Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018

bei uns veröffentlicht am11.04.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin besuchte vom Schuljahr 2004/2005 bis 2010/2011 das Gymnasium ... (heutige Bezeichnung: ...Gymnasium ...; im Folgenden: die Schule). Dabei hatte sie Latein als zweite Fremdsprache (gelehrt ab der siebten Jahrgangsstufe) gewählt.

Im Schuljahr 2006/2007 wurde die Antragstellerin in der elften Jahrgangsstufe (Klasse 11b) in einer Schülergruppe im Fach Latein unterrichtet, in der sich sowohl Schüler befanden, die Latein als erste Fremdsprache („L1“) gewählt hatten, als auch solche Schüler, die wie die Antragstellerin Latein als zweite Fremdsprache („L2“) erlernten.

Die Antragstellerin erzielte im Schuljahr 2006/2007 im Fach Latein die Note „mangelhaft“ im Jahreszeugnis bei einem Notendurchschnitt von 4,88. Sie erhielt die Vorrückenserlaubnis in die zwölfte Jahrgangsstufe.

Mit Schreiben vom ... und vom ... August 2015 wandte sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin an das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (im Folgenden: Staatsministerium), mit Schreiben vom ... August 2015 an die Schule, mit dem Antrag, die Lateinnote der Antragstellerin im Schuljahr 2006/2007 auf die Note „ausreichend“ anzuheben.

Mit Bescheid vom 17. September 2015 teilte die Schule dem Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die Lehrerkonferenz am 14. September 2015 den Antrag einstimmig abgelehnt habe.

Mit Schriftsatz vom ... Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am 16. Oktober 2015, ließ die Antragstellerin hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht München erheben, über die noch nicht entschieden ist (M 3 K 15.4618). Sie beantragte sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin ein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2006/2007 mit der Jahresendnote „ausreichend“ im Fach Latein (in Ersetzung der bisherigen Jahresendnote „mangelhaft“) zu erteilen. Darüber hinaus beantragte sie die Erteilung von Akteneinsicht im Sinne des Art. 29 BayVwVfG in die laut Mitteilung der Schule noch umfassend vorhandenen Notenaufzeichnungen zur damaligen Klasse 11b.

Mit Schriftsatz vom ... November 2015, bei Gericht eingegangen am 11. November 2015 lässt die Antragstellerin beantragen:

1. Dem Antragsgegner wird gemäß § 167 VwGO i. V. m. § 888 ZPO geboten, Akteneinsicht und Auskunft zu erteilen

1.1 Schülerbogen (i. S. d. § 59 GSO i. d. F. 1983) (jahrgangsübergreifende Darstellung betreffend die Antragstellerin)

und

1.2 zu allen Unterlagen betreffend die Antragstellerin und weiterhin betreffend Fach Latein des Jahrgangs 2006/2007 der Klasse 11b (mit 11a) am Gymnasium ...Straße ..., dabei betreffend sämtliche Schüler mit Latein als erster Fremdsprache („L1“) und Latein als zweiter Fremdsprache („L2“)

1.2.1 Aufgabenstellung von Aufsichtsarbeiten (Schulaufgaben)

1.2.2 Kriterien betreffend Beurteilung/Benotung von Aufsichtsarbeiten (Notenschlüssel, Notensprünge und weitere schülerunabhängige Kriterien),

1.2.3 der Schule vorgegebene Bewertungsvorgaben betreffend Schüler mit Latein als erster Fremdsprache („L1“) und Latein als zweiter Fremdsprache („L2“),

1.2.4 Bewertungsergebnisse (dabei ohne andere Schüler identifizierende Angaben)

1.3 vorstehende 1.1 und 1.2 im Wege eines Akteneinsichtstermins in dem ...Gymnasium, ... Straße ..., ..., und mit der Möglichkeit zur Anfertigung von Ablichtungen (ersatzweise Aushändigung von Ablichtungen).

Die Antragstellerin trug im Wesentlichen vor, nach dem im Schuljahr 2006/2007 einschlägigen Lehrplan für bayerische Gymnasien könne bis zum Abschluss der zehnten Jahrgangsstufe nicht von einer vergleichbaren Ausbildungslage der L1-Schüler und der L2-Schüler gesprochen werden. Es gebe signifikante Unterschiede bei der Anzahl der Wochenstunden wie auch beim Lehrplan für Wörter und Wendungen. Die gemäß Lehrplan vorliegenden qualitativen und quantitativen Defizite bei Latein als zweiter Fremdsprache gegenüber Latein als erster Fremdsprache könnten bis zum Abschluss der zehnten Jahrgangsstufe schon nach dem den Schülern zu bietendem Unterrichtsangebot nicht aufgeholt bzw. überwunden werden; eine „Aufholung“ sei eben nicht vorgesehen. In der 11. Jahrgangsstufe sei der Unterricht nicht so umfassend angelegt, dass die L1-Schüler etwa nur Bekanntes wiederholen, die L2-Schüler aber den umfassenden Inbegriff von sprachlicher Unterweisung durchlaufen können, mit dem sie direkten Anschluss an das Leistungsniveau der L1-Schüler gewinnen könnten. Es sei deshalb sachwidrig, L1-Schüler und die strukturell weniger umfassend ausgebildeten L2-Schüler in der elften Jahrgangsstufe in einer Klasse zusammen zu unterrichten und zu bewerten. Die Antragstellerin habe in den Jahrgangsstufen neun und zehn befriedigende bzw. gute Leistungen gezeigt, erst in der elften Jahrgangsstufe sei es bei allen L2-Schülern zu einem massiven Notenabfall gekommen. Die auf das Akteneinsichtsgesuch der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, der Notenbogen der Antragstellerin im Schuljahr 2006/2007, sowie ein mit „Schulaufgaben“ überschriebener Bogen, der weitestgehend geschwärzt sei und sich mit Angaben zu vier Latein-Schulaufgaben befasse, seien unzureichend. Der Bogen „Schulaufgaben“ betreffe Angaben zur fachlich-intellektuellen Vorbereitung der jeweiligen Schulaufgabe und zu den Umständen bei der Durchführung der Benotung. Der Antragsgegner selbst mache nicht geltend, dass sich der geschwärzte Bereich ausschließlich mit Angaben zu anderen einzelnen Schülern befasse. Der Antragsgegner verschweige und unterdrücke Unterlagen bzw. Tatsachen, aus denen sich die damalige Weisungslage betreffend die Benotung und die damalige Wiederholung einer Schulaufgabe sowie die praktischen Umstände ihrer Umsetzung in der damaligen Klasse 11 b im Schuljahr 2006/2007 im Fach Latein ersehen ließen. Wenn jetzt noch - wie die Äußerungen eines Referatsleiters im Staatsministerium zeigten - Kenntnisse im Staatsministerium zu den damaligen Verhältnissen an der Schule vorlägen, müssten diese auf Akteninhalt beruhen. Damals seien L1- und L2-Schüler nach einem einheitlichen Maßstab bewertet worden.

In einem von einer anderen Schülerin der Klasse 11b zu deren Gesamtnote in Latein im Schuljahr 2006/2007 geführten Eilverfahren ergebe sich aus der Antragsschrift, dass die sechs L1-Schüler dieser Klasse einen Notendurchschnitt von 3,17, die 23 L2-Schüler dagegen von nur 4,19 erreicht hätten. Angesichts geführter und laut Mitteilung noch vorhandener Aufzeichnungen zu Jahresgesamtergebnissen mit konkret zugrunde liegenden Einzelnoten von Schülern müsse die Schule die Bögen als Grundlage dieser Feststellung notwendig noch haben. Der Unterschied des Notendurchschnitts der Antragstellerin von 4,88 zu einem Notendurchschnitt von besser als 4,50 sei geringer als der Unterschied der Notendurchschnitte der L1- und der L2-Schüler. Wären die Leistungen der Antragstellerin im Fach Latein damals nach passenden Kriterien beurteilt worden, hätte sie einen Notendurchschnitt von deutlich besser als 4,50 erzielt.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf umfassende Akteneinsicht nach Art. 29 BayVwVfG betreffend Fakten, die sie persönlich beträfen, aber auch jegliche Fakten, die sich entweder auf die Art und Weise der inhaltlichen Vorbereitung von Schulaufgaben oder auf die Art und Weise des Vorgehens bei der Benotung der damaligen Schulaufgaben bezögen. Soweit sich die Schule damals an ministerielle Vorgaben hätte halten müssen, habe die Antragstellerin auch Anspruch auf Offenlegung dieser Vorgaben mit ihrem konkreten Text. Die Schule lege bereits den Schülerbogen nicht vor. Die Kenntnis der Aktenlage in der Schule und ggf. im Staatsministerium sei nötig, um materiellrechtliche Ansprüche absehbar beurteilen und begründen zu können. Mit ihrer Hauptsacheklage erstrebe die Antragstellerin die Abänderung ihrer Jahresnote in Latein auf die Note „ausreichend“. Zur sachgerechten Verfolgung ihrer Rechtsposition sei die Antragstellerin dringlich auf Einzelheiten angewiesen. Bei der Zuerkennung der Jahresfortgangsnote „mangelhaft“ sei dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der einzelnen Leistungsnachweise nicht das erforderliche Gewicht zugemessen worden. Nach § 50 Abs. 2 Satz 4 GSO seien im Fach Latein die Gesamtnote für die schriftlichen Leistungen und die Gesamtnote für die mündlichen Leistungen „grundsätzlich“ im Verhältnis 2 : 1 zu zählen. Die Schule habe jedoch von dem Bewertungsspielraum, den das Wort „grundsätzlich“ vorgebe, in fehlerhafter Weise keinen Gebrauch gemacht. Aus der Bemerkung der Schule im Notenbogen zu Art. 53 Abs. 3 BayEUG ergebe sich, dass die Note „ungenügend“ für die schriftlichen Leistungsnachweise nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Der Antragstellerin sei wegen des Zeitverlusts nicht zumutbar, das Ergebnis einer Auskunftsklage abzuwarten. Sie beabsichtige die Ablegung der Matura in Österreich und könne für die sonstigen Prüfungen erst antreten, wenn sie die Note „ausreichend“ in Latein nachweisen könne. Eine erneute Lateinprüfung nach acht Jahren ohne Lateinunterweisung und -anwendung komme nicht in Betracht. Es gehe um die prozessuale Absicherung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 12 und Art. 19 Abs. 4 GG. Der grundrechtsbasierte Informationsanspruch zur Vorbereitung berufsrelevanter Verwaltungsverfahren sei zu beachten. § 44a VwGO sei nicht anwendbar. Bliebe Akteneinsicht im Eilverfahren aus, widerspreche dies auch Art. 41 Abs. 2 lit. B der EU-Grundrechtecharta. Es gebe auch kein grundsätzliches Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Der Antragsgegner sei durch die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG nicht an einer Abänderung der Note gehindert; eine Bezugsfallproblematik sei nicht zu erwarten.

Mit Schriftsatz vom 23. November 2015 machte der Antragsgegner im Wesentlichen geltend, der Schule lägen zum Antrag der Antragstellerin auf Abänderung der Lateinnote lediglich der Notenbogen der elften Jahrgangsstufe sowie ein privat archiviertes Blatt der Fachbetreuerin vor. Der Schülerbogen und die Notenbögen der übrigen Jahrgangsstufen enthielten keine Aussagen zur Lateinnote der elften Jahrgangsstufe. Die Akten der früheren Mitschüler der Antragstellerin seien nicht relevant, da es lediglich um die Leistungen der Antragstellerin gehe. Fachbezogene Schülerlisten aus dieser Zeit gebe es nicht mehr. Aufgabenstellungen und Leistungsnachweise aus dem Schuljahr 2006/2007 seien nicht mehr vorhanden und unterlägen auch nicht der Aufbewahrungspflicht. Zu den Beurteilungskriterien für die Leistungsnachweise gebe es keine Aufzeichnungen; diese unterlägen auch nicht der Aufbewahrungspflicht. Formulierte Bewertungsvorgaben der Schule gebe es nicht. Es sei selbstverständlich, dass bei Unterrichtung gemischter Schülergruppen dies nicht zu einer Benachteiligung von Schülern mit Latein als zweiter Fremdsprache führen dürfe. Bewertungsergebnisse und Notenschlüssel der einzelnen Schulaufgaben und sonstigen Leistungserhebungen seien nicht mehr vorhanden und auch nicht aufbewahrungspflichtig. Die Schwärzungen auf dem Bogen seien angekündigt und begründet, die „Feststellungen“ zum Namen „...“ erläutert worden. § 44a VwGO sei anwendbar. Der Antrag auf Anhebung der Lateinnote sei der Lehrerkonferenz am 14. September 2015 vorgelegt und am 17. September 2015 verbeschieden worden. Der damalige Lateinlehrer der Klasse verfüge nach seinen Angaben nicht mehr über Aufzeichnungen zur Notengebung. Neben dem Notenbogen der Antragstellerin seien lediglich persönliche Respizienzaufzeichnungen der Fachbetreuerin vorhanden. Die Schule habe diesen Bogen nach Schwärzung der Daten von anderen Schülern zur Einsicht freigegeben, um zu verdeutlichen, dass die Klasse nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet und geprüft worden sei. Aus den Aufzeichnungen der Fachbetreuerin sei ersichtlich, dass die Themen der Schulaufgaben sich auf die Lektürevorgaben des Lehrplans für Latein als zweiter Fremdsprache bezogen hätten. Zudem hätten Schüler des neunjährigen Gymnasiums mit Latein als erster wie auch als zweiter Fremdsprache nach abgeschlossener Spracherwerbsphase am Ende der elften Jahrgangsstufe auf einem Leistungsstand sein müssen, der es ihnen ohne Unterschied erlaubt hätte, einen Grundkurs sowie einen Leistungskurs im Fach Latein zu belegen.

Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2015 ließ die Antragstellerin Akteneinsicht in die Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts München im Verfahren M 3 E 07.3885 beantragen. Das von einer Mitschülerin der Antragstellerin betriebene Eilverfahren betreffe ebenfalls den Lateinunterricht im Schuljahr 2006/2007 in der Klasse 11b der Schule. In den Akten befände sich Schriftverkehr der Schule mit dem Staatsministerium zum Lateinunterricht im Schuljahr 2006/2007 in der fraglichen Klasse.

Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2015 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin

dem Antragsgegner durch richterliche Verfügung aufzugeben, die Stellungnahme der Schule gegenüber dem Staatsministerium vom 14. August 2007 und weitere zwei Stellungnahmen vom 9. September 2007 sowie den ungeschwärzten Bogen zu den Schulaufgaben im Schuljahr 2006/2007 vorzulegen.

Andernfalls beantragte er,

in Umsetzung des Antrags zu 1.2 der Antragsschrift dem Antragsgegner durch gerichtliche Entscheidung ein Handlungsgebot zur Vorlage der genannten Unterlagen aufzugeben.

Die Stellungnahmen der Schule müssten jedenfalls beim Staatsministerium noch vorliegen. Im Schuljahr 2006/2007 sei die zweite Lateinschulaufgabe wiederholt worden. Bei einer weiteren hätte eine Wiederholung im Raum gestanden, die L1-Schüler seien dagegen gewesen, die L2-Schüler dafür. Hierzu müssten Aufzeichnungen der Respizienz vorliegen, die von der Schule vorenthalten würden. Aus einem Schreiben des Staatsministeriums vom ... Oktober 2007 an den Landtag (zu den Gründen des probeweisen Vorrückens der Mitschülerin der Antragstellerin in die zwölfte Jahrgangsstufe) ergebe sich, dass es im Schuljahr 2006/2007 in der fraglichen Klasse im Lateinunterricht zu Beeinträchtigungen der Chancengleichheit aufgrund der Unterrichtung und Bewertung von L2-Schülern zusammen mit L1-Schülern gekommen sei. Die von der Schule vorgelegten Akten seien unvollständig, die Angabe der Schule, Aufzeichnungen des Lateinlehrers existierten nicht, sei unglaubwürdig. Aufgrund der Vorlage des Schülerbogens wurde der Antrag Nr. 1.1 für erledigt erklärt.

Der Antragsgegner des Verfahrens M 3 E 07.3885 erklärte sein Einverständnis mit der Akteneinsicht durch die Antragspartei in die gerichtlichen Verfahrensakten. Die Antragspartei des Verfahrens M 3 E 07.3885 erklärte darüber hinaus auch ihr Einverständnis mit der Akteneinsicht in Behördenakten zu dem bei Gericht vorgetragenen Sachverhalt.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin wiederholte mit Schriftsatz vom ... Februar 2016 das Akteneinsichtsgesuch in die Stellungnahmen der Schule vom 14. August 2007 und vom 9. September 2007. Mit Schriftsatz vom ... Februar 2016 wies er darüber hinaus noch einmal auf den Antrag auf Einsicht in den ungeschwärzten Bogen („Schulaufgaben“) hin.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte, die Akten des Klageverfahrens (M 3 K 15.4618) sowie auf die Gerichtsakte im Verfahren M 3 E 07.3885 Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig. Da die Antragstellerin Akteneinsicht und Auskunft erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und in der Hauptsache gleichzeitig mit der Verpflichtungsklage auf Abänderung der Lateinnote im Jahreszeugnis 2006/2007 geltend macht, steht § 44a Satz 1 VwGO nicht entgegen.

Der Antrag ist nicht begründet.

Nach § 123 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts besteht (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 294 ZPO) gemacht wird. Bei der Entscheidung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.8.1992 - 7 CE 92.1896 - BayVBl 1992, 659) in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte.

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht; sie möchte bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens Akteneinsicht nehmen und Auskünfte erhalten, um den in der Hauptsache (auch) geltend gemachten Anspruch auf Abänderung ihrer Lateinnote zu begründen. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit vorliegend die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme des auch in der Hauptsache geltend gemachten Anspruchs auf Akteneinsicht vorliegen. Denn es besteht jedenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung von Akteneinsicht und Auskunft.

Nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Dieser Anspruch bezieht sich nur auf die das Verfahren betreffenden Akten des Beteiligten, also in der Regel nur die „eigenen“ Akten, die für „sein“ Verwaltungsverfahren entstanden sind und die von der verfahrensführenden Behörde bereits geführt oder sonst beigezogen wurden (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 40). Für den Fall, dass eine Behörde einen bei pflichtgemäßer Aktenführung bestehenden Akteneinsichtsanspruch dadurch unterläuft, dass sie bestimmte Vorgänge gesondert führt und außer Betracht lässt, kann sich der Akteneinsichtsanspruch ausnahmsweise auch auf einen Anspruch auf Aktenbeiziehung erstrecken (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 41). Akten „betreffen“ das Verfahren des Beteiligten, wenn sie mit Bezug (auch) auf die Sachentscheidung in dessen Verlauf angelegt, sonst entstanden, zu dessen Durchführung von der Behörde beigezogen worden sind oder sonst im konkreten Verwaltungsverfahren eine Rolle gespielt haben, wobei allein maßgeblich ist, ob ein Vorgang für die Förderung und Entscheidung in der Sache bei objektiver Betrachtung notwendig war und deshalb „materiell“ zur Akte gehört (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 7, 41). In Prüfungsangelegenheiten sind Gegenstand der Akteneinsicht die gesamten den am Prüfungsverfahren beteiligten Antragsteller betreffenden Prüfungsakten mit den bewerteten Prüfungsaufgaben (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 195 unter Bezugnahme auf BVerwG, U. v. 16.3.1994 - 6 C 1/93 - juris Rn. 46). Für die Frage, welche Akten das Verfahren betreffen und den notwendigen Verfahrensbezug zur eigenen Rechtssphäre und zum „eigenen“ Verfahren aufweisen, ist die jeweilige Sach- und Rechtslage im Einzelfall maßgebend (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 43).

In der Sache möchte die Antragstellerin eine Änderung ihres (bestandskräftigen) Jahreszeugnisses der 11. Jahrgangsstufe im Schuljahr 2006/2007 durch Anhebung ihrer Lateinnote von der Note „mangelhaft“ auf die Note „ausreichend“ erreichen.

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Einsicht in den ungeschwärzten Bogen zu den Schulaufgaben. Sie hat auch keinen Anspruch auf Beiziehung der weiteren von ihr im Antragsverfahren genannten Unterlagen.

Die Lehrerkonferenz hat einen Anspruch der Antragstellerin nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG geprüft und abgelehnt. Bei der Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin hat sich die Schule nach der Begründung des Bescheids vom 17. September 2015 auf die Angabe des damaligen Lateinlehrers der Klasse der Antragstellerin gestützt, wonach er die Klasse 11b im Schuljahr 2006/2007 nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet habe, sowie auf die Respizienzbeobachtungen der Fachbetreuerin, die dies hinsichtlich der Schulaufgaben bestätigten. Die Schule hat der Antragstellerin ihren Notenbogen für das Schuljahr 2006/2007 sowie einen Bogen („Schulaufgaben: Latein 1/2 Schuljahr 2006/2007“) zugänglich gemacht, der nach Angaben der Schule die Respizienzbeobachtungen der Fachbetreuerin enthält und die Themen der Lateinschulaufgaben der Klasse der Antragstellerin umreißt, im Übrigen weitgehend geschwärzt ist. In die Prüfungsaufgaben und die Prüfungsarbeiten der Antragstellerin war keine Einsicht mehr möglich, da diese Unterlagen bereits vernichtet sind. Gegen das Vorgehen bestehen keine Bedenken; es ist nicht ersichtlich, dass die Zuziehung weiterer, insbesondere auch der von der Antragstellerin genannten Unterlagen zu einem anderen Ergebnis führen könnte.

In der Sache kommt ein Wiederaufgreifensanspruch der Antragstellerin aus Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG bereits deswegen nicht in Betracht, weil vorliegend die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG nicht gegeben sind.

Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Über die Frage des Wiederaufgreifens nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat die Behörde nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu befinden; auch im Fall von Prüfungsbescheiden reduziert sich der Ermessensspielraum nur ausnahmsweise derart, dass eine andere Entscheidung als das Wiederaufgreifen nicht in Frage kommt (vgl. BVerwG, B. v.11.6.2010 - 6 B 86/09 - juris Rn. 8; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 46, § 51 Rn. 13, 19).

Vorliegend lässt sich die Rechtswidrigkeit der Festsetzung der Jahresfortgangsnote der Antragstellerin im Fach Latein im Schuljahr 2006/2007 nicht feststellen. Die Zuziehung weiterer, insbesondere der von der Antragstellerin gewünschten Unterlagen könnte hieran nichts ändern. Gleiches gilt für die Frage, welche Bewertung der Leistungen der Antragstellerin - im Fall der noch festzustellenden Rechtswidrigkeit der Bewertung - zutreffend gewesen wäre.

Gegen die Bewertung ihrer Leistungen im Fach Latein im Schuljahr 2006/2007 trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, es habe eine Verletzung der Chancengleichheit vorgelegen, da sie gemeinsam mit L1-Schülern unterrichtet und geprüft worden sei. Bei der Zuerkennung der Jahresfortgangsnote „mangelhaft“ sei dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der einzelnen Leistungsnachweise nicht das erforderliche Gewicht zugemessen worden. Mit diesem Vorbringen rügt die Antragstellerin zum einen in allgemeiner Form den Unterrichts- und Prüfungsstoff, dessen Lehrplankonformität sie in Bezug auf L2-Schüler anzweifelt. Zum anderen macht sie damit ein Bewertungsdefizit dergestalt geltend, dass der Prüfer dem Schwierigkeitsgrad der Prüfungsaufgaben für L2-Schüler bei seiner Bewertung nicht hinreichend Rechnung getragen habe.

