Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 07. Dez. 2009 - DL 13 K 598/09

bei uns veröffentlicht am07.12.2009

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine vorläufige Dienstenthebung.
Der am xxx geborene Kläger wurde am xxx1996 in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg eingestellt und zum Studienassessor ernannt. Am xxx1998 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Seit xxx1999 ist er am X-Gymnasium in X als Lehrer für Mathematik, Biologie und Chemie tätig. Mit Wirkung zum xxx2002 wurde er zum Studienrat ernannt. Am xxx2004 wurde er zum Fachberater in der Schulaufsicht für das Fach Chemie mit besonderem Schwerpunkt in der Begabtenförderung bestellt. Seine Ernennung zum Oberstudienrat erfolgte mit Wirkung zum xxx2004, seine Beförderung zum Studiendirektor mit Wirkung zum xxx2006. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung wurde als Gesamturteil die Note „sehr gut“ vergeben.
Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von xxx und xxx Jahren. Disziplinarrechtlich ist er bislang nicht in Erscheinung getreten.
Mit Verfügung vom 10.02.2009 leitete das Regierungspräsidium Karlsruhe das Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein, enthob ihn vorläufig des Dienstes und ordnete die sofortige Vollziehung der vorläufigen Dienstenthebung an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger entgegen einer ausdrücklichen Weisung des Schulleiters des X-Gymnasiums Schülerinnen wegen des Ankaufs gebrauchter Schuhe angesprochen habe. Er habe des Weiteren minderjährige und volljährige Schülerinnen zum Teil in anzüglichen Posen in der Schule fotografiert und in Räumen der Schule Videoclips hergestellt sowie diese auf Fetisch-Seiten in das Internet eingestellt. Die Vorwürfe seien einem Teil der Lehrer- und Elternschaft bekannt geworden. Gemäß § 22 LDG sei eine vorläufige Dienstenthebung mit sofortiger Wirkung geboten, da das Dienstvergehen nach Art und Ausmaß geeignet sei, die Entfernung aus dem Dienst nach sich zu ziehen. Die Verfehlungen beträfen den Kernbereich seiner Pflicht, die ihm zur fachlichen und sittlichen Erziehung anvertrauten Schüler vor schädlichen Einflüssen zu bewahren und dabei Vorbild zu sein. Aufgrund des eingetretenen Vertrauensverlustes könne eine weitere Amtsausübung nicht mehr verantwortet werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergehe im öffentlichen Interesse daran, dass möglichst unverzüglich an der Schule ein Mindestmaß an Ruhe einkehren könne, um den Schülern den erfolgreichen Besuch der Schule, insbesondere das erfolgreiche Abschneiden bei den anstehenden Abiturprüfungen zu ermöglichen. Die Verfügung wurde dem Kläger am 19.02.2009 zugestellt.
Der Kläger wurde am 20.03.2009 angehört. Er gab an, dass er leidenschaftlich gerne fotografiere, aber kein Hobbyfilmer sei. Seine Frau betreibe seit über zehn Jahren einen Internethandel mit gebrauchten Schuhen, der am Anfang nicht sehr gut gelaufen und erst langsam gewachsen sei. Er habe auf das Geschäft seiner Frau zu keinem Zeitpunkt Einfluss genommen und auf die unter „www.xxx.net“ betriebene Web-Seite seiner Frau auch nie mehr als nur einen Blick geworfen. Von Seiten seiner Frau habe auch keine Verlinkung zu der Internetseite „www.xxx.com“ bestanden. Er hätte auch bei sorgfältiger Recherche die Verlinkung zwischen den beiden Seiten nicht erkennen können. Ihm sei bekannt gewesen, dass Frau X auch eine Internetseite betreibe und dass sie damit ihren Unterhalt verdiene. Die Seite von Frau X habe er sich nie angeschaut, da er dazu keine Zeit gehabt habe. Er räume ein, dass sich die Internetseiten von Frau X und seiner Frau äußerlich ähnlich seien. Beide Frauen seien befreundet und hätten das gleiche Tool verwendet. Hinsichtlich des Schuhankaufs von Schülerinnen des X-Gymnasiums habe er zu keinem Zeitpunkt die Initiative ergriffen. In der Regel hätten die Schülerinnen gefragt, ob seine Frau die Schuhe nicht abkaufen würde. Er habe die getragenen Schuhe seiner Frau gebracht und diese habe entschieden, wie viel sie zu zahlen bereit sei. Er habe lediglich vermittelt. Die Schülerinnen hätten dann unterschrieben, dass sie die Schuhe verkauft und welchen Betrag sie dafür bekommen hätten. Bei minderjährigen Schülern hätten deren Eltern unterschrieben. Das Einverständnis habe sich auch darauf bezogen, dass die Fotos der Mädchen im Internet veröffentlicht würden. Die Fotos der Mädchen habe er teils in, teils auch außerhalb der Schule aufgenommen. Er habe auch berücksichtigt, wenn die Mädchen nur ihre beschuhten Füße auf den Fotos hätten abgebildet haben wollen. Im vierten Quartal des Jahres 2008 habe seine Frau eine Sammelbestellung gemacht, bei der auch das Sekretariat des Gymnasiums Schuhe bestellt habe. Für ein Paar übrig gebliebener Schuhe habe er einen Aushang in der Schule angebracht. Nach einiger Zeit habe er diesen Aushang mit dem vom Schulleiter versehenen Vermerk „b. R.“ in seinem Fach vorgefunden. Der Schulleiter habe ihm mitgeteilt, dass er Verkaufsaktivitäten von Lehrkräften in seiner Schule nicht gutheiße. Seine Frage, ob die Angelegenheit damit erledigt sei, habe der Schulleiter mit einem Schmunzeln bejaht. Zu den Videoclips wolle er sagen, dass er nach seiner Erinnerung drei oder vier Filme mit der Schülerin A gedreht habe. A habe den Kontext, in dem die Filme erschienen seien, gekannt und auch gewusst, dass sie im Internet zum Verkauf angeboten würden. Sie habe dringend Geld gebraucht und gesagt, dass es ihr egal sei, wer den Mist anschaue. Die Filme habe er an Frau X weitergegeben, die den Schnitt vorgenommen habe. Er habe pro Film 15 EUR erhalten und diesen Betrag der Schülerin weitergegeben. Darüber hinaus habe er auch mit den Schülerinnen B und C, deren Nachnamen er nicht mehr kenne, einen Film gedreht, in dem diese gemeinsam mitgewirkt hätten. Seinem Eindruck nach sei es ihnen nicht um das Geld gegangen, sondern sie hätten sich einen Spaß aus der Sache gemacht. Bei den Dreharbeiten habe er sich damals keine Gedanken gemacht. Heute bereue er es sehr und sehe dies als Fehler an.
Der Kläger hat am 11.03.2009 Klage erhoben.
Er beantragt,
Ziff. 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.02.2009 aufzuheben.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass das Regierungspräsidium nicht in einer nachvollziehbaren Subsumtion überprüft habe, ob er tatsächlich seine Pflicht verletzt habe, die ihm zur fachlichen und sittlichen Erziehung anvertrauten Schülerinnen und Schüler vor schädigenden Einflüssen zu bewahren und dabei Vorbild zu sein. Es sei nicht ermittelt worden, wer tatsächlich der Betreiber der Seite „xxx.com“ sei, obwohl dies ein Leichtes gewesen wäre. Es hätte sich dann herausgestellt, dass nicht er der Seitenbetreiber sei. Zwar hätten sich Fotos seiner Schülerinnen auf der Webseite seiner Ehefrau befunden. Auf dieser Webseite habe sich zu keiner Zeit ein Link auf die fetischbezogene Webseite von Frau X befunden. Dass Frau X auf ihrer Webseite einen Link auf die Seite seiner Frau gesetzt habe, habe er erst aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums bemerkt, als er die Webseiten sofort überprüft habe. Auf der Eingangsseite der Webseite seiner Ehefrau distanziere diese sich ausdrücklich von allem, was mit Fetisch zu tun habe. Er räume ein, dass die Fertigung von Videoclips seiner Schülerinnen ein Fehler gewesen sei. Sein Verhalten sei insoweit nicht in Ordnung gewesen, doch rechtfertige der vorgefallene Sachverhalt keine Suspendierung. Es treffe zu, dass er Videoclips mit den vier Schülerinnen A, D, B und C gefertigt habe. Mit der Schülerin A, die zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Clips volljährig und mit der Aufnahme einverstanden gewesen sei, habe er drei bis vier Videoclips gedreht. Die Schülerin sei vollständig und normal bekleidet gewesen und habe während keiner der Clips eine anzügliche Pose eingenommen. Sie habe sich auf diese Weise etwas Geld verdienen wollen. Entsprechendes gelte für die mit den anderen Schülerinnen gefertigten Clips. Allen Schülerinnen sei aufgrund des Vorgesprächs und des Erhalts eines Geldbetrages von jeweils 15 EUR bewusst gewesen, dass die Clips ins Internet gestellt würden. Das Geld habe er von Frau X erhalten. Ihm seien dann Bedenken gekommen und er habe Frau X gebeten, die Clips nicht ins Netz zu stellen. Die Zeuginnen versuchten jetzt im Nachhinein den Sachverhalt so darzustellen, als ob sie nicht gewusst hätten, worum es gegangen sei. Die Clips stünden nur im allerweitesten Sinne im Zusammenhang mit einem sexuellen Inhalt. Die Dreharbeiten seien zudem mit Wissen und Wollen der betreffenden Schülerinnen und ohne jede Nötigungskomponente erfolgt. Er habe den betroffenen Schülerinnen jedenfalls vermittelt, dass das vereinbarte Verhalten von ihm nicht akzeptiert werde. Im Ergebnis sei allenfalls die Pflichtverletzung zu bejahen, den Schülerinnen nicht vermittelt zu haben, dass sich unter den Clipbetrachtern auch möglicherweise sexuelle gestörte, behandlungsbedürftige Personen befänden. Dies sei aber nicht ausreichend, um seine voraussichtliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu begründen. Vorliegend sei es zu keinerlei sexuellem Kontakt zwischen ihm und seinen Schülerinnen gekommen. Auch aus der Sicht des Durchschnittsbürgers ergäben die gefilmten Handlungen keinerlei sexuelle Konnotation. Der fetischistische Einschlag der Clips führe dazu, dass keine Handlungen mit anderen Personen vorgenommen worden seien. Im Übrigen habe selbst der vernehmende Polizeibeamte der Zeugin A nicht geglaubt, da er in einem von ihm gefertigten Vermerk die persönliche Glaubwürdigkeit dieser Zeugin anzweifle. Die vom Beklagten ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe träfen so auch nicht zu. Er sei zu keinem Zeitpunkt vom Schulleiter angewiesen worden, Schülerinnen nicht mehr auf den Ankauf gebrauchter Schuhe anzusprechen, sondern ihm sei lediglich bedeutet worden, dass er als Lehrer keinen Verkaufsaushang am schwarzen Brett der Schule anbringen solle. Da die gewerbliche Tätigkeit seiner Frau am Gymnasium bekannt gewesen sei, sei die Kontaktaufnahme hinsichtlich des Schuhankauf gebrauchter Schuhe bzw. des Kaufs günstiger Neuschuhe in aller Regel von den Schülerinnen ausgegangen. Er könne jedoch nicht ausschließen, in wenigen Einzelfällen Schülerinnen auch selbst auf den