Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 1/17

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0607.17A1.17.00
bei uns veröffentlicht am07.06.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen von dem Beklagten ausgesprochenen disziplinarrechtlichen Verweis.

2

Die am ……… geborene Klägerin wurde mit Wirkung vom 01.04.2004 zur Ministerialrätin (Besoldungsgruppe A 16) ernannt. Sie war bis zu ihrer Umsetzung im März 2015 Leiterin des Referats VIII 35 im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein. Danach übernahm sie die Leitung der Projektgruppe „Digitalisierung der Wissenschaft“. Zum 01.09.2017 wurde die Klägerin in das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein versetzt, nachdem ihre Abteilung im Zuge der Neuorganisation der Landesregierung in dieses Ministerium übergegangen war.

3

Nachdem drei nachgeordnete Mitarbeiterinnen der Klägerin, Frau ….., Frau ..... und Frau ....., schriftlich Beschwerde gegen ihre Referatsleiterin erhoben hatten, leitete der Beklagte mit Verfügung vom 15.01.2015 gegen die Klägerin ein Disziplinarverfahren ein. Er warf der Klägerin vor, schuldhaft ihr obliegende Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen zu haben, indem sie am 18.12.2014 eine Mitarbeiterin - es handelt sich um Frau ..... - mit dem Satz „Du hast doch wohl den Arsch offen“ angeschrien habe. Dieses Verhalten werde nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht, das der Beruf erfordere. Der Beklagte gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme.

4

Unter dem 17.04.2015 beantragte die Klägerin nach Akteneinsicht, die drei Beschwerdeführerinnen persönlich anzuhören. Die Vernehmungen der Zeuginnen fanden am 22.06.2015 statt. Am 18.02.2016 wurde auf Antrag der Klägerin eine weitere Mitarbeiterin ihres Referats, Frau ....., als Zeugin angehört. Mit Schreiben vom 10.10.2016 teilte der Beklagte der Klägerin das Ergebnis der Ermittlungen mit und gab ihr Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme.

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In ihrer Stellungnahme vom 08.11.2016 machte die Klägerin im Wesentlichen geltend:

6

Das Verfahren dürfte einzustellen sein. Sie habe die ihr vorgeworfene Aussage zu keinem Zeitpunkt abgestritten. Wichtig für das Verständnis des Vorfalls sei, dass in dem Referat zumindest bis zum Zeitpunkt des im Streit stehenden Vorfalls ein als „locker und salopp“ zu bezeichnender Umgangston die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten geprägt habe. Dies bedinge, dass die Wortwahl in Diskussionen/Auseinandersetzungen gelegentlich „drastischer“ ausgefallen sei. Dies sei wechselseitig erfolgt. So habe sie sich auch nie daran gestört, wenn sie in dieser Weise von den Mitarbeiterinnen ihres Referats angesprochen worden sei. Gefördert werde dies auch dadurch, dass sich alle Mitarbeiterinnen des Referats geduzt hätten, wodurch Hierarchien flacher würden, förmliche Barrieren wegfielen und eine gewisse Vertrautheit entstehe. Zugleich führe es auch dazu, dass Hemmschwellen abgebaut und das respektvolle Miteinander erschwert würden.

7

Ihrer Äußerung am 18.12.2014 sei folgender Sachverhalt vorausgegangen: Auf eigenen Wunsch habe die Zeugin ..... an diesem Tag einen Vorgang, der noch der Optimierung bedurft habe, fertigstellen wollen. Hierzu sei eine Rücksprache mit ihr, der Klägerin, erforderlich gewesen, die an diesem Tag ihren letzten Arbeitstag vor ihrem Urlaub gehabt habe. Dennoch habe die Zeugin ..... an diesem Tag ihren Dienst später angetreten und den Vormittag trotz der Kenntnis, dass der Vorgang noch habe überarbeitet werden müssen und sie das Büro aufgrund eines privaten Termins bereits am Mittag wieder habe verlassen wollen, bei einem Weihnachtsfrühstück verbracht. Die Zeugin ..... habe den Vorgang nicht bis 12.00 Uhr abschließend überarbeiten können. Augenscheinlich aus Frust, weil sie das Büro nicht zu der von ihr gewünschten Zeit habe verlassen können, habe die Zeugin ..... die den Vorgang betreffende Akte gegen 12.30 Uhr mit dem Kommentar, dass sie nun los müsse, auf ihren Schreibtisch geknallt. Die abschließende Bearbeitung habe auf sie - die Klägerin - abgewälzt werden sollen. Auf diese Weise habe die Zeugin ..... sie provoziert, um eine Gelegenheit zu finden, ihren Dienst umgehend abbrechen zu können. Der Zeugin sei bewusst gewesen, dass sie - die Klägerin - gelegentlich zu emotionalen Reaktionen neige. Die Zeugin ..... habe somit die gebotene Rücksprache vernachlässigt, so dass sich im Laufe des Vormittags eine gewisse Spannung zwischen der Zeugin und ihr aufgebaut habe. Die Zeugin sei erkennbar nicht gewillt gewesen, dem dienstlichen Vorgang die gebotene Priorität einzuräumen.

8

Ihre Umsetzung nur zweieinhalb Monate nach dem Vorfall habe sie als vorweggenommene Sanktionierung empfunden. Die Zeugin ..... habe ihren Dienst trotz noch andauernder Krankschreibung unmittelbar nach ihrer Umsetzung wieder angetreten. Dem Begehren der Zeugin sei durch die Umsetzung ausreichend Rechnung getragen.

9

Dem Verfahren lägen die Schilderungen dreier Zeuginnen zugrunde, die ihre Beschwerden gemeinsam besprochen und weitestgehend aufeinander abgestimmt hätten. Die Schilderungen, die sich weitestgehend in Schilderungen zum „Hintergrund“ und nicht zum vorgehaltenen Geschehen erschöpften, seien nicht verwertbar. Sie seien weder glaubhaft noch die Zeuginnen glaubwürdig. Die Zeuginnen hätten den Vorfall - insbesondere in Bezug auf den persönlichen Hintergrund der Zeugin ..... - überspitzt wiedergegeben, um etwas gegen sie - die Klägerin - „in der Hand zu haben“. Ihre Führungsqualifikation habe insgesamt in Frage gestellt werden sollen. Einzig die als neutral zu bezeichnende Zeugin ..... habe den Vorfall dahingehend geschildert, dass sie diesen gerade nicht als derart gravierend empfunden habe, dass sie sich darüber weitere Gedanken hätte machen müssen. Dass auch die Ermittlungsführerin die Schilderungen der Zeuginnen ....., ..... und ..... nicht als verwertbar erachte, folge daraus, dass sich der in der Abschlussverfügung wiedergegebene Sachverhalt allein auf den Vorhalt der gegenständlichen Äußerung beschränke. Diese dürfe jedoch nicht völlig aus dem Zusammenhang gegriffen werden, da hiermit eine Verfälschung des Sachverhalts einhergehe. Darüber hinaus habe sich die Zeugin ..... in ihren Aussagen teilweise widersprochen.

10

Hier fehle es des Weiteren an einer mittelbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, da die verbale Äußerung allenfalls drei Mitarbeiterinnen des Referats wahrgenommen hätten. Eine unmittelbare Beeinträchtigung dürfte ausscheiden, da die Äußerung nicht grundlos erfolgt und nicht derart erheblich gewesen sei, dass sie einen Vertrauensbruch hätte rechtfertigen können. Bei verbalen Äußerungen sei stets zu prüfen, wo die Toleranzgrenze zwischen dem allgemein herrschenden Umgangston und einer zu persönlich werdenden Verunglimpfung bzw. Beleidigung zu ziehen sei. Danach begründe die Äußerung keine Dienstpflichtverletzung. Laut Aussagen der Zeuginnen habe in dem Referat ein in dem Arbeitsalltag begründetes angespanntes Verhältnis geherrscht, aufgrund dessen mit emotional geprägten Äußerungen habe gerechnet werden müssen. Das Duzen habe ein respektvolles Miteinander zusätzlich erschwert. Aufgrund der vorangegangenen Provokation sei die Äußerung daher für die Zeugin ..... weder überraschend gefallen noch habe sie diese erheblich bewegt. Die Zeugin habe den Vorfall nicht als erheblichen persönlichen Angriff empfunden.

11

Überdies begründe ihr Fehlverhalten kein Dienstvergehen, weil es die Schwelle der disziplinaren Relevanz nicht erreicht habe. Die Zeugin ..... habe sich in ihren Aussagen teilweise widersprochen, lange gezögert, ob sie überhaupt Beschwerde einlegen solle, und sie - die Klägerin - provoziert. Ihr Verhalten sei allenfalls als unbedacht einzustufen und somit entschuldbar. Sie habe aus der Situation heraus spontan und unüberlegt gehandelt.

12

Die Auswahl einer geeigneten Disziplinarmaßnahme beurteile sich schließlich nach der Schwere eines Dienstvergehens. Eine disziplinarische Maßnahme könne unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden, wenn das durch das Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert oder gänzlich entfallen sei. Hier sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine einzige verbale Äußerung im inneren Dienstbetrieb handele, die keine Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung entfaltet habe. Sie sei provoziert worden und habe allenfalls fahrlässig gehandelt. Ihre dienstliche Tauglichkeit habe nicht in Frage gestanden. Es dürfe auch nicht übersehen werden, dass der Vorfall rund zwei Jahre zurückliege. Sie sei - gegen ihren Willen - zeitnah aus dem Referat umgesetzt worden, so dass eine Zusammenarbeit mit der Zeugin ..... nicht mehr erfolge. Die Umsetzung, die sie als vorweggenommene Sanktion empfunden habe, sei bereits mit einem ausreichenden Maß an Nachteilen für sie verbunden gewesen und habe sie veranlasst, sich ihr Verhalten in der konkreten Situation zu vergegenwärtigen. Dem Zweck des Disziplinarrechts, spezialpräventiv auf den/die Beamten/in einzuwirken, sei ausreichend Rechnung getragen. Die Umsetzung sei auch dem Bestreben der Zeuginnen ....., ..... und ....., nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten zu müssen, gerecht geworden, so dass auch insoweit kein Sanktionsbedürfnis der betroffenen Personen mehr bestehen dürfte. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 Landesdisziplinargesetz (LDG) sei nicht mehr angezeigt. Mit einer missbilligenden Äußerung des Dienstherrn gemäß § 6 Satz 2 LDG wäre dem Interesse der Zeuginnen und dem öffentlichen Interesse ausreichend Rechnung getragen worden.

13

Mit Disziplinarverfügung vom 22.02.2017 sprach der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen eines Dienstvergehens gemäß § 33 Abs. 1 in Verb. mit § 6 LDG als Disziplinarmaßnahme einen Verweis aus. Nach dem Ergebnis der disziplinarrechtlichen Ermittlungen sei erwiesen, dass die Klägerin rechtswidrig und schuldhaft gegen die Wohlverhaltenspflicht nach § 47 Abs. 1 in Verb. mit § 34 Satz 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) verstoßen habe, indem sie am 18.12.2014 gegen 12 Uhr im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung zu Frau ..... gesagt habe „Du hast doch wohl den Arsch offen“. Eine derartige Äußerung sei als für die Dienstordnung bedeutsam unkollegial anzusehen. Sie verlasse den Bereich der sachlichen Kritik und überschreite die Grenzen dessen, was als Umgangston im normalen Dienstbetrieb hingenommen werden könne. Dies gelte unabhängig davon, ob eine Person gereizt sei oder gereizt worden sei. Ein Ausschlussgrund nach § 17 Abs. 2 LDG liege nicht vor. Eine Einstellung des Verfahrens komme nicht in Betracht. Das Verhalten der Klägerin erfordere als Disziplinarmaßnahme einen Verweis. Ausgehend von der Schwere des Dienstvergehens seien das Persönlichkeitsbild der Klägerin und der Grad der Vertrauensbeeinträchtigung zu würdigen.

14

Das Dienstvergehen in Form dieser lauten, vorwurfsvollen, beleidigenden und grenzüberschreitenden Äußerung in Bezug auf einen dienstlichen Vorgang stelle eine erhebliche Störung des Dienstbetriebes dar. Der Dienstherr und die Kolleginnen und Kollegen untereinander müssten davon ausgehen können, dass - egal wie gut oder schlecht die Arbeit und egal wie groß der Arbeitsdruck sei - ein respektvoller Umgangston untereinander herrsche. Dies sei der Klägerin auch bewusst gewesen. Schon seit einiger Zeit sei der Umgangston in Gesprächen mit ihr und der Abteilungsleitung und auch in Gesprächen mit den Kollegen und der Abteilungsleitung thematisiert worden. Es seien zudem bereits extern moderierte Teambildungsmaßnahmen aufgrund der schlechten Zusammenarbeit im Referat durchgeführt worden. Der Klägerin sei daher bewusst gewesen, dass den Kolleginnen diese Art der Kommunikation nicht gefalle und sie sich hierdurch schlecht und respektlos behandelt fühlten. Durch die Äußerung habe die Klägerin das Vertrauen des Dienstherrn in die Zusammenarbeit mit ihr und in ihre Führungskompetenz nicht unerheblich beeinträchtigt. Dies gelte umso mehr, als man von einer Ministerialrätin in einer Führungsposition und einer ausgebildeten Juristin mit Befähigung zum Richteramt in besonderem Maße erwarten könne, dass sie mit den Kolleginnen und Kollegen einen respektvollen Umgangston pflege.

15

Die persönlichen Folgen dieses Vorfalls für die Klägerin seien mildernd berücksichtigt worden. Die Klägerin sei ca. zwei Monate nach dem Vorfall von ihren Aufgaben als Referatsleiterin entbunden und gegen ihren Willen in eine andere Abteilung als Leiterin eines Projektes umgesetzt worden. Eine vorweggenommen Sanktion sei in dieser Maßnahme nicht zu sehen. Die Umsetzung sei nur deshalb vorgenommen worden, damit die Arbeit im Referat vernünftig habe erledigt werden können. Dies sei erkennbar nicht mehr der Fall gewesen. Es sei ebenfalls mildernd berücksichtigt worden, dass die Äußerung offensichtlich in einer äußerst gestressten, innerdienstlichen Situation getätigt worden sei. Andererseits sei der Klägerin auch bekannt gewesen, dass sich Frau ..... wegen ihrer im Krankenhaus liegenden Tochter ebenfalls in einer besonders emotionalen Stresssituation befunden habe. Hierauf müsse eine Führungskraft Rücksicht nehmen. Außenstehende seien hingegen nicht beeinträchtigt worden. Mildernd zu berücksichtigen sei auch die aufgrund der Arbeitsverdichtung entstandene längere Verfahrensdauer von ca. zwei Jahren.

16

Die Disziplinarmaßnahme sei auch ein Mittel zur Aufrechterhaltung der Dienstordnung. Das Unterlassen einer Disziplinarmaßnahme in diesem Fall würde ein falsches Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter senden. Der Fall sei im Haus bekannt geworden. Die Dienststelle müsse daher zur Erhaltung des Betriebsfriedens deutlich machen, dass ein solches Verhalten und ein solcher Umgangston nicht geduldet würden. Zudem erfülle die Disziplinarmaßnahme auch den Zweck einer gewissen Genugtuung gegenüber der geschädigten Kollegin und sei daher auch unter diesem Blickwinkel erforderlich.

17

Nach Abwägung der Gesamtumstände halte er den Ausspruch eines Verweises für notwendig, aber auch ausreichend, um die Klägerin künftig zur Einhaltung ihrer Pflichten anzuhalten.

18

Die Klägerin hat am 20.03.2017 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie, ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen, im Wesentlichen vor:

19

Aus der Begründung der Umsetzung in der Disziplinarverfügung folge, dass die Umsetzung in keinem Zusammenhang mit einem dringenden Personalbedarf in der Projektgruppe gestanden habe, wie der Beklagte zunächst behauptet habe. Vielmehr habe ihr die Leitung des Referats entzogen werden sollen.

20

Soweit in der Disziplinarverfügung ausgeführt werde, dass schon seit einiger Zeit der Umgangston in Gesprächen mit ihr und der Abteilungsleitung und auch in Gesprächen mit den Kollegen und der Abteilungsleitung thematisiert worden sei und bereits extern moderierte Teambildungsmaßnahmen aufgrund der schlechten Zusammenarbeit im Referat durchgeführt worden seien, gehe dieser Inhalt über den Gegenstand des Disziplinarverfahrens hinaus und könne nicht zur Begründung der verhängten Maßnahme angeführt werden. Sie weise den Vorhalt, Kolleginnen schlecht und respektlos behandelt zu haben, zurück. Ebenso werde der Vorhalt zurückgewiesen, ihr sei durchaus bewusst gewesen, dass den Kolleginnen diese Art der Kommunikation nicht gefalle. Sie habe auch aufgrund der Ausführungen in der Klagerwiderung den Eindruck, dass sich die Disziplinarmaßnahme auch auf das behauptete weitergehende Fehlverhalten ihrerseits stütze. Im Ergebnis werde der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass sie sich in Bezug auf die Kommunikation mit ihren Mitarbeiterinnen „nicht im Griff habe“ und die Situation vom 18.12.2014 zum Anlass genommen werde, ihr Kommunikationsverhalten im Allgemeinen disziplinarrechtlich zu würdigen. Dann hätte ihr weiteres Fehlverhalten auch zum Gegenstand des Disziplinarverfahrens gemacht werden müssen, was nicht der Fall sei. Sie gehe davon aus, dass der Beklagte das Verfahren zumindest nach § 32 Abs. 1 Ziffer 2 LDG eingestellt hätte, wenn er sich bei der Würdigung ihres Verhaltens ausschließlich auf den Vorfall vom 18.12.2014 gestützt hätte.

21

Darüber hinaus habe sich der Beklagte mit ihren vorgebrachten Einwendungen nicht auseinandergesetzt, obwohl im Rahmen eines Disziplinarverfahrens auch entlastende Umstände zu ermitteln und zu berücksichtigen seien. Dem Begehren der Zeugin ..... nach Sanktionierung sei durch ihre Umsetzung ausreichend Rechnung getragen worden, da diese ihren Dienst trotz andauernder Krankschreibung wieder angetreten habe, als sie aus dem Referat umgesetzt worden sei.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Disziplinarverfügung vom 22.02.2017 aufzuheben.

24

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

26

Er erwidert im Wesentlichen:

27

Da die Klägerin die ihr zum Vorwurf gemachte Äußerung nicht in Abrede gestellt habe, stehe der die Disziplinarmaßnahme begründende Sachverhalt fest. Die Klägerin habe beamtenrechtliche Verhaltenspflichten verletzt. Der Verstoß gegen die der Klägerin obliegende Wohlverhaltenspflicht ergebe sich schon aus der Wortwahl selbst. Die der „Fäkalsprache“ entstammenden Formulierungen ließen insbesondere dann, wenn sie - wie hier - von einer mit Leitungsaufgaben betrauten Beamtin gegenüber einer nachgeordneten Mitarbeiterin ausgesprochen würden, die besondere Missachtung gegenüber der Kollegin erkennen. Die Klägerin kritisiere damit nicht nur die Arbeitsleistung der Mitarbeiterin, sondern wolle die Mitarbeiterin auch noch persönlich abwerten und in ihrer Ehre beeinträchtigen. Es sei gerade Aufgabe von leitenden Mitarbeitern dafür Sorge zu tragen, dass auch bei der Verwendung des „Du“ der für die Zusammenarbeit erforderliche Respekt und die gegenseitige Wertschätzung gewahrt würden. Es habe auch keineswegs in dem Referat ein „besonders laxer Ton“ geherrscht. Vielmehr habe die Klägerin bei Zeiten Schwierigkeiten gehabt, den richtigen Ton zu finden. Gerade, wenn eine Vorgesetzte das Arbeitsverhalten einer Mitarbeiterin kritisieren wolle, sei sie gehalten, dies sachlich zu tun. Eine Verärgerung über das Verhalten eines Mitarbeiters rechtfertige nicht die Wortwahl der Klägerin.