Vorliegend kann dahinstehen, ob hinsichtlich der Frage des Unterrichts- und Prüfungsstoffs die Antragstellerin bzw. ihren gesetzlichen Vertreter im Schuljahr 2006/2007 eine Obliegenheit getroffen hätte, die aus ihrer Sicht fehlende Vereinbarkeit der Unterrichtsstoffs (und nachfolgend des Prüfungsstoffs) gegenüber der Schule unverzüglich geltend zu machen mit der Folge, dass dieser etwaige Mangel des Prüfungsverfahrens später nicht mehr geltend gemacht werden könnte (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 215 ff.). Denn jedenfalls lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass ein derartiger Mangel im Prüfungsverfahren vorlag. Nach Angabe der Schule, die sich auf die Aussage des damaligen Lateinlehrers der Klasse stützt, sei die Klasse der Antragstellerin im Schuljahr 2006/2007 nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet und geprüft worden. Demgegenüber beruft sich die Antragstellerin zur Frage des Unterrichts- und Prüfungsstoffs im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Staatsministeriums vom ... Oktober 2007 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport (im Folgenden: Bildungsausschuss) des Bayerischen Landtags, mit dem die ausnahmsweise Genehmigung des Vorrückens auf Probe einer Klassenkameradin der Antragstellerin gerechtfertigt werden soll. Aus diesem Schreiben ergibt sich jedoch zum Unterrichts- und Prüfungsstoff in der elften Jahrgangsstufe der Klasse der Antragstellerin nichts. Das Staatsministerium führt lediglich aus, maßgeblich für die ausnahmsweise Genehmigung des Vorrückens auf Probe sei gewesen, dass der Unterricht im Fach Latein in den der elften Jahrgangsstufe „vorangegangenen Jahrgangsstufen zum Teil nicht ordnungsgemäß erteilt“ worden sei. Die Mitschülerin der Antragstellerin, die Latein als zweite Fremdsprache gewählt habe, habe „aufgrund von Umständen, die sie nicht zu vertreten hatte, einen schulischen Vorlauf, der ihre Chancen im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern beeinträchtigt hat, die Latein als erste Fremdsprache gewählt hatten und mit denen sie in der Jahrgangsstufe 11 in einer Lerngruppe unterrichtet und bewertet wurde“. Der Stellungnahme des Staatsministeriums lässt sich damit lediglich entnehmen, dass nach Auffassung des Staatsministeriums der Unterricht in den vorangegangenen Jahrgangsstufen teilweise Mängel aufgewiesen habe, nicht aber, dass der Unterrichts- und Prüfungsstoff in der Klasse der Antragstellerin in der elften Jahrgangsstufe im Fach Latein nicht dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache entsprochen hätte. In Reaktion auf diese Einschätzung wurde nicht etwa die Lateinnote dieser Mitschülerin angehoben, sondern ihr die Genehmigung zum Vorrücken auf Probe in die zwölfte Jahrgangsstufe erteilt.

Hinsichtlich des Unterrichtsstoffs hat die Antragstellerin ihre Rüge über den Verweis auf das ministerielle Schreiben hinaus nicht näher substantiiert. Es drängen sich auch sonst keine Gründe auf, an der Aussage des Lateinlehrers zu zweifeln, dass dem Unterricht im Fach Latein im Schuljahr 2006/2007 in der elften Jahrgangsstufe der Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache zugrunde gelegt worden wäre. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Schule insofern auf die Beiziehung weiterer Unterlagen verzichtet hat.

Hinsichtlich des Prüfungsstoffs hat die Antragstellerin die Vorlage eines ungeschwärzten Bogens der Respizienzbeobachtungen der Fachbetreuerin gefordert, darüber hinaus aber ihre Rüge nicht näher substantiiert. Der Bogen lässt in den ungeschwärzten Teilen die Themen der Schulaufgaben in Schlagworten erkennen; der Vergleich mit dem für die elfte Jahrgangsstufe (Latein als zweite Fremdsprache) einschlägigen Auszug des damaligen Lehrplans zeigt keine Hinweise dafür, dass den Schulaufgaben ein unzulässiger Prüfungsstoff zugrunde gelegt worden wäre. Dies gilt insbesondere auch für die im Verfahren M 3 E 07.3885 (Schriftsatz der dortigen Antragstellerin vom 20. September 2007) monierten Texten von ...; nach den Anmerkungen der Fachbetreuerin war Gegenstand der Schulaufgabe - wie im Lehrplan vorgesehen - Briefliteratur. Weder hat die Antragstellerin dargetan noch ist sonst ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass an der Angabe der Schule, die geschwärzten Teile enthielten Angaben über weitere Klassen sowie Namen von anderen Schülerinnen und Schülern, deren Arbeiten respiziert worden seien, zu zweifeln wäre. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anspruch der Antragstellerin auf Vorlage eines ungeschwärzten Bogens. Die Schule war auch nicht verpflichtet, zur Aufklärung über den Prüfungsstoff weitere Unterlagen hinzuzuziehen. Es ist nicht ersichtlich, wie eine weitere Aufklärung zum Prüfungsstoff ohne das Vorhandensein der bereits vernichteten Prüfungsaufgaben erfolgen sollte.

Auch auf die Rüge der Antragstellerin, der Prüfer habe dem Schwierigkeitsgrad der Prüfungsaufgaben für L2-Schüler bei seiner Bewertung nicht hinreichend Rechnung getragen, war die Schule nicht verpflichtet, die von der Antragstellerin genannten weiteren Unterlagen beizuziehen. Die Antragstellerin hat daher diesbezüglich keinen Anspruch auf Akteneinsicht.

Hinsichtlich der Aufgabenstellung von Schulaufgaben, der Bewertungskriterien und Bewertungsvorgaben scheitert die beantragte Einsicht bereits daran, dass nach Angaben der Schule Unterlagen zu Aufgabenstellungen und Bewertungskriterien nicht (mehr) existieren und Bewertungsvorgaben nicht vorlagen.

Das Gericht hat keine Zweifel am Vortrag der Schule, die Aufgabenstellungen der Schulaufgaben und die zugehörigen Prüfungsarbeiten der Antragstellerin und ihrer Klassenkameraden seien bereits vernichtet und etwaige der Begründung der Bewertung dienende Aufzeichnungen nicht (mehr) vorhanden. Die Vernichtung der Prüfungsarbeiten entsprach der damaligen Rechtslage. Hinsichtlich der Schulaufgaben sieht § 47 Abs. 3 Satz 1 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung - GSO) vom 16. Juni 1983, GVBl S. 681, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Mai 2007, GVBl S. 371, vor, dass Prüfungsarbeiten, Schulaufgaben, Kurzarbeiten, fachliche Leistungstests, Facharbeiten und Stegreifaufgaben von der Schule für die Dauer von zwei Schuljahren nach Ablauf des Schuljahres, in dem sie geschrieben worden sind, aufbewahrt werden (vgl. für die derzeitige Rechtslage § 5 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 2 Satz 2 Nr. 2a der Verordnung über Schülerunterlagen - Schülerunterlagenverordnung, SchUntV - vom 11. September 2015, GVBl S. 349, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. November 2015, GVBl S. 413). Hinsichtlich der Aufgabenstellungen der Schulaufgaben und sonstiger die Bewertung erläuternder Aufzeichnungen zu Beurteilungskriterien, Notensprüngen, Erwartungshorizonten oder Musterlösungen ist zu berücksichtigen, dass derartige Aufzeichnungen der Lehrkräfte wie die Korrekturanmerkungen auf den Prüfungsarbeiten dazu dienen, die Bewertung einer Prüfungsarbeit dem Prüfling, ggf. auch einem Gericht gegenüber zu begründen und nachvollziehbar zu machen. Nach Vernichtung der zugehörigen Prüfungsarbeiten wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfrist ist kein Grund dafür ersichtlich, derartige Aufzeichnungen weiter aufzubewahren. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen Anlass, an der Angabe der Schule, auch zu den Beurteilungskriterien lägen keine Aufzeichnungen mehr vor, zu zweifeln. Hiergegen sprechen auch nicht die Ausführungen der Antragstellerin, dass die Lehrkraft für das Führen sehr ausführlicher Aufzeichnungen bekannt sei; die Tatsache, dass eine Lehrkraft die Notengebung ausführlich dokumentiert, deutet nicht darauf hin, dass die Lehrkraft auch nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen für die Leistungsnachweise weiterhin ihre Aufzeichnungen zur Notengebung aufbewahren würde. Eine ausnahmsweise Verpflichtung der Schule zur weiteren Aufbewahrung der Prüfungsarbeiten sowie der der Erläuterung der Bewertung dienenden Unterlagen ist vorliegend auch nicht aus sonstigen Umständen ersichtlich. Die Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren stellt sicher, dass bis zum Eintritt der Bestandskraft der Jahreszeugnisse die Prüfungsarbeiten vorliegen. Besondere Umstände, die vorliegend eine weitere Aufbewahrung der Prüfungsarbeiten und der Erläuterung der Bewertung dienender Unterlagen nötig gemacht hätten, ergeben sich auch nicht aus den Überlegungen, wie sie im Verfahren der Klassenkameradin der Antragstellerin mit dem Ziel des Vorrückens auf Probe geltend gemacht wurden. Die vom Staatsministerium in seinem Schreiben an den Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags vom ... Oktober 2007 genannten Erwägungen, mit denen das Staatsministerium seine Entscheidung in diesem konkreten Verfahren begründet, - die Art und Weise der Unterrichtung der Klasse in den Vorjahren und die Besonderheit, dass in der elften Jahrgangsstufe L1- und L2-Schüler gemeinsam unterrichtet wurden - waren der Antragstellerin und ihren Klassenkameraden zum damaligen Zeitpunkt bekannt. Die Schule musste daher nicht damit rechnen, dass die Jahreszeugnisse weit nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen noch einmal zum Gegenstand eines Verfahrens gemacht würden, und war daher auch nicht gehalten, mit Blick darauf die Unterlagen weiter aufbewahren.

Ein Anspruch auf Akteneinsicht in die Bewertungsergebnisse aller Schüler der Klasse der Antragstellerin besteht nicht. Nach dem Vorbringen der Schule liegen Bewertungsergebnisse und Notenschlüssel der einzelnen Schulaufgaben und anderer Leistungserhebungen nicht mehr vor. Inwieweit die Bewertungsergebnisse mithilfe der Notenbögen der einzelnen Schüler der Klasse noch ermittelbar wären, kann dahin stehen. Denn für die Frage, ob bei den Prüfungsarbeiten der Antragstellerin Bewertungsdefizite vorlagen, ergeben sich aus den Prüfungsergebnissen aller Schüler der Klasse keine unmittelbaren Erkenntnisse.

Auch die von der Antragstellerin geltend gemachten Unterschiede im Notendurchschnitt der Jahresfortgangsnote der L1-Schüler gegenüber dem der L2-Schüler weisen allein nicht darauf hin, dass bei Bewertung ihrer Prüfungsarbeiten möglicherweise unangemessene Anforderungen an die von ihr zu erbringenden Leistungen gestellt worden wären, und führen nicht dazu, dass zur weiteren Aufklärung die Bewertungsergebnisse aller Schüler der Klasse zu würdigen wären.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - soweit die Bewertung nicht rein fachliche Fragen betrifft - die Benotung einer erbrachten Leistung dem auch gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Bewertungsspielraum der Prüfer unterliegt (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 - BVerfGE 84, 34/51 ff; BVerwG, U. v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 91, 262/265; BVerwG, U. v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 92, 132/137). Zu diesen dem Bewertungsspielraum zuzurechnenden Fragen zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B. v. 2.6.1998 - 6 B 78/97 - juris Rn. 3 f.; B. v. 16.8.2011 - 6 B 18/11 - juris Rn. 16; B. v. 8.3.2012 - 6 B 36/11 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 3.2.2014 - 7 ZB 13.2221 - juris Rn. 8). Bei diesen prüfungsspezifischen Wertungen ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit ihrem Prüfungsauftrag nicht zu vereinbarenden Erwägungen leiten lassen und ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist (ständige Rechtsprechung im Anschluss an BVerwG. U. v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 91, 262/265; vgl. BayVGH, B. v. 5.10.2009 - 7 ZB 09.160 - juris Rn. 9; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 882 ff.).

Mit der Anerkennung des prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums in den durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gezogenen Grenzen wird in Kauf genommen, dass verschiedene Prüfer ohne Rechtsverletzung dieselbe Prüfungsleistung unterschiedlich bewerten können. Dieser Umstand als solcher beinhaltet keinen Verstoß gegen die Chancengleichheit, der die Herstellung völliger Gleichheit weder gebietet noch realistischerweise überhaupt versprechen kann (BVerwG, B. v. 11.8.1998 - 6 B 49/98 - juris Rn. 30). Den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende Bewertungsmaßstäbe können daher nicht allein daraus gefolgert werden, dass die Bewertungsergebnisse einer von einem bestimmten Prüfer bewerteten Gruppe von Prüflingen von denen einer anderen Gruppe von Prüflingen oder von Durchschnittswerten abweichen (vgl. BVerwG, B. v. 11.8.1998 - 6 B 49/98 - juris Rn. 29; VGH BW, U. v. 10.11.2010 - 9 S 591/10 - juris Rn. 23 ff.). Schon für die Annahme eines Anscheins eines Prüfungsmangels wegen eines unangemessenen Bewertungsmaßstabs wäre erforderlich, dass eine Reihe von Indizien auf einen solchen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit hinweist (vgl. VGH BW, U. v. 10.11.2010 - 9 S 591/10 - juris Rn. 26).

Ob aus der mit sechs Schülern relativ geringen Anzahl an L1-Schülern in der Klasse überhaupt ein aussagekräftiger Notendurchschnittswert gewonnen werden kann, mag dahinstehen. Jedenfalls fehlen vorliegend über die von der Antragstellerin geltend gemachten Unterschiede im Notendurchschnitt der Jahresfortgangsnote der sechs L1-Schüler (3,17) gegenüber dem der 23 L2-Schüler (4,19) hinaus anderweitige Hinweise dafür, dass bei der Bewertung der Prüfungsarbeiten der Antragstellerin ein unangemessener Prüfungsmaßstab angelegt worden wäre. Wie oben ausgeführt, sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klasse der Antragstellerin entgegen dem Vortrag der Schule nicht nach den Maßstäben des Lehrplans für Latein als zweite Fremdsprache unterrichtet und geprüft worden wäre. Dass die L1-Schüler der Klasse damit nicht nach den Maßstäben des Lehrplans für Latein als erste Fremdsprache unterrichtet und geprüft wurden und vorliegend drei von ihnen - möglicherweise angesichts ihres etwas umfangreicheren Vorwissens - bessere Leistungen bei den Prüfungen nach dem Lehrplan für Latein als zweite Fremdsprache zeigen konnten, kann allein zu keinem Bewertungsdefizit bei der Antragstellerin führen; einen ähnlichen Vorteil haben in den modernen Fremdsprachen muttersprachliche Schüler oder Schüler mit besonderen Sprachkenntnissen, ohne dass dies allein Mängel bei der Bewertung der übrigen Mitschüler zur Folge hätte. Entsprechende Hinweise auf ein Bewertungsdefizit in Gestalt eines unangemessenen Prüfungsmaßstabs ergeben sich auch nicht aus der Stellungnahme des Staatsministeriums gegenüber dem Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags vom ... Oktober 2007. Die Stellungnahme des Staatsministeriums, insbesondere auch der von der Antragstellerin schriftsätzlich zitierte Auszug, gibt lediglich die Rechtsauffassung einer Behörde in einem bestimmten Einzelfall wieder. Tragende Erwägungen des Staatsministeriums sind die gemeinsame Unterrichtung von L1- und L2-Schüler sowie der in den vorangegangenen Jahrgangsstufen erteilte Lateinunterricht; die Stellungnahme bezieht sich gerade nicht auf die Notengebung im Fach Latein für L2-Schüler im Schuljahr 2006/2007. Erkenntnisse dazu, ob und in welcher Form ein Prüfungsmangel bei der Antragstellerin vorgelegen haben könnte, enthält die Stellungnahme nicht.

Eine Aufklärung der Frage, ob die Prüfungsarbeiten der Antragstellerin anhand eines unangemessenen Prüfungsmaßstabs bewertet worden waren, wäre nur mithilfe der - nicht mehr vorhandenen - Prüfungsarbeiten der Antragstellerin und die Bewertung erläuternden Unterlagen möglich. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass die Beiziehung der Prüfungsergebnisse aller Schüler der Klasse anhand etwa noch vorhandener Notenbögen hierzu Erkenntnisse bieten könnte, die entscheidend über die schon in das Verfahren eingeführten Notendurchschnitte der L1- und L2- Schüler hinausgehen; dass die Schule auf Beiziehung dieser Unterlagen verzichtet hat, ist daher nicht zu beanstanden. Dementsprechend hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Beiziehung und Akteneinsicht in diese Unterlagen.

Hinsichtlich der Schreiben der Schule vom 14. August 2007 und vom 9. September 2007 kann offen bleiben, ob diese Schreiben überhaupt noch beim Staatsministerium vorhanden sind und ob hierzu vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ein Antrag beim Staatsministerium zu stellen wäre. Denn jedenfalls kann die Antragstellerin diesbezüglich nicht Akteneinsicht verlangen. Zum Gegenstand dieser Schreiben und zur Begründung, warum diese Stellungnahmen von Bedeutung für das vorliegende Verfahren sind, verweist die Antragstellerin auf das Verfahren M 3 E 07.3885 und den hierzu vorgelegten Schriftsatz der dortigen Antragstellerin vom 20. September 2007. Mit diesem Schriftsatz und den beigefügten Anlagen wird auf die genannten Stellungnahmen der Schule erwidert; dabei macht die dortige Antragstellerin insbesondere die (aus ihrer Sicht unzulässige) Zusammenlegung von L1- und L2-Schülern in einer Klasse, Abweichungen vom Lehrplan, die bereits oben angesprochenen Unterschiede der Notendurchschnitte der L1- und der L2-Schüler, individuelle Umstände der dortigen Antragstellerin und die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für ein Vorrücken auf Probe geltend. Das Vorbringen der Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens und der in Bezug genommene Schriftsatz vom 20. September 2007 im Verfahren M 3 E 07.3885 bieten jedoch keinen Anhalt dafür, dass die Schule zur Entscheidung über das Anliegen der Antragstellerin dieses Verfahrens die Stellungnahmen vom 14. August 2007 und vom 9. September 2007 hätte beiziehen müssen. Wie oben ausgeführt, kann ein Prüfungsmangel bei der Antragstellerin nicht allein daraus gefolgert werden, dass L1- und L2-Schüler in einer Klasse gemeinsam unterrichtet wurden oder dass die Notendurchschnitte dieser beiden Schülergruppe voneinander abweichen. Es ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich, welche Bedeutung die im Verfahren M 3 E 07.3885 von Seiten der dortigen Antragstellerin geltend gemachten Abweichungen vom Lehrplan der zehnten Jahrgangsstufe für die Bewertung der Leistungen der Antragstellerin in der elften Jahrgangsstufe gehabt hätten. Gleiches gilt für die im Verfahren M 3 E 07.3885 vorgetragene Abweichung vom Lehrplan der elften Jahrgangsstufe (Geschichtsschreibung anstelle von Briefliteratur von ...). Nach den Anmerkungen der Fachbetreuerin auf dem teilweise geschwärzten Bogen zu den Schulaufgaben der Klasse der Antragstellerin in der elften Jahrgangsstufe war Gegenstand der Schulaufgabe Briefliteratur von ... Selbst wenn im Unterricht Geschichtsschreibung von ..., in der Schulaufgabe dagegen Briefliteratur von ... behandelt worden wäre, ist nicht ersichtlich, wie eine Überprüfung, ob sich hieraus ein Mangel im Prüfungsverfahren ergibt, ohne Kenntnis der im Unterricht und in der Schulaufgabe behandelten Texte und die Bewertung der Leistungen der Antragstellerin jetzt noch stattfinden könnte. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Schule ihre Stellungnahmen vom 14. August 2007 und vom 9. September 2007 nicht beigezogen hat.

Ein Anspruch der Antragstellerin auf Akteneinsicht und Auskunft lässt sich vorliegend auch nicht anderweitig begründen. Hinsichtlich der Einsichtnahme in nicht unmittelbar zu dem Verwaltungsverfahren gehörenden Akten gilt das allgemeine Einsichtsrecht. Akteneinsicht wird bei berechtigtem Interesse nach dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde gewährt (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 40, 18 f.). Hinsichtlich der Prüfungsaufgaben der Schulaufgaben, der Bewertungskriterien, der Notenschlüssel und etwaiger Bewertungsvorgaben geht das Gericht - wie oben ausgeführt - davon aus, dass diese Unterlagen bereits nicht (mehr) vorhanden sind. Die Ablehnung der Herausgabe eines ungeschwärzten Abdrucks des Respizienzbogens begegnet im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten anderer Schüler keinen Bedenken. Hinsichtlich der Bewertungsergebnisse aller Schüler hat die Schule darauf verwiesen, dass hierzu Unterlagen nicht mehr vorliegen. Selbst wenn diese aus den Notenbögen aller damaligen Schüler der Klasse noch ermittelbar wären, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich das Ermessen der Schule bei Gewährung der Akteneinsicht diesbezüglich auf Null reduziert hätte. Gleiches gilt hinsichtlich der Schreiben der Schule vom 14. August 2007 und vom 9. September 2007.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 7


(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. (2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. (3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 888 Nicht vertretbare Handlungen


(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Apr. 2016 - M 3 E 15.5018 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2014 - 7 ZB 13.2221

bei uns veröffentlicht am 03.02.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Aug. 2011 - 6 B 18/11

bei uns veröffentlicht am 16.08.2011

Gründe 1 1. Die auf die Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (a) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (b) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Nov. 2010 - 9 S 591/10

bei uns veröffentlicht am 10.11.2010

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. August 2009 - 12 K 2406/08 - wird geändert und wie folgt neu gefasst:Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19. Dezember 2007 und dessen Widers

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 11. Juni 2010 - 6 B 86/09

bei uns veröffentlicht am 11.06.2010

Gründe 1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. 2 1. Die Revision ist n

Referenzen

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Gründe

1

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß §132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Gemessen an dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO lässt sich der Beschwerdebegründung keine solche Frage mit Grundsatzbedeutung entnehmen.

4

Die Klägerin bestand im Jahr 2005 die erste juristische Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen nicht. Mit der Zulassung zur Wiederholungsprüfung im März 2006 erließ ihr das beklagte Prüfungsamt antragsgemäß die Anfertigung der im ersten Prüfungsversuch mit acht Punkten bewerteten häuslichen Arbeit auf der Grundlage von § 18 Abs. 2 des Gesetzes über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz) in der auf die Klägerin noch anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1993 (GV. NRW. S. 924 - JAG NRW 1993 -; vgl. zu der neuen Struktur der ersten Prüfung in der ab dem 1. Juli 2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11. März 2003 - GV.NRW. S. 135 - : §§ 2 ff. JAG NRW 2003). Das Begehren der auch in der Wiederholungsprüfung gescheiterten Klägerin auf eine Verpflichtung des beklagten Prüfungsamtes zur Neubewertung der angerechneten Hausarbeit hat das Oberverwaltungsgericht unter Verweis auf die (materielle) Bestandskraft des Bescheides über den ersten Prüfungsversuch der Klägerin abgelehnt.

5

Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 23. November 2009 als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage formuliert, "ob einmal angerechnete Prüfungsleistungen nach endgültigem Nichtbestehen der ersten juristischen Staatsprüfung noch im Rahmen eines unabhängigen Leistungsanspruchs des Prüflings in Bezug auf die Wiederholungsprüfung erneut bewertet werden müssen." In ihren weiteren, allerdings erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingereichten Schriftsätzen vom 30. März 2010 und vom 3. Juni 2010 hat die Klägerin die Fragestellung präzisiert und den ihrer Ansicht nach bestehenden bundesrechtlichen Bezug des im nicht revisiblen Landesrecht wurzelnden Falles beschrieben. Es gehe vor allem um folgende Fragen: "Wann steht einem allgemeinen Leistungsanspruch auf Vornahme einer Verwaltungshandlung die Bestandskraft eines Bescheides entgegen, wenn sich dieser Bescheid aus zwei (oder mehreren) Verwaltungshandlungen zusammensetzt und die erste (streitgegenständliche) Verwaltungshandlung Bedingung der zweiten ist? Ist ein allgemeiner Leistungsanspruch schon verwirkt, sobald ein - im vorliegenden Fall nicht vorhandenes - treuwidriges Verhalten des Anspruchstellers vorliegt oder muss auch eine zeitliche Komponente gegeben sein?" Der geltend gemachte Leistungsanspruch auf Neubewertung der häuslichen Arbeit ergebe sich aus der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über die Bestandskraft von Bescheiden und über die Verwirkung von Rechtsschutzansprüchen sowie dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

6

Die derart formulierten und erläuterten Fragen rechtfertigen - ungeachtet des Umstandes, dass die auf die Prüfung der Klägerin noch anwendbaren Bestimmungen der §§ 2 ff. JAG NRW 1993 über das erste juristische Examen durch §§ 2 ff. JAG NRW 2003 grundlegend umgestaltet worden sind und damit ausgelaufenes Recht darstellen - die Zulassung der Grundsatzrevision nicht.

7

a) Soweit sich die Klägerin im Hinblick auf eine Grundsatzbedeutung der von ihr bezeichneten Fragestellung auf die in diesem Zusammenhang zu klärende Reichweite des allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Bestandskraft von Verwaltungsakten beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass allgemeine Rechtsgrundsätze, die zur Ergänzung von landesrechtlichen Prüfungsbestimmungen herangezogen werden, regelmäßig ebenfalls dem nach § 137 Abs. 1 Satz 1 VwGO irrevisiblen Landesrecht angehören (Urteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 67.82 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 195 S. 180; Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 75.98 - juris Rn. 3).

