Verwaltungsgericht Münster Urteil, 20. Jan. 2015 - 2 K 1505/12.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2012 wird in Ziffer 3 aufgehoben und in Ziffer 4 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach Armenien angedroht wird.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG hinsichtlich Armenien zuzuerkennen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger reiste nach eigenen Angaben im Jahr 0000 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 00.00.0000 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung gab der Kläger im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Wesentlichen an: Er stamme aus O. in B. und habe dort als ethnischer B1. gelebt. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. sei sein Vater – T. N. , geboren am 00.00.0000– im Frühjahr 0000 verschollen und er selbst im O2. 0000 mit seiner Mutter B3. O1. – der Klägerin in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 K 1355/12.A – und weiteren Familienmitgliedern nach S. gegangen. Danach hätten sie ab 0000 bis zu ihrer Ausreise in die Bundesrepublik in der V. gelebt.
3Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 AsylVfG den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (Ziffer 2). Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor (Ziffer 3). Zugleich forderte es den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihm für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist die Abschiebung nach B2. an. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Ziffer 4).
4Der Kläger hat am 00.00.0000 Klage erhoben und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
5Mit Beschluss vom 00.00.0000 hat das Verwaltungsgericht Münster unter dem Aktenzeichen 2 L 148/12.A dem Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben.
6Der Kläger trägt vor: Er könne glaubhaft belegen, dass er als ethnischer B1. aus B. stamme. Es sei nicht zutreffend, dass er in Wahrheit B4. I. – geboren am 00.00.0000 – heiße und armenischer Staatsangehöriger sei. Auch seine Mutter B3. O1. und sein Neffe F. T1. – die Kläger in den Verfahren mit den Aktenzeichen 2 K 1355/12.A und 2 K 1523/12.A – hätten nicht über ihre Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht und hießen nicht in Wahrheit S1. T2. – geboren am 00.00.0000 – sowie F. O3. – geboren am 00.00.0000. Es seien einige Fragen nicht beantwortet, die sein Prozessbevollmächtigter unter anderem mit Schriftsatz vom 16. Mai 2014 formuliert habe. Das Schreiben des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 00.00.0000 weise – wie auch das Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld vom 21. O2. 2013 – eine Reihe von Ungereimtheiten und Widersprüchen auf. Die Aussagen beruhten nicht auf substanziellen Feststellungen und ließen diese auch nicht erkennen. Namentlich stünden sie auch zu sonstigen festgestellten oder feststellbaren Tatsachen in Widerspruch, die der Prozessbevollmächtigte in seinen Schriftsätzen im Einzelnen benannt habe. So sei unter anderem eine Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C. vom 12. Dezember 2012 vorgelegt worden, wonach eine Frau S1. T2. – geboren am 00.00.0000 – nach einer Anfrage bei den zuständigen Behörden in B2. in der Datenbank der Passbeschaffungsbehörde der Polizei der Republik B2. als armenische Staatsangehörige nicht erfasst sei.
7Der Kläger beantragt,
8den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2012 zu Ziffer 1 im Hinblick auf die Offensichtlichkeit der Unbegründetheit aufzuheben und im Übrigen die Ziffern 2 bis 4 des Bescheides vom 14. März 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
9hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
10weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
14Mit Schreiben vom 21. O2. 2013 übersandte die Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld dem Gericht Kopien armenischer Passanträge, die vom armenischen Außenministerium übermittelt wurden und mit Lichtbildern versehen sind, sowie Kopien armenischer Staatsangehörigkeitsbescheinigungen der Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. vom 26. Oktober 2012, die von der Deutschen Botschaft in F1. übermittelt wurden. Sie sollen die Mutter des Klägers – B3. O1. , die Klägerin in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 K 1355/12.A – unter ihrer wahren Identität S1. T2. – geboren am 00.00.0000 – sowie weitere Familienmitglieder als armenische Staatsangehörige ausweisen. Ein Passantrag der Person B4. I. – geboren am 00.00.0000 – wurde nicht übermittelt. Laut der Bescheinigung der Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. vom 26. Oktober 2012 habe ein B4. I. – geboren am 00.00.0000 – keinen armenischen Pass erhalten. Diesbezüglich lägen keine Informationen vor.
15Auf den Beweisbeschluss des Gerichts vom 17. April 2014 hat das Auswärtige Amt in C. mit Schreiben vom 14. O2. 2014 Stellung genommen und die Verbalnote Nr. 0000-0/00000 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandt, mit der dieses die armenische Staatsangehörigkeit des B4. I. – geboren am 00.00.0000 –, der S1. T2. – geboren am 00.00.0000 – und weiterer Personen bestätigt. B4. I. – geboren am 00.00.0000 – sei bisher kein armenischer Pass ausgestellt worden. S1. T2. – geboren am 00.00.0000 – habe die Passdaten 000000000. Der Verbalnote des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 sind Kopien armenischer Passanträge mit Lichtbildern – unter anderem der S1. T2. – beigefügt.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Beiakten Hefte 1 bis 2 sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist zulässig.
