Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin besuchte vom Schuljahr 2004/2005 bis 2010/2011 das Gymnasium ... (heutige Bezeichnung: ...Gymnasium ...; im Folgenden: die Schule). Dabei hatte sie Latein als zweite Fremdsprache (gelehrt ab der siebten Jahrgangsstufe) gewählt.
Im Schuljahr 2006/2007 wurde die Antragstellerin in der elften Jahrgangsstufe (Klasse 11b) in einer Schülergruppe im Fach Latein unterrichtet, in der sich sowohl Schüler befanden, die Latein als erste Fremdsprache („L1“) gewählt hatten, als auch solche Schüler, die wie die Antragstellerin Latein als zweite Fremdsprache („L2“) erlernten.
Die Antragstellerin erzielte im Schuljahr 2006/2007 im Fach Latein die Note „mangelhaft“ im Jahreszeugnis bei einem Notendurchschnitt von 4,88. Sie erhielt die Vorrückenserlaubnis in die zwölfte Jahrgangsstufe.
Mit Schreiben vom ... und vom ... August 2015 wandte sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin an das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (im Folgenden: Staatsministerium), mit Schreiben vom ... August 2015 an die Schule, mit dem Antrag, die Lateinnote der Antragstellerin im Schuljahr 2006/2007 auf die Note „ausreichend“ anzuheben.
Mit Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom ... Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am 16. Oktober 2015, ließ die Antragstellerin hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht München erheben, über die noch nicht entschieden ist (M 3 K 15.4618). Sie beantragte sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin ein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2006/2007 mit der Jahresendnote „ausreichend“ im Fach Latein (in Ersetzung der bisherigen Jahresendnote „mangelhaft“) zu erteilen. Darüber hinaus beantragte sie die Erteilung von Akteneinsicht im Sinne des Art. 29 BayVwVfG in die laut Mitteilung der Schule noch umfassend vorhandenen Notenaufzeichnungen zur damaligen Klasse 11b.
Mit Schriftsatz vom ... November 2015, bei Gericht eingegangen am
1. Dem Antragsgegner wird gemäß § 167 VwGO i. V. m. § 888 ZPO geboten, Akteneinsicht und Auskunft zu erteilen
1.1 Schülerbogen (i. S. d. § 59 GSO i. d. F. 1983) (jahrgangsübergreifende Darstellung betreffend die Antragstellerin)
und
1.2 zu allen Unterlagen betreffend die Antragstellerin und weiterhin betreffend Fach Latein des Jahrgangs 2006/2007 der Klasse 11b (mit 11a) am Gymnasium ...Straße ..., dabei betreffend sämtliche Schüler mit Latein als erster Fremdsprache („L1“) und Latein als zweiter Fremdsprache („L2“)
1.2.1 Aufgabenstellung von Aufsichtsarbeiten (Schulaufgaben)
1.2.2 Kriterien betreffend Beurteilung/Benotung von Aufsichtsarbeiten (Notenschlüssel, Notensprünge und weitere schülerunabhängige Kriterien),
1.2.3 der Schule vorgegebene Bewertungsvorgaben betreffend Schüler mit Latein als erster Fremdsprache („L1“) und Latein als zweiter Fremdsprache („L2“),
1.2.4 Bewertungsergebnisse (dabei ohne andere Schüler identifizierende Angaben)
1.3 vorstehende 1.1 und 1.2 im Wege eines Akteneinsichtstermins in dem ...Gymnasium, ... Straße ..., ..., und mit der Möglichkeit zur Anfertigung von Ablichtungen (ersatzweise Aushändigung von Ablichtungen).
Die Antragstellerin trug im Wesentlichen vor, nach dem im Schuljahr 2006/2007 einschlägigen Lehrplan für bayerische Gymnasien könne bis zum Abschluss der zehnten Jahrgangsstufe nicht von einer vergleichbaren Ausbildungslage der L1-Schüler und der L2-Schüler gesprochen werden. Es gebe signifikante Unterschiede bei der Anzahl der Wochenstunden wie auch beim Lehrplan für Wörter und Wendungen. Die gemäß Lehrplan vorliegenden qualitativen und quantitativen Defizite bei Latein als zweiter Fremdsprache gegenüber Latein als erster Fremdsprache könnten bis zum Abschluss der zehnten Jahrgangsstufe schon nach dem den Schülern zu bietendem Unterrichtsangebot nicht aufgeholt bzw. überwunden werden; eine „Aufholung“ sei eben nicht vorgesehen. In der 11. Jahrgangsstufe sei der Unterricht nicht so umfassend angelegt, dass die L1-Schüler etwa nur Bekanntes wiederholen, die L2-Schüler aber den umfassenden Inbegriff von sprachlicher Unterweisung durchlaufen können, mit dem sie direkten Anschluss an das Leistungsniveau der L1-Schüler gewinnen könnten. Es sei deshalb sachwidrig, L1-Schüler und die strukturell weniger umfassend ausgebildeten L2-Schüler in der elften Jahrgangsstufe in einer Klasse zusammen zu unterrichten und zu bewerten. Die Antragstellerin habe in den Jahrgangsstufen neun und zehn befriedigende bzw. gute Leistungen gezeigt, erst in der elften Jahrgangsstufe sei es bei allen L2-Schülern zu einem massiven Notenabfall gekommen. Die auf das Akteneinsichtsgesuch der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, der Notenbogen der Antragstellerin im Schuljahr 2006/2007, sowie ein mit „Schulaufgaben“ überschriebener Bogen, der weitestgehend geschwärzt sei und sich mit Angaben zu vier Latein-Schulaufgaben befasse, seien unzureichend. Der Bogen „Schulaufgaben“ betreffe Angaben zur fachlich-intellektuellen Vorbereitung der jeweiligen Schulaufgabe und zu den Umständen bei der Durchführung der Benotung. Der Antragsgegner selbst mache nicht geltend, dass sich der geschwärzte Bereich ausschließlich mit Angaben zu anderen einzelnen Schülern befasse. Der Antragsgegner verschweige und unterdrücke Unterlagen bzw. Tatsachen, aus denen sich die damalige Weisungslage betreffend die Benotung und die damalige Wiederholung einer Schulaufgabe sowie die praktischen Umstände ihrer Umsetzung in der damaligen Klasse 11 b im Schuljahr 2006/2007 im Fach Latein ersehen ließen. Wenn jetzt noch - wie die Äußerungen eines Referatsleiters im Staatsministerium zeigten - Kenntnisse im Staatsministerium zu den damaligen Verhältnissen an der Schule vorlägen, müssten diese auf Akteninhalt beruhen. Damals seien L1- und L2-Schüler nach einem einheitlichen Maßstab bewertet worden.
In einem von einer anderen Schülerin der Klasse 11b zu deren Gesamtnote in Latein im Schuljahr 2006/2007 geführten Eilverfahren ergebe sich aus der Antragsschrift, dass die sechs L1-Schüler dieser Klasse einen Notendurchschnitt von 3,17, die 23 L2-Schüler dagegen von nur 4,19 erreicht hätten. Angesichts geführter und laut Mitteilung noch vorhandener Aufzeichnungen zu Jahresgesamtergebnissen mit konkret zugrunde liegenden Einzelnoten von Schülern müsse die Schule die Bögen als Grundlage dieser Feststellung notwendig noch haben. Der Unterschied des Notendurchschnitts der Antragstellerin von 4,88 zu einem Notendurchschnitt von besser als 4,50 sei geringer als der Unterschied der Notendurchschnitte der L1- und der L2-Schüler. Wären die Leistungen der Antragstellerin im Fach Latein damals nach passenden Kriterien beurteilt worden, hätte sie einen Notendurchschnitt von deutlich besser als 4,50 erzielt.
Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf umfassende Akteneinsicht nach Art. 29 BayVwVfG betreffend Fakten, die sie persönlich beträfen, aber auch jegliche Fakten, die sich entweder auf die Art und Weise der inhaltlichen Vorbereitung von Schulaufgaben oder auf die Art und Weise des Vorgehens bei der Benotung der damaligen Schulaufgaben bezögen. Soweit sich die Schule damals an ministerielle Vorgaben hätte halten müssen, habe die Antragstellerin auch Anspruch auf Offenlegung dieser Vorgaben mit ihrem konkreten Text. Die Schule lege bereits den Schülerbogen nicht vor. Die Kenntnis der Aktenlage in der Schule und ggf. im Staatsministerium sei nötig, um materiellrechtliche Ansprüche absehbar beurteilen und begründen zu können. Mit ihrer Hauptsacheklage erstrebe die Antragstellerin die Abänderung ihrer Jahresnote in Latein auf die Note „ausreichend“. Zur sachgerechten Verfolgung ihrer Rechtsposition sei die Antragstellerin dringlich auf Einzelheiten angewiesen. Bei der Zuerkennung der Jahresfortgangsnote „mangelhaft“ sei dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der einzelnen Leistungsnachweise nicht das erforderliche Gewicht zugemessen worden. Nach § 50 Abs. 2 Satz 4 GSO seien im Fach Latein die Gesamtnote für die schriftlichen Leistungen und die Gesamtnote für die mündlichen Leistungen „grundsätzlich“ im Verhältnis 2 : 1 zu zählen. Die Schule habe jedoch von dem Bewertungsspielraum, den das Wort „grundsätzlich“ vorgebe, in fehlerhafter Weise keinen Gebrauch gemacht. Aus der Bemerkung der Schule im Notenbogen zu Art. 53 Abs. 3 BayEUG ergebe sich, dass die Note „ungenügend“ für die schriftlichen Leistungsnachweise nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Der Antragstellerin sei wegen des Zeitverlusts nicht zumutbar, das Ergebnis einer Auskunftsklage abzuwarten. Sie beabsichtige die Ablegung der Matura in Österreich und könne für die sonstigen Prüfungen erst antreten, wenn sie die Note „ausreichend“ in Latein nachweisen könne. Eine erneute Lateinprüfung nach acht Jahren ohne Lateinunterweisung und -anwendung komme nicht in Betracht. Es gehe um die prozessuale Absicherung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 12 und Art. 19 Abs. 4 GG. Der grundrechtsbasierte Informationsanspruch zur Vorbereitung berufsrelevanter Verwaltungsverfahren sei zu beachten. § 44a VwGO sei nicht anwendbar. Bliebe Akteneinsicht im Eilverfahren aus, widerspreche dies auch Art. 41 Abs. 2 lit. B der EU-Grundrechtecharta. Es gebe auch kein grundsätzliches Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Der Antragsgegner sei durch die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG nicht an einer Abänderung der Note gehindert; eine Bezugsfallproblematik sei nicht zu erwarten.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2015 ließ die Antragstellerin Akteneinsicht in die Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts München im Verfahren M 3 E 07.3885 beantragen. Das von einer Mitschülerin der Antragstellerin betriebene Eilverfahren betreffe ebenfalls den Lateinunterricht im Schuljahr 2006/2007 in der Klasse 11b der Schule. In den Akten befände sich Schriftverkehr der Schule mit dem Staatsministerium zum Lateinunterricht im Schuljahr 2006/2007 in der fraglichen Klasse.
Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2015 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin
dem Antragsgegner durch richterliche Verfügung aufzugeben, die Stellungnahme der Schule gegenüber dem Staatsministerium vom
Andernfalls beantragte er,
in Umsetzung des Antrags zu 1.2 der Antragsschrift dem Antragsgegner durch gerichtliche Entscheidung ein Handlungsgebot zur Vorlage der genannten Unterlagen aufzugeben.
Die Stellungnahmen der Schule müssten jedenfalls beim Staatsministerium noch vorliegen. Im Schuljahr 2006/2007 sei die zweite Lateinschulaufgabe wiederholt worden. Bei einer weiteren hätte eine Wiederholung im Raum gestanden, die L1-Schüler seien dagegen gewesen, die L2-Schüler dafür. Hierzu müssten Aufzeichnungen der Respizienz vorliegen, die von der Schule vorenthalten würden. Aus einem Schreiben des Staatsministeriums vom ... Oktober 2007 an den Landtag (zu den Gründen des probeweisen Vorrückens der Mitschülerin der Antragstellerin in die zwölfte Jahrgangsstufe) ergebe sich, dass es im Schuljahr 2006/2007 in der fraglichen Klasse im Lateinunterricht zu Beeinträchtigungen der Chancengleichheit aufgrund der Unterrichtung und Bewertung von L2-Schülern zusammen mit L1-Schülern gekommen sei. Die von der Schule vorgelegten Akten seien unvollständig, die Angabe der Schule, Aufzeichnungen des Lateinlehrers existierten nicht, sei unglaubwürdig. Aufgrund der Vorlage des Schülerbogens wurde der Antrag Nr. 1.1 für erledigt erklärt.
Der Antragsgegner des Verfahrens M 3 E 07.3885 erklärte sein Einverständnis mit der Akteneinsicht durch die Antragspartei in die gerichtlichen Verfahrensakten. Die Antragspartei des Verfahrens M 3 E 07.3885 erklärte darüber hinaus auch ihr Einverständnis mit der Akteneinsicht in Behördenakten zu dem bei Gericht vorgetragenen Sachverhalt.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin wiederholte mit Schriftsatz vom ... Februar 2016 das Akteneinsichtsgesuch in die Stellungnahmen der Schule vom
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte, die Akten des Klageverfahrens (M 3 K 15.4618) sowie auf die Gerichtsakte im Verfahren M 3 E 07.3885 Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig. Da die Antragstellerin Akteneinsicht und Auskunft erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und in der Hauptsache gleichzeitig mit der Verpflichtungsklage auf Abänderung der Lateinnote im Jahreszeugnis 2006/2007 geltend macht, steht § 44a Satz 1 VwGO nicht entgegen.
Der Antrag ist nicht begründet.
Nach § 123 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts besteht (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 294 ZPO) gemacht wird. Bei der Entscheidung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.8.1992 - 7 CE 92.1896 - BayVBl 1992, 659) in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte.
Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht; sie möchte bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens Akteneinsicht nehmen und Auskünfte erhalten, um den in der Hauptsache (auch) geltend gemachten Anspruch auf Abänderung ihrer Lateinnote zu begründen. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit vorliegend die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme des auch in der Hauptsache geltend gemachten Anspruchs auf Akteneinsicht vorliegen. Denn es besteht jedenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung von Akteneinsicht und Auskunft.
Nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Dieser Anspruch bezieht sich nur auf die das Verfahren betreffenden Akten des Beteiligten, also in der Regel nur die „eigenen“ Akten, die für „sein“ Verwaltungsverfahren entstanden sind und die von der verfahrensführenden Behörde bereits geführt oder sonst beigezogen wurden (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 40). Für den Fall, dass eine Behörde einen bei pflichtgemäßer Aktenführung bestehenden Akteneinsichtsanspruch dadurch unterläuft, dass sie bestimmte Vorgänge gesondert führt und außer Betracht lässt, kann sich der Akteneinsichtsanspruch ausnahmsweise auch auf einen Anspruch auf Aktenbeiziehung erstrecken (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 41). Akten „betreffen“ das Verfahren des Beteiligten, wenn sie mit Bezug (auch) auf die Sachentscheidung in dessen Verlauf angelegt, sonst entstanden, zu dessen Durchführung von der Behörde beigezogen worden sind oder sonst im konkreten Verwaltungsverfahren eine Rolle gespielt haben, wobei allein maßgeblich ist, ob ein Vorgang für die Förderung und Entscheidung in der Sache bei objektiver Betrachtung notwendig war und deshalb „materiell“ zur Akte gehört (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 7, 41). In Prüfungsangelegenheiten sind Gegenstand der Akteneinsicht die gesamten den am Prüfungsverfahren beteiligten Antragsteller betreffenden Prüfungsakten mit den bewerteten Prüfungsaufgaben (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 195 unter Bezugnahme auf BVerwG, U. v. 16.3.1994 - 6 C 1/93 - juris Rn. 46). Für die Frage, welche Akten das Verfahren betreffen und den notwendigen Verfahrensbezug zur eigenen Rechtssphäre und zum „eigenen“ Verfahren aufweisen, ist die jeweilige Sach- und Rechtslage im Einzelfall maßgebend (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 43).
In der Sache möchte die Antragstellerin eine Änderung ihres (bestandskräftigen) Jahreszeugnisses der 11. Jahrgangsstufe im Schuljahr 2006/2007 durch Anhebung ihrer Lateinnote von der Note „mangelhaft“ auf die Note „ausreichend“ erreichen.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Einsicht in den ungeschwärzten Bogen zu den Schulaufgaben. Sie hat auch keinen Anspruch auf Beiziehung der weiteren von ihr im Antragsverfahren genannten Unterlagen.
Die Lehrerkonferenz hat einen Anspruch der Antragstellerin nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG geprüft und abgelehnt. Bei der Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin hat sich die Schule nach der Begründung des Bescheids vom 17. September 2015 auf die Angabe des damaligen Lateinlehrers der Klasse der Antragstellerin gestützt, wonach er die Klasse 11b im Schuljahr 2006/2007 nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet habe, sowie auf die Respizienzbeobachtungen der Fachbetreuerin, die dies hinsichtlich der Schulaufgaben bestätigten. Die Schule hat der Antragstellerin ihren Notenbogen für das Schuljahr 2006/2007 sowie einen Bogen („Schulaufgaben: Latein 1/2 Schuljahr 2006/2007“) zugänglich gemacht, der nach Angaben der Schule die Respizienzbeobachtungen der Fachbetreuerin enthält und die Themen der Lateinschulaufgaben der Klasse der Antragstellerin umreißt, im Übrigen weitgehend geschwärzt ist. In die Prüfungsaufgaben und die Prüfungsarbeiten der Antragstellerin war keine Einsicht mehr möglich, da diese Unterlagen bereits vernichtet sind. Gegen das Vorgehen bestehen keine Bedenken; es ist nicht ersichtlich, dass die Zuziehung weiterer, insbesondere auch der von der Antragstellerin genannten Unterlagen zu einem anderen Ergebnis führen könnte.
In der Sache kommt ein Wiederaufgreifensanspruch der Antragstellerin aus Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG bereits deswegen nicht in Betracht, weil vorliegend die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG nicht gegeben sind.
Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Über die Frage des Wiederaufgreifens nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat die Behörde nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu befinden; auch im Fall von Prüfungsbescheiden reduziert sich der Ermessensspielraum nur ausnahmsweise derart, dass eine andere Entscheidung als das Wiederaufgreifen nicht in Frage kommt (vgl. BVerwG, B. v.
Vorliegend lässt sich die Rechtswidrigkeit der Festsetzung der Jahresfortgangsnote der Antragstellerin im Fach Latein im Schuljahr 2006/2007 nicht feststellen. Die Zuziehung weiterer, insbesondere der von der Antragstellerin gewünschten Unterlagen könnte hieran nichts ändern. Gleiches gilt für die Frage, welche Bewertung der Leistungen der Antragstellerin - im Fall der noch festzustellenden Rechtswidrigkeit der Bewertung - zutreffend gewesen wäre.
Gegen die Bewertung ihrer Leistungen im Fach Latein im Schuljahr 2006/2007 trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, es habe eine Verletzung der Chancengleichheit vorgelegen, da sie gemeinsam mit L1-Schülern unterrichtet und geprüft worden sei. Bei der Zuerkennung der Jahresfortgangsnote „mangelhaft“ sei dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der einzelnen Leistungsnachweise nicht das erforderliche Gewicht zugemessen worden. Mit diesem Vorbringen rügt die Antragstellerin zum einen in allgemeiner Form den Unterrichts- und Prüfungsstoff, dessen Lehrplankonformität sie in Bezug auf L2-Schüler anzweifelt. Zum anderen macht sie damit ein Bewertungsdefizit dergestalt geltend, dass der Prüfer dem Schwierigkeitsgrad der Prüfungsaufgaben für L2-Schüler bei seiner Bewertung nicht hinreichend Rechnung getragen habe.
Vorliegend kann dahinstehen, ob hinsichtlich der Frage des Unterrichts- und Prüfungsstoffs die Antragstellerin bzw. ihren gesetzlichen Vertreter im Schuljahr 2006/2007 eine Obliegenheit getroffen hätte, die aus ihrer Sicht fehlende Vereinbarkeit der Unterrichtsstoffs (und nachfolgend des Prüfungsstoffs) gegenüber der Schule unverzüglich geltend zu machen mit der Folge, dass dieser etwaige Mangel des Prüfungsverfahrens später nicht mehr geltend gemacht werden könnte (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 215 ff.). Denn jedenfalls lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass ein derartiger Mangel im Prüfungsverfahren vorlag. Nach Angabe der Schule, die sich auf die Aussage des damaligen Lateinlehrers der Klasse stützt, sei die Klasse der Antragstellerin im Schuljahr 2006/2007 nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet und geprüft worden. Demgegenüber beruft sich die Antragstellerin zur Frage des Unterrichts- und Prüfungsstoffs im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Staatsministeriums vom ... Oktober 2007 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport (im Folgenden: Bildungsausschuss) des Bayerischen Landtags, mit dem die ausnahmsweise Genehmigung des Vorrückens auf Probe einer Klassenkameradin der Antragstellerin gerechtfertigt werden soll. Aus diesem Schreiben ergibt sich jedoch zum Unterrichts- und Prüfungsstoff in der elften Jahrgangsstufe der Klasse der Antragstellerin nichts. Das Staatsministerium führt lediglich aus, maßgeblich für die ausnahmsweise Genehmigung des Vorrückens auf Probe sei gewesen, dass der Unterricht im Fach Latein in den der elften Jahrgangsstufe „vorangegangenen Jahrgangsstufen zum Teil nicht ordnungsgemäß erteilt“ worden sei. Die Mitschülerin der Antragstellerin, die Latein als zweite Fremdsprache gewählt habe, habe „aufgrund von Umständen, die sie nicht zu vertreten hatte, einen schulischen Vorlauf, der ihre Chancen im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern beeinträchtigt hat, die Latein als erste Fremdsprache gewählt hatten und mit denen sie in der Jahrgangsstufe 11 in einer Lerngruppe unterrichtet und bewertet wurde“. Der Stellungnahme des Staatsministeriums lässt sich damit lediglich entnehmen, dass nach Auffassung des Staatsministeriums der Unterricht in den vorangegangenen Jahrgangsstufen teilweise Mängel aufgewiesen habe, nicht aber, dass der Unterrichts- und Prüfungsstoff in der Klasse der Antragstellerin in der elften Jahrgangsstufe im Fach Latein nicht dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache entsprochen hätte. In Reaktion auf diese Einschätzung wurde nicht etwa die Lateinnote dieser Mitschülerin angehoben, sondern ihr die Genehmigung zum Vorrücken auf Probe in die zwölfte Jahrgangsstufe erteilt.