8

Abgesehen hiervon ist nicht zweifelhaft und bedarf deshalb keiner weiteren Klärung, dass Prüfungsbescheide, auch wenn sie in einem fehlerhaften Prüfungsverfahren ergangen sind, mit ihrer Unanfechtbarkeit bestandskräftig werden, dass ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG besteht, dass die Behörde im Übrigen über die Frage des Wiederaufgreifens gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu befinden hat und dass der Ermessensspielraum sich nur ausnahmsweise derart reduziert, dass eine andere Entscheidung als das Wiederaufgreifen nicht in Frage kommt. Jenseits dieser Grundsätze bestimmt sich die Reichweite der Bestandskraft eines ergangenen Prüfungsbescheides zum einen nach den jeweiligen irrevisiblen landesrechtlichen Prüfungsnormen, auf die er gestützt ist, und zum anderen nach seinem konkreten Inhalt im Einzelfall und ist deshalb in einem Revisionsverfahren nicht allgemein klärungsfähig.

9

b) Hieraus folgt zugleich, dass auch der Verweis der Klägerin auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG den von ihr aufgeworfenen Fragen keine grundsätzliche Bedeutung verleiht. Dass das Institut der Bestandskraft von Verwaltungsakten, dessen Reichweite aus Anlass des zur Entscheidung stehenden Falles keiner weiteren allgemeinen Klärung zugeführt werden kann, dem Schutzzweck der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes nicht widerstreitet, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253, S. 269) geklärt.

10

c) Eine Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen ferner nicht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. den daraus ableitbaren Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungswettbewerb (vgl. dazu: Urteil vom 28. April 1978 - BVerwG 7 C 50.75 - BVerwGE 55, 355 <358 und 360> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 90 S. 91 und 93). Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, das Oberverwaltungsgericht habe ein sog. Blockversagen in Form einer sehr schlecht bewerteten häuslichen Arbeit (vgl. dazu § 15 Abs. 2 und 3 JAG NRW 1993) zur Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Neubewertung der angerechneten häuslichen Arbeit erhoben, wogegen gerade bei besseren Arbeiten die Aussicht auf eine noch günstigere Bewertung und damit auf ein Bestehen der Prüfung bestehe, missversteht sie die Erwägungen des Berufungsgerichts. Denn dieses hat das sog. Blockversagen lediglich zur Abgrenzung gegenüber dem einer früheren Entscheidung (OVG Münster, Urteil vom 30. März 1998 - 22 A 4551/95 - NWVBl 1998, 403 ff.) zu Grunde liegenden Sachverhalt in den Blick genommen und ausgeführt, dass in einer solchen Konstellation eine der Bestandskraft fähige Gesamtnote, in die auch die Bewertung der häuslichen Arbeit einfließe, nicht errechnet werde (UA S. 9 f.). Die Art des sog. Blockversagens und die erzielte Note der häuslichen Arbeit haben für diese vergleichende Betrachtung demgegenüber ersichtlich keine Rolle gespielt. Eine Rechtsfrage, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt oder auf die diese nicht entscheidend abgehoben hat, kann aber regelmäßig und so auch hier nicht die Zulassung der Revision zur Folge haben (Beschlüsse vom 14. November 2008 - BVerwG 6 B 61.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 47 S. 17 und vom 5. Oktober 2009 - BVerwG 6 B 17.09 - juris Rn. 7).

11

d) Schließlich führt die Bezugnahme Klägerin auf den aus dem Grundsatz von Treu und Gauben gemäß § 242 BGB ableitbaren Rechtsgedanken der Verwirkung nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der von ihr bezeichneten Fragestellung. Dieser ohne weitere verfassungsrechtliche Verankerung auch im Verwaltungsrecht zu beachtende Grundsatz würde im Falle seiner Anwendung die landesrechtlichen Prüfungsbestimmungen ergänzen und wäre deshalb nach den obigen Darlegungen (unter 1.a)) seinerseits dem irrevisiblen Landesrecht zuzuordnen (Beschlüsse vom 29. Oktober 1997 - BVerwG 8 B 194.97 - Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 88 S. 50 f. und vom 26. Mai 1999 a.a.O. Rn.3).

12

Abgesehen davon kam es aufgrund der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, ein Anspruch der Klägerin auf eine Neubewertung der angerechneten Hausarbeit sei aus Gründen der (materiellen) Bestandskraft des Bescheides über den ersten Prüfungsversuch der Klägerin ausgeschlossen, auf die Problematik der Verwirkung des Klagerechts nicht mehr an.

13

2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz - hier im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 75.98 - (a.a.O.) - lässt sich dem Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht entnehmen.

14

Eine solche Abweichung wäre nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benannt hätte, mit dem die Vorinstanz einem in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, diesen Beschluss tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hätte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

15

Die Beschwerde will der Sache nach aus dem genannten Beschluss herleiten, dass die Zulässigkeit einer Klage auf Neubewertung einer angerechneten häuslichen Arbeit aus einem ersten Prüfungsversuch nach nicht bestandener Wiederholungsprüfung nicht wegen der entgegenstehenden (materiellen) Bestandskraft des ersten Prüfungsbescheids und des deshalb fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses, sondern allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Verwirkung des Klagerechts verneint werden könne. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist indes, soweit er sich mit der Thematik der Verwirkung befasst, tragend nur auf die Erwägung gestützt, dass die hierzu in jenem Verfahren gestellte Grundsatzfrage eine solche des nicht revisiblen Landesrechts sei, jedenfalls aber keine klärungsbedürftigen Fragen aufwerfe. Die von der Klägerin gezogenen weitergehenden Folgerungen sind der Entscheidung nicht zu entnehmen. Ein inhaltlicher Widerspruch zwischen den Ausführungen zur Verwirkung in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts und dem angefochtenen Urteil scheidet aus, weil das Oberverwaltungsgericht die Frage der Verwirkung mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erörtert hat.

16

3. Mit der Verfahrensrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kann die Klägerin die Revisionszulassung nicht erreichen, weil sie sich auf einen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung und auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs erstmals in ihrem Schriftsatz vom 30. März 2010 und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO berufen hat.

17

4. Soweit die Klägerin schließlich in ihrer Beschwerdebegründungsschrift vom 23. November 2009 und vertiefend in ihren Schriftsätzen vom 30. März 2010 und vom 3. Juni 2010 ernsthafte Zweifel an der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck bringt bzw. deren Rechtswidrigkeit in der Art der Begründung einer bereits zugelassenen Revision - insbesondere unter Bezugnahme auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 30. März 1998 - 22 A 4551/95 - und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 75.98 - (jeweils a.a.O.) - geltend macht, bezeichnet sie bereits im Ansatz keinen der in § 132 Abs. 2 aufgeführten Revisionszulassungsgründe. Namentlich rechtfertigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung zwar gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung, einen entsprechenden gesetzlichen Grund für die Zulassung der Revision gibt es hingegen nicht.

Gründe

1

1. Die auf die Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (a) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (b) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

a) Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Dies ist hier nicht der Fall.

3

aa) Die Rügen der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

4

(1) Soweit die Klägerin der Auffassung ist, ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liege darin, dass es der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung unterlassen habe, die von dem Verwaltungsgericht festgestellten Mängel der Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5, 6 und 7 zu erörtern (S. 4 f. der Beschwerdebegründung), hat diese Rüge schon deshalb keinen Erfolg, weil sie nicht den Begründungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15). Die Klägerin legt im vorliegenden Zusammenhang lediglich dar, durch das von ihr beanstandete Versäumnis, sei ihr die Möglichkeit zu weiterem Vorbringen mit Blick auf die angeblichen Bewertungsmängel abgeschnitten worden. Darin kann eine substantiierte Darlegung dessen, was im Fall der Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre, nicht gesehen werden.

5

(2) Die Revision ist auch nicht wegen der Rüge der Klägerin zuzulassen, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs deshalb verletzt, weil sich aus den Entscheidungsgründen kein Hinweis darauf ergebe, dass das Gericht ihre, der Klägerin, Darlegungen zu den einzelnen Bewertungsfehlern zur Kenntnis genommen und gewürdigt habe (S. 5 f. der Beschwerdebegründung). Auch diese Rüge genügt nicht den Begründungsanforderungen.

6

Dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs korrespondiert die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 m.w.N.). Eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist u.a. nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend begründet, wenn im Einzelnen dargelegt wird, welches konkrete Vorbringen das Gericht angeblich übergangen hat. Dem genügt nicht eine pauschale Behauptung - wie hier -, aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergebe sich, dass die Vorinstanz erhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe. Dem Substantiierungsgebot trägt die Klägerin auch nicht durch die Erwägungen Rechnung, für einen Gehörsverstoß sprächen der "kurze(n) Zeitraum zwischen mündlicher Verhandlung und Beschlussfassung" und "die überlange Zeitspanne von 4 1/2 Monaten zwischen mündlicher Verhandlung und Zustellung der Entscheidung".

7

(3) Soweit die Klägerin in der Beschwerdebegründung ausführlich darlegt (S. 6 unten bis S. 16 Mitte), dass die in dem angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5, 6 und 7 seien nicht zu beanstanden, unzutreffend sei, vermag dies die Annahme einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Die Klägerin zeigt in diesem Zusammenhang im Einzelnen auf, warum aus ihrer Sicht die Bewertungen rechtsfehlerhaft sind. Dies rechtfertigt die Annahme eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs deshalb nicht, weil sich aus diesem Recht keine Verpflichtung des Gerichts ergibt, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen. Dementsprechend ist ein Gehörsverstoß nicht schon dann gegeben, wenn das Gericht dem Vorbringen einer Partei nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig erachtet (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 23. Juni 2008 - BVerwG 9 VR 13.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 7 S. 8 m.w.N.).

8

(4) Schließlich ist die Revision auch nicht aufgrund der klägerischen Rüge zuzulassen, das angegriffene Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar und verletze deshalb den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Klägerin meint, eine Überraschungsentscheidung liege deshalb vor, weil der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung die angeblichen Fehler bei der Bewertung von Aufsichtsarbeiten nicht erörtert und der Vorsitzende den Eindruck vermittelt habe, die Entscheidung der Vorinstanz sei insoweit nicht zu beanstanden. Diese Rüge genügt nicht den Begründungsanforderungen, weil die Klägerin auch insoweit nicht substantiiert dargelegt hat, was sie im Fall der angeblich versäumten Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte.

9

Davon abgesehen liegt ein Gehörsverstoß insoweit auch nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, die Klägerin vor seiner Entscheidung darauf hinzuweisen, dass er in seinem Urteil annehmen werde, die Bewertungen seien fehlerfrei. Zwar konkretisiert die dem Vorsitzenden obliegende Hinweispflicht des § 86 Abs. 3 VwGO den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (vgl. Urteil vom 11. November 1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <266 f.> und Beschluss vom 10. Mai 2011 - BVerwG 8 B 87.10 - juris Rn. 5 m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zur umfassenden Erörterung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung (vgl. z.B. Beschluss vom 27. November 2008 - BVerwG 5 B 54.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 60 Rn. 8 m.w.N.). Eine Ausnahme hiervon gilt dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit dem oder mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 27. November 2008 a.a.O. Rn. 8; BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.>). Das war hier nicht der Fall. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde erörtert, ob die in Rede stehenden Aufsichtsarbeiten fehlerhaft bewertet wurden, was das Verwaltungsgericht in seinem Urteil angenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 19. März 2010 über die Zulassung der Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Berufungsverfahren vorbehalten bleibe, ob Bewertungsfehler bei der Beurteilung der einzelnen Aufgaben vorlägen (S. 3 des Beschlusses). Es lag schon deshalb nicht fern, dass dieser Gesichtspunkt auch im Berufungsverfahren Bedeutung erlangt. Dementsprechend hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof vom 24. Mai 2010 umfangreich zu angeblichen Bewertungsmängeln vorgetragen. Mithin konnte es die anwaltlich vertretene Klägerin nicht überraschen, dass die in Rede stehende Frage vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil aufgegriffen wurde.

10

bb) Der Klägerin ist auch nicht darin zu folgen, dass das angefochtene Urteil nicht mit Gründen versehen und deshalb verfahrensfehlerhaft ist.

11

Der von der Beschwerde insoweit geltend gemachte Verstoß gegen § 138 Nr. 6 VwGO liegt nicht vor. Der in dieser Bestimmung geregelte absolute Revisionsgrund einer nicht mit Gründen versehenen Entscheidung ist gegeben, wenn ein nach mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil (§ 116 Abs. 1 VwGO), das bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung mit Tatbestand und Entscheidungsgründen von den Richtern unterschrieben der Geschäftsstelle des Gerichts übergeben worden ist (GmS-OGB, Beschluss vom 27. April 1993 - GmS-OGB 1/92 - BVerwGE 92, 367 <372 ff.>; BVerwG, Beschlüsse vom 26. April 1999 - BVerwG 8 B 67.99 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 30 S. 6 f. und vom 24. November 2005 - BVerwG 9 B 20.05 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dementsprechend ist ein nicht verkündetes sondern - wie hier - im Sinne des § 116 Abs. 2 VwGO zugestelltes Urteil, das aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergeht, im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO "nicht mit Gründen versehen", wenn es später als fünf Monate in der vorgeschriebenen Form der Geschäftsstelle übergeben worden ist (vgl. Beschluss vom 14. Februar 2003 - BVerwG 4 B 11.03 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 30 S. 7 m.w.N.). Dieser Zeitraum ist hier nicht überschritten. Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2010 ergangene Urteil wurde in der vorgeschriebenen Form am 17. März 2011 der Geschäftsstelle übergeben.

12

Anlasspunkte dafür, dass dem Gericht trotz Einhaltung dieser äußersten "Absetzungsfrist" bei Abfassung des Urteils die mündliche Verhandlung und die Gründe der Entscheidungsfindung nicht mehr hinreichend gegenwärtig waren, vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen. Der Umstand, dass der zwischen der Verhandlung und der Übergabe an die Geschäftsstelle verstrichene Zeitraum von über vier Monaten als unangemessen lang angesehen werden könnte, reicht dafür nicht aus. Soweit die Klägerin auch im vorliegenden Zusammenhang darlegt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof die Bewertungen von Aufsichtsarbeiten nicht erörtert worden seien, ist ein Zusammenhang mit einem Verfahrensfehler im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht ersichtlich.

13

b) Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

14

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14 m.w.N.). Daran gemessen rechtfertigt die von der Klägerin aufgeworfene und von ihr als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage nicht die Zulassung der Revision.

15

Die Klägerin möchte sinngemäß geklärt wissen, ob die Bewertung, welche Leistungen in einer bestimmten Prüfung von den Kandidaten erwartet werden können und inwieweit eine konkrete Leistung diesen Erwartungen genügt, dem gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Prüfer unterfällt. Diese Frage verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, weil sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet ist.

16

Der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit gebietet eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten. Dies ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <51 f.>). Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 a.a.O. 53 ff.; BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2004 - BVerwG 6 B 25.04 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406 S. 68 m.w.N.). Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. Urteile vom 12. November 1997 - BVerwG 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328 <333 f.> und vom 14. Juli 1999 - BVerwG 6 C 20.98 - BVerwGE 109, 211 <216 ff.> und Beschluss vom 13. Mai 2004 a.a.O. S. 69). Ebenso handelt es sich um eine dem Prüfer vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleitung als "brauchbar" zu bewerten ist (vgl. Urteil vom 12. November 1997 a.a.O. S. 334). In diesem Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. Beschluss vom 13. Mai 2004 a.a.O. S. 69 m.w.N.). Mit Blick auf diese Rechtsprechung wirft die Klägerin keine höchstrichterlich noch ungeklärte Frage auf.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Bewertung seines Kolloquiums als Teil seiner Abiturprüfung.

Am 11. Juni 2012 unterzog sich der Kläger der Kolloquiumsprüfung in der Fächerkombination Geschichte und Sozialkunde. Seine Prüfungsleistung wurde mit acht Punkten bewertet. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 10. und 18. Juli 2012 Einwendungen wegen des Prüfungsablaufs und der vergebenen Note, welche die Schule und der Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Mittelfranken zurückwiesen. Nach Ablehnung des hiergegen eingelegten Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid der Schule vom 14. September 2012 reichte der Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage ein mit dem Antrag, die Benotung der mündlichen Abiturprüfung aufzuheben, die mündliche Prüfung mit mindestens neun Punkten neu zu bewerten und die Gesamtnotenfestsetzung im Abiturzeugnis entsprechend anzuheben.

Mit Urteil vom 16. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht die (zuletzt auf Bewertungsrügen beschränkte) Klage abgewiesen. Die Prüfungsentscheidung sei nicht zu beanstanden. Die Bewertung sei anhand des Prüfungsprotokolls nachvollziehbar. Ein Verstoß gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze sei nicht ersichtlich. Die Note sei auch korrekt berechnet worden.

Zur Begründung des hiergegen eingereichten Antrags auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, macht der Kläger mit Schriftsatz vom 18. November 2013, ergänzt durch Schriftsatz vom 28. Januar 2014, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Er habe substanzielle Einwendungen gegen die Bewertung der einzelnen Teilleistungen vorgebracht und aufgezeigt, in welchen Punkten die im Prüfungsprotokoll enthaltenen Angaben und Bewertungen unzutreffend und nicht nachvollziehbar seien. Weder die schriftliche Stellungnahme der Prüferinnen noch deren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung hätten seine Einwendungen ausgeräumt. Auch die Berechnung der Note sei wegen der gebotenen doppelten Gewichtung der Leistung im Fach Geschichte fehlerhaft.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Akten der Schule Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Abgesehen davon, dass der Kläger im Falle eines Bewertungsfehlers ohnehin keine Neubewertung, sondern allenfalls eine Wiederholung der mündlichen Abiturprüfung verlangen könnte, weil für eine erneute Bewertung der erbrachten Leistung wegen der seit der Prüfung vergangenen Zeit keine verlässliche Bewertungsgrundlage mehr vorhanden ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.4.1996 - 6 B 13.96 - NVwZ 1997, 502; B. v. 20.5.1998 - 6 B 50/97 - NJW 1998, 3657/3658; B. v. 19.12.2001 - 6 C 14/01 - NVwZ 2002, 1375/1376; OVG NW, B. v. 23.12.2013 - 14 B 1378/13 - juris Rn. 9; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Auflage 2010, Rn. 690), ergeben sich aus der Antragsbegründung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Prüfungsbewertungen sind wegen des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Prüfungsspezifische Wertungen, die keine von den Gerichten zu kontrollierenden Verstöße erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen. Hierzu zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B. v. 2.6.1998 - 6 B 78/97 - juris Rn. 3 f.; B. v. 16.8.2011 - 6 B 18.11 - juris Rn. 16; B. v. 8.3.2012 - 6 B 36/11 - NJW 2012, 2054).

b) Eine Überschreitung des prüferischen Bewertungsspielraums ist vorliegend nicht erkennbar. Anhand des Prüfungsprotokolls und der ergänzenden Stellungnahmen der Prüferin und der Schriftführerin lässt sich hinreichend nachvollziehen, welche Prüfungsleistungen des Klägers positiv und negativ bewertet wurden und mit welchem Gewicht sie in die Bewertung der Gesamtleistung eingeflossen sind. Auch die Berechnung der vergebenen Note ist nicht zu beanstanden.

aa) Das Kolloquium der Abiturprüfung dauert in der Regel 30 Minuten (§ 81 Abs. 1 Satz 7 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern [Gymnasialschulordnung - GSO] vom 23.1.2007 [GVBl S. 68, BayRS 2235-1-1-1-UK] in der im Zeitpunkt der Prüfung geltenden Fassung der Änderungsverordnung vom 8.7.2011 [GVBl S. 320] - im Folgenden GSO 2011). Es beginnt mit dem ca. zehnminütigen Kurzreferat der Schülerin oder des Schülers zum gestellten Thema aus dem gewählten Prüfungsschwerpunkt. Daran schließt sich - ausgehend vom Kurzreferat - ein Gespräch an. Hiermit endet der erste Prüfungsteil von insgesamt etwa 15 Minuten Dauer. Es folgt als zweiter Prüfungsteil das Gespräch zu den Lerninhalten aus zwei weiteren Ausbildungsabschnitten mit insgesamt ebenfalls ca. 15 Minuten Dauer (§ 81 Abs. 2 Satz 1 GSO 2011). Bei der Bewertung der mündlichen Prüfung ist neben den fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten die Gesprächsfähigkeit angemessen zu berücksichtigen (§ 82 Abs. 3 Satz 3 GSO 2011). In der Fächerkombination Geschichte und Sozialkunde ist zu beachten, dass zwei Drittel der Prüfungszeit auf Geschichte und etwa ein Drittel auf Sozialkunde entfallen und die Leistungen im Verhältnis zwei (Geschichte) zu eins (Sozialkunde) zu gewichten sind (Anlage 9 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb und § 61 Abs. 3 Satz 1 GSO 2011).

bb) Die vergebene Note für die mündliche Gesamtprüfungsleistung des Klägers wurde korrekt ermittelt. Die Gymnasialschulordnung verlangt insoweit - im Unterschied zu der für das neunjährige Gymnasium geltenden Regelung des § 82a Abs. 3 Sätze 4 bis 6 GSO in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung - nicht mehr die Vergabe von Noten für einzelne Teilleistungen und deren Addition zu einer Gesamtnote, sondern lediglich eine Verteilung der Prüfungszeit auf die Fächer Geschichte und Sozialkunde im Verhältnis zwei zu eins und eine entsprechende Gewichtung der Prüfungsleistungen. Dem wurde vorliegend dadurch Rechnung getragen, dass sowohl das Referat des Klägers („Die Palästinafrage: Kernproblem des arabisch-israelischen Konflikts?“) und das anschließende Gespräch hierüber im ersten Prüfungsteil mit den Themen ‚Zionismus‘ und ‚PLO‘ als auch der erste Themenkomplex des zweiten Prüfungsteils (‚individuelle Lebensführung im 15. Jahrhundert‘, ‚Vergleich zum 19. Jahrhundert‘, ‚Gewinner der Industrialisierung‘, ‚Familie in der Stände- und Industriegesellschaft‘, ‚Rolle der Frau in der Ständegesellschaft‘) geschichtliche Fragen betrafen. Der zweite Abschnitt des zweiten Prüfungsteils befasste sich mit Fragen der Sozialkunde (‚Familie - ein Auslaufmodell? ‘, ‚Friedensgefährdung im 21. Jahrhundert‘) und wurde im Prüfungsprotokoll entsprechend gekennzeichnet. Darüber hinausgehende Vorgaben für die Notenbildung, insbesondere ein striktes arithmetisches Berechnungssystem, lassen sich der Gymnasialschulordnung nicht (mehr) entnehmen. Deshalb bleibt es dabei, dass für die Bewertung auf den während der Prüfung gewonnenen Gesamteindruck abzustellen ist und die Frage, welche Gewichtung einzelnen positiven Ausführungen für die Gesamtbewertung zukommt, in den Bereich der prüfungsspezifischen Wertungen fällt.

cc) Der Fach- bzw. Unterausschuss (§ 77 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 GSO 2011) hat bei der Notenvergabe, die anhand des Prüfungsprotokolls und der ergänzenden Äußerungen hinreichend nachvollzogen werden kann, seinen Bewertungsspielraum nicht überschritten.

Eine wörtliche oder umfassende Protokollierung von Fragen und Antworten in der mündlichen Prüfung ist weder gesetzlich noch verfassungsrechtlich geboten (BVerwG, B. v. 31.3.1994 - 6 B 65/93 - NVwZ 1995, 494; U. v. 6.9.1995 - 6 C 18/93 - BVerwGE 99, 185/191, 196; BVerfG, B. v. 14.2.1996 - 1 BvR 961/94 - NVwZ 1997, 263; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, Rn. 456 ff.). Darlegungen etwa dazu, welche Fragen im Einzelnen falsch beantwortet wurden und welche Kriterien letztlich für die Endnote ausschlaggebend waren, sind nicht zwingender Bestandteil des Protokolls (BayVGH, B. v. 21.12.2009 - 7 ZB 09.1963 - juris Rn. 16). Allerdings kann der Prüfling auch bei mündlichen Prüfungen eine angemessene Begründung der Prüfungsentscheidung und damit die Bekanntgabe der wesentlichen Gründe verlangen, mit denen die Prüfer zu einer bestimmten Bewertung der Prüfungsleistungen gelangt sind. Der konkrete Inhalt des Informationsanspruchs hängt davon ab, wann und wie der Prüfling ihn spezifiziert, insbesondere sein Verlangen nach Angabe der Gründe rechtzeitig und sachlich-vertretbar darlegt (BVerwG, U. v. 6.9.1995 - 6 C 18/93 - BVerwGE 99, 185/189 ff.; B. v. 24.2.2003 - 6 C 22.02 - juris Rn. 17).

