Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2017 - 1 K 2131/15

published on 16/03/2017 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. März 2017 - 1 K 2131/15
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Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen wenden sich gegen die Erhebung von Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser für die Jahre 2008 und 2009 durch die Beklagte.
Die Klägerin zu 2 ist seit 2003 Eigentümerin des Grundstücks in der XXX-straße XXX in L. und Inhaberin der Klägerin zu 1, die auf diesem Grundstück in dem fraglichen Zeitraum Fruchtsaft und Fruchtsaftkonzentrate herstellte.
Bereits mit Bescheiden vom 31.12.2008 und vom 31.12.2009 hatte die Beklagte die damalige XXX GmbH auf der Grundlage der damals geltenden Abwassersatzung vom 11.12.2001 zu Abwassergebühren für die Jahre 2008 und 2009 herangezogen. Diese Bescheide wurden durch Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart (Jahr 2008: Urteil vom 17.02.2011 - 1 K 1568/10 -; Jahr 2009: Urteil vom 15.08.2012 - 1 K 1874/10), die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt wurden (Jahr 2008: Urteil vom 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -; Jahr 2009: Beschluss vom 18.12.2014 - 2 S 2446/14), rechtskräftig aufgehoben.
Mit Bescheid vom 22.10.2014 erhob die Beklagte erneut Abwassergebühren für das Grundstück in der XXX-straße XXX in L. für den Zeitraum vom 01.01.2008 - 31.12.2008. Adressatin des Bescheides war die Klägerin zu 2, der die Beklagte Gebühren in Höhe von 29.466,44 EUR in Rechnung stellte. Sie stützte sich dabei auf die für die Jahre 2008 und 2009 rückwirkend erlassene Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung der Stadt L. vom 16.09.2014 („Abwassersatzung“). Von der Gesamtsumme entfielen auf Schmutzwasser 28.558,94 EUR und auf Niederschlagswasser 907,50 EUR. Berechnungsgrundlage für die Schmutzwassergebühren waren die addierten Messungen der Wasserzähler Nr. 60507 (7347 m³), 71029 (2868 m³) und 60285 (58 m³), insgesamt 10273 m³ zu einem Einzelpreis von 2,78 EUR/m³. Berechnungsgrundlage für die Niederschlagswassergebühr war die versiegelte Fläche auf dem streitgegenständlichen Grundstück von 3.025 m² zu einem Einzelpreis von 0,30 EUR/m³.
Außerdem erhob die Beklagte für das streitgegenständliche Grundstück mit Bescheid vom 10.12.2014 erneut Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.01.2009 - 31.12.2009 in Höhe von 15.721,50 EUR von der Klägerin zu 2. Von der Gesamtsumme entfielen auf Schmutzwasser 14.723,25 EUR und auf Niederschlagswasser 998,25 EUR. Berechnungsgrundlage für die Schmutzwassergebühren waren die addierten Messungen der Wasserzähler Nr. 60507 (1930 m³), 71029 (3790 m³) und 60285 (39 m³), insgesamt 5759 m³ zu einem Einzelpreis von 2,55 EUR/m³ zuzüglich einer Abwassergrundgebühr von 3,15 EUR/Monat. Berechnungsgrundlage für die Niederschlagswassergebühr war die versiegelte Fläche auf dem streitgegenständlichen Grundstück von 3.025 m² zu einem Einzelpreis von 0,33 EUR/m³.
Gegen beide Bescheide legten die Klägerinnen am 15.11.2014 (Bescheid 2008) bzw. am 10.01.2015 (Bescheid 2009) Widerspruch ein und beriefen sich zur Begründung darauf, dass Festsetzungs- und Zahlungsverjährung eingetreten sei. Weiter fehle es an einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage, weil die Abwassersatzung unwirksam sei. Außerdem sei nicht eingeleitetes Abwasser fehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Schließlich stünden den Klägerinnen diverse Gegenansprüche wegen Überzahlung und Amtshaftung zu, mit denen wirksam aufgerechnet worden sei.
Mit Schreiben vom 17.11.2014 beantragte der Prozessvertreter der Klägerinnen „namens der Inhaberin XXX XXX“, die zur Fruchtsaftherstellung verwendeten und darum nicht eingeleiteten Abwassermengen, insgesamt 4576 m³, von der Berechnung für das Jahr 2008 abzusetzen. Mit Schreiben vom 10.01.2015 beantragte der Prozessvertreter außerdem die zur Fruchtsaftherstellung verwendeten und darum nicht eingeleiteten Abwassermengen, insgesamt 3433 m³, von der Berechnung für das Jahr 2009 abzusetzen.
Mit dem Absetzungsantrag für das Jahr 2008 übersandte der Prozessvertreter der Klägerinnen der Beklagten eine zweiseitige Gesamtaufstellung für das Jahr 2008. Sie sei analog dem für das Jahr 2003 erstellten Gutachten von Prof. Dr. O. nach der „Methode K.“ erfolgt. Außerdem bot der Prozessvertreter der Klägerinnen an, die Unterlagen zu den verwendeten Rohmaterialien für die Festsetzungsjahre nachzureichen, die Kosten für externe Gutachter bis zur Höhe von 150 EUR zu übernehmen und das Gutachten des Prof. Dr. O. auf das streitgegenständliche Versorgungsjahr 2008 zu erweitern. Die Beklagte legte die Berechnungen des Prozessvertreters der Klägerinnen mit Schreiben vom 24.11.2014 dem externen Ingenieurbüro XXX GmbH mit der Bitte um Überprüfung vor. Nach Aussage des Niederlassungsleiters Herrn S. vom 28.11.2014 war die Überprüfung der klägerischen Berechnung anhand der vorgelegten Unterlagen nicht möglich. Der endgültige Begutachtungsaufwand sei nicht abzuschätzen. Er läge aber bei mindestens 500 EUR. Mit Schreiben vom selben Tage forderte der Bürgermeister der Beklagten den Prozessvertreter der Klägerinnen unter Fristsetzung bis zum 30.12.2014 auf, die Kostenübernahme zu erklären und die zur Berechnung noch fehlenden Unterlagen vorzulegen. Der Prozessvertreter der Beklagten erklärte mit Schreiben vom 03.12.2014, er werde ein Gutachten von Prof. Dr. O. einholen, sofern ihm bis dahin keine anderslautende Entscheidung der Beklagten vorliege. Mit Schreiben vom 22.12.2014 replizierte der Bürgermeister der Beklagten, sollte ihm bis zum Fristablauf am 30.12.2014 keine Kostenübernahmeerklärung vorliegen, würde er den Widerspruch an die Widerspruchsbehörde weiterleiten. Sollte ihm in der Zwischenzeit ein weiteres Parteigutachten zugehen, müsse auch dieses geprüft werden, sodass auch diesem Gutachten gleich eine entsprechende Kostenübernahmeerklärung beigefügt werden könne. Mit Schreiben vom 10.01.2015 erwiderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, die Beauftragung des Gutachters sei zurückgestellt worden, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei.
Mit dem Absetzungsantrag für das Jahr 2009 vom 10.01.2015 übersandte der Prozessvertreter der Klägerinnen der Beklagten eine zweiseitige Gesamtaufstellung für das Jahr 2009. Sie sei analog dem Gutachten von Prof. Dr. O. nach der „Methode K.“ erstellt worden. Außerdem bot der Prozessvertreter der Klägerinnen an, die Unterlagen zu den verwendeten Rohmaterialien für die Festsetzungsjahre nachzureichen, die Kosten für externe Gutachter bis zur Höhe von 150 EUR zu übernehmen und das Gutachten des Prof. Dr. O. auf das streitgegenständliche Versorgungsjahr 2009 zu erweitern. Er wies „vorsorglich darauf hin, dass hierfür Kosten in Höhe von 5000 – 6000 EUR“ anfallen würden. Die Beauftragung des Gutachters werde vorsorglich zurückgestellt, bis über die Frage der Festsetzungsverjährung entschieden sei.
10 
Der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen mit der Berechnung der Absetzungsmengen für die Abrechnungsjahre 2003, 2010 und 2011 beauftragte Gutachter Prof. Dr. O. von der Fachhochschule Lippe ermittelte für das Jahr 2003 einen Absetzungsanteil von 50,1 %, für das Jahr 2010 einen Absetzungsanteil von 46 % und für das Jahr 2011 einen Absetzungsanteil von 60 %.
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Das Landratsamt XXX wies „die Widersprüche der Frau XXX XXX“ mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2015 zurück und setzte dafür eine Gebühr von 40 EUR fest. In der Betreffzeile des Widerspruchsbescheides heißt es: Widerspruch von Frau XXX XXX […], Inhaberin XXX XXX Fruchtsäfte […].
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Am 27.04.2015 haben die Klägerinnen Klage erhoben, zu deren Begründung sie vortragen, die Abwassersatzungen der Beklagten mit Wirkung zum 01.01.2002 und 01.01.2005 sowie jene vom 16.09.2014 mit Wirkung für die Jahre 2008 und 2009 seien gemäß einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 07.11.2014 (Az.: 2 S 1529/11 -, juris) nichtig und der rückwirkende Erlass einer Satzung verstoße gegen höherrangiges Recht, sodass der Fehler nicht geheilt werden könne. Die angegriffenen Abwasserbescheide seien darum rechtswidrig und folglich aufzuheben. Dem stehe die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg im Normenkontrollverfahren gegen die Abwassersatzung vom 11.12.2001 (Urteil vom 07. Oktober 2004 - 2 S 2806/02 -, juris) nicht entgegen. Sie binde nur die damals Verfahrensbeteiligten, die Stadt L. und Herrn XXX XXX junior. Außerdem sei die Rechtskraftwirkung jenes Normenkontrollurteils aufzuheben, weil ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder ein Wandel der Rechtsauffassung oder neue rechtliche Gesichtspunkte vorlägen oder Nichtigkeitsgründe oder Einwände in späteren Verfahren erstmals vorgetragen worden seien. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass die Beklagte in den Basisdaten für die Globalberechnung und Gebührenkalkulation von Abwasser pauschalierte Daten verwende. Das sei unzulässig. Die Berechnung der Beklagten sei spätestens für die Abwassersatzung ab dem 01.01.2001 falsch. Wegen der „bilanztechnischen und prozentualen Wechselwirkungen“ gelte selbiges auch für die Kalkulation der Trinkwassergebühren. Die fehlerhaften Ansätze seien seit 2001 fortgeschrieben worden. Darum seien auch alle Folgeversionen der Satzung nichtig. Außerdem weise das Abwasserentsorgungsgebiet der Beklagten keine homogenen Nutzungs- oder Abwasseraufkommensverhältnisse auf und § 9 Abs. 2 KAG sehe einen maximal zulässigen Kalkulationszeitraum von 5 Jahren vor. Nach dem Erstbeschluss im Jahr 2001 habe dieser spätestens am 31.12.2006 geendet. Seitdem könne die Beklagte keine rechtmäßigen Gebührenbescheide mehr erlassen. Die Abwassersatzung sei auch darum nichtig, weil die Gebührenerhebung für Trinkwasser entgegen einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle (Saale) vom 26.10.2010 (Az.: 4 A 13/10) nicht nach Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten differenziere und weil sie keine Bestimmung des Gebührenschuldners enthalte. Weiter habe die Klägerin zu 1 in erheblichem Umfang entnommenes Trinkwasser zur Saftproduktion verwendet und dieses Wasser damit gerade nicht als Abwasser zurückgeführt. Folglich dürften insoweit auch keine Abwassergebühren erhoben werden. Dabei handele es sich um Mengen von 4576 m³ (2008) bzw. 3433 m³ (2009). Sie seien nach dem Modell „K.“ ermittelt worden. Die Gutachter Herr Prof. Dr. O. (FH Lemgo) und Herr Dr. B. (Uni Hohenheim) hätten die Ergebnisse bestätigt. Außerdem gelte Bestandsschutz für diese Form des Nachweises, weil diese Abrechnungsmethode in den Jahren 1984 - 1995 einvernehmlich praktiziert worden sei. Schließlich erklären die Klägerinnen, sie rechneten mit den ihnen zustehenden Ansprüchen aus „Überzahlung“ der rechtswidrig erhobenen Wassergebühren aus den Vorjahren auf und machten ihr Zurückbehaltungsrecht geltend.