19Insbesondere besteht für den Kläger auch ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützten Offensichtlichkeitsausspruches des Bundesamtes in Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 14. März 2012. Denn mit Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und seinen späteren Aufenthaltsstatus hat ein Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, im Rahmen seines gerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke Anspruch auf die Überprüfung, ob seinem Asylbegehren der Makel der „offensichtlichen Unbegründetheit“ nach § 30 Abs. 3 AsylVfG anhaftet. Ein auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Asylklage gerichtetes Eilverfahren führte zwar zu einer Überprüfung des Offensichtlichkeitsausspruches des Bundesamtes, schaffte diesen jedoch nicht aus der Welt. Auch eine ausländerbehördliche oder gerichtliche Überprüfung des Offensichtlichkeitsausspruches im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels käme nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht in Frage, demzufolge es nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 AsylVfG ankommt, sondern auf die bloße Tatsache der Ablehnung des Asylantrages nach § 30 Abs. 3 AsylVfG. Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur so weit reichen, wie auch die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG reicht, mithin sich nur auf eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die – wie hier – konkret auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. O2. 2006 – 1 C 10.06 –, juris Rn. 21 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2007 – 21 K 2318/07.A –, juris Rn. 15 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2005 – A 11 K 11220/03 –, juris Rn. 49 ff.
21Die Klage hat jedoch in der Sache nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
22Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG.
23Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
24Der Kläger ist – anders als er geltend macht – in Bezug auf B. keiner Verfolgung im obigen Sinne ausgesetzt.
25Denn es ist schon nicht davon auszugehen, dass der Kläger – wie er vorträgt – B4. N. heißt, in O. in B. als Mitglied einer Familie von dort beheimateten ethnischen B. und als Sohn eines T. N. – geboren am 00.00.0000 – geboren wurde und dort bis zu seiner durch den Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. bedingten Flucht nach S. im O2. 0000 gelebt hat. Vielmehr steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger in Wahrheit aus Kernarmenien stammt, armenischer Staatsangehöriger ist und einen anderen Namen trägt – vermutlich B4. I. , wobei dies letztlich dahinstehen kann.
26Dies ergibt sich maßgeblich aus dem die Mutter des Klägers betreffenden Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 K 1355/12.A und dem dazugehörigen Urteil des Gerichts auf Grund der mit dem hiesigen Verfahren gemeinsam durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2015, worauf in diesem Zusammenhang ausdrücklich Bezug genommen wird. Danach ist nicht davon auszugehen, dass die Mutter des Klägers – wie sie vorträgt – B3. O1. heißt, am 00.00.0000 in O. in B. als ethnische Armenierin geboren wurde und dort bis zu ihrer durch den Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. bedingten Flucht nach S. im O2. 0000 gelebt hat. Vielmehr steht diesbezüglich zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Mutter des Klägers in Wahrheit S1. T2. – Vatersname: H. – heißt, am 00.00.0000 in B2. (Dorf: B5. , Region: B6. ) geboren wurde und armenische Staatsangehörige ist. Die in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 K 1355/12.A gewonnene Überzeugung des Gerichts zur wahren Identität der Mutter des Klägers führt dazu, dass auch der Vortrag des Klägers in seinem eigenen Verfahren nicht glaubhaft erscheint. Es ist insoweit zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls davon auszugehen, dass – wie oben beschrieben – falsche Angaben gemacht wurden und der Kläger dementsprechend eine andere Identität besitzt.
27Der Kläger ist in Bezug auf B2. ebenfalls keiner Verfolgung im Sinne von § 3 AsylVfG ausgesetzt.
28Soweit er sich darauf beruft, dass er über 27 Jahre alt sei und seinen Militärdienst in B2. nicht abgeleistet habe, ist eine Verfolgung in Anknüpfung an eines der vorbezeichneten flüchtlingsrelevanten Merkmale nach § 3 AsylVfG nicht ersichtlich.
29Lediglich ergänzend ist mit Blick auf die in der mündlichen Verhandlung als Hilfsbeweisantrag gestellten Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in seinem Schriftsatz vom 26. April 2012 anzumerken, dass diese – soweit sie überhaupt einen Bezug zu dem Kläger aufweisen – sich auf C1. -L. als inländische Fluchtalternative in B. beziehen und daher hier unerheblich sind.
