Verwaltungsgericht Münster Urteil, 20. Jan. 2015 - 2 K 1355/12.A

ECLI:ECLI:DE:VGMS:2015:0120.2K1355.12A.00
bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Münster


Das Verwaltungsgericht Münster, ist eines von sieben Verwaltungsgerichten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Das Verwaltungsgericht befindet sich nach erfolgter Sanierung seit dem 9. November 2020 wieder an der Piusallee 38, 48147 Münster, im

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 10 Aufenthaltstitel bei Asylantrag


(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann ertei

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Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2012 wird in Ziffer 3 aufgehoben und in Ziffer 4 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach Armenien angedroht wird. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 Aufe

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bei uns veröffentlicht am 20.01.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrag

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom     00.00.0000 wird in Ziffer 3 aufgehoben und in Ziffer 4 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach Armenien angedroht wird.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG hinsichtlich Armenien zuzuerkennen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.

(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.

(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11. April 2003 wird in Bezug auf die Klägerin aufgehoben, soweit er die Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ablehnt und soweit er feststellt, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG seien offensichtlich nicht erfüllt.

Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11. April 2003 wird in Bezug auf die Klägerin in Ziff. 3 insgesamt aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass in der Person der Klägerin mit Blick auf den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.

Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11. April 2003 wird in Bezug auf die Klägerin in Ziff. 4 insoweit aufgehoben, als der Iran nicht als Staat bezeichnet ist, in den die Klägerin nicht abgeschoben werden darf.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien -Verfahrens zu je 1/2, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten, die dieser selbst trägt.