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Die Klägerin zu 1 hat in der mündlichen Verhandlung vor Stellung der Anträge ihre Klage zurückgenommen.
14 
Die Klägerin zu 2 beantragt,
15 
die Bescheide der Beklagten vom 22.10.2014 und vom 10.12.2014 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes XXX XXX vom 01.04.2015 aufzuheben.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Sie trägt vor, die angegriffenen Bescheide beruhten auf § 13 KAG i.V.m. der Abwassersatzung der Beklagten vom 16.09.2014. Diese Satzung sei rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getreten. Anders als die Klägerinnen meinten, sei eine solche Rückwirkung auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (Urteil vom 07.11.2014 - 2 S 1529/11-) zulässig. Mit dieser Satzung sei der vom Verwaltungsgerichtshof angemahnten Splittung der Abwassergebühr Rechnung getragen worden. Weitere substantielle Einwendungen gegen die Satzung seien nicht vorgetragen. Soweit sich die Klägerinnen noch darauf beriefen, dass von der Klägerin zu 1 nicht eingeleitete Wassermengen von der Abwassergebühr abzusetzen seien, regele § 41 der Abwassersatzung, dass die Beklagte die Absetzung von einem Nachweis abhängig machen und diesen dem Gebührenschuldner auferlegen könne. Fehle es an einem gesonderten Wasserzähler, könne der Nachweis auf verallgemeinerungsfähige Erfahrungswerte gestützt werden. Für den Betrieb der Klägerin zu 1 fehle es an solchen verallgemeinerungsfähigen Erfahrungswerten. Sie müssten einzelfallbezogen ermittelt werden. Die Klägerin zu 1 verweigere diesen Nachweis seit Jahren, sodass die Absetzung nicht möglich sei. Soweit die Klägerinnen aufrechneten oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machten, sei dies gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5a KAG i.V.m. § 226 Abs. 3 AO nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen möglich. Daran fehle es. Die geltend gemachten Forderungen der Klägerinnen seien weder hinreichend substantiiert noch schlüssig.
19 
Dem Gericht liegen die Behördenakten der Beklagten und des Landratsamtes XXX XXX sowie die Gerichtsakten zu den parallelen Verfahren 1 K 777/10, 1 K 2390/12 und 1 K 3329/12 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten, die Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20 
I. Nach der Klagerücknahme der Klägerin zu 1 war das Verfahren insoweit nach § 92 Abs. 3 S. 1 1. Alt VwGO einzustellen.
21 
II. Die Klage der Klägerin zu 2 ist zulässig, aber unbegründet.
22 
1. Entgegen dem Vortrag der Klägerseite beruhen die angegriffenen Bescheide mit §§ 37, 38, 39 der Abwassersatzung der Stadt L. vom 16.09.2014 auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Dem steht weder entgegen, dass die Satzung aus dem Jahr 2014 mit den Jahren 2008 und 2009 abgeschlossene Abwasserabrechnungszeiträume betrifft (a)) noch führen die übrigen von der Klägerseite genannten Aspekte zur Nichtigkeit der Satzung (b)).
23 
a) Gemäß ihrem § 52 Abs. 2 ist die Satzung vom 16.09.2014 rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getreten. Bedenken gegen die rückwirkende Inkraftsetzung bestehen auch mit Blick auf das grundsätzliche verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot nicht. Die rückwirkende Ersetzung einer wegen eines Fehlers im Abgabenmaßstab unwirksamen Satzung durch eine neue, diesen Fehler vermeidende Satzung ist zulässig, solange die Neuregelung nicht ihrerseits nichtig ist, etwa weil sie den Kreis der Abgabenpflichtigen erweitert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -, juris Rn. 33).
24 
Mit der streitgegenständlichen Satzung ist die Abwassersatzung der Beklagten aus dem Jahr 2001 ersetzt worden, die eine nach dem Frischwassermaßstab berechnete einheitliche Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung vorgesehen hatte, was nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -, VBlBW 2010, 481-485) unzulässig ist. Die frühere Satzung war mangels wirksamer Maßstabsregelung nichtig (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -, juris Rn. 31). Durch die streitgegenständliche Abwassersatzung vom 16.09.2014 sollte diese Satzung durch eine rechtsgültige, den neuen rechtlichen Anforderungen genügende Satzung ersetzt werden, so dass das Vertrauen der Betroffenen in die Fortgeltung der alten Rechtslage nicht schutzwürdig war. Der Normgeber war befugt, die unwirksame Satzung durch eine neue, diesen Fehler vermeidende Satzung auch rückwirkend zu ersetzen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2006 - 2 S 831/05 -, NVwZ-RR 2006, 686; Urteil vom 07.11.2014, a.a.O. Rn. 33).
25 
Die neue Abwassersatzung ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerseite auch nicht ihrerseits wegen „neuer“ Fehler nichtig. Im dazu von Klägerseite in Bezug genommenen Urteil (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014, a.a.O.) hatte der Verwaltungsgerichtshof die Frage zu klären, ob auch die dortige Klägerin als Nichteigentümerin, aber schuldrechtlich Berechtigte an dem Grundstück Schuldnerin der Abwassergebühren ist. Er kam dabei unter der Rn. 33 zu dem Ergebnis, dass viel dafür spreche, „dass schuldrechtlich Berechtigte generell erst dann als mögliche Gebührenschuldner einbezogen werden sollten, wenn ihre Anteile entsprechend den Vorschriften der §§ 38, 40 und 42a [der Satzung] auch technisch gesondert festgestellt werden können.“ Das bedürfe aber keiner Entscheidung, weil „selbst dann, wenn eine Rückwirkung insoweit vom Satzungsgeber beabsichtigt gewesen sein sollte, sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam wäre.“ Die Ausnahme vom Rückwirkungsgebot zur „Heilung“ von Altsatzungen mit fehlerhaftem Abwägungsmaßstab gelte „nicht für abgeschlossene Tatbestände, wie den Kreis der Gebührenschuldner. Die neue Regelung stelle sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende, rückwirkende Erweiterung der Abgabenpflichtigen dar.“ Daher müsse es dabei bleiben, dass Schuldner der Abwassergebühr nicht die dortige Klägerin, sondern ausschließlich der Eigentümer des Grundstückes sei.
26 
Selbst wenn man die Satzung so auslegen wollte, dass mit der Neufassung der Kreis der Schuldner rückwirkend neu gefasst werden sollte, litte damit nur diese Teilregelung, nicht aber die gesamte Satzung an einem Rechtsmangel, der zur Nichtigkeit dieses Teiles, nicht aber der Gesamtsatzung führte.
27 
Ob ein Rechtsmangel zur Nichtigkeit der gesamten Satzung oder nur zur Teilnichtigkeit einzelner Vorschriften führt, hängt davon ab, ob die Satzung - erstens - insofern teilbar ist, ob sie also auch ohne die rechtswidrigen Bestimmungen sinnvoll und mit höherrangigem Recht vereinbar bleibt, und ob - zweitens - hypothetisch hinreichend sicher angenommen werden kann, dass der Satzungsgeber sie auch ohne die rechtswidrigen Bestimmungen erlassen hätte (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.08.2001 - 4 B 23.01 -, juris Rn. 4; SächsOVG, Urteil vom 14.07.2015 - 5 A 625/11 -, juris Rn. 71, SächsOVG, Urteil vom 02.11.2016 - 5 A 519/14 -, juris Rn. 31 für eine Abwassersatzung). Beides wäre hier der Fall.
28 
Die Nichtigkeit der Satzung beträfe auch nach der ausdrücklichen Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes nur die rückwirkende Erweiterung des Kreises der Abgabenschuldner, also nur einen inhaltlich begrenzten Teil des Anwendungsbereiches der Satzung. Sie beträfe keinen unverzichtbaren Kernbestandteil der Satzung, sodass ihre Rechtmäßigkeit im Übrigen von der Nichtigkeit dieses Teiles unberührt bliebe.
29 
Weiter kann auch hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass der Satzungsgeber die Abwassersatzung auch ohne die möglicherweise nichtigen Bestimmungen erlassen hätte. Das Ziel des Satzungsgebers war es ausweislich des § 52 Abs. 4 der Abwassersatzung, mit ihrem Neuerlass eine Rechtsgrundlage zur rückwirkenden Regelung des Abwasserwesens und der Erhebung entsprechender Gebühren zu schaffen. Dabei kam es dem Satzungsgeber für die streitgegenständlichen Zeiträume 01.01.2008 - 31.12.2008 und 01.01.2009 - 31.12.2009 vorrangig darauf an, die rechtlichen Anforderungen der Gebührenerhebung nach einem gesplitteten Maßstab zu erfüllen (vgl. Vorlage zur Gemeinderatssitzung am 16.09.2014 zu § 10127 und die dort in Bezug genommenen Beschlussvorlagen von „XXX Kommunalberatung“ zur Gebührenkalkulation Abwasser für den Berechnungszeitraum 01.01.2008 - 31.12.2008 und den Berechnungszeitraum 01.01.2009 - 31.12.2009 vom 23.10.2012, jeweils S. 2). Das Kernziel lag also nicht darin, mit der Neufassung der Satzung den Schuldnerkreis zu erweitern, sondern die bisherige Satzungslage den obergerichtlichen Anforderungen anzupassen. Demnach kann hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass der Satzungsgeber die Abwassersatzung auch ohne den möglicherweise nichtigen Teil erlassen hätte.
30 
Die Klägerin zu 2 kann sich zudem im vorliegenden Verfahren nicht auf eine etwaige Teilnichtigkeit der Bestimmungen über die Erweiterung des Kreises der Abgabenschuldner berufen, weil sie gemäß § 39 Abs. 1 der Abwassersatzung als Grundstückseigentümerin herangezogen wurde und auch nach der früheren Satzung der Eigentümer Schuldner der Abwassergebühr war.
31 
b) Die Abwassersatzung ist auch nicht wegen der sonstigen von der Klägerseite vorgetragenen Mängel rechtswidrig und damit nichtig. Etwas anderes ergibt sich weder aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes Halle (aa)) noch aus einer unzulässigen Pauschalisierung von Basisdaten (bb)) oder aus einem Überschreiten des Kalkulationszeitraumes (cc)).
32 
aa) Entgegen der von der Klägerseite insoweit zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes Halle (Urteil vom 26.10.2010 - 4 A 13/10 -, juris), verstößt es vorliegend nicht gegen das Differenzierungsgebot, Grundgebühren für die Trinkwasserversorgung zu erheben, ohne dabei nach Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten zu differenzieren. Wie bereits in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 11.07.2014 (Az.: 1 K 2390/12), folgt das Gericht dieser Rechtsprechung nicht, sondern hält die Differenzierung nach der Nenngröße der eingebauten Wasserzähler für ausreichend, um - dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab entsprechend - die Wassergrundgebühren nach dem verbrauchsunabhängigen Anteil an der Vorhalteleistung und der abrufbaren Lieferbereitschaft zu bemessen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsauffassung durch die Nichtzulassung der Berufung (Beschluss vom 18.12.2014 2 S 1710/14) bestätigt. Die von der Klägerseite geforderte Bildung unterschiedlicher Benutzergruppen (Wohnen und Gewerbe) und eine damit verbundene unterschiedlich hohe Grundgebühr wäre allenfalls dann geboten, wenn eine der genannten Gruppen deutlich stärker von den Vorhalte- und Bereitstellungsleistungen der Wasserversorgung profitieren würde und dies - über die verbrauchsabhängige Erfassung durch den Leistungsanteil der Gebühren hinaus - nicht adäquat durch die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung anhand der Größe der Wassermesser erfasst werden würde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.02.2011 - 2 S 550/09 -, VBlBW 2011, 353). Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte; auch die Klägerseite hat insoweit über den pauschalen Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle hinaus nichts Substantielles vorgetragen. Dies dürfte im Übrigen auch kaum in ihrem Interesse sein, da sie angesichts der gewerblichen Nutzung des veranlagten Grundstücks tendenziell eher mit höheren als mit geringeren Grundgebühren zu rechnen hätte.