Verkauf gebrauchter Schuhe angesprochen zu haben. Er habe bei der Entgegennahme der gebrauchten Schuhe jeweils ein Foto der Schülerin in den betreffenden Schuhen gefertigt, welches dann mit vorherigem schriftlichen Einverständnis der Schülerin oder deren Erziehungsberechtigten ins Netz gestellt worden sei. Über dieses seit mehreren Jahren praktizierte Vorgehen habe er sich bis zum Eintreffen der Verfügung des Beklagten keine Gedanken gemacht. An dem von seiner Frau unter der Domain „www.xxx.net“ betriebenen Internetschuhhandel mit gebrauchten Schuhen sei er weder rechtlich noch wirtschaftlich beteiligt. Frau X, eine alte Bekannte seiner Ehefrau, betreibe unter ihrer Alias-Identität E die Webseite „www.xxx.com“. Dabei handele es sich um eine sogenannte „Fetisch-Seite“, die sich an Personen richte, deren sexuelles Verlangen objektbezogen sei. Die Trägerinnen der Schuhe auf der Webseite seiner Frau seien zu keiner Zeit in besonders aufreizender Kleidung oder gar erotischen Posen abgebildet worden. Für die Verwendung der Fotos auf der Internetseite habe er regelmäßig zuvor Einwilligungserklärungen eingeholt. Wenn die Einwilligungserklärungen in einer Vielzahl von Fällen gemessen an den hierfür geltenden strengen juristischen Maßstäben nicht ausreichend gewesen sein sollten, so sei ihm diese rechtliche Würdigung nicht bekannt gewesen. Es treffe auch nicht zu, dass er sich selbst unter der Internet-Adresse www.model-x.de ins Internet gestellt hätte. Er habe versucht, diese Internet-Darstellung, die nicht mehr existiere, aufzufinden. Zwar stelle sich ein „K“ als Fotograf vor und habe als Genre „Fetisch“ angekreuzt. Eine Verweisung auf www.xxx.com habe die Darstellung jedoch nicht enthalten. Es seien auch nicht die Schülerinnen zum Objekt extremer, ggf. auch krankhafter sexueller Vorstellungen und Wünsche anonymer Internetnutzer herabgewürdigt worden, sondern lediglich ihre Schuhe. Er habe im Übrigen für seine Dreharbeiten keinen Cent bekommen. Schülerinnen hätten zu seinen Gunsten unter www.xyz.com eine Petition eingereicht, um seine Suspendierung zu verhindern.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
12 
Nach dem bisherigen Erkenntnisstand habe der Kläger eine Vielzahl der von ihm gefertigten Bilder von Schülerinnen des X-Gymnasiums auf Internetseiten mit fetischbezogenem Inhalt gestellt. Die Schülerinnen hätten nicht gewusst, dass ihre getragenen Schuhe auf derartigen Seiten angeboten und auch Fotos von ihnen auf diesen Seiten veröffentlicht worden seien. Die von den Schülerinnen gefertigten Videoclips seien unter der Kategorie „female domination“ ins Internet eingestellt worden und über die Seite „www.xxx.com“ käuflich zu erwerben gewesen. Den Schülerinnen sei nicht bekannt gewesen, dass die von ihnen getragenen Schuhe im Fetischhandel verkauft worden seien. Es sei nach dem Stand der Ermittlungen auch davon auszugehen, dass es sich bei dem Beamten um den unter der Internetadresse „www.model-x.de/xxx“ in Erscheinung getretenen Fotografen K handele. Dieser gebe an, Models für Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch zu suchen und seit ca. 5 Jahren in diesem Bereich zu arbeiten. Er verweise außerdem auf die Seite „www.xxx.com“. Dies lege den Schluss nahe, dass der Kläger die Inhalte der Seite „www.xxx.com“ nicht nur gekannt, sondern auch bewusst und gewollt Beiträge zu den Inhalten dieser Seite geleistet habe. Die Schülerin A habe außerdem angegeben, dass sie bei einem im Haus des Klägers gedrehten Video laut Skript auf den nackten Oberkörper des Lehrers habe stehen müssen, was ihr unangenehm gewesen sei. Sie habe darauf vertraut, dass auf dem Video nur ihre Beine zu sehen seien und dass das Video - wie vom Beamten behauptet - für eine Privatperson zu Rachezwecken bestimmt gewesen sei. Es bestehe deshalb der Verdacht eines Dienstvergehens im Sinne des § 95 Abs. 1 LBG i. V. m. § 73 Abs. 1 S. 3 LBG, §§ 1 Abs. 2 S. 2, 38 Abs. 6 SchG. Der Beamte habe die Kernpflichten eines Lehrers verletzt. Dadurch, dass den Schülerinnen nicht offengelegt worden sei, dass die von ihnen gefertigten Fotografien mit Wissen des Beamten im Internet auf Fetischseiten mit SM-Bezug veröffentlicht worden seien, habe der Beamte das ihm in seiner Funktion als Lehrer der Schule entgegengebrachte Vertrauen missbraucht. Selbst wenn der betroffenen Schülerin der sexuelle Bezug ihrer Handlungsweise bewusst gewesen sein sollte, hätte ein pflichtbewusst handelnder Pädagoge die Herstellung von Videoclips mit SM-Bezügen mit einer Schülerin in den Räumen der Schule unterlassen müssen. Er habe die mangelnde Reife der Schülerinnen ausgenutzt, um diese zur Mitarbeit an den Videoclips zu bestimmen. Es lägen damit Pflichtverletzungen im sexuellen Bereich vor. Der Schulleiter habe mitgeteilt, dass die Reaktionen der Schülerinnen von starker Betroffenheit, Aufgewühltheit über Ekel bis hin zur Befürchtung von Repressalien reichten. In einer Sondersitzung des Elternbeirats vom 13.02.2009 sei zum Ausdruck gekommen, welch tiefe Verletzungen durch das Verhalten des Beamten entstanden seien.
13 
Mit Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 18.03.2009 ist die Durchsuchung der Person, der Wohnräume mit Nebenräumen, der Fahrzeuge sowie der Sachen des Klägers angeordnet worden. Die Durchsuchung hat am 24.03.2009 stattgefunden. Die Beamten haben u. a. eine blaue Kunststoffmappe mit Schriftstücken über Rücknahmepreise und Rücknahmeprotokolle von Schuhen der Firma X GmbH, München, vorgefunden und beschlagnahmt. Die Firma X GmbH hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass es sich dabei um Fälschungen handelt. Rücknahmeprotokolle in dieser oder ähnlicher Art seien in ihrem Haus unbekannt und nie benutzt worden. 
14 
Der Beklagte hat die Verfügung vom 10.02.2009 am 31.03.2009 dahingehend ergänzt, dass die vorläufige Dienstenthebung, die auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG gestützt werde, ermessensgerecht sei. Die Pflichtverletzung des Klägers im Kernbereich der Dienstpflichten eines Lehrers sei so schwerwiegend, dass der Dienstherr zum Schutz der der Schule anvertrauten Schülerinnen und zum Schutz des Ansehens der öffentlichen Verwaltung die vorläufige Dienstenthebung habe aussprechen dürfen und müssen.
15 
Der Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen Nr. 2 der Verfügung des Beklagten vom 10.02.2009 (vorläufige Dienstenthebung) wiederherzustellen, ist mit mittlerweile rechtskräftigem Beschluss der Kammer vom 27.08.2009 - DL 13 K 597/09 - abgelehnt worden.
16 
Die Disziplinarkammer hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Niederschrift vom 07.12.2009 verwiesen.
17 
Die einschlägigen Disziplinar- und Personalakten, die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe sowie die Gerichtsakte im Verfahren DL 13 K 597/09 liegen der Disziplinarkammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Wegen der Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der nachgereichte Schriftsatz des Klägervertreters vom 07.12.2009 mit einer Namensliste von Schülerinnen und Schülern, die unter „www.xyz.com“ zugunsten des Klägers eine Petition ins Internet gestellt haben, gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Denn er enthält nichts, was nicht bereits Inhalt des zuvor Vorgetragenen oder in der mündlichen Verhandlung Erörterten war oder was eine veränderte Beurteilung rechtfertigen könnte.
19 
Die Klage ist zulässig.
20 
Auf das vorliegende Verfahren finden die Regelungen des am 22.10.2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) - LDNOG - Anwendung. Das Landesdisziplinargesetz - LDG - (Artikel 1 des LDNOG) führt nach der gesetzgeberischen Absicht das Disziplinarverfahren in ein Verwaltungsverfahren mit sich ggf. anschließendem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über und beendet damit im Wesentlichen dessen bisherige Bindung an das Strafprozessrecht. Das Disziplinarverfahren soll an das allgemeine beamtenrechtliche Verwaltungsverfahren angeglichen werden (Amtliche Begründung zum LDNOG, LT-Drs. 14/2996, S. 52). Disziplinarrechtliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sollen künftig weitgehend den allgemeinen Regeln des Verwaltungsprozessrechts folgen (vgl. LT-Drs. 14/2996, Begründung zu Art. 15 AGVwGO zu Teil 2, 2. Abschnitt, S. 140 ff.). Die hier streitgegenständliche vorläufige Dienstenthebung gemäß §§ 22 Abs. 1, 23 LDG ist als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG zu qualifizieren; der Rechtsschutz hiergegen richtet sich nach den Vorschriften der VwGO und dem hierzu ergangenen Ausführungsgesetz (AGVwGO) i.d.F. des LDNOG (vgl. LT-Drs. 14/2996, Begründung zu Art. 1 LDNOG § 23 LDG, S. 84, sowie zu Art. 15 AGVwGO Teil 2, 2. Abschnitt, S. 140 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.11.2009 - DL 16 S 1921/09 -, Juris; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, 23. Aktualisierung Juli 2009, § 63 Rn. 20).
21 
Das Begehren des Klägers ist hiernach als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) statthaft und - gemäß § 15 Abs. 2 AGVwGO - ohne Durchführung eines Vorverfahrens auch sonst zulässig.
22 
Die Klage ist indes unbegründet. Ziff. 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.02.2009, wonach der Kläger vorläufig des Dienstes enthoben wird, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
23 
Die vom Schulpräsidenten und Leiter der Abteilung 7 des Regierungspräsidiums Karlsruhe unterschriebene Verfügung vom 10.02.2009 ist von der zuständigen Disziplinarbehörde erlassen worden. Die Disziplinarkammer hat hierzu bereits in ihrem Beschluss vom 27.08.2009 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - DL 13 K 597/09 - Ausführungen gemacht. Hierauf wird verwiesen.
24 
Die vorläufige Dienstenthebung steht auch mit materiellem Recht in Einklang. Rechtsgrundlage der vorläufigen Dienstenthebung ist § 22 Abs. 1 LDG. Danach kann die Disziplinarbehörde den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn er entweder voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder ihm das Ruhegehalt aberkannt wird (Nr. 1) oder wenn anderenfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist (Nr. 2). Im vorliegenden Fall wurde - wie der Beklagte unter dem 31.03.2009 ausdrücklich klargestellt hat - die vorläufige Dienstenthebung auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG gestützt.