Tatbestand

 
Die Klägerin - eine 1977 geborene Frau aus dem Iran - meldete sich am 22.03.2001 gemeinsam mit einem weiteren iranischen Staatsangehörigen, Herrn ..., in der Landesaufnahmestelle Karlsruhe und beantragte Asyl. Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 04.04.2001 gab die Klägerin zunächst an, sie seien Eheleute und gemeinsam über die Türkei auf dem Luftweg nach Deutschland gekommen. Ihr Asylbegehren stützte sie hierbei im Wesentlichen darauf, dass sie wegen der politischen Probleme ihres Mannes den Iran habe verlassen müssen. Der so bezeichnete Herr ... gab im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt an, er habe, als Mullah verkleidet, an einer pornografischen Film-Produktion mitgewirkt, wodurch die Geistlichen verspottet werden sollten, weshalb er im Iran nun politisch verfolgt werde. Wegen der einzelnen Angaben wird auf die vom Bundesamt gefertigte Niederschrift über die Anhörung verwiesen.
Mit Bescheid vom 11.04.2003, zugestellt am 22.04.2003, lehnte die Beklagte die Asylanträge beider als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte jeweils die Abschiebung in den Iran an. Zur Begründung ist unter Anderem ausgeführt, der Vortrag sei völlig unglaubhaft.
Die Klägerin und Herr ... haben am 26.04.2003 das Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO angerufen. Mit Beschluss vom 08.07.2003 (A 11 K 11221/03) hat das Gericht diesen Antrag aus den Gründen des angegriffenen Bescheides abgelehnt.
Zugleich haben die Klägerin und Herr ... Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Im Verlauf des Verfahrens nahm Herr ... seine Klage zurück und verließ die Bundesrepublik Deutschland wieder in Richtung Iran. Das Gericht trennte dessen Klage daraufhin vom vorliegenden Verfahren ab und stellte das abgetrennte Verfahren sodann ein. Herr ... befindet sich zwischenzeitlich erneut im Bundesgebiet und betreibt ein Asyl-Folgeverfahren.
Zur Begründung ihrer aufrecht erhaltenen Klage trägt die Klägerin vor, ihre Angaben vor dem Bundesamt seien komplett die Unwahrheit gewesen. Sie sei nicht die Ehefrau, vielmehr die Geliebte des Herrn ... gewesen und im Iran anderweitig verheiratet. Im Zeitpunkt ihrer Flucht aus dem Iran sei sie von ihrem Freund schwanger gewesen. Das Kind habe sie nach ihrer Einreise aber verloren. Diese Beziehung und die daraus resultierende Schwangerschaft seien der Grund für ihre Flucht ins Ausland gewesen. Erst im Asylbewerber-Wohnheim in Karlsruhe hätten sie erfahren, dass man etwas "Politisches" vortragen müsse. Ihr Freund habe daraufhin alles erfunden. Zwischenzeitlich habe der sich von ihr abgewandt und sei in den Iran zurückgekehrt. Sie selbst könne nicht zurückkehren. Sowohl ihre Familie als auch diejenige ihres Ehemannes wüssten um den Ehebruch. Sie stehe daher in der Gefahr staatlicher Verfolgung als auch in der, von Rachemaßnahmen durch Angehörige.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin an, das Verhältnis zu ihrem früheren Freund, seit dieser wieder in Deutschland sei, sei nicht gut und nicht schlecht. Mit Männern wolle sie derzeit nichts zu tun haben. Was ihr früherer Freund in seinem neuerlichen Asylverfahren angegeben habe, wisse sie nicht. Sie gehe allerdings immer davon aus, dass das, was er sage, ohnehin nicht stimme. Von einer Scheidung durch ihren iranischen Ehemann wisse sie nichts. Sie habe keinerlei Kontakt zur Familie. Warum ihr früherer Freund in seinem jetzigen Asylverfahren solche Angaben mache, wisse sie nicht. Sie habe lediglich über ihre in Australien lebende Schwester erfahren, dass die Familie ihres iranischen Ehemannes viel Druck auf ihre eigene Familie ausgeübt habe, so dass schließlich ihre eigene Mutter eingestanden habe, sie, die Klägerin, sei an allem Schuld, und wenn sei in den Iran zurückkehren werde, dann werde sei, die Mutter, die Tochter eigenhändig töten.
Die Angaben im Asylverfahren vor dem Bundesamt seien komplett falsch gewesen. Ihr früherer Freund, mit dem sie zusammen nach Deutschland gekommen sei, habe im Aufnahmeheim in Karlsruhe erfahren, dass man etwas Politisches vortragen müsse. Er habe dann selbstständig einen politischen Lebenslauf gebastelt. Davon sei aber nichts wahr gewesen. Ihr iranischer Ehemann ..., sei jetzt etwa 39 Jahre alt. Er sei Offizier bei der Sepah. Er sei überaus streng und sehr eifersüchtig gewesen. Er habe ihr sogar Familienbesuche verboten und ihr immer Vorwürfe gemacht, sie hätte ihn eigentlich gar nicht zum Ehemann haben wollen, sondern vielmehr irgend so einen „ausgeflippten Typen“. Finanziell sei in der Ehe alles in Ordnung gewesen. Aber ohne ihren Ehemann habe sie nirgendwo hingehen dürfen. Ihr Leben als Ehefrau sei die Hölle gewesen. Ihr Mann habe sich zu Hause immer so verhalten, wie wenn er seinen Soldaten Befehle erteilen würde. Besonders schlimm sei es gewesen, wenn die Schwiegereltern zu Besuch gewesen seien. Ihr Mann habe dann gemeint, eine Ehefrau müsse genau so leben, wie der Koran es vorschreibe. Er selbst, der Ehemann, habe sich aber keineswegs so verhalten. Er sei immer lange weg gewesen und habe ihr auch nie gesagt, wo er gewesen sei.
Auf erstaunte Nachfrage des Gerichts bekräftigte die Klägerin, das mit dem Opium-Konsum sei tatsächlich so gewesen, auch wenn ihr Ehemann Offizier der Sepah gewesen sei. Immer wenn seine Freunde ins Haus gekommen seien, sei ihr Ehemann plötzlich ganz freundlich gewesen und habe sie gefragt „Liebes, willst du nicht einmal wieder deine Mutter besuchen oder etwas einkaufen gehen?“. Und wenn sie dann nach Hause gekommen sei, habe die ganze Wohnung nach Opium gestunken. Wenn sie aber ihren Ehemann einmal darauf angesprochen habe, so habe dieser getobt und sie auch geschlagen. Einmal habe er auch ihre Eltern angerufen und ins Telefon gebrüllt, „Holt sie wieder ab!“. Ihr ganzes Eheleben sei sehr ambivalent gewesen. Ganz am Anfang habe sie überhaupt nicht alleine einkaufen dürfen. Später sei es ihr dann erlaubt gewesen, sie habe aber das immer einen Tag vorher bei ihrem Ehemann anmelden müssen. Ihr späterer Freund habe eine Boutique gehabt. Eine ihrer Schwestern sei Witwe eines „Märtyrers“ und sehr religiös. Diese habe eine Tochter, die allgemein als sehr religiös gelte. Mit dieser Nichte habe sie dann manchmal gemeinsam Einkäufe machen dürfen. Diese habe aber nur nach außen die "Religiöse" gegeben. In Wahrheit habe sie aber einen Freund gehabt - und nicht nur einen. Diese Nichte habe sie dann mit ... bekannt gemacht. Der Freund dieser Nichte sei selbst ein Freund von ... gewesen. Die beiden hätten sich dort in der Boutique auch immer getroffen. Beim zweiten Besuch in dieser Boutique habe ihr die Nichte gesagt, "... ist auf dich aufmerksam geworden; er beobachtet dich durch einen verdeckten und einseitig durchsichtigen Spiegel". Zwei Tage später habe ihre Nichte sie dann auch angerufen und am Telefon erzählt, ... habe großes Interesse an ihr. Dabei habe die Nichte auch erzählt, sie hätte ... gegenüber geäußert, sie, die Klägerin, sei unverheiratet. Sie selbst habe ihre Nichte später noch einmal angerufen und ihr Vorwürfe gemacht, aber diese Nichte habe nur gesagt, da sei doch nichts dabei. Diese Nichte habe direkt die Telefonnummer von ihr, der Klägerin, an ... weitergeben wollen; das habe sie ihr aber strikt verboten. Allerdings sei sie später mit ihrer Nichte noch einmal zu dieser Boutique und habe ein Kleid gekauft. Beim Einpacken habe ... dann ganz diskret auf seine Telefonnummer hingewiesen. Sie habe nur gelacht. Ihr Leben sei dann einfach so weiter gegangen. Mal habe es mit ihrem Ehemann Streit gegeben und mal nicht. An einem Abend schließlich habe es einen sehr großen Streit gegeben und sie habe nachts überhaupt nicht schlafen können. Sie habe dann wach gelegen und überlegt, warum sie eigentlich diesen Mann, der sich für sie interessiere, nicht anrufen solle. Am nächsten Morgen habe sie das dann tatsächlich gemacht, allerdings nicht von zu Hause aus, sondern von einem Münz-Telefon. ... habe sich sehr über den Anruf gefreut und sogleich ihre Telefonnummer haben wollen. Sie habe aber gesagt, das gehe nicht, sie habe Angst und sie wohne auch noch bei ihren Eltern. In den ersten beiden Wochen ihrer Beziehung sei alles etwas schwierig gewesen. Dann aber werde man irgendwie frecher und es werde zur Gewohnheit und man denke sich, es sei doch alles "scheißegal".
Auf Frage des Gerichts diesbezüglich gab die Klägerin an, natürlich hätten sie, als es dann zwischen ihnen zum Verkehr gekommen sei, verhütet und seien immer sehr vorsichtig gewesen. Aber beim vierten Mal sei es schließlich passiert. ... hätte eigentlich aufpassen sollen. Das habe aber nicht geklappt. Sie sei dann schwanger geworden. Von dieser Schwangerschaft wisse nur ... und ihre Schwester in Australien. Allerdings könne es sein, dass ihre Schwester, die in Australien lebe, der großen Schwester, die im Iran lebe und die immer ihre Lieblingsschwester gewesen sei, davon erzählt habe. Diese große Schwester wisse jedenfalls auch von der Existenz des Freundes. Dieser Schwester habe sie damals, als sie den Iran verlassen habe, einen Abschiedsbrief geschrieben und versucht, ihr alles zu erklären. Allerdings habe sie die Schwangerschaft dabei verschwiegen. Sie habe ihre große geliebte Schwester um Verständnis gebeten. Sie habe sie auch aufgefordert, diesen Abschiedsbrief ihrem Ehemann zu zeigen. Der solle wenigstens verstehen, dass er sie durch seine Eifersucht geradewegs dorthin manövriert habe. Von daher wüssten jetzt wohl alle von der Familie, dass sie mit einem anderen Mann geflohen sei. Sie habe dann von Deutschland aus auch einmal in Australien angerufen. Die Schwester in Australien sei sehr kühl am Telefon gewesen, habe dann aber plötzlich angefangen zu weinen und ihr Vorwürfe gemacht, "was tust du denn; du hast uns alle gebrandmarkt!". Die Schwester habe ihr Fehler vorgeworfen und gesagt, warum sie sich denn nicht ganz einfach habe scheiden lassen. In einem späteren Telefonat habe sie, die Klägerin, dann ihrer in Australien lebenden Schwester versucht alles näher zu erklären, die Umstände ihrer Ehe usw. Sie glaube, diese habe jetzt etwas mehr davon verstanden. Die Schwester habe ihr aber sehr abgeraten, Kontakt in den Iran aufzunehmen. Das habe diese dann selber unternommen. Auch die von ihr am meisten geliebte große Schwester habe dabei geäußert, eine Trennung vom Ehemann wäre wohl in Ordnung gewesen; nicht aber der begangene Ehebruch. Über diesen Weg habe sie auch erfahren, dass ihre Mutter sehr erkrankt sei nach der ganzen Angelegenheit. Auch ihre Brüder hätten heftige Todesdrohungen gegen sie ausgestoßen. Ein einziges Mal habe sie es doch gewagt, in Abadan, wo ihre große Schwester lebe, anzurufen. Diese habe sehr geweint am Telefon. Sie habe sie gebeten, nie wieder anzurufen.
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Würde sie nun in den Iran zurückkehren, fühle sie sich in Lebensgefahr. Entweder werde sie durch den Staat hingerichtet oder durch ihre eigene Familie getötet. Aber selbst wenn die Familie schließlich mit ihr Erbarmen hätte, so bleibe doch die staatliche Bedrohung. Dies gerade auch deshalb, weil ihr Ehemann als Offizier über sehr gute staatliche Kontakte verfügen würde. Das ihr vorgeworfene „unkeusche Verhalten“ sei jedenfalls offensichtlich und durch den von ihr hinterlassenen Brief wohl auch allen bekannt.
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Die Klägerin beantragt (nunmehr),
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den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11.04.2003 in Bezug auf die Klägerin aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass in ihrer Person in Bezug auf den Iran ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
13 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der beteiligte Bundesbeauftragte hat sich nicht geäußert.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verfahrensakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist nach Maßgabe der Urteilsformel rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Beklagte war daher entsprechend zu verpflichten; darüber hinaus jedoch ist dieser Bescheid nicht zu beanstanden und die Klage insoweit abzuweisen (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
18 
Die Klägerin kann zwar nicht als Asylberechtigte nach Art. 16 a Abs. 1 GG anerkannt werden (dazu unten 1.). Die Beklagte kann auch nicht verpflichtet werden festzustellen, dass in ihrer Person mit Blick auf den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen (dazu unten 2.). Allerdings musste die zulässigerweise hilfsweise beantragte Verpflichtung der Beklagten erfolgen, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (dazu unten 3.). Darüber hinaus hat die Klägerin Anspruch darauf, dass das sog "Offensichtlichkeits-Urteil" der Beklagten in Bezug auf ihren abgelehnten Asylantrag aufgehoben wird (dazu unten 4.). Schließlich musste auch die gegen die Klägerin verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung teilweise aufgehoben werden (dazu unten 5.).
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1. a) Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter setzt zunächst einmal voraus, dass das Gericht mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit einen Sachverhalt feststellen kann, aus dem sich dann in rechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Betreffende politisch verfolgt wird. Der Asylbewerber selbst muss dabei an der Tatsachenfeststellung mitwirken, insbesondere selbst alles vortragen, auf das er seine Verfolgungsfurcht begründet. Dieser Vortrag muss in schlüssiger Form und unter Angabe genauer Einzelheiten erfolgen und einen in sich stimmigen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. v. 24.03.1987, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 40; Beschl. v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 m.w.N.). Dabei wird allerdings dem notwendigerweise sachtypischen Beweisnotstand eines Asylbewerbers insoweit Rechnung getragen, als das Gericht grundsätzlich keinen vollen Beweis verlangen darf, sondern die Überzeugung vom Vorliegen des vorgetragenen Sachverhalts auch aus der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Asylbewerbers gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Bei der richterlichen Überzeugungsbildung ist dabei zu berücksichtigen, dass einzelne Angaben vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturkreise gesehen werden müssen, durch die notwendigen Dolmetscherübersetzungen sich Fehler einschleichen können und, was das Heranziehen von Auskünften u. Ä.. über das Heimatland betrifft, diese stets kritisch auf ihren wirklichen Aussagegehalt hin überprüft werden müssen.
20 
b) Das Gericht hält das Vorbringen der Klägerin, wie sie es nunmehr in Vorbereitung auf die und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – ganz anders als den Vortrag gegenüber dem Bundesamt - für glaubwürdig. Die Klägerin hat zunächst schon durch ihr Auftreten in der mündlichen Verhandlung beim Gericht einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat weder versucht, ausweichend zu antworten, noch etwa “taktisch“, noch hat sie bei Fragen des Gerichts längere Denkpausen benötigt. Ihr Vortrag war durchweg von einer hohen Emotionalität gekennzeichnet, was gegen ein „einstudiertes“ Vorbringen spricht. Die Klägerin konnte inzwischen auch nachvollziehbar erklären, wie es zu den grotesken Angaben gegenüber dem Bundesamt gekommen war, durch ihr gleichsam blindes Vertrauen in ihren damaligen Freund und dessen Versuch – durch andere Asylbewerber entsprechend „beraten“ – unbedingt etwas „Politisches“ in die gemeinsame Geschichte hineinzukomponieren. Schließlich decken sich die zentralen Punkte der Angaben der Klägerin auch mit den Angaben ihres (inzwischen Ex-) Freundes in dessen Asylfolgeverfahren, ohne dass – angesichts der überaus „klaren Worte“ der Klägerin über die Lügen ihres früheren Freundes - angenommen werden könnte, das Paar versuche sich gegenseitig zu stützen. Zuletzt sind die Angaben auch mit den – wenigen – objektiven Befunden in Übereinstimmung zu bringen, insbesondere mit der bestehenden Schwangerschaft im Zeitpunkt der Einreise.
21 
Danach nahm die Klägerin während ihrer äußerst problematischen Ehe mit einem etwa 10 Jahre älteren Angehörigen der iranischen Sicherheitskräfte eine außereheliche Beziehung zu einem jungen Mann auf, die durch die hieraus resultierende Schwangerschaft in der Gefahr der bevorstehenden Entdeckung stand. Auf Grund der gemeinsamen Flucht aus dem Iran und der nachfolgenden Ereignisse befürchtet die Klägerin nunmehr nach den insoweit bestehenden iranischen Gesetzen bestraft zu werden, bzw. private "Rachehandlungen" der betroffenen Familien.
22 
c) Allerdings vermag das Vorbringen der Klägerin nicht zur Anerkennung als politisch Verfolgte zu führen. Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Danach ist – im Wesentlichen - in Anknüpfung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer asylberechtigt, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war (Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 1, 27 AsylVfG).
23 
Dabei kann eine politische Verfolgung i. S. des Art. 16 a Abs. 1 GG unter bestimmten Voraussetzungen auch dann gegeben sein, wenn andere unabänderliche Merkmale und Eigenschaften als die in Art. 1 A Nr. 2 GK ausdrücklich genannten zum Anknüpfungs- und Bezugspunkt für Verfolgungsmaßnahmen genommen werden (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988 - 9 C 278/86 - ; BVerwGE 79, 143 = InfAuslR 1988, 230 = NVwZ 1988, 838).
24 
Von einer politischen Verfolgung kann dabei nur gesprochen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an ein derartiges asylerhebliches Merkmal gezielte Rechtsverletzungen von solcher Intensität zugefügt werden, dass sie in ihren Wirkungen für den Einzelnen ausgrenzenden Charakter haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315 m.w.N.). Ein vereinzeltes schlechtes Erlebnis etwa mit staatlichen Sicherheitskräften genügt daher noch nicht, um von (politischer) Verfolgung auszugehen. Da das Asylrecht auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl aufbaut (BVerfG, Beschl. v. 23.11.1986, BVerfGE 74, 51) kann eine solche Verfolgung nur erkannt werden, wenn der Einzelne aus begründeter Furcht vor einer für ihn ausweglosen Lage nunmehr sein Land verlässt und im Ausland Schutz und Zuflucht sucht (BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991, BVerfGE 83, 216).
25 
Ob eine gemessen an diesen Vorgaben gegebene Verfolgung politisch ist, ist entscheidend nach den dem staatlichen Zugriff zugrundeliegenden Motiven zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, DVBl. 1985, 956 m.w.N.). Dabei kommt es auf die objektiv erkennbare Gerichtetheit der Verfolgungsmaßnahmen an und nicht auf die subjektiven Verfolgungsmotive des Verfolgers (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, a.a.0.), und ebenfalls nicht auf eventuell vorhandene politische Motive des Verfolgten.
26 
Verfolgungshandlungen, die sich zwar für den einzelnen Betroffenen als menschenrechtswidrig darstellen, können allein deshalb nicht als politische Verfolgung gewertet werden, wenn nicht feststellbar ist, dass hierbei an ein asylerhebliches Merkmal des Einzelnen angeknüpft wird. In einem solchen Fall mag ein Abschiebungsverbot bestehen (dazu unten, 3.), eine Asylanerkennung scheidet dann jedoch aus.
27 
Bedient sich der Verfolgerstaat scheinbar "neutraler" Instrumente, wie der Anwendung allgemeiner Straftatbestände, Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen, so stellt sich die Frage des Vorliegens einer politischen Verfolgung insoweit in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Anwendung von Strafrechtsnormen nur vorgeschoben sein, um den Einzelnen in Wahrheit in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal, wie etwa Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu oppositionellen Kreisen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen. Anhaltspunkte hierfür können etwa Berichte über unfaire Verfahren, erpresste Geständnisse und allgemein belegte vergleichbare Fälle sein, in denen mit Mitteln des Strafprozesses gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Ist solches zu konstatieren, schlägt im Übrigen die Annahme fehl, es sei dem hiervon Betroffenen zuzumuten, sich einem Strafverfahren zu stellen und seine Unschuld zu beweisen.
28 
Daneben kann politische Verfolgung in der Anwendung von Strafrechtsnormen verborgen sein, wenn die konkrete Norm selbst unmittelbarer Ausdruck der herrschenden Staatsdoktrin ist und sich eine konkrete Straftat dann aus Sicht der Machthaber nicht in einem Verstoß gegen die rechtmäßige Ordnung erschöpft, vielmehr der "Täter" dadurch im Einzelfall zum Ausdruck bringt, dass er den Machthabern, ihrer Ideologie und den Fundamenten ihrer Macht ablehnend gegenübersteht und gerade deshalb in Anknüpfung an das asylerhebliche Merkmal der sozialen Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt und streng bestraft wird. Anhaltspunkte hierfür sind zum einen ein völlig unangemessenes Verhältnis von Tat und Rechtsfolge, wie schwere Haft- und Körperstrafen oder die Todesstrafe für vergleichsweise einfache soziale Ordnungsverstöße (vgl. etwa die Zuchthaus- bzw. Todesstrafe nach §§ 1 und 2 der VO über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 01.09.1939, RGBl. I, S. 1683, für das "Hören von Feindsendern"). Aber auch die "dogmatische Einbettung" einer Strafvorschrift vermag insoweit Hinweise zu geben, ob über die Ahndung des Verstoßes hinaus gerade die Ausgrenzung des Täters maßgeblich mitbedacht ist ("Volksschädling", "Verderbensstifter" o.ä.). Schließlich kann eine Rolle spielen, in welchem Maße ein Hinausstrahlen in die Öffentlichkeit in der tatsächlichen Anwendung einer Strafrechtsnorm strafbegründend oder -erhöhend wirkt. Werden etwa Straftaten gegen die "göttliche Ordnung" im häuslichen Bereich praktisch überhaupt nicht verfolgt, obwohl streng genommen auch hierdurch die "göttliche Ordnung" verletzt wird, sondern erst dann, wenn sie öffentlich wahrnehmbar sind, so spricht einiges dafür, dass in Wahrheit die Verletzung der Staatsdoktrin geahndet werden soll und das sich hieraus ableitbare Auflehnen i.S. einer Vorstufe zu oppositioneller Tätigkeit. Allerdings kommt es insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
29 
