Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 20. Juli 2017 - 12 A 313/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin.
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Die am 4. Januar 1987 geborene Klägerin steht als Sanitätsoffizierin im Range einer Stabsärztin im Dienstverhältnis bei der Bundeswehr.
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Im August 2006 bewarb sich die – seinerzeit 19jährige - Klägerin bei der Bundeswehr für die Laufbahn einer Sanitätsoffizier-Anwärterin und erhielt nach Absolvierung der Offizierbewerber-Prüfzentrale im Dezember 2006 die Sofortzusage; ab dem 2. Juli 2007 begann sie ihre Allgemeine Grundausbildung an der Marineschule in….
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Zum 2. Oktober 2007 wurde die Klägerin an das Sanitätszentrum … versetzt untergleichzeitiger Beurlaubung zum Studium der Humanmedizin an der Universität …, welches sie zum selben Termin aufnahm.
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Die Klägerin wurde zum 1. Januar 2008 zur Obergefreiten-Sanitätsoffiziersanwärterin befördert. Im Juli und August 2008 nahm sie an den Offizierslehrgängen an der Sanitätsakademie in … (Modul 1 und Modul 2) teil.
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Ihre Studienfamulaturen absolvierte sie unter anderem am Bundeswehrkrankenhaus … im Jahr 2011 (Abteilung für Radiologie) und im Jahr 2013 (Abteilung für Innere Medizin). Die Tertiale des praktischen Jahres nahm die Klägerin an nicht-bundeswehreigenen Häusern bzw. -Praxen wahr.
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Am 19. November 2014 schloss die Klägerin die ärztliche Approbationsprüfung mit der Note 2,5 (gut) ab. Im Januar 2015 wurde die Klägerin zur Stabsärztin befördert.
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Vom 9. Februar 2015 bis zum 7. März 2015 war die Klägerin dem Bundeswehrkrankenhaus … (Abt. XIV Orthopädie und Unfallchirurgie) zugewiesen.
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Vom 9. März bis 18. März 2015 nahm sie am Lehrgang Grundlagenausbildung Sanitätsoffiziere Teil A2 und A1 in … als Teil der postuniversitären militärischen Ausbildung (PUMA) teil.
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Unter dem 19. März 2015 beantragte die Klägerin – zunächst ohne nähere inhaltliche Begründung – die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin.
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Seit dem 13. April 2015 ist die Klägerin dem Sanitätsversorgungszentrum … zugewiesen.
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Mit Schreiben vom 8. Juni 2015 begründete die Klägerin ihren Antrag. Im Einzelnen gliederte sie diese Begründung nach ihrem Werdegang auf (1.-6.), an dem sie ihre Gewissensveränderung festmacht (7.-8.):
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1. Hinsichtlich ihres familiär-biographischen Hintergrundes bei der Verpflichtung weist sie zunächst darauf hin, dass ihr mit ihrem Abiturschnitt von 1,4 und ihrem musikalischen Talent viele Berufswege offen gestanden hätten. Allerdings habe sie das Krankheitsleiden eines Nachbarn dazu bewogen, sich mit dem Studienfach Medizin als Möglichkeit der Linderung von Leid für Menschen, ihnen zu helfen und Leben zu retten auseinander zu setzen. Besonders weist sie auf das in ihrem konservativen Elternhaus vermittelte Erziehungsbild (Pflichtbewusstsein, feste Werte und Normen) hin. Sie gibt ferner an, dass sie schon damals „gesellschaftliche und soziale Problempunkte, ethische und moralische Fragen, Bibelauslegung, fremde Religionen und gesellschaftliche Einflüsse“ fasziniert hätten (Beiakte B, Teil 2, Bl. 20). In diesem Zusammenhang gibt sie an, zwar nicht im kirchlich-institutionellen Sinne einer Religion nachzugehen, würde sich aber noch als religiös bezeichnen und sei der Ansicht, dass sie – in Anlehnung an ihren Konfirmationsspruch „auf einem Pfad gewandelt [sei], der nicht ‚vom Wort Gottes‘ beleuchtet war“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 20).
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2. Im Folgenden beschreibt sie ihre vorherigen Kontakte zur Bundeswehr; namentlich durch ihre Arbeit als Babysitter sei sie in engen Kontakt gekommen zu einer Familie, deren Vater Marineangehöriger gewesen sei. In Gesprächen mit ihm habe sie die Überzeugung gewonnen, neben dem finanziellen Anreiz des festen Gehalts sowohl medizinisch als auch militärisch etwas Gutes zu tun. Hier habe aber auch die Zerrüttung ihrer Familie eine Rolle gespielt. Für die Verpflichtung bei der Bundeswehr habe sie auch die dort erwartete feste Struktur bewogen. In der Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch habe sie sich zwar auch mit einem möglichen Schießbefehl befasst, dessen Tragweite aber ebenso wenig abschätzen können wie einen Widerspruch zu ihrer Vorstellung von ärztlicher Tätigkeit. Außerdem sei sie davon ausgegangen, vor allem als Ärztin eingesetzt zu werden. Insgesamt verweist die Klägerin neben den Gesprächen als Quellen für ihr Bundeswehrbild auf „TV und [das] aktuelle Zeitgeschehen“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 22). Ihre Eltern hätten ihre Bewerbung teils kritisch-besorgt, am Ende aber stolz begleitet.
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3. Die Absolvierung ihrer Grundausbildung beschreibt sie sodann als stressbelastet, sie habe jene vor allem wegen des Ziels (Medizinstudium) und des Kameradschaftsgefühls durchgestanden. Bezogen auf die Schießübungen gibt sie an, dass jene „irgendwie dazu“ gehört hätten, sie aber ein „unglaublich schlechter Schütze“ sei und „mit dem Werfen der Einzeleile mehr bewirken [könnte]“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 25). Sie habe sich „gleichzeitig gefährlich und gefährdet“ gefühlt, insgesamt aber sei ein Schuss auf einen Papp-Aufsteller aber für sie nicht mit einem richtigen Schuss auf einen richtigen Menschen zu vergleichen. Sie fasst dabei den „wichtigsten Lerninhalt“ zusammen „Wie stelle ich es an, dass meine Kameraden und ich selbst nicht verletzt werden?“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 25). Ihre Ernennung zum Soldaten auf Zeit sowie die Vereidigung habe sie eher passiv erlebt. Ihre nachfolgende Zeit auf der Gorch Fock beschreibt sie positiv, was sie kontrastiert mit der weitgehenden Zerrüttung der Familie (Beiakte B, Teil 2, Bl. 26).
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4. Ihre folgende Studienzeit beschreibt sie sodann als sehr zeitintensiv und anspruchsvoll, mit „wenige[n] Berührungspunkte[n]“ zwischen Studium und Bundeswehr, so dass „weder Zeit noch Bedarf“ für Reflexion bestanden hätten (Beiakte B, Teil 2, Bl. 26 d.A.). In Zusammenhang mit einem Offizierslehrgang im August 2008 seien ihr aber Bilder von Opfern eines Anschlags auf einen Bundeswehrbus in Kunduz gezeigt worden, wobei sie diese nur mit einer späteren Tätigkeit als Arzt verbunden habe (Beiakte B, Teil 2, Bl. 27). In den Schießübungen bei diesem Lehrgang beschreibt sie ihren Umgang mit der Waffe als „sehr unsicher“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 27). Zugleich gibt sie an, mit ihrer Beförderung zum Leutnant im Jahr 2010 „sich als Soldat nicht immer wohl gefühlt“ zu haben (Beiakte B, Teil 2, Bl. 28 d.A.). In Zusammenhang mit einem Vortrag über den ISAF-Einsatz der Bundeswehr im November 2011 sei ihr erstmals klargeworden, dass ein Soldat „so richtig schießen muss“ und nicht „der Arzt eigentlich nur für die Verletzten da ist und die anderen Soldaten irgendwie auf den Arzt aufpassen.“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 29). In ihren Famulaturen sei sie selbst in Bundeswehreinrichtungen größtenteils mit Soldaten in Zivil in Kontakt gewesen, der Fokus habe auf der medizinischen Ausbildung gelegen; das Soldat-Sein oder Einsätze seien nicht thematisiert worden. Ihre Famulatur auf dem Einsatztruppenversorger beschreibt sie als von „militärische[m] Ton“ geprägt, verbindet diesen aber auch mit Abenteuerlust, welche sie auch aufgrund der Vorteile des Offizierdienstgrades als positiv erlebt habe (Beiakte B, Teil 2, Bl. 29).