25 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG (sog. entfernungsvorbereitende Dienstenthebung, vgl. LTDrucks. 14/2996, S. 81) sind vorliegend erfüllt. Danach muss gegen den Beamten der Verdacht eines Dienstvergehens bestehen, das als disziplinare Ahndung die Verhängung der sogenannten Höchstmaßnahme erfordert. Dies bedeutet, dass bereits ein Sachverhalt festgestellt sein muss, aus dem sich ein Verdacht ergibt, der die individuelle, auf den konkreten Fall bezogene Prognose zulässt, dass der Beamte ein Dienstvergehen begangen hat, das voraussichtlich zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen wird (vgl. auch bereits die Rechtsprechung zu §§ 38 Abs. 1, 63 Abs. 2 BDG: OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 14.11.2007 - 21d B 1024/07.BDG -, DVBl 2008, 128 ff., m. w. N.; Gansen, a. a. O., § 38 BDG Rn. 9; zu § 92 Abs. 1 BDO: BVerwG, Beschl. v. 28.02.2000 - 1 DB 26.99 -, Juris; zu § 89 LDO: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.11.1993 - D 17 S 13/93 -, VBlBW 1994, 209). Die dem Tatbestand des § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG zugeordnete Prognose ist gerichtlicherseits voll nachprüfbar. Erst wenn die Prognose im Sinne einer voraussichtlichen Entfernung aus dem Dienst beantwortet ist, setzt das Ermessen der Behörde ein.
26 
Der Prognosecharakter der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung impliziert, dass die Disziplinarkammer nicht die Überzeugung gewinnen muss, dass der Beamte das Dienstvergehen, das die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit begangen hat. Prognosen sind bereits ihrer Natur nach lediglich Aussagen über die Wahrscheinlichkeit und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Eintritts eines Sachverhalts (vgl. Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 108 Rn. 64). Für die in § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG vorausgesetzte Prognose reicht deshalb ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit aus. Dieser besteht allerdings nicht schon dann, wenn die Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme möglich oder ebenso wahrscheinlich ist wie die einer milderen Disziplinarmaßnahme. Vielmehr ist erforderlich, dass im Disziplinarverfahren gegen einen aktiven Beamten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis muss wahrscheinlicher sein als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung (vgl. zu § 38 Abs. 1 S. 1 BDG: OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 14.11.2007, a. a. O.; Gansen, a. a. O., § 38 Rn. 10; zu § 92 Abs. 1 BDO: vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.1987 - 1 DB 27/87 -, BVerwGE 83, 376, 378; Beschl. v. 28.02.2000 - 1 DB 26.99 -, Juris; zu § 89 LDO: vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.11.1993, a. a. O.).
27 
Ausweislich der Amtlichen Begründung geht der Landesgesetzgeber davon aus, dass die Prognoseentscheidung „auf der Grundlage des Ermittlungsergebnisses zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorläufige Maßnahme“ zu treffen ist (LT-Drs. 14/2996, zu § 23, S. 84). Diese Aussage bedarf im Hinblick auf die gerichtliche Kontrolle der Präzisierung.
28 
Dies gilt zunächst in zeitlicher Hinsicht. Um eine wirksame gerichtliche Kontrolle der Richtigkeit der Prognose sicherzustellen, müssen auch nach Erlass der vorläufigen Dienstenthebung eintretende Änderungen der die Prognosebasis bildenden Umstände Berücksichtigung finden. Für die gerichtliche Überprüfung der vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 22 Abs. 1 LDG durch das Verwaltungsgericht ist deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (dies entspricht der Rechtsprechung zu den im Bundesrecht wie den übrigen Landesdisziplinargesetzen normierten Beschlussverfahren; zu § 126 Abs. 3 WDO vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2002 - 2 WDB 1/02 -, NVwZ-RR 2003, 287 f.; zu §§ 38, 63 Abs. 2 BDG vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.09.2009, - 83 DB 1.09 -, Juris; Ganser, a. a. O., § 63 BDG Rn. 12; Weiß, in: GKÖD, Bd. 2, DiszR, M § 63 Rn. 49; zu §§ 89, 93 LDO v. Alberti/Roskamp/Gayer, LDO, § 93 Rn. 8). 
29 
Auch das Maß der Sachverhaltsaufklärung im Rahmen des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens bedarf der Konkretisierung. Für den Rechtsschutz des Beamten gegen eine vorläufige Dienstenthebung sehen das Bundesdisziplinargesetz und auch die übrigen Disziplinargesetze der Länder ein besonderes Beschlussverfahren vor. Nach dem Bundesrecht, das in zahlreichen Bundesländern für entsprechend anwendbar erklärt wird, kann der Beamte die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beantragen (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 BDG); nach § 63 Abs. 2 BDG ist die vorläufige Dienstenthebung auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Der Untersuchungsgrundsatz ist hier hinsichtlich des Umfangs der Sachverhaltsaufklärung - ähnlich wie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO - grundsätzlich dahingehend eingeschränkt, dass auf der Grundlage einer lediglich summarischen Prüfung des zum Entscheidungszeitpunkt bekannten Sachverhalts entschieden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2009 - 2 AV 4/09 -, Juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.11.2007, a. a. O.; Ganser, a. a. O., § 63 BDG Rn. 11; Weiß, a. a. O., § 63 Rn. 50 ff.; zur bisherigen Rechtslage in Baden-Württemberg auf der Grundlage der §§ 89, 93 LDO vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.08.2004 - DL 17 S 11/04 - m. w. N.).
30 
Demgegenüber enthält das Landesdisziplinargesetz keinen speziellen Rechtsbehelf gegen vorläufige Dienstenthebungen mehr. Richtet sich der Rechtsschutz indes nunmehr nach allgemeinem Verwaltungsprozessrecht, beansprucht im Hauptsacheverfahren der Anfechtungsklage gegen die vorläufige Dienstenthebung, das regelmäßig mit einer mündlichen Verhandlung verbunden ist, der Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich in vollem Umfang Geltung, sodass dort von einer lediglich summarischen - im Sinne einer überschlägigen - Prüfung des dem Beamten zur Last gelegten Sachverhalts nicht mehr die Rede sein kann (vgl. LT-Drs. 14/2996, zu § 23, S. 84; a. A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 03.02.2009 - DL 10 K 2701/08 -).
31 
Allerdings hält die Kammer die in der Amtlichen Begründung der Sache nach postulierte Beschränkung der Entscheidungsgrundlage auf die aktuell vorliegenden Erkenntnisse und Beweismittel (LT-Drs. 14/2996, zu § 23 S. 84) und die damit einhergehende Modifikation des Untersuchungsgrundsatzes auch im Hauptsacheverfahren im Kern für sachgerecht. Dies gilt vor allem mit Blick auf das systematische Verhältnis des - der Disziplinarverfügung vorgelagerten (vgl. LT-Drs. 14/2996, zu Teil 3, 3. Abschnitt, S. 79 f.) - Verfahrens der vorläufigen Dienstenthebung nach § 22 LDG zu dem Verfahren der (endgültigen) Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 LDG. Das Landesdisziplinargesetz sieht vor Erlass der Disziplinarverfügung, also auch vor Erlass der Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, ein Ermittlungsverfahren vor, in dem die zuständige Disziplinarbehörde verpflichtet ist, eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. § 12 LDG). § 15 Abs. 1 LDG begründet dabei ausdrücklich eine Pflicht zur Beweiserhebung. Im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz gemäß § 86 VwGO und damit die Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts, ggf. mittels einer Beweisaufnahme (§ 96 VwGO; vgl. hierzu nur Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 86 Rn. 5 sowie die Amtliche Begründung, LT-Drs. 14/2996, zu § 19 AGVwGO, S. 145). Mithin zielt das Gesetz darauf ab, dass der für die (endgültige) Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis maßgebliche Sachverhalt entweder bereits in dem auf Erlass dieser Maßnahme gerichteten (behördlichen) Disziplinarverfahren oder in dem sich anschließenden Klageverfahren - ggf. unter Durchführung einer Beweisaufnahme - erschöpfend und abschließend aufgeklärt wird. Vor diesem Hintergrund hat die gerichtliche Überprüfung der vorläufigen Maßnahme nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG im Rahmen der Anfechtungsklage in der Regel lediglich auf der Grundlage der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorhandenen Ermittlungsergebnisse unter Einschluss präsenter Beweismittel zu erfolgen. Denn nur so wird die Eigenart der Entscheidung nach § 22 LDG als mit einer Prognose verbundenen vorläufigen Maßnahme gewahrt und gewährleistet, dass die abschließende Klärung der Voraussetzungen der (endgültigen) Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 31 LDG dem diesbezüglichen behördlichen oder gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
32 
An diesem Maßstab gemessen ist die Disziplinarkammer nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass das Disziplinarverfahren voraussichtlich mit der Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 LDG) enden wird (sog. Höchstmaßnahmeprognose). Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die Klage des Beamten liegt noch immer ein hinreichender Tatverdacht für ein schweres Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 LBG vor, durch das der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG).
33 
Dass der Kläger hinreichend verdächtig ist, die ihm im Einzelnen vorgeworfenen Verfehlungen begangen zu haben, hat die Disziplinarkammer bereits im Beschluss vom 27.08.2009 - DL 13 K 597/09 - wie folgt dargelegt:
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„Der Verdacht eines Dienstvergehens ergibt sich daraus, dass der Antragsteller Fotos von Schülerinnen bzw. ehemaligen Schülerinnen seiner Schule gefertigt hat und die Aufnahmen auf der von seiner Ehefrau betriebenen Internet-Seite „www.xxx.net“ veröffentlicht wurden. Dabei wurden die Schülerinnen mit ihren getragenen Schuhen zumeist in Räumen der Schule fotografiert. Die Schuhe waren jeweils zuvor über die Vermittlung des Antragstellers von dessen Ehefrau für ihren Internethandel mit gebrauchten Schuhen angekauft bzw. gegen neue Schuhe eingetauscht worden. Kauf und Tausch der Schuhe in der Schule wickelte allein der Antragsteller ab, wobei er die Schülerinnen nicht davon unterrichtete, dass ihre gebrauchten Schuhe zusammen mit den von ihnen anlässlich der Tausch- und Kaufaktionen gefertigten Aufnahmen ins Internet gestellt würden. Er gab vielmehr bei entsprechenden Nachfragen der Wahrheit zuwider wechselnde Erklärungen, wie er benötige die Schuhe und Bilder für Geschäftskontakte nach Asien (Aussage F am 04.03.2009), für ein angebliches Testlabor zu Forschungszwecken und als Nachweise für das Regierungspräsidium und das Finanzamt (Aussagen G am 25.02.2009; H am 05.03.2009; I am 11.03.2009; J am 10.03.2009; D am 20.03.2009; L am 21.04.2009), für Kunstzwecke, zum Recyceln und Weiterverkauf in ärmere Länder (Aussage M, geb. 19.03.1993, am 04.03.2009; N, geb. 08.08.1992, am 19.03.2009). Die Schülerinnen hatten zuvor jeweils ein „Datenblatt Kunde“ ausgefüllt und unterschrieben, in dem es u. a. heißt: „...das Foto dient dem Herkunftsnachweis und kann auch dem SecondHand Verkauf zur Verfügung gestellt werden.“ Auf die Webseite der Ehefrau des Antragstellers „www.xxx.net“, auf der die Fotos der Schülerinnen und ihrer Schuhe eingestellt waren, gelangte man auch über einen Link der Internetseite „www.xxx.com“, die einen fetischbezogenen Inhalt hat und zur Kategorie: "Pornography" (URL-Filter) gehört. Soweit der Antragsteller nunmehr behauptet, ihm sei der Link von der fetischbezogenen Webseite „www.xxx.com“ auf die Internetseite seiner Ehefrau nicht bekannt gewesen, hält die Disziplinarkammer dies nach Aktenlage für eine Schutzbehauptung. Dies gilt bereits mit Blick auf die enge Beziehung zwischen seiner Ehefrau und Frau X sowie darauf, dass dem Antragsteller die Internetseite von Frau X schon deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt sein musste, weil er dort auch die von ihm mit Schülerinnen gedrehten Videoclips platzieren ließ (dazu noch unten). Im Übrigen war der Antragsteller nach Aktenlage bis vor kurzem beim Internetportal „www.model-x.de“ unter der Abkürzung „K“ online als Fotograf aufgetreten und hatte dort noch am 02.02.2009 angegeben, Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch sowie für die Bereiche crush und trample unter der Rubrik Femdom zu produzieren. Als „Meine Homepage“ hatte er dort angegeben: „http://www.xxx.com“ (vgl. S. 18 der Beiakte zur I. Personalakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe). Diese Würdigung der Einlassung des Antragstellers wird schließlich auch mit dem Vortrag seines Prozessbevollmächtigten nicht entscheidend in Frage gestellt, Frau X habe laut telefonischer Auskunft der ermittelnden Staatsanwältin in ihren Vernehmungen erklärt, dass sie ohne Wissen der Familie K und ohne diese im Nachhinein hierüber in Kenntnis zu setzen, von ihrer Webseite „.xxx““ einen Link auf die Webseite der Frau K gesetzt habe.