Schließlich kann sich eine die Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung rechtfertigende Verfolgung nicht nur aus staatlichen oder dem Staat zurechenbaren Eingriffen in Leib, Leben oder persönliche Freiheit des Betroffenen, sondern auch aus Eingriffen in andere Rechtsgüter wie beispielsweise die Religionsfreiheit ergeben, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen (BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9/03 -; BVerwGE 120, 16 = NVwZ 2004, 1000 = InfAuslR 2004, 319 m.w.N. ).
30 
Eine begründete Furcht vor einer derartigen politischen Verfolgung im Heimatstaat ist dann zu bejahen, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben, bzw. dorthin zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, a.a.0. und Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Allgemeine Ängste oder unbestimmte Befürchtungen müssen danach außer Betracht bleiben. Eine Furcht kann nur dann als begründete Furcht angesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles auch ein besonnener Betroffener eine derart ausweglose Lage erkennen müsste, die ihn - unter Berücksichtigung des oben skizzierten Kausalzusammenhangs - zum Verlassen seines Landes veranlasst. Hat der Asylbewerber am eigenen Leib schon politische Verfolgung erlitten, so ist eine solche begründete Furcht schon dann anzunehmen - und ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren - wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es dürfen mithin keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer abermals einsetzenden Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen und sich eine Wiederholungsverfolgung ohne ernstliche Zweifel an der Sicherheit des Asylbewerbers nicht ausschließen lässt (BVerfGE 54, 341; 70, 169). Dieser bereits eingetretenen politischen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich, wenn nach den Umständen des Falles festgestellt werden kann, dass die fluchtauslösende ausweglose Lage durch die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung eingetreten ist. In diesem Fall ist asylrechtlicher Schutz zu gewähren, wenn ein Wiedereintreten dieser unmittelbar drohenden Gefahr bei Rückkehr ins Heimatland nicht ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
31 
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass allgemeine Unfreiheit im Heimatland, Bedrückungen und Perspektivlosigkeit, mögen sie auch "gute Gründe" für ein Verlassen des Landes sein, nicht zur Gewährung von Asyl als politisch Verfolgter führen können. Für derartige Zufluchtsmotive verfügt die Bundesrepublik Deutschland derzeit über keine adäquaten Regelungen für den Zuzug.
32 
d) Die von der Klägerin vorgetragene Bedrohung durch den iranischen Staat stellt sich nach diesen Vorgaben nicht als politische Verfolgung dar. Die islamische Republik Iran wird als theokratische Diktatur unter weitestgehender Missachtung der Menschenrechte nach dem Grundsatz der Herrschaft der schiitischen Gottesgelehrten (velayat-e faqih) geführt. Das Regime hat sich dabei, zur Ummantelung seines Machterhaltungsinteresses - und des Interesses an der Plünderung der nationalen Ressourcen durch die herrschenden Kreise -, einen starken ideologischen Überbau im Sinne der schiitischen Rechts- und Moralvorstellungen gegeben. Diese wiederum werden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Iran vom 22.12.2004, S. 5, unten) u.a. auch herangezogen, um in politisch motivierten Verfahren gehen Oppositionelle vorzugehen mit konstruierten Anklagen etwa wegen Sexualdelikten. Auch die strikte strafrechtliche Verfolgung außenwirksamer politischer Betätigung gegen das herrschende Regime wird häufig als "Feindschaft gegen Gott" und "Verderben stiften auf Erden" (Art. 183 bis 196 des iran. StGB) angeklagt (AA, Lagebericht v. 22.12.2004, S. 14/15), also vom ideologischen "Überbau" des Regimes abgeleitet. Des Weiteren wird berichtet (hierzu und nachfolgend: DOI, Auskunft vom 27.02.2003 an VG Darmstadt), dass es im Bereich der Strafbarkeit wegen Sitten- und Moralverstößen wohl ganz entscheidend auf die Hintergründe der Tat anzukommen scheint. Handelt es sich etwa um die Ahndung von Ehebruch, könnte hierfür unter engen beweisrechtlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der notwendigen Qualifizierungen als Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB die Todesstrafe verhängt werden. In der Rechtspraxis des Iran werden solche Taten - wegen der strengen Beweisregeln dieses sog. "Gottes-Rechts" - im "Normalfall" aber offenbar eher selten ausgesprochen, kommen aber gerade dann vor, wenn aus der Sicht der iranischen Machthaber besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen), die Sittenordnung, die Grundlage der Herrschaft der Mullahs ist, also zusätzlich verletzt wurde, obwohl naturgemäß zweifelhaft ist, ob die vorgeschriebenen Beweisanforderungen in diesen Fällen auch wirklich erfüllt wurden (DOI, a.a.O.). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen und die eigentlich insoweit vorgesehenen Körperstrafen (Auspeitschung) dann sogar in Geldstrafe umzuwandeln.
33 
Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass politische Verfolgung im oben dargestellten Sinne wegen einer angenommenen regimefeindlichen Gesinnung zwar nicht nur bei rein politischen Aktivitäten, die sich unmittelbar und direkt gegen die Herrschaft der Gottesgelehrten richtet - wie etwa die Studentenbewegung insbesondere im Sommer 1999 -, sondern auch dann einsetzt, wenn der Einzelne seine private Lebensgestaltung offen wahrnehmbar derart gegen die herrschenden religiösen Vorstellungen hin ausrichtet, dass im Rahmen der Ahndung von Sittenverstößen dann auf jede sonst übliche Nachsicht verzichtet wird, um den tatsächlich oder vermeintlichen Gegner der herrschenden Ordnung in seiner politischen Überzeugung und seinem Gegnersein bewusst auszugrenzen.
34 
Im Falle der Klägerin ist aber nicht zu erkennen, dass das höchst private außereheliche Verhältnis zwischen ihr und ihrem früheren Geliebten die iranischen Sicherheitsbehörden zu der Annahme verleiten müsste, dass es sich bei ihr um eine Person handeln muss, die gravierend gegen die herrschende Sozial- und Gesellschaftsordnung eingestellt ist und es sich bei der Klägerin nicht nur um eine moralisch "ungefestigte" Person handeln könnte, vielmehr sie die herrschende Moral und damit gerade auch das sich besonders hierauf stützende herrschende Regime durch ihr Tun habe aktiv untergraben wollen. Die Klägerin hat sich selbst bemüht, das Verhältnis weitestgehend geheim zu halten und gerade nicht publik zu machen, dass sie andere als die staatlich geforderten Lebensentwürfe im Sinne eines Eintretens für die individuelle Freiheit offen auslebte. Zwar stand die Klägerin im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran daher in der Gefahr einer Verfolgung nach den allgemeinen iranischen (Moral-) und Strafgesetzen. Eine politische Verfolgung in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal liegt hierin aber (noch) nicht.
35 
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte feststellt, dass in ihrer Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG gegeben sind.
36 
a) Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG ist zunächst festzustellen, dass - jedenfalls soweit für den vorliegenden Fall von Interesse - die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl (Art. 16 a Abs. 1 GG) einerseits und von Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift andererseits deckungsgleich sind, soweit es eine Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter einer Verfolgung betrifft. Insoweit gilt das oben Ausgeführte.
37 
b) Soweit § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG im Sinne einer gesetzlichen Definition festlegt, eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe könne auch vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft, folgt für den vorliegenden Fall nichts anderes. Die Klägerin befürchtet zunächst die Bestrafung nach den allgemeinen iranischen Strafrechtsnormen, die gerade nicht allein an das Geschlecht anknüpfen. Die daneben bestehenden und im Falle einer Rückkehr in den Iran zu befürchtenden allgemeinen Freiheitsbeschränkungen für Frauen verstoßen zwar ohne weiteres gegen die Menschenrechte. Diese stellen nach den oben genannten Kriterien aber noch keine gezielte die Einzelne ausgrenzende Verfolgungshandlung dar, die sie in eine ausweglose Lage im dargestellten Sinne brächte.
38 
c) Schließlich führt auch die von der Klägerin befürchtete Bedrohung ihres Lebens durch sog. "nichtstaatliche Akteure" - hier Familienangehörige - i.S.v. § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG nicht zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes. Zwar mag sie das Ehrgefühl ihrer eigenen Angehörigen und das ihres Ehemannes und dessen Angehöriger schwer verletzt haben. Die diesbezüglichen Befürchtungen der Klägerin bleiben jedoch vage, bzw. belaufen sich auf telefonische Berichte über Äußerungen der Mutter, denen eine konkrete Gefahr nicht entnommen werden kann. Auch wird in keinem der dem Gericht vorliegenden Auskünften zur gesellschaftlichen Situation im Iran davon berichtet, derartige "Ehrenmorde" seien in der Mittelschicht der iranischen Metropolen verbreitet. Dabei ist hier auch zu berücksichtigen, dass die „Tat“ der Klägerin bereits mehr als vier Jahre zurückliegt. Schließlich hält das Gericht - anders als die Klägerin - die Angaben des Ex-Freundes der Klägerin in seinem Asylfolgeverfahren für äußerst nahe liegend, dass sich nämlich der iranische Ehemann der Klägerin nach der Flucht und langjährigen Abwesenheit der Klägerin inzwischen von dieser habe scheiden lassen. Dies, verbunden mit dem Zeitfaktor, dürfte nicht ohne Auswirkungen auf etwaige „Rachegelüste“ sein.
39 
Schließlich fehlt es aber auch an Anhaltspunkten, dass, wie es § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG erfordert, in Bezug auf diese von der Klägerin befürchtete Bedrohung überhaupt an ein asylerhebliches Merkmal angeknüpft würde (vgl. hierzu ebenfalls oben).
40 
3. Die Klägerin hat aber einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 5 AufenthG trifft. Bei der Klägerin liegt zwar kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG (Gefahr der Folter) vor. Auch ist nach den oben in Bezug genommenen Ausführungen in der Auskunft des Deutschen Orient-Instituts vom 27.02.2003 (unter 1. d)) nicht konkret wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrem Heimatland mit der Todesstrafe bedroht ist (§ 60 Abs. 3 AufenthG). Dasselbe gilt mit Blick auf eine drohende Lebensgefahr (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) sowohl durch staatliche Maßnahmen, als auch durch Anschläge der Verwandtschaft (vgl. insoweit oben 2. c) a.E.). Dagegen liegt ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 i. V. m. Art. 3 EMRK vor.
41 
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 686) - EMRK - ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Diese Bestimmung enthält keine eigenständige Regelung von Abschiebungsverboten. Sie nimmt nur auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die sich daraus ergebenden Abschiebungsverbote Bezug, die mit Zustimmungsgesetz vom 07.08.1952 (BGBl. II S. 685) in innerstaatliches deutsches Recht transformiert wurde und seitdem im Range eines einfachen Bundesgesetzes gilt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, DVBl. 1996, 612). In Art. 1 EMRK sichern die Mitgliedsstaaten des Europarats allen ihrer Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I dieser Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu. Dieser Schutz gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person, insbesondere unabhängig davon, ob der jeweilige Heimatstaat zu den Unterzeichnerstaaten der Konvention gehört. Die Konvention bietet insbesondere auch Schutz vor Ausweisung und Rückschiebung von Personen, denen genügend klar und bestimmt die Gefahr droht, in einem der in Art. 3 EMRK garantierten oder in einem sonstigen fundamentalen Menschenrecht in besonders schwerer Weise verletzt zu werden. Zu den fundamentalen Menschenrechten in diesem Sinne müssen mindestens die in Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten "kriegsfesten" Garantien gerechnet werden. Dazu zählen das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 1 S. 1 EMRK) und nach Art. 3 EMRK das Verbot unmenschlicher Behandlung (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 29.1.1992, VBlBW 1992, 264).
42 
Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterzogen werden. Das absolute Verbot des Art. 3 EMRK erstreckt sich auch auf Misshandlungen, die als unmittelbare, nicht zu entfernt liegende Folge aufenthaltsbeendender Handlungen (Auslieferung, Ausweisung, Abschiebung) eines Vertragsstaates außerhalb seiner Herrschaftsgewalt eintreten (vgl. EGMR, Urt. vom 07.07.1989, NJW 1990, 2183; Urt. vom 20.03.1991, NJW 1991, 3079 und Urt. vom 30.10.1991, NVwZ 1992, 869). Es verbietet daher die Abschiebung in ein Land, in dem ihm Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung drohen (vgl. EGMR, Urt. vom 30.10.1991 aaO.). Art. 3 EMRK schützt indes nur vor Misshandlungen, die ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. Damit eine Bestrafung oder Behandlung tatsächlich mit den Begriffen unmenschlich oder erniedrigend verbunden werden kann, müssen die damit verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen. Kriterien hierfür sind aus allen Umständen des Falles abzuleiten, wie z.B. aus der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgte, der Art und Weise ihrer Vollstreckung, ihrer zeitlichen Dauer, ihrer physischen und geistigen Wirkungen, und in einigen Fällen aus Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (vgl. EGMR, Urt. vom 07.07.1989 aaO.).
43 
Eine Misshandlung im Sinne von Art. 3 EMRK setzt ferner ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus.
44 
Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK kommt nur in Betracht, wenn gerade dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urt. vom 18.04.1996, aaO und Urt. vom 04.06.1996, aaO) bzw. aufgrund eines echten bzw. bedeutsamen Risikos (vgl. EGMR, Urt. vom 07.07.1989 aaO.) die Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Zielstaat droht. Dies gilt auch dann, wenn der Ausländer bereits vor seiner Einreise ins Bundesgebiet Eingriffe in Leib, Leben und Freiheit erlitten hat. Der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit wird bezüglich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG nicht wie im Asylrecht in Fällen erlittener Vorverfolgung herabgestuft. Denn diese Herabstufung beruht auf dem besonderen humanitären Charakter des Asylrechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1996, aaO, und Urt. vom 17.12.1996, NVwZ-RR 1997, 740). Erforderlich ist somit eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation (vgl. BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, NVwZ 1995, 391 und Urt. vom 04.06.1996, aaO). Dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befinden kann, schließt die Anwendung des § 60 Abs. 5 AufenthG jedoch nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. vom 04.06.1996 aaO., und Urt. vom 17.12.1996, aaO).
45 
Bei der Feststellung, ob im Falle einer Abschiebung die Gefahr einer Misshandlung im Sinne von Art. 3 EMRK im Zielstaat besteht, ist sowohl die allgemeine Lage in diesem Staat als auch die persönliche Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urt. vom 30.10.1991 aaO.). Auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Betroffenen und andere Faktoren wie die Verbesserung der politischen Situation im Heimatland und die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen sind bedeutsam (vgl. EGMR, Urt. vom 20.03.1991 aaO.). Belegen die Unterlagen über den Hintergrund des Ausländers und die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht, dass seine persönliche Situation in irgendeiner Hinsicht schlechter ist als die der Mehrzahl der anderen Mitglieder der Bevölkerung oder solcher Personen, die in ihr Land zurückkehren, ist die aufgrund bekannt gewordener Einzelfälle bestehende Möglichkeit einer Inhaftierung oder Misshandlung für sich nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen (vgl. EGMR, Urt. vom 30.10.1991, aaO; VGH Bad.-Württ., Urt. vom 13.02.1996, ESVGH 46, 139).
46 
Der Klägerin droht aber wegen ihres aus Sicht der iranischen Machthaber „unmoralischen Verhaltens“ bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung. Zwar dürften die strengen Beweisanforderungen für die Verhängung einer Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB, also die Todesstrafe (DOI, Auskunft vom 27.02.2003), aller Voraussicht nach nicht vorliegen, ebenso wenig wie die hierzu notwendigen Qualifizierungen, angesichts des Drogen-Konsums des Ehemannes der Klägerin. In der Rechtspraxis des Iran wird dieses sog. "Gottes-Recht" - im "Normalfall" offenbar auch eher selten angewandt (DOI a.a.O.), und kommt eher dann vor, wenn besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen; Ermordung des betrogenen Ehepartners). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen, wonach insoweit Körperstrafen (Auspeitschung) vorgesehen sind. Hiernach können eine Frau oder ein Mann, die sich unsittlich miteinander verhalten, mit einer Prügelstrafe von bis zu 99 Peitschenhieben bestraft werden. In diesem Fall kommt es nicht auf die strengen Beweisanforderungen der oben erörterten Hadd-Strafen an, vielmehr ist der Richter hier frei, Beweise zu erheben und zu würdigen, und er kann auch das Strafmaß selbst bestimmen (DOI a.a.O.). Zwar wird auch berichtet, dass solche u.U. durch Geldzahlungen abgewendet werden können (DOI a.a.O.). Diese Möglichkeit erscheint aufgrund der vorliegenden Besonderheiten aber zu vage, um anzunehmen, es fehle an der in § 60 Abs. 5 AufenthG vorausgesetzten konkreten Gefahr. Dabei geht das Gericht davon aus, sowohl die Familie der Klägerin als auch der ehemalige Ehemann sind durch die gemeinsame Flucht der Klägerin mit Herrn ... aus dem Iran, sowie durch das „Rechtfertigungsschreiben“ der Klägerin selbst, ausreichend darüber informiert, dass es sich nicht um eine einmalige spontane Verfehlung handelte, vielmehr eine längerfristige außereheliche Beziehung vorlag. Angesichts des Ranges, den der Ehemann der Klägerin als Oberst der Sepah aber im iranischen Sicherheitsapparat einnimmt, ist die Annahme gerechtfertigt, auch wenn er nicht zu einem „Ehrenmord“ greifen würde, er doch darauf drängen könnte und würde, die Abwendung der verwirkten Körperstrafe durch Geldzahlung zu unterbinden.
47 
Die somit von der Klägerin zu gewärtigende Strafe der Auspeitschung stellt eine äußerst harte Körperstrafe dar, die einen mindestens mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt zur Folge hat, die auch in aller Regel nicht an einem Stück vollzogen werden kann, weil die Betroffenen nach wenigen Schlägen ohnmächtig zusammenbrechen, die Haut platzt auf, und obwohl eine Frau im Sitzen und bekleidet ausgepeitscht wird, bedarf es auch hier in aller Regel mehrere "Sitzungen", um diese fürchterliche Strafe zu vollstrecken. (DOI, 27.02.2003 an VG Gelsenkirchen).
48 
Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind somit erfüllt.
49 
4. Soweit die Klage im übrigen abgewiesen werden musste, war allerdings das von der Beklagten gemäß § 30 AsylVfG ausgesprochene „Offensichtlichkeits-Urteil“ aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
50 
Mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 - konkret des § 10 Abs. 3 AufenthG - hat ein Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt werden musste - wie hier die Klägerin - im Rahmen seines gerichtlichen Rechtsschutzes Anspruch auf die Überprüfung, ob seinem Asylbegehren der Makel der „offensichtlichen Unbegründetheit“ anhaftet. Ist dies zu bejahen, wie von der Beklagten in Ziff. 1 und 2 des angegriffenen Bescheides angenommen, ergäben sich für die Klägerin in der Zukunft aufenthaltsrechtliche Konsequenzen dahingehend, dass ihr - vom Vorliegen eines Anspruchs abgesehen (§ 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG) - ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden dürfte. Zwar steht ein solcher Aufenthaltstitel gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG hier zunächst einmal im Raum. Die Klägerin wäre aber gehindert, etwa bei Aufnahme eines Studiums, in einen u.U. günstigeren Aufenthaltsstatus zu wechseln.
51 
Da im Falle der Klagabweisung insoweit der Bescheid der Beklagten in der ergangenen Form in Bestandskraft erwächst, also mit dem darin enthaltenen „Offensichtlichkeits-Urteil“, bedarf es hierzu einer eigenen gerichtlichen Überprüfung. Dies hat im Übrigen nichts mit der Frage zu tun, ob das Gericht selbst gemäß § 78 Abs. 1 AsylVfG die Klage als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat oder dies gerade nicht der Fall ist. Solches ist lediglich für die Frage eines zulässigen Rechtsmittels von Interesse. Aber auch im Falle der „einfachen“ Klagabweisung erwüchse das „Offensichtlichkeits-Urteil“ des Bundesamtes in Bestandskraft, wenn der angegriffene Ablehnungsbescheid dies in Bezug auf den Asylantrag eines Ausländers so ausspricht, und nur hierauf kommt es an (vgl. auch Wenger in Storr/Wenger/Eberle u.a., Kommentar zum Zuwanderungsgesetz, § 10 AufenthG Erl. III. 3. a)).
52 
Auch für die Beantwortung der Frage, ob es bei dem von der Beklagten angenommenen „Offensichtlichkeits-Makel“ verbleibt, findet § 77 Abs. 1 AsylVfG Anwendung, wonach es auf den Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung ankommt. Nachdem die Klägerin aber insoweit ihre Angaben zu ihrem Asylbegehren umfassend revidiert hat (vgl. oben), ist es nunmehr nicht mehr gerechtfertigt, trotz Klagabweisung insoweit, von einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag i.S.d. § 30 AsylVfG zu sprechen. Diesbezüglich wird auf die umfangreichen Ausführungen des Gerichts unter Ziff. 1. und 2. der Entscheidungsgründe verwiesen.
53 
5. Zuletzt war auch die gegen die Klägerin - zulässigerweise - ergangene Abschiebungsandrohung aufzuheben, allerdings nur insoweit, als der Iran darin nicht als Staat bezeichnet ist, in den die Klägerin gerade nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 1 bis 3 AufenthG).
54 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären.