Gemessen daran ist die Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung des Klägers nachvollziehbar. Dem Protokoll über die Prüfung mit einer Gesamtdauer von einer halben Stunde (ohne Vorbereitungszeit) ist zum ersten Prüfungsteil das Thema des Referats des Klägers mit den hierzu festgehaltenen positiven Bewertungen zu entnehmen. Des Weiteren enthält das Protokoll die Themen der sich hieran anschließenden Fragen (‚Israelis - Israeliten‘, ‚Zionismus‘, ‚Antisemitismus - Antijudaismus‘, ‚Entstehung der PLO‘). Soweit der Kläger meint, die Begründung für die Prüferbemerkung „historischer Hintergrund nicht ganz bekannt“ zum Fragenkomplex ‚Zionismus‘ sei nicht dargelegt, ergibt sich bereits aus dem Protokoll, dass er den Unterschied zwischen Antisemitismus und Antijudaismus nur mit Nachfragen erklären konnte. Insoweit hat der Kläger in seinen Einwendungen vom 10. und 18. Juli 2012 selbst eingeräumt, dass er diese „Begriffe nicht exakt differenzieren“ konnte, da sie seiner „Meinung nach dasselbe Phänomen, nämlich den Judenhass und die Judenverfolgung umschreiben.“ Nachdem jedoch der Stellungnahme der Schule vom 18. Juli 2012, dem Widerspruchsbescheid vom 14. September 2012 und der Stellungnahme der Prüferinnen (Bl. 79 f. der VG-Akte) zufolge gerade diese Differenzierung im Unterricht des zweiten Halbjahres der Jahrgangsstufe 12 sehr detailliert besprochen wurde, sind die Bemerkungen „nicht ganz bekannt“ und „nur mit Nachfragen“ ebenso wie eine negative Gewichtung im Rahmen der Gesamtbewertung nicht zu beanstanden. Detailwissen über Theodor Herzl wurden, wie die Prüferinnen mehrfach versichert haben, in der Prüfung nicht abgefragt oder gefordert.

Die Prüferbemerkung „ordentlich entwickelt“ hinsichtlich des Prüfungsthemas ‚Entwicklung der PLO‘ begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Aufgrund der zeitlichen Vorgaben der Gymnasialschulordnung für die mündliche Prüfung entfielen lediglich ca. fünf Minuten auf die ergänzenden Fragen zum Kurzreferat. Neben der ‚Entwicklung der PLO‘ wurden dem Prüfungsprotokoll zufolge in diesem Zusammenhang noch weitere Fragen behandelt. Die ‚Entwicklung der PLO‘ nahm somit innerhalb der Prüfung keinen breiten Raum ein. Dem Anspruch auf Bekanntgabe der tragenden Gründe für die Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung (vgl. BVerwG, U. v. 6.9.1995 - 6 C 18/93 - BVerwGE 99, 185/191) ist durch die Bemerkung im Protokoll und den Hinweis auf den Zeitablauf in der Stellungnahme der Schule vom 18. Juli 2012 Genüge getan. Das Fehlen von Nachfragen der Prüferinnen zu diesem Thema lässt nicht darauf schließen, dass die Prüfungsleistung des Klägers insoweit eine durchweg positive Bewertung gerechtfertigt hätte. In dem bloßen Unterlassen einer „Rückmeldung“ des Prüfers zu den gegebenen Antworten kann auch kein Fairnessverstoß gesehen werden. Die Prüfer sind nicht verpflichtet, erbrachte Teilleistungen fortlaufend zu kommentieren und damit dem Prüfling ein sofortiges „Feedback“ zu geben. Das Fairnessgebot verlangt insoweit kein aktives Prüferverhalten, sondern verbietet es lediglich, durch die Art der Reaktionen den Prüfling gezielt zu verunsichern bzw. einzuschüchtern oder ihm einen falschen Eindruck zu vermitteln (BayVGH, B. v. 21.12.2009 - 7 ZB 09.1963 - juris Rn. 11). Derartiges Prüferverhalten ist vorliegend aber nicht erkennbar.

Auch hinsichtlich des Themengebiets ‚Möglichkeiten der individuellen Lebensgestaltung im 15. Jahrhundert und Vergleich zum 19. Jahrhundert‘ sind die Prüferbemerkungen („sichere Begriffsterminologie, etwas weitschweifig, gewisser Aufstieg möglich, soziale Mobilität an Beispielen“) ausreichend, um die Gesamtbewertung nachvollziehen zu können. Wie bereits ausgeführt ist weder eine wörtliche Protokollierung noch eine nachträgliche Rekonstruktion jeder einzelnen Frage und Antwort geboten, um dem Anspruch des Prüflings auf eine hinreichende Begründung der Bewertung seiner Prüfungsleistung Rechnung zu tragen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht die ergänzende Anmerkung der Prüferin und der Schriftführerin, der Kläger habe bei der Prüfung nicht von der Möglichkeit des Aufstiegs wohlhabender Bürger zu Unternehmern gesprochen, zu Unrecht dem Themenkomplex ‚Gewinner der Industrialisierung‘ zugeordnet hat. Die Prüfungsgebiete ‚Vergleich der Möglichkeiten individueller Lebensgestaltung im 15. Jahrhundert mit dem 19. Jahrhundert‘ und ‚Gewinner der Industrialisierung‘ hängen thematisch eng miteinander zusammen und wurden dem Protokoll zufolge auch zusammenhängend geprüft. Der Kläger selbst hat den Prüfungsverlauf in seinen Einwendungen vom 10. und 18. Juli 2012 (S. 4 - 5) wie folgt geschildert: Er habe seine Antwort zum Themengebiet ‚Möglichkeiten und Grenzen individueller Lebensgestaltung vom 15. bis zum 19. Jahrhundert‘ in zwei Teile aufgeteilt. Zunächst habe er die Aufstiegsmöglichkeiten in der Ständegesellschaft beschrieben. Anschließend sei er dazu übergegangen, die Aufstiegsmöglichkeiten während der Industriegesellschaft aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang habe er unter anderem die Möglichkeit für wohlhabende Bürger genannt, zu Unternehmern aufzusteigen. Danach sei er gefragt worden, wer die Gewinner der Industrialisierung gewesen seien, und habe hierzu unter anderem ausgeführt, reiche Familien wie z. B. Adelsfamilien hätten Unternehmer werden und somit zunehmend an Macht und Bedeutung gewinnen können. Die Prüferinnen haben in ihrer Stellungnahme jedoch bestritten, dass der Kläger überhaupt von der Möglichkeit des Aufstiegs wohlhabender Bürger zu Unternehmern gesprochen habe. Für die sich daraus ergebende negative Bewertung kommt es auf eine präzise Zuordnung der erwarteten Antwort zu einem der beiden zusammenhängend geprüften Themengebiete nicht entscheidend an.

Hinsichtlich der Prüfungsthemen ‚Familie in der Stände- und Industriegesellschaft‘ und ‚Rolle der Frau in der Ständegesellschaft‘ wurden die Antworten des Klägers dem Prüfungsprotokoll zufolge nicht durchgehend negativ bewertet. Allerdings habe der Kläger die Fragen zum Teil nur mit Hilfestellung beantworten können. Positiv bemerkt wurde seine Leistung zur ‚Rolle der Frau in der Ständegesellschaft‘ („zügig, nach Berufs/Schichten differenziert …“). Der Einwand in der Antragsbegründung, das Verwaltungsgericht habe insoweit nicht beachtet, dass der Kläger auf Nachfrage zwischen den verschiedenen Berufsgruppen differenziert und dies begründet habe, geht somit ins Leere.

Zum Themenkomplex ‚Friedensgefährdung im 21. Jahrhundert‘ enthält das Protokoll neben kritischen auch positive Anmerkungen („zutreffend erklärt“). Die Prüferinnen bemängelten allerdings in ihren ergänzenden Anmerkungen, der Nahostkonflikt sei bereits Thema des Referats gewesen. Die weiteren vom Kläger genannten Beispiele hätten nur partiell überzeugen können. Mit den ihm zur Auswahl gestellten Stichworten habe der Kläger wenig anfangen können. Damit deckt sich die Einlassung des Klägers vom 10. und 18. Juli 2012 (S. 7), er habe die Frage nach einem anderen Konflikt im asiatischen Raum mit der „Tibet-Krise“ beantwortet, hierzu aber keine weiteren Details nennen können. Dass die Prüferinnen das weitere vom Kläger genannte Beispiel Russland als „nicht passend“ angesehen haben, ist vom Bewertungsspielraum gedeckt. Die hierzu vom Kläger in seinen Einwendungen vom 10. und 18. Juli 2012 (S. 7) angeführte Verfassungsänderung zur Ermöglichung der Wiederwahl Putins und die restriktive Gesetzgebung zur Demonstrations- und Meinungsfreiheit betreffen zunächst innerstaatliche Angelegenheiten und haben bisher nicht zu internationalen Konflikten geführt. Naheliegendere Beispiele aus dem asiatischen Raum mit Friedensgefährdungspotential wären etwa die Konflikte in Afghanistan oder im Irak gewesen. Deshalb ist auch insoweit die nicht durchgehend positive Bewertung dieses Prüfungsteils nicht zu beanstanden.

2. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 und § 52 Abs. 2 GKG.

3. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. August 2009 - 12 K 2406/08 - wird geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19. Dezember 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, die vom Kläger im Rahmen des schriftlichen Teils der Ersten juristischen Staatsprüfung - Herbst 2007 - erbrachten Leistungen in der Aufsichtsarbeit Nummer 5 durch einen neuen Erstprüfer und den bisherigen Zweitprüfer und in der Aufsichtsarbeit Nummer 6 durch den bisherigen Zweitprüfer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen Kläger und Beklagter jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Neubewertung der von ihm im Rahmen der Ersten juristischen Staatsprüfung - Herbst 2007 - geschriebenen Klausuren Nummer 2, 4, 5 und 6 mit dem Ziel, zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden.
Der im September 1976 geborene Kläger begann im Herbst 1998 sein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Konstanz. Nach vergeblichen Versuchen im Herbst 2002 (sog. „Freiversuch“) und im Frühjahr 2005 (Prüfungsort jeweils Konstanz) nahm er im Herbst 2007 zum dritten Mal am schriftlichen Teil der Ersten juristischen Staatsprüfung zu den Bedingungen der JAPrO 1993 teil. Prüfungsort war auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin Mannheim wegen dessen leichterer Erreichbarkeit von seinem aktuellen Wohnort Berlin. Seine Leistungen wurden mit einer Gesamtdurchschnittszahl von 3,78 Punkten und im Einzelnen wie folgt bewertet:
        
