zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen, intellektuellen oder psychischen Leistungsfähigkeit geführt hat, und ob der Betroffene diese Auswirkungen ggf. kompensieren kann. Ferner dürfte erheblich sein, ob die Medikamenteneinnahme hinreichend überwacht wird und ob das Gefährdungspotential vom Betroffenen hinreichend eingeschätzt wird (vgl. zum Ganzen Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Auflage, Kap. 3.12.2 S. 201). Dabei dürfte auch in den Blick zu nehmen sein, ob nicht vor der Beauftragung einer Begutachtungsstelle zunächst die Grunderkrankung von einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, der mit dem behandelnden Arzt nicht identisch ist (§ 11 Abs. 2 Satz 5 FeV), abzuklären ist.
12 
Auf das Erfordernis, im Falle der Einnahme psychoaktiv wirkender Arzneimittel eine einzelfallorientierte Risikoeinschätzung unter Würdigung aller individuellen Aspekte hinsichtlich verkehrspsychologischer Gesichtspunkte vorzunehmen, hat der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss vom 28.09.2009 - 10 S 1555/09 - S. 3) hingewiesen. Demgegenüber diente der von der Behörde offenbar missverstandene Hinweis des Senats darauf, dass die illegale Einnahme von Morphinen ohne weiteres die Fahreignung ausschließt (vgl. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung), lediglich zum Beleg der Gefährlichkeit von Morphinkonsum für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Für eine sachgerechte Fragestellung im vorliegenden Einzelfall lässt sich hieraus nichts herleiten.
13 
War nach alledem die Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens wegen der Fragestellung voraussichtlich rechtswidrig, durfte die Behörde die Fahrerlaubnis nicht nach § 46 Abs. 1 und 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV entziehen. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung kann daher die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
14 
Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 4 ZPO). Gerichtsgebühren fallen bei stattgebenden Entscheidungen nicht an.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. September 2013 - 1 K 1059/12 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ein die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers aufhebendes Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe.
Der Kläger nimmt als Schmerzpatient aus medizinischen Gründen Morphinpräparate ein, die ihm wegen der Folgen eines im Jahre 1998 erlittenen schweren Verkehrsunfalls mit einem Motorrad ärztlich verordnet werden. Am 09.06.2010 nahm der Kläger unter dem Einfluss von Morphin (66 ng/ml) am Straßenverkehr mit einem Motorrad teil. Die Fahrerlaubnisbehörde hörte den Kläger deshalb zunächst zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an; nach der Beibringung ärztlicher Atteste über die Verordnung von morphinhaltigen Präparaten sah die Fahrerlaubnisbehörde ihre Eignungsbedenken als ausgeräumt an und wies mit Schreiben vom 21.10.2010 darauf hin, dass bei Bekanntwerden neuerlicher Vorkommnisse mit weiteren Maßnahmen zu rechnen sei. Bei einer Verkehrskontrolle am 24.09.2011 wurde festgestellt, dass der Kläger am öffentlichen Straßenverkehr als Führer eines Pkw teilnahm, obwohl er unter Drogeneinfluss stand. Die Untersuchung des Blutserums ergab einen Morphingehalt von 324 ng/ml. Daraufhin ordnete das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis zunächst am 06.10.2011 die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an zu der Fragestellung, ob der Kläger trotz des Vorliegens einer Erkrankung (Verletzung durch Unfall und erforderliche medikamentöse Behandlung), die nach Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung die Fahreignung in Frage stellt, unter Berücksichtigung der in dem ärztlichen Gutachten festgestellten Befunde ein Kraftfahrzeug der genannten Klassen sicher führen kann. Nachdem der Kläger hiergegen Einwendungen erhoben hatte, ordnete das Landratsamt am 22.11.2011 die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an zu den Fragestellungen:
„Liegen bei der ärztlich verordneten Medikation psycho-psyische Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen vor?
Können festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden?“
Zur Begründung führte die Fahrerlaubnisbehörde die von dem Kläger begangene Fahrt unter Drogeneinfluss am 24.09.2011 an und hob hervor, die Behörde sei gemäß §§ 11 und 14 FeV dazu gehalten, dessen Kraftfahreignung durch ein ärztliches Gutachten zu überprüfen; wegen der erforderlichen Überprüfung der Leistungsbeschränkungen sei dieses Gutachten von einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu erstellen. Die Fahrerlaubnisbehörde setzte eine Frist bis zum 12.12.2011 zur Vorlage des beigefügten Untersuchungsauftrages und wies dabei darauf hin, dass der Kläger zur Einsichtnahme in die Unterlagen innerhalb dieser Frist bei der Führerscheinstelle persönlich vorsprechen könne. Zur Vorlage des Gutachtens bestimmte die Fahrerlaubnisbehörde eine Frist bis zum 12.02.2012 und hob hervor, dass bei Nichtbeibringung gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers geschlossen werde.
Der Kläger brachte ein solches Gutachten nicht bei. Daraufhin entzog ihm das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis mit Verfügung vom 01.02.2012 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis der Klassen A und B sowie der darin enthaltenen Fahrerlaubnisklassen. Den Widerspruch des Klägers gegen diese Verfügung wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2012 zurück. Da das geforderte Gutachten nicht vorgelegt worden sei, habe das Landratsamt gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Klägers schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen dürfen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger über die ihm ärztlich verordneten Morphinpräparate hinaus weitere betäubungsmittelhaltige Substanzen bzw. psychoaktiv wirkende Stoffe oder Arzneimittel eingenommen habe. Mithin könnten die bei der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 festgestellten Anzeichen gerade nicht mit der Einnahme der geltend gemachten ärztlich verordneten Medikamente begründet werden; es sei von einer kumulierenden Wirkung von ärztlich verordneten und darüber hinaus in unzulässiger Weise eingenommenen betäubungsmittelhaltigen Substanzen auszugehen.
Am 04.05.2012 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und geltend gemacht, die Anordnung der Beibringung des Gutachtens sei rechtswidrig gewesen, ebenso die daraufhin erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis. Anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 seien bei dem Kläger keinerlei Ausfallerscheinungen festgestellt worden, die die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens hätten rechtfertigen können. Ausweislich der im Behördenverfahren beigebrachten Atteste lägen bei dem Kläger keine Einschränkungen zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr vor. Im Übrigen sei der Fahrerlaubnisbehörde bereits in der Vergangenheit bekannt gewesen, dass der Kläger aus medizinischen Gründen betäubungsmittelhaltige Medikamente einnehmen müsse, ohne dass daraufhin fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen ergriffen worden seien.
Mit Urteil vom 03.09.2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung der Aufhebung der angefochtenen Bescheide hat es ausgeführt, nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV habe die Straßenverkehrsbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Aus der Nichtbeibringung des unter dem 22.11.2011 angeordneten ärztlichen Gutachtens habe das Landratsamt indes nicht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Klägers schließen dürfen. Denn die Gutachtensanordnung sei formell nicht ordnungsgemäß erfolgt; in der Anordnung vom 22.11.2011 fehle - im Gegensatz zu der Anordnung vom 06.10.2011 - die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV erforderliche Mitteilung, dass der Betroffene die zu übersendenden Unterlagen einsehen könne. Die scharfe Sanktion des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV setze aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg eine vollständig rechtmäßige Gutachtensanordnung voraus. Im Übrigen bestünden erhebliche Bedenken, ob die angeordnete Fragestellung dem Sachverhalt im vorliegenden Verfahren gerecht werde. Der Kläger nehme nach den von ihm vorgelegten ärztlichen Attesten morgens und abends ein Morphinpräparat mit einem Wirkstoffgehalt von 100 mg Morphin als Retard-Tablette und bei Bedarf ein zusätzliches Medikament ein. Nach der einschlägigen Literatur (Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn 36) seien bei der Applikation von 52,3 mg Morphin nach 60 Minuten noch ca. 100 ng/ml im Blut nachweisbar. Beim Kläger sei indes, nachdem ihm eine Stunde nach der Verkehrskontrolle um 12.30 Uhr Blut abgenommen worden sei, ein Morphingehalt von 324 ng/ml festgestellt worden. Bei einer am 08.11.2011 um 9.40 Uhr abgenommenen Blutprobe sei ein Morphingehalt von 178 ng/ml nachgewiesen worden. Demgegenüber habe der Kläger bei einer am 09.06.2010 um 13.56 Uhr abgenommenen Blutprobe einen Morphingehalt von 66 ng/ml gehabt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger und seine Ehefrau auch im Verdacht stünden, versucht zu haben, sich mittels gefälschter Rezepte psychoaktiv wirkende Arzneimittel zu verschaffen, dürfte sich im vorliegenden Fall die Frage stellen, ob nicht Abhängigkeit von Betäubungsmitteln oder missbräuchliche Einnahmen (regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Nr. 9.3 und Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) vorliege. Insoweit dürfte das Landratsamt gut beraten sein, nach sachkundiger Rücksprache, etwa bei einem Toxikologen, seine Fragestellung zu überdenken.
Mit Beschluss vom 06.03.2014 - dem Beklagten zugestellt am 19.03.2014 - hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Mit einem am 10.04.2014 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet. Entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts sei die Gutachtensanordnung mit dem Hinweis verbunden worden, dass der Kläger zur Einsichtnahme in die Unterlagen persönlich vorsprechen könne. Selbst wenn dieser Hinweis nicht für ausreichend erachtet würde, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV stelle nur eine Ordnungsvorschrift dar, deren Zweck es sei, den Betreffenden nochmals auf sein ohnehin bestehendes Akteneinsichtsrecht hinzuweisen. Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht sei entsprechend § 46 LVwVfG unbeachtlich. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe tatsächlich auch Akteneinsicht genommen, sodass das Fehlen eines Hinweises nicht ursächlich für eine unterlassene Akteneinsicht habe werden können. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sei die Gutachtensanordnung auch materiell rechtmäßig. Der Einwand des Klägers, es habe kein Anlas zur Polizeikontrolle bestanden, gehe fehl. Denn es habe sich um eine allgemeine Verkehrskontrolle gehandelt, zu deren Durchführung kein konkreter Anlass erforderlich gewesen sei. Die Kontrolle habe jedoch einen Anfangsverdacht des Fahrens unter Betäubungsmitteleinfluss ergeben, welcher dann wiederum Anlass zur Anordnung des Gutachtens gegeben habe. Dem Vortrag des Klägers, es seien bei ihm keine Ausfallerscheinungen festgestellt worden, sei der Ermittlungsbericht der Polizeidirektion M. vom 28.09.2011 entgegenzuhalten. In diesem seien sehr wohl Ausfallerscheinungen protokolliert wie „starkes Zittern am ganzen Körper, sehr nervös/aufgeregt, Schweißbildung auf der Stirn, verengte Pupillen, träge Pupillenreaktion auf Lichteinfall, ... fast aufgehoben“. Diese Anzeichen hätten den Anfangsverdacht zur Durchführung eines Drogentests begründet, der auch positiv für Opiate ausgefallen sei. Zudem habe der Kläger gegenüber dem Polizeihauptmeister I. geäußert, er habe nach Einnahme der Medikation ca. ein bis zwei Stunden lang Probleme mit dem Sehvermögen. Die festgestellten Betäubungsmittelwerte und die von der Polizei beobachtete Einschränkung der Bewegungsfähigkeit der linken Hand des Klägers begründeten Zweifel an der Eignung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen und insbesondere von Motorrädern. Dem Vortrag des Klägers, durch jahrelangen Konsum der Schmerzmittel lägen bei ihm keine Rauschzustände mehr vor, sodass eine negative Beeinflussung seiner Fahrtüchtigkeit ausscheide, sei entgegenzuhalten, dass die bei der Verkehrskontrolle festgestellten Ausfallerscheinungen sehr wohl auf solche Auswirkungen schließen ließen. Außerdem bestünde aufgrund der Tatsache, dass auch mit gefälschten Rezepten versucht worden sei, weitere Betäubungsmittel zu erwerben, die Vermutung, dass der Kläger weitere, nicht verordnete Betäubungsmittel konsumiere und dadurch in seiner Fahrtauglichkeit beeinträchtigt sei. Zur Kritik des Verwaltungsgerichts an der Fragestellung sei anzumerken, dass bei der Bewertung der Auswirkungen der ärztlich verordneten Medikation auch deren Wechselwirkung mit anderen vom Kläger konsumierten Substanzen berücksichtigt werde. Wenn durch die ärztlich verordnete Medikation in Verbindung mit einem möglichen Missbrauch die Schwelle der Fahrtüchtigkeit überschritten werde, führe die Fragestellung zur Feststellung der Fahruntüchtigkeit. Nach alldem rechtfertige die Verweigerung der Beibringung des angeordneten Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 FeV den Schluss auf die Nichteignung des Klägers.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. September 2013 - 1 K 1059/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er führt zur Begründung aus, es habe schon keinen hinreichenden Anlass für die Gutachtensanordnung gegeben, insbesondere seien vor der Polizeikontrolle keine Ausfallerscheinungen festgestellt worden, die die Einholung eines Gutachtens erforderlich gemacht hätten. Er sei den Polizeibeamten wie auch dem Landratsamt persönlich bekannt gewesen. Der Kläger befinde sich seit über 12 Jahren in schmerztherapeutischer Behandlung. Durch die Einnahme der medizinisch verordneten Schmerzmittel erlebe er keinerlei Rauschzustände mehr. Es sei lediglich die therapeutische Wirkung gegeben und somit eine negative Beeinflussung seiner Fahrtüchtigkeit im Straßenverkehr ausgeschlossen. Auch das Landratsamt sei noch in seinem Schreiben vom 21.10.2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass deshalb die Eignungsbedenken ausgeräumt seien. Der Kläger sei auch weder in einen Unfall verwickelt gewesen noch habe er sich durch irgendwelche Auffälligkeiten als fahruntüchtig erwiesen. Ausfallerscheinungen, die eine verkehrsbedingte Kontrolle erforderlich gemacht hätten, seien nicht festgestellt worden; vielmehr sei er aus reiner Schikane zum wiederholten Male angehalten und überprüft worden, nachdem es in der Vergangenheit mehrfach Auseinandersetzungen mit den kontrollierenden Polizeibeamten gegeben habe. Die Anordnung eines für ihn auch noch kostenpflichtigen Gutachtens sei nach allem unzulässig gewesen und die an die Nichtbeibringung anknüpfende Sanktion der Entziehung der Fahrerlaubnis ermessensfehlerhaft.
15 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und die Fahrerlaubnisakte des Landratsamts (4 Bände) sowie die Widerspruchsakte vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO über die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
17 
Die vom Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben; der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 01.02.2012 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.04.2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
18 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2012 (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 -DAR 2014, 711; sowie vom 28.04.2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10).
19 
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 und 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend und ohne Ermessensbetätigung zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Ermächtigt § 46 Abs. 1 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis somit erst, wenn die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen ist, enthält § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld dieser Entscheidung und mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Bestehens dieser Eignung. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Ein Schluss auf die Nichteignung ist indes nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78; sowie vom 09.06.2005 - 3 C 25.04 - NJW 2005, 3081; Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - VBlBW 2014, 337). Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 ist zwar materiell rechtmäßig (dazu unter 1.), sie genügt jedoch nicht den gemäß § 11 Abs. 6 FeV einzuhaltenden formell-rechtlichen Erfordernissen (dazu unter 2.).
20 
1. Der Senat teilt die Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde, dass die Fahreignung des Klägers durch ein ärztliches Gutachten zu klären war.
21 
Die Gutachtensanordnung begegnet im vorliegenden Fall in materieller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV (dazu unter 1.1). Der Kläger dringt weder mit seiner Rüge, es habe aufgrund der rechtswidrigen Polizeikontrolle kein Anlass für eine Begutachtung bestanden (dazu unter 1.2), noch mit seinem Einwand durch, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 kein Ermessen betätigt (dazu unter 1.3).
22 
1.1 Rechtsgrundlage für die Gutachtensanordnung zur Klärung der von der Fahrerlaubnisbehörde aufgeworfenen Frage ist § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV. Nach dieser Bestimmung kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bestehen solche Bedenken insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach der Anlage 4 oder 5 hinweisen. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift muss eine solche Erkrankung nicht etwa feststehen, um eine Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Vielmehr darf eine Begutachtung bereits dann angeordnet werden, wenn Tatsachen auf eine solche Erkrankung hinweisen. Wie die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend angenommen hat, war dies vorliegend der Fall. Fahreignungsrelevante Bedenken bestehen deshalb, weil der Kläger unstreitig und auch nach seinem eigenen Vortrag wegen schwerer Gesundheitsbeeinträchtigung aufgrund ärztlicher Verordnung seit längerer Zeit morphinhaltige Präparate täglich einnimmt. Er trägt vor, dass er ohne die Einnahme von betäubungsmittelhaltigen Medikamenten nicht in der Lage wäre, überhaupt ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Die anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommene Blutprobe ergab einen Morphingehalt von 324 ng/ml. Nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, da insoweit die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - VBlBW 2014, 109). Wie sich der in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfenen Fragestellung eindeutig entnehmen lässt, zielen die Eignungsbedenken der Fahrerlaubnisbehörde auf die Auswirkungen einer Dauerbehandlung mit psychoaktiv wirkenden Medikamenten und dadurch bedingte Leistungseinschränkungen, mithin auf Eignungszweifel im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Rechtsgrundlage für die Aufklärung etwa medikamentenbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit von Kraftfahrern durch ein ärztliches Gutachten stellt § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV dar. Die von der Fahrerlaubnisbehörde zur Begründung ihrer Gutachtensanordnung kumulativ mit herangezogene Vorschrift des § 14 FeV, insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV, ist in diesem Zusammenhang nicht einschlägig. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV ordnet zwingend die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen in Rede steht. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 FeV definiert als regelmäßig übermäßiger Gebrauch, d. h. der bestimmungsgemäße Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel im Rahmen einer ärztlich verordneten Medikation genügt insoweit nicht. Auf einen missbräuchlichen, nicht von einer ärztlichen Verordnung gedeckten Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel hebt die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 formulierte Fragestellung indes nicht ab.
23 
Gemessen hieran ist die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Umständen des vorliegenden Falles Klärungsbedarf besteht, ob die aktuelle Einnahme von morphinhaltigen Arzneimitteln die Fahreignung des Klägers beeinträchtigt. Die Untersuchung der anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommenen Blutprobe ergab einen - gemessen an den für die Ahndung als Ordnungswidrigkeit einschlägigen Grenzwerten - hohen Morphingehalt von 324 ng/ml; auch äußerlich schien der Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle unter Drogeneinfluss zu stehen. Anzeichen für einen aktuellen Betäubungsmitteleinfluss werden etwa in dem Bericht der Polizeidirektion M. vom 28.09.2011 geschildert; ausweislich des Polizeiberichts zitterte der Kläger stark am ganzen Körper, hatte verengte Pupillen und wies eine träge Pupillenreaktion auf Lichteinfall (fast aufgehoben) auf. Auch der die Blutentnahme durchführende Arzt ging ausweislich des hierüber gefertigten Berichts davon aus, dass der Untersuchte äußerlich leicht unter Medikamenteneinfluss stand und hob zur Begründung hierzu vor allem auf die Stimmungshaltung des Klägers, die mit provokativ und aggressiv beschrieben wird, ab. Im Übrigen wird der von der Fahrerlaubnisbehörde angenommene ärztliche Klärungsbedarf bereits durch die vom Kläger selbst angegebene Medikation mit morphinhaltigen Präparaten begründet. Erst im Rahmen der ärztlichen Begutachtung kann abgeklärt werden, ob - wie vom Kläger und seinen behandelnden Ärzten angenommen - keine verkehrsrelevanten Auswirkungen und Leistungseinschränkungen bestehen.
24 
1.2 Fehl geht die Rüge des Klägers, die Gutachtensanordnung sei in materieller Hinsicht bereits deshalb rechtswidrig, weil für die der Blutentnahme vorausgegangenen Polizeikontrolle kein hinreichender Anlass bestanden habe. Keiner abschließenden Klärung bedarf hierbei, ob es sich bei der Kontrolle um eine verdachtsunabhängig zulässige allgemeine Verkehrskontrolle gehandelt hat, wofür freilich vieles spricht. Selbst wenn die Verkehrskontrolle am 24.09.2011 rechtswidrig erfolgt sein sollte, schafft das Ergebnis der daraufhin angeordneten Blutuntersuchung eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Eignungsgutachtens (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 - 3 C 20.09 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7) - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. So geht etwa die ständige oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch davon aus, dass selbst bei einem Verstoß gegen strafprozessuale Beweiserhebungsvorschriften daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde folgt, das Ergebnis dieser strafprozessualen Maßnahme im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zu verwerten (vgl. hierzu umfassend Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 - VBlBW 2010, 400; sowie vom 28.02.2012 - 10 S 3390/11 - NJW 2012, 2747). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob dies auch bei einem gezielten Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO gilt (kritisch hierzu BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 28.06.2014 - 1 BvR 1837/12 - NJW 2015, 1005). Denn im hier zu beurteilenden Fall steht kein Eingriff in die gemäß Art. 2 Abs. 2 GG grundrechtlich besonders geschützte körperliche Integrität des Betroffenen, sondern lediglich eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit in Rede.
25 
1.3 Die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 ist entgegen der Annahme des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgrund eines Ermessensausfalles rechtswidrig. Im Ansatz zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage der hier einschlägigen Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV nicht zwingend geboten ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Verordnung ergibt sich vielmehr, dass der Fahrerlaubnisbehörde insoweit ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Die vom Kläger zu Recht geforderten Ermessenserwägungen fließen aber regelmäßig in die Prüfung ein, ob konkrete und hinreichend gewichtige Eignungszweifel vorliegen. Ergibt die Würdigung der Behörde, dass die festgestellten Tatsachen nach Art und Gewicht aussagekräftige Anzeichen für aufklärungsbedürftige Eignungszweifel sind, besteht ohne das Vorliegen besonderer Umstände kein Anlass dafür, dass die Behörde ihre diesbezüglichen Überlegungen nochmals im Rahmen einer ausdrücklich als solche bezeichneten Ermessensausübung wiederholt. Denn wenn durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel an der geistigen, charakterlichen oder - wie hier in Rede stehend - körperlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers bestehen, hat die Behörde im Interesse der Verkehrssicherheit im Regelfall weitere Ermittlungen anzustellen. Je gewichtiger die Eignungsbedenken sind, desto geringer wird das Entschließungsermessen der Behörde; bei Vorliegen von erheblichen Eignungszweifeln dürfte es regelmäßig auf Null reduziert sein (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG). Liegen keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, trotz der festgestellten Eignungsbedenken von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, besteht deshalb im Rahmen der typisierenden Regelung des § 11 FeV kein Anlass zu weitergehenden gesonderten Ermessenserwägungen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 08.03.2013 - 10 S 54/13 - VBlBW 2013, 345).