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5. Als einschneidend beschreibt sie sodann ihren Sportunfall im Jahr 2012, wobei sie hervorhebt „die Kombination aus Schmerz, Hilfsbedürftigkeit und dem Wegfall des bewährten Ausgleichs Sport machten mir schwer zu schaffen. (…) Meine heimliche Grundüberzeugung, dass Unfälle und Verletzungen solcher Art mir schon nicht passierten und wenn dann nicht so schlimm, wurde Lügen gestraft.“ Sie habe dieses Grundgefühl aber nicht mit möglichen Auslandseinsätzen in Verbindung gebracht, zumal sie sich aufgrund ihrer Verletzung auch nicht als tauglich für Auslandseinsätze gesehen habe.
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6. Ihr praktisches Jahr sei davon geprägt gewesen, dass sie erstmals praktisch Menschen habe helfen können, gerade in der Notaufnahme, wenn schnelle Entscheidungen über Leben und Tod entscheiden könnten (Beiakte B. Teil 2 Bl. 31). In Zusammenhang mit dem Ableben ihrer Großmutter im Jahr 2013, deren Tod „sicher eine Erleichterung für sie“ gewesen sei (Beiakte B, Teil 2, Bl. 31) habe sie sich vermehrt mit dem Thema Sterben auseinandergesetzt wie auch mit dem drogeninduzierten Selbstmord ihres Cousins. Sie habe sich dabei auch mit Fragen der Nutzen-Risiko-Abwägung für Patienten befasst, ebenso wie der Frage der künstlichen Verlängerung des Lebens im Rahmen der Palliativmedizin (Beiakte B, Teil 2, Bl, 32). Sie sei zu dem Fazit gelangt: „Leben ist die Basis für alles. Jeder Mensch verdient es und jeder Mensch verdient es auch, dass Ärzte um sein Leben und seine Lebensqualität kämpfen. Ein Leben ist einfach unbezahlbar und verdient es als eines der höchsten Güter angesehen zu werden.“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 32).
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7. Diese Gedanken hätten zu einem grundsätzlichen Anzweifeln der Vereinbarkeit von soldatischer und ärztlicher Tätigkeit geführt. Ein vier-Augen-Gespräch mit ihrem Betreuungsoffizier im Mai 2014 habe aber dazu geführt, dass sie angeschrien und persönlich angegriffen worden sei; ein Lösungsansatz sei ihr nicht aufgezeigt worden. Vielmehr sei ihr geraten worden, im Rahmen der Einplanung Bedenken nur anzumelden, wenn sie sich sicher sei, einen KDV-Antrag stellen zu wollen. Die Einplanung selbst sei „eine Art seelischer Ausnahmezustand“ gewesen (Beiakte B, Teil 2, Bl. 33). Sie habe an sich nicht eingeplant werden wollen und ihre eigene Zustimmung zur Einplanung mit ihrer Unterschrift erst im Nachhinein als solche erkannt (Beiakte B, Teil 2, Bl. 34). Insbesondere habe sie ja gerade ihre Bedenken mündlich angesprochen, ferner habe sie Angst vor den Konsequenzen gehabt und zu ihrem Wort stehen wollen (Beiakte B, Teil 2, Bl. 34). Die Beschäftigung mit der Thematik hätte angesichts der belastenden Examensvorbereitung zu Panikattacken geführt (Beiakte B, Teil 2, Bl. 34), wobei im Rahmen eines Semestertreffens im Oktober 2014 mit den neuen Offiziersanwärtern ihr aufgefallen sei, dass die Erstsemester aus ihrer Sicht die Konsequenzen der Verpflichtung noch gar nicht überblicken könnten. Während der postuniversitären militärischen Ausbildung habe sie Probleme gehabt, sich in Flecktarn-Uniform im Spiegel zu sehen und gedacht „Das ist nicht das, was mich ausmacht“ sowie „Ich möchte anderen Menschen helfen und nicht ein System unterstützen, das billigend in Kauf nimmt andere Menschen zu verletzen“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 35). Kriegsdienstverweigerer seien in den Gesprächen mit anderen Soldaten grundlegend auf Ablehnung gestoßen. Ferner habe ihr zugesetzt, dass sie wenig Schnittpunkte mit ihren Kameraden erkannt habe, deren Gedankengut „von Zeit zu Zeit eher extrem rechts“ angemutet habe, sie habe sich fehl am Platze gefühlt (Beiakte B, Teil 2, Bl. 36). Die Beförderung zur Stabsärztin sei für sie gleichsam automatisch mit der Approbation erfolgt, in der Verwendung im Bundeswehrkrankenhaus … habe sie sich nicht wohl gefühlt angesichts des prägenden „Soldat-Seins“. Selbst wenn sie nicht an Einsätzen teilnehmen würde, sei ihr klargeworden, dass sie mit ihrer Gegenwart und der Sicherstellung der Basisversorgung anderen ermöglichen würde in den Einsatz zu gehen, also einen Beitrag zu seinem System leisten, dass sie nicht unterstützen könne (Beiakte B, Teil 2, Bl. 36). Hierfür spreche auch, dass im Rahmen der EAKK-Ausbildung, an der sie aus gesundheitlichen Gründen nicht habe teilnehmen können, ihre Kollegen am Maschinengewehr ausgebildet worden seien, was nichts mit der eigenen Verteidigung im engeren Sinne zu tun habe (Beiakte B, Teil 2, Bl. 37). Außerdem schildert sie die Begegnung mit einem Patienten, der nach einem Einsatz in Afghanistan an einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten habe: „Ich hatte das sichere Gefühl, dass mir nach einem Einsatz das Gleiche wiederfahren würde. Eine Angst zu empfinden, die nicht rational erklärbar ist und die nicht verschwindet. (…) Das ist es, was der Krieg mit Menschen anstellt. Er zeichnet sie für ihr Leben Lang (…). So klar wie nie zuvor habe ich erkannt, dass ich Krieg in jeglicher Form nicht unterstützen kann, mich auch nicht direkt oder indirekt daran beteiligen kann. Ich bin mir sicher, dass ich durch den Gebrauch der Waffe in etwas Ähnliches verwandelt werde.“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 37).
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8. Dies habe zu ihrem Gewissenswandel geführt. Sie wolle sich „dem Leben verschreiben“ und nicht „die Menschen […] heilen, und den Menschen […] helfen, die andere Menschen wiederum verletzen oder zumindest dazu gezwungen sein können“. (Beiakte B, Teil 2, Bl. 37). Zwar sehe auch sie die Möglichkeit, in Notwehr einen Menschen zu töten, dies sei aber zu unterscheiden von der soldatischen vorsätzlichen Gewaltanwendung. Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ würden ebenfalls aus humanitären Gründen in andere Länder reisen, aber nicht „mit einer Waffe im Gepäck“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 38 d.A.). Der Wert eines Lebens aber sei immer gleich, und auch dem Soldaten das Töten nicht erlaubt und „selbst bösen Menschen kann das Recht auf Mensch-Sein nicht aberkannt werden, denn der Wert des Lebens ist unschätzbar. Niemand darf Leben nehmen!“ (Beiakte B, Teil 2, Bl. 38 d.A.). Sie selbst würde bei einem Soldaten „in einem Notfall“ auch „eine nötige und lebenserhaltende Behandlung“ durchführen, sie könne aber nicht die hausärztliche, systematische Versorgung und Einsatzvorbereitung unterstützen. Sie könne daher eine Tätigkeit im Dienste der Bundeswehr nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.
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Unter dem 10. Juni 2015 machte die Beklagte der Klägerin gegenüber Zweifel an der Wahrheit ihrer Angaben geltend und gab ihr Gelegenheit zu weiterer Stellungnahme unter anderem mit dem Hinweis, für einen Soldaten des Sanitätsdienstes gebe es keinen Befehl, keine gesetzliche Verpflichtung zum Töten, vielmehr habe er selbständig zu entscheiden, ob und wann er zum Eigen- oder Patientenschutz von der Waffe Gebrauch mache. Kampfaufträge gehörten nicht zum Aufgabenspektrum, über den Umstand, dass auch ein Sanitätsoffizier in die Lage kommen könne, Waffengewalt zum Eigen- oder Patientenschutz einsetzen zu müssen, sei sie auch im Bewerbungsverfahren belehrt worden. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass bereits zum Zeitpunkt der Verpflichtung der Klägerin der ISAF-Einsatz in Afghanistan regelmäßiger Gegenstand der Medienberichterstattung gewesen sei.
