Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Sept. 2016 - M 26 S 16.3079

bei uns veröffentlicht am07.09.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, L, M und S.

Das Amtsgericht A. verwarnte den Antragsteller mit Urteil vom ... April 2015 wegen des unerlaubten Besitzes von nicht geringen Mengen Betäubungsmitteln. Im Rahmen des Strafverfahrens gab der Antragsteller an, an ADHS, einem Reizdarmsyndrom und auch an Depressionen zu leiden; er sei zu a... Prozent schwerbehindert. Vor seiner Erlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten (s.u.) habe er seit 2011 Cannabis selbst angebaut und es ausschließlich wegen seiner Krankheit genommen. Er konsumiere a... bis b... Gramm pro Tag, indem er sich einen Tee mache oder einen Verdampfer benutze. Vor dem Konsum vom Cannabis habe er unter einem seelischen Notstand gelitten; er sei austherapiert gewesen, kein Arzt hätte ihm mehr helfen können. Die Erlaubnis habe er erst später beantragt, weil es anfangs schwierig gewesen sei, darüber mit den behandelnden Ärzten zu sprechen. Er habe für eine solche Erlaubnis daher (irrigerweise) keine Chance gesehen.

Seit ... August 2014 ist der Antragsteller Inhaber einer Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz - BtMG - des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Selbsttherapie, nach der er Medizinal-Cannabisblüten entsprechend der Dosierungsvorgabe des betreuenden/begleitenden Arztes bis zu einem 4-Wochen-Bedarf erwerben darf.

Nachdem ihn die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Freising im August 2015 anlässlich des Strafurteils zum beabsichtigten Fahrerlaubnisentzug angehört hatte, legte der Antragsteller der Behörde diverse ärztliche Atteste vor, welche u. a. eine ausgeprägte Fruktoseintoleranz seit April 2011 bestätigen, die zu einem Reizdarmsyndrom vom Bläh-/Schmerztyp bzw. chronisch rezidivierenden Diarrhoen und krampfartigen Bauchschmerzen führe. Auch aus April und Mai 2014 stammende Arztbriefe, die ADHS im Erwachsenenalter und eine schwere Depression attestieren, wurden vorgelegt. Zudem teilte der Antragsteller mit, dass er seit der begleiteten Cannabistherapie bzgl. ADHS und seiner Depression vollständig symptomfrei sei; insoweit sei er seit September 2014 nicht mehr in fachärztlicher Behandlung.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2015 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller auf, zur Klärung von Zweifeln an seiner Fahreignung aufgrund seines regelmäßigen Cannabiskonsums ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle beizubringen. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Antragsteller aufgrund seiner täglichen Einnahme von Cannabis als regelmäßiger Konsument i. S. v. Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung - FeV - einzuordnen sei. Damit sei im Regelfall von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Der Antragsteller mache aber geltend, trotz regelmäßigen Konsums fahrgeeignet zu sein. Solche Zweifel an der Fahreignung könnten gemäß Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV im Wege einer medizinisch psychologischen Untersuchung geklärt werden.

Das daraufhin vom Antragsteller beauftragte und vorgelegte Gutachten der A. vom ... Mai 2016 kommt zum Ergebnis, dass

- beim Antragsteller wegen (Anm.: richtig wohl „trotz“) regelmäßiger Einnahme von Cannabisblüten keine besonderen Umständen vorliegen würden, welche das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A1, B, L, M und S /Gruppe 1 erwarten lassen würden;

- der Antragsteller in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gerecht zu werden, Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß hätten am Untersuchungstag nicht vorgelegen;

- beim Antragsteller keine ausreichende Compliance vorliege. Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen inklusive Alkohol könne nicht ausgeschlossen werden, regelmäßige überwachte Medikamenten- bzw. Cannabiseinnahme liege nicht vor, selbstinduzierte Unter- oder Überdosierung könne nicht ausgeschlossen werden.

In der entsprechenden Bewertung der medizinischen Befunde und des psychologischen Untersuchungsgesprächs erläutern die beiden Gutachter, dass sich bei der körperlichen Untersuchung des Antragstellers keine drogenspezifischen, insbesondere keine psychischen Auffälligkeiten wie Unruhe oder Nervosität gezeigt hätten. Auch die während der Begutachtung durchgeführte Urinuntersuchung sei unauffällig gewesen und hätte keinen Hinweis auf sog. Beikonsum ergeben. In den durchgeführten insgesamt sieben Leistungstests erreichte der Antragsteller durchweg sehr hohe Prozentränge zwischen 97 und 100 bei einem jeweils gefordertem Mindestprozentrang von 16.

Dennoch könne für den Antragsteller keine positive Prognose erstellt werden. Der Antragsteller könne keine einjährige Beikonsumfreiheit durch ein Drogenscreening nachweisen. Zudem sei nicht gesichert, dass er im Rahmen der Begutachtung die übliche Tagesdosis eingenommen habe; es sei möglich, dass der Antragsteller diese reduziert habe, um gute Ergebnisse im Leistungstest zu erzielen. Die Selbsttherapie durch Cannabisblüten könne nicht als Dauerbehandlung mit Arzneimitteln gemäß Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV gewertet werden, weil Medizinal-Cannabisblüten kein zugelassenes Arzneimittel seien. Die Dosierung sei nicht festgelegt, der Wirkstoffgehalt könne je nach Sorte variieren. Es könne zu einer Dosissteigerung und einem Zukauf von Cannabis auf dem Schwarzmarkt kommen, was durch ein Urinscreening aber nicht nachgewiesen werden könne. Selbst eine ärztlich induzierte Cannabisabhängigkeit sei denkbar. Eine ärztliche Überwachung und regelmäßige Kontrollen könnten keinesfalls durch einen Arzt gewährleistet werden, der sehr weit entfernt seine Praxis betreibe, weshalb ein persönlicher Besuch laut Angaben des Antragstellers nur ein Mal pro Jahr erfolge. Aus-, Folge- und Nebenwirkung der aktuellen Medikation für die Verkehrssicherheit seien so letztendlich nicht sicher einschätzbar.

Auf Grundlage dieses vorgelegten Gutachtens und nach vorheriger Anhörung (Schreiben vom ... Mai 2016) entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 13. Juni 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids) und gab ihm auf, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids, den Führerschein bzw. alternativ eine eidesstattliche Erklärung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben (Nr. 2). Für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheids wurde dem Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von a... Euro angedroht (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 4) Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von b... Euro erhoben (Nrn. 5 und 6).

Die Fahrerlaubnisbehörde begründete ihre Maßnahme mit dem vorgelegten Gutachten. Demnach sei kein Ausnahmefall gemäß Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV gegeben, vielmehr sei von regelmäßigem Konsum i. S. v. Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV auszugehen. Insbesondere liege keine Dauerbehandlung mit Arzneimitteln gemäß Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV vor, weil Cannabisblüten kein zugelassenes Arzneimittel seien. Auch handle es sich bei ADHS und einem Reizdarmsyndrom gerade nicht um klassische Indikationen für eine Cannabistherapie; die therapeutische Wirksamkeit von Cannabis beim ADHS-Syndrom im Erwachsenenalter sei bisher nicht durch kontrollierte Studien erwiesen. Beikonsum könne nicht ausgeschlossen werden, eine Leistungstestung sei nicht möglich, weil diese aufgrund der Selbsttherapie und damit einhergehender fehlender Vorbefunde manipulierbar seien.

Die in Nr. 2 des Bescheids ausgesprochene Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins ergebe sich aus § 3 Abs. 2 StVG, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 3 FeV; die Pflicht zur eidesstattlichen Versicherung aus § 5 StVG. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids basiere auf Art. 29, 30, 31, 36, 37 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG. Die Fahrerlaubnis müsse gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mit sofortiger Wirkung entzogen werden (Nr. 4 des Bescheids), weil der Antragsteller aufgrund seines regelmäßigen, nahezu täglichen Konsums ständig unter dem Einfluss von Cannabis stehe und so ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr stelle so ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Das öffentliche Interesse am Schutz anderer Verkehrsteilnehmer überwiege daher die privaten Interessen finanzieller oder beruflicher Art des Antragstellers. Der Antragsteller habe als Veranlasser auch die entsprechenden Kosten für den Bescheid zu tragen (Nrn. 5 und 6 des Bescheids).

Mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom ... Juli 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom 13. Juni 2016 (Az. M 26 K 16.3062) und beantragten außerdem,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts Freising vom 13.06.2016 wiederherzustellen.

Die Therapie des Krankheitsbildes mittels Cannabisblüten sei vorliegend als Dauerbehandlung mit Arzneimitteln i. S. v. Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV zu werten, was insbesondere die vom BfArM erteilte Ausnahmeerlaubnis zeige. Fraglich sei schon, warum eine medizinisch-psychologische Untersuchung und nicht nur ein ärztliches Gutachten angefordert worden sei. Jedenfalls sei das erstellte Gutachten an entscheidenden Stellen mangelhaft. So unterstelle es dem Antragsteller zeitweise, vor Erlaubnis des BfArM, im Sinne eines Drogenmissbrauchs Cannabis konsumiert zu haben. Zu Unrecht werde die Therapieform mit Hinweis auf die „fehlende klassische Indikation“ abgelehnt. Wenn eine Ausnahmeerlaubnis vorliege, müsse die zulässige Medikation in der ärztlich verordneten Art und Dosierung einem verkehrsfähigem Medikament gleichgestellt werden. Das Gutachten verdächtige den Antragsteller, dass er im Vorfeld den Konsum reduziert habe, um Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit auszuschließen. Die Sicherstellung von entsprechenden Bedingungen für eine Leistungstestung wäre aber gerade Aufgabe des Gutachters gewesen. Soweit nicht zwingende Gründe der Verkehrssicherheit entgegenstehen würden, habe der Antragsteller daher das Recht, trotz seiner Erkrankung am Straßenverkehr teilzunehmen. Der Antragsteller sei aufgrund seiner Compliance nicht mit gewöhnlichen Drogenkonsumenten gleichzustellen, sondern mit Patienten, die aufgrund einer Erkrankung bestimmte, die Fahrtauglichkeit potentiell einschränkende Medikamente einnehmen würden.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2016 beantragte der Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen,

und vertiefte seine bereits im Bescheid vom 13. Juni 2016 aufgeführte Argumentation.

Der Antragsteller hat am ... Juli 2016 seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben.

Wegen des weiteren Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichts- und die vom Antragsgegner vorgelegte Behördenakte, auch im Verfahren M 26 K 16.3062, ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist größtenteils zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig, soweit darin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids vom 13. Juni 2016 begehrt wird. Denn der Antragsteller hat seinen Führerschein am ... Juli 2016 abgegeben. Damit hat er die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG gleichwohl noch beitreiben wird. Die Fahrerlaubnisbehörde hat laut Behördenakten im Rahmen der Abgabe des Führerscheins versichert, diesen dem Antragsteller sofort wieder auszuhändigen, sofern im gerichtlichen Verfahren der Fahrerlaubnisentzug aufgehoben bzw. die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt wird. Daher fehlt es dem Antrag insoweit am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (BayVGH, B. v. 12.02.2014 - 11 CS 13.2281 - juris). Nicht erledigt hingegen hat sich die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins selbst (Nr. 2 des Bescheids), denn sie stellt den Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar.

2. Der Antrag ist aber unbegründet. Nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die hier vorzunehmende und auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 13. Juni 2016 offen sind. Im Rahmen einer Abwägung überwiegt allerdings das öffentliche Interesse an der ausgesprochenen sofortigen Vollziehbarkeit der Fahrerlaubnis das private Interesse des Antragstellers am vorläufigen Behaltendürfen seines Führerscheins.

2.1 Die Vollziehungsanordnung ist formell rechtmäßig. Die Fahrerlaubnisbehörde hat das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nr. 1 des Bescheids vom 13. Juni 2016 den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend begründet (vgl. zu den - nicht zu hoch anzusetzenden - Anforderungen im Einzelnen Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Sie hat nachvollziehbar und einzelfallbezogen dargelegt, warum sie vorliegend das öffentliche Interesse am Sofortvollzug höher gewichtet als das persönliche Interesse des Antragstellers. Materiell bzw. inhaltlich prüft das erkennende Gericht die der Begründung zugrundeliegende behördliche Interessenabwägung nicht nach, sondern nimmt stattdessen eine eigene vor.

2.2 In materieller Hinsicht sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache, der unter dem Aktenzeichen M 26 K 16.3062 erhobenen Anfechtungsklage, letztendlich offen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die Fahrungeeignetheit des Betroffenen muss insoweit nachgewiesen sein. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in den §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen weitere Aufklärung, insbesondere durch die Anordnung der Vorlage ärztlicher oder medizinisch-psychologischer Gutachten, zu betreiben (§ 3 Abs. 1 Satz 3, § 2 Abs. 7 und 8 StVG, § 46 Abs. 3 i. V. m. §§ 11 ff. FeV).

Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist entscheidungserheblich auch die Abgrenzung, ob und unter welchen Voraussetzungen es sich bei der gemäß § 3 Abs. 2 BtMG genehmigten und ärztlich begleiteten Selbsttherapie durch Konsum von Medizinal-Cannabisblüten um eine Dauerbehandlung mit Arzneimitteln iS. v. Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV handelt. Eine solche Dauerbehandlung auch mit Cannabis wäre dann vom (illegalen) regelmäßigen Konsum gemäß Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV sowohl von ihren Voraussetzungen als auch von ihren Rechtsfolgen her klar zu trennen. Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass für einen solchen nach § 3 Abs. 2 BtMG erlaubten Konsum von Medizinal-Cannabisblüten Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV eine grundsätzlich anwendbare und im Verhältnis zu Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV vorrangige und damit spezielle Regelung trifft (so auch VG Karlsruhe, U. v. 30.6.2016 - 3 K 3375/15 - juris Rn. 30 mit Verweis auf VGH B.-W., U. v. 11.8.2015 - 10 S 444/14 - juris; B. v. 22.1.2013 - 10 S 243/12 - juris; BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 - juris; Nds. OVG, B. v. 11.1.2013 - 12 ME 289/12 - juris ; a.A. wohl VG Ansbach, U. v. 10.6.2016 - AN 10 K 15.02330 - juris). Auch beim medizinischen intendierten und begleiteten Konsum von Cannabis ist es grundsätzlich - vergleichbar zu anderen unter die Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV fallenden, beispielsweise opiathaltigen Arzneimitteln - denkbar, dass die Fahreignung ausnahmsweise bestehen bleibt. Dies muss konsequenterweise, jedenfalls sofern eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG vorliegt, auch für Medizinal-Cannabisblüten gelten. Denn letztendlich liegt beiden Therapieformen - cannabinoidhaltigen Fertigmedikamenten und Cannabisblüten - derselbe Wirkstoff zugrunde. Der Wirkstoffgehalt bei Medizinal-Cannabisblüten dürfte zwar aufgrund des legalen und damit kontrollierten Anbaus deutlich genauer bestimmt werden können als bei illegal erworbenem Cannabis. Dennoch wird er nicht so exakt festzustellen sein wie bei Fertigmedikamenten, weshalb die Medikations-Compliance des Patienten (exakte Einhaltung der ärztlichen Dosierungsvorgaben, Ausschluss von Beikonsum, Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit nach dem letzten Konsum etc.) bei Medizinal-Cannabisblüten eine entscheidende Rolle spielen dürfte (vgl. dazu auch Graw/Mußhoff, THC als Arzneimittel - Frage nach Fahrsicherheit und der Fahreignung, Blutalkohol 2016, 289 ff.)

Diese Frage kann letztlich jedoch erst im Hauptsacheverfahren jedenfalls unter Beiziehung der Akten des BfArM und gegebenenfalls unter Einbeziehung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Für den Fall, dass tatsächlich der Anwendungsbereich der Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV eröffnet sein sollte, wäre das bereits vorliegende Fahreignungsgutachten nicht einschlägig, da es dann nurmehr darauf ankäme, ob die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen über das erforderliche Maß beeinträchtigt wäre oder nicht.

Auch im Übrigen wären die von den Gutachtern erarbeiteten Aussagen und Ergebnisse der medizinisch-psychologischen Untersuchung vom ... Mai 2016 nur zum Teil schlüssig. Dem Antragsteller werden sehr gute Ergebnisse im Leistungstest und keine drogenspezifischen, insbesondere keine psychischen Auffälligkeiten wie Unruhe oder Nervosität bescheinigt. Dennoch könne keine positive Prognose abgegeben werden, weil etwa eine Reduzierung der Konsums in Vorbereitung auf die Untersuchung und auch künftig ein Beikonsum mangels Nachweisbarkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Insoweit wird dem Antragsteller - ohne letztendlich belastbare Indizien hierfür zu haben - rechtswidriges Verhalten bzw. jedenfalls Non-Compliance unterstellt. Der Antragsteller hat laut Gutachten „in einem situationsangemessenen Maß kooperiert“; er zeigte sich „offen, die Kommunikation war im Wesentlichen frei von inneren Widersprüchen“. Zudem gab der Antragsteller (allgemein) an, auch „in den letzten Tagen keine Dosisänderung vorgenommen zu haben“. Eine konkrete Nachfrage, zu welchem Zeitpunkt er zuletzt wie viel Cannabis konsumiert habe, wurde ihm während des Gutachtens nicht gestellt. Das Risiko einer Nichtnachweisbarkeit von Beikonsum kann vor diesem Hintergrund und ohne konkrete Anhaltspunkte nicht einseitig zulasten des Antragstellers herangezogen werden. Freilich sollten die Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Untersuchung denen im Alltag des Antragstellers entsprechen, es sollte gerade keine Reduzierung des Konsums erfolgen. Dies hätte - sofern der Antragsteller tatsächlich weniger als üblich konsumiert hat - aber im Vorfeld mit dem Antragsteller abgeklärt werden müssen.

2.3 Daher war über den verfahrensgegenständlichen Antrag im Wege einer sog. reinen Interessensabwägung zu entscheiden. Hier überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit und damit dem vorläufigen Weiterbestehens des Fahrerlaubnisentzugs das private Interesse des Antragstellers an dem vorläufigen Behaltendürfen seines Führerscheins. Denn das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Auftrag des Staates zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu stellen (BVerwG, B. v. 20.6.2002 - 1 BvR 2062/96 - juris). Auch wenn der Antragsteller hier letztendlich legal, auf Basis einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG Cannabis konsumiert, handelt es sich doch um einen regelmäßigen Konsum von Cannabis. Der Gesetzgeber geht laut der in Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV enthaltenen Wertung davon aus, dass dies typischerweise dazu führt, dass der Konsument nicht geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Im Rahmen von Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV oder in einem atypischen Sonderfall gemäß Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV kann dennoch ausnahmsweise die Fahreignung gegeben sein. Wie oben erläutert steht dies aber noch nicht zweifelsfrei fest. Damit fehlen sichere und hinreichend gewichtige Gründe, welche dafür sprechen, dass das vom Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt (BayVGH, B. v. 1.4.2008 -11 CS 07.221 - juris).

2.4 Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der einstweiligen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese - im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte - Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV. Gleiches gilt für die in den Nrn. 5 und 6 enthaltene Kostenerhebung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

Besteht eine Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage eines Führerscheins, Fahrzeugscheins, Anhängerverzeichnisses, Fahrzeugbriefs, Nachweises über die Zuteilung des amtlichen Kennzeichens oder über die Betriebserlaubnis oder EG-Typgenehmigung, eines ausländischen Führerscheins oder Zulassungsscheins oder eines internationalen Führerscheins oder Zulassungsscheins oder amtlicher Kennzeichen oder Versicherungskennzeichen und behauptet der Verpflichtete, der Ablieferungs- oder Vorlagepflicht deshalb nicht nachkommen zu können, weil ihm der Schein, das Verzeichnis, der Brief, der Nachweis oder die Kennzeichen verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen sind, so hat er auf Verlangen der Verwaltungsbehörde eine Versicherung an Eides statt über den Verbleib des Scheins, Verzeichnisses, Briefs, Nachweises oder der Kennzeichen abzugeben. Dies gilt auch, wenn jemand für einen verloren gegangenen oder sonst abhanden gekommenen Schein, Brief oder Nachweis oder ein verloren gegangenes oder sonst abhanden gekommenes Anhängerverzeichnis oder Kennzeichen eine neue Ausfertigung oder ein neues Kennzeichen beantragt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 18. Oktober 2013 wird aufgehoben.

II.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 6. September 2013 wird hinsichtlich der Nr. 1 dieses Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich der Nr. 2 angeordnet.