Zivilrecht
Strafrecht
Öffentl. Recht
Aufsichtsarbeit            
1
2
3
4
5
6
7
Erstprüfer
8,0  
4,0  
3,0  
2,0  
3,0  
4,0  
3,0
Zweitprüfer
8,0
3,0
3,0
3,0
3,0
3,0
3,0
Durchschnitt            
8,0
3,5
3,0
2,5
3,0
3,5
3,0
Mit Bescheid vom 19.12.2007 teilte ihm der Beklagte mit, er werde zur mündlichen Prüfung nicht zugelassen, da nicht wenigstens drei der schriftlichen Arbeiten mit im Durchschnitt jeweils 4,0 Punkten bewertet worden seien. Damit habe er die Erste juristische Staatsprüfung endgültig nicht bestanden.
Mit seinem Widerspruch erhob der Kläger Einwände gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nummer 2, 4, 5 und 6 durch jeweils beide Gutachter.
Da die Gutachter in ihren vom Beklagten eingeholten Stellungnahmen an ihren Bewertungen festhielten, wies der Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 20.05.2008 zurück. Es seien weder Rechts- noch Bewertungsfehler erkennbar
Auf seine Klage vom 19.06.2008 verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 19.12.2007 und vom 20.05.2008 durch Urteil vom 12.08.2009 dazu, die Prüfungsleistungen des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.
Aus den Gründen des Urteils ergibt sich, dass sich diese Verpflichtung zur Neubewertung nur auf die vom Kläger angegriffenen Aufsichtsarbeiten Nummer 2, 4, 5 und 6 und zugleich auf die bereits als Gutachter tätig gewesenen Personen bezieht. Die Gutachter hätten ihre Bewertungen auch daraufhin zu überprüfen, ob der von ihnen angelegte Bewertungsmaßstab zu streng sei. Aus der im Vergleich zu den anderen Prüfungsorten deutlich höheren Durchfallquote ergebe sich ein Prüfungsmangel, der bereits für sich genommen zu einem Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten 2, 4, 5 und 6 führe. Ein anderer Grund für diese signifikante Abweichung (Durchfallquote Mannheim: 58,33%, in anderen Städten zwischen 35,90% - Tübingen - und 39,04% - Konstanz -) komme nicht ernsthaft in Betracht. Für eine gegenüber dem Durchschnitt des Landes deutlich geringere Qualifikation der Prüflinge in Mannheim gebe es keine Anhaltspunkte. Also müssten „einzelne oder alle Prüfer“ in Mannheim einen wesentlich strengeren - und damit zu strengen - Prüfungsmaßstab angelegt und die Kandidaten „heruntergeprüft“ haben. Entsprechende Äußerungen von Prüfern seien gerichtsbekannt geworden. Unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe stellten einen Verstoß gegen die Chancengleichheit dar. Diesem zu strengen Prüfungsmaßstab sei auch der Kläger unterworfen gewesen und daher in seinen subjektiven Rechten verletzt, auch wenn die Anwendung eines zu strengen Prüfungsmaßstabes nicht einzelnen Prüfern zugeordnet werden könne und den Prüfern ein prüfungsspezifischer Wertungsspielraum zustehe. Darüber hinaus dringe der Kläger auch mit einem Teil seiner gegen die angefochtenen Bewertungen der genannten Aufsichtsarbeiten erhobenen Einwendungen mit der Folge durch, dass die Neubewertungen zusätzlich unter Beachtung weiterer, im einzelnen vom Gericht dargelegter Maßgaben zu erfolgen habe.
Dagegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung des Beklagten. Er beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.08.2009 - 12 K 2406/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Zur Begründung trägt er insbesondere vor, ein strenger, aber bewertungsfehlerfreier Maßstab stelle keinen Prüfungsmangel dar, auch könne nicht präzise zwischen einem angemessenen und einem zu strengen Prüfungsmaßstab unterschieden werden. Der Anspruch des Prüflings richte sich allein darauf, bewertungsfehlerfrei beurteilt zu werden. Dies zeige sich etwa darin, dass das Angleichungsverfahren nach § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPrO 1993 erst bei einer Abweichung um mehr als vier Punkte zur Anwendung komme. Das Recht von Prüflingen auf Chancengleichheit sei schon dadurch ausreichend gewährleistet, dass eine Mehrheit von Prüfern tätig würde, wodurch sich strenge und weniger strenge Bewertungen weitgehend ausglichen. Der Vorwurf des bewertungsfehlerhaften „Herunterprüfens“ müsse einem oder mehreren bestimmten Prüfern eindeutig individuell zugeordnet werden können. Die Prüfer aus dem Kreise der Praktiker würden nicht nur an einem Prüfungsort, sondern landesweit eingesetzt. In der Prüfungskampagne Herbst 2007 habe der Anteil der Hochschullehrer lediglich ca. 25% betragen. Im Übrigen kämen selbst dann, wenn der Schluss von einer hohen Durchfallquote auf einen Bewertungsmangel zulässig wäre, auch andere Erklärungen ernsthaft in Betracht: Unterschiedlicher Lehrerfolg in Abhängigkeit von Studienorganisation und Lehrqualität an den jeweiligen Universitäten mit der Folge regelmäßig überdurchschnittlicher Ergebnisse in Freiburg und Heidelberg; unterschiedliche Zahl und damit auch Qualität der Repetitorienangebote je Studienort; enge Korrelation zwischen Abiturnote und Studienerfolg gerade im Fach Rechtswissenschaften, wobei der Abiturdurchschnitt in Mannheim wegen der geringeren Attraktivität der dortigen Universität gegenüber anderen Prüfungsorten abfallen dürfte. Möglicherweise hätte sich auch die Zusammensetzung der Prüflinge gerade in dieser Kampagne, der letzten nach den Maßstäben der JAPrO 1993, an den verschiedenen Studienorten signifikant unterschieden. So habe etwa die Quote der „echten“ Wiederholer, für die der erste Versuch kein Freiversuch gewesen sei, in Mannheim zwischen knapp 14% und ca. 27% höher gelegen als an den anderen Studienorten. Auch die Studiendauer sei bei der Kampagne Herbst 2007 in Mannheim am längsten gewesen. Zudem ergebe sich aus der unterschiedlichen Durchfallquote nicht zwingend eine statistische Auffälligkeit. In Anbetracht der vorliegenden Informationen könne es sich auch „um eine statistisch nicht signifikante natürliche Schwankung innerhalb der Standardabweichung“ handeln. Für eine entsprechende Feststellung sei auch die Zahl der Prüfer von Bedeutung, die in Mannheim an der Korrektur einer einzelnen Aufsichtsarbeit beteiligt gewesen seien.
12 
Weiter seien aus den im einzelnen dargelegten Gründen die Bewertungen der Klausuren 2, 4, 5 und 6 entgegen der Begründung des Urteils frei von Bewertungsfehlern.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er trägt im Wesentlichen vor, zu Recht habe das Verwaltungsgericht den Beklagten zur erneuten Bewertung der Klausuren 2, 4, 5 und 6 verpflichtet. Das Gericht habe einen zu strengen Bewertungsmaßstab zu Recht moniert, auch wenn hinsichtlich der Zuordnung zu einzelnen Prüfern letzte Gewissheit nicht zu erzielen sei. Dies liege in der Natur des Beweisrechts und dessen Grenzen insbesondere da, wo es um innere, einem Beweis nicht zugängliche Umstände gehe. Dass sich ein erwiesener Bewertungsfehler nicht eindeutig auf seine Urheber zurückführen lasse, könne nicht dazu führen, seine Existenz selbst in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht allein aus der - signifikant hohen - Durchfallquote auf einen Bewertungsmangel geschlossen, sondern auch andere Aspekte berücksichtigt. Gestützt werde die Feststellung dieses Bewertungsmangels zusätzlich durch den Umstand, dass - anders als an den anderen Universitätsstandorten - die „Notenverbesserer“ in Mannheim kaum zu einer Steigerung der Erfolgsquote hätten beitragen können. Würden diese herausgerechnet, stiegen die Durchfallquoten in Heidelberg um 8,02 Prozentpunkte, in Konstanz um 8,27 Prozentpunkte, in Mannheim jedoch nur um 3,21 Prozentpunkte. Dagegen dürften individuelle Determinanten einer Prüfungsleistung wie Motivation, Durchhaltevermögen und psychische Belastbarkeit gegenüber kognitiven Faktoren wie allgemeiner Intelligenz und prüfungsspezifischem Wissen, wie sie sich in der Abiturnote niederschlügen, nicht zu gering geachtet werden. Hinzu komme, dass zum Examen überhaupt nur antrete, wer das Studium ernsthaft zu Ende führen wolle. Auch auf ein besonderes Engagement der Lehre könne es nicht ankommen, denn es könne bei lebensnaher Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass die Lehre in Mannheim besonders schwach sei.
16 
Im Übrigen träfen sämtliche neben dem gerichtlich festgestellten Bewertungsmangel vom Beklagten angeführten möglichen Erklärungsversuche für die festzustellende Durchfallquote in Mannheim auf ihn nicht zu: Er habe weder in Mannheim studiert noch dort ein Repetitorium besucht, sondern sich in beiderlei Hinsicht in Konstanz auf die Prüfung vorbereitet. Zudem liege sein Abiturnotendurchschnitt im Bereich des „gut“, so dass er nicht zu der vom Scheitern bedrohten Personengruppe gehöre.
17 
Hinsichtlich der von ihm angegriffenen Bewertung der Klausuren 2, 4, 5 und 6 verteidigt der Kläger die einzelnen, zu deren Neubewertung verpflichtenden Angaben des Gerichts.
18 
Der Beklagte hat auf Anforderung des Senats Übersichten über die Prüfertätigkeit der „Praktikerprüfer“ an den verschiedenen Prüfungsorten sowie über die Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfung - Herbst 2007 - nach Maßgabe der JAPrO 1993 und aufgeteilt auf die verschiedenen Prüfungsorte vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte noch eine Übersicht über die Ergebnisse auch der Kandidaten vorgelegt, die nach der neuen JAPrO 2002 geprüft wurden, und darauf hingewiesen, dass diese Kandidaten - abgesehen von der Klausur Nummer 5 - dieselben Klausuren geschrieben hätten wie die übrigen Kandidaten. In den Korrekturpaketen der Korrektoren hätten sich Arbeiten beider Kandidatengruppen befunden, ohne dass die Zugehörigkeit der Verfasser zur jeweiligen Gruppe zu erkennen gewesen sei. Unter den nach JAPrO 2002 zu beurteilenden Kandidaten hätten die Prüflinge am Prüfungsort Mannheim mit Abstand ab besten abgeschnitten. Weiter hat der Beklagte einen Bericht über ein Forschungsprojekt „Ermittlung von Prädiktoren für den erfolgreichen Studienabschluss im Fachbereich Rechtswissenschaft: Eine retrospektive Datenanalyse“, gefertigt an der Universität Konstanz im Jahr 2005, vorgelegt. Hierauf, auf die beigezogenen Behördenakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene sowie fristgerecht begründete Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Die zulässige Klage ist entgegen dem durch die Berufung angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht hinsichtlich der Bewertung sämtlicher vom Kläger angegriffener Klausuren sondern nur insoweit begründet, als die Korrektur der Klausur Nr. 5 durch beide Prüfer und die Korrektur der Klausur Nr. 6 durch den Zweitprüfer angegriffen worden ist. Dabei ergibt sich die Begründetheit der Klage aus der Analyse der einzelnen Korrekturen (s. dazu unter 2.). Nicht begründet ist die Klage, insoweit sie einen generellen Prüfungsmangel wegen eines am Prüfungsort Mannheim festzustellenden gleichheitswidrig strengen Prüfungsmaßstabes behauptet (s. dazu unter 1.).
20 
Auf den vorliegenden Rechtsstreit findet die Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen in der Fassung vom 07.05.1993 (letzte Änderung 25.09.2000, GBl. S. 665, - JAPrO 1993 -) Anwendung, da der Kläger sein Studium im Wintersemester 1998/99 begann und im Herbst 2002 erstmals an der Ersten juristischen Staatsprüfung teilnahm (§ 62 Abs. 1 JAPrO i.d.F. vom 08.10.2002, GBl. S. 391, mit späteren Änderungen). Nach § 15 JAPrO 1993 ist der Kandidat von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden, wenn er u.a. nicht in wenigstens drei Aufsichtsarbeiten vier oder mehr Punkte erreicht hat. Dies ist hier der Fall, da der Kläger lediglich in der Klausur Nr. 1 im Zivilrecht vier oder mehr Punkte erreicht hat.
21 
1. Entgegen der Ansicht des Klägers und des Verwaltungsgerichts kann der Senat keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit in der Form feststellen, dass die Kandidaten, die ihre Klausuren am Prüfungsort Mannheim geschrieben haben, gegenüber denjenigen, die ihre Prüfung in Freiburg, Heidelberg, Konstanz oder Tübingen abgelegt haben, gleichheitswidrig benachteiligt worden sind.
22 
Nach dem Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. BVerfGE 84, 34 [52-55]). Unstreitig sind an allen Prüfungsorten die gleichen Aufgaben gestellt worden. Dass unterschiedliche Prüfungsbedingungen vorgelegen haben, wird weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich, und auch die bei der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen geltenden Notenstufen bzw. Punktzahlen (§ 14 JAPrO 1993) sind identisch. Dass die Bewertungskriterien an den einzelnen Prüfungsorten unterschiedlich gehandhabt worden sind, kann der Senat nicht feststellen.
23 
Das Verwaltungsgericht glaubt, unterschiedliche, den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende Bewertungsmaßstäbe aufgrund der Tatsache annehmen zu können, dass die Durchfallquote in Mannheim höher ist als an anderen Prüfungsstandorten und gute Noten nicht oder kaum vergeben werden, ohne dass nachzuweisen sei, dass hierfür besondere Umstände in Bezug auf den Prüfungsort Mannheim vorlägen. Diese Umstände tragen den vom Verwaltungsgericht gezogenen Schluss nicht.
24 
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass als Maßstab für die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines Prüfungsergebnisses, das auf der individuellen Ermittlung von Leistungen des Prüflings durch mehrere Prüfer beruht, nicht in Betracht kommt, ob und inwieweit die Bewertungen der einzelnen Prüfer von statistischen Durchschnittswerten abweichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.1998 - 6 B 49/98 -, DVBl. 1998, 1351 [1352]). Statistische Unterschiede in der Notenvergabe bzw. der Durchfallquote an verschiedenen Prüfungsorten, die zugleich Studienorte sein können, aber nicht sein müssen, stellen für sich genommen keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die Annahme eines Chancengleichheitsverstoßes dar.
25 
Allerdings kann ein Prüfungsmangel darin liegen, dass unangemessene Anforderungen an die Prüflinge und die von ihnen zu erbringenden Leistungen gestellt werden. Nicht prinzipiell auszuschließen ist, dass ein solch unangemessener Prüfungsmaßstab nur von einigen Prüfern, etwa denen eines bestimmten Prüfungsabschnitts (also z.B. einer bestimmten Klausur) angelegt wird. Entsprechendes wäre auch für die Prüfer an einem bestimmten Prüfungsort denkbar.
26 
In allen diesen Fällen wäre jedoch schon für die Annahme des Anscheins eines hieraus resultierenden Prüfungsmangels erforderlich, dass eine Reihe von Indizien auf einen solchen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit hinweist. Die bloße Feststellung, dass in einer bestimmten Prüfung die Ergebnisse - einschließlich der Durchfallquote (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 08.11.2002 - 9 S 2361/02 -, NVwZ-RR 2003, 214 f.) - an einem bestimmten Prüfungsort signifikant schlechter sind als an anderen Prüfungsorten bzw. landesweit, reicht hierfür nicht aus. Erst dann, wenn eine solche Feststellung durch weitere Hinweise gestützt und auch nicht durch entgegenstehende Umstände entkräftet ist, kann - bis zum dann der prüfenden Institution obliegenden Beweis des Gegenteils - von einem Prüfungsmangel ausgegangen werden.
27 
Im vorliegenden Fall führt eine Betrachtung der verschiedenen hier zu beachtenden Gesichtspunkte dazu, dass ein Anschein für das Vorliegen des Prüfungsmangels eines unangemessenen Prüfungsmaßstabes am Prüfungsort Mannheim nicht angenommen werden kann.
28 
Zwar ergibt sich aus der von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 26.10.2010 vorgelegten Statistik, dass die Durchfallquote aller nach der JAPrO 1993 geprüften Kandidaten in Mannheim 58,33 % betragen hat, während in Freiburg 36,42 %, in Heidelberg 36,17 %, in Konstanz 39,04 % und in Tübingen 35,90 % die Prüfung nicht bestanden haben. Demnach war die Durchfallquote in Mannheim deutlich höher als an den anderen Prüfungsorten und damit auch als im Landesdurchschnitt. Dies gilt auch, wenn dabei die so genannten „Notenverbesserer“ unberücksichtigt bleiben.
29 
Dieses Bild verändert sich jedoch deutlich, wenn alleine die Wiederholer betrachtet werden, die bei der im Herbst 2007 letztmals eröffneten Möglichkeit, nach der - alten - JAPrO 1993 geprüft zu werden, ein besonderes Gewicht haben. Zunächst fällt auf, dass die Quote an Wiederholern in Mannheim mit 93,85% aller derjenigen, die die Prüfung bisher noch nicht bestanden haben - also ohne die „Notenverbesserer“ -, bzw. mit 63,54% aller Teilnehmer (einschließlich der Notenverbesserer) deutlich höher war als an anderen Studienorten (Wiederholer ohne Notenverbesserer: zwischen 56,99% in Konstanz und 85,71% in Freiburg, Landesdurchschnitt: 76,23%; Wiederholer absolut: zwischen 36,30% in Konstanz und 49,65% in Heidelberg, Landesdurchschnitt: 45,27%). Dies führte dazu, dass in Mannheim zwar die deutlich geringste Zahl an Prüflingen teilnahm (Mannheim: 96, Heidelberg 141, Konstanz 146, Freiburg 173, Tübingen 195), jedoch die Zahl der Wiederholer in Mannheim absolut höher war als in Konstanz (Mannheim: 61, Konstanz: 53) und die Abstände zu den übrigen Prüfungsorten sowohl absolut als auch relativ abnahm (Heidelberg 70 oder nur 15% mehr als in Mannheim; Freiburg 72 oder nur 18% mehr als in Mannheim und Tübingen 84 oder nur 38% mehr als in Mannheim). Zwar war auch bezogen allein auf die Wiederholer - die Zahl der Erstteilnehmer war in Mannheim mit 4 so niedrig, dass sich aus ihr nichts ableiten lässt - die Durchfallquote in Mannheim mit 62,30% um 9,95% höher als im Landesdurchschnitt, sie war aber immer noch - geringfügig - besser als in Konstanz mit 64,15%. Da Konstanz mit einer Gesamtdurchfallquote von 39,04% deutlich besser als Mannheim und nur geringfügig schlechter als die übrigen Studienorte abschnitt, müsste aus diesen Zahlen zum Beleg für einen unangemessenen Prüfungsmaßstab geschlossen werden, dass dieser Prüfungsmaßstab - bezogen auf sämtliche Prüfungsteilnehmer - allein in Mannheim, bezogen aber allein auf die Wiederholer - und nur auf sie - auch in Konstanz unangemessen gewesen sei. Da die Prüfer nicht erkennen können, ob es sich beim Bearbeiter einer Klausur um einen Wiederholer oder einen sonstigen Teilnehmer handelt, die Klausurenpakete nach den zufällig den Kandidaten zugeteilten Nummern zusammengestellt werden und in Konstanz also nur ein einheitlicher Prüfungsmaßstab angenommen werden kann, ist diese Aussage in sich widersprüchlich und daher nicht möglich. Schon dies spricht gegen den Anschein eines besonderen und damit die Chancengleichheit verletzenden Prüfungsmaßstabes in Mannheim.
30 
Näher liegt deshalb der Schluss, dass der besonders hohe Anteil an Erstteilnehmern in Konstanz die Schwäche der Wiederholer ausgleicht und deshalb zwar die Wiederholer in Mannheim und in Konstanz gleichermaßen schwach sind, aber sich dennoch die Durchfallquote aller in Konstanz im Bereich des Durchschnitts bewegt.
31 
Darüber hinaus sprechen weitere Aspekte gegen die Annahme eines Prüfungsmangels in Mannheim: Zum einen ist festzustellen, dass von den acht Korrektoren, deren Bewertung der Kläger angegriffen hat, sechs und damit drei Viertel so genannte Praktiker sind, die keine besondere Beziehung zu Mannheim und insbesondere zur dortigen Hochschule haben. Diese Prüfer wurden mit einer Ausnahme nicht nur in Mannheim, sondern zu anderen Terminen auch an anderen Prüfungsorten zur Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen eingesetzt. Es ist daher nicht vorstellbar, dass diese Prüfer in Mannheim einen anderen Prüfungsmaßstab ansetzten als anderswo. Außerdem hat sich im Parallelverfahren vor dem Senat ergeben, dass die dort behaupteten Prüferbesprechungen im Vorfeld der Korrekturen jedenfalls für die Erste juristische Staatsprüfung nicht belegt sind.
32 
Zum anderen trägt auch das vom Verwaltungsgericht genannte Indiz nicht, dass gerade im Prädikatsbereich die Noten in Mannheim deutlich schlechter seien. Vielmehr lagen die Mannheimer Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfung vom Herbst 2007 derjenigen Kandidaten, die sich nach der JAPrO 2002 der Prüfung unterzogen haben und die - mit Ausnahme der Klausur Nr. 5 - die gleichen Arbeiten fertigen mussten, deutlich über dem Durchschnitt, obwohl ihre Leistungen von denselben Prüfern ohne erkennbare Differenzierung im „Gesamtpaket“ bewertet wurden. Auch wenn es sich bei der vom Beklagten vorgelegten Liste um Endergebnisse und nicht um die Ergebnisse allein der schriftlichen Prüfung handelt, so ist nicht anzunehmen, dass die überdurchschnittlichen Noten in Mannheim (im Prädikatsbereich ab vollbefriedigend über 54% gegenüber im Durchschnitt des Landes 22,4%, in Tübingen nur 14,6%; keiner der 22 Prüflinge in Mannheim hat nicht bestanden) allein auf den mündlichen Teil der Prüfung zurückzuführen sind.
33 
Schließlich lässt auch die Behauptung, die Ergebnisse in Mannheim seien „regelmäßig“ schlechter als an anderen Prüfungsorten, gerade für den konkreten Prüfungszeitraum keinen weiterführenden Schluss zu. Dies ergibt sich bereits aus der Besonderheit dieses Prüfungstermins, den alle diejenigen Kandidaten wahrnehmen mussten, die ihre letzte Chance auf Durchführung der Prüfung nach der endgültig auslaufenden JAPrO 1993 noch nutzen wollten. Diese Konstellation mit einem entsprechend hohen Anteil an Wiederholern - und auch einem in Mannheim höheren Anteil an Kandidaten höherer Semester als an anderen Studienorten - lässt bereits einen Vergleich mit „normalen“ Prüfungsterminen nicht zu. Im Übrigen ist weder in der angefochtenen Entscheidung noch vom Kläger dargelegt, woraus das Verwaltungsgericht den Schluss zieht, eine „regelmäßige“ Abweichung der Mannheimer Prüfungsergebnisse „nach unten“ sei „gerichtsbekannt“.
34 
Nach alledem kann für die Prüfungskampagne Herbst 2007 ein Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit wegen allgemeiner Anwendung eines ungerechtfertigt strengen Bewertungsmaßstabes in Mannheim nicht angenommen werden.
35 
2. Hinsichtlich der einzelnen vom Kläger angegriffenen Klausuren hat die Berufung insoweit Erfolg, als die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nummer 2 (dazu unter a) und Nummer 4 (dazu unter b) nicht als mängelbehaftet anzusehen sind. Fehlerhaft erscheinen lediglich die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nummer 5 (dazu unter c) und Nummer 6 (dazu unter d).
36 
Soweit die inhaltliche Überprüfung der Ausführungen des Klägers in Rede steht, ist dabei seit dem bereits genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.04.1991 davon auszugehen, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Auch eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden, und eine willkürliche Fehleinschätzung durch einen Prüfer liegt nicht erst dann vor, wenn sich dessen Annahme als gänzlich unhaltbar „aufdrängt“, sondern ist schon dann anzunehmen, wenn sie Fachkundigen als unhaltbar erscheint (BVerfGE 84, 34 [55]).
37 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, der Erstprüfer der Klausur Nummer 2 habe die Prüfung des § 119 Abs. 2 BGB zu Unrecht beanstandet. Dies trifft nicht zu. Vielmehr begegnet die Beurteilung des Erstprüfers keinen Bedenken und ist auch frei von einem Verstoß gegen Denkgesetze. Daher kann offen bleiben, ob die Bewertung der Prüfung einer bestimmten Norm als „fernliegend“ und einer bestimmten Prüfungsreihenfolge als „schwerfällig“ noch als vom Beurteilungsspielraum des Prüfers umfasst oder ob auch solche Bewertungen einer Unterscheidung nach „richtig“ oder „falsch“ zugänglich und daher gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar sind.
38 
Laut Sachverhalt dieser Arbeit liegt im Zusammenhang mit einem Kreditbegehren eine Täuschung über die tatsächliche Auftragslage vor. Unabhängig davon, ob diese Täuschung als Täuschung über die Kreditwürdigkeit einer Person anzusehen ist und ob - was zutrifft - die Kreditwürdigkeit als „Eigenschaft“ im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB anzusehen sein kann, liegt es inhaltlich wie insbesondere aus systematischen Gründen jedenfalls näher, die mögliche Anfechtung einer Willenserklärung vorrangig anhand des § 123 BGB und nicht anhand des § 119 Abs. 2 BGB zu prüfen. Wichtiger als die Abfolge der Paragraphen ist nämlich, dass § 123 BGB die weitergehende Norm ist, wie sich aus der Bezugnahme des § 122 BGB allein auf §§ 119 und 120 BGB und nicht auf § 123 BGB und aus einem Vergleich des § 124 Abs. 1 BGB mit § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB hinsichtlich der Anfechtungsfrist ergibt. Vor diesem Hintergrund ist in einer Bewertung der Bearbeitung dieser Frage durch den Kläger als „fernliegend“ und „schwerfällig“ ein Mangel nicht zu erkennen.
39 
Die Gewichtung dieses Punktes in ihrer Bedeutung für die Endnote lässt auch einen Verstoß gegen Denkgesetze nicht erkennen. Zentral für diese Endnote sind die vom Erstprüfer festgestellten - und näher bezeichneten - „erheblichen Lücken und Fehler“. Es wird bereits aus dem Erstgutachten deutlich, dass hierzu eine „etwas schwerfällig“ ausfallende Prüfung eines „nicht ernsthaft in Betracht kommenden Anfechtungstatbestandes“ nicht gehört. Daher ist gut nachvollziehbar, dass der Erstprüfer im „Bedenkensverfahren“ ausführt, dieser Punkt habe auf das Ergebnis der Bewertung keinen Einfluss gehabt. Vielmehr wird plausibel dargelegt, dass auch eine unmittelbare Prüfung des § 123 Abs. 1 BGB zu keiner besseren Bewertung als „(noch) vier Punkte“ geführt hätte. Dies ist nicht zu beanstanden.
40 
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist der Umgang des Erstprüfers wie des Zweitprüfers mit dem von beiden festgestellten - erhöhten - Schwierigkeitsgrad dieser Klausur. Indem der Erstprüfer diese Klausur als „anspruchsvoll“ ansieht, gibt er seine Bereitschaft, dies bei der Bewertung zu berücksichtigen, bereits deutlich zu erkennen. Die Gewichtung einer Klausur hinsichtlich ihres Schwierigkeitsgrades ist Kern der prüfungsspezifischen Wertung und damit des nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraumes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84 u.a. -, BVerfGE 84, 59 [79 f.]). Dieser wäre vorliegend nur bei Verkennung der normativ vorgegebenen Maßstäbe verletzt, etwa bei einer der Definition der Notenstufe „ausreichend“ widersprechenden Annahme, die Vergabe von vier Punkten setze das Erkennen sämtlicher im Fall angelegter Probleme voraus. Davon kann aber keine Rede sein. Der Erstprüfer hat vielmehr ungeachtet einer „Vielzahl an Fehlern und Lücken“ vier Punkte und der Zweitprüfer deshalb drei Punkte vergeben, weil für eine bessere Bewertung nach seinem Verständnis die „im Erstgutachten dargestellten Lücken und Mängel“ deutlich zu schwer wogen.