33 
bb) Auch die von der Beklagten verwendeten Basisdaten führen nicht zu einer Unwirksamkeit der Satzung. Die Klägerinnen tragen insofern vor, die Abwassersatzung vom 16.09.2014 schreibe nur die fehlerhafte Kalkulation aus der Abwassersatzung seit 2001 fort und das Abwasserentsorgungsgebiet der Beklagten weise keine homogenen Nutzungs- oder Abwasseraufkommensverhältnisse auf.
34 
Entgegen ihrem Vortrag ist jedoch gemäß der vorangegangenen Ausführungen für die Jahre 2008 und 2009 jeweils eine gesonderte Kalkulation erfolgt. Der Frischwassermaßstab ist nur noch für die Schmutzwassergebühr relevant. Die Niederschlagswassergebühr bemisst sich demgegenüber nach der individuell ermittelten versiegelten Fläche. Der fehlerhafte Gebührenmaßstab aus der Satzung vom 11.12.2001 wird so gerade nicht fortgeschrieben.
35 
Sofern sich die Klägerseite auf die „bilanztechnischen und prozentualen Wechselwirkungen“ zur Kalkulation der Trinkwassergebühren berufen, ist dieser Vortrag für das hiesige Verfahren ohne Belang, weil sein Gegenstand allein Abwasserbescheide sind und Trinkwassergebühren somit gerade nicht in Rede stehen.
36 
cc) Die Kalkulation der Gebühren ist grundsätzlich Sache der Gemeinden und Landkreise als Anlagenbetreiber. § 14 Abs. 1 KAG sieht als Einschränkung vor, dass die Gebühren höchstens kostendeckend bemessen werden dürfen. Versorgungseinrichtungen und wirtschaftliche Unternehmen können aber einen angemessenen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen. Bei der Gebührenbemessung können danach die Gesamtkosten in einem mehrjährigen, höchstens fünf Jahre umfassenden Zeitraum berücksichtigt werden, § 14 Abs. 2 S. 1 KAG.
37 
Grundsätzlich dürfen die Gebührenzahler in ihrer Gesamtheit nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die durch die Erbringung der in Anspruch genommenen Leistung entstehen, sog. „Äquivalenzprinzip“ (Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 92). Daraus folgt in zeitlicher Hinsicht, dass sie grundsätzlich auch nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die während einer Nutzungsperiode anfallen, „Prinzip der Periodengerechtigkeit“ (Vetter, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, Kapitel D, Rn. 171). Um die Gemeinden und Landkreise in die Lage zu versetzen, Gebühren über mehrere Jahre konstant zu halten, sind mit entsprechender gesetzlicher Grundlage auch mehrjährige Gebührenkalkulationen möglich. Die zeitliche Regelbegrenzung beträgt fünf Jahre (Quaas, NVwZ 2007, 757, 759 m.w.N.).
38 
Von diesem Vorgehen zu unterscheiden ist die Erhebung von Gebühren aufgrund einer für einen längeren Zeitraum geltenden Satzung, bei der für jedes Veranlagungs- und Kalkulationsjahr eine gesonderte Gebührenkalkulation vorgenommen worden ist und die insoweit angefallenen Kosten - periodengerecht - verteilt werden (zu einer solchen Möglichkeit: Quaas, NVwZ 2007, 757, 759 m.w.N). Die gesetzliche Höchstgrenze von fünf Jahren, § 14 Abs. 2 S. 1 KAG, stellt dabei einen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der kommunalen Gebührenerhebungspraxis und dem Äquivalenzprinzip als zentralem gebührenrechtlichen Maßstab her. Sie soll so zwar mehrjährige Kalkulationen ermöglichen, andererseits aber die notwendigen Abweichungen der Prognosen von der Wirklichkeit durch die zeitliche Beschränkung in einem mit dem Äquivalenzprinzip zu vereinbarenden Rahmen halten (LT-Drs. 9/3778 S. 10).
39 
Vorliegend hat die Beklagte die Gebührenkalkulation jeweils gesondert für die Jahre 2008 und 2009 vorgenommen (vgl. Vorlage zur Gemeinderatssitzung am 16.09.2014 zu § 10127 und die dort in Bezug genommenen Beschlussvorlagen von „XXX Kommunalberatung“ zur Gebührenkalkulation Abwasser für den Berechnungszeitraum 01.01.2008 - 31.12.2008 und den Berechnungszeitraum 01.01.2009 - 31.12.2009 vom 23.10.2012). Kalkulationszeitraum war also jeweils nur ein Jahr, sodass den Anforderungen des § 14 Abs. 2 S. 1 KAG Genüge getan ist. Im Übrigen greift die ratio der zeitlichen Beschränkung auf fünf Jahre bei rückwirkenden Abwassersatzungen nicht. Liegen die Gebührenerhebungszeiträume in der Vergangenheit, besteht kein Bedarf, die Kalkulation zeitlich zu begrenzen, um prognostische Unsicherheiten zu minimieren, weil der Kalkulation dann keine Prognose zugrunde liegt, sondern es lediglich um die Verteilung der tatsächlich angefallenen Kosten geht. Die Kalkulation entspricht auch im Übrigen den gesetzlichen Vorgaben der §§ 14, 17 KAG.
40 
2. Fehler bei der Berechnung der konkreten Gebühren wurden nicht substantiiert geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Die versiegelte Grundstücksfläche wurde quadratmetergenau ermittelt, so dass offenbleiben kann, inwieweit Pauschalierungen zulässig wären (vgl. hierzu den von der Klägerseite angeführten Beschluss des OVG NRW vom 26.08.2015 - 9 A 1434/14 -, juris).
41 
3. Der Gebührenanspruch der Beklagten gegen die Klägerin zu 2 ist auch nicht durch eine wirksame Aufrechnung der Klägerin zu 1 entfallen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG i.V.m. § 226 der Abgabenordnung („AO“) ist die Aufrechnung mit oder Ansprüche aus dem Gebührenschuldverhältnis nach Maßgabe der Vorschriften des bürgerlichen Rechts möglich, soweit nichts anderes bestimmt ist. Allerdings ist eine Aufrechnung durch den Gebührenschuldner nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen möglich, § 226 Abs. 3 AO. Weiter setzt die Aufrechnungserklärung als Gestaltungsgeschäft die Verfügungsbefugnis des Aufrechnenden zum Zeitpunkt der Erklärung voraus und der die Aufrechnung erklärende muss sowohl die Passiv- als auch die Aktivforderung hinreichend konkret bezeichnen, sodass sie sich zumindest im Wege der Auslegung ermitteln lässt (MüKoBGB/Schlüter, 7. Aufl., § 388 BGB Rn. 1).
42 
Eine unbestrittene Gegenforderung existiert nicht. Auch eine rechtskräftig festgestellte Gegenforderung der Klägerin zu 2 ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zwischen den Beteiligten bzw. der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 und der Beklagten sind und waren eine Vielzahl an Rechtstreitigkeiten anhängig, die zum Teil bereits rechtskräftig entschieden worden sind. Die Verfahren hatten zum Teil auch Erstattungsansprüche der Klägerin zu 1 gegen die Beklagte zum Gegenstand (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteile vom 15.12.2016 - 2 S 2504/14 und 2 S 2505/14 -). Soweit ersichtlich endete aber keines dieser Verfahren mit der rechtskräftigen Feststellung eines Erstattungsanspruches der Klägerin zu 2 als Gebührenschuldnerin gegen die Beklagte. Auch vorgetragen ist ein solcher Anspruch nicht.
43 
Weiter fehlt es an der gemäß § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderungen. Demnach kann die Klägerin zu 2 nur mit jenen Forderungen aufrechnen, welche ihr als alleiniger Gebührenschuldnerin selbst gegen die Beklagte zustehen. Derartige unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen sind nicht ersichtlich. Die Klägerin zu 2 war außerhalb des hiesigen Verfahrens lediglich einmal an einem Verfahren vor dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht Stuttgart beteiligt (Urteil vom 27.12.2012 - 1 K 2265/11 -). Im dortigen Verfahren stellte das Gericht keine Forderung der Klägerin zu 2 gegen die Beklagte fest. Dass der Klägerin zu 2 aus einem anderen Zusammenhang eine solche Forderung zustünde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
44 
Schließlich ist eine Aufrechnungserklärung nur wirksam, wenn sie die Passiv- und die Aktivforderung hinreichend konkret bezeichnet (MüKoBGB/Schlüter, 7. Aufl., § 388 BGB Rn. 1). Beides ist vorliegend unterblieben. Der Prozessvertreter der Klägerinnen hat mit Schreiben vom 10.01.2015, das sich ausweislich der Betreffzeile gegen den Bescheid für das Jahr 2009 wendet, „hilfsweise dem Grunde nach die Aufrechnung erklärt“. Eine Aufrechnungsaufstellung reiche er nach. Das ist unterblieben. Aus dem Zusammenhang des Schriftstückes mit dem angegriffenen Bescheid lässt sich somit nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB ermitteln, dass die Passivforderung der Beklagten ihre Forderung über Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.01.2009 - 31.12.2009 vom 10.12.2014 in Höhe von 15.721,50 EUR gewesen sein soll. Die Aktivforderung bezeichnete der Klägervertreter dagegen nicht. Das BGB behilft sich in solchen Fällen mit der Regelung in §§ 396 Abs. 1, 366 BGB, welche die Rangfolge des Erlöschens mehrerer möglicher Gegenforderungen festlegt. Auch für diesen gesetzlichen Automatismus bedarf es jedoch der hier unterbliebenen Darlegung des Aufrechnenden, dass und welche Forderungen ihm zustünden und per Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden sollen.
45 
4. Für die streitgegenständlichen Bescheide ist auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
46 
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 KAG dürfen Gebühren für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen ebenso wie andere Kommunalabgaben nur auf Grund einer (wirksamen) Satzung erhoben werden. Zum unverzichtbaren Mindestinhalt einer solchen Satzung gehört gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 KAG eine Regelung über die Entstehung der Abgabenschuld, soweit sich diese Rechtsfolge - wie im Falle von Abwassergebühren - nicht schon aus dem Gesetz herleiten lässt. Mit der Entstehung der Abgabenschuld kann die Abgabenforderung beim Abgabenpflichtigen geltend gemacht werden, sofern gesetzlich kein späterer Zeitpunkt für die Fälligkeit festgesetzt ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 lit. a KAG in Verbindung mit § 220 Abs. 2 AO). Mit der Entstehung der Abgabenschuld beginnt außerdem die Festsetzungsverjährungsfrist zu laufen, § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG in Verbindung mit § 169, 170 AO. Bei Gebühren, die - wie Abwassergebühren - nicht für eine nur einmalige Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden, ist die Festlegung des Zeitintervalls erforderlich, für welches die Gebühren jeweils anfallen sollen, da nur so die Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung exakt angewendet werden können. Werden Gebühren für die laufende Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben, muss deshalb die Satzung festlegen, zu welchem Zeitpunkt und für welchen Zeitraum die Gebühr als entstanden gelten soll (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.2010 - 2 S 1171/09 -, juris Rn. 26; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07.11.1996 - 4 K 11/96 -, KStZ 2000, 12; HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 -, juris).
