Verwaltungsgericht Minden Urteil, 11. März 2015 - 11 K 3061/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Beigeladenen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb dreier Windenergieanlagen (WEA) auf den Grundstücken Gemarkung H. , G. 2, G1. 78 (WEA G 1) und G. 3, G1. 40 (WEA G 2), und Gemarkung T. G. 2, G1. 30 (WEA S 3), die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilt wurden. Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes „A. “ in Q. P. , das ca. 590 m bzw. 860 m von den Anlagen in H. (WEA G 1 und G 2) und ca. 800 m von den Anlage in T. (WEA S 3) entfernt liegt. Der Ehemann der Klägerin war bis zu seinem Tode Vorsitzender des Vereins „Q1. Q. P. T1. D. X. “.
3Sämtliche Vorhabenstandorte liegen im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung zum Schutz von Landschaftsteilen im Kreis N. -M. vom 13.12.1965. Sie befinden sich an der nördlichen Grenze des Gemeindegebietes der Stadt Q. -P. zur Nachbargemeinde, der Gemeinde T1. , und liegen nach dem derzeit noch gültigen Flächennutzungsplan der Stadt Q. -P. i.d.F. der 22. Änderung außerhalb von Konzentrationszonen für WEA. Die Stadt Q. P. hat jedoch das Verfahren zur 33. Änderung des Flächennutzungsplans eingeleitet und in der Zeit vom 14.12.2012 bis einschließlich 18.01.2013 eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Von Mitte Dezember 2014 bis Ende Januar 2015 lief die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB. Nach dem Entwurf zur 33. Änderung des Flächennutzungsplans liegt der Standort der WEA S 3 innerhalb der Konzentrationszone W 01, die Standorte der WEA G 1 und G 2 innerhalb der Konzentrationszone W 02.
4Für die Errichtung dieser sowie zwei weiterer WEA (WEA S 1 und S 2) hatte der Beigeladene bereits am 28.10.2008 einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid beantragt, der durch den Beklagten mit Bescheid vom 26.02.2009 abgelehnt worden war. Nach dem Antrag sollten auf den Grundstücken Anlagen des Typs Enercon E - 82 mit einer Nabenhöhe von 108,38 m, einem Rotordurchmesser von 82 m, einer Gesamthöhe von 149,38 m und einer Nennleistung von 2000 kW errichtet und betrieben werden.
5Auf die Klage des Beigeladenen verpflichtete das Gericht mit Urteil vom 26.04.2010 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.02.2009 zur Erteilung eines Vorbescheides für die WEA G 1 und WEA G 2 und zur Neubescheidung bezüglich des Antrages betreffend die WEA S 1 bis S 3 (11 K 732/09). In den Entscheidungsgründen führte das Gericht aus, dass dem Vorhaben nicht die Festsetzungen des Flächennutzungsplanes i.d.F. der 22. Änderung entgegengehalten werden könnten, da dieser nicht geeignet sei, eine Ausschlusswirkung zu entfalten. Da auch andere Gründe dem Betrieb und der Errichtung der WEA G 1 und G 2 nicht entgegenständen, sei der Beklagte zur Erteilung des Vorbescheides zu verpflichten, hinsichtlich der WEA S 1 bis S 3 nur zur Neubescheidung, da eine erforderliche standortbezogene Vorprüfung nach dem UVPG bisher nicht stattgefunden habe.
6Gegen dieses Urteil legten der Beklagte, die Stadt Q. P. und die Gemeinde T1. Beschwerde wegen Nichtzulassung der Berufung ein. Das Verfahren wurde durch Rücknahme sämtlicher Beschwerden beendet und durch Beschluss des OVG NRW vom 21.01.2011 eingestellt (8 A 1263/10).
7Am 25.05.2012 beantragte der Beigeladene die Genehmigung von 5 WEA an den vorgenannten Standorten. Errichtet und betrieben werden sollen nach dem Antrag nunmehr 5 WEA des Typs Enercon E - 101 mit einer Nabenhöhe von 99 m, einem Rotordurchmesser von 101 m, einer Gesamthöhe von 149,50 m und einer Nennleistung von 3.000 kW. Beigegefügt waren dem Antrag eine Schallimmissionsprognose und Schattenwurfprognose der F. H1. (jeweils Stand April 2012), ein Gutachten der G2. &F1. F2.------ H1. zur Turbulenzbelastung (Stand: Mai 2012) sowie – bezogen auf die Anlagen WEA S 1 bis S 3 – eine standortbezogene Vorprüfung der F3. H1. gemäß § 3c UVPG (Stand: November 2011). In Letzterer wird ausgeführt (Seite 10), dass unter Berücksichtigung von Vermeidungs-, Minderungs-, und Ausgleichsmaßnahmen keine für die Errichtung von Windenergieanlagen entscheidenden Schutzgüter nachhaltig betroffen seien, so dass aus gutachterlicher Sicht keine Notwendigkeit für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehe. Der Antrag wurde nachträglich ergänzt durch einen landschaftspflegerischen Begleitplan mit integrierter Artenschutzprüfung des Büros für angewandte Ökologie und Landschaftsplanung – E2. &M1. H2. – vom 11.12.2012.
8Im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erteilte die Stadt Q. P. mit Schreiben vom 10.01.2013 das gemeindliche Einvernehmen und die Bezirksregierung N1. als untere Luftfahrtbehörde mit Schreiben vom 13.09.2012 die Zustimmung nach § 14 LuftVG. Die M2. -Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur erklärte mit Schreiben vom 01.02.2013, dass der Errichtung von WEA an diesen Standorten aus denkmalrechtlicher Sicht keine zwingenden Gründe entgegenständen.
9Mit Schreiben vom 15.01.2013 zeigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Rechtsanwalt I. gegenüber dem Beklagten an, dass sie die Bürgerinitiative „Q1. Q. P. - T1. D. X. e.V.“ vertreten und baten um Akteneinsicht in die Genehmigungsakten, die der Beklagte am 17.01.2013 gewährte. Der Ehemann der Klägerin nahm persönlich mit Schreiben vom 17.04.2013 Stellung.
10Die Untere Landschaftsbehörde (ULB) erklärte in ihrer Stellungnahme vom 17.01.2013, dass aufgrund der nachgewiesenen Brutvorkommen von Weißstorch und Rohrweihe in einem Abstand von 1.000 m um die Anlagenstandorte naturschutzfachlich erhebliche Bedenken bestünden, die auch durch den landschaftspflegerischen Begleitplan mit integrierter Artenschutzprüfung nicht ausgeräumt worden seien. Bezogen auf den Weißstorch stufe sie die beiden Anlagen WEA G 1 und WEA G 2 sowie die WEA S 3 nicht als genehmigungsfähig ein. Sowohl für den Weißstorch als auch für die Rohrweihe könne mit großer Wahrscheinlichkeit ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht ausgeschlossen werden. Diese Stellungnahme sei als vorläufig zu betrachten, da das Frühwarnsystem „DTBird“ in der Praxis noch nicht erprobt sei und abgewartet werden müsse, ob im Frühjahr der Weißstorchhorst erneut angenommen werde und sich eine Bruttradition entwickle oder ob es sich um ein einmaliges Brutereignis handele. Gleiches gelte auch für den Brutstandort der Rohrweihe. In einer weiteren Stellungnahme vom 08.08.2013 erklärte die ULB, dass ihre in der Stellungnahme vom 17.01.2013 angeführten Bedenken gegen die Errichtung der drei WEA aufgrund der aktuellen Entwicklungen nicht mehr existent seien. Für den noch im Jahr 2012 besetzten Horst habe in 2013 keine Bodennutzung nachgewiesen werden können. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass in zukünftigen Jahren dieser Horst von Storchen erneut zur Brut genutzt werde. Der Genehmigung könne deshalb nur unter der Bedingung zugestimmt werden, dass in der Zeit von März bis August eines jeden Jahres eine Teilabschaltung der Anlagen erfolge, wenn sich wieder eine Bruttradition entwickle.
11Mit Bescheiden vom 25.06.2013 (WEA S 1 und S 2), 12.08.2013 (WEA S 3) und 14.08.2013 (WEA G 1 und G 2) erteilte der Beklagte die beantragten Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt fünf WEA.
12Die Genehmigung vom 14.08.2013 betreffend die WEA G 1 und G 2 enthält hierbei neben Auflagen betreffend Artenschutz (C 20 - 24) u.a. auch folgende Nebenbestimmungen zum Schallschutz (III C 6 – C 9) und Schattenwurf (C 10 – C 15). Im Abschnitt „Immissionsbegrenzung-Schall“ findet sich folgende Nebenbestimmung:
13„III C 7
14Der Schalleistungspegel (Lmax) der Windkraftanlagen WEA G 1 und G 2 darf 106 dB(A) + 2,5 dB(A) = 108,5 dB(A) nicht überschreiten.
15(Hinweis: Die Serienstreuung wurde mit einer Unterschreitungswahrscheinlichkeit von 90 % bei der Festlegung des Schallleistungspegels mit 2,5 dB(A) berücksichtigt.
16Die Tonhaltigkeit im Nahbereich (KTN) darf dabei nach der Technischen Richtlinie FGW gemessen, 1 dB nicht überschreiten“)
17Im Abschnitt „Schattenwurf“ enthält der Genehmigungsbescheid u.a. folgende Nebenbestimmungen:
18„III C 10
19Die Schattenwurfprognose der F4. H1. weist für die relevanten Immissionsaufpunkte IP Q, IP R, IP S, IP T und IP U eine Überschreitung der zumutbaren Beschattungsdauer von 30 h/a (worst case) bzw. 30 min/d aus. An diesen Immissionaufpunkten müssen alle für die Programmierung der Abschalteinrichtungen erforderlichen Parameter exakt ermittelt werden. Die Koordinaten und berechneten Zeiten der Schattenwurfprognose geben keine ausreichende Genauigkeit für die Programmierung.
20III C 11
21Es muss durch eine geeignete Abschalteinrichtung überprüfbar und nachweisbar sichergestellt werden, dass die Schattenwurfimmissionen der Windenergieanlage (insgesamt) real an den Immissionaufpunkten 8 h/a und 30 min/d nicht überschreiten. Sofern eine Abschalteinrichtung verwendet wird, die keine meteorologischen Parameter erfassen kann, darf eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer (worst case) von 30 h/a und 30 min/d nicht überschritten werden.“
22Die Genehmigung vom 12.08.2013 betreffend die hier streitige WEA S 3 enthält neben Auflagen betreffend Artenschutz (C 19 – C 21) u.a. auch folgende Nebenbestimmungen zum Schallschutz.
23„III C 7
24Die Windenergieanlage WEA S 3 ist während der Nachtzeit vom 22.00 – 6.00 Uhr gemäß der Schallimmissionsprognose der F5. H1. Entscheidung in schallreduzierter Betriebsweise mit einer maximalen Leistung von 2000 kW zu betreiben. Dabei darf ein Schalleistungspegel im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze von 106,5 dB(A) nicht überschritten werden; dieser Wert gilt als das genehmigungs-rechtlich zulässige Maß an Emission inklusive der erforderlichen Zuschläge zur Berücksichtigung von Unsicherheiten.
25III C 9
26Die Windenergieanlage WEA S 3 ist solange während der Nachtzeit von 22.00 bis 6:00 Uhr gem. der Schallimmissionsprognose der F6. H1. in schallreduzierter Betriebsweise mit einer maximalen Leistung von 2000 kW gemäß dem Vermessungsbericht der F7. H1. zu betreiben, bis durch eine Messung nachgewiesen ist, dass auch bei der Betriebsweise mit höherer elektrischer Leistung der Immissionsrichtwert unter Berücksichtigung der Vorbelastung im Einwirkungsbereich der Windenergieanlage eingehalten wird.
27…
28Die im Abschnitt „Schattenwurf“ enthalten Nebenbestimmungen entsprechen denen der Genehmigung vom 14.08.2013.
29Zur Begründung wird in dem Genehmigungsbescheid vom 12.08.2013 hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Betroffenheit der Weißstörche ausgeführt, dass durch die Aufnahme der artenschutzrechtlichen Nebenbestimmungen gewährleistet sei, dass es durch das geplante Vorhaben auch bei Unterschreitung des Mindestabstandes bei einer Anlage nicht zu einer Beeinträchtigung des Weißstorches komme. Im Genehmigungsbescheid vom 14.08.2013 wird hinsichtlich der Betroffenheit der Rohrweihe ausgeführt, dass sich nach der vorliegenden Raumnutzungskartierung vom 27.06.2012 zwar Nahrungsräume der Rohrweihe im direkten Umfeld der WEA G 1 und G 2 befinden würden, durch die festgesetzten Nebenbestimmungen aber für die Rohrweihe außerhalb der Einwirkungszonen der WEA Verbesserungen des Lebensraumes und des Nahrungsraumes geschaffen würden. Das mit diesem Bescheid vorgeschriebene Gondelmonitoring und die sich nach Auswertung hieraus gegebenenfalls ergebenden Abschaltzeiten der WEA würden ein in der Praxis akzeptiertes Verfahren zur Konfliktminderung mit hoch ziehenden Fledermausarten darstellen, so dass artenschutzrechtliche Verbote nicht verwirklicht würden. Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm würden an allen Immissionspunkten tagsüber bei Volllast und in der Nacht jedenfalls im schallreduzierten Betrieb eingehalten.
30Für sämtliche Genehmigungen wurde aufgrund des Antrages des Beigeladenen vom 24.05.2012 die sofortige Vollziehung angeordnet. Die Genehmigungen vom 12.08.2013 und 14.08.2013 wurden im Amtsblatt des Kreises N. M. vom 19.09.2013 öffentlich bekanntgemacht und dem Prozessbevollmächtigen am 12.08.2013 bzw. am 14.08.2013 übersandt. Sowohl in der Bekanntmachung als auch in dem Anschreiben an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und ihres Ehemannes vom 14.08.2013 wird darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats Klage erhoben werden könnte. Bezüglich der Anlagen WEA S 1 bis S 3 führte der Beklagte eine standortbezogene Vorprüfung nach dem UVPG durch und kam zu dem Ergebnis, dass keine UVP durchzuführen ist. Die Entscheidung wurde dem Beigeladenen mit Schreiben von 11.07.2013 mitgeteilt und im Amtsblatt des Kreises N. M. vom 01.08.2013 öffentlich bekanntgemacht.
31Gegen die Genehmigungen vom 12.08.2013 und 14.08.2013 haben die Klägerin und ihr Ehemann am 13.09.2013 Klage erhoben. Der Ehemann der Klägerin ist nach Klageerhebung verstorben, die Klägerin Alleinerbin ihres Ehemannes.
32Neben weiteren Nachbarn (11 K 3058/13, 11 K 3059/13, 2 11 K 3062/13, 11 K 3063/13) hat auch der O. Deutschland (NABU), vertreten durch den M3. O1. , Klage gegen die erteilten Genehmigungen erhoben (11 K 3060/13). Der Beigeladene hat gegen die artenschutzrechtlichen Nebenbestimmungen aller drei Bescheide Klage erhoben, diese aber am 24.09.2014 zurückgenommen (11 K 2592/13, 11 K 2981/13 und 11 K 3037/13). Auf den Antrag des O2. im Verfahren 11 K 3060/13 hat das OVG O1. unter Abänderung des Beschlusses des Gerichts vom 18.03.2014 (11 L/706/13) mit Beschluss vom 23.07.2014 (8 B 356/14) die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt. Mit weiterem Beschluss vom 10.09.2014 (11 L 674/14) hat das Gericht daraufhin den Beschluss des OVG O1. vom 23.07.2014 mit der Maßgabe abgeändert, dass der Beigeladene von den Genehmigungsbescheiden des Beklagten vom 25.06.2013, 12.08.2013 und 14.08.2013 bis zum 31.01.2015 Gebrauch machen dürfe. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Klägers im Verfahren 11 K 3060/13 hat das OVG O1. mit weiterem Beschluss vom 27.11.2014 zurückgewiesen (8 B 1093 /14).
33Im Klageverfahren haben die Klägerin und ihr Ehemann neben artenschutzrechtlichen Einwänden gegen Art und Umfang der UVP– Vorprüfung – die auch vom O2. im Verfahren 11 K 3060/13 vorgetragen wurden und auf die hier Bezug genommen wird – zusätzlich folgendes geltend gemacht: Im Rahmen der Genehmigungserteilung sei die Turbulenzenintensität der Anlagen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Schallimmissionsprognose sei unzureichend. Es seien keine Messberichte des genehmigten Anlagentyps hinsichtlich des Volllastbetriebes und des reduzierten Betriebszustandes vorgelegt worden. Es seien nicht verifizierbare Angaben des Herstellers übernommen worden. Zu Unrecht sei eine Ton- und Impulshaltigkeit der Geräusche verneint worden. Es fehle auch eine Berücksichtigung der durch die Belastung nicht unerheblich entstehenden Reflexionen. Die Angaben im Gutachten seien hierzu völlig vage und nicht standortbezogen.
34Die Klägerin beantragt,
351. den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 14.08.2013 zur Errichtung und zum Betrieb von zwei WEA des Typs Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 in der Gemarkung H. G. 2, G1. 78 (WEA G 1) und G1. 40 (WEA G 2) aufzuheben.
362. den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 12.08.2013 zur Errichtung und zum Betrieb einer WEA des Typs Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 in der Gemarkung T. G. 2, G1. 30 (WEA S 3) aufzuheben.
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Er nimmt zur Begründung auf die Begründung der Genehmigungsbescheide Bezug.
40Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
41die Klage abzuweisen.
42Der Beigeladene beruft sich hinsichtlich der geltend gemachten artenschutzrechtlichen Bedenken und der Durchführung der Vorprüfung nach dem UVPG ebenfalls auf die Ausführungen im Verfahren 11 K 3060/13 und trägt zusätzlich vor: Er habe im Genehmigungsverfahren durch Vorlage einer Schallimmissionsprognose nachgewiesen, dass die einschlägigen Immissionsrichtwerte an den im Einwirkungsbereich der geplanten WEA gelegenen Wohnhäusern eingehalten werden. Diese Schallimmissionsprognose sei gemäß den anerkannten einschlägigen Regelwerken und unter Einbeziehung der üblichen Sicherheitszuschläge erstellt worden. Die Richtigkeit der Schallimmissionsprognose werde von der Klägerin nicht substantiiert infrage stellt. Von einer Überschreitung des Immissionsrichtwertes 45 dB (A) zur Nachtzeit könne nicht ausgegangen werden.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Gerichtsakten 11 K 732/09, 11 L 42/15, 11 L 674/14, 11 L 706/113, 11 K 2592/13, 11 K 2981/13 und 11 K 3037/13 sowie die im Verfahren 11 K 3058/13 übermittelten Verwaltungsvorgänge.
44E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
45Klagegegenstand ist nur der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 14.08.2013, der durch den Bescheid des Beklagten vom 12.09.2014 nicht geändert worden ist. Der auf § 15 BImSchG gestützte Bescheid beinhaltet vielmehr nur die Feststellung, dass es einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG nicht bedarf. Ob diese Feststellung zutrifft, wäre zunächst in einem Widerspruchsverfahren zu klären, eine – nicht beantragte – Klageänderung deshalb nicht sachdienlich gewesen.
46Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.03.2010 – 2 M 243/09 –, juris Rn. 18.
47Die Klage gegen die Genehmigungsbescheide des Beklagten von 12.08.2013 und 14.08.2013 hat keinen Erfolg.
48I.
49Namentlich steht der Zulässigkeit der erhobenen Klage nicht entgegen, dass ein Widerspruchsverfahren vor Erhebung der Klage nicht durchgeführt worden ist. Ein Widerspruchsverfahren ist nach § 68 Abs. 1 Satz 2, 1. HS VwGO i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 JustizG O1. nicht erforderlich, wenn der (klagende) Dritte im Verwaltungsverfahren beteiligt wurde.
50Eine derartige Beteiligung der Klägerin hat im Verwaltungsverfahren nicht stattgefunden, da kein förmliches Genehmigungsverfahren i.S.d. § 10 Abs. 3 BImSchG unter Beteiligung der Öffentlichkeit vor Erteilung der Genehmigungen vom 12.08.2013 und 14.08.2013 durchgeführt wurde, sondern lediglich ein vereinfachtes Verfahren nach § 19 BImSchG (vgl. hierzu Seite 14 bzw. 15 der Genehmigungsbescheide vom 12.08.2013 und 14.08.2013).