41 
Hinsichtlich dessen Bewertung ist auch kein Widerspruch darin zu erkennen, dass er das in der Falllösung Vorhandene als „auf eher Banales“ beschränkt ansieht und hierzu feststellt, es trage „zur Lösung der Probleme des Falles“ kaum bei. Gerade wenn das tatsächlich Geprüfte inhaltlich „banal“ sein sollte, ist es nur logisch, dass es, eben weil die eigentlichen Probleme des Falles nicht erfasst sind, zu deren Lösung “kaum beiträgt“.
42 
Die Korrekturen der Klausur Nummer 2 sind daher von Bewertungsmängeln frei.
43 
b) Auch hinsichtlich der Bewertung der Bearbeitung von Klausur Nummer 4 liegen entgegen dem Ergebnis der Feststellungen des Verwaltungsgerichts keine Mängel vor. Bereits das Verwaltungsgericht hat im Detail allein den Umgang der Prüfer mit den Ausführungen des Klägers zu den Konkurrenzen bemängelt und die Bewertung im Übrigen bestätigt. Dies hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf den Seiten 12 bis 14 seines Urteils verwiesen.
44 
Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zu den Konkurrenzen auf den Seiten 8 und 9 seiner Bearbeitung ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, eine fehlerhafte Bewertung mit Einfluss auf das Beurteilungsergebnis sei nicht auszuschließen. Abgesehen davon, dass für den Erfolg der Klage die bloße Möglichkeit eines Bewertungsfehlers nicht ausreicht, ist die Randbemerkung des Erstprüfers auf S. 9 zum Konkurrenzverhältnis des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zum versuchten Prozessbetrug nebst mittelbarer Falschbeurkundung inhaltlich nicht zu kritisieren.
45 
In einer Konstellation, in der laut Sachverhalt der Käufer eines PKW den Verkäufer auf Minderung wegen Sachmangels verklagt und im Laufe des Prozesses unmittelbar vor der Untersuchung des PKW durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen die Bremsen manipuliert, um seine Prozesschancen zu erhöhen, stellte der Kläger fest, der Käufer habe in der Absicht gehandelt, den „zeitlich nachfolgenden“ Prozessbetrug zu ermöglichen. „Aufgrund der zeitlichen Zäsur“ stehe der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr in Tatmehrheit zu den anderen bereits genannten Delikten. Hier ist die Randbemerkung des Erstprüfers, bezogen auf die zeitliche Zäsur, „worin die liegen soll, wird aus dem Vorstehenden nicht deutlich“ durchaus angebracht und keinesfalls unverständlich. Denn es ist gerade nicht so, dass ein klarer zeitlicher Abstand zwischen den Delikten nach § 315b StGB einerseits und nach §§ 263, 271 Abs. 1 StGB andererseits bestünde. Es mag zwar auch für einen „unbefangenen Leser“ aus dem Text hervorgehen, dass der Kläger eine zeitliche Zäsur „zwischen Betrug und vorangegangener Straßenverkehrsgefährdung“ (richtig: vorangegangenem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr) annimmt, gerade nicht deutlich wird jedoch, „worin“ diese Zäsur bestehen soll. Dies gilt umso mehr, als der Kläger auf S. 6 seiner Bearbeitung davon ausgeht, dass der Käufer selbst unmittelbar zur Verwirklichung des Betrugs angesetzt habe, also nach der Vorstellung des Klägers der Betrugsbeginn bereits in der Manipulation der Bremsen zu sehen ist. Darüber hinaus ist die zeitliche Abfolge allein nach strafrechtlicher Lehre kein entscheidendes Kriterium für die fragliche Abgrenzung zwischen natürlicher Handlungseinheit (zeitliche Abfolge) und Tatmehrheit (zeitliche Zäsur). Worin diese besteht, ist daher auch bei Ungleichzeitigkeit näher zu erläutern.
46 
Weiter geht das Verwaltungsgericht in der Annahme fehl, eine Bewertung mit „zwei Punkte, mangelhaft“ bedeute „schon im Ansatz so gut wie nicht brauchbar“. Diese Annahme steht bereits im Widerspruch zur normativen Umschreibung der Bewertung in § 14 JAPrO 1993 i.V.m. § 1 der VO des Bundesministers der Justiz über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung, auf die dieser Paragraph verweist. Demnach ist „mangelhaft“ „eine an erheblichen Mängeln leidende, im ganzen nicht mehr brauchbare Leistung“, wofür zwischen einem und drei Punkten zu vergeben sind, während „eine völlig unbrauchbare Leistung“ mit „ungenügend“ und damit null Punkten zu bewerten ist. Demnach ist eine mit zwei Punkten bewertete Leistung von - völliger - Unbrauchbarkeit noch entfernt. Zutreffend ist, dass nicht jede mängelbehaftete Arbeit als mangelhaft einzustufen ist, da nach der genannten Notenbeschreibung auch eine „ausreichend“ bewertete Leistung Mängel aufweist. Weiter trifft es zu, dass aus der Bewertung hervorgehen muss, wie aus der Sicht des Bewertenden die Note zustande gekommen ist. Nicht erforderlich ist dabei ein Offenlegen des - jeweiligen - Bewertungsmaßstabes. Es reicht aus, ist aber auch erforderlich, dass die Begründung die Note trägt (s. zu beidem ausführlich unter d). Dies ist aber sowohl hinsichtlich der Bewertung des Erstprüfers mit zwei Punkten als auch hinsichtlich der Bewertung durch den Zweitprüfer mit drei Punkten der Fall. Tragende Gründe des Erstprüfers sind die näher dargelegten Lücken und Fehler und insbesondere ein fast durchgängiges Fehlen korrekter juristischer Subsumtion und Begründung, also der Basis jeglicher qualifizierter juristischer Äußerung. Damit ist eine Bewertung deutlich unterhalb von vier Punkten hinreichend begründet. Einer weitergehenden Abgrenzung von oder auch der Umschreibung einer Leistung, die noch mit vier Punkten hätte gewertet werden können, bedarf es nicht.
47 
In entsprechender Weise reicht auch die Begründung des Zweitprüfers für seine Bewertung mit drei Punkten aus, da er die Leistung des Klägers lediglich in einem bestimmten Teil - „im Hinblick auf die Ausführungen zur objektiven Zurechnung bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung“ - in ihrer Qualität aufwertet, zugleich jedoch die Beurteilung des Erstprüfers im Übrigen, also auch hinsichtlich seiner tragenden grundsätzlichen Kritik an der Darstellung, übernimmt und - konsequent - die Leistung als nicht durchschnittlichen Anforderungen entsprechend - und damit noch nicht als „ausreichend“ - ansieht.
48 
c) Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Neubewertung der Aufsichtsarbeit Nummer 5 durch beide Prüfer verpflichtet. Insoweit bleibt die Berufung des Beklagten ohne Erfolg.
49 
Die Ausführungen im Erstgutachten sind in doppelter Hinsicht anfechtbar. Zum einen verletzen die Ausführungen des Erstprüfers den allgemeinen Bewertungsgrundsatz der Sachlichkeit, der jeden Prüfer dazu verpflichtet, sachfremde Erwägungen zu unterlassen und Prüfungsleistungen mit innerer Distanz und emotionsfrei zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143, 151 f. und Senatsurteil vom 24.04.1990 - 9 S 3227/89 -). Verletzt ist dieser Grundsatz jedenfalls dann, wenn die Form der Bewertung zu dem Schluss zwingt, der Prüfer habe die gebotene Gelassenheit und Distanz verloren, ohne die eine gerechte Beurteilung schwerlich gelingen kann (dazu unter aa). Zum anderen liegt auch nach Ansicht des Senats ein einzelner Bewertungsmangel vor (dazu unter bb).
50 
aa) Ein Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit muss angesichts der Häufung emotionaler Bemerkungen schon in den Randbemerkungen, dann auch im Bewertungsgutachten und insbesondere deshalb angenommen werden, weil dieser emotionsbetonte Stil auch im Überdenkensverfahren seine Fortsetzung findet. Bereits an den Randbemerkungen fällt auf, dass der Erstprüfer sehr häufig - insgesamt zwölf Mal - eine Passage als „schief“, „ganz schief“ oder „sehr schief“ bezeichnet. Zwar kann eine solche Bemerkung in der Sache durchaus angebracht sein, etwa als Hinweis darauf, dass ein Gedanke nicht hinreichend präzise geführt erscheint, eine Definition nicht völlig falsch aber ungenau ist oder auch die Anwendung einer bestimmten Norm auf einen bestimmten Sachverhalt nicht recht passt. Aber durch diese Häufung wird, auch wenn die Bemerkung in jedem einzelnen Fall angebracht sein mag, darüber hinaus zugleich auch der Eindruck transportiert, es fehle nicht nur an der gebotenen Exaktheit des Ausdrucks und damit auch der Gedankenführung, sondern der Kandidat sei dazu auch überhaupt nicht in der Lage. Verstärkt werden diese Zweifel durch „starke“ Ausdrücke wie „absurd“ und „abseitig“, auch wenn Kritik in dieser deutlichen Form für sich genommen bei der Korrektur schriftlicher Arbeiten noch zulässig sein kann (BVerwG, Urteil vom 20.09.1984, BVerwGE 70, 143 [152]). In die selbe Richtung geht der Hinweis, der Prüfling möge „argumentieren“ und nicht „'wohl richtige Meinungen' nachbeten“ und der Hinweis, Ausführungen seien „nicht sinnstiftend“. Schon diese Randbemerkungen sind, auch wenn sie sachlich begründbar sind, ihrer Form wegen in ihrer Gesamtheit dazu geeignet anzunehmen, dass der Prüfer tatsächlich nicht nur die Falllösung selbst sondern auch deren Verfasser im Blick hat und dieser Blick nicht mehr rein sachlich und distanziert ist. Da einem Korrektor ein Urteil in dieser Allgemeinheit über die Person eines Prüflings nicht zusteht, ist bereits dieser Eindruck geeignet, Zweifel daran zu wecken, ob der Prüfer noch zu einer ausschließlich sachbezogenen Bewertung nicht der Person sondern allein dessen Leistung in der Lage ist.
51 
Dieser Eindruck wird durch den Stil des Votums nicht gemildert, vielmehr noch verstärkt, wenn neben den bereits genannten Ausdrücken „vollkommen absurd“, „(ganz) schief“ oder „nicht sinnstiftend“ im Text eine Reihe von Wörtern erscheint (wie: endlich, seltsamerweise, immerhin, wenigstens, erschreckend schwach, immerhin konsequent), die dazu geeignet sind, beim Leser den Eindruck zu erwecken, der Prüfer sei erstaunt darüber, wie eine solche Leistung habe zustande kommen können.
52 
Insbesondere aber erscheint das Gebot der Sachlichkeit durch den Prüfer nicht in angemessener Weise gewahrt, wenn er auch noch anlässlich des zeitlich späteren Überdenkens seines Votums weiterhin in unverändert emotionaler Weise reagiert. Das beginnt bereits damit, dass er sich „entschieden gegen die Behauptung“ verwahrt, „die Klausur sei ohne die gebotene emotionale Distanz korrigiert worden“. Dass es dem Erstprüfer offenbar schwerfällt, die Wirkung seiner Formulierungen einzuschätzen, zeigt sich auch in seiner Behauptung, wer seine Randbemerkungen und sein Votum „unbefangen“ durchlese, werde feststellen, „dass es mir (selbstverständlich) ausschließlich um Kritik in der Sache ging“. Darüber hinaus enthalten auch seine Ausführungen im „Überdenkensverfahren“ weitere Formulierungen, die zu einer sachlich distanzierten Haltung nicht passen und daher Veranlassung geben, hierin eine von Emotionen gesteuerte Reaktion zu sehen. Das gilt für die Ausdrücke „(Halb-)Wissen“ oder „enigmatische Ausführungen“ ebenso wie für besserwisserisch wirkende Hinweise wie „Bloße Behauptungen bringen im juristischen Gutachten gar nichts!“, „Auch dies hat leider mit einem juristischen Gutachten nichts zu tun“, der Kläger behaupte „allen Ernstes“, er habe „die Problematik leider nach wie vor nicht verstanden“ oder „mit einem vermeintlichen 'Antwortspielraum' (habe) dies aus den dargelegten Gründen nichts zu tun.“
53 
Jedenfalls in der Summe führen diese Bemerkungen, auch wenn sie einer, wie vorgetragen, persönlichkeitsbezogenen Emotionalität des Erstprüfers geschuldet sein mögen, zu der Feststellung, dass bei der Erstbegutachtung der Aufsichtsarbeit Nummer 5 des Klägers das Gebot der Sachlichkeit und emotionalen Distanz nicht eingehalten worden ist. Dies führt weiter dazu, dass von diesem Prüfer nach Überzeugung des Senats, zumal nach den im vorliegenden Urteil getroffenen Feststellungen und deren Kenntnisnahme, eine erneute, allein sachorientierte und emotional distanzierte Bewertung dieser Klausur nicht erwartet werden kann. Daher ist der Beklagte dazu verpflichtet, die erneute Bewertung der Klausur Nummer 5 durch einen anderen geeigneten Korrektor als Erstprüfer vornehmen zu lassen. Geeignet in diesem Sinne sind zur Wahrung der Chancengleichheit des Klägers - auch im Vergleich zu seinen damaligen Mitprüflingen - allein die Prüfer, die an der Bewertung dieser im Herbst 2007 gestellten Aufgabe beteiligt waren, da nur auf diesem Wege das Ziel erreicht werden kann, dass nach Möglichkeit dieselben Maßstäbe, Vorstellungen und Erfahrungen der gebotenen Nachkorrektur zugrunde gelegt werden, die bereits bei der Erstkorrektur vorlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 38/92 -, NVwZ 1993, 686, 688).
54 
Nur klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass als Ergebnis einer erneuten Bewertung einer Prüfungsleistung keine Verschlechterung eintreten darf, weil dies dem Gebot der Chancengleichheit zuwiderlaufen würde (BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 a.a.O.). Dies gilt auch für den Fall, dass ein anderer Prüfer für die Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung heranzuziehen ist.
55 
bb) Neben der Frage des emotionalen Engagements ist in den Ausführungen des Erstprüfers auch ein Bewertungsmangel zu erkennen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist ein solcher Mangel allerdings weder darin zu sehen, dass der Erstprüfer die Annahme des Klägers, es sei Strafbarkeit des F wegen eines versuchten Tötungsdelikts an K durch Unterlassen bei Ingerenz zu prüfen, als „gänzlich unvertretbar“ bezeichnet habe, noch in dessen Bewertung der Abgrenzung zwischen § 315c und § 315b StGB auf S. 2 der Klausurbearbeitung als „ganz unnötig“.
56 
Tatsächlich lautet die Randbemerkung des Erstprüfers zum versuchten Tötungsdelikt „gröblichst falsch“, woran er auch in seiner Stellungnahme nach Überdenken festhielt. Diese Einschätzung hält das Verwaltungsgericht deshalb für fehlerhaft, weil „die Prüfung eines Unterlassungsdelikts vor dem Hintergrund, dass F den G zum Fahren animierte, obwohl er dessen Alkoholkonsum kannte“ nicht gänzlich abwegig sei. Aus seinem vorangegangenen Verhalten in der Kneipe lasse sich durchaus eine Pflichtenstellung des F im Hinblick auf K ableiten, zumal F die Fahruntüchtigkeit des G erkannt habe und diesen trotzdem zum Heimtransport des K animiert habe, der dann wegen eines von G verschuldeten Unfalls lebensgefährlich verletzt wurde. Diese Kritik an den Ausführungen des Erstprüfers ist nicht schlüssig. Der Erstprüfer stützt die Bewertung der entsprechenden Passagen in der Klausurbearbeitung nicht auf die Frage der Ingerenz sondern darauf, dass F in dem Tatkomplex, den der Kläger laut seiner Überschrift - Tatkomplex 2: „Die Ereignisse nach dem Unfall“ - auf S. 17 der Bearbeitung prüfte, handelnd eingreift und schon deshalb eine Strafbarkeit wegen Unterlassens nicht in Betracht kommt. Darauf, ob eine Verantwortlichkeit aus vorangegangenem gefahrerhöhendem Tun anzunehmen sei, kam es daher aus der Sicht des Erstprüfers nicht mehr an. Betont wird vielmehr neben dem aktiven Handeln die Unvertretbarkeit eines Tötungsvorsatzes und eine mangelhafte Prüfung des Tatentschlusses. Gerade die Annahme dieses Vorsatzes wird als „gröblichst falsch“ bezeichnet. Zugleich hat der Prüfer, wie sich aus seiner Randbemerkung auf S. 18 ergibt, gesehen, dass sich eine Verantwortlichkeit des F allein aus dem Geschehen in der Kneipe ergeben kann. Da die Bewertung der Prüfung eines „versuchten Unterlassungstotschlags“ als „gröblichst falsch“ mit den Hinweisen auf aktives Tun, fehlenden Tötungsvorsatz und gravierende Mängel bei der Prüfung des Tatentschlusses überzeugend begründet ist, liegt ein Bewertungsmangel insoweit nicht vor.
57 
Die Kritik des Erstprüfers an der Abgrenzung des § 315c StGB von § 315b StGB auf S. 2 der Klausurbearbeitung stellt entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts auch keine fehlerhafte Überbewertung dar. Zu diesem Einschub hat der Erstprüfer in seinem Gutachten lediglich festgestellt, die Abgrenzung sei „im Fall ganz unnötig“. Da der Sachverhalt einen ganz gewöhnlichen alkoholbedingten Verkehrsunfall beschreibt, unterliegt die Richtigkeit dieser Feststellung keinem Zweifel. Auch das Kundtun der Nichteinschlägigkeit einer Norm kann je nach Konstellation „ganz unnötig“ sein. Eine entsprechende - zutreffende - Feststellung ist dann nicht als „Überbewertung“ anzusehen.
58 
Hinsichtlich der weiteren Einwände des Klägers, mit denen er bereits vor dem Verwaltungsgericht nicht durchgedrungen ist und die er gegenüber dem Senat nicht wiederholt hat, wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 21 f. des Urteils) verwiesen.
59 
Dagegen ist ein Bewertungsmangel - nicht jedoch wie vom Verwaltungsgericht angenommen das Anlegen eines fehlerhaften Bewertungsmaßstabes - bezogen auf die Ausführungen des Klägers zur Feststellung absoluter Fahruntüchtigkeit anzunehmen.
60 
Hierzu hat der Erstprüfer in seinem Gutachten festgestellt: „Der - grundsätzlich richtig erkannte - Grenzwert von 1,1 ‰ soll sich ganz schief nur unter Anrechnung eines 'Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰' ergeben. Hier verwechselt der Bearbeiter etwas!“ Im Überdenkensverfahren ergänzt der Erstprüfer: „waren die Darlegungen … nicht nur überflüssig, sondern in der gewählten stark verkürzten Form auch in der Tat … 'unverständlich'. Plausibel … wären die Ausführungen nur dann gewesen, wenn sich der Widerspruchsführer … zunächst auf das im damaligen BGH-Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen hätte, wonach nach (damals) neuen medizinischen Erkenntnissen die absolute Fahruntüchtigkeit bereits bei 1,0 ‰ beginnt, und dann auf den Sicherheitszuschlag von 0,1 ‰ hingewiesen hätte.“
61 
Aus diesen Bemerkungen geht hervor, dass der Erstprüfer die Ausführungen des Klägers zur absoluten Fahruntüchtigkeit negativ bewertet hat. Allem Anschein nach hätte ihm die bloße Angabe „1,1 ‰“ vollständig genügt, da dieser Grenzwert ständiger Rechtsprechung seit 20 Jahren entspreche. Dies ergibt sich indirekt auch daraus, dass diese Ausführungen nicht unter den „positiven Aspekten“ aufgeführt sind, die der Erstprüfer am Ende seiner Darlegungen im Überdenkensverfahren aufzählt. Diese negative Gewichtung ist nicht gerechtfertigt und stellt einen Bewertungsmangel dar, denn es ist nicht nachvollziehbar, was an den Angaben des Klägers „ganz schief“ sein soll und welcher Verwechslung der Kläger dabei zum Opfer gefallen sein soll.
62 
Zur absoluten alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit schreibt der Kläger auf S. 3: „Denn der hierfür maßgebliche Grenzwert einschließlich eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ liegt bei 1,1 ‰.“ Mit dieser Beschreibung befindet er sich in Übereinstimmung mit maßgeblicher einschlägiger Literatur: Peter Hentschel, Trunkenheit - Fahrerlaubnisentzug - Fahrverbot, 9. Auflage 2003 Rn. 87: „Der Grenzwert von 1,1 ‰ setzt sich also aus dem Grundwert von 1,0 ‰ und einem Sicherheitszuschlag von 0,1 ‰ zusammen“. Ebenso Thomas Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 57. Auflage 2010, § 316 Rn. 26: „Hiernach ist der Grundwert der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit bei 1,0 ‰ anzusetzen und ein Sicherheitszuschlag von 0,1 ‰ als ausreichend zu erachten, woraus sich der in BGH[St] 37, 89 festgesetzte Grenzwert von 1,1 ‰ ergibt“. Was an der Festlegung des Klägers „schief“ sein soll, ist ebenso wenig zu erkennen wie, dass er etwas verwechselt habe. Auch für die Annahme des Beklagten, der Kläger habe einen „Sicherheitszuschlag“ auf den Grenzwert und nicht auf das Ergebnis einer Messmethode vorgenommen, gibt das Zitat aus dessen Bearbeitung nichts her. Vielmehr beschreibt der Kläger einen Grenzwert „einschließlich“ eines Sicherheitszuschlags und nicht etwas „zuzüglich“ dessen. Die Verwechslung mit einem sonstigen „Sicherheitszuschlag“ bei der Ermittlung der Blutalkoholkonzentration eines Täters liegt ebenso wenig nahe. Daher ist der zitierte Satz in der Bearbeitung des Klägers für sich genommen als korrekt zu betrachten. Seine Gewichtung und sich daraus ergebende Bedeutung für die Bewertung der Fallbearbeitung insgesamt bleibt ungeachtet dessen vollständig der künftigen Neubewertung überlassen.
63 
Da sich der Zweitprüfer der Bewertung des Erstprüfers lediglich vollumfänglich angeschlossen hat - was zulässig ist -, und daher angenommen werden muss, dass sich diese Übernahme der Bewertung auch auf den festgestellten Bewertungsmangel bezieht, muss auch eine erneute Zweitbewertung durch ihn erfolgen.
64 
d) Hinsichtlich der Klausur Nummer 6 hat die Berufung insoweit - teilweise - Erfolg, als ein Bewertungsmangel durch den Erstprüfer nicht vorliegt und daher eine erneute Bewertung allein durch den Zweitprüfer zu erfolgen hat.
65 
Zu Recht hat der Erstprüfer die Ausführungen des Klägers zur Antragsberechtigung im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht als unklar bzw. missverständlich angesehen. Seinen kurzen Hinweis im Gutachten „Schwächen bei den prozessualen Ausführungen“ hat der Erstprüfer im Überdenkensverfahren näher erläutert. An der Stelle, wo der Kläger von einer „Antragsberechtigung der 'Landesregierung als Kollektiv' rede, sei nicht klar, ob die X-Fraktion oder deren Abgeordnete als Teile der Landesregierung angesehen würden oder ob damit (zutreffend) klargestellt werde, dass nur „die Landesregierung“ antragsberechtigt ist.
66 
Diese Unklarheit besteht und durfte vom Erstprüfer auch kritisch vermerkt werden. Laut Aufgabenstellung ist zu prüfen, welche verfassungsgerichtlichen Verfahren die X-Fraktion des baden-württembergischen Landtags mit Aussicht auf Erfolg betreiben kann. Auf S. 4 der Bearbeitung führt der Kläger im Rahmen der Prüfung einer abstrakten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht aus, die - nicht näher bezeichnete - „Antragstellerin“ genüge „in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Antragsberechtigung für das hier gewählte Verfahren vor dem BVerfG. Zum einen ist eine Landesregierung nur insgesamt, als Kollektiv, antragsberechtigt und zum anderen wäre hier selbst im Falle eine(!) Analogie das erforderliche 1/3 Quorum nicht erreicht.“
67 
Aus diesen Ausführungen ergibt sich zumindest nicht mit der gebotenen Klarheit, in welchem Verhältnis nach Ansicht des Klägers die - antragsberechtigte und von ihm genannte - Landesregierung zur laut Sachverhalt antragstellenden X-Fraktion bzw. deren Abgeordneten steht. Diese Unklarheit wird noch dadurch verstärkt, dass der Kläger auf S. 6, wo er die „Antragstellerin“ erstmals näher bezeichnet, die „X-Partei“ und nicht etwa die X-Fraktion als Antragstellerin nennt. Die Betonung der „Landesregierung insgesamt, als Kollektiv“ deutet eher darauf hin, dass er die „Antragstellerin“ als - bloßen - Teil der Landesregierung ansieht und somit möglicherweise nicht zwischen Landesparlament und -regierung unterscheidet bzw. beide Organe miteinander verwechselt. Auch der Hinweis auf das „erforderliche 1/3 Quorum“ hilft nicht weiter, weil bei keinem der in Frage kommenden Verfahren ein solches Quorum genannt wird. Auch ein „eindeutiger Gesetzeswortlaut“ kann nur dann zu einer unmissverständlichen Aussage des Bearbeiters einer Klausur führen, wenn dessen Formulierung hinreichend klar ist. Dies ist hier nicht der Fall.
68 
Zu den weiteren Einwendungen der Korrektur durch den Erstprüfer, mit denen der Kläger schon in der ersten Instanz nicht durchgedrungen ist, wird auch hier auf die Ausführungen im Urteil vom 12.08.2009, dort S. 24, verwiesen.
69 
Erfolg hat der Kläger dagegen insoweit, als er vorträgt, die Abweichung des Zweitprüfers von der vom Erstprüfer vergebenen Punktzahl um einen - entscheidenden - Punkt von vier nach drei Punkten sei nicht nachvollziehbar begründet. Dies trifft zu und führt zur Verpflichtung des Beklagten, diese Klausur durch den Zweitprüfer erneut bewerten zu lassen.
70 
Jede Bewertung muss geeignet sein, die vergebene Note zu tragen. Die für die Bewertung maßgeblichen Gesichtspunkte müssen sich aus der Begründung der Prüferbewertung erkennbar und nachvollziehbar ergeben. Es muss anhand der Begründung für den Prüfling und die Gerichte möglich sein, die grundlegenden Gedanken der Prüfer nachzuvollziehen (vgl. etwa Bay.VGH, Beschluss vom 29.04.2009 - 7 ZB 08.996 -; BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 - 6 C 5/93 -, NVwZ-RR 1994, 582 [583]; ebenso Senatsbeschluss vom 16.09.2002 - 9 S 1704/02 -). Dies gilt auch im Verhältnis der Notenvergabe durch den Zweitprüfer und dessen - möglicher - Bezugnahme auf die ihm bekannte Bewertung und Benotung durch den Erstprüfer. Daher ist es einerseits zulässig, sich - wie etwa der Zweitprüfer der Klausur Nummer 5 im vorliegenden Fall - mit der Bewertung und Benotung lediglich „einverstanden“ zu erklären (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 a.a.O. S. 584). Auch bringt es der den Prüfern bei prüfungsspezifischen Bewertungen zukommende Beurteilungsspielraum mit sich, dass ein und dieselbe Prüfungsleistung von dem einen Prüfer mit drei Punkten und von dem anderen mit vier Punkten bewertet werden kann, ohne dass eine der Bewertungen den Bewertungsspielraum überschritte und rechtlich zu beanstanden wäre (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2004 - 6 B 25/04 -, NVwZ 2004, 1375 [1376]). Soweit der Zweitprüfer jedoch von der Benotung durch den Erstprüfer abweicht, muss sich andererseits diese Abweichung aus seiner Bewertung plausibel und nachvollziehbar ergeben. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn sich der Zweitprüfer zwar den Ausführungen des Erstprüfers hinsichtlich der in der Bearbeitung enthaltenen Mängel uneingeschränkt anschließt, aber ungeachtet dessen diese Arbeit schlechter bewertet. Jedenfalls dann, wenn diese Abweichung nicht nur zu einer anderen Notenstufe sondern sogar dazu führt, dass - aus Sicht des Zweitprüfers - die Klausur als „nicht bestanden“ zu betrachten ist, reicht es nicht aus, lediglich auf den eigenen - vom Erstprüfer abweichenden - Erwartungshorizont zu verweisen, dem die Leistung nicht genügt habe. Vielmehr ist es erforderlich, auch inhaltlich darzulegen, aus welchen Gründen die Leistung entgegen der Einschätzung des Erstprüfers nicht mehr durchschnittlichen Anforderungen entspricht.