26 
Im vorliegenden Fall hat die Behörde in der Gutachtensanordnung unter Schilderung des Verkehrsvorfalles vom 24.09.2011 und der dabei bei dem Kläger festgestellten Anzeichen für eine Betäubungsmittelbeeinflussung ausgeführt, dass dies die Abklärung von etwa bestehenden verkehrsrelevanten Auswirkungen der ärztlich verordneten Medikation notwendig mache. Die Behörde hat damit ausreichend dargetan, aufgrund welcher konkreter Tatsachen Eignungszweifel bestehen und warum diese nach Art und Gewicht die Besorgnis begründen, dass der Kläger nicht die erforderliche körperliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt. Besondere Umstände, dass dieser Vorfall ausnahmsweise kein hinreichend aussagekräftiges Anzeichen für Eignungszweifel darstellt, waren hier nicht ersichtlich.
27 
2. Die Anordnung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens des Landratsamts vom 22.11.2011 genügt indes nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an der Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2). Diesen in § 11 Abs. 6 FeV normierten formellen Anforderungen entspricht die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 nicht in jeder Hinsicht. Zwar genügt die Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens den Anforderungen an die Konkretisierung des Begutachtungsmittels (dazu unter 2.1). Auch enthält das Aufforderungsschreiben der Fahrerlaubnisbehörde den in § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vorgeschriebenen Hinweis (dazu unter 2.2). Indes genügt die Begutachtungsanordnung nicht vollumfänglich den Anforderungen an die Ausformulierung einer konkreten Fragestellung (dazu unter 2.3).
28 
2.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des von der Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung der Eignungszweifel vorgesehenen Gutachtens. Die hinreichende Bestimmtheit der Anordnung setzt die Angabe des beizubringenden Gutachtens voraus. Insoweit kommen ein ärztliches (§ 11 Abs. 2 FeV) oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV), oder aber ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Fahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) in Betracht. Soweit die Fahrerlaubnisbehörde eine rein medizinische Begutachtung anstrebt, kommt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV die Begutachtung durch den für die Fragestellung zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (Nr. 1), durch einen Arzt des Gesundheitsamtes oder einen anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung (Nr. 2), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ (Nr. 3), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ (Nr. 4), oder den Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt (Nr. 5), in Betracht. Die Bestimmtheitsanforderungen gebieten es, bei der Anordnung einer ärztlichen Begutachtung im Einzelnen darzustellen, welcher nach § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV prinzipiell mögliche Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Nur in diesem Fall kann der Betroffene angesichts der Vielzahl denkbarer ärztlicher Untersuchungen erkennen, welche Untersuchung durch was für einen Arzt von ihm gefordert wird, um die aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde bestehenden Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszuräumen.
29 
Gemessen an diesen Anforderungen lässt sich der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 noch mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, was für ein Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Zwar enthält die Gutachtensanordnung keine ausdrückliche Benennung eines der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 FeV für eine ärztliche Begutachtung prinzipiell zuständigen Ärzte. Indes lässt sich aus den in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 verwendeten Formulierungen auch für den Betroffenen mit der nötigen Eindeutigkeit entnehmen, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV anordnen wollte. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Begutachtungsanordnung darauf hin, sie benötige ein ärztliches Gutachten, das wegen der erforderlichen Überprüfung der Leistungsbeschränkungen von einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu erstellen ist; ferner hob die Fahrerlaubnisbehörde hervor, dass der begutachtende Arzt die Anforderungen nach Anlage 14 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllen müsse. Auch in einem nachfolgenden Schreiben vom 13.12.2011 stellte die Fahrerlaubnisbehörde klar, dass nicht ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) angeordnet wurde; zur Ausräumung der Eignungszweifel werde lediglich ein ärztliches Gutachten angeordnet, „das allerdings wegen dem nötigen körperlichen Eignungstest bei einer MPU-Untersuchungsstelle durchgeführt werden“ müsse. Damit konnten auch für den Kläger als Betroffenen keine vernünftigen Zweifel bestehen, dass ein ärztliches Gutachten durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) angeordnet wurde.
30 
2.2 Entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts enthielt die Anordnung des Beklagten vom 22.11.2011 die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV erforderliche Mitteilung an den Kläger, dass er als Betroffener die von der Behörde an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 nach der Setzung einer Frist zur Vorlage der Einverständniserklärung darauf hin, dass der Kläger innerhalb dieser Frist Einsichtnahme in die Unterlagen bei einer persönlichen Vorsprache auf der Führerscheinstelle nehmen könne. Diese von der Fahrerlaubnisbehörde verwendete Formulierung genügt noch den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV. Daher bedarf es hier keiner Klärung der von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihrer Erörterung gerückten Frage, ob es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV um eine zwingende Verfahrens-, oder lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. Indes bestehen durchaus Zweifel an der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und der überwiegenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung, die § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift ansehen, gegen die von der Fahrerlaubnisbehörde ohne Sanktion verstoßen werden kann (so Hess. VGH, Urteil vom 26.05.2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.04.2012 - 6 L 488/12 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 25.01.2012 - AN 10 S 10.00029 - juris). Gegen den Charakter von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift dürften die Entstehungsgeschichte dieser Norm sowie Sinn und Zweck der Bestimmung sprechen. Indes führt ein Verstoß der Behörde gegen die Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV nicht nach der Art eines absoluten Verfahrensfehlers ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung. Gerade die Schutzfunktion von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV gebietet vielmehr eine Differenzierung danach, ob der Verstoß gegen die Hinweispflicht die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen im konkreten Fall beeinflusst haben kann. An dieser Möglichkeit fehlt es etwa in Fallgestaltungen, in denen der Fahrerlaubnisinhaber durch eine Einsicht in die zu übersendenden Unterlagen keinen anderen Kenntnisstand erlangen konnte als ohne Einsicht, etwa weil die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen in der notwendigen Darlegung der Gründe gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz FeV den Sachverhalt, wie er sich aus den zu übersendenden Unterlagen ergibt, vollständig mitgeteilt hat (vgl. zu einer derartigen Fallgestaltung BayVGH, Beschluss vom 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfSch 2013, 177) oder wenn der Betroffene - auch bei Fehlen des Hinweises - selbst oder durch seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die Fahrerlaubnisakten genommen hat. Letzteres ist hier der Fall: Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 12.10.2011 Einsicht in die Fahrerlaubnisakte begehrt, die ihm daraufhin am 13.10.2011 vollständig in seine Kanzlei übersandt wurde. In der Folgezeit bis zum Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 sind keine weiteren Schriftstücke in der Fahrerlaubnisakte aufzufinden, die dem Kläger nicht bekannt waren; im Wesentlichen besteht die Akte aus Korrespondenz seines Prozessbevollmächtigten mit der Fahrerlaubnisbehörde, in der er sich in der Sache mit dem Anlass der Begutachtung auseinandersetzt. Auch dieses Vorgehen verdeutlicht, dass ein etwa nicht ausreichender Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss hatte; damit wird der Normzweck von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vollständig erfüllt.
31 
2.3 Die in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung ist nicht in jeder Hinsicht rechtmäßig. Zwar genügt die Fragestellung den formellen Anforderungen an die Bestimmtheit (dazu unter 2.3.1). Indes ist die von der Behörde aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen und nicht zur Aufklärung der hier tatsächlich in Rede stehenden Eignungszweifel geeignet (dazu unter 2.3.2).
32 
2.3.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der aufgeworfenen Fragestellung. Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck von § 11 Abs. 6 FeV folgt, dass schon in der Gutachtensanordnung die Konkretisierung des Untersuchungsthemas zu erfolgen hat. Denn die Fragestellung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers „in der Anordnung festzulegen und hat zudem die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen“. Damit wird der zuständigen Behörde die Pflicht auferlegt, bereits in der Anordnung der Gutachtensbeibringung festzulegen, welche konkreten Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zu untersuchen sind. Wird hingegen in der Gutachtensanordnung lediglich das Ziel genannt, die Fahreignung des Betroffenen zu klären, erschöpft sie sich in der Wiederholung des Gesetzestextes und lässt nicht erkennen, dass die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Hat die Entscheidung, was Gegenstand der Begutachtung sein soll, aber bereits im Rahmen der an den Betroffenen gerichteten Anordnung zu fallen, folgt hieraus auch, dass die zuständige Behörde dem Betroffenen die jeweilige Fragestellung nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV in der Anordnung mitzuteilen hat. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 FeV, der eine Mitteilungspflicht erst gegenüber der untersuchenden Stelle in § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV erwähnt, wohl aber aus Sinn und Zweck der Regelung (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 - VBlBW 2010, 323; sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196).
33 
Welche Anforderungen § 11 Abs. 6 FeV an die Bestimmtheit der behördlichen Fragestellung stellt, kann dabei nicht abschließend abstrakt bestimmt werden. Auszugehen ist jedenfalls von der bzw. den für die jeweilige Fragestellung in Betracht kommenden, eine Gutachtensanordnung gebietenden oder in das Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde stellenden Befugnisnorm bzw. -normen der Fahrerlaubnis-Verordnung. Bereits deren tatbestandliche Voraussetzungen geben gewisse eingrenzende Zielrichtungen für die zu formulierende konkrete Fragestellung vor. In jedem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die konkretisierende Fragestellung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles festzulegen und dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Eignungszweifel mitzuteilen. Etwa eine bloße sinngemäße Wiedergabe der Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm genügt grundsätzlich nicht. Sodann ist auf der Rechtsfolgenseite ein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem für die Eignungszweifel Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtensanordnung festgelegten Prüfprogramm zu fordern. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der überschießenden - vom Untersuchungsanlass her gesehenen nicht erforderlichen - Untersuchungsvorgaben bzw. -inhalten mit Blick auf die damit einhergehenden Eingriffe in die Rechte des Betroffenen entgegensteht (vgl. zum Ganzen näher Senatsbeschluss vom 30.06.2011 - 10 S 2785/10 - NJW 2011, 3257).
34 
Diesen formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der von der Behörde aufgeworfenen Fragestellung genügt das Schreiben des Landratsamts vom 22.11.2011. Insbesondere lässt sich dem Schreiben hinreichend deutlich entnehmen, welcher Sachverhalt nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde die Eignungszweifel begründet. So legt die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 1 und 2 des Anforderungsschreibens vom 22.11.2011 dar, dass der Kläger am 24.09.2011 mit seinem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl eine Betäubungsmittelbeeinflussung aufgrund ärztlich verordneter Opiateinnahme vorgelegen habe. Ferner hat die Fahrerlaubnisbehörde näher dargestellt, dass diese Eignungszweifel durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste nicht ausgeräumt würden. Damit hat die Fahrerlaubnisbehörde für den Kläger hinreichend deutlich die Gründe dargelegt, aus denen sie ihre Zweifel an dessen Kraftfahreignung ableitet.
35 
2.3.2 Indes ist die von der Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen. Die Fragestellung lautet:
36 
„Liegen bei der ärztlich verordneten Medikation psycho-psyische Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen vor?
37 
Können festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden?“
38 
Diese mit der Anordnung verbundene Fragestellung ist inhaltlich unangemessen, da das von der Behörde angeordnete Begutachtungsmittel (ärztliches Gutachten) zur Klärung der aufgeworfenen Frage nicht geeignet ist. Wie sich bereits der Fragestellung und daneben vor allem der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 eindeutig entnehmen lässt, will die Behörde lediglich die durch die bestimmungsgemäße ärztliche Medikation mit Opiaten etwa eintretenden psycho-physischen Leistungseinbußen oder verkehrsrelevante Nebenwirkungen der Medikation aufklären lassen und daneben geklärt wissen, ob etwa festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden können. Diese Fragestellung und der zur Begründung herangezogene Sachverhalt heben damit ausschließlich auf eine ärztlich verordnete und bestimmungsgemäße Therapie mit psychoaktiven Arzneimitteln und etwa daraus resultierenden Leistungsbeeinträchtigungen im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ab. Fehl geht die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrem Schriftsatz vom 27.08.2014 vertretene Auffassung, die Fragestellung habe den Gutachter auch zur Abklärung etwa missbräuchlich durch den Kläger eingenommene Arzneimittel oder Drogen berechtigt. Für diese Auffassung finden sich weder in der Fragestellung noch in der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 Anhaltspunkte. Vielmehr überschritte der ärztliche Gutachter den durch die Fragestellung und die Beauftragung gezogenen Rahmen, wenn er nicht lediglich auf Auswirkungen der ärztlich verordneten Arzneimitteltherapie abstellen, sondern auch auf etwaige missbräuchliche Betäubungsmitteleinnahmen abheben würde.
39 
Zur Klärung der damit in ihrem Schwerpunkt auf Leistungseinbußen und etwaige Kompensationsmöglichkeiten gerichtete Fragestellung ist das angeordnete ärztliche Gutachten durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) nicht geeignet. Die nach dem Dafürhalten der Fahrerlaubnisbehörde aufklärungsbedürftigen Zweifel an dem psycho-physischen Leistungsvermögen des Klägers können durch eine rein ärztliche Begutachtung nicht ausgeräumt werden. Vielmehr erfolgt eine Überprüfung der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit durch Leistungstests nach Nr. 2.5 der Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahrereignung regelmäßig im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Mit den dabei zur Anwendung gelangenden Testverfahren können die Belastbarkeit, die Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie die Reaktionsfähigkeit untersucht werden (vgl. Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, Nr. 8.2.1). Die von der Fahrerlaubnisbehörde im Schwerpunkt aufgeworfene Frage nach etwaigen Leistungseinbußen und bestehenden Kompensationsmöglichkeiten ist deshalb in erster Linie durch Leistungstests und damit mit psychologischen Untersuchungsmethoden zu klären. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrerlaubnisbehörde - wohl im Hinblick auf diese Problematik - die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV angeordnet hat. Auch die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt beschränkt sich auf eine ärztliche Abklärung bestehender Leistungsmängel und ist deshalb von einer medizinisch-psychologischen Untersuchung und den dabei zur Anwendung gelangenden psychologischen Leistungstests zu unterscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 02.12.2013 - 10 S 1491/13 - NJW 2014, 1901). Bereits die Beschränkung auf eine ärztliche Begutachtung steht deshalb der von der Fahrerlaubnisbehörde wohl beabsichtigten Verfahrensweise entgegen, dass der Arzt in der Begutachtungsstelle schwerpunktmäßig und in eigener Verantwortung die dem psychologischen Aufgabenbereich zuzuordnenden psycho-physischen Testverfahren durchführen lässt. Im Ansatz zutreffend ist die Fahrerlaubnisbehörde freilich davon ausgegangen, dass auch bei durch die ärztlich verordnete Therapie mit Opiaten begründeten Eignungszweifeln eine ärztliche Begutachtung sinnvoll ist. In deren Rahmen kann geklärt werden, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung mit diesen Medikamenten die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen schafft, und ob die erforderliche Compliance des Betroffenen vorliegt (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - a.a.O.). Zur Klärung dieser vorgelagerten Fragen dürfte sich regelmäßig nicht die Beauftragung eines in einer Begutachtungsstelle tätigen Arztes, sondern des für die Grunderkrankung zuständigen Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV) anbieten. Indes war die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung nicht auf die Klärung dieser vorgelagerten medizinischen Fragen gerichtet. So finden sich in den von der Behörde aufgeworfenen Fragen keine Anhaltspunkte für Fragestellungen, die nach dem oben Gesagten im Rahmen einer (fach-)ärztlichen Begutachtung klärungsfähig wären. Dieser Betrachtung steht nicht entgegen, dass die Anforderung eines rein ärztlichen Gutachtens in ihrer Eingriffsintensität hinter einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zurückbleibt und unter diesem Gesichtspunkt sich für den Betroffenen als ein ihn weniger belastendes, milderes Mittel darstellen kann. Die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung ist zur Klärung der von ihr für aufklärungsbedürftig gehaltenen Fragestellung vielmehr nicht geeignet. Vor diesem Hintergrund muss der Betroffene befürchten, dass im Wege des angeordneten Begutachtungsverfahrens die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt werden und er deshalb ohne hinreichenden Grund mit einer weiteren - kostenpflichtigen - Begutachtung überzogen wird.
40 
Nach alldem hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht die Entziehung der Fahrerlaubnis und den diese bestätigten Widerspruchsbescheid aufgehoben. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass es der Fahrerlaubnisbehörde unbenommen bleibt, den Kläger unter Wahrung der formellen Anforderungen erneut zu einer ärztlichen und gegebenenfalls auch einer medizinisch-psychologischen Begutachtung im Hinblick auf den im Raum stehenden Verdacht einer nicht bestimmungsgemäßen Betäubungsmitteleinnahme aufzufordern.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
43 
Beschluss vom 11. August 2015
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 46.1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. als Beilage zur VBlBW 2014, Heft 1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO über die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
17 
Die vom Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben; der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 01.02.2012 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.04.2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
18 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2012 (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 -DAR 2014, 711; sowie vom 28.04.2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10).
19 
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 und 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend und ohne Ermessensbetätigung zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Ermächtigt § 46 Abs. 1 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis somit erst, wenn die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen ist, enthält § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld dieser Entscheidung und mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Bestehens dieser Eignung. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Ein Schluss auf die Nichteignung ist indes nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78; sowie vom 09.06.2005 - 3 C 25.04 - NJW 2005, 3081; Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - VBlBW 2014, 337). Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 ist zwar materiell rechtmäßig (dazu unter 1.), sie genügt jedoch nicht den gemäß § 11 Abs. 6 FeV einzuhaltenden formell-rechtlichen Erfordernissen (dazu unter 2.).
20 
1. Der Senat teilt die Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde, dass die Fahreignung des Klägers durch ein ärztliches Gutachten zu klären war.
21 
Die Gutachtensanordnung begegnet im vorliegenden Fall in materieller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV (dazu unter 1.1). Der Kläger dringt weder mit seiner Rüge, es habe aufgrund der rechtswidrigen Polizeikontrolle kein Anlass für eine Begutachtung bestanden (dazu unter 1.2), noch mit seinem Einwand durch, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 kein Ermessen betätigt (dazu unter 1.3).
22 
1.1 Rechtsgrundlage für die Gutachtensanordnung zur Klärung der von der Fahrerlaubnisbehörde aufgeworfenen Frage ist § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV. Nach dieser Bestimmung kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bestehen solche Bedenken insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach der Anlage 4 oder 5 hinweisen. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift muss eine solche Erkrankung nicht etwa feststehen, um eine Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Vielmehr darf eine Begutachtung bereits dann angeordnet werden, wenn Tatsachen auf eine solche Erkrankung hinweisen. Wie die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend angenommen hat, war dies vorliegend der Fall. Fahreignungsrelevante Bedenken bestehen deshalb, weil der Kläger unstreitig und auch nach seinem eigenen Vortrag wegen schwerer Gesundheitsbeeinträchtigung aufgrund ärztlicher Verordnung seit längerer Zeit morphinhaltige Präparate täglich einnimmt. Er trägt vor, dass er ohne die Einnahme von betäubungsmittelhaltigen Medikamenten nicht in der Lage wäre, überhaupt ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Die anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommene Blutprobe ergab einen Morphingehalt von 324 ng/ml. Nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, da insoweit die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - VBlBW 2014, 109). Wie sich der in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfenen Fragestellung eindeutig entnehmen lässt, zielen die Eignungsbedenken der Fahrerlaubnisbehörde auf die Auswirkungen einer Dauerbehandlung mit psychoaktiv wirkenden Medikamenten und dadurch bedingte Leistungseinschränkungen, mithin auf Eignungszweifel im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Rechtsgrundlage für die Aufklärung etwa medikamentenbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit von Kraftfahrern durch ein ärztliches Gutachten stellt § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV dar. Die von der Fahrerlaubnisbehörde zur Begründung ihrer Gutachtensanordnung kumulativ mit herangezogene Vorschrift des § 14 FeV, insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV, ist in diesem Zusammenhang nicht einschlägig. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV ordnet zwingend die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen in Rede steht. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 FeV definiert als regelmäßig übermäßiger Gebrauch, d. h. der bestimmungsgemäße Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel im Rahmen einer ärztlich verordneten Medikation genügt insoweit nicht. Auf einen missbräuchlichen, nicht von einer ärztlichen Verordnung gedeckten Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel hebt die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 formulierte Fragestellung indes nicht ab.
23 