28

Mit ihrer Vorgehensweise habe die Klägerin auch gegen das Gebot zur sachlichen Amtsführung verstoßen. Es sei für die Mitarbeiterin nicht erkennbar gewesen, was die Klägerin eigentlich sachlich habe kritisieren wollen. Vielmehr lasse die Formulierung eine generelle Herabwürdigung der Mitarbeiterin erkennen.

29

Die Entscheidung entspreche pflichtgemäßem Ermessen im Sinne von § 13 Abs. 1 LDG. Er, der Beklagte, habe der Entscheidung den vollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt. Insbesondere sei berücksichtigt worden, dass sich die drei Zeuginnen bei der Verfassung der Beschwerden abgestimmt hätten. Bei einem Verweis nach § 6 LDG handele es sich um die mildeste der möglichen Disziplinarmaßnahmen. Die Auswahl der Maßnahme sei an den Maßstäben des § 13 Abs. 1 LDG ausgerichtet worden. Insoweit seien alle maßgeblichen Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung einbezogen worden. Die Äußerung stelle ein erhebliches Fehlverhalten dar. Hinzu komme, dass die Äußerung nicht nur im internen Zwiegespräch zwischen der Klägerin und der Mitarbeiterin gefallen sei, sondern so laut, dass auch andere Mitarbeiterinnen davon Kenntnis erlangt hätten. Es sei berücksichtigt worden, dass die Klägerin in der Vergangenheit bereits mehrfach darauf hingewiesen worden sei, dass sie ihren Umgangston verbessern müsse. Gleichwohl habe sich die Klägerin nicht gemäßigt, sondern mit der Verbalinjurie ihr Fehlverhalten „intensiviert“. Die zugunsten der Klägerin sprechenden Umstände seien berücksichtigt worden.

30

Das Fehlverhalten der Klägerin habe auch Auswirkungen auf das Ansehen der Beamtenschaft und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gehabt. Ohne die Disziplinarmaßnahme hätten die Mitarbeiter zur Kenntnis nehmen müssen, dass eine Leitungsperson im Range einer Ministerialrätin offenbar beanstandungslos berechtigt sei, nachgeordnete Mitarbeiterinnen mit der Fäkalsprache entstammenden Verbalinjurien zu überziehen, statt dem Gebot sachlicher Kritik Rechnung zu tragen. Eine solche Erkenntnis hätte sich unmittelbar auf die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung selbst ausgewirkt. Damit wäre nicht nur das Vertrauen in die Seriosität der Vorgesetzten beeinträchtigt worden, sondern das für die Funktionsfähigkeit der Verwaltung erforderliche Gebot eines sachlich konstruktiven, wenn auch kritischen Umgangs zwischen Vorgesetzten und nachgeordneten Mitarbeitern in Mitleidenschaft gezogen worden.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Personalakte der Klägerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

32

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Verweis aus der Disziplinarverfügung vom 22.02.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

33

Indem die Klägerin gegenüber einer nachgeordneten Mitarbeiterin ihres Referats am 18.12.2014 äußerte: „Du hast doch wohl den Arsch offen“, hat sie ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs.1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 Landesdisziplinargesetz (LDG) begangen. Die Klägerin, die diese Äußerung nicht bestritten hat, hat dadurch schuldhaft die ihr obliegende Wohlverhaltenspflicht verletzt. Gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG muss das Verhalten der Beamtinnen und Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Ein Verstoß gegen diesen disziplinarrechtlichen und auf die Person des Beamten ausgerichteten Grund- und Auffangtatbestand ist gegeben, wenn das Verhalten des Beamten die Funktionsfähigkeit der Verwaltung unmittelbar (in der Erfüllung der Amtsaufgaben und der Wahrung der dienstlichen Interessen) oder mittelbar (im Ansehen der Beamtenschaft nach außen) beeinträchtigt. Die Wohlverhaltenspflicht bezweckt daher auch die Erhaltung des Betriebsfriedens als der wesentlichen Grundlage effektiver Verwaltungsarbeit (vgl. Mayer, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., B II.11 a). Diese Pflicht ist verletzt, wenn sich ein Beamter in einer für die Dienstordnung bedeutsamen Weise unkollegial verhält, die Meinungsäußerungen des Beamten in ihrem Kontext den Bereich sachlicher Kritik verlassen und die Grenze dessen, was im Interesse eines störungsfreien Dienstbetriebs und des Schutzes der Mitarbeiter vor unberechtigten Angriffen hingenommen werden kann, überschreiten. Hieraus ergibt sich u.a. unmittelbar das Verbot verleumderischer, diffamierender oder beleidigender Aussagen über Dritte im Rahmen des Dienstbetriebs. Gegen die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens verstößt auch, wer sich in einer für die Dienstordnung bedeutsamen Weise unkollegial verhält, indem er sich z.B. zu Beleidigungen seiner Kollegen (einschließlich Vorgesetzten und Untergebenen) hinreißen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 A 4.04 - zitiert nach juris Rn. 58). Anhand dieses Maßstabes kommt es nicht darauf an, ob Äußerungen bereits den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen. Entscheidend ist allein, ob sie den Bereich der sachlichen Kritik verlassen und wegen ihres verleumderischen, diffamierenden oder beleidigenden Charakters das Interesse an einem störungsfreien Dienstbetrieb beeinträchtigen.

34

Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass die Äußerung der Klägerin im Hinblick auf die Wortwahl über sachliche Kritik an dem Verhalten der Zeugin ..... hinausgeht und die Grenze dessen überschreitet, was als Umgangston im normalen Dienstbetrieb hingenommen werden kann, selbst wenn, wie die Klägerin geltend macht, im Referat ein lockerer Umgangston geherrscht haben sollte. Auch eine Stresssituation, auf die die Klägerin hingewiesen hat, rechtfertigte nicht die Entgleisung. Von ihr als Referatsleiterin ist zu erwarten, dass sie sich auch in Belastungssituationen im Griff hat und - auch wenn sie sich provoziert fühlt - in der Lage ist, Kritik am Verhalten ihrer Mitarbeiter sachlich zu äußern. Das Verhalten der Klägerin führte zu einer Störung des Betriebsfriedens und beeinträchtigte dadurch unmittelbar die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Außer der betroffenen Zeugin ..... nahmen zwei weitere nachgeordnete Mitarbeiterinnen des Referats den Vorfall zum Anlass, sich über das Verhalten der Klägerin zu beschweren. Soweit die Klägerin einwendet, der Vorfall habe die Zeugin ..... nicht erheblich bewegt, spricht dagegen, dass sich die Zeugin unmittelbar nach dem Vorfall krank meldete und im Januar 2015 um ihre Umsetzung bat.

35

Die Klägerin hat die Pflichtverletzung auch schuldhaft begangen. Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere entlastet es die Klägerin nicht, dass sich aus ihrer Sicht am fraglichen Tag zwischen ihr und der Zeugin ..... im Hinblick auf einen zu erledigenden Vorgang eine gewisse Spannung aufgebaut hatte und sie sich von der Zeugin provoziert fühlte. Wie ausgeführt, ist von einer Vorgesetzten zu erwarten, dass sie in der Lage ist, sich auch in solchen Situationen sachlich mit dem Verhalten nachgeordneter Mitarbeiter auseinanderzusetzen.

36

Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 LDG). Der Beklagte hat das Dienstvergehen der Klägerin zu Recht mit einem Verweis (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 6 Satz 1 LDG) geahndet. Die Entscheidung lässt keine Ermessensfehler erkennen.

37

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 LDG nach der Schwere des nachgewiesenen Dienstvergehens unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Aus § 13 LDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. Maßgebend ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich insoweit nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten und nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte (OVG Schleswig, Urteil vom 14.03.2016 - 14 LB 8/13 - zitiert nach juris Rn. 73f unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 23.12.2012 - 2 C 38.10 - ). Das Kriterium Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich und seine konkret ausgeübte Funktion. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (OVG Schleswig, a.a.O., Rn. 74f).

38

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Verhängung eines Verweises, der mildesten Disziplinarmaßnahme, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Klägerin hat ein nicht besonders schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, das aber die Grenze einer disziplinarrechtlich irrelevanten Bagatellverfehlung überschreitet, weil es das erforderliche „Minimum an Gewicht und Evidenz“ aufweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - zitiert nach juris Rn. 45) und nicht lediglich eine disziplinarrechtlich nicht ahndungswürdige Bagatellverfehlung darstellt, wie sie auch einem an sich pflichtbewussten Beamten ohne weiteres einmal unterlaufen kann (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.02.2007 - DL 16 S 17/06 - zitiert nach juris Rn. 6) und die mit einer Missbilligung (§ 6 Satz 2 LDG) ausreichend hätte geahndet werden können. Die Klägerin hat sich gegenüber einer nachgeordneten Mitarbeiterin erheblich im Ton vergriffen. Mag es sich auch um eine einzige Äußerung handeln, musste diese gleichwohl geahndet werden, schon um deutlich zu machen, dass im Hinblick auf den Betriebsfrieden ein solcher Umgangston auf keinen Fall geduldet werden kann. Darauf weist der Beklagte in der Disziplinarverfügung zutreffend hin. Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung auch sämtliche mildernden Umstände berücksichtigt, nämlich die nachfolgende Umsetzung der Klägerin, die Stresssituation am 18.12.2014 und die Länge der Verfahrensdauer (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.02.2013 - 2 C 3.12 - zitiert nach juris Rn. 54). Allerdings weist er zutreffend darauf hin, dass von einer Ministerialrätin in einer Führungsposition auch in einer angespannten dienstlichen Situation ein respektvoller Umgangston gegenüber Kolleginnen und Kollegen zu verlangen ist, zumal nicht nur sie selbst im Hinblick auf ihren bevorstehenden Urlaub, sondern - wie der Klägerin nicht entgangen sein dürfte - auch die Zeugin ..... aus privaten Gründen am Vormittag des 18.12.2014 unter Druck stand.

39

Der Beklagte war auch berechtigt, vorangegangene Probleme bei der Zusammenarbeit im Referat der Klägerin in seine Entscheidung einfließen zu lassen. Im Rahmen des Kriteriums „Persönlichkeitsbild des Beamten“ (§ 13 Abs. 1 Satz 3 LDG) ist auch das vorangegangene Verhalten der Beamtin zu berücksichtigen. Dass es bereits im Vorfeld des 18.12.2014 zu Spannungen zwischen der Klägerin und den Mitarbeitern/-innen ihres Referats gekommen ist, haben nicht nur die Zeuginnen ....., ..... und ..... in ihren schriftlichen Beschwerden vom 23. und 29.12.2014 sowie vom 02.01.2015 im Einzelnen ausgeführt, sondern hat auch die von der Klägerin selbst als „neutral“ bezeichnete Zeugin ..... in ihrer Vernehmung am 18.02.2016 bekundet. Danach hatten bereits zwei Teamworkshops stattgefunden, in denen es auch darum gegangen sei, dass sich einige Kolleginnen von der Klägerin nicht genug wertgeschätzt gefühlt hätten. Gleichwohl hat sich die Klägerin zu der inakzeptablen Äußerung hinreißen lassen. Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte zu Recht angenommen, dass über die Umsetzung der Klägerin hinaus, die nachvollziehbar von der Klägerin als Sanktionierung ihres Fehlverhaltens angesehen wird, die Erteilung eines Verweises erforderlich ist, um der Klägerin nachdrücklich ihre Grenzüberschreitung vor Augen zu führen und sie künftig zu einer Mäßigung in ihrer Ausdrucksweise anzuhalten.

40

Die Erteilung eines Verweises- als mildester disziplinarischer Maßnahme- ist bei objektiver Gewichtung aller belastenden und entlastenden Umstände zweckmäßig. Dabei verfolgt die Sanktionierung das Ziel, der Klägerin vor Augen zu führen, dass der Dienstherr ihr Verhalten nicht hinnimmt. Dadurch soll sie von Wiederholungen abgehalten werden (OVG Schleswig, Urteil vom 29.09.2014 - 14 LB 5/13 - zitiert nach juris Rn. 77) und die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteil vom 03.05.2007 - 2 C 9/06 - zitiert nach juris Rn. 16).

41

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Die Kostenentscheidung folgt aus § 41 Abs. 1 LDG in Verbindung mit § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 77 Kostentragung und erstattungsfähige Kosten


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des SchleswigHolsteinischen Verwaltungsgerichts -17. Kammer - vom 8. August 2013 geändert.

Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der von dem Kläger beantragten Aberkennung des Ruhegehaltes.

2

Der Beklagte ist 1950 geboren. Seine 1957 begonnene Schulausbildung beendete er im Februar 1971. Im Anschluss hieran studierte er an der Universität ... Wirtschaftswissenschaften mit dem Ziel der Diplomprüfung für Kaufleute. Ab dem Sommersemester 1975 studierte er Erziehungswissenschaft, allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Handelsbetriebslehre mit dem Ziel der Ersten Staatsprüfung Handelslehramt. Im April 1978 bestand er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen mit der Note „befriedigend“.

3

Von August 1978 bis Januar 1980 absolvierte der Beklagte den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen in ... . Im Dezember 1979 bestand er die Zweite Staatsprüfung mit der Note „befriedigend“.

4

Mit Wirkung vom 4.2.1980 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung ernannt und an der beruflichen Schule des Kreises Steinburg in ... in den Schuldienst des Landes Schleswig-Holstein eingestellt. Zum 4.2.1983 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Studienrat ernannt; mit Wirkung vom 1.11.1992 wurde er zum Oberstudienrat befördert.

5

In der Zeit von 1989 bis 2004 war der Beklagte regelmäßig im Bereich der Fort- und Weiterbildung für das Institut für Qualitätssicherung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) tätig. Von Mai 2007 bis 31.1.2008 war er Mitglied der Lehrplankommission „Rechnungswesen“.

6

Der Beklagte ist seit Juli 1985 in zweiter Ehe verheiratet. Er hat keine Kinder. Seine Ehefrau arbeitet beim ... Verlag. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet. Die ihm letztmalig im Dezember 2009 erteilte Anlassbeurteilung endete mit dem Gesamturteil „gut“; Anlass war eine letztlich erfolglos gebliebene Bewerbung auf eine A15-Stelle.

7

Auf eigenen Antrag ist der Beklagte mit Ablauf des Monats Juli 2013 vorzeitig in den Ruhestand getreten. Sein Ruhegehaltssatz beträgt 69,44 vom Hundert abzüglich eines Abschlages in Höhe von 7,49 %.

8

Anfang Januar 2012 übermittelte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht... dem Kläger den Entwurf eines Strafbefehls gemäß Nr. 15 MISTRA. In dem Strafbefehl wurde dem Beklagten vorgeworfen, in der Zeit bis zum 24.2.2011 in ... pornografische Schriften (§11 Abs. 3 StGB), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zum Gegenstand haben (kinderpornografische Schriften), die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, besessen zu haben.

9

Unter dem 10. Januar 2012 leitete der Kläger gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und setzte dies für die Dauer des sachgleichen Strafverfahrens aus. Mit Verfügung vom 18.1.2012 wurde der Beklagte gemäß § 38 LDG vorläufig des Dienstes enthoben. Der Beklagte legte keinerlei Rechtsbehelfe ein.

10

Mit Strafbefehl vom 9. Januar 2012 (Az.: 315 Js 3072/11) setzte das Amtsgericht... gegen den Beklagten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 109,-- Euro fest. In dem Strafbefehl heißt es:

11

„Sie übten bis zu dessen Sicherstellung am 24.02.2011 die unmittelbare Sachherrschaft über einen PC Miditower „Medion“ nebst zugehörigen Speichermedien aus, auf welchen - wie Sie wussten - mindestens 925 Bilddateien und mindestens 190 Videodateien gespeichert waren, die sexuelles Verhalten vergröbernd darstellen und den Menschen unter weitgehender Ausklammerung emotional-individualistischer Bezüge zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung machen. Diese pornografischen Schriften hatten den - zum Teil schweren - sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand.

12

Exemplarisch zu nennen ist eine Bilddatei mit dem Namen „0116.jpg". Diese zeigt im Fokus des Bildes, wie ein erwachsener Mann seinen erigierten Penis in die Vagina eines nach dem äußeren Erscheinungsbild etwa sechsjährigen Mädchens augenscheinlich asiatischer Abstammung einführt.

13

Eine weitere exemplarisch zu nennende Datei mit dem Namen „(Pthc) 5Yo Lapsex - Full Cum Shot Into Her Little Slot (2006) (Billy Bob).avi" beinhaltet eine Videosequenz mit einer Spieldauer von 3 Minuten 4 Sekunden und zeigt unter anderem, wie ein erwachsener Mann seinen Penis in die Vagina eines etwa fünfjährigen Mädchens einführt und sodann zwischen den Beinen des Kindes ejakuliert.

14

Bei den exemplarisch genannten sowie weiteren mindestens 1.115 Bild- und Videodateien vergleichbaren Inhaltes hielten Sie es zumindest für möglich, dass es sich bei diesen um kinderpornografische Schriften handelt, was Sie auch billigend in Kauf nahmen.

15

Angewendete Vorschrift: § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB."

16

Der Strafbefehl ist seit dem 25. Januar 2012 rechtskräftig.

17

Unter dem 27.3.2012 setzte der Kläger das Disziplinarverfahren fort.

18

Der Beklagte äußerte sich mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 27.4.2012 zu den Vorwürfen dahingehend, der mit dem rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vorgehaltene Sachverhalt sei zutreffend. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass die in dem Strafbefehl angeführte Anzahl von Bild- und Videodateien nur teilweise rechtswidrigen sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand habe. Unter den Dateien fänden sich auch solche mit nicht verbotenem Inhalt und auch Doppel völlig gleicher Daten. Hervorzuheben sei, dass es sich bei der Verfehlung ausnahmslos um Vorgänge handele, die dem privaten Bereich zuzuordnen seien, auch wenn wegen der Berufstätigkeit als Lehrer von dienstlichem Einschlag ausgegangen werden müsse. Er - der Beklagte - sei seit 32 Jahren im Beamtenverhältnis als Lehrer tätig und durchgehend dienstlich gut beurteilt worden. Er sei bisher straf- und disziplinarrechtlich unbescholten. Er sei einer der sehr aktiven Lehrer an der Schule, engagiere sich für Schule und Schüler in ungewöhnlichem Maße mit deutlich überobligatorischem Einsatz. Er werde sowohl von den Kollegen als auch von den Schülern geschätzt. Ihm sei seit 2005 an der Schule als Funktionsstelle die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit übertragen worden. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er für die Schule die Webseite im Content-Management-System erstellt, die er seither laufend gepflegt habe. Er sei über 15 Jahre lang beim damaligen IPTS als Leiter der kaufmännischen Multiplikatorenschulung EDV in Neumünster tätig gewesen. Vorher sei er von etwa 1982 bis ca. 1986 als Verbindungslehrer verwendet worden. Während dieser Zeit habe er die Satzung der Schülervertretung und die Schülerzeitung betreut. Außerdem habe er im Laufe der Zeit rund 30 erfolgreiche Studienfahrten der Studienstufe und der Berufsschule organisiert. Er habe für Schüler über den eigentlichen Schulbereich hinaus vielfältiges soziales Engagement gezeigt, z.B. mit Kurs- und Tutandentreffen. Zwischen 1986 und 2008 habe er sich in seiner Eigenschaft als Kreistagsabgeordneter sehr für seine Schule eingesetzt. Er sei maßgeblich an der Arbeitsgruppe des Schulträgers zur Satzungserarbeitung unter Leitung einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Gründung des regionalen Berufsbildungszentrums des Kreises Steinburg beteiligt gewesen.

