Verwaltungsgericht Köln Urteil, 14. Apr. 2015 - 14 K 4696/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich gegen das vom beigeladenen Wasserverband geplante Vorhaben betreffend den Hochwasserschutz und die Offenlegung des Strunder Bachs in der Innenstadt von Bergisch Gladbach, für das der Beklagte den mit der Klage angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (PFB) erlassen hat. Die Klägerin begehrt die Aufhebung insoweit, als die Offenlegung im Wirkungsbereich ihrer Grundstücke geplant ist.
3Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung Gladbach, Flur 00, Flurstücke 000, 000, 000 und 000 mit der postalischen Anschrift N. -A. –B. 0, 0, 0, 0 und 0 im Ortskern von Bergisch Gladbach. Die Flurstücke 000 und 000 sind unbebaut. Die Flurstücke 000 und 000 werden gewerblich genutzt; auf dem Flurstück 000 wird u.a. ein Brauhaus betrieben.
4Die weiteren Einzelheiten der Umgebungsbebauung sind dem folgenden Kartenausschnitt zu entnehmen:
5Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Strunder Bach, der bis dahin als offener Bachlauf durch die Innenstadt von Bergisch Gladbach verlaufen war, vollständig verrohrt. Gleichzeitig mit der Kanalisierung wurde der „Umbach“ als geschlossener Kanal zur Entlastung der Strunde bei Hochwasser gebaut. Ein Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren wurde für das Vorhaben damals nicht durchgeführt.
6Als im Jahr 1969 die Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Bergisch Gladbacher Innenstadt geplant wurde, wurden im Zuge dessen auch Bestrebungen laut, den Strunder Bach im Innenstadtbereich zu verlegen. In diesem Zusammenhang stellte das damalige Baudezernat fest, dass der Gewässerausbau der Genehmigung gemäß § 31 WHG a.F. durch den Regierungspräsidenten Köln bedürfe. Ob in der folgenden Zeit ein Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen. Ab 1974 wurde der Umbach jedenfalls nach Süden hin verschoben, um den Bau einer in dem Bebauungsplan vorgesehenen Tiefgarage unter dem Marienplatz zu realisieren; östlich der geplanten Tiefgarage wurde der Kurvenradius des Baches vergrößert.
7Am 15. Mai 1975 trat der Bebauungsplan Nr. 0 Teil 1 - Innenstadt in Kraft. Dieser sah für die Grundstücke südlich der Tiefgarage und des N1.-----platzes eine Bebauung mit zwei- bis dreigeschossigen Gebäuden vor. Für den N1.-----platz selbst, die Fläche oberhalb der Tiefgarage und die angrenzenden Flächen setzte der Bebauungsplan weitläufige Verkehrsflächen und Grünflächen fest. Der Bebauungsplan enthielt keinerlei explizite Festsetzungen hinsichtlich des verrohrten Strunder Baches. Die durch die Innenstadt geführte gestrichelte Linie im Bebauungsplan wies laut der „Nachrichtlichen Übernahme“ in der Legende auf die „geplante Verrohrung bzw. Umlegung des Strunder Bachs“ hin. In Nr. 2.2 der textlichen Festsetzung wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Verlegung des Strunder Baches durch das Aufstellen von Vitrinen auf dem Grundstück Hauptstraße 222 außerhalb der Baugrenze nicht behindert werden dürfe. Auch in der Planbegründung findet sich keine ausdrückliche Bezugnahme auf den Bach bzw. seinen Verlauf.
8Ende der 70er Jahre wurde der Bebauungsplan vom 15. Mai 1975 zum Zweck der Innenstadtsanierung weitgehenden Änderungen unterzogen. Im Süden des Plangebietes war nunmehr der Bau der Landstraße L286 (T. ) vorgesehen. Dafür erwarb die Stadt Bergisch Gladbach von der Familie der Klägerin umfangreiche Grundstücksflächen südlich des Brauhauses. Im Gegenzug übertrug die Stadt Bergisch Gladbach an die Familie der Klägerin seither in ihrem Eigentum befindliche Grundstücksteilflächen des N1.-----platzes südlich der Tiefgarage und zu entwidmende Straßenflächen des Q.---weges . Für diese Grundstücksflächen sah die Änderungsplanung des Bebauungsplanes die Ausweisung als Baufläche und damit die Ausweitung der bereits bestehenden Bebauung nach Norden in Richtung einer Riegelbebauung vor. Mit notariellen Verträgen vom 16. Mai 1980, 14. September 1981 und 16. September 1986 wurden die Grundstücksflächen jeweils übertragen. Die Verträge sahen zudem Grunddienstbarkeiten zur Sicherung der Zuwegung zur Tiefgarage, die Errichtung von Lärmschutzwänden nach Süden und Regelungen zur Erschließung der Grundstücksflächen vor. Geschäftsgrundlage der Vereinbarung war nach unwidersprochenem Vortrag der Klägerin jedenfalls die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplanes. In dem Vertrag vom 16. Mai 1980 heißt es unter IV.: „Zwischen den Vertragspartnern besteht desweiteren Einigkeit dahin, dass die den Beteiligten Q1. übertragenen Teilflächen aus dem „N1.-----platz “ und dem jetzigen „Q.---weg “ von diesen bzw. deren Rechtsnachfolgern im Rahmen des hierfür gelten Bebauungsplanes bebaut werden. Zum Zwecke der baulichen Ausnutzung dieser an die Beteiligten Q1. übertragenen Teilfläche von ca. 750 qm hat die Stadt Bergisch Gladbach das Architekturbüro Q2. X. mit der planerischen Untersuchung im Frühjahr 1979 beauftragt. Das Architekturbüro Q2. X. hat der Stadt Bergisch Gladbach im Juni 1979 einen ausgearbeiteten Vorentwurf nebst Flächenaufstellung und Berechnung des umbauten Raumes vorgelegt. [...] Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass diese Planunterlagen des Q2. X. als Bauvoranfrage der Beteiligten Q1. zu werten ist, die die Stadt in Anwendung von § 84 BauO NRW positiv beschieden hat, da diese Planung ihren städtebaulichen Vorstellungen entspricht und mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes übereinstimmt.“
9Am 4. Dezember 1980 trat die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0 Teil 1 - Innenstadt in Kraft. Diese bis heute gültige Änderung des Bebauungsplanes sieht entsprechend der vorangegangenen Planung die Ausweisung von Bauflächen auf dem im Eigentum der Familie der Klägerin stehenden Flurstück 000 mit einer Kerngebietsfestsetzung und einer dreigeschossigen Bebaubarkeit östlich parallel zur Einfahrt zur Tiefgarage und nördlich unmittelbar bis an die Grundstücksgrenze zu den Flurstücken 000 und 000 vor. Der N1.-----platz ist seither vollständig als Verkehrsfläche festgesetzt und sieht nachrichtlich eine Wendemöglichkeit mit einem Durchmesser von 24 m vor. Zum Verlauf der Strunde enthält die Änderung des Bebauungsplans keinerlei Festsetzungen oder Hinweise.
10Am 30. Oktober 1992 wurde die wasserrechtliche Genehmigung zur Öffnung der Strunde im Bereich der westlich der klägerischen Grundstücke gelegenen Villa Zanders erteilt. Am 1. Juli 1993 fasste der Rat den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 0 Teil 1 – Bergischer Löwe – 2. Änderung und 1. Ergänzung. Danach sollte der Platz südlich des Bergischen Löwen (und nördlich der klägerischen Flurstücke) als Verbindungsglied der Freiräume zwischen dem Forumpark und der Villa Zanders architektonisch überarbeitet werden. Als gestalterische Maßnahme war die Öffnung des Bachlaufs südlich der Tiefgarage vorgesehen. Ein naturnah gestalteter Bachlauf als Fortsetzung der südlich der Villa Zanders angelegten Wasserfläche wurde als erhebliche Verbesserung des Umfeldes angesehen. Die erforderlichen Änderungen des Bebauungsplanes könnten jedoch erst nach der Planung der Bachoffenlegung durch den Landschaftsplaner benannt werden. Auf jeden Fall werde eine Zurückverlegung der Baugrenzen der als südliche Platzbegrenzung geplanten Baukörper erforderlich. Eine Beschlussfassung des Rates über die Änderung des Bebauungsplanes fand in der Folgezeit jedoch nicht statt.
11Nachdem in der Folgezeit die Offenlegung der Strunde immer wieder diskutiert wurde, nahm schließlich der Beigeladene, dem die Gewässerunterhaltung und der Gewässerausbau, einschließlich naturnahem Rückbau u.a. der Strunde obliegt (§ 3 Satzung des Strundeverbandes in Bergisch Gladbach) Planungen zur Hochwassersicherung und Offenlegung der Strunde in die Hand. Im Vordergrund der Planungsgedanken stand aus Sicht des Beigeladenen der städtebauliche Aspekt mit der Absicht attraktiver Stadtkernbelebung, wobei die Sicherstellung des betroffenen Planbereichs vor Hochwasser dafür eine notwendige Voraussetzung sei (Bl. 12 BA 1). Als Planungsziele werden die zuverlässige Fortleitung des Wassers aus dem Einzugsgebiet und die Verbesserung des Hochwasserschutzes, die Gestaltung des Gewässers als Leitstruktur in der freien Landschaft und in der Stadt zu Erholungs- und Erlebnisräumen und die Verbesserung der ökologischen Funktion des Gewässers und die Stärkung des Naturhaushaltes (Bl. 33 BA 1) formuliert. Die planerische Konzeption sieht in weiten Teilen eine Führung von zwei Trassen und zwar einer Hochwasser (HW)- und einer Niedrigwasser (NW-) trasse vor. Hinsichtlich des hier maßgeblichen Bereichs „Hauptstraße bis Villa Zanders“ sollen „die HW- und die NW-Trasse aus dem Kombinationsbauwerk unterhalb der Hauptstraße auf kurzer Länge parallel geführt werden. Im Bereich des Geländes des Forumsparks und dem Bürgerhaus „Bergischer Löwe“ sei der Verlauf der Strunde als offenes, Niedrigwasser führendes Gewässer vorgesehen. Die NW-Trasse beginne danach am Auslauf des Kombinationswerkes mit oberflächennaher Sohllage. Die Trassierung sehe eine gerade Linienführung vor, die nur einmal durch eine Rechtskurve unterbrochen werde. Die visuelle Geradlinigkeit reiche bis vor das Stadthaus, obwohl der tatsächliche Verlauf des NW-Bettes im Bereich der Zufahrt zur Tiefgarage deutlich nach rechts verschwenke. Hier soll die Aussparung in der Betondecke der Tiefgarage für die Neutrassierung genutzt werden. Im Bereich der Gaststätte Q1. , also im Bereich der klägerischen Grundstücke, verlaufe die heutige Strunde neben der Tiefgarage. Die Trasse werde genutzt und für die Herstellung des neuen Tragprofils verwendet. Das vorhandende Betonprofil solle abgebrochen werden. Die Überfahrt zwischen der Gaststätte Q1. und der heutigen offenen Strunde solle erhalten bleiben. Die bestehenden Anlagen würden abgebrochen und durch das einheitlich 2,50 m breite neue Trogprofil ersetzt (S. 44 BA 1). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Erläuterungsbericht (Bl. 4-54 BA 1) verwiesen. Aus den Lageplänen ist zudem ersichtlich, dass die Trasse des verrohrten Baches, die derzeit noch nach Süden verschwenkt und für einige wenige Meter über das Grundstück der Klägerin (Flurstück 000) verläuft, nach Norden hin auf das städtische Flurstück 000 verschoben werden soll und sodann entlang der Grenze zum Flurstück 000 geführt wird.
12Am 4. August 2010 beantragte der Beigeladene bei dem Beklagten den PFB für das Vorhaben „Hochwassersicherung und Offenlegung der Strunde in der Innenstadt von Bergisch Gladbach“. Dem Antrag waren u.a. die Antragsbegründung und die wassertechnischen Entwürfe beigefügt. Eine Umweltverträglichkeitsstudie zum Vorhaben sowie ein landschaftspflegerischer Begleitplan waren in den Antragsunterlagen nicht enthalten.
13Nach Anhörung der Träger öffentlicher Belange und betroffener Verbände (u.a. auch des Landesbüros der Naturschutzverbände NRW) erklärte u.a. die Stadt Bergisch Gladbach am 17. August 2010 ihr Einverständnis mit der Planung. Die vorgelegte Planung entspreche dem städtebaulichen Gesamtkonzept und der abwassertechnischen Gesamtplanung und erhalte daher von Seiten der Stadt Bergisch Gladbach die volle Unterstützung. Sodann verfügte der Beklagte die Auslegung der Pläne und Unterlagen, die vom 23. August bis 2. September 2010 zur allgemeinen Einsichtnahme bei der Stadt Bergisch Gladbach öffentlich auslagen. In den Anzeigen für den Rheinisch-Bergischen Kreis, der Zeitungsgruppe Köln Nr. 194 vom 21./22. August 2010 wurde die Offenlegung bekannt gemacht (vgl. Bl. 111 BA 1). Einwendungen konnten bis zum 7. Oktober 2010 erhoben werden.
14Mit Schreiben vom 1. September 2010 teilte die Untere Landschaftsbehörde der Unteren Wasserbehörde des Beklagten mit, dass die Offenlegung der Strunde grundsätzlich begrüßt werde. Es bestünden allerdings Bedenken gegen das Vorhaben wegen eines möglichen Vorkommens von Fledermäusen im verrohrten Bereich. Weitere Untersuchungen im Rahmen der Artenschutzprüfung (ASP) seien erforderlich. Die erstellte ASP sei nach Fertigstellung der Unteren Landschaftsbehörde zuzuleiten. Die Untere Wasserbehörde forderte den Beigeladenen dementsprechend mit Schreiben vom 8. September 2010 auf, die geforderte ASP durchführen zu lassen und das Ergebnis des Gutachtens vorzulegen.
15Mit Schreiben vom 14. September 2010 wandte sich die Abteilung Planung und Landschaftsschutz des Beklagten an die Untere Wasserbehörde und gab eine Stellungnahme zum Planungsentwurf ab. Darin bemängelt die Absenderin, dass „durch die Querschnittserhöhung zur Erhöhung der Hochwasserabfuhr im Unterlauf die Hochwasserspitzen erhöht würden“ und für den Unterlauf noch kein tragfähiges Konzept zur Hochwasserrückhaltung vorgelegt worden sei. Ferner könnten erhebliche Inanspruchnahmen der Naturschutzgebiete Gierather Wald und Kradepohlsmühle für Rückhaltemaßnahmen nicht ausgeschlossen werden. Eine Genehmigung für die Inanspruchnahme der Naturgebietsflächen könne jedoch nicht in Aussicht gestellt werden. Es werde daher angeraten, die Hochwasserproblematik an der Strunde so zu lösen, dass nicht an anderer Stelle erhebliche Konflikte erzeugt würden.
16Im Oktober 2010 führte die Beklagte mit Hilfe einer Checkliste eine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß der Anlage 2 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) durch und kam zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) entbehrlich sei, da keine erheblichen negativen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Diese Entscheidung wurde am 18. Oktober 2010 im Amtsblatt für den Rheinisch-Bergischen Kreis Nr. 3 bekannt gegeben.
17Mit am 7. Oktober 2010 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben machte die Klägerin Einwendungen gegen das Vorhaben geltend. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügte die Klägerin, dass das Umweltverträglichkeitsprüfung-Gutachten nicht offen gelegt worden sei. Ferner sei das Planfeststellungsverfahren nicht zulässig, weil die Planungsbehörde unzuständig sei. Es handele sich um einen ungerechtfertigten Eingriff in die Planungskompetenz der Stadt Bergisch Gladbach. In materiell-rechtlicher Hinsicht wurde eingewandt, dass der zu Grunde liegende Bebauungsplan eine offene Gestaltung der Strunde nicht vorsehe, sondern vielmehr einen geschlossenen Kanal festlege. Durch die Öffnung werde die Verkehrsplanung beeinträchtigt und der Wendekreis abgeschnitten. Ein bestehender Bebauungsplan dürfe durch ein wasserrechtliches Verfahren nicht geändert werden. Zudem widerspräche das Verfahren den Grundsätzen der Planrechtfertigung. Nach öffentlich-rechtlichen Belangen sei die beabsichtige Planung nicht notwendig, so dass das Abwägungsgebot verletzt werde. Für die Führung des Gewässers in einer künstlichen Trasse südlich der Tiefgarage bestehe keine Notwendigkeit nach dem WHG. Bei einer Kanalführung durch einen Betontrog liege keine Renaturierung vor, so dass das Planungsziel nicht erreicht werde. Hilfsweise werde daher beantragt, die Öffnung der Kanalführung nur westlich des Grundstücks der Klägerin im Bereich der Tiefgarage vorzunehmen, damit der nordöstliche Teil der Grundstücke mit dem N1.-----platz usw. verbunden bleiben könne. Damit könne eine homogene Stadtentwicklung sichergestellt werden. Gleiches müsse auch dann gelten, wenn die Strunde in der neuen Kanaltrasse nördlich der klägerischen Grundstücke geführt werden sollte. Eine Öffnung nur westlich der Grundstücke werde auch für diesen Fall gefordert. Aus den notariellen Verträgen von 1980, 1981 und 1986 ergebe sich die Verpflichtung der Stadt Bergisch Gladbach, die durch Bebauungsplan ausgewiesenen Baurechte nicht zu verletzten. Diese Baurechte würden bei einer Kanalöffnung erheblich tangiert und eingeschränkt, da die Erschließung der Grundstücke dann entfalle. Die Verträge beinhalteten das unentgeltliche Recht von den Baugrundstücken eine Durchfahrt in die Tiefgarage anzulegen und zu nutzen; dieses Durchfahrtsrecht werde durch die Anlegung des Kanals verhindert bzw. erschwert. Zudem werde das Überschwemmungsrisiko für die klägerischen Grundstücke erhöht; die geschlossene Kanalführung habe das Überschwemmungsrisiko bislang verhindert. Wenn dagegen eingewandt werde, dass eine Umleitung der Hochwassertrasse entlang der L 286 geplant sei und ausreichende Retentionsflächen angelegt würden, könne die Klägerin dies mangels Einsichtnahmemöglichkeit in die technischen Planungseinzelheiten nicht prüfen. Der offene Kanal dürfe jedenfalls erst errichtet werden, wenn Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt worden seien. Auch die nach der BauO NRW erforderlichen Grenzabstände von 3 m würden nicht eingehalten. Wegen der Ersetzung des Trogprofils müsse schließlich während der Bauzeit eine Überfahrt vor dem Gaststättengebäude unbedingt – notfalls durch Auflagen - gesichert werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Verwaltungsvorgang (Bl. 89 ff. BA 1) Bezug genommen.
18Im April 2011 reichte der Beigeladene eine Änderungsanzeige bei dem Beklagten ein, die höhen- und lagenmäßige Anpassungen am HW-Profil sowie Gestaltungsänderungen der NW-Führung im Bereich der Villa Zanders und dem Spielplatz Forumpark betrafen.
19Bereits im März 2011 war der artenschutzrechtliche Fachbeitrag zu Fledermäusen erstellt und dem Beklagten zugeleitet worden. Die Gutachterin war darin zu dem Ergebnis gekommen, dass bei konsequenter Umsetzung von näher beschriebenen Vermeidungsmaßnahmen keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände gemäß § 44 BNatSchG und keine erheblichen Beeinträchtigungen der nachgewiesenen Fledermausarten zu erwarten seien. Nähere Einzelheiten sind dem Gutachten (Bl. 125 ff. BA 1) zu entnehmen. Mit Bezug auf das artenschutzrechtliche Fachgutachten stimmte die Untere Landschaftsbehörde dem Planentwurf mit Schreiben vom 9. Juni 2011 unter Auflagen zu.
20Am 17. August 2011 fand im Kreishaus Bergisch Gladbach ein Erörterungstermin statt. Dabei wies die Klägerin erneut darauf hin, dass das Vorhaben den Planungsabsichten, wie sie in dem geltenden Bebauungsplan festgelegt worden seien, widerspreche. Ihre Grundstücke erführen eine Nutzungseinschränkung, weil die offene Gewässerführung eine Barriere zu dem ansonsten offenen Platz bilde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Verwaltungsvorgang (Bl. 206 ff. BA 1) verwiesen.
21Im Nachgang zu dem Erörterungstermin wiederholte und konkretisierte die Klägerin mit Schreiben vom 30. August 2011 ihre Einwendungen. Die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde sei nur gegeben, soweit der Hochwasserschutz betroffen sei. Die beantragte Bachöffnung habe aber allein städtebauliche Gründe, für die nicht die Planfeststellungsbehörde sondern allein die Stadt Bergisch Gladbach zuständig sei. Es müsse eine Abwägung mit den widerstreitenden Belangen auch in städtebaulicher Hinsicht vorgenommen werden, die in einem wasserrechtlichen Verfahren nicht zu leisten sei.
22Mit Bescheid vom 13. September 2011 wurde der vorzeitige Beginn des Ausbaus des Strunder Bachs (1. Bauabschnitt) zugelassen.
23Mit Schreiben vom 23. November 2011 rügte die Klägerin, dass im vorliegenden Fall kein Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei. Es handele sich um eine Maßnahme nach Ziff. 13.18.2 der Anlage 1 zu § 3 UVPG, nämlich um einen naturnahen Ausbau von Bächen. Gerade weil wegen der Betontroglösung im Bereich des klägerischen Grundstücks ein naturnaher Ausbau nicht realisiert werde, sei eine spezielle Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Mit Schreiben vom 5. Januar 2012 erläuterte der Beklagte daraufhin, dass es sich vorliegend nicht um eine Maßnahme nach Ziff. 13.18.2 der Anlage 1 zu § 3 UVPG, sondern um eine Ausbaumaßnahme nach Ziff. 13.18.1 i.V.m. Ziff. 3 der Anlage 1 zu § 3 UVPG handele. Danach sei eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich. Diese sei durchgeführt worden und habe ergeben, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei.
24Am 20. März 2012 beauftragte der Beklagte das Ingenieurbüro „E. H. “ mit der Erarbeitung einer zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen gemäß § 11 UVPG der geplanten Maßnahmen. In dem Umweltprüfbericht gemäß § 11 UVPG vom 8. Mai 2012 stellte das Ingenieurbüro fest, dass keine negativen Umweltauswirkungen durch das Vorhaben zu erwarten seien.
25Mit PFB vom 29. Juni 2012 stellte der Beklagte gemäß § 68 Abs. 1 WHG in Verbindung mit §§ 100 bis 104, 136, 146, 152 und 170 LWG NRW den Plan zur Hochwassersicherung und Offenlegung der Strunde in der Innenstadt von Bergisch Gladbach fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Dabei wurden u.a. die von der Unteren Landschaftsbehörde vorgegebenen Nebenbestimmungen zur Auflage gemacht. Der Bereich von Station 4,026 bis 4,074, der die Offenlegung des NW-Profils im Bereich der klägerischen Grundstücksflächen betrifft, wurde von der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgenommen. Die im Verfahren geltend gemachten Einwendungen wurden im Rahmen des Beschlusses zurückgewiesen. Insbesondere sei durch die Öffnung eine Abschottung oder „völlige Abtrennung“ der Teilräume nicht zu erwarten. Neben dem Ziel des Hochwasserschutzes sei es auch Ziel der Stadtplanung, die Strunde als zur Stadt gehörendes Merkmal wieder sichtbar und erlebbar zu machen. Diesem städtischen Planungsauftrag sei der Beigeladene bei der Planung nachgekommen. Die Erreichbarkeit des Grundstücks der Klägerin sei auch nach der Offenlegung gewährleistet. Der Wendekreis sei seit 30 Jahren nicht realisiert worden; die entsprechende Fläche enthalte teilweise Stellplätze und habe ohnehin keine Erschließungsfunktion für die klägerischen Grundstücke. Zudem sei auch eine Inanspruchnahme privater Grundstücksflächen und so auch der klägerischen Grundstücke weder erforderlich noch beabsichtigt. Eine Änderung der Lage des offenen Bachlaufs sei auf Grund der Tiefgarage nicht möglich; einer Einkürzung der Öffnung könne wegen der stadtgestalterischen Ziele nicht gefolgt werden. Zwar widerspräche die offene Gewässerführung dem derzeitigen Planungsrecht in der Stadtmitte und somit auch dem Bebauungsplan Nr.03 Teil 1 - Innenstadt. In Kürze werde aber ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes durchgeführt. Es gäbe keinen individuellen Rechtsanspruch auf eine Plangewährleistung oder dauerhafte Planverwirklichung. Den notariellen Verträgen könne auch keine Selbstverpflichtung der Stadt Bergisch Gladbach entnommen werden, die durch den Bebauungsplan ausgewiesenen Baurechte nicht zu verändern oder zu verhindern. Die Grunddienstbarkeit zur Anlegung und Nutzung einer Durchfahrt in die Tiefgarage bliebe zudem von der Planung völlig unberührt, weil die Strundetrasse auf gleicher Höhenkote wie die vorhandene Verrohrung angelegt würde. Die Bedenken bzgl. des Überschwemmungsrisikos seien nicht nachvollziehbar. Die Wassermenge werde so begrenzt, dass die hydraulische Überlastung der offenen Profile vermieden werde. Die Kritik der fehlenden ökologischen Gestaltung sei zudem verfehlt; die Trogprofillösung sei nur dort gewählt worden, wo eine naturnah gestaltete Öffnung nicht möglich erschien. Insbesondere im Bereich der klägerischen Grundstücke habe man auf die naturnah gestaltete südliche Uferlinie verzichten müssen, weil dort nur städtische Flächen hätten berücksichtigt werden können. Ökologische Mindestanforderungen würden aber auch dort eingehalten; die Gewässersohle würde mit naturnahem Substrat aufgebaut und die Trogprofile würden an der zum Gewässer zeigenden Wand mit Grauwacke-Mauerwerk verblendet. Abstandflächen müssten nach § 6 Abs. 1 bis 7 BauO NRW nur von oberirdischen Gebäuden eingehalten werden. Es werde auch nicht in bestehendes Ortsrecht eingegriffen. Der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans Nr. 3 Teil 1 – Innenstadt geltende § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB habe die Festsetzung von Wasserflächen nur zugelassen, soweit diese nicht nach anderen Regelungen getroffen werden konnten. Da man hier ein Planfeststellungsverfahren für den Gewässerausbau habe durchführen müssen, sei die Festsetzung der Wasserflächen im Bebauungsplan im Ergebnis unwirksam. Zu den Einwendungen der Unteren Landschaftsbehörde findet sich in dem PFB der Hinweis, dass sich das vorliegende Verfahren nach den Antragsunterlagen nur auf den dort beschriebenen Gewässerabschnitt beziehe. Maßnahmen zur Hochwasserrückhaltung in dem beschriebenen unteren Gewässerabschnitt würden in einem gesonderten Verfahren behandelt. Inzwischen sei sogar ein Hochwasserschutzkonzept für die betroffenen Bereiche vorgelegt worden.
26Der PFB wurde der Klägerin am 11. Juli 2012 zugestellt.
27Die Klägerin hat am 9. August 2012 Klage gegen den PFB erhoben, soweit darin die Offenlegung der Strunde im Bereich der Station 4,026 bis 4,074 angeordnet wurde.
28Die Klägerin verweist zur Begründung ihrer Klage auf die Einwendungen aus dem Planfeststellungsverfahren und trägt ergänzend und vertiefend vor, der PFB greife in bestehendes Ortsrecht ein. Der Beigeladene setze sich bewusst über die Regelungen des bestandskräftigen Bebauungsplanes hinweg. Die offene Platzgestaltung würde durch die Gewässer-Barriere zerstört, der N1.-----platz zweigeteilt und der Wendekreis tangiert. Das BBauGB 1960 bis 1977 habe keine dem § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB entsprechende Regelung enthalten. Ein Planfeststellungsverfahren nach § 31 WHG a.F. sei im Jahr 1975 nicht notwendig gewesen, da keine wesentliche Veränderung des Gewässers habe vorgenommen werden sollen. Der existente Bachkanal sei in die Bauleitplanung aufgenommen worden und die Festsetzung habe städtebaulichen Charakter. Ein offener Betonkanal werde zudem dem Wertmaßstab des WHG nicht gerecht. Es fehle die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung; eine allgemeine Vorprüfung sei nicht ausreichend. Durch die Bachöffnung würden die festgesetzten Bauflächen wegfallen bzw. erheblich eingeschränkt. Damit würde auch gegen die mit der Stadt Bergisch Gladbach abgeschlossenen Verträge verstoßen, nach denen die Bebaubarkeit dieser Flächen nach dem Bebauungsplan für die Klägerin abgesichert sei. Die Realisierung der Grunddienstbarkeit auf Schaffung einer Zufahrt zur Tiefgarage werde erheblich erschwert, weil der Bachkanal weiter nach Süden verschoben werden solle. Zudem würden die – auch nach immissionsrechtlichen Erwägungen – erforderlichen Abstandflächen zum Bachkanal nicht eingehalten. Der Bachkanal müsse beidseitig begeh- und befahrbar sein. Das sei aber ohne eine Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks nicht möglich. Schließlich würden die Zuwegung zu den klägerischen Grundstücken und die verkehrsmäßige Erschließung beeinträchtigt. Die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans könne im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens keine Rolle spielen, weil sich die Planungsabsichten noch nicht hinreichend verfestigt hätten. Im Übrigen seien ein förmliches Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans und ein Satzungsbeschluss des Rates notwendig, für welche derzeit nichts ersichtlich sei. Eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans sei ebenfalls nicht anzunehmen. Der Vorwurf, die Klägerin habe von ihren Baurechten bislang keinen Gebrauch gemacht, sei unrichtig, weil es viele Planungsideen gegeben habe, die wiederholt nicht den Vorstellungen der Verwaltung entsprochen hätten.
29Die Klägerin beantragt,
30den PFB vom 29. Juni 2012 insoweit für unwirksam zu erklären, als er die Offenlegung der Strunde im Bereich von Station 4,026 bis 4,074 der Ingenieurplanung des Ing. Büro G. von Juli 2010, Lageplan 0, Plan Nr. 00000/00000, im Bereich der Grundstücke der Klägerin, Gemarkung Gladbach, Flur 00, Flurstücke 000, 000, 000 und 000 anordnet.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er hält den PFB für rechtmäßig. Weder im Bebauungsplan Nr. 0 Teil 1 – Innenstadt noch im Bebauungsplan Nr. 0 Teil 1 – Innenstadt, 1. Änderung sei eine Wasserfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB festgesetzt. Ebenso wenig seien Flächen gesichert worden, die in einem späteren wasserrechtlichen Verfahren bestimmt worden wären. Die insoweit im PFB vertretene Rechtsauffassung werde nicht aufrechterhalten. Soweit die Klägerin meine, das Planfeststellungsverfahren würde in die Planungshoheit der Stadt Bergisch Gladbach eingreifen, gehe diese Annahme fehl. In allen Handlungsprogrammen und Zielformulierungen der Stadt sei die Offenlegung der Strunde als elementarer Bestandteil enthalten. Dies sei zum Beispiel Planungsziel des Wettbewerbsverfahrens „Freiräume entlang der Strunde“ (Gestaltung des öffentlichen Raumes) für den östlichen Bereich der Stadtmitte aus dem Jahr 2009 gewesen. Die Planungen zur Freiraumgestaltung seien in die Gewässerplanung zum wasserrechtlichen Antrag integriert worden. Die Zielsetzungen und Planungen der Stadt Bergisch Gladbach seien zu jeder Zeit berücksichtigt worden. Im Rahmen des förmlichen Beteiligungsverfahrens habe die Stadt Bergisch Gladbach auch ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt. In der Sitzung des Planungsausschusses der Stadt Bergisch Gladbach am 4. Dezember 2012 sei schließlich der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 0 – Bergischer Löwe – 2. Änderung und 1. Ergänzung vom 1. Juli 1993 aufgehoben worden und der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 0000 – Forum-Park – aufgestellt worden, der den zentralen Bereich der Stadtmitte umfasse.
34Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
35Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe
37Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
38Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen den PFB vom 29. Juni 2012 statthaft (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO). Die Klägerin ist auch gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die Klägerin ist zwar nicht enteignungsbetroffen, da ihr Grundeigentum für das Vorhaben nicht unmittelbar in Anspruch genommen wird. Das planerische Abwägungsgebot hat aber auch für mittelbar betroffene Grundstücksnachbarn drittschützenden Charakter. Es gewährt Eigentümern benachbarter Grundstücke des Vorhabens ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass eine gerechte Abwägung der eigenen Belange mit entgegenstehenden, das Vorhaben tragenden öffentlichen Belangen bzw. privaten Belangen der vom Vorhaben begünstigten Dritten stattfindet. Die Klagebefugnis ist deshalb gegeben, wenn die Klägerin geltend machen kann, eigene abwägungserhebliche Belange seien nicht oder nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in die Abwägung eingeflossen, so dass zu ihren Lasten das drittschützende Abwägungsgebot verletzt ist.
39vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 21.74 -, juris; Urteil vom 21. Februar 1992 - 7 C 11/91 -, BVerwGE 90, 42 (49); VG Köln, Urteil vom 11. August 2009 - 14 K 4720/06 -, juris.
40Eine Rechtsverletzung der Klägerin in Gestalt einer Verletzung des Abwägungsgebotes in Bezug auf die Beachtung der Festsetzungen des zum Zeitpunkt des PFB gültigen Bebauungsplans sowie auf daraus resultierende Baurechte erscheint zumindest möglich. Daher ist an dieser Stelle nicht darauf einzugehen, ob alle von ihr gegen den PFB geltend gemachten Gründe ihr eine wehrfähige Rechtsposition vermitteln.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1998 - 11 C 3/97 - NVwZ 1999, 67.
42Ob sich die Klagebefugnis der Klägerin zudem daraus ergeben kann, dass sie geltend macht, eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung habe nicht stattgefunden bzw. die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die Umweltverträglichkeitsprüfung genüge nicht dem Maßstab des UVPG, kann angesichts dessen dahinstehen.
43Bejahend OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris; a.A. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 50 und vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, juris und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, juris; ebenso OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK -, juris.
44Die Klägerin ist auch nicht offensichtlich mit sämtlichem Vorbringen präkludiert, so dass ihr auch unter diesem Gesichtspunkt die Klagebefugnis nicht abgesprochen werden kann.
45Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 73 Rn. 92 und § 75 Rn. 39.
46Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der angefochtene PFB rechtmäßig ist und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
47Der gerichtliche Kontrollumfang ist von vornherein begrenzt auf Verstöße gegen jeweils die Klägerin schützende Normen, denn die Klägerin ist nicht von der sogenannten enteignungsrechtlichen Vorwirkung des PFB betroffen. Ein eigentumsentziehender Zugriff auf ihr Grundstück ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des PFB (vgl. S. 22 PFB, Bl. 371) nicht vorgesehen. Es liegt auch keine Situation vor, in der ein Projekt mit Sicherheit zu einem massiven und praktisch vollständigen Wertverlust führt, der das Eigentum funktionslos werden ließe.
48Vgl. dazu OVG Lüneburg, Urteil vom 5. März 2008 - 7 MS 115/07 -, juris.
49Daraus folgt, dass die Klägerin sich nur auf die Verletzung von zu ihren Gunsten drittschützenden Rechtssätzen berufen, nicht aber eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle verlangen kann. Auf Verfahrensfehler kann sich die Klägerin daher auch nur berufen, soweit sich diese auf ihre materielle Rechtsstellung auswirken können.
50Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 147.
51Auch materielle Rechtsfehler des PFB kann die Klägerin nur insoweit geltend machen, als dadurch ihre subjektive Rechtsposition betroffen ist. Die Klägerin kann im vorliegenden Fall daher zwar geltend machen, dass das Vorhaben des Beigeladenen unzumutbare Auswirkungen auf ihr durch Art. 14 GG geschütztes Grundeigentum hat und dass Abwägungsfehler im Hinblick auf ihre eigenen schutzwürdigen Belange vorliegen, nicht aber, dass der Beklagte im Rahmen der Planfeststellung öffentliche Belange nicht hinreichend berücksichtigt hat.
52Dies vorangestellt, verletzt der PFB zur Überzeugung der Kammer keine die Klägerin schützenden Rechtssätze.
53Für die am Maßstab der § 68 WHG i.V.m. §§ 100 - 104, 152 und 153 LWG NRW i.V.m. §§ 72 ff. VwVfG NRW zu messende Planungsentscheidung ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Erlasses.
54StRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 7 B 22/13 - juris; Urteil vom 18. Juli 2013 - 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184; Beschluss vom 17. Januar 2013 - 7 B 18/12 - juris, m.w.N.
55Gem. § 68 Abs. 1 WHG bedarf der Gewässerausbau der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Gewässerausbau ist nach § 67 Abs. 2 S. 1 WHG die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer, worunter die hier geplanten Maßnahmen eindeutig fallen. Das streitgegenständliche Vorhaben des Beigeladenen bedarf jedenfalls als Maßnahme des Hochwasserschutzes und wesentliche Umgestaltung eines Gewässers der wasserrechtlichen Planfeststellung.
56Siehe dazu z.B. VG Minden, Urteil vom 22. März 2002 - 8 K 3143/98 -, juris;VG Würzburg, Urteil vom 29. April 2014 - W 4 K 13.43 -, juris.
57Der angefochtene PFB weist keine formellen Mängel auf.
58Dabei mag dahinstehen, ob die Klägerin in Bezug auf die Zuständigkeit des Beklagten überhaupt rügebefugt ist.
59Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 - 9 A 14/10 -, juris.
60Der Beklagte war jedenfalls als Untere Wasserbehörde gemäß §§ 1, 4 i.V.m. Anhang III Nr. 20.1.29 ZuStVU NRW die sachlich zuständige Planfeststellungsbehörde.
61Der PFB ist ordnungsgemäß zu Stande gekommen; Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte zu Recht von der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen.
62Auch wenn Verfahrensvorschriften Drittschutz eigentlich nur zur Verwirklichung des Rechts auf gerechte Abwägung der durch die Planung berührten Belange der Klägerin entfalten können, kann die Klägerin im vorliegenden Verfahren die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung rügen.
63Gem. § 4 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 3, 5 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) in der Fassung vom 29. Januar 2013 kann auch ein Beteiligter i.S.d. § 61 Nr. 1 VwGO die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG verlangen, wenn eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Das gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a S. 4 UVPG genügt.
64Der sachliche Anwendungsbereich des UmwRG ist eröffnet, weil infolge der in § 3c S. 1 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den angefochtenen PFB eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a UmwRG i.d.F.v. 29. Januar 2013 bestehen kann (siehe näher unten).
65Das UmwRG ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Es gilt nach § 5 Abs. 1 UmwRG i.d.F.v. 29. Januar 2013 für Verfahren nach § 1 Abs. 1 S. 1, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen.
66§ 4 Abs. 1 S. 2 UmwRG i.d.F.v. 29. Januar 2013 ist hier anwendbar, obwohl das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 mit Wirkung vom 29. Januar 2013 - und damit nach Erhebung der Klage - in das UmwRG eingefügt worden ist (BGBl. I, S. 95). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 S. 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, und zwar in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung.
67Gem. § 4 Abs. 3 UmwRG i.d.F.v. 29. Januar 2013 gelten die Vorschriften zu Fehlern bei Verfahrensvorschriften auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO. Danach kann auch ein einzelner klagebefugter Dritter im Falle einer unterbliebenen, aber nach den Bestimmungen des UVPG erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung einen Anspruch auf Aufhebung der solchermaßen verfahrensfehlerhaft ergangenen Genehmigung bzw. des Beschlusses haben. Dies gilt in Abweichung von § 46 VwVfG NRW unabhängig davon, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVPG der Gewährleistung materieller subjektiver Rechte dienen oder der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst haben könnte. Denn die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG ist gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die genannten Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen.
68Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris, wonach sie sogar zur Zulässigkeit der Klage führen können sollen, s.o.
69Die Klägerin dringt aber mit ihrem Einwand über die fehlende Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durch. Der Beklagte hat hier zu Recht zunächst eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgenommen, deren Ergebnis rechtlich auch nicht zu beanstanden ist.
70Im vorliegenden Fall war keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sondern lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 UVPG fallen die in der Anlage 1 zum UVPG aufgeführten Anlagen in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Dabei differenziert die Anlage 1 in den Spalten 1 und 2 zwischen UVP-pflichtigen Vorhaben (Spalte 1) und Vorhaben, bei denen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles (A-Verfahren) bzw. eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles (S-Verfahren) erfolgen muss oder deren UVP-Pflichtigkeit sich nach Maßgabe des Landesrechtes ergibt (Spalte 2). Das streitige Vorhaben ist als solches nach 13.18.1 Anlage 1 UVPG i.V.m. Ziff. 3 Anlage 1 UVPG NRW als sog. A-Verfahren zu qualifizieren. Nummer 13.18.1 umfasst Ausbaumaßnahmen im Sinne des WHG, die nicht von Nummer 13.18.2 erfasst sind. Ein S-Verfahren nach Nummer 13.18.2 liegt wegen der Größe und Bedeutung des streitigen Vorhabens nicht vor, weil davon nur kleinräumige naturnahe Umgestaltungen umfasst sind. Eine Qualifizierung als S-Verfahren hätte im Übrigen jedenfalls auch nur dazu geführt, dass lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3c S. 2 UVPG) hätte vorgenommen werden müssen, nicht aber die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung begründet.
71Es ist im Rahmen der gerichtlichen Prüfungskompetenz nicht zu beanstanden, dass der Beklagte aufgrund einer allgemeinen Vorprüfung zum Ergebnis gekommen ist, dass aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nummer 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien keine hier relevanten erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind und deshalb keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
72Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG ist der Genehmigungsbehörde ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt.
73Vgl. OVG NRW, Urteile vom 9. August 2006 - 8 A 1359/05 -, juris und vom 3. Dezember 2008 - 8 D 19/07.AK -, juris, m.w.N.
74§ 3a S. 4 UVPG bestimmt hierzu, dass die „Einschätzung“ der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob deren Ergebnis nachvollziehbar ist. Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a S. 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist.
75Vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris.
76Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Planfeststellungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet. Das Ergebnis ist nach kursorischer Prüfung auch nachvollziehbar. Insbesondere sind auch von Seiten der Klägerin keine relevanten Einwendungen gemacht worden, die die Plausibilität in Frage stellen.
77Zwar ist im Erläuterungsbericht des Beigeladenen zunächst die Rede davon, dass nach Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde auf gesonderte Fachbeiträge zur Umweltverträglichkeitsprüfung und auf die Vorlage des landschaftspflegerischen Begleitplans verzichtet werden konnte, so dass der Anschein einer vorweggenommenen Prüfung entsteht. Daraus ergeben sich aber im Ergebnis keine Bedenken dahingehend, dass die eigentliche Prüfung anhand der vorliegenden Unterlagen kein belastbares Ergebnis gebracht haben könnte. Zudem steht der Behörde auch ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage zu, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31/10 -, BVerwGE 141, 282-293.
79Soweit der Beklagte trotz des Hinweises der Unteren Landschaftsbehörde, dass wegen des Fledermausaufkommens eine Artenschutzprüfung durchzuführen sei, insoweit keine relevanten erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen annahm, ist das im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der artenschutzrechtliche Fachbeitrag zu Fledermäusen, der „lediglich“ Ausgleichsmaßnahmen vorsieht, bei der Vorprüfung noch gar nicht vorlag. Zum Teil wird es nämlich bereits als fraglich angesehen, inwieweit der individuenbezogene Artenschutz überhaupt Thema der eher gebietsbezogenen UV-Vorprüfung sein kann.
80Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. August 2014 - 22 ZB 14.94 -, juris.
81Jedenfalls soll nach § 3c S. 1 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen allerdings nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können.
82Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, juris.
83Wenn also die Untere Wasserbehörde hier nach der Stellungnahme der Unteren Landschaftsbehörde davon ausging, dass ein Fledermausvorkommen und eine durchzuführende ASP nicht so gewichtig sind, dass das gesamte Vorhaben in Frage gestellt werden kann, ist das nicht unplausibel. Immerhin ist der Prüfungspunkt Artenschutz gerade nicht im Katalog der Anlage 2 enthalten und wird somit auch vom Gesetzgeber nicht als für die Prüfung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen i.S.d. § 3c UVPG relevant angesehen.
84Der Umstand, dass kein landschaftspflegerischer Begleitplan angefordert und ausgewertet wurde, ist ebenfalls unbedenklich. Weil die Maßnahme ausschließlich im dicht bebauten und beplanten Innenstadtbereich stattfindet, mussten Maßnahmen nach §§ 14 ff. BNatSchG nach Maßgabe des § 18 Abs. 2 BNatSchG nicht bedacht werden.
85Schließlich ergab sich auch aus der Stellungnahme der Abteilung Landschaftsschutz, dass eine Inanspruchnahme von Naturschutzgebieten nicht ausgeschlossen sei, kein Hinweis auf erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen. Die beiden genannten Naturschutzgebiete Gierather Wald und Kradepohlsmühle liegen weit außerhalb des hier betroffenen Gewässerabschnitts und die Inanspruchnahme im Rahmen des Hochwasserschutzes soll nach Auskunft des Beigeladenen in einem gesonderten wasserrechtlichen Verfahren behandelt werden. Dafür liegen bereits beschlossene HWS-Konzepte des Beigeladenen vor. Der Planungsstand ist im Internet abrufbar.
86http://www.strundeverband.de/maßnahmen.
87Dass der Beklagte daher im Rahmen der Vorprüfung, Naturschutzgebiete nach § 23 BNatSchG als „nicht betroffen“ kennzeichnete, ist vor diesem Hintergrund einleuchtend.
88Das Ergebnis der behördlichen Vorprüfung ist schließlich auch hinreichend gemäß der Vorgaben des § 3c S. 6 UVPG dokumentiert worden. Das Ergebnis der Vorprüfung hat der Beklagte gemäß § 3 a S. 2 HS 2 UVPG im Amtsblatt für den Rheinisch-Bergischen Kreis vom 18. Oktober 2010 bekannt gemacht.
89Ist damit anzunehmen, dass der Beklagte zu Recht auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet hat, ist es in der Folge zwar nicht einleuchtend, warum der Beklagte dennoch eine Darstellung der Umweltauswirkungen gemäß § 11 UVPG in Auftrag gab. Obwohl nämlich nach der Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste und im Folgenden auch keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 8 UVPG stattfand, wurde dennoch eine Darstellung der Umweltauswirkungen durch „E. H. “ erarbeitet (B. 287 ff. BA 2). Im Ergebnis ändert dies jedoch nichts an der nachvollziehbaren Einschätzung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich war.
90Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der streitbefangene PFB nicht zu beanstanden. Diesbezüglich folgen Planungsschranken vor allem aus dem Erfordernis der Planrechtfertigung, aus zwingenden materiellen Rechtssätzen und aus den Anforderungen des Abwägungsgebotes. Letzteres erstreckt sich sowohl auf das Abwägungsergebnis wie auch auf den Abwägungsvorgang, bei dem die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange ins Verhältnis gesetzt werden und eine Entscheidung darüber getroffen wird, welche Belange bevorzugt werden und welche zurücktreten.
91Den planfestgestellten Hochwasserschutzmaßnahmen und der Offenlegung der Strunde mangelt es nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung. Die Prüfung der Planrechtfertigung ist der gerichtlichen Abwägungskontrolle vorgelagert und von ihr zu trennen.
92Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2001 - 11 C 14.00 -, NVwZ 2002, 350, 353.
93Dabei ist bereits fraglich, ob sich die Klägerin bei der hier fehlenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung des PFB auf eine fehlende Planrechtfertigung überhaupt berufen kann. Zwar ist nach den Vorgaben des BVerwG auf die Klage eines Dritten die Planrechtfertigung nicht nur zu prüfen, wenn dieser für das Vorhaben enteignet werden soll, sondern immer dann, wenn sich der Dritte gegen unmittelbare Beeinträchtigungen durch das Vorhaben zur Wehr setzt.
94Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 C 12/05 -, BVerwGE 128, 358-382; vgl. auch Siedler-Zeitler-Dahme-Knopp, WHG, 47. Erg.-Lief., § 31 WHG a.F. Rn. 209.
95Ob hier allerdings überhaupt von einer mittelbaren Beeinträchtigung im Sinne schädlicher Umweltauswirkungen ausgegangen werden kann, ist zweifelhaft. Typischerweise ging es nämlich bei den in der bisherigen Rechtsprechung erörterten mittelbaren Beeinträchtigungen um vorliegend nicht in Rede stehende Immissionen.
96Vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. März 2011 - 13 LA 108/10 -, juris.
97Die Frage muss vorliegend jedoch nicht entschieden werden, weil, selbst wenn die Klägerin als mittelbar Betroffene anzusehen wäre, die insoweit zu fordernde Planrechtfertigung vorliegt. In dem Fall, in dem der Eigentümer lediglich mittelbar betroffen ist, ist das Rügerecht darauf beschränkt, dass für das beabsichtigte Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes – kein Bedarf streitet.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, juris, m.w.N.
99Eine Planung zum Gewässerausbau ist danach dann gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom WHG und dem LWG verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht, die Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist. Die Planrechtfertigung erfordert mithin die Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des Gesetzes übereinstimmt (sog. fachplanerische Zielkonformität) und ob das Vorhaben für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation erforderlich zu sein. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist.
100Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06-, juris, m.w.N.
101Hieran gemessen lässt sich dem angefochtenen PFB weder die planerische Zielkonformität noch der „Bedarf“ absprechen. Der PFB gibt als wasserwirtschaftliches Oberziel die Verbesserung des Hochwasserschutzes einerseits und eine weitgehende offene Gewässerführung der Strunde andererseits an. Mit der Öffnung des Gewässers sei damit auch das Ziel der ökologischen Verbesserung bzw. der Wiederherstellung der Durchgängigkeit verbunden (S. 9 PFB, Bl. 358 BA 2). Nach dem Erläuterungsbericht zum Antrag auf Planfeststellung standen die zuverlässige Fortleitung des Wassers aus dem Einzugsgebiet und die Verbesserung des Hochwasserschutzes, die Gestaltung des Gewässers als Leitstruktur in der freien Landschaft und in der Stadt zu Erholungs- und Erlebnisräumen sowie die Verbesserung der ökologischen Funktion des Gewässers und die Stärkung des Naturhaushaltes (Bl. 33 BA 1) im Fokus der Planung.
102Der Umbau dient u.a. dem Hochwasserschutz und entspricht damit einer maßgeblichen Zielsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes, die durch das Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom 3. Mai 2005 (BGBl I Seite 1224) nochmals verstärkt worden ist.
103Vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung in Bt-Drs. 15/ 3168.
104Das Planungsziel ist dabei bereits dann vernünftigerweise geboten, wenn das Vorhaben nach seiner tatsächlichen Eigenart und Erscheinungsform schon in der Lage ist, eine mehr als nur vernachlässigbare Verbesserung des Hochwasserschutzes zu bewirken,
105vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 8. März 1997 - Bs V 8/96 -, ZfW 1997, 111; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juli 1999 - 1 C 12916/98 -, ZfW 2000, 145,
106was hier angesichts der Erläuterungen zum Hochwasserschutz in dem Bericht des Beigeladenen nicht ernsthaft bestritten werden kann und von Seiten der Klägerin auch nicht bestritten wird. Dass durch die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen für den Innenstadtbereich überhaupt erst die erforderlichen Sicherheiten gegen Überflutungen und damit eigentlich die Voraussetzungen für die bereichsweise Öffnung der Strunde geschaffen werden (Bl. 30 BA 1), steht dem Planungsziel des Hochwasserschutzes nicht entgegen. Der Umstand, dass bereits ein tragfähiges Konzept zur Hochwassersicherung besteht, schließt die Möglichkeit nicht aus, das Konzept bei unveränderter Beibehaltung des Hochwasserschutzes zu ändern. Eine einmal gefundene Lösung des Hochwasserschutzes - zumal vor dem Hintergrund eines geänderten ökologischen Bewusstseins, das seit der Realisierung des bestehenden Konzepts Ende des 19. Jahrhunderts längst Eingang im materiellen Wasserrecht (§§ 25a ff. WHG a.F., §§ 27 WHG n.F.) gefunden hat - bedeutet für den Unterhaltspflichtigen nicht, für immer und ewig an ein einmal gewähltes Konzept oder eine Variante gebunden zu sein.
107Vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 29. April 2009 - 3 K 5651/06.F -, juris.
108Die Offenlegung der Strunde dient zudem der Realisierung der Bewirtschaftungsziele und Bewirtschaftungsanforderungen im Sinne der §§ 27 ff. WHG, den Vorgaben der Wasserrechtsrahmenrichtlinie (WRR) und der Blauen Richtlinen des LANUV NRW, 2010. Dementsprechend führt der Erläuterungsbericht hinsichtlich der Planungsziele aus, diese seien auf der Grundlage der leitbildorientierten Betrachtung erarbeitet worden, die wiederum vor dem Hintergrund der in der WRR aufgestellten Forderung nach Erhalten bzw. Wiederherstellen des „guten ökologischen Zustands/Potentials“ aller Gewässer und der in der „Blauen Richtlinie“ formulierten Grundsätze für die Gewässerumgestaltung erfolgt sei (Bl. 33 BA 1). Nach den Ausführungen im PFB ist die Strunde gemäß den Vorgaben der WRR als „erheblich verändertes Gewässer“ ausgewiesen, für das das Umweltziel „gutes ökologisches Potential“ gelte. Bezüglich dessen könne davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben zur Zielerreichung jedenfalls dienlich sei (S. 14 PFB, Bl. 363 BA 2). Die Blaue Richtlinie sieht ebenfalls eine naturnahe Entwicklung von Fließgewässern vor. Angestrebt wird eine möglichst typkonforme, naturnahe Entwicklung des Gewässers nach den Vorgaben des jeweiligen Bewirtschaftungsziels (S. 39 ff. Blaue Richtlinie). Dabei sind nach der Blauen Richtlinie in Siedlungsbereichen und sonstigen intensiv genutzten Gebieten engen dicht an die Ufer heranreichende Bebauungen (sic!) – wie vorliegend –, Hochwasserschutzmaßnahmen oder andere Nutzungen die Möglichkeiten für naturnahe Entwicklungen stark eingeschränkt. In Siedlungsbereichen seien neben der ökologischen Funktionsfähigkeit auch unverzichtbare Aspekte wie der Bestand an kulturellem Erbe, die Einbindung in das Stadtbild, die Naherholung und die Freizeitnutzung zu berücksichtigen. Dem habe das Entwicklungsziel für die naturnahe Entwicklung Rechnung zu tragen. In jedem Fall sei die Längsdurchgängigkeit anzustreben. Von entscheidender Bedeutung sei zudem die naturnahe Ausprägung der Gewässersohle. Hierfür seien alle Elemente der naturnahen Gewässergestaltung heranzuziehen (S. 41 ff.). Die vorgelegte Planung zur Offenlegung der Strunde entspricht diesen Vorgaben.
109Die dargestellten Planungsziele sprechen auch dafür, dass die Planung vernünftigerweise geboten erscheint, auch wenn der PFB selbst zu Bedenken gibt, dass eine Öffnung der Strunde alleine vor dem Hintergrund der naturnahen Gewässerentwicklung und der Umsetzung der WRR aufgrund des Kosten-Nutzen-Verhältnisses wohl nicht realisierbar wäre und letztlich nur durch die städtebaulich und aus Gründen des Hochwasserschutzes veranlasste Maßnahmen möglich sei. Zweifel an dem damit verfolgten zulässigen Planungsziel sind entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht darin begründet, dass nicht überall eine naturnahe Gestaltung der Strunde verwirklicht werden kann. Der PFB führt dazu aus, dass eine ökologische Aufwertung des Gewässers nicht im Vordergrund stehe und deshalb auch nicht gefordert werden könne. Dennoch berücksichtige die aktuelle Planung auch die ökologischen Belange (S. 14 PFB, Bl. 363 BA 2). Der PFB stellt dazu auch klar, dass die Betontrogprofillösung nur da Anwendung findet, wo eine naturnah gestaltete Öffnung der Strunde - wie im Bereich der klägerischen Grundstücke - nicht möglich erscheint (S. 24 PFB, Bl. 373 BA 2). Auch in diesen Bereichen werden aber die ökologischen Mindestanforderungen eingehalten. Die Gewässersohle würde dort mit naturnahem Substrat aufgebaut und die Trogprofile würden an der zum Gewässer zeigenden Wand mit Grauwacke-Mauerwerk verblendet (S. 24 PFB, Bl. 373 BA 2). Ein solches Vorgehen entspricht den oben dargestellten Vorgaben der Blauen Richtlinie. Allein aus dem Umstand, dass der Schutzstandard an einzelnen Stellen im Ortsbereich aufgrund der baulichen Gegebenheiten unter Umständen nicht verwirklicht werden kann, folgt keinesfalls, dass die Geeignetheit des Ausbaus zum Zwecke der Verbesserung der Gewässerökologie insgesamt in Frage steht.