47 
Gemäß § 43 Abs. 1 der Abwassersatzung entstand die Gebührenschuld mit dem Ablauf eines Kalenderjahres für das Kalenderjahr, also mit dem 01.01.2009 für das Jahr 2008 und mit dem 01.01.2010 für das Jahr 2009. Die Festsetzungsfrist läuft gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre. Sie wäre danach am 01.01.2014 für beide Gebührenjahre abgelaufen.
48 
Allerdings gelten die Regeln der Abgabenordnung über den Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 bis 3 AO für das Kommunalabgabenrecht mit der Maßgabe, dass im Falle der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung einer neuen Satzung endet, § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG. Sinn dieser Regelung ist es, mit der rückwirkenden Inkraftsetzung einer Satzung nicht zugleich auch rückwirkend die Festsetzungsverjährung in Lauf zu setzen (LT-Drs. 11/6586, S. 18). Dabei ist es unerheblich, worauf die Ungültigkeit der Altsatzung beruht (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - 2 S 976/02 -, juris). Die streitgegenständliche Abwassersatzung ist im Amtsblatt vom 24.09.2014 öffentlich bekannt gemacht worden. Folglich endete die Festsetzungsfrist jedenfalls nicht vor Ablauf des 23.09.2015 und damit nach Erlass der streitgegenständlichen Abwasserbescheide am 15.11.2014 (Bescheid 2008) und 10.01.2015 (Bescheid 2009).
49 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Parallelnorm des § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) in § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BayKAG. Danach ist eine Norm, welche die Erhebung von Beiträgen ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, mit den verfassungsrechtlichen Garantien aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem aus dem Rechtstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Gebot der Rechtssicherheit unvereinbar, weil der Gesetzgeber den Interessenausgleich zwischen den Erwartungen der Bürger auf Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem öffentlichen Belang an finanziellen Beiträgen für individuelle Vorteile einseitig zulasten der Schuldner entschieden hat (BVerfG, Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, BVerfGE 133, 143).
50 
Diese Rechtsprechung gilt indes nur für Beiträge und gerade nicht, wie vorliegend, für Gebühren. Folgerichtig ist das BayKAG zur Umsetzung dieses Beschlusses durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70), in Kraft getreten am 1. April 2014, auch nur insoweit geändert worden. Eingefügt wurde Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b, bb Spiegelstrich 1, wonach § 169 AO mit der Maßgabe für die Erhebung von Kommunalabgaben gilt, dass über § 169 Abs. 1 S. 1 AO hinaus die Festsetzung einesBeitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre“.
51 
Nach Ablauf dieser Frist ist eine Beitragsfestsetzung nicht mehr zulässig (LT-Drs. 17/370, S. 13 ff.). Dementsprechend ist diese Rechtsprechung auch vom VGH Baden-Württemberg nur für Beiträge rezipiert worden (Urteil vom 31.12.2014 - 2 S 2366/13 -, juris Rn. 46). Auch wenn es sich bei Gebühren ebenfalls um kommunale Abgaben handelt, ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch nicht auf Gebühren übertragbar. So beruht die Erhebung von Beiträgen gemäß § 20 Abs.1 S. 1 KAG auf der Möglichkeit der Gemeinden und Landkreise, die Kosten für die Anschaffung, die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Einrichtungen teilweise von den Grundstückseigentümern zu erheben, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden, § 20 Abs. 1 S. 1 KAG.
52 
Anschlussbeiträge nach den Kommunalabgabengesetzen zählen wie Gebühren zu den Vorzugslasten. Das sind Abgaben, die primär als Gegenleistung für eine Leistung der öffentlichen Hand erhoben werden (Wehr, LKV 2006, 241, 243). Während Gebühren jedoch nur für die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Leistungen erhoben werden, genügt die potenzielle Inanspruchnahme durch den Beitragsschuldner, um die Erhebung von Beiträgen zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 -, NVwZ 2004, 1477, 1479 f.). Daraus folgt für die Festsetzungsverjährung, dass der Gebührenschuldner im Gegensatz zu einem Beitragsschuldner um seinen Verbrauch - also die tatsächliche Begründung seiner Abgabenpflicht - weiß und deshalb in Bezug auf die Festsetzungsverjährung weniger schutzwürdig ist.
53 
Schließlich ist die Berufung der Klägerseite auf eine nicht hinreichende Berücksichtigung von Vertrauensschutzgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalles ausgeschlossen. Gegenstand des Rechtstreites sind Gebührenbescheide für die Jahre 2008 und 2009. Die Beklagte hatte für diese Zeiträume zunächst Bescheide erlassen, welche die Klägerinnen oder ihre Rechtsvorgänger erfolgreich angefochten haben, weil diese Bescheide auf einer rechtswidrigen und damit nichtigen Satzung beruhten. Damit konnte sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichterhebung der Gebühren gar nicht bilden, weil mit der gerichtlich gestoppten erstmaligen Erhebung bereits offensichtlich war, dass nach Erlass einer neuen, wirksamen Satzung ein neuer Gebührenerhebungsversuch erfolgen würde. Diesen hat die Beklagte nach der rechtskräftigen Aufhebung der Ausgangsbescheide unverzüglich unternommen, indem sie noch im Jahr 2014 eine neue Satzung für den streitgegenständlichen Zeitraum erließ und binnen weniger Monate neue Gebührenbescheide erließ. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist allein der Ablauf eines erheblichen Zeitraumes, selbst wenn es sich dabei um Jahrzehnte handelt, unschädlich für die Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 -, juris Rn. 46).
54 
5. Die Klägerin zu 2 kann auch nicht die Absetzung der ihr in Rechnung gestellten Wassermengen im Umfang von 4576 m³ (für das Jahr 2008) und 3433 m³ (für das Jahr 2009) verlangen.
55 
Gemäß § 41 Abs. 1 Abwassersatzung sind Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet wurden, auf Antrag des Gebührenschuldners von der Bemessung ausgenommen. Den gemäß § 41 Abs. 1, 4 Abwassersatzung erforderlichen Antrag hat die Klägerin zu 2 für beide Jahre fristgemäß gestellt. Das Schreiben vom 10.01.2015 hat die Beklagte bereits ihrerseits im behördlichen Verfahren als Absetzungsantrag für das Jahr 2009 ausgelegt, im Schreiben vom 15.11.2014 ist der Absetzungsantrag für das Jahr 2008 sogar explizit gestellt. Dem steht es nicht entgegen, dass der Antrag „im Namen der Inhaberin“ formuliert war. Auch diese Erklärung ist als Antrag nach dem tatsächlichen Willen des Antragstellers unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizontes auszulegen, §§ 133, 157 BGB analog. Aus dem Gesamtzusammenhang mit dem angegriffenen Bescheid, der alleine die Klägerin zu 2 als Grundstückseigentümerin und Gebührenschuldnerin verpflichtete, ergibt sich danach, dass der Antrag für die Klägerin zu 2 und nicht für die Klägerin zu 1 gestellt wurde. Letztere hätte mangels Inanspruchnahme weder Grund noch Interesse zu und an einem solchen Antrag.
56 
Zwischen den Beteiligten streitig ist die Frage, ob und in welchem Umfang „nachweislich“ Frischwasser nicht in die Abwasseranlagen eingeleitet worden ist bzw. ob die von den Klägerinnen bezifferten Abwassermengen hinreichend sicher nachgewiesen worden sind. Gemäß § 41 Abs. 2 Abwassersatzung „soll“ der Nachweis durch einen besonderen Wasserzähler erbracht werden. Ein solcher existierte für das streitgegenständliche Grundstück nicht.
57 
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass das entnommene Frischwasser grundsätzlich ein tauglicher Maßstab für die Berechnung von Schmutzwassergebühren ist, solange die Satzung - wie vorliegend - die Möglichkeit zur Absetzung nicht eingeleiteter Wassermengen eröffnet (st. Rspr. des VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2504/14 -; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.12.2016 - 4 L 162/15 -, juris).
58 
Der Satzungsgeber darf eine solche Absetzung von nicht eingeleiteten Wassermengen von einem Nachweis abhängig machen und diesen Nachweis dem Nutzer (Gebührenschuldner) auferlegen (BVerwG, Urteil vom 14.04.1967 - VII C 15.65 -, BVerwGE 26, 317; BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3/93 -, DÖV 1995, 826; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2003 - 2 S 2700/01 -, BWGZ 2003, 810).
59 
Dabei ist aus der satzungsrechtlichen Vorgabe, dass der Nachweis über eine Abzugsmenge erfolgen muss, auf einen Wirklichkeitsmaßstab zu schließen, d.h. nachzuweisen ist die tatsächlich nicht eingeleitete Frischwassermenge. Ist - und dies wie dargelegt in zulässiger Weise - satzungsrechtlich und damit normativ eine Nachweispflicht festgelegt, ergeben sich die Anforderungen an deren Erfüllung aus ihrem Charakter als Beweislastregel, ihrer satzungsrechtlichen Normierung und letztlich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Demnach fordert der Nachweis das Ausschöpfen aller dem Betroffenen zumutbaren Darlegungs- und Substantiierungsmöglichkeiten. Eine eigene Ermittlung der Abzugsmenge durch die Gemeinde ist regelmäßig nicht geboten.
60 
Die streitgegenständliche Abwassersatzung regelt in § 41 Abs. 2 die Anlage eines separaten Wasserzählers als „soll“. Daraus folgt, dass der Nachweis per separatem Zähler möglich ist, aber auch andere Methoden vom Satzungsgeber zugelassen werden. In Rechtsprechung und Verwaltungspraxis weiter anerkannt ist der Nachweis durch geeignete Unterlagen des Gebührenschuldners, die der Gemeinde eine nachvollziehbare Grundlage zur Bestimmung der nicht eingeleiteten Abwassermenge verschaffen können. Der Nachweis kann schließlich bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch anhand allgemeiner Erfahrungswerte geführt werden (Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2005, § 6 Rn. 385; Queitsch, KStZ 2006, 81, 82; Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 9 ff., jeweils m.w.N.). Solche Erfahrungswerte haben sich allerdings nur bei einzelnen Benutzergruppen bzw. Betriebsarten infolge langjähriger Erfahrung in Form von Durchschnittswerten oder Rahmenwerten herausgebildet. Sie kommen dann, wenn sie sich auf genau nachprüfbare Berechnungsgrundlagen stützen, als Nachweisgrundlage in Betracht. Fehlt es demgegenüber an derartigen genauen Berechnungsgrundlagen und liegen lediglich allgemeine Durchschnitts- oder Rahmenwerte vor, sind sie als alleinige Nachweisgrundlage nicht ausreichend (vgl. Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 9 ff.; Gössl, BWGZ 1992, 701).
61 
Für den Bereich der Fruchtsaftherstellung fehlt es an solchen allgemeinen Erfahrungswerten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2504/16 -). Ihrer Bildung stand und steht entgegen, dass verallgemeinerungsfähige Werte wegen der unterschiedlichen Produktionsverhältnisse in den jeweiligen Einzelbetrieben nicht zu ermitteln sind (dazu Gössl, BWGZ 1992, 701; Queitsch, KStZ 2006, 81, S. 84 m.w.N.). Welcher Wasseranteil verarbeitet und daher nicht als Abwasser eingeleitet ist, richtet sich nach der jeweiligen konkreten Rezeptur der Fruchtsaftgetränke, mithin nach individuellen, von Betrieb zu Betrieb und von Produkt zu Produkt unterschiedlichen Vorgaben, die auch von Jahr zu Jahr variieren können (Einzelheiten bei Queitsch, a.a.O. S. 84; vgl. auch Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 11). So zeigen die Gutachten des Prof. Dr. O., dass alleine für den Betrieb der Klägerin zu 1 die Marge abzusetzenden Abwassers in den drei von ihm untersuchten Jahren zwischen 46% und 60 % liegt und damit außerhalb des verallgemeinerungsfähigen Bereiches.