19

Beim Institut für Sexualforschung und forensische Therapie am Universitätsklinikum Eppendorf in ... habe er eine Behandlung aufgenommen. Zunächst habe im Rahmen von mehrere Monate dauernden Vorgesprächen eine Klärung vorgenommen werden müssen, welche Ursachen zu seiner Verfehlung geführt haben könnten, um eine geeignete Form der Therapie zu ermitteln. Dieses „Vorverfahren“ sei inzwischen abgeschlossen und habe zu dem Vorschlag einer besonderen Einzeltherapie geführt. Diese könne jedoch in ... beim Universitätsklinikum Eppendorf nicht durchgeführt werden, da kein Therapeut zur Verfügung stehe. Ihm sei jedoch eine andere geeignete Therapeutin vorgeschlagen worden, mit der er Kontakt aufgenommen habe.

20

Die vorläufige Dienstenthebung wolle er respektieren, von der Kürzung seiner Dienstbezüge bitte er abzusehen.

21

Mit Schreiben vom 3. Juli 2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Ermittlungen im Disziplinarverfahren abgeschlossen seien. Der Beklagte nahm im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass er sehr darum bemüht sei, bei weiteren Therapeuten seine Suchterscheinung bearbeiten zu können.

22

Nach Beteiligung des Hauptpersonalrates - Lehrer - hat der Kläger am 17. Oktober 2012 Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erhoben.

23

In der disziplinarrechtlichen Bewertung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, der strafbare Besitz kinderpornografischen Materials sei mit den berechtigten Erwartungen in die charakterliche Eignung einer Lehrkraft unvereinbar. Der Besitz kinderpornografischer Bild- und Videodateien bis zur Beschlagnahme am 24.2.2011 stelle ein außerdienstliches Dienstvergehen von erheblichem disziplinarischem Gewicht dar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei anerkannt, dass ein solches Verhalten im besonderen Maße geeignet sei, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Lehrers bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der Zugriff auf kinderpornografische Bilder durch einen Lehrer habe angesichts des Erziehungsauftrages aus der Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Betrachters im Regelfall einen endgültigen und vollständigen Verlust seines Ansehens als Erzieher und Vorbild zur Folge. Wer als Lehrer in dieser Weise versage, beweise erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn - nicht zuletzt auch im Hinblick auf seine Vorbildfunktion - regelmäßig in der Schule gänzlich untragbar machten. Daher sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Fällen des Besitzes kinderpornografischer Schriften angesichts der Dienstpflichten von Lehrern der Orientierungsrahmen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

24

Für die abschließende Bewertung des Dienstvergehens sei das Persönlichkeitsbild des Beamten von erheblicher Bedeutung. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Beamte ausweislich der Strafakte bereits in der Vergangenheit kinderpornografische Schriften besessen habe. Von einem persönlichkeitsfremden Handeln könne daher nicht ausgegangen werden. Weder die Absicht einer therapeutischen Aufarbeitung des Fehlverhaltens noch ein engagierter dienstlicher Einsatz noch der Umstand, dass er bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, sei geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so zu relativieren, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könne.

25

Wegen der Einzelheiten der disziplinarrechtlichen Bewertung wird auf die Klageschrift vom 16. Oktober 2012 Bezug genommen.

26

Nachdem der Kläger zunächst beantragt hat, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat er nach dessen Versetzung in den Ruhestand nunmehr beantragt,

27

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

28

Der Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Er hat in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens auf einen Bericht seines Therapeuten, des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Prof. em. Dr. med. ..., vom 18.6.2013 verwiesen.

31

Ergänzend hat der Beklagte geltend gemacht, er plane soziales Engagement im ehrenamtlichen Bereich, z.B. Bahnhofsmission, Alten- und Pflegeheim, Klinikum u.ä.. Arbeit in der Hauswirtschaft, im Garten und reale Erlebnisse würden Freude an der realen Welt entstehen lassen. Zusammenfassend hat der Beklagte die Ansicht vertreten, dass seine Krankheit, seine Krankheitseinsicht und die Tatsache, dass er sich mit ersten Erfolgen in eine Therapie begeben habe, für die Auswahl der zu treffenden Disziplinarmaßnahme bedeutsam sei und jedenfalls von einem Milderungsgrund ausgegangen werden müsse.

32

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. August 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für das disziplinarwürdige Vergehen des Beklagten bestehe zwar ein Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Dienst und damit bis zur Aberkennung des Ruhegehaltes. Auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens sei es aber erforderlich, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Hieran gemessen sei nicht zuletzt aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten gewonnenen Eindrucks eine Zurückstufung tat- und schuldangemessen. Das beschlagnahmte Material sei zwar exemplarisch ausgewertet worden, die reine Anzahl der vorgefundenen Dateien gebe aber keinen Aufschluss darüber, wie häufig oder wie lange der Beklagte Dateien mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet heruntergeladen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte geständig sei. Die Einschätzung des Klägers, dass der Beklagte aufgrund seiner Angaben bei der Durchsuchung am 24.2.2011, wonach sein Computer bereits 1999 ebenfalls wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften beschlagnahmt worden sei, als Wiederholungstäter gesehen werden müsse, könne aus Rechtsgründen nicht geteilt werden. Zudem habe der Beklagte jeden (weiteren) Schaden von der Schule abgehalten, indem er die Suspendierung nicht angefochten habe und in den Antragsruhestand getreten sei. Im aktiven Dienstverhältnis wäre nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eine Zurückstufung auszusprechen gewesen. Dies scheide jedoch für den Beklagten als Ruhestandsbeamten aus. Eine Kürzung des Ruhegehaltes wiederum scheitere an § 14 Abs. 1 LDG, da diese Maßnahme nicht ausgesprochen werden dürfe, wenn gegen einen Beamten im Strafverfahren unanfechtbar eine Strafe verhängt worden sei.

33

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 27.9.2013 Berufung eingelegt.

34

Er macht geltend, es sei auf Aberkennung des Ruhegehaltes zu erkennen. Der Beklagte sei mit Ablauf des Monats Juli 2013 antragsgemäß in den Ruhestand versetzt worden. Als noch im Dienst befindlicher Beamter hätte er gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müssen. Bei einem Lehrer wiege der außerdienstliche Besitz von kinderpornografischen Schriften wegen des stets gegebenen dienstlichen Bezuges schwer. Der Orientierungsrahmen für die disziplinarrechtliche Maßnahme reiche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht vor, die eine Abmilderung des Orientierungsrahmens angezeigt sein ließen. Der Beklagte habe zwischen dem 16.2. und dem 21.4.2009 insgesamt fünfmal Dateien kinderpornografischen Inhalts aus dem Internet heruntergeladen. Die Auswertung habe insgesamt 5.121 Dateien ergeben, darunter 1.906 Videodateien. Von den Videodateien seien über 10 %, d.h. mindestens 190 als eindeutig kinderpornografisch identifiziert worden. Von den Bilddateien seien durch das Programm „PERKEO“ mindestens 925 Bilddateien als eindeutig kinderpornografisch identifiziert worden. Aufgrund der geständigen Einlassung und des Fehlens von Anzeichen für Verbreitungshandlungen sei die Strafverfolgung letztlich auf eine Mindestanzahl von 1.115 Bild-und Videodateien beschränkt worden. Wegen der Anzahl der Dateien, der Dauer des Besitzes und des planmäßigen Vorgehens bei der Verwahrung sei die Annahme einer Augenblickstat sowie mildernder Umstände ausgeschlossen. Die begonnene Therapie rechtfertige keine mildere Disziplinarmaßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht habe insoweit bereits entschieden, dass der Ansehens- und Autoritätsverlust hierdurch nicht rückgängig gemacht werden könne. Zudem bestünden keine Anhaltspunkte für eine verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tat. Die vom Beklagten bei der Hausdurchsuchung selbst angesprochene erste Hausdurchsuchung wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften sowie der Umstand, dass nach der eigenen Einlassung das seinerzeitige Strafverfahren gegen Verhängung einer Geldbuße eingestellt worden sei, habe den Beklagten seinerzeit nicht zur Aufnahme einer Therapie bewogen. Dies sei erst nach Einleitung der Disziplinarklage erfolgt. Zudem scheine der Beklagte die Verantwortung für sein eigenes Fehlverhalten letztlich den schulischen Gegebenheiten und der von ihm empfundenen Mobbingsituation zuschreiben zu wollen. Auch der Eintritt in den Ruhestand rechtfertige keine mildere Maßnahme. Aus Gründen der Gleichbehandlung solle ein Beamter, der nach Begehung einer schwerwiegenden Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden. Der Umstand, dass eine definitive Feststellung der genauen Anzahl der kinderpornografischen Bild- und Videodateien im Strafverfahren unterblieben sei, beruhe maßgeblich auf dem Geständnis des Beklagten und dem eigenen Vorschlag eines von der Staatsanwaltschaft akzeptierten Strafmaßes. Erforderlichenfalls sei Beweis über den Umfang der kinderpornografischen Dateien sowie den Zeitraum ihres Besitzes zu erheben. Ein Sachverständigengutachten könne anhand der gespeicherten Metadaten Auskunft über Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Downloads geben.

35

Gegen die beantragte Disziplinarmaßnahme könne nicht eingewandt werden, dass bislang keine Kenntnis von der Straftat nach außen gedrungen sei. Ein konkreter Ansehensschaden sei hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich. Sollten dem Gericht die bisherigen Feststellungen als Grundlage der beantragten Maßnahme nicht ausreichen, so sei gemäß §65 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG vom Oberverwaltungsgericht als Tatsachengericht Beweis zu erheben bzw. zumindest eine Mängelbeseitigungsaufforderung vorzunehmen. Im Übrigen sei in das Verfahren auch nicht etwa ein neuer Sachverhalt eingeführt worden. Ausweislich der Klageschrift habe sich der Dienstherr auf das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen gestützt und nicht auf den Strafbefehl und die dort lediglich exemplarisch benannten beiden Dateien.

36

Der Kläger beantragt,

37

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts -17. Kammer - vom 8.8.2013 zu ändern und gegen den Beklagten auf Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.

38

Der Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für richtig. Die Aberkennung des Ruhegehaltes würde gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Auch bei einem Lehrer rechtfertige der Besitz kinderpornografischer Schriften keineswegs die Entfernung aus dem Dienst als disziplinarische Regelmaßnahme, von der nur unter ganz besonderen Umständen abzusehen sei. Vielmehr sei im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalles erst zu klären, ob und warum überhaupt die Höchstmaßnahme in Betracht zu ziehen sei. Dies habe das Verwaltungsgericht im Grundsatz richtig erkannt. Zu Recht habe es darauf abgestellt, dass die Anzahl von Dateien mit kinderpornografischem Inhalt nicht festgestellt worden sei. Deshalb könne zu Lasten des Beklagten auch nicht von einer konkreten Anzahl strafrechtlich relevanter kinderpornografischer Datenträger und Dateien ausgegangen werden. Aus der Akte des Ermittlungsverfahrens ergebe sich, dass man darauf verzichtet habe, die Videodateien vollständig durchzusehen und ohne genaue Prüfung lediglich angenommen habe, dass der Beklagte in Besitz von über 5.000 kinderpornografischen Dateien gewesen sei. Eine Vermutung sei jedoch keine für eine disziplinarische Wertung tragfähige Grundlage. Die Annahmen des Klägers zu Zeitraum und Umfang des Besitzes kinderpornografischer Dateien seien mithin spekulativ. Zu Recht habe auch das Verwaltungsgericht die Annahme vertreten, dass ein Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1999 einem Verwertungsverbot in disziplinarrechtlicher Hinsicht unterliege. Dieser Umstand dürfe nicht einbezogen werden. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Übrigen darauf hingewiesen habe, dass es sich bei den Dateien usw. zum Teil auch um Doppel gehandelt habe.

41

Das Verhalten des Beamten bei und nach Entdeckung des Dienstvergehens müsse berücksichtigt werden. Er habe von Anfang an schon im strafrechtlichen Verfahren gestanden und Reue gezeigt. Er habe den Strafbefehl akzeptiert. Die insoweit angestellte Vermutung, der Beklagte habe dies wegen der Aussichtslosigkeit des Bestreitens und im Hinblick auf das angestrebte Strafmaß getan, sei eine Spekulation des Klägers. Richtig sei die Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte sich mit der Entdeckung seiner Tat Erleichterung und Zugang zur Hilfe von außen verschaffen konnte. Die Therapie führe der Beklagte aus der Einsicht heraus durch, dass er seit langem an einer Suchterscheinung mit Krankheitswert leide, die therapeutisch aufgearbeitet werden müsse. Die Aufnahme einer Einzeltherapie habe sich hingezogen, weil es - wie im Verwaltungsverfahren vorgetragen - nicht einfach gewesen sei, einen geeigneten Therapeuten zu finden. Zunächst habe geklärt werden müssen, welche Therapie die richtige sei. Die eigentliche Therapie bei Prof. Dr. ... habe deshalb erst mit einiger zeitlicher Verzögerung aufgenommen werden können. Sie dauere nach wie vor an, von den bisher genehmigten insgesamt 54 Sitzungen seien gut 30 inzwischen durchgeführt worden. Die Sitzungen fänden regelmäßig wöchentlich statt. Sie würden im Bedarfsfall weiter fortgesetzt. Bereits jetzt zeige die Durchführung der Therapie erste Erfolge. Bei richtiger disziplinarrechtlicher Einordnung müsse die Therapie in die Erwägungen einbezogen werden, die zum Finden der richtigen Maßnahme innerhalb des Orientierungsrahmens anzustellen seien. Die beim Beklagten vorhandene Suchterscheinung mit Krankheitswert führe nicht dazu, ihn als schuldunfähig ansehen zu müssen, lasse aber sein Verschulden weniger schwer wiegen. Zu seinen Gunsten spreche auch die Hinnahme des Abschlusses des Strafverfahrens durch Strafbefehl sowie das auf Einsicht zurückgehende Akzeptieren der Suspendierung sowie der Umstand, dass er auf eigenen Antrag mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand getreten sei. Einem möglichen konkreten Ansehens- und Autoritätsverlust sei er damit entgegengetreten, obwohl er eigentlich eine andere Lebensplanung gehabt habe. Dies müsse als eine Form tätiger Reue angesehen werden. Der Öffentlichkeit sei die Dienstverfehlung im Übrigen nicht bekannt geworden. Auch im Bereich des Dienstherrn beschränke sich die Kenntnis auf einen kleinen Personenbereich. Die Aberkennung des Ruhegehaltes würde deshalb unverhältnismäßig sein. Von einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses könne nicht gesprochen werden.

42

Mangels anderweitiger Feststellungen bleibe dem Beklagten nichts anderes übrig, als auf die belastbaren Umstände hinzuweisen, wie sie in dem Strafbefehl als exemplarisch bezeichneten Dateien benannt seien. Deren verbotenen Inhalt gestehe er selbstverständlich zu. Hinsichtlich der in dem Strafbefehl angeführten 925 Bilddateien und 190 Videodateien könne er lediglich nicht ausschließen, dass auch sie im Einzelfall verbotenen kinderpornografischen Inhalts gewesen sein können.

43

Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 5.5.2014 gemäß §65 i.V.m. § 55 Abs. 3 BDG zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels der Klageschrift aufgegeben, die einzelnen Bild- und Videodateien, deren Besitz dem Beklagten vorgeworfen wird, konkret zu bezeichnen sowie den jeweiligen Besitzzeitraum der Dateien (Download-Zeitpunkt bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme) anzugeben.

44

Nach Erstellung eines Gutachtens durch den Dipl.-Informatiker ... (Fa. ... GmbH) vom 29.4.2014, wegen dessen Inhalts auf die Beiakte E1 Bezug genommen wird, hat der Kläger eine konkretisierte Klagschrift vom 30.9.2014 eingereicht. Hierin wird dem Beklagten unter Bezugnahme auf das erstellte Gutachten vorgeworfen, in der Zeit vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011 insgesamt 8.173 kinderpornografische Schriften besessen zu haben, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Unter den festgestellten 8.173 Dateien seien lediglich 280 kinderpornografische Dateien doppelt vorhanden. Von den kinderpornografischen Schriften stellten 54,6 % einen Missbrauch an Kindern unter 14 Jahren dar, der mit einer Berührung einhergeht. Insgesamt 1.181 Schriften zeigten Kinder bei sexuellen Handlungen, welche mit einem oralen, vaginalen oder analen Eindringen einhergehen. In 717 dieser Schriften seien die Kinder erst 2 bis 10 Jahre alt, in 9 Schriften handele es sich um Kleinkinder im Alter von 0 bis 2 Jahren. Insgesamt 195 Schriften zeigten Kinder bei gewaltsamen sexuellen Handlungen. In 103 dieser Schriften gingen die sexuellen Handlungen mit einem oralen, vaginalen oder analen Eindringen einher, wobei die Kinder in 52 dieser Schriften erst 2 bis 10 Jahre alt seien, in 2 Schriften handele es sich um Kleinkinder im Alter von 0 bis 2 Jahren.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorwurfes wird auf die (konkretisierte) Klagschrift vom 30.9.2014 (Bl. 145 GA) Bezug genommen.

46

Der Beklagte macht geltend, die Datenmenge, die nunmehr in der konkretisierten Klageschrift zugrundegelegt werde, sei erheblich höher als die im Strafbefehl zugrunde gelegte (mindestens 1.115 Dateien, davon 950 Bilddateien und 190 Videodateien). Seinerzeit seien zwei externe Festplatten, ein Rechner und sechs USB-Sticks unter der Asservaten-Nr. 1198/11 beschlagnahmt worden. Das weitere Schicksal der Asservate ergebe sich aus der nur auszugsweise im Verwaltungsvorgang ersichtlichen Strafermittlungsakte nicht. Der Beklagte habe seinerzeit auf die Herausgabe der Asservate verzichtet. Möglicherweise seien die Asservate nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens gemäß §§ 74, 74 d, 74 e StGB vernichtet worden. Dann würden „Original-Daten“ nicht mehr existieren. Die Asservate seien - soweit dies aus den Auszügen der Ermittlungsakte ersichtlich sei - zunächst stichprobenartig untersucht worden. Daten von der Festplatte seien zur Sicherung zwecks weiterer Untersuchung kopiert worden. Die Festplatten seien dann von der Kriminalpolizei (dortige Tagebuch-Nr. i 2011-0033) an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben worden. Die vom Kläger veranlasste Begutachtung durch Herrn ... sei nicht anhand der Original-Asservate, sondern anhand von Kopien (sogenannten Image-Dateien) erfolgt. Ob die Original-Asservate überhaupt noch existierten, sei ungeklärt. Die Verwertbarkeit der Image-Dateien sei fraglich. Hierfür sei zu klären, ob die Image-Dateien nur noch zum Zwecke der Gefahrenabwehr, also zu rein polizeilichen Zwecken aufbewahrt worden seien. Hierfür wiederum sei die abschließende Entscheidung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens von Belang. Dem Beklagte gehe es nicht darum, Beweismittel auszuschließen oder den festgestellten Sachverhalt zu leugnen; ihm dürfe jedoch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er rechtsstaatlich gebotene Anforderungen einfordere. Sollten die OriginalAsservate vernichtet sein, stelle sich die Rechtsfrage, ob die Einziehungsentscheidung der Staatsanwaltschaft auch die Kopien erfasse, woraus ein Verwertungsverbot im Disziplinarverfahren folge. Das Verwaltungsgericht sei vom Sachverhalt des Strafbefehls ausgegangen. Erst mit der Berufungsbegründung sei der Kläger über den so beschriebenen Tatsachenstoff hinausgegangen. Mit der konkretisierten Klageschrift würde nun nochmals darüberhinausgehender Besitz von über 8.000 kinderpornografischen Schriften vorgeworfen. Der somit wesentliche Mangel der Klageschrift sei nicht heilbar im Sinne von § 55 Abs. 3 BDG. Die Anzahl der dem Beklagten zu Last gelegten Pflichtverletzungen weiche derart vom ursprünglichen Vorwurf ab, dass eine Nachtragsdisziplinarklage gemäß § 52 BDG erforderlich sei, die hier jedoch unzulässig sei. Soweit es um den Grad der Vorwerfbarkeit des Dienstvergehens gehe, werde auf den Therapie-Bericht von Prof. Dr. ... vom 18.3.2014 verwiesen. In dem Bericht werde u.a. ausgeführt, dass der Therapeut die Symptome einer mehr zwanghaften als süchtigen Beschäftigung mit sexuellen Abbildungen im Internet beim Beklagten festgestellt hat, die der Abwehr massiver Ängste in Beziehungen dienen, die seit der früheren Kindheit bestehen. Es bestehe von der Wertung her kein Unterschied zu einem an Alkoholismus erkrankten Beamten, dem die Erkrankung mildernd zugutegehalten werden muss.