Hinsichtlich des Unterrichtsstoffs hat die Antragstellerin ihre Rüge über den Verweis auf das ministerielle Schreiben hinaus nicht näher substantiiert. Es drängen sich auch sonst keine Gründe auf, an der Aussage des Lateinlehrers zu zweifeln, dass dem Unterricht im Fach Latein im Schuljahr 2006/2007 in der elften Jahrgangsstufe der Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache zugrunde gelegt worden wäre. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Schule insofern auf die Beiziehung weiterer Unterlagen verzichtet hat.
Hinsichtlich des Prüfungsstoffs hat die Antragstellerin die Vorlage eines ungeschwärzten Bogens der Respizienzbeobachtungen der Fachbetreuerin gefordert, darüber hinaus aber ihre Rüge nicht näher substantiiert. Der Bogen lässt in den ungeschwärzten Teilen die Themen der Schulaufgaben in Schlagworten erkennen; der Vergleich mit dem für die elfte Jahrgangsstufe (Latein als zweite Fremdsprache) einschlägigen Auszug des damaligen Lehrplans zeigt keine Hinweise dafür, dass den Schulaufgaben ein unzulässiger Prüfungsstoff zugrunde gelegt worden wäre. Dies gilt insbesondere auch für die im Verfahren M 3 E 07.3885 (Schriftsatz der dortigen Antragstellerin vom 20. September 2007) monierten Texten von ...; nach den Anmerkungen der Fachbetreuerin war Gegenstand der Schulaufgabe - wie im Lehrplan vorgesehen - Briefliteratur. Weder hat die Antragstellerin dargetan noch ist sonst ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass an der Angabe der Schule, die geschwärzten Teile enthielten Angaben über weitere Klassen sowie Namen von anderen Schülerinnen und Schülern, deren Arbeiten respiziert worden seien, zu zweifeln wäre. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anspruch der Antragstellerin auf Vorlage eines ungeschwärzten Bogens. Die Schule war auch nicht verpflichtet, zur Aufklärung über den Prüfungsstoff weitere Unterlagen hinzuzuziehen. Es ist nicht ersichtlich, wie eine weitere Aufklärung zum Prüfungsstoff ohne das Vorhandensein der bereits vernichteten Prüfungsaufgaben erfolgen sollte.
Auch auf die Rüge der Antragstellerin, der Prüfer habe dem Schwierigkeitsgrad der Prüfungsaufgaben für L2-Schüler bei seiner Bewertung nicht hinreichend Rechnung getragen, war die Schule nicht verpflichtet, die von der Antragstellerin genannten weiteren Unterlagen beizuziehen. Die Antragstellerin hat daher diesbezüglich keinen Anspruch auf Akteneinsicht.
Hinsichtlich der Aufgabenstellung von Schulaufgaben, der Bewertungskriterien und Bewertungsvorgaben scheitert die beantragte Einsicht bereits daran, dass nach Angaben der Schule Unterlagen zu Aufgabenstellungen und Bewertungskriterien nicht (mehr) existieren und Bewertungsvorgaben nicht vorlagen.
Das Gericht hat keine Zweifel am Vortrag der Schule, die Aufgabenstellungen der Schulaufgaben und die zugehörigen Prüfungsarbeiten der Antragstellerin und ihrer Klassenkameraden seien bereits vernichtet und etwaige der Begründung der Bewertung dienende Aufzeichnungen nicht (mehr) vorhanden. Die Vernichtung der Prüfungsarbeiten entsprach der damaligen Rechtslage. Hinsichtlich der Schulaufgaben sieht § 47 Abs. 3 Satz 1 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung - GSO) vom 16. Juni 1983, GVBl S. 681, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Mai 2007, GVBl S. 371, vor, dass Prüfungsarbeiten, Schulaufgaben, Kurzarbeiten, fachliche Leistungstests, Facharbeiten und Stegreifaufgaben von der Schule für die Dauer von zwei Schuljahren nach Ablauf des Schuljahres, in dem sie geschrieben worden sind, aufbewahrt werden (vgl. für die derzeitige Rechtslage § 5 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 2 Satz 2 Nr. 2a der Verordnung über Schülerunterlagen - Schülerunterlagenverordnung, SchUntV - vom 11. September 2015, GVBl S. 349, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. November 2015, GVBl S. 413). Hinsichtlich der Aufgabenstellungen der Schulaufgaben und sonstiger die Bewertung erläuternder Aufzeichnungen zu Beurteilungskriterien, Notensprüngen, Erwartungshorizonten oder Musterlösungen ist zu berücksichtigen, dass derartige Aufzeichnungen der Lehrkräfte wie die Korrekturanmerkungen auf den Prüfungsarbeiten dazu dienen, die Bewertung einer Prüfungsarbeit dem Prüfling, ggf. auch einem Gericht gegenüber zu begründen und nachvollziehbar zu machen. Nach Vernichtung der zugehörigen Prüfungsarbeiten wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfrist ist kein Grund dafür ersichtlich, derartige Aufzeichnungen weiter aufzubewahren. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen Anlass, an der Angabe der Schule, auch zu den Beurteilungskriterien lägen keine Aufzeichnungen mehr vor, zu zweifeln. Hiergegen sprechen auch nicht die Ausführungen der Antragstellerin, dass die Lehrkraft für das Führen sehr ausführlicher Aufzeichnungen bekannt sei; die Tatsache, dass eine Lehrkraft die Notengebung ausführlich dokumentiert, deutet nicht darauf hin, dass die Lehrkraft auch nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen für die Leistungsnachweise weiterhin ihre Aufzeichnungen zur Notengebung aufbewahren würde. Eine ausnahmsweise Verpflichtung der Schule zur weiteren Aufbewahrung der Prüfungsarbeiten sowie der der Erläuterung der Bewertung dienenden Unterlagen ist vorliegend auch nicht aus sonstigen Umständen ersichtlich. Die Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren stellt sicher, dass bis zum Eintritt der Bestandskraft der Jahreszeugnisse die Prüfungsarbeiten vorliegen. Besondere Umstände, die vorliegend eine weitere Aufbewahrung der Prüfungsarbeiten und der Erläuterung der Bewertung dienender Unterlagen nötig gemacht hätten, ergeben sich auch nicht aus den Überlegungen, wie sie im Verfahren der Klassenkameradin der Antragstellerin mit dem Ziel des Vorrückens auf Probe geltend gemacht wurden. Die vom Staatsministerium in seinem Schreiben an den Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags vom ... Oktober 2007 genannten Erwägungen, mit denen das Staatsministerium seine Entscheidung in diesem konkreten Verfahren begründet, - die Art und Weise der Unterrichtung der Klasse in den Vorjahren und die Besonderheit, dass in der elften Jahrgangsstufe L1- und L2-Schüler gemeinsam unterrichtet wurden - waren der Antragstellerin und ihren Klassenkameraden zum damaligen Zeitpunkt bekannt. Die Schule musste daher nicht damit rechnen, dass die Jahreszeugnisse weit nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen noch einmal zum Gegenstand eines Verfahrens gemacht würden, und war daher auch nicht gehalten, mit Blick darauf die Unterlagen weiter aufbewahren.