110Vgl. VG Würzburg, Urteil vom 29. April 2014 - W 4 K 13.43 -, juris.
111Ist damit die Rechtfertigung der Planung anzunehmen, kann die Klägerin dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass über die genannten Ziele hinaus bzw. gleichbedeutend auch gestalterische bzw. stadtplanerische Ziele mit dem Vorhaben verfolgt werden. Dass das Vorhaben auch anderen Zielen dient, kann dem PFB nämlich jedenfalls dann nicht die Rechtfertigung nehmen, wenn die Ziele des Fachplanungsgesetzes verfolgt und realisiert werden können. Das muss sich bereits daraus ergeben, dass für wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren eine Planrechtfertigung bereits nicht in jedem Fall Rechtmäßigkeitsvoraussetzung eines PFB ist. Vorhaben, die einer wasserrechtlichen Planfeststellung bedürfen, dienen nämlich keinesfalls immer wasserrechtlichen Zielen (wie der Gewässerrenaturierung oder dem Hochwasserschutz), sondern sie können alle öffentlichen oder privaten Ziele verfolgen, wie etwa die Gewinnung von Kies oder anderen Bodenschätzen.
112Vgl. VG Köln, Urteil vom 30. August 2011 - 14 K 4481/09 -, juris, mit Verweis auf VG Hamburg, Urteil vom 12. Juli 2010 - 15 K 3396/08 - juris; vgl. auch Jarass, „Die Planrechtfertigung bei Planfeststellungen“, NuR, 2004, S. 69 ff.
113Zwar ist diese Rechtsprechung für Vorhaben entwickelt worden, die unmittelbar keine wasserrechtlichen, sondern nur andere Ziele verfolgen. Allein in diesen Fällen, in denen ein wasserrechtliches Vorhaben mittelbar der Verwirklichung der Ziele eines anderen Fachplanungsgesetzes dient, sollen die wasserbaulichen Maßnahmen daran gemessen werden können. Hingegen soll es für solche Vorhaben, die auch wasserrechtliche Ziele verfolgen, bei dem Grundsatz verbleiben, dass maßgebend für die Planrechtfertigung allein die Ziele des jeweiligen Fachplanungsgesetzes sein können.
114Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 12. Juli 2010 - 15 K 3396/08 - juris.
115Vorliegend werden aber gerade auch bzw. vorrangig wasserrechtliche Ziele verfolgt. Diese Ziele entsprechen den wasserrechtlichen Vorgaben und begründen die Planrechtfertigung. Wenn also darüber hinaus noch weitere Ziele verfolgt werden, kann dies die zweifellos bereits bestehende Planrechtfertigung nicht in Frage stellen. Dies muss sich letztlich auch aus der Kontrollüberlegung ergeben, dass, selbst wenn der Planfeststellung eine Bauleitplanung, die unzweifelhaft aus gestalterischen Erwägungen hätte erfolgen können, vorangegangen wäre, im Anschluss daran jedenfalls auch noch ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Dieses hätte dann die gestalterische Erwägung zumindest mittelbar auch zum Ziel haben können.
116Ob das angestrebte Ziel schließlich auch durch eine andere Maßnahme an anderer Stelle mit – möglicherweise – weniger Belastungen erreicht werden könnte, betrifft nicht die Planrechtfertigung. Vielmehr ist diese Frage („Variantendiskussion“) im Rahmen der Überprüfung der Abwägungsentscheidung zu behandeln.
117Vgl. z.B. BayVGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - 8 ZB 06.2973 - juris; VG Augsburg, Urteil vom 13. April 2010 - Au 3 K 08.1528 - nachfolgend BayVGH, Beschluss vom 2. August 2010 - 8 ZB 10.1336 -, juris.
118Der Rechtmäßigkeit des PFB stehen auch keine zwingenden – also einer Abwägung nicht zugänglichen – Versagungsgründe entgegen, auf die sich die Klägerin berufen könnte.
119Nach § 68 Abs. 3 WHG darf der Plan nur festgestellt werden, wenn eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist und andere Anforderungen nach diesem Gesetz oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt werden.
120Es muss sich dabei um zwingende Versagungsgründe handeln, auf die sich die Klägerin auch berufen kann. Solche zwingenden Versagungsgründe liegen nicht vor.
121Soweit die Klägerin sich auf eine angebliche Verletzung der entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 0 Teil 1 – Innenstadt beruft, dringt sie damit nicht durch. Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, das die Fachplanung grundsätzlich auf die Bauleitplanung Rücksicht zu nehmen hat, wenn letztere zeitlichen Vorsprung genießt.
122Vgl. Siedler-Zeitler-Dahme-Knopp, a.a.O., § 31 a.F., Rn. 252, m.w.N.
123Die hier angeblich entgegenstehenden Festsetzungen sind zum Teil aber schon gar nicht getroffen worden. Im Übrigen ist die Klägerin nach den oben stehenden Erwägungen bzgl. der zwingenden Versagungsgründe nur eingeschränkt rügeberechtigt. Aus dem von der Klägerin zitierten Urteil,
124vgl. VG München, vom 26. Oktober 2010 - M 2 K 09.4593 -, juris,
125lässt sich diesbezüglich auch nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Klägerin ist nämlich gerade nicht, wie es der Fall im Verfahren des VG München war, von einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffen. Die Klägerin kann sich daher lediglich auf die Verletzung solcher Festsetzungen des Bebauungsplans berufen, die eindeutig drittschützende Wirkung entfalten.
126Soweit die Klägerin geltend macht, das Planvorhaben stünde der Festsetzung des Verlaufs der Strunde und ihrer Verrohrung entgegen, ist dem entgegenzuhalten, dass der gültige Bebauungsplan Nr. 0 Teil 1 – Innenstadt keine eigenen Festsetzungen zum Bachverlauf bzw. zur Bachgestaltung enthält. Der zur Zeit der Aufstellung des Bebauungsplans gültige § 9 BBauGB in der Fassung von 1960 enthielt keine Vorgaben zur Festsetzung von Wasserflächen oder Bächen, so dass der Plangeber nicht gehalten war, entsprechende Festsetzungen zu treffen. Die Strunde war zudem bereits verrohrt, so dass auch deshalb keine „Flächen“ festgesetzt wurden. Insoweit als der Plan die „geplante Verrohrung bzw. Umlegung des Strunder Bachs“ durch gestrichelte Linien darstellt, ist dies nicht als Festsetzung zu qualifizieren sondern lediglich als bloße nachrichtliche Wiedergabe der Planung des Bachlaufs. Dies folgt schon daraus, dass diese Ausweisung nach der Legende zur Planzeichnung den „Nachrichtlichen Übernahmen“ zugeordnet ist.
127Anders im Sachverhalt, der dem Urteil des OVG NRW vom 26. März 2000 - 7A D 138/96.NE -, NRWE, zu Grunde lag.
128Schließlich finden sich auch in den Planaufstellungsvorgängen einschließlich der Planbegründung keine Hinweise darauf, dass der Bachlauf vom planerischen Gestaltungswillen umfasst war. Der vorhandenen Planung ist allenfalls zu entnehmen, dass die Verrohrung der Strunde als planerischer Leitgedanke zu Grunde lag. Bei der Einhaltung solcher Leitgedanken handelt es sich aber nicht um eine geschützte Rechtsposition, auf die sich die Klägerin berufen könnte.
129Gleiches gilt für den angeblichen Verstoß des PFB gegen die Festsetzungen des Wendekreises bzw. einer „offenen Fläche“ auf dem N1.-----platz und oberhalb der Tiefgarage. Die Festsetzungen von Grünflächen bzw. – soweit seit der Änderung des Bebauungsplans nur noch Verkehrsflächen festgesetzt sind – von Verkehrsflächen sind generell nicht drittschützend.
130Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, juris,
131Etwas Anderes gilt nur dann, wenn sich aus nach dem Bebauungsplan ersichtlichen Willen des Plangebers ergibt, dass die Festsetzungen drittschützend sein sollen. Dazu fehlt es vorliegend an Hinweisen in der Planbegründung.
132Ungeachtet dessen werden die Festsetzungen aber durch die vorliegende Planung nicht derart tangiert, dass sie nicht mehr realisierbar wären. Die Straßenverkehrsflächen bleiben als solche erhalten. Die Bachöffnung betrifft lediglich die Längsseite des Platzes an der Grundstücksgrenze zu den anliegenden städtischen und klägerischen Grundstücken. Dadurch wird aber die Gestaltung des Platzes nicht maßgeblich verändert, weil er nördlich des Baches als offener Platz erhalten bleibt. Seit der 1. Änderung des Bebauungsplans ist am südlichen Rand des Platzes die dreigeschossige Bebauung vorgesehen, die die Klägerin als sog. Riegelbebauung bezeichnet. Diese soll den Platz ohnehin nach Süden begrenzen. Es ist daher nicht erkennbar, inwieweit die Öffnung des Baches sich störend auf diese geplante Flächengestaltung auswirkt, zumal die offene Fläche vor dem Brauhaus der Klägerin zurzeit sogar als Parkplatzfläche genutzt wird.
133Insoweit als sich die Klägerin auf die in dem Bebauungsplan Nr. 0 Teil 1 – Innenstadt, 1. Änderung ausgewiesene „Riegelbebauung“ südlich des Platzes auf dem Flurstück 000 mit zwei- bis dreigeschossigen Gebäuden beruft, handelt es sich dabei um eine die Klägerin drittschützende Festsetzung. Auf einen Verstoß des Planungsvorhabens gegen diese Festsetzung im Bebauungsplan kann sich die Klägerin daher grundsätzlich berufen. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es dafür auch irrelevant, dass der Bebauungsplan seit 30 Jahren besteht und entsprechende Bauplanungen von Seiten der Klägerin seither nicht verwirklicht worden sind. Der Bebauungsplan war zum maßgeblichen Zeitpunkt des PFB und ist bis heute gültig und wirksam. Etwaige Änderungsvorhaben der Stadt Bergisch Gladbach waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal beschlossen. Reine Planungsabsichten von Seiten der Gemeinde sind in diesem Zusammenhang unerheblich, zumal bis auf den Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans vom 4. Dezember 2012 bis heute keinerlei Fortschritte bei der Änderungsplanung gemacht wurden. Der gültige Bebauungsplan Nr. 0 –Teil 1 – Innenstadt, 1. Änderung wäre allenfalls dann nicht als gültiges Recht zu beachten, wenn er funktionslos geworden wäre. Ein Bebauungsplan kann funktionslos werden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Die zur Funktionslosigkeit führende Abweichung zwischen der planerischen Festsetzung und der tatsächlichen Situation muss in ihrer Erkennbarkeit einen Grad erreicht haben, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die Planungskonzeption, die einer bauplanerischen Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, muss sie bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern.
134Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - 4 B 22.10 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 4. Februar 2013 - 2 D 108/11.NE -, juris.
135Das ist hier nicht erkennbar. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen worden, dass die vorgesehene Bebauung heutzutage nicht mehr realisierbar sein soll.
136Steht damit fest, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans das klägerische Grundstück betreffend von Seiten des Beklagten zu beachten waren, ist jedoch nicht erkennbar, dass das Planvorhaben die Realisierung der Festsetzungen das klägerische Grundstück betreffend beeinträchtigen oder sogar verhindern würden. Das klägerische Grundstück ist von der Öffnung des Baches nicht unmittelbar betroffen, da die Verlegung des Kanals nach Norden auf das städtische Grundstück geplant ist. Es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, wieso die Bebauung des klägerischen Grundstücks innerhalb der festgesetzten Bauflächen nach der Kanalöffnung nicht mehr möglich sein soll. Im Bereich des klägerischen Grundstücks ist lediglich ein offener Betontrog ohne weiträumige Ufergestaltung geplant. Die Öffnung ist nach den Entwurfsplanungen nicht einmal unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum klägerischen Flurstück 164 vorgesehen, sondern beginnt - nach Westen verschoben - erst an der Stelle, die an das nach Osten spitz zulaufende, städtische Flurstück 163 unmittelbar angrenzt. Die Riegelbebauung kann daher auch nach der Kanalöffnung ohne Weiteres plangemäß umgesetzt werden. Ob es, wie die Klägerin meint, sinnvoll sein kann, die Bebauung um 10 Meter nach Süden zu verschieben, um eine „architektonisch sinnvolle Gestaltung“ zu erreichen, vermag von Seiten des Gerichts nicht beurteilt werden. Da es sich aber bei Belangen in ästhetischer Hinsicht auch nicht um geschützte Rechtspositionen handelt, kann dieser Aspekt im vorliegenden Zusammenhang unbeachtet bleiben.
137Auch der Vortrag, das Vorhaben verletze das bauordnungsrechtliche Abstandflächengebot, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob und ggf. inwieweit die bauordnungsrechtlichen Vorschriften des Abstandflächenrechts im Rahmen der Planfeststellung dieses Vorhabens überhaupt Anwendung finden.
138Zweifelnd auch VG München, Urteil vom 24. Juni 2014 - M 2 K 13.5927 -, juris.
139Denn selbst wenn man die entsprechenden Vorschriften (ggf. auch im Rahmen der Prüfung von Abwägungsfehlern) berücksichtigt, ist ein Rechtsverstoß in Bezug auf das klägerische Grundstück nicht ersichtlich. Da es sich bei dem Vorhaben nicht um ein Gebäude handelt, gilt § 6 Abs. 10 BauO NRW. Danach gelten gegenüber Gebäuden und Grundstücksgrenzen die Abstandflächenvorschriften der Absätze 1 bis 7 entsprechend für Anlagen, die nicht Gebäude sind, soweit sie höher als 2 m über der Geländeoberfläche sind und von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen bzw. soweit sie höher als 1 m über der Geländeoberfläche sind und dazu geeignet sind, von Menschen betreten zu werden. Ungeachtet der Höhe der seitlichen Begrenzung der Betontrogöffnung geht von dieser weder eine gebäudegleiche Wirkung aus noch ist die Begrenzung dazu geeignet, von Menschen betreten zu werden.
140Die Klägerin kommt auch bei planungsgemäßer Bebauung ihrer eigenen Grundstücke nicht selbst in Konflikt mit Grenzabstandvorschriften, die im Rahmen der Planfeststellung zu berücksichtigen wären, weil sie letztlich die Bebaubarkeit des Grundstücks einschränken. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit die Klägerin einen entsprechenden Verstoß überhaupt rechtszeitig gerügt hat, kann sich auch aus § 97 Abs. 6 S. 2 LWG NRW kein Versagungsgrund ergeben. Danach darf an fließenden Gewässern zweiter Ordnung und an sonstigen fließenden Gewässern eine bauliche Anlage innerhalb von drei Metern von der Böschungsoberkante nur zugelassen werden, wenn ein Bebauungsplan die bauliche Anlage vorsieht oder öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Damit müsste die Klägerin ihrerseits bei der Bebauung ihrer Grundstücke nunmehr die 3-Meter-Grenze einhalten, wenn nicht ein Bebauungsplan die Bebaubarkeit vorsieht. Weil aber genau das vorliegend der Fall ist, kann sich auch aus § 97 Abs. 6 S. 2 LWG NRW kein zwingender Versagungsgrund für den PFB ergeben.
141Die Klägerin kann die Aufhebung des PFB schließlich auch nicht wegen eines offensichtlichen Abwägungsfehlers verlangen, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung behoben werden könnte (§ 70 Abs. 1 WHG i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG NRW). Liegen keine zwingenden Versagungsgründe vor, hat die Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens unter umfassender planerischer Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange zu entscheiden. In die Abwägung einzustellen ist an Belangen alles, was nach Lage der Dinge Beachtung verlangt. Das Abwägungsgebot erfordert ferner, dass überhaupt eine Abwägung stattfindet und dass weder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt noch der Ausgleich von ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - 4 C 21.74 -, BVerwGE 48, 56.
143Die Klägerseite als (lediglich) mittelbar Planbetroffene kann insoweit ein subjektiv-öffentliches Recht auf Abwägung geltend machen, selbst wenn die geltend gemachten Interessen nicht das Gewicht eines subjektiven Rechts, sondern eher das einer Chance oder Möglichkeit haben, soweit sie wenigstens mehr als geringfügig, schutzwürdig und erkennbar sind.
144Vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 4. Aufl. 2009, Rn. 4761, 4784; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, a.a.O., § 74 Rn. 272.
145Dieses Recht umfasst aber nur die gerechte Abwägung eigener Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen; der mittelbar Planbetroffene hat keinen Anspruch darauf, dass die Belange anderer Beteiligter gerecht abgewogen sind oder dass etwa die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht. Dementsprechend kann er eine gerichtliche Abwägungskontrolle lediglich hinsichtlich seiner eigenen Belange und – wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung – der ihnen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, ist nicht Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle.
146Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. März 2011 - 13 LA 108/10 - juris unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 - 9 B 14/06 - juris.
147Der angefochtene PFB lässt die o.g. Anforderungen nicht zum Nachteil der Klägerin außer Acht. Eine Ausblendung oder unvertretbare Fehlgewichtung der zu Gunsten der Klägerin streitenden abwägungserheblichen Belange ist hier nicht zu erkennen.
148Soweit die Klägerin eine Missachtung der durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten kommunalen Selbstverwaltung, insbesondere der Planungshoheit der Stadt Bergisch Gladbach rügt, ist offensichtlich, dass der Klägerin diesbezüglich bereits kein Rügerecht zusteht.
149Alle übrigen, die Klägerin selbst betreffenden Belange hat der Beklagte hingegen erkannt und abwägungsfehlerfrei behandelt.
150Dies trifft zunächst auf die aus den mit der Stadt Bergisch Gladbach in den 80er Jahren geschlossenen Verträgen resultierenden Rechte zu. Da die entsprechenden Verträge in den Verwaltungsvorgängen nicht enthalten sind und auch nicht zur Gerichtsakte gereicht wurden, kann die Kammer insoweit lediglich anhand der in der Klageschrift befindlichen Auszüge auf die Inhalte der Verträge schließen. Die von Seiten der Klägerin daraus abgeleitete Selbstverpflichtung der Stadt Bergisch Gladbach, die Baurechte zukünftig nicht zu ändern bzw. zu verhindern, ist dem Auszug bereits ausdrücklich nicht zu entnehmen. Jedenfalls werden die durch die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 0 Teil 1 – Innenstadt festgesetzten Bauflächen und die damit begründete Möglichkeit der Riegelbebauung, wie oben bereits dargestellt, durch die Öffnung des Kanals nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil wird das klägerische Grundstück durch die Verlegung des Kanals nach Norden nicht einmal mehr unmittelbar in Anspruch genommen. Das planfestgestellte Vorhaben wirkt sich auch nicht auf die Nutzung des mit einer Grunddienstbarkeit gesicherten „unentgeltliches Rechts, von den Baugrundstücken eine Durchfahrt in die Tiefgarage anzulegen und zu nutzen,“ aus. Der PFB führt dazu zutreffend aus, dass die Durchfahrt zur Tiefgarage von der Planung völlig unberührt bleibe, da die Strundetrasse in Fortsetzung und auf gleicher Höhenkote wie die bestehende Ver-rohrung angelegt werde. An der Höhensituation ändere sich nichts (S. 24 PFB, Bl. 373 BA 2). Der Vortrag in der Klageschrift, der Bachkanal werde nach Süden in Richtung der Grundstücksgrenze der Klägerin verlegt und die Zufahrtsrampe auf dem klägerischen Grundstück müsse tiefer auf ihr Grundstück verlegt werden, entspricht nicht dem Planungsvorhaben und ist aus diesem Grund nicht nachvollziehbar.
151Auch die Befürchtung, die Überfahrt zu dem Gaststättengebäude bzw. den klägerischen Grundstücken sei nicht mehr sichergestellt, erweist sich als unbegründet, weil die Bachöffnung die Zufahrt insgesamt nicht beeinträchtigt. Das klägerische Grundstück ist nach dem PFB (S. 24 PFB, Bl. 373 BA 2) von Osten weiterhin über die Erschließungsstraße, die parallel zur Tiefgarageneinfahrt von der T. in den Bereich der N. -A. –B. führt, gesichert. Nord-Westlich der Grundstücke zum Garten der Villa Zanders hin ist zudem eine breite Deckelung des Kanals geplant. Weil daher die Zufahrten zu den Grundstücken mehr als ausreichend gesichert sind, kann ein Abwägungsmangel bereits deshalb nicht festgestellt werden. Zudem ist zu beachten, dass eine umfassende Erschließung und vollständig barrierefreie Zuwegung des Gasthauses (bzw. der übrigen Bebauung) vom N1.-----platz planungsrechtlich zu keinem Zeitpunkt vorgesehen war und die Klägerin auf einen derartigen barrierefreien Zugang zu ihrem Gasthaus jedenfalls nicht vertrauen konnte. Vielmehr sieht der Bebauungsplan gerade die Riegelbebauung bis zur nördlichen Grundstücksgrenze vor.
152Die befürchteten, nachteiligen Auswirkungen der Bachöffnung auf die klägerischen Grundstücke durch „Unterbrechung“ des barrierefreien Zugangs von der vorhandenen Bebauung auf den klägerischen Grundstücken in die Innenstadt stellen des Weiteren keine eigenständige Abwägungsposition dar, die im Rahmen der Abwägung Berücksichtigung finden müsste. Anlieger haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Fortbestand von Vorteilen aus ihrer Lage zur öffentlichen Sache.
153Vgl. VG Köln, Urteil vom 30. August 2011 - 14 K 4481/09 -, juris. m.w.N.
154Abwehrrechte bestehen nur in Ausnahmefällen, für die hier nichts ersichtlich ist. Es ist auch keine Beeinträchtigung oder Gefährdung der betrieblichen Existenz zu befürchten und wird auch von Seiten der Klägerin nicht vorgetragen. Soweit die Klägerin Nutzungseinschränkungen ihres Grundstücks (auch im Hinblick auf die architektonische Gestaltung des Grundstücks) erwartet, führt auch dies nicht zu einem Abwägungsfehler.
155Abgesehen davon, dass eine Verschiebung der Baugrenze nach Süden um mehrere Meter bereits objektiv nicht notwendig ist, kann gemäß § 70 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 WHG eine Planfeststellung auch vorgenommen werden, wenn die Klägerin ohne Rechtsbeeinträchtigung – die nach den obigen Ausführungen nicht vorliegt – lediglich nachteilige Wirkungen u.a. dadurch zu erwarten hätte, dass die bisherige Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt wird. Auch insoweit hat das Wohl der Allgemeinheit, das hier im Hochwasserschutz, der Gewässernaturierung und der gestalterischen Aufwertung der Innenstadt liegt, Vorrang. Im Übrigen darf die Genehmigung auch dann erteilt werden, wenn der aus dem beabsichtigten Gewässerausbau zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt (§ 14 Abs. 4 S. 3 WHG). Davon ist hier auszugehen, da der durch das Vorhaben erreichte Hochwasserschutz und die beabsichtigte Aufwertung der Innenstadt durch die Öffnung der Strunde hier höher zu bewerten ist.
156Die Bedenken hinsichtlich eines überhöhten Überschwemmungsrisikos für die klägerischen Grundstücke, die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind,
157vgl. dazu ausführlich und m. w. N. VG Hamburg, Urteil vom 12. Juli 2010 - 15 K 3396/08 -, juris.
158erweisen sich angesichts der hydraulischen Berechnungen in den Planunterlagen zudem als unsubstantiiert. Dementsprechend führt auch der PFB (S. 24, Bl. 373 BA 2) aus, dass die Wassermenge so begrenzt werde, dass eine hydraulische Überlastung der offenen Profile vermieden werde. Dem ist die Klägerin im Klageverfahren schließlich auch nicht mehr entgegengetreten.
159Der Beklagte bzw. der Beigeladene mussten sich auch nicht auf eine Alternativplanung beschränken. Der weiteren Einkürzung der Öffnung des Strunder Bachs im Wirkungsbereich der klägerischen Grundstücke stehen, worauf der PFB hinweist (S. 22, Bl. 371 BA 2), sowohl das beschriebene gestalterische Ziel eines durchgängigen, offenen Gewässers als auch die ökologischen Anforderungen entgegen. Angesichts der vergleichsweise geringen Einwirkungen auf das klägerische Grundstück und der angestrebten Aufwertung der Innenstadt, von der auch gerade die klägerischen Grundstücke profitieren, ist hier den Interessen der Klägerin an einer seit 30 Jahren nicht realisierten Bauleitplanung zu Recht im Rahmen der Abwägung ein geringeres Gewicht zugewiesen worden.
160Schließlich kann sich auch für die Dauer der Bauphase keine unzumutbare Beeinträchtigung für die Klägerin ergeben. Nach den Ausführungen im PFB (S. 22, Bl. 371 BA2) soll lediglich ein schmaler Streifen von ca. 3 m Breite in Anspruch genommen werden. Angesichts des Umstandes, dass das klägerische Flurstück 000 derzeit als Parkplatzfläche genutzt wird, ist diese Inanspruchnahme ohne Zweifel hinnehmbar.
161Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, sind ihre außergerichtlichen Kosten nicht erstattungsfähig.
162Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 14. Apr. 2015 - 14 K 4696/12
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 14. Apr. 2015 - 14 K 4696/12 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Vorübergehende Verschlechterungen des Zustands eines oberirdischen Gewässers verstoßen nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn
- 1.
sie auf Umständen beruhen, die - a)
in natürlichen Ursachen begründet oder durch höhere Gewalt bedingt sind und die außergewöhnlich sind und nicht vorhersehbar waren oder - b)
durch Unfälle entstanden sind,
- 2.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Verschlechterung des Gewässerzustands und eine Gefährdung der zu erreichenden Bewirtschaftungsziele in anderen, von diesen Umständen nicht betroffenen Gewässern zu verhindern, - 3.
nur solche Maßnahmen ergriffen werden, die eine Wiederherstellung des vorherigen Gewässerzustands nach Wegfall der Umstände nicht gefährden dürfen und die im Maßnahmenprogramm nach § 82 aufgeführt werden und - 4.
die Auswirkungen der Umstände jährlich überprüft und praktisch geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um den vorherigen Gewässerzustand vorbehaltlich der in § 29 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Gründe so bald wie möglich wiederherzustellen.
(2) Wird bei einem oberirdischen Gewässer der gute ökologische Zustand nicht erreicht oder verschlechtert sich sein Zustand, verstößt dies nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn
- 1.
dies auf einer neuen Veränderung der physischen Gewässereigenschaften oder des Grundwasserstands beruht, - 2.
die Gründe für die Veränderung von übergeordnetem öffentlichen Interesse sind oder wenn der Nutzen der neuen Veränderung für die Gesundheit oder Sicherheit des Menschen oder für die nachhaltige Entwicklung größer ist als der Nutzen, den die Erreichung der Bewirtschaftungsziele für die Umwelt und die Allgemeinheit hat, - 3.
die Ziele, die mit der Veränderung des Gewässers verfolgt werden, nicht mit anderen geeigneten Maßnahmen erreicht werden können, die wesentlich geringere nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, technisch durchführbar und nicht mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden sind und - 4.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die nachteiligen Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu verringern.
(3) Für Ausnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 29 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und werden nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.
(1) Hinzutretende kumulierende Vorhaben liegen vor, wenn zu einem beantragten oder bestehenden Vorhaben (früheren Vorhaben) nachträglich ein kumulierendes Vorhaben hinzutritt.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- oder Leistungswerte für eine UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
eine allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen eintreten können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.
(5) In der Vorprüfung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ist das frühere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
(1) Der Gewässerausbau bedarf der Planfeststellung durch die zuständige Behörde.
(2) Für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden. Die Länder können bestimmen, dass Bauten des Küstenschutzes, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, anstelle einer Zulassung nach Satz 1 einer anderen oder keiner Zulassung oder einer Anzeige bedürfen.
(3) Der Plan darf nur festgestellt oder genehmigt werden, wenn
- 1.
eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist und - 2.
andere Anforderungen nach diesem Gesetz oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt werden.
(4) Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Binnenwasserstraße des Bundes oder ihrer Ufer nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 führt, soweit sie erforderlich sind, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 zu erreichen, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Rahmen ihrer Aufgaben nach dem Bundeswasserstraßengesetz hoheitlich durch.
(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
- 1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung; - 2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; - 2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen; - 3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße; - 4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten; - 5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen; - 6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden; - 7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen; - 8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind; - 9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen; - 10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung; - 11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden; - 12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung; - 13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen; - 14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen; - 15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe; - 16.
- a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft, - b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses, - c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen, - d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
- 17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen; - 18.
- a)
die Flächen für die Landwirtschaft und - b)
Wald;
- 19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen; - 20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft; - 21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen; - 22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen; - 23.
Gebiete, in denen - a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen, - b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen, - c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
- 24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben; - 25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen - a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen, - b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
- 26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.
(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.
(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur
- 1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder - 2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.
(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um
- 1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder - 2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.
(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
- 1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen; - 2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder - 3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
- 1.
das Maß der baulichen Nutzung; - 2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; - 3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen; - 4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke; - 5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.
(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.
(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:
- 1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind; - 2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind; - 3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.
(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.
(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.
(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.
(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.
(1) Vorübergehende Verschlechterungen des Zustands eines oberirdischen Gewässers verstoßen nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn
- 1.
sie auf Umständen beruhen, die - a)
in natürlichen Ursachen begründet oder durch höhere Gewalt bedingt sind und die außergewöhnlich sind und nicht vorhersehbar waren oder - b)
durch Unfälle entstanden sind,
- 2.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Verschlechterung des Gewässerzustands und eine Gefährdung der zu erreichenden Bewirtschaftungsziele in anderen, von diesen Umständen nicht betroffenen Gewässern zu verhindern, - 3.
nur solche Maßnahmen ergriffen werden, die eine Wiederherstellung des vorherigen Gewässerzustands nach Wegfall der Umstände nicht gefährden dürfen und die im Maßnahmenprogramm nach § 82 aufgeführt werden und - 4.
die Auswirkungen der Umstände jährlich überprüft und praktisch geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um den vorherigen Gewässerzustand vorbehaltlich der in § 29 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Gründe so bald wie möglich wiederherzustellen.
(2) Wird bei einem oberirdischen Gewässer der gute ökologische Zustand nicht erreicht oder verschlechtert sich sein Zustand, verstößt dies nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn
- 1.
dies auf einer neuen Veränderung der physischen Gewässereigenschaften oder des Grundwasserstands beruht, - 2.
die Gründe für die Veränderung von übergeordnetem öffentlichen Interesse sind oder wenn der Nutzen der neuen Veränderung für die Gesundheit oder Sicherheit des Menschen oder für die nachhaltige Entwicklung größer ist als der Nutzen, den die Erreichung der Bewirtschaftungsziele für die Umwelt und die Allgemeinheit hat, - 3.
die Ziele, die mit der Veränderung des Gewässers verfolgt werden, nicht mit anderen geeigneten Maßnahmen erreicht werden können, die wesentlich geringere nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, technisch durchführbar und nicht mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden sind und - 4.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die nachteiligen Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu verringern.
(3) Für Ausnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 29 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
- 1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung; - 2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; - 2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen; - 3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße; - 4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten; - 5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen; - 6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden; - 7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen; - 8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind; - 9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen; - 10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung; - 11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden; - 12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung; - 13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen; - 14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen; - 15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe; - 16.
- a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft, - b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses, - c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen, - d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
- 17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen; - 18.
- a)
die Flächen für die Landwirtschaft und - b)
Wald;
- 19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen; - 20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft; - 21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen; - 22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen; - 23.
Gebiete, in denen - a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen, - b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen, - c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
- 24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben; - 25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen - a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen, - b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
- 26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.
(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.
(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur
- 1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder - 2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.
(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um
- 1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder - 2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.
(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
- 1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen; - 2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder - 3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
- 1.
das Maß der baulichen Nutzung; - 2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; - 3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen; - 4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke; - 5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.
(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.
(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:
- 1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind; - 2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind; - 3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.
(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.
(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.
(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.
(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert.
Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur „wesentlichen Änderung von sieben Windkraftanlagen in der Windfarm T. “, soweit diese die Anlagen WEA 5 und 6 betrifft.
3Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Anwesens B. in T. , Gemarkung B1. , Flur , Flurstücke und . Das Grundstück liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich am Südrand des im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk N. (Teilabschnitt N1. , Teil 3: Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft, bekannt gemacht am 12. November 1998, GV.NRW. S. 606) dargestellten Windenergieeignungsbereichs WAF 11 und südlich der im Flächennutzungsplan der Stadt T. ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Es ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Kläger selbst bewohnen, sowie Nebenanlagen, die im Wesentlichen der Pferdezucht und Pensionspferdehaltung der Kläger dienen.
4In den Jahren 2003 und 2004 erteilte der Landrat des Kreises Warendorf verschiedenen Bauherren Baugenehmigungen für die Errichtung von Windkraftanlagen an den Standorten, auf die sich die streitbefangene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung bezieht. Unter anderem wurden am 28. Januar 2003 zwei Windkraftanlagen mit 85 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 1.800 kW Nennleistung (Typ Enercon E 66/18.70) auf den Grundstücken Gemarkung B1. Flur , Flurstück und Flur , Flurstück baurechtlich genehmigt. Dabei handelt es sich nach der Zählung des späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 5. Juli 2006, die auch im Folgenden verwendet wird, um die Standorte der WEA 5 und 6 (in der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gesamtübersicht: WEA lfd. Nr. 4 und 5). Diese Standorte liegen - ebenso wie die Standorte der weiteren mit der streitbefangenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung genehmigten Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 - innerhalb des im o. g. Gebietsentwicklungsplan dargestellten Windeignungsbereichs WAF 11 und der - damit teilweise deckungsgleichen - im Flächennutzungsplan der Stadt T. (in der Fassung der 14. Änderung, rechtswirksam seit 22. März 2002) ausgewiesenen Konzentrationszone für Windenergie „B. /B2. “.
5Der Erteilung der Baugenehmigungen war für die Windkraftanlagen an den Standorten WEA 5, 6 und 8 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorausgegangen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Für die an den Standorten WEA 1, 2 und 3 baugenehmigten Windkraftanlagen liegt eine im November 2003 erstellte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Ing.-Büros d. vor. Diese kommt - unter Berücksichtigung der weiteren zu diesem Zeitpunkt genehmigten bzw. beantragten Windkraftanlagen, also auch der (damaligen) WEA 5, 6 und 8 - zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sei.
6Die Baugenehmigungen galten ab dem 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fort (§ 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG). Die davon erfassten Anlagen wurden jedoch nie errichtet.
7Unter dem 25. Juli 2005 zeigte die Beigeladene als neue Vorhabenträgerin der Bezirksregierung gemäß § 15 BImSchG eine Änderung der sieben genehmigten Windkraftanlagen an, wonach nunmehr der technisch optimierte Anlagentyp E-70 E 4 errichtet werden solle. Auf Betreiben des Staatlichen Umweltamts N. wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass es sich bei der Umplanung um eine wesentliche Änderung handele, die gemäß § 16 BImSchG genehmigungsbedürftig sei.
8Unter dem 21. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gemäß § 16 BImSchG zur Änderung der Beschaffenheit der Windkraftanlagen WEA 1 bis 7 (lfd. Nr. 4 bis 10) an den Standorten, für die zuvor Baugenehmigungen für vergleichbar dimensionierte Anlagen erteilt worden waren, welche zwischenzeitlich kraft Gesetzes als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fortgalten. An die Stelle des bisher genehmigten Anlagentyps Enercon E-66/18.70 sollte nunmehr jeweils der Anlagentyp Enercon E-70 E 4, Nennleistung 2.000 kW, treten. In der Windkraftkonzentrationszone waren zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Windkraftanlagen beantragt, z.T. auch genehmigt und errichtet (WEA lfd. Nr. 1, 12 bis 18 und 21).
9Im Rahmen einer als „standortbezogen“ bezeichneten Vorprüfung (vgl. § 3c UVPG) gelangte der Beklagte - trotz Bedenken der Anlieger einschließlich der Kläger - im Anschluss an die entsprechende Prüfung der Baugenehmigungsbehörde aus dem Jahr 2003 zu der Auffassung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Mit der geringfügigen technischen Optimierung der Windkraftanlagen, deren Standorte unverändert blieben, seien keine relevanten Umweltauswirkungen verbunden. Die Entscheidung wurde am 26. Juni 2006 bekannt gemacht.
10Durch Bescheid vom 5. Juli 2006 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Auflagen. Die von dieser Genehmigung erfassten WEA 1 bis 3 haben bei einer Nabenhöhe von 98,20 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 133,70 m. Die WEA 4 bis 7 haben bei einer Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 120,50 m. Die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene WEA 6 soll in einem Abstand von 352 m (197 m zur Grundstücksgrenze), die WEA 5 in einem Abstand von 624 m (472 m zur Grundstücksgrenze) errichtet werden.
11Gegen diese Genehmigung erhoben die Kläger Widerspruch. Sie legten ein von ihnen in Auftrag gegebenes „Vogelkundliches Gutachten für den Windkraft Eignungsbereich T. “ des Diplom-Landschaftsökologen H. vor und machten geltend, es bedürfe einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
12Mit Schreiben vom 27. September 2006 ordnete die Bezirksregierung die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an. Mit Änderungsbescheid vom gleichen Tag berichtigte sie redaktionelle Fehler des Bescheids vom 5. Juli 2006.
13Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich der WEA 6 insbesondere wegen einer möglichen optisch bedrängenden Wirkung dieser Anlage statt; im Übrigen lehnte es den Antrag ab (10 L 889/06). Auf die Beschwerde der Beigeladenen lehnte der Senat den Antrag mit Beschluss vom 25. Juli 2007 insgesamt ab (8 B 259/07). Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 hatte die Beigeladene nach gerichtlichem Hinweis darauf, dass die Nichtberücksichtigung der Vorbelastung durch andere Windkraftanlagen bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nicht unproblematisch sei, auf die Genehmigung des Nachtbetriebs der WEA 6 in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verzichtet.
14Die Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 wurden sodann errichtet und im Juli 2008 in Betrieb genommen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2009, zugestellt am 6. Februar 2009, wies der Beklagte - nach Durchführung einer Ortsbesichtigung - den Widerspruch der Kläger zurück.
16Die Kläger haben am 5. März 2009 Anfechtungsklage erhoben, die sie kurz darauf unter Rücknahme der Klage im Übrigen auf die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 beschränkt haben.
17Sie haben geltend gemacht, die Genehmigung sei unter Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung zustande gekommen, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG rechtswidrig unterblieben seien. Aufgrund des vom Beklagten durchgeführten Screening-Verfahrens habe nicht ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden können, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne. Die im Jahr 2003 durchgeführte Vorprüfung sei unzureichend. Die Voraussetzungen, unter denen eine Vorprüfung schon vor Antrag auf Zulassung des jeweiligen Vorhabens erfolgen könne, lägen nicht vor. Zudem habe es sich lediglich um eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gehandelt. Bei sieben genehmigten Anlagen wäre demgegenüber eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Aufgrund des räumlichen Zusammenhangs mit der Anlage des Herrn M. und sechs weiteren Anlagen der Q. GmbH seien insgesamt sogar 14 Windkraftanlagen bei der Vorprüfung in den Blick zu nehmen. Das Gebiet sei inzwischen im Hinblick auf das unverwechselbare Landschaftsbild mit seinen gebietsprägenden Riegelhecken und die natürliche Schutzfunktion des Biotops für die dort lebenden Wildtiere in die Förderkulisse des Kreiskulturlandschaftsprogramms aufgenommen worden. Es sei damit als - besonders schutzwürdiges - Biosphären-Reservat gemäß § 25 BNatSchG einzuordnen. Nach dem vogelkundlichen Gutachten vom 7. September 2006 handele es sich um ein Brut‑, Rast- und Rückzugsgebiet für zahlreiche gefährdete Vogelarten wie Rohrweihe, Kiebitz, Steinkautz, Wespenbussard und Rotmilan. Das Vorhaben entfalte auch eine erhebliche Barrierewirkung für Zugvögel. Den Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung komme drittschützende Wirkung zu. Die Kläger gehörten zu der geschützten betroffenen Öffentlichkeit, weil ihnen Nachteile von einigem Gewicht drohten. Sie betätigten sich im professionellen Reitsport und unterrichteten eine internationale Klientel an Reitschülern mit hohen Ansprüchen. Windkraftanlagen in den beabsichtigten Entfernungen von 150-200 m zu der Rennbahn der Kläger seien geeignet, die Reiter und Hochleistungspferde abzulenken und zu stören. Die Anlagen verstießen schließlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie optisch bedrängend wirkten. Vom Wohnhaus der Kläger aus liege nur noch in einer Himmelsrichtung keine Windenergieanlage im Blickfeld.
18Die Kläger haben beantragt,
19den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. September 2006 und des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit die Windenergieanlagen 5 und 6 betroffen sind, welche dem Anwesen der Kläger am nächsten gelegen sind.
20Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die im Jahr 2006 genehmigten Änderungen der bestandskräftig baugenehmigten Windkraftanlagen seien mit Bezug auf die Umweltauswirkungen geringfügig gewesen. Ungeachtet dessen ergebe sich auch unter Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes allein aus dem Unterbleiben einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung keine Klagebefugnis. Erforderlich sei eine materiell-rechtliche Rechtsverletzung des Nachbarn, an der es hier fehle.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie aufrecht erhalten worden ist, durch Urteil vom 19. März 2010 abgewiesen.
24Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nachträglich durchgeführt und am 30. August 2013 vorgelegt. Diese untersucht u. a. im Rahmen einer Artenschutzprüfung eine mögliche Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen und kommt zu dem Ergebnis, dass eine eingehendere Betrachtung erheblicher Umwelteinwirkungen im Wege einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Anforderungen sicherzustellen, seien jedoch nachträglich Nebenbestimmungen in die Zulassung aufzunehmen.
25Mit Änderungsbescheid vom 13. November 2013 ist der Genehmigungsbescheid entsprechend dem Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung gemäß § 12 BImSchG mit zusätzlichen Nebenbestimmungen versehen worden. Danach ist zum Schutz der örtlichen Population der Rohrweihe im Rahmen des Risikomanagements mindestens 2 Jahre vor Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 (lfd. Nr. 4 und 5) südwestlich des Windparks T. in mindestens 1000 Meter Entfernung von der nächstgelegenen Windkraftanlage ein näher umschriebenes Ablenkungshabitat anzulegen (IV. 7. 1.). Nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 ist im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Brut- und Zugzeit von Anfang März bis Ende Oktober ein fünfjähriges Monitoring (Bruterfolg, Schlagopfersuche, Annahme des Ablenkungshabitats) für die Rohrweihe durchzuführen. Sollte dieses ein erhöhtes Kollisionsrisiko ergeben, sind entsprechende Abschaltzeiten in der Brut- oder Zugzeit oder in bestimmten Stadien der Bewirtschaftung der umliegenden Felder festzulegen, wenn nicht der Schutz der Rohrweihe durch anderweitige Maßnahmen sichergestellt werden kann (IV. 7. 2.). Zum Schutz des Kiebitz’ ist vor Errichtung der WEA 5 und 6 für jedes der 6 festgestellten Brutpaare eine mindestens 1,5 ha große Extensivgrünlandfläche mit einer mindestens 0,3 ha großen Blänke anzulegen (IV. 7. 3.). Die Errichtung der WEA 5 und 6 sowie alle vorbereitenden Maßnahmen vor Ort sind nur außerhalb der Brutzeit vom 15. März bis 15. Juni erlaubt (IV. 7. 4.). Zum Schutz von Fledermäusen ist nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Zeit von Anfang April bis Ende Oktober ein dreijähriges akustisches Monitoring durchzuführen. In der Folge sind – sofern aufgrund der Ergebnisse erforderlich – geeignete Maßnahmen (Abschaltalgorithmen) zur Verminderung des Kollisionsrisikos zu treffen (IV. 7. 5.).
26Am 15. November 2013 sind die Nachholung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk N. , in der örtlichen Presse und auf der Internetseite der Bezirksregierung N. bekannt gemacht worden.
27Zur Begründung der Berufung haben die Kläger zunächst auf ihr Zulassungsvorbringen und den Zulassungsbeschluss des Senats Bezug genommen. Sie könnten gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung verlangen, weil der Beklagte - auch der Sache nach - keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen habe. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Ein Artikel aus der Welt am Sonntag belege das Bedürfnis, gerade auch Anliegern als betroffener Öffentlichkeit einen eigenen Aufhebungsanspruch gegen Genehmigungen zuzubilligen.
28Ergänzend tragen die Kläger vor: Die UVP-Vorprüfung sei nicht wirksam nachgeholt worden. Der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, wenn das angefochtene Vorhaben vor Nachholung des Verfahrensschritts bereits ganz oder teilweise ausgeführt und es hierdurch zu Umweltauswirkungen der Art gekommen sei, dass es nun nichts mehr zu schützen gebe. Es müsse ermittelt werden und noch ermittelbar sein, ob das Projekt vor Erteilung der Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte unterzogen werden müssen. Nach Errichtung von Windkraftanlagen und Aufnahme ihres Betriebs könne jedoch nicht mehr festgestellt werden, ob dies bereits zu einem Wegzug windenergieempfindlicher, planungsrelevanter Vogelarten geführt habe. Zentrales Anliegen der UVP-Richtlinie sei die frühzeitige Teilhabe und Information der betroffenen Öffentlichkeit. Eine unbegrenzte Nachholungsmöglichkeit öffne einer Umgehung Tür und Tor.
29Jedenfalls entspreche auch die nachgeholte UVP-Vorprüfung nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Sie stelle fehlerhaft nicht auf den Zustand vor Errichtung aller sieben genehmigten Windkraftanlagen ab, sondern auf den jetzigen Zustand. Die deutliche Prägung des Gebiets von Anlagen zur Windenergienutzung, von der die Vorprüfung ausgehe, sei erst durch die aufgrund des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids errichteten Anlagen entstanden. Die Aufnahme des betroffenen Gebiets in das Kreiskulturlandschaftsprogramm des Kreises X. sei nicht berücksichtigt worden. Gleiches gelte für das vogelkundliche Gutachten des Sachverständigen H. , das über das Arteninventar zum - maßgeblichen - Zeitpunkt vor Ausführung des Vorhabens Aufschluss gebe. Es habe 26 Brutpaare Kiebitze nachgewiesen, damit habe sich der gesamte Bestand inzwischen um ¾ reduziert. Der Bestand an Rohrweihen sei vermutlich bereits zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung durch Tötungen infolge Kollisionen dezimiert gewesen. Die Bezirksregierung habe selbst einen so gravierenden Eingriff in die Avifauna festgestellt, dass zu dessen Vermeidung die Genehmigung nachträglich mit umfangreichen Auflagen zum Vogelschutz habe versehen werden müssen. Unter derartigen Umständen seien die Auswirkungen eines Vorhabens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch als erheblich einzustufen, soweit nicht bereits im Antrag des Vorhabenträgers Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen enthalten seien, die nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen.
30Die Kläger beantragen,
31unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts N. den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
32Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Der Beklagte macht geltend, die streitbefangenen Windkraftanlagen befänden sich in ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszonen, bei deren Festsetzung bereits naturschutzfachliche Belange berücksichtigt worden seien. Im Rahmen der vorausgegangenen Baugenehmigungsverfahren seien standortbezogene Prüfungen des Einzelfalls durchgeführt worden. Dabei seien deutlich mehr als nur standortbezogene Kriterien untersucht worden.
35Jedenfalls sei die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wirksam nachgeholt worden. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sehe die Nachholbarkeit ausdrücklich vor. Von einer bewussten Umgehung der verfahrensrechtlichen Anforderungen könne nicht die Rede sein. Die beiden streitbefangenen Anlagen seien noch nicht errichtet. Wirkungen von bestandskräftig genehmigten Anlagen könnten an der grundsätzlichen Möglichkeit von Nachbetrachtungen der Auswirkungen noch nicht umgesetzter Anlagenzulassungen nichts ändern. Die Nachholung sei auch rechtzeitig erfolgt. § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG verweise auf § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes, der die Heilung von Verfahrensfehlern bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zulasse.
36Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei zutreffend für entbehrlich gehalten worden. Die streitbefangenen Windkraftanlagen lägen keineswegs in einem Biosphärenreservat gemäß § 25 BNatSchG. Der fragliche Bereich in T. unterliege keiner Schutzgebietskategorie. Bei dem Kreiskulturlandschaftsprogramm XY handele sich um ein reines Förderprogramm, ein Instrument des Vertragsnaturschutzes auf freiwilliger Basis, das auf die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen keinen Einfluss habe.
37Der Nachbetrachtung sei zutreffend die aktuelle Erkenntnislage zugrunde gelegt worden. Da die beiden Anlagen noch nicht errichtet seien, würde eine Nachbetrachtung ohne Berücksichtigung der aktuell verfügbaren Erkenntnisse über den Zustand des Standortes die Prüfung unzulässig verkürzen. Etwaige artenschutzrechtliche Defizite, die einer Genehmigungserteilung im Juli 2006 entgegengestanden hätten, nunmehr aber weggefallen seien, könnten eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 nicht begründen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Anfechtungsklage sei hier wie sonst der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Damit sei auch die Kritik an der Nichtberücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen H. aus dem Jahr 2006 unberechtigt. Mit dem d. -Gutachten, das eine ausführliche Art-für-Art Betrachtung nach heutigen Standards enthalte, hätten der Bezirksregierung zeitnähere Daten (betreffend Avifauna, Fledermäuse) zur Verfügung gestanden.
38Ungeachtet dessen treffe die Behauptung nicht zu, dass es aufgrund der Errichtung der weiteren Anlagen nun nichts mehr zu schützen gebe. Vielmehr habe die Anzahl der vorhandenen Vogelarten offenbar zugenommen. Nach den Ergebnissen der vorliegenden avifaunistischen Gutachten sei auszuschließen, dass die Realisierung von Windenergieanlagen zwischen dem Datum der angefochtenen Zulassung (5. Juli 2006) und dem 30. August 2013 als Datum der Nachbetrachtung Wirkungen gezeitigt habe, die zu einem stark veränderten bzw. ausgedünnten Zustand der vorhandenen Fauna geführt hätte. Der starke Rückgang der Kiebitzpopulationen belege nichts Gegenteiliges. Der Rückgang des Brutvogelbestandes beim Kiebitz sei nicht Folge seiner Windenergieempfindlichkeit, sondern gehe auf eine immer intensiver durchgeführte Landbewirtschaftung zurück. Die geänderte Genehmigung sehe nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben ausreichende Vorkehrungen gegen eine Beeinträchtigung der Kiebitzpopulationen durch die Errichtung und den Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windenergieanlagen vor.
39Im Übrigen sei zweifelhaft, ob ein bloßes Individualinteresse an der Aufhebung einer Genehmigung ausreichen könne, um jedweden Mangel im Rahmen einer Prüfung auf Umweltverträglichkeit geltend zu machen. Auf Mängel der Artenschutzbetrachtung könnten sich die Kläger (auch) in diesem Zusammenhang keinesfalls umfassend berufen; allenfalls wesentliche Fehler könnten rügefähig sein.
40Die Beigeladene ist der Auffassung, das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei bereits in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar. Unabhängig davon könnten die Kläger aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG keinen selbstständigen Aufhebungsanspruch herleiten. Dabei handele es sich um eine reine Fehlerfolgenregelung, mit der eine Subjektivierung von UVP-Fehlern nicht einhergehe. Die standortbezogene Vorprüfung durch den Kreis X. sei ausreichend. Es handele sich im Vergleich zum Baugenehmigungsverfahren nur um einen Änderungsantrag und damit weiterhin um dasselbe Verfahren.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung N. und des Kreises X. Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43Die Berufung der Kläger hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Den Klägern steht ein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
44I. Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie können geltend machen, durch den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung ihrer Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N. vom 3. Februar 2009 (im Folgenden: Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006), soweit er die Windkraftanlagen (WEA) 5 und 6 betrifft, in ihren Rechten verletzt zu sein.
451. Die Kläger können geltend machen, die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genüge nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG, weil sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Dieses Rügerecht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, der im Lichte des - individualschützende Verfahrensrechte verleihenden - Unionsrechts auszulegen ist.
46Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - einschließlich der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG - findet auf den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid Anwendung (a). Die Kläger können sich in Anwendung der genannten Vorschriften auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer möglichen Verletzung materieller subjektiver Rechte berufen (b).
47a) Der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, weil infolge der von §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3 c Satz 1 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG bestehen kann (siehe näher unten zu II. 1.).
48Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Es gilt nach § 5 Abs. 1 UmwRG für Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Unerheblich ist, dass diese Vorschrift gegen die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten verstößt, soweit sie Verfahren von der Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ausschließt, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde.
49Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 21-31; vgl. auch das von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 21. März 2014 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, C-137/14, ABl. C 159/16, juris.
50Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UmwRG sind bereits unabhängig von dieser unionsrechtlich gebotenen Erweiterung erfüllt. Der Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist unter dem 21. Dezember 2005 - und damit nach dem Stichtag - gestellt worden. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen handelt es sich bei diesem Genehmigungsverfahren um ein gegenüber den vorangegangenen Baugenehmigungsverfahren eigenständiges Verfahren, weil ersteres andere Anlagen und damit ein anderes Vorhaben zum Gegenstand hat.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2007 ‑ 8 B 259/07 -, Abdruck S. 6.
52§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, wonach die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auch verlangt werden kann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt, ist hier anwendbar, obwohl die Regelung erst durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 mit Wirkung vom 29. Januar 2013 - und damit nach Erhebung der Klage - in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eingefügt worden ist (BGBl. I, S. 95). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern. Zudem wird durch die neu geschaffene Vorschrift, die gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend gilt, lediglich die schon bisher geltende Rechtslage klargestellt.
53Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 33 f. und 40; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 58; BT‑Drs. 17/10957, S. 17 f.
54b) Die Kläger können sich auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen materiellen Rechten berufen. § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt ihnen ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die genannten Regelungen ausschließlich die Begründetheit des Rechtsbehelfs betreffen, der Kreis der nach bisherigem nationalen Recht Klagebefugten aber nicht erweitert wird.
55So BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 20; vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367, juris Rn. 21 ff.; und vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205, juris Rn. 41; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014, juris Rn. 9 ff.; ebenso OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 41 ff., und vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 40; anders bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, NWVBl. 2014, 472, juris Rn. 19 ff.; ähnlich VG Aachen, Beschluss vom 28. November 2014 - 3 L 224/13 -, juris Rn. 10 ff.
56Die UVP-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention gebieten eine Auslegung des nationalen Rechts, die die durch die Richtlinie verliehenen Verfahrensrechte als individualschützend anerkennt und ihre prozessuale Durchsetzbarkeit gewährleistet. Im Lichte dieser Regelungen sind der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen Rügerechte zuzuerkennen.
57Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 36, 38 und 47.
58Gefordert ist ein weiter und effektiver Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben. Dieser wird allein durch die Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen ‑ objektiv-rechtlich verstandener - UVP-Verfahrensfehler, von der die Gegenmeinung ausgeht, nicht hinreichend gewährleistet. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
59Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 46 Rn. 8, 18.
60Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbstständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
61Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 56 ff.
62Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
63Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48.
64Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
65Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 47.
66Diesen Anforderungen ist nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig - auf der Ebene der Zulässigkeit eine entsprechende Klagebefugnis zusteht.
67vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045, Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
68Die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie sind damit bei unionsrechtskonformer Auslegung Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Derartige individualschützende Verfahrensrechte sind zwar im deutschen Verwaltungsrecht die Ausnahme, sie sind diesem aber nicht gänzlich fremd. Ihre Anerkennung im vorliegenden Zusammenhang bewirkt daher nur eine Erweiterung, die sich ohne größeren Bruch in das System des subjektiven Rechtsschutzes einfügen lässt.
69Vgl. etwa Ziekow, NuR 2014, 229, 234; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 33 ff., 157 ff.; Gärditz, VwGO, 2013, § 42 Rn. 68 - 70.
70Die von der Gegenauffassung vorgenommene Entkoppelung von Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung im Rahmen der Drittanfechtungsklage stellt demgegenüber einen deutlicheren Eingriff in das deutsche Rechtsschutzsystem dar.
71So auch Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 143; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045; S. a. Appel, NVwZ 2010, 473, 476.
72Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64, juris Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
74An diesen unionsrechtlichen Befund hat der Gesetzgeber bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG angeknüpft.
75Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drs. 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
76Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
77Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff., juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855, juris Rn. 32.
78Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbstständig durchsetzbaren, subjektiven Rechtsposition, die eine Klagebefugnis vermitteln kann.