71 
Diesen Anforderungen genügt die Bewertung durch den Zweitprüfer der Klausur Nummer 6 nicht. Bereits seine lapidare erste Bewertung der Bearbeitung durch den Kläger als „weitgehend oberflächlich und substanzlos“ dürfte angesichts ihrer Kürze und Pauschalität nicht geeignet sein, eine Benotung als „nicht mehr brauchbar, daher mangelhaft (3 Punkte)“ zu tragen. Jedenfalls aber ist sein Festhalten an dieser Benotung im Überdenkensverfahren nicht plausibel. Hier stellt der Zweitkorrektor fest: „Wie der Erstkorrektor … zu Recht ausgeführt hat, hat der Verf. die zentralen Probleme der Arbeit nicht berührt, …, keines der eigentlichen Probleme wurde adäquat behandelt. Dieser Einschätzung habe ich mich angeschlossen,“ um dann fortzufahren, „halte die Arbeit aber nicht mehr für ausreichend“. Damit wird den Anforderungen an eine plausible, die Benotung tragende Begründung nicht genügt. Auch bei einem - zulässigerweise - abweichenden Erwartungshorizont muss der jeweilige Prüfer verdeutlichen, warum aus seiner Sicht eine Leistung in eine bestimmte Notenstufe - hier: eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht - noch oder nicht mehr einzuordnen ist. Wenn ausdrücklich der Analyse eines anderen Prüfers hinsichtlich der vorhandenen Mängel gefolgt wird, muss aus der eigenen Bewertung wenigstens hervorgehen, aus welchen Gründen von der Einschätzung jenes Prüfers abweichend diesen Mängeln ein größeres Gewicht beigemessen wird. Der bloße Hinweis darauf, dass auch der andere Prüfer „nur mit Mühe noch“ vier Punkte vergeben habe, genügt hierfür nicht.
72 
Daher ist der Beklagte verpflichtet, die Klausur Nummer 6 nochmals durch den Zweitprüfer bewerten und benoten zu lassen.
73 
In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass ein Prüfer nicht verpflichtet ist, seinen Bewertungsmaßstab in der Weise offen zu legen, dass einem - mit entsprechenden Notenstufen unterlegten - Erwartungshorizont die tatsächlich erbrachte Leistung gegenübergestellt wird. Dass ein Prüfer sein „Bewertungssystem“ nicht in jedem Fall offenlegen muss, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 16.09.2002 - 9 S 1704/02 - festgestellt und hält daran weiterhin fest. Gerade bei juristischen Prüfungen, aber auch vielfach bei anderen Prüfungen ergibt sich eine Bewertung nicht allein aus einem Vergleich des Anteils „richtiger“ oder „falscher“ Aussagen, sondern darüber hinaus etwa aus der Art der Darstellung, der Herangehensweise bei der Lösung eines Problems, der Geeignetheit bis Originalität der Gedankenführung und -darstellung. Das Verhältnis solcher „allgemeiner Anforderungen“ zu den konkreten „richtigen“ oder „falschen“ inhaltlichen Ausführungen ist derart variabel, dass ein einheitliches, auf sämtliche Prüfungsleistungen anwendbares Schema kaum zu erstellen ist und von den Prüfern daher auch nicht erwartet werden kann. Dies gilt umso mehr, als auch von einer „Musterlösung“ abweichende Falllösungen angemessen zu bewerten und zu würdigen sind. Darum stellen auch die von dem Beklagten den Prüfern zur Verfügung gestellten „Musterlösungen“ niemals ein derartiges „Prüfungsschema“ dar, sondern sind stets bloße Hinweise auf die in der Aufgabe aus der - vorläufigen - Sicht des Aufgabenstellers enthaltenen Fragestellungen. Auch der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG oder der Umstand, dass ein Offenlegen eines solchen „Erwartungshorizontes“ oder „Bewertungsmaßstabes“ die gerichtliche Überprüfung von Prüferentscheidungen möglicherweise erleichtern würde, führt grundsätzlich nicht zu einer entsprechenden Verpflichtung. Die Frage, welche Leistungen in einer bestimmten Prüfung von den Kandidaten erwartet werden können und inwieweit eine konkrete Leistung diesen Erwartungen genügt, ist - von willkürlichen Fehleinschätzungen abgesehen - Teil des gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraums der zur Beurteilung der Examensleistungen berufenen Prüfer. Daher reicht es aus, wenn ein Prüfer die wesentlichen, seine Bewertung tragenden Gründe in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 a.a.O. S. 583).
74 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten sind hälftig zu teilen, da der Kläger die Bewertung von vier Klausuren angegriffen und insoweit obsiegt hat, als die Bewertung zweier Klausuren - ganz oder teilweise - erneut vorzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 14.12.1999 - 9 S 1725/99 - und BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2/93 -, insoweit nur in juris, Rn. 56). Damit ist die Klage teilweise erfolgreich, denn diese Neubewertung beider Klausuren eröffnet dem Kläger die Chance, zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden.
75 
4. Die Revision wird nicht zugelassen, denn es liegt keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vor.
76 
Beschluss vom 10. November 2010
77 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).
78 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene sowie fristgerecht begründete Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Die zulässige Klage ist entgegen dem durch die Berufung angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht hinsichtlich der Bewertung sämtlicher vom Kläger angegriffener Klausuren sondern nur insoweit begründet, als die Korrektur der Klausur Nr. 5 durch beide Prüfer und die Korrektur der Klausur Nr. 6 durch den Zweitprüfer angegriffen worden ist. Dabei ergibt sich die Begründetheit der Klage aus der Analyse der einzelnen Korrekturen (s. dazu unter 2.). Nicht begründet ist die Klage, insoweit sie einen generellen Prüfungsmangel wegen eines am Prüfungsort Mannheim festzustellenden gleichheitswidrig strengen Prüfungsmaßstabes behauptet (s. dazu unter 1.).
20 
Auf den vorliegenden Rechtsstreit findet die Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen in der Fassung vom 07.05.1993 (letzte Änderung 25.09.2000, GBl. S. 665, - JAPrO 1993 -) Anwendung, da der Kläger sein Studium im Wintersemester 1998/99 begann und im Herbst 2002 erstmals an der Ersten juristischen Staatsprüfung teilnahm (§ 62 Abs. 1 JAPrO i.d.F. vom 08.10.2002, GBl. S. 391, mit späteren Änderungen). Nach § 15 JAPrO 1993 ist der Kandidat von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden, wenn er u.a. nicht in wenigstens drei Aufsichtsarbeiten vier oder mehr Punkte erreicht hat. Dies ist hier der Fall, da der Kläger lediglich in der Klausur Nr. 1 im Zivilrecht vier oder mehr Punkte erreicht hat.
21 
1. Entgegen der Ansicht des Klägers und des Verwaltungsgerichts kann der Senat keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit in der Form feststellen, dass die Kandidaten, die ihre Klausuren am Prüfungsort Mannheim geschrieben haben, gegenüber denjenigen, die ihre Prüfung in Freiburg, Heidelberg, Konstanz oder Tübingen abgelegt haben, gleichheitswidrig benachteiligt worden sind.
22 
Nach dem Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. BVerfGE 84, 34 [52-55]). Unstreitig sind an allen Prüfungsorten die gleichen Aufgaben gestellt worden. Dass unterschiedliche Prüfungsbedingungen vorgelegen haben, wird weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich, und auch die bei der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen geltenden Notenstufen bzw. Punktzahlen (§ 14 JAPrO 1993) sind identisch. Dass die Bewertungskriterien an den einzelnen Prüfungsorten unterschiedlich gehandhabt worden sind, kann der Senat nicht feststellen.
23 
Das Verwaltungsgericht glaubt, unterschiedliche, den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende Bewertungsmaßstäbe aufgrund der Tatsache annehmen zu können, dass die Durchfallquote in Mannheim höher ist als an anderen Prüfungsstandorten und gute Noten nicht oder kaum vergeben werden, ohne dass nachzuweisen sei, dass hierfür besondere Umstände in Bezug auf den Prüfungsort Mannheim vorlägen. Diese Umstände tragen den vom Verwaltungsgericht gezogenen Schluss nicht.
24 
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass als Maßstab für die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines Prüfungsergebnisses, das auf der individuellen Ermittlung von Leistungen des Prüflings durch mehrere Prüfer beruht, nicht in Betracht kommt, ob und inwieweit die Bewertungen der einzelnen Prüfer von statistischen Durchschnittswerten abweichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.1998 - 6 B 49/98 -, DVBl. 1998, 1351 [1352]). Statistische Unterschiede in der Notenvergabe bzw. der Durchfallquote an verschiedenen Prüfungsorten, die zugleich Studienorte sein können, aber nicht sein müssen, stellen für sich genommen keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die Annahme eines Chancengleichheitsverstoßes dar.
25 
Allerdings kann ein Prüfungsmangel darin liegen, dass unangemessene Anforderungen an die Prüflinge und die von ihnen zu erbringenden Leistungen gestellt werden. Nicht prinzipiell auszuschließen ist, dass ein solch unangemessener Prüfungsmaßstab nur von einigen Prüfern, etwa denen eines bestimmten Prüfungsabschnitts (also z.B. einer bestimmten Klausur) angelegt wird. Entsprechendes wäre auch für die Prüfer an einem bestimmten Prüfungsort denkbar.
26 
In allen diesen Fällen wäre jedoch schon für die Annahme des Anscheins eines hieraus resultierenden Prüfungsmangels erforderlich, dass eine Reihe von Indizien auf einen solchen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit hinweist. Die bloße Feststellung, dass in einer bestimmten Prüfung die Ergebnisse - einschließlich der Durchfallquote (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 08.11.2002 - 9 S 2361/02 -, NVwZ-RR 2003, 214 f.) - an einem bestimmten Prüfungsort signifikant schlechter sind als an anderen Prüfungsorten bzw. landesweit, reicht hierfür nicht aus. Erst dann, wenn eine solche Feststellung durch weitere Hinweise gestützt und auch nicht durch entgegenstehende Umstände entkräftet ist, kann - bis zum dann der prüfenden Institution obliegenden Beweis des Gegenteils - von einem Prüfungsmangel ausgegangen werden.
27 
Im vorliegenden Fall führt eine Betrachtung der verschiedenen hier zu beachtenden Gesichtspunkte dazu, dass ein Anschein für das Vorliegen des Prüfungsmangels eines unangemessenen Prüfungsmaßstabes am Prüfungsort Mannheim nicht angenommen werden kann.
28 
Zwar ergibt sich aus der von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 26.10.2010 vorgelegten Statistik, dass die Durchfallquote aller nach der JAPrO 1993 geprüften Kandidaten in Mannheim 58,33 % betragen hat, während in Freiburg 36,42 %, in Heidelberg 36,17 %, in Konstanz 39,04 % und in Tübingen 35,90 % die Prüfung nicht bestanden haben. Demnach war die Durchfallquote in Mannheim deutlich höher als an den anderen Prüfungsorten und damit auch als im Landesdurchschnitt. Dies gilt auch, wenn dabei die so genannten „Notenverbesserer“ unberücksichtigt bleiben.
29 
Dieses Bild verändert sich jedoch deutlich, wenn alleine die Wiederholer betrachtet werden, die bei der im Herbst 2007 letztmals eröffneten Möglichkeit, nach der - alten - JAPrO 1993 geprüft zu werden, ein besonderes Gewicht haben. Zunächst fällt auf, dass die Quote an Wiederholern in Mannheim mit 93,85% aller derjenigen, die die Prüfung bisher noch nicht bestanden haben - also ohne die „Notenverbesserer“ -, bzw. mit 63,54% aller Teilnehmer (einschließlich der Notenverbesserer) deutlich höher war als an anderen Studienorten (Wiederholer ohne Notenverbesserer: zwischen 56,99% in Konstanz und 85,71% in Freiburg, Landesdurchschnitt: 76,23%; Wiederholer absolut: zwischen 36,30% in Konstanz und 49,65% in Heidelberg, Landesdurchschnitt: 45,27%). Dies führte dazu, dass in Mannheim zwar die deutlich geringste Zahl an Prüflingen teilnahm (Mannheim: 96, Heidelberg 141, Konstanz 146, Freiburg 173, Tübingen 195), jedoch die Zahl der Wiederholer in Mannheim absolut höher war als in Konstanz (Mannheim: 61, Konstanz: 53) und die Abstände zu den übrigen Prüfungsorten sowohl absolut als auch relativ abnahm (Heidelberg 70 oder nur 15% mehr als in Mannheim; Freiburg 72 oder nur 18% mehr als in Mannheim und Tübingen 84 oder nur 38% mehr als in Mannheim). Zwar war auch bezogen allein auf die Wiederholer - die Zahl der Erstteilnehmer war in Mannheim mit 4 so niedrig, dass sich aus ihr nichts ableiten lässt - die Durchfallquote in Mannheim mit 62,30% um 9,95% höher als im Landesdurchschnitt, sie war aber immer noch - geringfügig - besser als in Konstanz mit 64,15%. Da Konstanz mit einer Gesamtdurchfallquote von 39,04% deutlich besser als Mannheim und nur geringfügig schlechter als die übrigen Studienorte abschnitt, müsste aus diesen Zahlen zum Beleg für einen unangemessenen Prüfungsmaßstab geschlossen werden, dass dieser Prüfungsmaßstab - bezogen auf sämtliche Prüfungsteilnehmer - allein in Mannheim, bezogen aber allein auf die Wiederholer - und nur auf sie - auch in Konstanz unangemessen gewesen sei. Da die Prüfer nicht erkennen können, ob es sich beim Bearbeiter einer Klausur um einen Wiederholer oder einen sonstigen Teilnehmer handelt, die Klausurenpakete nach den zufällig den Kandidaten zugeteilten Nummern zusammengestellt werden und in Konstanz also nur ein einheitlicher Prüfungsmaßstab angenommen werden kann, ist diese Aussage in sich widersprüchlich und daher nicht möglich. Schon dies spricht gegen den Anschein eines besonderen und damit die Chancengleichheit verletzenden Prüfungsmaßstabes in Mannheim.
30 
Näher liegt deshalb der Schluss, dass der besonders hohe Anteil an Erstteilnehmern in Konstanz die Schwäche der Wiederholer ausgleicht und deshalb zwar die Wiederholer in Mannheim und in Konstanz gleichermaßen schwach sind, aber sich dennoch die Durchfallquote aller in Konstanz im Bereich des Durchschnitts bewegt.
31 
Darüber hinaus sprechen weitere Aspekte gegen die Annahme eines Prüfungsmangels in Mannheim: Zum einen ist festzustellen, dass von den acht Korrektoren, deren Bewertung der Kläger angegriffen hat, sechs und damit drei Viertel so genannte Praktiker sind, die keine besondere Beziehung zu Mannheim und insbesondere zur dortigen Hochschule haben. Diese Prüfer wurden mit einer Ausnahme nicht nur in Mannheim, sondern zu anderen Terminen auch an anderen Prüfungsorten zur Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen eingesetzt. Es ist daher nicht vorstellbar, dass diese Prüfer in Mannheim einen anderen Prüfungsmaßstab ansetzten als anderswo. Außerdem hat sich im Parallelverfahren vor dem Senat ergeben, dass die dort behaupteten Prüferbesprechungen im Vorfeld der Korrekturen jedenfalls für die Erste juristische Staatsprüfung nicht belegt sind.
32 
Zum anderen trägt auch das vom Verwaltungsgericht genannte Indiz nicht, dass gerade im Prädikatsbereich die Noten in Mannheim deutlich schlechter seien. Vielmehr lagen die Mannheimer Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfung vom Herbst 2007 derjenigen Kandidaten, die sich nach der JAPrO 2002 der Prüfung unterzogen haben und die - mit Ausnahme der Klausur Nr. 5 - die gleichen Arbeiten fertigen mussten, deutlich über dem Durchschnitt, obwohl ihre Leistungen von denselben Prüfern ohne erkennbare Differenzierung im „Gesamtpaket“ bewertet wurden. Auch wenn es sich bei der vom Beklagten vorgelegten Liste um Endergebnisse und nicht um die Ergebnisse allein der schriftlichen Prüfung handelt, so ist nicht anzunehmen, dass die überdurchschnittlichen Noten in Mannheim (im Prädikatsbereich ab vollbefriedigend über 54% gegenüber im Durchschnitt des Landes 22,4%, in Tübingen nur 14,6%; keiner der 22 Prüflinge in Mannheim hat nicht bestanden) allein auf den mündlichen Teil der Prüfung zurückzuführen sind.
33 
Schließlich lässt auch die Behauptung, die Ergebnisse in Mannheim seien „regelmäßig“ schlechter als an anderen Prüfungsorten, gerade für den konkreten Prüfungszeitraum keinen weiterführenden Schluss zu. Dies ergibt sich bereits aus der Besonderheit dieses Prüfungstermins, den alle diejenigen Kandidaten wahrnehmen mussten, die ihre letzte Chance auf Durchführung der Prüfung nach der endgültig auslaufenden JAPrO 1993 noch nutzen wollten. Diese Konstellation mit einem entsprechend hohen Anteil an Wiederholern - und auch einem in Mannheim höheren Anteil an Kandidaten höherer Semester als an anderen Studienorten - lässt bereits einen Vergleich mit „normalen“ Prüfungsterminen nicht zu. Im Übrigen ist weder in der angefochtenen Entscheidung noch vom Kläger dargelegt, woraus das Verwaltungsgericht den Schluss zieht, eine „regelmäßige“ Abweichung der Mannheimer Prüfungsergebnisse „nach unten“ sei „gerichtsbekannt“.
34 
Nach alledem kann für die Prüfungskampagne Herbst 2007 ein Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit wegen allgemeiner Anwendung eines ungerechtfertigt strengen Bewertungsmaßstabes in Mannheim nicht angenommen werden.
35 
2. Hinsichtlich der einzelnen vom Kläger angegriffenen Klausuren hat die Berufung insoweit Erfolg, als die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nummer 2 (dazu unter a) und Nummer 4 (dazu unter b) nicht als mängelbehaftet anzusehen sind. Fehlerhaft erscheinen lediglich die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nummer 5 (dazu unter c) und Nummer 6 (dazu unter d).
36 
Soweit die inhaltliche Überprüfung der Ausführungen des Klägers in Rede steht, ist dabei seit dem bereits genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.04.1991 davon auszugehen, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Auch eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden, und eine willkürliche Fehleinschätzung durch einen Prüfer liegt nicht erst dann vor, wenn sich dessen Annahme als gänzlich unhaltbar „aufdrängt“, sondern ist schon dann anzunehmen, wenn sie Fachkundigen als unhaltbar erscheint (BVerfGE 84, 34 [55]).
37 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, der Erstprüfer der Klausur Nummer 2 habe die Prüfung des § 119 Abs. 2 BGB zu Unrecht beanstandet. Dies trifft nicht zu. Vielmehr begegnet die Beurteilung des Erstprüfers keinen Bedenken und ist auch frei von einem Verstoß gegen Denkgesetze. Daher kann offen bleiben, ob die Bewertung der Prüfung einer bestimmten Norm als „fernliegend“ und einer bestimmten Prüfungsreihenfolge als „schwerfällig“ noch als vom Beurteilungsspielraum des Prüfers umfasst oder ob auch solche Bewertungen einer Unterscheidung nach „richtig“ oder „falsch“ zugänglich und daher gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar sind.
38 
Laut Sachverhalt dieser Arbeit liegt im Zusammenhang mit einem Kreditbegehren eine Täuschung über die tatsächliche Auftragslage vor. Unabhängig davon, ob diese Täuschung als Täuschung über die Kreditwürdigkeit einer Person anzusehen ist und ob - was zutrifft - die Kreditwürdigkeit als „Eigenschaft“ im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB anzusehen sein kann, liegt es inhaltlich wie insbesondere aus systematischen Gründen jedenfalls näher, die mögliche Anfechtung einer Willenserklärung vorrangig anhand des § 123 BGB und nicht anhand des § 119 Abs. 2 BGB zu prüfen. Wichtiger als die Abfolge der Paragraphen ist nämlich, dass § 123 BGB die weitergehende Norm ist, wie sich aus der Bezugnahme des § 122 BGB allein auf §§ 119 und 120 BGB und nicht auf § 123 BGB und aus einem Vergleich des § 124 Abs. 1 BGB mit § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB hinsichtlich der Anfechtungsfrist ergibt. Vor diesem Hintergrund ist in einer Bewertung der Bearbeitung dieser Frage durch den Kläger als „fernliegend“ und „schwerfällig“ ein Mangel nicht zu erkennen.
39 
Die Gewichtung dieses Punktes in ihrer Bedeutung für die Endnote lässt auch einen Verstoß gegen Denkgesetze nicht erkennen. Zentral für diese Endnote sind die vom Erstprüfer festgestellten - und näher bezeichneten - „erheblichen Lücken und Fehler“. Es wird bereits aus dem Erstgutachten deutlich, dass hierzu eine „etwas schwerfällig“ ausfallende Prüfung eines „nicht ernsthaft in Betracht kommenden Anfechtungstatbestandes“ nicht gehört. Daher ist gut nachvollziehbar, dass der Erstprüfer im „Bedenkensverfahren“ ausführt, dieser Punkt habe auf das Ergebnis der Bewertung keinen Einfluss gehabt. Vielmehr wird plausibel dargelegt, dass auch eine unmittelbare Prüfung des § 123 Abs. 1 BGB zu keiner besseren Bewertung als „(noch) vier Punkte“ geführt hätte. Dies ist nicht zu beanstanden.
40 
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist der Umgang des Erstprüfers wie des Zweitprüfers mit dem von beiden festgestellten - erhöhten - Schwierigkeitsgrad dieser Klausur. Indem der Erstprüfer diese Klausur als „anspruchsvoll“ ansieht, gibt er seine Bereitschaft, dies bei der Bewertung zu berücksichtigen, bereits deutlich zu erkennen. Die Gewichtung einer Klausur hinsichtlich ihres Schwierigkeitsgrades ist Kern der prüfungsspezifischen Wertung und damit des nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraumes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84 u.a. -, BVerfGE 84, 59 [79 f.]). Dieser wäre vorliegend nur bei Verkennung der normativ vorgegebenen Maßstäbe verletzt, etwa bei einer der Definition der Notenstufe „ausreichend“ widersprechenden Annahme, die Vergabe von vier Punkten setze das Erkennen sämtlicher im Fall angelegter Probleme voraus. Davon kann aber keine Rede sein. Der Erstprüfer hat vielmehr ungeachtet einer „Vielzahl an Fehlern und Lücken“ vier Punkte und der Zweitprüfer deshalb drei Punkte vergeben, weil für eine bessere Bewertung nach seinem Verständnis die „im Erstgutachten dargestellten Lücken und Mängel“ deutlich zu schwer wogen.
41 
Hinsichtlich dessen Bewertung ist auch kein Widerspruch darin zu erkennen, dass er das in der Falllösung Vorhandene als „auf eher Banales“ beschränkt ansieht und hierzu feststellt, es trage „zur Lösung der Probleme des Falles“ kaum bei. Gerade wenn das tatsächlich Geprüfte inhaltlich „banal“ sein sollte, ist es nur logisch, dass es, eben weil die eigentlichen Probleme des Falles nicht erfasst sind, zu deren Lösung “kaum beiträgt“.
42 
Die Korrekturen der Klausur Nummer 2 sind daher von Bewertungsmängeln frei.
43 
b) Auch hinsichtlich der Bewertung der Bearbeitung von Klausur Nummer 4 liegen entgegen dem Ergebnis der Feststellungen des Verwaltungsgerichts keine Mängel vor. Bereits das Verwaltungsgericht hat im Detail allein den Umgang der Prüfer mit den Ausführungen des Klägers zu den Konkurrenzen bemängelt und die Bewertung im Übrigen bestätigt. Dies hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf den Seiten 12 bis 14 seines Urteils verwiesen.
44 
Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zu den Konkurrenzen auf den Seiten 8 und 9 seiner Bearbeitung ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, eine fehlerhafte Bewertung mit Einfluss auf das Beurteilungsergebnis sei nicht auszuschließen. Abgesehen davon, dass für den Erfolg der Klage die bloße Möglichkeit eines Bewertungsfehlers nicht ausreicht, ist die Randbemerkung des Erstprüfers auf S. 9 zum Konkurrenzverhältnis des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zum versuchten Prozessbetrug nebst mittelbarer Falschbeurkundung inhaltlich nicht zu kritisieren.
45 
In einer Konstellation, in der laut Sachverhalt der Käufer eines PKW den Verkäufer auf Minderung wegen Sachmangels verklagt und im Laufe des Prozesses unmittelbar vor der Untersuchung des PKW durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen die Bremsen manipuliert, um seine Prozesschancen zu erhöhen, stellte der Kläger fest, der Käufer habe in der Absicht gehandelt, den „zeitlich nachfolgenden“ Prozessbetrug zu ermöglichen. „Aufgrund der zeitlichen Zäsur“ stehe der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr in Tatmehrheit zu den anderen bereits genannten Delikten. Hier ist die Randbemerkung des Erstprüfers, bezogen auf die zeitliche Zäsur, „worin die liegen soll, wird aus dem Vorstehenden nicht deutlich“ durchaus angebracht und keinesfalls unverständlich. Denn es ist gerade nicht so, dass ein klarer zeitlicher Abstand zwischen den Delikten nach § 315b StGB einerseits und nach §§ 263, 271 Abs. 1 StGB andererseits bestünde. Es mag zwar auch für einen „unbefangenen Leser“ aus dem Text hervorgehen, dass der Kläger eine zeitliche Zäsur „zwischen Betrug und vorangegangener Straßenverkehrsgefährdung“ (richtig: vorangegangenem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr) annimmt, gerade nicht deutlich wird jedoch, „worin“ diese Zäsur bestehen soll. Dies gilt umso mehr, als der Kläger auf S. 6 seiner Bearbeitung davon ausgeht, dass der Käufer selbst unmittelbar zur Verwirklichung des Betrugs angesetzt habe, also nach der Vorstellung des Klägers der Betrugsbeginn bereits in der Manipulation der Bremsen zu sehen ist. Darüber hinaus ist die zeitliche Abfolge allein nach strafrechtlicher Lehre kein entscheidendes Kriterium für die fragliche Abgrenzung zwischen natürlicher Handlungseinheit (zeitliche Abfolge) und Tatmehrheit (zeitliche Zäsur). Worin diese besteht, ist daher auch bei Ungleichzeitigkeit näher zu erläutern.
46 
Weiter geht das Verwaltungsgericht in der Annahme fehl, eine Bewertung mit „zwei Punkte, mangelhaft“ bedeute „schon im Ansatz so gut wie nicht brauchbar“. Diese Annahme steht bereits im Widerspruch zur normativen Umschreibung der Bewertung in § 14 JAPrO 1993 i.V.m. § 1 der VO des Bundesministers der Justiz über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung, auf die dieser Paragraph verweist. Demnach ist „mangelhaft“ „eine an erheblichen Mängeln leidende, im ganzen nicht mehr brauchbare Leistung“, wofür zwischen einem und drei Punkten zu vergeben sind, während „eine völlig unbrauchbare Leistung“ mit „ungenügend“ und damit null Punkten zu bewerten ist. Demnach ist eine mit zwei Punkten bewertete Leistung von - völliger - Unbrauchbarkeit noch entfernt. Zutreffend ist, dass nicht jede mängelbehaftete Arbeit als mangelhaft einzustufen ist, da nach der genannten Notenbeschreibung auch eine „ausreichend“ bewertete Leistung Mängel aufweist. Weiter trifft es zu, dass aus der Bewertung hervorgehen muss, wie aus der Sicht des Bewertenden die Note zustande gekommen ist. Nicht erforderlich ist dabei ein Offenlegen des - jeweiligen - Bewertungsmaßstabes. Es reicht aus, ist aber auch erforderlich, dass die Begründung die Note trägt (s. zu beidem ausführlich unter d). Dies ist aber sowohl hinsichtlich der Bewertung des Erstprüfers mit zwei Punkten als auch hinsichtlich der Bewertung durch den Zweitprüfer mit drei Punkten der Fall. Tragende Gründe des Erstprüfers sind die näher dargelegten Lücken und Fehler und insbesondere ein fast durchgängiges Fehlen korrekter juristischer Subsumtion und Begründung, also der Basis jeglicher qualifizierter juristischer Äußerung. Damit ist eine Bewertung deutlich unterhalb von vier Punkten hinreichend begründet. Einer weitergehenden Abgrenzung von oder auch der Umschreibung einer Leistung, die noch mit vier Punkten hätte gewertet werden können, bedarf es nicht.