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Dieser Aufforderung kam die Klägerin mit ergänzendem Schreiben vom 6. Juli 2015 nach (Beiakte B, Teil 2, Bl. 44). Sie führte unter Wiederholung und Vertiefung der Erklärung vom 8. Juni 2015 aus, ihre Gewissensbildung sei über einen längeren Zeitraum erfolgt, eine frühere Klarheit habe sie nicht gewinnen können. Das Erlebnis mit dem an PTBS erkranktem Patienten sei „lediglich das i-Tüpfelchen auf einem langen Entscheidungsweg“. Den Vortrag über den ISAF-Einsatz im Oktober 2011 beschreibt sie neuerlich als „kleinen Schock“, den sie aber durch beschwichtigende Worte des Vaters und die Studienbelastung sodann zunächst ignoriert habe. Hinsichtlich des eingeschränkten Waffen-Einsatzes durch Sanitätskräfte legt sie dar, es sei zu unterschieden „zwischen einer eigenen Entscheidung und dem MUSS eines Waffengebrauchs“; letzteren lehne sie im Allgemeinen ab, ebenso wie ein System, welches mit Gewalt seine Ziele durchsetze. Erneut legt sie auch dar, ursprünglich davon ausgegangen zu sein, es handele sich bei der Tätigkeit als Sanitätsoffizieren gleichsam um „‘bewachte‘ humanitäre Hilfe“.
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Mit Bescheid vom 20. Juli 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
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Zur Begründung führte sie an, es bestünden Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 KDVG, denn sie könne nicht überzeugend darlegen, dass sie in schwerwiegende Gewissensnot geraten würde, wenn sie in irgendeiner Weise einen Beitrag zum Töten von Menschen in Zusammenhang mit militärischen Auseinandersetzungen leisten müsste. Weder habe die Klägerin eine Gewissensumkehr durch ein Schlüsselerlebnis, noch durch einen längeren intensiven Wandlungsprozess darlegen können. Der Suizidfall ein Jahr vor Stellung des KDV-Antrags stelle kein solches Schlüsselerlebnis dar, denn die Klägerin habe mit ihrer Antragstellung bis zu ihrer Approbation und der Beförderung zum Stabsarzt gewartet; die Annahme der Beförderung spreche gegen Identifikationsprobleme mit dem Beruf der Soldatin; vielmehr werde hierdurch gerade die positive Identifikation mit der Bundeswehr nach außen deutlich. Gerade weil die Klägerin ihr Zuwarten mit ihrem Pflichtbewusstsein begründe, sei zu erkennen, dass keine zwingende Gewissensnot vorgelegen habe. Auch die Schilderung von Unwohlsein anlässlich des Semestertreffens im Oktober 2011 habe offensichtlich nicht zu einem intensiven Nachdenken über die Richtigkeit der Berufswahl geführt, vielmehr habe die erfolgreiche Beendigung des Studiums hier für die Klägerin im Vordergrund gestanden. Auch habe sie bereits vor der Verpflichtung zur Soldatin auf Zeit bewusst und bekannt sein müssen, dass, wie sie nunmehr vorbringt, kein Mensch das Recht habe, Leben zu nehmen. Auch die Zusatz - Erklärung habe nicht nachvollziehbar begründet, warum binnen weniger Wochen nach der Approbation und Beförderung die Verweigerung eingereicht worden sei.
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Mit Widerspruch vom 22. September machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre vorherigen Einlassungen geltend, der Bescheid lasse ihr Vorbringen weitgehend außer Betracht und sei allenfalls generalisierend begründet. Der lange Zeitraum der Gewissensbildung sei durch ihr Pflichtbewusstsein und ihr eigenes Hinterfragen zu erklären.
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Unter dem 14. Oktober 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie nahm zur Begründung Bezug auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid, der sich bereits mit den Ausführungen der Klägerin auseinandergesetzt habe. Im Widerspruchsverfahren seien keine neuen Gründe vorgetragen worden, die zu einer Änderung der getroffenen Entscheidung führen könnten.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 16. November 2015.
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Unter Bezugnahme auf ihren schriftlichen Vortrag im Verwaltungsverfahren beruft sie sich auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 S. 1 GG. Es gebe für sie keine Alternative oder keinen Kompromiss bei der ärztlichen Tätigkeit. Auch habe sich zumindest in tatsächlicher Hinsicht die Situation der Sanitätsoffiziere stark geändert, die heute viel schneller als früher in der Situation seien, tatsächlich von der Schusswaffe Gebrauch machen zu müssen.
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Ferner hätte sie drei weitere Begegnungen mit Patienten, welche an einer posttraumatischen Belastungsstörung litten, „fast völlig aus der Bahn geworfen“. Sie habe hierdurch erkannt „was der Krieg mit Menschen tut“, und dass auch Ärzte im Umgang mit solchen Patienten eigener Gefährdung ausgesetzt seien. Ferner sei ihr klargeworden, „dass auch ich wahrscheinlich so enden würde, gefangen in meiner eigenen Gedankenwelt, heimgesucht von Flashbacks und Alpträumen, wenn ich dieser Situation ausgesetzt wäre. Das Bewusstsein, einem Menschen willentlich Schaden zugefügt zu haben, wäre immer vorhanden und würde auch mir ein richtiges Leben unmöglich machen.“ Dies sei ihr – ihrer damaligen Reife entsprechend - bei der Bewerbung nicht bewusst gewesen. Maßgeblich für den Berufswunsch sei das Heilen gewesen, den Soldatinnenstatus habe sie unterschätzt. Ihre Gewissensnot sei auch im Einplanungsgespräch zur Sprache gekommen, welches sie in einem Gedächtnisprotokoll rekonstruiert.
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Schließlich werde sie auch finanziell nicht besser gestellt, wenn sie nach der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin in der Privatwirtschaft als Ärztin tätig werde.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 20. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2015 zu verpflichten, festzustellen, dass sie berechtigt ist, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Unter Wiederholung und Vertiefung des Vorbringens in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid macht sie Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Darlegungen der Klägerin geltend und verweist auf die Zielstrebigkeit, mit der die Klägerin ihre Einstellung verfolgt habe, die Präsenz von Auslandseinsätzen der Bundeswehr in den Medien und den völkerrechtlich geschützten Nichtkombattantenstatus von Sanitätssoldaten. Sämtliche Offizierslehrgänge, auch solche mit Waffeneinsatz, habe die Klägerin erfolgreich durchlaufen, auch während ihres Studiums. Eine persönliche Entwicklung im Sinne einer Gewissensumkehr sei nicht erkennbar, insbesondere angesichts der acht Jahre langen konfliktfreien Dienstwahrnehmung. Ferner habe sich das Einplanungsgespräch anders zugetragen, namentlich habe die Klägerin angedeutet, ein KDV-Antrag könne ein probates Mittel darstellen, um beispielsweise eine heimatnahe Verwendung herbeizuführen.
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Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter durch Beschluss vom 01.Juni 2017 zur Entscheidung übertragen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Klägerin als Partei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die als Verpflichtungsklage statthafte Klage ist zulässig, insbesondere ist auch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zu bejahen. Grundsätzlich können nicht nur gediente und ungediente Wehrpflichtige, sondern auch Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beantragen, vgl. § 2 Abs. 6 Satz 3 Kriegsdienstverweigerungsgesetz – KDVG -, § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 55 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (SG). Sie können auch nicht auf ein vorrangig zu betreibendes Dienstentlassungsverfahren verwiesen werden. Die dahingehende frühere Rechtsprechung, der zufolge Berufs- und Zeitsoldaten im Sanitätsdienst der Bundeswehr aus Rechtsgründen kein Rechtsschutzbedürfnis für ein auf ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gerichtetes Verfahren zuzubilligen sei, hat das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile aufgegeben (BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2012 - 6 C 11/11 - und - 6 C 31/11 -; hierzu auch VG Minden, Urteil vom 14. Januar 2014 – 10 K 90/13 –, Rn. 30, alle juris).