79Für die ab dem 29. Januar 2013 geltende, hier bereits anwendbare (s.o.) Fassung des § 4 Abs. 1 UmwRG wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG unmissverständlich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
80Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/10957, S. 17; dazu auch Sauer, ZUR 2014, 195, 200; a. A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 45.
81Die Befürchtung, dass es bei einer derartigen Subjektivierung von Verfahrensrechten zu versteckten Popularklagen kommen könne,
82vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573, juris Rn. 20 ff.,
83ist unbegründet. § 4 Abs. 3 UmwRG regelt zwar nicht, welche der von der von der Vorschrift begünstigten „Beteiligten“ nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO klagebefugt sein sollen. Da die Vorschrift der Umsetzung von Unionsrecht dient, muss sie allerdings in dessen Lichte ausgelegt werden. Nach der UVP-Richtlinie ist nicht jedermann an der Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen, sondern die „betroffene Öffentlichkeit“. Diese wurde durch Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) erstmals definiert als „die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (…) betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran (…)“. In Umsetzung dieser Vorgaben bestimmt § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG, dass natürliche und juristische Personen „betroffene Öffentlichkeit“ sind, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Betroffenheit in diesem Sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt sein. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 201, 64, juris Rn. 45; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge Grubervom 13. November 2014 - C-570/13 -, EU:C:2014:2374, juris Rn. 35 ff. („Nachbarn“); Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m. w. N.; enger Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 217 ff.
85Einer näheren Konkretisierung und Eingrenzung bedarf es anlässlich des vorliegenden Falles nicht. Die Kläger gehören in jedem Fall zur klagebefugten „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG. Die angefochtene Genehmigung zweier Windkraftanlagen, in deren Einwirkungsbereich ihr Grundstück mit der darauf stattfindenden Wohnnutzung und beruflichen Betätigung liegt, berührt zweifellos ihre Belange (vgl. näher unter 2., wonach sogar das engere Kriterium einer Betroffenheit in materiellen subjektiven Rechten erfüllt ist).
862. Unabhängig von dem Vorstehenden können die Kläger geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein. Anknüpfungspunkt für eine derartige Rechtsverletzung ist § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend.
87Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen. Das von den Klägern bewohnte Grundstück B. liegt im Einwirkungsbereich der beiden streitbefangenen, 120,50 m hohen Windkraftanlagen. Jedenfalls für die WEA 5 ist angesichts der Abstands von etwas weniger als der dreifachen Anlagenhöhe zum Wohnhaus der Kläger eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch die WEA 6 befindet sich mit einem Abstand von 624 m zum Wohnhaus der Kläger bzw. 472 m zur Grundstücksgrenze - auch angesichts des kumulierenden Effekts mit den weiteren in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen - noch nicht in einer derartigen Entfernung, dass von einer Prüfung der Einhaltung der maßgeblichen Lärmgrenzwerte und Zumutbarkeit der optischen Wirkung auf das Grundstück der Kläger von vornherein abgesehen werden könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sie dieses nicht nur selbst bewohnen, sondern darüber hinaus auf den den WEA 5 und 6 zugewandten Flächen Pferdehaltung und -zucht sowie professionellen Reitunterricht betreiben.
88II. Die Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006, soweit er die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 betrifft, ist auch begründet.
89Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
90Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228, juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18, juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431, juris Rn. 60 ff.
91Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, juris Rn. 3.
93Diese Grundsätze schließen es nicht aus, im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage nachträglich gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris Rn. 18.
95Der Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Genehmigung führt, soweit diese noch angefochten ist.
96Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung, die nach § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO - und damit für die Kläger - gilt, liegen hier vor.
97Das Vorhaben unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (dazu 1.). Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (dazu 2.). Der Verfahrensfehler ist nicht durch die im Berufungsverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden (dazu 3.). Er begründet für die Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 und verletzt sie auch in ihren Rechten (4.).
981. Das Vorhaben - die Änderung bzw. Erweiterung einer bestehenden Windfarm durch Errichtung und Betrieb von sieben Windenergieanlagen des Anlagentyps Enercon E-70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nennleistung 2.000 kW - unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Nach § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die Vorprüfungspflicht folgt auch aus § 1 Abs. 3 1. Halbsatz 2. Alt. der 9. BImSchV, der im Lichte des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auszulegen ist.
99Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 3, der weitergehend von einer Spezialität des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV ausgeht, dagegen VG Osnabrück, Beschluss vom 21. Dezember 2011 ‑ 2 B 16.11 -, NuR 2012, 362, juris Rn. 57; siehe auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30, 31; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 C 22.07.AK -, juris Rn. 66.
100Vorliegend handelt es sich um die Änderung eines bestehenden UVP-pflichtigen Vorhabens, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls besteht. Die sieben mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 genehmigten Windenergieanlagen der HelveticWind T. GmbH (bzw. zum Genehmigungszeitpunkt: Q. GmbH) im östlichen Bereich der Windvorrangzone und die sieben genehmigten, aber nicht errichteten Vorgängeranlagen an den Standorten, auf die sich die angefochtene Änderungsgenehmigung bezieht, sowie die im Mai 1999 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 1 (L. ) und die Ende Januar 2003 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 3 bildeten zusammen eine Windfarm (a), die als bestehendes UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG anzusehen ist (b). Gegenstand des angefochtenen Genehmigungsbescheids ist eine Änderung dieser Windfarm (c), die dem Erfordernis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegt (d).
101a) Die 16 genannten Windkraftanlagen bilden als sogenannte Windfarm das Ausgangsvorhaben im Sinne des § 3e UVPG.
102Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die ‑ unabhängig von der Zahl der Betreiber - einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182, juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007), juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff., Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 12; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u. a. -, NVwZ 2007, 1213, juris Rn. 23.
104Ein solcher Zusammenhang ist zwischen den Windkraftanlagen WEA 1, 2 und 3 und WEA 4, 5, 6 und 7 jeweils untereinander schon aufgrund der geringen Abstände der Anlagen innerhalb der beiden Gruppen gegeben. Der Abstand zu den jeweils benachbarten Anlagen beträgt insoweit in allen Fällen weniger als 350 m. Der für die Annahme einer Windfarm erforderliche räumliche Zusammenhang liegt aber auch zwischen den beiden Gruppierungen und darüber hinaus mit den weiteren in der genehmigten Windkraftanlagen der I. T. GmbH (WEA lfd. Nr. 12-18) und des Betreibers L. (WEA lfd. Nr. 1) vor. Zwar ist der kürzeste Abstand zwischen der westlichen und der - zahlenmäßig größeren - östlichen Anlagengruppe mit etwa einem Kilometer (WEA 6 zur WEA 3) größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 710 m.
105Dieser Abstand ist jedoch nicht von vornherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Solche besonderen Umstände liegen hier vor.
106Alle genannten Windkraftanlagen befinden sich innerhalb derselben bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Der geometrische Schwerpunkt liegt in etwa in der Mitte der einzelnen Anlagengruppen. Die Genehmigungsverfahrensakten enthalten hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen aller Anlagen summieren. Dies ist vor allem hinsichtlich der Lärmimmissionen der Fall und ergibt sich insoweit aus den Nachberechnungen zur Schallimmissionsprognose vom 10. April 2006 und 4. Januar 2007. Diese betreffen zwar bereits die WEA 1 bis 7 als Nachfolgemodelle der zuvor baugenehmigten Anlagen. Für die Frage, welche Windkraftanlagen eine Windfarm bilden, macht dies aber angesichts der unveränderten Standorte keinen Unterschied. Mehrere der maßgeblichen Immissionspunkte befinden sich gerade zwischen den beiden Anlagengruppen; die Gesamtbelastung setzt sich dort aus den Immissionen aller Anlagen zusammen. Dementsprechend ist auch der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass alle in der Windvorrangfläche befindlichen Anlagen eine Windfarm bilden (vgl. Genehmigungsbescheid S. 26; ebenso nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 1). Bereits im Genehmigungsbescheid vom 20. April 2005, S. 30, betreffend einen Teil der ‑ östlich gelegenen - Windenergieanlagen der Q. GmbH sind diese im Verhältnis u. a. zu den baugenehmigten Vorgängern der WEA 1 bis 7 als eine einheitliche Windfarm betrachtet worden. Darin ist etwa bei den hinsichtlich der WEA lfd. Nr. 15 getroffenen Regelungen zum Ausschluss eines Schattenwurfs auch das Wohnhaus der Kläger als Immissionsort einbezogen worden.
107b) Die aus (zumindest) den genannten 16 Windkraftanlagen bestehende Windfarm ist ein UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG. Entscheidend ist, ob das bereits bestehende Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde.
108Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 1. Juni 2010 - 12 LB 31/07 -, DVBl. 2010, 1039, juris Rn. 37; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 9 ff.
109Die UVP-Pflicht liegt dabei nicht nur dann vor, wenn es sich bei dem Ausgangsvorhaben um ein „X-Vorhaben“ nach Spalte 1 der Anlage 1 handelt. Sie kann sich vielmehr auch daraus ergeben, dass bei einem vorprüfungsbedürftigen Grundvorhaben eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt worden ist. An diese Feststellung der UVP-Pflicht kann wieder angeknüpft werden, wenn das Grundvorhaben später geändert oder erweitert werden soll.
110Vgl. Sangenstedt, a. a. O., § 3e UVPG, Rn. 10.
111So liegt der Fall hier. Im Genehmigungsverfahren der sieben im östlichen Bereich der Vorrangzone gelegenen Windkraftanlagen der damaligen Betreibergesellschaft Q. GmbH (genehmigt durch Bescheide vom 20. April bzw. 24. Oktober 2005) ist nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten und durchgeführt worden. Bei dieser sind zehn weitere, seinerzeit genehmigte Anlagen als Vorbelastung berücksichtigt worden, darunter jedenfalls auch die an den Standorten WEA 1 bis 8 baugenehmigten Windkraftanlagen. Im Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2005 (S. 33) wird hierzu ausgeführt, aufgrund der möglichen Einwirkung auf benachbarte Waldflächen und schützenswerte Bereiche, insbesondere auch Brutgelege für Vögel, sowie der durch die nunmehr insgesamt 17 Windenergieanlagen in der Windvorrangfläche angewachsene Zahl der Windenergieanlagen sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung geboten gewesen.
112c) Das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Vorhaben ist eine Änderung (bzw. Erweiterung) einer UVP-pflichtigen Windfarm im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG.
113Isoliert betrachtet stellt sich das Vorhaben, anstelle der zuvor genehmigten sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66/18.70 (Rotordurchmesser 70 m, Nennleistung 1800 kW) nunmehr jeweils einen anderen, leistungsoptimierten Anlagentyp (Enercon E 70 E-4, Rotordurchmesser 71 m, 2000 kW) zu errichten, allerdings nicht als Änderung, sondern als Neuerrichtung dar. Der Ersatz von alten Windenergieanlagen durch leistungsstärkere neuere Anlagen richtet sich nach denselben rechtlichen Regeln wie die Neuerrichtung von Anlagen. Denn mit der Beseitigung einer alten Anlage erlischt deren Bestandsschutz.
114Vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 1. Aufl. 2009, Rn. 466; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Juli 2013 ‑ 12 ME 37/13 -, NuR 2013, 894, juris Rn. 14; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 32.
115Nichts anderes kann gelten, wenn die zunächst genehmigten Anlagen - wie hier - nie errichtet worden sind. In beiden Fällen geht es um die Errichtung eines neuen und anders gearteten, von der bisherigen Genehmigung nicht umfassten Anlagetyps, der regelmäßig nur als Ganzes unter Verzicht auf die Realisierung der zuvor genehmigten Anlagen - und nicht im Wege einer Änderung derselben - errichtet werden kann. Das schließt nicht aus, dass auf eine für das nicht realisierte Vorhaben durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung im neuen Genehmigungsverfahren zurückgegriffen werden kann.
116Um ein Änderungsvorhaben im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG handelt es sich hier deshalb, weil auch bei einem Hinwegdenken der zu ersetzenden baugenehmigten Windenergieanlagen noch eine Windfarm vorhanden ist, zu der sieben weitere Windenergieanlagen hinzutreten. Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine derartige - hier sogar betreiberübergreifende - Erweiterung einer Windfarm immissionsschutzrechtlich keinen Fall der Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG darstellt. Denn die 4. BImSchV knüpft seit der zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neufassung nur noch an die einzelne Windenergieanlage und - anders als das UVP-Gesetz - nicht mehr an das Vorliegen einer Windfarm an.
117Vgl. näher Wustlich, NVwZ 2005, 996 ff.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 4. BImSchV, Rn. 26; anders zur früheren Rechtslage BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 3.04 -, BVerwGE 122, 117, juris Rn. 23.
118d) Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht für diese Änderung (in Form der Erweiterung) eine UVP-Pflicht, wenn eine (allgemeine) Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung bzw. Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Da es sich hierbei um eine Rechtsfolgeverweisung handelt, ist die im Rahmen von § 3c Satz 1 und 2 i. V. m. Anlage 1 Spalte 2 getroffene Differenzierung nach Schwellenwerten für die A- und S‑Vorhaben in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist somit unabhängig davon durchzuführen, ob die betreffenden Änderungen oder Erweiterungen die Prüfwerte für ein entsprechendes A‑Vorhaben erreichen.
119Vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann (Hrsg.), UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG, Rn. 11; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 22; a. A. Kutscheidt/Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 9. BImSchV, Rn. 12.
1202. Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung genügt den rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG) nicht.
121Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit unterliegt gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32.
123Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst und ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, dazu näher oben unter I. 1. a).
124Gemessen daran ist die vor Erlass des angefochtenen Genehmigungsbescheides durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und das Ergebnis deshalb nicht nachvollziehbar. Die Genehmigungsbehörde hat bei der Durchführung der Vorprüfung das anzuwendende Recht verkannt, indem sie Gegenstand und Reichweite der gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG durchzuführenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unzutreffend bestimmt hat (a). Darüber hinaus sind naheliegende Umweltauswirkungen in der Vorprüfung nicht ermittelt und betrachtet worden (b).
125a) Gegenstand dieser Vorprüfung ist die Frage, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Erweiterung verbunden sind. Denn nach dem Halbsatz 1 des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
126Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 ‑ 8 D 22/07.AK -, juris Rn. 93 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30 ff. (zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG).
127Darüber hinaus sind frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVP-Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz UVPG).
128Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 146 ff.
129Die nach der Änderung oder Erweiterung fortbestehenden Umweltauswirkungen des Grundvorhabens sind nicht Gegenstand der UVP-Vorprüfung; sie sind vielmehr bei der Vorprüfung hinsichtlich des Änderungs- bzw. Erweiterungsvorhabens (lediglich) als Vorbelastung zu berücksichtigen. Eine Empfehlung der Umweltausschüsse von Bundestag und Bundesrat, § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ausdrücklich dahin zu ergänzen, dass bei der Vorprüfung des Weiteren auch das bestehende Vorhaben aufgrund der Änderung oder Erweiterung selbstständig in den Blick zu nehmen ist,
130vgl. BR-Drs. 674/1/00 vom 12. Dezember 2000, Nr. 30, S. 26 f., BT-Drs. 14/5750, S. 8, 128,
131ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren am Widerstand des Bundesrats gescheitert.
132Vgl. BR-Drs. 286/01 (Beschluss), Ziff. 3, Satz 1; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 6.
133Es ist danach erforderlich, das Zusammenwirken der Umweltauswirkungen des Änderungsvorhabens mit Vorbelastungen aus anderen am Standort vorhandenen Quellen zu untersuchen, zu denen auch das Grundvorhaben selbst gehört. Dabei können ggf. Erkenntnisse aus der für das Grundvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung erneut verwertet werden.
134Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 23 ff., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 22.
135Diesen Anforderungen genügt die vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durchgeführte Vorprüfung nicht.
136Die Vorprüfung ist im Vermerk vom 5. Juni 2006 schon nicht als allgemeine, sondern (lediglich) als „Standortbezogene/Anlagenbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ bezeichnet. Darin wird im Wesentlichen auf die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens von der unteren Landschaftsbehörde des Kreises X. durchgeführte „standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ für die sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66 18.70 Bezug genommen. Sodann wird im Wege einer Differenzbetrachtung festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb der technisch geringfügig optimierten Anlagen vom Typ Enercon E-70 E4 nicht dazu beitragen würden, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu verursachen. Die baurechtlich genehmigten Standorte blieben unverändert, und mit der technischen Optimierung der Windenergieanlagen sei eine relevante Erhöhung der Lärmimmissionen oder von Beeinträchtigungen der Pflanzen, Tiere und Schutzgebiete vor Ort nicht verbunden. Auch im Baugenehmigungsverfahren der Vorläufer der beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ist keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern nur eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen worden (Vermerk vom 5. Dezember 2002 sowie planungsrechtliche Prüfung vom 15. Januar 2003). Ob dem Beklagten darin zu folgen ist, in der Sache sei nach denselben Kriterien geprüft worden, die bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls in den Blick zu nehmen seien, kann wegen Vorliegens weiterer Mängel dahinstehen.
137Gegenstand der im Baugenehmigungsverfahren vorgenommenen standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls waren entgegen den rechtlichen Anforderungen nicht alle sieben in den Jahren 2003 und 2004 baugenehmigten Windenergieanlagen, sondern - soweit die Vorgänger der streitbefangenen Anlagen WEA 5 und 6 betroffen sind - nur die drei Anlagen WEA 5, 6 und 8. Einbezogen in die Betrachtung wurden zwar die beiden Anlagen, die seinerzeit bereits an den beiden Standorten WEA 4 und 7 genehmigt waren (und zeitgleich durch neue Baugenehmigungsanträge „überplant“ wurden, vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 2). Das gilt jedoch nicht für die Anlagen an den Standorten WEA 1, 2 und 3. Insoweit ist die Baugenehmigungsbehörde ausdrücklich davon ausgegangen, ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit der aus den WEA 1, 2, und 3 bestehenden Dreiergruppe könne nicht angenommen werden (vgl. den im Baugenehmigungsverfahren der Vorgängeranlage zur WEA 6 gefertigten Vermerk Planungsrechtliche Prüfung - Stand: 15. Januar 2003 -, S. 3). Demgegenüber bedurfte es jedenfalls im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in dem über die Genehmigung von sieben leistungsoptimierten Anlagen an den gleichen Standorten zu entscheiden war, einer auf diese sieben Anlagen in ihrer Gesamtheit bezogenen UVP-Vorprüfung.
138Jedenfalls konnte die für die Windenergieanlagen WEA 5, 6 und 8 im Baugenehmigungsverfahren durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls den rechtlichen Anforderungen der im späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG vorzunehmenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls deshalb nicht genügen, weil zum damaligen Zeitpunkt die sieben Windenergieanlagen der I. T. GmbH (WEA 12-18, vorheriger Betreiber: Q. GmbH) noch nicht beantragt waren und - seinerzeit zu Recht - bei der Prüfung der Umweltauswirkungen der baurechtlich beantragten Windkraftanlagen nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden sind (vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 3, dort wohl bezeichnet als Planvorhaben der Fa. V. ). Dies war im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren jedoch erforderlich.
139Dagegen kann die Beigeladene nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre Windkraftanlagen als erste beantragt gewesen seien und deshalb keine Vorbelastung berücksichtigt werden müssen. Dieser Einwand verkennt, dass hier ein neuer, auf andere, leistungsoptimierte Anlagen bezogener Antrag zur Beurteilung steht, der später gestellt worden ist als die Genehmigungsanträge der Q. GmbH (jetzt: I. T. GmbH).
140b) Überdies erweist sich die Vorprüfung als unvollständig, weil sich dem Vermerk vom 5. Dezember 2002 nicht entnehmen lässt, dass Ermittlungen und Bewertungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna angestellt worden sind. Die naturschutzrechtlichen Betrachtungen erschöpfen sich in einer Bestandsaufnahme von - im direkten Einwirkungsbereich der Konzentrationszone nicht vorgefundenen - Landschafts- und Naturschutzgebieten, sonst schützenswerten Landschaftsbestandteilen, einer Bezugnahme auf die bei der Aufstellung des Gebietsentwicklungsplans und der Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführten Abwägungen sowie allgemein gehaltenen Überlegungen zur Beeinträchtigung des Naturhaushalts. Des Weiteren wird auf - nicht im Verwaltungsvorgang befindliche - Stellungnahmen der unteren Landschaftsbehörde und weiterer beteiligter Stellen Bezug genommen.
141Nähere Ermittlungen und Betrachtungen zum Vorhandensein windkraftsensibler Vogel- und Fledermausarten im Umkreis des Vorhabens und zu den zu erwartenden Auswirkungen auf diese sind nicht angestellt worden. Dies war indes erforderlich, um die Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 UVPG), insgesamt nachvollziehbar beantworten zu können. Bei der Vorprüfung sind die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei ergeben sich die Gegenstände der zu prüfenden Auswirkungen allerdings nicht aus dieser Anlage, sondern aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens unter anderem auch auf Tiere. Dementsprechend hätte es auch diesbezüglich einer überschlägigen Prüfung bedurft, ob die Erweiterung der Windfarm um sieben Windenergieanlagen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Die Prüfung auf die Auswirkungen auf die Avifauna zu erstrecken, dürfte bei der Planung von Windkraftanlagen schon generell erforderlich sein. Im vorliegenden Fall belegt jedenfalls die nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf Vögel und Fledermäuse durchaus nahe lagen und deshalb in die Vorprüfung einbezogen werden mussten.
142Dieses Erfordernis kann auch nicht mit dem Argument bezweifelt werden, das materielle Recht habe im Zeitpunkt der Vorprüfung noch keine artenschutzrechtlichen Anforderungen enthalten, die bei der Zulassung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen gewesen wären. Soweit die Feststellung in der nachgeholten Allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 2, wonach zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2005 aufgrund der nationalen Gesetzeslage noch keine Notwendigkeit einer „formellen Artenschutzprüfung“ bestanden habe, in diese Richtung zu verstehen sein sollte, wäre dem nicht zu folgen. Die Neuregelung der Materie durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2873) hat zwar in Anpassung an europarechtliche Vorgaben zu Verschärfungen geführt. Das ändert aber nichts daran, dass bereits zuvor artenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Zugriffsverbote, bei der Zulassung von Vorhaben zu berücksichtigen waren.
143Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2005 - OVG 2 S 115.05 -, ZUR 2006, 210, juris Rn. 7 f.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. März 2006 - 1 A 10884/05 -, ZUR 2006, 379, juris Rn. 38 ff.
1443. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist durch die vom Beklagten während des Berufungsverfahrens durchgeführte Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht mit heilender Wirkung nachgeholt worden.
145a) Eine Heilung des Verfahrensfehlers ist unter Geltung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Berufungsverfahren nicht mehr möglich. Im Einzelnen:
146Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG kann die Aufhebung einer Genehmigungsentscheidung, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist, nur verlangt werden, wenn diese nicht nachgeholt worden ist. § 45 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und andere entsprechende Rechtsvorschriften bleiben unberührt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG). Nach allgemeiner Auffassung ist § 45 VwVfG bzw. die entsprechende Regelung des Landesrechts auf andere, in Abs. 1 der Vorschrift nicht genannte Verfahrensfehler entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere auch für die UVP-Vorprüfung.
147Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 24.
148Hiervon geht § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG aus.
149Da § 4 Abs. 1 UmwRG die Heilungsvorschriften lediglich voraussetzt, regelt er nicht deren Anwendungsbereich oder deren Voraussetzungen.
150Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 4 UmwRG Rn. 17; Ziekow, NVwZ 2007, 259, 265; Kment, NVwZ 2007, 274, 277; siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 25; ähnlich zu § 4 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz UmwRG OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722, juris Rn. 329.
151Er enthält auch keine statische, sondern eine dynamische Verweisung.
152Hiervon ausgehend bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die zeitliche Grenze einer Heilung zu Unrecht unterbliebener (oder nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügender) UVP-Vorprüfungen in Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG auch dann nach § 45 Abs. 2 VwVfG (Bund) bestimmen soll, wenn auf das betreffende Verwaltungsverfahren das Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes Anwendung findet.
153Anders noch OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 12/08.AK -, DVBl. 2010, 719, juris Rn. 104.
154Die Regelung lässt neben § 45 Abs. 2 VwVfG ausdrücklich „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ unberührt. Die Formulierung „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ erfasst auch die jeweiligen Parallelvorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze. Dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie bundesrechtliche Vorschriften des Planfeststellungsrechts wie § 17 Abs. 6c Satz 2 des Fernstraßengesetzes a. F. oder § 19 Abs. 4 des Bundeswasserstraßengesetzes a. F. (vgl. nunmehr etwa: § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG, § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) im Blick hatte,
155vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14,
156ändert daran nichts, zumal letztere ausdrücklich nur beispielhaft genannt sind. Ein Wille des Gesetzgebers, die Heilung von UVP-Verfahrensfehlern im Unterschied zu sonstigen Verfahrensfehlern bundeseinheitlich zu regeln, lässt sich der Begründung weder ausdrücklich entnehmen noch hätte er im Gesetzestext hinreichend Ausdruck gefunden.
157Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht anzunehmen, dass ein Hinweis in der Gesetzesbegründung zu § 4 UmwRG auf die Anwendbarkeit des jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder unbedingt zu erwarten gewesen wäre, wenn der Nennung des § 45 Abs. 2 VwVfG keine Bedeutung im Sinne einer materiell-rechtlichen Vorgabe hätte zukommen sollen. Die Begründung des Gesetzgebers zu § 22 UVPG, auf die der Beklagte verweist, stützt diese Annahme nicht. Nach § 22 UVPG „gelten“ für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens „die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“. Wenn der Gesetzgeber sogar diese scheinbar eindeutig die Geltung der Regelungen des Bundes anordnende Vorschrift dahin verstanden wissen will, sie verweise „entsprechend dem jeweiligen Anwendungsbereich (vgl. § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes) auf die maßgeblichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder“,
158vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 104,
159spricht dies eher dafür, dass für § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG Gleiches gilt. Die letztgenannte Regelung erfasst bereits dem Wortlaut nach („§ 45 Abs. 2 VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften“) die Parallelnormen der Länder. Insoweit bedurfte es keiner Klarstellung. Bei diesem Befund ist vielmehr davon auszugehen, dass ein gewollter Ausschluss der Anwendbarkeit landesrechtlicher Parallelvorschriften in der Entwurfsbegründung ausdrücklich klargestellt worden wäre.
160Auch das Gebot unionsrechtskonformer Auslegung zwingt nicht zu einem Verständnis als bundeseinheitlicher Regelung. Das ergibt sich etwa aus dem Urteil Wells des EuGH, auf das der Beklagte - mit gegenteiliger Schlussfolgerung - hingewiesen hat. Danach sind die zuständigen Behörden verpflichtet, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Es unterfällt jedoch (in den Grenzen des Äquivalenz- und Effektivitätsprinzips) der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, in welcher Weise sie dies tun. In diesem Rahmen ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit besteht, eine bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder auszusetzen, um dieses Projekt (nachträglich) einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Anforderungen der Richtlinie 85/337 zu unterziehen.
161Vgl. EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C‑201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 62 ff.; siehe auch Urteil vom 3. Juli 2008, C‑215/06, EU:C:2008:380, NuR 2008, 562 , juris Rn. 57 ff.
162Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Heilung eines wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrigen Genehmigungsbescheids bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt zuzulassen, lässt sich dem Unionsrecht danach nicht entnehmen. Denn auch die Aufhebung der Genehmigung im gerichtlichen Verfahren mit der Folge, dass für das Vorhaben ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, ist eine taugliche Maßnahme, dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Steht das Unionsrecht damit aber unterschiedlichen nationalen Regelungen der Heilungsmöglichkeiten nicht entgegen, müssen diese Regelungen auch innerhalb eines Mitgliedstaats nicht notwendig einheitlich ausfallen.
163Nach alledem findet hier § 45 Abs. 2 VwVfG keine Anwendung, da für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, auch soweit sie Bundesrecht ausführen, das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen gilt (vgl. § 1 Abs. 3 VwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG NRW). Der einschlägige § 45 Abs. 2 VwVfG NRW lässt eine Heilung von Verfahrensfehlern nur bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu. Die erst während des Berufungsverfahrens nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls konnte den Verfahrensfehler daher nicht mehr heilen.
164b) Ungeachtet dessen genügt auch die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013 nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
165aa) Allerdings ist die Möglichkeit der Nachholung einer UVP-Vorprüfung nach den genannten Vorschriften mit den europarechtlichen Vorgaben grundsätzlich vereinbar. Insbesondere liegt darin keine - unionsrechtlich problematische - Legalisierung von Projekten, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten unterzogen werden müssen. Das gilt jedenfalls, wenn die nachgeholte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedurfte. Das Unionsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften, die unter bestimmten Umständen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, nicht grundsätzlich entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine solche Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder es nicht anzuwenden.
166Vgl. näher BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 ‑ 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 27 ff.; EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008, C-215/06, EU:C:2008:380, juris Rn. 57.
167Der Heilungsmöglichkeit durch Nachholung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls dürfte nicht die Auffassung der Kläger entgegenstehen, der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne vorliegend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, weil das Vorhaben - durch Errichtung von fünf der genehmigten sieben Windkraftanlagen - schon teilweise verwirklicht worden sei. Mit der Errichtung der allein streitbefangenen Windenergieanlagen WEA 5 und 6 ist noch nicht begonnen worden. Für diese kann eine UVP-Vorprüfung grundsätzlich - stünde vorliegend nicht § 45 Abs. 2 VwVfG NRW entgegen - nachgeholt werden.
168Der Senat kann offen lassen, auf welchen Zeitpunkt die Behörde ihre überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 3c UVPG), zu beziehen hat, wenn die Vorprüfung nach Erteilung der Genehmigung nachgeholt wird. Das betrifft auch die Frage, inwieweit die Kläger eine etwaige Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch eine zwischenzeitliche Gebietsveränderung aufgrund Errichtung eines Teils der genehmigten Windkraftanlagen hinnehmen müssen.
169bb) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, wonach das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist bezogen auf die Avifauna nicht nachvollziehbar. Dies folgt vorliegend daraus, dass der Beklagte es infolge der nachgeholten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für erforderlich gehalten hat, den Genehmigungsbescheid nachträglich durch mehrere, den Vorhabenträger insgesamt nicht unwesentlich einschränkende Nebenbestimmungen i. S. v. § 12 Abs. 1 BImSchG zu ergänzen. Zugleich ist hinsichtlich der zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen auf die Avifauna weiterer Klärungsbedarf verblieben.
170Der Beklagte hat den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen nicht zutreffend bestimmt. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Der Maßstab für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ist dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können, weil materielle Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
171Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 ‑ 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 37, und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21; Bay. VGH, Beschluss vom 17. November 2014 - 22 ZB 14.1035 -, juris Rn. 17; siehe auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. April 2014 - 1 B 10249/14 -, DVBl. 2014, 940, juris Rn. 19.
172Führt die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dazu, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 Abs. 1 BImSchG beigefügt werden müssen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, diese nach § 12 UVPG zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck. Denn die Genehmigung kann nur unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (§ 12 Abs. 1 BImSchG). Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die bereits vom Träger des Vorhabens vorgesehen sind und die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, können demgegenüber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 3 UVPG).
173Das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen muss allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist.
174Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21-23, zu einem Planfeststellungsbeschluss; weitergehend Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34 f., siehe aber nunmehr auch Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 39.
175Die Behörde darf nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen.
176BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 18 m. w. N.
177Dies zugrunde gelegt durften erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht ohne vertiefte Untersuchung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
178Im Genehmigungsverfahren war eine Ermittlung und Prüfung, welche Auswirkungen die Errichtung und der Betrieb von sieben Windenenergieanlagen auf die Avifauna haben werden, gänzlich unterblieben. Die nunmehr als Folge der „Vorprüfung“ nachträglich getroffenen Nebenbestimmungen verdeutlichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit, dass der Beklagte der Sache nach selbst von der Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen durch die beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ausgeht. Er hat der Beigeladenen mit der Anlegung eines Ablenkungshabitats für die Rohrweihe zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Anlagen, Monitorings zum - ggf. nachträglichen - Schutz der Rohrweihe und von Fledermäusen sowie der Anlegung von sechs mindestens 1,5 ha großen Extensivgrünlandflächen mit Blänke für Brutpaare des Kiebitz‘ aufwändige zusätzliche Maßnahmen auferlegt, die von der Beigeladenen selbst nicht vorgesehen waren (§ 3c Satz 3 UVPG) und der Beseitigung sonst vorliegender Genehmigungshindernisse dienen sollten.
179Zugleich ist auf der Grundlage der herangezogenen Gutachten und Kartierungen nicht sicher, dass ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG dadurch hinreichend ausgeschlossen wird. So soll in Bezug auf die Fledermäuse erst ein nach der Errichtung und Inbetriebnahme der Windkraftanlagen durchzuführendes, dreijähriges akustisches Monitoring erweisen, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Während dieser drei Jahre sind keinerlei Schutzmaßnahmen vorgesehen. Ein derartiges Monitoring kann angeordnet werden, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Gefahren begegnet werden soll.
180Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 -, BVerwGE 140, 149, juris Rn. 105; vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308, juris Rn. 91; OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2012 - 8 B 441/12 -, NuR 2012, 870, juris Rn. 43.
181Solche Ermittlungsdefizite liegen hier aber vor, solange das Vorkommen von Fledermäusen für den näheren Umkreis der streitbefangenen Windkraftanlagen nicht untersucht worden ist. Die Bezugnahme auf das im Genehmigungsverfahren der Windkraftanlage WEA lfd. Nr. 22 angefertigte „Fachgutachten Fledermäuse“ vom 17. November 2010 ist insoweit unzureichend. Der dort in den Blick genommene Untersuchungsraum beschränkt sich auf einen Radius von 500 m um die WEA lfd. Nr. 22, von der die streitbefangenen Anlagen mindestens einen Kilometer entfernt liegen.
182Ähnliches gilt hinsichtlich der Ermittlung der Auswirkungen des streitigen Vorhabens auf Kiebitz und Rohrweihe. Das der Vorprüfung zugrunde gelegte avifaunistische Fachgutachten vom 17. November 2010 - angefertigt im Genehmigungsverfahren der WEA lfd. Nr. 22 - untersucht insbesondere die Brutvogelbestände bzw. Revierzentren von Kiebitz und Rohrweihe in einem Umkreis von 1000 bzw. 2000 m um den Standort der WEA lfd. Nr. 22. Die dort ermittelten Zahlen - namentlich die Anzahl der Brutpaare des Kiebitz - wurden in die hier zu beurteilende Vorprüfung und die hieraus resultierenden Nebenbestimmungen übernommen, obwohl sich das hier in den Blick zu nehmende Gebiet (1000 bis 2000 m um die südwestlich liegenden Standorte der WEA 5 und 6) mit dem untersuchten nicht einmal zur Hälfte überschneidet.
183In Bezug auf die Rohrweihe geht der Beklagte insoweit davon aus, dass sich auch durch das zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Windkraftanlagen anzulegende Ablenkungshabitat ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko nicht sicher ausschließen lässt. Auch hier schreibt eine weitere Nebenbestimmung (Nr. IV.7.2) nunmehr ein Monitoring vor, ohne dass dem eine vertiefte Umweltuntersuchung vorausgegangen wäre.
1844. Der Verfahrensfehler verletzt die Kläger nach dem - unter I. näher begründeten - Ansatz des Senats im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Denn die Verpflichtung zu einer - zumindest - dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügenden Vorprüfung ist auch den Interessen der Kläger als von der Genehmigung Betroffenen zu dienen bestimmt. Das abweichende Verständnis des § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt an dieser Stelle zu keinem anderen Ergebnis. Danach liegt lediglich ein objektiv-rechtlicher Rechtsfehler vor. Dieser begründet jedoch ebenfalls einen Aufhebungsanspruch, weil § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG dies ausdrücklich anordnet und damit die Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Nach der einen wie der anderen Auffassung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. § 46 VwVfG NRW findet keine Anwendung.
185Vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 21; Ziekow, NuR 2014, 229, 231.
186Die Kostenentscheidung beruht unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
187Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
188Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Der Gewässerausbau bedarf der Planfeststellung durch die zuständige Behörde.
(2) Für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden. Die Länder können bestimmen, dass Bauten des Küstenschutzes, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, anstelle einer Zulassung nach Satz 1 einer anderen oder keiner Zulassung oder einer Anzeige bedürfen.
(3) Der Plan darf nur festgestellt oder genehmigt werden, wenn
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eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist und - 2.
andere Anforderungen nach diesem Gesetz oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt werden.
(4) Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Binnenwasserstraße des Bundes oder ihrer Ufer nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 führt, soweit sie erforderlich sind, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 zu erreichen, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Rahmen ihrer Aufgaben nach dem Bundeswasserstraßengesetz hoheitlich durch.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
-
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
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I
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Der Kläger wendet sich gegen eine wasserrechtliche Planfeststellung für den Ausbau der Götzinger Achen im Ortsbereich K. zum Schutz gegen ein 50-jährliches Hochwasser. Das planfestgestellte Vorhaben bildet die erste Stufe einer zweistufigen Gesamtmaßnahme, die den schadlosen Abfluss eines 100-jährlichen Hochwassers sicherstellen soll. Auf die Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 4. Juli 2005 stellte das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 27. März 2007 die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Beschlusses fest: Er leide an einem - in einem ergänzenden Verfahren grundsätzlich heilbaren - Abwägungsmangel hinsichtlich der privaten Belange des Klägers, weil die Planfeststellungsbehörde verkannt habe, dass ein weiteres Grundstück des Klägers von der Planung teilweise in Anspruch genommen werde. Hinsichtlich des im Hauptantrag geltend gemachten Aufhebungsantrags wurde die Klage abgewiesen: Insbesondere bestehe für das Vorhaben eine hinreichende Planrechtfertigung. Die nach Durchführung des ergänzenden Verfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des ergänzenden Bescheids vom 30. August 2010 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dem Aufhebungsbegehren stehe in weiten Teilen die Bindungswirkung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2007 entgegen; danach bleibe die Klage ohne Erfolg, soweit erneut die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen eines Mangels begehrt werde, der bereits im Vorprozess geltend gemacht worden sei oder hätte geltend gemacht werden können. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Formelle und materielle Fehler der Planfeststellung lägen nicht vor, insbesondere seien Abwägungsmängel nicht gegeben.
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-
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
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II
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-
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die Beschwerde rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil weicht nicht vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 30) ab.
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Nach dieser Entscheidung (Randnummern 25 f.) kann der Kläger, auf dessen Klage die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses festgestellt, das Aufhebungsbegehren hingegen rechtskräftig abgewiesen worden ist, ein erneutes Aufhebungsbegehren gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planänderungs- bzw. Planergänzungsbeschlusses insoweit geltend machen, als Gegenstand des ergänzenden Verfahrens und des dieses abschließenden Beschlusses auch aufhebungsrelevante Gesichtspunkte der Planungsentscheidung waren.
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-
Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinen Ausführungen unter Randnummer 31 der Entscheidungsgründe, wonach der Kläger aufhebungsrelevante Mängel nur insoweit geltend machen kann, „als der neue, ergänzende Regelungsgehalt des Planfeststellungsbeschlusses im (neuen) Bescheid ... betroffen ist", nicht aufgestellt. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn der Begriff des „ergänzenden Regelungsgehalts" einschränkend im Sinne einer Änderung des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses zu verstehen wäre und demnach nur den Fall beträfe, dass der Kläger durch den Planergänzungsbeschluss erstmals oder weitergehend als bisher betroffen ist. Der Begriff des ergänzenden Regelungsgehalts kann aber auch rechtserhebliche Erwägungen im Begründungsteil des Planergänzungsbeschlusses umfassen, die die im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ausgesprochene Vorhabenzulassung und darauf bezogene Anordnungen unberührt lassen. Dies gilt nicht nur für solche Erwägungen, die im ergänzenden Verfahren zur Korrektur von Abwägungsfehlern gemäß § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG angestellt werden und als solche der gerichtlichen Kontrolle unterliegen (vgl. Urteil vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - Rn. 16), sondern auch für Erwägungen, die sich auf von der Rechtskraft des das Aufhebungsbegehren abweisenden Urteils erfasste Umstände beziehen, diese einer neuerlichen Sachprüfung mit dem Ergebnis einer Bestätigung der ursprünglichen Entscheidung unterziehen und insoweit im Sinne eines Zweitbescheides die Rechtsschutzmöglichkeiten wieder eröffnen (siehe hierzu Urteile vom 19. Dezember 2007 - BVerwG 9 A 22.06 - BVerwGE 130, 138 Rn. 22 ff. = Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 15 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 7 C 3.08 - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 51 Rn. 14).
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Von einem solchen weiten Verständnis des Begriffs Regelungsgehalt geht der Verwaltungsgerichtshof ersichtlich aus. Denn er prüft unter Randnummer 35 der Entscheidungsgründe ausdrücklich, ob der ergänzende Planfeststellungsbeschluss die Frage der Planrechtfertigung erneut aufgeworfen und insoweit wiederum eine - das Vorliegen der Planrechtfertigung bestätigende - Sachentscheidung getroffen hat. Der Verwaltungsgerichtshof verneint dies unter Verweis auf die Ausführungen im Planergänzungsbeschluss (S. 6 <2.3>, 10). Dieser bezieht sich insoweit auf die im vorangegangenen Klageverfahren nicht beanstandeten Erwägungen im Planfeststellungsbeschluss, bezeichnet eine „erneute Diskussion der Planrechtfertigung" als „nicht veranlasst", und befasst sich im Übrigen aber nicht mit dem vom Kläger herangezogenen, im ergänzenden Verfahren erstellten Plan (Anlage 6, Plan-Nr. 1) vom 26. Februar 2009 „Überschwemmungsgrenzen Vergleich" (siehe hierzu auch das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2010, juris Rn. 32). Insoweit prüft der Verwaltungsgerichtshof - in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - aufhebungsrelevante Gesichtspunkte. Einen von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz legt das angefochtene Urteil demnach nicht zugrunde.
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2. Die Rechtssache hat auch nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die der Kläger ihr beimisst.
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a) Die Voraussetzungen, unter denen ein Kläger, gegenüber dem der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss aufgrund der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nicht bestandskräftig geworden ist, nach Abschluss eines ergänzenden Verfahrens im Rahmen einer neuen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses weiterhin ein Aufhebungsbegehren geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der oben unter 1. zitierten Entscheidung geklärt. Daraus folgt zugleich, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten desjenigen Klägers, gegenüber dem der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss in Bestandskraft erwachsen ist (siehe hierzu Urteile vom 19. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 20 und vom 8. Januar 2014 a.a.O. Rn. 16, sowie Beschluss vom 4. Juli 2012 - BVerwG 9 VR 6.12 - Buchholz 407.4 § 17e FStrG Nr. 14 Rn. 12, jeweils m.w.N.), sich hiervon unterscheiden.
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b) Auch die hieran anschließende Frage nach der inhaltlichen Reichweite und den prozessualen Wirkungen eines Urteils, mit dem die Klage, soweit sie auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet war, abgewiesen worden ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Es ist geklärt, dass aufgrund der präjudiziellen Wirkung der rechtskräftigen Verneinung eines Aufhebungsanspruchs eine weitere Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses, sofern im ergänzenden Verfahren aufhebungsrelevante Gesichtspunkte nicht erneut geprüft worden sind, keinen Erfolg haben kann. Da die Verneinung eines Aufhebungsanspruchs bei zulässiger Klage zugleich das Fehlen aufhebungsrelevanter Rechtsmängel voraussetzt, ist auch für die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des geänderten Planfeststellungsbeschlusses wegen einer hierauf bezogenen Rechtswidrigkeit kein Raum.
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c) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist des Weiteren geklärt, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses ankommt (vgl. etwa Urteile vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 -BVerwGE 104, 337 <347> = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 35, vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283> = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 16 S. 82 und vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 -BVerwGE 147, 184 Rn. 34).
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Der Kläger zeigt nicht substantiiert auf, dass diese Rechtsprechung insoweit einer rechtsgrundsätzlichen Überprüfung bedürfte, als es abweichend hiervon für die Bestimmung der Beschaffenheit eines Grundstücks - hier der Eignung als Retentionsfläche - auf den Beginn der Auslegung im Planfeststellungsverfahren ankomme. Der Kläger verweist auf enteignungsrechtliche Grundsätze, wonach der so genannte Qualitätsstichtag als der Zeitpunkt für die Ermittlung des Zustands des Enteignungsobjekts entgegen dem gesetzlich normierten Regelfall, der auf den Tag des Eingriffs abstellt (siehe etwa § 93 Abs. 4 Satz 2 BauGB), unter dem Gesichtspunkt der so genannten Vorwirkung der Enteignung dann vorzuverlegen ist, wenn bereits vorherige Entscheidungen das Grundstück von jeglicher konjunktureller Weiterentwicklung ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2000 - III ZR 18/00 - NVwZ 2001, 351 <352>; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 93 Rn. 5). Die Beschwerdebegründung legt indes nicht dar, dass diese Erwägungen, mit denen die finanziellen Folgen von Planungsentscheidungen realitätsnah erfasst werden sollen, auf die Fallgestaltung des Erlasses eines Planfeststellungsbeschlusses übertragbar sein könnten. Denn mit dem Planfeststellungsbeschluss soll ein aktuelles Sachproblem bewältigt werden, so dass die Bezugnahme auf frühere und nunmehr hypothetische Umstände fern liegt. Den vom Kläger befürchteten „Manipulationen" im Hinblick auf eine bevorstehende Planung ist gegebenenfalls mit hierauf bezogenen rechtlichen Instrumenten zu begegnen.
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d) Schließlich führt auch die Frage, ob es dem Abwägungsgebot genügt, im Rahmen einer Planfeststellung nur diejenigen vorübergehend in Anspruch zu nehmenden Flächen zu ermitteln, die nicht freiwillig vom jeweiligen Eigentümer zur Verfügung gestellt werden, oder ob sämtliche eigentumsmäßigen Betroffenheiten Privater einschließlich aller auch nur vorübergehend in Anspruch zu nehmenden Flächen ermittelt und in die Abwägung eingestellt werden müssen, nicht zur Zulassung der Revision. Denn der Kläger zeigt jedenfalls die Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht auf. Das angefochtene Urteil führt aus, dass die Entscheidungserheblichkeit eines unterstellten Abwägungsmangels im Sinne von Art. 75 Abs. 1a Satz 1 BayVwVfG nicht ersichtlich sei. Diese Einschätzung wird durch das Vorbringen des Klägers nicht substantiiert erschüttert. Denn das Gewicht der Eigentümerinteressen ist offensichtlich als gering zu bewerten, wenn die Eigentümer der vorübergehenden Inanspruchnahme ihrer Grundstücke zustimmen und damit zu erkennen geben, dass sie mit dem Vorhaben einverstanden sind oder diesem jedenfalls keine Hindernisse in den Weg legen wollen.
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3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
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Ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Das leistet die Beschwerde weder in Bezug auf die Gehörsrüge noch auf den jeweils ergänzend behaupteten Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz.
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt vom Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall ist indessen nicht gegeben, wenn das Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (stRspr, vgl. etwa Beschlüsse vom 8. August 2012 - BVerwG 7 B 1.12 - juris Rn. 5 und vom 13. Dezember 2010 - BVerwG 7 B 64.10 - juris Rn. 24 [insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 11 Art. 31 GG Nr. 2], jeweils m.w.N.). Hiernach lässt das Beschwerdevorbringen einen Gehörsverstoß nicht erkennen.
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Der Kläger trägt zum einen vor, dass der Verwaltungsgerichtshof den Inhalt des in den Planunterlagen des ergänzenden Verfahrens enthaltenen und von ihm im Gerichtsverfahren nochmals vorgelegten Plans vom - richtigerweise - 26. Februar 2009 „Überschwemmungsgrenzen Vergleich" und seinen hierauf bezogenen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls aber inhaltlich völlig verkannt habe. Der Verwaltungsgerichtshof sei der Ansicht, der Plan enthalte keine neuen Erkenntnisse, die für die Beurteilung von Planrechtfertigung, Abschnittsbildung und Null-Variante hinsichtlich des streitgegenständlichen, auf ein 50-jährliches Hochwasser bezogenen Vorhabens von Bedeutung seien. Er verweise zur Begründung auf einen bereits im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren erstellten Plan, der sich auf ein 100-jährliches Hochwasser beziehe. Damit verkenne der Verwaltungsgerichtshof ersichtlich den Inhalt des Plans vom 26. Februar 2009. Dem ist nicht zu folgen. Zu Unrecht stützt sich die Beschwerde insoweit auf die Ausführungen unter Randnummer 42 des angefochtenen Urteils. Denn der Verwaltungsgerichtshof verweist dort lediglich im Hinblick auf das Problem einer Anstoßwirkung darauf, dass diese schon durch einen den ursprünglichen Planunterlagen beigefügten Plan gewährleistet worden sei, auf dem die von einem 100-jährlichen Hochwasser betroffenen Grundstücke verzeichnet seien, der neue Plan aber keine weitergehenden Betroffenheiten begründe. Ungeachtet der inhaltlichen Bewertung dieser Erwägungen lassen sie nicht den Schluss zu, der Verwaltungsgerichtshof habe den Inhalt des Plans vom 26. Februar 2009 sowie den Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und sei vielmehr im Widerspruch zu den sonstigen zutreffenden Erwähnungen des Ausbauziels des Vorhabens davon ausgegangen, dass der Plan nicht gleichermaßen auf 50-jährliches Hochwasser bezogen sei. Der Kläger wendet sich insoweit letztlich im Gewand der Verfahrensrüge gegen eine in seinen Augen unzutreffende Bewertung des Sachverhalts.
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Zum anderen rügt der Kläger einen Gehörsverstoß, weil der Verwaltungsgerichtshof sich mit seinem Vorbringen zur Null-Variante wegen der im Gerichtsverfahren fortwirkenden materiellen Präklusion von diesbezüglichen Einwendungen inhaltlich nicht auseinandergesetzt habe. Gegen eine solche Bewertung gewährt der Anspruch auf rechtliches Gehör aber keinen Schutz. Der Kläger greift mit seiner Beschwerde vielmehr die tatsächliche und rechtliche Würdigung seines Vorbringens durch den Verwaltungsgerichtshof an, was einer Gehörsrüge indessen nicht zum Erfolg verhelfen kann (Beschluss vom 9. August 2010 - BVerwG 9 B 10.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 12 Rn. 5).
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b) Eine als Verfahrensfehler rügefähige Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes ist mit diesem Vortrag ebenso wenig dargetan. (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen (vgl. nur Beschluss vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4). Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht. Eine Aktenwidrigkeit der tatsächlichen Feststellungen liegt vor, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Akten ein offensichtlicher Widerspruch besteht (vgl. Beschlüsse vom 28. März 2012 - BVerwG 8 B 76.11 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 76 Rn. 8, vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 und vom 17. Mai 2011 - BVerwG 8 B 98.10 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, nicht aufgezeigt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Gründe
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I.
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Die Kläger wenden sich gegen Planfeststellungsbeschlüsse für den viergleisigen Ausbau der bislang zweigleisigen Eisenbahnstrecke 3900 auf dem Gebiet der Stadt Frankfurt am Main im Zuge des Gesamtprojekts des Ausbaus zwischen Friedberg und Frankfurt-West. Sie sind Eigentümer von bzw. Erbbauberechtigte an Grundstücken entlang dieses Ausbauabschnitts, die durch das Planvorhaben zum Teil in Anspruch genommen werden sollen.
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Auf den Antrag der beigeladenen Vorhabenträgerin stellte das Eisenbahn-Bundesamt nach Durchführung zweier Offenlegungen mit Beschluss vom 6. Mai 2004 den Plan fest. Nicht berücksichtigte Einwendungen der Kläger gegen das Vorhaben wurden zurückgewiesen. Der Beigeladenen wurde gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG aufgegeben, zur Vermeidung nachteiliger Folgen für die Natur bis zum 30. Juni 2005 planergänzende Unterlagen zu naturschutzrechtlichen Maßnahmen vorzulegen. Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgerichtshof.
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Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 beantragte die Beigeladene eine Änderung des festgestellten Plans gemäß § 76 Abs. 1 VwVfG im Hinblick auf eine nunmehr vorliegende neue Verkehrsprognose auf der Grundlage des Bundesverkehrswegeplans 2003 und sich hieraus ergebende Änderungen für die Lärmprognose und das Lärmschutzkonzept, Ergänzungen zum Artenschutz und die Auflösung des naturschutzrechtlichen Vorbehalts. Nach Durchführung der öffentlichen Auslegung stellte das Eisenbahn-Bundesamt mit Beschluss vom 23. Juni 2009 die Planänderung betreffend die Anpassung der Schallschutzmaßnahmen sowie die Auflösung des Vorbehalts aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 6. Mai 2004 zur vollständigen Kompensation des naturschutzrechtlichen Defizits fest. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen, soweit ihnen nicht entsprochen wurde. Auch hiergegen erhoben die Kläger Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag, den Planfeststellungsbeschluss vom 6. Mai 2004 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 23. Juni 2009 aufzuheben, hilfsweise eine Planergänzung bzw. ein ergänzendes Verfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, dass bezüglich des Schutzes vor erheblichen Belästigungen durch Immissionen gemäß § 41 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 3 BImSchG strikt das Vermeidungsgebot beachtet wird und als Schutzmaßnahmen ausschließlich trassenbezogene bauliche Schutzmaßnahmen oder betriebsregelnde Maßnahmen ergriffen bzw. festgesetzt werden, soweit es Immissionen betrifft, bei den Berechnungen den Schienenbonus nicht in Ansatz zu bringen und höchst hilfsweise, die Beklagte zu Entschädigungsleistungen zu verpflichten.
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Aufgrund mündlicher Verhandlung, in der die Beklagte verschiedene Änderungen an den angefochtenen Beschlüssen erklärt und namentlich die Nebenbestimmungen zum Erschütterungsschutz aufgehoben hatte, wies der Verwaltungsgerichtshof die Klage ab. Die Kläger könnten die Planaufhebung nicht beanspruchen, weil sie - bis auf den Kläger zu 11 - bezüglich der überwiegenden Zahl ihrer Einwendungen bereits präkludiert seien und zudem die angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse weder an Verfahrens- noch an materiellen Fehlern litten, die zu ihrer Aufhebung führten. Auch die auf Planergänzung gerichteten Anträge könnten keinen Erfolg haben, soweit nicht die Beklagte bereits zu Protokoll des Gerichts in der mündlichen Verhandlung Planergänzungen zugesagt habe. Insbesondere sei der Aspekt des Lärmschutzes in der Abwägung der Planfeststellungsbehörde mit keinem Fehler behaftet, der zur Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen müsse.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.
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II.
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Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Teilweise genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, teilweise - nämlich hinsichtlich der Fragen zur Belastung durch Erschütterungen und sekundären Luftschall - geht sie angesichts der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung von vornherein ins Leere (siehe unten 2.b); im Übrigen dringt sie in der Sache nicht durch.
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1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem wird das Vorbringen der Kläger nicht gerecht.
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a) Die Kläger geben - insoweit im Stil einer Berufungsbegründung - große Teile ihres erstinstanzlichen Vortrags wieder und stellen dem die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs gegenüber, der hieraus nicht die den Klägern - wie von diesen als rechtlich geboten erachtet - günstigen Schlüsse gezogen hat. Damit wird indessen weder ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs noch eine als Verfahrensfehler rügefähige Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes dargetan.
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aa) (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht. Eine Aktenwidrigkeit der tatsächlichen Feststellungen liegt vor, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Akten ein offensichtlicher Widerspruch besteht. Dazu muss der Beschwerdeführer die konkreten Textstellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren bezeichnen, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Das leisten die Kläger nicht. Denn ihrem Vortrag ist lediglich zu entnehmen, dass sie vor dem Hintergrund ihres umfangreichen Vorbringens die rechtliche Würdigung durch den Verwaltungsgerichtshof sowohl im Ergebnis als auch in einer Vielzahl entscheidungserheblicher Fragestellungen für unzutreffend halten. Konkrete Widersprüche zum Akteninhalt zeigen sie demgegenüber nicht auf. Sofern die Kläger vermeintlich widersprüchliche Rechtsausführungen beanstanden, fehlt jeglicher Bezug zum Verfahrensrecht.
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bb) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Hierfür ist nichts ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich vielmehr mit den Ausführungen der Kläger auseinandergesetzt und ist - soweit dies in der Sache erforderlich war - in angemessenem Umfang auf deren Argumentation eingegangen. Letztlich wenden sich die Kläger dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof ihre Auffassung zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse nicht geteilt hat. Aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO folgt jedoch keine Verpflichtung der Gerichte, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen.
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b) Auch mit dem weiteren Vorbringen ist ein Gehörsverstoß nicht dargetan.