III.

Der Antragstellerin wird die Auflage erteilt,

1. sich während der gesamten Dauer der aufschiebenden Wirkung des Konsums von Alkohol zu enthalten;

2. a) innerhalb von drei Wochen ab der Zustellung dieses Beschlusses an ihren Bevollmächtigten mit einem Facharzt für Rechtsmedizin, einem Arzt des bayerischen öffentlichen Gesundheitsdienstes oder einem Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (bzw. dem Rechtsträger dieser Begutachtungsstelle) einen Vertrag mit dem in den Gründen dieses Beschlusses vorgegebenen Inhalt zu schließen und dem Landratsamt K. hiervon eine Ablichtung zukommen zu lassen;

b) diesen Vertrag während der gesamten Dauer der aufschiebenden Wirkung zu erfüllen.

IV.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

V.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen fallen zu einem Drittel der Antragstellerin, zu zwei Dritteln dem Antragsgegner zur Last.

VI.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin verfolgt im Beschwerdeverfahren ihr Begehren weiter, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über deren Entziehung vorerst weiter von ihrer Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu dürfen.

Nach einer vorangegangenen Fahrerlaubnisentziehung wegen einer Alkoholfahrt im Jahr 2009 mit 2,43 Promille Alkohol im Blut wurde der Antragstellerin im Dezember 2011 eine Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S neu erteilt. Ein von ihr vorgelegtes medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vom 4. November 2011 war zu dem Ergebnis gelangt, dass eine alkoholabstinente Lebensweise im Fall der Antragstellerin für eine günstige Verkehrsprognose unverzichtbar sei. Die Antragstellerin hatte bei der Begutachtung angegeben, keinen Alkohol mehr zu sich zu nehmen und dies auch künftig zu unterlassen.

Im April 2013 meldete der Ehemann der Antragstellerin bei der Polizei, dass sie seit Tagen alkoholisiert sei. Der Hausarzt habe bereits eine Überweisung zur Entgiftung geschrieben. Nachdem sie sich nicht freiwillig dorthin begeben wolle, werde um Einweisung der Antragstellerin durch die Polizei gebeten. Nach Einschätzung der Polizeibeamten vor Ort, war die Antragstellerin tatsächlich alkoholisiert, eine Einweisung unterblieb aber, weil nach Einschätzung der Polizisten keine Eigen- oder Fremdgefährdung erkennbar war.

Der Aufforderung des hiervon in Kenntnis gesetzten Landratsamts, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, kam die Antragstellerin nicht nach. Mit Bescheid vom 6. September 2013 wurde ihr deshalb in sofort vollziehbarer Weise die Fahrerlaubnis entzogen. Hiergegen erhob sie Klage und beantragte, deren aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch Beschluss vom 18. Oktober 2013 ab. Das Landratsamt sei zutreffend von Tatsachen ausgegangen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten. Alkoholmissbrauch im fahrerlaubnisrechtlichen Sinn liege bei Alkoholauffälligkeiten, die nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stünden, nur dann vor, wenn weitere Umstände Zweifel am Trennungsvermögen des Betroffenen zwischen Alkoholkonsum und Straßenverkehrsteilnahme rechtfertigten. Dies sei in der Zusammenschau der Alkoholfahrt aus dem Jahr 2009, der Begutachtung aus dem Jahr 2011 und des Vorfalls im April 2013 der Fall. Die Voraussetzungen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 2 FeV seien gegeben. Aus der Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens habe die Behörde zu Recht gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf fehlende Fahreignung der Antragstellerin geschlossen. Im Rahmen der Interessenabwägung falle zusätzlich zu ihren Lasten ins Gewicht, dass die Fachklinik, in der sie sich nach dem Vorfall 2013 stationär habe behandeln lassen, nicht nur von Alkoholmissbrauch, sondern sogar von einer Suchterkrankung, also von Alkoholabhängigkeit ausgehe.

Mit Ihrer Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft vom Vorliegen weiterer Umstände ausgegangen, die eine Gutachtensanforderung rechtfertigten, obwohl ihre Alkoholisierung im April 2013 nicht mit einer Straßenverkehrsteilnahme in Zusammenhang gestanden habe. Weder sei sie bei ihrem Abstinenzrückfall erheblich alkoholisiert noch aggressiv gewesen. Es habe keine Ausfallerscheinungen oder Hinweise auf Kontrollverlust gegeben. Dass sie sich kurz nach dem Vorfall freiwillig in Behandlung begeben habe, belege ihre Steuerungsfähigkeit und ihre Bereitschaft, die Dinge nach dem Abstinenzrückfall in den Griff zu bekommen. Auch habe das Verwaltungsgericht sich nicht mit der Thematik befasst, dass etwaige Zweifel an der Fahreignung der Antragstellerin durch geeignete Auflagen ausgeräumt werden könnten.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und beantragt, sie zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache überwiegend Erfolg.

1. Die Klage gegen die Fahrerlaubnisentziehung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 3 und § 11 Abs. 8 FeV hat nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung überwiegende Aussicht auf Erfolg, weil die Anordnung ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, durch § 13 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 FeV wohl nicht gedeckt ist.

Hiernach ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Alkoholmissbrauch ist dabei im fahrerlaubnisrechtlichen Sinn der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu verstehen und meint den Fall, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 2.12.2011 - 11 B 11.246 - SVR 2012, 236; OVG NW, B. v. 14.11.2013 - 16 B 1146/13 - Blutalkohol Vol. 51, S. 36 m. w. N.). Es müssten also im Fall der Antragstellerin Tatsachen die Annahme begründen, dass sie das Trinken und das Fahren nicht hinreichend sicher trennen kann. Das Landratsamt und ihm folgend das Verwaltungsgericht Bayreuth haben solche Tatsachen darin erblickt, dass die Antragstellerin im Jahr 2006 eine Alkoholfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,43 Promille unternommen hat, ihr in dem 2011 vorgelegten medizinisch-psychologischen Gutachten attestiert wurde, dass eine alkoholabstinente Lebensweise für eine günstige Verkehrsprognose unverzichtbar sei und sie diese Abstinenz nicht eingehalten hat.

Auch in der Zusammenschau genügen diese Umstände indes wohl nicht, um die Annahme von Alkoholmissbrauch, also einem fehlenden Trennungsvermögen zwischen Trinken und Fahren zu begründen. Tatsachen, die diese Annahme rechtfertigen, können nach der Rechtsprechung z. B. bei Berufskraftfahrern vorliegen, bei denen naturgemäß die Wahrscheinlichkeit der alkoholisierten Straßenverkehrsteilnahme höher ist (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 2.12.2011 - 11 B 11.246- SVR, 2012, 236). Ferner kann auch sonstiger Kontrollverlust in Zusammenhang mit Alkoholkonsum eine Tatsache darstellen, die auf fehlendes Trennungsvermögen schließen lässt, etwa bei unkontrolliert aggressivem Verhalten Dritten gegenüber (vgl. BayVGH, B. v. 6.12.2012 - 11 CS 12.2173), bei offensichtlicher Fahrbereitschaft unter signifikanter Alkoholkonzentration (vgl. BayVGH, B. v. 22.9.2008 - 11 C 08.2341) oder bei nahezu täglichen Autofahrten (BayVGH, B. v. 30.11.2006 - 11 CS 06.1092, 11 C 06.1093). Im Fall der Antragstellerin sind solche Umstände, nicht ersichtlich. Ihr Rückfall und die bloße Weigerung, sich in eine Entgiftungsbehandlung zu begeben, die sie später i. Ü. doch angetreten hat, genügen wohl nicht, um eine Gutachtensanordnung nach § 13 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 FeV zu rechtfertigen. Ein wenigstens mittelbarer Zusammenhang mit der Straßenverkehrsteilnahme ist dadurch nicht belegt.

Allerdings stellt die ärztliche Bescheinigung der Fachklinik ... vom 13. September 2013 eine Tatsache dar, die den Verdacht einer Alkoholabhängigkeit der Antragstellerin begründet. Hiernach befand sie sich für mehr als drei Monate in stationärer Langzeitbehandlung der Fachklinik für suchtkranke Frauen. Es ist in der Bescheinigung ausdrücklich von der Suchterkrankung der Antragstellerin die Rede. Die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens gemäß § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV dürfte hiernach gerechtfertigt sein, auch wenn das medizinisch-psychologische Gutachten vom 4. November 2011 noch zu dem Ergebnis kam, dass bei der Antragstellerin keine Alkoholabhängigkeit bestehe.

2. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führt deshalb zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unter Anordnung von Auflagen.

In eng begrenzten Ausnahmefällen kann es gerechtfertigt sein, die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Fahrerlaubnisentziehung unter Anordnung von Auflagen wiederherzustellen. Unter Abwägung des Interesses des Antragstellerin, weiter von ihrer aufgrund einer wohl fehlerhaften Gutachtensanordnung entzogenen Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu dürfen und dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs sowie am Schutz unbeteiligter Dritter erscheint es auch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt, die Antragstellerin durch die verfügten Auflagen zu engmaschigen Abstinenznachweisen zu verpflichten, zumal im medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachten aus dem Jahr 2011 absolute Alkoholabstinenz der Antragstellerin gefordert wird und ihre Fahreignung bei konsequentem Gesetzesvollzug in absehbarer Zeit erneut auf dem Prüfstand stehen wird. In Ausübung des Ermessens, das dem Gericht bei der Ausgestaltung von Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO zusteht, wird der Inhalt des Vertrages, den die Antragstellerin nach der Nummer III. 2 des Tenors dieses Beschlusses abzuschließen und zu erfüllen hat, wie folgt festgelegt:

a) Der Arzt hat die Antragstellerin innerhalb von jeweils zwölf Kalendermonaten zwölf Mal an unregelmäßig anzuberaumenden Terminen zu einer unter ärztlicher Sichtkontrolle stattfindenden Abgabe von Urin und - falls nach ärztlichem Ermessen erforderlich - zur zusätzlichen Abnahme von Blut einzubestellen, wobei zwischen der Unterrichtung der Antragstellerin über den jeweiligen Termin und der Urinabgabe bzw. der Blutentnahme höchstens 48 Stunden liegen dürfen.

b) Der Arzt hat sich, sofern ihm die Antragstellerin nicht von Angesicht bekannt ist, bei allen Terminen zur Haar- bzw. Blutentnahme oder Urinabgabe anhand amtlicher Lichtbildausweise über die Identität der Erschienenen zu vergewissern.

c) Die Antragstellerin hat sich im Vertrag zu verpflichten, den beauftragten Arzt von jedem Umstand, der sie hindert, einer Einbestellung im Sinne des vorstehenden Buchstabens a) Folge zu leisten, unverzüglich nach dem Bekanntwerden des Umstands, jedenfalls aber vor dem Zugang einer Einbestellung, zu unterrichten. Der Arzt hat sich zu verpflichten, bis zum Ablauf des nächsten Werktags nach einem von der Antragstellerin - entschuldigt oder unentschuldigt - nicht wahrgenommenen Termin im Sinne des Buchstabens a) das Landratsamt K. hierüber zu informieren.

d) Die Analyse des Urins bzw. des Blutes hat sich auf die Ermittlung des EtG-Wertes zu beziehen. Ferner sind der Kreatiningehalt des Urins, sein spezifisches Gewicht und sein pH-Wert zu bestimmen. Der beauftragte Arzt ist zu ermächtigen, den Kreis der in die Untersuchungen einzubeziehenden Stoffe zu erweitern und zusätzliche, der Antragstellerin zu entnehmende Proben (ggfs. auch Haare) analysieren zu lassen, soweit ihm das geboten erscheint, um einen Gebrauch von Alkohol durch die Antragstellerin sicher auszuschließen.

e) Die Befunde der Urin- sowie etwaiger Blut- und/oder Haaruntersuchungen sind innerhalb einer Woche, nachdem sie dem zu beauftragenden Arzt vorliegen, an das Landratsamt weiterzuleiten. Die Weitergabe ist mit der Erklärung zu verbinden, dass die sich aus den vorstehenden Punkten ergebenden Anforderungen eingehalten wurden. Potenziell rechtserhebliche Wahrnehmungen im Zusammenhang mit der Blut- oder Haarentnahme oder Urinabgabe (z. B. klinische Auffälligkeiten der Antragstellerin) sind der Behörde mitzuteilen.

f) Die Antragstellerin hat den beauftragten Arzt in dem abzuschließenden Vertrag umfassend von der Schweigepflicht gegenüber Behörden und Gerichten zu entbinden.

Sollte die Antragstellerin den vorstehenden Verpflichtungen nicht fristgerecht nachkommen, kann der Antragsgegner beim Verwaltungsgericht die Abänderung dieses Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO beantragen.

3. Soweit die auflagenfreie Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Bescheidstenors beantragt war, war die Beschwerde zurückzuweisen. Erfolg hat sie dagegen auch, was die Verpflichtung angeht, den Führerschein abzuliefern (§ 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV), die nach der Rechtsprechung des Senats dann kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, wenn - wie hier - die Entziehungsverfügung für sofort vollziehbar erklärt wurde (§ 47 Abs. 1 S. 2 FeV). Insoweit war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, weil die Hauptsacheklage gegen die Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 6. September 2013 überwiegende Erfolgsaussichten hat. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins hat sich nicht dadurch erledigt, dass er von der Antragstellerin abgegeben wurde, denn sie stellt den Rechtsgrund für das vorläufige Behalten dürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.

(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber

1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat,
2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat,
3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist,
4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist,
5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat,
6.
Erste Hilfe leisten kann und
7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b können als weitere Voraussetzungen der Vorbesitz anderer Klassen oder Fahrpraxis in einer anderen Klasse festgelegt werden. Die Fahrerlaubnis kann für die Klassen C und D sowie ihre Unterklassen und Anhängerklassen befristet erteilt werden. Sie ist auf Antrag zu verlängern, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist und kein Anlass zur Annahme besteht, dass eine der aus den Sätzen 1 und 2 ersichtlichen sonstigen Voraussetzungen fehlt.

(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.

(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer

1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat,
2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist,
3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und
4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.

(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen

1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und
2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
sowie ein Lichtbild abzugeben. Außerdem hat der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis der beantragten Klasse oder einen entsprechenden Führerschein besitzt.

(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.

(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn

1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen,
2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
Satz 2 gilt nicht, wenn die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 oder wegen erheblichen oder wiederholten Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze angeordnet wird.

(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.

(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss

1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen,
2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und
3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
Die Fahrberechtigung gilt im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabenerfüllung der in Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Erwerb der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 7,5 t nicht übersteigt.

(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.

(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.

(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.