62 
Fehlen solche verallgemeinerungsfähigen Erfahrungswerte, ist schließlich auch die Möglichkeit anerkannt, die dem betroffenen Betrieb zuzuordnenden Absatzmengen einzelfallbezogen festzustellen. Sind Messeinrichtungen - wie hier - für den Betrieb nicht vorhanden oder unzureichend, ist der satzungsrechtlich geforderte Nachweis durch eine dann betriebsbezogene Ermittlung zu erbringen, wie etwa durch ein Einzelgutachten, das nachvollziehbare Rückschlüsse auf die dem konkreten Betrieb zuzuordnenden Werte erlaubt und daher als Grundlage (Nachweis) für die Feststellung nicht eingeleiteter Abwassermengen ausreicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2006 - 2 S 1256/06 -, NVwZ RR 2007, 409 unter Verweis auf: Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 11).
63 
Für das Jahr 2003 haben die Klägerinnen diesen Nachweis mit Billigung des Verwaltungsgerichtshofes (Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2504/14) durch ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. O. erbracht. Entsprechende Gutachten existieren nach Kenntnis des Gerichts außerdem für die Jahre 2010 und 2011. Die Gutachten ermitteln jeweils aus den Rezepturdokumenten den Anteil eingesetzten Trinkwassers und berechnen dann mit Hilfe der vom Gebührenschuldner nachgewiesenen Rohwarenmengen die Gesamtmenge des eingesetzten Trinkwassers. Dabei kommen sie für die verschiedenen Berechnungsjahre zu unterschiedlichen Trinkwasseranteilen von 46 %, 50 % und 60 %. Die Berechnung beruht insoweit auf einer Übereinkunft mit dem ehemaligen Bürgermeister der Beklagten, D. K., weshalb die Klägerinnen und der Gutachter sie als „Methode K.“ bezeichnen.
64 
Für die streitgegenständlichen Kalenderjahre 2008 und 2009 fehlt es dagegen an einem solchen Gutachten. Die klägerseitig vorgelegten Gesamtaufstellungen vermögen nicht, die für den Nachweis erforderlichen Gutachten zu ersetzen.
65 
Unstreitig ist der Satzungsgeber berechtigt, die Absetzung nicht eingeleiteter Wassermengen von einem Nachweis abhängig machen und diesen Nachweis dem Nutzer (Gebührenschuldner) auferlegen (BVerwG, Urteil vom 14.4.1967 - VII C 15.65 -, BVerwGE 26, 317; BVerwG, Beschluss vom 28. März 1995 - 8 N 3/93 -, DÖV 1995, 826; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.7.2003 - 2 S 2700/01 -, BWGZ 2003, 810). Weiter unstreitig ist es dem Satzungsgeber erlaubt, Anforderungen an den Nachweis zu formulieren. Selbst wenn sich diese Anforderungen, wie vorliegend, in einer Sollvorschrift erschöpft, bedarf es für die Absetzung eines hinreichend klaren und objektiven Nachweises über das nicht eingeleitete Frischwasser. Die Aufstellungen des Prozessvertreters der Klägerinnen erschöpfen sich insofern in einer Aufsummierung von Einzelposten. Dabei wird anders als in dem vom Verwaltungsgerichtshof anerkannten Gutachten nicht sukzessive der Rechenweg von den eingekauften Rohrstoffmengen über die Rezeptur der Einzelprodukte zu einer Summe an nicht eingeleitetem Abwasser unter Erläuterung der einzelnen Rechenoperationen beschritten, sondern schlicht die Nichteinleitung aus bestimmten Produktionsvorgängen behauptet. Weder für das Gericht noch für die Beklagte sind die so getroffenen Angaben nachvollziehbar. Der Sinn des Nachweises, die mit dem Frischwassermaßstab notwendig einhergehenden Ungenauigkeiten auszugleichen, wird so verfehlt, weil der Beklagten eine Nachprüfung unmöglich ist. Es ist aber im Grundsatz Sache des Gebührenschuldners, Absetzungen nachzuweisen und so die Nachprüfung zu ermöglichen. Zu rechtfertigen ist dies mit Blick darauf, dass die nachzuweisenden Umstände auf eine besondere, einzelfallbezogene Befreiung von der Gebühr abzielen und sie ihre Grundlagen ausschließlich im Bereich des Betroffenen finden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2006 - 2 S 1256/06 -, NVwZ-RR 2007, 409).
66 
Ist - und dies wie dargelegt in zulässiger Weise - satzungsrechtlich und damit normativ eine Nachweispflicht festgelegt, ergeben sich die Anforderungen an deren Erfüllung aus ihrem Charakter als Beweislastregel, ihrer satzungsrechtlichen Normierung und letztlich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Demnach fordert der Nachweis - soweit nicht ohnehin technische Messeinrichtungen satzungsrechtlich vorgegeben sind - das Ausschöpfen aller dem Betroffenen zumutbaren Darlegungs- und Substantiierungsmöglichkeiten. Eine eigene Ermittlung der Abzugsmenge durch die Gemeinde ist regelmäßig nicht geboten; sie darf bei Fehlen des Nachweises von der dem Grundstück zugeführten Frischwassermenge ausgehen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2006, a.a.O. ).
67 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der über § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG anwendbaren Bestimmung in § 162 AO, wonach die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung aller sachwesentlichen Umstände zu schätzen hat, soweit sich diese nicht ermitteln oder berechnen lassen. Eine solche Schätzung ist nämlich in all jenen Fällen ausgeschlossen, in denen die Gewährung gebührenmindernder oder -begünstigender Rechtsfolgen von einem bestimmten Nachweis abhängt (Koenig/Cöster, AO, 3. Auflage 2014, § 162 Rn. 95). Andernfalls würde durch die Reduzierung des Beweismaßes die Nachweispflicht ad absurdum geführt (Martin, BB 1986, 1021). Entsprechend verlangt die Abwassersatzung der Stadt L. in § 41 einen ebensolchen Nachweis. Die Bestimmung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Eine Schätzung war demnach nicht vorzunehmen.
68 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 159 VwGO.
69 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Gründe

20 
I. Nach der Klagerücknahme der Klägerin zu 1 war das Verfahren insoweit nach § 92 Abs. 3 S. 1 1. Alt VwGO einzustellen.
21 
II. Die Klage der Klägerin zu 2 ist zulässig, aber unbegründet.
22 
1. Entgegen dem Vortrag der Klägerseite beruhen die angegriffenen Bescheide mit §§ 37, 38, 39 der Abwassersatzung der Stadt L. vom 16.09.2014 auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Dem steht weder entgegen, dass die Satzung aus dem Jahr 2014 mit den Jahren 2008 und 2009 abgeschlossene Abwasserabrechnungszeiträume betrifft (a)) noch führen die übrigen von der Klägerseite genannten Aspekte zur Nichtigkeit der Satzung (b)).
23 
a) Gemäß ihrem § 52 Abs. 2 ist die Satzung vom 16.09.2014 rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getreten. Bedenken gegen die rückwirkende Inkraftsetzung bestehen auch mit Blick auf das grundsätzliche verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot nicht. Die rückwirkende Ersetzung einer wegen eines Fehlers im Abgabenmaßstab unwirksamen Satzung durch eine neue, diesen Fehler vermeidende Satzung ist zulässig, solange die Neuregelung nicht ihrerseits nichtig ist, etwa weil sie den Kreis der Abgabenpflichtigen erweitert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -, juris Rn. 33).
24 
Mit der streitgegenständlichen Satzung ist die Abwassersatzung der Beklagten aus dem Jahr 2001 ersetzt worden, die eine nach dem Frischwassermaßstab berechnete einheitliche Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung vorgesehen hatte, was nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -, VBlBW 2010, 481-485) unzulässig ist. Die frühere Satzung war mangels wirksamer Maßstabsregelung nichtig (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -, juris Rn. 31). Durch die streitgegenständliche Abwassersatzung vom 16.09.2014 sollte diese Satzung durch eine rechtsgültige, den neuen rechtlichen Anforderungen genügende Satzung ersetzt werden, so dass das Vertrauen der Betroffenen in die Fortgeltung der alten Rechtslage nicht schutzwürdig war. Der Normgeber war befugt, die unwirksame Satzung durch eine neue, diesen Fehler vermeidende Satzung auch rückwirkend zu ersetzen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2006 - 2 S 831/05 -, NVwZ-RR 2006, 686; Urteil vom 07.11.2014, a.a.O. Rn. 33).
25 
Die neue Abwassersatzung ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerseite auch nicht ihrerseits wegen „neuer“ Fehler nichtig. Im dazu von Klägerseite in Bezug genommenen Urteil (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014, a.a.O.) hatte der Verwaltungsgerichtshof die Frage zu klären, ob auch die dortige Klägerin als Nichteigentümerin, aber schuldrechtlich Berechtigte an dem Grundstück Schuldnerin der Abwassergebühren ist. Er kam dabei unter der Rn. 33 zu dem Ergebnis, dass viel dafür spreche, „dass schuldrechtlich Berechtigte generell erst dann als mögliche Gebührenschuldner einbezogen werden sollten, wenn ihre Anteile entsprechend den Vorschriften der §§ 38, 40 und 42a [der Satzung] auch technisch gesondert festgestellt werden können.“ Das bedürfe aber keiner Entscheidung, weil „selbst dann, wenn eine Rückwirkung insoweit vom Satzungsgeber beabsichtigt gewesen sein sollte, sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam wäre.“ Die Ausnahme vom Rückwirkungsgebot zur „Heilung“ von Altsatzungen mit fehlerhaftem Abwägungsmaßstab gelte „nicht für abgeschlossene Tatbestände, wie den Kreis der Gebührenschuldner. Die neue Regelung stelle sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende, rückwirkende Erweiterung der Abgabenpflichtigen dar.“ Daher müsse es dabei bleiben, dass Schuldner der Abwassergebühr nicht die dortige Klägerin, sondern ausschließlich der Eigentümer des Grundstückes sei.
26 
Selbst wenn man die Satzung so auslegen wollte, dass mit der Neufassung der Kreis der Schuldner rückwirkend neu gefasst werden sollte, litte damit nur diese Teilregelung, nicht aber die gesamte Satzung an einem Rechtsmangel, der zur Nichtigkeit dieses Teiles, nicht aber der Gesamtsatzung führte.
27 
Ob ein Rechtsmangel zur Nichtigkeit der gesamten Satzung oder nur zur Teilnichtigkeit einzelner Vorschriften führt, hängt davon ab, ob die Satzung - erstens - insofern teilbar ist, ob sie also auch ohne die rechtswidrigen Bestimmungen sinnvoll und mit höherrangigem Recht vereinbar bleibt, und ob - zweitens - hypothetisch hinreichend sicher angenommen werden kann, dass der Satzungsgeber sie auch ohne die rechtswidrigen Bestimmungen erlassen hätte (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.08.2001 - 4 B 23.01 -, juris Rn. 4; SächsOVG, Urteil vom 14.07.2015 - 5 A 625/11 -, juris Rn. 71, SächsOVG, Urteil vom 02.11.2016 - 5 A 519/14 -, juris Rn. 31 für eine Abwassersatzung). Beides wäre hier der Fall.
28 
Die Nichtigkeit der Satzung beträfe auch nach der ausdrücklichen Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes nur die rückwirkende Erweiterung des Kreises der Abgabenschuldner, also nur einen inhaltlich begrenzten Teil des Anwendungsbereiches der Satzung. Sie beträfe keinen unverzichtbaren Kernbestandteil der Satzung, sodass ihre Rechtmäßigkeit im Übrigen von der Nichtigkeit dieses Teiles unberührt bliebe.