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Eine Überraschungsentscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet, dass die Beteiligten Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend erklären zu können. Daraus folgt allerdings nicht, dass das Tatsachengericht verpflichtet ist, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es eine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Eine Ausnahme hiervon gilt dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt oder eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, an welcher Stelle der Verwaltungsgerichtshof sein Urteil auf Gesichtspunkte stützt, die im gerichtlichen Verfahren überhaupt nicht - auch nicht schriftsätzlich - angesprochen worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Frage in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden ist oder nicht. Denn die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Schreiben des Berichterstatters vom 13. Mai 2011 hatte keine Hinweispflicht zur Folge; es weist auf ein zentrales Rechtsproblem lediglich hin, ohne indessen eine irgendwie geartete Festlegung zu enthalten. Soweit, was die Beklagte allerdings bestreitet, eine vom Planvorhaben unabhängige Lärmsanierung auch in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen worden sein sollte, so wäre ein diesbezüglicher Gehörsverstoß unerheblich, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auf den diesbezüglichen Feststellungen nicht beruht.
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Soweit die Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens behaupten, weil der Verwaltungsgerichtshof bestimmte am ersten Tag der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichte Schriftstücke ihnen nicht zur Kenntnis gegeben habe, ist ebenfalls ein Gehörsverstoß angesprochen. Diese Rüge greift hier aber jedenfalls deswegen nicht durch, weil die auch vor dem Verwaltungsgerichtshof anwaltlich vertretenen Kläger nicht alles getan haben, um den jetzt beanstandeten Verfahrensfehler zu verhindern. Sie haben es unterlassen, jedenfalls am zweiten Tag der mündlichen Verhandlung die Verlesung oder Aushändigung der Schriftstücke zu verlangen oder diese einzusehen.
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Ihr Rügerecht haben die Kläger auch insoweit verloren, als sie die Verletzung des fairen Verfahrens und einen Gehörsverstoß darin sehen, dass Aussagen eines Schallgutachters der Beigeladenen verwertet worden sind, die in der mündlichen Verhandlung nicht protokolliert worden sind. Die außerdem behauptete Unrichtigkeit der Wiedergabe der Aussage kann nicht mit der Verfahrensrüge, sondern nur gemäß § 119 VwGO mittels eines fristgebundenen Antrags auf Tatbestandsberichtigung geltend gemacht werden; dabei ist unbeachtlich, dass die als unrichtig beanstandete Tatsachenfeststellung sich in den Entscheidungsgründen des Urteils findet.
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c) Mit der Aufklärungsrüge dringen die Kläger ebenso wenig durch. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärungspflicht getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines so genannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen.
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Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Mehrzahl der Beweisangebote zumindest auch deswegen nicht nachgegangen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht entscheidungserheblich seien. Das beurteilt sich allein nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte, und trägt die Ablehnung weiterer Sachaufklärung. Die Kläger legen nicht dar, dass der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidungserheblichkeit jeweils gemessen an seinem Rechtsstandpunkt verkannt hat. Sie zeigen ebenso wenig auf, inwieweit die von ihnen selbst teilweise als reine Beweisermittlungsanträge eingeordneten Beweisangebote und Beweisanregungen sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sehr wohl auf bestimmte Schriftstücke bezogen haben.
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Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof von Rechts wegen gehalten war, zur Frage der weiteren Anwendbarkeit des so genannten Schienenbonus eine weitere sachverständige Auskunft durch das Umweltbundesamt einzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies im Anschluss an die Rechtsprechung des beschließenden Senats abgelehnt. Der Senat hat im Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - (Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 Rn. 52 ff.) ausgeführt, dass derzeit einhellige fachwissenschaftliche Aussagen, die ein Festhalten am Schienenbonus ungeachtet des dem Verordnungsgeber eingeräumten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums als unvertretbar erscheinen ließen, nicht festgestellt werden könnten. Die Kläger legen nicht dar, inwieweit eine Auskunft des Umweltbundesamts, das eine vom Senat bereits verwertete Studie in Auftrag gegeben hatte, geeignet sein könnte, diese Einschätzung zu erschüttern. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Darlegungen in der Begründung des Beweisantrags vom 16. November 2011, Seite 9 - 12. Auch hier macht die Beschwerde nicht deutlich, inwieweit die darin erwähnten Studien angesichts der vom Senat gleichfalls berücksichtigten Untersuchung von Mersch-Sundermann vom April 2010 zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen könnten.
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Auch im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, warum sich dem Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde erschöpft sich insofern im Wesentlichen darin, das Vorgehen des Verwaltungsgerichtshofs als fehlerhaft anzugreifen, weil unter Zugrundelegung der abweichenden Rechtsansicht der Kläger eine weitere Sachverhaltsaufklärung für erforderlich erachtet wird. Damit wird aber ein Aufklärungsmangel nicht aufgezeigt.
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d) Zu Unrecht machen die Kläger schließlich geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof ihren Klageantrag nicht zutreffend erfasst und nicht erschöpfend verbeschieden habe. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil - im Gegensatz zu Entscheidungen in Parallelverfahren - den Hilfsantrag auf Durchführung eines ergänzenden Verfahrens, dessen Anliegen allerdings sachdienlich allein auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet sein kann (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <372> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 113 S. 99<105>), nur hinsichtlich des Lärmschutzes der Sache nach angesprochen. Der klagabweisende Entscheidungsausspruch erfasst aber dieses Klagebegehren unter allen geltend gemachten Gesichtspunkten. Da der Verwaltungsgerichtshof von der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgegangen ist, fehlt es auch an jeglichem Ansatzpunkt für ein ergänzendes Verfahren, das durch den Ausspruch der Nichtvollziehbarkeit gesichert wird. Die Entscheidungsgründe mögen insoweit unvollständig sein. Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO folgt daraus aber nicht.
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2. Auch die Grundsatz- und die Divergenzrügen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
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a) Soweit die Kläger sich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage des für die gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beschlüsse maßgeblichen Zeitpunkts wenden, zeigen sie weder einen Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
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aa) Die Revision ist insoweit nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen Urteils zu den von den Beschwerdeführern genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen. Das Beschwerdevorbringen genügt hierzu bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen divergenzfähigen Gerichts aufgestellten tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich eine fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen aufgezeigt wird, die die genannten Gerichte in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.
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Die Kläger entnehmen dem Urteil des Senats vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 7 A 7.09 - (Buchholz 442 § 18 AEG Nr. 69 S. 40) den Rechtssatz, dass "zum Zeitpunkt des Planänderungsbeschlusses die Planrechtfertigung unverändert vorliegen muss, mithin entsprechendes geprüft werden muss und dass sich die ursprüngliche Planfeststellungsentscheidung immer noch, auch unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte aus dem Planänderungsverfahren und dem Stichtag der Planänderungsentscheidung als insgesamt abwägungsfehlerfrei darstellen muss". Das trifft aber so nicht zu. Denn mit der Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines nachträglich im Wege einer Planänderung ergänzten Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich ist, befasst sich das genannte Urteil nicht.
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Gleichfalls ohne Erfolg rügen die Kläger eine Abweichung von den Urteilen vom 7. März 2007 - BVerwG 9 C 2.06 - (BVerwGE 128, 177 = Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 27 S. 2) und vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - (BVerwGE 104, 337 = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 27) sowie vom Beschluss vom 7. April 1997 - BVerwG 4 B 64.97 - (Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 10 S. 26). Aus diesen Entscheidungen ergibt sich nach Ansicht der Kläger der Rechtssatz, dass "zwischen dem Zeitraum eines Ursprungsplanfeststellungsbeschlusses ... und dem Zeitraum eines Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ... sorgfältig zu prüfen ist, ob gegebenenfalls Entwicklungen eingetreten sind, die, vorliegend im Besonderen in Form der Verkehrsprognose und den Zielen des Vorhabens (Stichwort Alternativ- und Entlastungsstrecke für Güterverkehr) seit dem Ursprungsplanfeststellungsbeschluss derartige Änderungen eingetreten sind, dass über den Gesamtplan nur unter Beachtung dieser Änderungen einheitlich zum Stichtag des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses entschieden werden kann". Einen solchen Rechtssatz hat das Bundesverwaltungsgericht aber in keiner der erwähnten Entscheidungen, auch nicht sinngemäß, aufgestellt; diese äußern sich zur hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht. Der von den Klägern formulierte Rechtssatz gibt lediglich die rechtlichen Schlussfolgerungen wieder, die nach deren Verständnis aus den Entscheidungen zu ziehen sind.
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bb) Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Daran fehlt es hier.
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Die Kläger halten insoweit für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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(1) "ob ... maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage generell oder für die Themenbereiche des Planänderungsbeschlusses derjenige des Planänderungsbeschlusses oder derjenige des Ausgangsbeschlusses ist";
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(2) "ob das vorliegend eingeleitete Planänderungsverfahren, das in Bezug auf Schall- und Erschütterungsschutz darauf beruht, dass zum Zeitpunkt des Ausgangsplanfeststellungsbeschlusses eine fehlerhafte Verkehrsprognose zugrunde gelegt worden war, in Bezug auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt verglichen werden kann mit den Rechtsprechungsgrundsätzen im Urteil BVerwG vom 20.01.2010 - 9 A 22.08 - Rn. 28 oder ob die Inhalte des vorliegenden Planänderungsverfahrens von so großem Gewicht sind, dass die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines Planungsteils in Frage gestellt werden kann, mithin eine planerische Abwägung des Gesamtvorhabens zum Stichtag des Planänderungsbeschlusses erforderlich ist";
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(3) "ob in einer Konstellation eines Planfeststellungsverfahrens, bei dem Schall-, Erschütterungs- und Naturschutz sowie artenschutzfachliche Gutachten neu erstellt werden mit Auswirkungen auf neue Gesamtbeurteilungen des Projekts, neue Bau- und Schutzmaßnahmen aller Art, der durch Planänderungsbeschluss entstehende neue Gesamtplan umfassend nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens des Planänderungsbeschlusses zu beurteilen ist";
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(4) "ob in Fallkonstellationen, in denen eine Planänderung vor Realisierung des Vorhabens durchgeführt wird aufgrund einer neuen Verkehrsprognose, dass die zugrunde zu legende Prognose für Schutzmaßnahmen aller Art auch zum Stichtag der Planänderungsentscheidung noch aktuell und gültig vorliegen muss";
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(5) "ob in einer Fallkonstellation, in der sicher feststeht, dass eine bisher zugrunde gelegte Verkehrsprognose bis zur Inbetriebnahme des Planfeststellungsvorhabens überholt sein wird, insbesondere wenn bereits lange vor Erreichen dieses Prognosehorizonts eine neue Verkehrsprognose vorliegt, dann auch in einem gerichtlichen Verfahren gegen einen Planfeststellungsbeschluss die neue Verkehrsprognose im Entscheidungszeitraum der mündlichen Verhandlung mit heranzuziehen ist";
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(6) "ob bei einem auf einen bestimmten Abschnitt eines Gesamtvorhabens bezogenen Planfeststellungsverfahren, das infolge eines Planänderungsverfahrens und eines damit in Verbindung stehenden gerichtlichen Verfahrens noch nicht rechtskräftig entschieden ist, für die Rechtmäßigkeit der gewählten Abschnittsbildung auch Faktoren zu berücksichtigen sind, die bis zum Ergehen des Planänderungsbeschlusses und/oder der gerichtlichen Tatsachenentscheidung über den Planfeststellungsbeschluss aus einem Nachbarplanfeststellungsabschnitt bekannt geworden sind".
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Diese Fragen sind, soweit ihnen ein verallgemeinerungsfähiger Gehalt zukommt und sie sich im angestrebten Revisionsverfahren als entscheidungserheblich erweisen, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, an der sich der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich orientiert hat, geklärt. Hiernach kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses an (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283> = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 16 S. 75 <83> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 <319> Rn. 52 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 m.w.N.). Das gilt in gleicher Weise für die Begründetheit einer auf § 74 Abs. 2 VwVfG gestützten Verpflichtungsklage auf Planergänzung (Urteil vom 23. April 1997 a.a.O. S. 347). An der Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts ändert sich auch dann nichts, wenn der Planfeststellungsbeschluss nach seinem Ergehen im Wege einer Planergänzung insbesondere mit veränderten Schutzauflagen versehen wird, namentlich dann, wenn durch eine solche Änderung ursprüngliche Mängel des Planfeststellungsbeschlusses beseitigt werden sollen. Die Beibehaltung des ursprünglichen Prognosehorizonts setzt allerdings voraus, dass im Planergänzungsverfahren lediglich solche Rechtsfehler behoben werden, die für die Planungsentscheidung insgesamt nicht von so großem Gewicht sind, dass dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils in Frage gestellt wird, und die durch eine Schutzauflage behoben werden können (Urteile vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 28 und vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <81 f.> = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 34<50 f.>). Hiervon geht der Verwaltungsgerichtshof aus, wenn er ausführt, dass die Planergänzung im Planänderungsbeschluss die Gesamtkonzeption des Plans nicht berührt. Diese Feststellung wird nicht mit durchgreifenden Zulassungsrügen in Frage gestellt.
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b) Das Vorbringen der Kläger zu den prozessualen Folgerungen, die der Verwaltungsgerichtshof aus der Erklärung des Eisenbahn-Bundesamts zur neuerlichen Entscheidung über die Erschütterungsbelastungen gezogen hat, führt ebenso wenig auf einen Zulassungsgrund.
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Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die diesbezüglichen Aussagen des Planänderungsbeschlusses mit verfügendem Charakter gegenstandslos geworden sind, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Planergänzung unter Aufhebung derjenigen Regelungen, die im Zusammenhang mit den Beweissicherungsmessungen stehen, zugesagt hat. Die Beklagte hat sich zudem verpflichtet, nach Vorlage einer von der Beigeladenen zugesagten neu zu erstellenden erschütterungstechnischen Untersuchung weitere Planergänzungen insofern vorzunehmen. Von dieser Erklärung ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auch die Aussage des Planänderungsbeschlusses erfasst, die Kosten für die Realisierung der Schutzmaßnahmen am Oberbau stünden in keinem angemessenen Verhältnis zum Schutzzweck. Sie erfasst auch die Fragen des sekundären Luftschalls. In der Sache handelt es sich hierbei um einen Vorbehalt nach § 74 Abs. 3 VwVfG, der durch ein nachfolgendes Planänderungsverfahren aufzulösen ist (Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - NVwZ 2011, 676 Rn. 23, insoweit in Buchholz nicht abgedruckt).
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Die auf die Belastungen durch Erschütterungen und sekundären Luftschall bezogenen Rügen sind folglich im vorliegenden Verfahren nicht mehr von Bedeutung. Die vom Verwaltungsgerichtshof hierzu gegebenen Hinweise entfalten keine Bindungswirkung für das nachfolgende Planänderungsverfahren. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat insofern keine rechtlichen Maßstäbe verbindlich vorgegeben.
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aa) Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigen die Kläger nicht auf.
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Sie entnehmen den Urteilen vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - (BVerwGE 100, 370 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 113 S. 99) und vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - (BVerwGE 102, 358 = Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 12 S. 23) den Rechtssatz, dass "bei der Neudurchführung fehlerhafter Verfahrensschritte ein ergänzendes Verfahren durchzuführen ist und bis zur Vorlage eines Planfeststellungsänderungsbeschlusses die Nichtvollziehbarkeit des fehlerhaften Planfeststellungsbeschlusses festzustellen ist". Das trifft insoweit zu, als - wie in dem dem zweiten Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt - ein erheblicher Verfahrensfehler vorliegt. Von dem so zu verstehenden Rechtssatz ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht abgewichen. Er geht nämlich davon aus, dass bezüglich der hier noch zu bewältigenden Erschütterungsbelastung ein materieller Fehler, nämlich ein erheblicher Mangel in der Abwägung vorliegt, der allerdings im Wege der Planergänzung behoben werden kann und deshalb nicht die Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen in Frage stellt.
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Von dem im Urteil vom 24. März 2011 - BVerwG 7 A 3.10 - (Buchholz 406.400 § 19 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 84) aufgestellten Rechtssatz, dass der Schluss auf die (Teil-)Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erst dann gezogen werden darf, "wenn sich im gerichtlichen Verfahren herausstellt, dass eine Abwägung nicht oder auf der Grundlage eines nur unzureichend ermittelten Tatsachenmaterials stattgefunden hat", ist der Verwaltungsgerichtshof nicht abgewichen. Einen Rechtssatz, der sich mit diesen Aussagen ausdrücklich in Widerspruch setzt, hat er nicht formuliert. Auch der Sache nach hat er sich lediglich zu den aus der (Teil-)Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, hier in Bezug auf die Erschütterungsbelastungen, zu ziehenden rechtlichen Folgerungen verhalten.
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bb) Mit der hierauf bezogenen Grundsatzrüge dringen die Kläger ebenso wenig durch. Sie werfen in dieser Hinsicht als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"ob in der Konstellation eines Planfeststellungsbeschlusses, bei dem ein wesentlicher Konfliktbereich (z.B. Erschütterungen) von Grund auf neu erarbeitet und festgesetzt werden muss, stets der Gesichtspunkt der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest der Feststellung der (Teil-)Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit gerichtlicherseits zu prüfen ist und hilfsweise bei Relevanz eines Verpflichtungsklageantrages anstelle eines reinen Planergänzungsbeschlusses ein Planänderungsverfahren oder ein ergänzendes Verfahren der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen ist".
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Die Frage weist, soweit ihr fallübergreifende Bedeutung zukommt, keinen Klärungsbedarf auf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist vielmehr geklärt, dass das Planergänzungsverfahren dazu dient, solche Rechtsfehler zu beheben, die für die Planungsentscheidung insgesamt nicht von so großem Gewicht sind, dass dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils in Frage gestellt wird, und die durch eine Schutzauflage behoben werden können (Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <81 f.> m.w.N. = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 34<51>). Ob hiervon auszugehen ist, ist jeweils eine Frage des Einzelfalles. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt das bezüglich der Erschütterungsbelastungen der Anlieger der Bahnstrecke an; dies entspricht im Übrigen einer weit verbreiteten Praxis (siehe Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - NVwZ 2011, 676 Rn. 23, insoweit in Buchholz nicht abgedruckt).
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Die in diesem Zusammenhang weiter für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,
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"ob im Rahmen des ergänzenden Verfahrens oder auch nur bei einer reinen Planergänzung ein Verwaltungsverfahren nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht mit Beteiligungs-, Akteneinsichts- und Anhörungsrechten durchzuführen ist oder aber ein spezielles Offenlage- und Anhörungsverfahren nach für die Planfeststellung maßgeblichen Grundsätzen und unter Anwendung des § 73 VwVfG",
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ist, da sie auf erst noch durchzuführende Verfahren bezogen ist, im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich und folglich schon deswegen nicht klärungsfähig.
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c) aa) In Bezug auf die Ausführungen zur Lärmbelastung zeigt die Beschwerde eine Divergenz gleichfalls nicht auf.
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Mit der von den Klägern wiedergegebenen Passage aus dem Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 9 C 2.06 - (BVerwGE 128, 177
= Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 27) wird ein divergenzfähiger Rechtssatz nicht benannt. Denn die Frage, ob eine zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen äußerstenfalls zumutbare Geräuscheinwirkung in einem bestimmten Geräuschpegel zutreffend ausgedrückt ist, ist eine außerrechtliche Fachfrage, die in der Tatsacheninstanz im Wege der Sachverhaltsermittlung zu klären ist (Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - juris Rn. 13 m.w.N.). In welcher Hinsicht eine Abweichung von dem Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 11 A 18.98 - (BVerwGE 111, 108 = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 49 S. 3) gegeben sein soll, wird nicht ansatzweise dargelegt.
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bb) Die Beschwerde hält ferner für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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(1) "ob es von Verfassungs wegen unter dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot sowie den Einzelgrundrechten aus Art. 2 Abs. 2 und Art. 14 GG geboten ist, nach dem Stand der Lärmwirkungsforschung festgestellte gesundheitsgefährdende Schallpegel (Beurteilungspegel und Spitzenpegel außen und innen) gesetzlich oder in Rechtsverordnungen zu normieren und dadurch verbindliche Grenzwerte festzusetzen";
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(2) "ob auch zur Beurteilung gesundheitsgefährdender Wirkungen von Lärm in Außenwohnbereichen, wozu auch unzumutbare Beeinträchtigungen der Kommunikation und der Rekreation gehören, Spitzenpegel von Verkehrsvorbeifahrten zu ermitteln und zu bewerten sind und dass festzulegen ist, ab welcher Pegelspitze sowie ob ohne oder mit Schienenbonus von 5 dB(A) solche gesundheitsgefährdenden Beeinträchtigungen in Außenwohnbereichen vorliegen können (Schwelle zur Gesundheitsgefährdung)".
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Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Soweit die Kläger - auch in weiteren Fragen - das gesamte Regelungssystem der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV und der 24. BImSchV sowie § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 und § 75 Abs. 2 VwVfG in Frage stellen, bedarf es bezüglich der gesetzlichen Vorgaben nicht erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens um festzustellen, dass der Senat sich von der Verfassungswidrigkeit dieser Normen als Voraussetzung für die von den Klägern ausdrücklich oder doch der Sache nach erstrebten Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht wird überzeugen können (vgl. Beschluss vom 29. November 2010 - BVerwG 7 B 68.10 - Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 11 Rn. 2). Ungeachtet des Vorbringens der Kläger bestehen schon keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 103, 107, vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 <129 ff.> = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 25 und vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 32<39> = juris Rn. 21).
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Nichts anderes gilt für die untergesetzlichen Regelungen. Auch diese haben angesichts fortbestehender technisch-wissenschaftlicher Unsicherheiten und des daraus folgenden weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers weiterhin Bestand (Urteil vom 21. März 1996 a.a.O. <33, 39> = juris Rn. 14, 21). Für den so genannten Schienenbonus, zu dem die Kläger weitere Fragen formulieren, hat der Senat dies zuletzt im Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - (Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 = juris Rn. 52 ff.) unter Verwertung neuerer Erkenntnisse dargelegt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigen die Kläger nicht auf.
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d) Die Beschwerde hält unter der Überschrift "Immissionsschutz" für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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(1) "ob die Prüfung, ob gesundheitsgefährdende Beurteilungs- oder Spitzenpegel zu erwarten sind, bereits durch den Vorhabensträger in der schalltechnischen Untersuchung vorzunehmen ist mit der Maßgabe, dass ermittelt und abgeschätzt werden muss, ob bei streckennahen Gebäuden gesundheitsgefährdende Beurteilungs- oder Spitzenpegel außen oder innen einwirken können und dass auf dieser Grundlage über Schutzmaßnahmen aller Art zu entscheiden ist und die Planfeststellungsbehörde diese Erkenntnisse in die Gesamtabwägung zu dem Vorhaben mit einfließen lassen muss";
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(2) "ob nachts im Innenraum generell keine gesundheitsgefährdenden Pegelspitzen auftreten dürfen oder ab welchem zahlenmäßigen Umfang solcher Pegelüberschreitungen abwägungsrelevante Schutzansprüche bestehen";
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(3) "ob (Zusammenhang mit dem Schutz vor gesundheitsgefährdenden Innenpegeln) auch hier das Primat aktiven Schallschutzes deswegen vorrangig zu prüfen und zu realisieren ist, um Hausbewohnern so weit wie möglich einen gesunden Nachtschlaf bei gekipptem oder geöffnetem Fenster zu ermöglichen".
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Auch diese Fragen, die sich auf das Abwägungsgebot im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit von Schienenverkehrslärm beziehen, rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Die allgemeinen Anforderungen an die planerische Bewältigung der Lärmbelästigung ergeben sich ausgehend vom Abwägungsgebot in § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG ohne Weiteres aus den gesetzlichen Bestimmungen. Gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen - unbeschadet des § 50 BImSchG und vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 - sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Verkehrsgeräusche sind schädlich, wenn die in § 2 16. BImSchV festgeschriebenen Immissionsgrenzwerte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) überschritten werden. Die in den Anlagen zu § 3 16. BImSchV vorgeschriebenen Berechnungsverfahren stellen sicher, dass das Maß des verfassungsrechtlich Zulässigen eingehalten wird (Urteil vom 21. März 1996 a.a.O. Rn. 21). Hierzu ist zu berücksichtigen, dass hohe Pegelspitzen erheblichen Einfluss auf die Höhe des Dauerschallpegels haben. Die Frage nach der Zulässigkeit gesundheitsgefährdender Pegelspitzen knüpft im Übrigen an tatsächliche Feststellungen an, die der Verwaltungsgerichtshof so nicht getroffen hat. Des Weiteren gilt auch hier, dass die zahlenmäßige Bestimmung von höchstzulässigen Pegelspitzen eine außerrechtliche Fachfrage darstellt. Die rechtlichen Maßstäbe, die für die Abwägung zwischen aktivem und passivem Schallschutz zu beachten sind, sind in der Rechtsprechung geklärt (Urteile vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 52 Rn. 63 f. und vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 = juris Rn. 48 m.w.N.)
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Hinsichtlich der weiteren Frage,
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"ob als Lärmvermeidungsmaßnahme im Sinne des aktiven Schallschutzes in diesem Rahmen stets auch betriebsregelnde Maßnahmen zu prüfen und zu erwägen sind, vorrangig vor Entschädigungsmaßnahmen aller Art, zu der bekanntlich passiver Schallschutz gehört",
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legen die Kläger die Klärungsfähigkeit nicht dar. Der Verwaltungsgerichtshof lässt die Frage, ob in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss betriebsregelnde Maßnahmen überhaupt getroffen werden können, unter Hinweis auf Ermessenspielräume der Planfeststellungsbehörde dahinstehen. Die Kläger führen vor diesem Hintergrund aber nicht, wie geboten, aus, dass die genannte Frage in einem Revisionsverfahren zu beantworten ist.
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e) Ferner halten die Beschwerdeführer für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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"ob im Rahmen der Gesamtlärmbelastung bei dem von dem in Rede stehenden Vorhaben ausgehenden Lärm neben dem Beurteilungspegel auch die Pegelspitzen einzelner Verkehrsereignisse generell, von der Anzahl her gesehen sowie tags und nachts zu ermitteln und in Relation zu der Ist-Situation und der sonstigen Verkehrsbelastung durch andere Verkehrsträger zu stellen ist".
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Auch aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen. Denn die Art und Weise der Ermittlung der Gesamtlärmbelastung bei einem Zusammentreffen nicht gleichartiger Verkehrswege ist eine außerrechtliche Fachfrage, die revisionsgerichtlicher Klärung nicht zugänglich ist (Beschluss vom 24. November 2010 - BVerwG 4 BN 28.10 - ZfBR 2011, 165 m.w.N.).
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f) aa) Hinsichtlich des Schutzes vor Baulärm behaupten die Kläger eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Fundstelle NVwZ 2001, 71. Im dort veröffentlichten Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - (BVerwGE 110, 370 = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 66) finden sich indessen keine Ausführungen zum Baulärm.
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bb) Die Frage,
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"ob bei einem Planfeststellungsvorhaben eine Immissionsprognose dergestalt anzustellen ist, ob bei betroffenen Streckenanliegern mit Sicherheit zu erwarten ist, dass geltende Richtwerte nach der AVV-Baulärm, die nicht überschritten werden dürfen, überschritten werden und ob in der Folge dann der Planfeststellungsbeschluss eine Entscheidung über etwaig erforderliche Schutzmaßnahmen treffen muss",
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wirft einen verallgemeinerungsfähigen Klärungsbedarf nicht auf. Denn sie ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beantworten.
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Im Übrigen wird die Beigeladene im Wege der Auflage verpflichtet, die einschlägigen Vorschriften nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG zu beachten und die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen - AVV Baulärm - festgelegten Werte einzuhalten. Weiter ist der Beigeladenen aufgegeben worden, den Baustellenbetrieb regelmäßig auf die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben zu überwachen und die Einhaltung der Immissionswerte gemäß der AVV Baulärm durch Messung seitens eines Sachverständigen nachzuweisen. Die Beigeladene hat somit sicherzustellen, dass es nicht zu einer Überschreitung der in der AVV Baulärm festgesetzten Werte kommt. Dass diese Werte nicht eingehalten werden könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Folglich bedarf es auch keiner Immissionsprognose bezüglich des zu erwartenden Baulärms.
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g) Die von der Beschwerde im Zusammenhang mit der Verschattung durch die geplanten Lärmschutzwände aufgeworfenen Fragen rechtfertigen - auch soweit diese mit ihrer Formulierung nicht bereits ausdrücklich auf die Besonderheiten des Einzelfalles abstellen - ebenso wenig die Zulassung der Revision. Denn die Zumutbarkeit einer Verschattung ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37 <48> = Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 23 S. 60<75>). Ob dessen ungeachtet in rechtsgrundsätzlicher Weise jedenfalls eine allgemeine Erheblichkeitsschwelle hinsichtlich der Verminderung der Besonnung in den Wintermonaten bestimmt werden könnte, kann dahinstehen. Die Kläger legen nämlich nicht dar, dass die Frage, die auf den von ihnen genannten Wert von 20 % bezogen ist, im erstrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich und damit klärungsfähig wäre. Die vorliegenden Unterlagen lassen jedenfalls - soweit ersichtlich - den Schluss, dass bei den Klägern diese Schwelle überschritten sein könnte, nicht zu.
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h) Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die so genannte Anstoßfunktion der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung der Planungsunterlagen nach (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 AEG a.F. i.V.m.) § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG; sie sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG zielt darauf ab, die im Veröffentlichungsgebiet Betroffenen durch Angabe der räumlichen Lage sowie der Art des Vorhabens zu ermuntern, sich für die Planung zu interessieren und nach Bedarf hieran als Einwender mitzuwirken; es soll ihnen bewusst gemacht werden, dass sie erforderlichenfalls weitere Schritte unternehmen müssen, um ihre Interessen wahrnehmen zu können. Dazu gehört in erster Linie, die Vorhabensunterlagen einzusehen (Urteile vom 16. August 1995 - BVerwG 11 A 2.95 - Buchholz 407.3 § 3 VerkPBG Nr. 1 S. 2<6> = juris Rn. 30, vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <342> = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 27 und vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <376 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 39<43 f.>). Einen über diese Grundsätze hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
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i) Schließlich verhelfen die im Zusammenhang mit der Finanzierbarkeit sowie der Nichtdurchführung eines Raumordnungsverfahrens als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen der Beschwerde ebenso wenig zum Erfolg. Sie knüpfen jeweils an tatsächliche Feststellungen an, die der Verwaltungsgerichtshof so nicht getroffen hat; die Klärungsfähigkeit der Fragen ist demnach nicht dargetan.
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
(1) Der Gewässerausbau bedarf der Planfeststellung durch die zuständige Behörde.
(2) Für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden. Die Länder können bestimmen, dass Bauten des Küstenschutzes, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, anstelle einer Zulassung nach Satz 1 einer anderen oder keiner Zulassung oder einer Anzeige bedürfen.
(3) Der Plan darf nur festgestellt oder genehmigt werden, wenn
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eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist und - 2.
andere Anforderungen nach diesem Gesetz oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt werden.
(4) Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Binnenwasserstraße des Bundes oder ihrer Ufer nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 führt, soweit sie erforderlich sind, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 zu erreichen, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Rahmen ihrer Aufgaben nach dem Bundeswasserstraßengesetz hoheitlich durch.
(1) Gewässer sind so auszubauen, dass natürliche Rückhalteflächen erhalten bleiben, das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert wird, naturraumtypische Lebensgemeinschaften bewahrt und sonstige nachteilige Veränderungen des Zustands des Gewässers vermieden oder, soweit dies nicht möglich ist, ausgeglichen werden.
(2) Gewässerausbau ist die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Ein Gewässerausbau liegt nicht vor, wenn ein Gewässer nur für einen begrenzten Zeitraum entsteht und der Wasserhaushalt dadurch nicht erheblich beeinträchtigt wird. Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, sowie Bauten des Küstenschutzes stehen dem Gewässerausbau gleich.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-
streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau des Baches Feldkahl im Rahmen eines Konzepts zum Hochwasserschutz.
1.
Der Markt Hösbach (Beigeladener) plant im Ortsteil Feldkahl im Rahmen eines Konzepts zum Hochwasserschutz (Schutz vor einem hundertjährlichen Hochwasser - HQ 100) den Ausbau des Baches Feldkahl auf einer Länge von 420 m. Dabei sollen vorhandene Bachverrohrungen und -verbauungen beseitigt und das Bachbett möglichst naturnah gestaltet werden. Die Gesamtplanung sieht auch vor, dass zur Verbesserung des Regenwasserabflusses die vorhandene Trasse des Regenwasserkanals „RL 1“ geändert und auf die Ableitung eines HQ 100 ausgelegt wird. Das kanalisierte Regenwasser soll im unteren Bereich des RL 1 in einen offenen, ca. 70 m langen Vorflutgraben überführt werden, der in die Feldkahl einmündet. Daneben sieht die Gesamtplanung die Errichtung eines Einschöpfdamms am östlichen Ortsrand vor, um die schadlose Einschöpfung des Gewässers in das neu zu gestaltende Gerinne zu ermöglichen.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. ...30 und ...33 der Gemarkung Feldkahl. Nach der Planung des Beigeladenen verläuft der geplante Regenwasserkanal RL 1 und insbesondere der geplante Vorflutgraben im östlichen Bereich über das Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin. In diesem Bereich befindet sich auf dem vg. Grundstück auch ein von der Klägerin unterhaltener Schafstall. Ansonsten ist das Grundstück Fl.Nr. ...30 unbebaut. Das Grundstück Fl.Nr. ...33 befindet sich östlich des Grundstücks Fl.Nr. ...30 und ist ebenfalls unbebaut.
Unter dem 16. Januar 2009 beantragte der Beigeladene beim Landratsamt Aschaffenburg, die Pläne für den Ausbau der Feldkahl im Zuge eines Konzepts zum Hochwasserschutz festzustellen.
Nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls stellte das Landratsamt Aschaffenburg fest, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien und eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher nicht erforderlich sei. Diese Feststellung wurde am 12. Januar 2012 im Amts- und Mitteilungsblatt des Beigeladenen bekannt gemacht.
Nach Bekanntmachung des Vorhabens im vg. Amts- und Mitteilungsblatt am 1. Juli 2010 wurden die Planunterlagen erstmals in dem Zeitraum vom 5. Juli 2010 bis zum 2. August 2010 beim Markt Hösbach ausgelegt.
Da Verfahrensfehler hinsichtlich des Auslegungszeitraums festgestellt wurden, erfolgte - nach erneuter Bekanntmachung des Vorhabens im Amts- und Mitteilungsblatt des Beigeladenen am 16. Juni 2011 - eine erneute Auslegung der Planunterlagen im Zeitraum vom 27. Juni 2011 bis zum 29. Juli 2011.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2010, 4. August 2010 und 28. Oktober 2010 sowie mit weiteren Schreiben vom 4. Juli 2011 und vom 28. Juli 2011 brachten die Klägerin und ihr Ehemann Einwendungen gegen das Vorhaben vor. Die Planung des Beigeladenen verletze ihr durch Art. 14 GG geschütztes Grundeigentum und leide an Verfahrensfehlern. Die Planung vermische in unzulässiger Weise den Ausbau der Feldkahl und die Abwasserbeseitigung (Ableitung von Niederschlagswasser) über die Regenwasserkanäle RL 1 und RL 2. Zudem habe es der Beigeladene unterlassen, alternative Möglichkeiten der Planung, insbesondere den Bau eines Rückhaltebeckens, zu untersuchen. Eine Enteignung sei nur im Rahmen einer Gewässerausbaumaßnahme, nicht jedoch für ein Vorhaben der Niederschlags- bzw. Abwasserableitung zulässig. Für die Errichtung des Vorflutgrabens auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 sei eine Enteignung daher nicht möglich. Der geplante Vorflutgraben bewirke, dass das Grundstück Fl.Nr. ...30 im Hochwasserfall als Überschwemmungsgebiet herhalten müsse. Auch lägen Verfahrensfehler bei der Bekanntmachung des Vorhabens im Amts- und Mitteilungsblatt des Beigeladenen vor.
Am 21. November 2011 fand im Landratsamt Aschaffenburg ein Erörterungstermin statt.
Da ein Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Ladung zum Erörterungstermin vom 21. November 2011 festgestellt wurde, fand am 26. Juli 2012 ein weiterer Erörterungstermin statt.
2.
Unter dem 7. Dezember 2012 erließ das Landratsamt Aschaffenburg folgenden Planfeststellungsbeschluss:
„1. Gegenstand der Planfeststellung
Der Plan des Marktes Hösbach zum Ausbau der Feldkahl im Ortsteil Feldkahl im Rahmen einer „Hochwasserfreilegung“ des Ortsteils Feldkahl (Schutz vor einem HQ 100) wird gemäß § 68 Abs. 1 WHG festgestellt.
Gegenstand der Planfeststellung sind die konkret geplanten Gewässerausbaumaßnahmen an der Feldkahl (…).
Weiter ist Gegenstand der Planfeststellung die Herstellung des auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Gemarkung Feldkahl geplanten offenen ca. 70 m langen Vorflutgrabens RL 1 mit den verbundenen Abgrabungen zum Retentionsraumausgleich für den im Zuge der Gewässerausbaumaßnahme geplanten Einschöpfdamm am östlichen Ortsanfang verloren gehenden Retentionsraum.
(…)
3.2 Schaffung von Retentionsraum auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Gemarkung Feldkahl
3.2.1 Die als Retentionsraumausgleich vorgesehene Abgrabungsfläche im Bereich des offenen Vorflutgrabens RL 1 auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Gemarkung Feldkahl ist entsprechend der Planung als „weiche“ Geländemodellierung mit möglichst geringem Gefälle auszubilden.
3.2.2 Die Abgrabungen sind zeitlich mit den Ausbaumaßnahmen an der Feldkahl, die zu dem Retentionsraumverlust führen, abzuschließen.
3.2.3 Die ermittelte Kubatur der Retentionsraumausgleichsmaßnahme ist im Zuge der Bauabnahmebescheinigung durch einen Privaten Sachverständigen in der Wasserwirtschaft (…) zu bestätigen.
(…)
4. Entscheidungen über die Einwendungen
4.1. Die Einwendungen der Eheleute A. und F. M. werden zurückgewiesen. (…)“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das Vorhaben stelle einen Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 WHG dar und bedürfe der wasserrechtlichen Planfeststellung nach § 68 Abs. 1 WHG. Der geplante Vorflutgraben mit seitlichen Geländeabtragungen habe auch die Funktion, den durch den im Zuge der Gewässerausbaumaßnahme geplanten Einschöpfdamm am östlichen Ortsrand verlorengehenden Retentionsraum auszugleichen. Die Herstellung des Vorflutgrabens sei daher Teil des Gewässerausbaus im Rahmen der Gesamtplanung und somit Teil der Planfeststellung. Eine Trennung der im Rahmen des Gesamtkonzepts des Beigeladenen geplanten Gewässerausbaumaßnahmen an der Feldkahl und der Änderung der Oberflächenwasserableitung sei rechtlich nicht geboten. Naturschutzrechtliche und wasserwirtschaftliche Belange stünden der Errichtung des Vorflutgrabens nicht entgegen. Die Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 führe zu einer hydraulischen Entlastung der Feldkahl im Ortsbereich und sei daher - insbesondere im Hinblick auf Hochwasserereignisse - gegenüber der bestehenden Trassenführung zu bevorzugen. Auch nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg sei die Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 im Gesamtzusammenhang mit den geplanten Gewässerausbaumaßnahmen daher sinnvoll und notwendig. Der Regenwasserkanal RL 1 stelle keine Abwasserleitung i. S. d. §§ 54 ff. WHG dar, da das über den Kanal abgeführte Oberflächenwasser überwiegend aus der freien Flur stamme. Auch sonst lägen keine Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses vor. Verfahrensrechtliche Vorschriften über die Bekanntmachung des Vorhabens seien nicht verletzt worden, zumal die Klägerin und ihr Ehemann ja tatsächlich Einwendungen gegen das Vorhaben vorgebracht hätten. Die Rechtfertigung für die gemeinnützige Planfeststellung ergebe sich aus dem Zweck des Hochwasserschutzes und der Verbesserung der Gewässerökologie. Versagungsgründe i. S. d. § 68 Abs. 3 WHG lägen nicht vor. Das Vorhaben sei nicht mit einem rechtswidrigen Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin verbunden, die diesbezüglichen Einwendungen seien zu Recht zurückgewiesen worden. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine Enteignungsentscheidung. Er gebe dem Vorhabensträger daher kein Recht, Dritten gehörende Grundstücke in Besitz zu nehmen. Im Übrigen werde das Grundeigentum der Klägerin nur in geringem Maße beeinträchtigt. Die Überschwemmungsgefahr für das Grundstück Fl.Nr. ...30 werde durch das Vorhaben gegenüber dem Ist-Zustand nicht erhöht. Der Bau eines Rückhaltebeckens im Zuge der im Verwaltungsverfahren diskutierten „Dammlösung“ brächte der Klägerin und ihrem Ehemann gegenüber der nunmehr verfolgten Planung keinerlei Vorteile. Insgesamt träten die Belange der Klägerin und ihres Ehemanns gegenüber den für den Gewässerausbau sprechenden öffentlichen Belangen im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zurück.
3.
Gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2012 ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Klage erheben mit dem
Antrag,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 7.12.2012 betreffend die Gewässerausbaumaßnahmen an der „Feldkahl“ aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 7.12.2012 für die Gewässerausbaumaßnahmen an der Feldkahl gegenüber der Klägerin rechtswidrig und bis zur Behebung der festgestellten Mängel nicht vollziehbar ist,
hilfsweise
zu diesem Hilfsantrag
die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 7.12.2012 insoweit aufzuheben soweit das Grundstück der Klägerin als Retentionsraum zum Hochwasserschutz in Anspruch genommen wird.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei die einzige Grundstückseigentümerin in dem von der Planung des Beigeladenen betroffenen Gebiet, welche erhebliche Nachteile durch die Planung in Kauf nehmen müsse, obwohl die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen zum Zwecke des Hochwasserschutzes insgesamt in Frage stehe. Das Ziel des Schutzes vor einem „hundertjährigen Hochwasser“ sei durch die Planung nicht zu erreichen. Obwohl dies im Laufe des Verwaltungsverfahrens erkennbar geworden sei, sei die ursprüngliche Planung weiterverfolgt worden, ohne in Betracht kommende Planungsalternativen, insbesondere den Bau eines Regenrückhaltebeckens, ernsthaft zu diskutieren und gegeneinander abzuwägen. Der Planfeststellungsbeschluss leide daher an schwerwiegenden Abwägungsmängeln. Zudem beeinträchtige die gewählte Planung mit dem Einschöpfdamm am östlichen Ortsrand auch öffentliche Belange, weil durch diesen natürliche Retentionsflächen zerstört würden. Im Übrigen läge auch ein Verfahrensfehler vor, weil die Ladung zum zweiten Erörterungstermin erneut fehlerhaft gewesen sei.
4.
Das Landratsamt Aschaffenburg beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt: Die Planungsalternative der Errichtung eines Regenrückhaltebeckens („Dammlösung“) sei im Verwaltungsverfahren erörtert, jedoch letztlich nicht weiterverfolgt worden, weil diese Planung lediglich eine geringfügige Reduzierung des neuen Bachquerschnitts zur Folge gehabt hätte. Der Regenwasserkanal RL 1 hätte von dieser Planung nicht profitieren können, die Klägerin hätte daher aus der damals untersuchten „Dammlösung“ keinerlei Vorteile gezogen. Auch hätte diese Planung nach naturschutzfachlicher Einschätzung einen erheblichen Eingriff in die Natur zur Folge gehabt. Durch die nunmehr verfolgte Planung mit dem Einschöpfdamm gingen zwar natürliche Retentionsflächen verloren, diese würden jedoch entsprechend dem Ausgleichserfordernis des § 67 Abs. 1 WHG im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. ...30 der Klägerin ausgeglichen. Die Festlegung des Schutzgrads für den Hochwasserschutz - hier HQ 100 - stehe im Planungsermessen des Beigeladenen. Die hydraulische Leistungsfähigkeit des Bachquerschnitts der Feldkahl werde durch den geplanten Gewässerausbau auch nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg erhöht. Der Umstand, dass der Schutzgrad HQ 100 an einzelnen Stellen nicht umgesetzt werden könne, stelle die Wirksamkeit und das Schutzziel der Gesamtmaßnahme nicht in Frage. Es lägen keine Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Bekanntmachung des Vorhabens vor. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nach dem Ergebnis der Vorprüfung nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, wie sie durch die Planung konkret in ihren Eigentumsrechten verletzt sei. Im Wesentlichen habe die Klägerin nur vorgetragen, dass sie einer Inanspruchnahme ihrer Grundstücke nicht zustimme. Spürbare tatsächliche Beeinträchtigungen durch das Ausbauvorhaben habe sie dagegen nicht substanziiert vorgetragen. Insgesamt habe sich das Landratsamt Aschaffenburg in Ausübung seiner planerischen Gestaltungsfreiheit abwägungsfehlerfrei für die Zurückstellung der Belange der Klägerin und für die Bevorzugung der öffentlichen Belange des Hochwasserschutzes entschieden.
5.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen keinen Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss vom 7. Dezember 2012 weist keine Rechtsfehler auf, die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG) und die Klägerin in ihren Rechten verletzen.
1.
Der Planfeststellungsbeschluss ist im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Kommt einem Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung zu, so erfolgt aufgrund einer Anfechtungsklage eines Betroffenen im Hinblick auf Art. 14 Abs. 3 GG eine vollständige gerichtliche Prüfung auch hinsichtlich etwaiger Verstöße gegen nicht drittschützende Rechtsnormen (vgl. Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 71 Rn. 9). Im vorliegenden Fall gilt dies allerdings nicht, weil der Planfeststellungsbeschluss nach seinem ausdrücklichen Wortlaut (vgl. S. 14, letzter Abs. des Bescheids vom 7. Dezember 2012) gerade keine enteignungsrechtliche Vorwirkung i. S. d. § 71 WHG hat. Eine solche folgt auch nicht unmittelbar aus § 71 WHG, da diese gesetzliche Regelung die Planfeststellungsbehörde lediglich ermächtigt, die enteignungsrechtliche Vorwirkung im Planfeststellungsbeschluss anzuordnen, diese Wirkung aber nicht kraft Gesetzes begründet (Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 71 Rn. 10).
Daraus folgt, dass die Klägerin sich nur auf die Verletzung von zu ihren Gunsten drittschützenden Rechtssätzen berufen kann, nicht aber eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle verlangen kann. Auf Verfahrensfehler kann sich die Klägerin daher nur berufen, soweit sich diese auf ihre materielle Rechtsstellung auswirken können (vgl. Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 147). Auch materielle Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses kann die Klägerin nur insoweit geltend machen, als dadurch ihre subjektive Rechtsposition betroffen ist. Die Klägerin kann im vorliegenden Fall daher zwar geltend machen, dass das Vorhaben des Beigeladenen unzumutbare Auswirkungen auf ihr durch Art. 14 GG geschütztes Grundeigentum hat und dass Abwägungsfehler im Hinblick auf ihre eigenen schutzwürdigen Belange vorliegen, nicht aber, dass der Beklagte im Rahmen der Planfeststellung öffentliche Belange nicht hinreichend berücksichtigt hat.
Da der Bescheid vom 7. Dezember 2012 keine Enteignungsentscheidung enthält und keine enteignungsrechtliche Vorwirkung begründet, muss im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens weiterhin außer Betracht bleiben, dass das Vorhaben des Beigeladenen nach den planfestgestellten Plänen teilweise auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin verwirklicht werden soll. Denn der Planfeststellungsbeschluss gibt als solcher kein Recht, auf Dritten gehörende Grundstücke zuzugreifen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 70 Rn. 17 m. w. N. zur st. Rspr.; Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 71 Rn. 2). Der umfangreiche Vortrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren, im gerichtlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung, dass sie einer Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen auf ihrem Grundstück nicht zustimme, ist daher für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Eigentumsbeeinträchtigungen kann die Klägerin vielmehr nur insoweit geltend machen, als sich diese aus den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf ihr Grundeigentum, welche unabhängig von der erforderlichen Inanspruchnahme von Flächen ihres Grundstücks bestehen, ableiten lassen.
2.
Unter Berücksichtigung dessen ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 7. Dezember 2012 keine zugunsten der Klägerin drittschützenden Rechtssätze verletzt.
2.1.
Es liegen keine Verfahrensfehler vor, die sich auf die materiell-rechtliche Rechtsstellung der Klägerin auswirken könnten.
2.1.1.
Ein solcher Verfahrensfehler ist nicht in der geringfügigen Abweichung des zweiten Bekanntmachungstextes von dem Text der ersten Bekanntmachung des Vorhabens zu sehen. Gem. § 70 Abs. 1 Halbs. 2 WHG und Art. 69 Satz 1 BayWG gelten für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren die Vorschriften der Art. 72 ff. BayVwVfG. Die Bekanntmachung des Vorhabens gem. Art. 73 Abs. 5 BayVwVfG soll das Vorhaben hinreichend konkret beschreiben, um die Betroffenen auf die bevorstehende Auslegung der Pläne und die Möglichkeit zum Vorbringen von Einwendungen hinzuweisen (sog. Anstoßfunktion, vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 73 Rn. 105). Dieser Funktion wird der Bekanntmachungstext in beiden Fassungen ohne Zweifel gerecht. Im Übrigen ist in keinster Weise ersichtlich, wie sich ein etwaiger Bekanntmachungsfehler auf die Rechtsstellung der Klägerin ausgewirkt haben soll, da diese ja tatsächlich umfangreiche Einwendungen vorgebracht hat, die der Beklagte einer inhaltlichen Prüfung unterzogen und insbesondere nicht als verspätet zurückgewiesen hat.
2.1.2.
Der Verfahrensfehler bei der ersten Auslegung aufgrund der zu kurzen Auslegungsfrist wurde durch die erneute fehlerfreie Auslegung geheilt. Ohnehin ist nach dem oben Gesagten auch insoweit eine Rechtsverletzung der Klägerin nicht denkbar.
2.1.3.
Die Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Ladung zu den Erörterungsterminen können sich ebenfalls nicht auf die materielle Rechtsstellung der Klägerin ausgewirkt haben. Zwar entsprach die Ladung zu den beiden Erörterungsterminen nicht den Vorschriften des Art. 73 Abs. 6 Satz 6 i. V. m. Art. 67 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG, da nicht darauf hingewiesen wurde, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin hierdurch ist jedoch offensichtlich ausgeschlossen. Zum einen hat die Klägerin selbst das Landratsamt im Vorfeld des zweiten Erörterungstermins auf die Rechtsvorschrift des Art. 67 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG hingewiesen (vgl. Schreiben vom 30. Juni 2012, Bl. 263 der Behördenakte), so dass sie nachweislich Kenntnis von dieser gesetzlichen Regelung hatte. Zum anderen war die Klägerin nachweislich bei dem Erörterungstermin am 26. Juli 2012 anwesend (vgl. Bl. 322 der Behördenakte).
2.1.4.
Ein Verfahrensfehler zulasten der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Erörterungstermine - wie in Art. 73 Abs. 6 Satz 1 BayVwVfG vorgesehen - unter Anwesenheit der übrigen von dem Vorhaben Betroffenen durchgeführt wurden. Zwar kann sich im Einzelfall ein Anspruch eines Beteiligten auf gesonderte Erörterung ergeben, wenn ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse dieses Beteiligten glaubhaft gemacht wird (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 68 Rn. 4 und 17a). Weder die Klägerin noch ihr Ehemann haben aber auch nur ansatzweise ein solches Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht.
2.1.5.
Bezüglich der vom Beklagten durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gem. Art. 81 BayWG i. V. m. Art. 83 Abs. 3 und Anlage III I. Teil Ziffer 13.16 und II. Teil BayWG 1994 i. V. m. § 3d UVPG a. F. sind Rechtsfehler weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2.2.
Der Planfeststellungsbeschluss vom 7. Dezember 2012 enthält auch keine materiell-rechtlichen Fehler, auf die sich die Klägerin berufen könnte.
2.2.1.
Ein solcher Fehler ergibt sich nicht daraus, dass die Errichtung des Vorflutgrabens und des in diesen einmündenden Regenwasserkanals RL 1 von der Planfeststellung umfasst sind. Denn es bestehen keine Zweifel, dass es sich bei diesen Maßnahmen um Gewässerausbaumaßnahmen im Rahmen einer wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers (§ 67 Abs. 2 Satz 1 3. Var. WHG) handelt. Eine solche wesentliche Umgestaltung liegt vor, wenn ein Gewässer einschließlich seiner Ufer in seiner bisherigen Gestalt verändert wird und sich dadurch merkliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, also u. a. auf den Wasserstand, den Wasserabfluss und die Fließgeschwindigkeit, oder in sonstiger Hinsicht ergeben (Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 67 Rn. 21 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar ist der Regenwasserkanal als solcher kein Gewässer i. S. d. WHG (vgl. § 3 Nr. 1 WHG). Die genannten Maßnahmen stehen jedoch in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Vorhabenszweck, die von der Feldkahl ausgehende Hochwassergefahr einzudämmen. Die Errichtung des Vorflutgrabens dient auch und gerade dem Ausgleich (vgl. § 67 Abs. 1 WHG) des durch die Errichtung des Einschöpfdamms am östlichen Ortsrand verlorengehenden Retentionsraums. Mit der Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 soll eine wesentliche Ursache der Überflutung des Innenorts im Hochwasserfall beseitigt werden. Denn nach den Ausführungen des Beklagten hat die bisher bestehende zu geringe Dimensionierung des Regenwasserkanals und seine Einmündung in die Feldkahl an der Brücke in der Seewiesenstraße in der Vergangenheit wesentlich zur Überflutung des Innenortsbereichs beigetragen. Dementsprechend hat auch das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg ausführt, dass die geplante Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 „das Gewässer im innerörtlichen Bereich deutlich entlastet“ (Bl. 56 der Behördenakte) und daher „gegenüber der bestehenden Trassenführung zu bevorzugen“ (Bl. 134 RS der Behördenakte) ist. Unter Berücksichtigung dieser für die Kammer nachvollziehbaren Ausführungen
- welche die Klägerin in keiner Weise substanziiert angegriffen hat - ist daher davon auszugehen, dass sowohl der Vorflutgraben als auch der neue Regenwasserkanal RL 1 unmittelbar auf die Abflusseigenschaften der Feldkahl im Hochwasserfall Einfluss nehmen. Es handelt sich deshalb um Maßnahmen im Rahmen eines Gewässerausbaus gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG.
2.2.2.
Eine Rechtsverletzung der Klägerin kann auch nicht aus einer von der Klägerin gerügten fehlenden Planrechtfertigung des Vorhabens abgeleitet werden. Es erscheint bereits fraglich, ob sich die Klägerin angesichts der fehlenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung überhaupt auf eine fehlende Planrechtfertigung berufen kann (vgl. Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 74 Rn. 34). Jedenfalls bestehen vorliegend keine Zweifel an der Planrechtfertigung. Denn diese liegt bei gemeinnützigen Planfeststellungen
- wie hier - bereits dann vor, wenn die geplanten Maßnahmen im Allgemeininteresse „vernünftigerweise geboten“ sind; eine strikte Erforderlichkeit der Planung i. S. einer Unabdingbarkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Ziele des zugrundeliegenden Fachgesetzes ist keine Voraussetzung der Planrechtfertigung (vgl. Kopp/Ramsauer, § 74 Rn. 42 und 47 m. w. N. zur Rechtsprechung). Im Hinblick darauf, dass das Vorhaben - auch nach den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts (vgl. Bl. der 57 und 59 Behördenakte), welchen im Wasserrecht nach der Rechtsprechung des BayVGH regelmäßig besonderes Gewicht zukommt (vgl. BayVGH, B. v. 02.05.2011 - 8 ZB 10.2312, Rn. 11; B. v. 31.08.2011 - 8 ZB 10.1961, Rn. 17; B. v. 17.07.2012 - 8 ZB 11.1285, Rn. 13 - alle juris -) - dem Hochwasserschutz und der Verbesserung der Gewässerökologie dient, bestehen keine Zweifel, dass das Vorhaben geboten im vg. Sinne ist. Soweit die Klägerin vorbringt, dass es bessere bzw. ihre Rechtsstellung weniger belastende Planungsalternativen gebe, vermag dies höchstens auf der Ebene der Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange zum Tragen kommen, nicht jedoch die Planrechtfertigung in Frage zu stellen. Auch der Vortrag des Klägerbevollmächtigten, der Schutzstandard HQ 100 sei mit der genehmigten Planung nicht in vollem Umfang zu erreichen, begründet keine Zweifel an der Planrechtfertigung. Denn allein aus dem Umstand, dass dieser Schutzstandard an einzelnen Stellen im Ortsbereich aufgrund der baulichen Gegebenheiten unter Umständen nicht verwirklicht werden kann, folgt keinesfalls, dass die Geeignetheit des Ausbaus zum Zwecke des Hochwasserschutzes und der Verbesserung der Gewässerökologie insgesamt in Frage steht.