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Unter Zugrundelegung des schriftlichen Vortrages und unter Einbeziehung der Ausführungen der Klägerin bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung ist die Klage aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin. In Anwendung der gesetzlichen Anspruchsgrundlagen (1.) und eingedenk der gerichtlichen Pflicht, die Angaben der Klägerin wohlwollend, aber umfassend zu würdigen (2.) verbleiben im konkreten Fall erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der geltend gemachten Gewissensentscheidung (3.).
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1.) Gemäß Art. 4 Abs. 3 S. 1 GG darf niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden, wobei die näheren Einzelheiten der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer im Gesetz über die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen – Kriegsdienstverweigerungsgesetz, KDVG - geregelt sind, vgl. Art. 4 Abs. 3 S. 2 GG, § 1 KDVG.
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Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird gemäß § 1 Abs. 1 des KDVG als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Nach § 5 KDVG ist eine Person auf Antrag hin als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn der Antrag vollständig ist, die dargelegten Beweggründe das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen geeignet sind und das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nicht mehr bestehen. Nach § 7 Abs. 1 KDVG ist der Antrag – spiegelbildlich – abzulehnen, wenn der Antrag unvollständig ist, die dargelegten Beweggründe kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung begründen oder Zweifel an der Wahrheit der Angaben bestehen.
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Für eine verbindliche Gewissensentscheidung müssen konkrete Anhaltspunkte festgestellt werden dafür, dass eine ernste, sittliche, an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung vorliegt, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne schwere seelische Not bzw. nicht ohne ernstliche Gewissensnot handeln kann (VG Würzburg, Urteil vom 29. April 2014 – W 1 K 13.960 –, Rn. 42, juris, mwN.). Voraussetzung ist dabei nicht das drohende „Zerbrechen der Persönlichkeit“ oder der Eintritt eines „schweren seelischen Schadens“, sondern es genügt eine schwere Gewissensnot des Betreffenden, die im Einzelfall zu einem schweren seelischen Schaden führen kann, aber nicht muss (BVerwG, Urteil vom 01. Februar 1989 – 6 C 61/86 –, BVerwGE 81, 239-, Rn. 13, juris).
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Handelt es sich um Personen, die sich – wie die Klägerin – freiwillig als Soldaten auf Zeit verpflichtet und schon mehrere Jahre Wehrdienst geleistet haben ohne einen Konflikt mit dem Gewissen zu empfinden, kann von einer Ersthaftigkeit der Gewissensentscheidung nur ausgegangen werden bei einer „Umkehr“ der früheren Einstellung gegenüber dem Kriegsdienst mit der Waffe (BVerwG, Beschluss vom 29. April 1991 – 6 B 9/91 –, Rn. 2, juris). Eine solche Umkehr kann nicht nur durch ein „Schlüsselerlebnis“ oder entsprechend schwerwiegende Umstände herbeigeführt werden. Sie kann ebenso am Ende eines Wandlungsprozesses und einer Entwicklung stehen, die ohne spektakuläre äußere Umstände zu einer innerlich absolut verbindlichen Entscheidung gegen jegliches Töten im Kriege geführt hat, so dass die Anforderungen an die Annahme einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllt sind. (BVerwG, Urteil vom 2. März 1989 – 6 C 10/87 –, BVerwGE 81, 294-298, Rn. 13, juris).
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2.) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein voller Beweis dafür, dass der Kriegsdienst aus durch Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Gewissensgründen verweigert wird, häufig nicht geführt werden. Deshalb muss im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein auf Grund aller in Betracht kommenden Umstände ermittelter hoher Grad von Wahrscheinlichkeit genügen. Kann sich jedoch das Gericht auch bei wohlwollender Beurteilung des Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nicht dazu entschließen, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der erforderlichen Gewissensentscheidung abschließend zu bejahen, geht dies nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zu Lasten des seine Anerkennung begehrenden Kriegsdienstverweigerers (BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2014 – 6 B 17/14 –, Rn. 6, juris, unter Verweis auf BVerwG v. 18.10.1972 – VIII C 46.72 – BVerwGE 41, 53). Maßgeblicher Zeitpunkt der Entscheidung ist dabei die letzte mündliche Verhandlung (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1969 – VIII C 112.67 –, BVerwGE 34, 155-159, Rn. 11, juris; siehe auch VG Augsburg, Urteil vom 19. März 2015 – Au 2 K 14.833 –, Rn. 32, juris). Das Gericht hat die Pflicht der umfassenden Würdigung der von der Klägerin angeführten Hintergründe ihrer Entscheidung.
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3.) Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich keine Gewissensumkehr der Klägerin feststellen. Die von ihr dargelegten Gründe können die von der Beklagten angeführten Zweifel an einem inneren Wandlungsprozess im Sinne der Rechtsprechung nicht ausräumen. Die Angaben der Klägerin zu ihrem längeren inneren Wandlungsprozess sind auch bei wohlwollender Betrachtung nicht überzeugend, sondern teils widersprüchlich, teils wenig glaubhaft und mögen zwar einen Reifeprozess und Erkenntnisgewinn, nicht aber eine vollständige Gewissensumkehr von einer Soldatin auf Zeit ohne erkennbare Gewissensbelastung hin zu einer Kriegsdienstverweigerin aus Gewissensgründen belegen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 29. April 2014 – W 1 K 13.960 –, Rn. 46, juris; VG Trier, Urteil vom 10. November 2015 – 1 K 2618/15.TR –, Rn. 57 –, beide juris).
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Allerdings dürfte dies entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits aus den zeitlichen Umständen der Dienstdauer und Antragstellung sowie der von der Beklagten aufgestellten Behauptung, die Klägerin habe die Stellung eines KDV-Antrags bei ihrem Einplanungsgespräch als Mittel zur Erreichung ihrer Ziele, namentlich einer heimatnahen Verwendung erwähnt, folgen (a.). Jedoch überzeugen die Ausführungen zur fehlenden Entscheidungsreife bei der Berufswahl nicht (b.), ebenso sind die Darlegungen zu Gewissensnöten im Umgang mit der Waffe nicht tauglich, eine Gewissensumkehr nahe zu legen (c.). Die von der Klägerin geltend gemachten geänderten Einsatzumstände für ärztliches Personal der Bundeswehr reichen ebenfalls nicht als hier relevante Umstände hin (d.). Schlussendlich legt die Klägerin keinen Wandel ihrer moralischen Überzeugungen dar, der ihr das Töten eines Menschen unter jeglichen Umständen als unmöglich darlegt – vielmehr erscheint ihr Einstellungswandel weniger von ethischen Bedenken und Respekt vor dem menschlichen Leben, als vielmehr von der Besorgnis einer eigenen Gefährdung im Einsatz getragen (e.).
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a.) Ob und inwieweit ein jahrelanges Dienen ohne erkennbaren Gewissenskonflikt sowie ein KDV-Antrag in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Abschluss der Berufsausbildung gegen das Vorliegen einer Gewissensentscheidung sprechen, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. So wird teils zumindest gefordert, dass sich der Wandlungsprozess zumindest in Einzel-Gesprächen äußern müsse, was vorliegend wohl mit den Elterngesprächen, auf welche die Klägerin hinweist, erfolgt ist (vgl. zum Maßstab auch VG Augsburg, Urteil vom 19. März 2015 – Au 2 K 14.833 –, Rn. 34, juris, mwN). Zum Teil werden Anträge, welche unmittelbar nach Studienende gestellt werden, vergleichsweise streng gehandhabt (vgl. VG München, Urteil vom 13. Juni 2013 – M 15 K 13.572 –, Rn. 38; VG Dresden, Urteil vom 11. März 2014 – 11 K 1121/13 Rn25 – beide juris). Es wird insoweit darauf hingewiesen, dass zumindest aufgrund des Ausbildungsgeldes, welches monatlich gezahlt werde und der Inanspruchnahme soldatenversorgungsrechtlicher Leistungen im Krankheitsfall ein gewisses „Grund-Bewusstsein“ der Zugehörigkeit zur Bundeswehr auch im zivilen Studium stets vorhanden sein dürfte (vgl. VG Aachen, Urteil vom 03. März 2016 – 1 K 523/15 –, Rn. 60, juris).