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Außerdem sprach der Antragsteller mehrfach Schülerinnen an (Aussagen O am 13.03.2009, K am 12.03.2009, H am 05.03.2009, B am 11.03.2009), um mit ihnen Fotoaufnahmen zu machen bzw. Videoclips zu drehen. Mit den Schülerinnen D, B und deren Freundin C sowie A drehte er tatsächlich mehrfach Videoclips, und zwar überwiegend im Keller des Gymnasiums, aber auch bei sich zu Hause. Pro Videoclip wurden zwischen 10 und 15 EUR vergütet. Nach übereinstimmenden Angaben der Schülerinnen gab der Antragsteller vor, für eine „Rache-Firma“ eine Nebentätigkeit auszuüben, bei der sich z. B. vernachlässigte Frauen melden könnten. Deshalb solle das Spielzeug des jeweiligen Mannes vor der Kamera zerstört werden und das entsprechende Video solle dem Betreffenden per Post zugesandt werden. Die Schülerinnen hätten z. B. ein ferngesteuertes Spielzeugauto mit den Worten „Du Scheißauto, geh’ kaputt“ oder „Du Arschloch“ zertreten oder einen am Boden liegenden Berliner mit den Worten „Du fette Sau, iss nicht mehr soviel“ laut beschimpfen und zertreten müssen. Der Antragsteller habe die Szenen gefilmt und den zertrampelten Berliner in eine Plastiktüte gepackt (Aussage B am 11.03.2009). In einem anderen Videoclip hätten sie einen Kuchen anspucken und zertreten und dabei laut Beleidigungen wie z. B. „Wichser, Hurensohn, Mutterficker“ und ähnliche Wörter aussprechen müssen. Die Kuchenreste seien vom Antragsteller verpackt worden und hätten verschickt werden sollen (Aussage D am 20.03.2009). Nach Aussage von A am 12.03.2009 habe der Antragsteller von ihr ca. 10 Videoclips hergestellt, bei denen sie Stiefel mit hohen Absätzen habe tragen sollen und es darum gegangen sei, Sachen kaputt zu treten und zu beleidigen. Sie habe für seine Firma „X AG“ auch bei ihm zu Hause gedreht. Der Antragsteller habe mit freiem Oberkörper auf dem Boden gelegen und sie habe laut Drehbuch mit Stöckelschuhen auf ihn stehen müssen. Es sei ihr peinlich gewesen, sie habe aber dem Antragsteller vertraut. Sie habe für die „X AG“ auch in ein Röhrchen aus Plastik gespuckt.
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Dieser Sachverhalt wird nach Aktenlage durch eine Vielzahl von Internetausdrucken sowie polizeilichen Vernehmungsprotokollen der Schülerinnen belegt. Die Disziplinarkammer hat keinerlei Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der vernommenen Schülerinnen und Schüler zu zweifeln. Die Aussagen sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie stehen zudem in Einklang mit den aus dem Internet gewonnenen Erkenntnissen. Für die Richtigkeit der Aussagen spricht auch, dass die Schülerinnen im Wesentlichen jeweils sachlich Übereinstimmendes berichten. Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf, dass selbst der vernehmende Polizeibeamte die persönliche Glaubwürdigkeit der Zeugin A anzweifle. Zwar ist dem vom vernehmenden Polizisten gefertigten Aktenvermerk zu entnehmen, dass sich das Verhalten der Zeugin bei seiner Frage zu ihren auf der Internetseite „xxx“ eingestellten Videoclips verändert hatte und er dies darauf zurückführte, dass sie vor seinen konkreten Fragen einiges für sich behalten bzw. verheimlicht hatte. Damit ist aber allenfalls die Frage angesprochen, ob die Schülerin A - anders als andere Betroffene - darüber Bescheid gewusst haben könnte, dass die mit ihr gedrehten Clips auf einer Fetischseite im Internet eingestellt wurden. Dass der Antragsteller mit ihr als Darstellerin tatsächlich mehrfach Clips mit fetischbezogenem Inhalt gedreht hat, wird dadurch nicht in Frage gestellt.“
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An dieser Beurteilung hält die Kammer auch nach erneuter gründlicher Prüfung im Hauptsacheverfahren fest. Der Vortrag des Klägers im Klageverfahren, insbesondere seine Einlassung im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung gebietet keine abweichende Beurteilung. Zu ergänzen ist Folgendes:
38 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass die Feststellung, wonach die Schülerinnen jeweils ein „Datenblatt Kunde“ ausgefüllt und unterschrieben haben, in dem es u. a. heißt: „...das Foto dient dem Herkunftsnachweis und kann auch dem SecondHand Verkauf zur Verfügung gestellt werden.“, nur für einen Teil der sog. Stammdatenblätter gilt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sich in dem Leitzordner betreffend das Ermittlungsverfahren gegen ihn in erheblichem Umfang Stammdatenblätter ohne eine derartige Einwilligungserklärung der Kunden befinden. Er hat hierzu ausdrücklich erklärt, auf eine Einwilligung insoweit nicht geachtet zu haben. Dies lässt bereits in tatsächlicher Hinsicht die vom Kläger für sich in Anspruch genommene „Einwilligung der Schülerinnen“ in die Veröffentlichung von Fotos im Internet in einem anderen, für ihn ungünstigeren Licht erscheinen.
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Im Übrigen hat der Kläger bei seiner Anhörung das ihm vorgeworfene Verhalten im Kern eingeräumt, war aber sichtlich bemüht, das Geschehen herunterzuspielen und soweit möglich die Verantwortung anderen zuzuweisen. Einzelne Handlungen hat er erst bei erdrückender Beweislage zugestanden. Ihn belastende Zeugenaussagen aus polizeilichen Vernehmungen hat er mit wenig überzeugenden Äußerungen wie, das stimme nicht (Vorhalt aus der Vernehmung von Frau X zur „Anbahnung“ der Herstellung der Video-Clips, Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, Band II, S. 557) bzw. die Aussage sei völlig falsch (Vorhalt aus der Vernehmung von P, Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, Band I, S. 385 bis 397), abzutun versucht. Da derzeit nicht ersichtlich ist, weshalb die Zeuginnen, die den Kläger privat kennen und keinen Anlass haben, ihm zu schaden, zu seinen Lasten Falschaussagen gemacht haben sollten, sind die Angaben des Klägers als bloße Ausflüchte anzusehen. Signifikant für das Aussageverhalten des Klägers sind auch seine Angaben zu den Rücknahmeprotokollen (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, Beweismittelordner, Register 7, Asservat 2). Während er sich zunächst dahingehend eingelassen hat, es handle sich um ein fiktives, nicht von ihm, sondern von seiner Frau mit dem Kürzel „K“ unterschriebenes Schriftstück, das diese selbst entworfen oder aus dem Internet habe, er selbst verwende das Kürzel „Kl“ und habe es niemals zu Gesicht bekommen, musste er, nachdem ihm ein weiteres, in der Akte enthaltenes und mit „Kl“ unterschriebenes Protokoll vorgehalten worden ist, einräumen, dass dies sein Kürzel sei und es sein könne, dass er einmal auf einem Blatt unterschrieben habe. Durchgreifende Glaubwürdigkeitszweifel ergeben sich auch im Hinblick auf seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung, den Schülern gegenüber nie von im Interesse der Hersteller getätigten „Testkäufen“ zum Zwecke der Erprobung bzw. der Untersuchung der Abnutzung der Schuhe gesprochen zu haben. Seine Aussage in der mündlichen Verhandlung, mit „Testkauf“ sei gemeint gewesen, dass „man habe testen wollen, ob der Handel Sinn mache“, erscheint mit Blick auf die in den Akten enthaltenen Stammdatenblätter nicht plausibel und steht im Übrigen in klarem Widerspruch zu den übereinstimmenden Bekundungen einer Vielzahl von Schülern.  
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Auch den Angaben des Klägers bezüglich seiner Registrierung unter der Internetadresse „www.model-x.de“ vermag die Disziplinarkammer keinen Glauben zu schenken. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat er hierzu keine substantiierten Angaben gemacht. In der mündlichen Verhandlung hat er zwar eingeräumt, bei „www.model-x.de“ unter „K“ aufgetreten zu sein, er hat aber in Abrede gestellt, dass die in der Akte enthaltene Seite (Beiakte zur I. Personalakte - Grundakte - des Regierungspräsidiums Karlsruhe, S. 18) von ihm sei, da der Text ein völlig anderer sei und auch manche Bilder nicht von ihm stammten. Auf dieser Seite sucht „K“ Models für Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch, gibt an, seit ca. 5 Jahren in diesem Bereich zu arbeiten und Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch sowie für die Bereiche crush und trample unter der Rubrik Femdom zu produzieren. Als „Meine Homepage“ ist „http://www.xxx.com“ genannt. Weiter heißt es, er heiße K und sei hauptberuflich in der Bildungsbranche „zu Haus“. Unter „Referenzen“ wird der Musikclub Q, für dessen Homepage der Kläger angabegemäß Fotos gemacht hat, als „Anschrift“ ist „X“ angegeben. Der Kläger hat es auch insoweit bei der bloßen Behauptung belassen, dass er nicht für den aktenkundigen Internetauftritt verantwortlich sei und seine Seite keinen Verweis auf die Seite „http://www.xxx.com“ enthalte. Er hat nicht einmal ansatzweise eine Erklärung dafür abzugeben vermocht, weshalb ein anderer unter seinem Kürzel im Internet in Erscheinung getreten und ihm dies verborgen geblieben sein sollte, zumal die dort angesprochene Thematik in Einklang mit dem ihm vorgeworfenen dienstrechtswidrigen Verhalten steht.