Gemessen hieran ist die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Umständen des vorliegenden Falles Klärungsbedarf besteht, ob die aktuelle Einnahme von morphinhaltigen Arzneimitteln die Fahreignung des Klägers beeinträchtigt. Die Untersuchung der anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommenen Blutprobe ergab einen - gemessen an den für die Ahndung als Ordnungswidrigkeit einschlägigen Grenzwerten - hohen Morphingehalt von 324 ng/ml; auch äußerlich schien der Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle unter Drogeneinfluss zu stehen. Anzeichen für einen aktuellen Betäubungsmitteleinfluss werden etwa in dem Bericht der Polizeidirektion M. vom 28.09.2011 geschildert; ausweislich des Polizeiberichts zitterte der Kläger stark am ganzen Körper, hatte verengte Pupillen und wies eine träge Pupillenreaktion auf Lichteinfall (fast aufgehoben) auf. Auch der die Blutentnahme durchführende Arzt ging ausweislich des hierüber gefertigten Berichts davon aus, dass der Untersuchte äußerlich leicht unter Medikamenteneinfluss stand und hob zur Begründung hierzu vor allem auf die Stimmungshaltung des Klägers, die mit provokativ und aggressiv beschrieben wird, ab. Im Übrigen wird der von der Fahrerlaubnisbehörde angenommene ärztliche Klärungsbedarf bereits durch die vom Kläger selbst angegebene Medikation mit morphinhaltigen Präparaten begründet. Erst im Rahmen der ärztlichen Begutachtung kann abgeklärt werden, ob - wie vom Kläger und seinen behandelnden Ärzten angenommen - keine verkehrsrelevanten Auswirkungen und Leistungseinschränkungen bestehen.
24 
1.2 Fehl geht die Rüge des Klägers, die Gutachtensanordnung sei in materieller Hinsicht bereits deshalb rechtswidrig, weil für die der Blutentnahme vorausgegangenen Polizeikontrolle kein hinreichender Anlass bestanden habe. Keiner abschließenden Klärung bedarf hierbei, ob es sich bei der Kontrolle um eine verdachtsunabhängig zulässige allgemeine Verkehrskontrolle gehandelt hat, wofür freilich vieles spricht. Selbst wenn die Verkehrskontrolle am 24.09.2011 rechtswidrig erfolgt sein sollte, schafft das Ergebnis der daraufhin angeordneten Blutuntersuchung eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Eignungsgutachtens (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 - 3 C 20.09 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7) - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. So geht etwa die ständige oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch davon aus, dass selbst bei einem Verstoß gegen strafprozessuale Beweiserhebungsvorschriften daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde folgt, das Ergebnis dieser strafprozessualen Maßnahme im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zu verwerten (vgl. hierzu umfassend Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 - VBlBW 2010, 400; sowie vom 28.02.2012 - 10 S 3390/11 - NJW 2012, 2747). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob dies auch bei einem gezielten Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO gilt (kritisch hierzu BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 28.06.2014 - 1 BvR 1837/12 - NJW 2015, 1005). Denn im hier zu beurteilenden Fall steht kein Eingriff in die gemäß Art. 2 Abs. 2 GG grundrechtlich besonders geschützte körperliche Integrität des Betroffenen, sondern lediglich eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit in Rede.
25 
1.3 Die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 ist entgegen der Annahme des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgrund eines Ermessensausfalles rechtswidrig. Im Ansatz zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage der hier einschlägigen Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV nicht zwingend geboten ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Verordnung ergibt sich vielmehr, dass der Fahrerlaubnisbehörde insoweit ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Die vom Kläger zu Recht geforderten Ermessenserwägungen fließen aber regelmäßig in die Prüfung ein, ob konkrete und hinreichend gewichtige Eignungszweifel vorliegen. Ergibt die Würdigung der Behörde, dass die festgestellten Tatsachen nach Art und Gewicht aussagekräftige Anzeichen für aufklärungsbedürftige Eignungszweifel sind, besteht ohne das Vorliegen besonderer Umstände kein Anlass dafür, dass die Behörde ihre diesbezüglichen Überlegungen nochmals im Rahmen einer ausdrücklich als solche bezeichneten Ermessensausübung wiederholt. Denn wenn durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel an der geistigen, charakterlichen oder - wie hier in Rede stehend - körperlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers bestehen, hat die Behörde im Interesse der Verkehrssicherheit im Regelfall weitere Ermittlungen anzustellen. Je gewichtiger die Eignungsbedenken sind, desto geringer wird das Entschließungsermessen der Behörde; bei Vorliegen von erheblichen Eignungszweifeln dürfte es regelmäßig auf Null reduziert sein (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG). Liegen keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, trotz der festgestellten Eignungsbedenken von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, besteht deshalb im Rahmen der typisierenden Regelung des § 11 FeV kein Anlass zu weitergehenden gesonderten Ermessenserwägungen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 08.03.2013 - 10 S 54/13 - VBlBW 2013, 345).
26 
Im vorliegenden Fall hat die Behörde in der Gutachtensanordnung unter Schilderung des Verkehrsvorfalles vom 24.09.2011 und der dabei bei dem Kläger festgestellten Anzeichen für eine Betäubungsmittelbeeinflussung ausgeführt, dass dies die Abklärung von etwa bestehenden verkehrsrelevanten Auswirkungen der ärztlich verordneten Medikation notwendig mache. Die Behörde hat damit ausreichend dargetan, aufgrund welcher konkreter Tatsachen Eignungszweifel bestehen und warum diese nach Art und Gewicht die Besorgnis begründen, dass der Kläger nicht die erforderliche körperliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt. Besondere Umstände, dass dieser Vorfall ausnahmsweise kein hinreichend aussagekräftiges Anzeichen für Eignungszweifel darstellt, waren hier nicht ersichtlich.
27 
2. Die Anordnung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens des Landratsamts vom 22.11.2011 genügt indes nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an der Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2). Diesen in § 11 Abs. 6 FeV normierten formellen Anforderungen entspricht die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 nicht in jeder Hinsicht. Zwar genügt die Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens den Anforderungen an die Konkretisierung des Begutachtungsmittels (dazu unter 2.1). Auch enthält das Aufforderungsschreiben der Fahrerlaubnisbehörde den in § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vorgeschriebenen Hinweis (dazu unter 2.2). Indes genügt die Begutachtungsanordnung nicht vollumfänglich den Anforderungen an die Ausformulierung einer konkreten Fragestellung (dazu unter 2.3).
28 
2.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des von der Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung der Eignungszweifel vorgesehenen Gutachtens. Die hinreichende Bestimmtheit der Anordnung setzt die Angabe des beizubringenden Gutachtens voraus. Insoweit kommen ein ärztliches (§ 11 Abs. 2 FeV) oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV), oder aber ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Fahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) in Betracht. Soweit die Fahrerlaubnisbehörde eine rein medizinische Begutachtung anstrebt, kommt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV die Begutachtung durch den für die Fragestellung zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (Nr. 1), durch einen Arzt des Gesundheitsamtes oder einen anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung (Nr. 2), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ (Nr. 3), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ (Nr. 4), oder den Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt (Nr. 5), in Betracht. Die Bestimmtheitsanforderungen gebieten es, bei der Anordnung einer ärztlichen Begutachtung im Einzelnen darzustellen, welcher nach § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV prinzipiell mögliche Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Nur in diesem Fall kann der Betroffene angesichts der Vielzahl denkbarer ärztlicher Untersuchungen erkennen, welche Untersuchung durch was für einen Arzt von ihm gefordert wird, um die aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde bestehenden Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszuräumen.
29 
Gemessen an diesen Anforderungen lässt sich der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 noch mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, was für ein Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Zwar enthält die Gutachtensanordnung keine ausdrückliche Benennung eines der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 FeV für eine ärztliche Begutachtung prinzipiell zuständigen Ärzte. Indes lässt sich aus den in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 verwendeten Formulierungen auch für den Betroffenen mit der nötigen Eindeutigkeit entnehmen, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV anordnen wollte. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Begutachtungsanordnung darauf hin, sie benötige ein ärztliches Gutachten, das wegen der erforderlichen Überprüfung der Leistungsbeschränkungen von einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu erstellen ist; ferner hob die Fahrerlaubnisbehörde hervor, dass der begutachtende Arzt die Anforderungen nach Anlage 14 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllen müsse. Auch in einem nachfolgenden Schreiben vom 13.12.2011 stellte die Fahrerlaubnisbehörde klar, dass nicht ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) angeordnet wurde; zur Ausräumung der Eignungszweifel werde lediglich ein ärztliches Gutachten angeordnet, „das allerdings wegen dem nötigen körperlichen Eignungstest bei einer MPU-Untersuchungsstelle durchgeführt werden“ müsse. Damit konnten auch für den Kläger als Betroffenen keine vernünftigen Zweifel bestehen, dass ein ärztliches Gutachten durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) angeordnet wurde.
30 
2.2 Entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts enthielt die Anordnung des Beklagten vom 22.11.2011 die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV erforderliche Mitteilung an den Kläger, dass er als Betroffener die von der Behörde an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 nach der Setzung einer Frist zur Vorlage der Einverständniserklärung darauf hin, dass der Kläger innerhalb dieser Frist Einsichtnahme in die Unterlagen bei einer persönlichen Vorsprache auf der Führerscheinstelle nehmen könne. Diese von der Fahrerlaubnisbehörde verwendete Formulierung genügt noch den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV. Daher bedarf es hier keiner Klärung der von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihrer Erörterung gerückten Frage, ob es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV um eine zwingende Verfahrens-, oder lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. Indes bestehen durchaus Zweifel an der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und der überwiegenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung, die § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift ansehen, gegen die von der Fahrerlaubnisbehörde ohne Sanktion verstoßen werden kann (so Hess. VGH, Urteil vom 26.05.2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.04.2012 - 6 L 488/12 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 25.01.2012 - AN 10 S 10.00029 - juris). Gegen den Charakter von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift dürften die Entstehungsgeschichte dieser Norm sowie Sinn und Zweck der Bestimmung sprechen. Indes führt ein Verstoß der Behörde gegen die Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV nicht nach der Art eines absoluten Verfahrensfehlers ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung. Gerade die Schutzfunktion von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV gebietet vielmehr eine Differenzierung danach, ob der Verstoß gegen die Hinweispflicht die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen im konkreten Fall beeinflusst haben kann. An dieser Möglichkeit fehlt es etwa in Fallgestaltungen, in denen der Fahrerlaubnisinhaber durch eine Einsicht in die zu übersendenden Unterlagen keinen anderen Kenntnisstand erlangen konnte als ohne Einsicht, etwa weil die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen in der notwendigen Darlegung der Gründe gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz FeV den Sachverhalt, wie er sich aus den zu übersendenden Unterlagen ergibt, vollständig mitgeteilt hat (vgl. zu einer derartigen Fallgestaltung BayVGH, Beschluss vom 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfSch 2013, 177) oder wenn der Betroffene - auch bei Fehlen des Hinweises - selbst oder durch seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die Fahrerlaubnisakten genommen hat. Letzteres ist hier der Fall: Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 12.10.2011 Einsicht in die Fahrerlaubnisakte begehrt, die ihm daraufhin am 13.10.2011 vollständig in seine Kanzlei übersandt wurde. In der Folgezeit bis zum Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 sind keine weiteren Schriftstücke in der Fahrerlaubnisakte aufzufinden, die dem Kläger nicht bekannt waren; im Wesentlichen besteht die Akte aus Korrespondenz seines Prozessbevollmächtigten mit der Fahrerlaubnisbehörde, in der er sich in der Sache mit dem Anlass der Begutachtung auseinandersetzt. Auch dieses Vorgehen verdeutlicht, dass ein etwa nicht ausreichender Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss hatte; damit wird der Normzweck von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vollständig erfüllt.
31 
2.3 Die in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung ist nicht in jeder Hinsicht rechtmäßig. Zwar genügt die Fragestellung den formellen Anforderungen an die Bestimmtheit (dazu unter 2.3.1). Indes ist die von der Behörde aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen und nicht zur Aufklärung der hier tatsächlich in Rede stehenden Eignungszweifel geeignet (dazu unter 2.3.2).
32 
2.3.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der aufgeworfenen Fragestellung. Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck von § 11 Abs. 6 FeV folgt, dass schon in der Gutachtensanordnung die Konkretisierung des Untersuchungsthemas zu erfolgen hat. Denn die Fragestellung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers „in der Anordnung festzulegen und hat zudem die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen“. Damit wird der zuständigen Behörde die Pflicht auferlegt, bereits in der Anordnung der Gutachtensbeibringung festzulegen, welche konkreten Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zu untersuchen sind. Wird hingegen in der Gutachtensanordnung lediglich das Ziel genannt, die Fahreignung des Betroffenen zu klären, erschöpft sie sich in der Wiederholung des Gesetzestextes und lässt nicht erkennen, dass die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Hat die Entscheidung, was Gegenstand der Begutachtung sein soll, aber bereits im Rahmen der an den Betroffenen gerichteten Anordnung zu fallen, folgt hieraus auch, dass die zuständige Behörde dem Betroffenen die jeweilige Fragestellung nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV in der Anordnung mitzuteilen hat. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 FeV, der eine Mitteilungspflicht erst gegenüber der untersuchenden Stelle in § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV erwähnt, wohl aber aus Sinn und Zweck der Regelung (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 - VBlBW 2010, 323; sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196).
33 
Welche Anforderungen § 11 Abs. 6 FeV an die Bestimmtheit der behördlichen Fragestellung stellt, kann dabei nicht abschließend abstrakt bestimmt werden. Auszugehen ist jedenfalls von der bzw. den für die jeweilige Fragestellung in Betracht kommenden, eine Gutachtensanordnung gebietenden oder in das Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde stellenden Befugnisnorm bzw. -normen der Fahrerlaubnis-Verordnung. Bereits deren tatbestandliche Voraussetzungen geben gewisse eingrenzende Zielrichtungen für die zu formulierende konkrete Fragestellung vor. In jedem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die konkretisierende Fragestellung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles festzulegen und dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Eignungszweifel mitzuteilen. Etwa eine bloße sinngemäße Wiedergabe der Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm genügt grundsätzlich nicht. Sodann ist auf der Rechtsfolgenseite ein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem für die Eignungszweifel Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtensanordnung festgelegten Prüfprogramm zu fordern. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der überschießenden - vom Untersuchungsanlass her gesehenen nicht erforderlichen - Untersuchungsvorgaben bzw. -inhalten mit Blick auf die damit einhergehenden Eingriffe in die Rechte des Betroffenen entgegensteht (vgl. zum Ganzen näher Senatsbeschluss vom 30.06.2011 - 10 S 2785/10 - NJW 2011, 3257).
34 
Diesen formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der von der Behörde aufgeworfenen Fragestellung genügt das Schreiben des Landratsamts vom 22.11.2011. Insbesondere lässt sich dem Schreiben hinreichend deutlich entnehmen, welcher Sachverhalt nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde die Eignungszweifel begründet. So legt die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 1 und 2 des Anforderungsschreibens vom 22.11.2011 dar, dass der Kläger am 24.09.2011 mit seinem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl eine Betäubungsmittelbeeinflussung aufgrund ärztlich verordneter Opiateinnahme vorgelegen habe. Ferner hat die Fahrerlaubnisbehörde näher dargestellt, dass diese Eignungszweifel durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste nicht ausgeräumt würden. Damit hat die Fahrerlaubnisbehörde für den Kläger hinreichend deutlich die Gründe dargelegt, aus denen sie ihre Zweifel an dessen Kraftfahreignung ableitet.
35 
2.3.2 Indes ist die von der Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen. Die Fragestellung lautet:
36 
„Liegen bei der ärztlich verordneten Medikation psycho-psyische Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen vor?
37 
Können festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden?“
38 
Diese mit der Anordnung verbundene Fragestellung ist inhaltlich unangemessen, da das von der Behörde angeordnete Begutachtungsmittel (ärztliches Gutachten) zur Klärung der aufgeworfenen Frage nicht geeignet ist. Wie sich bereits der Fragestellung und daneben vor allem der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 eindeutig entnehmen lässt, will die Behörde lediglich die durch die bestimmungsgemäße ärztliche Medikation mit Opiaten etwa eintretenden psycho-physischen Leistungseinbußen oder verkehrsrelevante Nebenwirkungen der Medikation aufklären lassen und daneben geklärt wissen, ob etwa festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden können. Diese Fragestellung und der zur Begründung herangezogene Sachverhalt heben damit ausschließlich auf eine ärztlich verordnete und bestimmungsgemäße Therapie mit psychoaktiven Arzneimitteln und etwa daraus resultierenden Leistungsbeeinträchtigungen im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ab. Fehl geht die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrem Schriftsatz vom 27.08.2014 vertretene Auffassung, die Fragestellung habe den Gutachter auch zur Abklärung etwa missbräuchlich durch den Kläger eingenommene Arzneimittel oder Drogen berechtigt. Für diese Auffassung finden sich weder in der Fragestellung noch in der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 Anhaltspunkte. Vielmehr überschritte der ärztliche Gutachter den durch die Fragestellung und die Beauftragung gezogenen Rahmen, wenn er nicht lediglich auf Auswirkungen der ärztlich verordneten Arzneimitteltherapie abstellen, sondern auch auf etwaige missbräuchliche Betäubungsmitteleinnahmen abheben würde.
39 
Zur Klärung der damit in ihrem Schwerpunkt auf Leistungseinbußen und etwaige Kompensationsmöglichkeiten gerichtete Fragestellung ist das angeordnete ärztliche Gutachten durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) nicht geeignet. Die nach dem Dafürhalten der Fahrerlaubnisbehörde aufklärungsbedürftigen Zweifel an dem psycho-physischen Leistungsvermögen des Klägers können durch eine rein ärztliche Begutachtung nicht ausgeräumt werden. Vielmehr erfolgt eine Überprüfung der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit durch Leistungstests nach Nr. 2.5 der Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahrereignung regelmäßig im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Mit den dabei zur Anwendung gelangenden Testverfahren können die Belastbarkeit, die Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie die Reaktionsfähigkeit untersucht werden (vgl. Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, Nr. 8.2.1). Die von der Fahrerlaubnisbehörde im Schwerpunkt aufgeworfene Frage nach etwaigen Leistungseinbußen und bestehenden Kompensationsmöglichkeiten ist deshalb in erster Linie durch Leistungstests und damit mit psychologischen Untersuchungsmethoden zu klären. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrerlaubnisbehörde - wohl im Hinblick auf diese Problematik - die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV angeordnet hat. Auch die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt beschränkt sich auf eine ärztliche Abklärung bestehender Leistungsmängel und ist deshalb von einer medizinisch-psychologischen Untersuchung und den dabei zur Anwendung gelangenden psychologischen Leistungstests zu unterscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 02.12.2013 - 10 S 1491/13 - NJW 2014, 1901). Bereits die Beschränkung auf eine ärztliche Begutachtung steht deshalb der von der Fahrerlaubnisbehörde wohl beabsichtigten Verfahrensweise entgegen, dass der Arzt in der Begutachtungsstelle schwerpunktmäßig und in eigener Verantwortung die dem psychologischen Aufgabenbereich zuzuordnenden psycho-physischen Testverfahren durchführen lässt. Im Ansatz zutreffend ist die Fahrerlaubnisbehörde freilich davon ausgegangen, dass auch bei durch die ärztlich verordnete Therapie mit Opiaten begründeten Eignungszweifeln eine ärztliche Begutachtung sinnvoll ist. In deren Rahmen kann geklärt werden, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung mit diesen Medikamenten die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen schafft, und ob die erforderliche Compliance des Betroffenen vorliegt (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - a.a.O.). Zur Klärung dieser vorgelagerten Fragen dürfte sich regelmäßig nicht die Beauftragung eines in einer Begutachtungsstelle tätigen Arztes, sondern des für die Grunderkrankung zuständigen Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV) anbieten. Indes war die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung nicht auf die Klärung dieser vorgelagerten medizinischen Fragen gerichtet. So finden sich in den von der Behörde aufgeworfenen Fragen keine Anhaltspunkte für Fragestellungen, die nach dem oben Gesagten im Rahmen einer (fach-)ärztlichen Begutachtung klärungsfähig wären. Dieser Betrachtung steht nicht entgegen, dass die Anforderung eines rein ärztlichen Gutachtens in ihrer Eingriffsintensität hinter einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zurückbleibt und unter diesem Gesichtspunkt sich für den Betroffenen als ein ihn weniger belastendes, milderes Mittel darstellen kann. Die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung ist zur Klärung der von ihr für aufklärungsbedürftig gehaltenen Fragestellung vielmehr nicht geeignet. Vor diesem Hintergrund muss der Betroffene befürchten, dass im Wege des angeordneten Begutachtungsverfahrens die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt werden und er deshalb ohne hinreichenden Grund mit einer weiteren - kostenpflichtigen - Begutachtung überzogen wird.
40 
Nach alldem hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht die Entziehung der Fahrerlaubnis und den diese bestätigten Widerspruchsbescheid aufgehoben. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass es der Fahrerlaubnisbehörde unbenommen bleibt, den Kläger unter Wahrung der formellen Anforderungen erneut zu einer ärztlichen und gegebenenfalls auch einer medizinisch-psychologischen Begutachtung im Hinblick auf den im Raum stehenden Verdacht einer nicht bestimmungsgemäßen Betäubungsmitteleinnahme aufzufordern.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
43 
Beschluss vom 11. August 2015
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 46.1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. als Beilage zur VBlBW 2014, Heft 1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Bevollmächtigten wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für ihre Klage gegen eine Fahrerlaubnisentziehung.