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Zwar spricht die bereits von der Beklagten monierte Tatsache, dass ihr nach ihrem eigenen Vortrag der Dienst an der Waffe mit den damit möglichen Konsequenzen schon im Oktober 2011 anlässlich eines Vortrages über den ISAF-Einsatz der Bundeswehr „richtig klar geworden (sei)“ (Anhörung), gegen die Annahme, die Klägerin habe diese Erkenntnis erst nach Abschluss des Studiums und nach Beförderung zur Stabsärztin erlangt.
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Allerdings weist die Klägerin darauf hin, dass sie von ihrem Vater beruhigt worden ist und das Studium sie so in Anspruch genommen habe, dass sie diesen Gedanken zunächst nicht weiter verfolgt habe. Weiter führt sie mehrfach plausibel aus, dass sie sie sich ihre Entscheidung gerade nicht leichtgemacht habe und – auch aus Sorge vor möglichen Anfeindungen im Kollegenkreis – eine möglichst große Sicherheit über ihre Gewissenslage hatte gewinnen wollen.
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Auch erscheint der Vortrag der Klägerin, sie habe sich auf ihr Staatsexamen konzentrieren müssen, zumindest plausibel. Dass in der – durchaus existentiellen – Situation einer berufsentscheidenden Prüfung möglicherweise latente Grundkonflikte zurücktreten, erscheint dem Gericht für sich genommen nicht widersprüchlich.
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Das Gesamtbild spricht insofern dafür, dass Antragszeitpunkt und die Dauer der Gewissensentscheidung als solche nicht geeignet sind, Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Entscheidung hervorzurufen, sondern lediglich das Ergebnis eines Gedankenprozesses darstellen, welcher aufgrund seiner Tragweite einige Zeit in Anspruch genommen haben dürfte.
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Der Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe anlässlich des Einplanungsgesprächs Ende Mai 2014 einen KDV-Antrag als Mittel zur Verfolgung ihrer Ziele erwähnt und damit quasi als Erpressungsmittel eingesetzt, was gegen eine Gewissensentscheidung spreche, ist die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erfolgreich entgegengetreten. Insofern hat sie glaubhaft dargelegt, dass – sollte sie tatsächlich einen solchen Antrag erwähnt haben – dies allenfalls als Zitat einer am Vortag anlässlich eines Vortrages/einer Vorlesung aufgenommenen Bemerkung wiedergegeben hat und dies keinesfalls als Erpressungsversuch zu werten ist.
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b.) Etwas anders bewertet das Gericht Alter und fehlende Reife bei der Bewerbung. Darauf hat sich die Klägerin als Ausgangspunkt ihres Gesinnungswandels berufen. Diese Umstände können zwar als Indiz dafür gesehen werden, dass – je nach dem gewonnenen Persönlichkeitsbild – ein Erkenntnisprozess parallel zu langjährigem Dienst abläuft (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 29. April 2014 – W 1 K 13.960 –, Rn. 45, juris). Allerdings ist es auch ebenso möglich - ebenfalls vom Persönlichkeitsbild und konkreten Lebenslauf ausgehend –, dass darin gerade Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin begründet sind (so im Einzelfall VG Minden, Urteil vom 14. Januar 2014 – 10 K 90/13 –, Rn. 43, juris; VG Augsburg, Urteil vom 19. März 2015 – Au 2 K 14.833 –, Rn. 39, juris).
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Hier kann der Klägerin zwar zugutegehalten werden, dass ihr Familienumfeld und der von ihr wiederholt erwähnte Vater der von ihr beaufsichtigten Kinder, der Berufssoldat ist, ein einseitig geprägtes Bild von der Bundeswehr vermittelt hätten (VG Würzburg, Urteil vom 21. Februar 2017 – W 1 K 16.589 –, Rn. 23, juris). Indes kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass von einer 18-19jährigen Person erwartet werden kann, dass sie sich bei ihrer Entscheidung, sich langjährig bei der Bundeswehr zu verpflichten, auseinandersetzt mit deren Aufgaben und dem Alltag (VG München, Urteil vom 13. Juni 2013 – M 15 K 13.572 –, Rn. 40, juris; VG Minden, Urteil vom 14. Januar 2014 – 10 K 90/13 –, Rn. 44, juris).
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Hinsichtlich der dahingehenden Einlassungen der Klägerin fällt auch eine gewisse Diskrepanz auf, wenn sie zum einen zielstrebig und in Vorbereitung auf das Bewerbungsverfahren ihre Aufnahme in die Bundeswehr verfolgt hat, andererseits aber unreflektiert die Angaben des Familienvaters aus der Familie, in der sie als Babysitterin tätig war, übernommen haben will. Während es zwar für eine nur schwache Kritikneigung der Klägerin damals sprechen mag, dass ihr die Stabilität der Bundeswehr einen Gegenpol zu dem zunehmend zerrütteten Familienleben bot, ist doch ein gewisser Widerspruch zu sehen in der gleichzeitigen Angabe der Klägerin, sie sei schon in der Abiturzeit fasziniert gewesen von „gesellschaftlichen und sozialen Problempunkten, ethischen und moralischen Fragen, Bibelauslegung, fremde Religionen und gesellschaftliche Einflüssen“.
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Ebenso bestehen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Klägerin, sie habe seinerzeit keinerlei konkrete Vorstellungen vom „Dienst an der Waffe“ gehabt bzw. den Konsequenzen von Tötungshandlungen, da sie zugleich angibt, durch Medien allgemein informiert gewesen zu sein. Gerade eingedenk der durchaus kontrovers diskutierten Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen der Operation Enduring Freedom und der zeitgleichen Beobachtermission im Sudan bestehen auch hieran erhebliche Zweifel. Bei ihrer Anhörung hat die Klägerin ihren diesbezüglichen Vortrag auch insofern relativiert, als sie durchaus eingeräumt hat, aufgrund ihrer Hochschulreife konkrete Vorstellungen vom Dienst an der Waffe gehabt zu haben. Dass dies nur „theoretischer Natur“ gewesen sein soll, ändert daran nichts, da zu diesem Zeitpunkt praktische Erfahrungen der Klägerin noch gar nicht zur Debatte standen.
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c.) Als weiteren wichtigen Indikator hinsichtlich der Frage, ob ein KDV-Antragsteller glaubhaft machen kann, aus Gewissensgründen schlechterdings nicht an Tötungshandlungen teilnehmen zu können, werden in der Rechtsprechung auch die Teilnahme an Schießübungen herangezogen, wobei insbesondere auf innere Konflikte, Gewissenszweifel von Anfang an sowie die Beschränkung der Teilnahme auf ein Minimum herangezogen wird (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 21. Februar 2017 – W 1 K 16.589 –, Rn. 24, juris).
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Auch hier sprechen die Angaben der Klägerin allerdings nicht für einen grundlegenden Gewissenswandel, welcher den Einsatz von Waffen gegen Menschen ihr persönlich unmöglich machen würde.
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So weist sie zunächst – in nahezu humoristischem Tonfall – darauf hin, dass ihr selbst die Schießübungen schwergefallen seien. Sie geht mehrfach darauf ein, dass beim Schießen auf Papp-Aufsteller keine vergleichbare Situation vorliege hinsichtlich des Schießens auf Menschen, das Ganze mehr den Charakter einer „sportlichen Veranstaltung“ aufgewiesen habe. Indes hat sie sogar 2011 noch an Schießübungen teilgenommen, so dass eine grundlegende moralische Abneigung gegen den Schusswaffengebrauch nicht ersichtlich ist. Dass die Klägerin hier vielmehr differenziert, wird auch in der Schilderung der postuniversitären Ausbildung deutlich: die geschilderten „tiefgreifende Bedenken“ bezieht die Klägerin auf die Ausbildung an einem Maschinengewehr, welches nicht der „Selbstverteidigung im engeren Sinne“ diene, und ist der Ansicht, „wenn die ärztliche Tätigkeit bei der Bundeswehr auch nur zum Schein eine ärztliche sein soll, so kann doch nicht von Menschen, die prinzipiell anderen helfen sollten, verlangt werden, eine solche Waffe zu bedienen“. Dies lässt aber den Rückschluss zu, dass für die Klägerin der Schusswaffengebrauch auch zur (militärischen) Selbstverteidigung als solcher mit anderen Waffen, beziehungsweise jedenfalls die Ausbildung auch an Maschinengewehren für nichtmedizinisches Personal oder deren Anwendung im Falle des „Selbstverteidigung im weiteren Sinne“ moralisch vertretbar erscheint. Mit den übrigen generellen Aussagen der Klägerin zur Unantastbarkeit Menschlichen Lebens als dem für sie höchsten Gut steht dies in Widerspruch.