29 
Weiter kann auch hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass der Satzungsgeber die Abwassersatzung auch ohne die möglicherweise nichtigen Bestimmungen erlassen hätte. Das Ziel des Satzungsgebers war es ausweislich des § 52 Abs. 4 der Abwassersatzung, mit ihrem Neuerlass eine Rechtsgrundlage zur rückwirkenden Regelung des Abwasserwesens und der Erhebung entsprechender Gebühren zu schaffen. Dabei kam es dem Satzungsgeber für die streitgegenständlichen Zeiträume 01.01.2008 - 31.12.2008 und 01.01.2009 - 31.12.2009 vorrangig darauf an, die rechtlichen Anforderungen der Gebührenerhebung nach einem gesplitteten Maßstab zu erfüllen (vgl. Vorlage zur Gemeinderatssitzung am 16.09.2014 zu § 10127 und die dort in Bezug genommenen Beschlussvorlagen von „XXX Kommunalberatung“ zur Gebührenkalkulation Abwasser für den Berechnungszeitraum 01.01.2008 - 31.12.2008 und den Berechnungszeitraum 01.01.2009 - 31.12.2009 vom 23.10.2012, jeweils S. 2). Das Kernziel lag also nicht darin, mit der Neufassung der Satzung den Schuldnerkreis zu erweitern, sondern die bisherige Satzungslage den obergerichtlichen Anforderungen anzupassen. Demnach kann hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass der Satzungsgeber die Abwassersatzung auch ohne den möglicherweise nichtigen Teil erlassen hätte.
30 
Die Klägerin zu 2 kann sich zudem im vorliegenden Verfahren nicht auf eine etwaige Teilnichtigkeit der Bestimmungen über die Erweiterung des Kreises der Abgabenschuldner berufen, weil sie gemäß § 39 Abs. 1 der Abwassersatzung als Grundstückseigentümerin herangezogen wurde und auch nach der früheren Satzung der Eigentümer Schuldner der Abwassergebühr war.
31 
b) Die Abwassersatzung ist auch nicht wegen der sonstigen von der Klägerseite vorgetragenen Mängel rechtswidrig und damit nichtig. Etwas anderes ergibt sich weder aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes Halle (aa)) noch aus einer unzulässigen Pauschalisierung von Basisdaten (bb)) oder aus einem Überschreiten des Kalkulationszeitraumes (cc)).
32 
aa) Entgegen der von der Klägerseite insoweit zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes Halle (Urteil vom 26.10.2010 - 4 A 13/10 -, juris), verstößt es vorliegend nicht gegen das Differenzierungsgebot, Grundgebühren für die Trinkwasserversorgung zu erheben, ohne dabei nach Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten zu differenzieren. Wie bereits in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 11.07.2014 (Az.: 1 K 2390/12), folgt das Gericht dieser Rechtsprechung nicht, sondern hält die Differenzierung nach der Nenngröße der eingebauten Wasserzähler für ausreichend, um - dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab entsprechend - die Wassergrundgebühren nach dem verbrauchsunabhängigen Anteil an der Vorhalteleistung und der abrufbaren Lieferbereitschaft zu bemessen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsauffassung durch die Nichtzulassung der Berufung (Beschluss vom 18.12.2014 2 S 1710/14) bestätigt. Die von der Klägerseite geforderte Bildung unterschiedlicher Benutzergruppen (Wohnen und Gewerbe) und eine damit verbundene unterschiedlich hohe Grundgebühr wäre allenfalls dann geboten, wenn eine der genannten Gruppen deutlich stärker von den Vorhalte- und Bereitstellungsleistungen der Wasserversorgung profitieren würde und dies - über die verbrauchsabhängige Erfassung durch den Leistungsanteil der Gebühren hinaus - nicht adäquat durch die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung anhand der Größe der Wassermesser erfasst werden würde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.02.2011 - 2 S 550/09 -, VBlBW 2011, 353). Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte; auch die Klägerseite hat insoweit über den pauschalen Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle hinaus nichts Substantielles vorgetragen. Dies dürfte im Übrigen auch kaum in ihrem Interesse sein, da sie angesichts der gewerblichen Nutzung des veranlagten Grundstücks tendenziell eher mit höheren als mit geringeren Grundgebühren zu rechnen hätte.
33 
bb) Auch die von der Beklagten verwendeten Basisdaten führen nicht zu einer Unwirksamkeit der Satzung. Die Klägerinnen tragen insofern vor, die Abwassersatzung vom 16.09.2014 schreibe nur die fehlerhafte Kalkulation aus der Abwassersatzung seit 2001 fort und das Abwasserentsorgungsgebiet der Beklagten weise keine homogenen Nutzungs- oder Abwasseraufkommensverhältnisse auf.
34 
Entgegen ihrem Vortrag ist jedoch gemäß der vorangegangenen Ausführungen für die Jahre 2008 und 2009 jeweils eine gesonderte Kalkulation erfolgt. Der Frischwassermaßstab ist nur noch für die Schmutzwassergebühr relevant. Die Niederschlagswassergebühr bemisst sich demgegenüber nach der individuell ermittelten versiegelten Fläche. Der fehlerhafte Gebührenmaßstab aus der Satzung vom 11.12.2001 wird so gerade nicht fortgeschrieben.
35 
Sofern sich die Klägerseite auf die „bilanztechnischen und prozentualen Wechselwirkungen“ zur Kalkulation der Trinkwassergebühren berufen, ist dieser Vortrag für das hiesige Verfahren ohne Belang, weil sein Gegenstand allein Abwasserbescheide sind und Trinkwassergebühren somit gerade nicht in Rede stehen.
36 
cc) Die Kalkulation der Gebühren ist grundsätzlich Sache der Gemeinden und Landkreise als Anlagenbetreiber. § 14 Abs. 1 KAG sieht als Einschränkung vor, dass die Gebühren höchstens kostendeckend bemessen werden dürfen. Versorgungseinrichtungen und wirtschaftliche Unternehmen können aber einen angemessenen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen. Bei der Gebührenbemessung können danach die Gesamtkosten in einem mehrjährigen, höchstens fünf Jahre umfassenden Zeitraum berücksichtigt werden, § 14 Abs. 2 S. 1 KAG.
37 
Grundsätzlich dürfen die Gebührenzahler in ihrer Gesamtheit nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die durch die Erbringung der in Anspruch genommenen Leistung entstehen, sog. „Äquivalenzprinzip“ (Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 92). Daraus folgt in zeitlicher Hinsicht, dass sie grundsätzlich auch nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die während einer Nutzungsperiode anfallen, „Prinzip der Periodengerechtigkeit“ (Vetter, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, Kapitel D, Rn. 171). Um die Gemeinden und Landkreise in die Lage zu versetzen, Gebühren über mehrere Jahre konstant zu halten, sind mit entsprechender gesetzlicher Grundlage auch mehrjährige Gebührenkalkulationen möglich. Die zeitliche Regelbegrenzung beträgt fünf Jahre (Quaas, NVwZ 2007, 757, 759 m.w.N.).
38 
Von diesem Vorgehen zu unterscheiden ist die Erhebung von Gebühren aufgrund einer für einen längeren Zeitraum geltenden Satzung, bei der für jedes Veranlagungs- und Kalkulationsjahr eine gesonderte Gebührenkalkulation vorgenommen worden ist und die insoweit angefallenen Kosten - periodengerecht - verteilt werden (zu einer solchen Möglichkeit: Quaas, NVwZ 2007, 757, 759 m.w.N). Die gesetzliche Höchstgrenze von fünf Jahren, § 14 Abs. 2 S. 1 KAG, stellt dabei einen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der kommunalen Gebührenerhebungspraxis und dem Äquivalenzprinzip als zentralem gebührenrechtlichen Maßstab her. Sie soll so zwar mehrjährige Kalkulationen ermöglichen, andererseits aber die notwendigen Abweichungen der Prognosen von der Wirklichkeit durch die zeitliche Beschränkung in einem mit dem Äquivalenzprinzip zu vereinbarenden Rahmen halten (LT-Drs. 9/3778 S. 10).
39 
Vorliegend hat die Beklagte die Gebührenkalkulation jeweils gesondert für die Jahre 2008 und 2009 vorgenommen (vgl. Vorlage zur Gemeinderatssitzung am 16.09.2014 zu § 10127 und die dort in Bezug genommenen Beschlussvorlagen von „XXX Kommunalberatung“ zur Gebührenkalkulation Abwasser für den Berechnungszeitraum 01.01.2008 - 31.12.2008 und den Berechnungszeitraum 01.01.2009 - 31.12.2009 vom 23.10.2012). Kalkulationszeitraum war also jeweils nur ein Jahr, sodass den Anforderungen des § 14 Abs. 2 S. 1 KAG Genüge getan ist. Im Übrigen greift die ratio der zeitlichen Beschränkung auf fünf Jahre bei rückwirkenden Abwassersatzungen nicht. Liegen die Gebührenerhebungszeiträume in der Vergangenheit, besteht kein Bedarf, die Kalkulation zeitlich zu begrenzen, um prognostische Unsicherheiten zu minimieren, weil der Kalkulation dann keine Prognose zugrunde liegt, sondern es lediglich um die Verteilung der tatsächlich angefallenen Kosten geht. Die Kalkulation entspricht auch im Übrigen den gesetzlichen Vorgaben der §§ 14, 17 KAG.
40 
2. Fehler bei der Berechnung der konkreten Gebühren wurden nicht substantiiert geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Die versiegelte Grundstücksfläche wurde quadratmetergenau ermittelt, so dass offenbleiben kann, inwieweit Pauschalierungen zulässig wären (vgl. hierzu den von der Klägerseite angeführten Beschluss des OVG NRW vom 26.08.2015 - 9 A 1434/14 -, juris).
41 
3. Der Gebührenanspruch der Beklagten gegen die Klägerin zu 2 ist auch nicht durch eine wirksame Aufrechnung der Klägerin zu 1 entfallen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG i.V.m. § 226 der Abgabenordnung („AO“) ist die Aufrechnung mit oder Ansprüche aus dem Gebührenschuldverhältnis nach Maßgabe der Vorschriften des bürgerlichen Rechts möglich, soweit nichts anderes bestimmt ist. Allerdings ist eine Aufrechnung durch den Gebührenschuldner nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen möglich, § 226 Abs. 3 AO. Weiter setzt die Aufrechnungserklärung als Gestaltungsgeschäft die Verfügungsbefugnis des Aufrechnenden zum Zeitpunkt der Erklärung voraus und der die Aufrechnung erklärende muss sowohl die Passiv- als auch die Aktivforderung hinreichend konkret bezeichnen, sodass sie sich zumindest im Wege der Auslegung ermitteln lässt (MüKoBGB/Schlüter, 7. Aufl., § 388 BGB Rn. 1).
42 
Eine unbestrittene Gegenforderung existiert nicht. Auch eine rechtskräftig festgestellte Gegenforderung der Klägerin zu 2 ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zwischen den Beteiligten bzw. der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 und der Beklagten sind und waren eine Vielzahl an Rechtstreitigkeiten anhängig, die zum Teil bereits rechtskräftig entschieden worden sind. Die Verfahren hatten zum Teil auch Erstattungsansprüche der Klägerin zu 1 gegen die Beklagte zum Gegenstand (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteile vom 15.12.2016 - 2 S 2504/14 und 2 S 2505/14 -). Soweit ersichtlich endete aber keines dieser Verfahren mit der rechtskräftigen Feststellung eines Erstattungsanspruches der Klägerin zu 2 als Gebührenschuldnerin gegen die Beklagte. Auch vorgetragen ist ein solcher Anspruch nicht.