51Allerdings ist dem Prozessbevollmächtigten des Vereins „Q1. Q. P. - T1. D. X. e.V.“, dessen Vorsitzender der Ehemann der Klägerin war, im Verwaltungsverfahren Akteneinsicht gewährt worden (BA X Bl. 90 in 11 K 3058/13). Die Prozessbevollmächtigten des Vereins und die Klägerin sowie ihr Ehemann persönlich (BA X Bl. 155 in 11 K 3058/13) haben sich im Verwaltungsverfahren zu dem Vorhaben geäußert. Ungeachtet dessen, ob hierin bereits eine „Beteiligung“ i.S.d. § 110 Abs. 3 Satz 1 VwGO oder des § 13 VwVfG O1. liegt,
52vgl. zum Begriff der Beteiligung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AGVwGO O1. a.F.: OVG O1. , Beschluss vom 05.10.2010– 8 B 817/10 –, NWVBl 2011, 148,
53hatten die Klägerin und ihr Ehemann als Mitglied bzw. Vorsitzender des Vereins Gelegenheit sich zu dem Vorhaben im Verwaltungsverfahren zu äußern und haben diese Gelegenheit auch wahrgenommen. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nach erfolgter Klageerhebung wäre unter diesen Umständen mit dem vom Gesetz verfolgten Beschleunigungszweck nicht vereinbar. Im Übrigen haben im Klageverfahren weder der Beklagte noch der Beigeladene (Bl. 86 ff. GA) die Unzulässigkeit der Klage gerügt, sondern sich zur Sache eingelassen.
54Vgl. zur Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens bei rügeloser Einlassung: BVerwG, Urteile vom 23.10.1980– 2 A 4.78 –, juris Rn. 20, vom 20.04.1994 – 11 C 2.93 – juris Rn. 18, und vom 19. Februar 2009 – 2 C 56.07 –, juris Rn.11.
55Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin wird durch die Bescheide vom 12.08.2013 und 14.08.2013 nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
56Den angefochtenen Bescheiden mangelt es weder an einer hinreichenden Bestimmtheit (1.) noch sind sie in materieller Hinsicht in einer Weise fehlerhaft, die subjektive Rechte der Klägerin verletzt. Die Errichtung und der Betrieb der hier streitigen WEA G 1 und G 2 sowie der S 3 führen auch nicht dazu, dass auf Grund optisch bedrängender Wirkung für das Grundstück der Klägerin das Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird (2.). Auch ist die Klägerin keinen schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG in Form von Lärm (3.) oder Schattenwurf (4.) ausgesetzt. Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass die durchgeführte Vorprüfung nach dem UVPG mit durchgreifenden Mängeln behaftet ist (5.).
571. Den Genehmigungsbescheiden vom 12.08.2013 und 14.08.2013 mangelt es nicht an einer hinreichenden Bestimmtheit (§ 37 VwVfG O1. ), weil sie keine vom Betreiber einzuhaltenden Immissionsrichtwerte enthalten.
58Hinreichende inhaltliche Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts.
59Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 16.05.2013 – 8 A 2894/12 –, juris Rn. 33 unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2012 – 7 VR 10.12 –, juris Rn. 10.
60Gemessen an diesen Voraussetzungen erweisen sich die Genehmigungsbescheide als hinreichend bestimmt. Insbesondere ergibt sich aus ihnen hinreichend deutlich, welches Maß an Lärmimmissionen die Klägerin auf Grund der erteilten Genehmigungen hinzunehmen hat. Zwar werden in den Genehmigungsbescheiden keine Immissionsrichtwerte, sondern nur maximal zulässige Schallemissionspegel festgelegt (jeweils Nr. III C 7 der Genehmigungsbescheide). Aus der im Genehmigungsverfahren erstellten Schallimmissionsprognose der F8. H1. aus April 2012 (BA V Bl. 305 ff.), die Bestandteil der Genehmigungen ist und deren Inhalt und Umfang bestimmt (vgl. jeweils Nebenbestimmung Nr. III C 5 und Nr. VII Anhang 9 der Genehmigungen), ergibt sich aber, dass die F9. H1. für alle Immissionsaufpunkte - mit Ausnahme des IP A - einen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) im Nachtbetrieb zu Grunde gelegt hat, der bei Einhaltung des in der Genehmigung festgelegten maximalen Schallemissionspegels nicht überschritten wird. Bei dem Grundstück der Klägerin „A. O3. G3. 16“ handelt es sich um den in der Schallimmissionsprognose als „IP J“ bezeichneten Immissionsaufpunkt. Damit ergibt sich mit hinreichender Bestimmtheit i.S.d. § 37 VwVfG O1. aus einer Gesamtschau der Genehmigungsbescheide und der beigefügten Anlagen nicht nur welche Schallleistungspegel die Anlage, sondern auch welche Immissionsrichtwerte der Beigeladene bei dem Betrieb der Anlagen auch am Grundstück der Klägerin einzuhalten hat.
61Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 07.01.2008 – 8 A 1319/06 – , juris Rn. 7 zur Sicherstellung des Immissionsrichtwertes durch Festlegung eines zulässigen Schallemissionspegels in der Genehmigung; zur hinreichenden Bestimmtheit auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.11.2012 – 12 ME 189/12 –, juris Rn. 10.
62Ob der im Nachtbetrieb am Wohnhaus der Klägerin maßgebliche Immissionsrichtwert von 45 dB (A) tatsächlich eingehalten werden kann, ist keine Frage der Bestimmtheit der Genehmigungsbescheide, sondern der Tragfähigkeit der Schallimmissionsprognose (hierzu unter 3.).
632. Die angefochtenen Bescheide verstoßen auch nicht gegen das nachbarschützende und als öffentlicher Belang in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte drittschützende Gebot der Rücksichtnahme.
64Das Gebot der Rücksichtnahme erfasst über Immissionsbelastungen hinaus auch solche Fälle, in denen sonstige nachteilige Wirkungen des Bauvorhabens in Rede stehen.
65Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2006 – 4 B 72.06 –, NVwZ 2007, 336, sowie Urteile vom 18.11.2004 – 4 C 1.04 –, NVwZ 2005, 328, und vom 21.01.1983 – 4 C 59.79 –, BRS 40 Nr. 199; OVG O1. , Urteil vom 09.08.2006 – 8 A 3726/05 –, DVBl. 2006, 1532 = juris Rn. 62 ff.
66Deshalb kann grundsätzlich auch die optische Wirkung, die ein Bauvorhaben – wie hier eine Windenergieanlage – auf bewohnte Nachbargrundstücke im Außenbereich ausübt, im Einzelfall mit dem Gebot der Rücksichtnahme nicht zu vereinbaren sein. Eine solche optisch bedrängende Wirkung geht von dem umstrittenen Vorhaben indes nicht aus.
67Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme stellt, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 18.11.2004 – 4 C 1.04 –, a.a.O., vom 23. 09.1999 – 4 C 6.98 –, BVerwGE 109, 314, 318, vom 28.10. 1993 – 4 C 5.93 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120, und vom 25.02.1977 – 4 C 22.75 –, BVerwGE 52, 122, 126.
69Für die Frage, ob eine Windkraftanlage im Einzelfall unzumutbar bedrängend wirkt, bedarf es einer Einzelfallabwägung, die sich in einem ersten Schritt an der Höhe der Anlage zu orientieren hat. Ferner sind die örtlichen Verhältnisse einzubeziehen. Dabei sind u.a. die topographische Situation und die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u.ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt.
70Auch die planungsrechtliche Lage des Wohnhauses ist zu berücksichtigen. Wer im Außenbereich wohnt, muss grundsätzlich mit der Errichtung von in diesem Bereich privilegierten Windkraftanlagen – auch mehrerer – und ihren optischen Auswirkungen rechnen. Der Schutzanspruch entfällt zwar nicht, jedoch vermindert er sich dahin, dass dem Betroffenen eher Maßnahmen zumutbar sind, durch die er den Wirkungen der Windkraftanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt.
71Vgl. OVG O1. , Urteil vom 09.08.2006 – 8 A 3726/05 –, a.a.O., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11.12.2006 – 4 B 72.06 –, a.a.O.
72Nach der Rechtsprechung des OVG O1. ,
73vgl. Urteil vom 09.08. 2006, – 8 A 3726/05 –, a.a.O., juris Rn. 91 ff.,
74wird die Einzelfallprüfung dann, wenn der Abstand zu einem Wohnhaus mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage beträgt, überwiegend zu dem Ergebnis führen, dass von einer Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zulasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage soweit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz gegenüber der Wohnbebauung zukommt.
75Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und damit optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall infolge des durch den kürzeren Abstand vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
76Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
77Diese Anhaltswerte dienen aber lediglich der ungefähren Orientierung bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen, entbinden aber nicht von einer Einzelfallwürdigung.
78Vgl. OVG O1. , Urteil vom 09.08. 2006 – 8 A 3726/05 –, a.a.O., juris Rn. 94.
79Ausgehend von diesen Grundsätzen geht von dem genehmigten Vorhaben keine Wirkung für das Wohnhaus der Klägerin aus, die einen Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme darstellen könnte.
80Soweit es die streitbefangenen Windenergieanlagen WEA G 1 und G 2 betrifft, ist im Rahmen der erforderlichen Einzelfallbewertung zunächst zu berücksichtigen, dass diese bei einer Gesamthöhe von 149,50 m (99,00 m Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser von 50,50 m) zum Wohnhaus der Klägerin mindestens einen Abstand von 500 m bzw. 800 m aufweisen (so die Klägerin in der Klagebegründung vom 28.04.2014, Bl 79 GA, die Standortkoordinaten und Entfernungen zum IP J in der Schallimmissionsprognose der F10. H1. , BA Bl. 320 in 11 K 3058/13, weisen allerdings einen Abstand von 589,1 m bzw. 952,6 m aus). Ein derartiger Abstand entspricht mindestens dem 3,34-fachen bzw. dem 5,35–fachen der Anlagenhöhe und führt im Regelfall dazu, dass eine optisch bedrängende Wirkung nicht (mehr) angenommen werden kann. Dass hier Anpassungen bei der Bemessung des Abstandes auf Grund unterschiedlichen Höhenniveaus von Wohnhaus und Anlage vorzunehmen sind, ist weder für das Gericht ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden. Außerdem ergibt sich aus den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbildaufnahmen, dass der freie Blick nach Osten auf die WEA G 1 und G 2 durch das gegenüberliegende Wohnhaus verstellt wird und nur der Rotor mit dem oberen Mastbereich erkennbar ist.
81Dies gilt in gleichem Maße für die nordwestlich des klägerischen Grundstückes in einem Abstand von ca. ebenfalls 800 m gelegene WEA S 3. Hinzukommt, dass bei der hier vorherrschenden Windrichtung aus West/Süd-West und der vertikalen Stellung der Rotorblätter zur Hauptwindrichtung, eine frontale Sicht auf die Rotorblätter dieser Anlage in der überwiegenden Tageszeit ohnehin nicht stattfindet.
823. Soweit es schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG betrifft, konkretisiert das BImSchG das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, bemisst die Schutzwürdigkeit aber nach dem, was in diesem Gebiet planungsrechtlich zulässig ist.
83Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 10.05.2010 – 8 B 992/09 –, juris Rn. 25 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 – 7 C 7.92 –, NVwZ 1993, 987, und Beschluss vom 02.02 2000 – 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679.
84Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm –) vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) bestimmt. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet.
85Ob der Schutz der Nachbarn gewährleistet ist, ist am genehmigten Nutzungsumfang zu messen. Dabei ist nicht von einer rein fiktiven Belastung auszugehen, sondern eine realistische (Lärm-)Prognose anzustellen,
86vgl. OVG O1. , Beschluss vom 16.05.2013 – 8 A 2894/12 –, juris Rn. 16 ff. m.w.N. auf die Rechtsprechung des BVerwG,
87die im Regelfall die von der zu beurteilenden Anlage ausgehenden Geräusche und – sofern im Einwirkungsbereich der Anlage andere Anlagengeräusche auftreten – die neben der Bestimmung der Vorbelastung auch die Gesamtbelastung nach Nummer A. 1.2. des Anhangs der TA Lärm zu umfassen hat (vgl. Nr. 3.2.1 Abs. 10 TA Lärm).
88Für im Außenbereich gelegene Grundstücke – wie dem Wohnhaus der Klägerin – ist hierbei in Anlehnung an die für Mischgebiete nach der TA-Lärm festgelegten Richtwerte ein Lärmpegel von nachts bis zu 45 dB(A) und tags bis 60 dB(A) zumutbar.
89Vgl. OVG O1. , Urteil vom 18.11.2002 – 7 A 2127/00 –, NVwZ 2003, 756, m.w.N., sowie Beschlüsse vom 03.09.1999– 10 B 1283/99 –, NVwZ 1999, 1360, vom 13.05.2002 – 10 B 671/02 –, NVwZ 2002, 1131, 1132 und vom 15.09.2005 – 8 B 417/05 –, NuR 2006, 251.
90Dass diese Werte hier eingehalten werden, steht zur Überzeugung des Gerichts auf Grund der vom Betreiber im Verfahren vorgelegten Schallimmissionsprognose der F11. H3. (Stand: April 2012, BA V Bl. 305 ff in 11 K 3058/13) fest.
91Die im Genehmigungsverfahren erstellte Schallimmissionsprognose der F12. H1. geht davon aus (BA V Bl. 313 in 11 K 3058/13), dass bei einem Betrieb der WEA G 1 und WEA G 2 und der WEA S 3 unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch einen schallreduzierten Betrieb der WEA S 1 und WEA S 2 am Grundstück der Klägerin (IP J) der nächtliche Immissionsrichtwert mit einer Gesamtbelastung von 44,5 dB(A) eingehalten wird. Hierbei wurde ein Sicherheitszuschlag von 2,5 dB(A) berücksichtigt (BA V Bl. 312 in 11 K 3058/13).
92Das Gericht hat keinen Anlass zu der Annahme, dass diese Prognose nicht auf der sicheren Seite liegt. Soweit es die Vorbelastung durch die WEA S 1 und WEA S 2 betrifft, geht die Prognose für den Vollastbetrieb – entsprechend dem Datenblatt des Herstellers – von einem Schalleistungspegel von 106 dB(A) aus. Im schallreduzierten Nachtbetrieb für die WEA S 1 (2.500 kW) berücksichtigt die Prognose einen vom Hersteller angegebenen Schallleistungspegel von 105,6 dB(A) im schallreduzierten Nachtbetrieb für die WEA S 2 (2.000 kW) einen Schallleistungspegel von 104,0 dB(A) zzgl. eines Sicherheitszuschlages von 2,5 dB(A) (BA V Bl. 309 und 310 in 11 K 3058/13).
93Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass die Schallimmissionsprognose auf Angaben des Herstellers Bezug nimmt. Soweit die einschlägigen technischen Regelwerke,
94vgl. Technische Richtlinien für Windenergieanlagen, Teil 1: Bestimmung der Schallemissionswerte, Revision 18, Stand: 01.02.2008, Hg: Fördergesellschaft für Windenergie e.V. (im Folgenden: FGW-Richtlinie), vgl. hierzu auch Gem. RdErl. d. Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz u. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr (Az. X A 1 – 901.3/202) u. d. Staatskanzlei (Az. III B 4 – 30.55.03.01) v. 11.7.2011, Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (im Folgenden : WEA-Erlass 2011),
95mindestens drei Referenzmessungen verlangen, kommt diesen keine normative Verbindlichkeit zu. Die Validität einer Schallimmissionsprognose steht und fällt nicht damit, dass es zu einem Windkraftanlagentyp bereits mehrere Referenzmessungen gibt, mögen diese auch wünschenswert sein, um die Prognosesicherheit zu erhöhen. Die Unsicherheit, die damit einhergeht, dass eine Anlage – wie hier wohl die E-101 –
96vgl. Kötter Consulting Engineers, Schalltechnischer Bericht Nr. 213121-01.01 über die Ermittlung der Schallemissionen einer Windenergieanlage des Typs Enercon E-101 im Windpark Haaren vom 03.04.2013,
97nur einmal vermessen wurde, kann und soll gerade durch die Vergabe eines Sicherheitszuschlags kompensiert werden.
98Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 29.08.2012 – 2 B 940/12 -, juris Rn. 22 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 20. Oktober 2005 - 8 B 158/05 -, S. 15 f. des amtlichen Umdrucks und das Urteil vom 18. November 2002 - 7 A 2127/00 -, juris Rn. 63.
99Warum dieser Sicherheitszuschlag von 2,5 dB(A) zu niedrig seien sollte, erschließt sich für das Gericht nicht. Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erstmals - auszugsweise - vorgelegte Schalltechnische Bericht einer erweiterten Hauptuntersuchung der V. & Q2. kann die Tragfähigkeit der Prognose nicht in Frage stellen. Soweit hierin bezweifelt wird, dass eine Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der DIN ISO 9613-2 bei hohen Anlagen die Schallimmissionen nicht realistisch ermittle, weil die Bodendämpfung (Agr) überschätzt werde, handelt es sich um eine als „Forschungsvorhaben“ bezeichnete Untersuchung eines Privatgutachters, die (noch) nicht geeignet ist, einen neuen Stand der Technik bei der Bestimmung von Lärmausbreitungen durch WEA zu etablieren.
100Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine realistische und wirklichkeitsnahe Ermittlung von Schallimmissionen bei Windkraftanlagen an Hand einer Ausbreitungsrechnung entsprechend der TA Lärm und der von ihr in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Anhang A.2.3.4. der TA Lärm) erfolgen kann.
101Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 –, juris Rn. 13; OVG Mecklenburg.-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 – 3 M 236/13 –, juris Rn. 18 ff.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.09.2007–– 12 ME 38/07–, juris Rn. 22
102Dies wurde bisher auch bei hochragenden Windkraftanlagen (Gesamthöhe von 150 m) nicht in Frage gestellt.
103Vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 04.05.2010 – 3 B 77/10 –, juris Rn. 4.
104Die auf der Grundlage der Ermächtigung des § 48 BImSchG erlassene TA Lärm konkretisiert den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 BImSchG. Ihr kommt eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu,
105vgl. BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 –, juris Rn. 12,
106die sich auch auf die dort beschriebenen Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen beziehen dürfte (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG).
107Die Bindungswirkung der TA Lärm und der von ihr in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 würde nur dann entfallen, wenn die in ihr enthaltene sachverständige Aussage durch neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik überholt wäre.
108Vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage 2014, § 48 Rn. 51; Thiel in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblattsamm-lung, Stand: Januar 2014, Band II, § 48 BImSchG Rn. 5.
109Hiervon kann auf Grund des nur auszugsweise vorliegenden schalltechnischen Berichts der Sachverständigen V. & Q2. nicht ausgegangen werden. Die als „Forschungsvorhaben“ bezeichnete Untersuchung stellt – ausweislich der nur vorliegenden Zusammenfassung – die Ausbreitungsrechnung nach der DIN ISO 9613-2 für den Nahbereich (bis 500 m) nicht in Frage, sondern geht von einer Abweichung der Messergebnisse von der Prognose im darüber hinausgehenden Bereich aus, wobei nicht erkennbar ist, wie groß die Abweichung ist und wie sie sich mit zunehmender Entfernung gestaltet (linear oder exponentiell). Es bleibt ebenfalls offen, wie ein zukünftig anzusetzender Sicherheitszuschlag berechnet werden soll. In der Zusammenfassung des Gutachtens (Seite 7) wird insoweit von einem „noch zu ermittelndem Term“ gesprochen.
110Ungeachtet dessen, dass damit nicht davon ausgegangen werden kann, dass das vorgelegte Gutachten einen neuen Stand der Technik bei der Ermittlung des von WEA ausgehenden Lärms darstellt, erschließt sich aus der allein vorliegenden Zusammenfassung (Seite 7 des Gutachtens) auch nicht die Relevanz dieser Untersuchung für den vorliegenden Streitfall. Was in der Untersuchung mit „hohen“ Windkraftanlagen gemeint ist, ist unklar und konnte vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht näher erläutert werden. Soweit in Frage gestellt wird, ob der aktuell anzusetzende Sicherheitszuschlag von mindestens 1,9 dB(A) bei hohen Windkraftanlagen ausreichend ist, wird übersehen, dass die Schallimmissionsprognose der F13. H1. sogar einen Sicherheitszuschlag von 2,5 dB(A) berücksichtigt. Im Übrigen dürfte dies für die Immissionsbelastung am Grundstück der Klägerin auch deshalb nicht relevant sein, weil dieses – wie oben bereits ausgeführt - nordöstlich des IP L liegt, bei dem eine Immissionsbelastung durch alle Anlagen von (nur) 41,5 dB(A) ermittelt wurde. Selbst bei einer Verdoppelung des hierin schon enthaltenen Sicherheitszuschlages von 2,5 db(A) würde der nächtliche Immissionsrichtwert am Grundstück der Klägerin immer noch sicher eingehalten. Eventuell erforderliche Korrekturen bei der Berechnung des Bodendämpfungsfaktors für die Immissionsbelastung am Grundstück der Klägerin dürften deshalb entscheidungserheblich nicht ins Gewicht fallen.