(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der

1.
das 30. Lebensjahr vollendet hat,
2.
mindestens seit fünf Jahren eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse C1 besitzt und
3.
zum Zeitpunkt der Einweisungs- und Prüfungsfahrten im Fahreignungsregister mit nicht mehr als zwei Punkten belastet ist,
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am ... geborene Kläger begehrt die erstmalige Erteilung einer Fahrerlaubnis.
Der Kläger ist arbeitslos und lebt von staatlichen Sozialleistungen (Hartz IV). Er ist bereits vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Ausweislich einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 04.03.2014 enthielt dieses elf Eintragungen. Der Kläger wurde u.a. wie folgt verurteilt:
1. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 21.12.2000, rechtskräftig seit dem 29.12.2000, wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten (Datum der Tat: 14.01.2000);
2. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 05.04.2001, rechtskräftig seit dem 05.04.2001, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten;
3. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 14.05.2002, rechtskräftig seit dem 14.05.2002, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in fünf Fällen und versuchten unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten (Datum der Tat: 22.10.2001);
4. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 06.02.2006, rechtskräftig seit dem 12.09.2006 wegen Raub in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Datum der Tat: 08.10.2005);
5. Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 13.01.2012, rechtskräftig seit dem 13.01.2012, wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen, unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 10 EUR (Datum der Tat: 03.09.2011).
Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 07.03.2014 - ... - wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Mit Urteil vom 27.07.2015 - ... - verwarf das Landgericht Baden-Baden die Berufung des Klägers und änderte auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts dahingehend ab, dass der Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt wurde. Auf die Revision des Klägers hob das Oberlandesgericht ... das Urteil des Landgerichts mit Beschluss vom 03.03.2016 - ... - auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Baden-Baden zurück.
Gegen den Kläger wurde bereits am 19.02.2015 ein weiteres Ermittlungsverfahren eingeleitet (Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft Baden-Baden ...). Der Kläger stand im Verdacht, im Zeitraum zwischen September 2014 und Februar 2015 in einer Vielzahl von Fällen (32-48) jeweils 2 g Haschisch oder Marihuana zum Preis von je 25 EUR veräußert zu haben. Bei einer Durchsuchung waren in der Wohnung des Klägers am 19.02.2015 eine Haschischkante (Nettogewicht: 49 g), 34 g Cannabissamen, 34,57 g Cannabisstängel sowie getrocknetes Pilzmaterial (Nettogewicht 3,505 g) aufgefunden worden. In den Pilzen waren Psilocybin und Psilocin nachweisbar.
10 
Der Kläger beantragte unter dem 11.11.2013 beim Landratsamt Rastatt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Er gab an, er sei wegen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) mit einem Grad von 50 % schwerbehindert und fügte dem Antrag unter anderem eine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte - Bundesopiumstelle - nach § 3 Abs. 2 BtMG vom 01.03.2013 bei zum Erwerb von Cannabis (Medizinal-Cannabisblüten) entsprechend der Dosierungsvorgabe des betreuenden/begleitenden Arztes nur jeweils bis zu dem in der Erklärung des Arztes vorgegebenen 4-Wochen-Bedarf, und zwar der Sorten Bedrocan (mit ca. 18 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedica (mit ca. 14 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedrobinol (mit ca. 11 v. H. Delta-9-Tetrahydro-cannabinol) und Bediol (mit ca. 6 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), wobei dem Kläger der Bezug nur aus der ...-Apotheke in ... gestattet war. In der dem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ebenfalls beigefügten Erklärung des betreuender/begleitender Arztes Dr. ... vom 04.06.2013 wird als Dosierungsanweisung eine Einzeldosis von 1 g, eine maximale Tagesdosis von 5 g und ein 4-Wochen-Bedarf von 140 g angegeben. Die Medizinal-Cannabisblüten seien als Teezubereitung oder Inhalation anzuwenden. Der Kläger fügte dem Antrag des Weiteren ein ärztliches Attest von Dr. G. vom 03.04.2013 bei, wonach er sich in dessen ärztlicher Behandlung befinde. Bei der ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabis auf der Grundlage einer Erlaubnis durch die Bundesopiumstelle handele es sich, zumindest soweit eine gleichbleibende Dosierung erreicht sei, um eine arzneiliche Anwendung; diese sei bezüglich der möglichen Auswirkungen auf die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs der Therapie mit einem verschriebenen Arzneimittel vergleichbar. Der Kläger gehe mit der Verwendung seines Medikaments im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr gewissenhaft um, so dass seine Cannabisverwendung nicht die Teilnahme am Straßenverkehr ausschließe.
11 
Am 28.01.2014 übersandte der Kläger dem Landratsamt ... ein Schreiben der Bundesanstalt für Straßenwesen an Dr. G. vom 15.01.2014. Danach unterliege die Beurteilung der Fahreignung bei medizinischer Verwendung von cannabishaltigen Medikamenten den gleichen rechtlichen Regelungen wie bei der Verwendung anderer Medikamente. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass das Medikament ärztlich verordnet worden sei, eine mit dem Arzt abgesprochene Medikamentierung erfolge und diese vom Patienten auch eingehalten werde. Für den Fall einer Dauermedikation gelte Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -.
12 
Der Kläger legte darüber hinaus eine Bescheinigung des Hausarztes Dr. ... vom 13.09.2012 vor, wonach er an einer Impulskontrollstörung aufgrund einer bereits vordiagnostizierten ADHS im Erwachsenenalter leide. Die Behandlung mit dem einzigen Präparat, das in Deutschland für diese Erkrankung bei Erwachsenen zugelassen sei, habe wegen ausgeprägten Unverträglichkeiten beendet werden müssen. Auch der Versuch einer Dosisanpassung habe keinen Erfolg gebracht.
13 
Der Kläger legte ferner ein Schreiben der Bundesopiumstelle vom 07.02.2011 an Dr. G. vor, in dem zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisprodukten und zur Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr Stellung genommen wurde.
14 
Mit Schreiben vom 28.03.2014 führte der Prozessvertreter des Klägers aus, der Kläger leide seit Jahren unter den Symptomen einer ADHS. Aufgrund dieser schwerwiegenden Erkrankung sei ihm von der zuständigen Bundesopiumstelle eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Cannabisblüten und Cannabisextrakt zur Anwendung im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie erteilt worden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft solle der Kläger zwischen Mai und September 2013 über kleinere Mengen von Haschisch bzw. Marihuana in Pflanzenform verfügt haben. Fahrten unter Betäubungsmitteleinfluss hätten dem Kläger zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen werden können und hätten auch nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund sei von einer bestimmungsgemäßen und ärztlich verordneten Einnahme von Cannabis als Arzneimittel auszugehen. Sollte das Landratsamt von einer Dauermedikation ausgehen, wäre gemäß Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu beachten, dass die Fahreignung dann nicht gegeben wäre, wenn die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß beeinträchtigt wäre. Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger nicht von einem bestimmungsgemäßen und insoweit ärztlich verordneten Gebrauch von Cannabis auszugehen sei, lägen nicht vor. Gemäß der vorgelegten ärztlichen Verordnung sei davon auszugehen, dass der Kläger täglich 5 g eines Cannabisderivats zu sich nehmen müsse, um die unbestrittenen erheblichen Symptome seiner ADHS-Erkrankung zu lindern. Anhaltspunkte dafür, dass die medizinisch verordnete Dosierung vom Kläger überschritten werden könne, bestünden nicht. Im Übrigen seien auch charakterliche Eignungsmängel nicht gegeben.
15 
Mit Verfügung vom 03.06.2014 lehnte das Landratsamt ... den Antrag des Klägers auf Ersterteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B ab. Zur Begründung führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, beim Kläger sei von einer regelmäßigen Einnahme von Betäubungsmitteln auszugehen. Er konsumiere nach eigenen Angaben seit seinem 14. Lebensjahr und damit schon lange vor der Erteilung der Erlaubnis der Bundesopiumstelle Haschisch/Cannabis. Bei missbräuchlichem Konsum von illegalen Drogen sei in der Regel ein einjähriger, nachgewiesener Zeitraum der Drogenabstinenz erforderlich, um davon ausgehen zu können, dass ein erhöhtes Rückfallrisiko nicht mehr bestehe. Die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen stehe zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, weshalb die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens nach § 11 Abs. 7 FeV unterbleibe.
16 
Der Prozessvertreter des Klägers legte gegen die Verfügung rechtzeitig Widerspruch ein und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf sein Schreiben vom 28.03.2014.
17 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2015, der dem Prozessvertreter des Klägers am 24.06.2015 zugestellt wurde, zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis, weil er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Er sei in der Vergangenheit Konsument harter Drogen gewesen. Anlässlich einer psychiatrischen Begutachtung zur Frage seiner Schuldfähigkeit habe er im Jahr 2000 behauptet, schon alle Arten harter Drogen probiert zu haben. Aus einem Schreiben des Dr. G. vom 20.12.2012 an die Bundesopiumstelle gehe hervor, dass dieser bezüglich des Klägers als Nebendiagnose unter anderem „Zustand nach Polytoxikomanie (Alkohol, Ecstasy, LSG, Cannabis) im frühen Erwachsenenalter“ attestiert habe. Nach einem Urteil des Amtsgerichts ... vom 05.04.2001 habe der Kläger jedenfalls im Jahr 2000 in einem Fall drei Ecstasy-Tabletten und in zwei Fällen jeweils zehn Ecstasy-Tabletten unerlaubt erworben. Ausweislich einer psychiatrischen Stellungnahme vom 27.10.2014 habe er von ca. 2000-2003 einen LSD-Missbrauch betrieben und bis 2003 unregelmäßig Kokain sowie gelegentlich in der Vergangenheit Amphetamine eingenommen. Ein Nachweis darüber, dass der Kläger keine harten Drogen mehr konsumiere, liege nicht vor. Nach Ziffer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sei in der Regel der Nachweis einer einjährigen Abstinenz zu führen. Hinsichtlich des Cannabiskonsums des Klägers sei die Regelvermutung der Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt. Der Kläger konsumiere nach seinen eigenen Angaben seit seinem 14. Lebensjahr Haschisch. In der Hauptverhandlung vom 07.03.2014 habe er angegeben, er benötige 5 g Cannabis am Tag als Medikament. Die Regelvermutung der Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, die den Cannabiskonsum unabhängig von einer medizinischen Verwendung regele, könne allenfalls gemäß der Vorbemerkung Ziffer 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung widerlegt werden, wobei der Betroffene die Beweislast trage. Atypische Umstände im Sinne der Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung seien im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Aufgrund seiner wiederholten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, des Konsums harter Drogen, des übermäßigen Alkoholkonsums in der Vergangenheit, der ärztlich bescheinigten Polytoxikomanie, der bei den Straftaten zu Tage getretenen erheblichen Aggressivität des Klägers, seiner offensichtlichen Schwierigkeit, Normen einzuhalten, und der Art seiner Auftritte im Internet im Zusammenhang mit Drogen könne nicht von einer Kompensation nach Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ausgegangen werden. Beim Kläger könne im Übrigen von einem bestimmungsgemäßen, medizinischen Gebrauch von Cannabioden im Sinne der Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG nicht die Rede sein. Bei ihm sei vielmehr davon auszugehen, dass eine eventuell vorliegende ADHS-Erkrankung für den Erwerb und Konsum von Cannabis eine untergeordnete Rolle spiele und er auch ohne eine solche Erkrankung Cannabis erwerben und regelmäßig konsumieren würde.
18 
Der Kläger hat am 01.07.2015 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, der Beklagte habe keine Anknüpfungstatsachen benannt, die einen Konsum harter Drogen nahelegten. Jedenfalls seien diese angesichts des mittlerweile eingetretenen Zeitablaufs von mehr als zwölf Jahren nicht mehr verwertbar. Die möglicherweise in den auf YouTube eingestellten Videos sichtbaren Gegenstände seien keine Betäubungsmittel. Dass er aus persönlicher Überzeugung für die Legalisierung von Cannabis eintrete, dürfe ihm im Fahrerlaubniserteilungsverfahren nicht entgegengehalten werden. Entscheidend sei allein, ob die unstreitig medizinisch indizierte Einnahme von Cannabisprodukten bei ihm zu einer relevanten Beeinträchtigung der Fahreignung führe. In diesem Zusammenhang übersehe der Beklagte, dass die Einnahme von Cannabisderivaten in dem medizinisch indizierten Bereich bis 5 g pro Tag bei ihm nur zu einer Normalisierung seiner ADHS-bedingten und ihn massiv belastenden Symptomatik führe. Der Konsum von Cannabis führe bei ihm gerade nicht zu Rauschzuständen, die fahreignungsrelevante Beeinträchtigungen mit sich bringen könnten. Vielmehr führe die ADHS-Therapie mit THC unter Beachtung der ärztlichen Vorgaben des Konsums bei ihm nur dazu, dass seine neuronal dominierte psycho-physische und ADHS-typische Erregung und die daraus abzuleitende vielschichtige Symptomatik abklinge. Die bei ihm möglicherweise krankheitsbedingt bestehende Einschränkung seiner Kraftfahreignung werde gerade durch die Einnahme von Cannabis kompensiert. Insoweit werde die Einholung eines medizinisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens beantragt. Es werde auch auf den Fallbericht „Cannabis verbessert Symptome der ADHS“ von Stobeck-Kühner, Skopp und Mattern vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg (http://www.cannabis-med.org/data/ pdf/de_2008_01_1.pdf) verwiesen, wonach THC im Falle der ADHS atypische Wirkungen verursachen und sogar zu einer Verbesserung fahrrelevanter Leistungen führen könne. Darüber hinaus werde auf die Stellungnahmen der Bundesopiumstelle vom 07.02.2011 und der Bundesanstalt für Straßenwesen vom 15.01.2014 hingewiesen. Bezüglich der Fahreignung könne es nicht darauf ankommen, ob er das zu seiner Behandlung verwendete Cannabis entsprechend der Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der...-Apotheke bezogen habe oder aus anderen (bislang illegalen) Quellen. Diese Differenzierung betreffe lediglich die bisher noch nicht geklärte strafrechtliche Frage des unerlaubten Umgangs mit Cannabisderivaten außerhalb der Erlaubnis nach § 3 Absatz 2 BtMG. Für die Frage der Fahreignung könne es keinen Unterschied machen, ob ein möglicherweise sogar weniger potentes Cannabisderivat auf dem Schwarzmarkt bezogen worden sei oder das hochpotente Cannabis in Blütenform aus der Apotheke mit Wirkstoffgehalten von bis zu 18 % THC.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
den Bescheid des Landratsamts ... vom 03.06.2014 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.06.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
21 
Der Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der beigezogenen Behördenakten des Landratsamtes ... und des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen, die dem Gericht vorlagen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Verfügung des Landratsamtes ... vom 03.06.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.06.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in der hier gegebenen prozessualen Situation einer Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts.
25 
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnis zu erteilen, wenn der Bewerber die dort genannten Voraussetzungen erfüllt. Er muss nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. § 11 Absatz 1 Satz 1 FeV insbesondere zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein, d.h. er muss die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen haben (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Die körperlichen und geistigen Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Absatz 1 Satz 2 FeV).
26 
Nach diesen Maßgaben ist der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Zwar ergibt sich seine fehlende Fahreignung nicht bereits aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Danach ist ein Fahrerlaubnisinhaber, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
27 
Der Kläger hat jedenfalls bis 2002 nicht nur Cannabis, sondern auch andere Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG, u.a. LSD, Kokain und Ecstasy, eingenommen. Dies ergibt sich aus einem von dem Prozessvertreter des Klägers im Strafverfahren vor dem Landgericht ... (...) übersandten Arztbericht des Dr. G. vom 20.11.2012, in dem dieser bezüglich des Klägers als Nebendiagnose ausgeführt hat: „Zustand nach Polytoxikomanie (Alkohol, Ecstasy, LSD, Cannabis) im frühen Erwachsenenalter (bis 2002)“. Der Kläger habe im frühen Erwachsenenalter exzessiv legale und illegale Drogen (Alkohol, Ecstasy, LSD, Kokain, Cannbis) konsumiert. Im Fall des Klägers ist nicht allein aufgrund des Zeitablaufs seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen im Jahr 2002 von einer Wiedererlangung der Kraftfahreignung auszugehen. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist ohne Beachtung zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen, solange der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nicht erbracht ist (vgl. VGH Bad-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris). Vom Betroffenen ist regelmäßig der Nachweis einer mindestens einjährigen Betäubungsmittelabstinenz zu erbringen (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -, juris). Der Kläger hat keinen entsprechenden Nachweis durch negative Laborbefunde erbracht. Der Umstand, dass er seit 14 Jahren nicht mehr auffällig geworden ist, belegt nicht die tatsächliche Drogenabstinenz und damit einen stabilen Einstellungswandel im Hinblick auf den Konsum sogenannter „harter“ Drogen. Denn auch bei Personen, die wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, ist nicht gewährleistet, dass ausnahmslos jeder neue Konsum eines Betäubungsmittels den Behörden bekannt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.05.2004 - 10 S 2796/03 -, juris).
28 
Allerdings muss der in der Vergangenheit erfolgte Drogenkonsum noch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit der Versagung der Fahrerlaubnis stehen, d.h. er muss unter zeitlichen Gesichtspunkten noch den Schluss auf die fehlende Kraftfahreignung zulassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.07.2007 - 10 S 961/07 -, juris). Hiervon ist nach Ablauf von 14 Jahren seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen nicht ohne weiteres auszugehen. Auch unter Berücksichtigung des fortgesetzten Cannabiskonsums und des polizeilichen Fundes betäubungsmittelhaltiger Pilze in der Wohnung des Klägers am 19.02.2015 kann ohne Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht mit hinreichender Sicherheit auf die fehlende Fahreignung nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung geschlossen werden.
29 
Die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich jedoch aus seinem regelmäßigen Cannabiskonsum. Nach eigenen Angaben konsumiert der Kläger täglich bis zu 5 g Cannabis. Sein Prozessvertreter hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Kläger konsumiere die Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke, soweit er sich diese leisten könne, und zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. In seinem Schreiben vom 28.03.2014 führte er aus, der Kläger müsse täglich 5 g Cannabis zu sich nehmen, um die Symptome seiner ADHS-Erkrankung zu lindern. Dies entspricht der eigenen Aussage des Klägers in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... im Verfahren ... (vgl. das Protokoll zur Hauptverhandlung, Bl. 219 ff. d.A. des Landratsamtes ...).
30 
Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass hinsichtlich des Konsums von Medizinal-Cannabisblüten, für deren Erwerb der Kläger eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zur medizinisch betreuten und begleiteten Therapie einer bestehenden Erkrankung besitzt, die Nr. 9.6.2 (Dauerbehandlung mit Arzneimitteln) der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung eine grundsätzlich anwendbare und im Verhältnis zu Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (regelmäßige Einnahme von Cannabis) spezielle Regelung trifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.08.2015 - 10 S 444/14 -, juris; Beschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 11.01.2013 - 12 ME 289/12 -, juris). Auch bei der Einnahme von Cannabis, wenn diese medizinisch indiziert und das Cannabis aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der Apotheke bezogen und in Übereinstimmung mit der ärztlichen Dosierungsanweisung eingenommen wird, erscheint es dem Grunde nach vorstellbar, dass diese die Fahreignung unberührt lässt. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aufgrund des Charakters des Betroffenen und einer begleitenden ärztlichen Überwachung gewährleistet ist, dass das Cannabis nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und bei der zusätzlich entweder die Fahrtüchtigkeit unbeeinträchtigt bleibt oder - wenn Auswirkungen der Cannabiseinnahme auf die Fahrtüchtigkeit zu besorgen sind - gewährleistet ist, dass der Patient zwischen der therapeutischen Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris, allgemein zu Betäubungsmitteln).
31 
Beim Kläger ist hinsichtlich seines Cannabiskonsums jedoch nicht lediglich von einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln im Sinne der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen. Denn er konsumiert nicht ausschließlich entsprechend der ärztlichen Dosierungsanweisung die zu Therapiezwecken aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten der Sorten Bedrocan (mit ca. 18 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedica (mit ca. 14 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedrobinol (mit ca. 11 v. H. Delta-9-Tetrahydro-cannabinol) und Bediol (mit ca. 6 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. Dieses ist, obwohl es denselben Wirkstoff enthält, den nach der Dosierungsanweisung des Arztes einzunehmenden und aus der Apotheke zu beziehenden Medizinal-Cannabisblüten im Anwendungsbereich der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht gleichzustellen. Es unterfällt nicht der gesetzlichen Privilegierung betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel. Anders als bei der Einnahme aus der Apotheke bezogener Medizinal-Cannabisblüten nach der Dosierungsanweisung des betreuenden und begleitenden Arztes ist bei der Einnahme anderer - illegal beschaffter - Cannabioide keine Kontrolle über die Menge des Konsums und deren Wirkstoffgehalt möglich. Eine gleichbleibende Dosierung kann nicht entsprechend sichergestellt werden. Damit können auch die Auswirkungen des Konsums auf die Fahreignung nicht zuverlässig überprüft werden. Der Kläger selbst kann mangels Kenntnis des Wirkstoffgehalts und möglicher Zusätze seine Fahreignung nicht zuverlässig einschätzen. Eine ärztliche Begleitung und Überwachung findet zudem bei dem vom Kläger praktizierten illegalen Konsum nicht statt. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht davon auszugehen, dass der Wirkstoffgehalt des illegal erworbenen Cannabis stets unter dem des hochpotenten Cannabis aus der Apotheke liegen dürfte. Dies belegt bereits die Tatsache, dass bei dem Kläger am 21.09.2013 Haschischöl mit einem Wirkstoffgehalt von geschätzt 20 % aufgefunden wurde, das nach den Angaben des Klägers zu seinem Eigenkonsum bestimmt war.
32 
Soweit der Kläger illegal beschafftes Cannabis konsumiert, findet nach Auffassung der Kammer die Vorschrift der Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung Anwendung, wonach bei regelmäßigem Cannabiskonsum die Fahreignung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Zumindest ist, weil der Kläger nicht ausschließlich die aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten, sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis konsumiert hat, von einer missbräuchlichen Einnahme, d.h. einem regelmäßig übermäßigen Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen im Sinne der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen, der die Fahreignung grundsätzlich ausschließt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 111 CS 10.3168 -, juris, Rn. 25).
33 
Besondere Umstände, welche nach Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung trotz des regelmäßigen Cannabiskonsums die Annahme der ausnahmsweisen Fahreignung gebieten oder zumindest Zweifel begründen, die eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein lassen, sind im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Soweit sein Prozessvertreter auf den Fallbericht „Cannabis verbessert Symptome der ADHS“ von Stobeck-Kühner, Skopp und Mattern vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg (http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf) verweist, vermag die Kammer hierin keine Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall zu erkennen, der eine medizinisch-psychologische Begutachtung des Klägers nahelegt. Dem Fallbericht kann insbesondere nicht die allgemeine Aussage entnommen werden, dass der Konsum von Cannabis bei Menschen, die an ADHS leiden, nicht zu die Fahreignung beeinträchtigenden Rauschzuständen führt, sondern eine möglicherweise krankheitsbedingte Einschränkung der Kraftfahreignung gerade kompensiert. Denn der Fallbericht bezieht sich nur auf eine einzelne an ADHS erkrankte Person und stellt keine repräsentative Studie dar. Die Autoren kommen lediglich zu dem Ergebnis, „dass sich Cannabis bei einzelnen Personen günstig auf das Verhalten und die Leistungsfähigkeit auswirken kann“; der beschriebene Fall lasse „daran denken, dass bei Vorliegen einer ADHS (…) es in Einzelfällen durch THC zu einer Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Aktivierungsniveau kommen kann“. Der Fallbericht nimmt darüber hinaus keine Stellung zu der Frage, bei welcher Menge, Wirkstoffkonzentration und Häufigkeit die Einnahme von Cannabis bei ADHS-Erkrankten positive Auswirkungen auf die Fahreignung haben kann. Schließlich ist bei dem Kläger gar nicht von einer gesicherten Diagnose einer ADHS auszugehen. Dies geht aus dem vom Landgericht Baden-Baden im Verfahren ... in Auftrag gegebenen, überzeugenden Gutachten des Dr. med. Dipl. Psych. ... hervor, wonach beim Kläger eine entsprechende Testdiagnostik nicht durchgeführt wurde beziehungsweise wegen fehlender Explorationsbereitschaft nicht durchgeführt werden konnte. Der Gutachter hat nachvollziehbar dargelegt, dass die beim Kläger festgestellten Symptome durchaus auch andere Ursachen haben können wie etwa den von ihm seit seinem 14. Lebensjahr praktizierten Cannabis-Missbrauch.
34 
Von einem Ausnahmefall, der die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens geboten erscheinen lässt, ist hier auch deshalb nicht auszugehen, weil der Kläger nicht erst seit dem Bekanntwerden seiner Erkrankung zu Therapiezwecken, sondern bereits seit seinem 14. Lebensjahr Cannabis konsumiert. Besondere Anhaltspunkte für einen im Hinblick auf die Teilnahme am Straßenverkehr vernünftigen Umgang und insbesondere ein Trennungsvermögen bestehen bei ihm deshalb nicht. Für eine Kompensation durch Gewöhnung bestehen in seinem Fall angesichts des erheblichen Konsums von bis zu 5 g Cannabis täglich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte.
35 
Nach alledem begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Kläger vor der ablehnenden Entscheidung über die Fahrerlaubniserteilung nicht zunächst aufgefordert wurde, ein Gutachten beizubringen. Denn § 11 Abs. 7 FeV bestimmt ausdrücklich, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Durch diese Bestimmung hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass eine Begutachtung nur bei Eignungszweifeln in Betracht kommt, nicht jedoch, wenn - wie hier - die mangelnde Eignung bereits feststeht und ohne Hinzuziehung eines Gutachters über sie entschieden werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris; Urteil vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 -, juris).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt (§ 124 a Abs.1, S. 1 VwGO).
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 5.000,- Euro festgesetzt.
40 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
24 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Verfügung des Landratsamtes ... vom 03.06.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.06.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in der hier gegebenen prozessualen Situation einer Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts.