47

Der Kläger erwidert, der Inhalt der Datenträger (Asservaten-Nr. der StA 1198/11) sei mittels einer Sicherungssoftware schreibeschützt in Image-Dateien kopiert worden. Alle weiteren Datensicherungs- und Untersuchungsschritte seien durch die Bezirkskriminalinspektion unter der Tagebuch-Nr. i 2011-0033 an diesen Image-Dateien vorgenommen worden. Diese Image-Dateien seien auf die Sicherungsfestplatte Nr. 752 kopiert worden (Bl. 53 der Disziplinar-Akte). Die Authentizität der Daten auf den Asservaten sei auf dem Stand der Anlieferung bei der Bezirkskriminalinspektion ..., Kommissariat Zentrale Dienste, IT- Beweissicherung geblieben. Selbst im Strafverfahren erfolge keine Untersuchung der Original-Asservate, sondern der Image-Dateien. Eine Vernichtungsverpflichtung nach Abschluss des Strafverfahrens lasse sich aus den §§ 74, 74 d und 74 e StGB nicht herleiten.

48

Die Staatsanwaltschaft ... habe die Asservate auch nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens weiter aufbewahren dürfen, zumal ihr bekannt gewesen sei, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden war. Es sei richtig und zweckmäßig, dass dem Gutachter die Image-Dateien von der Sicherungsfestplatte Nr. 752 zur Verfügung gestellt worden seien, welche dann auf die Festplatte der Firma ... überspielt worden sei (Bl. 50 des Gutachtens). Die Einzelheiten ergäben sich aus dem Vermerk über die Datensicherung des Kommissariats 6 der Bezirkskriminalinspektion ... (IT-Beweissicherung) vom 18.11.2014 (Bl. 184 PA). Ohne die aufgrund der geständigen Einlassung im Strafverfahren erfolgte Beschränkung der Strafverfolgung hätte bereits im Strafverfahren selbst eine ausführliche Begutachtung stattfinden müssen und die nunmehr festgestellte Menge an kinderpornografischen Dateien ergeben. Im Disziplinarverfahren sei keine Beschränkung auf die strafrechtlich geahndete Anzahl an kinderpornografischen Dateien erfolgt. Da auf eine vollständige Sichtung aller Dateien zunächst verzichtet worden sei und eine Aussage zum Beginnzeitpunkt des Besitzes der Dateien gefehlt habe, sei eine Konkretisierung erst nach Erlass des Senatsbeschlusse vom 5.5.2014 und Fertigung der konkretisierten Klageschrift vom 30.9.2014 erfolgt. Die ursprüngliche Klageschrift lasse eine gewollte Beschränkung des Vorwurfes auf die im Strafbefehl vorgeworfene Anzahl der Dateien nicht erkennen. In der Klage werde keine konkret angeschuldigte Anzahl an kinderpornografischen Dateien benannt, was dafür spreche, dass der Besitz aller vorhandenen Dateien angeschuldigt werden sollte. Die fehlende Konkretisierung sei nach Aufforderung durch das Gericht gemäß § 55 Abs. 3 BDG ausgeräumt worden. Mit der konkretisierten Klageschrift liege entgegen der Auffassung des Beklagten keine Ausweitung um weitere Dienstvergehen vor, sondern lediglich eine Konkretisierung der angeschuldigten Anzahl an kinderpornografischen Dateien, was nicht nur zulässig, sondern als gewichtsbildender Faktor für ein sachgerechte Maßnahmebemessung auch erforderlich sei.

49

Anzuerkennende Schuldausschließungsgründe seien nicht ersichtlich. Eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von §21 StGB könne gegebenenfalls als mildernder Umstand Berücksichtigung finden. Die Schwelle anzuerkennender Schuldunfähigkeit beziehungsweise auch nur verminderter Schuldfähigkeit sei sehr hoch. Allein das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung reiche zur Annahme dieses Milderungsgrundes nicht aus. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beamten aufgrund eines bestimmten Krankheitsbildes sei hier nicht ersichtlich. Der Beklage habe sich nach § 184b Abs. 4 StGB unter der Geltung der erhöhten Strafandrohung von 2 Jahren Freiheitsstrafe strafbar gemacht. Der Orientierungsrahmen sei angesichts der Dienstpflichten von Lehrern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die Anzahl der Bilddateien sei mit 8.173 ganz erheblich. Hinzu kämen 447 Videodateien mit der außerordentlich hohen Gesamtabspielzeit von mehr als 3 Tagen. Ein großer Teil der Dateien zeige den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Kleinstkindern in teilweise extremer Form. Eine - angenommene - verminderte Schuldfähigkeit würde dementsprechend nicht derart ins Gewicht fallen, dass von der angezeigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Abstand genommen werden könnte. Nachträgliche Therapiemaßnahmen würden sich nicht mildernd auswirken, da der bei Bestehen eines Dienstbezuges bei kinderpornografischem Fehlverhalten eingetretene Ansehens- und Autoritätsverlust nicht rückgängig gemacht werden könne. Der Umstand, dass der Beklagte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei, stelle keinen Milderungsgrund dar. Im Übrigen versuche der Beklagte weiterhin, den festgestellten Sachverhalt zu leugnen und sein Verhalten zu relativieren. Von einer uneingeschränkten Geständigkeit könne keine Rede sei.

50

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2015 den Beklagten angehört sowie den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. ... (zur Erläuterung des Therapieberichts vom 18.3.2014 bezüglich der vom Kläger und seiner Ehefrau absolvierten Paartherapie) sowie zu Fragen der forensischen Sicherung und der Sichtung der am 24.2.2011 beim Beklagten sichergestellten internen sowie zweier weiterer externer Festplatten die Zeugen ... und ... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen 1 bis 3 zum Verhandlungsprotokoll vom 26.3.2015 Bezug genommen. Danach hat der Senat durch Beschluss vom 26. März 2015 das Disziplinarverfahren gemäß § 41 LDG i.V.m. § 56 BDG beschränkt, so dass 3.635 Posingbilder sowie weitere 77 Posingvideos ausgeschieden wurden.

51

Wegen des Inhalts des aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 28. Mai 2015 erstellten forensisch-psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit wird auf das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Frau ..., vom 18.12.2015 verwiesen.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf die Beiakten A bis D Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung ist zulässig und begründet. Dem Beklagten war das Ruhegehalt abzuerkennen.

54

Einem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (§13 Abs. 2 Satz 2 LDG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.

55

Der Senat geht von folgendem Sachverhalt aus: Der Beklagte hat im Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011 auf einer internen Festplatte seines Medion-PC sowie auf zwei externen Festplatten 7.689 ungelöschte kinderpornografische Bilder gespeichert. Darunter befanden sich 3.635 Posing-Bilder, welche aufgrund des Beschlusses des Senats vom 26. März 2015 ausgeschieden wurden. Ferner speicherte der Beklagte im genannten Zeitraum 447 ungelöschte kinderpornografische digitale Videos mit einer Gesamtabspieldauer von 3 Tagen 4 Stunden 31 Minuten und 11 Sekunden. Darunter befanden sich 77 Posing-Videos, welche ebenfalls durch Beschluss vom 26. März 2015 ausgeschieden wurden. 37 kinderpornografische Bilder waren gelöscht. Damit legt der Senat seiner disziplinarrechtlichen Beurteilung 4.054 ungelöschte kinderpornografische Bilder sowie 370 ungelöschte kinderpornografische digitale Videos zugrunde. Unter den kinderpornografischen Schriften befanden sich solche, die den Missbrauch von Kindern deutlich unter 10 Jahren zeigten, solche, die den Geschlechtsverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den Geschlechtsverkehr von Kindern untereinander zeigten, solche, die den Analverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den Oralverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den sexuellen Missbrauch an Kindern mithilfe von Fremdkörpern (Vibratoren, etc.) zeigten und solche, die sexuelle Handlungen an gefesselten Kindern zeigten.

56

Von diesem Sachverhalt ist der Senat aufgrund des Datensicherungsberichts vom 4.3.2011 und des Vermerks vom 18.11.2014 (Bl. 184 PA) sowie des Gutachtens des Sachverständigen für IT-Forensik ... (Gutachten der ... GmbH FA-140822-02 vom 24.9.2014) und der Vernehmung der Zeugen ... und ... im Termin vom 26.3.2015 überzeugt. Zwar ist die Begutachtung durch den Sachverständigen ... nicht anhand der sichergestellten Original-Festplatten (eine interne sowie zwei externe Festplatten) erfolgt. Es bestehen aber keinerlei vernünftige Zweifel daran, dass die auf die Festplatte der Firma ... kopierten Imagedateien mit den Originaldateien übereinstimmen. Die Originaldateien der hier interessierenden drei Festplatten sind bei der Bezirkskriminalinspektion ... mit dem forensischen Sicherungsprogramm Encase gesichert worden. Dies hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2015 näher erläutert. Es wurden 1:1 Kopien (sogenannte Imagedateien) erstellt und auf einer Sicherungsfestplatte (Nr. 752) gesichert. Sodann wurde die erfolgreiche Herstellung identischer Dateien durch den Abgleich der jeweiligen sogenannten HASH-Werte bestätigt. Die Imagedateien wiederum wurden zwecks Gutachtenerstellung durch den Zeugen ... auf eine Festplatte der Firma ... kopiert und auch hier ein Abgleich der HASH-Werte, d.h. des „digitalen Fingerabdrucks“ der Dateien vorgenommen und deren Übereinstimmung festgestellt. Die Datenträger bzw. deren Imagedateien, auf denen der Gutachter die kinderpornografischen Dateien festgestellt hat, stammen aus zwei externen Festplatten des Medion-PC sowie der internen Festplatte des PC. Die auf Bl. 3 des Gutachtens aufgeführten Referenznummern und Bezeichnungen entsprechen den Datenträgerbezeichnungen der Bezirkskriminalinspektion ... (Beweissicherung) im Datensicherungsbericht vom 4.3.2011. Hinzu kommt, dass tatsächlich bei der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten am 24.2.2011 zwei externe und eine interne Festplatte sichergestellt wurden. Der Beklagte hat die Existenz kinderpornografischer Dateien auf diesen Festplatten nicht geleugnet. Bei dieser Sachlage hat der Senat keinerlei Zweifel an der Identität der begutachteten Dateien mit den seinerzeit sichergestellten Original-Datenträgern.

57

Der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts steht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen, dass die Original-Asservate nach Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ... vom 10.4.2015 im Januar 2015 vernichtet worden sind. Ein Verwertungsverbot lässt sich hieraus nicht ableiten. Die vom Beklagtenvertreter in diesem Zusammenhang angesprochenen §§ 74 ff. StGB regeln die Voraussetzungen der Einziehung sowie deren eigentumsrechtlichen Folgen, ordnen jedoch kein Verwertungsverbot von zu Zwecken der Beweissicherung angefertigten Image-Dateien kinderpornografischer Schriften an. Auch datenschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Verwertung nicht entgegen. § 49 Abs. 4 BeamtStG ermöglicht die Übermittlung von anlässlich eines Strafverfahrens erhobenen Daten an die Disziplinarbehörden. Zudem Regelt § 24 Abs. 1 Nr. 2 LDG, dass im Disziplinarverfahren Urkunden und Akten beigezogen werden können, wozu gegebenenfalls auch vorhandene Asservate der Staatsanwaltschaft gehören. Gemäß § 29 Abs. 1 LDG ist die Erhebung personenbezogener Daten sowie deren Verarbeitung und Nutzung im Disziplinarverfahren auch gegen den Willen der Beamtin oder des Beamten oder anderer Betroffener zulässig, wenn und soweit die Durchführung des Disziplinarverfahrens dies erfordert und überwiegende Belange der Beamtin oder des Beamten, anderer Betroffener oder der ersuchten Stelle nicht entgegenstehen. Wie der Staatsanwaltschaft ... auch vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens bekannt war, war gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst (bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes) eingeleitet worden. An der forensischen Sicherung und gutachterlichen Sichtung der erstellten Image-Dateien bestand vorliegend ein zwingendes öffentliches Interesse, welches die Übermittlung der gesicherten Daten und deren Auswertung rechtfertigt (vgl. - zur Übermittlung ermittelter Steuerdaten - BVerwG, Beschl. v. 5.3.2010 - 2 B 22/09 -, Juris).

58

Der Berücksichtigung des Sachverhalts steht auch nicht - wie der Beklagtenvertreter geltend gemacht hat - entgegen, dass dem Beklagten in der konkretisierten Klageschrift eine um ein Vielfaches höhere Anzahl kinderpornografischer Dateien vorgeworfen wird. Der in der konkretisierten Klageschrift vorgeworfene Sachverhalt ist nicht neu. Nur bei einem neuen Sachverhalt ist die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage erforderlich. Entscheidend für die Abgrenzung der Nachtragsdisziplinarklage gemäß § 53 BDG vom Fall der Mängelbeseitigung der Klageschrift gemäß § 55 BDG ist, ob neue Handlungen einbezogen werden sollen, die noch nicht Gegenstand der Disziplinarklage waren. Ist hingegen ein Sachverhalt bereits von der Klage erfasst worden, so liegt in der nach Aufforderung gemäß § 55 Abs. 3 BDG erneut vorgelegten, von Verfahrensfehlern befreiten Klageschrift keine Nachtragsdisziplinarklage (Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl., §53 Rdnr. 2). Die Klageschrift vom 16. Oktober 2012 ließ zwar die konkrete Bezeichnung der einzelnen Bild- und Videodateien, deren Besitz vorgeworfen wird sowie die Angabe des jeweiligen Besitzzeitraums der Dateien vermissen. Es wird jedoch in der Klageschrift deutlich, dass Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfes der Besitz kinderpornografischer Dateien ist, welche sich bis zur Sicherstellung des PC Miditower Medion nebst dessen zugehörigen Speichermedien am 24.2.2011 im Besitz des Beklagten befunden haben. Damit sind die inkriminierten Dateien der am 24.2.2011 sichergestellten Datenträger Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfes. Es ist für das Disziplinarverfahren unerheblich, dass die Strafverfolgung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 4.1.2012 gemäß § 154a Abs. 1 StPO auf den Vorwurf des Strafbefehls beschränkt wurde. Dieser wirft dem Beklagten vor, in ... in der Zeit bis zum 24.2.2011 mindestens 925 kinderpornografische Bilddateien und mindestens 190 Videodateien besessen zu haben.

59

Eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl kinderpornografischer Dateien enthält die Klageschrift nicht. Durch die Bezugnahme auf den Strafbefehl und die strafrechtlichen Ermittlungen wird vielmehr bei verständiger Würdigung deutlich, dass der Besitz aller kinderpornografischer Dateien bis zum 24.2.2011 vorgeworfen wird, welche sich auf dem PC Miditower „Medion" nebst zugehörigen Speichermedien befanden. Mit der konkretisierten Klageschrift liegt keine Ausweitung des Sachverhalts um weitere Dienstvergehen vor, sondern es handelt sich um eine Konkretisierung der angeschuldigten Anzahl an kinderpornografischen Dateien.

60

Schließlich steht der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts auch nicht etwa entgegen, dass - diesen Gesichtspunkt hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - vor Übermittlung der konkretisierten Klageschrift der Personalrat nicht erneut beteiligt wurde. Abgesehen davon, dass sich zu diesem Zeitpunkt der Beklagte bereits im Ruhestand befand, ist eine erneute Beteiligung des vor Erhebung der Disziplinarklage bereits beteiligten zuständigen Personalrats nicht erforderlich.

61

Aus dem Gutachten der... GmbH ... vom 24.9.2014 geht ferner hervor, dass der Download der Dateien am 16.2.2009, 17.4.2009 und am 21.4.2009 erfolgte, während der früheste Erstellzeitpunkt einer kinderpornografischen Datei für den 9.3.2009 ermittelt wurde. Den Umstand, dass zwischen dem ersten Download (16.2.2009) und dem 9.3.2009 keine Erstellung kinderpornografischer Dateien festgestellt werden konnte, hat der Sachverständige ... in seinem Gutachten auf den Einsatz von Wiping-Software zurückgeführt. Durch diese Löschsoftware würden unwiderruflich alle Dateiinhalte und die Meta-Daten einer Datei gelöscht, so dass keine Aussage mehr darüber getroffen werden könne, welche Dateien mit Hilfe des Wiping-Programmes gelöscht wurden. Der Sachverständige ... hat den Löschvorgang im Termin am 26.3.2015 näher erläutert und ausgeführt, es seien die Dateinamen mit der Löschsoftware überschrieben worden, so dass man sie nicht habe wiederherstellen können.

62

Der zur Überzeugung des Senats feststehende Sachverhalt begründet die Annahme einer vorsätzlichen, rechtswidrigen und damit schuldhaften außerdienstlichen Dienstpflichtverletzung im Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011. Der Beklagte hat zugleich einen Straftatbestand verwirklicht und damit gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes am 1.4.2009 folgt dies aus § 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LDG a.F.. Gemäß § 36 Satz 3 BRRG a.F. muss das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Gleiches fordert die Vorschrift des § 66 Satz 3 LDG a.F..

63

Der Beklagte hat durch den Besitz kinderpornografischer Dateien den Straftatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB verwirklicht. Nach dieser Vorschrift wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer kinderpornografische Schriften besitzt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Dass der Beklagte den Straftatbestand vorsätzlich verwirklicht hat, ergibt sich aus dem Gutachten vom 24.9.2014, wonach die strukturierte Ablage der Dateien, deren eindeutige Benennung sowie das Vorhandensein von Vorschau-Bildern die Kenntnis des Beklagten von dem Inhalt der gespeicherten Dateien belegt. Dass der Beklagte wusste, welche Dateien er speicherte, ist im Übrigen zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der Beklagte selbst hat den Besitz von kinderpornografischen Dateien zugegeben und seine Kenntnis der jeweiligen Inhalte auch im Rahmen der forensischen Begutachtung durch die Oberärztin ... nicht bestritten.

64

Dies begründet für den Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 31.3.2009 die Annahme einer Dienstpflichtverletzung gemäß §36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. §66 Satz 3 LDG a.F.. Für die Zeit danach, d.h. ab dem Inkrafttreten des Beamtenrechtsstatusgesetzes, ergibt sich dies aus § 34 Satz 3 BeamtStG, wonach das Verhalten des Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert.