1. Mit Schreiben vom 13. Januar 2016 teilte die Polizeiinspektion Obernburg a. Main dem Landratsamt Miltenberg unter anderen mit, dass die Klägerin im Selbstversuch das Medikament Ritalin konsumiere.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt Miltenberg mit Bescheid vom 19. Februar 2016 die Fahrerlaubnis (Nr. I). Sie gab der Klägerin weiter auf, den Führerschein für die Klasse B und die darin enthaltenen Klassen unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieses Bescheides, zurückzugeben (Nr. II). Für den Fall, dass die Klägerin der Verpflichtung aus Nr. II nicht fristgerecht nachkommt, wurde die Wegnahme des Führerscheins durch die Polizei angedroht (Nr. III). In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nachweislich bzw. nach eigenen Angaben Betäubungsmittel (Ritalin) konsumiere. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV genüge der einmalige Konsum. Die Klägerin müsse als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden. In diesem Fall sei ihr die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV zu entziehen.

Ein dagegen eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 17. August 2016 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid ist unter anderem ausgeführt, die Klägerin nehme ohne Medikamentenverschreibung Ritalin ein. Ritalin enthalte den Wirkstoff Methylphenidat. Es sei damit ein verkehrsfähiges Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 des Betäubungsmittelgesetzes. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV schließe die Einnahme von Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus.