Ein Anspruch auf Akteneinsicht in die Bewertungsergebnisse aller Schüler der Klasse der Antragstellerin besteht nicht. Nach dem Vorbringen der Schule liegen Bewertungsergebnisse und Notenschlüssel der einzelnen Schulaufgaben und anderer Leistungserhebungen nicht mehr vor. Inwieweit die Bewertungsergebnisse mithilfe der Notenbögen der einzelnen Schüler der Klasse noch ermittelbar wären, kann dahin stehen. Denn für die Frage, ob bei den Prüfungsarbeiten der Antragstellerin Bewertungsdefizite vorlagen, ergeben sich aus den Prüfungsergebnissen aller Schüler der Klasse keine unmittelbaren Erkenntnisse.
Auch die von der Antragstellerin geltend gemachten Unterschiede im Notendurchschnitt der Jahresfortgangsnote der L1-Schüler gegenüber dem der L2-Schüler weisen allein nicht darauf hin, dass bei Bewertung ihrer Prüfungsarbeiten möglicherweise unangemessene Anforderungen an die von ihr zu erbringenden Leistungen gestellt worden wären, und führen nicht dazu, dass zur weiteren Aufklärung die Bewertungsergebnisse aller Schüler der Klasse zu würdigen wären.
Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - soweit die Bewertung nicht rein fachliche Fragen betrifft - die Benotung einer erbrachten Leistung dem auch gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Bewertungsspielraum der Prüfer unterliegt (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83
Mit der Anerkennung des prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums in den durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gezogenen Grenzen wird in Kauf genommen, dass verschiedene Prüfer ohne Rechtsverletzung dieselbe Prüfungsleistung unterschiedlich bewerten können. Dieser Umstand als solcher beinhaltet keinen Verstoß gegen die Chancengleichheit, der die Herstellung völliger Gleichheit weder gebietet noch realistischerweise überhaupt versprechen kann (BVerwG, B. v. 11.8.1998 - 6 B 49/98 - juris Rn. 30). Den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende Bewertungsmaßstäbe können daher nicht allein daraus gefolgert werden, dass die Bewertungsergebnisse einer von einem bestimmten Prüfer bewerteten Gruppe von Prüflingen von denen einer anderen Gruppe von Prüflingen oder von Durchschnittswerten abweichen (vgl. BVerwG, B. v. 11.8.1998 - 6 B 49/98 - juris Rn. 29; VGH BW, U. v. 10.11.2010 - 9 S 591/10 - juris Rn. 23 ff.). Schon für die Annahme eines Anscheins eines Prüfungsmangels wegen eines unangemessenen Bewertungsmaßstabs wäre erforderlich, dass eine Reihe von Indizien auf einen solchen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit hinweist (vgl. VGH BW, U. v. 10.11.2010 - 9 S 591/10 - juris Rn. 26).
Ob aus der mit sechs Schülern relativ geringen Anzahl an L1-Schülern in der Klasse überhaupt ein aussagekräftiger Notendurchschnittswert gewonnen werden kann, mag dahinstehen. Jedenfalls fehlen vorliegend über die von der Antragstellerin geltend gemachten Unterschiede im Notendurchschnitt der Jahresfortgangsnote der sechs L1-Schüler (3,17) gegenüber dem der 23 L2-Schüler (4,19) hinaus anderweitige Hinweise dafür, dass bei der Bewertung der Prüfungsarbeiten der Antragstellerin ein unangemessener Prüfungsmaßstab angelegt worden wäre. Wie oben ausgeführt, sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klasse der Antragstellerin entgegen dem Vortrag der Schule nicht nach den Maßstäben des Lehrplans für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet und geprüft worden wäre. Dass die L1-Schüler der Klasse damit nicht nach den Maßstäben des Lehrplans für Latein als erste Fremdsprache unterrichtet und geprüft wurden und vorliegend drei von ihnen - möglicherweise angesichts ihres etwas umfangreicheren Vorwissens - bessere Leistungen bei den Prüfungen nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache zeigen konnten, kann allein zu keinem Bewertungsdefizit bei der Antragstellerin führen; einen ähnlichen Vorteil haben in den modernen Fremdsprachen muttersprachliche Schüler oder Schüler mit besonderen Sprachkenntnissen, ohne dass dies allein Mängel bei der Bewertung der übrigen Mitschüler zur Folge hätte. Entsprechende Hinweise auf ein Bewertungsdefizit in Gestalt eines unangemessenen Prüfungsmaßstabs ergeben sich auch nicht aus der Stellungnahme des Staatsministeriums gegenüber dem Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags vom ... Oktober 2007. Die Stellungnahme des Staatsministeriums, insbesondere auch der von der Antragstellerin schriftsätzlich zitierte Auszug, gibt lediglich die Rechtsauffassung einer Behörde in einem bestimmten Einzelfall wieder. Tragende Erwägungen des Staatsministeriums sind die gemeinsame Unterrichtung von L1- und L2-Schüler sowie der in den vorangegangenen Jahrgangsstufen erteilte Lateinunterricht; die Stellungnahme bezieht sich gerade nicht auf die Notengebung im Fach Latein für L2-Schüler im Schuljahr 2006/2007. Erkenntnisse dazu, ob und in welcher Form ein Prüfungsmangel bei der Antragstellerin vorgelegen haben könnte, enthält die Stellungnahme nicht.
Eine Aufklärung der Frage, ob die Prüfungsarbeiten der Antragstellerin anhand eines unangemessenen Prüfungsmaßstabs bewertet worden waren, wäre nur mithilfe der - nicht mehr vorhandenen - Prüfungsarbeiten der Antragstellerin und die Bewertung erläuternden Unterlagen möglich. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass die Beiziehung der Prüfungsergebnisse aller Schüler der Klasse anhand etwa noch vorhandener Notenbögen hierzu Erkenntnisse bieten könnte, die entscheidend über die schon in das Verfahren eingeführten Notendurchschnitte der L1- und L2- Schüler hinausgehen; dass die Schule auf Beiziehung dieser Unterlagen verzichtet hat, ist daher nicht zu beanstanden. Dementsprechend hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Beiziehung und Akteneinsicht in diese Unterlagen.