2.2.3.
Der Planfeststellung stehen keine zwingenden Versagungsgründe (vgl. § 68 Abs. 3 WHG) entgegen, auf die sich die Klägerin berufen könnte.
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorbringt, dass durch die Errichtung des Einschöpfdamms am östlichen Ortsrand Retentionsraum zerstört werde, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei dem Gebot der Erhaltung von Retentionsflächen um einen öffentlichen Belang handelt, auf dessen Verletzung sich die Klägerin hier nicht berufen kann (vgl. Spieth in Beck'scher Online-Kommentar Umweltrecht, Stand Oktober 2013, § 68 WHG Rn. 29 und 34 m. w. N.). Im Übrigen werden durch die Errichtung des Einschöpfdamms verlorengehende Retentionsflächen nach der Planung des Beigeladenen im westlichen Bereich des Ausbaugebiets ausgeglichen, so dass im Hinblick auf das Ausgleichsgebot des § 67 Abs. 1 WHG a. E. ohnehin keine Verletzung der in § 67 Abs. 1 WHG festgelegten Grundsätze gegeben ist.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigungen (vgl. § 70 Abs. 1 Halbs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 und 4 WHG) berufen. Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen, dass sie der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums nicht zustimme, wozu der Planfeststellungsbeschluss nach den obigen Ausführungen aber ohnehin kein Recht gibt. Sie hat jedoch keine bzw. nur völlig unsubstanziierte Einwendungen hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen der Planung des Beigeladenen auf ihre Grundstücke vorgebracht. Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ...33 hat die Klägerin überhaupt keine tatsächlichen Auswirkungen der Planung vorgetragen. Bezüglich des Grundstücks Fl.Nr. ...30 sind die Einwendungen der Klägerin viel zu unsubstanziiert, um die Darlegungen des Beigeladenen, des von diesem beauftragten Ingenieurs und des Wasserwirtschaftsamts in Frage zu stellen. Der vom Beigeladenen mit der Planung beauftragte Ingenieur hat im Verwaltungsverfahren unter Vorlage entsprechender Berechnungen im Einzelnen dargelegt, dass die Hochwassergefahr für das Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin durch die Planung - einschließlich der Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 - nicht erhöht wird bzw. eine Erhöhung jedenfalls vernachlässigbar gering ist (vgl. Bl. 86, 88 und 145 der Behördenakte). Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg hat darauf hingewiesen, dass das Grundstück Fl.Nr. ...30 schon bisher in Teilen dem Überschwemmungsgebiet der Feldkahl zuzurechnen ist (Bl. 134 RS der Behördenakte), und hat die Ausführungen und Berechnungen des vom Beigeladenen beauftragten Ingenieurs als nachvollziehbar und plausibel erachtet (Bl. 92 und 93 der Behördenakte). Hinzu kommt, dass aus dem vom Beigeladenen vorgelegten und vom Wasserwirtschaftsamt geprüften Plan „HQ 100 Linien Ist- und Planungs-Zustand“ ersichtlich ist, dass sich die Hochwasserlinie durch die Planung nicht zum Nachteil der Klägerin verändert. Die Klägerin hat diese Feststellungen nur insoweit angegriffen, als sie vorbringt, ihr Grundeigentum solle nach der Planung als Überschwemmungsgebiet herhalten. Ein derart pauschales Vorbringen kann die obigen Ausführungen nicht erschüttern. Hierzu wäre vielmehr ein Vortrag erforderlich, der sich inhaltlich mit dem Vorbringen der vg. Stellen auseinandersetzt und zumindest ansatzweise aufzeigt, warum dieses Vorbringen fehlerhaft ist. Dies ist vorliegend offensichtlich nicht erfolgt. Unzumutbare tatsächliche Auswirkungen des Vorhabens wurden nicht geltend gemacht.
2.2.4.
Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht auf Abwägungsfehler zu ihren Lasten berufen.
Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens steht der Planfeststellungsbehörde ein weitgehendes Planungsermessen zu (Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 70 Rn. 34). Der Planfeststellungsbeschluss ist daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich (Czychowski/Reinhardt, a. a. O.). Dementsprechend kann das Gericht die von der Behörde vorgenommene Abwägung der öffentlichen und privaten Belange als wesentlichen Ausfluss des Planungsermessens auch nur im Hinblick auf sog. Abwägungsfehler prüfen. Das Gericht kann daher nur prüfen, ob überhaupt eine Abwägung stattfand, ob alles an Belangen in die Abwägung eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob das Gewicht einzelner Belange nicht verkannt wurde und ob der Ausgleich zwischen den abwägungsrelevanten Belangen nicht in einer Weise erfolgt ist, die zu der objektiven Bedeutung der Belange außer Verhältnis steht (st. Rspr.. des BVerwG, z. B. U. v. 7.7.1978 - IV C 79.76 - BVerwGE 56, 112/122 f.). Im vorliegenden Fall ist zudem zu beachten, dass sich die Klägerin aufgrund der fehlenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses nur auf Abwägungsfehler bezüglich der sie betreffenden privaten Belange berufen kann.
Solche Abwägungsfehler sind hier nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, der Beigeladene und die Planfeststellungsbehörde hätten es unterlassen, bessere bzw. gleich geeignete, die Klägerin weniger belastende Planungsalternativen, insbesondere den im Verwaltungsverfahren diskutierten Bau eines Rückhaltebeckens östlich des Ortes Feldkahl (sog. „Dammlösung“), weiterzuverfolgen. Es ist Wesenselement jeder Planung, dass sich der Planungsträger für einen Weg entscheidet und andere Planungsmöglichkeiten nicht weiterverfolgt werden. Das Gericht kann und darf dem Planungsträger dabei nicht vorschreiben, welcher Weg der zweckmäßigste ist, sondern die Planung nur auf Rechtsfehler überprüfen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Planungsalternativen sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Planungsvariante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 12.4.2005 - 9 VR 41/04 - DVBl 2005, 916/920). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass Planungsvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ausgeschieden werden können (BVerwG, U. v. 9. 6. 2004 - 9 A 11/03 - NVwZ 2004, 1486/1492; VG Würzburg, U. v. 12.4.2010 - W 4 K 10.118 - juris; VG München, U. v. 15.11.2011 - M 2 K 10.3684 - juris, Rn. 64). Der vom Beigeladenen beauftragte Ingenieur hat im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die von der Klägerin angeführte „Dammlösung“ im Jahr 2001 geprüft, im Folgenden jedoch als wenig geeignet angesehen und daher nicht weiterverfolgt wurde (vgl. Bl. 144 f. der Behördenakte). Dies wird damit begründet, dass die „Dammlösung“ nur einen Teil des Gesamteinzugsgebiet erfassen hätte können, und nur zu einer geringfügigen Reduzierung des Bachquerschnitts, aber zu einem erheblichem Eingriff in die noch weitgehend naturgegebene Bachaue geführt hätte. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass das Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin von der „Dammlösung“ nicht profitiert hätte. Die Klägerin hat diese Argumente nicht substanziiert angegriffen. Sie verweist lediglich darauf, dass es rechtsfehlerhaft gewesen sei, die Planungsalternative „Dammlösung“ nur wegen des befürchteten Widerstands verschiedener Grundstückseigentümer nicht weiterzuverfolgen, ohne sich jedoch mit den gegen die „Dammlösung“ angeführten Sachargumenten auseinanderzusetzen. Es ist schon nicht ersichtlich, warum ein ggf. zu erwartender Widerstand verschiedener Grundstückseigentümer - auch angesichts der weiteren gegen die „Dammlösung“ sprechenden Sachargumente - nicht bei der Entscheidung des Beigeladenen über die weitere Planung hätte berücksichtigt werden dürfen. Im Übrigen spricht auch das von der Klägerin selbst vorgelegte Protokoll über die Sitzung des Marktgemeinderats des Beigeladenen vom 25. Februar 2003 gegen die Behauptung der Klägerin, dass die Planungsalternative „Dammlösung“ ohne nähere Prüfung aufgrund des befürchteten Widerstands verschiedener Grundstückseigentümer verworfen worden sei. So hat etwa der Erste Bürgermeister in der vg. Sitzung darauf hingewiesen, dass „[d]ie Staudammlösung bereits detailliert untersucht und verworfen“ (Bl. 118 der Gerichtsakte) worden war. Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Beigeladene - und diesem folgend die Planfeststellungsbehörde - jedenfalls aufgrund einer nach der oben zitierten Rechtsprechung ausreichenden Grobanalyse rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen ist, die von der Klägerin angeführte Planungsalternative aus sachlichen Gründen nicht weiterzuverfolgen. Eine eindeutig bessere Planungsalternative hat die Klägerin nicht dargelegt. Soweit die Klägerin und ihr Ehemann im Verwaltungsverfahren vorgetragen haben, dass es nicht ihr Anspruch sei, Planungsalternativen „funktionell zu definieren oder gar zu begründen“, sondern sie nur darauf hinweisen, dass „auch andere Modelle veritabel realisierbar“ (Bl. 114 der Behördenakte) seien, so wird damit das Wesen des Planungsermessens verkannt. Dieses wird nämlich grundsätzlich auch dann rechtsfehlerfrei ausgeübt, wenn ebenso geeignete Planungsalternativen bestehen. Es wäre dementsprechend hier Sache der Klägerin gewesen, die gegen die „Dammlösung“ angeführten Argumente substanziiert anzugreifen und aufzuzeigen, dass es eine eindeutig bessere Planungsalternative zu der vom Beigeladenen gewählten Planung gibt.
Sonstige Umstände, die Abwägungsfehler zulasten der Klägerin begründen könnten, wurden weder substanziiert vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Insbesondere hat die Planfeststellungsbehörde das Interesse der Klägerin an der Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. ...30 als Schafweide hinreichend berücksichtigt (vgl. Ziffer 3.2.1. und S. 12 3. Abs. des Bescheids vom 7.12.2012). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch private Belange der Klägerin im Rahmen der planerischen Abwägung überwunden werden können. Denn die Bevorzugung bestimmter und Zurückstellung anderer Belange ist Wesensmerkmal jeder planerischen Abwägung.
3.
Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen hat, weil sich dieser durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Chemnitz vom 24. Februar 2010 für den Bau der Ortsumgehung Freiberg im Zuge der Bundesstraßen B 101 Aue-Berlin und B 173 Bamberg-Dresden. Es ist geplant, die 13,4 km lange Umgehungsstraße von der Bestandsstrecke der B 101 im Nordwesten von Freiberg westlich um die Ortslage der Stadt bis zur B 173 in Richtung Chemnitz zu führen; von dort aus verläuft die Trasse südlich des Stadtgebiets, wo die B 101 in Richtung Brand-Erbisdorf abzweigt, und östlich des Stadtgebiets bis zur Bestandsstrecke der B 173 in Richtung Dresden. Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
- 2
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Die Klägerin ist Eigentümerin des im Osten von Freiberg gelegenen, mehr als 20 ha großen Grundstücks Gemarkung Freiberg Flurstück ..., das sich entlang dem westlichen Ufer der Freiberger Mulde von der Hilbersdorfer Straße (S 190) im Süden bis fast zur Bestandsstrecke der B 173 erstreckt. Auf dem nordöstlichen Grundstücksteil gruppieren sich drei Wohnhäuser unterschiedlicher Größe um einen Hof. Südlich dieser Bebauung liegen fünf jeweils mit Bungalows bebaute Kleingärten. Im Übrigen wird das Grundstück überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Es wird im Flächennutzungsplan der Stadt Freiberg als "Fläche für Entwicklung von Natur und Landschaft" dargestellt; Teilflächen einschließlich der Kleingärten liegen im FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal".
- 3
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Die geplante Ortsumgehung soll das Grundstück der Klägerin in nordöstlicher Richtung auf einem Damm und im Anschluss daran mit einer über das Muldetal geplanten Brücke queren. Die Brücke hält von der Wohnbebauung auf dem Grundstück einen Abstand von ca. 100 m. Die Kleingärten sollen bis auf den am nördlichsten gelegenen dem Vorhaben weichen, um unterhalb der Brücke ein Regenrückhaltebecken anlegen zu können. Von dem Grundstück sollen für das Vorhaben Teilflächen von mehr als 1,8 ha in Anspruch genommen werden.
- 4
-
Im Anhörungsverfahren für die ursprüngliche Planung erhob die Klägerin fristgerecht Einwendungen: Für das Vorhaben bestehe im Hinblick auf die absehbare demografische Entwicklung kein Bedürfnis. Obgleich aufgrund der gewählten Trassenführung mit erheblichen Lärmbelästigungen der Wohn- und Wochenendhausbebauung auf dem Grundstück zu rechnen sei, habe der Beklagte es versäumt, die Lärmbelastung der Bebauung zu untersuchen. Durch Flächenentzug und Zerstückelung des Grundstücks sowie Beeinträchtigung des Wohnwerts der Bebauung komme es zu immensen Einwirkungen auf den Restbesitz. Die Trassenführung laufe dem seit längerem entwickelten Konzept zuwider, auf dem Grundstück ein Camping- und Freizeitareal zu schaffen. Deshalb sei eine Gesamtübernahme erforderlich. Im Anhörungsverfahren zur 1. Tektur, die eine lärmtechnische Berechnung für die Wohnbebauung auf dem Grundstück der Klägerin enthielt, machte die Klägerin geltend, entgegen dieser Berechnung würden die Immissionsgrenzwerte für Wohngebäude im Außenbereich nicht eingehalten. Eine schalltechnische Untersuchung auch für die Kleingärten sei unverzichtbar.
- 5
-
Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 24. Februar 2010 wies die Planfeststellungsbehörde die Einwendungen der Klägerin zurück, soweit ihnen nicht mit der 1. Tektur Rechnung getragen worden war: Die mit der 1. Tektur nachgeholte lärmtechnische Beurteilung habe ergeben, dass für die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin sogar die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete unterschritten würden. Über eine Übernahme des Gesamtgrundstücks sei nicht im Planfeststellungsbeschluss, sondern erst im nachfolgenden Entschädigungsverfahren zu entscheiden.
- 6
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Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
-
Der Beklagte habe mit der Planung des Knotenpunkts 5 im Süden von Freiberg und der Maßnahmen zur Umgestaltung des nachgelagerten Straßennetzes im Anschluss an diesen Knotenpunkt seine Planungszuständigkeit überschritten. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße außerdem gegen materiell-rechtliche Vorgaben. Ihm fehle die Planrechtfertigung. Mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sei er ebenso unvereinbar wie mit den Vorschriften des Gebiets- und Artenschutzrechts. Ihre diesbezüglichen Rügen seien nicht präkludiert. Schon allgemein bestünden Zweifel, ob die Regelungen des deutschen Rechts über die Einwendungspräklusion mit Unionsrecht in Einklang stünden. Erst recht widerspreche es Unionsrecht, einen Kläger insoweit für ausgeschlossen zu halten, als sich Mängel der naturschutzrechtlichen Prüfung den ausgelegten Planunterlagen für einen Laien nicht erschlössen. Dies treffe für die erstmals im Klageverfahren erhobenen Einwände der Klägerin zum Naturschutz zu. Der Planfeststellungsbeschluss verletze des Weiteren das Abwägungsgebot. Bei der Trassenwahl seien naturschutzrechtliche Anforderungen nicht genügend berücksichtigt worden. Auch die eigenen Belange der Klägerin habe die Planfeststellungsbehörde nicht ordnungsgemäß abgewogen. Das gelte zum einen für den Lärmschutz. In dieser Hinsicht sei vor allem zu beanstanden, dass das schalltechnische Gutachten Impulsgeräusche unberücksichtigt lasse, die beim Überfahren der Fahrbahnübergänge an der Muldetalbrücke entständen. Das verordnungsrechtliche Berechnungsverfahren, das derartige Geräusche nicht berücksichtige, sei defizitär. Zum anderen habe der Planfeststellungsbeschluss massive Schadstoffbelastungen außer Betracht gelassen, die sich bei Arbeiten an der geplanten Trasse durch Mobilisierung von Schwermetallen ergäben. Auch in diesem Punkt könne der Klägerin keine Präklusion vorgeworfen werden, weil das Problem einer Schadstoffverfrachtung über die Wirkungspfade Boden-Luft und Boden-Wasser in den Planunterlagen nicht angesprochen worden sei. Ferner habe der Planfeststellungsbeschluss das Tourismusprojekt der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt. Fehlerhaft sei es auch, dass er sie wegen möglicher Ausgleichsansprüche einschließlich eines Übernahmeanspruchs auf das Entschädigungsverfahren verweise. Schließlich stelle es einen Abwägungsfehler dar, dass ihren Belangen nicht durch eine die Brücke weiter von der Wohnbebauung und den Wochenendhäusern abrückende Feintrassierung Rechnung getragen worden sei.
- 7
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Die Klägerin beantragt,
-
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. Februar 2010 aufzuheben,
-
hilfsweise,
-
festzustellen, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
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äußerst hilfsweise,
-
den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss um eine weitere Nebenbestimmung zu ergänzen, in der dem Vorhabenträger der Bau einer lärmarmen Übergangskonstruktion (Dehnungsfuge) auf dem Brückenbauwerk Querung Freiberger Mulde einschließlich einer Lärmkapselung in Richtung der auf dem Grundstück der Klägerin aufstehenden Wohnhäuser und Wochenendhäuser aufgegeben wird.
- 8
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält die Klägerin namentlich mit ihren Einwänden zum Naturschutz und zum Schutz vor Schadstoffbelastungen für präkludiert und verteidigt im Übrigen den Planfeststellungsbeschluss.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen leidet an keinem Rechtsfehler, der die Klägerin in ihren Rechten verletzt und die Aufhebung des Beschlusses, die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit oder wenigstens die mit dem zweiten Hilfsantrag begehrte Planergänzung rechtfertigt.
- 11
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1. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine formell-rechtlichen Mängel auf, die Rechte der Klägerin verletzen.
- 12
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Mit ihrer Rüge, dem Beklagten fehle die sachliche Zuständigkeit für die Planung des Knotenpunkts 5 und der Änderungen am anschließenden Straßennetz, ist die Klägerin zwar nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG präkludiert, obgleich sie diese erstmals im Klageverfahren erhoben hat. Einwendungen, die der Präklusion unterliegen können, sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Planvorhabens abzielendes Gegenvorbringen (Urteil vom 17. Juli 1980 - BVerwG 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <300>). Mit ihnen bringt der Einwender zum Ausdruck, bestimmte Beeinträchtigungen von Rechten oder Belangen nicht hinnehmen zu wollen. Um dies darzutun, bedarf es keiner Ausführungen zur mangelnden Wahrung von Bestimmungen, die wie die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde den formell-rechtlichen Rahmen der Planfeststellung abstecken. Die Rüge fehlender sachlicher Zuständigkeit unterliegt daher nicht der Einwendungspräklusion (so bereits OVG Münster, Urteil vom 2. September 2009 - 11 D 33/08. AK - DVBl 2009, 1587 <1588>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Januar 2006 - 7 ME 288/04 - NVwZ-RR 2006, 378 <380>).
- 13
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Die Rüge greift aber in der Sache nicht durch. Es kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit der Beklagte mit der Planung des Knotenpunkts und der Änderungen des anschließenden Straßennetzes über seine sachliche Zuständigkeit hinausgegangen ist. Etwaige Zuständigkeitsmängel stehen jedenfalls nicht in ursächlichem Zusammenhang mit Einwirkungen des Vorhabens auf Rechte oder Belange der Klägerin und können die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24). Die Entscheidung für den Bau der Ortsumgehung sowie über die Trassenführung und die Ausgestaltung der Straße im Bereich des Grundstücks der Klägerin hängen nicht von der Frage ab, ob und an welcher Stelle die Ortsumgehung durch den mehrere Kilometer vom Grundstück der Klägerin entfernten Knotenpunkt 5 mit dem nachgeordneten Straßennetz verknüpft und wie dieses Straßennetz im Anschluss an den Knotenpunkt weiter ausgestaltet wird.
- 14
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2. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem materiell-rechtlichen Fehler, der den mit der Klage verfolgten Begehren zum Erfolg verhilft.
- 15
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a) Das Vorhaben verfügt über die notwendige Planrechtfertigung. Es ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen. Diese gesetzliche Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich (stRspr; vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Besondere Umstände, die die Erforderlichkeit des Vorhabens gleichwohl entfallen ließen, hat die Klägerin mit ihrem Einwand, die der Planung zugrunde gelegte Prognose einer Verkehrszunahme sei angesichts sinkender Bevölkerungs- und Erwerbstätigenzahlen unplausibel, nicht schlüssig dargetan. Dies folgt schon daraus, dass diese demografische Entwicklung in der Prognose ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 61) berücksichtigt, durch andere Trends wie die zunehmende Motorisierung und Mobilität der Bevölkerung aber als überkompensiert erachtet worden ist. Unabhängig davon behalten die mit der Planung vornehmlich verfolgten Ziele, eine leistungsfähige, von Ortsdurchfahrten freie Fernverkehrsverbindung im Zuge der B 101 und B 173 zu schaffen, die Ortslage Freiberg vom Durchgangsverkehr zu entlasten und weiträumigen Verkehr von und zu den Gewerbegebieten der Stadt aufzunehmen (PFB S. 54, 55 unten und 58), auch bei niedrigeren als den in der Prognose 2020+ ermittelten Belastungswerten Gewicht. Dass die verfolgten Planungsziele nicht einmal annähernd mehr erreicht werden könnten und die gesetzliche Bedarfsfeststellung deshalb verfassungswidrig würde (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. m.w.N.), ist daher auch nicht ansatzweise erkennbar.
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b) Obgleich die Klägerin als von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Kontrolle dieses Beschlusses verlangen kann, ist sie nicht berechtigt, Verstöße gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen geltend zu machen. Mit ihren umfänglichen Einwendungen zum Naturschutz ist sie nämlich gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Die formellen Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses liegen vor. Im ursprünglichen Anhörungsverfahren ist die Klägerin mit ortsüblicher Bekanntmachung sowie ergänzender Benachrichtigung nach § 17a Nr. 4 FStrG und in den Anhörungen zu den Tekturen durch individuelle Anschreiben auf die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen zu erheben, und die Rechtsfolge verspäteter Einwendungen hingewiesen worden. Dass die Anhörungsbehörde in der Anhörung zur 1. Tektur nicht auf § 17a Nr. 7, sondern auf § 17 Satz 3 FStrG i.V.m. § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG verwiesen hat, konnte mit Rücksicht auf den Erklärungsgehalt des Schreibens im Übrigen nicht zu Unklarheiten über die Notwendigkeit führen, zur Rechtswahrung die Einwendungsfrist einzuhalten. Die materiellen Präklusionsvoraussetzungen sind gleichfalls erfüllt. Die Klägerin hat Einwendungen zum Naturschutz weder ausdrücklich noch sinngemäß erhoben, obwohl dies von ihr erwartet werden konnte.
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aa) An die Substantiierungslast privater Einwender sind nur geringe Anforderungen zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <117 f.>; BVerwG, Urteile vom 17. Juli 1980 - BVerwG 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <311> und vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - juris Rn. 38). Um ihr zu genügen, muss eine Einwendung erkennen lassen, in welcher Hinsicht nach Meinung des Einwenders Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung bestehen können. Hierzu reicht es aus, wenn die Einwendung in groben Zügen erkennen lässt, welches Schutzgut als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden (Urteil vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 108). Ebenso kann privaten Einwendern keine rechtliche Einordnung ihrer Einwendungen abverlangt werden (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 27).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht eine diesen Anforderungen entsprechende Einwendungslast nicht nur für die Geltendmachung eigener Rechte und Belange des Einwenders, sondern, sofern er sich als Enteignungsbetroffener auch auf öffentliche Belange berufen kann, ebenso für deren Geltendmachung (vgl. Urteile vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195 Rn. 28 f. und vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 32 ff.). Das folgt aus dem Sinn und Zweck der Betroffenenbeteiligung und der an sie anknüpfenden Präklusionsregelung. Die Beteiligung von Betroffenen am Planfeststellungsverfahren soll die Informationsbasis der Planfeststellungsbehörde verbreitern und zugleich den Betroffenen die Möglichkeit zur frühzeitigen Einflussnahme auf den Inhalt der Planungsentscheidung verschaffen, um ihnen so einen vorgelagerten Rechtsschutz zu gewähren (Urteil vom 17. Juli 1980 a.a.O. S. 304 und 306). Für den Enteignungsbetroffenen bedeutet dies, dass er sich im Anhörungsverfahren auch unter Berufung auf die Beeinträchtigung öffentlicher Belange gegen das Vorhaben zur Wehr setzen kann. Diesem Einwendungsrecht korrespondieren eine Einwendungslast und die an sie anknüpfende Präklusion, die zum einen dem öffentlichen Interesse an einer Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens, zum anderen dem Interesse der Allgemeinheit und des Vorhabenträgers an der Beständigkeit der einmal getroffenen Zulassungsentscheidung dienen (vgl. Urteil vom 17. Juli 1980 a.a.O.). Der gebotene Ausgleich zwischen dem Interesse des Betroffenen einerseits und den Interessen der Allgemeinheit und des Vorhabenträgers andererseits kann nur gelingen, wenn die Reichweite der Einwendungslast und der an sie anknüpfenden Präklusion der Reichweite des Einwendungsrechts entspricht, wenn also Einwendungslast und Einwendungsausschluss auch solche Einwendungen erfassen, die öffentliche Belange zum Gegenstand haben.
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bb) Hiervon ausgehend ist die Klägerin mit Einwänden zum Schutz von Naturgütern ausgeschlossen. Der ausgelegte Plan umfasste eingehende Unterlagen zu den naturschutzrechtlichen Problemkreisen der Eingriffsregelung (landschaftspflegerischer Begleitplan), des FFH-Gebietsschutzes (insbesondere Verträglichkeitsprüfung zum FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal") und des Artenschutzes (artenschutzrechtlicher Fachbeitrag). Obgleich sich der Klägerin nach dem Inhalt dieser Unterlagen die Erkenntnis hätte aufdrängen müssen, dass das Vorhaben in einem besonders schutzwürdigen und -bedürftigen Naturraum verwirklicht werden soll, hat sie sich auf Beeinträchtigungen von Naturgütern nicht einmal ansatzweise berufen. Das ließ aus Sicht der Planfeststellungsbehörde und des Vorhabenträgers nur den Schluss zu, Belange des Naturschutzes wolle sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegen das Vorhaben ins Feld führen. Daran muss sie sich im Interesse der Rechtssicherheit und der Beständigkeit der getroffenen Entscheidung festhalten lassen.
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Dem kann nicht entgegen gehalten werden, die von der Klägerin erstmals mit ihrer Klage gerügten Defizite der Bestandserfassung und -bewertung im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" seien zumindest für einen Laien aus den Planunterlagen noch nicht erkennbar gewesen und dürften daher vom Einwendungsausschluss nicht erfasst werden. Die Frage, wie konkret die Klägerin in Anbetracht der Planunterlagen mit ihrem Einwendungsschreiben zum Thema des Naturschutzes hätte vortragen müssen, würde sich nur stellen, wenn Einwirkungen auf Naturgüter überhaupt im Anhörungsverfahren angesprochen worden wären. Fehlt es schon im Ansatz an einer solchen Thematisierung, kommt es auf Details wie die Frage, ob bestimmte erst im Klageverfahren gerügte Defizite der Bestandserfassung oder -bewertung für einen Laien aus den Planunterlagen bereits erkennbar waren, für den Einwendungsausschluss nicht an.
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cc) Es besteht kein Anlass zu vernünftigen Zweifeln, dass der Ausschluss der Rügen zum Naturschutz gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG mit Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, 85/337/EWG, geändert durch Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26. Mai 2003 (UVP-Richtlinie) vereinbar ist. Der Anregung der Klägerin, diese Frage durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung klären zu lassen, ist daher nicht zu folgen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995 S. I-4599 Rn. 12 und vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000 S. I-3201 Rn. 31) darf das nationale Verfahrens- und Prozessrecht den Zugang zu Gericht für die Geltendmachung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht ungünstiger ausgestalten als für Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzprinzip), und es darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip). Da § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG auf Rügen, die ausschließlich der Beurteilung nach innerstaatlichem Recht unterliegen, gleichfalls uneingeschränkt Anwendung findet, ist dem Äquivalenzprinzip Genüge getan. Ebenso ist das Effektivitätsprinzip gewahrt. Das Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion führt weder als solches noch in der Ausgestaltung durch § 17a Nr. 7 FStrG und dessen konkrete Anwendung durch den Senat zu einer übermäßigen Erschwerung des nach Art. 10a Abs. 1 UVP-Richtlinie verbürgten Rechts auf Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren für Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, bei denen - wie hier - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist und zudem unionsrechtlich veranlasste Vorschriften des Naturschutzrechts zu beachten sind.
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(1) Der Gerichtshof hat zwar noch nicht zur Zulässigkeit nationaler Präklusionsvorschriften Stellung genommen. In seiner Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen dem Effektivitätsprinzip grundsätzlich genügt, da sie ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit ist (Urteil vom 16. Mai 2000 a.a.O. Rn. 33). Diese Aussage kann ohne Weiteres auf das nationale Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion übertragen werden. Es dient - wie bereits ausgeführt - ebenfalls der Rechtssicherheit, insbesondere dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Dass der Einwendungsausschluss im Unterschied zu Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts eintritt, ist ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser vorgezogene Rechtsschutz, der den gerichtlichen Rechtsschutz nicht ersetzt, sondern nur ergänzt, liegt im wohlverstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, denn sie können durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren, bevor eine Art von planerischer Verfestigung des Vorhabens eingetreten ist (Urteile vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 107 f. und vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - juris Rn. 36; Beschlüsse vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - Buchholz 406.254 URG Nr. 1 Rn. 7 und vom 14. September 2010 - BVerwG 7 B 15.10 - NVwZ 2011, 364 Rn. 8 ff.).
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Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach entschieden hat (Urteil vom 14. April 2010 a.a.O. Rn. 108; Beschlüsse vom 14. September 2010 a.a.O. Rn. 10 ff. und vom 17. Juni 2011 - BVerwG 7 B 79.10 - juris Rn. 13 ff.), setzt es sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (Slg. 2009 S. I-9967). Dieses Urteil besagt nur, dass das Klagerecht einer Umweltschutzvereinigung nach Art. 10a der UVP-Richtlinie nicht deshalb entfällt, weil das Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeiten durchgeführt worden ist und die Vereinigung sich an diesem Verfahren beteiligen konnte. Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren lassen sich daraus keine Schlüsse ziehen.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich auch aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - (Slg. 1995 S. I-4599) keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Rechtsinstituts der Einwendungspräklusion (so auch bereits Beschluss vom 17. Juni 2011 a.a.O. Rn. 18). Der Gerichtshof hat in dieser Entscheidung die Zulässigkeit von Ausschlussfristen für das gerichtliche Verfahren grundsätzlich bejaht (a.a.O. Rn. 16) und die Anwendbarkeit einer solchen Frist nur für den Ausnahmefall abgelehnt, dass ein innerstaatlicher Rechtsakt bei Versäumung der Frist weder vom angegriffenen Gericht noch von einer anderen Instanz auf seine Vereinbarkeit mit europäischem Recht überprüft und dementsprechend auch nicht zum Gegenstand einer Vorlage an den Gerichtshof gemacht werden kann (a.a.O. Rn. 13, 17 ff.). Mit dieser besonderen Fallgestaltung, in der es dem Gerichtshof ersichtlich darum ging, die gerichtliche Kontrolle der Vereinbarkeit nationaler Rechtsakte mit dem europäischen Recht zu sichern, ist der Ausschluss tatsächlichen Vorbringens aufgrund der Einwendungspräklusion nicht vergleichbar.
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(2) Ebenso wie das Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion als solches stellt auch die Ausgestaltung dieses Instituts durch § 17a Nr. 7 FStrG einen effektiven Zugang zu Gericht im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie nicht in Frage (Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 37 f.). Nach § 17a FStrG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG (der bis zum 4. Juni 2010 galt), § 73 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 VwVfG und § 17a Nr. 7 Satz 3 FStrG setzt der Einwendungsausschluss Erkundigungs- und Äußerungsfristen, die als angemessen anzusehen sind, sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraus. Deshalb wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert. Ebenso wenig begegnen die bei der Anwendung der Präklusionsregelung zugrunde gelegten Anforderungen des Senats an die Substantiierungslast des Einwenders unionsrechtlichen Bedenken; sie sind - wie ausgeführt - durch Gründe der Rechtssicherheit gerechtfertigt und verlangen dem Einwender nichts ab, was ihn überfordern und damit zu einer übermäßigen Zugangshürde führen würde.
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c) Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende fachplanerische Abwägung (§ 17 Satz 2 FStrG) leidet nicht an Fehlern, die der Klage zum Erfolg verhelfen.
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aa) Das gilt zunächst für die Trassenwahl. Soweit die Klägerin geltend macht, Belange des Naturschutzes seien beim Variantenvergleich einschließlich der hierzu in vorgelagerten Verfahren erfolgten Festlegungen unzureichend berücksichtigt oder fehlgewichtet worden, ist sie wiederum präkludiert (§ 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG). Da sie Beeinträchtigungen von Naturgütern im Anhörungsverfahren weder ausdrücklich noch auch nur sinngemäß angesprochen hat, kann sie sich mit ihrer Klage auch im Hinblick auf die planerische Alternativenprüfung nicht auf Belange des Naturschutzes berufen. Soweit sie darüber hinaus die fachliche Einschätzung des Beklagten angreift, die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele der Schaffung einer leistungsfähigen Fernverkehrsverbindung und der Minderung von Immissionsbelastungen benachbarter Siedlungsgebiete ließen sich mit der planfestgestellten Trasse besser erreichen als mit dem Variantenvorschlag der Grünen Liga und des BUND, kann ihr nicht gefolgt werden. Die verkehrlichen Nachteile, die die Trasse der Naturschutzvereinigungen aufweist (unstetige Streckenführung; zahlreiche plangleiche Knotenpunkte im Teilabschnitt 2, u.a. ungünstige Steigungsverhältnisse im Teilabschnitt 5) sowie die mit ihr verbundenen Nachteile für Wohngebiete sind im Planfeststellungsbeschluss detailliert dargestellt und werden durch das zu den Planunterlagen gehörende Kartenmaterial belegt. Dem hat die Klägerin nichts von Substanz entgegengesetzt.
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bb) Mit ihrem Einwand, die Verfrachtung von Schwermetallen über den Boden-Luft- und den Boden-Wasser-Pfad sowie andere mit Schwermetallbelastungen des Bodens verbundene Risiken seien nicht ausreichend untersucht und durch Schutzvorkehrungen bewältigt worden, ist die Klägerin ebenfalls nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Sie hat diese Problematik erstmals im gerichtlichen Ortstermin angesprochen und dies damit begründet, dass sie erst durch einen Zeitungsartikel im Mai 2011 darauf aufmerksam geworden sei. Darauf kommt es indes nicht an, weil schon die im ursprünglichen Anhörungsverfahren ausgelegten Planunterlagen auch für Laien einen Anstoß gaben, auf diese Problematik einzugehen. Bodenkontaminationen mit Schwermetallen sind im Schadstoffgutachten der Planunterlage 9.3 und im Erläuterungsbericht der Planunterlage 1 behandelt worden, der seinerseits auf das Schadstoffgutachten hinweist. Wie dem Schadstoffgutachten entnommen werden kann, ist der Baugrund im gesamten Trassenbereich mit Rücksicht auf die bekannt hohen Schwermetallbelastungen von Böden im Raum Freiberg untersucht worden; die Ermittlungen haben Werte ergeben, die differenzierte Regelungen für die Ablagerung von Aushubmaterial und teilweise sogar die Verbringung des Aushubs auf Abfalldeponien nötig machen. Darüber hinaus stellt das Gutachten die Forderung auf, Überschussmassen seien während der Seitenablagerung abzudecken, um Schadstoffimmissionen zu vermeiden. Diese Informationen waren geeignet, auch einen Laien auf die Frage zu stoßen, ob mit den Arbeiten einschließlich des Transports zu den Einbaubereichen bzw. Deponien bedenkliche Schwermetallbelastungen von Luft und Wasser verbunden sein könnten.
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cc) Die von der Klägerin geltend gemachten Bedenken gegen die Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verhelfen der Klage weder mit dem Haupt- noch mit den Hilfsanträgen zum Erfolg. Der Beklagte hat die Belastung der Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin mit Lärm weder zu ihrem Nachteil verkannt noch objektiv fehlgewichtet.
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(1) Die Planfeststellungsbehörde hat der Beurteilung der Lärmbelastung dieser Bebauung zu Recht Grenzwerte von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zugrunde gelegt. Das Grundstück der Klägerin liegt im Außenbereich. Für ihre drei Wohnhäuser kann die Klägerin deshalb ebenso wenig wie für den nach Errichtung des geplanten Regenrückhaltebeckens einzig verbleibenden Kleingarten den Schutz von Wohngebieten (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) beanspruchen. Vielmehr sind beide Nutzungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV nach den für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Grenzwerten zu beurteilen. Dabei ist für den Kleingarten allein der Tagwert maßgeblich (§ 2 Abs. 3 der 16. BImSchV).
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(2) Diesen Grenzwerten hat die Behörde Beurteilungswerte gegenübergestellt, die mit bis zu 53,8 dB(A) tags und 47,2 dB(A) nachts für das der Trasse am nächsten gelegene Wohnhaus bzw. - ausweislich der Rasterlärmkarte für Außenwohnbereiche (Planunterlage 11.1.0 Anlage 2 Blatt Nr. 15) - = 59 dB(A) für den Kleingarten weit hinter den Grenzwerten zurückbleiben. Die zugrunde liegende Berechnung lässt keine Rechtsfehler erkennen.
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(a) Die Beurteilungswerte sind in dem durch § 3 der 16. BImSchV i.V.m. Anlage 1 dieser Verordnung vorgeschriebenen Berechnungsverfahren ermittelt worden. Wie sich aus dem Erläuterungsbericht der Planunterlage 11.1.0 (S. 7) ergibt, sind entgegen den von der Klägerin geäußerten Zweifeln die in der Anlage aufgeführten Korrekturfaktoren für Geschwindigkeit, Steigung und Straßenoberfläche berücksichtigt worden. Dass durch das an der Brücke vorgesehene Geländer Schallreflexionen entstehen werden, die gleichfalls über einen Korrekturwert hätten berücksichtigt werden müssen, ist nicht ansatzweise substantiiert. Einen Korrekturfaktor für Impulsgeräusche durch Fugen an den Fahrbahnübergängen von Brücken, den die Klägerin gleichfalls vermisst, sehen weder die Verkehrslärmschutzverordnung noch die von ihr teilweise ergänzend in Bezug genommenen Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 1990 - (RLS-90) vor. Dementsprechend hat auch der von der Klägerin vorgelegte DEKRA-Bericht vom 6. Juni 2011 (S. 3) bestätigt, dass die Untersuchungen "regelwerkskonform gemäß VLärmSchR 97, 16. BImSchV und RLS-90" durchgeführt worden seien.
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(b) Die Ermittlung der Beurteilungswerte in dem verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Verfahren ohne besondere Berücksichtigung der durch die Fahrbahnübergänge hervorgerufenen Impulsgeräusche ist nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht fehlerhaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem Verordnungsgeber bei der Festlegung der Immissionsgrenzwerte, die die Zumutbarkeitsgrenze des § 41 Abs. 1 BImSchG konkretisieren, ein weiter Einschätzungs-, Wertungs-, und Gestaltungsspielraum zu, der sich auch auf das Verfahren zur Ermittlung der Immissionsbelastung erstreckt (Urteile vom 14. November 2001 - BVerwG 11 A 31.00 - BVerwGE 115, 237 <242>, vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - NuR 2010, 870 Rn. 103 und vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - NVwZ 2011, 676 Rn. 52). Vereinfachungen und Pauschalierungen sind dabei zulässig. Der mit dem Regelungsauftrag der Verordnungsermächtigung in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verbundene Spielraum wird erst überschritten, wenn die rechnerisch ermittelte Lärmbelastung die Wirklichkeit nicht oder nur noch völlig unzulänglich abbildet (Urteil vom 9. Juni 2010 a.a.O. m.w.N.). Insoweit trifft den Verordnungsgeber die Pflicht, seine Regelung unter Kontrolle zu halten und gegebenenfalls neue Erkenntnisse zu bewerten und zu gewichten (Urteil vom 21. Dezember 2010 a.a.O.).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anwendung des verordnungsrechtlichen Berechnungsverfahrens derzeit nicht zu beanstanden. Allerdings ist dem erwähnten DEKRA-Bericht zu entnehmen, dass die Fugen zwischen den Überbauten und Widerlagern großer Straßenbrücken beim Befahren deutlich hörbare Ratter- und Schlaggeräusche verursachen, die die üblichen Fahrgeräusche deutlich übersteigen können. Dazu durchgeführte Untersuchungen des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom Oktober 2000 haben dem Bericht zufolge ergeben, dass das Verfahren der Verkehrslärmschutzverordnung diesen Geräuschen nicht ausreichend Rechnung trage, im Übrigen aber noch Fragen offen seien (S. 15 f.). Eine weitere, vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung publizierte Untersuchung aus dem Jahr 2007 komme zu dem Ergebnis, dass eine Beurteilung der verursachten Impulsgeräusche über Mittelungspegel unzureichend sei (S. 16). Ausweislich des DEKRA-Berichts (S. 17) enthält die letztgenannte Untersuchung aber zugleich den Hinweis, zur Bestimmung eines Zuschlags zum Beurteilungspegel seien unter Umständen weitere schalltechnische und psychoakustische Untersuchungen erforderlich. Bei der Bundesanstalt für Straßenwesen läuft dem DEKRA-Bericht zufolge (S. 16) derzeit ein Projekt "Lärmarmer Straßenverkehr", in dem Maßnahmen zur Geräuschminderung an Fahrbahnübergängen untersucht werden. Hiernach gibt es zwar Anhaltspunkte für die Annahme, dass das geltende Berechnungsverfahren dem Problem der Fahrbahnübergänge nicht voll gerecht wird, aber noch keine gesicherten Erkenntnisse, wie dem Problem adäquat Rechnung zu tragen ist. In dieser Situation wissenschaftlicher Unsicherheit verstößt der Verordnungsgeber nicht gegen seine Pflicht, die Regelung über das Berechnungsverfahren unter Kontrolle zu halten, wenn er zunächst die Ergebnisse der bereits eingeleiteten Untersuchungen staatlicher Stellen und die wissenschaftliche Entwicklung im Übrigen abwartet. Dies gilt umso mehr, als im Erlassweg bestimmt ist, im Bereich schutzbedürftiger Nutzungen seien geräuscharme Fahrbahnübergänge anzustreben (Nr. 3.2.1.1 RLS-90; vgl. auch Nr. 1 des Allgemeinen Rundschreibens Straßenbau 15/2002 vom 30. Juli 2002 "Fahrbahnübergänge; Einsatzkriterien für lärmgeminderte Fahrbahnübergänge", VkBl. 2002 Nr. 16 S. 542).
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(3) Dass der Beklagte für das Grundstück der Klägerin keine schutzbedürftige Nutzung in Betracht gezogen hat, der in Anwendung von Nr. 3.2.1.1 RLS-90 durch eine dem zweiten Hilfsantrag entsprechende Schutzauflage Rechnung zu tragen wäre, stellt ebenfalls keinen Abwägungsfehler dar. Von einer schutzbedürftigen Nutzung im Sinne der Richtlinien kann nur ausgegangen werden, wenn die nach dem verordnungsrechtlichen Berechnungsverfahren ermittelten Beurteilungswerte dem Grenzwert zumindest nahe kommen. Das trifft für die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin nicht zu. Die errechneten Beurteilungswerte bleiben im Fall der Wohnbebauung gerundet um 10 dB(A) tags und 6 dB(A) nachts, im Fall der Kleingartennutzung um mindestens 5 dB(A) tags hinter den Grenzwerten zurück. Der Abstand zu den Grenzwerten ist damit so groß, dass selbst bei Hinzurechnung des von der Klägerin unter Berufung auf die DEKRA geforderten Lästigkeitszuschlags für die Fahrbahnübergänge von 4 dB(A) die Zumutbarkeitsgrenze nicht erreicht, geschweige denn überschritten wird. In dieser Situation von aktiven, überdies mit einem Kostenaufwand von ca. 50 000 € verbundenen Schutzmaßnahmen für eine vereinzelt im Außenbereich liegende Bebauung abzusehen, steht mit dem Abwägungsgebot in Einklang.
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dd) Ebenso wenig war es abwägungsfehlerhaft, trotz der von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen in Gestalt einer erdrückenden und verschattenden Wirkung des Brückenbauwerks sowie einer Vereitelung des Projekts eines Camping- und Freizeitareals auf dem Grundstück von einer Verschiebung der Trasse in südöstlicher Richtung abzusehen.
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Die Muldetalbrücke im planfestgestellten Trassenverlauf hält vom nächstgelegenen Wohnhaus der Klägerin einen Abstand von ca. 100 m und ist von diesem ausweislich der im Ortstermin getroffenen Feststellungen durch hohe Bäume getrennt. Eine nennenswerte Verschattung oder eine erdrückende Wirkung seitens des Bauwerks brauchte deshalb für die Wohnbebauung nicht in Rechnung gestellt zu werden. Für den verbleibenden Kleingarten mag Abweichendes zutreffen, doch kommt dem kein Gewicht zu, das die Entscheidung über die Feintrassierung der Brücke beeinflussen könnte.
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Das von der Klägerin ins Auge gefasste Projekt einer Camping- und Freizeitnutzung war kein berücksichtigungsbedürftiger Belang. Zukunftsplanungen eines Grundstückseigentümers, die durch die Zulassung des Planvorhabens unmöglich gemacht oder erschwert werden, müssen nur dann in die Abwägung eingestellt werden, wenn sie sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks bei vernünftiger und wirtschaftlicher Betrachtungsweise objektiv anbieten und nach dem Willen des Eigentümers in absehbarer Zeit verwirklicht werden sollen (Urteil vom 28. Januar 1999 - BVerwG 4 A 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146 S. 5). Unabhängig davon, ob das von der Klägerin angestrebte Projekt bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses überhaupt schon hinreichend konkret absehbar war, bot es sich als Grundstücksnutzung jedenfalls nicht an. Das Grundstück der Klägerin liegt im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans der Stadt Freiberg, der es als "Fläche für Entwicklung von Natur und Landschaft" darstellt. Dieser planerischen Festlegung widerspricht ein Campingplatz mit mehr als 500 Stellplätzen und zugehörigen Nebenanlagen mit der Folge, dass das nicht zu den im Außenbereich privilegierten Vorhaben zählende Projekt (vgl. Urteil vom 14. März 1975 - BVerwG 4 C 41.73 - BVerwGE 48, 109) gemäß § 35 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB im Außenbereich bauplanungsrechtlich unzulässig wäre. Unter diesen Umständen fielen zugunsten der Klägerin keine Belange ins Gewicht, die der Planfeststellungsbehörde hätten Anlass geben müssen, im Rahmen der Feintrassierung die Muldetalbrücke trotz der mit einer Verschiebung um nur 50 m verbundenen Mehrkosten von ca. 690 000 € und einer längeren Durchschneidung des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal" von der Bebauung auf dem Grundstück abzurücken.
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ee) Die Rüge der Klägerin, im Planfeststellungsbeschluss hätte über den von ihr geltend gemachten Übernahmeanspruch entschieden werden müssen, ist schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin im Klageverfahren keinen entsprechenden Antrag gestellt hat. Unabhängig davon steht es mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang, dass der Planfeststellungsbeschluss die Klägerin für den Übernahmeanspruch auf das nachfolgende Entschädigungsverfahren verwiesen hat (vgl. Urteil vom 7. Juli 2004 - BVerwG 9 A 21.03 - Buchholz 406.16 Grundeigentumsschutz Nr. 87 S. 8 ff.). Mittelbare Beeinträchtigungen, die für sich genommen einen Übernahmeanspruch nach § 17b Abs. 1 FStrG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG begründen könnten, über den bereits im Planfeststellungsbeschluss zu entscheiden wäre, scheiden nach den vorstehenden Ausführungen aus.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
- 1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach - a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, - b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder - c)
landesrechtlichen Vorschriften
- 2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes; - 2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes; - 2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen; - 3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz; - 4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach - a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
landesrechtlichen Vorschriften
- 5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und - 6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
- 1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung, - 2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie - 3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).
(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
- 1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder - 2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
Einwendungen, die eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, bleiben unberücksichtigt, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Einwendungen, die eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, bleiben unberücksichtigt, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert.
Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur „wesentlichen Änderung von sieben Windkraftanlagen in der Windfarm T. “, soweit diese die Anlagen WEA 5 und 6 betrifft.
3Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Anwesens B. in T. , Gemarkung B1. , Flur , Flurstücke und . Das Grundstück liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich am Südrand des im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk N. (Teilabschnitt N1. , Teil 3: Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft, bekannt gemacht am 12. November 1998, GV.NRW. S. 606) dargestellten Windenergieeignungsbereichs WAF 11 und südlich der im Flächennutzungsplan der Stadt T. ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Es ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Kläger selbst bewohnen, sowie Nebenanlagen, die im Wesentlichen der Pferdezucht und Pensionspferdehaltung der Kläger dienen.
4In den Jahren 2003 und 2004 erteilte der Landrat des Kreises Warendorf verschiedenen Bauherren Baugenehmigungen für die Errichtung von Windkraftanlagen an den Standorten, auf die sich die streitbefangene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung bezieht. Unter anderem wurden am 28. Januar 2003 zwei Windkraftanlagen mit 85 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 1.800 kW Nennleistung (Typ Enercon E 66/18.70) auf den Grundstücken Gemarkung B1. Flur , Flurstück und Flur , Flurstück baurechtlich genehmigt. Dabei handelt es sich nach der Zählung des späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 5. Juli 2006, die auch im Folgenden verwendet wird, um die Standorte der WEA 5 und 6 (in der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gesamtübersicht: WEA lfd. Nr. 4 und 5). Diese Standorte liegen - ebenso wie die Standorte der weiteren mit der streitbefangenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung genehmigten Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 - innerhalb des im o. g. Gebietsentwicklungsplan dargestellten Windeignungsbereichs WAF 11 und der - damit teilweise deckungsgleichen - im Flächennutzungsplan der Stadt T. (in der Fassung der 14. Änderung, rechtswirksam seit 22. März 2002) ausgewiesenen Konzentrationszone für Windenergie „B. /B2. “.
5Der Erteilung der Baugenehmigungen war für die Windkraftanlagen an den Standorten WEA 5, 6 und 8 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorausgegangen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Für die an den Standorten WEA 1, 2 und 3 baugenehmigten Windkraftanlagen liegt eine im November 2003 erstellte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Ing.-Büros d. vor. Diese kommt - unter Berücksichtigung der weiteren zu diesem Zeitpunkt genehmigten bzw. beantragten Windkraftanlagen, also auch der (damaligen) WEA 5, 6 und 8 - zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sei.
6Die Baugenehmigungen galten ab dem 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fort (§ 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG). Die davon erfassten Anlagen wurden jedoch nie errichtet.
7Unter dem 25. Juli 2005 zeigte die Beigeladene als neue Vorhabenträgerin der Bezirksregierung gemäß § 15 BImSchG eine Änderung der sieben genehmigten Windkraftanlagen an, wonach nunmehr der technisch optimierte Anlagentyp E-70 E 4 errichtet werden solle. Auf Betreiben des Staatlichen Umweltamts N. wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass es sich bei der Umplanung um eine wesentliche Änderung handele, die gemäß § 16 BImSchG genehmigungsbedürftig sei.
8Unter dem 21. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gemäß § 16 BImSchG zur Änderung der Beschaffenheit der Windkraftanlagen WEA 1 bis 7 (lfd. Nr. 4 bis 10) an den Standorten, für die zuvor Baugenehmigungen für vergleichbar dimensionierte Anlagen erteilt worden waren, welche zwischenzeitlich kraft Gesetzes als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fortgalten. An die Stelle des bisher genehmigten Anlagentyps Enercon E-66/18.70 sollte nunmehr jeweils der Anlagentyp Enercon E-70 E 4, Nennleistung 2.000 kW, treten. In der Windkraftkonzentrationszone waren zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Windkraftanlagen beantragt, z.T. auch genehmigt und errichtet (WEA lfd. Nr. 1, 12 bis 18 und 21).
9Im Rahmen einer als „standortbezogen“ bezeichneten Vorprüfung (vgl. § 3c UVPG) gelangte der Beklagte - trotz Bedenken der Anlieger einschließlich der Kläger - im Anschluss an die entsprechende Prüfung der Baugenehmigungsbehörde aus dem Jahr 2003 zu der Auffassung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Mit der geringfügigen technischen Optimierung der Windkraftanlagen, deren Standorte unverändert blieben, seien keine relevanten Umweltauswirkungen verbunden. Die Entscheidung wurde am 26. Juni 2006 bekannt gemacht.
10Durch Bescheid vom 5. Juli 2006 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Auflagen. Die von dieser Genehmigung erfassten WEA 1 bis 3 haben bei einer Nabenhöhe von 98,20 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 133,70 m. Die WEA 4 bis 7 haben bei einer Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 120,50 m. Die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene WEA 6 soll in einem Abstand von 352 m (197 m zur Grundstücksgrenze), die WEA 5 in einem Abstand von 624 m (472 m zur Grundstücksgrenze) errichtet werden.
11Gegen diese Genehmigung erhoben die Kläger Widerspruch. Sie legten ein von ihnen in Auftrag gegebenes „Vogelkundliches Gutachten für den Windkraft Eignungsbereich T. “ des Diplom-Landschaftsökologen H. vor und machten geltend, es bedürfe einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
12Mit Schreiben vom 27. September 2006 ordnete die Bezirksregierung die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an. Mit Änderungsbescheid vom gleichen Tag berichtigte sie redaktionelle Fehler des Bescheids vom 5. Juli 2006.
13Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich der WEA 6 insbesondere wegen einer möglichen optisch bedrängenden Wirkung dieser Anlage statt; im Übrigen lehnte es den Antrag ab (10 L 889/06). Auf die Beschwerde der Beigeladenen lehnte der Senat den Antrag mit Beschluss vom 25. Juli 2007 insgesamt ab (8 B 259/07). Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 hatte die Beigeladene nach gerichtlichem Hinweis darauf, dass die Nichtberücksichtigung der Vorbelastung durch andere Windkraftanlagen bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nicht unproblematisch sei, auf die Genehmigung des Nachtbetriebs der WEA 6 in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verzichtet.
14Die Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 wurden sodann errichtet und im Juli 2008 in Betrieb genommen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2009, zugestellt am 6. Februar 2009, wies der Beklagte - nach Durchführung einer Ortsbesichtigung - den Widerspruch der Kläger zurück.
16Die Kläger haben am 5. März 2009 Anfechtungsklage erhoben, die sie kurz darauf unter Rücknahme der Klage im Übrigen auf die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 beschränkt haben.
17Sie haben geltend gemacht, die Genehmigung sei unter Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung zustande gekommen, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG rechtswidrig unterblieben seien. Aufgrund des vom Beklagten durchgeführten Screening-Verfahrens habe nicht ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden können, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne. Die im Jahr 2003 durchgeführte Vorprüfung sei unzureichend. Die Voraussetzungen, unter denen eine Vorprüfung schon vor Antrag auf Zulassung des jeweiligen Vorhabens erfolgen könne, lägen nicht vor. Zudem habe es sich lediglich um eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gehandelt. Bei sieben genehmigten Anlagen wäre demgegenüber eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Aufgrund des räumlichen Zusammenhangs mit der Anlage des Herrn M. und sechs weiteren Anlagen der Q. GmbH seien insgesamt sogar 14 Windkraftanlagen bei der Vorprüfung in den Blick zu nehmen. Das Gebiet sei inzwischen im Hinblick auf das unverwechselbare Landschaftsbild mit seinen gebietsprägenden Riegelhecken und die natürliche Schutzfunktion des Biotops für die dort lebenden Wildtiere in die Förderkulisse des Kreiskulturlandschaftsprogramms aufgenommen worden. Es sei damit als - besonders schutzwürdiges - Biosphären-Reservat gemäß § 25 BNatSchG einzuordnen. Nach dem vogelkundlichen Gutachten vom 7. September 2006 handele es sich um ein Brut‑, Rast- und Rückzugsgebiet für zahlreiche gefährdete Vogelarten wie Rohrweihe, Kiebitz, Steinkautz, Wespenbussard und Rotmilan. Das Vorhaben entfalte auch eine erhebliche Barrierewirkung für Zugvögel. Den Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung komme drittschützende Wirkung zu. Die Kläger gehörten zu der geschützten betroffenen Öffentlichkeit, weil ihnen Nachteile von einigem Gewicht drohten. Sie betätigten sich im professionellen Reitsport und unterrichteten eine internationale Klientel an Reitschülern mit hohen Ansprüchen. Windkraftanlagen in den beabsichtigten Entfernungen von 150-200 m zu der Rennbahn der Kläger seien geeignet, die Reiter und Hochleistungspferde abzulenken und zu stören. Die Anlagen verstießen schließlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie optisch bedrängend wirkten. Vom Wohnhaus der Kläger aus liege nur noch in einer Himmelsrichtung keine Windenergieanlage im Blickfeld.