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Als einprägsames Element der Grundausbildung schildert die Klägerin schließlich entsprechend den „Kern-Lerninhalt“, nämlich die Verhinderung der eigenen Verletzung bzw. der Verletzung von Kameraden. Eine grundlegende Ablehnung des Waffeneinsatzes ist darin nicht zu erkennen.
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Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob tatsächlich das Sanitätspersonal der Beklagten nach den konkreten Einsätzen vermehrt zum Eigenschutz etwa bei den als Sanitätsfahrzeugen verwendeten Transportpanzern durch die Beklagte (als sog. Ärztetrupps) eingesetzt wird, Verwundete erst nach sicherer Lage versorgt werden würden (so die Klägerin bei ihrer Anhörung) und die Wahrscheinlichkeit der Waffenverwendung für die Klägerin dadurch gestiegen ist (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 9. April 2010 zur Kleinen Anfrage u.a. der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 17/1338, Frage 16, S. 5: „Die Bedienung des Maschinengewehrs zum Eigenschutz obliegt nach der Weisungslage grundsätzlich Soldatinnen und Soldaten, die nicht Angehörige des Sanitätsdienstes sind. Stehen hierzu keine ausreichenden Kräfte zur Verfügung, erfolgt die Bedienung auch durch ausgebildete und eingewiesene Sanitätssoldatinnen und -soldaten mit deren Einverständnis. Sie tragen dabei kein Schutzzeichen.“). Denn eine am Charakter bestimmter Auslandseinsätze anknüpfende und insofern situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung erfüllt grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 19. März 2015 – Au 2 K 14.833 –, Rn. 38, juris; siehe bereits grundsätzlich BVerfG, Urteil vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45-61 - juris). Es liegt hierin nämlich allenfalls eine Motivänderung der Klägerin und keine moralische Erkenntnis über den intrinsischen Wert des menschlichen Lebens.
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d.) Insgesamt legen die Ausführungen der Klägerin es nahe, dass sie mit der Wiedereingliederung in den Soldatendienst im Rahmen der PUMA nach Abschluss ihres Studiums der Humanmedizin an einer zivilen Universität mit der Realität des eigentlichen Einsatzes im Sanitätsdienst konfrontiert wurde und erkannt hat, dass die Ausübung ihres Berufes in der Bundeswehr auch bzw. insbesondere wegen des „gesamten soldatischen Umfelds“ für sie nicht (mehr) in Frage kommt. Charakteristisch ist hier die Aussage, im Gegensatz zu früheren, oft als kameradschaftlich empfundenen Dienst-Zeiten habe sie sich „nicht immer wohl gefühlt“ .Dies begründet aber keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 19. März 2015 – Au 2 K 14.833 –, Rnrn. 35, 43, juris).
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Hingegen nehmen in der Schilderung des Entwicklungsprozesses die Todesfälle in der Familie sowie ihre religiöse Prägung einen vergleichsweise geringen Raum ein – zumal die Klägerin selbst angibt, den Tod der Großmutter nach langem Krankheitsleiden auch als erlösend wahrgenommen zu haben, während ihr Cousin ihr weniger nahegestanden habe. Einen religiös-motivierten Gewissenkonflikt als solchen macht die Klägerin hingegen nicht geltend, sondern beruft sich durchgängig auf ihre allgemeinen ethischen Überzeugungen sowie ihr Berufsbild als Ärztin. Der Verweis auf die Todesfälle wie auch auf die religiösen Gebote wirkt lediglich pauschal und formelhaft.
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In diesem Zusammenhang ist bezeichnend, dass sich durch die Beschreibung des Werdegangs in der ursprünglichen Antragsbegründung weniger ein wachsender Respekt der Klägerin vor dem – respektive eine vollständig geänderte Einstellung zum – Wert des Lebens anderer abzeichnet. Vielmehr scheint die Ablehnung des Militärdienstes in der Erkenntnis begründet, dass sie als Stabsärztin nicht lediglich „bewachte humanitäre Hilfe“ vornehme (welche die Klägerin nach wie vor zu tolerieren scheint, zumindest bleibt ihr dahingehender Vortrag unklar), sondern unter Umständen auch – verteidigend – selbst zur Waffe greifen würde. Ursprünglich ist sie davon ausgegangen, dass ein Stabsarzt nicht „so richtig schießen muss“ und „der Arzt eigentlich nur für die Verletzten da ist und die anderen Soldaten irgendwie auf den Arzt aufpassen. Jenes „irgendwie“ aufpassen bezeichnet die Klägerin nicht näher – es lässt aber den Schluss zu, dass sie zumindest damals es gutgeheißen hat, wenn nicht sie selbst Waffen hätte einsetzen müssen, aber ihr eigener Schutz durch Waffeneinsatz gewährleistet worden wäre. Mit der Verantwortung für die eigene Verteidigung betraut, beschreibt sie sodann aber aufgrund ihres unsicheren Schusswaffengebrauchs zunehmende Zweifel. Eine dahingehende – mehr als verständliche – Sorge um das eigene Wohl stellt aber keinen Gewissenswandel dar.
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Hinzu kommt, dass die eindringlichste und persönliche Schilderung der Klägerin ihrer veränderten Einstellung zum menschlichen Leben und körperlichen Unversehrtheit nicht an die familiären Todesfälle anknüpft, an Opferbilder oder moralische Hemmungen gegenüber einem „Angreifer“. Vielmehr geht die Klägerin als einschneidendem Erlebnis von einem Unfall aus, der ihr selbst widerfahren ist.
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Insbesondere die Gespräche mit den an posttraumatischer Belastungsstörung leidenden Patienten führten nach der Schilderung der Klägerin bei ihr nicht zu einer Vergegenwärtigung der Schrecken des Krieges für zivile Opfer oder gegnerische Kombattanten. Vielmehr ist ihre Schilderung vorrangig darauf gerichtet, was die Tötung eines anderen Menschen mit ihrer (geistigen) Gesundheit selbst anrichten würde: „Ich hatte das sichere Gefühl, dass mir nach einem Einsatz das Gleiche wiederfahren würde. Eine Angst zu empfinden, die nicht rational erklärbar ist und die nicht verschwindet. (…) Das ist es, was der Krieg mit Menschen anstellt. Er zeichnet sie für ihr Leben Lang (…). So klar wie nie zuvor habe ich erkannt, dass ich Krieg in jeglicher Form nicht unterstützen kann, mich auch nicht direkt oder indirekt daran beteiligen kann. Ich bin mir sicher, dass ich durch den Gebrauch der Waffe in etwas Ähnliches verwandelt werde. (…) Auch wenn ich in meiner jetzigen Verwendung Leute untersuchen müsste hinsichtlich der Tauglichkeit für den Auslandseinsatz, würde ich mittelbar dafür sorgen, dass diese Soldaten an Kampf-oder Tötungshandlungen beteiligt sein können“ (Anhörung).
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Die Ablehnung des Krieges folgt in der – eindringlichen, bildhaften und bezogen auf den empfundenen Erlebnishintergrund auch überzeugend glaubhaften – Schilderung der Klägerin, gerade nicht aus Mitgefühl mit den Opfern des Krieges, nicht aus dem Ablehnung von Tötungshandlungen, sondern vielmehr aus Mitgefühl mit den schießenden Soldaten, in deren Schicksal sie sich selbst projiziert. Die Klägerin verurteilt den Einsatz von Gewalt nicht aufgrund des unbedingten Schutzes menschlichen Lebens, sondern allein aus Sorge um ihr seelisches Wohl. Dies stellt zwar eine gewiss berechtigte und ernsthafte Sorge dar – allerdings gerade keine moralische Gewissensnot im Sinne von Art. 4 GG.