25 
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnis zu erteilen, wenn der Bewerber die dort genannten Voraussetzungen erfüllt. Er muss nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. § 11 Absatz 1 Satz 1 FeV insbesondere zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein, d.h. er muss die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen haben (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Die körperlichen und geistigen Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Absatz 1 Satz 2 FeV).
26 
Nach diesen Maßgaben ist der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Zwar ergibt sich seine fehlende Fahreignung nicht bereits aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Danach ist ein Fahrerlaubnisinhaber, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
27 
Der Kläger hat jedenfalls bis 2002 nicht nur Cannabis, sondern auch andere Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG, u.a. LSD, Kokain und Ecstasy, eingenommen. Dies ergibt sich aus einem von dem Prozessvertreter des Klägers im Strafverfahren vor dem Landgericht ... (...) übersandten Arztbericht des Dr. G. vom 20.11.2012, in dem dieser bezüglich des Klägers als Nebendiagnose ausgeführt hat: „Zustand nach Polytoxikomanie (Alkohol, Ecstasy, LSD, Cannabis) im frühen Erwachsenenalter (bis 2002)“. Der Kläger habe im frühen Erwachsenenalter exzessiv legale und illegale Drogen (Alkohol, Ecstasy, LSD, Kokain, Cannbis) konsumiert. Im Fall des Klägers ist nicht allein aufgrund des Zeitablaufs seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen im Jahr 2002 von einer Wiedererlangung der Kraftfahreignung auszugehen. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist ohne Beachtung zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen, solange der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nicht erbracht ist (vgl. VGH Bad-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris). Vom Betroffenen ist regelmäßig der Nachweis einer mindestens einjährigen Betäubungsmittelabstinenz zu erbringen (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -, juris). Der Kläger hat keinen entsprechenden Nachweis durch negative Laborbefunde erbracht. Der Umstand, dass er seit 14 Jahren nicht mehr auffällig geworden ist, belegt nicht die tatsächliche Drogenabstinenz und damit einen stabilen Einstellungswandel im Hinblick auf den Konsum sogenannter „harter“ Drogen. Denn auch bei Personen, die wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, ist nicht gewährleistet, dass ausnahmslos jeder neue Konsum eines Betäubungsmittels den Behörden bekannt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.05.2004 - 10 S 2796/03 -, juris).
28 
Allerdings muss der in der Vergangenheit erfolgte Drogenkonsum noch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit der Versagung der Fahrerlaubnis stehen, d.h. er muss unter zeitlichen Gesichtspunkten noch den Schluss auf die fehlende Kraftfahreignung zulassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.07.2007 - 10 S 961/07 -, juris). Hiervon ist nach Ablauf von 14 Jahren seit dem letzten nachgewiesenen Konsum harter Drogen nicht ohne weiteres auszugehen. Auch unter Berücksichtigung des fortgesetzten Cannabiskonsums und des polizeilichen Fundes betäubungsmittelhaltiger Pilze in der Wohnung des Klägers am 19.02.2015 kann ohne Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht mit hinreichender Sicherheit auf die fehlende Fahreignung nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung geschlossen werden.
29 
Die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich jedoch aus seinem regelmäßigen Cannabiskonsum. Nach eigenen Angaben konsumiert der Kläger täglich bis zu 5 g Cannabis. Sein Prozessvertreter hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Kläger konsumiere die Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke, soweit er sich diese leisten könne, und zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. In seinem Schreiben vom 28.03.2014 führte er aus, der Kläger müsse täglich 5 g Cannabis zu sich nehmen, um die Symptome seiner ADHS-Erkrankung zu lindern. Dies entspricht der eigenen Aussage des Klägers in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... im Verfahren ... (vgl. das Protokoll zur Hauptverhandlung, Bl. 219 ff. d.A. des Landratsamtes ...).
30 
Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass hinsichtlich des Konsums von Medizinal-Cannabisblüten, für deren Erwerb der Kläger eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zur medizinisch betreuten und begleiteten Therapie einer bestehenden Erkrankung besitzt, die Nr. 9.6.2 (Dauerbehandlung mit Arzneimitteln) der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung eine grundsätzlich anwendbare und im Verhältnis zu Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (regelmäßige Einnahme von Cannabis) spezielle Regelung trifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.08.2015 - 10 S 444/14 -, juris; Beschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 11.01.2013 - 12 ME 289/12 -, juris). Auch bei der Einnahme von Cannabis, wenn diese medizinisch indiziert und das Cannabis aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG aus der Apotheke bezogen und in Übereinstimmung mit der ärztlichen Dosierungsanweisung eingenommen wird, erscheint es dem Grunde nach vorstellbar, dass diese die Fahreignung unberührt lässt. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aufgrund des Charakters des Betroffenen und einer begleitenden ärztlichen Überwachung gewährleistet ist, dass das Cannabis nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und bei der zusätzlich entweder die Fahrtüchtigkeit unbeeinträchtigt bleibt oder - wenn Auswirkungen der Cannabiseinnahme auf die Fahrtüchtigkeit zu besorgen sind - gewährleistet ist, dass der Patient zwischen der therapeutischen Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 -, juris, allgemein zu Betäubungsmitteln).
31 
Beim Kläger ist hinsichtlich seines Cannabiskonsums jedoch nicht lediglich von einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln im Sinne der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen. Denn er konsumiert nicht ausschließlich entsprechend der ärztlichen Dosierungsanweisung die zu Therapiezwecken aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten der Sorten Bedrocan (mit ca. 18 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedica (mit ca. 14 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Bedrobinol (mit ca. 11 v. H. Delta-9-Tetrahydro-cannabinol) und Bediol (mit ca. 6 v. H. Delta-9-Tetrahydrocannabinol), sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis. Dieses ist, obwohl es denselben Wirkstoff enthält, den nach der Dosierungsanweisung des Arztes einzunehmenden und aus der Apotheke zu beziehenden Medizinal-Cannabisblüten im Anwendungsbereich der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht gleichzustellen. Es unterfällt nicht der gesetzlichen Privilegierung betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel. Anders als bei der Einnahme aus der Apotheke bezogener Medizinal-Cannabisblüten nach der Dosierungsanweisung des betreuenden und begleitenden Arztes ist bei der Einnahme anderer - illegal beschaffter - Cannabioide keine Kontrolle über die Menge des Konsums und deren Wirkstoffgehalt möglich. Eine gleichbleibende Dosierung kann nicht entsprechend sichergestellt werden. Damit können auch die Auswirkungen des Konsums auf die Fahreignung nicht zuverlässig überprüft werden. Der Kläger selbst kann mangels Kenntnis des Wirkstoffgehalts und möglicher Zusätze seine Fahreignung nicht zuverlässig einschätzen. Eine ärztliche Begleitung und Überwachung findet zudem bei dem vom Kläger praktizierten illegalen Konsum nicht statt. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht davon auszugehen, dass der Wirkstoffgehalt des illegal erworbenen Cannabis stets unter dem des hochpotenten Cannabis aus der Apotheke liegen dürfte. Dies belegt bereits die Tatsache, dass bei dem Kläger am 21.09.2013 Haschischöl mit einem Wirkstoffgehalt von geschätzt 20 % aufgefunden wurde, das nach den Angaben des Klägers zu seinem Eigenkonsum bestimmt war.
32 
Soweit der Kläger illegal beschafftes Cannabis konsumiert, findet nach Auffassung der Kammer die Vorschrift der Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung Anwendung, wonach bei regelmäßigem Cannabiskonsum die Fahreignung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Zumindest ist, weil der Kläger nicht ausschließlich die aus der Apotheke bezogenen Medizinal-Cannabisblüten, sondern zusätzlich illegal beschafftes Cannabis konsumiert hat, von einer missbräuchlichen Einnahme, d.h. einem regelmäßig übermäßigen Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen im Sinne der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auszugehen, der die Fahreignung grundsätzlich ausschließt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167, 11 CS 111 CS 10.3168 -, juris, Rn. 25).
33 
Besondere Umstände, welche nach Ziffer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung trotz des regelmäßigen Cannabiskonsums die Annahme der ausnahmsweisen Fahreignung gebieten oder zumindest Zweifel begründen, die eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein lassen, sind im Fall des Klägers nicht ersichtlich. Soweit sein Prozessvertreter auf den Fallbericht „Cannabis verbessert Symptome der ADHS“ von Stobeck-Kühner, Skopp und Mattern vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg (http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf) verweist, vermag die Kammer hierin keine Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall zu erkennen, der eine medizinisch-psychologische Begutachtung des Klägers nahelegt. Dem Fallbericht kann insbesondere nicht die allgemeine Aussage entnommen werden, dass der Konsum von Cannabis bei Menschen, die an ADHS leiden, nicht zu die Fahreignung beeinträchtigenden Rauschzuständen führt, sondern eine möglicherweise krankheitsbedingte Einschränkung der Kraftfahreignung gerade kompensiert. Denn der Fallbericht bezieht sich nur auf eine einzelne an ADHS erkrankte Person und stellt keine repräsentative Studie dar. Die Autoren kommen lediglich zu dem Ergebnis, „dass sich Cannabis bei einzelnen Personen günstig auf das Verhalten und die Leistungsfähigkeit auswirken kann“; der beschriebene Fall lasse „daran denken, dass bei Vorliegen einer ADHS (…) es in Einzelfällen durch THC zu einer Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Aktivierungsniveau kommen kann“. Der Fallbericht nimmt darüber hinaus keine Stellung zu der Frage, bei welcher Menge, Wirkstoffkonzentration und Häufigkeit die Einnahme von Cannabis bei ADHS-Erkrankten positive Auswirkungen auf die Fahreignung haben kann. Schließlich ist bei dem Kläger gar nicht von einer gesicherten Diagnose einer ADHS auszugehen. Dies geht aus dem vom Landgericht Baden-Baden im Verfahren ... in Auftrag gegebenen, überzeugenden Gutachten des Dr. med. Dipl. Psych. ... hervor, wonach beim Kläger eine entsprechende Testdiagnostik nicht durchgeführt wurde beziehungsweise wegen fehlender Explorationsbereitschaft nicht durchgeführt werden konnte. Der Gutachter hat nachvollziehbar dargelegt, dass die beim Kläger festgestellten Symptome durchaus auch andere Ursachen haben können wie etwa den von ihm seit seinem 14. Lebensjahr praktizierten Cannabis-Missbrauch.
34 
Von einem Ausnahmefall, der die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens geboten erscheinen lässt, ist hier auch deshalb nicht auszugehen, weil der Kläger nicht erst seit dem Bekanntwerden seiner Erkrankung zu Therapiezwecken, sondern bereits seit seinem 14. Lebensjahr Cannabis konsumiert. Besondere Anhaltspunkte für einen im Hinblick auf die Teilnahme am Straßenverkehr vernünftigen Umgang und insbesondere ein Trennungsvermögen bestehen bei ihm deshalb nicht. Für eine Kompensation durch Gewöhnung bestehen in seinem Fall angesichts des erheblichen Konsums von bis zu 5 g Cannabis täglich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte.
35 
Nach alledem begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Kläger vor der ablehnenden Entscheidung über die Fahrerlaubniserteilung nicht zunächst aufgefordert wurde, ein Gutachten beizubringen. Denn § 11 Abs. 7 FeV bestimmt ausdrücklich, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Durch diese Bestimmung hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass eine Begutachtung nur bei Eignungszweifeln in Betracht kommt, nicht jedoch, wenn - wie hier - die mangelnde Eignung bereits feststeht und ohne Hinzuziehung eines Gutachters über sie entschieden werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.04.2014 - 10 S 404/14 -, juris; Urteil vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 -, juris).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt (§ 124 a Abs.1, S. 1 VwGO).
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 5.000,- Euro festgesetzt.
40 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. September 2013 - 1 K 1059/12 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ein die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers aufhebendes Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe.
Der Kläger nimmt als Schmerzpatient aus medizinischen Gründen Morphinpräparate ein, die ihm wegen der Folgen eines im Jahre 1998 erlittenen schweren Verkehrsunfalls mit einem Motorrad ärztlich verordnet werden. Am 09.06.2010 nahm der Kläger unter dem Einfluss von Morphin (66 ng/ml) am Straßenverkehr mit einem Motorrad teil. Die Fahrerlaubnisbehörde hörte den Kläger deshalb zunächst zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an; nach der Beibringung ärztlicher Atteste über die Verordnung von morphinhaltigen Präparaten sah die Fahrerlaubnisbehörde ihre Eignungsbedenken als ausgeräumt an und wies mit Schreiben vom 21.10.2010 darauf hin, dass bei Bekanntwerden neuerlicher Vorkommnisse mit weiteren Maßnahmen zu rechnen sei. Bei einer Verkehrskontrolle am 24.09.2011 wurde festgestellt, dass der Kläger am öffentlichen Straßenverkehr als Führer eines Pkw teilnahm, obwohl er unter Drogeneinfluss stand. Die Untersuchung des Blutserums ergab einen Morphingehalt von 324 ng/ml. Daraufhin ordnete das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis zunächst am 06.10.2011 die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an zu der Fragestellung, ob der Kläger trotz des Vorliegens einer Erkrankung (Verletzung durch Unfall und erforderliche medikamentöse Behandlung), die nach Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung die Fahreignung in Frage stellt, unter Berücksichtigung der in dem ärztlichen Gutachten festgestellten Befunde ein Kraftfahrzeug der genannten Klassen sicher führen kann. Nachdem der Kläger hiergegen Einwendungen erhoben hatte, ordnete das Landratsamt am 22.11.2011 die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an zu den Fragestellungen:
„Liegen bei der ärztlich verordneten Medikation psycho-psyische Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen vor?
Können festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden?“
Zur Begründung führte die Fahrerlaubnisbehörde die von dem Kläger begangene Fahrt unter Drogeneinfluss am 24.09.2011 an und hob hervor, die Behörde sei gemäß §§ 11 und 14 FeV dazu gehalten, dessen Kraftfahreignung durch ein ärztliches Gutachten zu überprüfen; wegen der erforderlichen Überprüfung der Leistungsbeschränkungen sei dieses Gutachten von einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu erstellen. Die Fahrerlaubnisbehörde setzte eine Frist bis zum 12.12.2011 zur Vorlage des beigefügten Untersuchungsauftrages und wies dabei darauf hin, dass der Kläger zur Einsichtnahme in die Unterlagen innerhalb dieser Frist bei der Führerscheinstelle persönlich vorsprechen könne. Zur Vorlage des Gutachtens bestimmte die Fahrerlaubnisbehörde eine Frist bis zum 12.02.2012 und hob hervor, dass bei Nichtbeibringung gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers geschlossen werde.
Der Kläger brachte ein solches Gutachten nicht bei. Daraufhin entzog ihm das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis mit Verfügung vom 01.02.2012 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis der Klassen A und B sowie der darin enthaltenen Fahrerlaubnisklassen. Den Widerspruch des Klägers gegen diese Verfügung wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2012 zurück. Da das geforderte Gutachten nicht vorgelegt worden sei, habe das Landratsamt gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Klägers schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen dürfen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger über die ihm ärztlich verordneten Morphinpräparate hinaus weitere betäubungsmittelhaltige Substanzen bzw. psychoaktiv wirkende Stoffe oder Arzneimittel eingenommen habe. Mithin könnten die bei der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 festgestellten Anzeichen gerade nicht mit der Einnahme der geltend gemachten ärztlich verordneten Medikamente begründet werden; es sei von einer kumulierenden Wirkung von ärztlich verordneten und darüber hinaus in unzulässiger Weise eingenommenen betäubungsmittelhaltigen Substanzen auszugehen.
Am 04.05.2012 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und geltend gemacht, die Anordnung der Beibringung des Gutachtens sei rechtswidrig gewesen, ebenso die daraufhin erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis. Anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 seien bei dem Kläger keinerlei Ausfallerscheinungen festgestellt worden, die die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens hätten rechtfertigen können. Ausweislich der im Behördenverfahren beigebrachten Atteste lägen bei dem Kläger keine Einschränkungen zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr vor. Im Übrigen sei der Fahrerlaubnisbehörde bereits in der Vergangenheit bekannt gewesen, dass der Kläger aus medizinischen Gründen betäubungsmittelhaltige Medikamente einnehmen müsse, ohne dass daraufhin fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen ergriffen worden seien.
Mit Urteil vom 03.09.2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung der Aufhebung der angefochtenen Bescheide hat es ausgeführt, nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV habe die Straßenverkehrsbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Aus der Nichtbeibringung des unter dem 22.11.2011 angeordneten ärztlichen Gutachtens habe das Landratsamt indes nicht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Klägers schließen dürfen. Denn die Gutachtensanordnung sei formell nicht ordnungsgemäß erfolgt; in der Anordnung vom 22.11.2011 fehle - im Gegensatz zu der Anordnung vom 06.10.2011 - die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV erforderliche Mitteilung, dass der Betroffene die zu übersendenden Unterlagen einsehen könne. Die scharfe Sanktion des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV setze aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg eine vollständig rechtmäßige Gutachtensanordnung voraus. Im Übrigen bestünden erhebliche Bedenken, ob die angeordnete Fragestellung dem Sachverhalt im vorliegenden Verfahren gerecht werde. Der Kläger nehme nach den von ihm vorgelegten ärztlichen Attesten morgens und abends ein Morphinpräparat mit einem Wirkstoffgehalt von 100 mg Morphin als Retard-Tablette und bei Bedarf ein zusätzliches Medikament ein. Nach der einschlägigen Literatur (Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn 36) seien bei der Applikation von 52,3 mg Morphin nach 60 Minuten noch ca. 100 ng/ml im Blut nachweisbar. Beim Kläger sei indes, nachdem ihm eine Stunde nach der Verkehrskontrolle um 12.30 Uhr Blut abgenommen worden sei, ein Morphingehalt von 324 ng/ml festgestellt worden. Bei einer am 08.11.2011 um 9.40 Uhr abgenommenen Blutprobe sei ein Morphingehalt von 178 ng/ml nachgewiesen worden. Demgegenüber habe der Kläger bei einer am 09.06.2010 um 13.56 Uhr abgenommenen Blutprobe einen Morphingehalt von 66 ng/ml gehabt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger und seine Ehefrau auch im Verdacht stünden, versucht zu haben, sich mittels gefälschter Rezepte psychoaktiv wirkende Arzneimittel zu verschaffen, dürfte sich im vorliegenden Fall die Frage stellen, ob nicht Abhängigkeit von Betäubungsmitteln oder missbräuchliche Einnahmen (regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Nr. 9.3 und Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) vorliege. Insoweit dürfte das Landratsamt gut beraten sein, nach sachkundiger Rücksprache, etwa bei einem Toxikologen, seine Fragestellung zu überdenken.
Mit Beschluss vom 06.03.2014 - dem Beklagten zugestellt am 19.03.2014 - hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Mit einem am 10.04.2014 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet. Entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts sei die Gutachtensanordnung mit dem Hinweis verbunden worden, dass der Kläger zur Einsichtnahme in die Unterlagen persönlich vorsprechen könne. Selbst wenn dieser Hinweis nicht für ausreichend erachtet würde, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV stelle nur eine Ordnungsvorschrift dar, deren Zweck es sei, den Betreffenden nochmals auf sein ohnehin bestehendes Akteneinsichtsrecht hinzuweisen. Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht sei entsprechend § 46 LVwVfG unbeachtlich. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe tatsächlich auch Akteneinsicht genommen, sodass das Fehlen eines Hinweises nicht ursächlich für eine unterlassene Akteneinsicht habe werden können. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sei die Gutachtensanordnung auch materiell rechtmäßig. Der Einwand des Klägers, es habe kein Anlas zur Polizeikontrolle bestanden, gehe fehl. Denn es habe sich um eine allgemeine Verkehrskontrolle gehandelt, zu deren Durchführung kein konkreter Anlass erforderlich gewesen sei. Die Kontrolle habe jedoch einen Anfangsverdacht des Fahrens unter Betäubungsmitteleinfluss ergeben, welcher dann wiederum Anlass zur Anordnung des Gutachtens gegeben habe. Dem Vortrag des Klägers, es seien bei ihm keine Ausfallerscheinungen festgestellt worden, sei der Ermittlungsbericht der Polizeidirektion M. vom 28.09.2011 entgegenzuhalten. In diesem seien sehr wohl Ausfallerscheinungen protokolliert wie „starkes Zittern am ganzen Körper, sehr nervös/aufgeregt, Schweißbildung auf der Stirn, verengte Pupillen, träge Pupillenreaktion auf Lichteinfall, ... fast aufgehoben“. Diese Anzeichen hätten den Anfangsverdacht zur Durchführung eines Drogentests begründet, der auch positiv für Opiate ausgefallen sei. Zudem habe der Kläger gegenüber dem Polizeihauptmeister I. geäußert, er habe nach Einnahme der Medikation ca. ein bis zwei Stunden lang Probleme mit dem Sehvermögen. Die festgestellten Betäubungsmittelwerte und die von der Polizei beobachtete Einschränkung der Bewegungsfähigkeit der linken Hand des Klägers begründeten Zweifel an der Eignung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen und insbesondere von Motorrädern. Dem Vortrag des Klägers, durch jahrelangen Konsum der Schmerzmittel lägen bei ihm keine Rauschzustände mehr vor, sodass eine negative Beeinflussung seiner Fahrtüchtigkeit ausscheide, sei entgegenzuhalten, dass die bei der Verkehrskontrolle festgestellten Ausfallerscheinungen sehr wohl auf solche Auswirkungen schließen ließen. Außerdem bestünde aufgrund der Tatsache, dass auch mit gefälschten Rezepten versucht worden sei, weitere Betäubungsmittel zu erwerben, die Vermutung, dass der Kläger weitere, nicht verordnete Betäubungsmittel konsumiere und dadurch in seiner Fahrtauglichkeit beeinträchtigt sei. Zur Kritik des Verwaltungsgerichts an der Fragestellung sei anzumerken, dass bei der Bewertung der Auswirkungen der ärztlich verordneten Medikation auch deren Wechselwirkung mit anderen vom Kläger konsumierten Substanzen berücksichtigt werde. Wenn durch die ärztlich verordnete Medikation in Verbindung mit einem möglichen Missbrauch die Schwelle der Fahrtüchtigkeit überschritten werde, führe die Fragestellung zur Feststellung der Fahruntüchtigkeit. Nach alldem rechtfertige die Verweigerung der Beibringung des angeordneten Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 FeV den Schluss auf die Nichteignung des Klägers.
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Der Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. September 2013 - 1 K 1059/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er führt zur Begründung aus, es habe schon keinen hinreichenden Anlass für die Gutachtensanordnung gegeben, insbesondere seien vor der Polizeikontrolle keine Ausfallerscheinungen festgestellt worden, die die Einholung eines Gutachtens erforderlich gemacht hätten. Er sei den Polizeibeamten wie auch dem Landratsamt persönlich bekannt gewesen. Der Kläger befinde sich seit über 12 Jahren in schmerztherapeutischer Behandlung. Durch die Einnahme der medizinisch verordneten Schmerzmittel erlebe er keinerlei Rauschzustände mehr. Es sei lediglich die therapeutische Wirkung gegeben und somit eine negative Beeinflussung seiner Fahrtüchtigkeit im Straßenverkehr ausgeschlossen. Auch das Landratsamt sei noch in seinem Schreiben vom 21.10.2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass deshalb die Eignungsbedenken ausgeräumt seien. Der Kläger sei auch weder in einen Unfall verwickelt gewesen noch habe er sich durch irgendwelche Auffälligkeiten als fahruntüchtig erwiesen. Ausfallerscheinungen, die eine verkehrsbedingte Kontrolle erforderlich gemacht hätten, seien nicht festgestellt worden; vielmehr sei er aus reiner Schikane zum wiederholten Male angehalten und überprüft worden, nachdem es in der Vergangenheit mehrfach Auseinandersetzungen mit den kontrollierenden Polizeibeamten gegeben habe. Die Anordnung eines für ihn auch noch kostenpflichtigen Gutachtens sei nach allem unzulässig gewesen und die an die Nichtbeibringung anknüpfende Sanktion der Entziehung der Fahrerlaubnis ermessensfehlerhaft.
15 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und die Fahrerlaubnisakte des Landratsamts (4 Bände) sowie die Widerspruchsakte vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO über die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
17 
Die vom Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben; der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 01.02.2012 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.04.2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
18 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2012 (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 -DAR 2014, 711; sowie vom 28.04.2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10).
19 
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 und 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend und ohne Ermessensbetätigung zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Ermächtigt § 46 Abs. 1 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis somit erst, wenn die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen ist, enthält § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld dieser Entscheidung und mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Bestehens dieser Eignung. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Ein Schluss auf die Nichteignung ist indes nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78; sowie vom 09.06.2005 - 3 C 25.04 - NJW 2005, 3081; Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - VBlBW 2014, 337). Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 ist zwar materiell rechtmäßig (dazu unter 1.), sie genügt jedoch nicht den gemäß § 11 Abs. 6 FeV einzuhaltenden formell-rechtlichen Erfordernissen (dazu unter 2.).
20 
1. Der Senat teilt die Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde, dass die Fahreignung des Klägers durch ein ärztliches Gutachten zu klären war.
21 
Die Gutachtensanordnung begegnet im vorliegenden Fall in materieller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV (dazu unter 1.1). Der Kläger dringt weder mit seiner Rüge, es habe aufgrund der rechtswidrigen Polizeikontrolle kein Anlass für eine Begutachtung bestanden (dazu unter 1.2), noch mit seinem Einwand durch, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 kein Ermessen betätigt (dazu unter 1.3).
22 