Gründe

 
17 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist nach Maßgabe der Urteilsformel rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Beklagte war daher entsprechend zu verpflichten; darüber hinaus jedoch ist dieser Bescheid nicht zu beanstanden und die Klage insoweit abzuweisen (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
18 
Die Klägerin kann zwar nicht als Asylberechtigte nach Art. 16 a Abs. 1 GG anerkannt werden (dazu unten 1.). Die Beklagte kann auch nicht verpflichtet werden festzustellen, dass in ihrer Person mit Blick auf den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen (dazu unten 2.). Allerdings musste die zulässigerweise hilfsweise beantragte Verpflichtung der Beklagten erfolgen, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (dazu unten 3.). Darüber hinaus hat die Klägerin Anspruch darauf, dass das sog "Offensichtlichkeits-Urteil" der Beklagten in Bezug auf ihren abgelehnten Asylantrag aufgehoben wird (dazu unten 4.). Schließlich musste auch die gegen die Klägerin verfügte Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung teilweise aufgehoben werden (dazu unten 5.).
19 
1. a) Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter setzt zunächst einmal voraus, dass das Gericht mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit einen Sachverhalt feststellen kann, aus dem sich dann in rechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Betreffende politisch verfolgt wird. Der Asylbewerber selbst muss dabei an der Tatsachenfeststellung mitwirken, insbesondere selbst alles vortragen, auf das er seine Verfolgungsfurcht begründet. Dieser Vortrag muss in schlüssiger Form und unter Angabe genauer Einzelheiten erfolgen und einen in sich stimmigen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Insbesondere zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. v. 24.03.1987, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 40; Beschl. v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 m.w.N.). Dabei wird allerdings dem notwendigerweise sachtypischen Beweisnotstand eines Asylbewerbers insoweit Rechnung getragen, als das Gericht grundsätzlich keinen vollen Beweis verlangen darf, sondern die Überzeugung vom Vorliegen des vorgetragenen Sachverhalts auch aus der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Asylbewerbers gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Bei der richterlichen Überzeugungsbildung ist dabei zu berücksichtigen, dass einzelne Angaben vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturkreise gesehen werden müssen, durch die notwendigen Dolmetscherübersetzungen sich Fehler einschleichen können und, was das Heranziehen von Auskünften u. Ä.. über das Heimatland betrifft, diese stets kritisch auf ihren wirklichen Aussagegehalt hin überprüft werden müssen.
20 
b) Das Gericht hält das Vorbringen der Klägerin, wie sie es nunmehr in Vorbereitung auf die und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – ganz anders als den Vortrag gegenüber dem Bundesamt - für glaubwürdig. Die Klägerin hat zunächst schon durch ihr Auftreten in der mündlichen Verhandlung beim Gericht einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sie hat weder versucht, ausweichend zu antworten, noch etwa “taktisch“, noch hat sie bei Fragen des Gerichts längere Denkpausen benötigt. Ihr Vortrag war durchweg von einer hohen Emotionalität gekennzeichnet, was gegen ein „einstudiertes“ Vorbringen spricht. Die Klägerin konnte inzwischen auch nachvollziehbar erklären, wie es zu den grotesken Angaben gegenüber dem Bundesamt gekommen war, durch ihr gleichsam blindes Vertrauen in ihren damaligen Freund und dessen Versuch – durch andere Asylbewerber entsprechend „beraten“ – unbedingt etwas „Politisches“ in die gemeinsame Geschichte hineinzukomponieren. Schließlich decken sich die zentralen Punkte der Angaben der Klägerin auch mit den Angaben ihres (inzwischen Ex-) Freundes in dessen Asylfolgeverfahren, ohne dass – angesichts der überaus „klaren Worte“ der Klägerin über die Lügen ihres früheren Freundes - angenommen werden könnte, das Paar versuche sich gegenseitig zu stützen. Zuletzt sind die Angaben auch mit den – wenigen – objektiven Befunden in Übereinstimmung zu bringen, insbesondere mit der bestehenden Schwangerschaft im Zeitpunkt der Einreise.
21 
Danach nahm die Klägerin während ihrer äußerst problematischen Ehe mit einem etwa 10 Jahre älteren Angehörigen der iranischen Sicherheitskräfte eine außereheliche Beziehung zu einem jungen Mann auf, die durch die hieraus resultierende Schwangerschaft in der Gefahr der bevorstehenden Entdeckung stand. Auf Grund der gemeinsamen Flucht aus dem Iran und der nachfolgenden Ereignisse befürchtet die Klägerin nunmehr nach den insoweit bestehenden iranischen Gesetzen bestraft zu werden, bzw. private "Rachehandlungen" der betroffenen Familien.
22 
c) Allerdings vermag das Vorbringen der Klägerin nicht zur Anerkennung als politisch Verfolgte zu führen. Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Danach ist – im Wesentlichen - in Anknüpfung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer asylberechtigt, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war (Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 1, 27 AsylVfG).
23 
Dabei kann eine politische Verfolgung i. S. des Art. 16 a Abs. 1 GG unter bestimmten Voraussetzungen auch dann gegeben sein, wenn andere unabänderliche Merkmale und Eigenschaften als die in Art. 1 A Nr. 2 GK ausdrücklich genannten zum Anknüpfungs- und Bezugspunkt für Verfolgungsmaßnahmen genommen werden (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988 - 9 C 278/86 - ; BVerwGE 79, 143 = InfAuslR 1988, 230 = NVwZ 1988, 838).
24 
Von einer politischen Verfolgung kann dabei nur gesprochen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an ein derartiges asylerhebliches Merkmal gezielte Rechtsverletzungen von solcher Intensität zugefügt werden, dass sie in ihren Wirkungen für den Einzelnen ausgrenzenden Charakter haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315 m.w.N.). Ein vereinzeltes schlechtes Erlebnis etwa mit staatlichen Sicherheitskräften genügt daher noch nicht, um von (politischer) Verfolgung auszugehen. Da das Asylrecht auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl aufbaut (BVerfG, Beschl. v. 23.11.1986, BVerfGE 74, 51) kann eine solche Verfolgung nur erkannt werden, wenn der Einzelne aus begründeter Furcht vor einer für ihn ausweglosen Lage nunmehr sein Land verlässt und im Ausland Schutz und Zuflucht sucht (BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991, BVerfGE 83, 216).
25 
Ob eine gemessen an diesen Vorgaben gegebene Verfolgung politisch ist, ist entscheidend nach den dem staatlichen Zugriff zugrundeliegenden Motiven zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, DVBl. 1985, 956 m.w.N.). Dabei kommt es auf die objektiv erkennbare Gerichtetheit der Verfolgungsmaßnahmen an und nicht auf die subjektiven Verfolgungsmotive des Verfolgers (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989, a.a.0.), und ebenfalls nicht auf eventuell vorhandene politische Motive des Verfolgten.
26 
Verfolgungshandlungen, die sich zwar für den einzelnen Betroffenen als menschenrechtswidrig darstellen, können allein deshalb nicht als politische Verfolgung gewertet werden, wenn nicht feststellbar ist, dass hierbei an ein asylerhebliches Merkmal des Einzelnen angeknüpft wird. In einem solchen Fall mag ein Abschiebungsverbot bestehen (dazu unten, 3.), eine Asylanerkennung scheidet dann jedoch aus.
27 
Bedient sich der Verfolgerstaat scheinbar "neutraler" Instrumente, wie der Anwendung allgemeiner Straftatbestände, Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen, so stellt sich die Frage des Vorliegens einer politischen Verfolgung insoweit in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Anwendung von Strafrechtsnormen nur vorgeschoben sein, um den Einzelnen in Wahrheit in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal, wie etwa Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu oppositionellen Kreisen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen. Anhaltspunkte hierfür können etwa Berichte über unfaire Verfahren, erpresste Geständnisse und allgemein belegte vergleichbare Fälle sein, in denen mit Mitteln des Strafprozesses gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Ist solches zu konstatieren, schlägt im Übrigen die Annahme fehl, es sei dem hiervon Betroffenen zuzumuten, sich einem Strafverfahren zu stellen und seine Unschuld zu beweisen.
28 
Daneben kann politische Verfolgung in der Anwendung von Strafrechtsnormen verborgen sein, wenn die konkrete Norm selbst unmittelbarer Ausdruck der herrschenden Staatsdoktrin ist und sich eine konkrete Straftat dann aus Sicht der Machthaber nicht in einem Verstoß gegen die rechtmäßige Ordnung erschöpft, vielmehr der "Täter" dadurch im Einzelfall zum Ausdruck bringt, dass er den Machthabern, ihrer Ideologie und den Fundamenten ihrer Macht ablehnend gegenübersteht und gerade deshalb in Anknüpfung an das asylerhebliche Merkmal der sozialen Gruppenzugehörigkeit ausgegrenzt und streng bestraft wird. Anhaltspunkte hierfür sind zum einen ein völlig unangemessenes Verhältnis von Tat und Rechtsfolge, wie schwere Haft- und Körperstrafen oder die Todesstrafe für vergleichsweise einfache soziale Ordnungsverstöße (vgl. etwa die Zuchthaus- bzw. Todesstrafe nach §§ 1 und 2 der VO über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 01.09.1939, RGBl. I, S. 1683, für das "Hören von Feindsendern"). Aber auch die "dogmatische Einbettung" einer Strafvorschrift vermag insoweit Hinweise zu geben, ob über die Ahndung des Verstoßes hinaus gerade die Ausgrenzung des Täters maßgeblich mitbedacht ist ("Volksschädling", "Verderbensstifter" o.ä.). Schließlich kann eine Rolle spielen, in welchem Maße ein Hinausstrahlen in die Öffentlichkeit in der tatsächlichen Anwendung einer Strafrechtsnorm strafbegründend oder -erhöhend wirkt. Werden etwa Straftaten gegen die "göttliche Ordnung" im häuslichen Bereich praktisch überhaupt nicht verfolgt, obwohl streng genommen auch hierdurch die "göttliche Ordnung" verletzt wird, sondern erst dann, wenn sie öffentlich wahrnehmbar sind, so spricht einiges dafür, dass in Wahrheit die Verletzung der Staatsdoktrin geahndet werden soll und das sich hieraus ableitbare Auflehnen i.S. einer Vorstufe zu oppositioneller Tätigkeit. Allerdings kommt es insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
29 
Schließlich kann sich eine die Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung rechtfertigende Verfolgung nicht nur aus staatlichen oder dem Staat zurechenbaren Eingriffen in Leib, Leben oder persönliche Freiheit des Betroffenen, sondern auch aus Eingriffen in andere Rechtsgüter wie beispielsweise die Religionsfreiheit ergeben, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen (BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9/03 -; BVerwGE 120, 16 = NVwZ 2004, 1000 = InfAuslR 2004, 319 m.w.N. ).
30 
Eine begründete Furcht vor einer derartigen politischen Verfolgung im Heimatstaat ist dann zu bejahen, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben, bzw. dorthin zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985, a.a.0. und Urt. v. 29.11.1977, BVerwGE 55, 82). Allgemeine Ängste oder unbestimmte Befürchtungen müssen danach außer Betracht bleiben. Eine Furcht kann nur dann als begründete Furcht angesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles auch ein besonnener Betroffener eine derart ausweglose Lage erkennen müsste, die ihn - unter Berücksichtigung des oben skizzierten Kausalzusammenhangs - zum Verlassen seines Landes veranlasst. Hat der Asylbewerber am eigenen Leib schon politische Verfolgung erlitten, so ist eine solche begründete Furcht schon dann anzunehmen - und ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren - wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Es dürfen mithin keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer abermals einsetzenden Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen und sich eine Wiederholungsverfolgung ohne ernstliche Zweifel an der Sicherheit des Asylbewerbers nicht ausschließen lässt (BVerfGE 54, 341; 70, 169). Dieser bereits eingetretenen politischen Verfolgung steht die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich, wenn nach den Umständen des Falles festgestellt werden kann, dass die fluchtauslösende ausweglose Lage durch die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung eingetreten ist. In diesem Fall ist asylrechtlicher Schutz zu gewähren, wenn ein Wiedereintreten dieser unmittelbar drohenden Gefahr bei Rückkehr ins Heimatland nicht ebenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
31 
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass allgemeine Unfreiheit im Heimatland, Bedrückungen und Perspektivlosigkeit, mögen sie auch "gute Gründe" für ein Verlassen des Landes sein, nicht zur Gewährung von Asyl als politisch Verfolgter führen können. Für derartige Zufluchtsmotive verfügt die Bundesrepublik Deutschland derzeit über keine adäquaten Regelungen für den Zuzug.
32 
d) Die von der Klägerin vorgetragene Bedrohung durch den iranischen Staat stellt sich nach diesen Vorgaben nicht als politische Verfolgung dar. Die islamische Republik Iran wird als theokratische Diktatur unter weitestgehender Missachtung der Menschenrechte nach dem Grundsatz der Herrschaft der schiitischen Gottesgelehrten (velayat-e faqih) geführt. Das Regime hat sich dabei, zur Ummantelung seines Machterhaltungsinteresses - und des Interesses an der Plünderung der nationalen Ressourcen durch die herrschenden Kreise -, einen starken ideologischen Überbau im Sinne der schiitischen Rechts- und Moralvorstellungen gegeben. Diese wiederum werden nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht Iran vom 22.12.2004, S. 5, unten) u.a. auch herangezogen, um in politisch motivierten Verfahren gehen Oppositionelle vorzugehen mit konstruierten Anklagen etwa wegen Sexualdelikten. Auch die strikte strafrechtliche Verfolgung außenwirksamer politischer Betätigung gegen das herrschende Regime wird häufig als "Feindschaft gegen Gott" und "Verderben stiften auf Erden" (Art. 183 bis 196 des iran. StGB) angeklagt (AA, Lagebericht v. 22.12.2004, S. 14/15), also vom ideologischen "Überbau" des Regimes abgeleitet. Des Weiteren wird berichtet (hierzu und nachfolgend: DOI, Auskunft vom 27.02.2003 an VG Darmstadt), dass es im Bereich der Strafbarkeit wegen Sitten- und Moralverstößen wohl ganz entscheidend auf die Hintergründe der Tat anzukommen scheint. Handelt es sich etwa um die Ahndung von Ehebruch, könnte hierfür unter engen beweisrechtlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der notwendigen Qualifizierungen als Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB die Todesstrafe verhängt werden. In der Rechtspraxis des Iran werden solche Taten - wegen der strengen Beweisregeln dieses sog. "Gottes-Rechts" - im "Normalfall" aber offenbar eher selten ausgesprochen, kommen aber gerade dann vor, wenn aus der Sicht der iranischen Machthaber besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen), die Sittenordnung, die Grundlage der Herrschaft der Mullahs ist, also zusätzlich verletzt wurde, obwohl naturgemäß zweifelhaft ist, ob die vorgeschriebenen Beweisanforderungen in diesen Fällen auch wirklich erfüllt wurden (DOI, a.a.O.). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen und die eigentlich insoweit vorgesehenen Körperstrafen (Auspeitschung) dann sogar in Geldstrafe umzuwandeln.
33 
Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass politische Verfolgung im oben dargestellten Sinne wegen einer angenommenen regimefeindlichen Gesinnung zwar nicht nur bei rein politischen Aktivitäten, die sich unmittelbar und direkt gegen die Herrschaft der Gottesgelehrten richtet - wie etwa die Studentenbewegung insbesondere im Sommer 1999 -, sondern auch dann einsetzt, wenn der Einzelne seine private Lebensgestaltung offen wahrnehmbar derart gegen die herrschenden religiösen Vorstellungen hin ausrichtet, dass im Rahmen der Ahndung von Sittenverstößen dann auf jede sonst übliche Nachsicht verzichtet wird, um den tatsächlich oder vermeintlichen Gegner der herrschenden Ordnung in seiner politischen Überzeugung und seinem Gegnersein bewusst auszugrenzen.
34 
Im Falle der Klägerin ist aber nicht zu erkennen, dass das höchst private außereheliche Verhältnis zwischen ihr und ihrem früheren Geliebten die iranischen Sicherheitsbehörden zu der Annahme verleiten müsste, dass es sich bei ihr um eine Person handeln muss, die gravierend gegen die herrschende Sozial- und Gesellschaftsordnung eingestellt ist und es sich bei der Klägerin nicht nur um eine moralisch "ungefestigte" Person handeln könnte, vielmehr sie die herrschende Moral und damit gerade auch das sich besonders hierauf stützende herrschende Regime durch ihr Tun habe aktiv untergraben wollen. Die Klägerin hat sich selbst bemüht, das Verhältnis weitestgehend geheim zu halten und gerade nicht publik zu machen, dass sie andere als die staatlich geforderten Lebensentwürfe im Sinne eines Eintretens für die individuelle Freiheit offen auslebte. Zwar stand die Klägerin im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran daher in der Gefahr einer Verfolgung nach den allgemeinen iranischen (Moral-) und Strafgesetzen. Eine politische Verfolgung in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal liegt hierin aber (noch) nicht.
35 
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte feststellt, dass in ihrer Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG gegeben sind.
36 
a) Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG ist zunächst festzustellen, dass - jedenfalls soweit für den vorliegenden Fall von Interesse - die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl (Art. 16 a Abs. 1 GG) einerseits und von Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift andererseits deckungsgleich sind, soweit es eine Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter einer Verfolgung betrifft. Insoweit gilt das oben Ausgeführte.
37 
b) Soweit § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG im Sinne einer gesetzlichen Definition festlegt, eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe könne auch vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft, folgt für den vorliegenden Fall nichts anderes. Die Klägerin befürchtet zunächst die Bestrafung nach den allgemeinen iranischen Strafrechtsnormen, die gerade nicht allein an das Geschlecht anknüpfen. Die daneben bestehenden und im Falle einer Rückkehr in den Iran zu befürchtenden allgemeinen Freiheitsbeschränkungen für Frauen verstoßen zwar ohne weiteres gegen die Menschenrechte. Diese stellen nach den oben genannten Kriterien aber noch keine gezielte die Einzelne ausgrenzende Verfolgungshandlung dar, die sie in eine ausweglose Lage im dargestellten Sinne brächte.
38 
c) Schließlich führt auch die von der Klägerin befürchtete Bedrohung ihres Lebens durch sog. "nichtstaatliche Akteure" - hier Familienangehörige - i.S.v. § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG nicht zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes. Zwar mag sie das Ehrgefühl ihrer eigenen Angehörigen und das ihres Ehemannes und dessen Angehöriger schwer verletzt haben. Die diesbezüglichen Befürchtungen der Klägerin bleiben jedoch vage, bzw. belaufen sich auf telefonische Berichte über Äußerungen der Mutter, denen eine konkrete Gefahr nicht entnommen werden kann. Auch wird in keinem der dem Gericht vorliegenden Auskünften zur gesellschaftlichen Situation im Iran davon berichtet, derartige "Ehrenmorde" seien in der Mittelschicht der iranischen Metropolen verbreitet. Dabei ist hier auch zu berücksichtigen, dass die „Tat“ der Klägerin bereits mehr als vier Jahre zurückliegt. Schließlich hält das Gericht - anders als die Klägerin - die Angaben des Ex-Freundes der Klägerin in seinem Asylfolgeverfahren für äußerst nahe liegend, dass sich nämlich der iranische Ehemann der Klägerin nach der Flucht und langjährigen Abwesenheit der Klägerin inzwischen von dieser habe scheiden lassen. Dies, verbunden mit dem Zeitfaktor, dürfte nicht ohne Auswirkungen auf etwaige „Rachegelüste“ sein.
39 
Schließlich fehlt es aber auch an Anhaltspunkten, dass, wie es § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG erfordert, in Bezug auf diese von der Klägerin befürchtete Bedrohung überhaupt an ein asylerhebliches Merkmal angeknüpft würde (vgl. hierzu ebenfalls oben).
40 
3. Die Klägerin hat aber einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 5 AufenthG trifft. Bei der Klägerin liegt zwar kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG (Gefahr der Folter) vor. Auch ist nach den oben in Bezug genommenen Ausführungen in der Auskunft des Deutschen Orient-Instituts vom 27.02.2003 (unter 1. d)) nicht konkret wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrem Heimatland mit der Todesstrafe bedroht ist (§ 60 Abs. 3 AufenthG). Dasselbe gilt mit Blick auf eine drohende Lebensgefahr (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) sowohl durch staatliche Maßnahmen, als auch durch Anschläge der Verwandtschaft (vgl. insoweit oben 2. c) a.E.). Dagegen liegt ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 i. V. m. Art. 3 EMRK vor.
41 
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 686) - EMRK - ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Diese Bestimmung enthält keine eigenständige Regelung von Abschiebungsverboten. Sie nimmt nur auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die sich daraus ergebenden Abschiebungsverbote Bezug, die mit Zustimmungsgesetz vom 07.08.1952 (BGBl. II S. 685) in innerstaatliches deutsches Recht transformiert wurde und seitdem im Range eines einfachen Bundesgesetzes gilt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, DVBl. 1996, 612). In Art. 1 EMRK sichern die Mitgliedsstaaten des Europarats allen ihrer Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I dieser Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu. Dieser Schutz gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person, insbesondere unabhängig davon, ob der jeweilige Heimatstaat zu den Unterzeichnerstaaten der Konvention gehört. Die Konvention bietet insbesondere auch Schutz vor Ausweisung und Rückschiebung von Personen, denen genügend klar und bestimmt die Gefahr droht, in einem der in Art. 3 EMRK garantierten oder in einem sonstigen fundamentalen Menschenrecht in besonders schwerer Weise verletzt zu werden. Zu den fundamentalen Menschenrechten in diesem Sinne müssen mindestens die in Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten "kriegsfesten" Garantien gerechnet werden. Dazu zählen das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 1 S. 1 EMRK) und nach Art. 3 EMRK das Verbot unmenschlicher Behandlung (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 29.1.1992, VBlBW 1992, 264).
42 
Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterzogen werden. Das absolute Verbot des Art. 3 EMRK erstreckt sich auch auf Misshandlungen, die als unmittelbare, nicht zu entfernt liegende Folge aufenthaltsbeendender Handlungen (Auslieferung, Ausweisung, Abschiebung) eines Vertragsstaates außerhalb seiner Herrschaftsgewalt eintreten (vgl. EGMR, Urt. vom 07.07.1989, NJW 1990, 2183; Urt. vom 20.03.1991, NJW 1991, 3079 und Urt. vom 30.10.1991, NVwZ 1992, 869). Es verbietet daher die Abschiebung in ein Land, in dem ihm Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung drohen (vgl. EGMR, Urt. vom 30.10.1991 aaO.). Art. 3 EMRK schützt indes nur vor Misshandlungen, die ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. Damit eine Bestrafung oder Behandlung tatsächlich mit den Begriffen unmenschlich oder erniedrigend verbunden werden kann, müssen die damit verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen. Kriterien hierfür sind aus allen Umständen des Falles abzuleiten, wie z.B. aus der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgte, der Art und Weise ihrer Vollstreckung, ihrer zeitlichen Dauer, ihrer physischen und geistigen Wirkungen, und in einigen Fällen aus Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (vgl. EGMR, Urt. vom 07.07.1989 aaO.).
43 
Eine Misshandlung im Sinne von Art. 3 EMRK setzt ferner ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus.
44 
Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK kommt nur in Betracht, wenn gerade dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urt. vom 18.04.1996, aaO und Urt. vom 04.06.1996, aaO) bzw. aufgrund eines echten bzw. bedeutsamen Risikos (vgl. EGMR, Urt. vom 07.07.1989 aaO.) die Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Zielstaat droht. Dies gilt auch dann, wenn der Ausländer bereits vor seiner Einreise ins Bundesgebiet Eingriffe in Leib, Leben und Freiheit erlitten hat. Der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit wird bezüglich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG nicht wie im Asylrecht in Fällen erlittener Vorverfolgung herabgestuft. Denn diese Herabstufung beruht auf dem besonderen humanitären Charakter des Asylrechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1996, aaO, und Urt. vom 17.12.1996, NVwZ-RR 1997, 740). Erforderlich ist somit eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation (vgl. BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, NVwZ 1995, 391 und Urt. vom 04.06.1996, aaO). Dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befinden kann, schließt die Anwendung des § 60 Abs. 5 AufenthG jedoch nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. vom 04.06.1996 aaO., und Urt. vom 17.12.1996, aaO).
45 
Bei der Feststellung, ob im Falle einer Abschiebung die Gefahr einer Misshandlung im Sinne von Art. 3 EMRK im Zielstaat besteht, ist sowohl die allgemeine Lage in diesem Staat als auch die persönliche Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urt. vom 30.10.1991 aaO.). Auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Betroffenen und andere Faktoren wie die Verbesserung der politischen Situation im Heimatland und die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen sind bedeutsam (vgl. EGMR, Urt. vom 20.03.1991 aaO.). Belegen die Unterlagen über den Hintergrund des Ausländers und die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht, dass seine persönliche Situation in irgendeiner Hinsicht schlechter ist als die der Mehrzahl der anderen Mitglieder der Bevölkerung oder solcher Personen, die in ihr Land zurückkehren, ist die aufgrund bekannt gewordener Einzelfälle bestehende Möglichkeit einer Inhaftierung oder Misshandlung für sich nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen (vgl. EGMR, Urt. vom 30.10.1991, aaO; VGH Bad.-Württ., Urt. vom 13.02.1996, ESVGH 46, 139).
46 
Der Klägerin droht aber wegen ihres aus Sicht der iranischen Machthaber „unmoralischen Verhaltens“ bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung. Zwar dürften die strengen Beweisanforderungen für die Verhängung einer Hadd-Strafe nach dem 2. Buch des iranischen (islamischen) StGB, also die Todesstrafe (DOI, Auskunft vom 27.02.2003), aller Voraussicht nach nicht vorliegen, ebenso wenig wie die hierzu notwendigen Qualifizierungen, angesichts des Drogen-Konsums des Ehemannes der Klägerin. In der Rechtspraxis des Iran wird dieses sog. "Gottes-Recht" - im "Normalfall" offenbar auch eher selten angewandt (DOI a.a.O.), und kommt eher dann vor, wenn besondere Umstände hinzutreten (organisierte Prostitution; Mitwirkung an Pornofilmen; Ermordung des betrogenen Ehepartners). Dagegen scheint eine Tendenz zu bestehen, in Fällen, in denen die Tat irgendwie auf soziales Verständnis stößt, weil der Betroffene einfach "seine Triebe nicht beherrschen konnte" (DOI, a.a.O.), es bei einer Bestrafung nach dem 5. Buch des StGB, etwa wegen Unzucht, zu belassen, wonach insoweit Körperstrafen (Auspeitschung) vorgesehen sind. Hiernach können eine Frau oder ein Mann, die sich unsittlich miteinander verhalten, mit einer Prügelstrafe von bis zu 99 Peitschenhieben bestraft werden. In diesem Fall kommt es nicht auf die strengen Beweisanforderungen der oben erörterten Hadd-Strafen an, vielmehr ist der Richter hier frei, Beweise zu erheben und zu würdigen, und er kann auch das Strafmaß selbst bestimmen (DOI a.a.O.). Zwar wird auch berichtet, dass solche u.U. durch Geldzahlungen abgewendet werden können (DOI a.a.O.). Diese Möglichkeit erscheint aufgrund der vorliegenden Besonderheiten aber zu vage, um anzunehmen, es fehle an der in § 60 Abs. 5 AufenthG vorausgesetzten konkreten Gefahr. Dabei geht das Gericht davon aus, sowohl die Familie der Klägerin als auch der ehemalige Ehemann sind durch die gemeinsame Flucht der Klägerin mit Herrn ... aus dem Iran, sowie durch das „Rechtfertigungsschreiben“ der Klägerin selbst, ausreichend darüber informiert, dass es sich nicht um eine einmalige spontane Verfehlung handelte, vielmehr eine längerfristige außereheliche Beziehung vorlag. Angesichts des Ranges, den der Ehemann der Klägerin als Oberst der Sepah aber im iranischen Sicherheitsapparat einnimmt, ist die Annahme gerechtfertigt, auch wenn er nicht zu einem „Ehrenmord“ greifen würde, er doch darauf drängen könnte und würde, die Abwendung der verwirkten Körperstrafe durch Geldzahlung zu unterbinden.
47 
Die somit von der Klägerin zu gewärtigende Strafe der Auspeitschung stellt eine äußerst harte Körperstrafe dar, die einen mindestens mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt zur Folge hat, die auch in aller Regel nicht an einem Stück vollzogen werden kann, weil die Betroffenen nach wenigen Schlägen ohnmächtig zusammenbrechen, die Haut platzt auf, und obwohl eine Frau im Sitzen und bekleidet ausgepeitscht wird, bedarf es auch hier in aller Regel mehrere "Sitzungen", um diese fürchterliche Strafe zu vollstrecken. (DOI, 27.02.2003 an VG Gelsenkirchen).
48 
Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind somit erfüllt.
49 
4. Soweit die Klage im übrigen abgewiesen werden musste, war allerdings das von der Beklagten gemäß § 30 AsylVfG ausgesprochene „Offensichtlichkeits-Urteil“ aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
50 
Mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 - konkret des § 10 Abs. 3 AufenthG - hat ein Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt werden musste - wie hier die Klägerin - im Rahmen seines gerichtlichen Rechtsschutzes Anspruch auf die Überprüfung, ob seinem Asylbegehren der Makel der „offensichtlichen Unbegründetheit“ anhaftet. Ist dies zu bejahen, wie von der Beklagten in Ziff. 1 und 2 des angegriffenen Bescheides angenommen, ergäben sich für die Klägerin in der Zukunft aufenthaltsrechtliche Konsequenzen dahingehend, dass ihr - vom Vorliegen eines Anspruchs abgesehen (§ 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG) - ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden dürfte. Zwar steht ein solcher Aufenthaltstitel gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG hier zunächst einmal im Raum. Die Klägerin wäre aber gehindert, etwa bei Aufnahme eines Studiums, in einen u.U. günstigeren Aufenthaltsstatus zu wechseln.
51 
Da im Falle der Klagabweisung insoweit der Bescheid der Beklagten in der ergangenen Form in Bestandskraft erwächst, also mit dem darin enthaltenen „Offensichtlichkeits-Urteil“, bedarf es hierzu einer eigenen gerichtlichen Überprüfung. Dies hat im Übrigen nichts mit der Frage zu tun, ob das Gericht selbst gemäß § 78 Abs. 1 AsylVfG die Klage als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat oder dies gerade nicht der Fall ist. Solches ist lediglich für die Frage eines zulässigen Rechtsmittels von Interesse. Aber auch im Falle der „einfachen“ Klagabweisung erwüchse das „Offensichtlichkeits-Urteil“ des Bundesamtes in Bestandskraft, wenn der angegriffene Ablehnungsbescheid dies in Bezug auf den Asylantrag eines Ausländers so ausspricht, und nur hierauf kommt es an (vgl. auch Wenger in Storr/Wenger/Eberle u.a., Kommentar zum Zuwanderungsgesetz, § 10 AufenthG Erl. III. 3. a)).
52 
Auch für die Beantwortung der Frage, ob es bei dem von der Beklagten angenommenen „Offensichtlichkeits-Makel“ verbleibt, findet § 77 Abs. 1 AsylVfG Anwendung, wonach es auf den Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung ankommt. Nachdem die Klägerin aber insoweit ihre Angaben zu ihrem Asylbegehren umfassend revidiert hat (vgl. oben), ist es nunmehr nicht mehr gerechtfertigt, trotz Klagabweisung insoweit, von einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag i.S.d. § 30 AsylVfG zu sprechen. Diesbezüglich wird auf die umfangreichen Ausführungen des Gerichts unter Ziff. 1. und 2. der Entscheidungsgründe verwiesen.
53 
5. Zuletzt war auch die gegen die Klägerin - zulässigerweise - ergangene Abschiebungsandrohung aufzuheben, allerdings nur insoweit, als der Iran darin nicht als Staat bezeichnet ist, in den die Klägerin gerade nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 1 bis 3 AufenthG).
54 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Tatbestand