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Gleichermaßen sind die Einlassungen der Klägerin zu den ethischen Hintergründen ihrer ärztlichen Tätigkeit widersprüchlich, was gegen die Annahme einer ernsthaften Gewissensumkehr in aller Konsequenz spricht.
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So gibt sie an „jeder Mensch verdient es auch, dass Ärzte um sein Leben und seine Lebensqualität kämpfen. Ein Leben ist einfach unbezahlbar und verdient es als eines der höchsten Güter angesehen zu werden. Das Leben hat und hatte da für mich den höchsten Wert überhaupt“ (Anhörung). Dies passt nicht nur nicht zusammen mit ihren früheren Angaben, dass sie erwartet habe, im Einsatz vor Angreifern beschützt zu werden. Diese Aussage passt auch schlichtweg nicht zusammen mit der von der Klägerin selbst vorgenommenen Einschränkung ihres hippokratischen Eides dahingehend, sie wolle Leiden heilen und lindern, außer es handele sich um Soldaten, dann sei sie nur zu einer Grundversorgung im Notfall bereit. Eine solche Relativierung des ärztlichen Behandlungsauftrages erscheint sehr problematisch angesichts des zuvor postulierten hohen Ideals. Entweder verdienen nämlich wirklich alle Menschen eine ärztliche Behandlung, und ist entsprechend mit allen Menschen gewaltfrei umzugehen – oder aber die Klägerin nimmt eine Differenzierung vor. Dann aber wäre sie auch eine Erklärung schuldig zur Frage der weiteren humanitären Auswirkungen und ethischen Wertungen hinsichtlich Auslandseinsätzen der Bundeswehr, beispielsweise im Rahmen von Beobachtermissionen zur Vermeidung von Genoziden. Auch gibt sie Klägerin keinerlei Auskunft darüber, ob sie Patienten hausärztlich betreuen würde, deren Berufe mit einem ähnlichen hohen Gewaltrisiko einhergehen, beispielsweise Beamte der GSG 9 oder auch nur Streifenpolizisten, welche von Gesetzes wegen zum Schusswaffengebrauch berechtigt sein können. Schlussendlich spricht auch die – bereits oben erwähnte - Aussage der Klägerin, sie wolle sich nicht dafür verantwortlich fühlen, wenn sie einen Soldaten behandele, der – wieder kampfesbereit – sodann andere Menschen im Kampf töten würde, gegen eine durchdachte, durchdrungene und ernsthafte Gewissensumkehr. Eine solche weitreichende Verantwortungsethik, welche die Entschließungsfreiheit des Einzelnen nahezu negiert und auf reinen Kausalitäten aufbaut ist nicht nur im Alltag nicht praktikabel. Wenn die Klägerin tatsächlich derart weitreichende Konsequenzen für jegliche ihrer Handlungen übernähme, wäre sie gleichermaßen auch für jede Straftat, jede Gewalttat eines ihrer Patienten verantwortlich. Konsequent müsste sie auch jedem potentiellen Gewalttäter die ärztliche Behandlung verweigern, auch dies spricht gegen eine vollständig vollzogene ethische Wende.
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Auch die pauschale Aussage, „als Ärztin habe ich mich dem Heilen verschrieben. Wenn das Heilen nicht möglich ist, bleibt das Lindern und manchmal nur das Trösten“ dürfte kaum der ärztlichen Realität gerecht werden; bereits aus ihren Studienfamulaturen heraus beschreibt die Klägerin die Arbeit oft an der Grenze zwischen Leben und Tod (das gilt insbesondere bei dem von ihr in der mündlichen Verhandlung erwähnten Fall eines Patienten, den sie während ihres Praktischen Jahres aus akuter Lebensgefahr gerettet hat), und geht darüber hinweg, dass in der medizinischen Entscheidung (z.B. im Rahmen palliativer Medizin, im Rahmen von Spätabtreibungen, oder auch nur hinsichtlich der Frage, in welcher Reihenfolge Patienten in der Notaufnahme behandelt werden) oftmals eine rein auf das Leben bezogene Perspektive kaum möglich erscheint. Das entsprechende Ideal, das die Klägerin zu vertreten vorgibt, erscheint angesichts ihrer eigenen Erfahrungen so kaum glaubhaft. Die Aussage, es gebe für sie „keine Alternative oder keinen Kompromiss bei der ärztlichen Tätigkeit“ wirkt in ihrer Überhöhung unausgereift und wenig glaubwürdig angesichts des medizinischen Alltags.
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Den hier zugrundeliegenden, komplexen ethischen Wertungen, welche sich nicht einfach auf die vorgebrachten Kategorien von „bösen Menschen“ herunterbrechen lassen, verschließt sich die Klägerin in ihrem Vorbringen. Es ist dabei insgesamt auffällig – und spricht gegen die Glaubhaftigkeit der geschilderten Gewissensnot – dass die Passagen des Antrags, in welchen die Klägerin auf die Wertigkeit menschlichen Lebens eingeht, plakativer und generalisierender ausfallen als jene, in denen sie das Erleben von Kameradschaft innerhalb der Bundeswehr (oder das Fehlen derselben) oder die Sorge vor eigenen Gefährdungen im Einsatz bzw. danach schildert. Die Klägerin greift im ersten Falle auf sehr generelle, nahezu floskelhafte Formulierungen zurück. Die übrigen Erlebnisse hingegen beschreibt sie plastisch und anschaulich, unter Darlegung teils ungewöhnlicher Details sowie unter Bezugnahme auf eigene Gefühle als Merkmale eines realen Erlebnishintergrundes für das Berichtete. Diese Elemente fehlen hingegen bei der Darlegung ihrer Einstellung zum Schutz des Lebens. So wirkt die Schilderung ihrer Gedanken beim Anblick des eigenen – uniformierten - Spiegelbildes „Das ist nicht das, was mich ausmacht“ nachvollziehbar und einprägsam, hingegen die Eingebung „Ich möchte anderen Menschen helfen und nicht ein System unterstützen, dass billigend in Kauf nimmt andere Menschen zu verletzen“ vergleichsweise gekünstelt und elaboriert.
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Dies ist in der Gesamtschau nicht geeignet, die Zweifel zu beseitigen, dass hier von Seiten der Klägerin sich eher fremde Standpunkte zu eigen gemacht wurden bzw. fremde Ansichten wiedergegeben werden, nicht aber aus eigenem Erleben und moralischem Empfinden heraus berichtet wird. Die Schilderungen der Klägerin sind in Teilen widersprüchlich, gehen teils an der Sache der ethischen Grundentscheidung für eine hier relevante Gewissensbetätigung vorbei und deuten jedenfalls nicht auf eine umfassende Auseinandersetzung der Klägerin mit der Abwägung „Leben gegen Leben“ hin.
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Die Feststellung einer Vielzahl von Zweifeln spricht nach Auffassung des Gerichts gegen die Annahme, dass es der Klägerin tatsächlich aus Gewissensgründen nicht zumutbar wäre, dem Dienst an der Waffe als Stabsärztin nachzukommen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (§ 135 VwGO i. V. m. § 10 Abs. 2 KDVG).
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(1) Das Bundesamt lehnt den Antrag ab, wenn
- 1.
er nicht vollständig ist (§ 2 Abs. 2) und die Antragstellerin oder der Antragsteller ihn nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Aufforderung durch das Bundesamt vervollständigt hat, - 2.
die in ihm dargelegten Beweggründe ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung auch nach schriftlicher und gegebenenfalls mündlicher Anhörung der Antragstellerin oder des Antragstellers nicht zu begründen vermögen oder - 3.
Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers trotz der schriftlichen Anhörung oder einer mündlichen Anhörung nicht ausgeräumt wurden.
(2) Folgt die Antragstellerin oder der Antragsteller einer Ladung zur mündlichen Anhörung nicht, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert. Das Bundesministerium der Verteidigung entscheidet darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, und stellt den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses fest.