41 
Bei dieser Sachlage hält die Kammer die Urheberschaft des Klägers für die genannte Internet-Seite jedenfalls für überwiegend wahrscheinlich. Auch nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der auf der Webseite http://www.xxx.com enthaltene Link auf die Seite seiner Ehefrau nicht bekannt war. Insbesondere auch angesichts der freundschaftlichen Beziehung zwischen der Ehefrau des Klägers und der Zeugin X misst die Kammer deren Bekundungen in einer polizeilichen Vernehmung, sie habe den Link ohne Wissen der Frau K gesetzt und diese danach auch nicht über den Link informiert, keinen maßgeblichen Beweiswert zu. Für diese Beurteilung spricht nicht zuletzt die bereits in der Vergangenheit bestehende, außerordentliche enge Verknüpfung der Internet-Seiten von Frau X und Frau K. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung eingeräumt, dass die Internet-Seite „www.xxx.net“ erst im Jahr 2007 eingerichtet worden ist und es vor 2007 auf der Seite „http://www.xxx.com“ einen „integrierten link“ zur Seite seiner Ehefrau gegeben hat. Dies wird durch die vorhandenen Akten bestätigt. Aus denen ergibt sich, dass auf der damaligen Frontseite auch eine Verlinkung zur Seite „used shoes“ sowie unter „E-Mail.s“ zu der E-Mail-Adresse „s.gmx.net“ enthalten war (vgl. Disziplinarakten, Bd. 2, S. 394, 396), hinter der sich die E-Mail-Adresse von Frau K verbarg.
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Der Vortrag des Klägers, dass sich auf der Eingangsseite der Webseite seiner Ehefrau ein Vermerk finde, wonach diese sich ausdrücklich von allem, was mit Fetisch zu tun habe, distanziere, führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Ein wirksamer Disclaimer setzt voraus, dass er klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen ist. Erheblich ist der Disclaimer zudem nur, wenn ihn der Werbende auch tatsächlich beachtet (vgl. BGH, Urt. v. 30.03.2006 - I ZR 24/03 -, NJW 2006, 2630 ff.). Danach handelt es sich vorliegend nicht um einen wirksamen Disclaimer. Der auf der Webseite der Ehefrau des Klägers angebrachte Vermerk ist ersichtlich nicht ernst gemeint. Nach Art, Ausgestaltung und Aufmachung des Internetauftritts ist die Seite unverkennbar an Schuhfetischisten gerichtet. Unter Abbildung der Trägerin und Angabe ihres Vornamens werden z. B. „Buffalostiefeletten mit total abgelaufenen Absätzen“ zum Preis von 24 EUR (vgl. Bl. 79 der Gerichtsakte im Verfahren DL 13 K 597/99), also in einer für den normalen Gebrauchtschuhhandel völlig ungewöhnlichen Art und zu einem für Seconhand-Ware ungewöhnlich hohen Preis angeboten.
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Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf abgehoben hat, dass A über die Verwendung der mit ihr gedrehten Videoclips auf einer Fetischseite im Internet Bescheid gewusst habe, weil sie auf einem Clip ausdrücklich danach frage, ob es der Betrachter geschafft habe, den Clip downzuloaden, ändert dies nichts an dem bereits im Beschluss der Disziplinarkammer vom 27.08.2009 angenommenen Sachverhalt. Bereits damals ist die Kammer davon ausgegangen, dass A über die tatsächliche Verwendung der Clips Bescheid gewusst haben könnte. Nicht zu entlasten vermag den Kläger auch, dass die Clips, die er mit D, B und C gedreht hat, wohl nicht ins Internet gestellt wurden. Denn dies beruhte gerade nicht auf einer auf den Kläger zurückgehenden Entscheidung. Wie dieser in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliche Nachfrage angegeben hat, geht auch er davon aus, dass die von ihm an Frau X weitergegebenen Clips veröffentlicht worden wären, wenn diese sie für „tauglich“ gehalten hätte.
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Nach alledem besteht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach wie vor der hinreichende Tatverdacht für ein schweres Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 LBG, das nach derzeitigem Erkenntnisstand voraussichtlich mit der Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 LDG) zu ahnden sein wird. Hierzu hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 27.08.2009 Folgendes ausgeführt (zur Anwendbarkeit der §§ 73, 95 LBG vgl. §§ 33 ff., 63 Abs. 3 BeamtStG):
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Durch diese Verhaltensweisen dürfte der Antragsteller nach Aktenlage schuldhaft in schwer wiegender Weise insbesondere seine beamtenrechtliche Pflicht verletzt haben, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§§ 73 S. 2 und 3, 95 Abs. 1 S. 1 LBG) und dadurch aller Voraussicht nach auch endgültig das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung verloren haben (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG). Dabei dürfte das Fehlverhalten des Antragstellers sowohl als innerdienstliches als auch als außerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 LBG und § 95 Abs. 1 S. 2 LBG einzustufen sein. Denn insbesondere im Hinblick darauf, dass er Schülerinnen seiner Schule in ihren getragenen Schuhen in Räumen der Schule fotografierte sowie Schülerinnen als Darstellerinnen der von ihm zum überwiegenden Teil ebenfalls in Räumlichkeiten der Schule produzierten Videoclips anwarb, dürfte seinem Handeln ein innerdienstlicher Bezug nicht abzusprechen sein. Dies spielt indessen keine entscheidungserhebliche Rolle. Denn auch soweit die Verfehlungen des Beamten als außerdienstliches Dienstvergehen zu qualifizieren sind, sind sie in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt als Lehrer in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Bei dieser Sachlage lässt das Dienstvergehen des Antragstellers seine Entfernung aus dem Dienst wahrscheinlicher erscheinen als seine Belassung im Dienst. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Dem Lehrer obliegt die Aufgabe, die ihm anvertrauten Schüler über die reine Wissensvermittlung hinaus zu sittlicher Verantwortung und Menschlichkeit, zur Achtung der Würde anderer und zur Eigenverantwortlichkeit zu erziehen und sie in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung zu fördern (Art. 12 Abs. 1 LV, §§ 1 Abs. 2 Satz 2, § 38 Abs. 6 SchulG). Mit dieser Aufgabe und seiner Stellung als Vorbild und Erzieher der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen ist es unvereinbar, wenn der Antragsteller Schülerinnen in ihren getragenen Schuhen fotografiert und es zulässt, dass diese Aufnahmen ohne Wissen der Abgelichteten auf der Internetseite seiner Ehefrau aufgerufen werden können. Mit der auf dem „Datenblatt Kunde“ vom Antragsteller eingeholten Erklärung, das Foto diene dem Herkunftsnachweis und könne auch dem Secondhand Verkauf zur Verfügung gestellt werden, war eine Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos im Internet nicht verbunden. Dadurch, dass der Antragsteller die Fotos im Internet veröffentlichte, dürfte er zugleich auch gegen § 22 KunstUrhG, der das Recht am eigenen Bild gegen die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung schützt (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.1987 - 2 U 195/86 -, NJW-RR 1987, 1434 f., m. w. N.), verstoßen haben. Bereits dadurch hat der Antragsteller voraussichtlich in gravierender Weise gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen.
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Erheblich erschwerend kommt hinzu, dass auf der Webseite der Freundin seiner Ehefrau, die unter „www.xxx.com“ einen fetischbezogenen, dem Bereich Femdom (laut wikipedia gebräuchlichste Abkürzung für female domination ) zuzuordnenden Internethandel betreibt, ein Link auf die Webseite seiner Ehefrau existierte und der Antragsteller hiervon nach Aktenlage Kenntnis hatte. Damit wurde der entsprechenden Szene ohne Weiteres ein Zugriff auf die Bilder der Schülerinnen ermöglicht. Mithin hat es der Antragsteller ermöglicht und zugelassen, dass die von ihm gefertigten Bilder von Schülerinnen Internetnutzern auch zur Erregung oder Befriedigung besonderer objektbezogener sexueller Neigungen zur Verfügung gestellt wurden. Noch weiter gesteigert wird das Gewicht des Dienstvergehens schließlich dadurch, dass der Antragsteller gezielt Schülerinnen als Darstellerinnen in privaten Videoclips angeworben, mit ihnen zahlreiche Videoclips nach von ihm verfassten Drehbüchern mit der Femdom-Szene typischem Inhalt erstellt und die Schülerinnen angewiesen hat, in den Clips obszöne Worte zu benutzen, Gegenstände zu zertreten, Lebensmittel anzuspucken und zu zertreten sowie in Röhrchen zu spucken.
48 
Dieses Verhalten des Antragstellers geht weit über eine pädagogische Fehlleistung hinaus. Es lässt vielmehr auf grundlegende pädagogische, moralische und ethische Defizite schließen, die mit seiner Stellung als Erzieher und Vorbild unvereinbar erscheinen. Durch das vom Antragsteller an den Tag gelegte Verhalten sind seine Schülerinnen im Ergebnis zum Objekt extremer, ggf. auch krankhafter sexueller Vorstellungen und Wünsche von (anonymen) Internetnutzern herabgewürdigt worden. Dass ein derartiges Verhalten der Kernpflicht eines Lehrers, die Würde und die persönliche Entfaltung der Schüler/innen zu schützen und zu fördern, diametral entgegensteht, bedarf keiner weiteren Begründung.
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Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, bei der Interpretation der Pflichten des Lehrers u. a. zur Achtung der Würde anderer müsse von einem „sehr weit reichenden liberalen Menschenwürdebegriff“ ausgegangen werden, ist nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, das Gewicht der Verfehlungen des Antragstellers zu mindern. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass der Antragsteller jedenfalls den meisten Schülerinnen die - für ihre rechtliche Betroffenheit entscheidende - Information, dass die von ihnen gefertigten Bilder und Videoclips im Internet beliebigen Nutzern als Objekt deren sexueller Neigungen zur Verfügung gestellt wurden, gerade vorenthalten hat. Allenfalls A dürfte den wahren Hintergrund der Dreharbeiten gekannt haben, wobei aber auch bei ihr fraglich ist, ob sie über die Internetveröffentlichungen Bescheid wusste. Auch dürfte er - worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat - gerade die mangelnde Reife der Schülerinnen ausgenutzt haben, um diese zur Mitarbeit an den Videoclips zu bestimmen. Vor diesem Hintergrund kann - unabhängig von der Frage, ob die in Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Würde des Menschen nicht ein objektiver, unverfügbarer Wert ist, auf den der Einzelne nicht wirksam verzichten kann (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.12.1981 - 1 C 232/79 -, BVerwGE 64, 274; Robbers, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Mitarbeiterkommentar, Band 1, 2002, Art. 1 Rn. 22) - keinesfalls davon ausgegangen werden, dass hier die „Freiwilligkeit“ des Handelns der Schülerinnen den Verstoß gegen deren Menschenwürde auszuschließen geeignet war (vgl. hierzu Robbers, a.a.O.). Dies musste sich gerade dem Antragsteller als Lehrer aufdrängen, der sich der Tatsache bewusst sein musste, dass sich die jugendlichen Schülerinnen noch in einer Phase ihrer Persönlichkeitsentwicklung befanden, in der sie erhöhten Schutzes bedurften. In tatsächlicher Hinsicht wird dies dadurch belegt, dass die Vorfälle nach Bekanntwerden der Zusammenhänge bei den Schülerinnen deutliche Spuren hinterlassen haben. Die Schülerinnen wurden durch die Vorgänge erheblich verunsichert und überfordert. Ihre Reaktionen reichten von starker Betroffenheit, Aufgewühltheit, über Ekel bis zur Befürchtung von Repressalien (vgl. die Stellungnahme des Schulleiters vom 31.03.2009). So äußerte z. B. B bei ihrer Vernehmung am 11.03.2009, dass ihr die Videoaufnahmen sehr peinlich gewesen seien und sie nur eingewilligt habe, weil sie ihrem Lehrer vertraut habe; ihren Eltern habe sie aus Scham nichts davon berichtet. A, die laut Aktenvermerk des vernehmenden Polizeibeamten während der Vernehmung auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen und leicht an den Händen zu zittern begann, wollte die von der Polizei vorgelegten Videosequenzen, die sie zeigten, nicht sehen, da sie „sonst eventuell ausraste“. Ihr sei das Ganze unangenehm und sie sei „total enttäuscht“.