18Die Kläger haben beantragt,
19den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. September 2006 und des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit die Windenergieanlagen 5 und 6 betroffen sind, welche dem Anwesen der Kläger am nächsten gelegen sind.
20Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die im Jahr 2006 genehmigten Änderungen der bestandskräftig baugenehmigten Windkraftanlagen seien mit Bezug auf die Umweltauswirkungen geringfügig gewesen. Ungeachtet dessen ergebe sich auch unter Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes allein aus dem Unterbleiben einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung keine Klagebefugnis. Erforderlich sei eine materiell-rechtliche Rechtsverletzung des Nachbarn, an der es hier fehle.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie aufrecht erhalten worden ist, durch Urteil vom 19. März 2010 abgewiesen.
24Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nachträglich durchgeführt und am 30. August 2013 vorgelegt. Diese untersucht u. a. im Rahmen einer Artenschutzprüfung eine mögliche Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen und kommt zu dem Ergebnis, dass eine eingehendere Betrachtung erheblicher Umwelteinwirkungen im Wege einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Anforderungen sicherzustellen, seien jedoch nachträglich Nebenbestimmungen in die Zulassung aufzunehmen.
25Mit Änderungsbescheid vom 13. November 2013 ist der Genehmigungsbescheid entsprechend dem Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung gemäß § 12 BImSchG mit zusätzlichen Nebenbestimmungen versehen worden. Danach ist zum Schutz der örtlichen Population der Rohrweihe im Rahmen des Risikomanagements mindestens 2 Jahre vor Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 (lfd. Nr. 4 und 5) südwestlich des Windparks T. in mindestens 1000 Meter Entfernung von der nächstgelegenen Windkraftanlage ein näher umschriebenes Ablenkungshabitat anzulegen (IV. 7. 1.). Nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 ist im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Brut- und Zugzeit von Anfang März bis Ende Oktober ein fünfjähriges Monitoring (Bruterfolg, Schlagopfersuche, Annahme des Ablenkungshabitats) für die Rohrweihe durchzuführen. Sollte dieses ein erhöhtes Kollisionsrisiko ergeben, sind entsprechende Abschaltzeiten in der Brut- oder Zugzeit oder in bestimmten Stadien der Bewirtschaftung der umliegenden Felder festzulegen, wenn nicht der Schutz der Rohrweihe durch anderweitige Maßnahmen sichergestellt werden kann (IV. 7. 2.). Zum Schutz des Kiebitz’ ist vor Errichtung der WEA 5 und 6 für jedes der 6 festgestellten Brutpaare eine mindestens 1,5 ha große Extensivgrünlandfläche mit einer mindestens 0,3 ha großen Blänke anzulegen (IV. 7. 3.). Die Errichtung der WEA 5 und 6 sowie alle vorbereitenden Maßnahmen vor Ort sind nur außerhalb der Brutzeit vom 15. März bis 15. Juni erlaubt (IV. 7. 4.). Zum Schutz von Fledermäusen ist nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Zeit von Anfang April bis Ende Oktober ein dreijähriges akustisches Monitoring durchzuführen. In der Folge sind – sofern aufgrund der Ergebnisse erforderlich – geeignete Maßnahmen (Abschaltalgorithmen) zur Verminderung des Kollisionsrisikos zu treffen (IV. 7. 5.).
26Am 15. November 2013 sind die Nachholung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk N. , in der örtlichen Presse und auf der Internetseite der Bezirksregierung N. bekannt gemacht worden.
27Zur Begründung der Berufung haben die Kläger zunächst auf ihr Zulassungsvorbringen und den Zulassungsbeschluss des Senats Bezug genommen. Sie könnten gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung verlangen, weil der Beklagte - auch der Sache nach - keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen habe. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Ein Artikel aus der Welt am Sonntag belege das Bedürfnis, gerade auch Anliegern als betroffener Öffentlichkeit einen eigenen Aufhebungsanspruch gegen Genehmigungen zuzubilligen.
28Ergänzend tragen die Kläger vor: Die UVP-Vorprüfung sei nicht wirksam nachgeholt worden. Der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, wenn das angefochtene Vorhaben vor Nachholung des Verfahrensschritts bereits ganz oder teilweise ausgeführt und es hierdurch zu Umweltauswirkungen der Art gekommen sei, dass es nun nichts mehr zu schützen gebe. Es müsse ermittelt werden und noch ermittelbar sein, ob das Projekt vor Erteilung der Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte unterzogen werden müssen. Nach Errichtung von Windkraftanlagen und Aufnahme ihres Betriebs könne jedoch nicht mehr festgestellt werden, ob dies bereits zu einem Wegzug windenergieempfindlicher, planungsrelevanter Vogelarten geführt habe. Zentrales Anliegen der UVP-Richtlinie sei die frühzeitige Teilhabe und Information der betroffenen Öffentlichkeit. Eine unbegrenzte Nachholungsmöglichkeit öffne einer Umgehung Tür und Tor.
29Jedenfalls entspreche auch die nachgeholte UVP-Vorprüfung nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Sie stelle fehlerhaft nicht auf den Zustand vor Errichtung aller sieben genehmigten Windkraftanlagen ab, sondern auf den jetzigen Zustand. Die deutliche Prägung des Gebiets von Anlagen zur Windenergienutzung, von der die Vorprüfung ausgehe, sei erst durch die aufgrund des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids errichteten Anlagen entstanden. Die Aufnahme des betroffenen Gebiets in das Kreiskulturlandschaftsprogramm des Kreises X. sei nicht berücksichtigt worden. Gleiches gelte für das vogelkundliche Gutachten des Sachverständigen H. , das über das Arteninventar zum - maßgeblichen - Zeitpunkt vor Ausführung des Vorhabens Aufschluss gebe. Es habe 26 Brutpaare Kiebitze nachgewiesen, damit habe sich der gesamte Bestand inzwischen um ¾ reduziert. Der Bestand an Rohrweihen sei vermutlich bereits zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung durch Tötungen infolge Kollisionen dezimiert gewesen. Die Bezirksregierung habe selbst einen so gravierenden Eingriff in die Avifauna festgestellt, dass zu dessen Vermeidung die Genehmigung nachträglich mit umfangreichen Auflagen zum Vogelschutz habe versehen werden müssen. Unter derartigen Umständen seien die Auswirkungen eines Vorhabens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch als erheblich einzustufen, soweit nicht bereits im Antrag des Vorhabenträgers Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen enthalten seien, die nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen.
30Die Kläger beantragen,
31unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts N. den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
32Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Der Beklagte macht geltend, die streitbefangenen Windkraftanlagen befänden sich in ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszonen, bei deren Festsetzung bereits naturschutzfachliche Belange berücksichtigt worden seien. Im Rahmen der vorausgegangenen Baugenehmigungsverfahren seien standortbezogene Prüfungen des Einzelfalls durchgeführt worden. Dabei seien deutlich mehr als nur standortbezogene Kriterien untersucht worden.
35Jedenfalls sei die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wirksam nachgeholt worden. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sehe die Nachholbarkeit ausdrücklich vor. Von einer bewussten Umgehung der verfahrensrechtlichen Anforderungen könne nicht die Rede sein. Die beiden streitbefangenen Anlagen seien noch nicht errichtet. Wirkungen von bestandskräftig genehmigten Anlagen könnten an der grundsätzlichen Möglichkeit von Nachbetrachtungen der Auswirkungen noch nicht umgesetzter Anlagenzulassungen nichts ändern. Die Nachholung sei auch rechtzeitig erfolgt. § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG verweise auf § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes, der die Heilung von Verfahrensfehlern bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zulasse.
36Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei zutreffend für entbehrlich gehalten worden. Die streitbefangenen Windkraftanlagen lägen keineswegs in einem Biosphärenreservat gemäß § 25 BNatSchG. Der fragliche Bereich in T. unterliege keiner Schutzgebietskategorie. Bei dem Kreiskulturlandschaftsprogramm XY handele sich um ein reines Förderprogramm, ein Instrument des Vertragsnaturschutzes auf freiwilliger Basis, das auf die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen keinen Einfluss habe.
37Der Nachbetrachtung sei zutreffend die aktuelle Erkenntnislage zugrunde gelegt worden. Da die beiden Anlagen noch nicht errichtet seien, würde eine Nachbetrachtung ohne Berücksichtigung der aktuell verfügbaren Erkenntnisse über den Zustand des Standortes die Prüfung unzulässig verkürzen. Etwaige artenschutzrechtliche Defizite, die einer Genehmigungserteilung im Juli 2006 entgegengestanden hätten, nunmehr aber weggefallen seien, könnten eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 nicht begründen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Anfechtungsklage sei hier wie sonst der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Damit sei auch die Kritik an der Nichtberücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen H. aus dem Jahr 2006 unberechtigt. Mit dem d. -Gutachten, das eine ausführliche Art-für-Art Betrachtung nach heutigen Standards enthalte, hätten der Bezirksregierung zeitnähere Daten (betreffend Avifauna, Fledermäuse) zur Verfügung gestanden.
38Ungeachtet dessen treffe die Behauptung nicht zu, dass es aufgrund der Errichtung der weiteren Anlagen nun nichts mehr zu schützen gebe. Vielmehr habe die Anzahl der vorhandenen Vogelarten offenbar zugenommen. Nach den Ergebnissen der vorliegenden avifaunistischen Gutachten sei auszuschließen, dass die Realisierung von Windenergieanlagen zwischen dem Datum der angefochtenen Zulassung (5. Juli 2006) und dem 30. August 2013 als Datum der Nachbetrachtung Wirkungen gezeitigt habe, die zu einem stark veränderten bzw. ausgedünnten Zustand der vorhandenen Fauna geführt hätte. Der starke Rückgang der Kiebitzpopulationen belege nichts Gegenteiliges. Der Rückgang des Brutvogelbestandes beim Kiebitz sei nicht Folge seiner Windenergieempfindlichkeit, sondern gehe auf eine immer intensiver durchgeführte Landbewirtschaftung zurück. Die geänderte Genehmigung sehe nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben ausreichende Vorkehrungen gegen eine Beeinträchtigung der Kiebitzpopulationen durch die Errichtung und den Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windenergieanlagen vor.
39Im Übrigen sei zweifelhaft, ob ein bloßes Individualinteresse an der Aufhebung einer Genehmigung ausreichen könne, um jedweden Mangel im Rahmen einer Prüfung auf Umweltverträglichkeit geltend zu machen. Auf Mängel der Artenschutzbetrachtung könnten sich die Kläger (auch) in diesem Zusammenhang keinesfalls umfassend berufen; allenfalls wesentliche Fehler könnten rügefähig sein.
40Die Beigeladene ist der Auffassung, das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei bereits in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar. Unabhängig davon könnten die Kläger aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG keinen selbstständigen Aufhebungsanspruch herleiten. Dabei handele es sich um eine reine Fehlerfolgenregelung, mit der eine Subjektivierung von UVP-Fehlern nicht einhergehe. Die standortbezogene Vorprüfung durch den Kreis X. sei ausreichend. Es handele sich im Vergleich zum Baugenehmigungsverfahren nur um einen Änderungsantrag und damit weiterhin um dasselbe Verfahren.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung N. und des Kreises X. Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43Die Berufung der Kläger hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Den Klägern steht ein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
44I. Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie können geltend machen, durch den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung ihrer Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N. vom 3. Februar 2009 (im Folgenden: Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006), soweit er die Windkraftanlagen (WEA) 5 und 6 betrifft, in ihren Rechten verletzt zu sein.
451. Die Kläger können geltend machen, die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genüge nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG, weil sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Dieses Rügerecht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, der im Lichte des - individualschützende Verfahrensrechte verleihenden - Unionsrechts auszulegen ist.
46Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - einschließlich der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG - findet auf den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid Anwendung (a). Die Kläger können sich in Anwendung der genannten Vorschriften auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer möglichen Verletzung materieller subjektiver Rechte berufen (b).
47a) Der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, weil infolge der von §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3 c Satz 1 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG bestehen kann (siehe näher unten zu II. 1.).
48Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Es gilt nach § 5 Abs. 1 UmwRG für Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Unerheblich ist, dass diese Vorschrift gegen die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten verstößt, soweit sie Verfahren von der Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ausschließt, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde.
49Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 21-31; vgl. auch das von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 21. März 2014 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, C-137/14, ABl. C 159/16, juris.
50Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UmwRG sind bereits unabhängig von dieser unionsrechtlich gebotenen Erweiterung erfüllt. Der Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist unter dem 21. Dezember 2005 - und damit nach dem Stichtag - gestellt worden. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen handelt es sich bei diesem Genehmigungsverfahren um ein gegenüber den vorangegangenen Baugenehmigungsverfahren eigenständiges Verfahren, weil ersteres andere Anlagen und damit ein anderes Vorhaben zum Gegenstand hat.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2007 ‑ 8 B 259/07 -, Abdruck S. 6.
52§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, wonach die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auch verlangt werden kann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt, ist hier anwendbar, obwohl die Regelung erst durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 mit Wirkung vom 29. Januar 2013 - und damit nach Erhebung der Klage - in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eingefügt worden ist (BGBl. I, S. 95). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern. Zudem wird durch die neu geschaffene Vorschrift, die gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend gilt, lediglich die schon bisher geltende Rechtslage klargestellt.
53Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 33 f. und 40; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 58; BT‑Drs. 17/10957, S. 17 f.
54b) Die Kläger können sich auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen materiellen Rechten berufen. § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt ihnen ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die genannten Regelungen ausschließlich die Begründetheit des Rechtsbehelfs betreffen, der Kreis der nach bisherigem nationalen Recht Klagebefugten aber nicht erweitert wird.
55So BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 20; vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367, juris Rn. 21 ff.; und vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205, juris Rn. 41; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014, juris Rn. 9 ff.; ebenso OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 41 ff., und vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 40; anders bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, NWVBl. 2014, 472, juris Rn. 19 ff.; ähnlich VG Aachen, Beschluss vom 28. November 2014 - 3 L 224/13 -, juris Rn. 10 ff.
56Die UVP-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention gebieten eine Auslegung des nationalen Rechts, die die durch die Richtlinie verliehenen Verfahrensrechte als individualschützend anerkennt und ihre prozessuale Durchsetzbarkeit gewährleistet. Im Lichte dieser Regelungen sind der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen Rügerechte zuzuerkennen.
57Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 36, 38 und 47.
58Gefordert ist ein weiter und effektiver Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben. Dieser wird allein durch die Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen ‑ objektiv-rechtlich verstandener - UVP-Verfahrensfehler, von der die Gegenmeinung ausgeht, nicht hinreichend gewährleistet. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
59Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 46 Rn. 8, 18.
60Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbstständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
61Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 56 ff.
62Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
63Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48.
64Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
65Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 47.
66Diesen Anforderungen ist nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig - auf der Ebene der Zulässigkeit eine entsprechende Klagebefugnis zusteht.
67vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045, Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
68Die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie sind damit bei unionsrechtskonformer Auslegung Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Derartige individualschützende Verfahrensrechte sind zwar im deutschen Verwaltungsrecht die Ausnahme, sie sind diesem aber nicht gänzlich fremd. Ihre Anerkennung im vorliegenden Zusammenhang bewirkt daher nur eine Erweiterung, die sich ohne größeren Bruch in das System des subjektiven Rechtsschutzes einfügen lässt.
69Vgl. etwa Ziekow, NuR 2014, 229, 234; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 33 ff., 157 ff.; Gärditz, VwGO, 2013, § 42 Rn. 68 - 70.
70Die von der Gegenauffassung vorgenommene Entkoppelung von Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung im Rahmen der Drittanfechtungsklage stellt demgegenüber einen deutlicheren Eingriff in das deutsche Rechtsschutzsystem dar.
71So auch Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 143; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045; S. a. Appel, NVwZ 2010, 473, 476.
72Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64, juris Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
74An diesen unionsrechtlichen Befund hat der Gesetzgeber bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG angeknüpft.
75Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drs. 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
76Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
77Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff., juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855, juris Rn. 32.
78Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbstständig durchsetzbaren, subjektiven Rechtsposition, die eine Klagebefugnis vermitteln kann.
79Für die ab dem 29. Januar 2013 geltende, hier bereits anwendbare (s.o.) Fassung des § 4 Abs. 1 UmwRG wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG unmissverständlich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
80Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/10957, S. 17; dazu auch Sauer, ZUR 2014, 195, 200; a. A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 45.
81Die Befürchtung, dass es bei einer derartigen Subjektivierung von Verfahrensrechten zu versteckten Popularklagen kommen könne,
82vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573, juris Rn. 20 ff.,
83ist unbegründet. § 4 Abs. 3 UmwRG regelt zwar nicht, welche der von der von der Vorschrift begünstigten „Beteiligten“ nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO klagebefugt sein sollen. Da die Vorschrift der Umsetzung von Unionsrecht dient, muss sie allerdings in dessen Lichte ausgelegt werden. Nach der UVP-Richtlinie ist nicht jedermann an der Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen, sondern die „betroffene Öffentlichkeit“. Diese wurde durch Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) erstmals definiert als „die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (…) betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran (…)“. In Umsetzung dieser Vorgaben bestimmt § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG, dass natürliche und juristische Personen „betroffene Öffentlichkeit“ sind, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Betroffenheit in diesem Sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt sein. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 201, 64, juris Rn. 45; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge Grubervom 13. November 2014 - C-570/13 -, EU:C:2014:2374, juris Rn. 35 ff. („Nachbarn“); Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m. w. N.; enger Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 217 ff.
85Einer näheren Konkretisierung und Eingrenzung bedarf es anlässlich des vorliegenden Falles nicht. Die Kläger gehören in jedem Fall zur klagebefugten „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG. Die angefochtene Genehmigung zweier Windkraftanlagen, in deren Einwirkungsbereich ihr Grundstück mit der darauf stattfindenden Wohnnutzung und beruflichen Betätigung liegt, berührt zweifellos ihre Belange (vgl. näher unter 2., wonach sogar das engere Kriterium einer Betroffenheit in materiellen subjektiven Rechten erfüllt ist).
862. Unabhängig von dem Vorstehenden können die Kläger geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein. Anknüpfungspunkt für eine derartige Rechtsverletzung ist § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend.
87Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen. Das von den Klägern bewohnte Grundstück B. liegt im Einwirkungsbereich der beiden streitbefangenen, 120,50 m hohen Windkraftanlagen. Jedenfalls für die WEA 5 ist angesichts der Abstands von etwas weniger als der dreifachen Anlagenhöhe zum Wohnhaus der Kläger eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch die WEA 6 befindet sich mit einem Abstand von 624 m zum Wohnhaus der Kläger bzw. 472 m zur Grundstücksgrenze - auch angesichts des kumulierenden Effekts mit den weiteren in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen - noch nicht in einer derartigen Entfernung, dass von einer Prüfung der Einhaltung der maßgeblichen Lärmgrenzwerte und Zumutbarkeit der optischen Wirkung auf das Grundstück der Kläger von vornherein abgesehen werden könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sie dieses nicht nur selbst bewohnen, sondern darüber hinaus auf den den WEA 5 und 6 zugewandten Flächen Pferdehaltung und -zucht sowie professionellen Reitunterricht betreiben.
88II. Die Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006, soweit er die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 betrifft, ist auch begründet.
89Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
90Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228, juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18, juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431, juris Rn. 60 ff.
91Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, juris Rn. 3.
93Diese Grundsätze schließen es nicht aus, im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage nachträglich gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris Rn. 18.
95Der Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Genehmigung führt, soweit diese noch angefochten ist.
96Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung, die nach § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO - und damit für die Kläger - gilt, liegen hier vor.
97Das Vorhaben unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (dazu 1.). Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (dazu 2.). Der Verfahrensfehler ist nicht durch die im Berufungsverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden (dazu 3.). Er begründet für die Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 und verletzt sie auch in ihren Rechten (4.).
981. Das Vorhaben - die Änderung bzw. Erweiterung einer bestehenden Windfarm durch Errichtung und Betrieb von sieben Windenergieanlagen des Anlagentyps Enercon E-70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nennleistung 2.000 kW - unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Nach § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die Vorprüfungspflicht folgt auch aus § 1 Abs. 3 1. Halbsatz 2. Alt. der 9. BImSchV, der im Lichte des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auszulegen ist.
99Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 3, der weitergehend von einer Spezialität des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV ausgeht, dagegen VG Osnabrück, Beschluss vom 21. Dezember 2011 ‑ 2 B 16.11 -, NuR 2012, 362, juris Rn. 57; siehe auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30, 31; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 C 22.07.AK -, juris Rn. 66.
100Vorliegend handelt es sich um die Änderung eines bestehenden UVP-pflichtigen Vorhabens, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls besteht. Die sieben mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 genehmigten Windenergieanlagen der HelveticWind T. GmbH (bzw. zum Genehmigungszeitpunkt: Q. GmbH) im östlichen Bereich der Windvorrangzone und die sieben genehmigten, aber nicht errichteten Vorgängeranlagen an den Standorten, auf die sich die angefochtene Änderungsgenehmigung bezieht, sowie die im Mai 1999 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 1 (L. ) und die Ende Januar 2003 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 3 bildeten zusammen eine Windfarm (a), die als bestehendes UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG anzusehen ist (b). Gegenstand des angefochtenen Genehmigungsbescheids ist eine Änderung dieser Windfarm (c), die dem Erfordernis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegt (d).
101a) Die 16 genannten Windkraftanlagen bilden als sogenannte Windfarm das Ausgangsvorhaben im Sinne des § 3e UVPG.
102Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die ‑ unabhängig von der Zahl der Betreiber - einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182, juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007), juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff., Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 12; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u. a. -, NVwZ 2007, 1213, juris Rn. 23.
104Ein solcher Zusammenhang ist zwischen den Windkraftanlagen WEA 1, 2 und 3 und WEA 4, 5, 6 und 7 jeweils untereinander schon aufgrund der geringen Abstände der Anlagen innerhalb der beiden Gruppen gegeben. Der Abstand zu den jeweils benachbarten Anlagen beträgt insoweit in allen Fällen weniger als 350 m. Der für die Annahme einer Windfarm erforderliche räumliche Zusammenhang liegt aber auch zwischen den beiden Gruppierungen und darüber hinaus mit den weiteren in der genehmigten Windkraftanlagen der I. T. GmbH (WEA lfd. Nr. 12-18) und des Betreibers L. (WEA lfd. Nr. 1) vor. Zwar ist der kürzeste Abstand zwischen der westlichen und der - zahlenmäßig größeren - östlichen Anlagengruppe mit etwa einem Kilometer (WEA 6 zur WEA 3) größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 710 m.
105Dieser Abstand ist jedoch nicht von vornherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Solche besonderen Umstände liegen hier vor.
106Alle genannten Windkraftanlagen befinden sich innerhalb derselben bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Der geometrische Schwerpunkt liegt in etwa in der Mitte der einzelnen Anlagengruppen. Die Genehmigungsverfahrensakten enthalten hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen aller Anlagen summieren. Dies ist vor allem hinsichtlich der Lärmimmissionen der Fall und ergibt sich insoweit aus den Nachberechnungen zur Schallimmissionsprognose vom 10. April 2006 und 4. Januar 2007. Diese betreffen zwar bereits die WEA 1 bis 7 als Nachfolgemodelle der zuvor baugenehmigten Anlagen. Für die Frage, welche Windkraftanlagen eine Windfarm bilden, macht dies aber angesichts der unveränderten Standorte keinen Unterschied. Mehrere der maßgeblichen Immissionspunkte befinden sich gerade zwischen den beiden Anlagengruppen; die Gesamtbelastung setzt sich dort aus den Immissionen aller Anlagen zusammen. Dementsprechend ist auch der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass alle in der Windvorrangfläche befindlichen Anlagen eine Windfarm bilden (vgl. Genehmigungsbescheid S. 26; ebenso nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 1). Bereits im Genehmigungsbescheid vom 20. April 2005, S. 30, betreffend einen Teil der ‑ östlich gelegenen - Windenergieanlagen der Q. GmbH sind diese im Verhältnis u. a. zu den baugenehmigten Vorgängern der WEA 1 bis 7 als eine einheitliche Windfarm betrachtet worden. Darin ist etwa bei den hinsichtlich der WEA lfd. Nr. 15 getroffenen Regelungen zum Ausschluss eines Schattenwurfs auch das Wohnhaus der Kläger als Immissionsort einbezogen worden.
107b) Die aus (zumindest) den genannten 16 Windkraftanlagen bestehende Windfarm ist ein UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG. Entscheidend ist, ob das bereits bestehende Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde.
108Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 1. Juni 2010 - 12 LB 31/07 -, DVBl. 2010, 1039, juris Rn. 37; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 9 ff.
109Die UVP-Pflicht liegt dabei nicht nur dann vor, wenn es sich bei dem Ausgangsvorhaben um ein „X-Vorhaben“ nach Spalte 1 der Anlage 1 handelt. Sie kann sich vielmehr auch daraus ergeben, dass bei einem vorprüfungsbedürftigen Grundvorhaben eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt worden ist. An diese Feststellung der UVP-Pflicht kann wieder angeknüpft werden, wenn das Grundvorhaben später geändert oder erweitert werden soll.
110Vgl. Sangenstedt, a. a. O., § 3e UVPG, Rn. 10.
111So liegt der Fall hier. Im Genehmigungsverfahren der sieben im östlichen Bereich der Vorrangzone gelegenen Windkraftanlagen der damaligen Betreibergesellschaft Q. GmbH (genehmigt durch Bescheide vom 20. April bzw. 24. Oktober 2005) ist nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten und durchgeführt worden. Bei dieser sind zehn weitere, seinerzeit genehmigte Anlagen als Vorbelastung berücksichtigt worden, darunter jedenfalls auch die an den Standorten WEA 1 bis 8 baugenehmigten Windkraftanlagen. Im Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2005 (S. 33) wird hierzu ausgeführt, aufgrund der möglichen Einwirkung auf benachbarte Waldflächen und schützenswerte Bereiche, insbesondere auch Brutgelege für Vögel, sowie der durch die nunmehr insgesamt 17 Windenergieanlagen in der Windvorrangfläche angewachsene Zahl der Windenergieanlagen sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung geboten gewesen.
112c) Das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Vorhaben ist eine Änderung (bzw. Erweiterung) einer UVP-pflichtigen Windfarm im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG.
113Isoliert betrachtet stellt sich das Vorhaben, anstelle der zuvor genehmigten sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66/18.70 (Rotordurchmesser 70 m, Nennleistung 1800 kW) nunmehr jeweils einen anderen, leistungsoptimierten Anlagentyp (Enercon E 70 E-4, Rotordurchmesser 71 m, 2000 kW) zu errichten, allerdings nicht als Änderung, sondern als Neuerrichtung dar. Der Ersatz von alten Windenergieanlagen durch leistungsstärkere neuere Anlagen richtet sich nach denselben rechtlichen Regeln wie die Neuerrichtung von Anlagen. Denn mit der Beseitigung einer alten Anlage erlischt deren Bestandsschutz.
114Vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 1. Aufl. 2009, Rn. 466; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Juli 2013 ‑ 12 ME 37/13 -, NuR 2013, 894, juris Rn. 14; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 32.
115Nichts anderes kann gelten, wenn die zunächst genehmigten Anlagen - wie hier - nie errichtet worden sind. In beiden Fällen geht es um die Errichtung eines neuen und anders gearteten, von der bisherigen Genehmigung nicht umfassten Anlagetyps, der regelmäßig nur als Ganzes unter Verzicht auf die Realisierung der zuvor genehmigten Anlagen - und nicht im Wege einer Änderung derselben - errichtet werden kann. Das schließt nicht aus, dass auf eine für das nicht realisierte Vorhaben durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung im neuen Genehmigungsverfahren zurückgegriffen werden kann.
116Um ein Änderungsvorhaben im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG handelt es sich hier deshalb, weil auch bei einem Hinwegdenken der zu ersetzenden baugenehmigten Windenergieanlagen noch eine Windfarm vorhanden ist, zu der sieben weitere Windenergieanlagen hinzutreten. Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine derartige - hier sogar betreiberübergreifende - Erweiterung einer Windfarm immissionsschutzrechtlich keinen Fall der Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG darstellt. Denn die 4. BImSchV knüpft seit der zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neufassung nur noch an die einzelne Windenergieanlage und - anders als das UVP-Gesetz - nicht mehr an das Vorliegen einer Windfarm an.
117Vgl. näher Wustlich, NVwZ 2005, 996 ff.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 4. BImSchV, Rn. 26; anders zur früheren Rechtslage BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 3.04 -, BVerwGE 122, 117, juris Rn. 23.
118d) Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht für diese Änderung (in Form der Erweiterung) eine UVP-Pflicht, wenn eine (allgemeine) Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung bzw. Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Da es sich hierbei um eine Rechtsfolgeverweisung handelt, ist die im Rahmen von § 3c Satz 1 und 2 i. V. m. Anlage 1 Spalte 2 getroffene Differenzierung nach Schwellenwerten für die A- und S‑Vorhaben in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist somit unabhängig davon durchzuführen, ob die betreffenden Änderungen oder Erweiterungen die Prüfwerte für ein entsprechendes A‑Vorhaben erreichen.
119Vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann (Hrsg.), UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG, Rn. 11; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 22; a. A. Kutscheidt/Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 9. BImSchV, Rn. 12.
1202. Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung genügt den rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG) nicht.
121Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit unterliegt gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32.
123Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst und ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, dazu näher oben unter I. 1. a).
124Gemessen daran ist die vor Erlass des angefochtenen Genehmigungsbescheides durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und das Ergebnis deshalb nicht nachvollziehbar. Die Genehmigungsbehörde hat bei der Durchführung der Vorprüfung das anzuwendende Recht verkannt, indem sie Gegenstand und Reichweite der gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG durchzuführenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unzutreffend bestimmt hat (a). Darüber hinaus sind naheliegende Umweltauswirkungen in der Vorprüfung nicht ermittelt und betrachtet worden (b).
125a) Gegenstand dieser Vorprüfung ist die Frage, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Erweiterung verbunden sind. Denn nach dem Halbsatz 1 des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
126Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 ‑ 8 D 22/07.AK -, juris Rn. 93 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30 ff. (zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG).
127Darüber hinaus sind frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVP-Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz UVPG).
128Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 146 ff.
129Die nach der Änderung oder Erweiterung fortbestehenden Umweltauswirkungen des Grundvorhabens sind nicht Gegenstand der UVP-Vorprüfung; sie sind vielmehr bei der Vorprüfung hinsichtlich des Änderungs- bzw. Erweiterungsvorhabens (lediglich) als Vorbelastung zu berücksichtigen. Eine Empfehlung der Umweltausschüsse von Bundestag und Bundesrat, § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ausdrücklich dahin zu ergänzen, dass bei der Vorprüfung des Weiteren auch das bestehende Vorhaben aufgrund der Änderung oder Erweiterung selbstständig in den Blick zu nehmen ist,
130vgl. BR-Drs. 674/1/00 vom 12. Dezember 2000, Nr. 30, S. 26 f., BT-Drs. 14/5750, S. 8, 128,
131ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren am Widerstand des Bundesrats gescheitert.
132Vgl. BR-Drs. 286/01 (Beschluss), Ziff. 3, Satz 1; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 6.
133Es ist danach erforderlich, das Zusammenwirken der Umweltauswirkungen des Änderungsvorhabens mit Vorbelastungen aus anderen am Standort vorhandenen Quellen zu untersuchen, zu denen auch das Grundvorhaben selbst gehört. Dabei können ggf. Erkenntnisse aus der für das Grundvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung erneut verwertet werden.
134Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 23 ff., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 22.
135Diesen Anforderungen genügt die vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durchgeführte Vorprüfung nicht.
136Die Vorprüfung ist im Vermerk vom 5. Juni 2006 schon nicht als allgemeine, sondern (lediglich) als „Standortbezogene/Anlagenbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ bezeichnet. Darin wird im Wesentlichen auf die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens von der unteren Landschaftsbehörde des Kreises X. durchgeführte „standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ für die sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66 18.70 Bezug genommen. Sodann wird im Wege einer Differenzbetrachtung festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb der technisch geringfügig optimierten Anlagen vom Typ Enercon E-70 E4 nicht dazu beitragen würden, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu verursachen. Die baurechtlich genehmigten Standorte blieben unverändert, und mit der technischen Optimierung der Windenergieanlagen sei eine relevante Erhöhung der Lärmimmissionen oder von Beeinträchtigungen der Pflanzen, Tiere und Schutzgebiete vor Ort nicht verbunden. Auch im Baugenehmigungsverfahren der Vorläufer der beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ist keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern nur eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen worden (Vermerk vom 5. Dezember 2002 sowie planungsrechtliche Prüfung vom 15. Januar 2003). Ob dem Beklagten darin zu folgen ist, in der Sache sei nach denselben Kriterien geprüft worden, die bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls in den Blick zu nehmen seien, kann wegen Vorliegens weiterer Mängel dahinstehen.
137Gegenstand der im Baugenehmigungsverfahren vorgenommenen standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls waren entgegen den rechtlichen Anforderungen nicht alle sieben in den Jahren 2003 und 2004 baugenehmigten Windenergieanlagen, sondern - soweit die Vorgänger der streitbefangenen Anlagen WEA 5 und 6 betroffen sind - nur die drei Anlagen WEA 5, 6 und 8. Einbezogen in die Betrachtung wurden zwar die beiden Anlagen, die seinerzeit bereits an den beiden Standorten WEA 4 und 7 genehmigt waren (und zeitgleich durch neue Baugenehmigungsanträge „überplant“ wurden, vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 2). Das gilt jedoch nicht für die Anlagen an den Standorten WEA 1, 2 und 3. Insoweit ist die Baugenehmigungsbehörde ausdrücklich davon ausgegangen, ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit der aus den WEA 1, 2, und 3 bestehenden Dreiergruppe könne nicht angenommen werden (vgl. den im Baugenehmigungsverfahren der Vorgängeranlage zur WEA 6 gefertigten Vermerk Planungsrechtliche Prüfung - Stand: 15. Januar 2003 -, S. 3). Demgegenüber bedurfte es jedenfalls im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in dem über die Genehmigung von sieben leistungsoptimierten Anlagen an den gleichen Standorten zu entscheiden war, einer auf diese sieben Anlagen in ihrer Gesamtheit bezogenen UVP-Vorprüfung.
138Jedenfalls konnte die für die Windenergieanlagen WEA 5, 6 und 8 im Baugenehmigungsverfahren durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls den rechtlichen Anforderungen der im späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG vorzunehmenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls deshalb nicht genügen, weil zum damaligen Zeitpunkt die sieben Windenergieanlagen der I. T. GmbH (WEA 12-18, vorheriger Betreiber: Q. GmbH) noch nicht beantragt waren und - seinerzeit zu Recht - bei der Prüfung der Umweltauswirkungen der baurechtlich beantragten Windkraftanlagen nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden sind (vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 3, dort wohl bezeichnet als Planvorhaben der Fa. V. ). Dies war im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren jedoch erforderlich.
139Dagegen kann die Beigeladene nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre Windkraftanlagen als erste beantragt gewesen seien und deshalb keine Vorbelastung berücksichtigt werden müssen. Dieser Einwand verkennt, dass hier ein neuer, auf andere, leistungsoptimierte Anlagen bezogener Antrag zur Beurteilung steht, der später gestellt worden ist als die Genehmigungsanträge der Q. GmbH (jetzt: I. T. GmbH).
140b) Überdies erweist sich die Vorprüfung als unvollständig, weil sich dem Vermerk vom 5. Dezember 2002 nicht entnehmen lässt, dass Ermittlungen und Bewertungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna angestellt worden sind. Die naturschutzrechtlichen Betrachtungen erschöpfen sich in einer Bestandsaufnahme von - im direkten Einwirkungsbereich der Konzentrationszone nicht vorgefundenen - Landschafts- und Naturschutzgebieten, sonst schützenswerten Landschaftsbestandteilen, einer Bezugnahme auf die bei der Aufstellung des Gebietsentwicklungsplans und der Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführten Abwägungen sowie allgemein gehaltenen Überlegungen zur Beeinträchtigung des Naturhaushalts. Des Weiteren wird auf - nicht im Verwaltungsvorgang befindliche - Stellungnahmen der unteren Landschaftsbehörde und weiterer beteiligter Stellen Bezug genommen.
141Nähere Ermittlungen und Betrachtungen zum Vorhandensein windkraftsensibler Vogel- und Fledermausarten im Umkreis des Vorhabens und zu den zu erwartenden Auswirkungen auf diese sind nicht angestellt worden. Dies war indes erforderlich, um die Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 UVPG), insgesamt nachvollziehbar beantworten zu können. Bei der Vorprüfung sind die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei ergeben sich die Gegenstände der zu prüfenden Auswirkungen allerdings nicht aus dieser Anlage, sondern aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens unter anderem auch auf Tiere. Dementsprechend hätte es auch diesbezüglich einer überschlägigen Prüfung bedurft, ob die Erweiterung der Windfarm um sieben Windenergieanlagen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Die Prüfung auf die Auswirkungen auf die Avifauna zu erstrecken, dürfte bei der Planung von Windkraftanlagen schon generell erforderlich sein. Im vorliegenden Fall belegt jedenfalls die nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf Vögel und Fledermäuse durchaus nahe lagen und deshalb in die Vorprüfung einbezogen werden mussten.
142Dieses Erfordernis kann auch nicht mit dem Argument bezweifelt werden, das materielle Recht habe im Zeitpunkt der Vorprüfung noch keine artenschutzrechtlichen Anforderungen enthalten, die bei der Zulassung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen gewesen wären. Soweit die Feststellung in der nachgeholten Allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 2, wonach zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2005 aufgrund der nationalen Gesetzeslage noch keine Notwendigkeit einer „formellen Artenschutzprüfung“ bestanden habe, in diese Richtung zu verstehen sein sollte, wäre dem nicht zu folgen. Die Neuregelung der Materie durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2873) hat zwar in Anpassung an europarechtliche Vorgaben zu Verschärfungen geführt. Das ändert aber nichts daran, dass bereits zuvor artenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Zugriffsverbote, bei der Zulassung von Vorhaben zu berücksichtigen waren.
143Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2005 - OVG 2 S 115.05 -, ZUR 2006, 210, juris Rn. 7 f.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. März 2006 - 1 A 10884/05 -, ZUR 2006, 379, juris Rn. 38 ff.
1443. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist durch die vom Beklagten während des Berufungsverfahrens durchgeführte Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht mit heilender Wirkung nachgeholt worden.
145a) Eine Heilung des Verfahrensfehlers ist unter Geltung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Berufungsverfahren nicht mehr möglich. Im Einzelnen:
146Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG kann die Aufhebung einer Genehmigungsentscheidung, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist, nur verlangt werden, wenn diese nicht nachgeholt worden ist. § 45 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und andere entsprechende Rechtsvorschriften bleiben unberührt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG). Nach allgemeiner Auffassung ist § 45 VwVfG bzw. die entsprechende Regelung des Landesrechts auf andere, in Abs. 1 der Vorschrift nicht genannte Verfahrensfehler entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere auch für die UVP-Vorprüfung.
147Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 24.
148Hiervon geht § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG aus.
149Da § 4 Abs. 1 UmwRG die Heilungsvorschriften lediglich voraussetzt, regelt er nicht deren Anwendungsbereich oder deren Voraussetzungen.
150Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 4 UmwRG Rn. 17; Ziekow, NVwZ 2007, 259, 265; Kment, NVwZ 2007, 274, 277; siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 25; ähnlich zu § 4 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz UmwRG OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722, juris Rn. 329.
151Er enthält auch keine statische, sondern eine dynamische Verweisung.
152Hiervon ausgehend bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die zeitliche Grenze einer Heilung zu Unrecht unterbliebener (oder nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügender) UVP-Vorprüfungen in Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG auch dann nach § 45 Abs. 2 VwVfG (Bund) bestimmen soll, wenn auf das betreffende Verwaltungsverfahren das Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes Anwendung findet.
153Anders noch OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 12/08.AK -, DVBl. 2010, 719, juris Rn. 104.
154Die Regelung lässt neben § 45 Abs. 2 VwVfG ausdrücklich „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ unberührt. Die Formulierung „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ erfasst auch die jeweiligen Parallelvorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze. Dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie bundesrechtliche Vorschriften des Planfeststellungsrechts wie § 17 Abs. 6c Satz 2 des Fernstraßengesetzes a. F. oder § 19 Abs. 4 des Bundeswasserstraßengesetzes a. F. (vgl. nunmehr etwa: § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG, § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) im Blick hatte,
155vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14,
156ändert daran nichts, zumal letztere ausdrücklich nur beispielhaft genannt sind. Ein Wille des Gesetzgebers, die Heilung von UVP-Verfahrensfehlern im Unterschied zu sonstigen Verfahrensfehlern bundeseinheitlich zu regeln, lässt sich der Begründung weder ausdrücklich entnehmen noch hätte er im Gesetzestext hinreichend Ausdruck gefunden.
157Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht anzunehmen, dass ein Hinweis in der Gesetzesbegründung zu § 4 UmwRG auf die Anwendbarkeit des jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder unbedingt zu erwarten gewesen wäre, wenn der Nennung des § 45 Abs. 2 VwVfG keine Bedeutung im Sinne einer materiell-rechtlichen Vorgabe hätte zukommen sollen. Die Begründung des Gesetzgebers zu § 22 UVPG, auf die der Beklagte verweist, stützt diese Annahme nicht. Nach § 22 UVPG „gelten“ für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens „die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“. Wenn der Gesetzgeber sogar diese scheinbar eindeutig die Geltung der Regelungen des Bundes anordnende Vorschrift dahin verstanden wissen will, sie verweise „entsprechend dem jeweiligen Anwendungsbereich (vgl. § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes) auf die maßgeblichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder“,
158vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 104,
159spricht dies eher dafür, dass für § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG Gleiches gilt. Die letztgenannte Regelung erfasst bereits dem Wortlaut nach („§ 45 Abs. 2 VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften“) die Parallelnormen der Länder. Insoweit bedurfte es keiner Klarstellung. Bei diesem Befund ist vielmehr davon auszugehen, dass ein gewollter Ausschluss der Anwendbarkeit landesrechtlicher Parallelvorschriften in der Entwurfsbegründung ausdrücklich klargestellt worden wäre.
160Auch das Gebot unionsrechtskonformer Auslegung zwingt nicht zu einem Verständnis als bundeseinheitlicher Regelung. Das ergibt sich etwa aus dem Urteil Wells des EuGH, auf das der Beklagte - mit gegenteiliger Schlussfolgerung - hingewiesen hat. Danach sind die zuständigen Behörden verpflichtet, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Es unterfällt jedoch (in den Grenzen des Äquivalenz- und Effektivitätsprinzips) der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, in welcher Weise sie dies tun. In diesem Rahmen ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit besteht, eine bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder auszusetzen, um dieses Projekt (nachträglich) einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Anforderungen der Richtlinie 85/337 zu unterziehen.
161Vgl. EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C‑201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 62 ff.; siehe auch Urteil vom 3. Juli 2008, C‑215/06, EU:C:2008:380, NuR 2008, 562 , juris Rn. 57 ff.
162Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Heilung eines wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrigen Genehmigungsbescheids bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt zuzulassen, lässt sich dem Unionsrecht danach nicht entnehmen. Denn auch die Aufhebung der Genehmigung im gerichtlichen Verfahren mit der Folge, dass für das Vorhaben ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, ist eine taugliche Maßnahme, dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Steht das Unionsrecht damit aber unterschiedlichen nationalen Regelungen der Heilungsmöglichkeiten nicht entgegen, müssen diese Regelungen auch innerhalb eines Mitgliedstaats nicht notwendig einheitlich ausfallen.
163Nach alledem findet hier § 45 Abs. 2 VwVfG keine Anwendung, da für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, auch soweit sie Bundesrecht ausführen, das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen gilt (vgl. § 1 Abs. 3 VwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG NRW). Der einschlägige § 45 Abs. 2 VwVfG NRW lässt eine Heilung von Verfahrensfehlern nur bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu. Die erst während des Berufungsverfahrens nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls konnte den Verfahrensfehler daher nicht mehr heilen.
164b) Ungeachtet dessen genügt auch die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013 nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
165aa) Allerdings ist die Möglichkeit der Nachholung einer UVP-Vorprüfung nach den genannten Vorschriften mit den europarechtlichen Vorgaben grundsätzlich vereinbar. Insbesondere liegt darin keine - unionsrechtlich problematische - Legalisierung von Projekten, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten unterzogen werden müssen. Das gilt jedenfalls, wenn die nachgeholte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedurfte. Das Unionsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften, die unter bestimmten Umständen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, nicht grundsätzlich entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine solche Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder es nicht anzuwenden.
166Vgl. näher BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 ‑ 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 27 ff.; EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008, C-215/06, EU:C:2008:380, juris Rn. 57.
167Der Heilungsmöglichkeit durch Nachholung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls dürfte nicht die Auffassung der Kläger entgegenstehen, der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne vorliegend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, weil das Vorhaben - durch Errichtung von fünf der genehmigten sieben Windkraftanlagen - schon teilweise verwirklicht worden sei. Mit der Errichtung der allein streitbefangenen Windenergieanlagen WEA 5 und 6 ist noch nicht begonnen worden. Für diese kann eine UVP-Vorprüfung grundsätzlich - stünde vorliegend nicht § 45 Abs. 2 VwVfG NRW entgegen - nachgeholt werden.
168Der Senat kann offen lassen, auf welchen Zeitpunkt die Behörde ihre überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 3c UVPG), zu beziehen hat, wenn die Vorprüfung nach Erteilung der Genehmigung nachgeholt wird. Das betrifft auch die Frage, inwieweit die Kläger eine etwaige Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch eine zwischenzeitliche Gebietsveränderung aufgrund Errichtung eines Teils der genehmigten Windkraftanlagen hinnehmen müssen.
169bb) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, wonach das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist bezogen auf die Avifauna nicht nachvollziehbar. Dies folgt vorliegend daraus, dass der Beklagte es infolge der nachgeholten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für erforderlich gehalten hat, den Genehmigungsbescheid nachträglich durch mehrere, den Vorhabenträger insgesamt nicht unwesentlich einschränkende Nebenbestimmungen i. S. v. § 12 Abs. 1 BImSchG zu ergänzen. Zugleich ist hinsichtlich der zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen auf die Avifauna weiterer Klärungsbedarf verblieben.
170Der Beklagte hat den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen nicht zutreffend bestimmt. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Der Maßstab für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ist dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können, weil materielle Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
171Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 ‑ 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 37, und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21; Bay. VGH, Beschluss vom 17. November 2014 - 22 ZB 14.1035 -, juris Rn. 17; siehe auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. April 2014 - 1 B 10249/14 -, DVBl. 2014, 940, juris Rn. 19.
172Führt die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dazu, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 Abs. 1 BImSchG beigefügt werden müssen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, diese nach § 12 UVPG zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck. Denn die Genehmigung kann nur unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (§ 12 Abs. 1 BImSchG). Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die bereits vom Träger des Vorhabens vorgesehen sind und die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, können demgegenüber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 3 UVPG).
173Das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen muss allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist.
174Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21-23, zu einem Planfeststellungsbeschluss; weitergehend Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34 f., siehe aber nunmehr auch Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 39.
175Die Behörde darf nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen.
176BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 18 m. w. N.
177Dies zugrunde gelegt durften erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht ohne vertiefte Untersuchung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
178Im Genehmigungsverfahren war eine Ermittlung und Prüfung, welche Auswirkungen die Errichtung und der Betrieb von sieben Windenenergieanlagen auf die Avifauna haben werden, gänzlich unterblieben. Die nunmehr als Folge der „Vorprüfung“ nachträglich getroffenen Nebenbestimmungen verdeutlichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit, dass der Beklagte der Sache nach selbst von der Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen durch die beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ausgeht. Er hat der Beigeladenen mit der Anlegung eines Ablenkungshabitats für die Rohrweihe zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Anlagen, Monitorings zum - ggf. nachträglichen - Schutz der Rohrweihe und von Fledermäusen sowie der Anlegung von sechs mindestens 1,5 ha großen Extensivgrünlandflächen mit Blänke für Brutpaare des Kiebitz‘ aufwändige zusätzliche Maßnahmen auferlegt, die von der Beigeladenen selbst nicht vorgesehen waren (§ 3c Satz 3 UVPG) und der Beseitigung sonst vorliegender Genehmigungshindernisse dienen sollten.
179Zugleich ist auf der Grundlage der herangezogenen Gutachten und Kartierungen nicht sicher, dass ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG dadurch hinreichend ausgeschlossen wird. So soll in Bezug auf die Fledermäuse erst ein nach der Errichtung und Inbetriebnahme der Windkraftanlagen durchzuführendes, dreijähriges akustisches Monitoring erweisen, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Während dieser drei Jahre sind keinerlei Schutzmaßnahmen vorgesehen. Ein derartiges Monitoring kann angeordnet werden, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Gefahren begegnet werden soll.
180Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 -, BVerwGE 140, 149, juris Rn. 105; vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308, juris Rn. 91; OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2012 - 8 B 441/12 -, NuR 2012, 870, juris Rn. 43.
181Solche Ermittlungsdefizite liegen hier aber vor, solange das Vorkommen von Fledermäusen für den näheren Umkreis der streitbefangenen Windkraftanlagen nicht untersucht worden ist. Die Bezugnahme auf das im Genehmigungsverfahren der Windkraftanlage WEA lfd. Nr. 22 angefertigte „Fachgutachten Fledermäuse“ vom 17. November 2010 ist insoweit unzureichend. Der dort in den Blick genommene Untersuchungsraum beschränkt sich auf einen Radius von 500 m um die WEA lfd. Nr. 22, von der die streitbefangenen Anlagen mindestens einen Kilometer entfernt liegen.
182Ähnliches gilt hinsichtlich der Ermittlung der Auswirkungen des streitigen Vorhabens auf Kiebitz und Rohrweihe. Das der Vorprüfung zugrunde gelegte avifaunistische Fachgutachten vom 17. November 2010 - angefertigt im Genehmigungsverfahren der WEA lfd. Nr. 22 - untersucht insbesondere die Brutvogelbestände bzw. Revierzentren von Kiebitz und Rohrweihe in einem Umkreis von 1000 bzw. 2000 m um den Standort der WEA lfd. Nr. 22. Die dort ermittelten Zahlen - namentlich die Anzahl der Brutpaare des Kiebitz - wurden in die hier zu beurteilende Vorprüfung und die hieraus resultierenden Nebenbestimmungen übernommen, obwohl sich das hier in den Blick zu nehmende Gebiet (1000 bis 2000 m um die südwestlich liegenden Standorte der WEA 5 und 6) mit dem untersuchten nicht einmal zur Hälfte überschneidet.
183In Bezug auf die Rohrweihe geht der Beklagte insoweit davon aus, dass sich auch durch das zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Windkraftanlagen anzulegende Ablenkungshabitat ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko nicht sicher ausschließen lässt. Auch hier schreibt eine weitere Nebenbestimmung (Nr. IV.7.2) nunmehr ein Monitoring vor, ohne dass dem eine vertiefte Umweltuntersuchung vorausgegangen wäre.
1844. Der Verfahrensfehler verletzt die Kläger nach dem - unter I. näher begründeten - Ansatz des Senats im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Denn die Verpflichtung zu einer - zumindest - dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügenden Vorprüfung ist auch den Interessen der Kläger als von der Genehmigung Betroffenen zu dienen bestimmt. Das abweichende Verständnis des § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt an dieser Stelle zu keinem anderen Ergebnis. Danach liegt lediglich ein objektiv-rechtlicher Rechtsfehler vor. Dieser begründet jedoch ebenfalls einen Aufhebungsanspruch, weil § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG dies ausdrücklich anordnet und damit die Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Nach der einen wie der anderen Auffassung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. § 46 VwVfG NRW findet keine Anwendung.
185Vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 21; Ziekow, NuR 2014, 229, 231.
186Die Kostenentscheidung beruht unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
187Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
188Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und werden nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.
(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils
- 1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.
(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tatbestand
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Der Kläger, eine im Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen Entwässerungsregelungen für Teilabschnitte der Bundesautobahnen A 3 und A 44, die auf Planfeststellungsbeschlüsse vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 zurückgehen und durch Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 ihre heutige Fassung erlangt haben; er greift außerdem die dem letztgenannten Beschluss beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis an.
- 2
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Durch Planfeststellungsbeschluss vom 24. April 1991 wurde der Bau des Autobahnknotens A 3/A 44 (Autobahnkreuz Ratingen) planfestgestellt. Entsprechend dem nachfolgend realisierten Plan wird das Straßenoberflächenwasser der im nordöstlichen Anschlussohr des Knotens errichteten Sonderanlage R., einem Regenrückhaltebecken mit Ölabscheider und Absetzfunktion, zugeführt und von dort in den Hahnerhofbach eingeleitet, der als Zufluss des Homberger Bachs zum Bachsystem der Anger gehört. Die Einleitung erfolgte ursprünglich gestützt auf eine im Zusammenhang mit einem Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1979 für den Ausbau eines Teilstücks der A 3 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis.
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Mit Beschluss vom 21. Februar 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert fest. Dieser Beschluss sah vor, für einen Teilabschnitt der A 44 östlich des Knotens A 3/A 44 das Straßenoberflächenwasser ebenfalls in die Sonderanlage zu leiten. Von dort aus sollte es aufgrund einer dem Beschluss beigefügten wasserrechtlichen Erlaubnis in einer Menge von max. 390 l/s in den Homberger Bach eingeleitet werden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, den der Kläger nicht angefochten hat, richten sich zwei derzeit ruhende Klagen der Städte D. und R., die aufgrund der Einleitung des Straßenoberflächenwassers der A 44 eine Verschärfung der Hochwassersituation am Unterlauf der Anger befürchten.
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Diese Bedenken haben zu einer Änderungsplanung geführt, die den Gegenstand des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2008 bildet. Sie zielt darauf ab, die Einleitungsmenge des Straßenoberflächenwassers zu drosseln. Die dafür benötigte höhere Rückhaltekapazität soll durch Zuschaltung eines nur temporär bei Bedarf einzustauenden Retentionsraums erreicht werden, der im nordwestlichen Anschlussohr des Autobahnkreuzes geplant ist. Um diesen Retentionsraum anzulegen, soll die Rampe Velbert-Köln des Kreuzes nicht, wie ursprünglich geplant, als Brückenbauwerk, sondern als Damm errichtet werden. Aus dem dadurch entstehenden Erdbecken soll das Wasser mittels eines Dammdurchlasses gedrosselt in den Hahnerhofbach eingeleitet werden. Der Standort des geplanten Retentionsraums befindet sich ebenso wie die Sonderanlage R. in der Schutzzone IIIa des Wasserschutzgebiets für die von den Stadtwerken R. nordöstlich des Autobahnkreuzes betriebene Trinkwassergewinnungsanlage Homberg-Meiersberg. Derzeit wird ein Verfahren zur Änderung der Schutzgebietsverordnung betrieben, in dem geprüft wird, ob die Schutzzone II auf die Standorte der Sonderanlage und des geplanten Retentionsraums ausgedehnt werden soll.
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Durch Antrag des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2008 wurde ein Verfahren zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. Februar 2007 mit dem Ziel eingeleitet, die Entwässerungsanlagen um den Retentionsraum zu ergänzen. Von einer Auslegung der Planunterlagen wurde abgesehen. Der Kläger erhielt jedoch Gelegenheit zur Stellungnahme, von der er mit Einwendungsschreiben vom 18. Februar 2008 fristgerecht Gebrauch machte. Er trug im Wesentlichen vor: Der Retentionsraum sei in der geplanten Wasserschutzzone II nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) unzulässig. Trotz Vorbehandlung in der Sonderanlage enthalte das eingestaute Wasser Salze und Schadstoffe. Die mit dem Einstau verbundenen Risiken für das Grundwasser würden dadurch verschärft, dass im nordwestlichen Auffahrtohr des Autobahnkreuzes ein aus mehreren Quellen gespeister Bach verlaufe, der im Bereich des Retentionsraums über eine Bachschwinde in den Untergrund versickere. Wegen möglicher Risiken für das Trinkwasser sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung unverzichtbar. Für den Retentionsraum müssten ausgehöhlte Bäume beseitigt werden, die streng geschützten Vogel- und Fledermausarten Lebensraum böten. Aufgrund dessen sei eine Baumkartierung notwendig.