(2) Ein Berufssoldat ist zu entlassen,
- 1.
wenn er aus einem der in § 38 genannten Gründe nicht hätte ernannt werden dürfen und das Hindernis noch fortbesteht, - 2.
wenn er seine Ernennung durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt hat, - 3.
wenn sich herausstellt, dass er vor seiner Ernennung eine Straftat begangen hat, die ihn der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unwürdig erscheinen lässt, und er deswegen zu einer Strafe verurteilt war oder wird, - 4.
wenn er sich weigert, den Eid abzulegen, - 5.
wenn er zur Zeit der Ernennung Mitglied des Europäischen Parlaments, des Bundestages oder eines Landtages war und nicht innerhalb der vom Bundesministerium der Verteidigung gesetzten angemessenen Frist sein Mandat niederlegt, - 6.
wenn in den Fällen des § 44 Abs. 1 bis 3 die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 nicht erfüllt sind, - 7.
wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag, oder - 8.
wenn er ohne Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nimmt.
(3) Der Berufssoldat kann jederzeit seine Entlassung verlangen; soweit seine militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, gilt dies jedoch erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Fachausbildung entspricht, längstens nach zehn Jahren. In einer Rechtsverordnung kann für bestimmte Verwendungen wegen der Höhe der mit dem Studium oder der Fachausbildung verbundenen Kosten oder auf Grund sonstiger studien- oder ausbildungsbedingter Besonderheiten eine längere als die dreifache Dauer bestimmt werden; die in Satz 1 genannte Höchstdauer darf nicht überschritten werden.
(3a) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Die Entlassung gilt als solche auf eigenen Antrag. Satz 1 gilt nicht, wenn der Berufssoldat
- 1.
in ein Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter oder - 2.
als Professor, Juniorprofessor, wissenschaftlicher oder künstlerischer Mitarbeiter an einer nach Landesrecht staatlich anerkannten oder genehmigten Hochschule, deren Personal im Dienste des Bundes steht, in ein Beamtenverhältnis auf Zeit
(4) Hat der Berufssoldat Elternzeit nach § 28 Abs. 7 im Anschluss an ein Studium oder eine Fachausbildung in Anspruch genommen, verlängert sich die Dienstzeit nach Absatz 3 um diese Zeit entsprechend, soweit das Studium oder die Fachausbildung mehr als sechs Monate gedauert hat; die Höchstdauer von zehn Jahren bleibt unberührt. Gleiches gilt für einen Berufssoldaten, der eine Teilzeitbeschäftigung nach § 30a in Anspruch genommen hat; die Dienstzeit nach Absatz 3 verlängert sich um die Differenz der Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung.
(5) Der Berufsoffizier kann auch dann, wenn er weder ein Studium noch eine Fachausbildung erhalten hat, seine Entlassung erst nach Ende des sechsten Dienstjahres als Offizier verlangen.
(6) Vor Ablauf der in den Absätzen 3, 4 und 5 genannten Dienstzeiten ist der Berufssoldat auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.
(7) Das Verlangen auf Entlassung muss dem Disziplinarvorgesetzten schriftlich erklärt werden. Die Erklärung kann, solange die Entlassungsverfügung dem Soldaten noch nicht zugegangen ist, innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Disziplinarvorgesetzten zurückgenommen werden, mit Zustimmung der für die Entlassung zuständigen Stelle auch nach Ablauf dieser Frist. Die Entlassung ist für den beantragten Zeitpunkt auszusprechen; sie kann jedoch so lange hinausgeschoben werden, bis der Berufssoldat seine dienstlichen Obliegenheiten ordnungsgemäß erledigt hat, längstens drei Monate.
(8) Ein Leutnant kann in Ausnahmefällen bis zum Ende des dritten Dienstjahres als Offizier, spätestens vor dem Ende des zehnten Jahres der Gesamtdienstzeit in der Bundeswehr, wegen mangelnder Eignung als Berufsoffizier entlassen werden. Die in diesen Fällen zu gewährende Dienstzeitversorgung regelt das Soldatenversorgungsgesetz.
(1) Für den Soldaten auf Zeit gilt § 46 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 5 sowie 7 und 8 und Satz 2 und 3 entsprechend. § 46 Abs. 3a gilt mit Ausnahme des Satzes 5 mit der Maßgabe entsprechend, dass ein Soldat auf Zeit auch nicht entlassen ist, wenn er zum Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst oder zum Zwecke der Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten oder zum Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr ernannt wird. Für einen Soldaten auf Zeit, der auf Grund eines Eingliederungsscheines zum Beamten ernannt wird, gilt § 46 Absatz 3a Satz 1 entsprechend.
(2) Ein Soldat auf Zeit ist zu entlassen, wenn er dienstunfähig ist. § 44 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend.
(3) Ein Soldat auf Zeit ist auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.
(4) Ein Soldat auf Zeit kann in den ersten vier Jahren seiner Dienstzeit entlassen werden, wenn er die Anforderungen, die an ihn in seiner Laufbahn zu stellen sind, nicht mehr erfüllt. Unbeschadet des Satzes 1 soll entlassen werden:
- 1.
ein Offizieranwärter, der sich nicht zum Offizier eignet, - 2.
ein Sanitätsoffizieranwärter, der sich nicht zum Sanitätsoffizier eignet, - 3.
ein Militärmusikoffizieranwärter, der sich nicht zumMilitärmusikoffiziereignet, - 4.
ein Geoinformationsoffizieranwärter, der sich nicht zum Geoinformationsoffizier eignet, - 5.
ein Feldwebelanwärter, der sich nicht zum Feldwebel eignet, und - 6.
ein Unteroffizieranwärter, der sich nicht zum Unteroffizier eignet.
(5) Ein Soldat auf Zeit kann während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.
(6) Für die Zuständigkeit, die Anhörungspflicht und die Fristen bei der Entlassung gilt § 47 Abs. 1 bis 3 entsprechend. Die Entlassungsverfügung muss dem Soldaten in den Fällen des Absatzes 2 wenigstens drei Monate und in den Fällen des Absatzes 4 wenigstens einen Monat vor dem Entlassungstag unter schriftlicher Angabe der Gründe zugestellt werden. Für Soldaten, die einen Eingliederungsschein (§ 9 Absatz 1 Nummer 2 des Soldatenversorgungsgesetzes) erhalten können und die Erteilung beantragt haben, beträgt die Frist in den Fällen des Absatzes 2 ein Jahr. In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 46 Abs. 7 entsprechend.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Artikels 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes als Kriegsdienstverweigerin oder Kriegsdienstverweigerer anerkannt.
(2) Wehrpflichtige, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden sind, haben im Spannungs- oder Verteidigungsfall statt des Wehrdienstes Zivildienst außerhalb der Bundeswehr als Ersatzdienst nach Artikel 12a Absatz 2 des Grundgesetzes zu leisten.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Artikels 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes als Kriegsdienstverweigerin oder Kriegsdienstverweigerer anerkannt.
(2) Wehrpflichtige, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden sind, haben im Spannungs- oder Verteidigungsfall statt des Wehrdienstes Zivildienst außerhalb der Bundeswehr als Ersatzdienst nach Artikel 12a Absatz 2 des Grundgesetzes zu leisten.
Die Antragstellerin ist als Kriegsdienstverweigerin und der Antragsteller ist als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn
- 1.
der Antrag vollständig ist (§ 2 Abs. 2), - 2.
die dargelegten Beweggründe das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen geeignet sind und - 3.
das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 nicht mehr bestehen.
(1) Das Bundesamt lehnt den Antrag ab, wenn
- 1.
er nicht vollständig ist (§ 2 Abs. 2) und die Antragstellerin oder der Antragsteller ihn nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Aufforderung durch das Bundesamt vervollständigt hat, - 2.
die in ihm dargelegten Beweggründe ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung auch nach schriftlicher und gegebenenfalls mündlicher Anhörung der Antragstellerin oder des Antragstellers nicht zu begründen vermögen oder - 3.
Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers trotz der schriftlichen Anhörung oder einer mündlichen Anhörung nicht ausgeräumt wurden.
(2) Folgt die Antragstellerin oder der Antragsteller einer Ladung zur mündlichen Anhörung nicht, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2) steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn durch Bundesgesetz die Berufung ausgeschlossen ist. Die Revision kann nur eingelegt werden, wenn das Verwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat. Für die Zulassung gelten die §§ 132 und 133 entsprechend.
(1) Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Bundesverwaltungsgericht gelten die §§ 8 und 9 Abs. 2 entsprechend. § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.
(2) Die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 135 in Verbindung mit § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung und die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Auf die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg ist § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend anzuwenden.