50 
Durch sein Verhalten hat der Antragsteller auch das für eine Wahrnehmung pädagogischer Aufgaben erforderliche Vertrauensverhältnis zu den Schülerinnen grundlegend erschüttert. Dies gilt um so mehr, als er diese über den wahren Bestimmungszweck nicht nur uninformiert ließ, sondern sie durch falsche Angaben aktiv und gezielt täuschte. Hierbei unterstreicht die Tatsache, dass die Videoclips direkt auf die Fetischseite „www.xxx.com“ gelangten und dort gegen Bezahlung zum downloaden bereitstanden, in welch rücksichtsloser Geschäftsmanier er das in ihn als Lehrer gesetzte Vertrauen der Schülerinnen missbraucht, in ihre Intimsphäre und damit in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) eingegriffen und ihre Würde und ihr Schamgefühl verletzt hat. Da die Mädchen für einen gedrehten Clip lediglich einmalige Beträge zwischen 10 und 15 EUR erhielten, die Clips bei „xxx“ zum beliebig häufigen downloaden für 9,99 USD bis 21,99 USD bereitstanden und einer im Internet von „xxx.com“ veröffentlichten Preisliste zufolge beispielsweise zertretene Lebensmittel für 20 EUR bzw. eine Dose Speichel für 5 EUR zum Verkauf angeboten wurden (vgl. S. 112 der Beiakte zur I. Personalakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe), erscheint - ohne dass es für die Entscheidung letztlich hierauf ankäme - nicht ausgeschlossen, dass der Vorgehensweise des Antragstellers auch ein ausbeuterischer Charakter zukommt (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.1987, a. a. O.).
51 
Insgesamt hat das disziplinarische Fehlverhalten des Antragstellers so erhebliches Gewicht, dass es aller Voraussicht nach einen endgültigen und vollständigen Verlust des auf seine Stellung als Erzieher und Vorbild für die Schüler bezogenen Ansehens und Vertrauens von Eltern und Dienstherrn bewirkt. Auch in dem vorliegenden Zusammenhang (vgl. im Zusammenhang mit Verstößen eines Lehrers gegen § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB a. F. VGH Bad.-Würrt., Urt. v. 07.12.2006, - DL 16 S 15/06 -) kann von den Eltern schlechterdings nicht verlangt werden, ihre Kinder einem Lehrer zur Erziehung anzuvertrauen, der die mit seinem Lehrerberuf verbundene besondere Autorität sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Bereich in der beschriebenen Weise ausgenutzt und es ermöglicht hat, dass - von ihm gefertigte - Bilder und Videoclips von Schülerinnen ohne deren Wissen im Internet als Objekte besonderer sexueller Neigungen zum Abruf zur Verfügung stehen. Nach Auffassung der Kammer erscheint es weder den Eltern noch dem Dienstherrn mit Blick auf die durch das Verhalten des Antragstellers ausgelösten tiefgreifenden Beeinträchtigungen der Schülerinnen in ihrem Persönlichkeitsrecht wie in ihrer Menschenwürde hinnehmbar, den Antragsteller im Dienst zu belassen. Milderungsgründe, wie z.B. die fehlende disziplinarrechtliche Vorbelastung sowie der Umstand, dass seine fachlichen Leistungen im Schulbetrieb überaus positiv beurteilt werden, haben kein derartiges Gewicht, dass ein Absehen von der Höchstmaßnahme gerechtfertigt wäre. Im Gegenteil fallen weitere Gesichtspunkte zu Lasten des Antragstellers ins Gewicht. Der Antragsteller, dem gerade auch im Hinblick auf seine hervorgehobene Tätigkeit als Fachberater in der Schulaufsicht Vorbildfunktion zukommt, hat zur Aufklärung des Sachverhalts bislang nichts Wesentliches beigetragen. Er hat vielmehr versucht, seine - sich über Jahre hinziehenden - Verhaltensweisen wie auch die Anzahl der von den Schülerinnen gedrehten Clips möglichst herunterzuspielen und den betroffenen Schülerinnen bzw. dem Schulleiter einen Teil der Verantwortung zuzuweisen. Auch hatten die Vorgänge - wegen ihrer Außergewöhnlichkeit nachvollziehbar - in der Schule außerordentliche Resonanz erfahren und erhebliche Auswirkungen auf den Schulbetrieb und das Ansehen der Schule. Zur Begründung kann auf die Stellungnahme der Schulleiters vom 31.03.2009 verwiesen werden (AS 85 ff. der Gerichtsakte). Nach alledem ist für das vorliegende Verfahren davon auszugehen, dass die Entfernung des Beamten aus dem Dienst wahrscheinlicher ist als seine Belassung im Dienst.
52 
Auch an dieser Bewertung hält die Kammer nach erneuter Prüfung im Hauptsacheverfahren fest. Das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren ist nicht geeignet, die rechtliche Erheblichkeit und das Gewicht der Verfehlungen des Klägers bei Berücksichtigung dessen Persönlichkeitsbild (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 LDG) derart in milderem Licht erscheinen zu lassen, dass die Prognose der Höchstmaßnahme nicht mehr gerechtfertigt erscheint.
53 
Dies gilt zunächst für den Vortrag, es fehle an der sexuellen Konnotation der in das Internet gestellten Fotos, weil die eigentlichen „Objekte der Begierde“ die Schuhe seien und nicht die Schülerinnen. Konkrete Belege für die Richtigkeit dieser Behauptung hat der Kläger nicht dargetan. Die Praxis, die Schuhe regelmäßig mit ihren - ausschließlich weiblichen - Trägern abzubilden, lässt auch auf eine entsprechende „Nachfrage“ schließen. Bestätigt wird dies durch die Einlassung der Zeugin X, die im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung angegeben hat, dass die Kunden „dann auch Bilder haben“ wollten, „damit sie sehen, wie ich sie getragen habe“ (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, S. 553).
54 
Der Kläger trägt ferner vor, die Reaktionen der Schülerinnen auf die Vorgänge hätten sich im Laufe der Zeit normalisiert, einige Schülerinnen hätten sich sogar hilfesuchend wegen Abiturvorbereitungsunterrichts in Mathematik an ihn gewandt und unter „www.xyz.com“ sei von ehemaligen Schülern eine - ihn unterstützende - Petition mit 37 Unterschriften ins Internet gestellt worden. Auch wenn die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt wird, lassen sich daraus jedenfalls nicht Milderungsgründe von solchem Gewicht ableiten, dass die Prognose der Höchstmaßnahme in Frage gestellt würde. Dies gilt umso mehr, als die sich für den Kläger einsetzenden Schüler in der Mehrzahl nicht betroffen sein dürften und möglicherweise nur eingeschränkt über Art und Umfang seiner Verfehlungen informiert sind.
55 
Damit konnte die Disziplinarbehörde den Kläger vorläufig des Dienstes entheben. Allerdings lässt sich der Verfügung vom 10.02.2009 nicht entnehmen, dass sich der Beklagte bei seiner Entscheidung bewusst war, dass ihm durch die Bestimmung des § 22 Abs. 1 LDG Ermessen eingeräumt ist. Nach dem Wortlaut der Verfügung vom 10.02.2009 (S. 4 oben: „Der Beamte musste gemäß § 22 LDG mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben werden“) fühlte er sich möglicherweise gebunden. Ob diese mögliche Ermessensunterschreitung durch den Erlass der Verfügung vom 31.03.2009, in der ausdrücklich Ermessenserwägungen angestellt werden, nachträglich geheilt worden ist (vgl. hierzu Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rn. 17 ff.), kann indes offen bleiben. Es bedarf vorliegend auch keiner Entscheidung, ob jedenfalls in § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG ein sogenanntes „intendiertes“ Ermessen eingeräumt werden sollte (so zu § 91 BDO BVerwG, Beschl v. 17.05.2001 - 1 DB 15/01 -, NVwZ 2001, 1410 ff.; a. A. zu § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG VG Freiburg, Urt. v. 12.11.2008 - DL 10 K 2701/08 -). Denn die Verfehlungen des Klägers sind derart gravierend und die eingetretenen Folgen von solchem Gewicht, dass aus Gründen des Schutzes der hier betroffenen hochrangigen Rechtsgüter der Schülerinnen, der Generalprävention sowie des Ansehens der Schule und des öffentlichen Dienstes insgesamt allein die vorläufige Dienstenthebung rechtmäßig erscheint und damit eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt.
56 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
57 
Die Zulassung der Berufung findet ihre Grundlage in § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Im vorliegenden Verfahren werden im Hinblick auf die durch das am 22.10.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) neu geschaffene Bestimmung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG klärungsbedürftige Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen.

Gründe

 
18 
Der nachgereichte Schriftsatz des Klägervertreters vom 07.12.2009 mit einer Namensliste von Schülerinnen und Schülern, die unter „www.xyz.com“ zugunsten des Klägers eine Petition ins Internet gestellt haben, gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Denn er enthält nichts, was nicht bereits Inhalt des zuvor Vorgetragenen oder in der mündlichen Verhandlung Erörterten war oder was eine veränderte Beurteilung rechtfertigen könnte.
19 
Die Klage ist zulässig.
20 
Auf das vorliegende Verfahren finden die Regelungen des am 22.10.2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) - LDNOG - Anwendung. Das Landesdisziplinargesetz - LDG - (Artikel 1 des LDNOG) führt nach der gesetzgeberischen Absicht das Disziplinarverfahren in ein Verwaltungsverfahren mit sich ggf. anschließendem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über und beendet damit im Wesentlichen dessen bisherige Bindung an das Strafprozessrecht. Das Disziplinarverfahren soll an das allgemeine beamtenrechtliche Verwaltungsverfahren angeglichen werden (Amtliche Begründung zum LDNOG, LT-Drs. 14/2996, S. 52). Disziplinarrechtliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sollen künftig weitgehend den allgemeinen Regeln des Verwaltungsprozessrechts folgen (vgl. LT-Drs. 14/2996, Begründung zu Art. 15 AGVwGO zu Teil 2, 2. Abschnitt, S. 140 ff.). Die hier streitgegenständliche vorläufige Dienstenthebung gemäß §§ 22 Abs. 1, 23 LDG ist als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG zu qualifizieren; der Rechtsschutz hiergegen richtet sich nach den Vorschriften der VwGO und dem hierzu ergangenen Ausführungsgesetz (AGVwGO) i.d.F. des LDNOG (vgl. LT-Drs. 14/2996, Begründung zu Art. 1 LDNOG § 23 LDG, S. 84, sowie zu Art. 15 AGVwGO Teil 2, 2. Abschnitt, S. 140 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.11.2009 - DL 16 S 1921/09 -, Juris; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, 23. Aktualisierung Juli 2009, § 63 Rn. 20).