30Der in Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Bescheides vom 14. März 2012 getroffene Offensichtlichkeitsausspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich bereits aus den vorangegangen Ausführungen, nach denen das Gericht davon überzeugt ist, dass der Kläger nicht B4. N. – geboren in O. in B. als Mitglied einer Familie von dort beheimateten ethnischen B7. – ist, sondern in Wahrheit aus L1. stammt, armenischer Staatsangehöriger ist und einen anderen Namen trägt. Damit liegen jedenfalls die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG hier vor, wonach ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung zulässigerweise auf einen liquiden, bereits zur Zeit der Entscheidung des Bundesamts verwirklichten Qualifizierungsgrund stützen kann.
31Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 30 Rn. 159 (Stand: Juni 2014), § 36 Rn. 68 (Stand: Februar 2013), § 74 Rn. 27 (Stand: O2. 2014) mit weiteren Nachweisen.
32Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG hinsichtlich B2. .
33Nach § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
34Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
35Der Kläger wird mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als armenischer Staatsangehöriger über 27 Jahren eine Haftstrafe wegen Wehrdienstentziehung in einem armenischen Gefängnis verbüßen müssen und dabei unmenschlicher Behandlung unterworfen sein.
36Es ist davon auszugehen, dass armenische Männer, die sich durch Verbleib in Deutschland dem Wehrdienst entzogen haben, bei einer Einreise nach B2. mit ihrer Festnahme zu rechnen haben. Männer, die – wie der Kläger – das 27. Lebensjahr bereits vollendet haben, können sich in dieser Situation nicht der Bestrafung entziehen, indem sie sich nunmehr zur Ableistung des Wehrdienstes bereiterklären. Sie unterliegen nach armenischem Recht nicht mehr der Wehrpflicht. Ihnen bleibt nur die Möglichkeit, sich „freizukaufen“. Für einen „Freikauf“ in Übereinstimmung mit dem armenischen Recht sind etwa 144.000 Euro aufzuwenden. Nach den günstigeren Tarifen der armenischen Verwaltungspraxis muss ein B1. mit Wohnsitz in Deutschland im Mittelwert etwa 6.000 bis 8.000 Euro aufbringen, um einen ungesetzlichen „Freikauf“ durch Erlangung einer Strafverfolgungsbefreiung, eines Militärausweises und der Übernahme in die Reserve zu bewerkstelligen.
37Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 30. O2. 2012 – 17 A 157/09; BayVGH, Urteil vom 26. Januar 2007 – 9 B 01.30309 – juris Rn. 25 ff.
38Nach diesen Maßgaben ist der Kläger – ungeachtet der Frage, ob die gesetzeswidrige armenische Verwaltungspraxis hier aus Rechtsgründen außer Betracht zu bleiben hat – nicht auf die Möglichkeit des „Freikaufs“ zu verweisen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass er die erwarteten Geldbeträge aufbringen könnte. Angesichts der beträchtlichen Höhe der Geldbeträge für einen „Freikauf“ ist auch nicht damit zu rechnen, dass seine Familie oder andere Bekannte den Kläger in ausreichendem Umfang unterstützen.
39Der Kläger hat in B2. auch menschenunwürdige Haftbedingungen zu erwarten. Während der Untersuchungshaft werden dort die Häftlinge häufig geschlagen, damit sie Informationen preisgeben oder Geständnisse ablegen. Die Gefängniszellen verfügen nicht in ausreichendem Maße über natürliches Licht und Luftzirkulation. Nur eine minimale Grundversorgung der Gefangenen ist durch die Gefängnismahlzeiten gewährleistet. Es besteht eine hohe Erkrankungsgefahr, insbesondere an Lungentuberkulose.
40Vgl. BayVGH, Urteil vom 26. Januar 2007 – 9 B 01.30309 –, juris Rn. 29.
41An der prekären Lage der Häftlinge hat sich substanziell nichts geändert. Das folgt aus dem aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014. Unter der Überschrift „Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen“ wird zu den Haftanstalten ausgeführt, es bestünden „Probleme mit den hygienischen Bedingungen, mit der Überbelegung der Gefängnisse um durchschnittlich 20% (offizielle Angaben: 8%) und der ärztlichen Versorgung der Gefangenen“.
42Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 15 unter III.4.; wie hier VG Hamburg, Urteil vom 30. O2. 2012 – 17 A 157/09; vgl. ferner OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Februar 2012 – III-3 Ausl 114/12, 3 Ausl 114/12 –, juris, wonach die Auslieferung eines mutmaßlichen Straftäters an die Republik B2. nicht ohne die Zusicherung erfolgte, dass die Haftbedingungen, die Behandlung und das Verfahren des Verfolgten den Erfordernissen der EMRK entsprechen werden und die Einhaltung dieser Zusicherung gegebenenfalls in geeigneter Weise überprüft werden kann.
43Die Androhung der Abschiebung nach B2. genügt nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 34 AsylVfG in Verbindung mit § 59 AufenthG und ist dementsprechend aufzuheben.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.