1

Der 19.. geborene Beklagte schloss im Jahr 19.. die Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) ab. 19.. trat er als Angestellter in den Dienst des Bundesnachrichtendienstes (BND) ein. Im Oktober 19.. ernannte ihn die Klägerin zum Beamten auf Lebenszeit. Zuletzt hatte er das Amt eines Regierungsamtmanns (Besoldungsgruppe A 11) inne. Er ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Im BND war der Beklagte zunächst operativ tätig, insbesondere im Bereich "...". Aufgrund seiner Sprachkenntnisse und guter Beurteilungen wurde er für eine Auslandsverwendung vorgeschlagen. Von August 2001 bis Juli 2005 war der Beklagte bei der BND-Residentur an der Deutschen Botschaft in B./K. tätig. Seitdem wird er wieder im Inland im Bereich Auswertung eingesetzt. Im Oktober 2009 erhielt er eine Leistungsprämie für vorbildlichen Einsatz in Höhe von 750 €.

2

Im Frühjahr 2006 erreichten den BND Informationen, nach denen sich der Beklagte zum Ende seines Einsatzes in K. gegenüber k. Staatsangehörigen als "deutscher Vizekonsul" bezeichnet und diesen gegenüber den Eindruck erweckt haben soll, Einfluss auf die Visa-Erteilung durch die deutsche Botschaft nehmen zu können.

3

Hierzu sagte der Beklagte in einem "Sicherheitsgespräch" vom 30. März 2006 gegenüber Mitarbeitern des BND aus, er sei von einem Mittelsmann gegen seinen Willen gegenüber k. Staatsangehörigen als Konsul oder als Mitarbeiter der Konsularabteilung vorgestellt worden. Der Beklagte bestritt, jemals finanzielle Zuwendungen oder andere Vorteile erhalten oder auf die Vergabe von Visa Einfluss genommen zu haben. Er räumte lediglich ein, bis zu 40 Visa-Anträge auf "formale Richtigkeit" hin geprüft zu haben.

4

Am 8. Juni 2006 wandte sich der BND an die Staatsanwaltschaft Be. und teilte dieser unter Vorlage eines Berichts über die damaligen Erkenntnisse mit, es bestehe der Verdacht, der Beklagte habe sich im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa eines Betrugs zum Nachteil ausländischer Staatsbürger schuldig gemacht. Daraufhin eröffnete die Staatsanwaltschaft Be. gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Unter dem 6. November 2006 leitete der Präsident des BND gegen den Beklagten das Disziplinarverfahren ein. Der Beklagte wurde weder über die Eröffnung des Strafverfahrens noch über die des Disziplinarverfahrens in Kenntnis gesetzt.

5

Am 3. Januar 2007 erteilte die Staatsanwaltschaft Be. die Freigabe für das weitere behördliche Disziplinarverfahren, nachdem sie das Büro des Beklagten beim BND und dessen Privatwohnung durchsucht und dabei dem Beklagten auch den strafrechtlichen Vorwurf eröffnet hatte. Der Beklagte wurde am 8. Januar 2007 vom BND über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet. Der Beklagte gab zunächst keine Stellungnahme ab. Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 dehnte der Präsident des BND das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf aus, der Beklagte habe im Jahr 2005 eine offene dienstliche E-Mail-Adresse privat genutzt. Das Disziplinarverfahren wurde im Juli 2007 im Hinblick auf das anhängige Strafverfahren ausgesetzt.

6

In Bezug auf den Vorwurf des Titelmissbrauchs (§ 132a StGB) beschränkte die Staatsanwaltschaft Be. die Strafverfolgung nach § 154a Abs. 1 StPO auf den Vorwurf des Betrugs. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechlichkeit stellte sie das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Da der Beklagte in der Botschaft in B. nicht für die Erteilung der Visa zuständig gewesen sei, fehle es am Tatbestandsmerkmal der pflichtwidrigen Diensthandlung.

7

Ende Januar 2009 erließ das Amtsgericht T. gegen den Beklagten einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs, gemeinschaftlich mit B. zum Nachteil zweier k. Staatsangehöriger einen Betrug begangen zu haben. Der Beklagte habe sich gegenüber den Geschädigten als Konsul der Deutschen Botschaft ausgegeben und diesen gegen eine Zahlung von jeweils 1900 € die Erteilung von Schengen-Visa zugesagt. Tatsächlich habe er jedoch weder die Möglichkeit gehabt, auf die Erteilung der Visa Einfluss zu nehmen, noch habe er die Absicht gehabt, den Geschädigten die Visa zu verschaffen. Gegen diesen Strafbefehl erhob der Beklagte unbeschränkten Einspruch.

8

In der Verhandlung vor dem Amtsgericht T. am 19. Mai 2009 machte der Beklagte nach Belehrung Angaben zur Sache. Nachdem das Amtsgericht die Kriminalhauptkommissarin U. als Zeugin zur Sache vernommen hatte, beschränkte der Beklagte seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß. Auf der Grundlage des im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls wurde der Beklagte wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt.

9

Nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils setzte der BND das Disziplinarverfahren fort. Der Beklagte wurde hiervon unterrichtet. Im März 2010 billigte der Präsident des BND den Vorschlag, gegen den Beklagten Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst zu erheben. Hiergegen erhob die Gruppe der Beamten im Personalrat des BND mit der Begründung Einwendungen, es sei zweifelhaft, ob der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen tatsächlich begangen habe. Da der Präsident des BND am Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis festhielt, beantragte der Personalrat eine Entscheidung des Bundeskanzleramtes. Im Hinblick hierauf sagte der Präsident des BND dem Personalrat zu, den Klageantrag dahingehend umzustellen, dass kein bestimmter Antrag erhoben werde, sondern die Disziplinarmaßnahme stattdessen in das Ermessen des Gerichts gestellt werde. Zudem würden die Einbehaltung von 10 % der Bezüge des Beklagten und seine vorläufige Dienstenthebung zurückgestellt. Im Hinblick hierauf nahm der Personalrat seinen gegenüber dem Bundeskanzleramt gestellten Antrag auf Entscheidung zurück.

10

Am 27. Oktober 2010 hat der Präsident des BND Disziplinarklage erhoben. Dem Beklagten wird entsprechend der im Strafbefehl getroffenen Feststellungen vorgeworfen, Geld als Gegenleistung für die Verschaffung von Visa angenommen zu haben. Dabei müsse davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Zahl der Geschädigten sowie die gezahlten Beträge wesentlich höher seien als nach den Feststellungen im Strafbefehl, der nur von zwei geschädigten k. Staatsangehörigen und einem Schaden von 3 800 € ausgehe. Da bei den beiden k. Staatsangehörigen kein Motiv für eine Falschaussage erkennbar sei, sei von der Richtigkeit ihrer Aussagen auszugehen. Demgegenüber habe der Beklagte wegen seiner angespannten finanziellen Situation ein Motiv gehabt. Gegen den Beklagten spreche auch, dass er eingeräumt habe, Visa-Unterlagen von bis zu zwölf k. Staatsangehörigen entgegengenommen zu haben. Denn als Sachbearbeiter der Residentur B. habe er mit der Bearbeitung von Visa-Anträgen nichts zu tun gehabt. Gerade deshalb sei von der Staatsanwaltschaft auch der Vorwurf der Bestechlichkeit fallengelassen worden. Das Vorbringen, er habe die Visa-Formulare geprüft, um Interessenten für illegale Visa oder Einreisen weitermelden zu können, sei unglaubhaft. In den Jahren 2004 und 2005 habe die Residentur keine Meldung zum Thema "illegale Visa/Einreise" übermittelt. Aus der Schuldenerklärung aus dem Jahr 2006 ergebe sich, dass sich der Beklagte damals ungeachtet der höheren Auslandsbezüge in einer finanziell schwierigen Situation befunden und deshalb ein Motiv gehabt habe. Der Beklagte müsse eine dienstliche E-Mail-Anschrift an eine private Bekannte weitergegeben haben. Hierdurch habe er die Gehorsamspflicht verletzt. Das Versagen des Beklagten und die damit verbundene Schädigung des Ansehens der Bundesrepublik insbesondere im Ausland wögen schwer. Bereits der Anschein, die Ausstellung von Schengen-Visa könne bei einer deutschen Auslandsvertretung erkauft werden, sei geeignet, die Interessen des Bundes erheblich zu beschädigen. Gerade der BND müsse sich als Sicherheitsbehörde auf die korrekte und gewissenhafte Erfüllung der Dienstpflichten durch seine Mitarbeiter verlassen können. Bei einer Auslandsverwendung seien die Kontrollmöglichkeiten zudem erheblich eingeschränkt. Die Beschädigung der Integrität der Amtsführung sei so gravierend, dass das Vertrauensverhältnis irreparabel und nachhaltig zerstört sei. Unerheblich sei, dass das dienstliche Verhalten des Beklagten seit seiner Rückkehr nach Deutschland unauffällig und ob eine Wiederholung des Fehlverhaltens zu erwarten sei. Allein durch die in seinem Verhalten zu Tage tretende kriminelle Energie sei der Beklagte als Beamter nicht länger tragbar. Zwar liege das Fehlverhalten bereits mehr als sechs Jahre zurück und der Beklagte habe zwei minderjährige Kinder. Diese Milderungsgründe könnten nicht berücksichtigt werden, weil die Schwere des Fehlverhaltens keinen weiteren Bemessungsspielraum erlaube. Die lange Verfahrensdauer sei dem BND nicht anzulasten. Zudem stehe eine lange Verfahrensdauer der Verhängung der Höchstmaßnahme nicht entgegen. Unerheblich sei auch, dass der Beklagte nicht vorläufig seines Dienstes enthoben worden und er seit der Rückkehr nach Deutschland seinen dienstlichen Pflichten in lobenswerter Weise nachgekommen sei. Das angeschuldigte Dienstvergehen offenbare schwerwiegende charakterliche Defizite des Beklagten. Die mit den Vorkommnissen verbundene Schädigung des Ansehens des BND stehe einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit im Wege.

11

Die Klägerin stellt keinen Antrag.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Die ihm im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa vorgeworfene Tat habe er nicht begangen. Er habe sich nicht als deutscher Konsul oder Vizekonsul ausgegeben. Auch habe er keine Geldbeträge erhalten, um auf die Erteilung von Visa Einfluss zu nehmen. Ferner habe er nicht behauptet, auf die Erteilung von Visa Einfluss nehmen zu können. Dass Zeugen ihn auf Fotos erkannt hätten, könne auch darauf zurückgeführt werden, dass die Zeugen ihn zusammen mit Herrn B. gesehen hätten oder dieser den Zeugen Fotos von ihm gezeigt habe, um seine eigenen Einflussmöglichkeiten gegenüber den Visa-Interessenten glaubhaft zu machen. Er habe Herrn B. lediglich angeboten, die Visa-Anträge wie ein privater Visa-Dienst zu prüfen. Dabei sei es ihm um die Möglichkeit gegangen, mögliche Interessenten für illegale Visa oder Einreisen zu ermitteln und die so gewonnenen Informationen weiterzumelden. Herr B. sei eine interessante dienstlich nutzbare Quelle gewesen, weil dieser mitgeteilt habe, Informationen über Rauschgiftkuriere oder Schmuggler beschaffen zu können. Das Motiv für eine Falschaussage der Zeugen Q. und R. bestehe offensichtlich darin, dass ihre Chancen, die von ihnen bezahlten 3 800 € zurückzuerhalten, stiegen, wenn der Täterkreis auf den Beklagten erweitert werde. Denn dann bestehe die Möglichkeit, dass entweder der Beklagte oder die Botschaft zahle. Angesichts der ihn wirtschaftlich schwer belastenden Verurteilung zu einer Geldstrafe bestehe auch kein Bedürfnis nach einer zusätzlichen Pflichtenmahnung im Disziplinarverfahren. Sowohl die Klägerin als auch das Gericht seien angesichts der nicht vollständig abgeschlossenen Beweisaufnahme im strafgerichtlichen Verfahren und der lediglich aus Kostengründen erklärten Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden. Zudem sei die einzige im Strafverfahren gehörte Zeugin lediglich eine Zeugin vom Hörensagen, weil sie lediglich an der Vernehmung von vermeintlichen Tatzeugen beteiligt gewesen sei. Während seiner Tätigkeit in K. habe der Beklagte wegen des Auslandsverwendungszuschlags ein höheres Einkommen gehabt. Deshalb habe bei ihm kein beachtliches Motiv zur Tatbegehung bestanden. Im Übrigen stehe ihm inzwischen ein höherer Nettobetrag zur Verfügung; eine Überschuldung sei nicht gegeben. Zwar kenne der Beklagte die Frau, die ihm zwei E-Mails geschickt habe, privat. Er könne sich aber nicht erklären, wie diese Frau an die Adresse gekommen sei. Es könne sein, dass diese "offene" Adresse auf der dienstlichen Visitenkarte angegeben gewesen sei. Die Zusendung von privaten E-Mails auf dienstliche E-Mail-Konten stelle kein Dienstvergehen dar. Jedenfalls habe er das E-Mail-Konto nicht aktiv privat genutzt. Da der von den Visa-Antragstellern mit 3 800 € behauptete Schaden unter 5 000 € liege, scheide die Höchstmaßnahme aus, weil diese bei Vermögensdelikten erst ab einem Betrag von 5 000 € in Betracht komme. Die von der Klägerin behauptete Zerstörung des Vertrauensverhältnisses sei nicht nachvollziehbar. Er sei während des gesamten Verfahrens nicht vorläufig seines Amtes enthoben worden, habe seine dienstlichen Pflichten vorbildlich erfüllt und habe eine Leistungsprämie von 750 € erhalten. Er sei auch weiterhin in einem sensiblen Bereich beschäftigt.

14

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat gemäß § 56 Satz 1 BDG den gegen den Beklagten in der Klageschrift erhobenen Vorwurf aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, er habe vor dem 4. Oktober 2005 eine vom BND für die Residentur in B. eingerichtete E-Mail-Adresse an Dritte zur Übersendung privater Nachrichten weitergegeben.

15

Aufgrund des Beschlusses vom 28. Februar 2012 und des Beweisbeschlusses vom 8. März 2012 ist D. S. vom beauftragten Richter als Zeuge zu dem Beweisthema vernommen worden, welche Aussagen die k. Staatsangehörigen R. und Q. sowie der l. Staatsangehörige B. zum Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa bei der Deutschen Botschaft in B./K. im Frühjahr 2005 gemacht haben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Zeugenvernehmung vom 12. März 2012 verwiesen.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat aufgrund des dort verkündeten Beschlusses durch Vernehmung der Zeugen D., U., Dr. und P. zum Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa durch die k. Staatsangehörigen Q. und R. bei der Deutschen Botschaft in B./K. im Frühjahr 2005 Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

17

Die von der Klägerin vorgelegten Personal- und Disziplinarakten des Beklagten sowie die beigezogene Strafakte einschließlich der Unterlagen des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Be. sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

Der Senat entscheidet über die Disziplinarklage in erster und letzter Instanz (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO, § 45 Satz 5 BDG). Sie führt zu der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis (§ 60 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 5 sowie §§ 10 und 13 Abs. 2 Satz 1 BDG).

19

1. Dem behördlichen Disziplinarverfahren haften keine wesentlichen Mängel i.S.d. § 55 BDG an.

20

a) Die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegenüber dem Beklagten erst am 6. November 2006 entspricht nicht der Vorgabe des § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG. Danach hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Beamten. Die disziplinarischen Ermittlungen sollen so früh wie möglich im Rahmen des gesetzlich geordneten Verfahrens mit seinen rechtsstaatlichen Sicherungen zu Gunsten des Beamten, insbesondere dem Recht auf Beweisteilhabe nach § 24 Abs. 4 BDG, geführt werden. Der Dienstvorgesetzte darf, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung vorliegen, nicht abwarten und weiteres Belastungsmaterial sammeln. Verzögert der Dienstvorgesetzte entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG die Einleitung des Disziplinarverfahrens, so kann dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme (§ 13 BDG) als mildernder Umstand berücksichtigt werden, wenn die verzögerte Einleitung für das weitere Fehlverhalten des Beamten ursächlich war (Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 13 ff.).

21

Zwar darf der Dienstherr auch Verwaltungsermittlungen durchführen, weil ein Disziplinarverfahren wegen seiner stigmatisierenden Wirkung nicht vorschnell eingeleitet werden darf (Weiß, in: GKÖD, Bd. II, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Teil 4 BDG, M § 17 Rn. 32). Verwaltungsermittlungen müssen aber wegen der Schutzwirkung der Verfahrensvorschriften in disziplinarrechtlich geführte Ermittlungen umschlagen, wenn der Dienstvorgesetzte Kenntnis von Tatsachen erlangt, aufgrund derer die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beamte schuldhaft seine Dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter Weise verletzt hat. Diese Voraussetzungen waren spätestens am 6. Juni 2006 erfüllt. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Innenrevision des BND die gegen den Beklagten letztendlich erhobenen Vorwürfe schriftlich zusammengefasst, um sie der Staatsanwaltschaft Be. mit dem Ziel der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vorzulegen. Grundlage dieser Zusammenfassung waren vor allem detaillierte Berichte des Leiters der BND-Residentur P. an die BND-Zentrale über den weiteren Fortgang seiner Ermittlungen, insbesondere über die in B. geführten Gespräche mit dem "Vermittler" B.