21 
Das Begehren des Klägers ist hiernach als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) statthaft und - gemäß § 15 Abs. 2 AGVwGO - ohne Durchführung eines Vorverfahrens auch sonst zulässig.
22 
Die Klage ist indes unbegründet. Ziff. 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.02.2009, wonach der Kläger vorläufig des Dienstes enthoben wird, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
23 
Die vom Schulpräsidenten und Leiter der Abteilung 7 des Regierungspräsidiums Karlsruhe unterschriebene Verfügung vom 10.02.2009 ist von der zuständigen Disziplinarbehörde erlassen worden. Die Disziplinarkammer hat hierzu bereits in ihrem Beschluss vom 27.08.2009 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - DL 13 K 597/09 - Ausführungen gemacht. Hierauf wird verwiesen.
24 
Die vorläufige Dienstenthebung steht auch mit materiellem Recht in Einklang. Rechtsgrundlage der vorläufigen Dienstenthebung ist § 22 Abs. 1 LDG. Danach kann die Disziplinarbehörde den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn er entweder voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder ihm das Ruhegehalt aberkannt wird (Nr. 1) oder wenn anderenfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist (Nr. 2). Im vorliegenden Fall wurde - wie der Beklagte unter dem 31.03.2009 ausdrücklich klargestellt hat - die vorläufige Dienstenthebung auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG gestützt.
25 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG (sog. entfernungsvorbereitende Dienstenthebung, vgl. LTDrucks. 14/2996, S. 81) sind vorliegend erfüllt. Danach muss gegen den Beamten der Verdacht eines Dienstvergehens bestehen, das als disziplinare Ahndung die Verhängung der sogenannten Höchstmaßnahme erfordert. Dies bedeutet, dass bereits ein Sachverhalt festgestellt sein muss, aus dem sich ein Verdacht ergibt, der die individuelle, auf den konkreten Fall bezogene Prognose zulässt, dass der Beamte ein Dienstvergehen begangen hat, das voraussichtlich zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen wird (vgl. auch bereits die Rechtsprechung zu §§ 38 Abs. 1, 63 Abs. 2 BDG: OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 14.11.2007 - 21d B 1024/07.BDG -, DVBl 2008, 128 ff., m. w. N.; Gansen, a. a. O., § 38 BDG Rn. 9; zu § 92 Abs. 1 BDO: BVerwG, Beschl. v. 28.02.2000 - 1 DB 26.99 -, Juris; zu § 89 LDO: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.11.1993 - D 17 S 13/93 -, VBlBW 1994, 209). Die dem Tatbestand des § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG zugeordnete Prognose ist gerichtlicherseits voll nachprüfbar. Erst wenn die Prognose im Sinne einer voraussichtlichen Entfernung aus dem Dienst beantwortet ist, setzt das Ermessen der Behörde ein.
26 
Der Prognosecharakter der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung impliziert, dass die Disziplinarkammer nicht die Überzeugung gewinnen muss, dass der Beamte das Dienstvergehen, das die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit begangen hat. Prognosen sind bereits ihrer Natur nach lediglich Aussagen über die Wahrscheinlichkeit und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Eintritts eines Sachverhalts (vgl. Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 108 Rn. 64). Für die in § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG vorausgesetzte Prognose reicht deshalb ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit aus. Dieser besteht allerdings nicht schon dann, wenn die Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme möglich oder ebenso wahrscheinlich ist wie die einer milderen Disziplinarmaßnahme. Vielmehr ist erforderlich, dass im Disziplinarverfahren gegen einen aktiven Beamten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis muss wahrscheinlicher sein als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung (vgl. zu § 38 Abs. 1 S. 1 BDG: OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 14.11.2007, a. a. O.; Gansen, a. a. O., § 38 Rn. 10; zu § 92 Abs. 1 BDO: vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.1987 - 1 DB 27/87 -, BVerwGE 83, 376, 378; Beschl. v. 28.02.2000 - 1 DB 26.99 -, Juris; zu § 89 LDO: vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.11.1993, a. a. O.).
27 
Ausweislich der Amtlichen Begründung geht der Landesgesetzgeber davon aus, dass die Prognoseentscheidung „auf der Grundlage des Ermittlungsergebnisses zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorläufige Maßnahme“ zu treffen ist (LT-Drs. 14/2996, zu § 23, S. 84). Diese Aussage bedarf im Hinblick auf die gerichtliche Kontrolle der Präzisierung.
28 
Dies gilt zunächst in zeitlicher Hinsicht. Um eine wirksame gerichtliche Kontrolle der Richtigkeit der Prognose sicherzustellen, müssen auch nach Erlass der vorläufigen Dienstenthebung eintretende Änderungen der die Prognosebasis bildenden Umstände Berücksichtigung finden. Für die gerichtliche Überprüfung der vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 22 Abs. 1 LDG durch das Verwaltungsgericht ist deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (dies entspricht der Rechtsprechung zu den im Bundesrecht wie den übrigen Landesdisziplinargesetzen normierten Beschlussverfahren; zu § 126 Abs. 3 WDO vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2002 - 2 WDB 1/02 -, NVwZ-RR 2003, 287 f.; zu §§ 38, 63 Abs. 2 BDG vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.09.2009, - 83 DB 1.09 -, Juris; Ganser, a. a. O., § 63 BDG Rn. 12; Weiß, in: GKÖD, Bd. 2, DiszR, M § 63 Rn. 49; zu §§ 89, 93 LDO v. Alberti/Roskamp/Gayer, LDO, § 93 Rn. 8). 
29 
Auch das Maß der Sachverhaltsaufklärung im Rahmen des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens bedarf der Konkretisierung. Für den Rechtsschutz des Beamten gegen eine vorläufige Dienstenthebung sehen das Bundesdisziplinargesetz und auch die übrigen Disziplinargesetze der Länder ein besonderes Beschlussverfahren vor. Nach dem Bundesrecht, das in zahlreichen Bundesländern für entsprechend anwendbar erklärt wird, kann der Beamte die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beantragen (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 BDG); nach § 63 Abs. 2 BDG ist die vorläufige Dienstenthebung auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Der Untersuchungsgrundsatz ist hier hinsichtlich des Umfangs der Sachverhaltsaufklärung - ähnlich wie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO - grundsätzlich dahingehend eingeschränkt, dass auf der Grundlage einer lediglich summarischen Prüfung des zum Entscheidungszeitpunkt bekannten Sachverhalts entschieden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2009 - 2 AV 4/09 -, Juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.11.2007, a. a. O.; Ganser, a. a. O., § 63 BDG Rn. 11; Weiß, a. a. O., § 63 Rn. 50 ff.; zur bisherigen Rechtslage in Baden-Württemberg auf der Grundlage der §§ 89, 93 LDO vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.08.2004 - DL 17 S 11/04 - m. w. N.).
30 
Demgegenüber enthält das Landesdisziplinargesetz keinen speziellen Rechtsbehelf gegen vorläufige Dienstenthebungen mehr. Richtet sich der Rechtsschutz indes nunmehr nach allgemeinem Verwaltungsprozessrecht, beansprucht im Hauptsacheverfahren der Anfechtungsklage gegen die vorläufige Dienstenthebung, das regelmäßig mit einer mündlichen Verhandlung verbunden ist, der Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich in vollem Umfang Geltung, sodass dort von einer lediglich summarischen - im Sinne einer überschlägigen - Prüfung des dem Beamten zur Last gelegten Sachverhalts nicht mehr die Rede sein kann (vgl. LT-Drs. 14/2996, zu § 23, S. 84; a. A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 03.02.2009 - DL 10 K 2701/08 -).
31 
Allerdings hält die Kammer die in der Amtlichen Begründung der Sache nach postulierte Beschränkung der Entscheidungsgrundlage auf die aktuell vorliegenden Erkenntnisse und Beweismittel (LT-Drs. 14/2996, zu § 23 S. 84) und die damit einhergehende Modifikation des Untersuchungsgrundsatzes auch im Hauptsacheverfahren im Kern für sachgerecht. Dies gilt vor allem mit Blick auf das systematische Verhältnis des - der Disziplinarverfügung vorgelagerten (vgl. LT-Drs. 14/2996, zu Teil 3, 3. Abschnitt, S. 79 f.) - Verfahrens der vorläufigen Dienstenthebung nach § 22 LDG zu dem Verfahren der (endgültigen) Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 LDG. Das Landesdisziplinargesetz sieht vor Erlass der Disziplinarverfügung, also auch vor Erlass der Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, ein Ermittlungsverfahren vor, in dem die zuständige Disziplinarbehörde verpflichtet ist, eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. § 12 LDG). § 15 Abs. 1 LDG begründet dabei ausdrücklich eine Pflicht zur Beweiserhebung. Im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz gemäß § 86 VwGO und damit die Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts, ggf. mittels einer Beweisaufnahme (§ 96 VwGO; vgl. hierzu nur Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 86 Rn. 5 sowie die Amtliche Begründung, LT-Drs. 14/2996, zu § 19 AGVwGO, S. 145). Mithin zielt das Gesetz darauf ab, dass der für die (endgültige) Maßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis maßgebliche Sachverhalt entweder bereits in dem auf Erlass dieser Maßnahme gerichteten (behördlichen) Disziplinarverfahren oder in dem sich anschließenden Klageverfahren - ggf. unter Durchführung einer Beweisaufnahme - erschöpfend und abschließend aufgeklärt wird. Vor diesem Hintergrund hat die gerichtliche Überprüfung der vorläufigen Maßnahme nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG im Rahmen der Anfechtungsklage in der Regel lediglich auf der Grundlage der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorhandenen Ermittlungsergebnisse unter Einschluss präsenter Beweismittel zu erfolgen. Denn nur so wird die Eigenart der Entscheidung nach § 22 LDG als mit einer Prognose verbundenen vorläufigen Maßnahme gewahrt und gewährleistet, dass die abschließende Klärung der Voraussetzungen der (endgültigen) Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 31 LDG dem diesbezüglichen behördlichen oder gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
32 
An diesem Maßstab gemessen ist die Disziplinarkammer nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass das Disziplinarverfahren voraussichtlich mit der Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 LDG) enden wird (sog. Höchstmaßnahmeprognose). Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die Klage des Beamten liegt noch immer ein hinreichender Tatverdacht für ein schweres Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 LBG vor, durch das der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren hat (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG).