1.1 Rechtsgrundlage für die Gutachtensanordnung zur Klärung der von der Fahrerlaubnisbehörde aufgeworfenen Frage ist § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV. Nach dieser Bestimmung kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bestehen solche Bedenken insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach der Anlage 4 oder 5 hinweisen. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift muss eine solche Erkrankung nicht etwa feststehen, um eine Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Vielmehr darf eine Begutachtung bereits dann angeordnet werden, wenn Tatsachen auf eine solche Erkrankung hinweisen. Wie die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend angenommen hat, war dies vorliegend der Fall. Fahreignungsrelevante Bedenken bestehen deshalb, weil der Kläger unstreitig und auch nach seinem eigenen Vortrag wegen schwerer Gesundheitsbeeinträchtigung aufgrund ärztlicher Verordnung seit längerer Zeit morphinhaltige Präparate täglich einnimmt. Er trägt vor, dass er ohne die Einnahme von betäubungsmittelhaltigen Medikamenten nicht in der Lage wäre, überhaupt ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Die anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommene Blutprobe ergab einen Morphingehalt von 324 ng/ml. Nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, da insoweit die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - VBlBW 2014, 109). Wie sich der in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfenen Fragestellung eindeutig entnehmen lässt, zielen die Eignungsbedenken der Fahrerlaubnisbehörde auf die Auswirkungen einer Dauerbehandlung mit psychoaktiv wirkenden Medikamenten und dadurch bedingte Leistungseinschränkungen, mithin auf Eignungszweifel im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Rechtsgrundlage für die Aufklärung etwa medikamentenbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit von Kraftfahrern durch ein ärztliches Gutachten stellt § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV dar. Die von der Fahrerlaubnisbehörde zur Begründung ihrer Gutachtensanordnung kumulativ mit herangezogene Vorschrift des § 14 FeV, insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV, ist in diesem Zusammenhang nicht einschlägig. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV ordnet zwingend die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen in Rede steht. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 FeV definiert als regelmäßig übermäßiger Gebrauch, d. h. der bestimmungsgemäße Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel im Rahmen einer ärztlich verordneten Medikation genügt insoweit nicht. Auf einen missbräuchlichen, nicht von einer ärztlichen Verordnung gedeckten Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel hebt die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 formulierte Fragestellung indes nicht ab.
23 
Gemessen hieran ist die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Umständen des vorliegenden Falles Klärungsbedarf besteht, ob die aktuelle Einnahme von morphinhaltigen Arzneimitteln die Fahreignung des Klägers beeinträchtigt. Die Untersuchung der anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommenen Blutprobe ergab einen - gemessen an den für die Ahndung als Ordnungswidrigkeit einschlägigen Grenzwerten - hohen Morphingehalt von 324 ng/ml; auch äußerlich schien der Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle unter Drogeneinfluss zu stehen. Anzeichen für einen aktuellen Betäubungsmitteleinfluss werden etwa in dem Bericht der Polizeidirektion M. vom 28.09.2011 geschildert; ausweislich des Polizeiberichts zitterte der Kläger stark am ganzen Körper, hatte verengte Pupillen und wies eine träge Pupillenreaktion auf Lichteinfall (fast aufgehoben) auf. Auch der die Blutentnahme durchführende Arzt ging ausweislich des hierüber gefertigten Berichts davon aus, dass der Untersuchte äußerlich leicht unter Medikamenteneinfluss stand und hob zur Begründung hierzu vor allem auf die Stimmungshaltung des Klägers, die mit provokativ und aggressiv beschrieben wird, ab. Im Übrigen wird der von der Fahrerlaubnisbehörde angenommene ärztliche Klärungsbedarf bereits durch die vom Kläger selbst angegebene Medikation mit morphinhaltigen Präparaten begründet. Erst im Rahmen der ärztlichen Begutachtung kann abgeklärt werden, ob - wie vom Kläger und seinen behandelnden Ärzten angenommen - keine verkehrsrelevanten Auswirkungen und Leistungseinschränkungen bestehen.
24 
1.2 Fehl geht die Rüge des Klägers, die Gutachtensanordnung sei in materieller Hinsicht bereits deshalb rechtswidrig, weil für die der Blutentnahme vorausgegangenen Polizeikontrolle kein hinreichender Anlass bestanden habe. Keiner abschließenden Klärung bedarf hierbei, ob es sich bei der Kontrolle um eine verdachtsunabhängig zulässige allgemeine Verkehrskontrolle gehandelt hat, wofür freilich vieles spricht. Selbst wenn die Verkehrskontrolle am 24.09.2011 rechtswidrig erfolgt sein sollte, schafft das Ergebnis der daraufhin angeordneten Blutuntersuchung eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Eignungsgutachtens (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 - 3 C 20.09 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7) - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. So geht etwa die ständige oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch davon aus, dass selbst bei einem Verstoß gegen strafprozessuale Beweiserhebungsvorschriften daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde folgt, das Ergebnis dieser strafprozessualen Maßnahme im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zu verwerten (vgl. hierzu umfassend Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 - VBlBW 2010, 400; sowie vom 28.02.2012 - 10 S 3390/11 - NJW 2012, 2747). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob dies auch bei einem gezielten Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO gilt (kritisch hierzu BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 28.06.2014 - 1 BvR 1837/12 - NJW 2015, 1005). Denn im hier zu beurteilenden Fall steht kein Eingriff in die gemäß Art. 2 Abs. 2 GG grundrechtlich besonders geschützte körperliche Integrität des Betroffenen, sondern lediglich eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit in Rede.
25 
1.3 Die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 ist entgegen der Annahme des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgrund eines Ermessensausfalles rechtswidrig. Im Ansatz zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage der hier einschlägigen Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV nicht zwingend geboten ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Verordnung ergibt sich vielmehr, dass der Fahrerlaubnisbehörde insoweit ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Die vom Kläger zu Recht geforderten Ermessenserwägungen fließen aber regelmäßig in die Prüfung ein, ob konkrete und hinreichend gewichtige Eignungszweifel vorliegen. Ergibt die Würdigung der Behörde, dass die festgestellten Tatsachen nach Art und Gewicht aussagekräftige Anzeichen für aufklärungsbedürftige Eignungszweifel sind, besteht ohne das Vorliegen besonderer Umstände kein Anlass dafür, dass die Behörde ihre diesbezüglichen Überlegungen nochmals im Rahmen einer ausdrücklich als solche bezeichneten Ermessensausübung wiederholt. Denn wenn durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel an der geistigen, charakterlichen oder - wie hier in Rede stehend - körperlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers bestehen, hat die Behörde im Interesse der Verkehrssicherheit im Regelfall weitere Ermittlungen anzustellen. Je gewichtiger die Eignungsbedenken sind, desto geringer wird das Entschließungsermessen der Behörde; bei Vorliegen von erheblichen Eignungszweifeln dürfte es regelmäßig auf Null reduziert sein (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG). Liegen keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, trotz der festgestellten Eignungsbedenken von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, besteht deshalb im Rahmen der typisierenden Regelung des § 11 FeV kein Anlass zu weitergehenden gesonderten Ermessenserwägungen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 08.03.2013 - 10 S 54/13 - VBlBW 2013, 345).
26 
Im vorliegenden Fall hat die Behörde in der Gutachtensanordnung unter Schilderung des Verkehrsvorfalles vom 24.09.2011 und der dabei bei dem Kläger festgestellten Anzeichen für eine Betäubungsmittelbeeinflussung ausgeführt, dass dies die Abklärung von etwa bestehenden verkehrsrelevanten Auswirkungen der ärztlich verordneten Medikation notwendig mache. Die Behörde hat damit ausreichend dargetan, aufgrund welcher konkreter Tatsachen Eignungszweifel bestehen und warum diese nach Art und Gewicht die Besorgnis begründen, dass der Kläger nicht die erforderliche körperliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt. Besondere Umstände, dass dieser Vorfall ausnahmsweise kein hinreichend aussagekräftiges Anzeichen für Eignungszweifel darstellt, waren hier nicht ersichtlich.
27 
2. Die Anordnung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens des Landratsamts vom 22.11.2011 genügt indes nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an der Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2). Diesen in § 11 Abs. 6 FeV normierten formellen Anforderungen entspricht die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 nicht in jeder Hinsicht. Zwar genügt die Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens den Anforderungen an die Konkretisierung des Begutachtungsmittels (dazu unter 2.1). Auch enthält das Aufforderungsschreiben der Fahrerlaubnisbehörde den in § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vorgeschriebenen Hinweis (dazu unter 2.2). Indes genügt die Begutachtungsanordnung nicht vollumfänglich den Anforderungen an die Ausformulierung einer konkreten Fragestellung (dazu unter 2.3).
28 
2.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des von der Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung der Eignungszweifel vorgesehenen Gutachtens. Die hinreichende Bestimmtheit der Anordnung setzt die Angabe des beizubringenden Gutachtens voraus. Insoweit kommen ein ärztliches (§ 11 Abs. 2 FeV) oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV), oder aber ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Fahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) in Betracht. Soweit die Fahrerlaubnisbehörde eine rein medizinische Begutachtung anstrebt, kommt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV die Begutachtung durch den für die Fragestellung zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (Nr. 1), durch einen Arzt des Gesundheitsamtes oder einen anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung (Nr. 2), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ (Nr. 3), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ (Nr. 4), oder den Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt (Nr. 5), in Betracht. Die Bestimmtheitsanforderungen gebieten es, bei der Anordnung einer ärztlichen Begutachtung im Einzelnen darzustellen, welcher nach § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV prinzipiell mögliche Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Nur in diesem Fall kann der Betroffene angesichts der Vielzahl denkbarer ärztlicher Untersuchungen erkennen, welche Untersuchung durch was für einen Arzt von ihm gefordert wird, um die aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde bestehenden Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszuräumen.
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Gemessen an diesen Anforderungen lässt sich der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 noch mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, was für ein Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Zwar enthält die Gutachtensanordnung keine ausdrückliche Benennung eines der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 FeV für eine ärztliche Begutachtung prinzipiell zuständigen Ärzte. Indes lässt sich aus den in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 verwendeten Formulierungen auch für den Betroffenen mit der nötigen Eindeutigkeit entnehmen, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV anordnen wollte. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Begutachtungsanordnung darauf hin, sie benötige ein ärztliches Gutachten, das wegen der erforderlichen Überprüfung der Leistungsbeschränkungen von einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu erstellen ist; ferner hob die Fahrerlaubnisbehörde hervor, dass der begutachtende Arzt die Anforderungen nach Anlage 14 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllen müsse. Auch in einem nachfolgenden Schreiben vom 13.12.2011 stellte die Fahrerlaubnisbehörde klar, dass nicht ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) angeordnet wurde; zur Ausräumung der Eignungszweifel werde lediglich ein ärztliches Gutachten angeordnet, „das allerdings wegen dem nötigen körperlichen Eignungstest bei einer MPU-Untersuchungsstelle durchgeführt werden“ müsse. Damit konnten auch für den Kläger als Betroffenen keine vernünftigen Zweifel bestehen, dass ein ärztliches Gutachten durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) angeordnet wurde.
30 
2.2 Entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts enthielt die Anordnung des Beklagten vom 22.11.2011 die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV erforderliche Mitteilung an den Kläger, dass er als Betroffener die von der Behörde an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 nach der Setzung einer Frist zur Vorlage der Einverständniserklärung darauf hin, dass der Kläger innerhalb dieser Frist Einsichtnahme in die Unterlagen bei einer persönlichen Vorsprache auf der Führerscheinstelle nehmen könne. Diese von der Fahrerlaubnisbehörde verwendete Formulierung genügt noch den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV. Daher bedarf es hier keiner Klärung der von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihrer Erörterung gerückten Frage, ob es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV um eine zwingende Verfahrens-, oder lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. Indes bestehen durchaus Zweifel an der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und der überwiegenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung, die § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift ansehen, gegen die von der Fahrerlaubnisbehörde ohne Sanktion verstoßen werden kann (so Hess. VGH, Urteil vom 26.05.2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.04.2012 - 6 L 488/12 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 25.01.2012 - AN 10 S 10.00029 - juris). Gegen den Charakter von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift dürften die Entstehungsgeschichte dieser Norm sowie Sinn und Zweck der Bestimmung sprechen. Indes führt ein Verstoß der Behörde gegen die Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV nicht nach der Art eines absoluten Verfahrensfehlers ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung. Gerade die Schutzfunktion von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV gebietet vielmehr eine Differenzierung danach, ob der Verstoß gegen die Hinweispflicht die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen im konkreten Fall beeinflusst haben kann. An dieser Möglichkeit fehlt es etwa in Fallgestaltungen, in denen der Fahrerlaubnisinhaber durch eine Einsicht in die zu übersendenden Unterlagen keinen anderen Kenntnisstand erlangen konnte als ohne Einsicht, etwa weil die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen in der notwendigen Darlegung der Gründe gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz FeV den Sachverhalt, wie er sich aus den zu übersendenden Unterlagen ergibt, vollständig mitgeteilt hat (vgl. zu einer derartigen Fallgestaltung BayVGH, Beschluss vom 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfSch 2013, 177) oder wenn der Betroffene - auch bei Fehlen des Hinweises - selbst oder durch seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die Fahrerlaubnisakten genommen hat. Letzteres ist hier der Fall: Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 12.10.2011 Einsicht in die Fahrerlaubnisakte begehrt, die ihm daraufhin am 13.10.2011 vollständig in seine Kanzlei übersandt wurde. In der Folgezeit bis zum Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 sind keine weiteren Schriftstücke in der Fahrerlaubnisakte aufzufinden, die dem Kläger nicht bekannt waren; im Wesentlichen besteht die Akte aus Korrespondenz seines Prozessbevollmächtigten mit der Fahrerlaubnisbehörde, in der er sich in der Sache mit dem Anlass der Begutachtung auseinandersetzt. Auch dieses Vorgehen verdeutlicht, dass ein etwa nicht ausreichender Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss hatte; damit wird der Normzweck von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vollständig erfüllt.
31 
2.3 Die in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung ist nicht in jeder Hinsicht rechtmäßig. Zwar genügt die Fragestellung den formellen Anforderungen an die Bestimmtheit (dazu unter 2.3.1). Indes ist die von der Behörde aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen und nicht zur Aufklärung der hier tatsächlich in Rede stehenden Eignungszweifel geeignet (dazu unter 2.3.2).
32 
2.3.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der aufgeworfenen Fragestellung. Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck von § 11 Abs. 6 FeV folgt, dass schon in der Gutachtensanordnung die Konkretisierung des Untersuchungsthemas zu erfolgen hat. Denn die Fragestellung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers „in der Anordnung festzulegen und hat zudem die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen“. Damit wird der zuständigen Behörde die Pflicht auferlegt, bereits in der Anordnung der Gutachtensbeibringung festzulegen, welche konkreten Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zu untersuchen sind. Wird hingegen in der Gutachtensanordnung lediglich das Ziel genannt, die Fahreignung des Betroffenen zu klären, erschöpft sie sich in der Wiederholung des Gesetzestextes und lässt nicht erkennen, dass die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Hat die Entscheidung, was Gegenstand der Begutachtung sein soll, aber bereits im Rahmen der an den Betroffenen gerichteten Anordnung zu fallen, folgt hieraus auch, dass die zuständige Behörde dem Betroffenen die jeweilige Fragestellung nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV in der Anordnung mitzuteilen hat. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 FeV, der eine Mitteilungspflicht erst gegenüber der untersuchenden Stelle in § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV erwähnt, wohl aber aus Sinn und Zweck der Regelung (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 - VBlBW 2010, 323; sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196).
33 
Welche Anforderungen § 11 Abs. 6 FeV an die Bestimmtheit der behördlichen Fragestellung stellt, kann dabei nicht abschließend abstrakt bestimmt werden. Auszugehen ist jedenfalls von der bzw. den für die jeweilige Fragestellung in Betracht kommenden, eine Gutachtensanordnung gebietenden oder in das Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde stellenden Befugnisnorm bzw. -normen der Fahrerlaubnis-Verordnung. Bereits deren tatbestandliche Voraussetzungen geben gewisse eingrenzende Zielrichtungen für die zu formulierende konkrete Fragestellung vor. In jedem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die konkretisierende Fragestellung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles festzulegen und dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Eignungszweifel mitzuteilen. Etwa eine bloße sinngemäße Wiedergabe der Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm genügt grundsätzlich nicht. Sodann ist auf der Rechtsfolgenseite ein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem für die Eignungszweifel Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtensanordnung festgelegten Prüfprogramm zu fordern. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der überschießenden - vom Untersuchungsanlass her gesehenen nicht erforderlichen - Untersuchungsvorgaben bzw. -inhalten mit Blick auf die damit einhergehenden Eingriffe in die Rechte des Betroffenen entgegensteht (vgl. zum Ganzen näher Senatsbeschluss vom 30.06.2011 - 10 S 2785/10 - NJW 2011, 3257).
34 
Diesen formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der von der Behörde aufgeworfenen Fragestellung genügt das Schreiben des Landratsamts vom 22.11.2011. Insbesondere lässt sich dem Schreiben hinreichend deutlich entnehmen, welcher Sachverhalt nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde die Eignungszweifel begründet. So legt die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 1 und 2 des Anforderungsschreibens vom 22.11.2011 dar, dass der Kläger am 24.09.2011 mit seinem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl eine Betäubungsmittelbeeinflussung aufgrund ärztlich verordneter Opiateinnahme vorgelegen habe. Ferner hat die Fahrerlaubnisbehörde näher dargestellt, dass diese Eignungszweifel durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste nicht ausgeräumt würden. Damit hat die Fahrerlaubnisbehörde für den Kläger hinreichend deutlich die Gründe dargelegt, aus denen sie ihre Zweifel an dessen Kraftfahreignung ableitet.
35 
2.3.2 Indes ist die von der Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen. Die Fragestellung lautet:
36 
„Liegen bei der ärztlich verordneten Medikation psycho-psyische Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen vor?
37 
Können festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden?“
38 
Diese mit der Anordnung verbundene Fragestellung ist inhaltlich unangemessen, da das von der Behörde angeordnete Begutachtungsmittel (ärztliches Gutachten) zur Klärung der aufgeworfenen Frage nicht geeignet ist. Wie sich bereits der Fragestellung und daneben vor allem der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 eindeutig entnehmen lässt, will die Behörde lediglich die durch die bestimmungsgemäße ärztliche Medikation mit Opiaten etwa eintretenden psycho-physischen Leistungseinbußen oder verkehrsrelevante Nebenwirkungen der Medikation aufklären lassen und daneben geklärt wissen, ob etwa festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden können. Diese Fragestellung und der zur Begründung herangezogene Sachverhalt heben damit ausschließlich auf eine ärztlich verordnete und bestimmungsgemäße Therapie mit psychoaktiven Arzneimitteln und etwa daraus resultierenden Leistungsbeeinträchtigungen im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ab. Fehl geht die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrem Schriftsatz vom 27.08.2014 vertretene Auffassung, die Fragestellung habe den Gutachter auch zur Abklärung etwa missbräuchlich durch den Kläger eingenommene Arzneimittel oder Drogen berechtigt. Für diese Auffassung finden sich weder in der Fragestellung noch in der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 Anhaltspunkte. Vielmehr überschritte der ärztliche Gutachter den durch die Fragestellung und die Beauftragung gezogenen Rahmen, wenn er nicht lediglich auf Auswirkungen der ärztlich verordneten Arzneimitteltherapie abstellen, sondern auch auf etwaige missbräuchliche Betäubungsmitteleinnahmen abheben würde.
39 
Zur Klärung der damit in ihrem Schwerpunkt auf Leistungseinbußen und etwaige Kompensationsmöglichkeiten gerichtete Fragestellung ist das angeordnete ärztliche Gutachten durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) nicht geeignet. Die nach dem Dafürhalten der Fahrerlaubnisbehörde aufklärungsbedürftigen Zweifel an dem psycho-physischen Leistungsvermögen des Klägers können durch eine rein ärztliche Begutachtung nicht ausgeräumt werden. Vielmehr erfolgt eine Überprüfung der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit durch Leistungstests nach Nr. 2.5 der Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahrereignung regelmäßig im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Mit den dabei zur Anwendung gelangenden Testverfahren können die Belastbarkeit, die Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie die Reaktionsfähigkeit untersucht werden (vgl. Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, Nr. 8.2.1). Die von der Fahrerlaubnisbehörde im Schwerpunkt aufgeworfene Frage nach etwaigen Leistungseinbußen und bestehenden Kompensationsmöglichkeiten ist deshalb in erster Linie durch Leistungstests und damit mit psychologischen Untersuchungsmethoden zu klären. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrerlaubnisbehörde - wohl im Hinblick auf diese Problematik - die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV angeordnet hat. Auch die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt beschränkt sich auf eine ärztliche Abklärung bestehender Leistungsmängel und ist deshalb von einer medizinisch-psychologischen Untersuchung und den dabei zur Anwendung gelangenden psychologischen Leistungstests zu unterscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 02.12.2013 - 10 S 1491/13 - NJW 2014, 1901). Bereits die Beschränkung auf eine ärztliche Begutachtung steht deshalb der von der Fahrerlaubnisbehörde wohl beabsichtigten Verfahrensweise entgegen, dass der Arzt in der Begutachtungsstelle schwerpunktmäßig und in eigener Verantwortung die dem psychologischen Aufgabenbereich zuzuordnenden psycho-physischen Testverfahren durchführen lässt. Im Ansatz zutreffend ist die Fahrerlaubnisbehörde freilich davon ausgegangen, dass auch bei durch die ärztlich verordnete Therapie mit Opiaten begründeten Eignungszweifeln eine ärztliche Begutachtung sinnvoll ist. In deren Rahmen kann geklärt werden, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung mit diesen Medikamenten die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen schafft, und ob die erforderliche Compliance des Betroffenen vorliegt (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - a.a.O.). Zur Klärung dieser vorgelagerten Fragen dürfte sich regelmäßig nicht die Beauftragung eines in einer Begutachtungsstelle tätigen Arztes, sondern des für die Grunderkrankung zuständigen Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV) anbieten. Indes war die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung nicht auf die Klärung dieser vorgelagerten medizinischen Fragen gerichtet. So finden sich in den von der Behörde aufgeworfenen Fragen keine Anhaltspunkte für Fragestellungen, die nach dem oben Gesagten im Rahmen einer (fach-)ärztlichen Begutachtung klärungsfähig wären. Dieser Betrachtung steht nicht entgegen, dass die Anforderung eines rein ärztlichen Gutachtens in ihrer Eingriffsintensität hinter einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zurückbleibt und unter diesem Gesichtspunkt sich für den Betroffenen als ein ihn weniger belastendes, milderes Mittel darstellen kann. Die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung ist zur Klärung der von ihr für aufklärungsbedürftig gehaltenen Fragestellung vielmehr nicht geeignet. Vor diesem Hintergrund muss der Betroffene befürchten, dass im Wege des angeordneten Begutachtungsverfahrens die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt werden und er deshalb ohne hinreichenden Grund mit einer weiteren - kostenpflichtigen - Begutachtung überzogen wird.
40 
Nach alldem hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht die Entziehung der Fahrerlaubnis und den diese bestätigten Widerspruchsbescheid aufgehoben. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass es der Fahrerlaubnisbehörde unbenommen bleibt, den Kläger unter Wahrung der formellen Anforderungen erneut zu einer ärztlichen und gegebenenfalls auch einer medizinisch-psychologischen Begutachtung im Hinblick auf den im Raum stehenden Verdacht einer nicht bestimmungsgemäßen Betäubungsmitteleinnahme aufzufordern.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
43 
Beschluss vom 11. August 2015
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 46.1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. als Beilage zur VBlBW 2014, Heft 1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO über die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
17 
Die vom Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben; der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 01.02.2012 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.04.2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
18 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2012 (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 -DAR 2014, 711; sowie vom 28.04.2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10).
19 
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 und 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend und ohne Ermessensbetätigung zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Ermächtigt § 46 Abs. 1 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis somit erst, wenn die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen ist, enthält § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld dieser Entscheidung und mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Bestehens dieser Eignung. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Ein Schluss auf die Nichteignung ist indes nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78; sowie vom 09.06.2005 - 3 C 25.04 - NJW 2005, 3081; Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - VBlBW 2014, 337). Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 ist zwar materiell rechtmäßig (dazu unter 1.), sie genügt jedoch nicht den gemäß § 11 Abs. 6 FeV einzuhaltenden formell-rechtlichen Erfordernissen (dazu unter 2.).
20 
1. Der Senat teilt die Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde, dass die Fahreignung des Klägers durch ein ärztliches Gutachten zu klären war.
21 