Hinsichtlich der Schreiben der Schule vom
Ein Anspruch der Antragstellerin auf Akteneinsicht und Auskunft lässt sich vorliegend auch nicht anderweitig begründen. Hinsichtlich der Einsichtnahme in nicht unmittelbar zu dem Verwaltungsverfahren gehörenden Akten gilt das allgemeine Einsichtsrecht. Akteneinsicht wird bei berechtigtem Interesse nach dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde gewährt (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 40, 18 f.). Hinsichtlich der Prüfungsaufgaben der Schulaufgaben, der Bewertungskriterien, der Notenschlüssel und etwaiger Bewertungsvorgaben geht das Gericht - wie oben ausgeführt - davon aus, dass diese Unterlagen bereits nicht (mehr) vorhanden sind. Die Ablehnung der Herausgabe eines ungeschwärzten Abdrucks des Respizienzbogens begegnet im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten anderer Schüler keinen Bedenken. Hinsichtlich der Bewertungsergebnisse aller Schüler hat die Schule darauf verwiesen, dass hierzu Unterlagen nicht mehr vorliegen. Selbst wenn diese aus den Notenbögen aller damaligen Schüler der Klasse noch ermittelbar wären, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich das Ermessen der Schule bei Gewährung der Akteneinsicht diesbezüglich auf Null reduziert hätte. Gleiches gilt hinsichtlich der Schreiben der Schule vom 14. August 2007 und vom 9. September 2007.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Gründe
- 1
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Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
- 2
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß §132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Gemessen an dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO lässt sich der Beschwerdebegründung keine solche Frage mit Grundsatzbedeutung entnehmen.
- 4
-
Die Klägerin bestand im Jahr 2005 die erste juristische Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen nicht. Mit der Zulassung zur Wiederholungsprüfung im März 2006 erließ ihr das beklagte Prüfungsamt antragsgemäß die Anfertigung der im ersten Prüfungsversuch mit acht Punkten bewerteten häuslichen Arbeit auf der Grundlage von § 18 Abs. 2 des Gesetzes über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz) in der auf die Klägerin noch anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1993 (GV. NRW. S. 924 - JAG NRW 1993 -; vgl. zu der neuen Struktur der ersten Prüfung in der ab dem 1. Juli 2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11. März 2003 - GV.NRW. S. 135 - : §§ 2 ff. JAG NRW 2003). Das Begehren der auch in der Wiederholungsprüfung gescheiterten Klägerin auf eine Verpflichtung des beklagten Prüfungsamtes zur Neubewertung der angerechneten Hausarbeit hat das Oberverwaltungsgericht unter Verweis auf die (materielle) Bestandskraft des Bescheides über den ersten Prüfungsversuch der Klägerin abgelehnt.
- 5
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Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 23. November 2009 als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage formuliert, "ob einmal angerechnete Prüfungsleistungen nach endgültigem Nichtbestehen der ersten juristischen Staatsprüfung noch im Rahmen eines unabhängigen Leistungsanspruchs des Prüflings in Bezug auf die Wiederholungsprüfung erneut bewertet werden müssen." In ihren weiteren, allerdings erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingereichten Schriftsätzen vom 30. März 2010 und vom 3. Juni 2010 hat die Klägerin die Fragestellung präzisiert und den ihrer Ansicht nach bestehenden bundesrechtlichen Bezug des im nicht revisiblen Landesrecht wurzelnden Falles beschrieben. Es gehe vor allem um folgende Fragen: "Wann steht einem allgemeinen Leistungsanspruch auf Vornahme einer Verwaltungshandlung die Bestandskraft eines Bescheides entgegen, wenn sich dieser Bescheid aus zwei (oder mehreren) Verwaltungshandlungen zusammensetzt und die erste (streitgegenständliche) Verwaltungshandlung Bedingung der zweiten ist? Ist ein allgemeiner Leistungsanspruch schon verwirkt, sobald ein - im vorliegenden Fall nicht vorhandenes - treuwidriges Verhalten des Anspruchstellers vorliegt oder muss auch eine zeitliche Komponente gegeben sein?" Der geltend gemachte Leistungsanspruch auf Neubewertung der häuslichen Arbeit ergebe sich aus der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über die Bestandskraft von Bescheiden und über die Verwirkung von Rechtsschutzansprüchen sowie dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
- 6
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Die derart formulierten und erläuterten Fragen rechtfertigen - ungeachtet des Umstandes, dass die auf die Prüfung der Klägerin noch anwendbaren Bestimmungen der §§ 2 ff. JAG NRW 1993 über das erste juristische Examen durch §§ 2 ff. JAG NRW 2003 grundlegend umgestaltet worden sind und damit ausgelaufenes Recht darstellen - die Zulassung der Grundsatzrevision nicht.
- 7
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a) Soweit sich die Klägerin im Hinblick auf eine Grundsatzbedeutung der von ihr bezeichneten Fragestellung auf die in diesem Zusammenhang zu klärende Reichweite des allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Bestandskraft von Verwaltungsakten beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass allgemeine Rechtsgrundsätze, die zur Ergänzung von landesrechtlichen Prüfungsbestimmungen herangezogen werden, regelmäßig ebenfalls dem nach § 137 Abs. 1 Satz 1 VwGO irrevisiblen Landesrecht angehören (Urteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 67.82 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 195 S. 180; Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 75.98 - juris Rn. 3).
- 8
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Abgesehen hiervon ist nicht zweifelhaft und bedarf deshalb keiner weiteren Klärung, dass Prüfungsbescheide, auch wenn sie in einem fehlerhaften Prüfungsverfahren ergangen sind, mit ihrer Unanfechtbarkeit bestandskräftig werden, dass ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG besteht, dass die Behörde im Übrigen über die Frage des Wiederaufgreifens gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu befinden hat und dass der Ermessensspielraum sich nur ausnahmsweise derart reduziert, dass eine andere Entscheidung als das Wiederaufgreifen nicht in Frage kommt. Jenseits dieser Grundsätze bestimmt sich die Reichweite der Bestandskraft eines ergangenen Prüfungsbescheides zum einen nach den jeweiligen irrevisiblen landesrechtlichen Prüfungsnormen, auf die er gestützt ist, und zum anderen nach seinem konkreten Inhalt im Einzelfall und ist deshalb in einem Revisionsverfahren nicht allgemein klärungsfähig.
- 9
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b) Hieraus folgt zugleich, dass auch der Verweis der Klägerin auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG den von ihr aufgeworfenen Fragen keine grundsätzliche Bedeutung verleiht. Dass das Institut der Bestandskraft von Verwaltungsakten, dessen Reichweite aus Anlass des zur Entscheidung stehenden Falles keiner weiteren allgemeinen Klärung zugeführt werden kann, dem Schutzzweck der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes nicht widerstreitet, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253, S. 269) geklärt.