111Der Einwand der Klägerin, es hätte zusätzlich zum Zuschlag für die Serienstreuung ein weiterer Zuschlag für die Ton- und Impulshaltigkeit der WEA-Geräusche berücksichtigt werden müssen greift nicht durch. Gemäß A.2.5.2 und A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm sind für die Teilzeiten, in denen bei den zu beurteilenden Geräuschimmissionen ein oder mehrere Töne hervortreten (Tonhaltigkeit) bzw. in denen das zu beurteilende Geräusch Impulse enthält (Impulshaltigkeit), je nach Störwirkung Zuschläge von 3 dB oder 6 dB bei der Prognose anzusetzen. Bei der Neuerrichtung von WEA ist für die Tonhaltigkeit im Nahbereich (KTN) kein Zuschlag anzusetzen, wenn der Wert von 1 dB(A) nicht überschritten wird. (vgl. Nr. 5.2.1.1 WEA-Erlass 2011). Hiervon geht nicht nur die Schallimmissionsprognose der F14. H1. aus (vgl. BA V Bl. 322 in 11 K 3058/13). Die Einhaltung dieses Wertes wird auch durch Nebenbestimmungen zu den Genehmigungen festgeschrieben (jeweils Nebenbestimmungen Nr. III C 7 zu den Bescheiden vom 12.08.2013 und 14.08.2013). Erlaubt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung keine tonhaltigen Geräusche oder begrenzt sie diese, bedarf es bei der Lärmprognose keiner gesonderten oder darüber hinausgehenden Zuschlages.
112Vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. November 2014 – 22 ZB 14.1828 –, juris Rn. 14 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 5.10.2007 – 22 CS 07.2073 – juris Rn. 13).
113Im Übrigen fehlt es auch an substantiierten Ausführungen der Klägerin dazu, wodurch und in welchem Umfang bei dem Betrieb der hier bereits errichteten WEA ton- und impulshaltige Geräusche auftreten. Der Zuschlag für Tonhaltigkeit bzw. Impulshaltigkeit trägt dem Umstand Rechnung, dass in ihrer Lautstärke bzw. Frequenz kurzzeitig stark zu- und wieder abnehmende Geräusche als deutlich störender empfunden werden als Geräusche mit weitgehend gleich bleibender Lautstärke bzw. Frequenz. Auslegungsmaßstab ist somit der im Hinblick auf die besonders hohe Pegeländerung außergewöhnliche Grad an Störung, der von den Geräuschen ausgeht.
114Vgl. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Geräuschemissionen hoher Winden-ergieanlagen Fachbericht 3 Recklinghausen 2007; Zur Tonhaltigkeit auch BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 –, juris Rn. 30.
115Dass und wodurch abweichend von der Prognose der F15. H1. und dem Messbericht der L. D1. F16. hier beim Betrieb der WEA ton- und impulshaltige Geräusche auftreten sollen, ist weder für das Gericht ersichtlich noch hat die Klägerin hierzu ausreichend vorgetragen. Ebenso unsubstantiiert sind die Angaben der Klägerin zu den - angeblich beim Betrieb der Anlagen - auftretenden Schallreflexionen (vgl. Klagebegründung vom 28.04.2014, Bl. 81 GA).
116Im Übrigen wird die Einhaltung eines Schallpegels von 104,0 dB(A) bzw. von 105,6 dB(A) zzgl. des Sicherheitszuschlages von 2,5 dB(A) auch durch Nebenbestimmungen zu den Genehmigungen vom 25.06.2013 (Nebenbestimmung Nr. III C 7 und C 8) und 12.08.2013 (Nebenbestimmung Nr. III C 7 zur Genehmigung vom 12.08.2013) sichergestellt. Ein Nachtbetrieb mit einer darüber hinausgehenden Leistung ist erst zulässig, wenn die Einhaltung des Immissionsrichtwertes durch eine Messung nachgewiesen wird (Nebenbestimmung Nr. III C 10 zur Genehmigung vom 25.06.2013 bzw. Nr. III C 9 zur Genehmigung vom 12.08.2013).
1174. Es ist ebenfalls nicht davon auszugehen, dass die Klägerin als Bewohnerin des Hauses „A. O3. G3. 16“ unzumutbaren Immissionen in Form von Schattenwurf ausgesetzt wird. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Belästigung durch den zu erwartenden Schattenwurf von Windenergieanlagen dann als zumutbar für die Nachbarschaft gilt, wenn die nach einer "worst-case"-Berechnung maximal mögliche Einwirkdauer im Sinne der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer am jeweiligen Immissionsort nicht mehr als 30 Stunden im Jahr – entsprechend einer realen, d.h. im langjährigen Mittel für hiesige Standorte zu erwartenden Einwirkdauer von maximal 8 Stunden im Jahr – und darüber hinaus nicht mehr als 30 Minuten am Tag beträgt. Es gibt für den von Windenergieanlagen verursachten Schattenwurf zwar keine feste, wissenschaftlich abgesicherte Grenze, deren Überschreitung stets die Annahme einer schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG und damit einer Nachbarrechtsverletzung nach sich ziehen müsste. Dem wird aber dadurch Rechnung getragen, dass diese Faustformel nicht nach der Art eines Rechtssatzes angewandt wird. Vielmehr sind wie allgemein bei der Frage nach dem Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Rahmen einer wertenden Betrachtung die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen.
118Vgl. OVG O1. , Beschlüsse vom 19.09.2012 – 8 A 339/12 – , juris Rn. 20 und vom 23.01.2008 – 8 B 237/07 –, juris Rn. 61.
119Nach der im Genehmigungsverfahren vom Betreiber vorgelegten Schattenwurfprognose der F17. H1. (Stand: April 2012, BA V Bl. 327 ff. in 11 K 3058/13), liegt das Grundstück der Klägerin in einem Bereich, in dem die Beschattungsdauer mehr als 30 min/d und 8h/a beträgt (BA V Bl. 335 und Bl. 412 in 11 K 3058/13). Die Schattenwurfprognose berücksichtigt die an allen Immissionsorten, nicht nur die durch die WEA G 1 und G 2, entstehenden Schattenwurfzeiten, sondern ergänzend auch solche die bei einer Gesamtbetrachtung aller fünf WEA entstehen. Eine relevante Schattenwurfbelastung entsteht nach dem Gutachten allerdings nur durch die WEA G 1 und WEA G 2 und ausschließlich an den IP Q –T und V (BA V Bl. 335, Tabelle 3 in 11 K 3058/13). Insoweit wird diese allerdings durch den im Genehmigungsbescheid vom 14.08.2013 verbindlich angeordneten Einsatz einer Abschaltautomatik sichergestellt, dass es zu keiner Überschreitung der höchstzulässigen Schattenwurfdauer kommt. (Nebenbestimmung Nr. III C 10 und C 11). Die ermittelten Daten zu Sonnenscheindauer, Abschalt- und Beschattungszeiträumen sowie Störfälle des Schattenwurfmoduls müssen registriert, mindestens drei Jahre aufbewahrt und auf Verlangen der unteren Umweltschutzbehörde vorgelegt werden (Nr. III C 12 und 13).
1205.
121Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Genehmigung unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen ist und ihr deshalb ein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigungen nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) vom 08.04.2013 (BGBl I S. 735) zusteht.
122Zwar ist der Anwendungsbereich des UmwRG eröffnet, weil nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG das Gesetz Anwendung auf Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG findet, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei der Errichtung von mehr als drei Windkraftanlagen handelt es sich um Vorhaben, die nach § 3c UVPG i.V.m. Nr. 1.6 der Anlage 1 UVP-pflichtig seien können. Nur hierauf, nicht auf eine objektive UVP-Pflichtigkeit kommt es für die Anwendbarkeit des UmwRG an.
123Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris Rn. 8.
124Die Klägerin kann sich als natürliche Person nach § 4 Abs. 3 UmwRG i. V. m. § 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO auf eine Verletzung des § 4 Abs. 1 UmwRG berufen, ohne dass es darüber hinaus der Feststellung einer Rechtsverletzung des Klägers im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedarf. Denn diese Vorschrift trifft für den Fall einer fehlerhaft durchgeführten UVP-Vorprüfung eine Fehlerfolgenregelung für die Begründetheitsprüfung in der Form, dass ein solcher Fehler erheblich ist, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dient und ob der Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 – 4 A 1.13 – , juris Rn. 41: OVG O1. , Urteile v. 14.10.2013 – 20 D 7/09.AK –, juris Rn. 79 und vom 23.06.2014 – 2 A 104/12 –, juris Rn. 22.
126Die Vorschrift setzt die Zulässigkeit der Klage und damit eine bestehende Klagebefugnis voraus, die bei Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit i.S.d. § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG anzunehmen sein dürfte.
127Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris Rn. 8.
128Die Klägerin kann aber eine Verletzung des § 4 Abs. 1 UmwRG nicht mit Erfolg rügen. Weder ist hier eine nach dem Gesetz erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, hierzu unter 5.1) oder zumindest eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit unterblieben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG, hierzu unter 5.2) noch kann sie geltend machen, dass die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, hierzu unter 5.3.).
1295.1
130Für Vorhaben der hier streitigen Art – Errichtung von fünf WEA – sieht das Gesetz keine UVP-Pflicht vor. Eine solche ist nach § 3b Satz 1 UVPG i.V.m. der Anlage 1 zum UVPG nur dann durchzuführen, wenn die zur Bestimmung seiner Art genannten Merkmale vorliegen. Sofern Größen- oder Leistungswerte angegeben sind, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 3b Satz 2 UVPG durchzuführen, wenn die Werte erreicht oder überschritten werden. Eine UVP-Pflicht besteht nach Nr. 1.6.1. der Anlage 1 nur für die Errichtung und den Betrieb einer Windfarm mit mehr als 20 Anlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern. Diese Größenordnung wird selbst dann nicht erreicht, wenn man die im Rahmen der ergänzenden Vorprüfung einbezogenen weiteren WEA (insgesamt 10) als Bestandteil dieses Windparks betrachten würde.
1315.2.
132Vor der Erteilung der Änderungsgenehmigung bedurfte es aber einer Vorprüfung nach § 3c UVPG. Sofern es sich um eine Windfarm mit 3 bis 6 Anlagen handelt, ist gemäß § 3c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.3 der Anlage eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, bei mehr als 6 bis weniger 20 Anlagen gemäß § 3c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 eine allgemeine Vorprüfung.
133Eine Vorprüfung ist im Genehmigungsverfahren zwar nur für die WEA S 1 bis S 3 durchgeführt worden, weil der Beklagte – dem Urteil des Gerichts vom 26.04.2010 (11 K 732/09) folgend – davon ausgegangen ist, dass die weiteren WEA G 1 und WEA G 2 mit diesen keine Windfarm i.S.d. des UVPG bilden und damit selbst nicht vorprüfungspflichtig sind. Eine Vorprüfung auch unter Einbeziehung der WEA G 1 und G 2 ist im gerichtlichen Verfahren aber mit Blick auf die Entscheidung des OVG O1. im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes,
134vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris,
135nachgeholt worden. Die Nachholung einer (teilweise) unterbliebenen Vorprüfung im gerichtlichen Verfahren ist möglich,
136vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 – 4 C 11/07 –, BVerwGE 131, 352 ff.,
137und damit vom Gericht zu berücksichtigen.
1385.3
139Die Entscheidung des Beklagten, keine UVP-Vorprüfung durchzuführen, ist auch in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden.
140Gemäß § 3a Satz 4 UVPG ist die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in einem gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass § 3c UVPG der zuständigen Behörde mit der Formulierung "nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung" einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Nachvollziehbarkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 13 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist.
141Vgl. OVG O1. , Urteil vom 03.12.2008 – 8 D 14/07. AK –, juris Rn. 66; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2010 – 11 S 45.09 –, juris Rn. 9; Hess. VGH, Beschluss vom 19.03.2012 – 9 B 1916/11 –, juris Rn. 42.
142Ist – wie hier im Rahmen des § 3a Satz 4 UVPG – der Verwaltungsbehörde bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, dann ist eine behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob 1. der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, 2. die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, 3. das anzuwendende Recht nicht verkannt wurde und 4. keine sachfremden Erwägungen vorliegen (§ 4a Abs. 2 UmwRG).
143Gemessen an diesen Voraussetzungen ist das Absehen von einer Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der im gerichtlichen Verfahren nachgeholten Vorprüfung rechtlich nicht zu beanstanden.
1445.3.1. Soweit das OVG O1. im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt hat,
145vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris Rn. 68,
146die durchgeführte Vorprüfung beruhe auf einer unvollständigen Erfassung und Bewertung des Sachverhaltes (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG), weil die Umweltauswirkungen der WEA G 1 und G 2, insbesondere deren Wirkungen auf die Avifauna, nicht berücksichtigt worden seien, ist dieser Mangel durch die ergänzende allgemeine Vorprüfung behoben worden. Im Rahmen dieser Vorprüfung, bei der der Beklagte sich maßgeblich auf die ergänzenden Untersuchungen des Büros für angewandte Ökologie und Landschaftsplanung E2. & M1. H2. gestützt hat, sind nicht nur die Auswirkungen der im engeren Untersuchungsgebiet (bis 1.000 m) liegenden WEA G 1 und G 2, sondern auch die Auswirkungen weiterer Anlagen in einem erweiterten Untersuchungsgebiet bis zu 6.000 m,
147vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris Rn. 73,
148berücksichtigt worden. Das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Veranlassung des Beigeladenen erstellte Gutachten der E2. & M1. H2. ,
149Neubau von fünf Windenenergieanlagen Stadt Q. P. (T. und H. – Vorprüfung des Einzelfalles gem. § 3c UVPG für 15 Windenergieanlagen vom 31.10.2014 (im Folgenden: E2. & M1. 2014),
150berücksichtigt auch die Auswirkungen dieser Anlagen auf die im erweiterten Untersuchungsgebiet liegenden Storchenhorste von I1. , I2. und E3. in Form einer erweiterten Raumnutzungsanalyse (Seite 19 ff.). Damit sind auch die vom OVG O1. im Beschluss vom 23.07.2014 angesprochenen „kumulierenden“ Wirkungen der Anlagen berücksichtigt worden.
1515.3.2. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass bei der ergänzenden Vorprüfung Verfahrensregeln oder rechtlichen Bewertungsgrundsätze nicht eingehalten wurden (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 UmwRG).
152Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, die als Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG gewonnene Einschätzung, eine UVP-Vorprüfung sei nicht erforderlich, habe nicht Erkenntnisse berücksichtigen dürfen, die zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht vorlagen. Kann – wie oben bereits unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG ausgeführt – der Fehler einer fehlenden oder mangelhaften Vorprüfung nach § 3c UVPG bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens durch die zuständige Behörde in entsprechender Anwendung des § 45 VwVfG O1. geheilt werden, so ist die Frage, ob eine UVP durchzuführen ist, nach dem Erkenntnisstand zu beurteilen, der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP vorhanden ist. Soweit es die hier streitige artenschutzrechtliche Betroffenheit nach § 44 Abs. 1 BNatSchG von Weißstorch und Rohrweihe betrifft, können deshalb auch die Erkenntnisse einer Brutvogelkartierung im Umfeld der geplanten Windvorrangflächen W 01 und W 02 und einer Raumnutzungsanalyse zum Storchennest M4. aus dem Jahre 2014,
153vgl. E2. & M1. 2014 Seite 3,
154und die in der standortbezogenen Vorprüfung betreffend die WEA S 1 bis 3 zunächst nicht vorgesehenen Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen,
155vgl. hierzu E2. & M1. 2014 Seite 41 ff.,
156berücksichtigt werden, die Bestandteil der insoweit bestandskräftigen,
157die Klagen gegen die einschlägigen Nebenbestimmungen wurden durch den Beigeladenen am 25.09.2014 zurückgenommen (11 K 2592/13, 11 K 2981/13 und 11 K 3037/13),
158Genehmigungsbescheide vom 25.06.2013, vom 12.08.2013 und vom 14.08.2013 sind und bereits im Rahmen der Vorprüfung nach § 3c UVPG Berücksichtigung finden müssen (vgl. § 3c Satz 3 UVPG).
159Ebenso kann die Klägerin nicht mit dem Einwand durchdringen, die hier durchgeführte allgemeine Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG leide an einer „übermäßigen Ermittlungstiefe“ und sei eher einer „(kleinen) UVP“ gleichzustellen. Es ist zwar zutreffend, dass – entsprechend der verfahrenslenkenden Funktion der Vorprüfung – die Behörde sich bei der Vorprüfung auf eine überschlägige Vorausschau und Einschätzung (§§ 3c Satz 1, 3a Satz 4 UVPG) des Besorgnispotentials beschränken soll und die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorwegnehmen darf.
160Vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris Rn. 72; BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 – 4 C 11.07 – juris, unter Bezugnahme auf die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3c UVPG, BRDrucks 674/00 S. 89;
161Hoppe/Beckmann, UVPG, Kommentar, 4. Auflage 2012, § 3c Rn.12.
162Es ist auf der anderen Seite aber auch zu berücksichtigen, dass der Begriff der „überschlägigen Prüfung“ nach § 3c Satz 1 und 2 UVPG im Zusammenhang mit der Anforderung des § 3a Satz 1 UVPG zu sehen ist, dass die Feststellung der UVP-Pflicht „unverzüglich“ zu treffen ist. Mit der Beschränkung auf eine „vorläufige“ Prüfung soll ein aufwendiges und langdauerndes Prüfverfahren vermieden und das Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
163Vgl. Sangenstedt in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2014, Band I, UVPG, Anm. 14 ff. zu § 3c UVPG.
164Bestehen Zweifel, ob ein Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hat, dürfte dieser beabsichtigte Beschleunigungseffekt wohl umfangreiche Ermittlungen durch Einholung weiterer Gutachten im Vorprüfungsverfahren ausschließen. Es widerspricht aber diesem Beschleunigungszweck nicht, auf in anderen oder früheren Verfahren gewonnene Erkenntnisse zurückzugreifen, wenn sich hierdurch die Frage des Eintritts schädlicher Umwelteinwirkungen bei Realisierung des Vorhabens ausreichend beantworten lässt. Die Berufung darauf, dass diese Erkenntnisse nicht berücksichtigt werden dürfen, weil in der Vorprüfung ja nur eine „überschlägige“ Prüfung stattzufinden habe, wäre nach Auffassung des Gerichts reine Förmelei und würde dem mit dem Gesetz verfolgten Zweck nicht gerecht werden.
165Die Tiefe der anzustellenden Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG lässt sich deshalb nicht abstrakt bestimmen, sondern danach, ob der mit der Regelung verfolgte Beschleunigungseffekt eine Beschränkung der Prüfung erfordert. Die Rechtsprechung hat deshalb mehrfach betont, dass sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern auf der Grundlage von geeigneten und ausreichenden Informationen erfolgen muss, wozu auch vom Vorhabenträger vorgelegte Fachgutachten zählen. Es stünde im Widerspruch zur Konzeption des Gesetzgebers, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c UVPG unterliegenden Vorhaben und bei nahezu jeder Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein deswegen bestünde, weil praktisch nie auszuschließen ist, dass ein derartiges Vorhaben abwägungserhebliche Umweltauswirkungen hat. Es bedarf deshalb bereits im Rahmen der Vorprüfung einer Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung der in den Anlagen zum UVPG genannten Kriterien.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 – 9 A 1/13 –, juris Rn. 22 und Bick, jurisPR-BVerwG 22/2014 Anm. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.04.2014 – 1 B 10249/14 –, juris Rn. 11.
167Vor diesem Hintergrund ist es nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, dass hinsichtlich der Anlagen WEA S 1 bis S 3 im Rahmen der Vorprüfung bereits auf umfangreiches Datenmaterial zur Avifauna im Vorhabengebiet, u.a. der F. H1. ,
168Avifaunistischer Fachbeitrag für die Planung von Windenergieanlagen bei Q. P. , Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag der Stadt Q. P. , 2007,
169und der E2. & M1. H2. ,
170Fledermausuntersuchungen im Bereich potenzieller Windparkflächen im Stadtgebiet Q. P. , Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag der Stadt Q. P. ,
171zurückgegriffen wurde, die im Verfahren zur 22. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Q. P. erhoben wurden, sowie im Rahmen der Ergänzung der Vorprüfung hinsichtlich der WEA G 1 und G 2 auf weitere Untersuchungen, die im Rahmen der 33. Änderung des Flächennutzungsplanes im Auftrag der Stadt Q. P. erstellt wurden.
172Vgl. Landschaftsplanung Osnabrück, Volpers und Mütterlein H2. , Ornithologisches Gutachten im Rahmen der Begutachtung zur Eignung eines potenziellen Windvorranggebietes in Q. P. -H. , Stand August 2014 (Bl. 102 GA ff. in 11 K 3060/13).