65

Hierdurch hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Gemäß § 45 Abs. 1 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 LBG a.F. begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F.). Für die Zeit nach Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes ergibt sich dies aus § 47 Abs. 1 BeamtStG.

66

Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Danach ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zu Tage getretene Fehlverhalten einheitlich zu würdigen. Die Pflichtenverstöße stellen disziplinarrechtlich eine Einheit dar. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen. Nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten kann beurteilt werden, ob der Beamte im Beamtenverhältnis noch tragbar ist und, falls dies zu bejahen ist, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, um ihn zur künftigen Einhaltung der Dienstpflichten und der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums anzuhalten (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2011 - 2A5.09 -, Juris Rdnr. 12, v. 14.2.2007 - 1 D 12.05 -, BVerwGE 128, 125 = Juris jeweils Rdnr. 21 f.; Beschl. v. 6.6.2013 - 2 B 50.12 -, Juris Rdnr. 14 u. v. 11.2.2014 - 2 B 37.12 -, Juris Rdnr. 17).

67

Aus § 34 Satz 3 und § 47 Abs. 1 BeamtStG folgt nichts anderes, weil die Vorschriften mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache mit den genannten Vorgängerregelungen übereinstimmen und damit für den Beklagten keine günstigere Rechtslage geschaffen haben, auf die er sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (BVerwG, Urt. v. 25.8.2009 - 1 D 1.08 -, Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 = Juris jeweils Rdnr. 33).

68

Der Beklagte hat vorliegend das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Er hatte die kinderpornografischen Dateien auf seinem privaten Computer zu Hause abgespeichert. Gleichwohl handelt es sich um ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG bzw. i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F..

69

Bereits allein aufgrund der Höhe der in § 184b Abs. 4 StGB normierten Strafandrohung erfüllt auch die außerdienstliche Pflichtverletzung des Besitzes kinderpornografischer Dateien die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen, wonach ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen ist, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Außerdem weist das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen einen Bezug zum (ehemaligen) Dienstposten des Beklagten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Dies ist der Fall, weil der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (BVerwG, Urt. v. 19.8.2010 - 2C5/10-, NVwZ 2011, 303). Wer kinderpornografische Schriften besitzt, trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 167a Abs.2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist im hohen Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung zu einer Gesamtpersönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbarem Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die - wie hier - den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten zweifelhaft erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.8.2010, a.a.O.).

70

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann (BVerwG, Beschl. v. 25.2.2012 - 2 B 133/11 -, Juris, Rdnr. 11). Hierbei macht es keinen Unterschied, dass der Beklagte Berufsschullehrer ist. Nach allem liegt hier ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen vor.

71

Der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts steht nicht entgegen, dass sich der Beklagte mittlerweile im Ruhestand befindet. § 47 Abs. 1 BeamtStG unterscheidet zwar zwischen aktiven Beamten und Ruhestandsbeamten, abzustellen ist aber insoweit nicht auf den derzeitigen Status der Beklagten, sondern auf ihren Status, den sie zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen innehatte. Für die Ausübung der Disziplinarbefugnis gelten die gesetzlichen Maßnahmenkataloge für aktive Beamte und für Ruhestandsbeamte (§ 5 Abs. 1 und 2 LDG). Als Disziplinarmaßnahme gegen Ruhestandsbeamte kommen nur die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht (§ 5 Abs. 2, §§ 11, 12 LDG). Tritt ein Beamter in den Ruhestand, nachdem er ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich gezogen hätte, ist stattdessen das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 LDG). Diese Regelung stellt aus Gründen der Gleichbehandlung sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines im aktiven Dienst begangenen schweren Dienstvergehens, das ihn als Beamter untragbar macht und deshalb zur Auflösung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit führen muss, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Ebenso wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dient die Aberkennung des Ruhegehalts der Wahrung der Integrität des Berufsbeamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 32; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6 und vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - Rn. 19). Dasselbe gilt, wenn auf die nächst niedrigere Maßnahme bei einem aktiven Beamten, nämlich auf die Zurückstufung (§ 9 LDG) oder auf die noch niedrigere Maßnahme, nämlich auf die Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 LDG) zu erkennen wäre. Nach dem Eintritt in den Ruhestand ist in diesen Fällen auf Kürzung die Ruhegehaltskürzung (§ 11 LDG) auszusprechen. Käme bei einem aktiven Beamten nur eine Geldbuße (§ 6 LDG) oder ein Verweis (§ 7 LDG) in Betracht, gibt es hierfür keine Entsprechung bei einem Ruhestandsbeamten und das Verfahren ist einzustellen bzw. bei einer Disziplinarklage ist diese abzuweisen.

72

Das einheitlich zu bewertende Dienstvergehen erfordert seiner Art und Schwere nach die Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12 LDG).

73

Gemäß § 13 Abs.1 LDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Aus § 13 LDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten.

74

Maßgebend ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich insoweit nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten und nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte (std. Rspr. d. BVerwG, Urt. v. 23.12.2012 - 2C38.10- m.w.N.). Das Kriterium Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich und seine konkret ausgeübte Funktion.

75

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.

76

Das festgestellte Dienstvergehen ist nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen; hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 261 ff). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Wiegt das Dienstvergehen derart schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen.

77

Anders als bei einem unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlungen zu groß ist. Dies gilt auch für die Fälle, in denen das strafbare Verhalten einen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten aufweist. Für die Bestimmung des Orientierungsrahmens ist der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen maßgeblich. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007), mit dem der Gesetzgeber den Strafrahmen für das Vergehen des Besitzes kinderpornografischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht hat, reicht der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Beschl. v. 25.5.2012, a.a.O., Rdnr. 11; BVerwG, Urt. v. 19.8.2010, a.a.O.).

78

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt in diesem Fall dann in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zu Gute kommen (BVerwG, Beschl. v. 25.5.2012, a.a.O., Rdnr. 11).

79

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen stuft der Senat als derart schwer ein, dass bei einem aktiven Beamten allein die Sanktionierung mit der schwersten Maßnahme des § 5 Abs. 1 LDG, der Entfernung aus dem Dienst, in Betracht käme, so dass bei dem Beklagten, der sich mittlerweile im Ruhestand befindet, das Ruhegehalt abzuerkennen ist, §§ 12, 13 Abs. 2 Satz 2 LDG.

80

Die besondere Verwerflichkeit des Dienstvergehens folgt für den Senat aus der außerordentlich hohen Anzahl ungelöschter kinderpornografischer Dateien (3.635) sowie kinderpornografischer Videos (370) sowie des Umstandes, dass sich unter den festgestellten Schriften sehr eindeutige/auffällige kinderpornografische Schriften befanden. Unter anderem befanden sich unter den kinderpornografischen Schriften auch solche, die sexuelle Handlungen an gefesselten Kindern und den sexuellen Missbrauch an Kindern mithilfe von Fremdkörpern zeigten. Zudem dauerte der Besitz der kinderpornografischen Dateien über einen langen Zeitraum (9.3.2009 bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 24.2.2011).

81

Danach ist die Entfernung aus dem Dienst bzw. - im Falle des Beklagten - die Aberkennung des Ruhegehalts Richtschnur für die Maßnahmebemessung. Milderungsgründe von erheblichem Gewicht, die es rechtfertigen könnten, von der durch die besondere Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme abzusehen, liegen nicht vor. Unter Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG sind entlastende Umstände nicht auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (vgl. std. Rspr. d. BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 – 2 C 12.04 -, Juris Rdnr. 26 ff.; v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 -, Juris Rdnr. 23 m.w.N.; v. 29.3.2012 – 2 A 11.10 -, Juris Rdnr. 80). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung der belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen muss, was maßgebend auch vom Verschulden des Beamten abhängt. Wenn eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.2010 - 2 C 83/08 -, NVwZ 2010, 1571 = Juris Rdnr. 34).

82

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehen der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (§ 21 StGB). Gemäß § 20 StGB handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit war vorliegend aufgrund der überzeugenden Ausführungen der Gutachterin Frau ... auszuschließen. Diese hat in ihrer psychiatrischen Begutachtung vom 18.12.2015 sowie in ihrer Erläuterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2016 zum einen dargelegt, dass es bereits an den in § 20 StGB genannten medizinischen Eingangskriterien fehle. Weder habe der Beklagte bei Begehung der Tat an einer krankhaften seelischen Störung gelitten noch habe eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorgelegen. Auch die anderen beiden Fallgruppen (Schwachsinn; schwere andere seelische Abartigkeit) seien zu verneinen. Der Senat hält diese Ausführungen der Gutachterin für widerspruchsfrei und überzeugend. Bereits hiernach kann ein Fall des § 21 StGB nicht angenommen werden. Hinzu kommt, dass die Gutachterin im Einzelnen sowohl in ihrem Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, dass der Beklagte sowohl fähig war, das Unrecht der Tat einzusehen als auch fähig war, nach dieser Einsicht zu handeln. Hinsichtlich des ersteren Aspekts folgt dies nachvollziehbar und ohne weiteres daraus, dass der Beklagte selbst angegeben hat, dass ihm das Verbotene seiner Handlungen bewusst gewesen sei. Auch eine Steuerungsfähigkeit hat die Gutachterin angenommen. So habe der Beklagte durchaus situationsabhängig - je nach Anwesenheit seiner Frau - sein Verhalten im Hinblick auf den Konsum kinderpornografischer Dateien steuern können. Auch die strukturierte Ablage der Dateien spreche zusätzlich für eine uneingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Delikte habe er sich psychisch jeweils in einem Zustand befunden, in welchem er in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Er habe sich an situative Gegebenheiten anpassen können und sei zu einer Risikoabwägung und adäquatem Nachtatverhalten in der Lage gewesen. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen der Gutachterin ... . Eine erheblich eingeschränkte Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB ist somit zu verneinen.

83

Es kann auch keine Rede davon sein, dass es sich bei dem Dienstvergehen um eine sogenannte „Augenblickstat“ gehandelt hat. Allein die Feststellung, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 24.02.2011 die kinderpornografischen Dateien etwa zwei Jahre in Besitz hatte, verbietet die Annahme einer Milderungsmöglichkeit unter dem Gesichtspunkt einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Beklagte selbst angegeben hat, bereits 1999 kinderpornografische Dateien auf seinem PC gespeichert zu haben. Es kann dahinstehen, ob dieses - seinerzeit strafrechtlich nicht geahndete - Verhalten im Rahmen der Würdigung des Persönlichkeitsbildes zu Lasten des Beamten gewertet werden dürfte oder ob dem § 51 BZRG entgegenstünde.

84

Der Senat hat gewürdigt, dass der Beklagte eine Paartherapie bei Prof. Dr. ... absolviert hat und die Gutachterin ... in ihrem Gutachten vom 18.12.2015 nicht zuletzt aufgrund der absolvierten Therapie, aber auch aufgrund anderer Umstände eine (überwiegend) günstige Prognose abgegeben und dies in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt hat. Dies rechtfertigt jedoch bei einer Gesamtwürdigung kein Absehen von der Aberkennung des Ruhegehaltes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zu den Fällen, in denen der Besitz kinderpornografischen Materials keinen dienstlichen Bezug aufweist, der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht wird (BVerwG, Beschl. v. 25.2.2012, a.a.O., Rdnr. 17). Auch der vom Beklagten geltend gemachte Umstand, dass nur wenige in der Schule von seinem Fehlverhalten Kenntnis erlangt hätten und er durch Akzeptanz der Suspendierung vom Dienst sowie seiner Entscheidung, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, Schaden von der Schule abgewendet hätte, kann hier nicht zu einer anderen Bewertung führen. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 2 StGB strafbar gemacht hat, ist regelmäßig Eignungszweifeln ausgesetzt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppen verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Dabei genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die bloße Eignung des Dienstvergehens, zu einem konkreten Ansehensschaden muss es nicht gekommen sein (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2010 -2 B 18/10-, a.a.O., Juris Rdnr. 15). Der Umstand, dass der Beklagte nicht mehr als Lehrer tätig ist, weshalb sich die Frage einer Beeinträchtigung seiner Aufgabenwahrnehmung nicht mehr stellt, ändert an der Rechtmäßigkeit der vom Kläger beantragten Disziplinarmaßnahme nichts, weil gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen ist, wenn sie oder er als noch im Dienst befindliche Beamtin oder im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Abzustellen ist nach dem Gesetz auf die fiktive Frage, ob - wäre der Lehrer noch aktiver Lehrer - das hier zu beurteilende Dienstvergehen eine Entfernung aus dem Dienst gebieten würde. Dies ist hier zu bejahen.

85

Richtig ist, dass der Beklagte zuvor weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist und über lange Zeit ordentliche dienstliche Leistungen erbracht hat. Dies kann allerdings angesichts der Schwere der Verfehlung keine durchgreifende Bedeutung zukommen. Jede Beamtin und jeder Beamte ist nämlich verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich inner- und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.3.2012 -2A 11.10-, Juris Rdnr. 82). Ohne durchgreifende Bedeutung ist auch der Umstand, dass der Beklagte an einem Berufsbildenden Gymnasium tätig war. Die Eignung des hier in Rede stehenden Dienstvergehens, einen nicht wieder gutzumachenden Ansehens- und Autoritätsverlust zu bewirken, der die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe regelmäßig unmöglich macht, ist auch in diesem Falle gegeben.

86

Schließlich kommt auch dem Umstand, dass der Beklagte bis zu einem gewissen Grade geständig war, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Richtig ist, dass der Beklagte den Besitz kinderpornografischer Dateien weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren grundsätzlich abgestritten hat. Dabei ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass aufgrund der erfolgten Sicherstellung der Sachverhalt vom Grundsatz her ohnehin nicht zu verschleiern war. Hinsichtlich der Anzahl der kinderpornografischen Dateien weist das Verhalten des Beklagten zudem durchaus Verharmlosungstendenzen auf; so hat er noch bei der Gutachterin ... angegeben, die durch den Sachverständigen ... festgestellten Zahlen seien nicht „seine Zahlen"; sollten sie gleichwohl stimmen, könne er sich dies nur mit einer Art Sammelsucht erklären.

87

Schließlich führt auch die bisherige Dauer des Disziplinarverfahrens nicht zu einem anderen Ergebnis. Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. - wie hier - die Aberkennung des Ruhegehalts geboten ist, kann nicht davon abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013 - 2 C 3.12-, Juris Rdnr. 53, zuletzt Beschl. v. 10.10.2014 - 2B66.14-, Juris Rdnr. 7).

88

Die gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK verstoßende unangemessen lange Dauer eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens kann nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Daher kann der Verstoß für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013, a.a.O., Rdnr. 50).

89

Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Verfahrensbeteiligten wegen der unangemessen langen Verfahrensdauer auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) verwiesen. Diese Vorschriften finden auf gerichtliche Disziplinarverfahren Anwendung (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013, a.a.O., Rdnr. 51). Für den vorliegenden Fall ergibt sich dies aus § 173 Satz 2 VwGO, § 4 LDG).

90

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 4 LDG, 167 VwGO und 708 Nr. 10, 711 ZPO.

91

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 69 BDG und § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