2. Am 22. September 2016 ließ die Klägerin Klage gegen den Widerspruchsbescheid erheben und zur Begründung im Wesentlichen vorbringen, bei der Klägerin sei die Diagnose ADS ärztlich bestätigt. Weiterhin werde der Klägerin inzwischen dauerhaft Ritalin ärztlich verordnet. Die einmalige Einnahme des Medikaments Ritalin durch die Klägerin im Selbstversuch sei auf Anraten eines ihr bekannten Therapeuten geschehen, um herauszufinden, ob die Einnahme zur Besserung ihrer vermeintlichen ADS-Beschwerden beitrage. Eine Einzelfallprüfung habe nicht bzw. nicht im ausreichenden Maß stattgefunden. Weiter ließ die Klägerin beantragen,

1. der Klägerin für die 1. Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

2. der Klägerin zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte den Unterzeichnenden als Rechtsanwalt beizuordnen.

Das Landratsamt Miltenberg führte für die Beklagte in seiner Klageerwiderung vom 7. Oktober 2016 aus: Wie dem Polizeibericht zu entnehmen sei, habe der damalige Lebensgefährte bei der Durchsicht des Wohnanwesens bereits mitgeteilt, dass er in dem dort befindlichen „Kifferzimmer“ gemeinsam mit der Klägerin des Öfteren Marihuana konsumiere und sie das Ritalin ihrer Tochter konsumieren würde. Die Einnahme von Betäubungsmitteln in einem „Kifferzimmer“ deute mehr auf einen willkürlichen Konsum als auf einen gezielten Selbstversuch mit einem verschreibungspflichtigen Medikament hin. Ohne rezeptpflichtiger Verschreibung sei eine Kontrolle von Dosis und Häufigkeit der Ritalin-Medikamentierung nicht möglich. Weiterhin werde bezweifelt, dass der so genannte Selbstversuch von einem bekannten Therapeuten in dieser Form tatsächlich empfohlen worden sei. Sollte dieser (bisher nicht genannte) Therapeut tatsächlich über das erforderliche Fachwissen im Umgang mit dem verschreibungspflichtigen Medikament Ritalin verfügen, müsse davon ausgegangen werden, dass eine derartige oberflächliche Empfehlung, einen Selbstversuch mit dem Medikament der Tochter ohne ärztliche Aufsicht und Kontrollen durchzuführen, nicht ausgesprochen worden wäre. Bei entsprechendem Fachwissen hätte dem Therapeuten bekannt sein müssen, dass das Ritalin unter das Betäubungsmittelgesetz falle.

Mit Beschluss vom 20. Oktober 2016 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil er zulässig, aber nicht begründet ist.

Nach § 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid des Landratsamtes Miltenberg vom 19. Februar 2016 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 17. August 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Der Konsum eines verschreibungspflichtigen Betäubungsmittels, wie Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat, ohne ärztliche Verschreibung erfüllt den Tatbestand der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2015 - 11 CS 15.120 - KommunalPraxis BY 2015, 188; B.v. 24.4.2014 - 11 CS 14.288 - juris; B.v. 21.5.2007 - 11 C 06.2695 - juris). Die Klägerin hat unstreitig Ritalin ohne ärztliche Verschreibung konsumiert. Entsprechend war die fehlende Fahreignung bereits nach einmaliger Einnahme des Betäubungsmittels anzunehmen. Ein Ermessensspielraum verblieb der Behörde insoweit nicht. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Ausnahmefalls liegen angesichts der näheren Umstände des Konsums im „Kifferzimmer“, in dem die Klägerin auch Marihuana konsumiert hat, sowie auf angebliches Anraten eines nicht genannten Therapeuten nicht vor, wie der Beklagte seiner Klageerwiderung vom 7. Oktober 2016 zutreffend ausgeführt hat.

Die Klägerin hat ihre Kraftfahreignung auch nicht wiedererlangt. Nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV kann von einer Wiedererlangung der Fahreignung im Regelfall nur dann ausgegangen werden, wenn eine einjährige Drogenabstinenz nachgewiesen ist. Erst dann muss die Behörde dem nachgehen. Zu der Behauptung der Abstinenz müssen des Weiteren zum einen der Nachweis der Drogenabstinenz über eine gewisse Zeitdauer und zum anderen der Nachweis eines stabilen Verhaltens- und Einstellungswandels hinzutreten (BayVGH, B.v. 3.12.2015 - 11 ZB 15.2085 - juris; B.v. 24.4.2014 - 11 CS 14.288 - juris; OVG NRW, B.v. 23.7.2015 - 16 B 656/15 - juris; SächsOVG, B.v. 12.12.2014 - 3 B 193/14 - juris; OVG LSA, B.v. 1.10.2014 - 3 M 406/14 - VerkMitt 2015, Nr. 11).

Die Klägerin hat schon keine Abstinenz behauptet, sondern vielmehr vorgebracht, dass sie - nunmehr unter ärztlicher Verordnung - Ritalin weiter einnehme. Aber auch der Umstand, dass die Klägerin nunmehr ärztlicherseits verordnet Ritalin einnimmt, führt für sich nicht zur positiven Feststellung der Kraftfahreignung. Zwar begründet die Diagnose von ADS bzw. ADHS und eine damit verbundene, von einem Arzt verordnete Einnahme des Medikaments Ritalin für sich grundsätzlich auch nicht die Ungeeignetheit. Vielmehr ist die Frage der Kraftfahreignung grundsätzlich offen und aufklärungsbedürftig. Gleichwohl fehlt es in der vorliegenden Fallkonstellation zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids an einer Wiedererlangung der Kraftfahreignung, weil es dafür mehr als die schlichte Behauptung einer nunmehrigen ärztlichen Verordnung des Medikaments Ritalin bedarf.

Die Krankheit ADS bzw. ADHS gerade verbunden mit einer Dauermedikation mit Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat bietet einen sachgerechten Anlass für eine weitere Aufklärung (vgl. etwa VG Würzburg, B.v. 27.7.2016 - W 6 S 16.680 - juris; BayVGH, B.v. 18.4.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 - SVR 2011, 389; B.v. 31.5.2007 - 11 C 06.2695 - juris). Denn es ist durchaus möglich, dass die Fahreignung auf Dauer bzw. zeitweise eingeschränkt oder aufgehoben sein könnte. Der Wirkstoff Methylphenidat etwa in Ritalin ist ein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Der Wegfall der Fahreignung durch die Medikation ist gemäß Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV nicht ausgeschlossen und daher aufklärungsbedürftig.

Denn nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV schließt auch die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Nach den Umständen des vorliegenden Falles besteht Klärungsbedarf, ob die aktuelle Einnahme von Ritalin die Leistungsfähigkeit der Klägerin fahreignungsrelevant herabsetzt bzw. ob eine missbräuchliche Einnahme des Medikaments bzw. ein relevanter Beigebrauch von Cannabis vorliegt. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln hergeleitet werden, da die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV definierten Eignungsmängel insoweit speziellere Anforderungen normieren. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV definiert als unregelmäßig übermäßiger Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen. Damit genügt aber - anders als bei illegalen Drogen - der einmalige oder mehrmalige Gebrauch gerade nicht. In diesem Sinne dürfte auch die Nr. 3.12.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung zu verstehen sein, die den Schluss aus der Einnahme von Betäubungsmitteln auf die fehlende Fahreignung dann ausschließen, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (VGH BW, B.v. 22.1.2013 - 10 S 243/12 - NZV 2013, 261; SächsOVG, B.v. 6.5.2009 - 3 B 1/09 - SVR 2009, 352).

Auch bei dem Eignungsmangel nach Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV genügt eine ein- oder mehrmalige Einnahme eines Arzneimittels nicht; vielmehr wird eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Dauerbehandlung mit Medikamenten vorausgesetzt. Bei einer ärztlich verordneten Therapie mit Ritalin ist eine einzelfallorientierte Beurteilung oder Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht der Erkrankung ihre Symptome und die medikamentenspezifischen Auswirkungen erfasst, als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Compliance des Patienten gegenüber der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und die Fähigkeit zur Kompensation von gegebenenfalls festgestellten Leistungseinschränkungen, aber auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme sowie eines unzulässigen Beigebrauchs sonstiger psychoaktiv wirkender Stoffe überprüft (vgl. zu den insoweit vergleichbaren morphinhaltigen Arzneimitteln VGH BW, B.v. 22.1.2013 - 10 S 243/12 - NZV 2013, 261). Dabei müsste eine geeignete Fragestellung darauf ausgerichtet sein aufzuklären, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung, hier mit dem Medikament Ritalin, die Voraussetzung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen schafft, die Arzneimitteleinnahme ihrerseits zu psychophysischen Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen führt, ob die langfristige Medikamenteneinnahme bereits zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen, intellektuellen oder psychischen Leistungsfähigkeit geführt hat und ob der Betroffene diese Auswirkungen gegebenenfalls kompensieren kann. Ferner dürfte erheblich sein, ob die Medikamenteneinnahme hinreichend überwacht wird und ob das Gefährdungspotential vom Betroffenen hinreichend eingeschätzt wird (vgl. zum Ganzen Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Aufl. 2005, Kapitel 3.12.2, Seite 20; VGH BW, B.v. 22.1.2013 - 10 S 243/12 - NZV 2013, 261). Zur Klärung bedarf es dazu gegebenenfalls ein ärztliches Gutachten betreffend die medizinischen Aspekte sowie darüber hinaus - soweit es um die Frage der durch die bestimmungsgemäße Einnahme psychoaktiver Arzneimittel hervorgerufenen psychophysischen Leistungseinbußen und etwaiger Kompensationsmöglichkeiten geht - einer medizinischpsychologischen Begutachtung (VGH BW, U.v. 10.8.2015 - 10 S 444/14 - VRS 129, 95-106 [2015] sowie VG Würzburg, B.v. 27.7.2016 - W 6 S 16.680 - juris; B.v. 22.12.2014 - W 6 S 14.1235).

Vor diesem Hintergrund ist bei der Klägerin gleichwohl weiterhin von einer feststehenden Ungeeignetheit am Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen, weil sie weder im Widerspruchsverfahren noch im Klageverfahren ihre Angaben zum angeblich ärztlicherseits verordneten Ritalin-Konsum substanziiert hat. Sie hat weder angegeben welche Menge und welche Dosierung an Ritalin sie ärztlicherseits einnehmen muss, noch hat sie angegeben, ab wann sie Ritalin in welcher Menge tatsächlich einnimmt. Erst recht fehlt die Vorlage eines ärztlichen Attestes bzw. der ärztlichen Verordnung zur Einnahme von Ritalin. Erst wenn der Klägerin der Nachweis gelingen sollte, dass sie nunmehr krankheitsbedingt entsprechend einer ärztlichen Verordnung Ritalin einnimmt und dieses jedenfalls nicht die Fahreignung entfallen lässt, könnte von einer Wiedererlangung der Fahreignung ausgegangen werden (vgl. auch BayVGH, B.v. 18.4.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 - SVR 2011, 389).

Unabhängig von dem vorstehend Gesagten und selbstständig tragend hat die Klägerin - ausgehend von den aktenkundigen Feststellungen sowie von ihrem Vorbringen - deshalb die Kraftfahreignung verloren, weil nach der polizeilichen Mitteilung vom 13. Januar 2016 davon auszugehen ist, dass sie zumindest gelegentlich Marihuana, also Cannabis, konsumiert und nunmehr zusätzlich das psychoaktiv wirkende Arzneimittel Ritalin einnimmt. Denn Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bestimmt ausdrücklich, dass - unabhängig von einer Teilnahme am Straßenverkehr - auch derjenige ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, der gelegentlich Cannabis konsumiert, wenn zusätzlich der Gebrauch anderer psychoaktiv wirkender Stoffe (wie hier Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat) hinzukommt. Ein solcher Mischkonsum führt ebenfalls zum Verlust der Fahreignung, wenn er eine kombinierte Rauschwirkung zur Folge haben kann (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 - 3 C 32/12 - BVerwGE 148, 230; zurückhaltender noch die Vorinstanz, BayVGH, U.v. 24.10.2012 - 11 B 12.1523 - NZV 2013, 415).

Nach alledem hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides von einer Ungeeignetheit der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen ist.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, L, M und S.

Das Amtsgericht A. verwarnte den Antragsteller mit Urteil vom ... April 2015 wegen des unerlaubten Besitzes von nicht geringen Mengen Betäubungsmitteln. Im Rahmen des Strafverfahrens gab der Antragsteller an, an ADHS, einem Reizdarmsyndrom und auch an Depressionen zu leiden; er sei zu a... Prozent schwerbehindert. Vor seiner Erlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten (s.u.) habe er seit 2011 Cannabis selbst angebaut und es ausschließlich wegen seiner Krankheit genommen. Er konsumiere a... bis b... Gramm pro Tag, indem er sich einen Tee mache oder einen Verdampfer benutze. Vor dem Konsum vom Cannabis habe er unter einem seelischen Notstand gelitten; er sei austherapiert gewesen, kein Arzt hätte ihm mehr helfen können. Die Erlaubnis habe er erst später beantragt, weil es anfangs schwierig gewesen sei, darüber mit den behandelnden Ärzten zu sprechen. Er habe für eine solche Erlaubnis daher (irrigerweise) keine Chance gesehen.

Seit ... August 2014 ist der Antragsteller Inhaber einer Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz - BtMG - des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Selbsttherapie, nach der er Medizinal-Cannabisblüten entsprechend der Dosierungsvorgabe des betreuenden/begleitenden Arztes bis zu einem 4-Wochen-Bedarf erwerben darf.