173Dass auf Grund dieser umfangreichen Datenlage und den in den Genehmigungsbescheiden festgelegten Vermeidungs- und Ausgleichmaßnahmen bereits im Rahmen der Vorprüfung umfangreiche Aussagen zur Erheblichkeit der Umweltauswirkungen getroffen werden konnten,
174Vgl. hierzu E2. & M1. 2014, Seite 2 ff. und die dort genannten Gutachten und Fachinformationen,
175ist für das Gericht nachvollziehbar. Die dies in Zweifel ziehenden Ausführungen der Klägerin lassen jegliche vertiefende Auseinandersetzung mit den vorliegenden fachgutachterlichen Stellungnahmen vermissen. Soweit in der Klagebegründung vom 05.03.2015 – erstmals – behauptet wird, die vorliegenden Untersuchungen würden das Tötungsrisiko für Fledermäuse nicht thematisieren (Bl. 156 GA), wird übersehen, dass insoweit bereits im Jahre 2007 im Untersuchungsgebiet Erfassungen durchgeführt wurden und hierbei ein geringes Konfliktpotenzial zu den WEA ermittelt wurde. Auf diese Untersuchungen wird in der ergänzenden Vorprüfung Bezug genommen und das Risiko des Eintritts von Zugriffstatbeständen auch für die Fledermäuse erneut bewertet.
176vgl. hierzu E2. & M1. 2014, Seite 11 und 21 ff.
177Weshalb die vorliegenden, im Jahre 2007 durchgeführten Untersuchungen zur Bewertung der für Fledermäuse von den WEA ausgehenden Gefahren nicht ausreichen sollen, erschließt sich für das Gericht nicht.
1785.3.3.
179Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Beklagte habe bei der Prüfung der Frage, ob durch das Vorhaben erhebliche Umweltauswirkungen entstehen und deshalb eine UVP durchzuführen ist, das anzuwendende Recht verkannt (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG).
180Soweit es die hier im Klageverfahren allein substantiiert geltend gemachten schädlichen Umwelteinwirkungen für Weißstörche und Rohrweihe betrifft, hat der Beklagte sich bei der Prüfung an den Gutachten von E2. & M1. ,
181vgl. hierzu E2. & M1. , 2014 Seite 2 und die Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c UVPG vom 12.12.2014 (BA II in 11 K 3060/13),
182orientiert und ist davon ausgegangen, dass die Verwirklichung von Zugriffsverboten i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG durch die in den Genehmigungsbescheiden in Form von Nebenbestimmungen vorgesehenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ausgeschlossen werden kann.
183Diese Rechtsauffassung geht nicht von einem falschen Verständnis der anzuwendenden Normen aus.
184Die Lage von Brutstandorten des Weißstorches und der Rohrweihe, innerhalb des vom OVG O1. im Beschluss vom 23.07.2014 a.a.O. als „Ausschlussbereich“ bezeichneten 1.000m - Radius um die streitbefangene WEA führt nicht zwingend zur Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Weder ergibt sich ein derartiger Rechtssatz aus dem Beschluss des OVG O1. noch den dort genannten Abstandsregelungen der LAG – VSW.
185Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten(LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) - LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2.
186Es handelt sich insoweit lediglich um Empfehlungen bei der Planung und Genehmigung für besonders durch WEA gefährdete Vogelarten. Ob für diese ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, ist aber immer eine Frage des Einzelfalles, bei der nicht nur der Abstand zur nächsten WEA, sondern auch mögliche Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen,
187vgl. hierzu Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) ‑ Seite 5 ff. und 24 ff.,
188mitberücksichtigt werden müssen. Wird durch diese erreicht, dass die streitige WEA gemieden bzw. nur noch selten überflogen wird, kann im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auch unterhalb der o.g. Mindestabstände ausgeschlossen sein.
189Vgl. BayVGH, Beschluss vom 06.10.2014 – 22 ZB 14.1079und 22 Z22 ZB 14.1080 –, juris Rn. 30 und Urteil vom 18.06.2014– 22 B 13.1358 –, juris Rn. 50; Hess. VGH, Beschluss vom 28.01.2014 – 9 B 2184/13 –, juris Rn. 24.
190Insoweit ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Lage von Brutstandorten des Weißstorches und der Rohrweihe im o.g. „Ausschlussbereich“ nicht zwingend ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG begründet. Mögliche Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen sind bereits in der artenschutzrechtlichen Prüfung zum landschaftspflegerischen Begleitplan,
191vgl. E2. & M1. , Neubau von fünf Windenenergieanlagen in H. und T. , Landschaftspflegerischer Begleitplan mit integrierter Artenschutzprüfung vom 12.12.2012 (BA III Bl. 83 ff. in 11 K 3060/13),
192empfohlen und noch weitergehende Maßnahmen als Nebenbestimmungen zu den Genehmigungsbescheiden festgesetzt worden.
1935.3.4
194Die Klägerin kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, das Ergebnis der Vorprüfung, mit dem die Durchführung einer UVP für das Vorhaben in Ermangelung erheblicher schädlicher Umwelteinwirkungen abgelehnt wurde, sei nicht haltbar.
195Für die Frage, ob das Ergebnis der Vorprüfung nachvollziehbar ist, ist wegen § 3c Satz 6 UVPG auf die Begründung des Prüfergebnisses abzustellen,
196vgl. OVG O1. , Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris Rn. 72,
197wie es hier seinen Niederschlag im Prüfvermerk vom 18.06.2013 (BA X Bl. 185 ff. in 11 K 3058/13) und in dem ergänzenden Prüfvermerk vom 08.01.2015 (BA I in 11 K 3060/13) gefunden hat. Die Prüfung erfolgte in Anwendung der gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. der Anlage 2 zu beachtenden Kriterien. Fehler, die die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der Prüfung ausschließen, sind weder für das Gericht ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert vorgetragen worden. Solche lägen nur dann vor, wenn die Vorprüfung entweder auf Ermittlungsfehlern beruht, die auf die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses durchschlagen, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzungen liegt.
198Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.04.2014 – 1 B 10249/14 –, juris Rn. 11 unter Bezugnahme auf BayVGH, Beschluss vom 11.03.2014 – 22 ZB 13.2381 –, juris Rn. 38; OVG O1. , Urteil vom 14.10.2013 – 20 D 7/09.AK –, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2010 – 5 Bs 24/10 –, juris Rn. 19.
199Soweit es den den streitbefangenen WEA G 1 und G 2 sowie der WEA S 3 nächstgelegenen Horst H. betrifft, handelt es sich um eine Nisthilfe für Weißstörche, die von Nachbarn erst im Jahre 2010 – nach dem im Verfahren 11 K 732/09 ergangenen Urteil – errichtet wurde. Der Horst wurde erstmals im Frühjahr 2012 besetzt,
200vgl. E2. & M1. Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c UVPG vom 12.12.2014 (BA II in 11 K 3060/13) unter Bezugnahme auf die Raumnutzungsanalyse zum Storchenhorst H. , 2012,
201in den Jahren 2013 und 2014 – ebenso wie der 2013 errichtete Horst in T. – aber nicht wieder als Brutstandort aufgesucht.
202Vgl. E2. & M1. 2014, Seite 15 und die Übersichtskarte 1 (BA III Bl. 79 in 11 K 3060/13).
203Nach den Aussagen des Beigeladenen, die auf Angaben des Aktionskomitees „Rettet die Weißstörche im Kreis N. -M. e.V.“ beruhen und von der Klägerin nicht bestritten wurden, hat auch 2015 bisher eine Wiederbesetzung des Horstes in H. nicht stattgefunden. Bisher wurde nur der Horst in M4. besetzt, die diesem Horst nächstgelegenen WEA S 1 und S 2 durch den Betreiber abgeschaltet.
204Ungeachtet der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bestehenden Ungewissheit, ob überhaupt und zu welchen Zeiten der Horst in H. wieder von Weißstörchen besetzt wird, hat der Beklagte auch für die von der Klägerin angefochtene Genehmigung für die WEA G 1 und G 2 durch artenschutzrechtliche Nebenbestimmungen ein Abschalten der Anlage sichergestellt, falls nach der Rückkehr der Störche aus ihren Winterquartieren der betreffende Horst (Gemarkung H. ) aufgesucht wird und sich daraus eine Horsttradition entwickelt. Die Abschaltzeiten sind auf die Zeit ab Rückkehr der Störche (Anfang März) bis zum Abzug der Störche (August) begrenzt (Nebenbestimmung Nr. III C 20) und der Nachweis der Nichtbesetzung des Horstes ist ab Beginn der Brutsaison wöchentlich zu führen (Nebenbestimmung Nr. III C 21).
205Ob durch die Abschaltung der WEA und die im LBP vorgesehene Anlage neuer Nahrungshabitate abseits der WEA ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die Weißstörche i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgeschlossen werden kann, ist eine Frage, die sich nach fachwissenschaftlichen Kriterien beantwortet, da normenkonkretisierende Vorgaben fehlen. Der Rechtsanwender ist daher auf außerrechtliche Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, deren Erkenntnisstand in weiten Bereichen der Ökologie aber noch nicht so weit entwickelt ist, dass sie dem Rechtsanwender verlässliche Antworten liefern können. Bei zahlreichen Fragestellungen steht – jeweils vertretbar – naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Der Behörde steht deshalb auch bei der Bewertung dieser Fragen ein Beurteilungsspielraum zu, der vom Gericht hinzunehmen und nur dahingehend überprüfbar ist, ob diese Auffassung naturschutzrechtlich vertretbar ist und sie nicht auf einem Bewertungsverfahren beruht, das sich als unzulänglich oder gar ungeeignet erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
206Vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, a.a.O. = juris Rn. 64 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.05.2013
207– 2 L 106/10 –, juris Rn. 20 ff.
208Dass Abschaltzeiten für WEA zur Vermeidung von Kollisionsrisiken ebenso wie die Nutzungsänderung von Flächen im näheren Umfeld der WEA grundsätzlich ein geeignetes Mittel sind, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu vermeiden, ist unstreitig. Die hier im Genehmigungsbescheid vom 14.08.2013 festgesetzten Abschaltzeiten beruhen auf Forderungen der unteren Landschaftsbehörde des Beklagten und sind nach Art und Umfang in einer Stellungnahme des LANUV O1. vom 04.07.2013 als erforderlich, aber auch ausreichend bezeichnet worden (BA IV Bl. 128 in 11 K 3058/13). Insbesondere hat das LANUV O1. in dieser Stellungnahme nicht gefordert, dass über die im Genehmigungsbescheid festgesetzten Abschaltzeiten hinaus zugunsten der im Untersuchungsgebiet überwinternden Weißstörche weitere Abschaltzeiten festgesetzt werden müssen, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auszuschließen. Die Entscheidung des Beklagten, von weiteren Abschaltzeiten zugunsten einer Winterpopulation im Untersuchungsgebiet abzusehen – ob eine solche überhaupt vorhanden ist, wurde von der Klägerin weder behauptet noch dargelegt –, ist deshalb fachlich vertretbar und hält sich im Rahmen des dem Beklagten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums.
209Die Kostenentscheidung ergeht gem. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil er einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit am Prozesskostenrisiko beteiligt hat.
210Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Urteil, 11. März 2015 - 11 K 3061/13
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Minden Urteil, 11. März 2015 - 11 K 3061/13 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder - 2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können, - 2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können, - 3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und - 4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.
(1) Außerhalb des Bauschutzbereichs darf die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 Metern über der Erdoberfläche überschreiten, nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen; § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Abs. 4 gilt entsprechend.
(2) Das Gleiche gilt für Anlagen von mehr als 30 Meter Höhe auf natürlichen oder künstlichen Bodenerhebungen, sofern die Spitze dieser Anlage um mehr als 100 Meter die Höhe der höchsten Bodenerhebung im Umkreis von 1,6 Kilometer Halbmesser um die für die Anlage vorgesehene Bodenerhebung überragt. Im Umkreis von 10 Kilometer Halbmesser um einen Flughafenbezugspunkt gilt als Höhe der höchsten Bodenerhebung die Höhe des Flughafenbezugspunktes.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist, sofern eine Genehmigung nicht beantragt wird, der zuständigen Behörde mindestens einen Monat, bevor mit der Änderung begonnen werden soll, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen, wenn sich die Änderung auf in § 1 genannte Schutzgüter auswirken kann. Der Anzeige sind Unterlagen im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 2 beizufügen, soweit diese für die Prüfung erforderlich sein können, ob das Vorhaben genehmigungsbedürftig ist. Die zuständige Behörde hat dem Träger des Vorhabens den Eingang der Anzeige und der beigefügten Unterlagen unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu bestätigen; sie kann bei einer elektronischen Anzeige Mehrausfertigungen sowie die Übermittlung der Unterlagen, die der Anzeige beizufügen sind, auch in schriftlicher Form verlangen. Sie teilt dem Träger des Vorhabens nach Eingang der Anzeige unverzüglich mit, welche zusätzlichen Unterlagen sie zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 16 Absatz 1 und des § 16a benötigt. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für eine Anlage, die nach § 67 Absatz 2 oder § 67a Absatz 1 anzuzeigen ist oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen war.
(2) Die zuständige Behörde hat unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige und der nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Unterlagen, zu prüfen, ob die Änderung einer Genehmigung bedarf. Der Träger des Vorhabens darf die Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitteilt, dass die Änderung keiner Genehmigung bedarf, oder sich innerhalb der in Satz 1 bestimmten Frist nicht geäußert hat. Absatz 1 Satz 3 gilt für nachgereichte Unterlagen entsprechend.
(2a) Bei einer störfallrelevanten Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, hat die zuständige Behörde unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Anzeige und der nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Unterlagen zu prüfen, ob diese Änderung einer Genehmigung bedarf. Soweit es zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands erforderlich ist, kann die zuständige Behörde ein Gutachten zu den Auswirkungen verlangen, die bei schweren Unfällen durch die Anlage hervorgerufen werden können. Der Träger des Vorhabens darf die störfallrelevante Änderung vornehmen, sobald ihm die zuständige Behörde mitteilt, dass sie keiner Genehmigung bedarf.
(3) Beabsichtigt der Betreiber, den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage einzustellen, so hat er dies unter Angabe des Zeitpunktes der Einstellung der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Der Anzeige sind Unterlagen über die vom Betreiber vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 und 4 ergebenden Pflichten beizufügen. Die Sätze 1 und 2 gelten für die in Absatz 1 Satz 5 bezeichneten Anlagen entsprechend.
(4) In der Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 10 können die näheren Einzelheiten für das Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 geregelt werden.
(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.
(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.
(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.
(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.
Gründe
I.
- 1
Mit Bescheid vom 28.02.2006 erteilte der Antragsgegner der Bauherrengemeinschaft (C... / D...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen (WKA) in der Windfarm E.. Streitgegenständlich ist hier nur die WKA auf dem Flurstück 38/4 der Flur A der Gemarkung E. (WKA Nr. 6). Die Genehmigung ging später auf die Beigeladene über. Mit Bescheid vom 19.03.2007 verlängerte der Antragsgegner die Frist zur Errichtung der WKA bis zum 23.02.2009 und die Frist zur Inbetriebnahme bis zum 23.02.2010. Unter dem 20.06.2008 zeigte die Beigeladene eine Änderung des Anlagentyps bei gleicher Nennleistung und Nabenhöhe an. Mit Bescheid vom 23.10.2008 stellte der Antragsgegner fest, dass die Änderung gemäß § 15 BImSchG keiner Genehmigung bedarf. Mit Bescheid vom 19.01.2009 verlängerte der Beigeladene die Frist der Genehmigung ein weiteres mal, nunmehr dahingehend, dass die Genehmigung erlischt, falls die WKA nicht bis zum 23.02.2012 in Betrieb genommen wird. Unter dem 21.08.2009 zeigte die Beigeladene nochmals eine Änderung des Anlagentyps an. Insoweit sah der Antragsgegner aber von dem Erlass eines Bescheides nach § 15 BImSchG ab, nachdem seine Prüfung ergeben hatte, dass der geänderte Anlagentyp mit dem zuvor angezeigten Typ baugleich ist.
- 2
Die Beigeladene hat mit der Errichtung dieser WKA noch nicht begonnen. Eine am 10.11.2009 beim Antragsgegner eingereichte Baubeginnanzeige nahm sie mit Erklärung vom 08.12.2009 wieder zurück.
- 3
Am 20.11.2009 haben die Antragstellerinnen beim Verwaltungsgericht Magdeburg gegen die Genehmigung vom 28.02.2006 sowie die genannten Verlängerungsbescheide und die Freistellungserklärung Klage erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie machen geltend, die genehmigte WKA verletze sie in ihren Rechten aus § 6 BauO LSA. Die danach einzuhaltende Abstandfläche liege nicht nur auf dem Baugrundstück selbst, sondern zum Teil auch auf Nachbargrundstücken, die in ihrem Eigentum stünden.
- 4
Die Antragstellerinnen haben (sinngemäß) beantragt,
- 5
festzustellen, dass ihre Klage gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 28.02.2006, die Verlängerungsbescheide vom 19. März 2007 und vom 19. Januar 2009 sowie die Freistellungserklärung vom 23.10.2008 bezogen auf die Windkraftanlage auf dem Flurstück 38/4 der Flur A der Gemarkung E. aufschiebende Wirkung entfaltet,
- 6
hilfsweise,
- 7
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
- 8
Mit Beschluss vom 11.12.2009 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Klage entfalte keine aufschiebende Wirkung, weil sie wegen Verfristung und mangels Klagebefugnis offensichtlich unzulässig sei. Der Genehmigungsbescheid vom 28.02.2006, den der Antragsgegner unter Beachtung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG öffentlich bekannt gemacht habe, sei mangels rechtzeitiger Klageerhebung in Bestandskraft erwachsen. An dieser Bestandskraft hätten auch die Verlängerungsbescheide vom 19.03.2007 und vom 19.01.2009 und die Freistellungserklärung vom 23.10.2008 nichts geändert. Diese Bescheide vermittelten hinsichtlich der hier allein in Frage stehenden Einhaltung von Abstandflächen keinen eigenen Drittschutz, weil sie insoweit nicht zu einer Änderung der Sach- oder Rechtslage geführt hätten.
- 9
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragstellerinnen ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
II.
- 10
Der Senat legt den im Begründungsschriftsatz vom 11. Januar 2010 formulierten Antrag der Antragstellerinnen (GA Bl. 185) dahingehend aus, dass sich die begehrte Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage auch auf die Verlängerungsbescheide des Antragsgegners vom 19. März 2007 und vom 19. Januar 2009 bezieht. Zwar sind diese Bescheide in dem Feststellungsantrag nicht ausdrücklich erwähnt. Aus der Antrags- und Beschwerdebegründung wird jedoch ersichtlich, dass sich das Begehren der Antragstellerinnen auch auf diese Bescheide erstrecken soll.
- 11
Die den Anforderungen des § 146 Abs. 4 VwGO genügende Beschwerde bleibt hinsichtlich des Verlängerungsbescheides vom 19.03.2007 und des Genehmigungsbescheides vom 28.02.2006 ohne Erfolg (1. und 2.). Stattzugeben ist der Beschwerde aber hinsichtlich des Verlängerungsbescheides vom 19. Januar 2009 und der Freistellungserklärung vom 23.10.2008 (3. und 4.).
- 12
1. Hinsichtlich des Verlängerungsbescheides vom 19.03.2007 ist die Beschwerde unzulässig geworden. Dieser Bescheid hat sich durch Zeitablauf erledigt. Mit dem Bescheid verlängerte der Antragsgegner die Frist zur Errichtung der WKA bis zum 23.02.2009 und die Frist zur Inbetriebnahme bis zum 23.02.2010. Beide Fristen sind inzwischen abgelaufen.
- 13
2. Hinsichtlich des Genehmigungsbescheides vom 28.02.2006, der wegen des Verlängerungsbescheides vom 19.01.2009 nicht erledigt ist, ist die Beschwerde zwar zulässig, aber nicht begründet.
- 14
Der auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung gerichtete Hauptantrag ist zwar zulässig. Wird ein Verwaltungsakt trotz eines gegen ihn eingelegten Rechtsbehelfs und der deshalb nach § 80 Abs. 1 VwGO eintretenden aufschiebenden Wirkung vollzogen (faktische Vollziehung), kann einstweiliger Rechtsschutz analog § 80 Abs. 5 VwGO dadurch gewährt werden, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung feststellt (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 RdNr. 181). Wenn der durch einen Verwaltungsakt Begünstigte die aufschiebende Wirkung eines von einem Dritten eingelegten Rechtsbehelfs nicht beachtet, kann das Gericht die Behörde nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu Sicherungsanordnungen gegenüber dem Dritten verpflichten (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 a RdNr. 17a). Stattdessen kann in solchen Fällen nach der Auffassung des Senats auch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung beantragt werden, wenn der drohende Vollzug – wie hier – auf der irrigen Annahme der Behörde und des Begünstigten beruht, dem Rechtsbehelf komme keine aufschiebende Wirkung zu. Das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerinnen ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Beigeladene ihre am 10.11.2009 beim Antragsgegner eingereichte Baubeginnanzeige mit Erklärung vom 08.12.2009 wieder zurückgenommen hat. Da die Beigeladene und der Antragsgegner von der Vollziehbarkeit der angefochtenen Genehmigung ausgehen, müssen die Antragstellerinnen jederzeit mit einer erneuten Baubeginnanzeige und des anschließenden Baubeginns und damit der Schaffung vollendeter Tatsachen rechnen.