22

Ein Verstoß gegen die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG folgende Pflicht zur rechtzeitigen Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens stellt einen Mangel i.S.v. § 55 Abs. 1 BDG dar. Der Begriff des Mangels i.S.v. § 55 Abs. 1 BDG erfasst Verletzungen von Verfahrensregeln, die im behördlichen Disziplinarverfahren von Bedeutung sind (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <254> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1). Hierunter fallen Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des behördlichen Disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen Entscheidung, also bis zur Erhebung der Disziplinarklage oder bis zu dem Erlass einer Disziplinarverfügung, betreffen (vgl. Beschluss vom 18. November 2008 a.a.O. Rn. 14).

23

Dieser Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist aber nicht wesentlich i.S.d. § 55 BDG. Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass er sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 6, jeweils Rn. 19). Hätte die Klägerin das Disziplinarverfahren entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG im Zeitraum zwischen dem Sicherheitsgespräch vom 30. März 2006 und der Erstellung des zusammenfassenden Berichts vom 6. Juni 2006 eingeleitet, so wäre der Beklagte hiervon in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht unterrichtet worden. Die Vorgehensweise der Klägerin, den Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens bis zum Abschluss der Durchsuchungen seines Büros und seiner Privatwohnung im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht zu informieren, ist durch § 20 Abs. 1 Satz 1 BDG gedeckt. Durch eine Unterrichtung des Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens wäre die Aufklärung des disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalts gefährdet gewesen. Bei einer früheren Unterrichtung bestand die Gefahr, dass der Beklagte private Unterlagen über seine Kontakte zum "Vermittler" B. und den geschädigten k. Visa-Antragstellern beseitigt oder mit diesen Kontakt aufnimmt.

24

b) Das Anschreiben vom 8. Januar 2007, mit dem die Klägerin den Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet hat, genügt den formellen Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 und 3 BDG. Es lässt erkennen, welches Dienstvergehen dem Beklagten zur Last gelegt wird, und weist diesen auf die ihm im Verfahren zustehenden Rechte hin. Der Personalrat ist auf Antrag des Beklagten beteiligt worden.

25

c) Die Zuständigkeit des Präsidenten des BND zur Erhebung der Disziplinarklage folgt aus § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG i.V.m. Nr. 3 der Anordnung zur Übertragung disziplinarrechtlicher Zuständigkeiten und Befugnisse im Bereich des BND vom 28. Januar 2002 (BGBl I S. 560).

26

2. Im Ergebnis weist auch die Klageschrift keine wesentlichen Mängel auf.

27

a) In Bezug auf das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Beantragung von Schengen-Visa bei der Deutschen Botschaft in B. genügt die Disziplinarklageschrift allerdings nur mit einer vom Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Anregung des Senats erklärten Einschränkung den Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG.

28

Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass sich der Beamte gegen die gegen ihn erhobenen disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Zugleich werden durch eine den Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG genügende Klageschrift Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festgelegt. Denn nach § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder einer Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind (Urteile vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f. und vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 146 f.; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 69.10 - juris Rn. 6). Zwar ist es nicht erforderlich, dass die Klageschrift die angeschuldigten Sachverhalte disziplinarrechtlich zutreffend würdigt. Aufgrund des doppelten Zwecks der Disziplinarklageschrift muss der Dienstherr aber erkennen lassen, gegen welche Dienstpflichten das angeschuldigte Verhalten des Beamten verstoßen soll und ob dem Beamten Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt wird (Beschluss vom 28. März 2011 - BVerwG 2 B 59.10 - IÖD 2011, 143, juris Rn. 5).

29

Die Disziplinarklage des BND stellt den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beklagten und auch den bisherigen Gang des Verfahrens ausreichend dar. Soweit sich die Disziplinarklageschrift inhaltlich am Gegenstand des Strafbefehls des Amtsgerichts T. vom 29. Januar 2009 orientiert, sind die Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG auch hinsichtlich der Bestimmung des Dienstvergehens erfüllt. Es werden die dem Beklagten vorgeworfenen konkreten Verhaltensweisen, die konkret geschädigten Personen (Q. und R.) sowie der diesen durch das vorgeworfene Verhalten entstandene finanzielle Schaden dargelegt. Die Disziplinarklage enthält die Beweismittel, insbesondere den wesentlichen Inhalt der Zeugenaussagen, würdigt den als erwiesen angesehenen Tatvorwurf und stellt auch die vorsätzliche Begehung des Dienstvergehens fest.

30

Soweit aber in der Klageschrift ausgeführt wird, die tatsächliche Zahl der Geschädigten sowie die gezahlten Beträge lägen erheblich über den Feststellungen im strafrechtlichen Verfahren zum Verhalten des Beklagten gegenüber Q. und R., fehlt es an einer Darstellung i.S.v. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG. Der Vertreter der Klägerin hat aber in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass diese Umstände nicht Gegenstand der Disziplinarklage sein sollen.

31

b) Die formellen Mängel der Klageschrift im Hinblick auf den gegen den Beklagten erhobenen Vorwurf, eine dienstliche E-Mail-Adresse privat genutzt zu haben, sind unerheblich. Diese Handlungen sind vom Senat nach § 56 BDG ausgeschieden und nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen worden.

32

c) Unerheblich ist, dass die Klägerin in der Disziplinarklageschrift keinen bestimmten Antrag gestellt hat. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG schreibt dies im Gegensatz zu § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht vor. Es bedarf keines Antrags des Dienstherrn, weil nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG die Gerichte die erforderliche Disziplinarmaßnahme bestimmen (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 255 f. bzw. Rn. 16 und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26).

33

Aufgrund der Beweisaufnahme sieht der Senat folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

34

Am 2. März 2005 sprachen die beiden k. Staatsangehörigen Q. und R. aus M. bei der Deutschen Botschaft in B. vor, um in Erfahrung zu bringen, welche Voraussetzungen für ein Visum für die Bundesrepublik Deutschland erfüllt und welche Unterlagen vorgelegt werden müssen. In der Warteschlange wurden die beiden Interessenten vom l. Staatsangehörigen B. angesprochen, der ihnen gegen Geld seine Hilfe bei der Beschaffung der Visa anbot und auch darauf verwies, dass er die Kontaktperson zum Vizekonsul sei, der bei der Deutschen Botschaft für die Erteilung der Visa zuständig sei. Die beiden Interessenten nahmen das Hilfsangebot an und überwiesen, nachdem sie den "Vermittler" B. überprüft hatten, in der Folgezeit auf dessen Konto insgesamt ca. 12 Mio. COP (Peso Colombiano; ca. 3 800 €); außerdem übersandten sie ihm die für die Erteilung der Visa erforderlichen Unterlagen, darunter den Pass, ein Führungszeugnis und eine Kopie des Personalausweises. Als die beiden Interessenten insgesamt ca. 8 Mio. COP überwiesen hatten, bestellte sie Herr B. zur Übergabe der Visa nach B. Beim Treffen am 23. März 2005 bei einem Hotel in der Nähe der Deutschen Botschaft in B. konnte der "Vermittler" B. den Interessenten die zugesagten Visa nicht übergeben. Zur Beruhigung der beiden Interessenten zog Herr B. den Beklagten zu diesem Gespräch hinzu. Herr B. stellte den beiden Interessenten den Beklagten ohne Namensnennung als Mitarbeiter der Botschaft vor. Die beiden Interessenten, der "Vermittler" B. und der Beklagte begaben sich in eine in der Nähe der Botschaft gelegene Ladenpassage. Bei diesem Gespräch bezeichnete sich der Beklagte selbst als Vizekonsul und als der für die Erteilung der Visa zuständige Mitarbeiter der Botschaft. Der Beklagte sagte ferner, dass er die Visa bereits genehmigt habe und dass man nur auf die Freigabe zur Aushändigung aus Deutschland innerhalb von 15 Tagen warte. Bei dieser Aussage war dem Beklagten bewusst, dass die beiden Interessenten an Herrn B. Geld gezahlt hatten, damit dieser ihnen abredegemäß Visa beschafft. Am 24. März 2005 überwies Q. auf das Konto des Herrn B. weitere, von diesem für die Beschaffung der beiden Visa geforderte 1,7 Mio. COP. 15 Tage später rief Herr B. Q. an und bestellte die beiden Interessenten zur Übergabe der Visa in die Nähe der Deutschen Botschaft. Der "Vermittler" B. erschien aber nicht am vereinbarten Treffpunkt und war für die Interessenten auch telefonisch nicht zu erreichen. Die Interessenten warteten daraufhin mehrere Stunden vor der Deutschen Botschaft. Als der Beklagte das Botschaftsgebäude verließ, lehnte er jedes Gespräch mit ihnen über die Visa ab und verwies sie an den "Vermittler" B. Q. und R. wurden auch in der Folgezeit keine Visa erteilt.

35

1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich nicht bereits nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG aus dem Urteil des Amtsgerichts T. vom 19. Mai 2009. Dieses Urteil ist für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht bindend, weil es zum tatsächlichen Geschehen keine Feststellungen trifft.

36

Gegenstand des Urteils vom 19. Mai 2009 ist nur das Strafmaß, nachdem der Beklagte seinen ursprünglich unbeschränkt erhobenen Einspruch gegen den Strafbefehl vom 29. Januar 2009 in der Hauptverhandlung nach § 410 Abs. 2 StPO auf das Strafmaß beschränkt hatte. Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen lediglich auf dem im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehl vom 29. Januar 2009.

37

Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl kommt trotz seiner strafprozessualen Gleichstellung mit einem rechtskräftigen Urteil (§ 410 Abs. 3 StPO) keine Bindungswirkung i.S.v. § 23 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG zu. Dies ist in der Rechtsprechung zu § 18 BDO allgemein anerkannt (Urteil vom 16. Juni 1992 - BVerwG 1 D 11.91 - BVerwGE 93, 255 <258>). Hintergrund hierfür ist die Überlegung, dass nur solche tatsächlichen Feststellungen eine sichere Entscheidungsgrundlage für ein Disziplinarverfahren liefern können, die aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen in einer Hauptverhandlung vor Gericht und nach richterlicher Beweiswürdigung getroffen worden sind. Demgegenüber liegt einem Strafbefehl lediglich eine in einem besonders geregelten summarischen Verfahren getroffene richterliche Entscheidung zugrunde. Er ergeht ohne Hauptverhandlung und gerichtliche Beweisaufnahme und bietet damit nicht das Maß an Ergebnissicherheit, das Voraussetzung für eine Bindungswirkung ist. Die in § 410 Abs. 3 StPO ausgesprochene Gleichstellung bestimmt lediglich den Umfang der Rechtskraft eines Strafbefehls (BTDrucks 10/1313, S. 38) und dient insoweit der prozessrechtlichen Klarstellung (Urteil vom 8. Juni 2000 - BVerwG 2 C 20.99 - Buchholz 237.7 § 51 NWLBG Nr. 1).

38

Aus der Entstehungsgeschichte der §§ 23 und 57 BDG (Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts, BTDrucks 14/4659, S. 41 f. und 49) ist zu schließen, dass der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung den rechtskräftigen Strafbefehl hinsichtlich der Bindungswirkung nicht einem rechtskräftigen Strafurteil gleichgestellt hat (Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 23 Rn. 4; Weiß, a.a.O. § 23 Rn. 24; Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl., § 23 Rn. 2). Denn der Bundesgesetzgeber ist einem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren nicht gefolgt (BTDrucks 14/4659, S. 59 f.; vgl. dazu Gegenäußerung der Bundesregierung, BTDrucks 14/4659, S. 64).

39

Auch die Anwendung des § 57 Abs. 2 BDG ist ausgeschlossen, wonach die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht bindend sind, aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden können. Denn der Beklagte bestreitet substantiiert die im Strafbefehl vom 29. Januar 2009 getroffenen Feststellungen zu seinem Verhalten im Zusammenhang mit der Beantragung von Schengen-Visa durch Q. und R. im März 2005. Wegen des im Wortlaut angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnisses und des systematischen Zusammenhangs mit der in § 58 Abs. 1 BDG geregelten gerichtlichen Aufklärungspflicht ist für die Anwendung des § 57 Abs. 2 BDG nur Raum, wenn die Richtigkeit der anderweitig festgestellten Tatsachen vom betroffenen Beamten im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht substantiiert angezweifelt wird (Beschluss vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 8 m.w.N.).

40

2. a) Die tatsächlichen Feststellungen beruhen vorrangig auf den konsularischen Vernehmungen der k. Staatsangehörigen Q. und R. durch den Zeugen S. vom 26. Februar 2007 und des l. Staatsangehörigen B. durch den Zeugen Dr. vom 13. April 2007. Wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt, befinden sich in der vom Senat beigezogenen Strafakte die von den vernommenen Personen eigenhändig unterschriebenen und in spanischer Sprache abgefassten Originale der Niederschriften über die in Spanisch geführten Vernehmungen. Bei den Vernehmungen haben die Zeugen S. und Dr. die für ihre Amtstätigkeit als Konsularbeamte geltenden Schranken nach § 4 KonsG beachtet. Das Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl II 1969 S. 1585), das in seinem Art. 5 die von einer konsularischen Vertretung im Empfangsstaat wahrzunehmenden konsularischen Aufgaben aufführt, ist nach seinem Art. 77 Abs. 2 für K. am 6. Oktober 1972 in Kraft getreten (Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 15. Februar 1973, BGBl II S. 166). Nach § 15 Abs. 4 KonsG stehen die Vernehmungen und die über sie aufgenommenen Niederschriften den Vernehmungen sowie den darüber aufgenommenen Niederschriften inländischer Gerichte und Behörden gleich.

41

Die Zeugen S. und Dr. haben den Inhalt der Vernehmungen gegenüber dem erkennenden Gericht überzeugend wiedergegeben. Der Senat hält die Bekundungen der k. Staatsangehörigen Q. und R. für glaubhaft, diejenigen des l. Staatsangehörigen B. allerdings nur im Kern insoweit, als er eine Zusammenarbeit mit dem Beklagten angegeben und die Überweisung der geforderten 12 Mio. COP auf sein Konto bestätigt hat.

42

Das Ergebnis der konsularischen Vernehmungen ist durch die Bekundungen der vom Senat vernommenen Zeugen U. und P. über den Inhalt im Frühjahr 2006 geführter informatorischer Gespräche mit den beiden k. Staatsangehörigen Q. und R., dem l. Staatsangehörigen B. und der bei der k. Generalstaatsanwaltschaft zuständigen Sachbearbeiterin bestätigt worden. Kopien der Belege für die Überweisungen der Geschädigten an den "Vermittler" B. befinden sich in der Akte des Rechtshilfeersuchens. Bestandteil der beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft Be. sind auch die Unterlagen des an die Republik K. gerichteten Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Be. vom 15. Juni 2007. Zudem haben die beiden Zeugen U. und P. inhaltlich übereinstimmend glaubhaft ausgesagt, dass Q. und R. im Rahmen ihres Gesprächs in einem Café in M. am 16. Mai 2006 den Beklagten anhand von sechs Fotos als denjenigen Mitarbeiter der Botschaft identifiziert haben, der sich ihnen gegenüber am 23. März 2005 als Vizekonsul bezeichnet und ihnen zugleich versichert hat, die von ihnen beantragten Visa seien bereits bewilligt und könnten in ungefähr zwei Wochen ausgehändigt werden. Auch im Rahmen ihrer konsularischen Vernehmungen haben die beiden k. Staatsangehörigen den Beklagten auf den insgesamt sechs Fotos wiedererkannt.

43

Bei der Würdigung des Umstands, dass Q. und R. jeweils im Mai 2006 und im Februar 2007 den Beklagten auf den ihnen vorgelegten Bildern erkannt haben, berücksichtigt der Senat, dass einem Zeugen bei einer Wahllichtbildvorlage nacheinander Lichtbilder von wenigstens acht Personen vorgelegt werden sollen. Denn ein Zeuge kann bei dieser größeren Vergleichszahl etwaige Unsicherheiten in seiner Beurteilung besser erkennen und dementsprechend offen legen, so dass eine Wiedererkennung unter (mindestens) acht Vergleichspersonen einen höheren Beweiswert gewinnen kann (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 524/11 - NJW 2012, 791, Rn. 6 f. m.w.N.). Dies schließt es aber nicht aus, das Ergebnis einer Wiedererkennung im Rahmen einer auf fünf vergleichbare Porträtfotos beschränkten Wahllichtbildvorlage in die Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme einzubeziehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die beiden Geschädigten, die dem Beklagten nicht nur am 23. März 2005 persönlich begegnet sind, sondern diesen auch ca. zwei Wochen später nach mehrstündigem Warten vor dem Gebäude der Deutschen Botschaft wiedererkannt und von sich aus auf den Verbleib der ihnen zugesagten Visa angesprochen haben, diesen auf einem Gruppenfoto der Beschäftigten der Deutschen Botschaft - unter ca. 35 Personen - wiedererkannt haben.

44

Die Angaben der Zeugen S., U. und P. zum Inhalt der Äußerungen des unmittelbar geschädigten Q. zum Verhalten des Beklagten sowie des "Vermittlers" B. decken sich zudem mit dessen Schilderungen gegenüber der k. Staatsanwaltschaft im Rahmen des dort gegen den "Vermittler" B. wegen des Verdachts des Betrugs geführten Ermittlungsverfahrens. In der eigentlichen Anzeige vom 3. Mai 2005 sowie in seiner weiteren Vernehmung vom 25. Juli 2006 aus Anlass des Scheiterns der zwischen dem "Vermittler" B. und der k. Staatsanwaltschaft getroffenen Gütevereinbarung hat der Geschädigte Q. den Sachverhalt übereinstimmend dargestellt. Dort hat dieser auch geschildert, dass sich Herr B. bereits beim ersten Zusammentreffen am 2. März 2005 berühmt hatte, die Kontaktperson zu dem in der Deutschen Botschaft für die Erteilung von Visa zuständigen Bediensteten zu sein. Inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmend sind auch die verschiedenen Angaben des Herrn Q. zu den in der Nähe der Deutschen Botschaft gelegenen Örtlichkeiten der Zusammentreffen mit dem "Vermittler" B. und mit dem Beklagten am 23. März 2005.