43 
Weiter fehlt es an der gemäß § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderungen. Demnach kann die Klägerin zu 2 nur mit jenen Forderungen aufrechnen, welche ihr als alleiniger Gebührenschuldnerin selbst gegen die Beklagte zustehen. Derartige unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen sind nicht ersichtlich. Die Klägerin zu 2 war außerhalb des hiesigen Verfahrens lediglich einmal an einem Verfahren vor dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht Stuttgart beteiligt (Urteil vom 27.12.2012 - 1 K 2265/11 -). Im dortigen Verfahren stellte das Gericht keine Forderung der Klägerin zu 2 gegen die Beklagte fest. Dass der Klägerin zu 2 aus einem anderen Zusammenhang eine solche Forderung zustünde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
44 
Schließlich ist eine Aufrechnungserklärung nur wirksam, wenn sie die Passiv- und die Aktivforderung hinreichend konkret bezeichnet (MüKoBGB/Schlüter, 7. Aufl., § 388 BGB Rn. 1). Beides ist vorliegend unterblieben. Der Prozessvertreter der Klägerinnen hat mit Schreiben vom 10.01.2015, das sich ausweislich der Betreffzeile gegen den Bescheid für das Jahr 2009 wendet, „hilfsweise dem Grunde nach die Aufrechnung erklärt“. Eine Aufrechnungsaufstellung reiche er nach. Das ist unterblieben. Aus dem Zusammenhang des Schriftstückes mit dem angegriffenen Bescheid lässt sich somit nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB ermitteln, dass die Passivforderung der Beklagten ihre Forderung über Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.01.2009 - 31.12.2009 vom 10.12.2014 in Höhe von 15.721,50 EUR gewesen sein soll. Die Aktivforderung bezeichnete der Klägervertreter dagegen nicht. Das BGB behilft sich in solchen Fällen mit der Regelung in §§ 396 Abs. 1, 366 BGB, welche die Rangfolge des Erlöschens mehrerer möglicher Gegenforderungen festlegt. Auch für diesen gesetzlichen Automatismus bedarf es jedoch der hier unterbliebenen Darlegung des Aufrechnenden, dass und welche Forderungen ihm zustünden und per Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden sollen.
45 
4. Für die streitgegenständlichen Bescheide ist auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
46 
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 KAG dürfen Gebühren für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen ebenso wie andere Kommunalabgaben nur auf Grund einer (wirksamen) Satzung erhoben werden. Zum unverzichtbaren Mindestinhalt einer solchen Satzung gehört gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 KAG eine Regelung über die Entstehung der Abgabenschuld, soweit sich diese Rechtsfolge - wie im Falle von Abwassergebühren - nicht schon aus dem Gesetz herleiten lässt. Mit der Entstehung der Abgabenschuld kann die Abgabenforderung beim Abgabenpflichtigen geltend gemacht werden, sofern gesetzlich kein späterer Zeitpunkt für die Fälligkeit festgesetzt ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 lit. a KAG in Verbindung mit § 220 Abs. 2 AO). Mit der Entstehung der Abgabenschuld beginnt außerdem die Festsetzungsverjährungsfrist zu laufen, § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG in Verbindung mit § 169, 170 AO. Bei Gebühren, die - wie Abwassergebühren - nicht für eine nur einmalige Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden, ist die Festlegung des Zeitintervalls erforderlich, für welches die Gebühren jeweils anfallen sollen, da nur so die Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung exakt angewendet werden können. Werden Gebühren für die laufende Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben, muss deshalb die Satzung festlegen, zu welchem Zeitpunkt und für welchen Zeitraum die Gebühr als entstanden gelten soll (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.2010 - 2 S 1171/09 -, juris Rn. 26; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07.11.1996 - 4 K 11/96 -, KStZ 2000, 12; HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 -, juris).
47 
Gemäß § 43 Abs. 1 der Abwassersatzung entstand die Gebührenschuld mit dem Ablauf eines Kalenderjahres für das Kalenderjahr, also mit dem 01.01.2009 für das Jahr 2008 und mit dem 01.01.2010 für das Jahr 2009. Die Festsetzungsfrist läuft gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre. Sie wäre danach am 01.01.2014 für beide Gebührenjahre abgelaufen.
48 
Allerdings gelten die Regeln der Abgabenordnung über den Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 bis 3 AO für das Kommunalabgabenrecht mit der Maßgabe, dass im Falle der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung einer neuen Satzung endet, § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG. Sinn dieser Regelung ist es, mit der rückwirkenden Inkraftsetzung einer Satzung nicht zugleich auch rückwirkend die Festsetzungsverjährung in Lauf zu setzen (LT-Drs. 11/6586, S. 18). Dabei ist es unerheblich, worauf die Ungültigkeit der Altsatzung beruht (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - 2 S 976/02 -, juris). Die streitgegenständliche Abwassersatzung ist im Amtsblatt vom 24.09.2014 öffentlich bekannt gemacht worden. Folglich endete die Festsetzungsfrist jedenfalls nicht vor Ablauf des 23.09.2015 und damit nach Erlass der streitgegenständlichen Abwasserbescheide am 15.11.2014 (Bescheid 2008) und 10.01.2015 (Bescheid 2009).
49 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Parallelnorm des § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) in § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b BayKAG. Danach ist eine Norm, welche die Erhebung von Beiträgen ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, mit den verfassungsrechtlichen Garantien aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem aus dem Rechtstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Gebot der Rechtssicherheit unvereinbar, weil der Gesetzgeber den Interessenausgleich zwischen den Erwartungen der Bürger auf Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem öffentlichen Belang an finanziellen Beiträgen für individuelle Vorteile einseitig zulasten der Schuldner entschieden hat (BVerfG, Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, BVerfGE 133, 143).
50 
Diese Rechtsprechung gilt indes nur für Beiträge und gerade nicht, wie vorliegend, für Gebühren. Folgerichtig ist das BayKAG zur Umsetzung dieses Beschlusses durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70), in Kraft getreten am 1. April 2014, auch nur insoweit geändert worden. Eingefügt wurde Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b, bb Spiegelstrich 1, wonach § 169 AO mit der Maßgabe für die Erhebung von Kommunalabgaben gilt, dass über § 169 Abs. 1 S. 1 AO hinaus die Festsetzung einesBeitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre“.
51 
Nach Ablauf dieser Frist ist eine Beitragsfestsetzung nicht mehr zulässig (LT-Drs. 17/370, S. 13 ff.). Dementsprechend ist diese Rechtsprechung auch vom VGH Baden-Württemberg nur für Beiträge rezipiert worden (Urteil vom 31.12.2014 - 2 S 2366/13 -, juris Rn. 46). Auch wenn es sich bei Gebühren ebenfalls um kommunale Abgaben handelt, ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch nicht auf Gebühren übertragbar. So beruht die Erhebung von Beiträgen gemäß § 20 Abs.1 S. 1 KAG auf der Möglichkeit der Gemeinden und Landkreise, die Kosten für die Anschaffung, die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Einrichtungen teilweise von den Grundstückseigentümern zu erheben, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden, § 20 Abs. 1 S. 1 KAG.
52 
Anschlussbeiträge nach den Kommunalabgabengesetzen zählen wie Gebühren zu den Vorzugslasten. Das sind Abgaben, die primär als Gegenleistung für eine Leistung der öffentlichen Hand erhoben werden (Wehr, LKV 2006, 241, 243). Während Gebühren jedoch nur für die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Leistungen erhoben werden, genügt die potenzielle Inanspruchnahme durch den Beitragsschuldner, um die Erhebung von Beiträgen zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 -, NVwZ 2004, 1477, 1479 f.). Daraus folgt für die Festsetzungsverjährung, dass der Gebührenschuldner im Gegensatz zu einem Beitragsschuldner um seinen Verbrauch - also die tatsächliche Begründung seiner Abgabenpflicht - weiß und deshalb in Bezug auf die Festsetzungsverjährung weniger schutzwürdig ist.
53 
Schließlich ist die Berufung der Klägerseite auf eine nicht hinreichende Berücksichtigung von Vertrauensschutzgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalles ausgeschlossen. Gegenstand des Rechtstreites sind Gebührenbescheide für die Jahre 2008 und 2009. Die Beklagte hatte für diese Zeiträume zunächst Bescheide erlassen, welche die Klägerinnen oder ihre Rechtsvorgänger erfolgreich angefochten haben, weil diese Bescheide auf einer rechtswidrigen und damit nichtigen Satzung beruhten. Damit konnte sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichterhebung der Gebühren gar nicht bilden, weil mit der gerichtlich gestoppten erstmaligen Erhebung bereits offensichtlich war, dass nach Erlass einer neuen, wirksamen Satzung ein neuer Gebührenerhebungsversuch erfolgen würde. Diesen hat die Beklagte nach der rechtskräftigen Aufhebung der Ausgangsbescheide unverzüglich unternommen, indem sie noch im Jahr 2014 eine neue Satzung für den streitgegenständlichen Zeitraum erließ und binnen weniger Monate neue Gebührenbescheide erließ. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist allein der Ablauf eines erheblichen Zeitraumes, selbst wenn es sich dabei um Jahrzehnte handelt, unschädlich für die Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 -, juris Rn. 46).
54 
5. Die Klägerin zu 2 kann auch nicht die Absetzung der ihr in Rechnung gestellten Wassermengen im Umfang von 4576 m³ (für das Jahr 2008) und 3433 m³ (für das Jahr 2009) verlangen.
55 
Gemäß § 41 Abs. 1 Abwassersatzung sind Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet wurden, auf Antrag des Gebührenschuldners von der Bemessung ausgenommen. Den gemäß § 41 Abs. 1, 4 Abwassersatzung erforderlichen Antrag hat die Klägerin zu 2 für beide Jahre fristgemäß gestellt. Das Schreiben vom 10.01.2015 hat die Beklagte bereits ihrerseits im behördlichen Verfahren als Absetzungsantrag für das Jahr 2009 ausgelegt, im Schreiben vom 15.11.2014 ist der Absetzungsantrag für das Jahr 2008 sogar explizit gestellt. Dem steht es nicht entgegen, dass der Antrag „im Namen der Inhaberin“ formuliert war. Auch diese Erklärung ist als Antrag nach dem tatsächlichen Willen des Antragstellers unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizontes auszulegen, §§ 133, 157 BGB analog. Aus dem Gesamtzusammenhang mit dem angegriffenen Bescheid, der alleine die Klägerin zu 2 als Grundstückseigentümerin und Gebührenschuldnerin verpflichtete, ergibt sich danach, dass der Antrag für die Klägerin zu 2 und nicht für die Klägerin zu 1 gestellt wurde. Letztere hätte mangels Inanspruchnahme weder Grund noch Interesse zu und an einem solchen Antrag.
56 
Zwischen den Beteiligten streitig ist die Frage, ob und in welchem Umfang „nachweislich“ Frischwasser nicht in die Abwasseranlagen eingeleitet worden ist bzw. ob die von den Klägerinnen bezifferten Abwassermengen hinreichend sicher nachgewiesen worden sind. Gemäß § 41 Abs. 2 Abwassersatzung „soll“ der Nachweis durch einen besonderen Wasserzähler erbracht werden. Ein solcher existierte für das streitgegenständliche Grundstück nicht.
57 
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass das entnommene Frischwasser grundsätzlich ein tauglicher Maßstab für die Berechnung von Schmutzwassergebühren ist, solange die Satzung - wie vorliegend - die Möglichkeit zur Absetzung nicht eingeleiteter Wassermengen eröffnet (st. Rspr. des VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2504/14 -; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.12.2016 - 4 L 162/15 -, juris).
58 
Der Satzungsgeber darf eine solche Absetzung von nicht eingeleiteten Wassermengen von einem Nachweis abhängig machen und diesen Nachweis dem Nutzer (Gebührenschuldner) auferlegen (BVerwG, Urteil vom 14.04.1967 - VII C 15.65 -, BVerwGE 26, 317; BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3/93 -, DÖV 1995, 826; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2003 - 2 S 2700/01 -, BWGZ 2003, 810).