- 15
Der Hauptantrag ist aber nicht begründet. Die begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden, weil die Klage der Antragstellerinnen, soweit sie sich gegen die Genehmigung vom 28.02.2006 richtet, keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Widerspruch und Anfechtungsklage haben zwar nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO gilt das auch bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung im Sinne des § 80 a VwGO. Keinen Suspensiveffekt haben Rechtsbehelfe aber dann, wenn sie offensichtlich unzulässig sind (vgl. Hamb. OVG, Beschluss vom 25.08.1987 – Bs VI 31/87 – DVBl 1987, 1017; OVG Bbg., Beschluss vom 07.10.2003 – 2 B 332/02 – NVwZ-RR 2004, 315; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 80 RdNr. 13; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 80 RdNr. 11; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 RdNr. 50; jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Von einer derartigen offensichtlichen Unzulässigkeit ist das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Genehmigung vom 28.02.2006 zu Recht ausgegangen. Es hat insoweit ausgeführt, dass die Klage offensichtlich verfristet ist, weil die Antragstellerinnen sie nicht innerhalb eines Monats nach der gemäß § 10 BImSchG öffentlich erfolgten Bekanntgabe erhoben haben. Diese Ausführungen lassen weder Rechtsfehler erkennen noch sind sie mit der Beschwerdebegründung substantiiert angegriffen worden. Soweit die Antragstellerinnen Zweifel dahingehend geäußert haben, ob die gesetzlichen Anforderungen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImschG eingehalten wurden, bleibt dieser Einwand unsubstantiiert. Die Antragstellerinnen haben auch nach der ihnen gewährten Akteneinsicht nicht näher dargelegt, inwieweit es an einer Beachtung der gesetzlichen Vorgaben fehlen soll.
- 16
Ist mithin die Klage offensichtlich unzulässig, soweit sie sich gegen den Genehmigungsbescheid vom 28.02.2006 richtet, steht diese Unzulässigkeit auch der hilfsweise beantragten Anordnung der aufschiebenden Wirkung entgegen.
- 17
3. Hinsichtlich des Verlängerungsbescheides vom 19. Januar 2009 ist die zulässige Beschwerde auch begründet. Bezogen auf diesen Bescheid ist die begehrte Feststellung auszusprechen, weil die Klage der Antragstellerinnen insoweit nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat.
- 18
Bei der Verlängerung handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung im Sinne des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Rechtsgrundlage der Verlängerung ist § 18 Abs. 3 BImSchG. Danach kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag eine nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gesetzte Frist für die Errichtung der Anlage aus wichtigem Grunde verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. Die Verlängerung ist nach allgemeiner Auffassung ein Verwaltungsakt im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO, der ebenso wie die Genehmigung selbst grundsätzlich der Anfechtung durch Dritte unterliegt (vgl. VGH BW, Beschluss vom 21.06.1994 – 10 S 966/94 – NVwZ-RR 1994, 571; Ule/Laubinger, BImSchG, § 18 RdNr. F 13; Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 18 RdNr. 14 a.E.; Scheidler, in: Feldhaus, BImSchG, § 18 RdNr. 51).
- 19
Die aufschiebende Wirkung entfällt hier auch nicht nach § 80 Abs. 2 VwGO. Insbesondere liegt keine behördliche Vollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor.
- 20
Hinsichtlich des Verlängerungsbescheides vom 19. Januar 2009 steht dem Eintritt der aufschiebenden Wirkung auch nicht eine offensichtliche Unzulässigkeit der Klage entgegen. Das Verwaltungsgericht hat seine dahingehende Annahme auf die Erwägung gestützt, dass sich die Bestandskraft der Genehmigung vom 28.02.2006 auch auf die Verlängerungsbescheide vom 19.03.2007 und vom 19.01.2009 erstrecke, weil diese Verlängerungsbescheide hier keinen besonderen Drittschutz auslösten. Diese Begründung ist so schon deshalb nicht haltbar, weil es sich – wie dargelegt – bei dem Verlängerungsbescheid im Sinne des § 18 Abs. 3 BImSchG um einen eigenen Verwaltungsakt handelt, dessen Anfechtbarkeit unabhängig von der Bestandskraft der verlängerten Genehmigung zu beurteilen ist. Hinsichtlich des insoweit isoliert zu betrachtenden Verlängerungsbescheides vom 19.01.2009 kann aber nicht von einer offensichtlichen Unzulässigkeit der Klage der Antragsgegnerinnen ausgegangen werden. Im Gegenteil spricht sogar einiges dafür, dass die Klage insoweit zulässig ist. Insbesondere dürfte sie nicht verfristet sein. Da der Verlängerungsbescheid – soweit ersichtlich – den Antragstellerinnen nicht gesondert bekannt gegeben wurde, konnte ihnen gegenüber die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zu laufen beginnen. Anhaltspunkte dafür, dass sie ihr mithin unbefristetes Klagerecht zum Zeitpunkt ihrer Klageerhebung am 20. 11.2010 – etwa wegen rechtsmissbräuchlichen Zuwartens trotz Kenntnis der Verlängerung – bereits verwirkt hätten, bestehen nicht. Auch dürfte den Antragstellerinnen nicht oder jedenfalls nicht offensichtlich die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlen. Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass sie als Eigentümer von Nachbargrundstücken durch die Verlängerung möglicherweise in ihren Rechten verletzt werden. Der Vorschrift des § 18 Abs. 3 BImSchG kommt durch den Verweis auf den „Zweck des Gesetzes“ (§ 1 BImSchG) ein gewisser Drittschutz zu (vgl. VGH BW, Beschluss vom 21.06.1994 – 10 S 966/94 – NVwZ-RR 1994, 571). Dieser könnte hier auch zugunsten der Antragstellerinnen eingreifen. Sie berufen sich zwar auf eine Unterschreitung der in der Bauordnung geregelten Abstandsfläche. Damit könnte aber zugleich der in § 1 BImSchG geregelte Zweck der Gefahrenabwehr berührt sein. Es kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Verstoß vorliegt. Im Genehmigungsbescheid vom 26.02.2006 wurde in Anwendung der bis zum 31.07.2004 gültigen Rechtslage (§ 6 Abs. 10 Satz 3 BauO LSA 2001 in der bis zum 31.07.2004 gültigen Fassung) davon ausgegangen, dass als Abstandsfläche die Hälfte der größten Höhe der Anlage genügt. Nach § 6 Abs. 10 Satz 3 BauO LSA 2001 in der seit dem 01.08.2004 gültigen Fassung [Gesetz vom 19.07.2004 - GVBl. S. 408] sowie § 6 Abs. 7 Satz 2 der BauO LSA in der heute noch gültigen Fassung vom 20.12.2005 [GVBl. S. 769]) bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche inzwischen nach der größten Höhe der Anlage.
- 21
4. Hinsichtlich der Freistellungserklärung vom 23.10.2008 ist die Beschwerde ebenfalls begründet. Auch hinsichtlich dieses Bescheides ist die begehrte Feststellung auszusprechen, weil die Klage der Antragstellerinnen auch insoweit nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfaltet.
- 22
Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG darf der Träger des Vorhabens eine von ihm nach § 15 Abs.1 BImSchG angezeigte (unwesentliche) Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitteilt, dass die Änderung keiner Genehmigung bedarf. Auch bei dieser sog. Freistellungserklärung handelt es sich um einen eigenen, der Anfechtung durch Dritte unterliegenden Verwaltungsakt, der im Falle der Drittanfechtung vorbehaltlich einer Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine rechtlichen Wirkungen entfaltet (vgl. Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 15 RdNr. 29 und 30; Rebentisch, in: Feldhaus, BImSchG, § 15 RdNr. 88). Eine derartige Vollzugsanordnung liegt hier aber ebenso wenig vor wie bei den angefochtenen Verlängerungsbescheiden. Auch gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klage der Antragstellerinnen, soweit sie sich gegen die Freistellungserklärung vom 23.10.2008 richtet, offensichtlich unzulässig wäre. Wegen der Frage der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) kann insoweit auf die entsprechenden Ausführungen zum Verlängerungsbescheid verwiesen werden. Auch dürfte den Antragstellerinnen nicht oder jedenfalls nicht offensichtlich die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlen. Auch eine Freistellungserklärung kann Nachbarrechte verletzen und insoweit einen Drittschutz auslösen (vgl. Rebentisch, in: Feldhaus, BImSchG, § 15 RdNr. 88). Die Antragstellerinnen machen insoweit zu Recht geltend, dass durch die Änderung des Anlagentyps etwa eine andere Beurteilung der Gefahrensituation erforderlich wird. Dass eine solche Verletzung ihrer Rechte im Ergebnis einer entsprechenden Prüfung möglicherweise abzulehnen ist, macht ihre Klage nicht oder jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig.
- 23
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO konnten dem Antragsgegner die Kosten ganz auferlegt werden, weil die Antragstellerinnen nur zu einem geringen Teil unterlegen sind. Ihr Rechtsschutzziel haben sie durch die auf den Verlängerungsbescheid vom 19.01.2009 und die Freistellungserklärung vom 23.10.2008 beschränkte Feststellung im Wesentlichen erreicht. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 1; 53 Abs. 3 GKG.
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.
(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.
(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.
(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.
Ist nur ein Teil des Streitgegenstands zur Entscheidung reif, so kann das Gericht ein Teilurteil erlassen.
(1) Beteiligte sind
- 1.
Antragsteller und Antragsgegner, - 2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat, - 3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat, - 4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.
(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.
(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Februar 2010 – 5 L 9/10 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
vgl. dazu Jarass, BImSchG, Kommentar, 8. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 52 m.w.N..
so im Ergebnis auch VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.
vgl. dazu die Beschlüsse des Senats vom 10.11.2006, - 3 W 5 bis 8/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 = NVwZ 2008, 76, zitiert nach juris.
Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.
so auch der Senat in seinen Beschlüssen vom 10.11.2006, - 3 W 5/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. Beschluss des Senats vom 1.6.2007- 3 Q 110/06 -, a.a.O..
BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, a.a.O..
vgl. VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.
vgl. zur hohen Zuverlässigkeit einer derartigen schalltechnischen Vermessung: OVG Lüneburg, Beschluss vom 31.3.2010, 12 LA 157/08, zitiert nach juris,
Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, m.w.N., dokumentiert bei juris.
Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.
vgl. Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Herausgeber: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Materialien Nr. 63, 2002, S. 19 f., im Internet abrufbar unter www.lanuv.nrw.de; ferner: BayVerfGH, Entscheidung vom 14.9.2009 - Vf 41-VI-08 -, BayVBl. 2010, 106 = NVwZ-RR 2010, 139 sowie OVG Münster, Beschluss vom 22.5.2006 – 8 B 2122/05 –, jeweils zitiert nach juris.
vgl. dazu Beschlüsse des VGH München vom 31.10.2008, - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, vom 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 -, sowie vom 22.2.2010 - 22 ZB 09.1175 -, u.a., jeweils zitiert nach juris.
so auch VGH München, Beschluss vom 22.2.2010, a.a.O..
vgl. die soeben zitierten Entscheidungen des VGH München,
(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über
- 1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen, - 2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist, - 3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen, - 4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen, - 5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten, - 6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.
(1b) Abweichend von Absatz 1a
- 1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
- 2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(2) (weggefallen)
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über
- 1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen, - 2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist, - 3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen, - 4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen, - 5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten, - 6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.
(1b) Abweichend von Absatz 1a
- 1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
- 2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(2) (weggefallen)
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
- 1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach - a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, - b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder - c)
landesrechtlichen Vorschriften
- 2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes; - 2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes; - 2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen; - 3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz; - 4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach - a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
landesrechtlichen Vorschriften
- 5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und - 6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
- 1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung, - 2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie - 3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).
(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
- 1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder - 2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, - 2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, - 3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - 4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie - 5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.
(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.
(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1
- 1.
bei Neuvorhaben - a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, - b)
der Bau einer sonstigen Anlage, - c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
- 2.
bei Änderungsvorhaben - a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, - b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, - c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.
(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.
(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren, - 2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49, - 3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.
(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die
- 1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden, - 2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder - 3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.
(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.
(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.
(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, - 2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, - 3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - 4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie - 5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.
(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.
(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1
- 1.
bei Neuvorhaben - a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, - b)
der Bau einer sonstigen Anlage, - c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
- 2.
bei Änderungsvorhaben - a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, - b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, - c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.
(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.
(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren, - 2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49, - 3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.
(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die
- 1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden, - 2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder - 3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.
(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.
(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.
(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Für die in Anlage 1 Nummer 18.5, 18.7 und 18.8 aufgeführten Industriezonen und Städtebauprojekte gelten die §§ 10 bis 12 nicht.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tatbestand
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Der Kläger, ein in Nordrhein-Westfalen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2012 zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für den Neubau der Bundesautobahn A 44 im Teilabschnitt zwischen Ratingen (Autobahnkreuz Ratingen Ost) und Velbert (B 227).
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Mit Urteil vom 18. März 2009 (BVerwG 9 A 40.07 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16) hat der Senat den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt, weil bei der Flächenauswahl für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen die eigentumsrechtlich geschützten Interessen der Kläger des damaligen Verfahrens an der Erhaltung ihres landwirtschaftlichen Betriebes nicht in einer dem verfassungsrechtlichen Übermaßgebot entsprechenden Weise Rechnung getragen worden war. Der Vorhabenträger leitete daraufhin ein Änderungsplanfeststellungsverfahren zur Überarbeitung des Ausgleichsflächenkonzepts ein. Das vom Vorhabenträger mit der Überarbeitung des landschaftspflegerischen Begleitplans beauftragte Planungsbüro I. GmbH ließ zur Einschätzung der Auswirkungen des geänderten Ausgleichskonzepts auf den aktuellen Bestand planungsrelevanter Vogelarten eine Überprüfung der vorliegenden avifaunistischen Daten durch ein weiteres Umweltplanungsbüro (H.) durchführen. Eine Vorprüfung nach §§ 3c, 3e UVPG kam zu dem Ergebnis, dass für das Änderungsvorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse. Mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2012 stellte der Beklagte den Plan fest und hob darin einen vorangegangenen, ebenfalls das Ausgleichskonzept betreffenden ersten Änderungsplanfeststellungsbeschluss wieder auf.
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Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss nimmt die drei nördlich der Autobahntrasse gelegenen, bisher als Ausgleichsflächen A 9.5, A 9.6 und A 6.1 vorgesehenen Ackerflächen der Kläger des Verfahrens BVerwG 9 A 40.07 aus dem Ausgleichsmaßnahmenkonzept heraus. Zum Ausgleich von Flächenverlusten dieser Kläger im Trassenbereich arrondiert er die Flächen um einen westlich angrenzenden, bisher im Eigentum der Straßenbauverwaltung stehenden, knapp 10 ha großen Ackerschlag, so dass eine zusammenhängende landwirtschaftliche Bewirtschaftungseinheit entsteht. Ferner wird der zur Erschließung der Ackerflächen vorgesehene Wirtschaftsweg an den geänderten Flächenzuschnitt angepasst. Ein nach Norden abknickender Teil des Weges entfällt, gleichzeitig wird der in einem Wendehammer endende Weg nach Osten um etwa 300 m verlängert. Als Ersatz für die entfallenden Ausgleichsflächen und die Verlängerung des Wirtschaftsweges werden zwei jenseits der Bundesautobahn A 3 gelegene Ackerflächen als Streuobstwiese bzw. extensive Grünlandfläche (E 2 f I und E 3 f I) ausgewiesen sowie nördlich der als "Steinkauzfläche" bezeichneten Ausgleichsfläche A 9.21 f I eine weitere Ausgleichsfläche A 9.22 f I mit dem Ziel der Entwicklung von Extensivgrünland festgesetzt. Die rund 5 ha große "Steinkauzfläche" selbst wird in ihrem Zuschnitt geändert. Im östlichen Bereich entfällt eine ca. 7 000 qm große Teilfläche, die aufgrund veralteter Katasterunterlagen im Bereich eines vorhandenen und zur Erschließung des angrenzenden Ackers erforderlichen Wirtschaftsweges lag. Zum Ausgleich für den Flächenverlust wird die "Steinkauzfläche" nach Norden zur neuen Ausgleichsfläche A 9.21 f I erweitert. Aufgrund einer im Anhörungsverfahren abgegebenen Stellungnahme des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) vom 30. Oktober 2012 wird durch Nebenbestimmungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss eine Beweidung des südlichen Teils der Fläche A 9.21 f I bis zum Hochpunkt der Kuppe und eine Mosaik-Mahd für den nördlichen Teil sowie die Errichtung eines Viehunterstandes auf der zu beweidenden Fläche festgesetzt. Soweit durch diese Nebenbestimmungen keine abweichenden Regelungen getroffen werden, wird die Weitergeltung der Vorgaben aus den Maßnahmenblättern des landschaftspflegerischen Begleitplans ausdrücklich angeordnet (Nebenbestimmung A 4.7).
- 4
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Der Kläger begründet seine fristgerecht erhobene Klage im Wesentlichen wie folgt:
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Das Gutachten von H. zur Aktualisierung der avifaunistischen Daten sei ihm unbekannt, da es vom Vorhabenträger nicht mit den Antragsunterlagen vorgelegt worden sei; es sei daher auch der Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung nicht bekannt gewesen. Die für die artenschutzrechtliche Prüfung erhobenen Daten seien nicht hinreichend aktuell, denn es habe vor Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschusses keine Begehung stattgefunden, die den Anforderungen an eine faunistische Kartierung gerecht würde. Die Nebenbestimmung A 4.7 sei zu unbestimmt, da in jedem Einzelfall geprüft werden müsse, welche Nebenbestimmung gelten solle. Statt einer überschlägigen Vorprüfung, ob die vorgesehenen Änderungen des Ausgleichskonzepts eine Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit auslösten, sei eine in ihrer Prüftiefe einer Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechende Untersuchung durchgeführt und dadurch die bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung bewusst umgangen worden. Die entfallende östliche Teilfläche der bisherigen "Steinkauzfläche" A 9.21 weise als einzige eine Südexposition auf; nur sie sei deshalb auch im Winter als Nahrungshabitat geeignet gewesen. Die neue Teilfläche sei wegen der höheren und längeren Schneelagen im Winter und der Nähe zum Wald mit dem dort ansässigen Waldkauz, einem Konkurrenten des Steinkauzes, nicht für den Steinkauz geeignet. Die auf der "Steinkauzfläche" angeordneten 20 Obstbaumpflanzungen und die mit Wegfall der Ausgleichsflächen A 9.5, A 9.6 und A 6.1 und der Arrondierung der Ackerflächen ermöglichte einheitliche landwirtschaftliche Nutzung verschlechterten die Habitatbedingungen für bodenbrütende Vogelarten erheblich. Die Flächen E 2 f I und E 3 f I erfüllten nicht die Anforderungen an Ersatzflächen, und es sei nicht erkennbar, dass eine Abwägung zwischen den Interessen der betroffenen Landwirte und den Interessen des Naturschutzes stattgefunden habe.
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Der Kläger beantragt,
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den Änderungsplanfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf vom 21. Dezember 2012 zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für den Neubau der Bundesautobahn A 44 zwischen Ratingen und Velbert aufzuheben,
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hilfsweise festzustellen, dass der Änderungsplanfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt den angegriffenen Beschluss.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die von dem Kläger gegen den Änderungsplanfeststellungsbeschluss geltend gemachten Fehler liegen sämtlich nicht vor.
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A. Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Fehlern behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.