Die Beschwerde des Beamten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - Disziplinarkammer - vom 06. Juli 2005 - DL 10 K 14/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beamte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die nach § 33 Abs. 4 LDO statthafte Beschwerde ist zulässig. Sie ist auch nicht verspätet eingelegt worden. Zwar ist die Beschwerde nach § 77 Abs. 2 LDO grundsätzlich innerhalb zweier Wochen seit Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen, doch gilt dies nicht, wenn die nach § 25 Abs. 1 LDO erforderliche schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig erteilt worden ist (vgl. § 25 Abs. 2 LDO); in diesem Fall ist die Einlegung eines Rechtsmittels grundsätzlich innerhalb eines Jahres zulässig. So verhält es sich hier, da die dem angefochtenen Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung die unrichtige Angabe enthielt, die Beschwerde sei „innerhalb eines Monats“ zulässig.
Die Disziplinarkammer hat die Disziplinarverfügung der Polizeidirektion R. vom 15.09.2004, mit der dem Beamten ein Verweis erteilt wurde, und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung der Landespolizeidirektion Tübingen vom 19.11.2004 zu Recht aufrechterhalten.
Auch der Senat geht davon aus, dass der Beamte mit dem von der Disziplinarkammer in der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2004 festgestellten und von ihm auch eingeräumten Verhalten ein Dienstvergehen i. S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG begangen hat, das die Erteilung eines Verweises rechtfertigte.
Der Senat teilt auch die rechtliche Bewertung das Verwaltungsgerichts, dass dem Beamten sowohl bei der Behandlung des in der Wohnung der Beschuldigten aufgefundenen Tageszeitung als Beweismittel als auch bei der Nichtweitergabe eines ihm übergebenen Aktenvermerks über ein von einem Kriminalbeamten mit der Beschuldigten geführtes Gespräch fahrlässig gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat (vgl. §§ 73 Satz 3, 74 Satz 2 LBG, §§ 163 Abs. 1 u. 2 Satz 1 StPO, Nr. 23 Abs. 1, 44, 45, 46, 49 u. 51 PDV 350). Insoweit kann auf die zutreffenden und ausführlichen Erwägungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden. Diese werden auch durch die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht in Frage gestellt.
Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass bei der disziplinarrechtlichen Bewertung der dem Beamten gemachte Vorwurf, ein Beweismittel verändert zu haben, ohne dies ausdrücklich in der Verfahrensakte vermerkt zu haben, gleichwohl außer Betracht zu bleiben habe (vgl. BA, S. 16 oben), vermag der Senat allerdings nicht zu folgen; an dieser von der Disziplinarkammer abweichenden Beurteilung war der Senat auch nicht durch das auch im Beschwerdeverfahren geltende Verbot der „reformatio in peius“ (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 1 LDO) gehindert (vgl. v. Alberti/Gayer/Roskamp, LDO 1994, vor § 77 Rn. 3; DH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.10.1987 - DH 12/87 -).
Auch bei diesem dem Beamten unterlaufenen Verstoß gegen § 163 Abs. 1 StPO und Nr. 23 Abs. 1, 44, 45, 46, 49, 51 PDV 350 (vgl. auch § 160 Abs. 2 StPO) handelte es sich um eine Pflichtverletzung, die durchaus das erforderliche „Minimum an Gewicht und Evidenz“ aufwies (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975, BVerfGE 39, 334 Rn. 45), und keineswegs nur um eine - disziplinarrechtlich nicht ahndungswürdige - „Bagatellverfehlung“ (vgl. hierzu DH Bad.-Württ., Urt. v. 01.02.1988, VBlBW 1988, 227), wie sie auch einem an sich pflichtbewussten Beamten ohne weiteres einmal unterlaufen kann. Dies folgt bereits aus der auch vom Verwaltungsgericht erkannten, mit jeder Veränderung eines Beweismittels verbundenen Gefahr, dass dieses einen anderen Beweiswert erhält und damit die Ermittlung des wahren Sachverhalts erschwert werden kann; diese hatte sich bei der weiteren Bearbeitung der Verfahrensakte tatsächlich auch realisiert. Mit Rücksicht auf das zentrale Anliegen eines rechtsstaatlich geordneten Strafverfahrens, den wahren Sachverhalt zu ermitteln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.05.1981, BVerfGE 57, 250 Rn. 64, Beschl. v. 12.01.1983, BVerfGE 63, 45 Rn. 51), war der Beamte, wenn er schon die Aufnahme des vollständigen Beweismittels - der in der Wohnung der Beschuldigten aufgefundenen vollständigen Ausgabe einer Zeitung - in die Verfahrensakte für untunlich hielt, stattdessen die allenfalls tatrelevanten Artikel ausschnitt und lediglich diese der Verfahrensakte beifügte, zu besonderer Gewissenhaftigkeit verpflichtet (vgl. Nr. 44 PDV 350), um die nahe liegende, auch für ihn ohne weiteres erkennbare Gefahr einer Veränderung des Beweiswerts der aufgefundenen Zeitungsausgabe von vornherein auszuschließen (vgl. Nr. 45 Satz 3, 51 PDV 350). Die von ihm im Kernbereich seines Pflichtenkreises als Angehöriger der Kriminalpolizei nach den konkreten Umständen des Falles - zumal bei einer - wie hier - das Interesse der Öffentlichkeit besonders auf sich ziehenden Straftat - anzuwendende und auch mögliche Sorgfalt hat der Beamte außer Acht gelassen, als er, anstatt die Veränderung des Beweismittels in der Verfahrensakte hinreichend zu dokumentieren, die auf ein Blatt im DIN A4-Format geklebten Zeitungsausschnitte irreführend beschriftete, diese irreführend unter lfd. Nr. BS 7 im „Verzeichnis der Beweisstücke“ vom 15.05.2003 aufführte und auf S. 3 seiner Anmerkungen zur Strafanzeige vom 16.05.2003 eine missverständliche Formulierung verwandte. Von einem bloßen Versehen oder einer eher formalen Unkorrektheit kann insofern nicht die Rede sein. Auch der vom Verwaltungsgericht angeführte Umstand, dass bei einem sorgfältigen Studium der Verfahrensakte durchaus erkennbar war, dass das eigentliche (aufgefundene) Beweismittel eine vollständige Zeitungsausgabe war, aus der die beiden Zeitungsartikel lediglich zur weiteren Bearbeitung im Ermittlungsverfahren ausgeschnitten wurden, führt nicht auf eine bloße „Bagatellverfehlung“, der mit den in § 6 Abs. 2 LDO genannten Maßnahmen hinreichend begegnet werden könnte. Eine solche war um so weniger anzunehmen, als sich der Beamte keineswegs auf eine ihm versehentlich unterlaufene äußere Unkorrektheit berufen, sondern im Gegenteil bis zuletzt geltend gemacht hat, sich völlig korrekt verhalten zu haben und auch in anderen Fällen entsprechend verfahren zu sein. Darauf, dass er hierbei keine unlauteren Zwecke verfolgte, kommt es schließlich nicht an.
Soweit die Beschwerde im Einzelnen die rechtliche Bewertung der Disziplinarkammer hinsichtlich der dem Beamten weiterhin vorgeworfenen Nichtweitergabe des Aktenvermerkes über ein Gespräch mit der Beschuldigten am 06.03.2003 beanstandet und hierzu insbesondere geltend macht, dass die Kriminalpolizei entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung (BA, S. 16 f.) nicht sämtliche Unterlagen der Staatsanwaltschaft zu deren weiterer Verwendung vorzulegen habe, sondern es gerade Aufgabe des (kriminalpolizeilichen) Hauptsachbearbeiters sei, die entsprechende Verfahrensakte abschließend „zusammenzustellen“ (vgl. die inzwischen außer Kraft getretene Verwaltungsvorschrift über die Aktenführung in Ermittlungsverfahren v. 12.12.1990 - Az.: 3-6200/410 -), was bedeute, dass in diese auch nur die zulässigerweise erhobenen und damit verwertbaren Beweismittel aufzunehmen seien, geht dies fehl. So betraf der Aktenvermerk die einzige Aussage der Beschuldigten zur Sache, die, zumal sie letztlich einem Geständnis gleichkam (vgl. Nr. 45 Abs. 2 RiStBV; § 168b Abs. 2 StPO), in einem Strafverfahren wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts ersichtlich Bedeutung erlangen konnte (vgl. Pfeiffer, a.a.O., § 147 Rn. 3) und insofern, nachdem sie bereits - ob zulässig oder nicht - erhoben worden war, entsprechend dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit jedenfalls auch in den der Staatsanwaltschaft nach § 163 Abs. 2 Satz 1 StPO zu übersendenden „Verhandlungen“ zu dokumentieren war (vgl. auch Nr. 2.1.1 VwV-Aktenführung: „die Gesamtheit a l l e r relevanten und beweiserheblichen Feststellungen zum Tatverdächtigen und Tatgeschehen“). Hielt der Beamte gleichwohl eine andere Verfahrensweise für angezeigt, hätte er zuvor die Entscheidung der Staatsanwaltschaft als der Herrin des Ermittlungsverfahrens (vgl. §§ 160 Abs. 2, 161 Abs. 1 StPO) einholen müssen (vgl. Pfeiffer, a.a.O., § 163 Rn. 1 u. 10, § 147 Rn. 3), als deren „verlängerter Arm“ er lediglich tätig war (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.12.1974, BVerwGE 47, 255 <263> Rn. 22). Insoweit wäre für ihn auch ein etwaiger Irrtum vermeidbar gewesen.
Bei seiner Argumentation übersieht der Beamte überdies, dass sich die Frage eines Beweisverwertungsverbots wenn nicht gar erst bei der Urteilsfindung, so doch regelmäßig erst in der Hauptverhandlung stellt, deren Verlauf niemand - auch der Beamte nicht - voraussehen kann (vgl. hierzu Pfeiffer, StPO 5. A. 2005, § 147 Rn. 3). Beweisergebnisse, die unter Verstoß gegen Belehrungs- und Hinweispflichten (vgl. §§ 163a Abs. 4 Satz 1 u. Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO) oder gar gegen Beweiserhebungsverbote gewonnen wurden, sind deswegen nicht notwendigerweise unverwertbar (vgl. Pfeiffer, a.a.O., Einl. 14). Unter Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO gewonnene Aussagen sind insbesondere dann verwertbar, wenn der verteidigte Angeklagte dem in der Hauptverhandlung ausdrücklich zustimmt oder ihr nicht rechtzeitig widersprochen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 27.02.1992, BGHSt 38, 214). § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO, auf den sich der Beamte u. a. noch bezieht, statuiert zwar ein Beweisverwertungsverbot von (be- wie entlastenden) Aussagen, die unter Verletzung des Beweismethodenverbots des § 136a Abs. 1 bzw. 2 StPO zustande gekommen sind, auch für den Fall, dass der Beschuldigte der Verwertung nachträglich zustimmt. Doch greift dieses absolute Verwertungsverbot nur ein, wenn zumindest eine „vernehmungsähnliche Situation“ vorlag und zwischen dem verbotenen Vernehmungsmittel, so ein solches überhaupt angewandt wurde, und der Aussage insofern ein Kausalzusammenhang bestand, als diese zumindest nicht ausschließbar darauf beruhte (vgl. BGH, Urt. v. 30.04.1987, BGHSt 34, 369). Im Hinblick auf eine hier allenfalls in Betracht zu ziehende „Täuschung“ ist schließlich zu berücksichtigen, dass nur Irreführungen verboten sind, die bewusst darauf abzielen, die von § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO geschützte Aussagefreiheit zu beeinträchtigen (vgl. BGH, Urt. v. 07.01.1997, NStZ 1997, 251; zur gebotenen einschränkenden Auslegung des zu weit gefassten Begriffs der Täuschung BGH, Beschl. v. 13.05.1996, BGHSt 42, 139). Es liegt indessen ohne weiteres auf der Hand, dass die Aufnahme von für das Verfahren relevanten und beweiserheblichen Feststellungen in die der Staatsanwaltschaft vorzulegende Verfahrensakte nicht davon abhängen kann, wie die - hierfür nicht hinreichend ausgebildete - Kriminalpolizei die sich im Zusammenhang mit einem etwa eingreifenden (absoluten) Beweisverwertungsverbot stellenden, tatsächlich und rechtlich schwierigen Fragen beurteilt (vgl. hierzu wiederum Pfeiffer, a.a.O., § 163 Rn. 1 u. 10, § 147 Rn. 3). Dies zeigt nicht zuletzt der vorliegende Fall, in dem die Schwurgerichtskammer in ihrem Urteil vom 08.10.2003 - 1 Ks 12 Js 3525/03 - letztlich von keinem von der Zustimmung der Beschuldigten unabhängigen, be- wie entlastende Aussagen erfassenden absoluten Beweisverwertungsverbot i. S. des § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO ausging (vgl. UA, S. 33 f.).
Ausgehend von dieser disziplinarrechtlichen Würdigung des einheitlichen Dienstvergehens war die Erteilung eines Verweises nicht nur gerechtfertigt, sondern - nicht zuletzt auch aus generalpräventiven Erwägungen - auch erforderlich. Die vom Beamten im Zusammenhang mit der von ihm begehrten Entfernung des Verweises aus den Personalakten aufgeworfenen Fragen stellen sich dem Senat nicht mehr, da beide für die Disziplinarverfügung maßgeblich gewesenen Verfehlungen bereits für sich genommen disziplinarrechtlich ahndungswürdig waren.
10 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 LDO.
11 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 88 LDO).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 17. Kammer - vom 8. August 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines wegen der Teilnahme an einem Streik verhängten Verweises.

2

Der Kläger steht als Beamter auf Lebenszeit im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Er ist Oberstudienrat an der Domschule ..., Besoldungsstufe A 14. Disziplinarisch ist der Kläger vor diesem Verfahren nicht in Erscheinung getreten. Gegen ihn wurde im Nachhinein mit Verfügung vom 7. Juli 2013 wegen einer anderen, späteren Verfehlung eine Geldbuße in Höhe von 300,-- Euro verhängt.

3

Am 3. Juni 2010 nahm der Kläger während der vierten und der sechste Stunde, an einem Streik teil, zu dem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aufgerufen hatte; die Schüler ließ er während dieser Zeit in Arbeitsgruppen arbeiten. Zielrichtung des Streiks war, gegen die „drastische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu protestieren und Druck auf die Landesregierung auszuüben“. Ferner sollte deutlich gemacht werden, dass sich durch die schrittweise Arbeitszeitverlängerung die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte und die Qualität der Schulen „drastisch“ verschlechterten.

4

Der Beklagte nahm die Teilnahme am Streik zum Anlass, gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Nach Anhörung sowie „letztlich zustimmender“ Beteiligung der Mitbestimmungsorgane verhängte der Beklagte den streitgegenständlichen Verweis.

5

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Klage gewandt, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausgeführt hat, dass die Teilnahme an einem Warnstreik keinen beamtenrechtlichen Pflichtenverstoß darstelle. Sein Streikrecht ergebe sich aus Art. 9 Abs. 3 GG und insbesondere aus Art. 11 EMRK, zu dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach klargestellt habe, dass sich hierauf auch Mitglieder der Staatsverwaltung berufen könnten, die - wie Lehrer - keine hoheitlichen Befugnisse im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG ausübten. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG stünden einem Streikrecht der Lehrer daher nicht entgegen.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 24. Oktober 2011 aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er ist der Auffassung, die Streikteilnahme stelle ein Dienstvergehen dar, das auch nicht durch unterschiedliche rechtliche Aussagen zum Streikverbot entschuldigt werde. Er - der Beklagte - habe die Lehrer durch Erlass vom 26. Mai 2010 über die maßgebliche rechtliche Einschätzung und mögliche disziplinarrechtliche Folgen einer Streikteilnahme in Kenntnis gesetzt. Er habe in diesem Erlass ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Teilnahme von Beamten an Streikmaßnahmen rechtswidrig sei.

11

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. August 2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, in der ungenehmigten Teilnahme an dem Warnstreik während der Dienstzeit liege ein innerdienstliches Dienstvergehen. Die ungenehmigte Streikteilnahme verstoße gegen die Pflicht, dem Dienstherrn die volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten sowie gegen die Pflicht, dem Dienst nicht ohne Genehmigung des Dienstvorgesetzten fernzubleiben. Ob auch ein Verstoß gegen die Gehorsamspflicht vorliege, könne offenbleiben. Das Dienstvergehen sei vorsätzlich begangen worden. Es sei unter keinem rechtlichen Aspekt gerechtfertigt, da das Streikverbot für Beamte verfassungsrechtlich zwingend sei. Die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG werde durch die ebenfalls mit Verfassungsrang in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten beamtenrechtlichen Strukturprinzipien, zu denen das Streikverbot für Beamte gehöre, eingeschränkt. Diese Einschränkung sei auch verhältnismäßig. Zwar bestehe auf funktionaler Ebene kein Unterschied zwischen verbeamteten und angestellten Lehrern, doch sei das jeweils zugrundeliegende Rechtsverhältnis (Beamtenverhältnis/ Angestelltenverhältnis) von im System angelegten gravierenden Unterschieden geprägt. Ein Streikrecht für Beamte lasse sich auch nicht aus dem Völker- oder Europarecht herleiten. Ob das generelle Streikverbot für beamtete Lehrer unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR nicht mehr mit Art. 11 EMRK vereinbar sei, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn man nämlich unterstellte, dass ein generelles Streikverbot mit der genannten Bestimmung der EMRK unvereinbar sei, seien einer grundsätzlich gebotenen völkerrechtsfreundlichen Auslegung durch den verfassungsrechtlich geschützten Kernbestand des Art. 33 Abs. 5 GG Grenzen gesetzt. Die Behebung eines mit Art. 11 EMRK nicht vereinbaren Rechtszustandes bedürfe einer Verfassungsänderung durch den Verfassungsgesetzgeber. Die verhängte Disziplinarmaßnahme in Gestalt eines Verweises sei im Hinblick auf das begangene innerdienstliche Dienstvergehen auch verhältnismäßig und entspreche den Vorgaben des § 13 Abs. 1 LDG.

12

Die vom Senat zugelassene Berufung begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt:

13

Aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums sei ein allgemeines und statusbezogenes Streikverbot nicht herzuleiten. Ein absolutes Streikverbot sei zudem mit der Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshöfe nicht vereinbar und stelle einen Verstoß gegen völkerrechtliche Vorschriften dar. Der Gesetzgeber selbst habe das Bild des Berufsbeamten zwischenzeitlich so verändert, dass die früher gegebene Begründung des Streikverbots nicht mehr überzeuge. In den Bereichen, in denen der Gesetzgeber Aufgaben privatisiert habe, wie bei Post und Bahn, könne die besondere Funktion des Berufsbeamtentums, die ein Streikverbot erforderlich machen solle, nicht mehr erfüllt werden und daher ein Streikverbot auch nicht mehr rechtfertigen. Dies gelte letztlich auch für den Schulbereich. Ansonsten wäre die Beschäftigung von Lehrkräften im Angestelltenverhältnis nicht rechtmäßig. Bei einer anzustellenden Güterabwägung müsse das aus Art. 9 GG herzuleitende Streikrecht keineswegs zurücktreten. Anderenfalls würde auch das Streikrecht der angestellten Lehrkräfte ausgehöhlt, da deren Streikmaßnahmen durch einen Einsatz der verbeamteten Lehrkräfte unterlaufen würden. Nach der Rechtsprechung des EuGH müssten Beamte letztlich genauso behandelt werden wie andere Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Ein allgemeines, ausschließlich statusbezogenes, funktional nicht differenziertes Streikverbot für alle Beamte verstoße nicht nur gegen Art. 11 EMRK, sondern auch gegen weitere für die Bundesrepublik Deutschland verpflichtende völkerrechtlichen Normen, unter anderem das ILO Übereinkommen Nr. 87, den UN-Zivilpakt und den UN-Sozialpakt sowie die europäische Sozialcharta. Nach der neueren Rechtsprechung des EGMR müsse das Streikrecht als allgemeines Menschenrecht verstanden werden. Ein generelles Verbot des Beamtenstreiks stehe - wie der EGMR entschieden habe - im Widerspruch zu Art. 11 EMRK, da es kein in einer demokratischen Gesellschaft notwendiges und legitimes Ziel verfolge. Der Widerspruch zwischen Völkerrecht und der zum Beamtenstreikverbot in Deutschland vertretenen herrschenden Meinung lasse sich ohne Verfassungsänderung bereits durch eine veränderte Auslegung, insbesondere des Art. 33 Abs. 5 GG im Verhältnis zu Art. 9 Abs. 3 GG auflösen, indem zwischen hoheitlich und nichthoheitlich tätigen Beamten differenziert werde.

14

Der Kläger beantragt,

15

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts -17. Kammer - vom 8. August 2012 zu ändern und den Verweis vom 24. Oktober 2011 aufzuheben.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Senat bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vortrag der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der aufgrund der Streikteilnahme des Klägers ausgesprochene Verweis ist rechtmäßig.

20

Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass der Kläger durch die Teilnahme am Streik ein Dienstvergehen begangen hat. Er blieb am 3. Juni 2010 während der vierten und der sechste Stunde, an denen er aus diesem Grund den Unterricht versäumte, vorsätzlich dem Dienst unerlaubt fern (§ 67 Abs. 1 Satz 1 LBG).

21

Der Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens nach § 67 Abs. 1 Satz 1 LBG knüpft an die formale Dienstleistungspflicht an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von Beamten vor allem, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 34). Wer dem Dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die Dienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur Befolgung dienstlicher Anordnungen. Die Teilnahme des Klägers an dem Streik war unerlaubt, weil er nicht nach Art. 9 Abs. 3 GG oder nach Art. 11 EMRK von seinen Unterrichtspflichten befreit war (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - BVerwG 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 ff. Rn. 22)

22

Beamte sind nicht berechtigt, sich an kollektiven Kampfmaßnahmen zu beteiligen oder diese zu unterstützen. Insoweit enthält Art. 33 Abs. 5 GG ein umfassendes Verbot für alle Beamten, das deren Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG beschränkt und auch ohne gesetzliche Verbotsregelungen beachtet werden muss. Zwar nimmt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) demgegenüber in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2008 (EGMR (GK), Urteil vom 12. November 2008 - Nr. 34503/97, Demir und Baykara - NZA 2010, 1425) und 2009 (EGMR, Urteil vom 21. April 2009 - Nr. 68959/01, Enerji Yapi-Yol Sen - NZA 2010, 1423) an, dass die Gewährleistungen der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 EMRK denjenigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein Recht auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen einräumen, die nach ihrem Aufgabenbereich nicht an der Ausübung genuin hoheitlicher Befugnisse beteiligt sind. Es ist jedoch Aufgabe des Bundesgesetzgebers, einen Ausgleich zwischen den inhaltlich unvereinbaren Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG und des Art. 11 EMRK herzustellen. Solange dies nicht geschehen ist, beansprucht das Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG Geltung. Insoweit schließt sich der Senat der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27. Februar 2014 (a.a.O. Rn. 23 ff.) an, gegen die der Kläger keine durchgreifenden Argumente vorgebracht hat:

23

a) Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Damit stellt das Grundgesetz die von ihm vorgefundene Institution des Berufsbeamtentums unter verfassungsrechtlichen Schutz. Unter dem Begriff der hergebrachten Grundsätze ist ein prägender Kernbestand an rechtlichen Strukturprinzipien zu verstehen, die sich in der Tradition entwickelt und bewährt haben. Sie müssen während eines längeren Zeitraums, vor allem während der Geltung der Weimarer Reichsverfassung, als verbindlich anerkannt gewesen sein und das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich geprägt haben. Dies ist anzunehmen, wenn ihre Beseitigung dessen Charakter als Institution grundlegend verändern würde (stRspr; BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <260 f.> und vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219 f.>).

24

Das Grundgesetz gewährleistet die hergebrachten Grundsätze als die funktionswesentlichen tradierten Grundstrukturen einer Institution, die auf Sachwissen, fachlicher Leistung und loyaler Pflichterfüllung beruht. Das Berufsbeamtentum soll erhalten werden, weil es aufgrund seiner rechtlichen Strukturen als befähigt angesehen wird, eine stabile Verwaltung zu sichern und die rechtsstaatlichen Bindungen jedes staatlichen Handelns auch gegenüber den politischen Kräften zur Geltung zu bringen (stRspr; BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. und vom 28. Mai 2008 a.a.O.).