59 
Dabei ist aus der satzungsrechtlichen Vorgabe, dass der Nachweis über eine Abzugsmenge erfolgen muss, auf einen Wirklichkeitsmaßstab zu schließen, d.h. nachzuweisen ist die tatsächlich nicht eingeleitete Frischwassermenge. Ist - und dies wie dargelegt in zulässiger Weise - satzungsrechtlich und damit normativ eine Nachweispflicht festgelegt, ergeben sich die Anforderungen an deren Erfüllung aus ihrem Charakter als Beweislastregel, ihrer satzungsrechtlichen Normierung und letztlich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Demnach fordert der Nachweis das Ausschöpfen aller dem Betroffenen zumutbaren Darlegungs- und Substantiierungsmöglichkeiten. Eine eigene Ermittlung der Abzugsmenge durch die Gemeinde ist regelmäßig nicht geboten.
60 
Die streitgegenständliche Abwassersatzung regelt in § 41 Abs. 2 die Anlage eines separaten Wasserzählers als „soll“. Daraus folgt, dass der Nachweis per separatem Zähler möglich ist, aber auch andere Methoden vom Satzungsgeber zugelassen werden. In Rechtsprechung und Verwaltungspraxis weiter anerkannt ist der Nachweis durch geeignete Unterlagen des Gebührenschuldners, die der Gemeinde eine nachvollziehbare Grundlage zur Bestimmung der nicht eingeleiteten Abwassermenge verschaffen können. Der Nachweis kann schließlich bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch anhand allgemeiner Erfahrungswerte geführt werden (Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2005, § 6 Rn. 385; Queitsch, KStZ 2006, 81, 82; Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 9 ff., jeweils m.w.N.). Solche Erfahrungswerte haben sich allerdings nur bei einzelnen Benutzergruppen bzw. Betriebsarten infolge langjähriger Erfahrung in Form von Durchschnittswerten oder Rahmenwerten herausgebildet. Sie kommen dann, wenn sie sich auf genau nachprüfbare Berechnungsgrundlagen stützen, als Nachweisgrundlage in Betracht. Fehlt es demgegenüber an derartigen genauen Berechnungsgrundlagen und liegen lediglich allgemeine Durchschnitts- oder Rahmenwerte vor, sind sie als alleinige Nachweisgrundlage nicht ausreichend (vgl. Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 9 ff.; Gössl, BWGZ 1992, 701).
61 
Für den Bereich der Fruchtsaftherstellung fehlt es an solchen allgemeinen Erfahrungswerten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2504/16 -). Ihrer Bildung stand und steht entgegen, dass verallgemeinerungsfähige Werte wegen der unterschiedlichen Produktionsverhältnisse in den jeweiligen Einzelbetrieben nicht zu ermitteln sind (dazu Gössl, BWGZ 1992, 701; Queitsch, KStZ 2006, 81, S. 84 m.w.N.). Welcher Wasseranteil verarbeitet und daher nicht als Abwasser eingeleitet ist, richtet sich nach der jeweiligen konkreten Rezeptur der Fruchtsaftgetränke, mithin nach individuellen, von Betrieb zu Betrieb und von Produkt zu Produkt unterschiedlichen Vorgaben, die auch von Jahr zu Jahr variieren können (Einzelheiten bei Queitsch, a.a.O. S. 84; vgl. auch Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 11). So zeigen die Gutachten des Prof. Dr. O., dass alleine für den Betrieb der Klägerin zu 1 die Marge abzusetzenden Abwassers in den drei von ihm untersuchten Jahren zwischen 46% und 60 % liegt und damit außerhalb des verallgemeinerungsfähigen Bereiches.
62 
Fehlen solche verallgemeinerungsfähigen Erfahrungswerte, ist schließlich auch die Möglichkeit anerkannt, die dem betroffenen Betrieb zuzuordnenden Absatzmengen einzelfallbezogen festzustellen. Sind Messeinrichtungen - wie hier - für den Betrieb nicht vorhanden oder unzureichend, ist der satzungsrechtlich geforderte Nachweis durch eine dann betriebsbezogene Ermittlung zu erbringen, wie etwa durch ein Einzelgutachten, das nachvollziehbare Rückschlüsse auf die dem konkreten Betrieb zuzuordnenden Werte erlaubt und daher als Grundlage (Nachweis) für die Feststellung nicht eingeleiteter Abwassermengen ausreicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2006 - 2 S 1256/06 -, NVwZ RR 2007, 409 unter Verweis auf: Bleile, Praxishandbuch Kommunales Gebührenrecht in Baden-Württemberg, 11.00, Erl. 1.2.2.7, S. 11).
63 
Für das Jahr 2003 haben die Klägerinnen diesen Nachweis mit Billigung des Verwaltungsgerichtshofes (Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2504/14) durch ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. O. erbracht. Entsprechende Gutachten existieren nach Kenntnis des Gerichts außerdem für die Jahre 2010 und 2011. Die Gutachten ermitteln jeweils aus den Rezepturdokumenten den Anteil eingesetzten Trinkwassers und berechnen dann mit Hilfe der vom Gebührenschuldner nachgewiesenen Rohwarenmengen die Gesamtmenge des eingesetzten Trinkwassers. Dabei kommen sie für die verschiedenen Berechnungsjahre zu unterschiedlichen Trinkwasseranteilen von 46 %, 50 % und 60 %. Die Berechnung beruht insoweit auf einer Übereinkunft mit dem ehemaligen Bürgermeister der Beklagten, D. K., weshalb die Klägerinnen und der Gutachter sie als „Methode K.“ bezeichnen.
64 
Für die streitgegenständlichen Kalenderjahre 2008 und 2009 fehlt es dagegen an einem solchen Gutachten. Die klägerseitig vorgelegten Gesamtaufstellungen vermögen nicht, die für den Nachweis erforderlichen Gutachten zu ersetzen.
65 
Unstreitig ist der Satzungsgeber berechtigt, die Absetzung nicht eingeleiteter Wassermengen von einem Nachweis abhängig machen und diesen Nachweis dem Nutzer (Gebührenschuldner) auferlegen (BVerwG, Urteil vom 14.4.1967 - VII C 15.65 -, BVerwGE 26, 317; BVerwG, Beschluss vom 28. März 1995 - 8 N 3/93 -, DÖV 1995, 826; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.7.2003 - 2 S 2700/01 -, BWGZ 2003, 810). Weiter unstreitig ist es dem Satzungsgeber erlaubt, Anforderungen an den Nachweis zu formulieren. Selbst wenn sich diese Anforderungen, wie vorliegend, in einer Sollvorschrift erschöpft, bedarf es für die Absetzung eines hinreichend klaren und objektiven Nachweises über das nicht eingeleitete Frischwasser. Die Aufstellungen des Prozessvertreters der Klägerinnen erschöpfen sich insofern in einer Aufsummierung von Einzelposten. Dabei wird anders als in dem vom Verwaltungsgerichtshof anerkannten Gutachten nicht sukzessive der Rechenweg von den eingekauften Rohrstoffmengen über die Rezeptur der Einzelprodukte zu einer Summe an nicht eingeleitetem Abwasser unter Erläuterung der einzelnen Rechenoperationen beschritten, sondern schlicht die Nichteinleitung aus bestimmten Produktionsvorgängen behauptet. Weder für das Gericht noch für die Beklagte sind die so getroffenen Angaben nachvollziehbar. Der Sinn des Nachweises, die mit dem Frischwassermaßstab notwendig einhergehenden Ungenauigkeiten auszugleichen, wird so verfehlt, weil der Beklagten eine Nachprüfung unmöglich ist. Es ist aber im Grundsatz Sache des Gebührenschuldners, Absetzungen nachzuweisen und so die Nachprüfung zu ermöglichen. Zu rechtfertigen ist dies mit Blick darauf, dass die nachzuweisenden Umstände auf eine besondere, einzelfallbezogene Befreiung von der Gebühr abzielen und sie ihre Grundlagen ausschließlich im Bereich des Betroffenen finden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2006 - 2 S 1256/06 -, NVwZ-RR 2007, 409).
66 
Ist - und dies wie dargelegt in zulässiger Weise - satzungsrechtlich und damit normativ eine Nachweispflicht festgelegt, ergeben sich die Anforderungen an deren Erfüllung aus ihrem Charakter als Beweislastregel, ihrer satzungsrechtlichen Normierung und letztlich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Demnach fordert der Nachweis - soweit nicht ohnehin technische Messeinrichtungen satzungsrechtlich vorgegeben sind - das Ausschöpfen aller dem Betroffenen zumutbaren Darlegungs- und Substantiierungsmöglichkeiten. Eine eigene Ermittlung der Abzugsmenge durch die Gemeinde ist regelmäßig nicht geboten; sie darf bei Fehlen des Nachweises von der dem Grundstück zugeführten Frischwassermenge ausgehen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2006, a.a.O. ).
67 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der über § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG anwendbaren Bestimmung in § 162 AO, wonach die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung aller sachwesentlichen Umstände zu schätzen hat, soweit sich diese nicht ermitteln oder berechnen lassen. Eine solche Schätzung ist nämlich in all jenen Fällen ausgeschlossen, in denen die Gewährung gebührenmindernder oder -begünstigender Rechtsfolgen von einem bestimmten Nachweis abhängt (Koenig/Cöster, AO, 3. Auflage 2014, § 162 Rn. 95). Andernfalls würde durch die Reduzierung des Beweismaßes die Nachweispflicht ad absurdum geführt (Martin, BB 1986, 1021). Entsprechend verlangt die Abwassersatzung der Stadt L. in § 41 einen ebensolchen Nachweis. Die Bestimmung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Eine Schätzung war demnach nicht vorzunehmen.
68 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 159 VwGO.
69 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 15/12/2016 00:00

Gründe I. 1 Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwassergebühren 2 Nach § 2 der „zentralen Abwassergebührensatzung Gebiet 1“ des Beklagten vom 18. Januar 2011 in der Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 26. März 2013 (AGS 1) e
published on 26/08/2015 00:00

Tenor Die Berufung wird zugelassen. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens bleibt der Entscheidung im Berufungsverfahren vorbehalten. 1G r ü n d e 2Der Antrag hat Erfolg. 3Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 S
published on 07/11/2014 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2011 - 1 K 1568/10 - geändert. Die Klage auf Zurückzahlung entrichteter Abwassergebühren wird abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewie
published on 31/03/2014 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2013 - 1 K 437/13 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Klä
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Annotations

(1) Für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche gelten sinngemäß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis kann nicht aufgerechnet werden, wenn sie durch Verjährung oder Ablauf einer Ausschlussfrist erloschen sind.

(3) Die Steuerpflichtigen können gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen.

(4) Für die Aufrechnung gilt als Gläubiger oder Schuldner eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft, die die Steuer verwaltet.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat der eine oder der andere Teil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Teil die Forderungen bestimmen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Teil unverzüglich, so findet die Vorschrift des § 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Schuldet der aufrechnende Teil dem anderen Teil außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten, so findet die Vorschrift des § 367 entsprechende Anwendung.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche gelten sinngemäß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis kann nicht aufgerechnet werden, wenn sie durch Verjährung oder Ablauf einer Ausschlussfrist erloschen sind.

(3) Die Steuerpflichtigen können gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen.

(4) Für die Aufrechnung gilt als Gläubiger oder Schuldner eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft, die die Steuer verwaltet.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat der eine oder der andere Teil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Teil die Forderungen bestimmen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Teil unverzüglich, so findet die Vorschrift des § 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Schuldet der aufrechnende Teil dem anderen Teil außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten, so findet die Vorschrift des § 367 entsprechende Anwendung.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.