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Der Beklagte hat den Kläger in hinreichender Weise am Verwaltungsverfahren beteiligt. Zwar beanstandet der Kläger, dass der Vorhabenträger die Untersuchung zur Aktualisierung der faunistischen Daten des Büros H. (Ökologischer Fachbeitrag vom 22. Juni 2012) nicht mit den übrigen auszulegenden Planunterlagen eingereicht hat. Dies führt jedoch nicht zur Fehlerhaftigkeit der Auslegung. Nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, müssen ausgelegt werden, sondern nur solche, die - aus der Sicht der potentiell Betroffenen - erforderlich sind, um den Betroffenen das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen. Ob dazu Gutachten gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles (Urteil vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <344> m.w.N. = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 102 S. 26). Der in Rede stehende ökologische Fachbeitrag vom 22. Juni 2012 ist seinem wesentlichen Inhalt nach in den als Anlage II zum landschaftspflegerischen Begleitplan gehörenden UVP-Beitrag eingegangen, der zu den ausgelegten Unterlagen gehörte. Eine hinreichende Anstoßwirkung war damit für die betroffene Öffentlichkeit gegeben. Es ist auch nicht verfahrensfehlerhaft, dass die Planfeststellungsbehörde den ökologischen Fachbeitrag nicht ihrerseits beigezogen hat. Zwar ist sie verpflichtet, die ihr vorgelegten Planunterlagen einer eigenständigen rechtlichen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls eigene Ermittlungen anzustellen (Urteil vom 24. März 2011 - BVerwG 7 A 3.10 - Buchholz 406.400 § 19 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 85). Eine Verpflichtung, sich alle (Vor-)Untersuchungen, die ein vom Vorhabenträger beauftragtes Umweltbüro seiner Umweltverträglichkeitsuntersuchung zugrunde legt, vorlegen zu lassen, lässt sich dem Untersuchungsgrundsatz des mit § 24 VwVfG inhaltsgleichen § 24 VwVfG.NRW. jedoch nicht entnehmen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die durch den UVP-Beitrag vermittelten Erkenntnisse zur Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna nicht ausreichend waren, um der mit dem betroffenen Naturraum und den darin vorkommenden Tierarten bereits aufgrund der vorangegangenen Verfahren vertrauten Planfeststellungsbehörde eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Vorhabens zu ermöglichen.
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B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, die zum Erfolg der Klage führen.
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1. Die Nebenbestimmung A 4.7 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses, wonach für die Maßnahme A 9.21 f I die Vorgaben aus den einschlägigen Maßnahmenblättern des bisherigen landschaftspflegerischen Begleitplans weitergelten, wenn durch Nebenbestimmungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss keine abweichenden Regelungen getroffen werden, genügt dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) wurzelnden, der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit dienenden Bestimmtheitsgebot. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wachsen Änderungsbeschlüsse dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss an mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmelzen (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 25.09 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 19 Rn. 24 und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23 f.). Für die Frage der Bestimmtheit hat dies zur Folge, dass der Planfeststellungsbeschluss mit allen seinen späteren Änderungen als Einheit anzusehen ist. Das Bestimmtheitsgebot wäre daher nur dann verletzt, wenn sich wegen widersprüchlicher oder unklarer Formulierungen in den Nebenbestimmungen für den Adressaten nicht sicher ermitteln ließe, was von ihm verlangt wird. Dass dies der Fall ist, wird vom Kläger nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
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2. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Vorprüfung des Einzelfalles entsprechend den Vorgaben des § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt.
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Für die Änderung UVP-pflichtiger Vorhaben wie des hier in Rede stehenden Autobahnbaus ordnet § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Vorprüfung des Einzelfalles i.S.d. § 3c Satz 1 und 3 UVPG an. Danach ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Änderung nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären; bei der Vorprüfung ist zu berücksichtigen, inwieweit durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3).
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Diesen Anforderungen hat die Planfeststellungsbehörde entsprochen. Sie hat die Beschränkung der Vorprüfung auf eine nur überschlägige Vorausschau beachtet (a), bei der Prüfung der möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen den richtigen rechtlichen Maßstab angelegt (b) und das Ergebnis der Prüfung nachvollziehbar begründet (c).
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a) Die Planfeststellungsbehörde hat nicht die Beschränkung der Vorprüfung auf eine nur überschlägige Prüfung missachtet, indem sie ihrer Beurteilung den vom Vorhabenträger in Auftrag gegebenen UVP-Beitrag der I. GmbH vom 30. Mai 2012 zugrunde gelegt hat. Die Planfeststellungsbehörde darf nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. Urteile vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25 und vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 2). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (Urteile vom 7. Dezember 2006 - BVerwG 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 26 und vom 20. August 2008 a.a.O.). Mit der Auswertung der vom Vorhabenträger vorgelegten Fachgutachten hat sich die Planfeststellungsbehörde innerhalb der Grenzen dieses Spielraums gehalten.
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Der UVP-Beitrag vom 30. Mai 2012 stellt keine erstmalige Bestandserfassung und -bewertung des Naturraums dar, sondern dient - räumlich beschränkt auf den Bereich des Deckblatts 6 I - der Überprüfung der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 gewonnenen Erkenntnisse. Dies gilt auch für den der Aktualisierung der avifaunistischen Bestandserfassung dienenden ökologischen Fachbeitrag des Umweltplanungsbüros H. vom 22. Juni 2012. Die Prüfung war daher schon im Ansatz nicht auf eine in die Tiefe gehende Erfassung und Bewertung der Umweltbelange ausgerichtet, sondern beschränkte sich auf die Überprüfung der im Rahmen der vorangegangenen Umweltverträglichkeitsprüfung gewonnenen Erkenntnisse und nahm in diesem Rahmen eine Beschreibung und Bewertung der vorgesehenen Änderungen und der damit verbundenen allgemeinen und schutzgutbezogenen Auswirkungen vor. Dies entspricht dem zweistufigen Prüfungsaufbau der Vorprüfung (vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, 41. Ergänzungslieferung Stand Oktober 2003, § 3c UVPG Rn. 9, 17). Dass der UVP-Beitrag selbst davon spricht, die Untersuchung gehe über den Rahmen einer Vorprüfung erheblich hinaus, ist angesichts dessen eine unzutreffende und im Übrigen nicht näher erläuterte Einschätzung des die Untersuchung ausführenden Planungsbüros. Die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, es handele sich um eine Vorprüfung, wird schließlich auch nicht durch den vom Kläger in Auszügen vorgelegten Arbeitsentwurf für eine Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften zur UVP-Prüfung in Frage gestellt. Denn dieser stellt keine von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichende Kriterien für die Prüftiefe bei der Vorprüfung auf.
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b) Die Planfeststellungsbehörde hat bei der Beurteilung, ob von der Änderungsplanung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen, den richtigen rechtlichen Maßstab angelegt.
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Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (Urteile vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669 Rn. 37, vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 32 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 32 und vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 30). Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen (Urteile vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <211> = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 6 und vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <246 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 62 f.). Hiervon ausgehend muss daher grundsätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht (Urteile vom 17. Dezember 2013 a.a.O. Rn. 37 m.w.N.; vgl. auch BTDrucks 14/4599 S. 95). Dies kann dazu führen, dass auch relativ geringfügige Belange die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auslösen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 30 zum Fluglärm).
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Allerdings stünde es im Widerspruch zur Konzeption des Gesetzgebers, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c UVPG unterliegenden Fachplanungsvorhaben und bei nahezu jeder Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein deswegen bestünde, weil praktisch nie auszuschließen ist, dass ein derartiges Vorhaben abwägungserhebliche Umweltauswirkungen hat. Bei einem solchen Verständnis des Begriffs der nachteiligen Umweltauswirkungen würde das Instrument der Vorprüfung die ihm zugedachte verfahrenslenkende Funktion weitestgehend verlieren und darüber hinaus für die Plangenehmigung, die zur Voraussetzung hat, dass "nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben" (§ 74 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 VwVfG, VwVfG.NRW.) kaum noch ein Anwendungsbereich verbleiben (vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 5 Bs 24/10 - NordÖR 2010, 206 - juris Rn. 21). Es bedarf daher im Rahmen der Vorprüfung einer Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Dabei ist bei einer Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG zunächst danach zu fragen, ob die für sich genommen nicht UVP-pflichtige Änderung im Zusammenwirken mit dem Grundvorhaben zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führt. Denn den Gesetzesmaterialen zum UVPG lässt sich entnehmen, dass mit der Regelung des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG in erster Linie an Fälle gedacht ist, in denen erhebliche Umweltauswirkungen gerade aus dem Zusammenwirken des Grundvorhabens mit der Änderung oder Erweiterung entstehen (BRDrucks 674/00 S. 91). Es sind daher die Merkmale des Änderungsvorhabens, die ökologische Empfindlichkeit des betroffenen Gebietes sowie das Ausmaß, die Schwere und die Komplexität möglicher erheblicher Auswirkungen des Änderungsvorhabens zusammen mit dem Grundvorhaben in den Blick zu nehmen. Im Rahmen dieser Prüfung werden - je nach den Umständen des Einzelfalles und je nachdem, um welche Art von Vorhaben es sich handelt - gegebenenfalls auch die in Anlage 1 Spalte 2 zum UVPG aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte als Anhaltspunkte für ein Erreichen der Erheblichkeitsschwelle herangezogen werden können. Je weiter entfernt von diesen Werten das Änderungsvorhaben als solches ist, umso weniger wahrscheinlich dürfte es auch im Zusammenwirken mit dem Grundvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen mit sich bringen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen.
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Ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben kann allerdings auch für sich genommen mit erheblichen negativen Umweltauswirkungen verbunden sein, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Ob solche Umweltbeeinträchtigungen zu erwarten sind, ist wiederum unter Berücksichtigung der in Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien zu prüfen, wobei die Prüf- und Schwellenwerte der Anlage 1 Spalte 2 zum UVPG erneut Anhaltspunkte dafür sein können, ob es wahrscheinlich ist, dass das Vorhaben für sich genommen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen wird. Steht nach einer diese Maßstäbe berücksichtigenden Vorausschau bereits im Zeitpunkt der Vorprüfung fest, dass ein abwägungserheblicher Umweltbelang weder im Zusammenwirken mit dem Grundvorhaben noch für sich genommen Einfluss auf das Ergebnis des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses haben kann, bedarf es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2013 a.a.O. Rn. 39).
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Von diesen rechtlichen Maßstäben ist die Planfeststellungsbehörde jedenfalls der Sache nach ausgegangen. Sie hat ihre Prüfung nicht darauf beschränkt, ob die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie zu einer Versagung der Genehmigung führen können, sondern sie hat, wie sich aus dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss ergibt, aufgrund des von der I. GmbH vorgelegten UVP-Beitrags überschlägig geprüft, ob für die in Betracht kommenden Schutzgüter (Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft/Klima, Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter) durch das Zusammenwirken von Grund- und Änderungsvorhaben oder durch das Änderungsvorhaben als solches abwägungserhebliche Umweltbelange nachteilig berührt werden, die Einfluss auf das Ergebnis des Änderungsbeschlusses haben könnten. Dies hat sie im Ergebnis verneint.
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c) Die Planfeststellungsbehörde hat das Ergebnis ihrer Vorausschau nachvollziehbar begründet.
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Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfergebnisses (§ 3a Satz 4 UVPG) verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BRDrucks 551/06 S. 43). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3). Hiervon ausgehend erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung bezogen auf Auswirkungen des Änderungsvorhabens als plausibel.
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aa) Der von der I. GmbH erarbeitete UVP-Beitrag vom 30. Mai 2012 kommt zu dem Ergebnis, dass mit dem Verzicht auf vier bisher für Kompensationsmaßnahmen vorgesehene Flächen und der Inanspruchnahme von drei neuen Kompensationsflächen keine nachteiligen Umweltauswirkungen verbunden seien. Die Umwandlung von Ackerflächen in extensiv genutzte Grünlandflächen bzw. eine Streuobstwiese führe nicht zu Beeinträchtigungen des Bodenhaushaltes, und die natürliche Bodenfruchtbarkeit bleibe auch bei extensiver Nutzung dauerhaft erhalten. Dies ist plausibel und wird von dem Kläger auch nicht in Frage gestellt.
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bb) Hinsichtlich der Verlängerung des Wirtschaftsweges verneint der UVP-Beitrag eine erhebliche Beeinträchtigung mit der Begründung, dass wegen der relativ geringfügigen Neuversiegelung bisher ausschließlich landwirtschaftlich genutzter Flächen keine negativen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Auf der versiegelten Fläche selbst könne zwar kein Niederschlagswasser versickern, da dieses aber in die seitlichen Böschungen/Mulden abfließen könne, verringere sich die Grundwasserrate nicht messbar. Betriebsbedingte Beeinträchtigungen und Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die über die bisher durch die landwirtschaftliche Nutzung hervorgerufenen hinausgingen, könnten aufgrund der Beschränkung der Nutzung des Weges auf landwirtschaftliche Fahrzeuge ausgeschlossen werden.
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Diese Begründung ist plausibel und wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich bei der Neuversiegelung des Bodens um einen erheblichen Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts (§ 13, § 14 Abs. 1 BNatSchG) handeln dürfte. Zwar kann ein solcher Eingriff allein oder im Zusammenwirken mit weiteren Eingriffen zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen und damit ein abwägungserheblicher Belang sein, er muss es aber nicht. Der Begriff der "erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen" in § 3c Satz 1 UVPG ist nicht gleichbedeutend mit dem der "erheblichen Beeinträchtigung" im Sinne des naturschutzrechtlichen Eingriffsrechts, sondern setzt - wie dargelegt - eine an dem Zweck der Vorprüfung und den Kriterien der Anlage 2 zum UVPG und dem maßgeblichen Fachrecht orientierte wertende Betrachtung möglicher Umweltauswirkungen voraus (so auch Nr. 5.7.2 des von dem Kläger vorgelegten Arbeitsentwurfs für die Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPVwV). Diese wertende Beurteilung hat der Beklagte, gestützt auf den UVP-Beitrag, vorgenommen und nachvollziehbar erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen der Verlängerung des Weges verneint.
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cc) Aus dem UVP-Beitrag leitet der Beklagte weiter ab, dass der Wegfall einer ca. 7 000 qm großen Teilfläche im östlichen Bereich der bisherigen "Steinkauzfläche" A 9.21 durch die Erweiterung dieser Fläche nach Norden (Fläche A 9.21 f I) und die zusätzlich angeordneten Maßnahmen für den Steinkauz kompensiert werde, so dass die Habitateignung für den Steinkauz erhalten bleibe. Die hiergegen vorgebrachten Rügen des Klägers sind nicht geeignet, die Plausibilität dieser Annahmen zu erschüttern.
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Der Beklagte hat im Verfahren BVerwG 9 A 39.07, das den Ausgangsplanfeststellungsbeschluss vom 27. Februar 2007 betraf, im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2009 eine "Zweite Änderung des Planfeststellungsbeschlusses" zu Protokoll erklärt. Diese ordnet flankierend zu den bereits vorgesehenen Maßnahmen - Schaffung künstlicher Niströhren als Ersatz für einen verloren gehenden Brutbaum - an, das nördliche Brutrevier des Steinkauzes im Homberger Bachtal durch Pflanzung von zehn hochstämmigen Obstbäumen aufzuwerten und durch die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme A 9.21 unmittelbar an das Bachtal angrenzend um eine kurzrasige Grünlandfläche von 5 ha Größe zu ergänzen. Hierdurch hat er sichergestellt, dass der Steinkauz in der Umgebung der künstlichen Nisthilfe geeignete Habitatflächen vorfindet, so dass von einem zeitlich bruchlosen Fortbestand der Fortpflanzungsstätte im Homberger Bachtal ausgegangen und die Verwirklichung des Zugriffsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verneint werden kann (vgl. Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 79 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201). Vor diesem Hintergrund ist die Kritik des Klägers, die neu zugeschnittene Ausgleichsfläche A 9.21 f I sei mit 5 ha zu klein, da der für die Reviergröße des Steinkauzes im Winter angegebene Orientierungswert von 10 ha nicht erreicht werde (vgl. auch den vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Leitfaden "Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen" vom 5. Februar 2013), schon deswegen verfehlt, weil es nicht um den Ersatz eines Steinkauzrevieres, sondern lediglich um eine die Eignung einer Nisthilfe ergänzende Maßnahme geht. Dem Steinkauz stehen, wie in der mündlichen Verhandlung von dem Leiter der Vogelschutzwarte des LANUV, Herrn He., noch einmal verdeutlicht wurde, weitere geeignete und erreichbare Habitatflächen im Bereich des Homberger Bachtals zur Verfügung. Im Winter könne und müsse der Steinkauz auch auf entfernter liegenden Ackerflächen jagen; die Jagdreviere im Winter betrügen je nach den Gegebenheiten des Naturraums bis zu 60 ha. Daher greift auch die Kritik des Klägers nicht, durch die Herausnahme der südexponierten östlichen Teilfläche und die Erweiterung der "Steinkauzfläche" in nördliche Richtung habe sich die Habitatsituation für den Steinkauz im Winter erheblich negativ verändert. Im Übrigen hat sich in der mündlichen Verhandlung anhand der vom Beklagten vorgelegten Karten und der dort eingetragenen Höhenlinien die Annahme des Klägers, nur die weggefallene Teilfläche weise eine Südexposition auf, nicht bestätigt. Das Gelände steigt vielmehr auch im übrigen Bereich relativ gleichmäßig bis zu der Kuppe bei Höhenmeter 130 an und fällt anschließend wieder in Richtung Norden ab.
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Entgegen der Auffassung des Klägers hat das LANUV in seiner im Rahmen des Beteiligungsverfahrens abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 30. Oktober 2012 die nördliche Erweiterung der "Steinkauzfläche" nicht als ungeeignet für den Steinkauz bezeichnet, sondern aufgrund der Nähe zum Waldrand und der ungünstigeren klimatischen Ausrichtung nur als "bedingt" geeignet, weshalb es als zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Habitateignung für den Steinkauz die Dauerbeweidung des südlichen Teils der "Steinkauzfläche" und die Schaffung eines Viehunterstandes sowie für die nördliche Teilfläche eine Mosaik-Mahd empfohlen hat. Diese Empfehlungen hat der Beklagte durch die Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss A 4.2, A 4.3 und A 4.5 umgesetzt. Der Leiter der Vogelschutzwarte des LANUV hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend erklärt, dass es für die Eignung einer Habitatfläche für den Steinkauz darauf ankomme, dass sie drei Funktionen erfülle: Sie müsse als Brutrevier, Tagesversteck und Nahrungsfläche geeignet sein. Die Fläche A 9.21 f I erfülle aufgrund der festgesetzten Aufwertungsmaßnahmen trotz der weniger geeigneten nördlichen Flächenteile diese Anforderungen; das im Homberger Bachtal lebende Steinkauzpaar werde die Ausgleichsfläche daher mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen. Den Einwand, die Nähe zum Waldrand entspreche nicht den Anforderungen des Leitfadens, hat er mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Leitfaden Idealbedingungen formuliere, die im bergischen Land kaum zu realisieren seien. Der Steinkauz treffe aufgrund der kleinteiligen Strukturen dort praktisch überall auf Waldkauzvorkommen und müsse und könne mit diesem Umstand leben; ein gewisser Abstand zum Waldrand sei zudem durch die nördlich an die "Steinkauzfläche" angrenzende Fläche A 9.22 f I gegeben. Auch dies ist nachvollziehbar.
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Schließlich bleibt auch die Rüge ohne Erfolg, durch den Verzicht auf die Ausgleichsflächen A 9.5, A 9.6 und A 6.1 sei die Vernetzung mit dem östlich lebenden Steinkauzpaar gefährdet. Zum einen dienten die entfallenen Flächen ausweislich der Maßnahmenblätter nicht spezifisch der Vernetzung der Steinkauzvorkommen, sondern artübergreifend dem Ausgleich von allgemeinen Zerschneidungswirkungen und der Verbesserung bzw. Wiederherstellung gestörter Vernetzungsfunktionen zwischen Homberger Bachtal und Grünlandflächen am Himmelbachtal durch die Schaffung eines - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung anschaulich formuliert hat - "Flickenteppichs" unterschiedlicher Nutzungen. Zum anderen wird durch den angefochtenen Änderungsplanfeststellungsbeschluss als Ersatz für die wegfallenden Flächen A 9.5, A 9.6 und A 6.1 in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der ursprünglichen "Steinkauzfläche" eine für diese Art geeignete Habitatfläche entwickelt, die im Zusammenhang mit der Höhe der das Homberger Bachtal überspannenden Brücke nach den plausiblen Darlegungen des Beklagten eine großräumige Vernetzung der Lebensräume, insbesondere für Vögel, sicherstellt.