25

Die rechtliche Bedeutung der hergebrachten Grundsätze hängt von ihrem Inhalt ab: Geben sie einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen vor, ist der Gesetzgeber zur inhaltlichen Konkretisierung berechtigt und verpflichtet, wobei er die verfassungsrechtlichen Grenzen beachten muss (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 20). Hat ein hergebrachter Grundsatz dagegen einen hinreichend bestimmten Inhalt, folgen daraus unmittelbar Rechte und Pflichten für das Beamtenverhältnis; einer gesetzlichen Regelung bedarf es nicht.

26

Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums stehen in einem inhaltlichen Zusammenhang; sie ergeben in ihrer Gesamtheit das besondere, für das Beamtenverhältnis charakteristische Regelungsgefüge aus Rechten und Pflichten. So folgt aus hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeitprinzips, des Leistungsprinzips und der Hauptberuflichkeit, dass der Beamte grundsätzlich verpflichtet ist, dem Dienstherrn lebenslang seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, die übertragenen dienstlichen Aufgaben mit vollem beruflichen Einsatz sowie uneigennützig zu erfüllen, sich dabei ausschließlich an Gesetz und Recht zu orientieren und sich gegenüber dem Dienstherrn loyal zu verhalten. Im Gegenzug verpflichtet der Alimentationsgrundsatz den Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie lebenslang denjenigen Unterhalt zu gewähren, der nach den wirtschaftlichen Verhältnissen für eine dem Statusamt entsprechende Lebensführung erforderlich ist. Dadurch wird die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Beamten sichergestellt, die ihn in die Lage versetzt, sein Amt uneigennützig nach den Erfordernissen des Rechts zu führen (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 263 f. und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 221; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.>).

27

Art. 33 Abs. 5 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, das Beamtenrecht zu regeln und fortzuentwickeln. Daher hat er die Befugnis, die hergebrachten Grundsätze "in die Zeit zu stellen", indem er den vorgegebenen Rahmen ausfüllt oder ihren Geltungsbereich einschränkt. Umfang und Reichweite des dem Gesetzgeber hierbei eröffneten Gestaltungsspielraums hängen davon ab, welche Bedeutung dem jeweiligen hergebrachten Grundsatz für die dem Berufsbeamtentum zugedachte Aufgabe zukommt, eine rechtsstaatliche Verwaltung zu sichern. Art. 33 Abs. 5 GG verbietet tiefgreifende strukturelle Eingriffe, die das Wesen der Institutionsgarantie Berufsbeamtentum verändern (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 262 f. und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 220 f.). Die Aufnahme des Fortentwicklungsgebots in den Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 GG durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl S. 2034) hat den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht erweitert (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 273 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 232).

28

Es stellt ein durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenes prägendes Strukturprinzip der Institution des Berufsbeamtentums dar, dass das Gefüge aufeinander bezogener und sich ergänzender Rechte und Pflichten einseitig von den Dienstherrn inhaltlich konkretisiert wird. Der Grundsatz der hoheitlichen Gestaltung des Beamtenverhältnisses hat in zahlreichen Vorschriften der Beamtengesetze Ausdruck gefunden. So ist die Beamtenbesoldung durch Gesetz zu regeln (§ 2 Abs. 1 und 2 BBesG). Grundlegende Arbeitsbedingungen der Beamten wie Arbeitszeit und Urlaub sind unmittelbar durch Gesetz oder aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch Rechtsverordnung geregelt (vgl. § 87 ff. BBG, § 44 BeamtStG). Gesetz- und Verordnungsgeber sind bei der Festlegung der Besoldung und der weiteren Arbeitsbedingungen an die Vorgaben insbesondere des Art. 33 Abs. 5 GG gebunden; dieser Bindung entsprechen subjektive Rechte der Beamten. Es liegt in der Verantwortung von Gesetz- und Verordnungsgeber, insbesondere die verfassungsrechtlichen Grenzen ihres Regelungsauftrags zu beachten und auf diese Weise das beamtenrechtliche Regelungsgefüge in einem austarierten Zustand zu halten (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52, 46/52 - BVerfGE 8, 1 <17 f.>; vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039, 1045/75 - BVerfGE 44, 249 <264> und vom 19. September 2007 a.a.O. S. 263 f.).

29

Mit der Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses als eines hoheitlich ausgestalteten Dienst- und Treueverhältnisses lässt sich nicht vereinbaren, dass die Konkretisierung des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges zur Disposition der Tarifparteien gestellt, d.h. zwischen den Dienstherrn und den Gewerkschaften der Beamten ausgehandelt und vereinbart wird. Die Institution des Berufsbeamtentums würde tiefgreifend verändert, wenn die Fragen der Besoldung, der Arbeitszeiten oder der Altersgrenzen für die Einstellung und den Eintritt in den Ruhestand durch Tarifverträge geregelt würden und die Gewerkschaften der Beamten ihren Forderungen während der Tarifverhandlungen durch kollektive Kampfmaßnahmen Nachdruck verleihen könnten. Denn die tarifliche Gestaltung des Beamtenrechts setzt Tarifautonomie und damit einen Verzicht der Dienstherrn auf ihre hoheitlichen Regelungsbefugnisse voraus. An deren Stelle träte die Rechtsverbindlichkeit der ausgehandelten Tarifabschlüsse. Die Ausgewogenheit des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges, insbesondere die Beachtung der Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG, hinge in erster Linie davon ab, dass zwischen den Tarifparteien Kampfparität besteht.

30

Das Verbot für Beamte, zur Durchsetzung von Arbeitsbedingungen kollektive Kampfmaßnahmen zu ergreifen, ist als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG anerkannt. Bis zum Ende der Monarchie im November 1918 wurde Beamten selbst die Teilnahme an Veranstaltungen der wenigen Berufsverbände verboten. Erst gegen Ende der Monarchie wurden Vertreter der organisierten Beamtenschaft von der preußischen Regierung angehört. Art. 130 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) sicherte den Beamten das Recht auf politische Gesinnungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit zu. Art. 130 Abs. 3 WRV gewährte ihnen das Recht auf Berufsvertretungen nach näherer gesetzlicher Bestimmung. Ein Gesetzesentwurf des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes aus dem Jahr 1926 sah vor, dass Beamtenvertretungen berechtigt sein sollten, statt hoheitlicher Regelungen der Arbeitsbedingungen kollektive Vereinbarungen zu verlangen. Diese Vorstellungen trafen auf grundsätzliche Kritik und wurden nicht verwirklicht. Die in der Anfangszeit der Weimarer Republik umstrittene Frage der Zulässigkeit von Beamtenstreiks wurde während des Eisenbahnerstreiks im Jahr 1922 geklärt: Durch die auf Art. 48 Abs. 2 WRV gestützte Notverordnung vom 1. Februar 1922 (RGBl I S. 187) verbot der Reichspräsident den Beamten der Reichsbahn ebenso wie allen übrigen Beamten, die Arbeit einzustellen oder zu verweigern. Die Notverordnung wurde am 9. Februar 1922 aufgehoben. In der Folgezeit bestätigten Reichsgericht und Reichsdisziplinarhof das Verbot, weil Beamte zum Staat in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis stünden. Daher seien sie in besonderer Weise zu Treue, Gehorsam und gewissenhafter Aufgabenerfüllung verpflichtet (zum Ganzen: Krause, Rechtshistorische Reihe - 357 -, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 36 ff.).

31

Dementsprechend ist das Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen als notwendige Ergänzung sowohl in den grundlegenden, durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Beamtenpflichten zum vollen beruflichen Einsatz, zur Befolgung dienstlicher Anordnungen und zur Loyalität als auch in dem Strukturprinzip der hoheitlichen Gestaltung des Beamtenverhältnisses verankert. Es gilt aufgrund seiner inhaltlichen Bestimmtheit unmittelbar und geht dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG vor, soweit sein Anwendungsbereich reicht (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 a.a.O. S. 17; vom 30. März 1977 a.a.O. S. 264 und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 ).

32

Das Verbot gilt für alle Beamten gleichermaßen. Es knüpft wie das beamtenrechtliche Regelwerk in seiner Gesamtheit nicht an den Einsatz- und Aufgabenbereich der Beamten, sondern an den Beamtenstatus an. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Dienstherrn außerhalb der Bereiche der genuin hoheitlichen Verwaltung, die nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten vorbehalten sind, von Verfassungs wegen nicht gehindert sind, nach politischen und fiskalischen Gesichtspunkten zu entscheiden, ob sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beamte oder Tarifbeschäftigte einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 267; Urteil vom 14. Februar 2012-2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <297 f.>).

33

b) Nach Art. 11 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht, sich friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten. Diese Rechte können nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK eingeschränkt werden.

34

Nach der Rechtsprechung des EGMR umfasst Art. 11 Abs. 1 EMRK auch das Recht des Einzelnen, Gewerkschaften zu bilden und deren Aktivitäten zur Förderung der Arbeitsbedingungen zu unterstützen, sowie das Recht dieser Gewerkschaften, im Namen ihrer Mitglieder Kollektivverhandlungen mit dem Arbeitgeber über die Arbeitsbedingungen zu führen. Dies gilt auch für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK verpflichten den Staat als Arbeitgeber, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beziehungen zu den Staatsbediensteten dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen sind. Die Europäische Menschenrechtskonvention macht keinen Unterschied zwischen der Tätigkeit der Konventionsstaaten als Träger hoheitlicher Gewalt einerseits und ihren Pflichten als Arbeitgeber andererseits. Einschränkungen der Koalitionsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie von den Schranken des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK gedeckt sind (EGMR (GK), Urteil vom 12. November 2008 - Nr. 34503/97, Demir und Baykara - NZA 2010, 1425).

35

Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK enthält Einschränkungen für die Ausübung der Rechte nach Absatz 1: Nach Satz 1 setzen Einschränkungen voraus, dass sie gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind unter anderem für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Nach Satz 2 steht Art. 11 rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen. Während die erstgenannten Gruppen eindeutig abgrenzbar sind, ist der Begriff "Angehörige der Staatsverwaltung" nicht aus sich heraus verständlich.

36

Der EGMR bestimmt diesen Schutzbereich der individuellen und kollektiven Koalitionsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 EMRK ausdrücklich in Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Vereinbarungen wie der Konvention Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und Teil II Art. 6 Nr. 1 der Europäischen Sozialcharta sowie mit Art. 28 der Europäischen Grundrechtecharta und der Praxis der großen Mehrheit der europäischen Staaten. Damit hat er die Spruchpraxis des Sachverständigenausschusses der ILO und des Europäischen Ausschusses für Soziale Rechte übernommen (zum Ganzen: Seifert, KritV 2009, 357 <363 f.>).

37

Im Anschluss an das Urteil vom 12. November 2008 (a.a.O.) hat der EGMR das durch Art. 11 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Kollektivverhandlungen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihrer Gewerkschaften um das Streikrecht ergänzt. Dabei bezieht er sich wiederum auf die Europäische Sozialcharta, die das Streikrecht als ein Mittel zur wirksamen Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen gewährleiste. Das Streikrecht sei von den Kontrollorganen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als untrennbarer Teil der Vereinigungsfreiheit anerkannt (EGMR, Urteil vom 21. April 2009 - Nr. 68959/01, Enerji Yapi-Yol Sen - NZA 2010, 1423).

38

In den angeführten Entscheidungen nimmt der EGMR auch zu den Einschränkungen der Koalitionsfreiheit Stellung. In dem Urteil vom 21. April 2009 (a.a.O.) heißt es zu Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, es könne mit der Koalitionsfreiheit vereinbar sein, Streiks von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu verbieten, die im Namen des Staates Hoheitsgewalt ausübten. Ein Streikverbot könne zwar für bestimmte Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, nicht aber für den öffentlichen Dienst insgesamt oder für Angestellte staatlicher Wirtschafts- und Industrieunternehmen ausgesprochen werden. Vorschriften über das Streikrecht müssten die erfassten Gruppen so eindeutig und begrenzt wie möglich bestimmen.

39

Demnach versteht der EGMR den Begriff "Angehörige der Staatsverwaltung" im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK nicht statusbezogen, sondern funktional (aufgabenbezogen): Das Streikrecht kann generell für diejenigen Staatsbediensteten ausgeschlossen werden, die an der Ausübung von Hoheitsgewalt im Namen des Staates beteiligt sind.

40

Mit dieser Auslegung des Begriffs der Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK führt der EGMR seine Rechtsprechung fort, wonach es für die Zuerkennung und Einschränkung von Konventionsrechten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes entscheidend auf deren Aufgabenbereich ankommt. Dieses funktionale Kriterium hat die Große Kammer des EGMR in dem Urteil vom 8. Dezember 1999 (- Nr. 28541/95, Pellegrin - NVwZ 2000, 661 <663>) zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art. 6 Abs. 1 EMRK entwickelt. Der EGMR wendet es seitdem an; auch in dem Urteil vom 21. April 2009 (a.a.O.) nimmt er darauf Bezug (vgl. z.B. EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 - Nr. 39799/98, Volkmer- NJW2002, 3087 <3089>).

41

Diese Rechtsprechung beruht auf dem Verständnis des EGMR von der Bedeutung der Konventionsrechte. Der Gerichtshof will sicherstellen, dass Personen, die sich in einer im Wesentlichen gleichen Situation befinden, in Bezug auf die Ausübung der Konventionsrechte in allen Konventionsstaaten gleich behandelt werden. Staatsbedienstete mit gleichen Aufgaben sollen in allen Konventionsstaaten gleich behandelt werden, d.h. gleiche Rechte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention haben (Urteil vom 8. Dezember 1999 a.a.O.).

42

In dem Urteil vom 12. November 2008 (a.a.O.) verlangt der EGMR für die Notwendigkeit einer Einschränkung der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Koalitionsfreiheit dürfe nicht in ihrem Wesensgehalt angetastet werden; ihre Einschränkung müsse durch ein dringendes gesellschaftliches Bedürfnis gerechtfertigt sein. Hierfür obliege den Konventionsstaaten die Darlegungspflicht. Diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass der EGMR den Konventionsstaaten nur einen geringen Spielraum für die Annahme eines dringenden Bedürfnisses im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK einräumt (Nußberger, RdA 2012, 270<272>).

43

Nach alledem interpretiert der Senat die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 Abs. 2 EMRK dahingehend, dass Einschränkungen der Koalitionsfreiheit von Staatsbediensteten nur zulässig sind, wenn dies aus Gründen der Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen dringend geboten ist. Diese Voraussetzung kann generell, d.h. unabhängig von einem konkreten Anlass, nur für die Bediensteten angenommen werden, die in Streitkräften, Polizei und Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, d.h. in der Hoheitsgewalt ausübenden Verwaltung, eingesetzt sind.

44

Die dargestellten Aussagen des EGMR zum Bedeutungsgehalt von Art. 11 Abs. 1 und 2 EMRK sind für das Verständnis dieser Regelungen maßgeblich, weil der EGMR die Stellung eines authentischen Interpreten der Europäischen Menschenrechtskonvention innehat. Seiner Rechtsprechung kommt über den entschiedenen Fall hinaus eine Leit- und Orientierungsfunktion zu (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <368 f.> = NJW2011, 1931 Rn. 89). Der EGMR legt die Konvention autonom aus, wobei er deren Systematik und Zielsetzung, völkerrechtliche Grundsätze und Vereinbarungen sowie die Staatenpraxis in den Blick nimmt. Die Konventionsstaaten haben in der Erklärung von Brighton bekräftigt, dass ein wichtiger Beitrag zur Erleichterung der Arbeit des EGMR darin bestehe, dessen Rechtsgrundsätze zur Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu befolgen und nicht erst eine Verurteilung abzuwarten (Nußberger, a.a.O. S. 273).

45

Lehrer an deutschen öffentlichen Schulen sind keine Angehörigen der Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, weil sie keine genuin hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen (vgl. zu Art. 6 Abs. 1 EMRK: EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 a.a.O.). Dies gilt für beamtete und tarifbeschäftigte Lehrer gleichermaßen, weil beide Beschäftigtengruppen gleiche Aufgaben haben. Dem entspricht, dass Lehrer keine Aufgaben wahrnehmen, die wegen ihrer hoheitlichen Prägung nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten vorbehalten sind. Die öffentlichen Schulen gehören nicht zu denjenigen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, in denen schwerpunktmäßig hoheitsrechtliche Befugnisse ausgeübt werden (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <267>). Daher haben die Dienstherrn die Wahl, ob sie die Lehrer als Beamte oder als Tarifbeschäftigte beschäftigen. Dementsprechend verfolgen die Bundesländer als personelle Schulträger eine sehr unterschiedliche, mitunter wechselnde Personalpolitik (zum Ganzen: Battis, Streikverbot für Beamte, 2013, S. 19).

46

c) Das umfassende Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen nach Art. 33 Abs. 5 GG und die nach Art. 11 Abs. 2 EMRK zulässigen Einschränkungen der konventionsrechtlichen Koalitionsfreiheit sind inhaltlich unvereinbar:

47

Das verfassungsrechtliche Verbot ist statusbezogen; es gilt für alle Beamten unabhängig von ihrem Aufgabenbereich. Die Arbeitsbedingungen für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes werden je nach ihrem Personalstatus auf unterschiedliche Weise festgelegt, auch wenn sie die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Dies wird am Beispiel der Lehrer an öffentlichen Schulen besonders deutlich: Die Arbeitsbedingungen beamteter Lehrer werden normativ festgelegt, sodass für Kollektivverhandlungen zwischen Dienstherrn und Gewerkschaften mit dem Ziel der tarifvertraglichen Vereinbarung der Arbeitsbedingungen kein Raum ist. Kollektive Kampfmaßnahmen zur Veränderung der Arbeitsbedingungen sind generell unzulässig. Dagegen werden die Arbeitsbedingungen der tarifbeschäftigten Kollegen zwischen den Tarifparteien ausgehandelt und vereinbart; kollektive Kampfmaßnahmen sind als Druckmittel während der Verhandlungen nach Maßgabe des deutschen Arbeitskampfrechts zulässig.

48

Demgegenüber lässt Art. 11 Abs. 2 EMRK ein generelles Verbot von Kollektivverhandlungen und darauf bezogenen Kampfmaßnahmen, das an den Personalstatus anknüpft, in der öffentlichen Verwaltung gerade nicht zu. Ein derartiges Verbot kann nur funktional, d.h. durch den Aufgabenbereich, gerechtfertigt werden. Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihren Gewerkschaften kann das Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene Kampfmaßnahmen generell nur verwehrt werden, wenn sie an der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen zumindest beteiligt sind. Dies gilt für alle Angehörigen der Hoheitsverwaltung unabhängig davon, ob sie Beamte oder Tarifbeschäftigte sind. In den anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung können diese Gewährleistungen der konventionsrechtlichen Koalitionsfreiheit auch für die dort beschäftigten Beamten - anders als es Art. 33 Abs. 5 GG vorsieht - nicht umfassend ausgeschlossen werden.

49

Dies gilt ungeachtet dessen, dass aufgrund der hoheitlichen Regelung der Arbeitsbedingungen in der deutschen Rechtsordnung keine tariffähige Situation für Beamte besteht. Die Europäische Menschenrechtskonvention stellt ein autonomes völkerrechtliches Regelwerk dar, dessen Bedeutung für die Rechtsordnung der Konventionsstaaten nicht in Abrede gestellt werden kann, wenn das nationale Recht Besonderheiten aufweist, die in Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehen (zum Ganzen: Seifert, KritV 2009, 357 f.; Schubert, AöR 2012, 92 f.; Traulsen, JZ 2013, 65 ff.).