47 
In entsprechender Weise reicht auch die Begründung des Zweitprüfers für seine Bewertung mit drei Punkten aus, da er die Leistung des Klägers lediglich in einem bestimmten Teil - „im Hinblick auf die Ausführungen zur objektiven Zurechnung bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung“ - in ihrer Qualität aufwertet, zugleich jedoch die Beurteilung des Erstprüfers im Übrigen, also auch hinsichtlich seiner tragenden grundsätzlichen Kritik an der Darstellung, übernimmt und - konsequent - die Leistung als nicht durchschnittlichen Anforderungen entsprechend - und damit noch nicht als „ausreichend“ - ansieht.
48 
c) Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Neubewertung der Aufsichtsarbeit Nummer 5 durch beide Prüfer verpflichtet. Insoweit bleibt die Berufung des Beklagten ohne Erfolg.
49 
Die Ausführungen im Erstgutachten sind in doppelter Hinsicht anfechtbar. Zum einen verletzen die Ausführungen des Erstprüfers den allgemeinen Bewertungsgrundsatz der Sachlichkeit, der jeden Prüfer dazu verpflichtet, sachfremde Erwägungen zu unterlassen und Prüfungsleistungen mit innerer Distanz und emotionsfrei zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143, 151 f. und Senatsurteil vom 24.04.1990 - 9 S 3227/89 -). Verletzt ist dieser Grundsatz jedenfalls dann, wenn die Form der Bewertung zu dem Schluss zwingt, der Prüfer habe die gebotene Gelassenheit und Distanz verloren, ohne die eine gerechte Beurteilung schwerlich gelingen kann (dazu unter aa). Zum anderen liegt auch nach Ansicht des Senats ein einzelner Bewertungsmangel vor (dazu unter bb).
50 
aa) Ein Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit muss angesichts der Häufung emotionaler Bemerkungen schon in den Randbemerkungen, dann auch im Bewertungsgutachten und insbesondere deshalb angenommen werden, weil dieser emotionsbetonte Stil auch im Überdenkensverfahren seine Fortsetzung findet. Bereits an den Randbemerkungen fällt auf, dass der Erstprüfer sehr häufig - insgesamt zwölf Mal - eine Passage als „schief“, „ganz schief“ oder „sehr schief“ bezeichnet. Zwar kann eine solche Bemerkung in der Sache durchaus angebracht sein, etwa als Hinweis darauf, dass ein Gedanke nicht hinreichend präzise geführt erscheint, eine Definition nicht völlig falsch aber ungenau ist oder auch die Anwendung einer bestimmten Norm auf einen bestimmten Sachverhalt nicht recht passt. Aber durch diese Häufung wird, auch wenn die Bemerkung in jedem einzelnen Fall angebracht sein mag, darüber hinaus zugleich auch der Eindruck transportiert, es fehle nicht nur an der gebotenen Exaktheit des Ausdrucks und damit auch der Gedankenführung, sondern der Kandidat sei dazu auch überhaupt nicht in der Lage. Verstärkt werden diese Zweifel durch „starke“ Ausdrücke wie „absurd“ und „abseitig“, auch wenn Kritik in dieser deutlichen Form für sich genommen bei der Korrektur schriftlicher Arbeiten noch zulässig sein kann (BVerwG, Urteil vom 20.09.1984, BVerwGE 70, 143 [152]). In die selbe Richtung geht der Hinweis, der Prüfling möge „argumentieren“ und nicht „'wohl richtige Meinungen' nachbeten“ und der Hinweis, Ausführungen seien „nicht sinnstiftend“. Schon diese Randbemerkungen sind, auch wenn sie sachlich begründbar sind, ihrer Form wegen in ihrer Gesamtheit dazu geeignet anzunehmen, dass der Prüfer tatsächlich nicht nur die Falllösung selbst sondern auch deren Verfasser im Blick hat und dieser Blick nicht mehr rein sachlich und distanziert ist. Da einem Korrektor ein Urteil in dieser Allgemeinheit über die Person eines Prüflings nicht zusteht, ist bereits dieser Eindruck geeignet, Zweifel daran zu wecken, ob der Prüfer noch zu einer ausschließlich sachbezogenen Bewertung nicht der Person sondern allein dessen Leistung in der Lage ist.
51 
Dieser Eindruck wird durch den Stil des Votums nicht gemildert, vielmehr noch verstärkt, wenn neben den bereits genannten Ausdrücken „vollkommen absurd“, „(ganz) schief“ oder „nicht sinnstiftend“ im Text eine Reihe von Wörtern erscheint (wie: endlich, seltsamerweise, immerhin, wenigstens, erschreckend schwach, immerhin konsequent), die dazu geeignet sind, beim Leser den Eindruck zu erwecken, der Prüfer sei erstaunt darüber, wie eine solche Leistung habe zustande kommen können.
52 
Insbesondere aber erscheint das Gebot der Sachlichkeit durch den Prüfer nicht in angemessener Weise gewahrt, wenn er auch noch anlässlich des zeitlich späteren Überdenkens seines Votums weiterhin in unverändert emotionaler Weise reagiert. Das beginnt bereits damit, dass er sich „entschieden gegen die Behauptung“ verwahrt, „die Klausur sei ohne die gebotene emotionale Distanz korrigiert worden“. Dass es dem Erstprüfer offenbar schwerfällt, die Wirkung seiner Formulierungen einzuschätzen, zeigt sich auch in seiner Behauptung, wer seine Randbemerkungen und sein Votum „unbefangen“ durchlese, werde feststellen, „dass es mir (selbstverständlich) ausschließlich um Kritik in der Sache ging“. Darüber hinaus enthalten auch seine Ausführungen im „Überdenkensverfahren“ weitere Formulierungen, die zu einer sachlich distanzierten Haltung nicht passen und daher Veranlassung geben, hierin eine von Emotionen gesteuerte Reaktion zu sehen. Das gilt für die Ausdrücke „(Halb-)Wissen“ oder „enigmatische Ausführungen“ ebenso wie für besserwisserisch wirkende Hinweise wie „Bloße Behauptungen bringen im juristischen Gutachten gar nichts!“, „Auch dies hat leider mit einem juristischen Gutachten nichts zu tun“, der Kläger behaupte „allen Ernstes“, er habe „die Problematik leider nach wie vor nicht verstanden“ oder „mit einem vermeintlichen 'Antwortspielraum' (habe) dies aus den dargelegten Gründen nichts zu tun.“
53 
Jedenfalls in der Summe führen diese Bemerkungen, auch wenn sie einer, wie vorgetragen, persönlichkeitsbezogenen Emotionalität des Erstprüfers geschuldet sein mögen, zu der Feststellung, dass bei der Erstbegutachtung der Aufsichtsarbeit Nummer 5 des Klägers das Gebot der Sachlichkeit und emotionalen Distanz nicht eingehalten worden ist. Dies führt weiter dazu, dass von diesem Prüfer nach Überzeugung des Senats, zumal nach den im vorliegenden Urteil getroffenen Feststellungen und deren Kenntnisnahme, eine erneute, allein sachorientierte und emotional distanzierte Bewertung dieser Klausur nicht erwartet werden kann. Daher ist der Beklagte dazu verpflichtet, die erneute Bewertung der Klausur Nummer 5 durch einen anderen geeigneten Korrektor als Erstprüfer vornehmen zu lassen. Geeignet in diesem Sinne sind zur Wahrung der Chancengleichheit des Klägers - auch im Vergleich zu seinen damaligen Mitprüflingen - allein die Prüfer, die an der Bewertung dieser im Herbst 2007 gestellten Aufgabe beteiligt waren, da nur auf diesem Wege das Ziel erreicht werden kann, dass nach Möglichkeit dieselben Maßstäbe, Vorstellungen und Erfahrungen der gebotenen Nachkorrektur zugrunde gelegt werden, die bereits bei der Erstkorrektur vorlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 38/92 -, NVwZ 1993, 686, 688).
54 
Nur klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass als Ergebnis einer erneuten Bewertung einer Prüfungsleistung keine Verschlechterung eintreten darf, weil dies dem Gebot der Chancengleichheit zuwiderlaufen würde (BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 a.a.O.). Dies gilt auch für den Fall, dass ein anderer Prüfer für die Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung heranzuziehen ist.
55 
bb) Neben der Frage des emotionalen Engagements ist in den Ausführungen des Erstprüfers auch ein Bewertungsmangel zu erkennen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist ein solcher Mangel allerdings weder darin zu sehen, dass der Erstprüfer die Annahme des Klägers, es sei Strafbarkeit des F wegen eines versuchten Tötungsdelikts an K durch Unterlassen bei Ingerenz zu prüfen, als „gänzlich unvertretbar“ bezeichnet habe, noch in dessen Bewertung der Abgrenzung zwischen § 315c und § 315b StGB auf S. 2 der Klausurbearbeitung als „ganz unnötig“.
56 
Tatsächlich lautet die Randbemerkung des Erstprüfers zum versuchten Tötungsdelikt „gröblichst falsch“, woran er auch in seiner Stellungnahme nach Überdenken festhielt. Diese Einschätzung hält das Verwaltungsgericht deshalb für fehlerhaft, weil „die Prüfung eines Unterlassungsdelikts vor dem Hintergrund, dass F den G zum Fahren animierte, obwohl er dessen Alkoholkonsum kannte“ nicht gänzlich abwegig sei. Aus seinem vorangegangenen Verhalten in der Kneipe lasse sich durchaus eine Pflichtenstellung des F im Hinblick auf K ableiten, zumal F die Fahruntüchtigkeit des G erkannt habe und diesen trotzdem zum Heimtransport des K animiert habe, der dann wegen eines von G verschuldeten Unfalls lebensgefährlich verletzt wurde. Diese Kritik an den Ausführungen des Erstprüfers ist nicht schlüssig. Der Erstprüfer stützt die Bewertung der entsprechenden Passagen in der Klausurbearbeitung nicht auf die Frage der Ingerenz sondern darauf, dass F in dem Tatkomplex, den der Kläger laut seiner Überschrift - Tatkomplex 2: „Die Ereignisse nach dem Unfall“ - auf S. 17 der Bearbeitung prüfte, handelnd eingreift und schon deshalb eine Strafbarkeit wegen Unterlassens nicht in Betracht kommt. Darauf, ob eine Verantwortlichkeit aus vorangegangenem gefahrerhöhendem Tun anzunehmen sei, kam es daher aus der Sicht des Erstprüfers nicht mehr an. Betont wird vielmehr neben dem aktiven Handeln die Unvertretbarkeit eines Tötungsvorsatzes und eine mangelhafte Prüfung des Tatentschlusses. Gerade die Annahme dieses Vorsatzes wird als „gröblichst falsch“ bezeichnet. Zugleich hat der Prüfer, wie sich aus seiner Randbemerkung auf S. 18 ergibt, gesehen, dass sich eine Verantwortlichkeit des F allein aus dem Geschehen in der Kneipe ergeben kann. Da die Bewertung der Prüfung eines „versuchten Unterlassungstotschlags“ als „gröblichst falsch“ mit den Hinweisen auf aktives Tun, fehlenden Tötungsvorsatz und gravierende Mängel bei der Prüfung des Tatentschlusses überzeugend begründet ist, liegt ein Bewertungsmangel insoweit nicht vor.
57 
Die Kritik des Erstprüfers an der Abgrenzung des § 315c StGB von § 315b StGB auf S. 2 der Klausurbearbeitung stellt entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts auch keine fehlerhafte Überbewertung dar. Zu diesem Einschub hat der Erstprüfer in seinem Gutachten lediglich festgestellt, die Abgrenzung sei „im Fall ganz unnötig“. Da der Sachverhalt einen ganz gewöhnlichen alkoholbedingten Verkehrsunfall beschreibt, unterliegt die Richtigkeit dieser Feststellung keinem Zweifel. Auch das Kundtun der Nichteinschlägigkeit einer Norm kann je nach Konstellation „ganz unnötig“ sein. Eine entsprechende - zutreffende - Feststellung ist dann nicht als „Überbewertung“ anzusehen.
58 
Hinsichtlich der weiteren Einwände des Klägers, mit denen er bereits vor dem Verwaltungsgericht nicht durchgedrungen ist und die er gegenüber dem Senat nicht wiederholt hat, wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 21 f. des Urteils) verwiesen.
59 
Dagegen ist ein Bewertungsmangel - nicht jedoch wie vom Verwaltungsgericht angenommen das Anlegen eines fehlerhaften Bewertungsmaßstabes - bezogen auf die Ausführungen des Klägers zur Feststellung absoluter Fahruntüchtigkeit anzunehmen.
60 
Hierzu hat der Erstprüfer in seinem Gutachten festgestellt: „Der - grundsätzlich richtig erkannte - Grenzwert von 1,1 ‰ soll sich ganz schief nur unter Anrechnung eines 'Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰' ergeben. Hier verwechselt der Bearbeiter etwas!“ Im Überdenkensverfahren ergänzt der Erstprüfer: „waren die Darlegungen … nicht nur überflüssig, sondern in der gewählten stark verkürzten Form auch in der Tat … 'unverständlich'. Plausibel … wären die Ausführungen nur dann gewesen, wenn sich der Widerspruchsführer … zunächst auf das im damaligen BGH-Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen hätte, wonach nach (damals) neuen medizinischen Erkenntnissen die absolute Fahruntüchtigkeit bereits bei 1,0 ‰ beginnt, und dann auf den Sicherheitszuschlag von 0,1 ‰ hingewiesen hätte.“
61 
Aus diesen Bemerkungen geht hervor, dass der Erstprüfer die Ausführungen des Klägers zur absoluten Fahruntüchtigkeit negativ bewertet hat. Allem Anschein nach hätte ihm die bloße Angabe „1,1 ‰“ vollständig genügt, da dieser Grenzwert ständiger Rechtsprechung seit 20 Jahren entspreche. Dies ergibt sich indirekt auch daraus, dass diese Ausführungen nicht unter den „positiven Aspekten“ aufgeführt sind, die der Erstprüfer am Ende seiner Darlegungen im Überdenkensverfahren aufzählt. Diese negative Gewichtung ist nicht gerechtfertigt und stellt einen Bewertungsmangel dar, denn es ist nicht nachvollziehbar, was an den Angaben des Klägers „ganz schief“ sein soll und welcher Verwechslung der Kläger dabei zum Opfer gefallen sein soll.
62 
Zur absoluten alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit schreibt der Kläger auf S. 3: „Denn der hierfür maßgebliche Grenzwert einschließlich eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ liegt bei 1,1 ‰.“ Mit dieser Beschreibung befindet er sich in Übereinstimmung mit maßgeblicher einschlägiger Literatur: Peter Hentschel, Trunkenheit - Fahrerlaubnisentzug - Fahrverbot, 9. Auflage 2003 Rn. 87: „Der Grenzwert von 1,1 ‰ setzt sich also aus dem Grundwert von 1,0 ‰ und einem Sicherheitszuschlag von 0,1 ‰ zusammen“. Ebenso Thomas Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 57. Auflage 2010, § 316 Rn. 26: „Hiernach ist der Grundwert der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit bei 1,0 ‰ anzusetzen und ein Sicherheitszuschlag von 0,1 ‰ als ausreichend zu erachten, woraus sich der in BGH[St] 37, 89 festgesetzte Grenzwert von 1,1 ‰ ergibt“. Was an der Festlegung des Klägers „schief“ sein soll, ist ebenso wenig zu erkennen wie, dass er etwas verwechselt habe. Auch für die Annahme des Beklagten, der Kläger habe einen „Sicherheitszuschlag“ auf den Grenzwert und nicht auf das Ergebnis einer Messmethode vorgenommen, gibt das Zitat aus dessen Bearbeitung nichts her. Vielmehr beschreibt der Kläger einen Grenzwert „einschließlich“ eines Sicherheitszuschlags und nicht etwas „zuzüglich“ dessen. Die Verwechslung mit einem sonstigen „Sicherheitszuschlag“ bei der Ermittlung der Blutalkoholkonzentration eines Täters liegt ebenso wenig nahe. Daher ist der zitierte Satz in der Bearbeitung des Klägers für sich genommen als korrekt zu betrachten. Seine Gewichtung und sich daraus ergebende Bedeutung für die Bewertung der Fallbearbeitung insgesamt bleibt ungeachtet dessen vollständig der künftigen Neubewertung überlassen.
63 
Da sich der Zweitprüfer der Bewertung des Erstprüfers lediglich vollumfänglich angeschlossen hat - was zulässig ist -, und daher angenommen werden muss, dass sich diese Übernahme der Bewertung auch auf den festgestellten Bewertungsmangel bezieht, muss auch eine erneute Zweitbewertung durch ihn erfolgen.
64 
d) Hinsichtlich der Klausur Nummer 6 hat die Berufung insoweit - teilweise - Erfolg, als ein Bewertungsmangel durch den Erstprüfer nicht vorliegt und daher eine erneute Bewertung allein durch den Zweitprüfer zu erfolgen hat.
65 
Zu Recht hat der Erstprüfer die Ausführungen des Klägers zur Antragsberechtigung im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht als unklar bzw. missverständlich angesehen. Seinen kurzen Hinweis im Gutachten „Schwächen bei den prozessualen Ausführungen“ hat der Erstprüfer im Überdenkensverfahren näher erläutert. An der Stelle, wo der Kläger von einer „Antragsberechtigung der 'Landesregierung als Kollektiv' rede, sei nicht klar, ob die X-Fraktion oder deren Abgeordnete als Teile der Landesregierung angesehen würden oder ob damit (zutreffend) klargestellt werde, dass nur „die Landesregierung“ antragsberechtigt ist.
66 
Diese Unklarheit besteht und durfte vom Erstprüfer auch kritisch vermerkt werden. Laut Aufgabenstellung ist zu prüfen, welche verfassungsgerichtlichen Verfahren die X-Fraktion des baden-württembergischen Landtags mit Aussicht auf Erfolg betreiben kann. Auf S. 4 der Bearbeitung führt der Kläger im Rahmen der Prüfung einer abstrakten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht aus, die - nicht näher bezeichnete - „Antragstellerin“ genüge „in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Antragsberechtigung für das hier gewählte Verfahren vor dem BVerfG. Zum einen ist eine Landesregierung nur insgesamt, als Kollektiv, antragsberechtigt und zum anderen wäre hier selbst im Falle eine(!) Analogie das erforderliche 1/3 Quorum nicht erreicht.“
67 
Aus diesen Ausführungen ergibt sich zumindest nicht mit der gebotenen Klarheit, in welchem Verhältnis nach Ansicht des Klägers die - antragsberechtigte und von ihm genannte - Landesregierung zur laut Sachverhalt antragstellenden X-Fraktion bzw. deren Abgeordneten steht. Diese Unklarheit wird noch dadurch verstärkt, dass der Kläger auf S. 6, wo er die „Antragstellerin“ erstmals näher bezeichnet, die „X-Partei“ und nicht etwa die X-Fraktion als Antragstellerin nennt. Die Betonung der „Landesregierung insgesamt, als Kollektiv“ deutet eher darauf hin, dass er die „Antragstellerin“ als - bloßen - Teil der Landesregierung ansieht und somit möglicherweise nicht zwischen Landesparlament und -regierung unterscheidet bzw. beide Organe miteinander verwechselt. Auch der Hinweis auf das „erforderliche 1/3 Quorum“ hilft nicht weiter, weil bei keinem der in Frage kommenden Verfahren ein solches Quorum genannt wird. Auch ein „eindeutiger Gesetzeswortlaut“ kann nur dann zu einer unmissverständlichen Aussage des Bearbeiters einer Klausur führen, wenn dessen Formulierung hinreichend klar ist. Dies ist hier nicht der Fall.
68 
Zu den weiteren Einwendungen der Korrektur durch den Erstprüfer, mit denen der Kläger schon in der ersten Instanz nicht durchgedrungen ist, wird auch hier auf die Ausführungen im Urteil vom 12.08.2009, dort S. 24, verwiesen.
69 
Erfolg hat der Kläger dagegen insoweit, als er vorträgt, die Abweichung des Zweitprüfers von der vom Erstprüfer vergebenen Punktzahl um einen - entscheidenden - Punkt von vier nach drei Punkten sei nicht nachvollziehbar begründet. Dies trifft zu und führt zur Verpflichtung des Beklagten, diese Klausur durch den Zweitprüfer erneut bewerten zu lassen.
70 
Jede Bewertung muss geeignet sein, die vergebene Note zu tragen. Die für die Bewertung maßgeblichen Gesichtspunkte müssen sich aus der Begründung der Prüferbewertung erkennbar und nachvollziehbar ergeben. Es muss anhand der Begründung für den Prüfling und die Gerichte möglich sein, die grundlegenden Gedanken der Prüfer nachzuvollziehen (vgl. etwa Bay.VGH, Beschluss vom 29.04.2009 - 7 ZB 08.996 -; BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 - 6 C 5/93 -, NVwZ-RR 1994, 582 [583]; ebenso Senatsbeschluss vom 16.09.2002 - 9 S 1704/02 -). Dies gilt auch im Verhältnis der Notenvergabe durch den Zweitprüfer und dessen - möglicher - Bezugnahme auf die ihm bekannte Bewertung und Benotung durch den Erstprüfer. Daher ist es einerseits zulässig, sich - wie etwa der Zweitprüfer der Klausur Nummer 5 im vorliegenden Fall - mit der Bewertung und Benotung lediglich „einverstanden“ zu erklären (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 a.a.O. S. 584). Auch bringt es der den Prüfern bei prüfungsspezifischen Bewertungen zukommende Beurteilungsspielraum mit sich, dass ein und dieselbe Prüfungsleistung von dem einen Prüfer mit drei Punkten und von dem anderen mit vier Punkten bewertet werden kann, ohne dass eine der Bewertungen den Bewertungsspielraum überschritte und rechtlich zu beanstanden wäre (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2004 - 6 B 25/04 -, NVwZ 2004, 1375 [1376]). Soweit der Zweitprüfer jedoch von der Benotung durch den Erstprüfer abweicht, muss sich andererseits diese Abweichung aus seiner Bewertung plausibel und nachvollziehbar ergeben. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn sich der Zweitprüfer zwar den Ausführungen des Erstprüfers hinsichtlich der in der Bearbeitung enthaltenen Mängel uneingeschränkt anschließt, aber ungeachtet dessen diese Arbeit schlechter bewertet. Jedenfalls dann, wenn diese Abweichung nicht nur zu einer anderen Notenstufe sondern sogar dazu führt, dass - aus Sicht des Zweitprüfers - die Klausur als „nicht bestanden“ zu betrachten ist, reicht es nicht aus, lediglich auf den eigenen - vom Erstprüfer abweichenden - Erwartungshorizont zu verweisen, dem die Leistung nicht genügt habe. Vielmehr ist es erforderlich, auch inhaltlich darzulegen, aus welchen Gründen die Leistung entgegen der Einschätzung des Erstprüfers nicht mehr durchschnittlichen Anforderungen entspricht.
71 
Diesen Anforderungen genügt die Bewertung durch den Zweitprüfer der Klausur Nummer 6 nicht. Bereits seine lapidare erste Bewertung der Bearbeitung durch den Kläger als „weitgehend oberflächlich und substanzlos“ dürfte angesichts ihrer Kürze und Pauschalität nicht geeignet sein, eine Benotung als „nicht mehr brauchbar, daher mangelhaft (3 Punkte)“ zu tragen. Jedenfalls aber ist sein Festhalten an dieser Benotung im Überdenkensverfahren nicht plausibel. Hier stellt der Zweitkorrektor fest: „Wie der Erstkorrektor … zu Recht ausgeführt hat, hat der Verf. die zentralen Probleme der Arbeit nicht berührt, …, keines der eigentlichen Probleme wurde adäquat behandelt. Dieser Einschätzung habe ich mich angeschlossen,“ um dann fortzufahren, „halte die Arbeit aber nicht mehr für ausreichend“. Damit wird den Anforderungen an eine plausible, die Benotung tragende Begründung nicht genügt. Auch bei einem - zulässigerweise - abweichenden Erwartungshorizont muss der jeweilige Prüfer verdeutlichen, warum aus seiner Sicht eine Leistung in eine bestimmte Notenstufe - hier: eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht - noch oder nicht mehr einzuordnen ist. Wenn ausdrücklich der Analyse eines anderen Prüfers hinsichtlich der vorhandenen Mängel gefolgt wird, muss aus der eigenen Bewertung wenigstens hervorgehen, aus welchen Gründen von der Einschätzung jenes Prüfers abweichend diesen Mängeln ein größeres Gewicht beigemessen wird. Der bloße Hinweis darauf, dass auch der andere Prüfer „nur mit Mühe noch“ vier Punkte vergeben habe, genügt hierfür nicht.
72 
Daher ist der Beklagte verpflichtet, die Klausur Nummer 6 nochmals durch den Zweitprüfer bewerten und benoten zu lassen.
73 
In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass ein Prüfer nicht verpflichtet ist, seinen Bewertungsmaßstab in der Weise offen zu legen, dass einem - mit entsprechenden Notenstufen unterlegten - Erwartungshorizont die tatsächlich erbrachte Leistung gegenübergestellt wird. Dass ein Prüfer sein „Bewertungssystem“ nicht in jedem Fall offenlegen muss, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 16.09.2002 - 9 S 1704/02 - festgestellt und hält daran weiterhin fest. Gerade bei juristischen Prüfungen, aber auch vielfach bei anderen Prüfungen ergibt sich eine Bewertung nicht allein aus einem Vergleich des Anteils „richtiger“ oder „falscher“ Aussagen, sondern darüber hinaus etwa aus der Art der Darstellung, der Herangehensweise bei der Lösung eines Problems, der Geeignetheit bis Originalität der Gedankenführung und -darstellung. Das Verhältnis solcher „allgemeiner Anforderungen“ zu den konkreten „richtigen“ oder „falschen“ inhaltlichen Ausführungen ist derart variabel, dass ein einheitliches, auf sämtliche Prüfungsleistungen anwendbares Schema kaum zu erstellen ist und von den Prüfern daher auch nicht erwartet werden kann. Dies gilt umso mehr, als auch von einer „Musterlösung“ abweichende Falllösungen angemessen zu bewerten und zu würdigen sind. Darum stellen auch die von dem Beklagten den Prüfern zur Verfügung gestellten „Musterlösungen“ niemals ein derartiges „Prüfungsschema“ dar, sondern sind stets bloße Hinweise auf die in der Aufgabe aus der - vorläufigen - Sicht des Aufgabenstellers enthaltenen Fragestellungen. Auch der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG oder der Umstand, dass ein Offenlegen eines solchen „Erwartungshorizontes“ oder „Bewertungsmaßstabes“ die gerichtliche Überprüfung von Prüferentscheidungen möglicherweise erleichtern würde, führt grundsätzlich nicht zu einer entsprechenden Verpflichtung. Die Frage, welche Leistungen in einer bestimmten Prüfung von den Kandidaten erwartet werden können und inwieweit eine konkrete Leistung diesen Erwartungen genügt, ist - von willkürlichen Fehleinschätzungen abgesehen - Teil des gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraums der zur Beurteilung der Examensleistungen berufenen Prüfer. Daher reicht es aus, wenn ein Prüfer die wesentlichen, seine Bewertung tragenden Gründe in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 a.a.O. S. 583).
74 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten sind hälftig zu teilen, da der Kläger die Bewertung von vier Klausuren angegriffen und insoweit obsiegt hat, als die Bewertung zweier Klausuren - ganz oder teilweise - erneut vorzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 14.12.1999 - 9 S 1725/99 - und BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2/93 -, insoweit nur in juris, Rn. 56). Damit ist die Klage teilweise erfolgreich, denn diese Neubewertung beider Klausuren eröffnet dem Kläger die Chance, zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden.
75 
4. Die Revision wird nicht zugelassen, denn es liegt keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vor.
76 
Beschluss vom 10. November 2010
77 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).
78 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.