45

b) Aus seinen Angaben im zweiten Teil des mit Mitarbeitern des BND geführten Sicherheitsgesprächs vom 30. März 2006 sowie in der Beschuldigtenvernehmung vom 20. September 2007 ergibt sich, dass dem Beklagten seit November 2004 bekannt war, dass sein Bekannter B. für seine "Vermittlungstätigkeit" von den Visa-Antragstellern Geldzahlungen erhielt. Die vom Beklagten unterschriebene Niederschrift über das Sicherheitsgespräch ist im Disziplinarverfahren verwertbar.

46

§ 54 Satz 3 BBG a.F. (in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999, BGBl I S. 675) sieht vor, dass das Verhalten eines Beamten der Klägerin innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Nach § 55 Satz 1 BBG a.F. hat ein Beamter seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Hieraus folgt, dass der Beamte in dienstlichen Angelegenheiten wahrheitsgemäß und vollständig zu berichten hat (Urteil vom 27. August 1997 - BVerwG 1 D 49.96 - BVerwGE 113, 118 <126 f.> = Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 9). Über diese Pflicht ist der Beklagte von Mitarbeitern des BND zu Beginn des Gesprächs und unmittelbar vor der Korrektur seiner bisherigen Aussage zu seinen Kontakten zum "Vermittler" B. auch noch nach seiner Rückversetzung in das Inland zutreffend belehrt worden. Die Bediensteten des BND haben den Beklagten auch auf das ihm zustehende Recht hingewiesen, die Aussage zu verweigern, wenn er sich dabei strafrechtlich belasten würde. Vor dem Abschluss des Sicherheitsgesprächs bestand auch noch keine Dienstpflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG mit der Folge, dass der Beklagte nach § 20 Abs. 1 Satz 3 BDG darauf hinzuweisen gewesen wäre, dass es ihm freistehe, sich schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens kam frühestens im Anschluss an dieses Gespräch in Betracht. Denn erst aufgrund der Angaben des Beklagten im Gespräch vom 30. März 2006 hatte der Dienstvorgesetzte von solchen Tatsachen Kenntnis erlangt, aufgrund derer die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestand, dass der Beklagte schuldhaft seine Dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter Weise verletzt hatte.

47

c) Der Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung zu den Ereignissen in K. sowie zu den Aussagen der Zeugen in Bezug auf die Angaben der Geschädigten Q. und R. zu seinem Verhalten und zu dem des "Vermittlers" B. im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa im Frühjahr 2005 angehört worden. Seine Äußerungen beschränkten sich im Wesentlichen auf Ausflüchte oder auf die Geltendmachung von Erinnerungslücken. Ihn belastende Angaben im Sicherheitsgespräch oder Unterschiede zwischen diesen Angaben und seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung hat er nicht plausibel zu erklären vermocht.

48

In der zweiten Hälfte des Sicherheitsgesprächs vom März 2006 hatte es der Beklagte zumindest nicht ausgeschlossen, dass er sich im Verlauf eines von seinem Bekannten B. initiierten Telefongesprächs, in dem es um Visa-Anträge und Geldüberweisungen an Herrn B. ging, gegenüber dem ihm unbekannten Gesprächspartner des Herrn B. selbst als Konsul vorgestellt hat. Bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung ist ihm diese Aussage vorgehalten worden; er hat dann aber nachdrücklich bestritten, sich jemals so vorgestellt zu haben. Diese gravierende Abweichung konnte der Beklagte nicht erklären.

49

Wenig überzeugend sind auch die Reaktionen des Beklagten auf andere Vorhalte aus der Niederschrift über das Sicherheitsgespräch vom 30. März 2006 gewesen. Dies gilt insbesondere für seine Schilderung im Sicherheitsgespräch, eine ihm unbekannte Person per Telefon aufgefordert zu haben, eine Überweisung zu veranlassen, damit Anträge für Visa positiv beschieden werden können. Im Sicherheitsgespräch vom März 2006 hatte der Beklagte noch ausgesagt, im Januar 2006 habe ihm sein Bekannter B. telefonisch mitgeteilt, Visa-Antragsteller, die Geld auf dessen Konto eingezahlt hätten, ohne dass die Visa erteilt worden seien, hätten bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. In der mündlichen Verhandlung konnte sich der Beklagte an dieses Telefonat und seinen ihn belastenden Inhalt nicht mehr erinnern.

50

Unglaubhaft ist auch die Angabe des Beklagten, er habe sich deshalb bereit erklärt, ihm vom "Vermittler" B. übergebene Visa-Anträge auf "formale" Richtigkeit zu überprüfen, um diesen als nachrichtendienstliche Verbindung zu halten und um damit an für den BND bedeutsame nachrichtendienstliche Informationen zu gelangen. Denn da nach den Vorgaben des BND Mitarbeiter einer BND-Residentur dienstlich gerade nicht mit der Erteilung von Visa befasst sind, hätte es sich aus Sicht eines Mitarbeiters einer BND-Residentur geradezu aufgedrängt, die - angeblich - im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit Herrn B. vorgenommene Kontrolle von Visa-Anträgen dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten mitzuteilen. Die Brisanz seiner Befassung mit Visa-Angelegenheiten im Rahmen seines Kontakts zu der nachrichtendienstlichen Quelle B. als Mitarbeiter des BND an der Deutschen Botschaft war dem Beklagten durchaus bewusst. Denn er hat diese Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung selbst als "heikle Angelegenheit" bezeichnet. Der Zeuge P. hat aber in Übereinstimmung mit dem Beklagten ausgesagt, dass er von dieser Tätigkeit des Beklagten keine Kenntnis hatte.

51

d) Der Umstand, dass der "Vermittler" B. mit den beiden Interessenten Anfang April 2005 telefonisch einen bestimmten Termin zur Aushändigung der Visa vereinbart hat, obwohl er die versprochene Gegenleistung tatsächlich nicht erbringen konnte, steht den Feststellungen nicht entgegen. Aus dem schriftlichen Bericht des Zeugen P. über das Treffen mit Q. und R. am 16. Mai 2006, der Teil der Strafakte ist, ergibt sich, dass der "Vermittler" B. häufig und regelmäßig mit diesen telefonisch in Kontakt getreten ist, so dass sie dies als Ausdruck seines hohen Interesses und Engagements gewertet haben. Auch vor dem Zusammentreffen vom 23. März 2005, an dem Herr B. die versprochenen Visa nicht aushändigen konnte und zur Beruhigung der Interessenten den Beklagten als den Garanten der Erteilung der Visa präsentiert hatte, hatte der "Vermittler" B. Q. und R. telefonisch nach B. bestellt.

52

e) Angesichts der aufgeführten Beweismittel bedurfte es zur Feststellung des Verhaltens des Beklagten im Zusammenhang mit der Zusage der Erteilung von Visa an Q. und R. im Frühjahr 2005 nicht der unmittelbaren Vernehmung der im Ausland zu ladenden Zeugen R., Q. und B.

53

3. Nach der im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn er nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die das Bundesverfassungsgericht gebilligt hat (Kammerbeschluss vom 21. August 1996 - 2 BvR 1304/96 - NJW 1997, 999 f.), ist für die Anwendung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO maßgebend, ob die Erhebung des beantragten Beweises ein Gebot der Aufklärungspflicht ist (BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 <62> = NJW 1994, 1484 f., Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00 - NJW 2001, 695 f.). Es ist dem Richter erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht. Die Entscheidung über den Beweisantrag darf davon abhängig gemacht werden, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (Beschluss vom 20. Mai 1998 - BVerwG 7 B 440.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 153).

54

a) Nach diesen Grundsätzen hat der Senat den Antrag des Beklagten abgelehnt, die in K. zu ladenden Q. und R. als Zeugen in der mündlichen Verhandlung dazu zu vernehmen, ob sie mit dem Beklagten zusammengetroffen sind und was der Beklagte mit ihnen beredet hat. Der Vertreter des Beklagten hat den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag in Übereinstimmung mit seinem schriftlichen Antrag vom 27. März 2012 damit begründet, die Glaubwürdigkeit von Q. und R. sei zweifelhaft und müsse durch eine Vernehmung durch den Senat geklärt werden.

55

Die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gebietet hier die Vernehmung der beiden k. Staatsangehörigen durch den Senat zur Klärung ihrer Glaubwürdigkeit nicht. Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (BTDrucks 14/4659, S. 49 zu § 58 BDG). Entsprechend § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen zur Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Aufgrund der beigezogenen Akten und der Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist der Senat von der Glaubwürdigkeit der beiden k. Staatsangehörigen überzeugt, so dass die gerichtliche Aufklärungspflicht nicht die persönliche Befragung der Zeugen durch den Senat erfordert.

56

Für die Glaubwürdigkeit des Geschädigten Q. spricht insbesondere, dass er den Sachverhalt und das Verhalten des Beklagten anlässlich der beiden Zusammentreffen am 23. März 2005 und Anfang April 2005 viermal geschildert hat, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln oder seine Darstellung zum Nachteil des Beklagten auszuschmücken oder zu steigern. Die jeweiligen Angaben des Herrn Q. stehen aufgrund der Beweisaufnahme fest. Der Inhalt seiner Aussage anlässlich der Erstattung der Anzeige bei der k. Staatsanwaltschaft vom 3. Mai 2005 sowie seine Äußerung gegenüber dieser Staatsanwaltschaft vom 25. Juli 2006 nach dem Scheitern der Gütevereinbarung ergeben sich aus der Antwort auf das Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Be. Über die nach Belehrung von Herrn Q. gemachten Angaben beim Zusammentreffen mit den Mitarbeitern der Deutschen Botschaft in B. U. und P. in einem Café in M. am 16. Mai 2006 sind diese in der mündlichen Verhandlung als unmittelbare Zeugen vernommen worden. Der Inhalt der Aussage des Zeugen Q. bei seiner k. Vernehmung durch den Zeugen S. am 26. Februar 2007 ergibt sich zum einen aus der von ihm eigenhändig unterschriebenen Niederschrift über diese Vernehmung sowie aus den Angaben des Zeugen S. in dessen Vernehmung durch den beauftragten Richter vom 12. März 2012.

57

Auch Frau R. hat Verhalten und Aussagen des Beklagten mehrfach geschildert, ohne ihre Darstellung abzuändern oder sich in Widersprüche zu verwickeln. Gemeinsam mit Herrn Q. hatte sie sich mit den Zeugen U. und P. am 16. Mai 2006 in einem Café in M. getroffen und nach einer Belehrung über ihre Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage über Angaben und Verhalten des Beklagten am 23. März 2005 und Anfang April 2005 berichtet. Auch Frau R. ist vom Zeugen S. am 26. Februar 2007 in der Deutschen Botschaft konsularisch vernommen worden und hat die in Spanisch abgefasste Niederschrift über diese Vernehmung eigenhändig unterschrieben.

58

Für die Glaubwürdigkeit der beiden geschädigten k. Staatsangehörigen spricht ferner, dass sie gegenüber den Zeugen U. und P. anlässlich des Treffens in einem Café in M. am 16. Mai 2006 freimütig eingeräumt haben, gegenüber der k. Staatsanwaltschaft die Angaben über ihre Zahlungen an Herrn B. um ca. 5 Mio. COP erhöht zu haben, um auf diese Weise die ihnen entstandenen Unkosten für die Reisen von ihrem Heimatort M. nach B. auszugleichen. Ihre Glaubwürdigkeit ergibt sich auch aus ihrem Eingeständnis gewusst zu haben, dass die Erlangung von Schengen-Visa auf dem vom "Vermittler" B. vorgeschlagenen Weg nicht legal war. Herrn Q. war nach seinen Angaben bei der konsularischen Vernehmung zudem bewusst, dass er nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügte, um im vorgeschriebenen Verfahren ein Visum zu erhalten.

59

Die Zeugen U. und P., die insoweit unmittelbare Zeugen und nicht nur Zeugen vom Hörensagen sind, haben das Verhalten der Frau R. sowie des Herrn Q. anlässlich ihres Treffens in M. am 16. Mai 2006 eingehend geschildert. Das geschilderte Verhalten spricht für die Glaubwürdigkeit der Geschädigten und die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zum Verhalten des Beklagten. Die von den Zeugen U. und P. übereinstimmend geschilderte anfängliche Zurückhaltung der beiden k. Staatsangehörigen gegenüber den Mitarbeitern der Deutschen Botschaft ist von den beiden Geschädigten nachvollziehbar begründet worden. Die beiden K. gingen zunächst davon aus, ihnen drohten durch die beiden Mitarbeiter der Botschaft seitens der Botschaft oder seitens des Herrn B. Repressalien. Die Geschädigten hatten sich vor dem Gespräch mit den Zeugen U. und P. bei der k. Staatsanwaltschaft nach dem Hintergrund der Kontaktaufnahme durch Mitarbeiter der Deutschen Botschaft erkundigt und haben ihre anfängliche Zurückhaltung im Gespräch vom 16. Mai 2006 erst nach der Klarstellung durch die Zeugen U. und P. aufgegeben, dass das Gespräch ausschließlich dazu diene, das Verhalten eines Mitarbeiters der Botschaft im Zusammenhang mit ihren Visa-Anträgen aufzuklären. Im Anschluss hieran haben die beiden Geschädigten den Sachverhalt inhaltlich übereinstimmend berichtet und dabei auch freimütig eigenes Fehlverhalten, d.h. das "Aufschlagen" von ca. 5 Mio. COP auf die an Herrn B. tatsächlich gezahlte Gesamtsumme von 12 Mio. COP zur Abdeckung der ihnen entstandenen Reisekosten, eingeräumt. Die Angaben des Zeugen P. in der mündlichen Verhandlung zu Auftreten und Äußerungen der beiden Geschädigten anlässlich des Gesprächs vom 16. Mai 2006 decken sich mit seinem detaillierten, an die Zentrale des BND gerichteten Bericht vom 17. Mai 2006, der Bestandteil der Strafakte ist.

60

Die Zeugin U., eine erfahrene Kriminalbeamtin, hat die beiden Geschädigten aufgrund ihres Verhaltens anlässlich des Zusammentreffens in M. am 16. Mai 2006 als glaubwürdig angesehen. Für diese Einschätzung spricht nach Auffassung des Senats insbesondere, dass die beiden Geschädigten nach den deckungsgleichen Aussagen der Zeugen U. und P. ihre Antworten im Gespräch vom 16. Mai 2006 nicht bedenken mussten, sondern spontan und inhaltlich übereinstimmend ausgesagt haben. Ferner haben sie sich auch auf Nachfragen der beiden Mitarbeiter der Botschaft nicht in Widersprüche verwickelt. Nach den Bekundungen der Zeugen U. und P. haben die beiden Geschädigten den Sachverhalt und das Verhalten des Beklagten am 16. Mai 2006 ohne größere Emotionen oder Ärger geschildert. Dies deckt sich mit der Beurteilung des Verhaltens der Geschädigten durch die Zeugin D.. Diese hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, die beiden k. Staatsangehörigen hätten bei ihren konsularischen Vernehmungen am 26. Februar 2007 einen ruhigen Eindruck gemacht. Sie hätten die ihnen gestellten Fragen flüssig und ohne sichtliche Emotionen gegenüber dem Beklagten beantwortet. Triebfeder für das Vorgehen der Geschädigten Q. und R. ausschließlich gegen den "Vermittler" B. war der Umstand, dass sie an diesen ganz erhebliche Geldzahlungen geleistet hatten, ohne die ihnen von diesem zugesagte Gegenleistung zu erhalten.

61

b) Die Geschädigten wären unglaubwürdig, wenn sich Anhaltspunkte für die These finden ließen, sie hätten den Beklagten als Mitarbeiter der Deutschen Botschaft nur deshalb der Mitwirkung bei ihrem Versuch der illegalen Erlangung von Visa bezichtigt, um diesen persönlich oder mittelbar die deutsche Botschaft unter Hinweis auf eine drohende Veröffentlichung zur Rückzahlung der von ihnen an den "Vermittler" B. gezahlten Gesamtsumme von 12 Mio. COP drängen zu können. Für diese "Komplotttheorie" oder die Tendenz der Geschädigten, den Beklagten durch unrichtige Angaben zu belasten, fehlt jedoch jeglicher Anhalt.

62

Wie die beiden Geschädigten bei ihren konsularischen Vernehmungen übereinstimmend ausgesagt haben, ging es ihnen zwar darum, die ganz erhebliche Summe von 12 Mio. COP, die sie sich darlehnsweise beschafft und als Gegenleistung für die zugesagte Beschaffung der beiden Visa an Herrn B. auf dessen Konten überwiesen hatten, zurückzuerhalten. Die Ernsthaftigkeit dieses Bestrebens ist durch den Umstand belegt, dass Herr Q. den "Vermittler" B. bereits am 3. Mai 2005, d.h. nur kurze Zeit nach der ausgebliebenen Aushändigung der Visa, bei der Staatsanwaltschaft wegen Betrugs angezeigt hat. Wäre es dem Geschädigten darum gegangen, einen Mitarbeiter der Botschaft zu Unrecht einer Mitwirkung zu bezichtigen, um einen weiteren, auch solventen Schuldner ihres Anspruchs auf Rückerstattung zu "konstruieren", so hätte es sich aufgedrängt, zeitgleich mit der Erstattung der Strafanzeige gegen Herrn B. bei der Deutschen Botschaft vorstellig zu werden, um den Beschäftigten oder die Deutsche Botschaft, z.B. durch die Drohung einer Veröffentlichung von Einzelheiten, zur Zahlung zu bewegen. Tatsächlich haben jedoch die Geschädigten von sich aus jeden Kontakt zum Beklagten oder der Deutschen Botschaft gemieden. Nicht die Geschädigten, sondern der "Vermittler" B. ist an die Botschaft herangetreten und hat diese vor dem Hintergrund des Ablaufs der in der Gütevereinbarung festgesetzten Frist zur Rückzahlung durch die Androhung der Veröffentlichung "unangenehmer Details" zur Zahlung der Gesamtsumme von 12 Mio. COP gedrängt. Zwar war Herrn Q. zum Zeitpunkt der Erstattung seiner Anzeige am 3. Mai 2005 der Name des Beklagten noch nicht bekannt. Nach seiner konsularischen Vernehmung hat er diesen aber im Verlauf des gegen Herrn B. bei der Staatsanwaltschaft geführten Verfahrens erfahren. Obwohl die Geschädigten den Mitarbeiter der Botschaft später namentlich benennen und zudem dessen auffällige Erscheinung bereits zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung detailliert beschreiben konnten, haben sie sich ausschließlich an den "Vermittler" B. als denjenigen gehalten, an den sie die verschiedenen Zahlungen geleistet hatten.

63

Dieser Zurückhaltung der Geschädigten gegenüber der Deutschen Botschaft und ihren Mitarbeitern widerspricht auch nicht der Umstand, dass die beiden k. Staatsangehörigen Anfang April 2005 vor dem Gebäude der Deutschen Botschaft mehrere Stunden auf das Erscheinen des Beklagten gewartet haben, um diesen nach dem Verbleib der ihnen vom "Vermittler" B. für diesen Tag zugesagten Visa zu fragen. Denn für die beiden Geschädigten war der Beklagte an diesem Tag, an dem sie ausschließlich wegen der angekündigten Erteilung der Visa von M. nach B. geflogen waren, die einzige Person, die ihnen nach dem Ausbleiben des Herrn B. vor Ort Auskunft hätte geben können.