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dd) Der Wegfall der zusammen rund 3,7 ha großen Maßnahmenflächen A 9.5, A 9.6 und A 6.1 (vgl. Flächenberechnung des Beklagten in der Anlage zum Schriftsatz vom 12. Juni 2014) nördlich der Trasse und die Arrondierung dieser den Klägern des Verfahrens BVerwG 9 A 40.07 verbleibenden landwirtschaftlichen Fläche durch drei angrenzende Flurstücke mit einer Gesamtgröße von knapp 10 ha hat nach den auf den UVP-Beitrag gestützten Ausführungen des Beklagten im Änderungsplanfeststellungsbeschluss keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen für die Avifauna, insbesondere die Bodenbrüter, zur Folge. Durch den Verzicht auf die ursprünglich vorgesehenen umfangreichen Gehölzkulissen im Bereich der Maßnahmenfläche A 9.21 f I steht diese Fläche den bodenbrütenden Offenlandarten wie Kiebitz und Feldlerche künftig als potentielles Brut- und Rasthabitat zur Verfügung. Der hiergegen gerichteten Kritik des Klägers, die durch den Wegfall der Ausgleichsflächen nördlich der Trasse und die Arrondierung der landwirtschaftlichen Flächen ermöglichte einheitliche Nutzung großer Ackerschläge ohne Randsäume und die vorgesehene Anpflanzung von 20 Obstbäumen auf der "Steinkauzfläche" führe dazu, dass die Fläche für Bodenbrüter entwertet werde, ist entgegenzuhalten, dass ausweislich der Maßnahmenblätter die weggefallenen Ausgleichsflächen nicht spezifisch als Habitate für bodenbrütende Arten angelegt werden sollten. Die vorgesehene Entwicklung von extensiv genutzten Grünlandflächen diente vielmehr in erster Linie dem Ausgleich von Zerschneidungswirkungen des Vorhabens bzw. der Verbesserung und Wiederherstellung gestörter Vernetzungsfunktionen. Als weiteres Ziel wird die Ergänzung des Lebensraumangebotes für graslandbewohnende Insekten und Kleinsäuger als Nahrungsvoraussetzung für Greifvögel und sonstige Offenlandarten genannt.
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Der Leiter der Vogelschutzwarte hat in der mündlichen Verhandlung zudem erläutert, dass die Fläche A 9.21 f I ("Steinkauzfläche") gut geeignet sei, große Ackerschläge und den Wegfall von Ackerrandsäumen für Bodenbrüter zu kompensieren. Die Bodenbrüter seien darauf angewiesen, mit ihrer Brut die Ackerflächen zu verlassen; hier biete sich die Maßnahmenfläche A 9.21 f I als gut geeignetes Habitat an. Die Fläche weise insofern eine Multifunktionalität auf. Der unmittelbare Bereich der Obstbäume werde von den Bodenbrütern zwar gemieden, auf der in Nord-Süd-Richtung ca. 360 m tiefen Ausgleichsfläche verbleibe aber auch unter Berücksichtigung des Meidungsabstandes der Bodenbrüter von 50 bis 100 m zu vertikalen Strukturen genügend geeignete Fläche. Dies überzeugt, zumal der Kiebitz, für den der Kläger, gestützt auf eine Untersuchung der Hochschule Vechta, den Meidungsabstand mit 200 m angibt, im Vorhabengebiet weder 2006 noch 2012 nachgewiesen werden konnte. Der Beklagte hat zudem den Bedenken des Klägers gegen die Obstbaumpflanzungen durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung Rechnung getragen, dass der Standort der gemäß dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss zu pflanzenden weiteren zehn Obstbäume mit der Unteren Landschaftsschutzbehörde abgestimmt wird.
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3. Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen Regelungen des Artenschutzes.
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a) Die Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände beruht auf einer ordnungsgemäßen Ermittlung und Bestandserfassung der Tierarten, die in dem durch die Änderungsplanung betroffenen Bereich vorhanden sind. Angesichts der bereits im Rahmen des Ausgangsplanfeststellungsverfahrens erfolgten Ermittlung und Bestandserfassung konnte sich die erneute Untersuchung darauf beschränken, die Aktualität dieser Erkenntnisse für den von den Änderungen betroffenen räumlichen Bereich zu überprüfen. Auch für diese Aktualisierung gilt, dass die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt ist, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (vgl. Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54 ff., 66 = Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 6 und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203). Diesen Anforderungen werden die im Rahmen des UVP-Beitrags angestellten Untersuchungen gerecht.
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Der Kläger rügt zu Unrecht, die Daten der avifaunistischen Untersuchung seien unzureichend und veraltet. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt, dass aufbauend auf der Brutvogelkartierung 1995 und der Überprüfung und Aktualisierung dieser Kartierung im Jahr 2006 das Umweltplanungsbüro H. am 30. April 2012 und am 20. Juni 2012 gezielte Kontrollen durch zwei Begehungen am Tage bis in die Nachtstunden im Planungsraum durchgeführt hat, die durch eine spezielle Kartierung auf der Ausgleichsfläche A 9.21 f I mit Schwerpunkt Kiebitzkartierung ergänzt worden ist. Es trifft auch nicht zu, dass bei der Aktualisierung der Daten die Ökologische Flächenstichprobe ÖFS FS-055 des LANUV nicht berücksichtigt wurde. Das Büro H. weist in seiner Stellungnahme vom 10. Juni 2014 darauf hin, dass diese regelmäßig wiederholte Stichprobe alle Brutvogelarten ungeachtet ihres Gefährdungs- und Schutzstatus berücksichtige, während in der eigenen Untersuchung der Schwerpunkt auf den konkret betroffenen planungsrelevanten Arten gelegen habe. Zur Verdeutlichung listet die Stellungnahme das Vorkommen dieser Vogelarten in einer vergleichenden Gegenüberstellung zu den verschiedenen Untersuchungszeitpunkten auf und bewertet sie. Angesichts dessen greift auch die Kritik des Klägers nicht, es sei nicht erkennbar, was mit der Einschätzung im UVP-Beitrag gemeint sei, dass das Spektrum an Vogelarten der offenen Kulturlandschaft im betrachteten Planungsraum gegenüber früheren Kartierungen "weitgehend identisch" sei.
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b) Es ist nicht zu befürchten, dass durch das Änderungsvorhaben bau- bzw. betriebsbedingt einer der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG verwirklicht wird.
- 40
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Durch die für den Steinkauz im Änderungsplanfeststellungsbeschluss vorgesehenen funktionserhaltenden Maßnahmen wird gewährleistetet, dass trotz des möglichen Verlustes des als Brutplatz genutzten Höhlenbaumes im Homberger Bachtal das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG nicht eingreift. Auf die Ausführungen unter 2 c) cc) wird insoweit Bezug genommen.
- 41
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Auch hinsichtlich der Bodenbrüter, insbesondere Feldlerche und Kiebitz, wird der Änderungsplanfeststellungsbeschluss den Vorgaben des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots gerecht. Dieser Verbotstatbestand wäre, wie der Senat in seinem Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - (BVerwGE 133, 239 Rn. 75 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201) im Einzelnen ausgeführt hat, nur dann verwirklicht, wenn für diese Arten durch das geänderte Ausgleichsmaßnahmenkonzept in mindestens einem regelmäßig belegten Brutrevier alle als Standort von Nestern geeigneten Brutplätze verloren gingen. Dies ist trotz des Verzichts auf die den Habitatansprüchen der Bodenbrüter entgegenkommenden Ausgleichsflächen nördlich der Trasse und der gleichzeitigen Arrondierung der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche nicht zu erwarten. Den mit den großen Schlägen und dem Verlust von Saumstrukturen verbundenen Verschlechterungen der Habitatbedingungen für die Bodenbrüter wird - wie oben näher dargelegt - durch die Ausgleichsfläche A 9.21 f I entgegengewirkt. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang kritisiert, das Mahd-Regime enthalte keine saisonale Ausnahme für die Brutzeit und gefährde deswegen den Bruterfolg, übersieht er die einschlägige Bestimmung im Maßnahmenblatt A 9.21 f I, wonach in der Brutzeit des Kiebitzes als potentiell vorkommenden Bodenbrüters vor der Mahd eine fachlich qualifizierte Flächenbetrachtung vorzunehmen ist, und festgestellte Nester mit ausreichendem Abstand auszulassen sind.
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Für Störungen (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) europäischer Vogelarten, die im Bereich des Deckblatts vorkommen, ist ebenfalls nichts ersichtlich.
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4. Der Planfeststellungsbeschluss genügt den Anforderungen an die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 13 ff. BNatSchG).
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Für die gerichtliche Kontrolle ist zu beachten, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht und dass die Ausgestaltung des naturschutzrechtlichen Kompensationsmodells hinsichtlich der Auswahl zwischen grundsätzlich gleich geeigneten Kompensationsmaßnahmen, der naturschutzfachlichen Abstimmung der Kompensationsmaßnahmen untereinander sowie der Berücksichtigung etwaiger multifunktionaler Kompensationswirkungen in erheblichem Umfang Elemente einer planerisch abwägenden Entscheidung aufweist (vgl. Urteile vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <84 f.> = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG Nr. 5 S. 51 f. und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16 Rn. 28). Gemessen hieran ist ein Fehler des Kompensationsmodells nicht erkennbar.
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Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, die in den Maßnahmenblättern E 2 f I und E 3 f I niedergelegten Zielsetzungen stimmten nicht mit der Zielsetzung einer Ersatzmaßnahme, einen eingetretenen Funktionsverlust im betroffenen Naturraum zu ersetzen, überein. Die Ziele der Maßnahmen ergeben sich aus der Konfliktbeschreibung in den Maßnahmenblättern. Danach dienen die Anlage einer Streuobstwiese bzw. einer extensiv genutzten Grünlandfläche zur Kompensation der Funktionsverluste, die der Naturhaushalt durch die Querung einer Obstwiese im Homberger Bachtal bzw. durch den Verlust von Ackerflächen erleidet. Anders als der Kläger meint, geht damit auch der Beklagte von einem ausgleichsbedürftigen Funktionsverlust aus.
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Den weiteren Einwand des Klägers, die Ersatzmaßnahmenflächen lägen abgeschnitten von den übrigen Maßnahmenflächen und seien durch den Lärm der Bundesautobahn A 3 erheblich beeinträchtigt, hat der Beklagte mit dem Hinweis auf die lärmmindernde Einschnittlage der A 3 in diesem Bereich entkräftet. Da die Maßnahmenflächen nicht speziell den bodenbrütenden Arten zu Gute kommen sollen, wird ihre Eignung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie ausweislich des ökologischen Fachbeitrags zwar als Nahrungshabitat für Arten mit größerem Raumanspruch geeignet sind, dagegen mit Vorkommen von Arten wie Feldlerche, Kiebitz und Rebhuhn dort nicht zu rechnen ist.
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Der Beklagte hat bei seiner naturschutzrechtlichen Ausgleichskonzeption schließlich auch nicht einseitig den Interessen der in dem Verfahren BVerwG 9 A 40.07 obsiegenden Landwirte den Vorzug gegenüber den Belangen des Naturschutzes eingeräumt, sondern sich erkennbar - wenn auch nicht ausdrücklich - davon leiten lassen, dass die Inanspruchnahme der betroffenen Landwirte im Hinblick auf die drohende Existenzgefährdung nur dann in Betracht kommt, wenn sie das mildeste Mittel zur Erreichung des Ausgleichsziels darstellt (vgl. zum Maßstab: Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - a.a.O. Rn. 32). Dass er unter Anlegung dieses Maßstabes den Interessen der Landwirte den Vorrang gegenüber den Belangen des Naturschutzes eingeräumt hat, ist angesichts der nicht erheblichen Umweltauswirkungen des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht zu beanstanden.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin wird zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage auch hinsichtlich der Zulassung eines Abholbetriebs zur Nachtzeit in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.4 des Bescheids des Landratsamts Coburg vom 1. Februar 2012 abgewiesen hat.
Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
II.
Die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin, soweit der Verwaltungsgerichtshof den Antrag abgelehnt hat.
Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren - soweit eine Ablehnung erfolgt ist - auf 54.000 € festgesetzt.
Soweit die Berufung zugelassen wird, wird der Streitwert vorläufig auf 6.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen Nebenbestimmungen, die der Beklagte einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen beifügte.
- 2
Mit Bescheid vom 25.09.2007 erteilte der Beklagte der Klägerin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windkraftanlagen vom Typ Vestas V 90 mit jeweils einer Nennleistung von 2 MW, einer Nabenhöhe von 105 m und einem Rotordurchmesser von 90 m auf den Grundstücken der Gemarkung S., Flur A, Flurstücke 3/2, 6/1 und 84/3 ca. 1 bis 1,5 km südwestlich der Ortslage S.. Die Standorte der drei Anlagen liegen innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Harz ausgewiesenen Vorranggebiets für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten VII „S.“.
- 3
Die Genehmigung enthält verschiedene Nebenbestimmungen. Nach Ziffer 9.9 sind die Windkraftanlagen während des überregionalen Herbstzugs der Fledermäuse in den Monaten August und September jeweils 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis 1 Stunde nach Sonnenaufgang abzuschalten, wobei zur Minimierung der Abschaltzeiten in diesen Monaten die konkreten Zugzeiten tagaktuell mit der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt abgestimmt werden können. Die Abschaltung der Windkraftanlagen entfällt bei Windgeschwindigkeiten über 8 m/s (in Nabenhöhe gemessen). Die Abschaltzeiten sind mittels elektronischen Datenspeichers zu dokumentieren und jeweils am Jahresende dem Beklagten als Überwachungsbehörde als Papierausdruck vorzulegen. Zur Begründung wurde auf ein fledermauskundliches Gutachten vom Oktober 2006 verwiesen, welches von dem Planungsbüro Dr. W. im Auftrag der Klägerin erstellt worden war. Es kommt auf der Grundlage von Untersuchungen vor Ort, insbesondere einer Bestandserfassung durch sog. Horchboxen und Netzfänge, zu dem Ergebnis, dass im Planungsgebiet 14 Fledermausarten nachgewiesen werden können (Bl. 36 des Gutachtens). Für den Großen Abendsegler und die Rauhhautfledermaus bestehe das Restrisiko von Kollisionen, das durch den Einsatz einer Luftfahrthindernisbefeuerung w-rot deutlich minimiert werden könne.
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Die Klägerin hat am 29.10.2007 Klage erhoben und u.a. die genannte Nebenbestimmung beanstandet. Mit Urteil vom 24.06.2010 hat das Verwaltungsgericht neben weiteren naturschutzrechtlichen Nebenbestimmungen die Nebenbestimmung Nr. 9.9 insoweit aufgehoben, als der Klägerin die Dokumentation der Abschaltung der Windkraftanlagen und die Vorlage der Unterlagen an den Beklagten aufgegeben werden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt: Die Anordnung der Abschaltzeiten sei gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erforderlich, weil das Vorhaben ohne die Abschaltung gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG verstoße. Der unbeschränkte Betrieb der Windkraftanlagen gehe mit einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos jedenfalls für die besonders geschützte Fledermausart Großer Abendsegler einher. Der Beklagte, dem insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zustehe, habe in naturschutzfachlich vertretbarer Weise angenommen, dass die streitgegenständlichen Standorte in einem Bereich lägen, in dem sich das Zuggeschehen des Großen Abendseglers während des Herbstzugs konzentriere. Auch sei die Annahme naturschutzfachlich vertretbar, dass die fern ziehenden Arten den überwiegenden Teil der Individuenverluste an Windkraftanlagen stellen, wobei wiederum der Große Abendsegler am stärksten betroffen sei. Diese Annahmen fänden eine hinreichende Grundlage durch ein zum benachbarten Windpark M. erstelltes Gutachten (Gutachten der M. vom 04.01.2008, vorgelegt im Verfahren 2 L 187/10) sowie durch das Gutachten des Planungsbüros Dr. W. vom Oktober 2006. Angesichts dessen sei es nachvollziehbar, dass das mit der Errichtung von Windkraftanlagen stets verbundene Kollisionsrisiko für Fledermäuse im vorliegenden Fall signifikant gesteigert sei. Etwas anderes gelte auch nicht deswegen, weil das Schlagopfermonitoring, das im Vorfeld des Gutachtens vom 04.01.2008 an den im Windpark M. bereits vorhandenen 12 Windkraftanlagen durchgeführt worden sei, nur zum Auffinden eines einzigen getöteten Exemplars des Großen Abendseglers geführt habe. Aufgrund der geringen Größe der abgesuchten Flächen und der Suchbedingungen (Bewuchs mit Maispflanzen) habe der Gutachter selbst die Auffindwahrscheinlichkeit mit einem Wert unter 50 % eingeschätzt. Soweit der Beklagte die Abschaltungen nur für Windgeschwindigkeiten bis zu 8 m/s sowie für bestimmte Zeiten angeordnet habe, sei auch dies vertretbar. Eine artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 oder 5 BNatSchG a.F. komme nicht in Betracht.
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Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe dem Beklagten bei einer gebundenen Entscheidung wie hier keine Einschätzungsprärogative zu. Ein Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Tötungsverbot sei bereits wegen fehlender Zielgerichtetheit etwaiger Eingriffe zu verneinen. Auch führe der Betrieb der genehmigten Anlagen innerhalb der angeordneten Abschaltzeiten nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für Fledermäuse. Auf der Grundlage des M.-Gutachtens vom 01.04.2008 gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass in dem streitgegenständlichen Bereich überhaupt ein hochfrequentierter Zugweg liege. Die Schlagopfersuche, die hinreichenden wissenschaftlichen Standards entspreche, belege mit lediglich einem gefundenen Individuum des Großen Abendseglers, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gerade nicht bestehe. Die Signifikanzschwelle müsse im Zusammenhang mit Fledermäusen deutlich höher liegen als z.B. beim Rotmilan, weil es allein beim Großen Abendsegler um eine ca. 1000-fach größere theoretisch betroffene Population gehe als beispielsweise beim Rotmilan. Die angefochtene Anordnung von Abschaltzeiten sei auch ermessensfehlerhaft, weil es unangemessen und willkürlich sei, die Abschaltung erst ab einer Windgeschwindigkeit von über 8 m/s freizugeben.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 24. Juni 2010 (4 A 2/10 HAL) zu ändern und neben den Nebenbestimmungen Nr. 9.6, 9.7 und 9.10 auch die Nebenbestimmung Nr. 9.9 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 25.09.2007 insgesamt aufzuheben.
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hilfsweise für den Fall des Unterliegens, Beweis zu erheben gemäß den Anträgen Nr. 1 bis 8 der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlage.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen
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Zur Begründung trägt er vor: Für den Zeitraum von Ende August bis in die dritte Septemberwoche 2007 habe der Gutachter sowohl in seinem Gutachten vom 04.01.2008 für die streitgegenständlichen Windparkflächen als auch bereits in einem früheren Gutachten vom Dezember 2007 für den östlich gelegenen Windpark O. erhöhte Zugaktivitäten festgestellt. Der Gutachter sei in beiden Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass über den Windparkflächen in einigen Nächten Individuenzahlen von bis zu 100 durchfliegenden Tieren erreicht würden. Da sich der Zug in einer für die Kollision kritischen Höhe von zum Teil über 100 m vollziehe, könne auf eine hohe Gefährdung der Tiere geschlossen werden. Dem vom Gutachter über den Windparkflächen selbst beobachteten Fledermauszug stehe nur das Ergebnis des an erheblichen methodischen Mängeln leidenden Schlagopfermonitorings desselben Gutachters entgegen. Für die Qualität der Nachsuche sei nicht nur der Flächenanteil der abgesuchten Fläche unter den Windkraftanlagen entscheidend, sondern auch die Frequenz der Nachsuche, der Untersuchungsradius, die Nachsucheffizienz der einzelnen Mitarbeiter sowie die Abtragung von geschlagenen Fledermäusen durch Prädatoren. Im vorliegenden Schlagopfermonitoring seien aber weder die Verschleppungsrate durch Prädatoren und die Sucheffizienz der einzelnen Mitarbeiter bestimmt worden, noch sei in ausreichendem Radius nach Schlagopfern gesucht worden. Einem Verstoß gegen das Tötungsverbot stehe auch nicht die Erwägung entgegen, dass Fledermäuse auch im allgemeinen Naturgeschehen etwa als Opfer von Raubvögeln tödlichen Gefahren ausgesetzt seien. An solche Gefahren hätten sich Fledermäuse in einem Jahrtausende währenden evolutionären Prozess angepasst. Windkraftanlagen stellten aber demgegenüber eine neuartige anthropogene Gefährdung dar, für die keine Anpassungsstrategien existierten. Weitere anthropogen bedingte Verluste wandernder Fledermausarten seien aber unter Berücksichtigung ihres derzeitigen Erhaltungszustandes in Deutschland sehr kritisch zu bewerten. Das Bundesamt für Naturschutz gebe aktuell den Erhaltungszustand der beiden fernwandernden Arten Großer und Kleiner Abendsegler in der kontinentalen biographischen Region nur mit ungünstig bis unzureichend an.
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Auch die Festlegung einer Windgeschwindigkeit von 8 m/s, ab der zu den Zugzeiten die Windkraftanlagen wieder in Betrieb genommen werden können, sei rechtlich nicht zu beanstanden. So werde etwa in einer Untersuchung von L. und P. Bach aus dem Jahre 2009 belegt, dass diese Schwelle zum Schutz von wandernden Fledermäusen ausreichend, aber erforderlich sei.