- 10
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c) Eine Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen ferner nicht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. den daraus ableitbaren Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungswettbewerb (vgl. dazu: Urteil vom 28. April 1978 - BVerwG 7 C 50.75 - BVerwGE 55, 355 <358 und 360> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 90 S. 91 und 93). Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, das Oberverwaltungsgericht habe ein sog. Blockversagen in Form einer sehr schlecht bewerteten häuslichen Arbeit (vgl. dazu § 15 Abs. 2 und 3 JAG NRW 1993) zur Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Neubewertung der angerechneten häuslichen Arbeit erhoben, wogegen gerade bei besseren Arbeiten die Aussicht auf eine noch günstigere Bewertung und damit auf ein Bestehen der Prüfung bestehe, missversteht sie die Erwägungen des Berufungsgerichts. Denn dieses hat das sog. Blockversagen lediglich zur Abgrenzung gegenüber dem einer früheren Entscheidung (OVG Münster, Urteil vom 30. März 1998 - 22 A 4551/95 - NWVBl 1998, 403 ff.) zu Grunde liegenden Sachverhalt in den Blick genommen und ausgeführt, dass in einer solchen Konstellation eine der Bestandskraft fähige Gesamtnote, in die auch die Bewertung der häuslichen Arbeit einfließe, nicht errechnet werde (UA S. 9 f.). Die Art des sog. Blockversagens und die erzielte Note der häuslichen Arbeit haben für diese vergleichende Betrachtung demgegenüber ersichtlich keine Rolle gespielt. Eine Rechtsfrage, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt oder auf die diese nicht entscheidend abgehoben hat, kann aber regelmäßig und so auch hier nicht die Zulassung der Revision zur Folge haben (Beschlüsse vom 14. November 2008 - BVerwG 6 B 61.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 47 S. 17 und vom 5. Oktober 2009 - BVerwG 6 B 17.09 - juris Rn. 7).
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d) Schließlich führt die Bezugnahme Klägerin auf den aus dem Grundsatz von Treu und Gauben gemäß § 242 BGB ableitbaren Rechtsgedanken der Verwirkung nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der von ihr bezeichneten Fragestellung. Dieser ohne weitere verfassungsrechtliche Verankerung auch im Verwaltungsrecht zu beachtende Grundsatz würde im Falle seiner Anwendung die landesrechtlichen Prüfungsbestimmungen ergänzen und wäre deshalb nach den obigen Darlegungen (unter 1.a)) seinerseits dem irrevisiblen Landesrecht zuzuordnen (Beschlüsse vom 29. Oktober 1997 - BVerwG 8 B 194.97 - Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 88 S. 50 f. und vom 26. Mai 1999 a.a.O. Rn.3).
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Abgesehen davon kam es aufgrund der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, ein Anspruch der Klägerin auf eine Neubewertung der angerechneten Hausarbeit sei aus Gründen der (materiellen) Bestandskraft des Bescheides über den ersten Prüfungsversuch der Klägerin ausgeschlossen, auf die Problematik der Verwirkung des Klagerechts nicht mehr an.
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2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz - hier im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 75.98 - (a.a.O.) - lässt sich dem Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht entnehmen.
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Eine solche Abweichung wäre nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benannt hätte, mit dem die Vorinstanz einem in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, diesen Beschluss tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hätte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
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Die Beschwerde will der Sache nach aus dem genannten Beschluss herleiten, dass die Zulässigkeit einer Klage auf Neubewertung einer angerechneten häuslichen Arbeit aus einem ersten Prüfungsversuch nach nicht bestandener Wiederholungsprüfung nicht wegen der entgegenstehenden (materiellen) Bestandskraft des ersten Prüfungsbescheids und des deshalb fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses, sondern allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Verwirkung des Klagerechts verneint werden könne. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist indes, soweit er sich mit der Thematik der Verwirkung befasst, tragend nur auf die Erwägung gestützt, dass die hierzu in jenem Verfahren gestellte Grundsatzfrage eine solche des nicht revisiblen Landesrechts sei, jedenfalls aber keine klärungsbedürftigen Fragen aufwerfe. Die von der Klägerin gezogenen weitergehenden Folgerungen sind der Entscheidung nicht zu entnehmen. Ein inhaltlicher Widerspruch zwischen den Ausführungen zur Verwirkung in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts und dem angefochtenen Urteil scheidet aus, weil das Oberverwaltungsgericht die Frage der Verwirkung mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erörtert hat.
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3. Mit der Verfahrensrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kann die Klägerin die Revisionszulassung nicht erreichen, weil sie sich auf einen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung und auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs erstmals in ihrem Schriftsatz vom 30. März 2010 und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO berufen hat.
- 17
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4. Soweit die Klägerin schließlich in ihrer Beschwerdebegründungsschrift vom 23. November 2009 und vertiefend in ihren Schriftsätzen vom 30. März 2010 und vom 3. Juni 2010 ernsthafte Zweifel an der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck bringt bzw. deren Rechtswidrigkeit in der Art der Begründung einer bereits zugelassenen Revision - insbesondere unter Bezugnahme auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 30. März 1998 - 22 A 4551/95 - und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 75.98 - (jeweils a.a.O.) - geltend macht, bezeichnet sie bereits im Ansatz keinen der in § 132 Abs. 2 aufgeführten Revisionszulassungsgründe. Namentlich rechtfertigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung zwar gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung, einen entsprechenden gesetzlichen Grund für die Zulassung der Revision gibt es hingegen nicht.
Gründe
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1. Die auf die Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (a) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (b) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
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a) Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Dies ist hier nicht der Fall.
- 3
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aa) Die Rügen der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
- 4
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(1) Soweit die Klägerin der Auffassung ist, ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liege darin, dass es der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung unterlassen habe, die von dem Verwaltungsgericht festgestellten Mängel der Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5, 6 und 7 zu erörtern (S. 4 f. der Beschwerdebegründung), hat diese Rüge schon deshalb keinen Erfolg, weil sie nicht den Begründungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 15). Die Klägerin legt im vorliegenden Zusammenhang lediglich dar, durch das von ihr beanstandete Versäumnis, sei ihr die Möglichkeit zu weiterem Vorbringen mit Blick auf die angeblichen Bewertungsmängel abgeschnitten worden. Darin kann eine substantiierte Darlegung dessen, was im Fall der Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre, nicht gesehen werden.
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(2) Die Revision ist auch nicht wegen der Rüge der Klägerin zuzulassen, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs deshalb verletzt, weil sich aus den Entscheidungsgründen kein Hinweis darauf ergebe, dass das Gericht ihre, der Klägerin, Darlegungen zu den einzelnen Bewertungsfehlern zur Kenntnis genommen und gewürdigt habe (S. 5 f. der Beschwerdebegründung). Auch diese Rüge genügt nicht den Begründungsanforderungen.
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Dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs korrespondiert die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 m.w.N.). Eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist u.a. nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend begründet, wenn im Einzelnen dargelegt wird, welches konkrete Vorbringen das Gericht angeblich übergangen hat. Dem genügt nicht eine pauschale Behauptung - wie hier -, aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergebe sich, dass die Vorinstanz erhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe. Dem Substantiierungsgebot trägt die Klägerin auch nicht durch die Erwägungen Rechnung, für einen Gehörsverstoß sprächen der "kurze(n) Zeitraum zwischen mündlicher Verhandlung und Beschlussfassung" und "die überlange Zeitspanne von 4 1/2 Monaten zwischen mündlicher Verhandlung und Zustellung der Entscheidung".