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Im weiteren Verfahrensverlauf ließ der Vorhabenträger neben einer faunistischen Kartierung eine Baugrunduntersuchung durchführen. Diese gelangte aufgrund der Bohrergebnisse zu der Empfehlung, durch weitere Untersuchungen zu klären, ob am Standort des geplanten Retentionsraums in geringer Tiefe ein Kalksteinzug vorhanden sei, und äußerte außerdem die Vermutung, dass eine geologische Störung das Untersuchungsgebiet durchziehe. Der Vorhabenträger ergänzte nachfolgend die Planung dahin, dass der Retentionsraum durch Auffüllung des tiefstliegenden Bereichs bis zu einer Höhe von 100 m über NN mit stark bindigem Boden (Durchlässigkeitsbeiwert kf
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Mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 24. September 2008 stellte der Beklagte den Plan fest und wies die erhobenen Einwendungen zurück. Bezogen auf die Einleitung des Straßenoberflächenwassers in den Hahnerhofbach wies er auf die mit Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1979 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis hin, die die Einleitung auch in der nunmehr geplanten Form abdecke.
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Gegen den ihm am 25. Oktober 2008 zugestellten Änderungsplanfeststellungsbeschluss hat der Kläger am 24. November 2008 Klage beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhoben. Während des Klageverfahrens wurde ein weiteres Änderungsplanfeststellungsverfahren durchgeführt, das den Umbau der Sonderanlage R. mit dem Ziel einer verbesserten Reinigungsleistung zum Gegenstand hatte. Durch Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Beckenumbau fest. Er fügte dem Änderungsbeschluss nach vorheriger Erteilung des Einvernehmens durch die Bezirksregierung Düsseldorf als Obere Wasserbehörde eine die früher erteilten Erlaubnisse ändernde wasserrechtliche Erlaubnis bei, die die Einleitung des Straßenoberflächenwassers vom Autobahnkreuz und vom östlich anschließenden Teilstück der A 44 in den Hahnerhofbach an der vorhandenen Einleitungsstelle zulässt. Die Einleitungsmenge ist auf 64 l/s begrenzt.
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Der Kläger hat den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 und die beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis in sein Klagebegehren einbezogen. Mit Beschluss vom 27. September 2010 hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.
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Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die angefochtenen Entscheidungen seien formell und materiell rechtswidrig. Der Beklagte habe zu Unrecht von einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Die im Rahmen der UVP-Vorprüfung durchgeführten Untersuchungen hätten den Rahmen einer bloß überschlägigen Vorprüfung gesprengt und seien auf eine verkappte, ohne die dafür vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung hinausgelaufen. Von einem Erörterungstermin habe der Beklagte ermessensfehlerhaft abgesehen. In der Sache begegne die Planung des Retentionsraums vor allem aus Gründen des Grundwasserschutzes durchgreifenden Bedenken. Der Beklagte habe zumutbare Standortalternativen nicht überprüft. Außerdem seien die geplanten Maßnahmen zur Abdichtung des Retentionsraums unzureichend. Angesichts der problematischen geologischen Verhältnisse müsse damit gerechnet werden, dass Salze und Schadstoffe, die trotz Vorbehandlung in dem eingeleiteten Wasser enthalten seien, das Grundwasser verschmutzten. Die Errichtung des Retentionsraums am geplanten Standort gefährde überdies die im nordwestlichen Anschlussohr des Autobahnkreuzes vorhandenen Quellen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass innerhalb der Wasserschutzzone II die Einleitung von Niederschlagswasser in Gewässer rechtlich bedenklich sei. Artenschutzrechtlichen Anforderungen werde die Planung gleichfalls nicht gerecht. Rechtsfehlerhaft sei auch der geplante Umbau der Sonderanlage, die auch im geänderten Zustand keine ausreichende Reinigungsleistung erziele.
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Der Kläger beantragt,
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die Planfeststellungsbeschlüsse des Beklagten vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 in der Fassung der Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010, soweit sie die Entwässerung der Autobahnen A 3 und A 44 abweichend von der ursprünglichen Planfeststellung regeln, sowie die dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die angefochtenen Regelungen seien verfahrensfehlerfrei getroffen worden. Namentlich sei die UVP-Vorprüfung ordnungsgemäß durchgeführt worden; das Ergebnis der Vorprüfung, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung erübrige, sei nachvollziehbar begründet worden. Die Einholung von Gutachten im Rahmen einer Vorprüfung entspreche gängiger Praxis. Die angefochtenen Regelungen begegneten auch keinen durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken.
Entscheidungsgründe
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A. Die Klage ist zulässig.
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1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die Klage zuständig. Seine sachliche Zuständigkeit ergibt sich jedenfalls aus der Verweisung des Rechtsstreits durch das zunächst angerufene Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, die nach § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG das erkennende Gericht bindet. Diese Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Anfechtung der zusammen mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 erteilten, von dessen Konzentrationswirkung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG NRW) jedoch gem. § 14 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz in der Fassung vom 19. August 2002 (WHG a.F.) nicht umfassten wasserrechtlichen Erlaubnis. Der Kläger hat vor Erlass des Verweisungsbeschlusses mit Schriftsatz vom 30. März 2010 sein Anfechtungsbegehren auf diesen Änderungsplanfeststellungsbeschluss erstreckt. Der Sache nach hat er dadurch auch die in der Beschlussurkunde enthaltene Erlaubnis zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. Hiervon muss umso mehr ausgegangen werden, als der Kläger sich schon in seiner vorangegangenen Klagebegründung gegen die Einleitung des Straßenoberflächenwassers innerhalb der geplanten Wasserschutzzone II in den Hahnerhofbach gewandt hatte. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtete sich erkennbar darauf, den Rechtsstreit insgesamt an das Bundesverwaltungsgericht zu verweisen.
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2. Der Kläger ist klagebefugt.
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a) Soweit er sich gegen die im Wege der Planfeststellung getroffenen Änderungen der Entwässerungsregelung wendet, folgt seine Klagebefugnis zunächst aus § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 12b LG NRW und § 64 Abs. 1 BNatSchG. Nach diesen Vorschriften kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung abweichend von der Regel des § 42 Abs. 2 VwGO u.a. gegen Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, unter den in § 12b LG NRW bzw. § 64 Abs. 1 BNatSchG genannten Voraussetzungen Rechtsbehelfe einlegen, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein. Der Kläger verfügt für das Land Nordrhein-Westfalen über eine solche Anerkennung. Seine Klage gegen die planfestgestellten Änderungsregelungen entspricht auch den weiteren Vorgaben der naturschutzrechtlichen Verbandsklage; er macht - auch - Verstöße gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen geltend, wird durch die Änderungsregelungen in seinem von der Anerkennung umfassten satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich berührt und hat von seinem Mitwirkungsrecht Gebrauch gemacht.
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b) Die außerdem angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis gehört demgegenüber nicht zu den Rechtsakten, die mit der naturschutzrechtlichen Verbandsklage angegriffen werden können. Insoweit folgt die Klagebefugnis indes ebenso wie zusätzlich auch für die Anfechtung der planfestgestellten Änderungsregelungen aus § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG, Art. 10a der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, 85/337/EWG, geändert durch Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26. Mai 2003 (UVP-RL). Die landesrechtliche Anerkennung des Klägers als Naturschutzvereinigung gilt zugleich als Anerkennung i.S.d. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (§ 5 Abs. 2 UmwRG). Aufgrund dessen kann der Kläger unabhängig von der Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 UmwRG gegen Entscheidungen gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG klagen. Zu diesen Entscheidungen zählen insbesondere Erlaubnisse und Planfeststellungsbeschlüsse über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG). Auf die Änderungsvorhaben, die Gegenstand der Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 sowie der dem letztgenannten Beschluss beigefügten wasserrechtlichen Erlaubnis sind, trifft dies gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG und Nr. 14.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz zu.
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Die Voraussetzungen, unter denen eine nach § 3 UmwRG anerkannte oder als anerkannt geltende Vereinigung befugt ist, derartige Entscheidungen anzufechten, sind erfüllt. Einschlägige Maßstabsnorm ist § 2 Abs. 1 UmwRG, der unter Beachtung unionsrechtlicher Vorgaben aber nur modifiziert angewandt werden kann.
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Der Kläger beruft sich auf formell- und materiellrechtliche Vorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG). Er macht die Betroffenheit in seinem auf den Umweltschutz ausgerichteten Aufgabenbereich geltend (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG). Im Verwaltungsverfahren hat er sich zur Sache geäußert, soweit ihm dazu Gelegenheit gegeben worden ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG).
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Ob zu den von ihm als verletzt gerügten Bestimmungen auch Vorschriften gehören, die Rechte Einzelner begründen, wie es § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG weiter voraussetzt, erscheint zweifelhaft, bedarf nach Lage des Falles aber keiner Klärung, weil diese Bestimmungen im Unionsrecht wurzeln. Die schutznormakzessorische Ausgestaltung der umweltrechtlichen Verbandsklage verstößt gegen Art. 10a UVP-RL, soweit mit ihr Verstöße gegen Vorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Regelungen geltend gemacht werden. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - (NJW 2011, 2779 Rn. 46) ausgeführt hat, steht Art. 10a UVP-RL Rechtsvorschriften entgegen, die einer Umweltvereinigung i.S.d. Art. 1 Abs. 2 UVP-RL die Möglichkeit versagen, im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Zulassungsentscheidung über Projekte i.S.v. Art. 1 Abs. 1 UVP-RL eine Verletzung von aus dem Umweltrecht der Union hervorgegangenen Rechtsvorschriften geltend zu machen, nur weil diese Vorschriften allein die Interessen der Allgemeinheit und nicht die Rechtsgüter Einzelner schützen. Mit Rücksicht auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts muss deshalb bei der Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG die einschränkende Vorgabe, dass nur Vorschriften, die Rechte Einzelner begründen, als verletzt gerügt werden können, ausgeklammert werden, soweit es um umweltrechtliche Vorschriften zur Umsetzung von Unionsrecht geht. Letzteres trifft jedenfalls für die vom Kläger als verletzt gerügten Vorschriften über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu. Sie bilden mithin eine tragfähige Grundlage für die Klagebefugnis des Klägers, dem als Umweltverband - unabhängig von der näheren Ausgestaltung des nationalen Rechtsbehelfssystems - nach Art. 10a Abs. 1 UVP-RL das Recht zusteht, nicht nur die materiellrechtliche, sondern auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 42). Die Frage, ob auch die außerdem als verletzt gerügten materiellrechtlichen Vorschriften namentlich des Wasserrechts unionsrechtlich untersetzt sind, kann daher offen bleiben.
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B. Die Klage ist überwiegend begründet. Die angefochtenen Änderungen der in den Planfeststellungsbeschlüssen vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 enthaltenen Entwässerungsregelungen durch die Planfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 und die dem letztgenannten Beschluss beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis verstoßen gegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Aufgrund der durchgeführten Vorprüfung hätte der Beklagte nicht in der Sache entscheiden dürfen, ohne die Änderungsplanung zuvor einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen (1.). Dieser Mangel führt nach § 4 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der planfestgestellten Änderungsregelungen und nach § 4 Abs. 1 UmwRG zur Aufhebung der wasserrechtlichen Erlaubnis (2.). Rechtsverstöße, die auch die Aufhebung der planfestgestellten Änderungsregelungen erfordern würden, sind zu verneinen (3.).
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1. Die angefochtenen Regelungen durften nicht getroffen werden, ohne vorher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.
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Für die Änderung UVP-pflichtiger Vorhaben wie des hier in Rede stehenden Autobahnbaus ordnet § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Vorprüfung des Einzelfalls i.S.d. § 3c Satz 1 und 3 UVPG an. Danach ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Änderung nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären; bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren, das die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens betrifft, nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Einer solchen Überprüfung hält die Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit des Änderungsvorhabens durch den Beklagten nicht stand.
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte die Planfeststellungsbehörde allerdings nicht schon die Beschränkung der Vorprüfung auf eine nur überschlägige Prüfung missachtet haben, indem sie ihrer Beurteilung zwei vom Vorhabenträger im Verfahrensverlauf eingeholte Fachgutachten zugrunde gelegt hat. Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion beschränkt sich die Vorprüfung in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3c UVPG, BRDrucks 674/00 S. 89), die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorwegnehmen darf (Urteil vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35). Letztere erfolgt in einem Verfahren, das vor allem wegen der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung eine besondere Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse sichert. Diese Sicherung würde ausgeschaltet, wenn im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermittelt" würde, sei es, dass die Planfeststellungsbehörde selbst Gutachten mit einer auf die Sachentscheidung zugeschnittenen Prüftiefe einholte, sei es, dass sie zur Beurteilung auf entsprechende vom Vorhabenträger beschaffte Gutachten zurückgriffe. Andererseits darf sich die Vorprüfung aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Juli 2011, § 3a UVPG Rn. 11). Dafür reichen die eigene und die durch Konsultation anderer Behörden vermittelte Sachkunde sowie die mit der Antragstellung vom Vorhabenträger vorgelegten Erkenntnismittel nicht immer aus. Dann können zusätzliche Erkundungen zulässig sein. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (Urteile vom 7. Dezember 2006 - BVerwG 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.). Mit der Auswertung der vom Vorhabenträger vorgelegten Fachgutachten dürfte die Planfeststellungsbehörde sich innerhalb der Grenzen dieses Spielraums gehalten haben.
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Vor Einholung der faunistischen Kartierung des Büros H. & S. vom 12. Juni 2008 lagen der Behörde naturschutzfachliche Informationen zum Planungsraum aus den früheren Verfahren zum Autobahnbau vor. Deren Aussagekraft war wegen der inzwischen verstrichenen Zeit aber zweifelhaft. Das spricht dafür, dass das neue Gutachten als notwendig erachtet werden durfte, um eine geeignete Grundlage zur Beurteilung insbesondere des artenschutzrechtlich relevanten Besorgnispotentials des Änderungsvorhabens zu beschaffen.
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Über die geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse am Standort des Retentionsraums und seiner Umgebung standen der Behörde Erkenntnismittel zur Verfügung, die ebenfalls insbesondere aus Untersuchungen im Zuge der Planungen für den Neubau der A 44 stammten. So war bekannt, dass im Umfeld der Trasse Massenkalkzüge mit geologischen Störungen und Verkarstungserscheinungen anzutreffen waren, die zu weiterreichenden Wasserwegsamkeiten mit denkbaren Risiken für die Wassergewinnungsanlage der Stadtwerke R. führen könnten (Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, S. 5). Hingegen fehlten Erkenntnisse darüber, ob und inwieweit der Standort des Retentionsraums davon betroffen war. Die ICG-Baugrunduntersuchung vom 4. Juli 2008 diente dazu, diese Erkenntnislücken zu schließen. Unter diesen Umständen dürfte es vertretbar gewesen sein, die Untersuchung als ergänzende Beurteilungsgrundlage der Verträglichkeitsprüfung zu verwenden, zumal sie den Erläuterungen des ICG-Gutachters K. in der mündlichen Verhandlung zufolge nach Art und Zahl der durchgeführten Bohrungen bloß weitmaschig angelegt war.
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b) Letztlich bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, ob die Planfeststellungsbehörde die zulässige Prüftiefe eingehalten hat. Ein Mangel liegt jedenfalls darin, dass das Ergebnis der Vorprüfung hinsichtlich der möglichen Auswirkungen der Änderungsplanung auf das Grundwasser nicht nachvollziehbar ist.
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Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfergebnisses (§ 3a Satz 4 UVPG) verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BRDrucks 551/06 S. 43). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können.
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Hiervon ausgehend erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung bezogen auf Auswirkungen des Änderungsvorhabens auf das Grundwasser als nicht plausibel. Die behördliche Beurteilung stützt sich maßgeblich auf die ICG-Baugrunduntersuchung vom 4. Juli 2008. Aus ihr leitet sie ab, bereits die vorhandenen Deckschichten reichten aus, um einen Schutz des Grundwassers vor Schadstoffen im Straßenoberflächenwasser zu gewährleisten. Die vorgesehene Auffüllung des tiefstliegenden Teils des Retentionsraums mit bindigem Material erhöhe den Schutz des Grundwassers im Bereich der dünnsten Deckschichten zusätzlich, so dass ein Durchsickern des im Retentionsraum aufgestauten Wassers bis zum Grundwasser verhindert werde. Diese Annahmen lassen sich aus der Baugrunduntersuchung nicht ableiten. In ihrem Rahmen wurden an verschiedenen Stellen des geplanten Retentionsraums Bohrproben entnommen, anhand derer die Durchlässigkeit der Deckschichten bestimmt wurde. Die ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte mögen den Schluss zulassen, dass an der jeweiligen Stelle die nach Vorreinigung im versickernden Wasser verbliebenen Schadstoffe in notwendigem Umfang durch die Deckschichten zurückgehalten werden und somit nicht ins Grundwasser gelangen. Ausweislich der Untersuchung ergab sich bei einer Bohrung jedoch ein unklarer Befund, der nach den Angaben im Gutachten auf einen in geringer Tiefe vorhandenen Kalkzug hindeuten konnte und die Gutachter zu der Empfehlung veranlasste, diesem Verdacht durch eine ergänzende Baugrunduntersuchung nachzugehen. Darüber hinaus weist das Gutachten darauf hin, dass aufgrund der Geländemorphologie und der stark wechselnden Abfolge geologischer Schichten mit einer das kleinräumige Untersuchungsgebiet durchziehenden geologischen Störung zu rechnen sei. In Anbetracht dieser Hinweise liegt es auf der Hand, dass die Ergebnisse der Probebohrungen, die - wie schon erwähnt - nur weitmaschig stattfanden, lediglich begrenzten Aussagewert hatten und jedenfalls keine abschließende Beurteilung des wasserwirtschaftlichen Besorgnispotentials der Änderungsmaßnahme ermöglichten. Daran ändert auch die geplante Abdichtung mit bindigem Material nichts, da diese lediglich den tiefstliegenden Bereich des Retentionsraums abdeckt, im Übrigen hingegen keine Wirkung entfalten kann.
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Noch deutlicher tritt die mangelnde Plausibilität des behördlichen Unbedenklichkeitsattests hervor, wenn zusätzlich die weiteren für die Vorprüfung maßgeblichen Umstände berücksichtigt werden. Aufgrund der Lage des Retentionsraums im Wasserschutzgebiet und der geplanten Ausdehnung der Schutzzone II auf dessen Standort musste die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen, dass das Änderungsvorhaben in einem wasserwirtschaftlich besonders sensiblen Bereich verwirklicht werden soll. Aus den im Planfeststellungsverfahren für den Neubau der A 44 erstatteten geologischen Gutachten war zudem bekannt, dass die im westlichen Trassenbereich anzutreffenden Massenkalkzüge wegen ihrer geringen Filtereigenschaften und der hohen Fließgeschwindigkeiten sowie wegen der besonderen Schwierigkeit, die dortigen hydrologischen Verhältnisse zu bestimmen, als ungewöhnlich verschmutzungsempfindlich einzustufen waren (so der Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, S. 5). Ließ sich - wie in der ICG-Untersuchung vom 4. Juli 2008 ausgeführt - ein solcher Kalksteinzug am Standort des Retentionsraums nach Vorprüfung nicht ausschließen, so war unter diesen Umständen besondere Vorsicht angebracht und mussten auch entfernte Risiken ernst genommen werden. Im Übrigen gab auch die kritische Stellungnahme des von der Planfeststellungsbehörde beteiligten Umweltamts der Stadt Düsseldorf vom 19. Februar 2008 Anlass zu Zweifeln, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen waren. Diese Stellungnahme machte bereits geltend, dass der Retentionsraum über einem verkarsteten Kalksteinzug liege, und stellte deshalb die Realisierbarkeit des Änderungsvorhabens in Frage.
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Die nach Abschluss der Vorprüfung und Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2008 gewonnenen Erkenntnisse sind für die gerichtliche Beurteilung des Vorprüfungsergebnisses zwar nicht von Bedeutung. Das weitere Vorgehen des Vorhabenträgers und der Planfeststellungsbehörde, die in Reaktion auf die u.a. von Trägern öffentlicher Belange und Umweltschutzvereinigungen geäußerten Bedenken auch während des zweiten Änderungsverfahrens umfänglich weiterermittelt und zudem versucht haben, durch Umplanung der Sonderanlage R. die Qualität des in den Retentionsraum gelangenden Wassers zu verbessern, stellt aber doch ein zusätzliches Indiz dafür dar, dass der Erkenntnisstand bei Erlass des genannten Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht ausreichte, um erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auszuschließen.
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2. Erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung, solche Auswirkungen seien nicht zu besorgen, als nicht nachvollziehbar, so folgt daraus, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Deren Unterbleiben stellt einen Mangel i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG dar, der die Entscheidungen über die Zulassung der geplanten Änderungen infiziert. Dazu zählen in erster Linie die planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen zur Ausgestaltung der Autobahnentwässerung. Dazu gehört aber auch die wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Februar 2010, die gleichfalls einen Teilaspekt des Änderungsvorhabens - die Neuregelung der Einleitung des aus der Sonderanlage R. bzw. dem Retentionsraum gedrosselt abfließenden Wassers - betrifft.
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Für die wasserrechtliche Einleitungserlaubnis knüpft sich daran gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwRG die Rechtsfolge der Aufhebung. Für die planfestgestellten Änderungsregelungen hat es hingegen nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG mit der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit sein Bewenden. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG enthält nach seinem Sinn und Zweck eine Sonderregelung zu § 46 VwVfG; er nimmt die unter Nr. 1 und 2 aufgeführten Mängel von dem für Verfahrensfehler geltenden Kausalitätserfordernis des § 46 VwVfG aus. Dagegen kann dem auf den Regelfall des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugeschnittenen Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht entnommen werden, dass er die spezielle, auf fernstraßenrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse zugeschnittene Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG für die von ihm erfassten Fehler ersetzen sollte. Mit Rücksicht auf den das Planfeststellungsrecht prägenden Grundsatz der Planerhaltung geht vielmehr die Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG der allgemeinen Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG vor.
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Hiernach rechtfertigt der Verfahrensmangel rechtswidrig unterbliebener Umweltverträglichkeitsprüfung nicht die Aufhebung der planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen, sondern nur die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben. Dass die Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben ist, stellt nicht von vornherein das Planungskonzept des Beklagten in Frage. Sie lässt sich vielmehr in einem ergänzenden Verfahren nachholen, um so eine den verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügende und die damit verbundene Richtigkeitsgewähr bietende Basis für eine erneute Sachentscheidung zu gewinnen.
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Die Anwendung von § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG auf das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung steht mit Unionsrecht in Einklang. Daran besteht auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Erfordernis der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Zulassungsentscheidung kein vernünftiger Zweifel. Nach Art. 2 Abs. 1 UVP-RL haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, "vor Erteilung der Genehmigung" einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgen, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juli 2008 - Rs. C-215/06 - Slg. 2008, I-4911 Rn. 49 und vom 24. November 2011 - Rs. C-404/09 - NuR 2012, 42 Rn. 83 und 93). Das schließt eine Behebung des Mangels in einem nach Abschluss des Rechtsstreits stattfindenden ergänzenden Verfahren aber dann nicht aus, wenn dadurch nicht die Möglichkeit eröffnet wird, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und wenn die nachträgliche Legalisierung die Ausnahme bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008 a.a.O. Rn. 57). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung wird dadurch verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Die nachträgliche Fehlerbehebung bleibt zudem die Ausnahme, weil die §§ 3a ff. UVPG gewährleisten, dass im Regelfall frühzeitig vor der Zulassungsentscheidung die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens ermittelt und dementsprechend dessen Umweltverträglichkeit rechtzeitig geprüft wird.
- 37
-
3. Sonstige Rechtsfehler, die zur Aufhebung der planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen führen würden, liegen gleichfalls nicht vor. Insoweit kann namentlich offen bleiben, ob die Schaffung eines Retentionsraums am geplanten Standort in jeder Hinsicht den einschlägigen wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben entspricht und inwieweit der Kläger etwaige Rechtsverstöße geltend machen könnte. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich das Planungskonzept des Beklagten unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer nachzuholenden Umweltverträglichkeitsprüfung als tragfähig erweist und etwaige Fehler deshalb in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils
- 1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.
(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
(1) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen oder von Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten, ist über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu entscheiden.
(2) Auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches, während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches und im Innenbereich nach § 34 des Baugesetzbuches sind die §§ 14 bis 17 nicht anzuwenden. Für Vorhaben im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches sowie für Bebauungspläne, soweit sie eine Planfeststellung ersetzen, bleibt die Geltung der §§ 14 bis 17 unberührt.
(3) Entscheidungen über Vorhaben nach § 35 Absatz 1 und 4 des Baugesetzbuches und über die Errichtung von baulichen Anlagen nach § 34 des Baugesetzbuches ergehen im Benehmen mit den für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden. Äußert sich in den Fällen des § 34 des Baugesetzbuches die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde nicht binnen eines Monats, kann die für die Entscheidung zuständige Behörde davon ausgehen, dass Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege von dem Vorhaben nicht berührt werden. Das Benehmen ist nicht erforderlich bei Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen und während der Planaufstellung nach den §§ 30 und 33 des Baugesetzbuches sowie in Gebieten mit Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches.
(4) Ergeben sich bei Vorhaben nach § 34 des Baugesetzbuches im Rahmen der Herstellung des Benehmens nach Absatz 3 Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben eine Schädigung im Sinne des § 19 Absatz 1 Satz 1 verursachen kann, ist dies auch dem Vorhabenträger mitzuteilen. Auf Antrag des Vorhabenträgers hat die für die Erteilung der Zulassung zuständige Behörde im Benehmen mit der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde die Entscheidungen nach § 15 zu treffen, soweit sie der Vermeidung, dem Ausgleich oder dem Ersatz von Schädigungen nach § 19 Absatz 1 Satz 1 dienen; in diesen Fällen gilt § 19 Absatz 1 Satz 2. Im Übrigen bleibt Absatz 2 Satz 1 unberührt.
(1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist
- 1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, - 2.
aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder - 3.
wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit.
(2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
(3) In Naturschutzgebieten ist die Errichtung von Anlagen zur Durchführung von Gewässerbenutzungen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes verboten.
(4) In Naturschutzgebieten ist im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches die Neuerrichtung von Beleuchtungen an Straßen und Wegen sowie von beleuchteten oder lichtemittierenden Werbeanlagen verboten. Von dem Verbot des Satzes 1 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, soweit
- 1.
die Schutzzwecke des Gebietes nicht beeinträchtigt werden können oder - 2.
dies aus Gründen der Verkehrssicherheit oder anderer Interessen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.
(1) Hinzutretende kumulierende Vorhaben liegen vor, wenn zu einem beantragten oder bestehenden Vorhaben (früheren Vorhaben) nachträglich ein kumulierendes Vorhaben hinzutritt.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- oder Leistungswerte für eine UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
eine allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen eintreten können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.
(5) In der Vorprüfung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ist das frühere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
Sofern die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass aufgrund der Verwirklichung eines Vorhabens, das zugleich benachbartes Schutzobjekt im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist, innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes zu Betriebsbereichen im Sinne des § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Möglichkeit besteht, dass ein Störfall im Sinne des § 2 Nummer 7 der Störfall-Verordnung eintritt, sich die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Störfalls vergrößert oder sich die Folgen eines solchen Störfalls verschlimmern können, ist davon auszugehen, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
(1) Vorübergehende Verschlechterungen des Zustands eines oberirdischen Gewässers verstoßen nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn
- 1.
sie auf Umständen beruhen, die - a)
in natürlichen Ursachen begründet oder durch höhere Gewalt bedingt sind und die außergewöhnlich sind und nicht vorhersehbar waren oder - b)
durch Unfälle entstanden sind,
- 2.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Verschlechterung des Gewässerzustands und eine Gefährdung der zu erreichenden Bewirtschaftungsziele in anderen, von diesen Umständen nicht betroffenen Gewässern zu verhindern, - 3.
nur solche Maßnahmen ergriffen werden, die eine Wiederherstellung des vorherigen Gewässerzustands nach Wegfall der Umstände nicht gefährden dürfen und die im Maßnahmenprogramm nach § 82 aufgeführt werden und - 4.
die Auswirkungen der Umstände jährlich überprüft und praktisch geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um den vorherigen Gewässerzustand vorbehaltlich der in § 29 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Gründe so bald wie möglich wiederherzustellen.
(2) Wird bei einem oberirdischen Gewässer der gute ökologische Zustand nicht erreicht oder verschlechtert sich sein Zustand, verstößt dies nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn
- 1.
dies auf einer neuen Veränderung der physischen Gewässereigenschaften oder des Grundwasserstands beruht, - 2.
die Gründe für die Veränderung von übergeordnetem öffentlichen Interesse sind oder wenn der Nutzen der neuen Veränderung für die Gesundheit oder Sicherheit des Menschen oder für die nachhaltige Entwicklung größer ist als der Nutzen, den die Erreichung der Bewirtschaftungsziele für die Umwelt und die Allgemeinheit hat, - 3.
die Ziele, die mit der Veränderung des Gewässers verfolgt werden, nicht mit anderen geeigneten Maßnahmen erreicht werden können, die wesentlich geringere nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, technisch durchführbar und nicht mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden sind und - 4.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die nachteiligen Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu verringern.
(3) Für Ausnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 29 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Oberirdische Gewässer sind, soweit sie nicht nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass
- 1.
eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und - 2.
ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.
(2) Oberirdische Gewässer, die nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, sind so zu bewirtschaften, dass
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-
streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau des Baches Feldkahl im Rahmen eines Konzepts zum Hochwasserschutz.
1.
Der Markt Hösbach (Beigeladener) plant im Ortsteil Feldkahl im Rahmen eines Konzepts zum Hochwasserschutz (Schutz vor einem hundertjährlichen Hochwasser - HQ 100) den Ausbau des Baches Feldkahl auf einer Länge von 420 m. Dabei sollen vorhandene Bachverrohrungen und -verbauungen beseitigt und das Bachbett möglichst naturnah gestaltet werden. Die Gesamtplanung sieht auch vor, dass zur Verbesserung des Regenwasserabflusses die vorhandene Trasse des Regenwasserkanals „RL 1“ geändert und auf die Ableitung eines HQ 100 ausgelegt wird. Das kanalisierte Regenwasser soll im unteren Bereich des RL 1 in einen offenen, ca. 70 m langen Vorflutgraben überführt werden, der in die Feldkahl einmündet. Daneben sieht die Gesamtplanung die Errichtung eines Einschöpfdamms am östlichen Ortsrand vor, um die schadlose Einschöpfung des Gewässers in das neu zu gestaltende Gerinne zu ermöglichen.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. ...30 und ...33 der Gemarkung Feldkahl. Nach der Planung des Beigeladenen verläuft der geplante Regenwasserkanal RL 1 und insbesondere der geplante Vorflutgraben im östlichen Bereich über das Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin. In diesem Bereich befindet sich auf dem vg. Grundstück auch ein von der Klägerin unterhaltener Schafstall. Ansonsten ist das Grundstück Fl.Nr. ...30 unbebaut. Das Grundstück Fl.Nr. ...33 befindet sich östlich des Grundstücks Fl.Nr. ...30 und ist ebenfalls unbebaut.
Unter dem 16. Januar 2009 beantragte der Beigeladene beim Landratsamt Aschaffenburg, die Pläne für den Ausbau der Feldkahl im Zuge eines Konzepts zum Hochwasserschutz festzustellen.
Nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls stellte das Landratsamt Aschaffenburg fest, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien und eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher nicht erforderlich sei. Diese Feststellung wurde am 12. Januar 2012 im Amts- und Mitteilungsblatt des Beigeladenen bekannt gemacht.
Nach Bekanntmachung des Vorhabens im vg. Amts- und Mitteilungsblatt am 1. Juli 2010 wurden die Planunterlagen erstmals in dem Zeitraum vom 5. Juli 2010 bis zum 2. August 2010 beim Markt Hösbach ausgelegt.
Da Verfahrensfehler hinsichtlich des Auslegungszeitraums festgestellt wurden, erfolgte - nach erneuter Bekanntmachung des Vorhabens im Amts- und Mitteilungsblatt des Beigeladenen am 16. Juni 2011 - eine erneute Auslegung der Planunterlagen im Zeitraum vom 27. Juni 2011 bis zum 29. Juli 2011.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2010, 4. August 2010 und 28. Oktober 2010 sowie mit weiteren Schreiben vom 4. Juli 2011 und vom 28. Juli 2011 brachten die Klägerin und ihr Ehemann Einwendungen gegen das Vorhaben vor. Die Planung des Beigeladenen verletze ihr durch Art. 14 GG geschütztes Grundeigentum und leide an Verfahrensfehlern. Die Planung vermische in unzulässiger Weise den Ausbau der Feldkahl und die Abwasserbeseitigung (Ableitung von Niederschlagswasser) über die Regenwasserkanäle RL 1 und RL 2. Zudem habe es der Beigeladene unterlassen, alternative Möglichkeiten der Planung, insbesondere den Bau eines Rückhaltebeckens, zu untersuchen. Eine Enteignung sei nur im Rahmen einer Gewässerausbaumaßnahme, nicht jedoch für ein Vorhaben der Niederschlags- bzw. Abwasserableitung zulässig. Für die Errichtung des Vorflutgrabens auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 sei eine Enteignung daher nicht möglich. Der geplante Vorflutgraben bewirke, dass das Grundstück Fl.Nr. ...30 im Hochwasserfall als Überschwemmungsgebiet herhalten müsse. Auch lägen Verfahrensfehler bei der Bekanntmachung des Vorhabens im Amts- und Mitteilungsblatt des Beigeladenen vor.
Am 21. November 2011 fand im Landratsamt Aschaffenburg ein Erörterungstermin statt.
Da ein Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Ladung zum Erörterungstermin vom 21. November 2011 festgestellt wurde, fand am 26. Juli 2012 ein weiterer Erörterungstermin statt.
2.
Unter dem 7. Dezember 2012 erließ das Landratsamt Aschaffenburg folgenden Planfeststellungsbeschluss:
„1. Gegenstand der Planfeststellung
Der Plan des Marktes Hösbach zum Ausbau der Feldkahl im Ortsteil Feldkahl im Rahmen einer „Hochwasserfreilegung“ des Ortsteils Feldkahl (Schutz vor einem HQ 100) wird gemäß § 68 Abs. 1 WHG festgestellt.
Gegenstand der Planfeststellung sind die konkret geplanten Gewässerausbaumaßnahmen an der Feldkahl (…).
Weiter ist Gegenstand der Planfeststellung die Herstellung des auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Gemarkung Feldkahl geplanten offenen ca. 70 m langen Vorflutgrabens RL 1 mit den verbundenen Abgrabungen zum Retentionsraumausgleich für den im Zuge der Gewässerausbaumaßnahme geplanten Einschöpfdamm am östlichen Ortsanfang verloren gehenden Retentionsraum.
(…)
3.2 Schaffung von Retentionsraum auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Gemarkung Feldkahl
3.2.1 Die als Retentionsraumausgleich vorgesehene Abgrabungsfläche im Bereich des offenen Vorflutgrabens RL 1 auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Gemarkung Feldkahl ist entsprechend der Planung als „weiche“ Geländemodellierung mit möglichst geringem Gefälle auszubilden.
3.2.2 Die Abgrabungen sind zeitlich mit den Ausbaumaßnahmen an der Feldkahl, die zu dem Retentionsraumverlust führen, abzuschließen.
3.2.3 Die ermittelte Kubatur der Retentionsraumausgleichsmaßnahme ist im Zuge der Bauabnahmebescheinigung durch einen Privaten Sachverständigen in der Wasserwirtschaft (…) zu bestätigen.
(…)
4. Entscheidungen über die Einwendungen
4.1. Die Einwendungen der Eheleute A. und F. M. werden zurückgewiesen. (…)“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das Vorhaben stelle einen Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 WHG dar und bedürfe der wasserrechtlichen Planfeststellung nach § 68 Abs. 1 WHG. Der geplante Vorflutgraben mit seitlichen Geländeabtragungen habe auch die Funktion, den durch den im Zuge der Gewässerausbaumaßnahme geplanten Einschöpfdamm am östlichen Ortsrand verlorengehenden Retentionsraum auszugleichen. Die Herstellung des Vorflutgrabens sei daher Teil des Gewässerausbaus im Rahmen der Gesamtplanung und somit Teil der Planfeststellung. Eine Trennung der im Rahmen des Gesamtkonzepts des Beigeladenen geplanten Gewässerausbaumaßnahmen an der Feldkahl und der Änderung der Oberflächenwasserableitung sei rechtlich nicht geboten. Naturschutzrechtliche und wasserwirtschaftliche Belange stünden der Errichtung des Vorflutgrabens nicht entgegen. Die Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 führe zu einer hydraulischen Entlastung der Feldkahl im Ortsbereich und sei daher - insbesondere im Hinblick auf Hochwasserereignisse - gegenüber der bestehenden Trassenführung zu bevorzugen. Auch nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg sei die Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 im Gesamtzusammenhang mit den geplanten Gewässerausbaumaßnahmen daher sinnvoll und notwendig. Der Regenwasserkanal RL 1 stelle keine Abwasserleitung i. S. d. §§ 54 ff. WHG dar, da das über den Kanal abgeführte Oberflächenwasser überwiegend aus der freien Flur stamme. Auch sonst lägen keine Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses vor. Verfahrensrechtliche Vorschriften über die Bekanntmachung des Vorhabens seien nicht verletzt worden, zumal die Klägerin und ihr Ehemann ja tatsächlich Einwendungen gegen das Vorhaben vorgebracht hätten. Die Rechtfertigung für die gemeinnützige Planfeststellung ergebe sich aus dem Zweck des Hochwasserschutzes und der Verbesserung der Gewässerökologie. Versagungsgründe i. S. d. § 68 Abs. 3 WHG lägen nicht vor. Das Vorhaben sei nicht mit einem rechtswidrigen Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin verbunden, die diesbezüglichen Einwendungen seien zu Recht zurückgewiesen worden. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine Enteignungsentscheidung. Er gebe dem Vorhabensträger daher kein Recht, Dritten gehörende Grundstücke in Besitz zu nehmen. Im Übrigen werde das Grundeigentum der Klägerin nur in geringem Maße beeinträchtigt. Die Überschwemmungsgefahr für das Grundstück Fl.Nr. ...30 werde durch das Vorhaben gegenüber dem Ist-Zustand nicht erhöht. Der Bau eines Rückhaltebeckens im Zuge der im Verwaltungsverfahren diskutierten „Dammlösung“ brächte der Klägerin und ihrem Ehemann gegenüber der nunmehr verfolgten Planung keinerlei Vorteile. Insgesamt träten die Belange der Klägerin und ihres Ehemanns gegenüber den für den Gewässerausbau sprechenden öffentlichen Belangen im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zurück.
3.
Gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2012 ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Klage erheben mit dem
Antrag,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 7.12.2012 betreffend die Gewässerausbaumaßnahmen an der „Feldkahl“ aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 7.12.2012 für die Gewässerausbaumaßnahmen an der Feldkahl gegenüber der Klägerin rechtswidrig und bis zur Behebung der festgestellten Mängel nicht vollziehbar ist,
hilfsweise
zu diesem Hilfsantrag
die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 7.12.2012 insoweit aufzuheben soweit das Grundstück der Klägerin als Retentionsraum zum Hochwasserschutz in Anspruch genommen wird.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei die einzige Grundstückseigentümerin in dem von der Planung des Beigeladenen betroffenen Gebiet, welche erhebliche Nachteile durch die Planung in Kauf nehmen müsse, obwohl die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen zum Zwecke des Hochwasserschutzes insgesamt in Frage stehe. Das Ziel des Schutzes vor einem „hundertjährigen Hochwasser“ sei durch die Planung nicht zu erreichen. Obwohl dies im Laufe des Verwaltungsverfahrens erkennbar geworden sei, sei die ursprüngliche Planung weiterverfolgt worden, ohne in Betracht kommende Planungsalternativen, insbesondere den Bau eines Regenrückhaltebeckens, ernsthaft zu diskutieren und gegeneinander abzuwägen. Der Planfeststellungsbeschluss leide daher an schwerwiegenden Abwägungsmängeln. Zudem beeinträchtige die gewählte Planung mit dem Einschöpfdamm am östlichen Ortsrand auch öffentliche Belange, weil durch diesen natürliche Retentionsflächen zerstört würden. Im Übrigen läge auch ein Verfahrensfehler vor, weil die Ladung zum zweiten Erörterungstermin erneut fehlerhaft gewesen sei.
4.
Das Landratsamt Aschaffenburg beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt: Die Planungsalternative der Errichtung eines Regenrückhaltebeckens („Dammlösung“) sei im Verwaltungsverfahren erörtert, jedoch letztlich nicht weiterverfolgt worden, weil diese Planung lediglich eine geringfügige Reduzierung des neuen Bachquerschnitts zur Folge gehabt hätte. Der Regenwasserkanal RL 1 hätte von dieser Planung nicht profitieren können, die Klägerin hätte daher aus der damals untersuchten „Dammlösung“ keinerlei Vorteile gezogen. Auch hätte diese Planung nach naturschutzfachlicher Einschätzung einen erheblichen Eingriff in die Natur zur Folge gehabt. Durch die nunmehr verfolgte Planung mit dem Einschöpfdamm gingen zwar natürliche Retentionsflächen verloren, diese würden jedoch entsprechend dem Ausgleichserfordernis des § 67 Abs. 1 WHG im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. ...30 der Klägerin ausgeglichen. Die Festlegung des Schutzgrads für den Hochwasserschutz - hier HQ 100 - stehe im Planungsermessen des Beigeladenen. Die hydraulische Leistungsfähigkeit des Bachquerschnitts der Feldkahl werde durch den geplanten Gewässerausbau auch nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg erhöht. Der Umstand, dass der Schutzgrad HQ 100 an einzelnen Stellen nicht umgesetzt werden könne, stelle die Wirksamkeit und das Schutzziel der Gesamtmaßnahme nicht in Frage. Es lägen keine Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Bekanntmachung des Vorhabens vor. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nach dem Ergebnis der Vorprüfung nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, wie sie durch die Planung konkret in ihren Eigentumsrechten verletzt sei. Im Wesentlichen habe die Klägerin nur vorgetragen, dass sie einer Inanspruchnahme ihrer Grundstücke nicht zustimme. Spürbare tatsächliche Beeinträchtigungen durch das Ausbauvorhaben habe sie dagegen nicht substanziiert vorgetragen. Insgesamt habe sich das Landratsamt Aschaffenburg in Ausübung seiner planerischen Gestaltungsfreiheit abwägungsfehlerfrei für die Zurückstellung der Belange der Klägerin und für die Bevorzugung der öffentlichen Belange des Hochwasserschutzes entschieden.
5.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen keinen Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss vom 7. Dezember 2012 weist keine Rechtsfehler auf, die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG) und die Klägerin in ihren Rechten verletzen.
1.
Der Planfeststellungsbeschluss ist im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Kommt einem Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung zu, so erfolgt aufgrund einer Anfechtungsklage eines Betroffenen im Hinblick auf Art. 14 Abs. 3 GG eine vollständige gerichtliche Prüfung auch hinsichtlich etwaiger Verstöße gegen nicht drittschützende Rechtsnormen (vgl. Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 71 Rn. 9). Im vorliegenden Fall gilt dies allerdings nicht, weil der Planfeststellungsbeschluss nach seinem ausdrücklichen Wortlaut (vgl. S. 14, letzter Abs. des Bescheids vom 7. Dezember 2012) gerade keine enteignungsrechtliche Vorwirkung i. S. d. § 71 WHG hat. Eine solche folgt auch nicht unmittelbar aus § 71 WHG, da diese gesetzliche Regelung die Planfeststellungsbehörde lediglich ermächtigt, die enteignungsrechtliche Vorwirkung im Planfeststellungsbeschluss anzuordnen, diese Wirkung aber nicht kraft Gesetzes begründet (Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 71 Rn. 10).
Daraus folgt, dass die Klägerin sich nur auf die Verletzung von zu ihren Gunsten drittschützenden Rechtssätzen berufen kann, nicht aber eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle verlangen kann. Auf Verfahrensfehler kann sich die Klägerin daher nur berufen, soweit sich diese auf ihre materielle Rechtsstellung auswirken können (vgl. Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 147). Auch materielle Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses kann die Klägerin nur insoweit geltend machen, als dadurch ihre subjektive Rechtsposition betroffen ist. Die Klägerin kann im vorliegenden Fall daher zwar geltend machen, dass das Vorhaben des Beigeladenen unzumutbare Auswirkungen auf ihr durch Art. 14 GG geschütztes Grundeigentum hat und dass Abwägungsfehler im Hinblick auf ihre eigenen schutzwürdigen Belange vorliegen, nicht aber, dass der Beklagte im Rahmen der Planfeststellung öffentliche Belange nicht hinreichend berücksichtigt hat.
Da der Bescheid vom 7. Dezember 2012 keine Enteignungsentscheidung enthält und keine enteignungsrechtliche Vorwirkung begründet, muss im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens weiterhin außer Betracht bleiben, dass das Vorhaben des Beigeladenen nach den planfestgestellten Plänen teilweise auf dem Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin verwirklicht werden soll. Denn der Planfeststellungsbeschluss gibt als solcher kein Recht, auf Dritten gehörende Grundstücke zuzugreifen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 70 Rn. 17 m. w. N. zur st. Rspr.; Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 71 Rn. 2). Der umfangreiche Vortrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren, im gerichtlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung, dass sie einer Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen auf ihrem Grundstück nicht zustimme, ist daher für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Eigentumsbeeinträchtigungen kann die Klägerin vielmehr nur insoweit geltend machen, als sich diese aus den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf ihr Grundeigentum, welche unabhängig von der erforderlichen Inanspruchnahme von Flächen ihres Grundstücks bestehen, ableiten lassen.
2.
Unter Berücksichtigung dessen ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 7. Dezember 2012 keine zugunsten der Klägerin drittschützenden Rechtssätze verletzt.
2.1.
Es liegen keine Verfahrensfehler vor, die sich auf die materiell-rechtliche Rechtsstellung der Klägerin auswirken könnten.
2.1.1.
Ein solcher Verfahrensfehler ist nicht in der geringfügigen Abweichung des zweiten Bekanntmachungstextes von dem Text der ersten Bekanntmachung des Vorhabens zu sehen. Gem. § 70 Abs. 1 Halbs. 2 WHG und Art. 69 Satz 1 BayWG gelten für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren die Vorschriften der Art. 72 ff. BayVwVfG. Die Bekanntmachung des Vorhabens gem. Art. 73 Abs. 5 BayVwVfG soll das Vorhaben hinreichend konkret beschreiben, um die Betroffenen auf die bevorstehende Auslegung der Pläne und die Möglichkeit zum Vorbringen von Einwendungen hinzuweisen (sog. Anstoßfunktion, vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 73 Rn. 105). Dieser Funktion wird der Bekanntmachungstext in beiden Fassungen ohne Zweifel gerecht. Im Übrigen ist in keinster Weise ersichtlich, wie sich ein etwaiger Bekanntmachungsfehler auf die Rechtsstellung der Klägerin ausgewirkt haben soll, da diese ja tatsächlich umfangreiche Einwendungen vorgebracht hat, die der Beklagte einer inhaltlichen Prüfung unterzogen und insbesondere nicht als verspätet zurückgewiesen hat.
2.1.2.
Der Verfahrensfehler bei der ersten Auslegung aufgrund der zu kurzen Auslegungsfrist wurde durch die erneute fehlerfreie Auslegung geheilt. Ohnehin ist nach dem oben Gesagten auch insoweit eine Rechtsverletzung der Klägerin nicht denkbar.
2.1.3.
Die Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Ladung zu den Erörterungsterminen können sich ebenfalls nicht auf die materielle Rechtsstellung der Klägerin ausgewirkt haben. Zwar entsprach die Ladung zu den beiden Erörterungsterminen nicht den Vorschriften des Art. 73 Abs. 6 Satz 6 i. V. m. Art. 67 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG, da nicht darauf hingewiesen wurde, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin hierdurch ist jedoch offensichtlich ausgeschlossen. Zum einen hat die Klägerin selbst das Landratsamt im Vorfeld des zweiten Erörterungstermins auf die Rechtsvorschrift des Art. 67 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG hingewiesen (vgl. Schreiben vom 30. Juni 2012, Bl. 263 der Behördenakte), so dass sie nachweislich Kenntnis von dieser gesetzlichen Regelung hatte. Zum anderen war die Klägerin nachweislich bei dem Erörterungstermin am 26. Juli 2012 anwesend (vgl. Bl. 322 der Behördenakte).
2.1.4.
Ein Verfahrensfehler zulasten der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Erörterungstermine - wie in Art. 73 Abs. 6 Satz 1 BayVwVfG vorgesehen - unter Anwesenheit der übrigen von dem Vorhaben Betroffenen durchgeführt wurden. Zwar kann sich im Einzelfall ein Anspruch eines Beteiligten auf gesonderte Erörterung ergeben, wenn ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse dieses Beteiligten glaubhaft gemacht wird (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 68 Rn. 4 und 17a). Weder die Klägerin noch ihr Ehemann haben aber auch nur ansatzweise ein solches Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht.
2.1.5.
Bezüglich der vom Beklagten durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gem. Art. 81 BayWG i. V. m. Art. 83 Abs. 3 und Anlage III I. Teil Ziffer 13.16 und II. Teil BayWG 1994 i. V. m. § 3d UVPG a. F. sind Rechtsfehler weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2.2.
Der Planfeststellungsbeschluss vom 7. Dezember 2012 enthält auch keine materiell-rechtlichen Fehler, auf die sich die Klägerin berufen könnte.
2.2.1.
Ein solcher Fehler ergibt sich nicht daraus, dass die Errichtung des Vorflutgrabens und des in diesen einmündenden Regenwasserkanals RL 1 von der Planfeststellung umfasst sind. Denn es bestehen keine Zweifel, dass es sich bei diesen Maßnahmen um Gewässerausbaumaßnahmen im Rahmen einer wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers (§ 67 Abs. 2 Satz 1 3. Var. WHG) handelt. Eine solche wesentliche Umgestaltung liegt vor, wenn ein Gewässer einschließlich seiner Ufer in seiner bisherigen Gestalt verändert wird und sich dadurch merkliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, also u. a. auf den Wasserstand, den Wasserabfluss und die Fließgeschwindigkeit, oder in sonstiger Hinsicht ergeben (Schenk in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand September 2013, § 67 Rn. 21 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar ist der Regenwasserkanal als solcher kein Gewässer i. S. d. WHG (vgl. § 3 Nr. 1 WHG). Die genannten Maßnahmen stehen jedoch in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Vorhabenszweck, die von der Feldkahl ausgehende Hochwassergefahr einzudämmen. Die Errichtung des Vorflutgrabens dient auch und gerade dem Ausgleich (vgl. § 67 Abs. 1 WHG) des durch die Errichtung des Einschöpfdamms am östlichen Ortsrand verlorengehenden Retentionsraums. Mit der Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 soll eine wesentliche Ursache der Überflutung des Innenorts im Hochwasserfall beseitigt werden. Denn nach den Ausführungen des Beklagten hat die bisher bestehende zu geringe Dimensionierung des Regenwasserkanals und seine Einmündung in die Feldkahl an der Brücke in der Seewiesenstraße in der Vergangenheit wesentlich zur Überflutung des Innenortsbereichs beigetragen. Dementsprechend hat auch das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg ausführt, dass die geplante Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 „das Gewässer im innerörtlichen Bereich deutlich entlastet“ (Bl. 56 der Behördenakte) und daher „gegenüber der bestehenden Trassenführung zu bevorzugen“ (Bl. 134 RS der Behördenakte) ist. Unter Berücksichtigung dieser für die Kammer nachvollziehbaren Ausführungen
- welche die Klägerin in keiner Weise substanziiert angegriffen hat - ist daher davon auszugehen, dass sowohl der Vorflutgraben als auch der neue Regenwasserkanal RL 1 unmittelbar auf die Abflusseigenschaften der Feldkahl im Hochwasserfall Einfluss nehmen. Es handelt sich deshalb um Maßnahmen im Rahmen eines Gewässerausbaus gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG.
2.2.2.
Eine Rechtsverletzung der Klägerin kann auch nicht aus einer von der Klägerin gerügten fehlenden Planrechtfertigung des Vorhabens abgeleitet werden. Es erscheint bereits fraglich, ob sich die Klägerin angesichts der fehlenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung überhaupt auf eine fehlende Planrechtfertigung berufen kann (vgl. Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 74 Rn. 34). Jedenfalls bestehen vorliegend keine Zweifel an der Planrechtfertigung. Denn diese liegt bei gemeinnützigen Planfeststellungen
- wie hier - bereits dann vor, wenn die geplanten Maßnahmen im Allgemeininteresse „vernünftigerweise geboten“ sind; eine strikte Erforderlichkeit der Planung i. S. einer Unabdingbarkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Ziele des zugrundeliegenden Fachgesetzes ist keine Voraussetzung der Planrechtfertigung (vgl. Kopp/Ramsauer, § 74 Rn. 42 und 47 m. w. N. zur Rechtsprechung). Im Hinblick darauf, dass das Vorhaben - auch nach den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts (vgl. Bl. der 57 und 59 Behördenakte), welchen im Wasserrecht nach der Rechtsprechung des BayVGH regelmäßig besonderes Gewicht zukommt (vgl. BayVGH, B. v. 02.05.2011 - 8 ZB 10.2312, Rn. 11; B. v. 31.08.2011 - 8 ZB 10.1961, Rn. 17; B. v. 17.07.2012 - 8 ZB 11.1285, Rn. 13 - alle juris -) - dem Hochwasserschutz und der Verbesserung der Gewässerökologie dient, bestehen keine Zweifel, dass das Vorhaben geboten im vg. Sinne ist. Soweit die Klägerin vorbringt, dass es bessere bzw. ihre Rechtsstellung weniger belastende Planungsalternativen gebe, vermag dies höchstens auf der Ebene der Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange zum Tragen kommen, nicht jedoch die Planrechtfertigung in Frage zu stellen. Auch der Vortrag des Klägerbevollmächtigten, der Schutzstandard HQ 100 sei mit der genehmigten Planung nicht in vollem Umfang zu erreichen, begründet keine Zweifel an der Planrechtfertigung. Denn allein aus dem Umstand, dass dieser Schutzstandard an einzelnen Stellen im Ortsbereich aufgrund der baulichen Gegebenheiten unter Umständen nicht verwirklicht werden kann, folgt keinesfalls, dass die Geeignetheit des Ausbaus zum Zwecke des Hochwasserschutzes und der Verbesserung der Gewässerökologie insgesamt in Frage steht.
2.2.3.
Der Planfeststellung stehen keine zwingenden Versagungsgründe (vgl. § 68 Abs. 3 WHG) entgegen, auf die sich die Klägerin berufen könnte.