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In der mündlichen Verhandlung am 16.05.2013 hat der Beklagte gerügt, dass ihm ein Schriftsatz vom 07.05.2013, den die Klägerin beim erkennenden Gericht am selben Tag per Fax übersandt hat und der auf dem Postweg am 10.05.2013 mit Anlagen eingegangen ist, in vollständiger Form, das heißt einschließlich sämtlicher Anlagen (Anlagen K 18 – 33), erst am 15.05.2013 und damit so spät zugeleitet worden sei, dass er hierzu nicht mehr in dem erforderlichen Umfang und mit der nötigen Gründlichkeit habe Stellung nehmen können. Um eine solche Gelegenheit zu erhalten, hat er beantragt,
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ihm einen Schriftsatznachlass von 6 Wochen ab dem 17.05.2013 einzuräumen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet.
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Die angefochtene Nebenbestimmung Nr. 9.9 ist in vollem Umfang aufzuheben, weil sie entgegen der Auffassung der Vorinstanz insgesamt rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz1 VwGO).
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Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist die Genehmigung nur zu erteilen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die angeordneten Abschaltzeiten sollen einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (= § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) verhindern. Hierfür ist die Nebenbestimmung Nr. 9.9 aber nicht erforderlich, weil die genehmigten Anlagen auch dann nicht gegen das Tötungsverbot verstoßen, wenn sie innerhalb der angeordneten Abschaltzeiten betrieben werden.
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Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fledermäuse (Microchiroptera), die eine Unterordnung der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bilden, gehören zwar in allen Arten zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 b] aa] und 14 b] BNatSchG i. V. m. dem Anhang IV a] der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7], zuletzt geändert durch Verordnung [EG] Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.09.2003 [ABl L 284 vom 31.10.2003]). Darüber hinaus ist der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urte. v. 30.01.2002 – Rs. C-103/00 – Slg. 2002, I- 1163, u. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist deshalb der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, Urte. vom 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, Rdnr. 219, v. 13.05.2009 – 9 A 73/07 –, NuR 2009, 711, Rn. 86, u. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42). Für Fledermäuse steigt das Verlustrisiko spürbar, wenn der Standort in einem erhöhten Maße schlagkräftig ist (Urt. d. Senats v. 23.07.2009 – 2 L 302/06 –, ZNER 2009, 312, juris Rn. 61). Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Windenergieanlagen im Wald (vgl. Gatz, Rechtsfragen der Windenergienutzung, DVBl 2009, 737 [744], mit weiteren Nachweisen) oder innerhalb bevorzugter Jagdgebiete oder in Hauptflugrouten errichtet werden sollen (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, Rdnr. 219; VG Gera, Urt. v. 28.04.2005 – 4 K 1071/02.GE –, juris, RdNr. 14).
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Hinsichtlich der Frage, ob Windenergieanlagen im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einer besonders geschützten Art verursachen, gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196) die prozessuale Besonderheit, dass der zuständigen Behörde, sofern sie eine den wissenschaftlichen Maßstäben und den vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen hat, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugestanden werden muss, die im Verwaltungsprozess dazu führt, dass die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist. Der Senat hat dies damit begründet, dass zur fachgerechten Beurteilung der Frage des Tötungsrisikos – die sich in diesem Fall auf den Schutz von Rotmilanen bezog – ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen. Die insoweit vom Bundesverwaltungsgericht zum Planfeststellungsverfahren entwickelten Grundsätze (vgl. BVerwG, Urte. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, NuR 2008, 633, u. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 –, BVerwGE 136, 291 [318], RdNr. 113) seien auf das Genehmigungsverfahren entsprechend anwendbar. Der Befund, dass bei zahlreichen Fragestellungen – jeweils vertretbar – naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung steht, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten, gilt im Genehmigungsverfahren genauso wie im Planfeststellungsverfahren. Gerade die Bewertung, wann ein – bestehendes – Tötungs- oder Verletzungsrisiko „signifikant“ erhöht ist, lässt sich nicht im strengen Sinne „beweisen“, sondern unterliegt einer wertenden Betrachtung (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, juris, RdNr 60 bis 65; OVG RP., Urt. v. 28.10.2009 – 1 A 10200/09 –, NuR 2010, 348 [350 f.], juris, RdNr. 42, 52; NdsOVG, Beschl. v. 20.04.2011 – 12 ME 274/10 –, NuR 2011, 431). An diesen Grundsätzen hält der Senat auch im Hinblick auf das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung von Fledermäusen fest. Auch insoweit ist die Prüfung, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Entscheidung prognostische Elemente enthält, rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen und spezielle fledermauskundliche Kriterien maßgeblich sind.
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Sollen Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden, die in der Flugroute fern wandernder Fledermausarten liegt, begründet dies gewissermaßen einen „Anfangsverdacht“ einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, weil eine solche Lage häufig den Schluss rechtfertigen dürfte, dass jedenfalls in der Zeit des Herbstzuges, in der nach der vorhandenen bundesweiten Schlagopferkartei besonders viele Schlagopfer nachweisbar sind (vgl. dazu Niermann, Methodische Hinweise und Empfehlungen zur Bestimmung von Fledermaus-Schlagopferzahlen an Windenergiestandorten, Nyctalus (N.F.), Berlin 12 [2007], Heft 2-3, S. 152, vorgelegt als Anlage 2 in Beiakte D im Verfahren 2 L 187/10), deutlich mehr als nur einzelne Individuen aufgrund einer Kollision mit den Rotorblättern zu Tode kommen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Signifikanzschwelle auch in solchen Fällen erst dann überschritten ist, wenn aufgrund einer hinreichend gesicherten Tatsachenbasis feststeht, dass gerade an dem konkreten Standort der zu errichtenden Windkraftanlagen und nicht nur in dessen näherer und weiterer Umgebung zu bestimmten Zeiten schlagopfergefährdete Fledermäuse in einer Zahl auftreten, die Kollisionen von mehr als nur einzelnen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Der erwähnte „Anfangsverdacht“ ist entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Auffassung nicht dahingehend zu verstehen, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führt und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründet, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweist. Vielmehr handelt es sich bei dem Anfangsverdacht nur um einen ersten Anschein, der je nach den Umständen des Einzelfalls einer näheren Konkretisierung und weiteren tatsächlichen Fundierung bedarf, die als solche auch nicht der behördlichen Einschätzungsprärogative zuzurechnen ist, sondern der vollen tatrichterlichen Kontrolle unterliegt.
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Ferner ist bei Fledermäusen in besonderem Maße zu beachten, dass die Zahl der Individuen, die von dem signifikant erhöhten Tötungsrisiko betroffen sind, nach der zitierten Rechtsprechung über wenige Einzelexemplare hinausgehen muss. Wie bereits dargelegt, ist es bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen, dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können. Fledermäuse treten in Individuenzahlen auf, die die Zahl der Individuen anderer geschützter und kollisionsgefährdeter Tierarten, etwa des Rotmilans, um ein Vielfaches und damit in einem Maße übersteigt, das es rechtfertigt, insoweit von einer anderen Größenordnung zu sprechen. Aus den vorgelegten Gutachten und den Ausführungen der Beteiligten ist deutlich geworden, dass am Südrand des Harzes im Herbst Fledermäuse in Individuenzahlen von hunderten oder gar tausenden Einzelexemplaren durchziehen. Angesichts solcher Zahlen kann von einem Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegen der Auffassung des Beklagten nicht schon dann ausgegangen werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass im Zeitraum eines Jahres an einer Windkraftanlage ein oder zwei Fledermäuse zu Tode kommen. Zwar muss die zu erwartende Opferzahl, da es bei § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht um einen Populations-, sondern um einen Individuenschutz geht, nicht so groß sein, dass sie sich bereits auf die Population als solche auswirkt. Andererseits muss die Zahl der potentiellen Opfer eine Größe überschreiten, die mit Rücksicht auf die Zahl der insgesamt vorhandenen Individuen einer Population sowie die Zahl der Individuen, die ohnehin regelmäßig dem allgemeinen Naturgeschehen, etwa als Beutetiere, zum Opfer fallen, überhaupt als nennenswert bezeichnet werden kann. Diese Zahl mag zwar auch davon abhängen, wie hoch das Risiko im Einzelfall einzuschätzen ist und dürfte deshalb bei einem sehr hohen, an sichere Wahrscheinlichkeit grenzenden Tötungsrisiko niedriger liegen als bei einem geringeren, die Signifikanzschwelle nur gering überschreitenden Risiko. Bei ein oder zwei Fledermäusen im Jahr ist diese Zahl jedoch auch im erstgenannten Fall noch nicht erreicht.
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In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat aufgrund des ihm unterbreiteten Sachverhalts zu der Überzeugung gelangt, dass die Signifikanzschwelle im Bereich des Windparks S. nicht überschritten ist. Auch wenn man dem Beklagten hinsichtlich der Beurteilung des Tötungsrisikos eine Einschätzungsprärogative zubilligt, gibt es im vorliegenden Fall keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass für mehr als nur wenige einzelne Individuen des Großen Abendseglers (Nyctalus noctula) oder sonstiger fernwandernder Arten ein signifikant erhöhtes Risiko besteht, in den Monaten August und September während der Dämmerungs- und Nachtzeit durch Windkraftanlagen im Bereich des Windparks S. getötet zu werden.
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Der Beklagte hat zwar in naturschutzfachlich vertretbarer Weise angenommen, dass es sich bei dem Großen Abendsegler um eine Fledermausart handelt, die während ihres herbstlichen Zuges zu den Winterquartieren für Kollisionen mit Windkraftanlagen besonders anfällig ist. Nach dem Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. vom 04.01.2008, das im Parallelverfahren 2 L 187/10 zum benachbarten Windpark M. vorgelegt wurde, sind es gerade die Herbstzüge fernwandernder Arten, die zu den meisten Fledermausverlusten an Windkraftanlagen in Deutschland führen, wobei der Große Abendsegler die insoweit am stärksten betroffene Art darstellt (S. 6 f. des Gutachtens). Der Beklagte hat diese Erkenntnisse anhand weiterer naturschutzfachlicher Veröffentlichungen belegt (vgl. die Anlagen 1 bis 9 in der Beiakte D in 2 L 187/10 und das Gutachten des Planungsbüros Dr. W. vom Oktober 2006).
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Vertretbar ist weiter die Annahme, dass die Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden sollen, die fernwandernden und für Kollisionen mit Windkraftanlagen anerkanntermaßen besonders gefährdeten Fledermausarten wie dem Großen Abendsegler und der Rauhhautfledermaus als viel benutzte Flugroute dient, auf der sie im Herbst in ihre südwestlich gelegenen Winter- und im Frühling in ihre nordöstlich gelegenen Sommerquartiere wandern. Der Beklagte hat sich auch bei dieser Einschätzung u.a. auf das Gutachten der M. vom 04.01.2008 gestützt. Daraus geht hervor, dass im Bereich des benachbarten Windparks M. im Zeitfenster der saisonalen Herbstwanderung in den Monaten August und September erhöhte Zugaktivitäten des Großen Abendseglers zu verzeichnen sind, wobei das Zuggeschehen regelmäßig in der Dämmerung beginnt und sich bis in die Dunkelheit hinein fortsetzt (S. 17 Abs. 4 des Gutachtens).
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Allerdings ist zu beachten, dass sich die Flugroute im Bereich des Windparks S. nicht etwa auf einen schmalen Korridor verdichtet, der bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle für mehr als einzelne Individuen rechtfertigt. Vielmehr weist die Flugroute auch in diesem Bereich eine Breite von mehreren Kilometern auf. Gesicherte Erkenntnisse bestehen nur darüber, dass große Individuenzahlen an einzelnen, in der weiteren Umgebung vorhandenen Rastplätzen anzutreffen sind, die den Fledermäusen – wie der Süße und Salzige See im Osten und der Kelbraer Stausee im Westen des Standorts – ein hohes Insekten- und damit Nahrungsaufkommen bieten. Als gesichert stuft der Senat auch ein, dass sich der Herbstzug in Ost-West-Richtung bewegt und deshalb anzunehmen ist, dass viele Fledermäuse während dieses Zuges zuerst im Bereich des Süßen und Salzigen Sees rasten und anschließend zum westlich gelegenen Rastplatz des Kelbraer Stausees weiterziehen. Nicht hinreichend belegt ist aber, dass eine hinreichend große Zahl an Fledermäusen auf ihrem Zug von dem einen zum anderen Rastplatz gerade die kürzeste, über den Windpark S. verlaufende Route wählen. Hiergegen spricht, dass sich Fledermäuse bei ihrem Zug typischerweise an Leitlinien wie fließenden Gewässern oder Waldrändern orientieren, während sich der Windpark S. auf einer weithin freien Fläche befindet, der es gerade an landschaftlichen Strukturen wie den genannten Waldrändern oder Flussläufen fehlt. Danach ist eher davon auszugehen, dass sich das hauptsächliche Zuggeschehen an den Waldrändern der umliegenden Höhenzüge, etwa der Ausläufer des Harzes im Norden und des Kyffhäusergebirges im Süden, vollzieht. Dies entspricht auch der Einschätzung im Gutachten des Planungsbüros M. vom 04.01.2008. Wie sich auch aus der Abbildung auf Seite 39 dieses Gutachtens ergibt, findet der saisonale Herbstzug des Abendseglers auf einer verhältnismäßig breiten Fläche östlich und südlich des Harzgebirges statt. Das Zuggeschehen konzentriert sich damit nicht auf den Bereich des Windparks S., sondern umfasst einen mehrere Kilometer breiten Korridor. Auch hat der Gutachter L. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.03.2010 (2 L 187/10) ausgeführt, dass die geplanten Windkraftanlagen des benachbarten Windparks M. nach seiner Einschätzung aufgrund der topographischen Verhältnisse (Waldkanten als Orientierungslinien) etwa mittig zwischen zwei lokalen Zuglinien liegen und deshalb vom Hauptteil des Zuggeschehens nicht erfasst werden (Seite 2 oben der Stellungnahme, vgl. GA, Bl. 116 in 2 L 187/10).
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Aus den Ausführungen des von dem Beklagten beigezogenen Fledermausexperten O., der den naturschutzfachlichen Standpunkt des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläutert hat, hat der Senat zudem die Erkenntnis gewonnen, dass sich das Zuggeschehen nicht in der Weise eines konzentrierten und zielgerichteten Direktflugs zwischen den Hauptrastplätzen „Süßer See“ und „Kelbraer Stausee“ vollzieht, sondern aus verschiedenen Gründen, insbesondere auch aufgrund eines paarungsbedingten Ausschwärmens, in die Breite gelenkt wird und dadurch insgesamt einer Streuung unterliegt, die der Annahme einer engen Flugroute über dem Windpark S. entgegensteht. Etwas anderes ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil Herr O. nach seiner Aussage bei einem Aufenthalt auf einem in der Nähe des Windparks vorhandenen Autobahnparkplatz einen größeren Schwarm durchziehender Fledermäuse beobachtet hat. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine zufällige Einzelbeobachtung handelt, die als solche hinsichtlich des regelmäßigen Gesamtaufkommens wenig aussagekräftig sein dürfte, lässt sich daraus nicht entnehmen, dass regelmäßig große Zahlen von Fledermäusen auch im Bereich des streitgegenständlichen Windparks anzutreffen sind. Die vorgelegten, im Auftrag der Klägerin erstellten gutachterlichen Untersuchungen direkt am Standort bestätigen, dass sich das Fledermausaufkommen dort nicht etwa konzentriert, sondern sich in einem größeren Rahmen bewegt, der für eine Verteilung des Gesamtaufkommens auf eine mehrere Kilometer breite Fläche spricht.
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Zwar hat der Gutachter L. für den Bereich des Windparks M. in seinem Gutachten vom 04.01.2008 gleichwohl eine „erhöhte bis stark erhöhte Aktivitätsdichte“ festgestellt, was dafür spreche, dass „die Art zumindest während der Herbstwanderung in hohen Individuenzahlen“ durchziehe und „am Standort ein erhöhtes Kollisionsrisiko während der Herbstwanderung“ zu erwarten sei (jeweils S. 40 des Gutachtens). Allerdings sind diese Äußerungen unter Berücksichtigung des gesamten Gutachtens nicht dahingehend zu verstehen, dass die Größe des Aufkommens den Schluss eines signifikant gesteigerten Tötungsrisikos für mehr als nur einzelne Individuen rechtfertigt. So zieht der Gutachter aus seinen Untersuchungen lediglich den Schluss, dass sich – jedenfalls bezogen auf den Großen Abendsegler – im Zeitfenster Mitte Juli bis Ende Oktober ein erhöhtes Risiko für Kollisionen bei der genannten Art standörtlich im Vorfeld der Anlagenerrichtung „nicht ausschließen“ lasse (S. 46 des Gutachtens) und verneint dementsprechend eine „negative Beeinträchtigung der Population“ (S. 47 des Gutachtens). Maßgeblich für diese Einschätzung ist insbesondere, dass das von dem Gutachter durchgeführte Schlagopfermonitoring an 12 vorhandenen Windkraftanlagen im Windpark M. lediglich zum Auffinden eines einzigen Exemplars des Abendseglers geführt hat (S. 19 des Gutachtens vom 04.01.2008). Zwar spricht eine geringe Fundrate nicht zwangsläufig gegen die Annahme eines signifikant gesteigerten Kollisionsrisikos, weil die Zahl der aufgefundenen Kadaver je nach Art, Dauer, Intensität und Umfang der Nachsuche und in Abhängigkeit weiterer Faktoren, insbesondere des Abtrags durch Prädatoren, aber auch des Bewuchses der abgesuchten Flächen, erheblich hinter der Zahl der Kollisionsopfer zurückbleiben kann. So hat der Beklagte in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass die Auffindwahrscheinlichkeit nach dem hier durchgeführten Monitoring – wie der Gutachter auch selbst eingeräumt hat (S. 20 des Gutachtens) – mit einem Wert unter 50 % anzusetzen ist. Andererseits ist das durchgeführte Schlagopfermonitoring aber auch nicht so lückenhaft, dass es als Erkenntnisgrundlage unbrauchbar wäre. Der Senat wertet es deshalb als hinreichenden Beleg dafür, dass hier zwar ein Tötungsrisiko zu bejahen ist, es aber hinsichtlich der Anzahl der von ihm erfassten Individuen an der signifikanten Erhöhung dieses Risikos fehlt. Der Fund einer größeren Anzahl von geschlagenen Individuen ist ein besonders starkes Indiz für ein erhöhtes Kollisionsrisiko, weil das Auffinden von Schlagopfern am unmittelbarsten und augenscheinlichsten die Beeinträchtigung von Fledermäusen durch Windkraftanlagen verdeutlicht (Niermann, Methodische Hinweise und Empfehlungen zur Bestimmung von Fledermaus-Schlagopferzahlen an Windenergiestandorten, Nyctalus (N.F.), Berlin 12 [2007], Heft 2-3, S. 152, vorgelegt als Anlage 2 in Beiakte D zu 2 L 187/10). Umgekehrt spricht die Auffindung lediglich eines einzelnen Kadavers gegen ein signifikant gesteigertes Tötungsrisiko, das – wie dargelegt – gerade noch nicht erfüllt ist, wenn es sich bloß bei einer geringen Zahl von Individuen verwirklicht (vgl. in diesem Sinne auch Beschl. d. Senats v. 19.12.2012 – 2 L 212/11).
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Das gefundene Ergebnis wird auch durch das im vorliegenden Verfahren vorgelegte Gutachten des Planungsbüros Dr. W. vom Oktober 2006 bestätigt. Zwar hätten im Planungsgebiet 14 Fledermausarten nachgewiesen werden können (Bl. 36 des Gutachtens). Für den Großen Abendsegler und die Rauhhautfledermaus bestehe auch das Restrisiko von Kollisionen. Dieses könne aber durch den Einsatz einer Luftfahrthindernisbefeuerung w-rot deutlich minimiert werden (Bl. 37 des Gutachtens).
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Soweit der Beklagte beantragt hat, ihm zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 07.05.2013 einen Schriftsatznachlass von sechs Wochen zu gewähren, war dem nicht stattzugeben. Der Schriftsatz ist dem Beklagten aufgrund richterlicher Verfügungen vom 8. und 10.05.2013 übersandt worden (Ausfertigungs- und Abgangsvermerk: 10.05.2013). Mit Fax vom 13.05.2013 hat das Gericht dem Beklagten auf dessen telefonische Bitte hin die Anlage K 18 übersandt. Die vollständigen Anlagen hat der Beklagte nach seinen eigenen Angaben einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, also am 15.05.2013, erhalten. Er hatte deshalb Gelegenheit, den Schriftsatz nebst Anlagen bereits vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis zu nehmen und sich in der mündlichen Verhandlung dazu zu äußern. Der Schriftsatz enthält im Übrigen auch keine grundlegend neuen Ausführungen, die für die Entscheidung des Senats ausschlaggebend waren. Vielmehr hat die Klägerin mit ihm lediglich ihre bisherigen Ausführungen weiter untermauert.
- 31
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.
- 32
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.