Die Gutachtensanordnung begegnet im vorliegenden Fall in materieller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV (dazu unter 1.1). Der Kläger dringt weder mit seiner Rüge, es habe aufgrund der rechtswidrigen Polizeikontrolle kein Anlass für eine Begutachtung bestanden (dazu unter 1.2), noch mit seinem Einwand durch, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 kein Ermessen betätigt (dazu unter 1.3).
22 
1.1 Rechtsgrundlage für die Gutachtensanordnung zur Klärung der von der Fahrerlaubnisbehörde aufgeworfenen Frage ist § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV. Nach dieser Bestimmung kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bestehen solche Bedenken insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach der Anlage 4 oder 5 hinweisen. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift muss eine solche Erkrankung nicht etwa feststehen, um eine Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Vielmehr darf eine Begutachtung bereits dann angeordnet werden, wenn Tatsachen auf eine solche Erkrankung hinweisen. Wie die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend angenommen hat, war dies vorliegend der Fall. Fahreignungsrelevante Bedenken bestehen deshalb, weil der Kläger unstreitig und auch nach seinem eigenen Vortrag wegen schwerer Gesundheitsbeeinträchtigung aufgrund ärztlicher Verordnung seit längerer Zeit morphinhaltige Präparate täglich einnimmt. Er trägt vor, dass er ohne die Einnahme von betäubungsmittelhaltigen Medikamenten nicht in der Lage wäre, überhaupt ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Die anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommene Blutprobe ergab einen Morphingehalt von 324 ng/ml. Nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, da insoweit die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - VBlBW 2014, 109). Wie sich der in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfenen Fragestellung eindeutig entnehmen lässt, zielen die Eignungsbedenken der Fahrerlaubnisbehörde auf die Auswirkungen einer Dauerbehandlung mit psychoaktiv wirkenden Medikamenten und dadurch bedingte Leistungseinschränkungen, mithin auf Eignungszweifel im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Rechtsgrundlage für die Aufklärung etwa medikamentenbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit von Kraftfahrern durch ein ärztliches Gutachten stellt § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV dar. Die von der Fahrerlaubnisbehörde zur Begründung ihrer Gutachtensanordnung kumulativ mit herangezogene Vorschrift des § 14 FeV, insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV, ist in diesem Zusammenhang nicht einschlägig. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV ordnet zwingend die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen in Rede steht. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 FeV definiert als regelmäßig übermäßiger Gebrauch, d. h. der bestimmungsgemäße Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel im Rahmen einer ärztlich verordneten Medikation genügt insoweit nicht. Auf einen missbräuchlichen, nicht von einer ärztlichen Verordnung gedeckten Gebrauch psychoaktiver Arzneimittel hebt die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 formulierte Fragestellung indes nicht ab.
23 
Gemessen hieran ist die Fahrerlaubnisbehörde zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Umständen des vorliegenden Falles Klärungsbedarf besteht, ob die aktuelle Einnahme von morphinhaltigen Arzneimitteln die Fahreignung des Klägers beeinträchtigt. Die Untersuchung der anlässlich der Verkehrskontrolle am 24.09.2011 entnommenen Blutprobe ergab einen - gemessen an den für die Ahndung als Ordnungswidrigkeit einschlägigen Grenzwerten - hohen Morphingehalt von 324 ng/ml; auch äußerlich schien der Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle unter Drogeneinfluss zu stehen. Anzeichen für einen aktuellen Betäubungsmitteleinfluss werden etwa in dem Bericht der Polizeidirektion M. vom 28.09.2011 geschildert; ausweislich des Polizeiberichts zitterte der Kläger stark am ganzen Körper, hatte verengte Pupillen und wies eine träge Pupillenreaktion auf Lichteinfall (fast aufgehoben) auf. Auch der die Blutentnahme durchführende Arzt ging ausweislich des hierüber gefertigten Berichts davon aus, dass der Untersuchte äußerlich leicht unter Medikamenteneinfluss stand und hob zur Begründung hierzu vor allem auf die Stimmungshaltung des Klägers, die mit provokativ und aggressiv beschrieben wird, ab. Im Übrigen wird der von der Fahrerlaubnisbehörde angenommene ärztliche Klärungsbedarf bereits durch die vom Kläger selbst angegebene Medikation mit morphinhaltigen Präparaten begründet. Erst im Rahmen der ärztlichen Begutachtung kann abgeklärt werden, ob - wie vom Kläger und seinen behandelnden Ärzten angenommen - keine verkehrsrelevanten Auswirkungen und Leistungseinschränkungen bestehen.
24 
1.2 Fehl geht die Rüge des Klägers, die Gutachtensanordnung sei in materieller Hinsicht bereits deshalb rechtswidrig, weil für die der Blutentnahme vorausgegangenen Polizeikontrolle kein hinreichender Anlass bestanden habe. Keiner abschließenden Klärung bedarf hierbei, ob es sich bei der Kontrolle um eine verdachtsunabhängig zulässige allgemeine Verkehrskontrolle gehandelt hat, wofür freilich vieles spricht. Selbst wenn die Verkehrskontrolle am 24.09.2011 rechtswidrig erfolgt sein sollte, schafft das Ergebnis der daraufhin angeordneten Blutuntersuchung eine neue Tatsache, die - ebenso wie das negative Ergebnis eines rechtswidrig angeordneten Eignungsgutachtens (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 - 3 C 20.09 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7) - zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Kraftfahrer verwertet werden darf. So geht etwa die ständige oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch davon aus, dass selbst bei einem Verstoß gegen strafprozessuale Beweiserhebungsvorschriften daraus nicht zugleich ein Verbot für die Fahrerlaubnisbehörde folgt, das Ergebnis dieser strafprozessualen Maßnahme im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zu verwerten (vgl. hierzu umfassend Senatsbeschlüsse vom 21.06.2010 - 10 S 4/10 - VBlBW 2010, 400; sowie vom 28.02.2012 - 10 S 3390/11 - NJW 2012, 2747). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob dies auch bei einem gezielten Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO gilt (kritisch hierzu BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 28.06.2014 - 1 BvR 1837/12 - NJW 2015, 1005). Denn im hier zu beurteilenden Fall steht kein Eingriff in die gemäß Art. 2 Abs. 2 GG grundrechtlich besonders geschützte körperliche Integrität des Betroffenen, sondern lediglich eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit in Rede.
25 
1.3 Die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 ist entgegen der Annahme des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgrund eines Ermessensausfalles rechtswidrig. Im Ansatz zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage der hier einschlägigen Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV nicht zwingend geboten ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Verordnung ergibt sich vielmehr, dass der Fahrerlaubnisbehörde insoweit ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Die vom Kläger zu Recht geforderten Ermessenserwägungen fließen aber regelmäßig in die Prüfung ein, ob konkrete und hinreichend gewichtige Eignungszweifel vorliegen. Ergibt die Würdigung der Behörde, dass die festgestellten Tatsachen nach Art und Gewicht aussagekräftige Anzeichen für aufklärungsbedürftige Eignungszweifel sind, besteht ohne das Vorliegen besonderer Umstände kein Anlass dafür, dass die Behörde ihre diesbezüglichen Überlegungen nochmals im Rahmen einer ausdrücklich als solche bezeichneten Ermessensausübung wiederholt. Denn wenn durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel an der geistigen, charakterlichen oder - wie hier in Rede stehend - körperlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers bestehen, hat die Behörde im Interesse der Verkehrssicherheit im Regelfall weitere Ermittlungen anzustellen. Je gewichtiger die Eignungsbedenken sind, desto geringer wird das Entschließungsermessen der Behörde; bei Vorliegen von erheblichen Eignungszweifeln dürfte es regelmäßig auf Null reduziert sein (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG). Liegen keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, trotz der festgestellten Eignungsbedenken von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, besteht deshalb im Rahmen der typisierenden Regelung des § 11 FeV kein Anlass zu weitergehenden gesonderten Ermessenserwägungen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 08.03.2013 - 10 S 54/13 - VBlBW 2013, 345).
26 
Im vorliegenden Fall hat die Behörde in der Gutachtensanordnung unter Schilderung des Verkehrsvorfalles vom 24.09.2011 und der dabei bei dem Kläger festgestellten Anzeichen für eine Betäubungsmittelbeeinflussung ausgeführt, dass dies die Abklärung von etwa bestehenden verkehrsrelevanten Auswirkungen der ärztlich verordneten Medikation notwendig mache. Die Behörde hat damit ausreichend dargetan, aufgrund welcher konkreter Tatsachen Eignungszweifel bestehen und warum diese nach Art und Gewicht die Besorgnis begründen, dass der Kläger nicht die erforderliche körperliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt. Besondere Umstände, dass dieser Vorfall ausnahmsweise kein hinreichend aussagekräftiges Anzeichen für Eignungszweifel darstellt, waren hier nicht ersichtlich.
27 
2. Die Anordnung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens des Landratsamts vom 22.11.2011 genügt indes nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind (Satz 1). Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an der Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (Satz 2). Diesen in § 11 Abs. 6 FeV normierten formellen Anforderungen entspricht die Gutachtensanordnung des Beklagten vom 22.11.2011 nicht in jeder Hinsicht. Zwar genügt die Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens den Anforderungen an die Konkretisierung des Begutachtungsmittels (dazu unter 2.1). Auch enthält das Aufforderungsschreiben der Fahrerlaubnisbehörde den in § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vorgeschriebenen Hinweis (dazu unter 2.2). Indes genügt die Begutachtungsanordnung nicht vollumfänglich den Anforderungen an die Ausformulierung einer konkreten Fragestellung (dazu unter 2.3).
28 
2.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des von der Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung der Eignungszweifel vorgesehenen Gutachtens. Die hinreichende Bestimmtheit der Anordnung setzt die Angabe des beizubringenden Gutachtens voraus. Insoweit kommen ein ärztliches (§ 11 Abs. 2 FeV) oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV), oder aber ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Fahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) in Betracht. Soweit die Fahrerlaubnisbehörde eine rein medizinische Begutachtung anstrebt, kommt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV die Begutachtung durch den für die Fragestellung zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (Nr. 1), durch einen Arzt des Gesundheitsamtes oder einen anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung (Nr. 2), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ (Nr. 3), den Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ (Nr. 4), oder den Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt (Nr. 5), in Betracht. Die Bestimmtheitsanforderungen gebieten es, bei der Anordnung einer ärztlichen Begutachtung im Einzelnen darzustellen, welcher nach § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV prinzipiell mögliche Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Nur in diesem Fall kann der Betroffene angesichts der Vielzahl denkbarer ärztlicher Untersuchungen erkennen, welche Untersuchung durch was für einen Arzt von ihm gefordert wird, um die aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde bestehenden Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszuräumen.
29 
Gemessen an diesen Anforderungen lässt sich der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 noch mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, was für ein Arzt die Begutachtung vornehmen soll. Zwar enthält die Gutachtensanordnung keine ausdrückliche Benennung eines der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 FeV für eine ärztliche Begutachtung prinzipiell zuständigen Ärzte. Indes lässt sich aus den in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 verwendeten Formulierungen auch für den Betroffenen mit der nötigen Eindeutigkeit entnehmen, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV anordnen wollte. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Begutachtungsanordnung darauf hin, sie benötige ein ärztliches Gutachten, das wegen der erforderlichen Überprüfung der Leistungsbeschränkungen von einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu erstellen ist; ferner hob die Fahrerlaubnisbehörde hervor, dass der begutachtende Arzt die Anforderungen nach Anlage 14 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllen müsse. Auch in einem nachfolgenden Schreiben vom 13.12.2011 stellte die Fahrerlaubnisbehörde klar, dass nicht ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) angeordnet wurde; zur Ausräumung der Eignungszweifel werde lediglich ein ärztliches Gutachten angeordnet, „das allerdings wegen dem nötigen körperlichen Eignungstest bei einer MPU-Untersuchungsstelle durchgeführt werden“ müsse. Damit konnten auch für den Kläger als Betroffenen keine vernünftigen Zweifel bestehen, dass ein ärztliches Gutachten durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) angeordnet wurde.
30 
2.2 Entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts enthielt die Anordnung des Beklagten vom 22.11.2011 die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV erforderliche Mitteilung an den Kläger, dass er als Betroffener die von der Behörde an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. So wies die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 2 ihrer Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 nach der Setzung einer Frist zur Vorlage der Einverständniserklärung darauf hin, dass der Kläger innerhalb dieser Frist Einsichtnahme in die Unterlagen bei einer persönlichen Vorsprache auf der Führerscheinstelle nehmen könne. Diese von der Fahrerlaubnisbehörde verwendete Formulierung genügt noch den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV. Daher bedarf es hier keiner Klärung der von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihrer Erörterung gerückten Frage, ob es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV um eine zwingende Verfahrens-, oder lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. Indes bestehen durchaus Zweifel an der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und der überwiegenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung, die § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift ansehen, gegen die von der Fahrerlaubnisbehörde ohne Sanktion verstoßen werden kann (so Hess. VGH, Urteil vom 26.05.2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.04.2012 - 6 L 488/12 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 25.01.2012 - AN 10 S 10.00029 - juris). Gegen den Charakter von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV als bloße Ordnungsvorschrift dürften die Entstehungsgeschichte dieser Norm sowie Sinn und Zweck der Bestimmung sprechen. Indes führt ein Verstoß der Behörde gegen die Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV nicht nach der Art eines absoluten Verfahrensfehlers ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung. Gerade die Schutzfunktion von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV gebietet vielmehr eine Differenzierung danach, ob der Verstoß gegen die Hinweispflicht die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen im konkreten Fall beeinflusst haben kann. An dieser Möglichkeit fehlt es etwa in Fallgestaltungen, in denen der Fahrerlaubnisinhaber durch eine Einsicht in die zu übersendenden Unterlagen keinen anderen Kenntnisstand erlangen konnte als ohne Einsicht, etwa weil die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen in der notwendigen Darlegung der Gründe gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz FeV den Sachverhalt, wie er sich aus den zu übersendenden Unterlagen ergibt, vollständig mitgeteilt hat (vgl. zu einer derartigen Fallgestaltung BayVGH, Beschluss vom 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfSch 2013, 177) oder wenn der Betroffene - auch bei Fehlen des Hinweises - selbst oder durch seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die Fahrerlaubnisakten genommen hat. Letzteres ist hier der Fall: Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 12.10.2011 Einsicht in die Fahrerlaubnisakte begehrt, die ihm daraufhin am 13.10.2011 vollständig in seine Kanzlei übersandt wurde. In der Folgezeit bis zum Erlass der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 sind keine weiteren Schriftstücke in der Fahrerlaubnisakte aufzufinden, die dem Kläger nicht bekannt waren; im Wesentlichen besteht die Akte aus Korrespondenz seines Prozessbevollmächtigten mit der Fahrerlaubnisbehörde, in der er sich in der Sache mit dem Anlass der Begutachtung auseinandersetzt. Auch dieses Vorgehen verdeutlicht, dass ein etwa nicht ausreichender Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss hatte; damit wird der Normzweck von § 11 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz FeV vollständig erfüllt.
31 
2.3 Die in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung ist nicht in jeder Hinsicht rechtmäßig. Zwar genügt die Fragestellung den formellen Anforderungen an die Bestimmtheit (dazu unter 2.3.1). Indes ist die von der Behörde aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen und nicht zur Aufklärung der hier tatsächlich in Rede stehenden Eignungszweifel geeignet (dazu unter 2.3.2).
32 
2.3.1 Die Gutachtensanordnung der Fahrerlaubnisbehörde vom 22.11.2011 genügt den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der aufgeworfenen Fragestellung. Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck von § 11 Abs. 6 FeV folgt, dass schon in der Gutachtensanordnung die Konkretisierung des Untersuchungsthemas zu erfolgen hat. Denn die Fragestellung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers „in der Anordnung festzulegen und hat zudem die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen“. Damit wird der zuständigen Behörde die Pflicht auferlegt, bereits in der Anordnung der Gutachtensbeibringung festzulegen, welche konkreten Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zu untersuchen sind. Wird hingegen in der Gutachtensanordnung lediglich das Ziel genannt, die Fahreignung des Betroffenen zu klären, erschöpft sie sich in der Wiederholung des Gesetzestextes und lässt nicht erkennen, dass die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Hat die Entscheidung, was Gegenstand der Begutachtung sein soll, aber bereits im Rahmen der an den Betroffenen gerichteten Anordnung zu fallen, folgt hieraus auch, dass die zuständige Behörde dem Betroffenen die jeweilige Fragestellung nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV in der Anordnung mitzuteilen hat. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 FeV, der eine Mitteilungspflicht erst gegenüber der untersuchenden Stelle in § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV erwähnt, wohl aber aus Sinn und Zweck der Regelung (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 - VBlBW 2010, 323; sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196).
33 
Welche Anforderungen § 11 Abs. 6 FeV an die Bestimmtheit der behördlichen Fragestellung stellt, kann dabei nicht abschließend abstrakt bestimmt werden. Auszugehen ist jedenfalls von der bzw. den für die jeweilige Fragestellung in Betracht kommenden, eine Gutachtensanordnung gebietenden oder in das Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde stellenden Befugnisnorm bzw. -normen der Fahrerlaubnis-Verordnung. Bereits deren tatbestandliche Voraussetzungen geben gewisse eingrenzende Zielrichtungen für die zu formulierende konkrete Fragestellung vor. In jedem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die konkretisierende Fragestellung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles festzulegen und dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Eignungszweifel mitzuteilen. Etwa eine bloße sinngemäße Wiedergabe der Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm genügt grundsätzlich nicht. Sodann ist auf der Rechtsfolgenseite ein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem für die Eignungszweifel Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtensanordnung festgelegten Prüfprogramm zu fordern. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der überschießenden - vom Untersuchungsanlass her gesehenen nicht erforderlichen - Untersuchungsvorgaben bzw. -inhalten mit Blick auf die damit einhergehenden Eingriffe in die Rechte des Betroffenen entgegensteht (vgl. zum Ganzen näher Senatsbeschluss vom 30.06.2011 - 10 S 2785/10 - NJW 2011, 3257).
34 
Diesen formellen Anforderungen an die Bestimmtheit der von der Behörde aufgeworfenen Fragestellung genügt das Schreiben des Landratsamts vom 22.11.2011. Insbesondere lässt sich dem Schreiben hinreichend deutlich entnehmen, welcher Sachverhalt nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde die Eignungszweifel begründet. So legt die Fahrerlaubnisbehörde auf Seite 1 und 2 des Anforderungsschreibens vom 22.11.2011 dar, dass der Kläger am 24.09.2011 mit seinem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl eine Betäubungsmittelbeeinflussung aufgrund ärztlich verordneter Opiateinnahme vorgelegen habe. Ferner hat die Fahrerlaubnisbehörde näher dargestellt, dass diese Eignungszweifel durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste nicht ausgeräumt würden. Damit hat die Fahrerlaubnisbehörde für den Kläger hinreichend deutlich die Gründe dargelegt, aus denen sie ihre Zweifel an dessen Kraftfahreignung ableitet.
35 
2.3.2 Indes ist die von der Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 aufgeworfene Fragestellung inhaltlich unangemessen. Die Fragestellung lautet:
36 
„Liegen bei der ärztlich verordneten Medikation psycho-psyische Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen vor?
37 
Können festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden?“
38 
Diese mit der Anordnung verbundene Fragestellung ist inhaltlich unangemessen, da das von der Behörde angeordnete Begutachtungsmittel (ärztliches Gutachten) zur Klärung der aufgeworfenen Frage nicht geeignet ist. Wie sich bereits der Fragestellung und daneben vor allem der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 eindeutig entnehmen lässt, will die Behörde lediglich die durch die bestimmungsgemäße ärztliche Medikation mit Opiaten etwa eintretenden psycho-physischen Leistungseinbußen oder verkehrsrelevante Nebenwirkungen der Medikation aufklären lassen und daneben geklärt wissen, ob etwa festgestellte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kompensiert werden können. Diese Fragestellung und der zur Begründung herangezogene Sachverhalt heben damit ausschließlich auf eine ärztlich verordnete und bestimmungsgemäße Therapie mit psychoaktiven Arzneimitteln und etwa daraus resultierenden Leistungsbeeinträchtigungen im Sinne von Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ab. Fehl geht die von der Fahrerlaubnisbehörde in ihrem Schriftsatz vom 27.08.2014 vertretene Auffassung, die Fragestellung habe den Gutachter auch zur Abklärung etwa missbräuchlich durch den Kläger eingenommene Arzneimittel oder Drogen berechtigt. Für diese Auffassung finden sich weder in der Fragestellung noch in der Begründung der Gutachtensanordnung vom 22.11.2011 Anhaltspunkte. Vielmehr überschritte der ärztliche Gutachter den durch die Fragestellung und die Beauftragung gezogenen Rahmen, wenn er nicht lediglich auf Auswirkungen der ärztlich verordneten Arzneimitteltherapie abstellen, sondern auch auf etwaige missbräuchliche Betäubungsmitteleinnahmen abheben würde.
39 
Zur Klärung der damit in ihrem Schwerpunkt auf Leistungseinbußen und etwaige Kompensationsmöglichkeiten gerichtete Fragestellung ist das angeordnete ärztliche Gutachten durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) nicht geeignet. Die nach dem Dafürhalten der Fahrerlaubnisbehörde aufklärungsbedürftigen Zweifel an dem psycho-physischen Leistungsvermögen des Klägers können durch eine rein ärztliche Begutachtung nicht ausgeräumt werden. Vielmehr erfolgt eine Überprüfung der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit durch Leistungstests nach Nr. 2.5 der Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahrereignung regelmäßig im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Mit den dabei zur Anwendung gelangenden Testverfahren können die Belastbarkeit, die Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie die Reaktionsfähigkeit untersucht werden (vgl. Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, Nr. 8.2.1). Die von der Fahrerlaubnisbehörde im Schwerpunkt aufgeworfene Frage nach etwaigen Leistungseinbußen und bestehenden Kompensationsmöglichkeiten ist deshalb in erster Linie durch Leistungstests und damit mit psychologischen Untersuchungsmethoden zu klären. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrerlaubnisbehörde - wohl im Hinblick auf diese Problematik - die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV angeordnet hat. Auch die Begutachtung durch einen in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arzt beschränkt sich auf eine ärztliche Abklärung bestehender Leistungsmängel und ist deshalb von einer medizinisch-psychologischen Untersuchung und den dabei zur Anwendung gelangenden psychologischen Leistungstests zu unterscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 02.12.2013 - 10 S 1491/13 - NJW 2014, 1901). Bereits die Beschränkung auf eine ärztliche Begutachtung steht deshalb der von der Fahrerlaubnisbehörde wohl beabsichtigten Verfahrensweise entgegen, dass der Arzt in der Begutachtungsstelle schwerpunktmäßig und in eigener Verantwortung die dem psychologischen Aufgabenbereich zuzuordnenden psycho-physischen Testverfahren durchführen lässt. Im Ansatz zutreffend ist die Fahrerlaubnisbehörde freilich davon ausgegangen, dass auch bei durch die ärztlich verordnete Therapie mit Opiaten begründeten Eignungszweifeln eine ärztliche Begutachtung sinnvoll ist. In deren Rahmen kann geklärt werden, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung mit diesen Medikamenten die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen schafft, und ob die erforderliche Compliance des Betroffenen vorliegt (vgl. hierzu näher Senatsbeschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - a.a.O.). Zur Klärung dieser vorgelagerten Fragen dürfte sich regelmäßig nicht die Beauftragung eines in einer Begutachtungsstelle tätigen Arztes, sondern des für die Grunderkrankung zuständigen Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV) anbieten. Indes war die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung nicht auf die Klärung dieser vorgelagerten medizinischen Fragen gerichtet. So finden sich in den von der Behörde aufgeworfenen Fragen keine Anhaltspunkte für Fragestellungen, die nach dem oben Gesagten im Rahmen einer (fach-)ärztlichen Begutachtung klärungsfähig wären. Dieser Betrachtung steht nicht entgegen, dass die Anforderung eines rein ärztlichen Gutachtens in ihrer Eingriffsintensität hinter einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zurückbleibt und unter diesem Gesichtspunkt sich für den Betroffenen als ein ihn weniger belastendes, milderes Mittel darstellen kann. Die von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnete ärztliche Begutachtung ist zur Klärung der von ihr für aufklärungsbedürftig gehaltenen Fragestellung vielmehr nicht geeignet. Vor diesem Hintergrund muss der Betroffene befürchten, dass im Wege des angeordneten Begutachtungsverfahrens die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt werden und er deshalb ohne hinreichenden Grund mit einer weiteren - kostenpflichtigen - Begutachtung überzogen wird.
40 
Nach alldem hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht die Entziehung der Fahrerlaubnis und den diese bestätigten Widerspruchsbescheid aufgehoben. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass es der Fahrerlaubnisbehörde unbenommen bleibt, den Kläger unter Wahrung der formellen Anforderungen erneut zu einer ärztlichen und gegebenenfalls auch einer medizinisch-psychologischen Begutachtung im Hinblick auf den im Raum stehenden Verdacht einer nicht bestimmungsgemäßen Betäubungsmitteleinnahme aufzufordern.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
43 
Beschluss vom 11. August 2015
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 46.1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. als Beilage zur VBlBW 2014, Heft 1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Januar 2012 - 7 K 1565/11 - geändert.

Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin ...-... beigeordnet.

Gründe

 
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das von ihm in erster Instanz verfolgte Anfechtungsbegehren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis mit Verfügung des Landratsamts Heilbronn vom 24.11.2010. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren. Erforderlich ist allerdings, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt nach Maßgabe des § 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen wegen der verfassungsrechtlich nach Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 GG gebotenen Aufgabe der Prozesskostenhilfe, dem Mittellosen den weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen wie dem Bemittelten, nicht überspannt werden. Deswegen kann nicht verlangt werden, dass der Prozesserfolg annähernd gewiss und überwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht schon dann, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen, der Prozessausgang bei summarischer Prüfung mithin als offen erscheint. Dies ist bei Klageverfahren insbesondere der Fall, wenn der Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedarf. Die gebotene Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen; das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 13.07.2005 - 1 BvR 1041/05 - NVwZ 2005, 1418; sowie Kammerbeschluss vom 26.02.2007 - 1 BvR 474/05 - NVwZ-RR 2007, 361). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist dabei grundsätzlich derjenige der Entscheidungsreife, also derjenige, in dem das Prozesskostenhilfegesuch vollständig, einschließlich der erforderlichen Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, vorliegt (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23.11.2004 - 7 S 2219/04 - VBlBW 2005, 196).
Bei Zugrundelegung des hiernach gebotenen großzügigen Maßstabs sind die Erfolgsaussichten der vom Kläger erstrebten Rechtsverfolgung zumindest offen.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss angenommen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken begegnet, weil der Kläger ein in materieller und formeller Hinsicht rechtmäßig angefordertes Eignungsgutachten nicht fristgemäß beigebracht habe. Jedenfalls bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen an dieser Einschätzung rechtliche Zweifel.
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 05.07.2001 - 3 C 13.01 -DAR 2001, 522; und vom 09.06.2005 - 3 C 21.04 - DAR 2005, 578; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - VBlBW 2002, 441, m.w.N.).
Der Senat teilt die Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde und des Verwaltungsgerichts, dass beim Kläger Anlass besteht, seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begutachten zu lassen. Fahreignungsrelevante Bedenken bestehen deshalb, weil der Kläger nach eigenen Angaben wegen eines schweren Rückenleidens aufgrund ärztlicher Verordnung seit längerer Zeit die morphinhaltigen Präparate „Oxygesic“ und „Sevredol“ einnimmt. Er trägt vor, dass er ohne die Einnahme dieser Schmerzmittel nicht in der Lage wäre, überhaupt ein Kraftfahrzeug zu führen. Die anlässlich der Verkehrskontrolle vom 20.02.2008 beim Kläger entnommene Blutprobe ergab einen Morphinwert von 9,0 ng/ml; auch äußerlich schien der Kläger unter Drogeneinfluss zu stehen. Nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt die missbräuchliche Einnahme (regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen die Fahreignung aus. Nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 schließt auch die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Nach den Umständen des vorliegenden Falles besteht daher Klärungsbedarf, ob die aktuelle Einnahme von morphinhaltigen Arzneimitteln die Leistungsfähigkeit des Klägers fahreignungsrelevant herabsetzt und/oder ob eine missbräuchliche Einnahme der o.g. Medikamente vorliegt, was im Hinblick auf den früheren Drogenmissbrauch des Klägers nicht völlig fern liegt.
Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, da insoweit die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 FeV definiert als regelmäßig übermäßiger Gebrauch, d.h. der ein- oder mehrmalige Gebrauch genügt - anders als bei illegalen Drogen -nicht. In diesem Sinne dürfte auch Ziffer 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung zu verstehen sein, die den Schluss aus der Einnahme von Betäubungsmitteln auf die fehlende Fahreignung dann ausschließen, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 06.05.2009 - 3 B 1/09 - juris). Auch bei dem Eignungsmangel nach Nr. 9.6 der Anlage 4 genügt eine ein- oder mehrmalige Einnahme eines Arzneimittels nicht; vielmehr wird eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Dauerbehandlung mit Medikamenten vorausgesetzt. Soweit ersichtlich, gehen auch die Fahrerlaubnisbehörde und das Verwaltungsgericht nicht davon aus, dass bereits ein Eignungsmangel nach Nr. 9.1 der Anlage 4 vorliegt, da andernfalls die Anforderung eines Gutachtens entbehrlich gewesen wäre.
Danach bestehen aber Bedenken gegen die in der Gutachtensanordnung mitgeteilte Fragestellung. Der Senat hat in seiner jüngeren Rechtsprechung die zentrale Bedeutung sowohl der nach § 11 Abs. 6 FeV einzuhaltenden formell-rechtlichen als auch der materiell-rechtlichen Anforderungen an eine dem Betroffenen mitzuteilende konkrete Fragestellung in einer Gutachtensanordnung hervorgehoben (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20.04.2010 - 10 S 319/10 -VBlBW 2010, 323, sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196). Da eine Gutachtensanordnung nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht selbständig anfechtbar ist, sondern nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine daran anknüpfende Fahrerlaubnisentziehung oder gegen sonstige in Rechte des Betroffenen eingreifende Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann, ist es ein Gebot effektiven Rechtsschutzes, insoweit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 20.04.2010, a.a.O.).
10 
In der Anordnung vom 28.07.2010 wird die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu der Frage angeordnet, ob der Kläger Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt, und ob zu erwarten ist, ob er zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder deren Nachwirkungen führt. In dem der Anordnung beigefügten Formblatt ist die Frage angekreuzt, ob der Untersuchte trotz der Hinweise auf (früheren) Drogen-/Arzneimittelmissbrauch ein Kraftfahrzeug sicher führen kann, und ob zu erwarten ist, dass er ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln/Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen führen wird.
11 
Diese Fragestellungen dürften weder erforderlich noch geeignet sein, um die Eignungsbedenken im vorliegenden Fall angemessen aufzuklären. Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, steht es außer Frage, dass der Kläger weiterhin morphinhaltige Arzneimittel und damit Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt und unter deren Einfluss ein Fahrzeug führen möchte. Fraglich ist vielmehr, ob und inwieweit hierdurch seine Fahreignung in verkehrsmedizinischer und -psychologischer Hinsicht beeinträchtigt ist, und ob eventuell eine missbräuchliche Medikamenteneinnahme vorliegt. Während bei der illegalen Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, zu denen auch Opiate gehören, die Fahreignung ohne weiteres ausgeschlossen ist (Nr. 9.1 der Anlage 4), ist bei ärztlich verordneter Therapie mit Opiaten eine einzelfallorientierte Beurteilung unter Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht die Erkrankung, ihre Symptome und die medikamentenspezifischen Auswirkungen erfasst als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Compliance des Patienten gegenüber der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und die Fähigkeit zur Kompensation von ggf. festgestellten Leistungseinschränkungen, aber auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme überprüft. Die auf die illegale Einnahme von Betäubungsmitteln zielende Fragestellung der Behörde passt daher nicht auf die hier vorliegende ärztlich verordnete Einnahme psychoaktiv wirkender Mittel. Vielmehr müsste eine geeignete Fragestellung darauf ausgerichtet sein aufzuklären, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung mit den o.g. Medikamenten die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Fahrzeugen schafft, ob die Arzneimitteleinnahme ihrerseits zu psycho-physischen Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen führt, ob die langfristige Medikamenteneinnahme bereits für sich genommen zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen, intellektuellen oder psychischen Leistungsfähigkeit geführt hat, und ob der Betroffene diese Auswirkungen ggf. kompensieren kann. Ferner dürfte erheblich sein, ob die Medikamenteneinnahme hinreichend überwacht wird und ob das Gefährdungspotential vom Betroffenen hinreichend eingeschätzt wird (vgl. zum Ganzen Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Auflage, Kap. 3.12.2 S. 201). Dabei dürfte auch in den Blick zu nehmen sein, ob nicht vor der Beauftragung einer Begutachtungsstelle zunächst die Grunderkrankung von einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, der mit dem behandelnden Arzt nicht identisch ist (§ 11 Abs. 2 Satz 5 FeV), abzuklären ist.
12 
Auf das Erfordernis, im Falle der Einnahme psychoaktiv wirkender Arzneimittel eine einzelfallorientierte Risikoeinschätzung unter Würdigung aller individuellen Aspekte hinsichtlich verkehrspsychologischer Gesichtspunkte vorzunehmen, hat der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss vom 28.09.2009 - 10 S 1555/09 - S. 3) hingewiesen. Demgegenüber diente der von der Behörde offenbar missverstandene Hinweis des Senats darauf, dass die illegale Einnahme von Morphinen ohne weiteres die Fahreignung ausschließt (vgl. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung), lediglich zum Beleg der Gefährlichkeit von Morphinkonsum für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Für eine sachgerechte Fragestellung im vorliegenden Einzelfall lässt sich hieraus nichts herleiten.
13 
War nach alledem die Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens wegen der Fragestellung voraussichtlich rechtswidrig, durfte die Behörde die Fahrerlaubnis nicht nach § 46 Abs. 1 und 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV entziehen. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung kann daher die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
14 
Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 4 ZPO). Gerichtsgebühren fallen bei stattgebenden Entscheidungen nicht an.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Bescheid des Landratsamtes Neustadt an der Aisch - Bad Windsheim vom 12. Juni 2015 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis, welche verfügt worden ist, weil er ein von ihm gefordertes medizinischpsychologisches Gutachten nicht vorgelegt hat.