64

1. Durch das festgestellte Verhalten hat der Beklagte die ihm nach § 54 Satz 2 und 3 sowie § 70 Satz 1 BBG a.F. obliegenden Pflichten vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Er hat gegen die Pflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten, gegen die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten sowie gegen das Verbot, in Bezug auf das Amt geldwerte Vorteile anzunehmen. Damit hat der Beklagte ein Dienstvergehen i.S.v. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. begangen.

65

Im Hinblick auf den Verstoß gegen § 70 Satz 1 BBG a.F. ist es unerheblich, dass der Beklagte nach der Aufgabenverteilung in der Deutschen Botschaft in B. mit der Erteilung von Visa dienstlich nicht befasst war und die Geschädigten Q. und R. die geforderten Zahlungen an den "Vermittler" B. geleistet haben. Denn der Tatbestand des § 70 Satz 1 BBG a.F. ist bereits dadurch erfüllt, dass Q. an den "Vermittler" B. nach dem Zusammentreffen mit dem Beklagten am 23. März 2005 Geld für die Beschaffung von Visa überwiesen hat und der Beklagte im Zusammenwirken mit dem "Vermittler" B. gegenüber den Geschädigten wahrheitswidrig den Eindruck erweckt hat, er werde ihnen im Hinblick auf die an B. geleisteten Zahlungen die von diesem als Gegenleistung versprochenen Visa verschaffen.

66

Zweck des Verbots nach § 70 Satz 1 BBG a.F. ist es, bereits den bloßen Anschein zu vermeiden, dienstliche Handlungen seien durch Gefälligkeiten beeinflussbar und Amtshandlungen seien käuflich (Urteile vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 2 C 27.94 - BVerwGE 100, 172 <176 f.> = Buchholz 236.1 § 19 SG Nr. 1 S. 5, vom 22. Oktober 1996 - BVerwG 1 D 76.95 - BVerwGE 113, 4 <5 f.> = Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 4 und vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 29). Anknüpfungspunkt des gesetzlichen Verbots ist nicht das enge Gebiet der Amtshandlungen des Beamten, sondern nach dem Wortlaut sowohl das Amt im abstrakt- oder konkret-funktionellen Sinn als auch das Amt im statusrechtlichen Sinn (Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 S. 18 f.). Danach besteht der in § 70 Satz 1 BBG a.F. geforderte Bezug zum Amt bereits dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalls sich der Geber davon leiten lässt, dass der Bedienstete dienstlich tätig wird oder geworden ist. Es reicht aus, wenn, wie hier, nach den erkennbaren Vorstellungen und Motiven des Gebers der Gesichtspunkt der Anstellung oder dienstlichen Tätigkeit des Beamten zumindest mitkausal ist (Urteile vom 14. Dezember 1995 a.a.O. S. 176 bzw. S. 5 und vom 20. Februar 2002 a.a.O. S. 19). Auch dann, wenn der Beamte unter Hinweis auf seine Dienststellenzugehörigkeit beim Zuwender lediglich den wahrheitswidrigen Anschein erweckt hat, auf die begehrte Entscheidung der Dienststelle in irgendeiner Weise Einfluss nehmen zu können, ist der Bezug zum Amt gegeben.

67

Entsprechend dem Zweck des § 70 Satz 1 BBG a.F., bereits den Anschein der Käuflichkeit von Diensthandlungen zu vermeiden, werden von dem Verbot auch solche Belohnungen und Geschenke erfasst, die nicht dem Beamten persönlich, sondern einem Dritten zufließen, bei denen aber nicht der Dritte, sondern der Beamte wegen seiner dienstlichen Stellung oder seiner dienstlichen Handlungen den Grund für die Zuwendung bildet (Urteil vom 20. Februar 2002 a.a.O.; Plog/Wiedow, BBG alt, § 70 Rn. 3; Zängl, in: GKÖD, Bd. I, BBG, K § 70 Rn. 22; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 76 LBG NRW a.F. Rn. 24). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil Herr Q. dem "Vermittler" B. - erneut - Geld zur Erlangung der Visa überwiesen hat, nachdem die Interessenten mit dem Beklagten am 23. März 2005 zusammengetroffen waren und dieser ihnen die Erteilung der Visa zugesichert hatte. Auch der Gesetzgeber geht offenkundig davon aus, dass das Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken auch Zuwendungen an Dritte erfasst, wenn Motiv für die Gewährung des Vorteils die dienstliche Stellung des Beamten oder seine dienstlichen Handlungen sind. Denn in § 71 Abs. 1 Satz 1 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) ist nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Beamtinnen und Beamte keine Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile für sich oder einen Dritten in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen dürfen. Inhaltlich ist aber mit der Neufassung der Vorschrift keine Änderung gegenüber der Vorgängerreglung des § 70 BBG a.F. verbunden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/7076, S. 117).

68

Auf die dem § 54 Satz 2 und 3 sowie § 70 Satz 1 BBG a.F. entsprechenden Regelungen des § 61 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG n.F. und § 71 Abs. 1 Satz 1 BBG n.F. ist nicht abzustellen, weil die Vorschriften mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache mit den Vorgängerregelungen übereinstimmen und damit für den Beklagten gegenüber der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage keine günstigere Regelung geschaffen haben, auf die er sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (vgl. Urteile vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 33, vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 17 und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 11).

69

2. Das Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen. Das pflichtwidrige Verhalten war in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden (Urteile vom 25. August 2009 Rn. 54, insoweit in Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 nicht abgedruckt, und vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 194). Das Auftreten als Vizekonsul der Deutschen Botschaft gegenüber den Interessenten sowie das Inaussichtstellen von Visa war dem Beklagten allein aufgrund seiner dienstlichen Stellung als Mitarbeiter der Deutschen Botschaft möglich.

70

Den Verwaltungsgerichten ist durch § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG die Disziplinarbefugnis in den durch die Disziplinarklage gezogenen Grenzen übertragen. Daher bestimmen sie die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 und 2 BDG, wenn und soweit sie den Nachweis des dem Beamten zur Last gelegten Dienstvergehens für erbracht halten. An die Wertungen des klagenden Dienstherrn sind sie nicht gebunden (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11).

71

Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 5).

72

Bei der Gesamtwürdigung haben die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 BDG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Hier findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: Insbesondere bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens dürfen nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17).

73

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. zur Vorteilsannahme Urteil vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 259 f. bzw. Rn. 24 ff. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20).

74

Ein endgültiger Verlust des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 BGB ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 26 f., vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 17 ff., insoweit in Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 nicht abgedruckt).

75

Bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens ist entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht die Höhe der Zahlungen der geschädigten k. Staatsangehörigen an den "Vermittler" B. maßgebend. Im Vordergrund steht der vom Beklagten erweckte Anschein, die Erteilung von Visa, eine für Ausländer besonders bedeutsame Amtshandlung eines deutschen Beamten, sei durch Geldzahlungen zu beeinflussen. Die Bedeutung dieser Diensthandlung beschränkte sich nicht nur auf das Bundesgebiet, sondern betraf auch noch andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Nach dem zum Tatzeitpunkt geltenden Schengener Durchführungsübereinkommen (Art. 21 SDÜ) können sich Drittausländer aufgrund eines von einer deutschen Behörde erteilten Visums bis zu drei Monaten auch in den sonstigen Vertragsstaaten dieses Abkommens aufhalten.

76

Verstöße gegen § 70 Satz 1 und § 54 Satz 2 BBG a.F. sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit jeher als sehr schwerwiegend eingestuft worden. Die uneigennützige, nicht auf den privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Es ist Zweck der Vorschriften, bereits den Anschein zu vermeiden, ein Beamter könne sich bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aus Eigennutz durch sachwidrige Erwägungen beeinflussen lassen und für Amtshandlungen allgemein käuflich sein. Es kann im Interesse einer gesetzmäßigen Verwaltung und im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln der Verwaltung nicht hingenommen werden, wenn ein Beamter den Eindruck erweckt, er lasse sich in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit durch ihm oder Dritten gewährte oder zugesagte Vorteile beeinflussen. Unerheblich ist, ob es zu der in Aussicht gestellten Amtshandlung gekommen ist. Im Hinblick hierauf ist bei einem Verstoß gegen § 70 Satz 1 und § 54 Satz 2 BBG a.F. die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedenfalls dann Richtschnur für die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme, wenn erhebliche Geldzahlungen in Bezug auf die Diensthandlung geleistet worden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Beamte keine pflichtwidrigen Amtshandlungen als Gegenleistungen erbracht hat. Das Inaussichtstellen einer konkreten Diensthandlung im Hinblick auf bereits an den Beamten oder einen Dritten geleistete oder diesen zugesagte Geldzahlungen offenbart ein besonders hohes Maß an Pflichtvergessenheit, weil jedem Beamten klar sein muss, dass er durch ein solches Verhalten die Grenze der Sozialadäquanz eindeutig überschreitet und den Anschein der Käuflichkeit erweckt. Die von der Schwere des Pflichtenverstoßes ausgehende Indizwirkung kann nur entfallen, wenn mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorliegen, so dass eine fallbezogene Gesamtbetrachtung den Schluss rechtfertigt, es sei noch kein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten (Urteile vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - juris Rn. 29 f., insoweit in Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 nicht abgedruckt, und vom 23. November 2006 a.a.O. Rn. 29 f. m.w.N.).

77

Danach ist hier von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) als Richtschnur auszugehen. Der Beklagte hat in dem für die Bundesrepublik Deutschland, aber auch für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union sensiblen Bereich der Erteilung von Visa den Anschein erweckt, diese Diensthandlung sei käuflich oder sei zumindest durch Geldzahlungen zu beeinflussen. In Kenntnis der bereits an den "Vermittler" B. für die Beschaffung von Visa geleisteten Zahlungen hat er die geschädigten k. Staatsangehörigen durch sein Auftreten und seine Zusicherung, er habe die Visa bereits genehmigt, in der Annahme bestärkt, auf diese Weise die begehrten Visa erhalten zu können, und zu weiteren Zahlungen an den "Vermittler" B. veranlasst.

78

Der Gesamtbetrag von 12 Mio. COP (ungefähr 3 800 €), den Q. und R. an Herrn B. für die Vermittlung der Visa im Hinblick auf dessen Versicherung, Kontaktperson des bei der Deutschen Botschaft für die Genehmigung der Visa zuständigen Vizekonsuls zu sein, und den Äußerungen des Beklagten anlässlich des Zusammentreffens vom 23. März 2005 gezahlt haben, kann nicht als "Bagatellsumme" (100 DM/50 €; vgl. dazu Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 28 S. 26 und vom 14. November 2007 - BVerwG 1 D 6.06 - Rn. 48, insoweit nicht in Buchholz 235 § 4 BDO Nr. 3 abgedruckt) eingestuft werden, die von vornherein eine mildere Einstufung des Fehlverhaltens zulassen würde.

79

Der Vortrag des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Bemessungsentscheidung gibt Anlass zu dem Hinweis, dass sich die vom Gericht nach § 13 BDG zu treffende Bemessungsentscheidung nicht daran auszurichten hat, das Ansehen des BND im Verhältnis zu anderen Behörden, wie insbesondere dem Auswärtigen Amt, zu wahren. Unerheblich ist insoweit auch die Vorliebe eines Beamten für teure Autos, Schmuck oder wertvolle Uhren. Ein im Verhältnis zur tatsächlich gezahlten Besoldung gehobener Lebensstil eines Beamten ist kein Anlass für Zweifel an der "Korrektheit seiner Grundeinstellung" und ist nicht im Rahmen des § 13 BDG zu dessen Nachteil zu werten.

80

Milderungsgründe von Gewicht, die es rechtfertigen könnten, von der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme abzusehen, liegen nicht vor. Unter Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG sind entlastende Umstände nicht auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 ff. bzw. Rn. 26 ff. und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 23 m.w.N., insoweit in Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 nicht abgedruckt).

81

Auf eine existenzielle wirtschaftliche Notlage oder eine körperliche oder psychische Ausnahmesituation, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und deshalb nicht mehr vorausgesetzt werden kann, hat sich der Beklagte trotz des Hinweises des Senats, bei der Bemessungsentscheidung seien sämtliche entlastenden Umstände zu berücksichtigen und es sei auch Sache des betroffenen Beamten, entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte vorzutragen, nicht berufen.

82

Dass der Beklagte bis zum Jahr 2005 straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, über lange Zeit sehr gute dienstliche Leistungen erbracht und bei der Dienstausübung großes Engagement gezeigt hat, fällt angesichts der Schwere der Verfehlung nicht ausschlaggebend ins Gewicht. Jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 54 Satz 1 und 3 BBG a.F.).

83

Der Umstand, dass der Beklagte nach der Aufdeckung der Verfehlung weiterbeschäftigt worden ist, an einem Sprachkurs teilgenommen und sich in seinem derzeitigen Tätigkeitsbereich bewährt hat, ist nicht geeignet, eine mildere Disziplinarmaßnahme zu rechtfertigen. Die Entscheidung über die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses obliegt den Verwaltungsgerichten unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung. Sie haben ohne Bindung an die Auffassung des Dienstherrn zu beurteilen, ob ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Ist dies der Fall, so vermag daran auch eine vorübergehende Weiterbeschäftigung auf einem anderen Dienstposten während des Disziplinarverfahrens nichts zu ändern. Denn das Vertrauen bezieht sich auf das Amt im statusrechtlichen Sinne (Urteile vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33 <53> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 35 S. 79 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 26 sowie Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 2 B 140.11 - juris Rn. 7, stRspr). Zudem kann die Weiterbeschäftigung auf finanziellen Gesichtspunkten beruhen, die für die Disziplinarentscheidung ohne Bedeutung sind. Schließlich entspricht die Weiterbeschäftigung des Beklagten der zwischen dem Präsidenten des BND und dem Personalrat getroffenen Vereinbarung.

84

Weder die lange Dauer des Verfahrens noch das lange Zurückliegen des Dienstvergehens rechtfertigen es, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Zwar kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme (z.B. Zurückstufung nach § 9 BDG) in diesen Fällen unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben, so dass sie eine günstigere Persönlichkeitsprognose ermöglichen. Demgegenüber geht es bei der Dienstentfernung darum, das Beamtenverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil der Beamte im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. An dem endgültigen Vertrauensverlust (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG), den er durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermögen eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 >1373>; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80, vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27 und vom 7. Februar 2008 - BVerwG 1 D 4.07 - juris Rn. 29, insoweit in Buchholz 235 § 77 BDO Nr. 13 nicht abgedruckt; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 8 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 11). Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er in § 15 BDG die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Gegensatz zu allen anderen Disziplinarmaßnahmen vom Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs ausgenommen hat.

85

Auch die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) haben hieran nichts geändert. Der Verweis in § 3 BDG auf die Verwaltungsgerichtsordnung erfasst auch § 173 Satz 2 VwGO in der Fassung dieses Gesetzes, der wiederum die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes (§§ 198 ff.) mit Maßgaben für anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber hat dem betroffenen Verfahrensbeteiligten in den §§ 198 ff. GVG für den Fall der gerügten unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens für dadurch verursachte Vermögensnachteile und immaterielle Folgen grundsätzlich einen Anspruch auf angemessene Entschädigung eingeräumt. Nach § 198 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 GVG geht die Wiedergutmachung des Verstoßes gegen das Gebot des gerichtlichen Rechtsschutzes in angemessener Zeit auf andere Weise dem Entschädigungsanspruch vor, der die durch die verzögerte gerichtliche Entscheidung bestimmte Rechtslage unberührt lässt. Der Gesetzgeber hat aber davon abgesehen, in den §§ 198 ff. GVG die Formen einer solchen Wiedergutmachung abschließend festzulegen (BTDrucks 17/3802, S. 16 und 19). Er hat aber auch nicht vorgesehen, dass die Wiedergutmachung in der Weise zu erfolgen hat, dass dem Betroffenen als Ausgleich für die Verzögerung des gerichtlichen Verfahrens die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Rechtsposition einzuräumen ist, deren materiell-rechtliche Voraussetzungen der Betroffene nicht erfüllt. Für andere als strafgerichtliche Verfahren (§ 199 Abs. 3 GVG) hat der Gesetzgeber in den §§ 198 ff. GVG als Form der Wiedergutmachung auf andere Weise lediglich die Möglichkeit einer Feststellung der überlangen Verfahrensdauer durch das Entschädigungsgericht bei gleichzeitiger Freistellung des Klägers von den Kosten des Entschädigungsrechtsstreits geregelt (BTDrucks 17/3802, S. 16). Ob im Übrigen eine dem Entschädigungsanspruch vorgehende Wiedergutmachung auf andere Weise möglich ist, richtet sich nach den jeweiligen formellen und materiell-rechtlichen Bestimmungen. Die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme maßgeblichen Vorschriften schließen aber, wie dargelegt, die Wiederherstellung des verlorenen Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit allein durch eine unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens aus.

86

Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 6 EMRK. Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren, insbesondere auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Zeit. Zwar geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass Art. 6 EMRK in seiner zivilrechtlichen Bedeutung auf ein Disziplinarverfahren, in dem der Beamte wegen eines Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt worden ist, anwendbar ist (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 Rn. 39 m.w.N.). Haben Gerichte gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen - bei einem Disziplinarverfahren ist die Zeitspanne zwischen der Entscheidung über seine Einleitung bis zur letzten gerichtlichen Entscheidung maßgeblich -, so hat das entsprechende Urteil des Gerichtshofs, wie sich aus Art. 41 EMRK ergibt, lediglich Feststellungswirkung. Auch Art. 46 Abs. 1 EMRK, wonach der Vertragsstaat verpflichtet ist, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen, führt nicht dazu, dass der Vertragsstaat dem Betroffenen allein wegen der überlangen Dauer des Verfahrens eine Rechtsstellung einräumen muss, die diesem nach dem maßgeblichen innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht; der Gerichtshof spricht vielmehr eine gerechte Entschädigung als Ersatz für immaterielle Schäden zu (Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl., Art. 41 Rn. 21). Die vom Gerichtshof der verletzten Person nach Art. 41 EMRK zuzusprechende gerechte Entschädigung, die den materiellen wie auch den immateriellen Schaden erfassen kann (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 a.a.O. Rn. 59 ff.), lässt die sich nach dem innerstaatlichen Recht bestimmende materiell-rechtliche Rechtslage unberührt.

87

Aufgrund der vorliegenden Akten und der Erklärungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren besteht keine Veranlassung, von der gesetzlichen Regelung für den Unterhaltsbeitrag (§ 10 Abs. 3 BDG) abzuweichen.

88

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das gerichtliche Verfahren bedarf es nach § 78 Satz 1 BDG nicht, weil Gerichtsgebühren für das nach dem 31. Dezember 2009 anhängig gewordene gerichtliche Verfahren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden (§ 85 Abs. 12 BDG). Hierbei ist von einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst auszugehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.