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorbringt, dass durch die Errichtung des Einschöpfdamms am östlichen Ortsrand Retentionsraum zerstört werde, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei dem Gebot der Erhaltung von Retentionsflächen um einen öffentlichen Belang handelt, auf dessen Verletzung sich die Klägerin hier nicht berufen kann (vgl. Spieth in Beck'scher Online-Kommentar Umweltrecht, Stand Oktober 2013, § 68 WHG Rn. 29 und 34 m. w. N.). Im Übrigen werden durch die Errichtung des Einschöpfdamms verlorengehende Retentionsflächen nach der Planung des Beigeladenen im westlichen Bereich des Ausbaugebiets ausgeglichen, so dass im Hinblick auf das Ausgleichsgebot des § 67 Abs. 1 WHG a. E. ohnehin keine Verletzung der in § 67 Abs. 1 WHG festgelegten Grundsätze gegeben ist.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigungen (vgl. § 70 Abs. 1 Halbs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 und 4 WHG) berufen. Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen, dass sie der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums nicht zustimme, wozu der Planfeststellungsbeschluss nach den obigen Ausführungen aber ohnehin kein Recht gibt. Sie hat jedoch keine bzw. nur völlig unsubstanziierte Einwendungen hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen der Planung des Beigeladenen auf ihre Grundstücke vorgebracht. Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ...33 hat die Klägerin überhaupt keine tatsächlichen Auswirkungen der Planung vorgetragen. Bezüglich des Grundstücks Fl.Nr. ...30 sind die Einwendungen der Klägerin viel zu unsubstanziiert, um die Darlegungen des Beigeladenen, des von diesem beauftragten Ingenieurs und des Wasserwirtschaftsamts in Frage zu stellen. Der vom Beigeladenen mit der Planung beauftragte Ingenieur hat im Verwaltungsverfahren unter Vorlage entsprechender Berechnungen im Einzelnen dargelegt, dass die Hochwassergefahr für das Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin durch die Planung - einschließlich der Umverlegung des Regenwasserkanals RL 1 - nicht erhöht wird bzw. eine Erhöhung jedenfalls vernachlässigbar gering ist (vgl. Bl. 86, 88 und 145 der Behördenakte). Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg hat darauf hingewiesen, dass das Grundstück Fl.Nr. ...30 schon bisher in Teilen dem Überschwemmungsgebiet der Feldkahl zuzurechnen ist (Bl. 134 RS der Behördenakte), und hat die Ausführungen und Berechnungen des vom Beigeladenen beauftragten Ingenieurs als nachvollziehbar und plausibel erachtet (Bl. 92 und 93 der Behördenakte). Hinzu kommt, dass aus dem vom Beigeladenen vorgelegten und vom Wasserwirtschaftsamt geprüften Plan „HQ 100 Linien Ist- und Planungs-Zustand“ ersichtlich ist, dass sich die Hochwasserlinie durch die Planung nicht zum Nachteil der Klägerin verändert. Die Klägerin hat diese Feststellungen nur insoweit angegriffen, als sie vorbringt, ihr Grundeigentum solle nach der Planung als Überschwemmungsgebiet herhalten. Ein derart pauschales Vorbringen kann die obigen Ausführungen nicht erschüttern. Hierzu wäre vielmehr ein Vortrag erforderlich, der sich inhaltlich mit dem Vorbringen der vg. Stellen auseinandersetzt und zumindest ansatzweise aufzeigt, warum dieses Vorbringen fehlerhaft ist. Dies ist vorliegend offensichtlich nicht erfolgt. Unzumutbare tatsächliche Auswirkungen des Vorhabens wurden nicht geltend gemacht.
2.2.4.
Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht auf Abwägungsfehler zu ihren Lasten berufen.
Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens steht der Planfeststellungsbehörde ein weitgehendes Planungsermessen zu (Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 70 Rn. 34). Der Planfeststellungsbeschluss ist daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich (Czychowski/Reinhardt, a. a. O.). Dementsprechend kann das Gericht die von der Behörde vorgenommene Abwägung der öffentlichen und privaten Belange als wesentlichen Ausfluss des Planungsermessens auch nur im Hinblick auf sog. Abwägungsfehler prüfen. Das Gericht kann daher nur prüfen, ob überhaupt eine Abwägung stattfand, ob alles an Belangen in die Abwägung eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob das Gewicht einzelner Belange nicht verkannt wurde und ob der Ausgleich zwischen den abwägungsrelevanten Belangen nicht in einer Weise erfolgt ist, die zu der objektiven Bedeutung der Belange außer Verhältnis steht (st. Rspr.. des BVerwG, z. B. U. v. 7.7.1978 - IV C 79.76 - BVerwGE 56, 112/122 f.). Im vorliegenden Fall ist zudem zu beachten, dass sich die Klägerin aufgrund der fehlenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses nur auf Abwägungsfehler bezüglich der sie betreffenden privaten Belange berufen kann.
Solche Abwägungsfehler sind hier nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, der Beigeladene und die Planfeststellungsbehörde hätten es unterlassen, bessere bzw. gleich geeignete, die Klägerin weniger belastende Planungsalternativen, insbesondere den im Verwaltungsverfahren diskutierten Bau eines Rückhaltebeckens östlich des Ortes Feldkahl (sog. „Dammlösung“), weiterzuverfolgen. Es ist Wesenselement jeder Planung, dass sich der Planungsträger für einen Weg entscheidet und andere Planungsmöglichkeiten nicht weiterverfolgt werden. Das Gericht kann und darf dem Planungsträger dabei nicht vorschreiben, welcher Weg der zweckmäßigste ist, sondern die Planung nur auf Rechtsfehler überprüfen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Planungsalternativen sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Planungsvariante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 12.4.2005 - 9 VR 41/04 - DVBl 2005, 916/920). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass Planungsvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ausgeschieden werden können (BVerwG, U. v. 9. 6. 2004 - 9 A 11/03 - NVwZ 2004, 1486/1492; VG Würzburg, U. v. 12.4.2010 - W 4 K 10.118 - juris; VG München, U. v. 15.11.2011 - M 2 K 10.3684 - juris, Rn. 64). Der vom Beigeladenen beauftragte Ingenieur hat im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die von der Klägerin angeführte „Dammlösung“ im Jahr 2001 geprüft, im Folgenden jedoch als wenig geeignet angesehen und daher nicht weiterverfolgt wurde (vgl. Bl. 144 f. der Behördenakte). Dies wird damit begründet, dass die „Dammlösung“ nur einen Teil des Gesamteinzugsgebiet erfassen hätte können, und nur zu einer geringfügigen Reduzierung des Bachquerschnitts, aber zu einem erheblichem Eingriff in die noch weitgehend naturgegebene Bachaue geführt hätte. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass das Grundstück Fl.Nr. ...30 der Klägerin von der „Dammlösung“ nicht profitiert hätte. Die Klägerin hat diese Argumente nicht substanziiert angegriffen. Sie verweist lediglich darauf, dass es rechtsfehlerhaft gewesen sei, die Planungsalternative „Dammlösung“ nur wegen des befürchteten Widerstands verschiedener Grundstückseigentümer nicht weiterzuverfolgen, ohne sich jedoch mit den gegen die „Dammlösung“ angeführten Sachargumenten auseinanderzusetzen. Es ist schon nicht ersichtlich, warum ein ggf. zu erwartender Widerstand verschiedener Grundstückseigentümer - auch angesichts der weiteren gegen die „Dammlösung“ sprechenden Sachargumente - nicht bei der Entscheidung des Beigeladenen über die weitere Planung hätte berücksichtigt werden dürfen. Im Übrigen spricht auch das von der Klägerin selbst vorgelegte Protokoll über die Sitzung des Marktgemeinderats des Beigeladenen vom 25. Februar 2003 gegen die Behauptung der Klägerin, dass die Planungsalternative „Dammlösung“ ohne nähere Prüfung aufgrund des befürchteten Widerstands verschiedener Grundstückseigentümer verworfen worden sei. So hat etwa der Erste Bürgermeister in der vg. Sitzung darauf hingewiesen, dass „[d]ie Staudammlösung bereits detailliert untersucht und verworfen“ (Bl. 118 der Gerichtsakte) worden war. Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Beigeladene - und diesem folgend die Planfeststellungsbehörde - jedenfalls aufgrund einer nach der oben zitierten Rechtsprechung ausreichenden Grobanalyse rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen ist, die von der Klägerin angeführte Planungsalternative aus sachlichen Gründen nicht weiterzuverfolgen. Eine eindeutig bessere Planungsalternative hat die Klägerin nicht dargelegt. Soweit die Klägerin und ihr Ehemann im Verwaltungsverfahren vorgetragen haben, dass es nicht ihr Anspruch sei, Planungsalternativen „funktionell zu definieren oder gar zu begründen“, sondern sie nur darauf hinweisen, dass „auch andere Modelle veritabel realisierbar“ (Bl. 114 der Behördenakte) seien, so wird damit das Wesen des Planungsermessens verkannt. Dieses wird nämlich grundsätzlich auch dann rechtsfehlerfrei ausgeübt, wenn ebenso geeignete Planungsalternativen bestehen. Es wäre dementsprechend hier Sache der Klägerin gewesen, die gegen die „Dammlösung“ angeführten Argumente substanziiert anzugreifen und aufzuzeigen, dass es eine eindeutig bessere Planungsalternative zu der vom Beigeladenen gewählten Planung gibt.
Sonstige Umstände, die Abwägungsfehler zulasten der Klägerin begründen könnten, wurden weder substanziiert vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Insbesondere hat die Planfeststellungsbehörde das Interesse der Klägerin an der Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. ...30 als Schafweide hinreichend berücksichtigt (vgl. Ziffer 3.2.1. und S. 12 3. Abs. des Bescheids vom 7.12.2012). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch private Belange der Klägerin im Rahmen der planerischen Abwägung überwunden werden können. Denn die Bevorzugung bestimmter und Zurückstellung anderer Belange ist Wesensmerkmal jeder planerischen Abwägung.
3.
Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen hat, weil sich dieser durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Der Gewässerausbau bedarf der Planfeststellung durch die zuständige Behörde.
(2) Für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden. Die Länder können bestimmen, dass Bauten des Küstenschutzes, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, anstelle einer Zulassung nach Satz 1 einer anderen oder keiner Zulassung oder einer Anzeige bedürfen.
(3) Der Plan darf nur festgestellt oder genehmigt werden, wenn
- 1.
eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist und - 2.
andere Anforderungen nach diesem Gesetz oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt werden.
(4) Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Binnenwasserstraße des Bundes oder ihrer Ufer nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 führt, soweit sie erforderlich sind, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 zu erreichen, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Rahmen ihrer Aufgaben nach dem Bundeswasserstraßengesetz hoheitlich durch.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Planfeststellung für einen Bauabschnitt des Hochwasserschutzes im Bereich des unteren ...tals. Sie sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... (Gemarkung ...).
Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens, in dem die Kläger fristgerecht Einwendungen erhoben, erließ das Landratsamt ... am ... November 2013 einen Bescheid, mit dem der Plan des Freistaats Bayern, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt (WWA) ..., vom 3. Mai 2012 für Hochwasserschutzmaßnahmen an der ... im Bauabschnitt ... von Fluss-km ... bis zu Fluss-km ... gemäß Antrag vom 1. Oktober 2012 unter Inhalts- und Nebenbestimmungen (vgl. Ziff. II des Bescheids) nach § 67 Abs. 1 WHG festgestellt wurde (Ziff. I. 1. des Bescheids). Der beantragte Ausbau dient dem Schutz bebauter Bereiche im Ortsteil ... auf der Nordseite der ... in der Marktgemeinde ... vor einem 100-jährlichen Hochwasser der ... „und damit dem Wohl der Allgemeinheit“ (Ziff. I. 2. des Bescheids). Nach der Beschreibung des Vorhabens in Ziff. I. 3. des Bescheids wird in dem Bauabschnitt der bestehende, direkt an der ... verlaufende Deich abgetragen und ein neuer Deich an die Grenze zu den Privatgrundstücken zurückverlegt und nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik neu aufgebaut. Der Deich wird mit Deichkronenweg und statisch wirksamer Innendichtung ausgeführt.
Am 27. Dezember 2013 erhoben die Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Sie beantragten zuletzt,
den Bescheid des Beklagten vom ... November 2013 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss vom ... November 2013 gegenüber den Klägern rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Verfahrensvorschriften bei der Bekanntmachung des Vorhabens seien nicht eingehalten worden. Materiell sei die vom Beklagten gewählte Variante des Vorhabens nicht vorzugswürdig. So sei die Möglichkeit eines künstlichen Hochwasserspeichers nicht ausreichend geprüft worden. Im Hinblick auf die Errichtung des Vorhabens an der Grundstücksgrenze liege keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem erforderlichen nachbarrechtlichen Schutz vor. Mit Schriftsatz vom 9. April 2014 wurde die Klage ergänzend begründet. Auch als mittelbar Planbetroffene hätten die Kläger einen Anspruch auf ordnungsgemäße Abwägung ihrer Belange und auf Überprüfung der Planrechtfertigung. Weiter könnten die Kläger vorliegend aus § 70 Abs. 1, § 14 Abs. 4 WHG subjektiv-öffentliche Rechte herleiten. Der Planfeststellungsbeschluss leide an mehreren zur Rechtswidrigkeit führenden Abwägungsmängeln. So seien die Belange der Kläger im Hinblick auf das Abstandsflächenrecht nicht ordnungsgemäß berücksichtigt. Es gehe vorliegend nicht um die Aussicht oder um Vorteile in der Lage des Grundstücks, sondern um gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse im elementaren Privatbereich. Der Deich habe gebäudeähnliche Wirkung, weshalb zwingend ein Grenzabstand einzuhalten sei. Weiter ergäben sich Abwägungsfehler im Hinblick auf den Bebauungsplan des Markts ... für eine weitere ...brücke. Es dränge sich die Frage auf, ob die Rückverlegung des Deichs gegenüber einer früheren Planung deshalb gewählt worden sei, um bei der Planung und Ausführung der ...brücke eine bessere Gesamtbilanz zu erzielen. Die Problematik der jederzeitigen Einsehbarkeit des klägerischen Grundstücks durch Fußgänger und Radfahrer auf dem Deich werde nicht systematisch korrekt gelöst. § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 WHG hätte im Hinblick auf § 14 Abs. 3 WHG beachtet werden müssen. Es sei eine Vielzahl von angrenzenden Grundstücken betroffen. Die Prüfung der Vermeidung nachteiliger Auswirkungen oder ein Ausgleich sei vorwerfbar nicht erfolgt. Auch die Alternativenprüfung sei zu beanstanden. Die Planungen für ein Hochwasserrückhaltebecken in ... seien mit den Erwägungen im Planfeststellungsbeschluss nicht in Einklang zu bringen. Auch werde im Planfeststellungsbeschluss insoweit von falschen Daten ausgegangen. Es sei sinnvoller, kostengünstiger und verhältnismäßiger, die Speicherkapazität des Hochwasserrückhaltebeckens zu erhöhen. Durch die planfestgestellte Maßnahme würden unbesiedelte Flächen zulasten bewohnter Flächen geschützt werden.
Der Beklagte beantragte am 27. Februar 2014,
die Klage abzuweisen
und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss sei in nicht zu beanstandender Weise erlassen worden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Als nur mittelbar Planbetroffene hätten die Kläger ohnehin keinen sog. Vollüberprüfungsanspruch. Für eine Verletzung drittschützender Rechtspositionen sei nichts ersichtlich, insbesondere seien die Einwendungen der Kläger ordnungsgemäß abgewogen worden. Am 16. Juni 2014 wurde ergänzend eine Stellungnahme des Landratsamts ... zur Klagebegründung vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2014 wiederholten und vertieften die Beteiligten ihre schriftsätzlich vorgetragenen Standpunkte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, sowie auf die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Gründe
Die zulässige Klage ist in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
Der Bescheid des Landratsamts ... vom ... November 2013 weist keine Rechtsfehler auf, die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen könnten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Durchführung des Anhörungsverfahrens ist nicht zu beanstanden (nachfolgend I.). Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben (nachfolgend II.). Ein Verstoß gegen zwingendes Recht ist nicht ersichtlich (nachfolgend III.) und die Abwägungsentscheidung ist gerichtlich nicht zu beanstanden (nachfolgend IV.). Auf die Frage einer möglichen Präklusion einzelner Einwendungen (§ 70 Abs. 1 WHG i. V. m. Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG) braucht deshalb nicht eingegangen zu werden.
I.
Kein Verfahrensfehler ergibt sich daraus, dass auf die Auslegung der Verfahrensunterlagen vom 29. April 2013 bis 29. Mai 2013 (erst) durch Bekanntmachung an den Amtstafeln des Markts ... ab dem 26. April 2014 hingewiesen wurde. Nach Art. 73 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG haben die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, die Auslegung vorher ortsüblich bekanntzumachen. Damit ist eine Bekanntmachung der Auslegung auch erst einen Tag vor ihrem Beginn zulässig (Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 50; vgl. auch BayVGH, B.v. 19.3.2010 - 22 ZB 09.3157 - juris Rn. 7). Im Übrigen sind hinsichtlich der (nur) mittelbar planbetroffenen Klagepartei, die fristgerecht Einwendungen erhoben hat, Auswirkungen eines - unterstellten - Verfahrensfehlers bei der Bekanntmachung der Auslegung auf subjektive Rechtspositionen weder schlüssig vorgetragen noch ersichtlich und kann auch deshalb diese Verfahrensrüge ihrer Klage nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. Neumann, a. a. O, § 73 Rn. 147; Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 42 Rn. 266).
II.
Die Planrechtfertigung für das Vorhaben steht außer Frage.
1. Die Planrechtfertigung ist gegeben, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (st. Rspr., vgl. etwa: BayVGH, B.v. 18.1.2005 - 8 CS 04.1724 - juris Rn. 38; BVerwG, U.v. 24.11.1989 - 4 C 41/88 - juris Rn. 47 ff. m.w.N). Dabei bezieht sich die Planrechtfertigung auf das Vorhaben als solches (das „Ob überhaupt“). Über die genaue Lage des Vorhabens im Raum, und damit beispielsweise über die Wahl zwischen alternativ möglichen Trassen, entscheidet erst die Abwägung aller betroffenen Belange. Deshalb ist die die Klagepartei wesentlich bewegende Frage der Deichverlegung vom Standort des Bestandsdeichs hin zu den Grenzen der privaten Wohngrundstücke keine Frage der Planrechtfertigung (Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 74 Rn. 38). Die Planrechtfertigung kann aber grundsätzlich auch von der Klagepartei, die mangels vollständiger oder teilweiser Entziehung von Grundeigentum durch das Vorhaben lediglich mittelbar planbetroffen ist (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.7.2007 - 8 ZB 06.2667 - juris Rn. 7), in Frage gestellt werden (BVerwG, U.v. 9.11.2006 - 4 A 2001/06 - juris Rn. 33; BVerwG, U.v. 26.4.2007 - 4 C 12/05 - juris Rn. 48).
Gemessen hieran und vor dem Hintergrund der § 6 Abs. 1 Nr. 6, §§ 72 ff. WHG bestehen keine Zweifel an der Planrechtfertigung des Vorhabens. Nach dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren (WWA ... vom 24.10.2012, S. 3) dient das planfestgestellte Vorhaben dem bislang nicht ausreichenden Schutz des Markts ..., Ortsteil ... (linke ...seite), vor einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) zuzüglich 1,0 m Freibord. Es ist Teil des aus 40 Einzelbauabschnitten bestehenden integralen Konzepts zum Schutz der bebauten Bereiche im unteren ...tal, in denen ein erhebliches Schadenspotential besteht. Nach dem Erläuterungsbericht (vom 3.5.2012, S. 4) werden durch das Vorhaben etwa 350 Anwesen mit rund 1.000 - 1.200 Einwohnern sowie große Gewerbe- und Industrieflächen geschützt.
2. Die Argumentation, das planfestgestellte Vorhaben sei angesichts der geplanten oder jedenfalls möglichen Dimensionierung des Hochwasserrückhaltebeckens (HRB) ... überflüssig, stellt die Planrechtfertigung nicht in Frage.
Insoweit wird verkannt, dass das (derzeit im Planfeststellungsverfahren befindliche) Hochwasserrückhaltebecken ... in seiner geplanten Dimensionierung (nur) einen Baustein des Gesamtkonzepts zum Schutz des unteren ...tals darstellt. Es dient dem erforderlichen Retentionsraumausgleich wegen der Abflussverschärfung durch Deicherhöhungen und Deichneubauten in zurückversetzter Lage bezogen auf das gesamte untere ...tal sowie dem Rückhalt des Hochwassers dort aufgrund von Klimaänderungen (sog. Klimaänderungsfaktor von 15%). Dabei ist es nach den diesbezüglichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung nur Ziel des Vorhabensträgers, Siedlungsraum im ohnehin dicht und flussnah bebauten unteren ...tal durch Hochwassermaßnahmen vor einem HQ100 zu schützen, nicht etwa auch landwirtschaftliche Flächen. Dass der fragliche Bauabschnitt deshalb nicht vernünftigerweise geboten wäre, weil der Hochwasserschutz insoweit durch das HRB ... gewährleistet werden könnte, ist deshalb nicht ersichtlich, zumal bei Unterstützung einer derartigen Forderung der in den 40 Einzelbauabschnitten betroffenen Anlieger (HRB statt Deichsanierung/-neubau mit Rückverlegung) ein effektiver Hochwasserschutz durch den Vorhabensträger nicht mehr verwirklichbar erschiene.
III.
Das planfestgestellte Vorhaben verstößt nicht gegen zwingende Rechtsvorschriften.
1. Die Klagepartei als mittelbar Planbetroffene kann sich nicht auf einen Verstoß gegen Bestimmungen des Natur- und Landschaftsschutzes im Hinblick auf die Rodung des bisherigen Waldbestands zwischen ... und dem klägerischen Grundstück berufen (vgl. im Übrigen auch die Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde, Bl. 18a der Behördenakte sowie des beteiligten Bund Naturschutz in Bayern, Bl. 9b der Behördenakte).
2. Auch der Vortrag, das Vorhaben verletze Nachbarrechte, weil an die Grenzen der privaten Grundstückseigentümer gebaut werde und dadurch gesunde Wohnverhältnisse verletzt würden, verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob und ggf. inwieweit die bauordnungsrechtlichen Vorschriften des Abstandsflächenrechts (vgl. insbesondere Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO) im Rahmen der Planfeststellung dieses Vorhabens Anwendung finden. Selbst wenn man sie (ggf. auch im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme) berücksichtigt, ist insoweit ein Rechtsverstoß in Bezug auf das klägerische Grundstück nicht ersichtlich.
Nach den genehmigten Planunterlagen hält der luftseitige Deichfuß mit dem Beginn der im Verhältnis 1:2 ausgebildeten Neigung des Deichbauwerks einen Abstand von mindestens 1 m zur Grenze des klägerischen Grundstücks ein. Die Deichkrone wird im Bereich des klägerischen Grundstücks im Mittel bei etwa 1,14 m (Erläuterung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung) bis etwa 1,30 m (Schriftsatz des Beklagten vom 16.6.2014) über der natürlichen Geländeoberkante liegen. Bei dieser Sachlage erreicht der Hochwasserdeich keine gebäudegleiche Wirkung, geschweige denn, dass mit seiner Errichtung ein rücksichtsloser, weil „erdrückender“ oder „einmauernder“ Effekt verbunden wäre. Dies ergibt sich aus der körperlichen Wirkung der Anlage, nämlich der Höhe der Deichkrone von unter 2 m (nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO sind u. a. Stützmauern mit einer Höhe bis zu 2 m ohne eigene Abstandsflächen zulässig) sowie aus der relativ geringen Neigung des Deichs (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2001 - 2 ZB 99.3483 - juris Rn. 11, wonach von Erdaufschüttungen mit einer Neigung von bis zu 33 Grad regelmäßig keine gebäudegleiche Wirkung ausgeht; demgegenüber lässt sich dem von der Klägerseite zitierten Urteil des OVG NRW, U.v. 27.11.1989 - 11 A 195/88 - juris Rn. 15 die - mutmaßlich deutlich höhere - Neigung der dort über 2 m hohen Anschüttungen nicht entnehmen). Auch bei einer Gesamtwürdigung der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Abstandsflächenrechts (Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung der Baugrundstücke als Grundlage für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Verhinderung der Brandübertragung, Wahrung des Wohnfriedens, vgl. BayVGH, a. a. O.) ergibt sich nichts anderes. Dies gilt selbst dann, wenn man - worauf noch einzugehen sein wird, vgl. unten III. 3. a) - eine Nutzung der Deichkrone durch Fußgänger und Radfahrer unterstellt.
3. Die Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses folgt auch nicht aus einer Verletzung der Maßgaben des § 14 Abs. 3 oder 4 i. V. m. § 68 Abs. 3 Nr. 2, § 70 Abs. 1 WHG im Hinblick auf die befürchtete Einsehbarkeit des Grundstücks und den aufgrund eines Fußgänger- und Radfahrerverkehrs auf der Deichkrone befürchteten Beeinträchtigungen der Nutzung des klägerischen Grundstücks.
a) Eine nachteilige Einwirkung auf ein Recht der Klagepartei i. S.v. § 14 Abs. 3 WHG liegt nicht vor.
§ 14 Abs. 3 WHG ist nur einschlägig, wenn die Maßnahme nachteilig auf ein Recht eines Dritten einwirkt. Wie sich einerseits aus dem Gesetzeswortlaut, andererseits aber auch aus § 14 Abs. 4 WHG ergibt, erfasst diese Vorschrift nicht die Konstellation, dass sich der Dritte ohne die Beeinträchtigung eines Rechts auf die Verletzung eines rechtlich geschützten Interesses beruft. Unter einer nachteiligen Einwirkung ist jede, auch geringfügige, ungünstige Veränderung eines tatsächlichen Zustands zu verstehen, die der Betroffene abzuwehren berechtigt ist, weil er aufgrund seines Rechts die Aufrechterhaltung des bisherigen Zustands beanspruchen kann. Dabei muss die nachteilige Einwirkung auf das Recht eines anderen adäquat kausal auf die genehmigte Maßnahme zurückgehen (Guckelberger in Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand 1.1.2014, § 14 WHG Rn. 14 ff.; vgl. ferner: Pape in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 1.8.2013, § 14 WHG Rn. 40).
Als Recht in diesem Sinne kommt vorliegend das Grundstückseigentum der Klägerseite in Betracht. Nachdem dieses jedoch in seinem Bestand unberührt bleibt, könnte allenfalls der aus Art. 14 GG abgeleitete öffentlich-rechtliche Nachbarschutz eingreifen, wenn das Vorhaben zu einer das eigentumsgrundrechtlich zumutbare Maß überschreitenden, schweren und unerträglichen Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des betroffenen Grundstücks führt (vgl. Pape, a. a. O., Rn. 49). Allein im Hinblick auf die beabsichtigte Positionierung des Deichs erscheint eine derartige Einwirkung ausgeschlossen. Bezüglich der von der Klägerseite befürchteten Einsehbarkeit des Grundstücks und der im Falle eines Fuß- und Radfahrerverkehrs auf der Deichkrone befürchteten weiteren Beeinträchtigungen (insbesondere Lärmimmissionen) erscheint bereits fraglich, ob sich die Klägerseite hierauf berufen kann:
Der streitgegenständliche Bescheid trifft selbst keine Regelung zur künftigen Nutzung des Deichkronenwegs über den Zweck eines Wartungswegs hinaus auch durch Fußgänger und Radfahrer zu Freizeit- und Erholungszwecken. In den Gründen des Bescheids vom ... November 2013 sind insoweit zwar widersprüchliche Aussagen enthalten (vgl. S. 13 unten einerseits, S. 16 unten andererseits). Der Beklagtenvertreter stellte hierzu in der mündlichen Verhandlung jedoch klar, dass die Nutzung des Deichkronenwegs als Geh- und Radweg einer eigenständigen Regelung durch die zuständige Behörde vorbehalten bleibe. Schon deshalb können die von der Klägerseite befürchteten Beeinträchtigungen ihres Grundeigentums im Rahmen des § 14 Abs. 3 WHG keine Berücksichtigung finden.
Selbst wenn man jedoch die Möglichkeit der Zulassung für eine Berücksichtigung i.R.v. § 14 Abs. 3 WHG genügen ließe oder von einer Zulassung des Fußgänger- und Radfahrerverkehrs durch die Planfeststellung ausginge, ergäbe sich nichts anderes: Dem Beklagten wäre dann nämlich - wegen des vorgenannten Erfordernisses der adäquaten Kausalität und weil es sich bei dem Deich ersichtlich nicht um eine für den gezielten (Ein-)Blick geschaffene Anlage („Aussichtsplattform“) handelt - allenfalls ein gewöhnliches, sozialübliches Verhalten von Fußgängern und Radfahrern zuzurechnen, das in einem „gelegentlichen Blick“ auf die angrenzenden Grundstücke bestehen mag, nicht aber in einem möglicherweise persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigenden „Beobachten“ vom Deich aus. Ein derart sozialübliches Verhalten ist auch bei Berücksichtigung der bislang bestehenden weitgehenden Uneinsehbarkeit bei den konkret gegebenen örtlichen Verhältnissen hinzunehmen und stellt ebenso wie die hierdurch befürchtete Wertminderung keine Beeinträchtigung dar, die die Grundstückseigentümer schwer und unerträglich treffen könnte (vgl. Papier in Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Stand Dezember 2013, Art. 14 Rn. 83; BVerwG, U.v. 14.4.1978 - IV C 96.76, IV C 97IV C 97.76 - juris Rn. 32, 37). In Bezug auf die befürchteten Lärmimmissionen ist eine relevante, grenzwertüberschreitende Einwirkung schon nicht substantiiert vorgetragen (vgl. § 906 BGB) und bei dem gegebenen Lebenssachverhalt auch nicht realistisch zu erwarten.
b) Auch die Berufung der Klägerseite auf eine unzutreffende Berücksichtigung von § 14 Abs. 4 WHG verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 1, § 70 Abs. 1 WHG ist im Rahmen der Planfeststellung für den Fall, dass ein Dritter ohne Beeinträchtigung eines Rechts nachteilige Wirkungen dadurch zu erwarten hat, dass die bisherige Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird, zu prüfen, ob diese nachteiligen Wirkungen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Ist dies nicht möglich, kann der Plan dennoch festgestellt werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern (§ 14 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 2 WHG). Im Rahmen des § 14 Abs. 4 WHG bleiben jedoch geringfügige nachteilige Wirkungen außer Betracht (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WHG).
Allein durch die Zurückverlegung des Deichs an die Grenzen der Privatgrundstücke ergibt sich keine mehr als geringfügige nachteilige Auswirkung auf die Nutzung des klägerischen Grundstücks. Auch unter Würdigung der von der Klägerseite schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Befürchtungen (etwa einer Vernässung des klägerischen Grundstücks oder einer verstärkten Exponiertheit des Wohngebäudes in Bezug auf Wind und Wetter nach der Rodung des Waldstreifens) erachtet die Kammer beachtliche nachteilige Auswirkungen i. S.v. § 14 Abs. 4 WHG als ausgeschlossen. Insbesondere haben die Vertreter des WWA ... in der mündlichen Verhandlung ausführlich und überzeugend dargelegt hat, dass und weshalb sich die Grundwasserverhältnisse im Bereich des klägerischen Grundstücks durch den Bau des planfestgestellten Deichs weder verbessern noch verschlechtern werden. Diese Darlegungen wurden von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt.
Im Hinblick auf die befürchtete Einsehbarkeit des klägerischen Grundstücks durch Fußgänger und Radfahrer auf der Deichkrone ist zunächst auf die vorgenannten (oben a)) Ausführungen zu verweisen, wonach die Planfeststellung keine Zulassung des Fußgänger- oder Radfahrerverkehrs auf der Deichkrone beinhaltet. Schon deshalb sind nachteilige Wirkungen (allein) durch das planfestgestellte Vorhaben nicht zu erwarten. Dies außer Acht gelassen, wären die dem Beklagten allein zurechenbaren (ebenfalls oben a)) sozialadäquaten „gelegentlichen Blicke“ von Passanten auf das klägerische Wohngrundstück nach dem insoweit nicht nach den persönlichen Verhältnissen und Empfindungen der Beteiligten, sondern objektiv zu bestimmenden Maßstab (vgl. Knopp in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, Stand 1.9.2013, § 14 WHG Rn. 133; Pape in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 1.8.2013, § 14 WHG Rn. 80) im konkreten Einzelfall ebenfalls als geringfügig i. S.v. § 14 Abs. 4 Satz 2 WHG anzusehen. Das klägerische Grundstück befindet sich, auch wenn es in der ersten Bauzeile zur ... gelegen ist, in einem innerörtlichen, relativ dicht besiedelten Bereich, in dem wechselseitige Blickbeziehungen und Einblicksmöglichkeiten regelmäßig und zwangsläufig bestehen. Auch wenn sich Passanten möglicherweise in einer im Vergleich zum Grundstücksniveau erhöhten Ebene bewegen würden, ist der Deich weder - etwa einem Aussichtspunkt vergleichbar - besonders auf den Garten oder das Wohngebäude hin ausgerichtet, noch spricht die Entfernung zu den bewohnten Bereichen für eine inakzeptable Beeinträchtigung des Wohnfriedens der Klägerseite. Der Betroffene muss in einer derartigen Situation vielmehr die Möglichkeit der Einsicht hinnehmen oder Maßnahmen in seinem eigenen Wohnbereich ergreifen, um sich dagegen zu schützen (vgl. BayVGH, B.v. 6.6.2014 - 9 CS 14.662 - juris Rn. 15; B.v. 30.11.2006 - 14 CS 06.3015 - juris Rn. 9; OVG SH, B.v. 24.11.2011 - 1 LA 65/11 - juris Rn. 6).
IV.
Die Abwägungsentscheidung des Beklagten ist, jedenfalls soweit die Klägerseite deren Überprüfung begehren kann, gerichtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Alternativenprüfung des Beklagten (nachfolgend 2.) als auch im Hinblick auf die Abwägung der widerstreitenden Belange im Übrigen (nachfolgend 3.).
1. Bei der fachplanerischen Abwägung ist der Planfeststellungsbehörde ein breiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Das Gebot gerechter Abwägung gilt im Planungsrecht als ungeschriebener Rechtsgrundsatz auch dann, wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich vorsieht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, in die Abwägung alle Belange eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mussten sowie dass die Bedeutung der betroffenen Belange erkannt und der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange nicht außer Verhältnis steht (BVerwG, U.v. 24.11.2011 - 9 A 23/10 - juris Rn. 54 m. w. N.). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Gebot sachgerechter Abwägung nicht verletzt, wenn sich die Planfeststellungsbehörde im Widerstreit der verschiedenen Belange für die Vorzugswürdigkeit des einen gegenüber dem anderen entscheidet und damit zugleich in der Wahl von Planungsalternativen die eine gegenüber der anderen bevorzugt.
Auch die Klägerseite als (lediglich) mittelbar Planbetroffene kann insoweit ein subjektiv-öffentliches Recht auf Abwägung geltend machen, selbst wenn die geltend gemachten Interessen nicht das Gewicht eines subjektiven Rechts, sondern eher das einer Chance oder Möglichkeit haben, soweit sie wenigstens mehr als geringfügig, schutzwürdig und erkennbar sind (Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 4. Aufl. 2009, Rn. 4761, 4784; Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 74 Rn. 272; Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 42 Rn. 257). Dieses Recht umfasst aber nur die gerechte Abwägung ihrer eigenen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen; der mittelbar Planbetroffene hat keinen Anspruch darauf, dass die Belange anderer Beteiligter gerecht abgewogen sind oder dass etwa die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht. Dementsprechend kann er eine gerichtliche Abwägungskontrolle lediglich hinsichtlich seiner eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihnen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, ist nicht Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle (OVG Lüneburg, B.v. 9.3.2011 - 13 LA 108/10 - juris Rn. 9 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 16.1.2007 - 9 B 14/06 - juris Rn. 18).
2. Die Alternativenprüfung des Beklagten ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
a) Die Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden Trassenvarianten ist unbeschadet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung und einer gerichtlichen Kontrolle nur begrenzt zugänglich. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Lösungen ist erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil für die öffentlichen und privaten Belange insgesamt schonendere Lösung darstellen würde, d. h. wenn sich - mit anderen Worten - diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist eine Planungsbehörde nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (insgesamt hierzu: BayVGH, U.v. 16.3.2010 - 8 N 09.2304 - juris Rn. 46; U.v. 27.6.2008 - 8 B 06.2340, 8 B 06.8 B 06.2314 - juris Rn. 69). Handelt es sich um die Klage eines nur mittelbar betroffenen Grundstückseigentümers, ist dem unter dem Gesichtspunkt des subjektiven Rechtsschutzes eingeschränkten Prüfungsumfang bei der Anwendung der Maßstäbe zur Trassenwahl bzw. Alternativenprüfung dadurch Rechnung zu tragen, dass Fremdbelange bei der Überprüfung allenfalls insoweit in die Betrachtung einbezogen werden können, als sie zu eigenen Belangen in einer erkennbaren Wechselbeziehung stehen (OVG Lüneburg, B.v. 9.3.2011 - 13 LA 108/10 - juris Rn. 9; vgl. auch: VGH BW, U.v. 17.7.2003 - 5 S 723/02 - juris Rn. 61; a.A.: SächsOVG, B.v. 15.12.2005 - 5 BS 300/05 - juris Rn. 10).
b) Aufgrund des streitgegenständlichen Bescheids ist jedenfalls in Bezug auf die von der Klägerseite zur Prüfung zu stellenden Belange von einer schlüssigen und hinreichenden Alternativenprüfung durch den Beklagten auszugehen. Der Beklagte legte gemäß Ziff. 2.7.2 des Bescheids vom ... November 2013 und den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung seiner Alternativenprüfung für den Bauabschnitt ... in zulässiger Weise zunächst die Alternativenprüfung des Raumordnungsverfahrens für das gesamte Projekt des Hochwasserschutzes im unteren ...tal zugrunde, machte sich in ebenso zulässiger Weise die Voruntersuchung durch den Vorhabensträger zu eigen (vgl. Ziff. 2.7.3 des Bescheids), um dann eine hinreichende eigene Abwägung vorzunehmen (vgl. Ziff. 2.7.4 und 2.9.2.5 des Bescheids). Hieran vermögen die Einwände der Klägerseite nichts zu ändern:
(1) Aus der Nichtberücksichtigung eines der Klägerseite bekannt gewordenen Planentwurfs aus dem Jahr 2007, der eine geringere Rückverlegung des Deichs an deren Grundstücksgrenze als die planfestgestellte Variante vorgesehen hätte, lässt sich kein Abwägungsfehler herleiten.
Die Klägerseite hat schon nicht geltend gemacht, dass und welche rechtliche Bedeutung diesem früheren Planentwurf (der dem planfestgestellten Vorhaben zugrunde liegende Antrag des Vorhabensträgers stammt aus dem Oktober 2012) zugekommen sein soll. Unbeschadet dessen hat der Beklagte vorgetragen, dass jene frühere Planung, die wegen eines bei der früher beabsichtigten Bauausführung noch erforderlichen Deichhinterwegs samt Binnenentwässerung einen größeren Abstand zu den Grundstücksgrenzen benötigt hätte, zugunsten einer moderneren technischen Ausführung des Deichs mit einer statisch wirksamen Innendichtung aufgegeben wurde. Die vom Beklagten insoweit benannten und sich aus den Behördenakten ergebenden Vorteile erscheinen schlüssig: So wird - neben einer ökologischen Aufwertung - entsprechend der Bewirtschaftungsziele des § 6 Abs. 1 Nr. 6 WHG sowie entsprechend § 67 Abs. 1, § 68 Abs. 3 Nr. 1, § 77 WHG Retentionsraum, zumal auf leicht verfügbaren Flächen in öffentlicher Hand, maximiert. Für die neue Bauausführung werden ferner bautechnische (vgl. S. 13, 15 des Erläuterungsberichts vom 3.5.2012) und naturschutzfachliche (vgl. S. 12, 14, 17 des Erläuterungsberichts) Vorteile geltend gemacht. Aus dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren (vom 24.10.2012, S. 6 f.) lässt sich folgern, dass er diese Aspekte teilt. Bei alledem ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Klägerseite nicht erkennbar, dass sich der Planfeststellungsbehörde die frühere Planungsvariante hätte „aufdrängen“ müssen.
(2) Ein Abwägungsfehler besteht auch nicht im Hinblick auf den planfestgestellten Neubau des Deichs anstelle einer Sanierung (am bisherigen, mit größerem Abstand zu dem klägerischen Grundstücke verbundenen Standort).
Der Planfeststellungsbehörde musste sich eine Sanierung der Bestandsdeiche nicht „aufdrängen“ im vorgenannten Sinn. Im Erläuterungsbericht (vom 3.5.2012, S. 12) wird festgestellt, die notwendige Komplettsanierung des Deichs auf der bestehenden Trasse unterscheide sich in Bezug auf die Bauzeit und Baukosten nicht wesentlich von einem Neubau auf zurückverlegter Deichlinie. Nach dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren (vom 24.10.2012, S. 3) wurde der Zustand des vorhandenen Deichs untersucht und u. a. festgestellt, dass die Lagerungsdichte „großteils im lockeren bis mitteldichten Bereich“ liege, abschnittsweise „auch sehr lockere Schichten angetroffen worden“ seien. Dieser Befund wird bestätigt durch die Darstellung der Vertreter des WWA in der mündlichen Verhandlung, wonach der Bestandsdeich nach dem Hochwasser im Juni 2013 vom WWA erneut untersucht wurde. Der Deich ist danach als nicht mehr standfest einzuschätzen.
Auch im Hinblick darauf, dass in anderen Bauabschnitten des Hochwasserschutzes für das untere ...tal Deichsanierungen vorgenommen wurden, ist kein Abwägungsfehler erkennbar. Nach Auskunft der Vertreter des WWA ... in der mündlichen Verhandlung betraf dies 7 von 40 Bauabschnitten, bei denen die Bestandsdeiche ausreichend hoch und breit für eine Sanierung waren.
(3) Auch mit dem Argument, die Deichrückverlegung im Bereich des streitgegenständlichen Bauabschnitts bewirke nur eine unwesentliche Vergrößerung des Retentionsraums, kann die Abwägungsfehlerhaftigkeit der Planfeststellung nicht begründet werden.
Zunächst wurde die klägerische Behauptung einer nur unwesentlichen Vergrößerung des Retentionsraums durch die Deichrückverlegung von der Klägerseite nicht im Einzelnen substantiiert. Auch erscheint durchaus fraglich, ob sich hinsichtlich dieses Einwands die gerichtliche Abwägungskontrolle noch auf eigene Belange der nur mittelbar planbetroffenen Klägerseite beschränken würde (vgl. oben IV. 1., 2. a)). Letztlich braucht dies nicht weiter vertieft zu werden: Die Planfeststellungsbehörde hat bei ihrer Entscheidung abwägungsfehlerfrei das Planungsziel des Vorhabensträgers für das gesamten Hochwasserschutzkonzept im unteren ...tal zugrunde gelegt. Es beinhaltet, so weit wie mit vertretbarem Aufwand möglich und erst recht dort, wo unbebaute Grundstücke der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, Retentionsraum durch Deichrückverlegungen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zu maximieren (vgl. bereits oben IV. 2. b) (1)). Die Vertreter des WWA ... erläuterten dies im Einzelnen überzeugend in der mündlichen Verhandlung. Dieses legitime und nur bei einer konsequenten Umsetzung in allen Bauabschnitten effektiv durchsetzbare planerische Ziel würde konterkariert, würde man einzelnen Anwohnern eine Berufung darauf ermöglichen, dass allein der Retentionsraumgewinn aus der Deichrückverlegung im Bereich ihres Grundstücks oder auch ihres Bauabschnitts für den gesamten Hochwasserschutz ohne wesentliche Auswirkung bliebe.
(4) Die Abwägungsfehlerhaftigkeit der Planfeststellung lässt sich auch nicht aus der Erwägung herleiten, es sei unzureichend überprüft worden, ob anstelle einer Deichrückverlegung im streitgegenständlichen Bauabschnitt ein weiteres Hochwasserrückhaltebecken errichtet oder die Kapazität des geplanten HRB ... erhöht werden könnte.
Wie bereits eingangs dargelegt (vgl. oben IV. 2. b)), erachtet das Gericht die Alternativenprüfung der Planfeststellungsbehörde auf der Basis der Prüfungen im Raumordnungsverfahren als schlüssig und rechtlich hinreichend. Auch liegt auf der Hand, dass sich die Errichtung eines (weiteren) Hochwasserrückhaltebeckens oder Flutpolders in planerischer und finanzieller Hinsicht erheblich schwieriger und aufwändiger gestaltet als die Maximierung flussbegleitenden Retentionsraums, zumal auf Grundstücken der öffentlichen Hand. Hinsichtlich der Überlegung einer Erweiterung des geplanten HRB ... „nur“ zur Vermeidung der Deichrückverlegung im Bauabschnitt ... gilt das zur Frage der Unwesentlichkeit des Retentionsraumgewinns Ausgeführte (oben IV. 2. b) (3)) entsprechend. Ein sich „Aufdrängen“ der von Klägerseite angedachten Alternative ist deshalb auszuschließen.
(5) Anhaltspunkte für eine Abwägungsfehlerhaftigkeit der Entscheidung des Beklagten ergeben sich auch nicht aus den von Klägerseite behaupteten Widersprüchen zwischen der Planung des HRB ... und der streitgegenständlichen Planung. Dieser Widerspruch wird darin gesehen, dass die Notwendigkeit des HRB ... u. a. mit dem Ausgleich des in Folge des Linienausbaus verloren gegangenen Retentionsraums begründet werde, die Deichrückverlegung im streitgegenständlichen Bauabschnitt jedoch gerade mit der Maximierung von Retentionsraum begründet werde. Auch wird kritisiert, warum zulasten der Klägerseite Retentionsraum geschaffen werde, um damit unbesiedelte Flächen vor Hochwasser zu schützen.
Auch insoweit erscheint erneut bereits fraglich, ob sich hinsichtlich dieses Einwands die gerichtliche Abwägungskontrolle noch auf eigene Belange der nur mittelbar planbetroffenen Klägerseite beschränkt (vgl. oben IV. 1., 2. a)). Dessen unbeschadet haben die Vertreter des WWA ... in der mündlichen Verhandlung schlüssig und überzeugend dargelegt, dass und warum durch das HRB ... Retentionsraum geschaffen wird, der den Retentionsraum ersetzen soll, der durch die Gesamtmaßnahmen für den Hochwasserschutz des unteren ...tals verloren geht, wobei es nicht Ziel dieser Maßnahmen sei, in dem ohnehin relativ dicht und flussnah bebauten Gebiet landwirtschaftliche Flächen vor Hochwasser zu schützen. Ein Widerspruch der geplanten Einzelmaßnahmen innerhalb des gesamten Hochwasserschutzkonzepts ist deshalb nicht zu erkennen, geschweige denn, dass sich der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung hätte „aufdrängen“ müssen, deshalb auf die Maximierung des Retentionsraums im streitgegenständlichen Bauabschnitt zu verzichten.
(6) Soweit die Klägerseite vermutet, die Abwägungsentscheidung sei in Bezug auf die Deichrückverlegung zu ihren Lasten von Überlegungen beeinflusst worden (und deshalb rechtsfehlerhaft), den Bau einer weiteren ...brücke zu ermöglichen oder jedenfalls einfacher oder kostengünstiger zu verwirklichen, verhilft auch dies der Klage nicht zum Erfolg.
Der Vortrag der Klägerseite erscheint aufgrund der konkreten örtlichen und tatsächlichen Verhältnisse bereits dahingehend nicht schlüssig, weshalb der im Bereich des klägerischen Grundstücks gewählte zurückversetzte Deichneubau konkrete Vorteile für die Verwirklichung einer weiteren ...brücke am hierfür vorgesehenen, ca. 600 m entfernten Standort haben sollte. Auch kann ausgeschlossen werden, dass eine mögliche Verringerung des Kompensationsflächenbedarfs zugunsten des Markts ... in Folge der „Doppelnutzung“ der relativ geringen Aufstandsfläche des Deiches auch für die Straßentrasse die Planfeststellungsbehörde zu einer bestimmten Planung bewogen haben könnte. Im Übrigen erscheint die vorgenommene Abstimmung zwischen den Vorhabensträgern nicht nur unbedenklich, sondern sinnvoll, nachdem keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Deichausführung planfestgestellt worden wäre, die über die alleinigen Erfordernisse des Hochwasserschutzes hinausginge. Insoweit lässt sich u. a. dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren (vom 24.10.2012, S. 4) entnehmen, dass der Deichneubau auch im Bereich der geplanten Brücke nur im Regequerschnitt erstellt und erst im Zuge möglicher Brückenbauarbeiten verstärkt und erhöht wird. Auch bestätigte der Beklagte, dass beide Vorhaben unabhängig voneinander verwirklicht werden könnten.
(7) Zu dem Argument, die Deichrückverlegung sei nur zulasten derjenigen Grundstücke abwägungsfehlerfrei gerechtfertigt, die auch bei einem HQ100 konkret betroffen wären, ist auf die Ausführungen der Vertreter des WWA ... in der mündlichen Verhandlung zu verweisen, wonach auch das klägerische Grundstück ohne einen Deich wahrscheinlich schon bei einem HQ50, jedenfalls aber bei einem HQ100 unter Wasser stünde und die Bestandsdeiche die erforderliche Standsicherheit nicht mehr aufweisen. Im Übrigen belegt nicht zuletzt § 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 WHG, dass die Klägerseite im Zweifel nachteilige Wirkungen selbst dann hinnehmen muss, wenn „nur“ Gründe des Wohls der Allgemeinheit und kein konkreter eigener Vorteil die Maßnahme rechtfertigen.
3. Auch die Abwägung der widerstreitenden Belange im Übrigen durch die Planfeststellungsbehörde ist durch das Gericht, jedenfalls soweit die Klägerseite dies rügen kann, nicht zu beanstanden.
a) Abwägungsfehler im Hinblick auf die durch die konkret gewählte Positionierung des Deichs befürchteten Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung in Folge der Verletzung von Grenzabständen liegen nicht vor. Wie bereits ausgeführt (vgl. oben III. 2.), ist mit dem planfeststellten Deichneubau keine gebäudegleiche Wirkung zulasten des klägerischen Grundstücks, geschweige denn ein „erdrückender“ oder „einmauernder“ Effekt verbunden. Die Zurückweisung der diesbezüglichen Einwendungen (Ziff. 2.9.2.3 des streitgegenständlichen Bescheids) ist deshalb nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde ist bei ihrer Abwägungsentscheidung (vgl. Ziff. 2.10 des Bescheids) dennoch davon ausgegangen, dass die Verlegung des Deichs an die Grenze zu den Nachbargrundstücken für die betroffenen Anlieger „eine zum Teil erhebliche Belastung darstellt“. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen seien jedoch zur Gewährleistung eines wirksamen und den wasserwirtschaftlichen Vorgaben gerecht werdenden Hochwasserschutzes im Bereich ... des Markts ... erforderlich. Dem Interesse der Allgemeinheit komme insoweit ein höheres Gewicht zu als den Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer an einer „uneingeschränkten“ Nutzung ihrer Grundstücke. Diese Abwägung, in der die Belange der Klägerseite nach Auffassung der Kammer insoweit eher über- als untergewichtet werden, ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
b) Gleiches gilt auch im Hinblick auf die befürchteten Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung durch Einsehbarkeit seitens Passanten auf dem Deichkronenweg, im Hinblick auf die befürchtete Minderung der Wohn- und Lebensqualität sowie des Grundstückswerts sowie im Hinblick auf befürchtete Lärmbelästigungen durch Passanten.
Nachdem der streitgegenständliche Bescheid die Nutzung des Deichkronenwegs durch die Öffentlichkeit nicht regelt (vgl. oben III. 3. a)), steht an sich bereits die Abwägungsrelevanz dieses Belangs in Frage (vgl. auch BVerwG, B.v. 22.8.2000 - 4 BN 38/00 - juris Rn. 10). Aufgrund der Ausführungen der Planfeststellungsbehörde (in Ziff. 2.9.2.1, 2.9.2.2, 2.10 des Bescheids vom ...11.2013) ist jedoch davon auszugehen, dass das Landratsamt ohnehin die klägerseits hierdurch ausgelösten Befürchtungen, bei denen es sich (wie dargelegt, vgl. oben III. 3. a) und b), um geringfügige Beeinträchtigungen handelt, berücksichtigt und auch hier eher über- als untergewichtet abgewogen hat (vgl. aus der baurechtlichen Rechtsprechung auch: OVG Lüneburg, U.v. 22.6.2011 - 1 KN 252/08 - juris Rn. 42, wonach die Einsichtnahmemöglichkeit in ein Grundstück nur in seltenen Fällen einen abwägungserheblichen Belang darstellt; BayVGH, B.v. 30.11.2006 - 14 CS 06.3015 - juris Rn. 9, wonach Nachbarn grundsätzlich rechtlich nicht gegen Einblickmöglichkeiten von den angrenzenden Grundstücken aus geschützt sind). Ein Rechtsfehler liegt auch insoweit nicht vor.
c) Abwägungsfehler im Hinblick auf eine befürchtete Veränderung der Grundwasserverhältnisse, die Niederschlagsabführung, die verstärkte Wetterexposition des Wohngebäudes, Erschütterungsschäden oder eine Beschädigung des Gartenbewuchses des klägerischen Grundstücks durch die konkret gewählte Positionierung des Deichneubaus liegen nicht vor.
Nach den schlüssigen und überzeugenden Erläuterungen der Vertreter des WWA ... in der mündlichen Verhandlung werden sich die Grundwasserverhältnisse durch den Neubau des planfestgestellten Deichs weder verbessern noch verschlechtern. Sie bestätigten insoweit die Darstellung des Vorhabensträgers im Erläuterungsbericht (vom 3.5.2012, S. 15) und das Gutachten des amtlichen Sachverständigen (vom 24.10.2012, S. 6 unten). Einer Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde bedurfte es insoweit nicht. Gleiches gilt für den Aspekt der Ableitung des Niederschlagswassers im Bereich des neu errichteten Deichs, wobei den plausiblen Darlegungen der Vertreter des WWA, dass eine Versickerung auf dem Deichgrundstück möglich ist, nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Bei den übrigen Befürchtungen der Klägerseite fehlt es an ernsthaften Anhaltspunkten für ihre Berechtigung. Im Übrigen handelt es sich um Belange, denen ggf. nach § 70 Abs. 1 WHG i. V. m. § 14 Abs. 6 WHG Rechnung getragen werden könnte (vgl. Ziff. II. 7 des Bescheids).
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).
(1) Für die Planfeststellung und die Plangenehmigung gelten § 13 Absatz 1 und § 14 Absatz 3 bis 6 entsprechend; im Übrigen gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Für die Erteilung von Planfeststellungen und Plangenehmigungen im Zusammenhang mit der Errichtung, dem Betrieb und der Modernisierung von Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, ausgenommen Pumpspeicherkraftwerke, gilt § 11a Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 bis 5 entsprechend; die §§ 71a bis 71e des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind anzuwenden.
(2) Das Planfeststellungsverfahren für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, muss den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen.
(3) Erstreckt sich ein beabsichtigter Ausbau auf ein Gewässer, das der Verwaltung mehrerer Länder untersteht, und ist ein Einvernehmen über den Ausbauplan nicht zu erreichen, so soll die Bundesregierung auf Antrag eines beteiligten Landes zwischen den Ländern vermitteln.
(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.
(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.
(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.
(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn die Gewässerbenutzung
- 1.
dem Benutzer ohne eine gesicherte Rechtsstellung nicht zugemutet werden kann, - 2.
einem bestimmten Zweck dient, der nach einem bestimmten Plan verfolgt wird, und - 3.
keine Benutzung im Sinne des § 9 Absatz 1 Nummer 4 und Absatz 2 Nummer 2 bis 4 ist, ausgenommen das Wiedereinleiten von nicht nachteilig verändertem Triebwasser bei Ausleitungskraftwerken.
(2) Die Bewilligung wird für eine bestimmte angemessene Frist erteilt, die in besonderen Fällen 30 Jahre überschreiten darf.
(3) Ist zu erwarten, dass die Gewässerbenutzung auf das Recht eines Dritten nachteilig einwirkt und erhebt dieser Einwendungen, so darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen werden. Ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl erteilt werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. In den Fällen des Satzes 2 ist der Betroffene zu entschädigen.
(4) Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend, wenn ein Dritter ohne Beeinträchtigung eines Rechts nachteilige Wirkungen dadurch zu erwarten hat, dass
- 1.
der Wasserabfluss, der Wasserstand oder die Wasserbeschaffenheit verändert, - 2.
die bisherige Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigt, - 3.
seiner Wassergewinnungsanlage Wasser entzogen oder - 4.
die ihm obliegende Gewässerunterhaltung erschwert
(5) Hat der Betroffene nach Absatz 3 oder Absatz 4 gegen die Erteilung der Bewilligung Einwendungen erhoben und lässt sich zur Zeit der Entscheidung nicht feststellen, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen eintreten werden, so ist die Entscheidung über die deswegen festzusetzenden Inhalts- oder Nebenbestimmungen und Entschädigungen einem späteren Verfahren vorzubehalten.
(6) Konnte der Betroffene nach Absatz 3 oder Absatz 4 nachteilige Wirkungen bis zum Ablauf der Frist zur Geltendmachung von Einwendungen nicht voraussehen, so kann er verlangen, dass dem Gewässerbenutzer nachträglich Inhalts- oder Nebenbestimmungen auferlegt werden. Können die nachteiligen Wirkungen durch nachträgliche Inhalts- oder Nebenbestimmungen nicht vermieden oder ausgeglichen werden, so ist der Betroffene im Sinne des Absatzes 3 zu entschädigen. Der Antrag ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen der Bewilligung Kenntnis erhalten hat; er ist ausgeschlossen, wenn nach der Herstellung des der Bewilligung entsprechenden Zustands 30 Jahre vergangen sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.