Der am ...1971 geborene Kläger erwarb u. a. am ... April 1989 eine Fahrerlaubnis der (damaligen) Klasse 3 bzw. am ... August 1996 der Klasse 1.

Am 11. November 2014 gegen 14:00 Uhr wurde er auf dem ...-Parkplatz in ... als Führer eines Kraftfahrzeuges einer polizeilichen Kontrolle unterzogen, nachdem er dort - unter den Augen der Polizeibeamten - in den Parkplatz eingefahren war und dort einen Stellplatz eingenommen hatte. Da er drogenspezifische Anzeichen aufwies, wurde eine Blutprobe angeordnet, deren Auswertung laut dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität B. vom 27. November 2014 (u. a.) einen Gehalt von 5,9 ng/ml THC ergab. Im Rahmen dieser polizeilichen Kontrolle als auch im Rahmen der Blutabnahme hat der Kläger ausweislich der Akten angegeben, dass er Medizinal-Cannabis im Rahmen einer Erlaubnis der Bundesopiumstelle erhalte und zur Schmerzbehandlung verschiedener Krankheiten (wie z. B. einer Rotatorenmanschettenraptur, einer Teilversteifung des Sprunggelenks, degenerativer Veränderungen der Hals- und Brustwirbelsäule) seit 2012 einnehme, und zwar etwa ein Gramm pro Tag in etwa 4 bis 5 Einheiten täglich, zuletzt am Nachmittag des 10. November 2014. Hierzu wurde im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen das Vorliegen einer Genehmigung gemäß § 3 Abs. 2 BtMG vom 4. Mai 2012 ermittelt, nach welcher der Kläger berechtigt ist, über die Apotheke XYZ Medizinal-Cannabisblüten zu erwerben für eine durch Dr. S. ärztlich betreute/begleitete Selbsttherapie.

Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom17. Februar 2015 eingestellt, das Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StGB wurde an die Verwaltungsbehörde abgegeben.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2015 hörte die Behörde den Kläger unter Bezugnahme auf die polizeilichen Ermittlungsergebnisse zur nunmehr beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an, da er gemäß eigener Angaben regelmäßig und täglich Cannabis konsumiere und deswegen nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung nicht mehr gegeben sei. Auch habe er ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Betäubungsmitteln (5,9 ng/ml THC) am 11. November 2014 geführt.

Hierauf ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. März 2015 Einwendungen erheben u. a. dahingehend, dass es sich beim Kläger nicht um Drogenkonsum handele, sondern um die Einnahme von Medizinal-Cannabisblüten aus medizinischen Gründen mit Genehmigung der Bundesopiumstelle in B.. Wenn der Kläger im Straßenverkehr teilnehme, tue er dies nur, wenn er zuvor mindestens 24 Stunden keine Medizinal-Cannabisblüten eingenommen habe. Die Behauptung, dass er vier- bis fünfmal täglich Cannabis konsumiere, sei falsch, beispielsweise habe er die letzten drei Wochen überhaupt keine Cannabisprodukte mehr konsumiert. Die körperlichen Ausfallerscheinungen bei der ärztlichen Untersuchung am 11. November 2015 beruhten nicht auf der Wirkung von Cannabisprodukten, sondern seien auf die Nebenerkrankungen und Unfälle des Klägers zurückzuführen. Ein Fall mangelnder Fahreignung nach Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV liege nicht vor, vielmehr eine Fahreignung gemäß Ziffer 9.2.2.

Mit Schreiben vom 1. April 2015 forderte die Fahrerlaubnisbehörde vom Kläger die Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens einer anerkannten Begutachtungsstelle bis zum 22. Mai 2015. Hierin wurde unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 25. März 2015 u. a. ausgeführt, dass die Erlaubnis nach dem BtMG keinerlei Wirkung im fahrerlaubnisrechtlichen Bereich entfalte, sondern nur den straffreien Erwerb/Besitz von Betäubungsmitteln, hier Cannabisblüten, zu medizinischtherapeutischen Zwecken sicherstelle. Für die Medikamenten-Dauerbehandlung mit betäubungsmittelrechtlichen Stoffen lägen eine oder mehrere Grunderkrankungen vor. Der Kläger berufe sich auf einen Sonderfall der medizinischen Indikation. Diese sei gemäß Nr. 3 Satz 2 der Vorbemerkungen zur Anlage 4 zur FeV unter Einbeziehung verhaltenspsychologischer sowie sozialpsychologischer Befunde im Rahmen einer integrierten medizinischpsychologischen Untersuchung zu prüfen. Das Gutachten müsse zur Klärung der Eignungszweifel folgende Fragen beantworten:

1. Liegt bei Herrn ... eine mögliche verkehrsrelevante Erkrankung nach Nr. 3 (Bewegungsbehinderungen), Nr. 4 (Herz- und Gefäßkrankheiten) der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung vor, bei der unbehandelt die Voraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges nicht gegeben sind?

2. Erfolgt die Medikamenteneinnahme überwacht und indiziert, so dass ein mögliches Intoxikationsrisiko vermindert oder ausgeschlossen ist?

3. Liegt der Arzneimitteleinnahme eine Dauerbehandlung zugrunde? Kam es bei der ärztlich indizierten Dauerbehandlung zu einer Intoxikation oder zu Ausfallerscheinungen?

4. Besteht bei Herrn ... eine ausreichende Eigenverantwortung und Therapie-Compliance, insbesondere hinsichtlich eines nicht medizinisch indizierten „Fremdgebrauchs“ anderer Cannabisprodukte oder der missbräuchlichen Einnahme von Cannabisprodukten?

5. Gibt es Hinweise auf die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit?

6. Ist aufgrund der derzeitigen Medikation eine Nachuntersuchung notwendig und/oder sind Auflagen oder Beschränkungen festzulegen (z. B. für den Ausschluss/die Kontrolle eines nicht medizinisch indizierten „Fremdgebrauchs“)?

7. Kann Herr ... vor dem Hintergrund der aktenkundigen Teilnahme am Straßenverkehr unter relevanten Cannabiseinfluss, eines medizinisch indizierten regelmäßigen Cannabiskonsums sowie der Geltendmachung, ein Ausnahmefall gemäß Satz 2 der Vorbemerkungen 3 zur Anlage 4 FeV zu sein, ein Kraftfahrzeug der Gruppen 1 /2 im Straßenverkehr sicher führen?

Der Kläger wurde ferner u. a. darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit habe, in die der Begutachtungsstelle zu übersendenden Akten Einsicht zu nehmen und dass ihm die Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 FeV entzogen werden müsse, wenn er das Gutachten nicht fristgerecht vorlege, weil dann davon ausgegangen werden müsse, dass er nicht geeignet sei, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2015 wurde dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis aller Klassen entzogen und er zur Ablieferung des Führerscheins aufgefordert bzw. zur Abgabe einer Versicherung an Eides statt über dessen Verbleib.

Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen dahingehend begründet, dass der Kläger das mit Schreiben vom 1. April 2015 angeforderte Gutachten bisher nicht vorgelegt habe, weshalb die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen könne und ihm die Fahrerlaubnis deshalb zu entziehen habe.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 13. Juli 2015 Widerspruch einlegen, welcher im Wesentlichen mit den nachfolgend dargestellten Klagegründen begründet wurde.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 30. Oktober 2015 zurückweisend verbeschieden.

Am 19. November 2015 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

den Bescheid vom 12. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2015 aufzuheben.

Die Klage wurde mit Schriftsatz vom 21. Januar 2016 u. a. dahingehend begründet, dass der Kläger bei der Verkehrskontrolle am 11. November 2014 nicht als Fahrer eines Kraftfahrzeuges angetroffen worden sei. Er habe lediglich auf dem Fahrersitz gesessen, da er sich in diesem Fahrzeug, in welchem er zu jener Zeit gewohnt habe, eine Mahlzeit zubereitet habe. Er sei dabei gewesen, auf einem Gaskocher Reis zuzubereiten. Ein Fahrvorgang habe im Zusammenhang mit der allgemeinen Verkehrskontrolle nicht stattgefunden, anderslautende Angaben der Polizeibeamten seien unwahr. Die Unterstellung der Behörde, es existiere eine aktenkundige Teilnahme des Klägers am Straßenverkehr unter relevantem Cannabiseinfluss sei falsch. Der Kläger könne erforderlichenfalls mit einem Foto nachweisen, dass er bereits seit längerer Zeit an Ort und Stelle gestanden habe und nicht gefahren sei.

Beim Kläger liege lediglich ein allenfalls gelegentlicher Cannabiskonsum vor. Dieser sei medizinisch indiziert und ärztlich verordnet. Ein Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr bestehe nicht. Der Kläger habe niemals unter Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug geführt und wisse zwischen dem medizinisch indizierten Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr strikt zu trennen. Ein regelmäßiger (täglicher oder gewohnheitsmäßiger) Konsum von Cannabis sei beim Kläger nicht nachgewiesen und bestehe nicht.

Auch läge kein nicht medizinisch indizierter Fremdgebrauch anderer Cannabisprodukte oder die missbräuchliche Einnahme von Cannabisprodukten vor. Hinweise auf die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Klägers im Straßenverkehr seien ebenfalls nicht vorhanden.

Auch lägen keine verkehrsrelevanten Bewegungsbehinderungen und Herz- und Gefäßkrankheiten vor.

Unter den gegebenen Umständen sei die Anordnung der Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens nicht rechtmäßig erfolgt.

Der Beklagte beantragte

Klageabweisung

unter zusammenfassender Darstellung des Sachverhalts.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2016 gab der Kläger unter anderem an, dass er tatsächlich früher täglich die verschriebenen Cannabisblüten konsumiert habe. Dies sei jetzt nicht mehr so, er nehme die verordneten Cannabisblüten nur noch bei aktuellem Bedarf, also bei Schmerzanfällen ein. Es gebe Tage, an denen er überhaupt kein Cannabis einnehmen müsse, es gebe aber durchaus auch die Konstellation, dass er nach einigen Stunden eine weitere Dosis benötige. Im Regelfall benötige er 30 Gramm Cannabisblüten im Monat. Er könne diesen Cannabiskonsum und das Führen eines Fahrzeuges voneinander trennen. Er könne schon planen, dass er nach Cannabiskonsum kein Fahrzeug führe.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vom Beklagten vorgelegte Verfahrensakte, der Widerspruchsakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die auf die Nichtvorlage des angeforderten medizinischpsychologischen Gutachtens gestützte Entziehungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 8 FeV ist rechtswidrig, da die Gutachtensaufforderung rechtswidrig war.

Die Anforderung eines medizinischpsychologischen Gutachtens mag hier zwar grundsätzlich veranlasst gewesen sein und beruht zwar auf der Grundlage von Nr. 3 Satz 2 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV (siehe hierzu unter Nr. 2), sie war jedoch letztlich rechtswidrig, weil einige der Gutachtensfragen nicht anlassbezogen waren (siehe hierzu unter Nr. 3).

1. Die Nichtvorlage eines nach § 11 FeV angeordneten Fahreignungsgutachtens erlaubt der Fahrerlaubnisbehörde zwar gemäß § 11 Abs. 8 FeV den Schluss auf die Nichteignung eines Betroffenen und demzufolge die Entziehung von dessen Fahrerlaubnis.

Die Anwendung von § 11 Abs. 8 FeV setzt jedoch nach einhelliger Rechtsprechung und Literatur voraus, dass die Gutachtensaufforderung formell und materiell rechtmäßig war (BVerwGvom 5.7.2001 - 3 C 13/01, vom 5.2.2015 - 3 B 16/14, BayVGH vom 7.5.2001 - 11 B 99.2527, jeweils in juris; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 11 FeV, Rn. 24 m. w. N. zur Rechtsprechung).

U. a. müssen die Begutachtungsfragen dem Betroffenen mitgeteilt werden. Diese müssen insbesondere verhältnismäßig und anlassbezogen sein (BVerwG vom 5.2.2015, - 3 B 16/14 - juris, Rn. 8). Da die Gründe, welche die Behörde im Anordnungsschreiben nennt, dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen sollen, zu entscheiden, ob er sich der geforderten Begutachtung mit dem dort genannten Ziel stellt, ist es auch erforderlich, dass die Anordnung in all ihren Teilen rechtmäßig ist.

2. Der Kläger ist zwar als regelmäßiger Konsument von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV anzusehen. Dies ergibt sich für das Gericht hinreichend sicher aus seinen Angaben vor der Polizei, jedenfalls aber aus seinen Angaben im Rahmen der Blutentnahme (vgl. insbesondere Blatt 22 der Verwaltungsakten). Auch in der mündlichen Verhandlung hat er sein - früheres - Konsumverhalten nicht in Frage gestellt. Damit ist er jedoch als fahrungeeignet anzusehen im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV und im Sinne von Ziffer 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Fassung 1. Mai 2014.

Zudem ist der Kläger auch als gelegentlicher Konsument im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV anzusehen, weil er den Konsum von Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht trennen kann, wie es sich aus dem Vorfall vom 11. November 2014 in Verbindung mit dem Gutachten vom 27. November 2014 ergibt.

Andererseits liegt es aber durchaus nahe, dass bei dieser - jedenfalls medizinisch indizierten - Einnahme von Cannabis ein Sonderfall im Sinne von Nr. 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV gegeben sein kann, dessen Vorliegen jedoch nach Satz 3 der vorgenannten Bestimmung - regelmäßig - erst durch eine medizinischpsychologische Untersuchung festgestellt werden kann. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine eigenständige, zu den in §§ 11 bis 14 FeV geregelten Befugnisnormen hinzutretende, Rechtsgrundlage für die Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens (BayVGHvom 9.6.2011 - 11 CS 11.938, juris).

3. Jedoch enthält die Beibringungsanordnung einzelne Gutachtensfragen, welche bei zusammenschauender Betrachtung nicht mehr anlassbezogen sind.

Es liegt zwar auf der Hand, dass bei der hier vorliegenden Gestaltung unter anderem geklärt werden muss, ob die vorliegende Grunderkrankung, welche die Cannabiseinnahme als medizinisch indiziert erscheinen lässt, bereits für sich fahreignungsrelevant ist und ob die Fahreignung gegebenenfalls durch die Cannabiseinnahme wiederhergestellt wird. Desgleichen ist von Bedeutung, ob der Kläger durch die bereits erfolgte langjährige Cannabiseinnahme allein aufgrund der Dauer der Einnahme in seiner Fahreignung - bereits - beeinträchtigt ist oder die Gefahr besteht, dass dies bei weiterer langfristiger Cannabiseinnahme der Fall sein könnte. Ferner wird durchaus von Bedeutung sein, ob der Kläger bei Einnahme der Cannabisdosis, welche medizinisch zur Linderung seiner Schmerzen subjektiv notwendig ist, dann auch noch aktuell fahrgeeignet ist.

Es gab und gibt jedoch nach dem Vortrag der Beteiligten und dem Akteninhalt keinen Anlass insbesondere zur Überprüfung, ob beim Kläger die Gefahr eines Fremdgebrauchs von Cannabis oder der missbräuchlichen Einnahme von Cannabis vorliegt. Der Kläger ist nicht vorbelastet mit Erkenntnissen oder Hinweisen über die illegale Einnahme von Cannabis oder sonstigen Betäubungsmitteln. Auch besteht kein Hinweis darauf, dass er mehr Cannabis zu sich nimmt als medizinisch bei ihm indiziert ist. Beispielsweise ist im Gutachten vom 27. November 2014 auf dessen Seite 3 ausgeführt, dass die ermittelten Konzentrationen der medizinisch verordneten Konsumhäufigkeit von Cannabis nicht widersprechen (Blatt 31 der Behördenakte). Der Kläger erscheint hier als „reiner“ Schmerzpatient, dem ein Betäubungsmittelmissbrauch im weitesten Sinne nicht von vorneherein unterstellt werden kann. Somit sind hier insbesondere die Fragen Nr. 4 und Nr. 6 der Gutachtensanforderung vom 1. April 2015 nicht veranlasst gewesen.

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten hat sich die Behörde wohl am Fragenkatalog für die Prüfung der Fahreignung von methadonsubstituierten Betroffenen orientiert. Dort liegt jedoch regelmäßig die Konstellation vor, dass die dortigen Betroffenen eine - illegale - Betäubungsmittel-Vergangenheit aufweisen, denn ansonsten wäre eine Methadon-Substitution nicht veranlasst.

Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Das Gericht weist jedoch klarstellend darauf hin, dass die Behörde durch diese Entscheidung nicht gehindert ist, eine erneute Gutachtensaufforderung zu erlassen, welche die vorstehenden Ausführungen beachtet. Der Kläger wird sich somit darauf einstellen müssen, dass durchaus Zweifel an seiner Fahreignung bestehen, welche er durch die Beibringung eines noch zu fordernden Gutachtens klären muss. Dies gilt auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens, dass sich sein Konsumverhalten mittlerweile geändert habe. Auch bei dessen Zugrundelegung ist eine Begutachtung nicht entbehrlich geworden. Keinesfalls ist es so, dass sein Trennungsvermögen feststeht und deshalb keine Zweifel an seiner Fahreignung (mehr) bestehen könnten. Auch ist es entgegen der Ansicht des Klägers nicht von Bedeutung, dass die Bundesopiumstelle ihm keine besonderen Auflagen gemacht haben soll.

Gründe für eine Berufungszulassung sind nicht ersichtlich.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt

(§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2013).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.