Nachdem ihn die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Freising im August 2015 anlässlich des Strafurteils zum beabsichtigten Fahrerlaubnisentzug angehört hatte, legte der Antragsteller der Behörde diverse ärztliche Atteste vor, welche u. a. eine ausgeprägte Fruktoseintoleranz seit April 2011 bestätigen, die zu einem Reizdarmsyndrom vom Bläh-/Schmerztyp bzw. chronisch rezidivierenden Diarrhoen und krampfartigen Bauchschmerzen führe. Auch aus April und Mai 2014 stammende Arztbriefe, die ADHS im Erwachsenenalter und eine schwere Depression attestieren, wurden vorgelegt. Zudem teilte der Antragsteller mit, dass er seit der begleiteten Cannabistherapie bzgl. ADHS und seiner Depression vollständig symptomfrei sei; insoweit sei er seit September 2014 nicht mehr in fachärztlicher Behandlung.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2015 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller auf, zur Klärung von Zweifeln an seiner Fahreignung aufgrund seines regelmäßigen Cannabiskonsums ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle beizubringen. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Antragsteller aufgrund seiner täglichen Einnahme von Cannabis als regelmäßiger Konsument i. S. v. Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung - FeV - einzuordnen sei. Damit sei im Regelfall von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Der Antragsteller mache aber geltend, trotz regelmäßigen Konsums fahrgeeignet zu sein. Solche Zweifel an der Fahreignung könnten gemäß Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV im Wege einer medizinisch psychologischen Untersuchung geklärt werden.

Das daraufhin vom Antragsteller beauftragte und vorgelegte Gutachten der A. vom ... Mai 2016 kommt zum Ergebnis, dass

- beim Antragsteller wegen (Anm.: richtig wohl „trotz“) regelmäßiger Einnahme von Cannabisblüten keine besonderen Umständen vorliegen würden, welche das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A1, B, L, M und S /Gruppe 1 erwarten lassen würden;

- der Antragsteller in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gerecht zu werden, Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß hätten am Untersuchungstag nicht vorgelegen;

- beim Antragsteller keine ausreichende Compliance vorliege. Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen inklusive Alkohol könne nicht ausgeschlossen werden, regelmäßige überwachte Medikamenten- bzw. Cannabiseinnahme liege nicht vor, selbstinduzierte Unter- oder Überdosierung könne nicht ausgeschlossen werden.

In der entsprechenden Bewertung der medizinischen Befunde und des psychologischen Untersuchungsgesprächs erläutern die beiden Gutachter, dass sich bei der körperlichen Untersuchung des Antragstellers keine drogenspezifischen, insbesondere keine psychischen Auffälligkeiten wie Unruhe oder Nervosität gezeigt hätten. Auch die während der Begutachtung durchgeführte Urinuntersuchung sei unauffällig gewesen und hätte keinen Hinweis auf sog. Beikonsum ergeben. In den durchgeführten insgesamt sieben Leistungstests erreichte der Antragsteller durchweg sehr hohe Prozentränge zwischen 97 und 100 bei einem jeweils gefordertem Mindestprozentrang von 16.

Dennoch könne für den Antragsteller keine positive Prognose erstellt werden. Der Antragsteller könne keine einjährige Beikonsumfreiheit durch ein Drogenscreening nachweisen. Zudem sei nicht gesichert, dass er im Rahmen der Begutachtung die übliche Tagesdosis eingenommen habe; es sei möglich, dass der Antragsteller diese reduziert habe, um gute Ergebnisse im Leistungstest zu erzielen. Die Selbsttherapie durch Cannabisblüten könne nicht als Dauerbehandlung mit Arzneimitteln gemäß Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV gewertet werden, weil Medizinal-Cannabisblüten kein zugelassenes Arzneimittel seien. Die Dosierung sei nicht festgelegt, der Wirkstoffgehalt könne je nach Sorte variieren. Es könne zu einer Dosissteigerung und einem Zukauf von Cannabis auf dem Schwarzmarkt kommen, was durch ein Urinscreening aber nicht nachgewiesen werden könne. Selbst eine ärztlich induzierte Cannabisabhängigkeit sei denkbar. Eine ärztliche Überwachung und regelmäßige Kontrollen könnten keinesfalls durch einen Arzt gewährleistet werden, der sehr weit entfernt seine Praxis betreibe, weshalb ein persönlicher Besuch laut Angaben des Antragstellers nur ein Mal pro Jahr erfolge. Aus-, Folge- und Nebenwirkung der aktuellen Medikation für die Verkehrssicherheit seien so letztendlich nicht sicher einschätzbar.

Auf Grundlage dieses vorgelegten Gutachtens und nach vorheriger Anhörung (Schreiben vom ... Mai 2016) entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 13. Juni 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids) und gab ihm auf, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids, den Führerschein bzw. alternativ eine eidesstattliche Erklärung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben (Nr. 2). Für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheids wurde dem Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von a... Euro angedroht (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 4) Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von b... Euro erhoben (Nrn. 5 und 6).

Die Fahrerlaubnisbehörde begründete ihre Maßnahme mit dem vorgelegten Gutachten. Demnach sei kein Ausnahmefall gemäß Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV gegeben, vielmehr sei von regelmäßigem Konsum i. S. v. Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV auszugehen. Insbesondere liege keine Dauerbehandlung mit Arzneimitteln gemäß Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV vor, weil Cannabisblüten kein zugelassenes Arzneimittel seien. Auch handle es sich bei ADHS und einem Reizdarmsyndrom gerade nicht um klassische Indikationen für eine Cannabistherapie; die therapeutische Wirksamkeit von Cannabis beim ADHS-Syndrom im Erwachsenenalter sei bisher nicht durch kontrollierte Studien erwiesen. Beikonsum könne nicht ausgeschlossen werden, eine Leistungstestung sei nicht möglich, weil diese aufgrund der Selbsttherapie und damit einhergehender fehlender Vorbefunde manipulierbar seien.

Die in Nr. 2 des Bescheids ausgesprochene Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins ergebe sich aus § 3 Abs. 2 StVG, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 3 FeV; die Pflicht zur eidesstattlichen Versicherung aus § 5 StVG. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids basiere auf Art. 29, 30, 31, 36, 37 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG. Die Fahrerlaubnis müsse gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mit sofortiger Wirkung entzogen werden (Nr. 4 des Bescheids), weil der Antragsteller aufgrund seines regelmäßigen, nahezu täglichen Konsums ständig unter dem Einfluss von Cannabis stehe und so ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr stelle so ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Das öffentliche Interesse am Schutz anderer Verkehrsteilnehmer überwiege daher die privaten Interessen finanzieller oder beruflicher Art des Antragstellers. Der Antragsteller habe als Veranlasser auch die entsprechenden Kosten für den Bescheid zu tragen (Nrn. 5 und 6 des Bescheids).

Mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom ... Juli 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom 13. Juni 2016 (Az. M 26 K 16.3062) und beantragten außerdem,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts Freising vom 13.06.2016 wiederherzustellen.

Die Therapie des Krankheitsbildes mittels Cannabisblüten sei vorliegend als Dauerbehandlung mit Arzneimitteln i. S. v. Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV zu werten, was insbesondere die vom BfArM erteilte Ausnahmeerlaubnis zeige. Fraglich sei schon, warum eine medizinisch-psychologische Untersuchung und nicht nur ein ärztliches Gutachten angefordert worden sei. Jedenfalls sei das erstellte Gutachten an entscheidenden Stellen mangelhaft. So unterstelle es dem Antragsteller zeitweise, vor Erlaubnis des BfArM, im Sinne eines Drogenmissbrauchs Cannabis konsumiert zu haben. Zu Unrecht werde die Therapieform mit Hinweis auf die „fehlende klassische Indikation“ abgelehnt. Wenn eine Ausnahmeerlaubnis vorliege, müsse die zulässige Medikation in der ärztlich verordneten Art und Dosierung einem verkehrsfähigem Medikament gleichgestellt werden. Das Gutachten verdächtige den Antragsteller, dass er im Vorfeld den Konsum reduziert habe, um Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit auszuschließen. Die Sicherstellung von entsprechenden Bedingungen für eine Leistungstestung wäre aber gerade Aufgabe des Gutachters gewesen. Soweit nicht zwingende Gründe der Verkehrssicherheit entgegenstehen würden, habe der Antragsteller daher das Recht, trotz seiner Erkrankung am Straßenverkehr teilzunehmen. Der Antragsteller sei aufgrund seiner Compliance nicht mit gewöhnlichen Drogenkonsumenten gleichzustellen, sondern mit Patienten, die aufgrund einer Erkrankung bestimmte, die Fahrtauglichkeit potentiell einschränkende Medikamente einnehmen würden.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2016 beantragte der Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen,

und vertiefte seine bereits im Bescheid vom 13. Juni 2016 aufgeführte Argumentation.

Der Antragsteller hat am ... Juli 2016 seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben.

Wegen des weiteren Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichts- und die vom Antragsgegner vorgelegte Behördenakte, auch im Verfahren M 26 K 16.3062, ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist größtenteils zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig, soweit darin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids vom 13. Juni 2016 begehrt wird. Denn der Antragsteller hat seinen Führerschein am ... Juli 2016 abgegeben. Damit hat er die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG gleichwohl noch beitreiben wird. Die Fahrerlaubnisbehörde hat laut Behördenakten im Rahmen der Abgabe des Führerscheins versichert, diesen dem Antragsteller sofort wieder auszuhändigen, sofern im gerichtlichen Verfahren der Fahrerlaubnisentzug aufgehoben bzw. die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt wird. Daher fehlt es dem Antrag insoweit am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (BayVGH, B. v. 12.02.2014 - 11 CS 13.2281 - juris). Nicht erledigt hingegen hat sich die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins selbst (Nr. 2 des Bescheids), denn sie stellt den Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar.

2. Der Antrag ist aber unbegründet. Nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die hier vorzunehmende und auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 13. Juni 2016 offen sind. Im Rahmen einer Abwägung überwiegt allerdings das öffentliche Interesse an der ausgesprochenen sofortigen Vollziehbarkeit der Fahrerlaubnis das private Interesse des Antragstellers am vorläufigen Behaltendürfen seines Führerscheins.

2.1 Die Vollziehungsanordnung ist formell rechtmäßig. Die Fahrerlaubnisbehörde hat das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nr. 1 des Bescheids vom 13. Juni 2016 den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend begründet (vgl. zu den - nicht zu hoch anzusetzenden - Anforderungen im Einzelnen Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Sie hat nachvollziehbar und einzelfallbezogen dargelegt, warum sie vorliegend das öffentliche Interesse am Sofortvollzug höher gewichtet als das persönliche Interesse des Antragstellers. Materiell bzw. inhaltlich prüft das erkennende Gericht die der Begründung zugrundeliegende behördliche Interessenabwägung nicht nach, sondern nimmt stattdessen eine eigene vor.

2.2 In materieller Hinsicht sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache, der unter dem Aktenzeichen M 26 K 16.3062 erhobenen Anfechtungsklage, letztendlich offen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die Fahrungeeignetheit des Betroffenen muss insoweit nachgewiesen sein. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in den §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen weitere Aufklärung, insbesondere durch die Anordnung der Vorlage ärztlicher oder medizinisch-psychologischer Gutachten, zu betreiben (§ 3 Abs. 1 Satz 3, § 2 Abs. 7 und 8 StVG, § 46 Abs. 3 i. V. m. §§ 11 ff. FeV).

Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist entscheidungserheblich auch die Abgrenzung, ob und unter welchen Voraussetzungen es sich bei der gemäß § 3 Abs. 2 BtMG genehmigten und ärztlich begleiteten Selbsttherapie durch Konsum von Medizinal-Cannabisblüten um eine Dauerbehandlung mit Arzneimitteln iS. v. Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV handelt. Eine solche Dauerbehandlung auch mit Cannabis wäre dann vom (illegalen) regelmäßigen Konsum gemäß Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV sowohl von ihren Voraussetzungen als auch von ihren Rechtsfolgen her klar zu trennen. Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass für einen solchen nach § 3 Abs. 2 BtMG erlaubten Konsum von Medizinal-Cannabisblüten Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV eine grundsätzlich anwendbare und im Verhältnis zu Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV vorrangige und damit spezielle Regelung trifft (so auch VG Karlsruhe, U. v. 30.6.2016 - 3 K 3375/15 - juris Rn. 30 mit Verweis auf VGH B.-W., U. v. 11.8.2015 - 10 S 444/14 - juris; B. v. 22.1.2013 - 10 S 243/12 - juris; BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 - juris; Nds. OVG, B. v. 11.1.2013 - 12 ME 289/12 - juris ; a.A. wohl VG Ansbach, U. v. 10.6.2016 - AN 10 K 15.02330 - juris). Auch beim medizinischen intendierten und begleiteten Konsum von Cannabis ist es grundsätzlich - vergleichbar zu anderen unter die Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV fallenden, beispielsweise opiathaltigen Arzneimitteln - denkbar, dass die Fahreignung ausnahmsweise bestehen bleibt. Dies muss konsequenterweise, jedenfalls sofern eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG vorliegt, auch für Medizinal-Cannabisblüten gelten. Denn letztendlich liegt beiden Therapieformen - cannabinoidhaltigen Fertigmedikamenten und Cannabisblüten - derselbe Wirkstoff zugrunde. Der Wirkstoffgehalt bei Medizinal-Cannabisblüten dürfte zwar aufgrund des legalen und damit kontrollierten Anbaus deutlich genauer bestimmt werden können als bei illegal erworbenem Cannabis. Dennoch wird er nicht so exakt festzustellen sein wie bei Fertigmedikamenten, weshalb die Medikations-Compliance des Patienten (exakte Einhaltung der ärztlichen Dosierungsvorgaben, Ausschluss von Beikonsum, Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit nach dem letzten Konsum etc.) bei Medizinal-Cannabisblüten eine entscheidende Rolle spielen dürfte (vgl. dazu auch Graw/Mußhoff, THC als Arzneimittel - Frage nach Fahrsicherheit und der Fahreignung, Blutalkohol 2016, 289 ff.)

Diese Frage kann letztlich jedoch erst im Hauptsacheverfahren jedenfalls unter Beiziehung der Akten des BfArM und gegebenenfalls unter Einbeziehung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Für den Fall, dass tatsächlich der Anwendungsbereich der Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV eröffnet sein sollte, wäre das bereits vorliegende Fahreignungsgutachten nicht einschlägig, da es dann nurmehr darauf ankäme, ob die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen über das erforderliche Maß beeinträchtigt wäre oder nicht.

Auch im Übrigen wären die von den Gutachtern erarbeiteten Aussagen und Ergebnisse der medizinisch-psychologischen Untersuchung vom ... Mai 2016 nur zum Teil schlüssig. Dem Antragsteller werden sehr gute Ergebnisse im Leistungstest und keine drogenspezifischen, insbesondere keine psychischen Auffälligkeiten wie Unruhe oder Nervosität bescheinigt. Dennoch könne keine positive Prognose abgegeben werden, weil etwa eine Reduzierung der Konsums in Vorbereitung auf die Untersuchung und auch künftig ein Beikonsum mangels Nachweisbarkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Insoweit wird dem Antragsteller - ohne letztendlich belastbare Indizien hierfür zu haben - rechtswidriges Verhalten bzw. jedenfalls Non-Compliance unterstellt. Der Antragsteller hat laut Gutachten „in einem situationsangemessenen Maß kooperiert“; er zeigte sich „offen, die Kommunikation war im Wesentlichen frei von inneren Widersprüchen“. Zudem gab der Antragsteller (allgemein) an, auch „in den letzten Tagen keine Dosisänderung vorgenommen zu haben“. Eine konkrete Nachfrage, zu welchem Zeitpunkt er zuletzt wie viel Cannabis konsumiert habe, wurde ihm während des Gutachtens nicht gestellt. Das Risiko einer Nichtnachweisbarkeit von Beikonsum kann vor diesem Hintergrund und ohne konkrete Anhaltspunkte nicht einseitig zulasten des Antragstellers herangezogen werden. Freilich sollten die Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Untersuchung denen im Alltag des Antragstellers entsprechen, es sollte gerade keine Reduzierung des Konsums erfolgen. Dies hätte - sofern der Antragsteller tatsächlich weniger als üblich konsumiert hat - aber im Vorfeld mit dem Antragsteller abgeklärt werden müssen.