50

Daher verstieß die Teilnahme der Klägerin an den Warnstreiks gegen das Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG, war aber durch Art. 11 EMRK gedeckt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, steht fest, dass die Warnstreiks nach deutschem Arbeitskampfrecht rechtmäßig waren. Die Gewerkschaft GEW befand sich in Tarifverhandlungen über die Vergütung der tarifbeschäftigten Lehrer und strebte die Übernahme der Tarifabschlüsse in die gesetzliche Beamtenbesoldung an. Zwischen den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst und der Beamtenbesoldung besteht ein rechtlicher Zusammenhang aufgrund der Bindungen, denen die Besoldungsgesetzgeber aufgrund des Alimentationsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 5 GG unterliegen. Allerdings war die Berechtigung der Klägerin nach Art. 11 EMRK nicht geeignet, ihre beamtenrechtliche Pflichtenstellung zu verändern. Angesichts des entgegen stehenden verfassungsrechtlichen Verbots bedürfen die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK einer Umsetzung durch den Gesetzgeber, um Rechtswirkungen für den einzelnen Beamten zu entfalten.

51

d) Die Europäische Menschenrechtskonvention ist Bestandteil der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (Gesetz vom 7. August 1952, BGBl II S. 685 in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002, BGBl II S. 1054). Dies bedeutet nicht, dass sich inhaltlich entgegen stehendes Verfassungsrecht im Kollisionsfall bereits aufgrund des höheren Rangs durchsetzt. Zum einen ist die Bundesrepublik Deutschland völkervertragsrechtlich verpflichtet, der Konvention (in ihrer Auslegung durch den EGMR) innerstaatliche Geltung zu verschaffen, d.h. das deutsche Recht grundsätzlich konventionskonform zu gestalten (vgl. Art. 1 EMRK). Zum anderen folgt diese Verpflichtung aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <322 f.> = NJW 2004, 3407 <3408 f.>; Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <371 f.> = NJW 2011, 1931 Rn. 93 f.).

52

Daher muss die Bundesrepublik Deutschland sicherstellen, dass ihre Rechtsordnung in der Gesamtheit nach Möglichkeit mit der Konvention übereinstimmt. Diese dient als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte und der rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt. Die Verwaltung und insbesondere die Gerichte sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Befugnisse das gesamte innerstaatliche Recht in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention auszulegen (Gebot der konventionskonformen Auslegung). Allerdings setzt eine derartige Auslegung voraus, dass sie nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation vertretbar erscheint. Auch ist zu berücksichtigen, welche Folgen die Geltung eines konventionsrechtlichen Rechtsgrundsatzes für das Regelungsgefüge eines nationalen Teilrechtssystems hat (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 327 und 329 bzw. 3410; Urteil vom 4. Mai 2011 a.a.O. S. 371 bzw. Rn. 93).

53

Es liegt nahe, dass für die konventionskonforme Auslegung diejenigen Regeln Anwendung finden, die für die verfassungskonforme Auslegung entwickelt worden sind. Demnach findet auch diese Auslegung ihre Grenze in dem eindeutigen Wortlaut der Norm sowie in dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers; sie darf Wortlaut und gesetzgeberischem Willen nicht widersprechen (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 49).

54

Die völker- und verfassungsrechtliche Pflicht, der Europäischen Menschenrechtskonvention innerstaatlich Geltung zu verschaffen, erledigt sich nicht, wenn eine vollständige Anpassung des nationalen Rechts an einen konventionsrechtlichen Rechtsgrundsatz im Wege der konventionskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts nicht möglich ist. Vielmehr tritt der Rechtsgrundsatz nur zurück, wenn nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Verfassungsgrundsätze abzuwenden ist (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 329).

55

e) Nach diesen Maßstäben ist das statusbezogene beamtenrechtliche Streikverbot nach wie vor geltendes Recht bis zu einer Auflösung der dargestellten Kollisionslage durch den dazu allein berufenen Gesetzgeber.

56

Die verfassungs- und völkerrechtliche Verpflichtung, die Vorgaben des Art. 11 EMRK zur Koalitionsfreiheit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, kann nicht durch eine konventionskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG erfüllt werden (a.A. VG Kassel, Urteil vom 27. Juli 2011 - 28 K 574/10.KS.D - ZBR 2011, 386; Polakiewicz/Kessler, NVwZ 2012, 841 <844>). Wie unter 4. dargestellt gelten die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums mit demjenigen Inhalt, der sich im traditionsbildenden Zeitraum herausgebildet hat. Dieser Traditionsbestand darf nicht im Wege der Auslegung geändert werden. Vielmehr kann allein der Gesetzgeber den Geltungsanspruch eines hergebrachten Grundsatzes in Wahrnehmung seines Auftrags zur Regelung und Fortentwicklung des Beamtenrechts in Grenzen einschränken.

57

Aufgrund dessen ist eine Auflösung der Kollisionslage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung nicht möglich. Insoweit unterscheidet sich der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits von dem Streit über Geltung und Reichweite der Koalitionsfreiheit in kirchlichen Einrichtungen, für den das Bundesarbeitsgericht in der Tradition dieses durch Richterrecht geprägten Rechtsgebiets, ohne durch einen entsprechenden Gesetzesvorbehalt eingeschränkt zu sein, eine Lösung in Gestalt des sog. "Dritten Wegs" entwickelt hat (BAG, Urteil vom 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - BAGE 143, 354 Rn. 118 ff.).

58

Aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Statusrecht der Beamten nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG ist es Sache des Bundesgesetzgebers, darüber zu entscheiden, ob und inwieweit die verfassungsunmittelbare Geltung des statusbezogenen Verbots kollektiver Kampfmaßnahmen für Beamte im Hinblick auf die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK eingeschränkt werden soll.

59

Das Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen muss für diejenigen Beamten von vornherein nicht relativiert werden, die in den von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Bereichen der öffentlichen Verwaltung tätig sind. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Demnach muss der Dienstherr zur Erfüllung der Aufgaben der genuin hoheitlichen Verwaltung regelmäßig Beamte einsetzen; eine Wahl zwischen dem Einsatz von Beamten und Tarifbeschäftigten besteht insoweit nicht. Dieser Beamtenvorbehalt findet seine Rechtfertigung darin, dass der Beamtenstatus aufgrund der besonderen Rechte- und Pflichtenstellung besondere Gewähr für eine qualifizierte, loyale und gesetzestreue Aufgabenerfüllung bietet (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <261>; Urteil vom 18. Januar 2012-2 BvR 133/10 - BVerfGE 130, 76 <111 f.>). Damit verweist Art. 33 Abs. 4 GG auf die besonderen Verlässlichkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Berufsbeamtentums, die durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich abgesichert sind.

60

Die Annahme liegt nahe, dass die Verwaltung, in der hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG ausgeübt werden, der Staatsverwaltung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK entspricht, für deren Angehörige die durch Art. 11 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechte auf Kollektivverhandlungen und diese begleitenden kollektiven Kampfmaßnahmen eingeschränkt werden können. Zur genuin hoheitlichen Verwaltung in diesem Sinne dürften neben den Streitkräften und der Polizei sonstige Ordnungskräfte, Rechtspflege, Steuerverwaltung, Diplomatie sowie Verwaltungsstellen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gehören, die mit der Ausarbeitung von Rechtsakten, deren Durchführung und mit hoheitlichen Aufsichtsfunktionen betraut sind. Nicht erfasst sein dürften etwa die staatlichen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen und sonstige Einrichtungen der Daseinsvorsorge unabhängig von ihrer Rechtsform (vgl. Traulsen, JZ 2013, 65 <69 f.>). Die praktikable Abgrenzung der Bereiche obliegt dem Gesetzgeber.

61

Für diejenigen Bereiche der öffentlichen Verwaltung, die nicht zur genuin hoheitlichen Verwaltung im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK gehören, obliegt es der verfassungsrechtlich nicht gebundenen Entscheidung der Dienstherrn, ob sie zur Aufgabenerfüllung Beamte oder Tarifbeschäftigte einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 267; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <297 f.>). Daher können die Dienstherrn die Kollisionslage zwischen dem Verbot des Art. 33 Abs. 5 GG und den Gewährleistungen des Art. 11 EMRK, die für die hier beschäftigten Beamten besteht, auf Dauer dadurch auflösen, dass sie für diese Verwaltungsbereiche, etwa im öffentlichen Schulwesen, künftig nur noch Tarifbeschäftigte einstellen (vgl. jetzt schon § 5 BBG, § 3 Abs. 2 BeamtStG). Außerdem ist außerhalb des Bereichs des Art. 33 Abs. 4 GG an ein Wahlrecht der Bewerber zu denken, als Beamte oder als Tarifbeschäftigte eingesetzt zu werden, ggf. auch an ein Wahlrecht für bereits ernannte Beamte, in diesem Status zu bleiben oder in ein Tarifbeschäftigtenverhältnis zu wechseln (vgl. Schubert, AöR 2012, 92 <116>).

62

Die vorhandenen Beamten können die von Art. 11 EMRK vermittelten Rechte auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen derzeit nicht durchsetzen: Zum einen besteht aufgrund der einseitig hoheitlichen Festlegung der Arbeitsbedingungen keine tariffähige Situation, sodass kollektive Kampfmaßnahmen nach deutschem Arbeitskampfrecht schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommen. Zum anderen erstreckt sich das statusbezogene Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen nach Art. 33 Abs. 5 GG auch auf die Unterstützung derartiger Maßnahmen der Tarifbeschäftigten.

63

Davon ausgehend muss der Gesetzgeber für die Beamten außerhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz einen Ausgleich der sich gegenseitig ausschließenden Rechtspositionen aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 11 EMRK herbeiführen. Zur Auflösung dieser Kollisionslage stehen ihm insoweit verschiedene Möglichkeiten offen, die bereits jetzt in der Literatur diskutiert werden: Erforderlich erscheint jedenfalls eine erhebliche Erweiterung der Beteiligungsrechte der Gewerkschaften in Richtung eines Verhandlungsmodells. Die derzeit eingeräumten Beteiligungsrechte nach § 118 BBG, § 53 BeamtStG genügen nicht (Schubert, a.a.O. S. 109 f.). In Betracht kommt ferner ein Verhand- lungs- und Schlichtungsmodell unter paritätischer Beteiligung der Gewerkschaften in der Art des "Dritten Wegs", wie es das Bundesarbeitsgericht für die Einrichtungen der Kirchen entwickelt hat (Greiner, DÖV 2013, 623 <625 f.>; BAG, Urteil vom 20. November 2012 a.a.O.).

64

Erweiterte Beteiligungsrechte ändern nichts daran, dass kollektive Kampfmaßnahmen von Beamten als Druckmittel zur Durchsetzung konkreter Arbeitsbedingungen "echte" Tarifverhandlungen über die Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Beamten und damit eine Abkehr von der hoheitlichen Regelung des Beamtenverhältnisses voraussetzen. Eine Öffnung des Beamtenrechts für eine tarifautonome Gestaltung kommt für den Bereich der innerdienstlichen, sozialen und personellen Angelegenheiten der Beamten in Betracht, wenn und soweit diese auf der Dienstellenebene durch Dienstvereinbarungen mit dem Personalrat geregelt werden können (Seifert, KritV 2009, 357 <373>).

65

Eine darüber hinausgehende Tarifautonomie stellt den durch Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 GG vorgegebenen Charakter des Beamtenverhältnisses als öffentlichrechtliches Dienst- und Treueverhältnis in Frage. Es ist zu besorgen, dass der prägende, durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebene Inhalt grundlegender Beamtenpflichten wie der Pflichten zum vollen beruflichen Einsatz oder zur Loyalität angetastet würde, wenn diese Pflichten tarifvertraglich konkretisiert werden könnten. Beispielhaft ist an die Pflicht zur unentgeltlichen und gering vergüteten Mehrarbeit zu denken. Bei einem Wegfall oder einer Abschwächung derartiger Pflichten entfällt die Rechtfertigung für die lebenslange Alimentation. Entsprechendes gilt für Altersgrenzen für die Einstellung und den Eintritt in den Ruhestand, die eine angemessene, die lebenslange Altersversorgung der Beamten rechtfertigende Dauer der Dienstleistungsverpflichtung sicherstellen (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54, jeweils Rn. 18 f.).

66

Eine Sonderstellung nimmt allerdings die Beamtenbesoldung ein. Deren Entwicklung steht seit jeher in einem engen, durch den Alimentationsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG vermittelten Zusammenhang mit der Entwicklung der Gehälter der Tarifbeschäftigten, d.h. mit den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst. Die nach Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Amtsangemessenheit der Alimentation bemisst sich vor allem aufgrund eines Vergleichs mit den Nettoeinkommen der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes. Vorrangig anhand dieses Maßstabs ist zu beurteilen, ob die Beamtenbesoldung verfassungswidrig von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt wird. Dies dürfte der Fall sein, wenn der Gesetzgeber die Besoldungsentwicklung an Parameter knüpft, die die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst nicht mehr in den Blick nehmen (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293 f.>; Beschlüsse vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <388>; BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 26 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 7 und 13).

67

Aufgrund dieser Besonderheiten kann die Beamtenbesoldung in die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst einbezogen werden, ohne die Balance des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges zu gefährden. Dies hätte zur Folge, dass die Gewerkschaften der Beamten an den Tarifverhandlungen teilnehmen und sich die Beamten außerhalb der von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Bereiche der öffentlichen Verwaltung insoweit an kollektiven Kampfmaßnahmen beteiligen könnten.

68

Es kann dahingestellt bleiben, ob die engen Grenzen einer tarifvertraglichen Gestaltung des Beamtenrechts für die Beamten außerhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung auf Dauer auch dann aufrechterhalten werden können, wenn sich die Dienstherrn weiterhin für den Einsatz von Beamten an Stelle oder zusammen mit Tarifbeschäftigten entscheiden. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 EMRK besteht jedenfalls gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

69

f) Art. 28 der Europäischen Grundrechtecharta (EuGrCh), der ein Recht auf Kollektivverhandlungen und kollektive Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich Streiks gewährleistet, ist nicht anwendbar.

70

Die Charta gilt nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EuGrCh für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach Art. 51 Abs. 2 EuGrCh dehnt sie den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union aus; sie begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben der Union (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10 - Aerberg Fransson, NJW 2013, 1415 Rn. 19 ff.). Daher ist das Recht der Mitgliedstaaten nur dann an den Grundrechten der Charta zu messen, wenn es in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 a.a.O. Rn. 19; BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 90). Dies ist insbesondere der Fall, wenn nationales Recht erlassen wird, um eine unionsrechtliche Umsetzungspflicht zu erfüllen.

71

Aufgrund dessen besteht bei Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts - gleich welchen Inhalts - keine Bindung an Art. 28 EuGrCh, weil dieses Rechtsgebiet nicht nach inhaltlichen Vorgaben des Unionsrechts zu gestalten ist. Auch nimmt Art. 28 EuGrCh ausdrücklich auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Bezug. Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit es eine Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union ermöglicht, auch Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts zu erlassen (Niedobitek, ZBR 2010, 361 <364>).

72

Der Senat hat die angemessene Disziplinarmaßnahme unter Beachtung des Verschlechterungsverbots aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 LDG festzusetzen (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 A 4/04 - Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 Rn. 23, vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 A 2.12 - IÖD 2013, 257 Rn. 9, vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - NVwZ-RR 2014, 105 Rn. 9 und vom 27. Februar 2014 a.a.O. Rn. 73 ). Nach dieser Vorschrift ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 LDG). Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen (Satz 2). Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen (Satz 3). Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (Satz 4).

73

In Anbetracht der Sach- und Rechtslage und unter Abwägung der danach zu berücksichtigenden Kriterien sieht der Senat den ausgesprochenen Verweis als angemessene Maßnahme an. Der Verweis nach § 6 Satz 1 LDG stellt die niedrigste Disziplinarmaßnahme dar (vgl. §§ 5 und 6 LDG).

74

Die einmalige Verletzung der Dienstleistungspflicht durch die Streikteilnahme löste ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis aus. Die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK sind nicht geeignet, das verfassungsrechtliche Streikverbot für Beamte ohne ein Tätigwerden des Gesetzgebers außer Kraft zu setzen. Es liegt nicht lediglich objektiv eine Dienstpflichtverletzung vor, der Kläger hat vielmehr auch vorsätzlich und damit schuldhaft gehandelt. Der Kläger kann sich nicht auf einen Verbotsirrtum berufen.

75

Erkennt der Beamte zutreffend den von ihm verursachten Geschehensablauf, der objektiv einen Dienstvergehenstatbestand erfüllt, glaubt er aber gleichwohl, nicht pflichtwidrig gehandelt zu haben, so beruft er sich auf einen Verbotsirrtum. Ein solcher Rechtsirrtum schließt die Schuld nur dann aus, wenn er unvermeidbar war (vgl. § 17 Satz 1 StGB, BVerwG, Urteile vom 25. März 1980 - BVerwG 1 D 14.79 - BVerwGE 63, 353 <364 f.> und vom 11. Dezember 1991 - BVerwG 1 D 75.90 - BVerwGE 93, 202 <210 f.>). Die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums bestimmt sich nach der von dem Beamten nach seiner Amtsstellung (Status, Dienstposten) und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten (Vorbildung, dienstlicher Werdegang) zu fordernden Sorgfalt unter Berücksichtigung ihm zugänglicher Informationsmöglichkeiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 11.05 - ZBR 2006, - 385 <387>, BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 2008 - BVerwG 2 B 1.08 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr 5 Rn. 6 und vom 20. Januar 2009 - 2 B 4/08 -, juris Rn.39). Im Zweifel wird von einem Beamten - im eigenen Interesse - erwartet, dass er sich bei seiner Dienststelle rechtzeitig über Umfang und Inhalt seiner Dienstpflichten erkundigt. So kann er verhindern, dass ihm gegebenenfalls entgegengehalten wird, er habe zwar in einem Verbotsirrtum gehandelt, der jedoch vermeidbar gewesen sei; ein solcher vermeidbarer Irrtum, der die Vorsatzschuld nicht ausschließt, "kann" bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden (vgl. § 17 Satz 2 StGB; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 11/05 -, juris Rn. 30).

76

Danach befand sich der Kläger nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum. Dies gilt selbst wenn er durch die beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus den Jahren 2008 (aaO) und 2009 (aaO) zu der Erkenntnis gelangt sein sollte, dass auch beamtete Lehrer streiken dürften. Bereits in einer (undatierten) Informationsschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wurde auf mögliche disziplinarische Konsequenzen („Missbilligung, Verweis oder Geldbuße“) hingewiesen. Zudem hat ihn der Beklagte durch Erlass vom 26. Mai 2010 über die maßgebliche rechtliche Einschätzung und mögliche disziplinarrechtliche Folgen einer Streikteilnahme in Kenntnis gesetzt.

77

Zwar kann ein vermeidbarerer Verbotsirrtum einen Entschuldigungsgrund und damit einen entlastenden Milderungsgrund darstellen, jedoch führt dies hier nicht zu einem Entfallen eines jeglichen Sanktionsbedürfnisses. Die Sanktionierung dient dem Zweck, dem Kläger vor Augen zu führen, dass der Dienstherr sein Verhalten nicht hinnimmt. Dadurch soll er von Wiederholungen abgehalten werden. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger disziplinarisch nicht vorbelastet war. Weitere entlastende Umstände sind nicht ersichtlich. Der Kläger ließ zwar seine Schüler während seiner Streikteilnahme in Arbeitsgruppen arbeiten, die Schulleitung musste aber eine Vertretungsregelung treffen, weil die Schüler sonst ohne Aufsicht geblieben wären.

78

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 4 LDG, § 167 VwGO, §708 Nr. 11, §711 ZPO.

79

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 69 BDG und § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.