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(3) Soweit die Klägerin in der Beschwerdebegründung ausführlich darlegt (S. 6 unten bis S. 16 Mitte), dass die in dem angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5, 6 und 7 seien nicht zu beanstanden, unzutreffend sei, vermag dies die Annahme einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Die Klägerin zeigt in diesem Zusammenhang im Einzelnen auf, warum aus ihrer Sicht die Bewertungen rechtsfehlerhaft sind. Dies rechtfertigt die Annahme eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs deshalb nicht, weil sich aus diesem Recht keine Verpflichtung des Gerichts ergibt, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen. Dementsprechend ist ein Gehörsverstoß nicht schon dann gegeben, wenn das Gericht dem Vorbringen einer Partei nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig erachtet (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 23. Juni 2008 - BVerwG 9 VR 13.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 7 S. 8 m.w.N.).
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(4) Schließlich ist die Revision auch nicht aufgrund der klägerischen Rüge zuzulassen, das angegriffene Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar und verletze deshalb den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Klägerin meint, eine Überraschungsentscheidung liege deshalb vor, weil der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung die angeblichen Fehler bei der Bewertung von Aufsichtsarbeiten nicht erörtert und der Vorsitzende den Eindruck vermittelt habe, die Entscheidung der Vorinstanz sei insoweit nicht zu beanstanden. Diese Rüge genügt nicht den Begründungsanforderungen, weil die Klägerin auch insoweit nicht substantiiert dargelegt hat, was sie im Fall der angeblich versäumten Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte.
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Davon abgesehen liegt ein Gehörsverstoß insoweit auch nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, die Klägerin vor seiner Entscheidung darauf hinzuweisen, dass er in seinem Urteil annehmen werde, die Bewertungen seien fehlerfrei. Zwar konkretisiert die dem Vorsitzenden obliegende Hinweispflicht des § 86 Abs. 3 VwGO den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (vgl. Urteil vom 11. November 1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <266 f.> und Beschluss vom 10. Mai 2011 - BVerwG 8 B 87.10 - juris Rn. 5 m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zur umfassenden Erörterung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung (vgl. z.B. Beschluss vom 27. November 2008 - BVerwG 5 B 54.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 60 Rn. 8 m.w.N.). Eine Ausnahme hiervon gilt dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit dem oder mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 27. November 2008 a.a.O. Rn. 8; BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.>). Das war hier nicht der Fall. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde erörtert, ob die in Rede stehenden Aufsichtsarbeiten fehlerhaft bewertet wurden, was das Verwaltungsgericht in seinem Urteil angenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 19. März 2010 über die Zulassung der Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Berufungsverfahren vorbehalten bleibe, ob Bewertungsfehler bei der Beurteilung der einzelnen Aufgaben vorlägen (S. 3 des Beschlusses). Es lag schon deshalb nicht fern, dass dieser Gesichtspunkt auch im Berufungsverfahren Bedeutung erlangt. Dementsprechend hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof vom 24. Mai 2010 umfangreich zu angeblichen Bewertungsmängeln vorgetragen. Mithin konnte es die anwaltlich vertretene Klägerin nicht überraschen, dass die in Rede stehende Frage vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil aufgegriffen wurde.
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bb) Der Klägerin ist auch nicht darin zu folgen, dass das angefochtene Urteil nicht mit Gründen versehen und deshalb verfahrensfehlerhaft ist.
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Der von der Beschwerde insoweit geltend gemachte Verstoß gegen § 138 Nr. 6 VwGO liegt nicht vor. Der in dieser Bestimmung geregelte absolute Revisionsgrund einer nicht mit Gründen versehenen Entscheidung ist gegeben, wenn ein nach mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil (§ 116 Abs. 1 VwGO), das bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung mit Tatbestand und Entscheidungsgründen von den Richtern unterschrieben der Geschäftsstelle des Gerichts übergeben worden ist (GmS-OGB, Beschluss vom 27. April 1993 - GmS-OGB 1/92 - BVerwGE 92, 367 <372 ff.>; BVerwG, Beschlüsse vom 26. April 1999 - BVerwG 8 B 67.99 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 30 S. 6 f. und vom 24. November 2005 - BVerwG 9 B 20.05 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dementsprechend ist ein nicht verkündetes sondern - wie hier - im Sinne des § 116 Abs. 2 VwGO zugestelltes Urteil, das aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergeht, im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO "nicht mit Gründen versehen", wenn es später als fünf Monate in der vorgeschriebenen Form der Geschäftsstelle übergeben worden ist (vgl. Beschluss vom 14. Februar 2003 - BVerwG 4 B 11.03 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 30 S. 7 m.w.N.). Dieser Zeitraum ist hier nicht überschritten. Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2010 ergangene Urteil wurde in der vorgeschriebenen Form am 17. März 2011 der Geschäftsstelle übergeben.
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Anlasspunkte dafür, dass dem Gericht trotz Einhaltung dieser äußersten "Absetzungsfrist" bei Abfassung des Urteils die mündliche Verhandlung und die Gründe der Entscheidungsfindung nicht mehr hinreichend gegenwärtig waren, vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen. Der Umstand, dass der zwischen der Verhandlung und der Übergabe an die Geschäftsstelle verstrichene Zeitraum von über vier Monaten als unangemessen lang angesehen werden könnte, reicht dafür nicht aus. Soweit die Klägerin auch im vorliegenden Zusammenhang darlegt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof die Bewertungen von Aufsichtsarbeiten nicht erörtert worden seien, ist ein Zusammenhang mit einem Verfahrensfehler im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht ersichtlich.
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b) Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14 m.w.N.). Daran gemessen rechtfertigt die von der Klägerin aufgeworfene und von ihr als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage nicht die Zulassung der Revision.
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Die Klägerin möchte sinngemäß geklärt wissen, ob die Bewertung, welche Leistungen in einer bestimmten Prüfung von den Kandidaten erwartet werden können und inwieweit eine konkrete Leistung diesen Erwartungen genügt, dem gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Prüfer unterfällt. Diese Frage verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, weil sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet ist.
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Der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit gebietet eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten. Dies ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <51 f.>). Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 a.a.O. 53 ff.; BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2004 - BVerwG 6 B 25.04 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406 S. 68 m.w.N.). Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. Urteile vom 12. November 1997 - BVerwG 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328 <333 f.> und vom 14. Juli 1999 - BVerwG 6 C 20.98 - BVerwGE 109, 211 <216 ff.> und Beschluss vom 13. Mai 2004 a.a.O. S. 69). Ebenso handelt es sich um eine dem Prüfer vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleitung als "brauchbar" zu bewerten ist (vgl. Urteil vom 12. November 1997 a.a.O. S. 334). In diesem Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. Beschluss vom 13. Mai 2004 a.a.O. S. 69 m.w.N.). Mit Blick auf diese Rechtsprechung wirft die Klägerin keine höchstrichterlich noch ungeklärte Frage auf.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. August 2009 - 12 K 2406/08 - wird geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19. Dezember 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die vom Kläger im Rahmen des schriftlichen Teils der Ersten juristischen Staatsprüfung - Herbst 2007 - erbrachten Leistungen in der Aufsichtsarbeit Nummer 5 durch einen neuen Erstprüfer und den bisherigen Zweitprüfer und in der Aufsichtsarbeit Nummer 6 durch den bisherigen Zweitprüfer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen Kläger und Beklagter jeweils die Hälfte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.