2.3 Daher war über den verfahrensgegenständlichen Antrag im Wege einer sog. reinen Interessensabwägung zu entscheiden. Hier überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit und damit dem vorläufigen Weiterbestehens des Fahrerlaubnisentzugs das private Interesse des Antragstellers an dem vorläufigen Behaltendürfen seines Führerscheins. Denn das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Auftrag des Staates zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu stellen (BVerwG, B. v. 20.6.2002 - 1 BvR 2062/96 - juris). Auch wenn der Antragsteller hier letztendlich legal, auf Basis einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG Cannabis konsumiert, handelt es sich doch um einen regelmäßigen Konsum von Cannabis. Der Gesetzgeber geht laut der in Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV enthaltenen Wertung davon aus, dass dies typischerweise dazu führt, dass der Konsument nicht geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Im Rahmen von Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV oder in einem atypischen Sonderfall gemäß Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV kann dennoch ausnahmsweise die Fahreignung gegeben sein. Wie oben erläutert steht dies aber noch nicht zweifelsfrei fest. Damit fehlen sichere und hinreichend gewichtige Gründe, welche dafür sprechen, dass das vom Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt (BayVGH, B. v. 1.4.2008 -11 CS 07.221 - juris).

2.4 Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der einstweiligen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese - im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte - Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV. Gleiches gilt für die in den Nrn. 5 und 6 enthaltene Kostenerhebung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. August 2010 - 6 K 1418/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe.
Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses des Antragstellers ausfällt, vom Vollzug der Entziehungsverfügung des Antragsgegners vom 27.07.2010 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerdebegründung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zum einen mit dem Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auszugehen. Zum anderen führt angesichts des fortbestehenden dringenden Verdachts, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist, eine Folgenabwägung zum Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Es kann nicht das beträchtliche Risiko eingegangen werden, dass der wahrscheinlich wegen der Einnahme von Kokain fahrungeeignete Antragsteller bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden wird.
1. Die angefochtene Verfügung dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Wie bereits das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung dargelegt hat, hat die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen. Danach dürfte hier die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 46 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zwingend geboten gewesen sein, ohne dass es der vorherigen Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens bedurfte (§ 11 Abs. 7 FeV). Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens dürfte davon auszugehen sein, dass der Antragsteller aufgrund der Einnahme von Kokain seine Fahreignung gemäß Ziff. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung verloren und sie zwischenzeitlich nicht wiedererlangt hat.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats schließt bereits der einmalige Konsum sog. harter Drogen - wie Kokain, vgl. Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG - im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus, ohne dass es darauf ankommt, ob eine Fahrt unter Betäubungsmitteleinfluss erfolgte oder eine Drogenabhängigkeit vorliegt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 24.05.2002 - 10 S 835/02 -, VBlBW 2003, 23; vom 19.02.2007 - 10 S 3032/06 -, VBlBW 2007, 314; vom 01.04.2010 - 10 S 408/10 -). In der Rechtsprechung der anderen Oberverwaltungsgerichte wird diese Auffassung fast einhellig geteilt (vgl. etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.08.2009 - 12 ME 159/09 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2007 - 3 Bs 300/06 -, VRS 112, 308; BayVGH, Beschluss vom 03.11.2006 - 11 ZB 05.1406 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 12.12.2005 - 1 W 16/05 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.02.2008 - 1 S 186.07 -, VRR 2008, 203; a.A. soweit ersichtlich nur der vom Antragsteller zitierte Beschluss des Hess. VGH vom 14.01.2002 - 2 TG 3008/01 -, ESVGH 52, 130). An dieser Rechtsprechung, welcher der Antragsteller keine auf neuere Erkenntnisse gegründete substantiierte Argumentation entgegengesetzt hat, hält der Senat fest.
Hiernach kommt es zunächst nicht darauf an, ob der Antragsteller „bewusster Konsument von Drogen“ ist oder ob es Anhaltspunkte für einen gelegentlichen oder regelmäßigen Drogenkonsum des Antragstellers ergibt. Denn bereits der einmalige Konsum von Kokain führt, wie dargelegt, zwingend zur Annahme der Fahrungeeignetheit, auch wenn der Antragsteller nicht unter der akuten Wirkung von Kokain am Straßenverkehr teilgenommen haben sollte; an der diesbezüglichen Behauptung des Antragstellers bestehen im Hinblick auf die polizeilichen Feststellungen bei der Verkehrskontrolle vom 29.04.2010 im Übrigen durchaus Zweifel, weil in dem Polizeibericht festgehalten ist, dass die Bindehäute gerötet bzw. wässrig/glänzend gewesen seien, die Pupillen träge auf Lichteinfall reagiert hätten und auffällig klein gewesen seien und ein Einbein-Stehtest sehr unsicher gewesen sei. Auf die Einlassung des Antragstellers, dass er ca. 120.000 km im Jahr zurücklege, was angesichts des Fehlens früherer Drogenauffälligkeit bei Straßenverkehrskontrollen gegen einen gelegentlichen oder regelmäßigen Drogenkonsum spreche, kommt es nach dem dargelegten rechtlichen Ansatz der Relevanz bereits einmaligen Konsums ebenfalls nicht an.
Nach den Erkenntnismöglichkeiten des vorliegenden Verfahrens dürfte der Antragsteller zu Unrecht den Nachweis eines jedenfalls einmaligen Kokainkonsums bestreiten. Die forensisch-toxikologische Untersuchung der anlässlich der Verkehrskontrolle am 29.04.2010 um 12:36 Uhr entnommenen Blutprobe ergab für Benzoylecgonin, ein Abbauprodukt von Kokain, eine Konzentration von 11,5 ng/ml. Dieser mittels Gaschromatographie/Massenspektro-metrie ermittelte Befund lässt auf eine vorausgegangene Einnahme von Kokain schließen (zur Unerheblichkeit einer Unterschreitung der bei der Anwendung des § 24a Abs. 2 StVG im Ordnungswidrigkeitenrecht angesetzten, von der Grenzwertkommission beschlossenen Grenzwerte vgl. Senatsbeschluss vom 02.11.2010 - 10 S 2233/10). Ihm hält der Antragsteller ohne Erfolg entgegen, eine von ihm beim Forensisch-Toxikologischen Centrum GmbH, München, in Auftrag gegebene Haarprobenuntersuchung habe ausweislich des von ihm vorgelegten Untersuchungsberichts vom 09.09.2010 ergeben, dass sich für einen Zeitraum von etwa 12 Monaten vor der Haarprobenentnahme („laut Begleitschreiben am 03.09.2010“) keine Hinweise auf die Aufnahme von Betäubungsmitteln u.a. der Kokain-Gruppe ergeben hätten.
Es mag zutreffen, dass das vom Antragsteller beauftragte Institut, wie von ihm vorgetragen, für forensische Zwecke akkreditiert ist und die ihm überlassene Haarprobe regelgerecht - nach der Richtlinie der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh) zur Qualitätssicherung bei forensisch-toxikologischen Untersuchungen (s. www.gtfch.org) - untersucht hat. Gleichwohl unterliegt die Aussagekraft des Gutachtensergebnisses entscheidenden Relativierungen.
Bereits die Formulierung des Untersuchungsergebnisses lässt nicht den Schluss zu, dass im Sinne eines Negativattests ein Kokainkonsum des Antragstellers im fraglichen Zeitraum ausgeschlossen wird. Bestätigt wird vielmehr nur, dass keine positiven Hinweise auf Kokainkonsum gefunden wurden. Diesen Unterschied zwischen - u.U. durch Messgenauigkeitsgrenzen bedingter (dazu näher nachstehend) - Nichtfeststellung von Konsumanzeichen einerseits und sicherem Ausschluss von Kokainkonsum andererseits verkennt der Antragsteller auch in seinem letzten zum Verfahren eingereichten Schriftsatz vom 22.11.2010.
10 
Sodann ist nach Aktenlage und dem Vortrag des Antragstellers schon nicht hinreichend gesichert, dass es sich bei der untersuchten Haarprobe tatsächlich um vom Antragsteller stammende Haare handelt und dass sie unverändert - insbesondere nicht gegen eine andere Haarprobe ausgetauscht oder anderweitig manipuliert - beim Untersuchungsinstitut eingegangen ist. Nach seinem Vorbringen ist die Haarprobe am 03.09.2010 bei einem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. M. in Tuttlingen entnommen worden, nicht etwa von einem Amtsarzt oder im Untersuchungsinstitut selbst. Zur Gewährleistung der richtigen Zuordnung des Untersuchungsmaterials ist es aber unabdingbar, dass bei der Probenentnahme tunlichst eine amtliche Identitätskontrolle stattfindet und dass auch jede Manipulation auf dem Transportweg zum Untersuchungsinstitut ausgeschlossen wird (vgl. dazu Anhang C zur GTFCh-Richtlinie „Anforderungen an die Untersuchung von Haarproben“, Abschnitt 2.1; BayVGH, Beschluss vom 28.06.2010 - 11 CS 10.508 -, juris).
11 
Darüber hinaus bestehen auch bei Einhaltung dieser formellen Anforderungen beim derzeitigen Erkenntnisstand erhebliche Zweifel, ob eine Haarprobenuntersuchung überhaupt geeignet ist, einen im vorliegenden Fall allein zur Debatte stehenden einmaligen Kokainkonsum auszuschließen und damit das hier gegebene gegenteilige Ergebnis einer Blutuntersuchung zu widerlegen. Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass Kokain in Haarproben deutlich besser nachweisbar ist als etwa Cannabis (zur mangelnden Verlässlichkeit von Haarprobenbefunden selbst bei der Fragestellung gelegentlichen Cannabiskonsums vgl. Skopp/Mattern, zum Stellenwert des Nachweises von Cannabinoiden im Haar, Blutalkohol 2010, 1). Jedoch wird in der einschlägigen Literatur zur Validität von Haaruntersuchungen auf Einlagerung von Fremdstoffen generell die Frage, ab welcher Konsumfrequenz und -intensität Rückstände in Haaren individuell zuverlässig nachweisbar sind, als nicht ausreichend sicher beantwortbar bezeichnet (für Drogen vgl. Schubert/Schnei-der/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl., zu Kap. 3.12.1, S. 180 f.); dies gelte sowohl für einen Nachweis als auch für einen fehlenden Nachweis (negatives Ergebnis). Auch in Abschnitt 6 der Anlage C zur GTFCh-Richtlinie („Ergebnisbericht/Gutach-ten“) wird ausgeführt, dass bei negativem Befund kein Hinweis auf einen Drogenkonsum innerhalb der letzten ca. 6 Monate bestehe, wobei ein einmaliger oder sehr seltener Konsum nicht ausgeschlossen werden könne. Bemerkenswert ist ferner, dass in der medizinischen Literatur über keine oder nur eine schwache Korrelation zwischen den Werten im Haar und den Werten in anderen Biomonitoren (Blut und Urin) berichtet wird, sowie über zahlreiche die Messergebnisse potentiell beeinflussenden, schwer zu quantifizierenden individuellen Faktoren wie Haarfarbe, Geschlecht, Ethnie, Alter, Ernährung, Haarbehandlung etc. (vgl. Wikipedia, Stichwort „Haaranalytik“, mit Nachweisen zur Literatur).
12 
Hiernach spricht vieles dafür, dass jedenfalls für die Fragestellung einmaligen Konsums die Haarprobenanalyse nicht zuverlässig genug ist, um eine nach bewährten wissenschaftlichen Labormethoden durchgeführte Blutuntersuchung und deren positives Ergebnis eines Kokainkonsumnachweises zu entkräften (vgl. ebenso sinngemäß BayVGH, Beschluss vom 28.06.2010, a.a.O.). Insofern ist der Auswertung der Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein entgegen der Auffassung des Antragstellers sehr wohl ein „Richtigkeitsvorsprung“ zuzuerkennen. Bedenken gegen die methodische Zuverlässigkeit und die fehlerfreie konkrete Durchführung jener Auswertung sind nicht ersichtlich. Solche hat der Antragsteller selbst nicht substantiiert geltend gemacht, sondern allein ergebnisbezogen auf die nach den obigen Ausführungen nicht hinreichend aussagekräftige Haaranalyse abgehoben.
13 
b) Bei der somit derzeit gegebenen Beweislage, die deutlich für eine vom Antragsteller bestrittene Kokaineinnahme im April 2010 spricht, gibt es auch keinen Anlass zu bezweifeln, dass der Fahreignungsmangel bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Beschwerdeverfahren fortbesteht. Allerdings geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Frage, ob der betreffende Fahrerlaubnisinhaber zwischenzeitlich die Fahreignung wiedererlangt hat, auch für die Rechtmäßigkeit einer Entziehungsverfügung von Bedeutung ist (vgl. Senatsurteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -, VBlBW 2004, 151; Beschluss vom 08.10.2003 - 10 S 842/03 -). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes häufig - das Verwaltungsverfahren noch nicht durch den Erlass des Widerspruchsbescheids abgeschlossen ist. Der für die Wiedererlangung der Fahreignung erforderliche stabile Einstellungswandel kann grundsätzlich auch dadurch belegt werden, dass die Drogenabstinenz über einen ausreichend langen Zeitraum nachgewiesen wird. Der Nachweis einer nicht mehr gegebenen Gefährdung des öffentlichen Straßenverkehrs durch die Teilnahme eines zu einem früheren Zeitpunkt wegen Drogenkonsums ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers kann aber nur dann als erbracht angesehen werden, wenn sich der Nachweis der Drogenabstinenz auf einen Zeitraum erstreckt, der den Schluss rechtfertigt, der Drogenverzicht sei nicht lediglich im Hinblick auf das anhängige Entziehungsverfahren erfolgt und damit vorgeschoben, sondern beruhe auf einem tatsächlichen Einstellungswandel des Betroffenen. Der Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erfordert daher den lückenlosen Beleg der Betäubungsmittelabstinenz mindestens für die Dauer eines Jahres (vgl. Beschluss des Senats vom 01.04.2010 - 10 S 514/10 -). In diesem Zusammenhang mag dem negativen Ergebnis einer einwandfrei (insbesondere fälschungssicher) durchgeführten Haarprobenanalyse eine indizielle Bedeutung zukommen. Ob sie allein den Abstinenznachweis liefern kann, ist nach den obigen Ausführungen aber zweifelhaft. Insoweit sind jedenfalls auch zusätzliche (Urin-) Drogenscreenings in Betracht zu ziehen. Ob daneben noch eine medizinisch-psychologische Begutachtung erforderlich ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Vorliegend hat der Antragsteller jedenfalls einen einjährigen durchgängigen Abstinenznachweis noch nicht erbracht bzw. bei Zugrundelegung einer Kokaineinnahme im April 2010 schon in zeitlicher Hinsicht noch nicht erbringen können.
14 
Der vom Antragsteller in diesem Zusammenhang noch herangezogene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vom 02.03.2009 - 11 CS 08.3150 -, juris) führt nicht zu seinen Gunsten weiter. In diesem Beschluss ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof offenbar, anders als im Beschluss vom 28.06.2010 (a.a.O.) und der Senat im vorliegenden Verfahren, von einer in jeder Hinsicht ordnungsgemäß durchgeführten Haaranalyse ausgegangen. Selbst auf dieser Grundlage hat er aber die Aussagekraft von Haaranalysen bei seltenerem als regelmäßigem Konsum (im dortigen Fall von Cannabis) als mit gewissen Unsicherheiten behaftet angesehen. Lediglich im Rahmen der Prognose, ob es dem dortigen Antragsteller mit zusätzlichen Drogenscreenings und einer psychologischen Exploration seiner Abstinenzversicherung gelingen könnte, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens die Wiedererlangung der Fahreignung nachzuweisen, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die keinen Cannabis-Konsum ausweisende Haaranalyse als ein Indiz unter mehreren angesehen, die in jenem Fall eine Aussetzung des Sofortvollzugs rechtfertigen könnten. Diese Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragbar, weil es an der Prämisse der ordnungsgemäßen Durchführung der Haarprobe fehlt und der Antragsteller bis zum demnächst zu erwartenden Erlass des Widerspruchsbescheids die Voraussetzung des Nachweises einer einjährigen Abstinenz nicht mehr wird erfüllen können.
15 
c) Ausnahmen im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung von der Regel, dass Konsum von Betäubungsmitteln zur Fahrungeeignetheit führt, sind grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Es ist Sache des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers, das Bestehen atypischer Umstände in seiner Person substantiiert darzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.05.2002, a.a.O.). Solche Umstände hat der Antragsteller auch in der Beschwerdebegründung nicht dargetan. Ein besonderes Vermögen zur Verhaltenssteuerung oder eine besondere Kompensationsfähigkeit werden insbesondere nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit dadurch belegt, dass nur eine verhältnismäßig geringe Betäubungsmittelkonzentration nachgewiesen wurde und der Antragsteller mit einer überdurchschnittlich hohen jährlichen Fahrleistung durch die Fahrerlaubnisentziehung besondere berufliche Nachteile erleidet. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Kokainkonsum anlässlich einer Verkehrskontrolle wegen verbotswidrigen Überholens durch den Antragsteller festgestellt wurde und der Antragsteller nach dem Polizeibericht auch gewisse drogenkonsumtypische Ausfallerscheinungen zeigte.
16 
2. Nach allem räumt der Senat mit dem Verwaltungsgericht dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung den Vorrang ein vor dem privaten Interesse des Antragstellers, einstweilen weiter am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Liegen erhebliche, derzeit nicht ausgeräumte Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr vor, besteht ein dringendes öffentliches Interesse an der sofortigen Unterbindung seiner weiteren Teilnahme am Straßenverkehr. Die mit dieser Entscheidung für den Antragsteller verbundenen Nachteile in Bezug auf seine private Lebensführung und seine Berufstätigkeit müssen von ihm im Hinblick auf den hohen Rang der gefährdeten Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer und das entsprechende öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit hingenommen werden.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 sowie § 52 Abs. 1 GKG mit den Empfehlungen Nr. 1.5 und Nrn. 46.1, 46.3, 46.4 sowie 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (VBlBW 2004, 467). Der Antragsteller war im Besitz der gemäß § 6 Abs. 3 FeV selbständig bedeutsamen Fahrerlaubnisklassen A, B, C und E. Daher ist mit dem Verwaltungsgericht von einem Streitwert von 20.000,-- EUR für das Hauptsacheverfahren auszugehen, so dass sich für das einstweilige Rechtsschutzverfahren durch Halbierung ein Streitwert von 10.000,-- EUR ergibt (vgl. Beschluss des Senats vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 -, juris).
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 16. Oktober 2014 weiter. Mit diesem Bescheid wurde der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, nach § 54 Nr. 5 AufenthG in der bis 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (a. F.) ausgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist bereits unzulässig (1.). Im Übrigen würde auch das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 3 VwGO) keine Zulassung der Berufung rechtfertigen (2.). Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist schon nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt (2.1). Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht hinreichend dargelegt und liegen zudem nicht vor (2.2).

1. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels sind in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Dem Kläger fehlt für einen Antrag auf Zulassung der Berufung bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Denn selbst wenn die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegen würden, erwiese sich das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als richtig, weil die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2014 unzulässig war. Der Kläger hat entgegen § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner Abschiebung in die Türkei keine vollständige ladungsfähige Anschrift angegeben.

Zur Bezeichnung des Klägers im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 130 Nr. 1 ZPO auch die Angabe des Wohnortes des Klägers (Aulehner in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 82 Rn. 8 m. w. N.). Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, unter der der Kläger tatsächlich zu erreichen ist, ist erforderlich, um den Kläger zu individualisieren und seine Erreichbarkeit für das Gericht sicherzustellen. Es soll dadurch darüber hinaus auch gewährleistet werden, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt werden und sich im Fall des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann. Dies gilt auch für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren unter Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten (BVerwG, B. v. 14.2.2012 - 9 B 79.11 - juris Rn. 11) oder wenn sich während des Verfahrens die ladungsfähige Anschrift des Klägers ändert oder dessen Wohnanschrift unbekannt geworden ist. Die Pflicht zur Angabe der Anschrift entfällt nur, wenn deren Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar ist. Solches wird nur dann angenommen, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 5.12.2007 - 19 ZB 06.2329 - juris Rn. 6). Bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war als Wohnort des Klägers lediglich „Kayseri/Türkei“ angegeben worden. Diese Angabe genügt jedoch nicht den Anforderungen aus § 82 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 130 Nr. 1 ZPO, weil der Kläger unter dieser Adressangabe weder für das Gericht noch für seinen Prozessbevollmächtigten tatsächlich erreichbar ist.

Entspricht die Klage nicht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO, hat der Vorsitzende oder Berichterstatter dem Kläger gemäß § 82 Abs. 2 VwGO eine Frist zur Ergänzung der Klage zu setzen. Vorliegend hat der Senat den Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 7. Januar 2016 aufgefordert, die vollständige Anschrift des Klägers mitzuteilen oder Gründe für eine Verhinderung zu benennen. Der Prozessbevollmächtigte hat innerhalb der gesetzten Frist die Anschrift des Klägers in der Türkei nicht ergänzt. Da die gebotene Vervollständigung der Klage somit unterblieben ist, ist sie nicht wirksam erhoben und damit unzulässig.

Für ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. April 2015 spricht zudem, dass der Kläger offensichtlich nicht mehr beabsichtigt, in das Bundesgebiet zurückzukehren, sondern in Syrien, wo er sich angeblich aufhält, bleiben will. Dies ergibt sich zumindest aus seinem Facebook-Eintrag.

2. Selbst wenn der Antrag auf Zulassung der Berufung zulässig wäre, bliebe er ohne Erfolg.

2.1 Der ausdrücklich geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend hinreichend dargelegt. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (st. Rspr. vgl. z. B. BayVGH, B. v. 17.12.2015 - 10 ZB 15.1394 - juris Rn. 16 m. w. N.).

Der Kläger formuliert in der Begründung seines Zulassungsantrags, die am 28. August 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, bereits schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage. Er führt lediglich aus, dass die Berufung mit Blick auf die Aktualität von Ordnungsverfügungen der vorliegenden Art und das Fehlen einschlägiger obergerichtlicher Erkenntnisse dazu wegen grundsätzlicher Bedeutung zulassungswürdig sei. Soweit der Kläger im Folgenden darauf verweist, dass die Vorgaben der UN-Resolution 2170 (2014) im Rahmen der Ausweisungsentscheidung nicht berücksichtigt worden seien und die Ausweisung im Widerspruch zu der vorangegangenen Passentziehung stehe, ist darin auch keine konkrete Fragestellung zu erkennen, die klärungsbedürftig wäre und über den Einzelfall hinausginge.

2.2. Sofern dem Zulassungsvorbringen des Klägers der Sache nach Ausführungen zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu entnehmen sind, genügen diese - die Zulässigkeit des Rechtsmittels unterstellt - wiederum nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils lägen nur dann vor, wenn der Kläger einen einzelnen Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 21.12.2009 - 1 BvR 812/9 - juris).

Der Kläger bringt insoweit lediglich vor, dass die UN-Resolution 2170 (2014) im Rahmen der Ermessensausübung des Ausweisungstatbestandes des § 54 Nr. 5 AufenthG a. F. hätte berücksichtigt werden müssen und dass die Abschiebung gegen die genannte Resolution verstoße, weil die Staatengemeinschaft aufgefordert werde, die Ausreise von IS-Kämpfern in das Kriegsgebiet zu unterbinden. Das Urteil verkenne, dass die Türkei ein sog. Transitland für Jihadisten, die nach Syrien reisen wollten, sei. Zudem stünde die Ausweisung im Widerspruch zum Ausreiseverbot, das gegen den Kläger befristet vom 2. Februar 2014 bis zum 31. August 2014 verhängt worden sei.

Das Erstgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG a. F. erfülle, weil er die Vereinigung „Islamischer Staat“ unterstütze. Dieser Tatbestand umfasse bereits die Sympathiewerbung für terroristische Aktivitäten Dritter. Das Gericht befasst sich auch mit der UN-Resolution 2170 (2014) und kommt zum Ergebnis, dass dieser Resolution im Rahmen der Ermessensentscheidung der Ausgangsbehörde kein besonderes Gewicht beizumessen gewesen sei und im Übrigen angesichts der vom Kläger ausgehenden Gefahr die Ausweisung ermessensfehlerfrei erfolgt sei.

Der Kläger legt demgegenüber nicht dar, gegen welche Verpflichtungen aus der UN-Resolution 2170 (2014), die auch die nationale Ausländerbehörde binden würden, der Beklagte bei seiner Ermessensausübung im Rahmen der Ausweisungsentscheidung konkret verstoßen haben sollte. Insoweit fehlt es bereits an der Bezeichnung der Pflicht des Mitgliedstaates und an Darlegungen zur Umsetzung der mitgliedstaatlichen Verpflichtung aus der UN-Resolution in nationales Recht.

Es bestünden aber auch dann keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, wenn der Antrag auf Zulassung der Berufung zulässig wäre und den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechen würde. Denn die Ausweisungsentscheidung des Beklagten wäre auch nach der seit 1. Januar 2016 maßgeblichen Regelung des § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG rechtmäßig, weil die Interessen an der Ausreise des Klägers sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens überwiegen. Die dem Kläger zu Last gelegte und von ihm im Zulassungsverfahren auch nicht in Frage gestellte Unterstützung einer terroristischen Vereinigung stellt nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse dar. Die UN-Resolution 2170 (2014) hindert die Ausländerbehörde nicht, dieses Ausweisungsinteresse bei der Abwägungsentscheidung mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Gewichtung zu berücksichtigen.

Die Resolution 2170 (2014) beruht auf Kapitel 7 der Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta). Nach Art. 25 UN-Charta sind die Beschlüsse des Sicherheitsrates im Einklang mit der Charta anzunehmen und durchzuführen und daher für die Vertragsstaaten bindend. Der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen erfolgte durch das Gesetz vom 6. Juni 1973 (BGBl II 1973 S. 430). Die Bundesrepublik hat der Charta der Vereinten Nationen mit Zustimmungsgesetz den entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl i. S. d. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erteilt und sich in ein System kollektiver Sicherheit eingeordnet. Folglich ist die Bundesrepublik der Bindungswirkung der Resolutionen nach dem 7. Kapitel der UN-Charta gemäß Art. 25 i. V. m. Art. 48, Art. 2 UN-Charta unterworfen. Die UN-Resolution 2170 (2014) begründet zwar konkrete Pflichten für die Staaten, die eine Umsetzung der Vorgaben der Resolution in innerstaatliches Recht erforderlich machen (vgl. Payandeh, ZRP 2014, 241/242). Den UN-Mitgliedern kommt jedoch bei der Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrates ein Spielraum zu (vgl. Fritzsch, ZAR 2010, S. 333).

Wenn der Kläger im Zulassungsverfahren vorbringt, seine Ausweisung verstoße gegen die Resolution 2170 (2014) des Sicherheitsrates, bezieht er sich damit wohl auf Nr. 8 dieser Resolution. Darin werden alle Mitgliedstaaten aufgefordert, Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen, um den Zustrom ausländischer terroristischer Kämpfer zur ISIL, zur ANF und zu allen anderen mit Al-Qaida verbundenen Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen zu unterbinden und diese ausländischen Kämpfer im Einklang mit dem anwendbaren Völkerrecht vor Gericht zu stellen. Ferner verweist der Sicherheitsrat darin außerdem erneut auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Bewegungen von Terroristen oder terroristischen Gruppen zu verhindern, im Einklang mit dem anwendbaren Völkerrecht, unter anderem durch wirksame Grenzkontrollen, und in diesem Zusammenhang zügig Informationen auszutauschen und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden zu verbessern, um Bewegungen von Terroristen und terroristischen Gruppen in und aus dem Hoheitsgebiet, die Belieferung von Terroristen mit Waffen sowie Finanzierungsaktivitäten zur Unterstützung von Terroristen zu verhindern.

Der deutsche Gesetzgeber hat bereits mit dem Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 9. Januar 2002 (BGBl I S. 361) ein dichtes strafrechtliches Regelungsgefüge zur Erfassung terroristischer Aktivitäten erlassen (§ 129a StGB, § 129b StGB, § 89a StGB und § 89b StGB) und den Katalog des § 47 Abs. 2 AuslG um zwei neue Regelausweisungstatbestände ergänzt. Nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG 1990 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG 1990 wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen belegen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt (ab 1. 1. 2005 § 54 Nr. 5 AufenthG). Die Einführung dieses neuen Tatbestandes geschah vor dem Hintergrund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Resolution des Sicherheitsrates 1373 (2001), in dem Bestreben, dem internationalen Terrorismus schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen (BT-Drs. 14/7386, S. 35). Zudem können nach geltendem Recht Ausreiseverbote verhängt werden (§ 10 Passgesetz und § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Ein Verbot dahingehend, dass Personen, die nach dem nationalen Aufenthaltsgesetz den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG a. F. erfüllten, nicht ausgewiesen werden dürfen, ergibt sich aus der Resolution 2170 (2014) jedenfalls nicht. Vielmehr erfolgte die Einführung des Regelausweisungstatbestandes des § 54 Nr. 5 AufenthG a. F. im Rahmen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes, um der neuen Dimension der terroristischen Bedrohung Rechnung zu tragen und um sicherzustellen, dass diejenigen Personen kein Einreise- und Aufenthaltsrecht erhalten, die terroristische oder gewaltbereite Aktivitäten entfalten oder unterstützen. Da der nationale Gesetzgeber somit keine Veranlassung sah, über die bereits bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten hinaus die Bewegungen von Terroristen oder terroristischen Gruppen zu verhindern, musste der Beklagte die sich lediglich an die Mitgliedstaaten richtende Verpflichtung, Bewegungen von terroristischen Kämpfern zu verhindern, bei seiner Abwägungsentscheidung auch nicht weiter berücksichtigen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 25 GG. Nach Art. 25 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Bei der UN-Resolution 2170 (2014) handelt es sich jedoch um keine allgemeine Regel des Völkerrechts. Dies sind nur Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch die aus den nationalen Rechtsordnungen tradierten allgemeinen Rechtsgrundsätze. Das Entstehen von Völkergewohnheitsrecht setzt eine gefestigte Praxis zahlreicher Staaten voraus, die in der Überzeugung geübt wird, hierzu aus Gründen des Völkerrechts verpflichtet zu sein (Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Art. 25 Rn. 19, 21; BayLSG, U. v. 30.9.2015 - L 2 P 22/13 - juris Rn. 32).

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die vom Beklagten mit Bescheid vom 16. Oktober 2014 verfügte Ausweisung im Widerspruch zu dem vom 22. Februar 2014 bis 31. August 2014 für ihn gültigen Ausreiseverbot stehe, hat dies schon wegen der unterschiedlichen Zielrichtung der Maßnahmen keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung. Das Ausreiseverbot sollte verhindern, dass der Kläger an kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehmen und dadurch erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden würde. Der Kläger hat sich in dieser Zeit aber zum Anführer der Salafistenszene im Kemptener Raum entwickelt. Sein Ziel war nicht mehr Syrien, um dort an kriegerischen Auseinandersetzungen teilzunehmen, vielmehr wollte er den seiner Ansicht nach „wahren“ Islam in Deutschland verbreiten.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.