33 
Dass der Kläger hinreichend verdächtig ist, die ihm im Einzelnen vorgeworfenen Verfehlungen begangen zu haben, hat die Disziplinarkammer bereits im Beschluss vom 27.08.2009 - DL 13 K 597/09 - wie folgt dargelegt:
34 
„Der Verdacht eines Dienstvergehens ergibt sich daraus, dass der Antragsteller Fotos von Schülerinnen bzw. ehemaligen Schülerinnen seiner Schule gefertigt hat und die Aufnahmen auf der von seiner Ehefrau betriebenen Internet-Seite „www.xxx.net“ veröffentlicht wurden. Dabei wurden die Schülerinnen mit ihren getragenen Schuhen zumeist in Räumen der Schule fotografiert. Die Schuhe waren jeweils zuvor über die Vermittlung des Antragstellers von dessen Ehefrau für ihren Internethandel mit gebrauchten Schuhen angekauft bzw. gegen neue Schuhe eingetauscht worden. Kauf und Tausch der Schuhe in der Schule wickelte allein der Antragsteller ab, wobei er die Schülerinnen nicht davon unterrichtete, dass ihre gebrauchten Schuhe zusammen mit den von ihnen anlässlich der Tausch- und Kaufaktionen gefertigten Aufnahmen ins Internet gestellt würden. Er gab vielmehr bei entsprechenden Nachfragen der Wahrheit zuwider wechselnde Erklärungen, wie er benötige die Schuhe und Bilder für Geschäftskontakte nach Asien (Aussage F am 04.03.2009), für ein angebliches Testlabor zu Forschungszwecken und als Nachweise für das Regierungspräsidium und das Finanzamt (Aussagen G am 25.02.2009; H am 05.03.2009; I am 11.03.2009; J am 10.03.2009; D am 20.03.2009; L am 21.04.2009), für Kunstzwecke, zum Recyceln und Weiterverkauf in ärmere Länder (Aussage M, geb. 19.03.1993, am 04.03.2009; N, geb. 08.08.1992, am 19.03.2009). Die Schülerinnen hatten zuvor jeweils ein „Datenblatt Kunde“ ausgefüllt und unterschrieben, in dem es u. a. heißt: „...das Foto dient dem Herkunftsnachweis und kann auch dem SecondHand Verkauf zur Verfügung gestellt werden.“ Auf die Webseite der Ehefrau des Antragstellers „www.xxx.net“, auf der die Fotos der Schülerinnen und ihrer Schuhe eingestellt waren, gelangte man auch über einen Link der Internetseite „www.xxx.com“, die einen fetischbezogenen Inhalt hat und zur Kategorie: "Pornography" (URL-Filter) gehört. Soweit der Antragsteller nunmehr behauptet, ihm sei der Link von der fetischbezogenen Webseite „www.xxx.com“ auf die Internetseite seiner Ehefrau nicht bekannt gewesen, hält die Disziplinarkammer dies nach Aktenlage für eine Schutzbehauptung. Dies gilt bereits mit Blick auf die enge Beziehung zwischen seiner Ehefrau und Frau X sowie darauf, dass dem Antragsteller die Internetseite von Frau X schon deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt sein musste, weil er dort auch die von ihm mit Schülerinnen gedrehten Videoclips platzieren ließ (dazu noch unten). Im Übrigen war der Antragsteller nach Aktenlage bis vor kurzem beim Internetportal „www.model-x.de“ unter der Abkürzung „K“ online als Fotograf aufgetreten und hatte dort noch am 02.02.2009 angegeben, Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch sowie für die Bereiche crush und trample unter der Rubrik Femdom zu produzieren. Als „Meine Homepage“ hatte er dort angegeben: „http://www.xxx.com“ (vgl. S. 18 der Beiakte zur I. Personalakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe). Diese Würdigung der Einlassung des Antragstellers wird schließlich auch mit dem Vortrag seines Prozessbevollmächtigten nicht entscheidend in Frage gestellt, Frau X habe laut telefonischer Auskunft der ermittelnden Staatsanwältin in ihren Vernehmungen erklärt, dass sie ohne Wissen der Familie K und ohne diese im Nachhinein hierüber in Kenntnis zu setzen, von ihrer Webseite „.xxx““ einen Link auf die Webseite der Frau K gesetzt habe.
35 
Außerdem sprach der Antragsteller mehrfach Schülerinnen an (Aussagen O am 13.03.2009, K am 12.03.2009, H am 05.03.2009, B am 11.03.2009), um mit ihnen Fotoaufnahmen zu machen bzw. Videoclips zu drehen. Mit den Schülerinnen D, B und deren Freundin C sowie A drehte er tatsächlich mehrfach Videoclips, und zwar überwiegend im Keller des Gymnasiums, aber auch bei sich zu Hause. Pro Videoclip wurden zwischen 10 und 15 EUR vergütet. Nach übereinstimmenden Angaben der Schülerinnen gab der Antragsteller vor, für eine „Rache-Firma“ eine Nebentätigkeit auszuüben, bei der sich z. B. vernachlässigte Frauen melden könnten. Deshalb solle das Spielzeug des jeweiligen Mannes vor der Kamera zerstört werden und das entsprechende Video solle dem Betreffenden per Post zugesandt werden. Die Schülerinnen hätten z. B. ein ferngesteuertes Spielzeugauto mit den Worten „Du Scheißauto, geh’ kaputt“ oder „Du Arschloch“ zertreten oder einen am Boden liegenden Berliner mit den Worten „Du fette Sau, iss nicht mehr soviel“ laut beschimpfen und zertreten müssen. Der Antragsteller habe die Szenen gefilmt und den zertrampelten Berliner in eine Plastiktüte gepackt (Aussage B am 11.03.2009). In einem anderen Videoclip hätten sie einen Kuchen anspucken und zertreten und dabei laut Beleidigungen wie z. B. „Wichser, Hurensohn, Mutterficker“ und ähnliche Wörter aussprechen müssen. Die Kuchenreste seien vom Antragsteller verpackt worden und hätten verschickt werden sollen (Aussage D am 20.03.2009). Nach Aussage von A am 12.03.2009 habe der Antragsteller von ihr ca. 10 Videoclips hergestellt, bei denen sie Stiefel mit hohen Absätzen habe tragen sollen und es darum gegangen sei, Sachen kaputt zu treten und zu beleidigen. Sie habe für seine Firma „X AG“ auch bei ihm zu Hause gedreht. Der Antragsteller habe mit freiem Oberkörper auf dem Boden gelegen und sie habe laut Drehbuch mit Stöckelschuhen auf ihn stehen müssen. Es sei ihr peinlich gewesen, sie habe aber dem Antragsteller vertraut. Sie habe für die „X AG“ auch in ein Röhrchen aus Plastik gespuckt.
36 
Dieser Sachverhalt wird nach Aktenlage durch eine Vielzahl von Internetausdrucken sowie polizeilichen Vernehmungsprotokollen der Schülerinnen belegt. Die Disziplinarkammer hat keinerlei Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der vernommenen Schülerinnen und Schüler zu zweifeln. Die Aussagen sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie stehen zudem in Einklang mit den aus dem Internet gewonnenen Erkenntnissen. Für die Richtigkeit der Aussagen spricht auch, dass die Schülerinnen im Wesentlichen jeweils sachlich Übereinstimmendes berichten. Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf, dass selbst der vernehmende Polizeibeamte die persönliche Glaubwürdigkeit der Zeugin A anzweifle. Zwar ist dem vom vernehmenden Polizisten gefertigten Aktenvermerk zu entnehmen, dass sich das Verhalten der Zeugin bei seiner Frage zu ihren auf der Internetseite „xxx“ eingestellten Videoclips verändert hatte und er dies darauf zurückführte, dass sie vor seinen konkreten Fragen einiges für sich behalten bzw. verheimlicht hatte. Damit ist aber allenfalls die Frage angesprochen, ob die Schülerin A - anders als andere Betroffene - darüber Bescheid gewusst haben könnte, dass die mit ihr gedrehten Clips auf einer Fetischseite im Internet eingestellt wurden. Dass der Antragsteller mit ihr als Darstellerin tatsächlich mehrfach Clips mit fetischbezogenem Inhalt gedreht hat, wird dadurch nicht in Frage gestellt.“
37 
An dieser Beurteilung hält die Kammer auch nach erneuter gründlicher Prüfung im Hauptsacheverfahren fest. Der Vortrag des Klägers im Klageverfahren, insbesondere seine Einlassung im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung gebietet keine abweichende Beurteilung. Zu ergänzen ist Folgendes:
38 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass die Feststellung, wonach die Schülerinnen jeweils ein „Datenblatt Kunde“ ausgefüllt und unterschrieben haben, in dem es u. a. heißt: „...das Foto dient dem Herkunftsnachweis und kann auch dem SecondHand Verkauf zur Verfügung gestellt werden.“, nur für einen Teil der sog. Stammdatenblätter gilt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sich in dem Leitzordner betreffend das Ermittlungsverfahren gegen ihn in erheblichem Umfang Stammdatenblätter ohne eine derartige Einwilligungserklärung der Kunden befinden. Er hat hierzu ausdrücklich erklärt, auf eine Einwilligung insoweit nicht geachtet zu haben. Dies lässt bereits in tatsächlicher Hinsicht die vom Kläger für sich in Anspruch genommene „Einwilligung der Schülerinnen“ in die Veröffentlichung von Fotos im Internet in einem anderen, für ihn ungünstigeren Licht erscheinen.
39 
Im Übrigen hat der Kläger bei seiner Anhörung das ihm vorgeworfene Verhalten im Kern eingeräumt, war aber sichtlich bemüht, das Geschehen herunterzuspielen und soweit möglich die Verantwortung anderen zuzuweisen. Einzelne Handlungen hat er erst bei erdrückender Beweislage zugestanden. Ihn belastende Zeugenaussagen aus polizeilichen Vernehmungen hat er mit wenig überzeugenden Äußerungen wie, das stimme nicht (Vorhalt aus der Vernehmung von Frau X zur „Anbahnung“ der Herstellung der Video-Clips, Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, Band II, S. 557) bzw. die Aussage sei völlig falsch (Vorhalt aus der Vernehmung von P, Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, Band I, S. 385 bis 397), abzutun versucht. Da derzeit nicht ersichtlich ist, weshalb die Zeuginnen, die den Kläger privat kennen und keinen Anlass haben, ihm zu schaden, zu seinen Lasten Falschaussagen gemacht haben sollten, sind die Angaben des Klägers als bloße Ausflüchte anzusehen. Signifikant für das Aussageverhalten des Klägers sind auch seine Angaben zu den Rücknahmeprotokollen (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, Beweismittelordner, Register 7, Asservat 2). Während er sich zunächst dahingehend eingelassen hat, es handle sich um ein fiktives, nicht von ihm, sondern von seiner Frau mit dem Kürzel „K“ unterschriebenes Schriftstück, das diese selbst entworfen oder aus dem Internet habe, er selbst verwende das Kürzel „Kl“ und habe es niemals zu Gesicht bekommen, musste er, nachdem ihm ein weiteres, in der Akte enthaltenes und mit „Kl“ unterschriebenes Protokoll vorgehalten worden ist, einräumen, dass dies sein Kürzel sei und es sein könne, dass er einmal auf einem Blatt unterschrieben habe. Durchgreifende Glaubwürdigkeitszweifel ergeben sich auch im Hinblick auf seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung, den Schülern gegenüber nie von im Interesse der Hersteller getätigten „Testkäufen“ zum Zwecke der Erprobung bzw. der Untersuchung der Abnutzung der Schuhe gesprochen zu haben. Seine Aussage in der mündlichen Verhandlung, mit „Testkauf“ sei gemeint gewesen, dass „man habe testen wollen, ob der Handel Sinn mache“, erscheint mit Blick auf die in den Akten enthaltenen Stammdatenblätter nicht plausibel und steht im Übrigen in klarem Widerspruch zu den übereinstimmenden Bekundungen einer Vielzahl von Schülern.  
40 
Auch den Angaben des Klägers bezüglich seiner Registrierung unter der Internetadresse „www.model-x.de“ vermag die Disziplinarkammer keinen Glauben zu schenken. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat er hierzu keine substantiierten Angaben gemacht. In der mündlichen Verhandlung hat er zwar eingeräumt, bei „www.model-x.de“ unter „K“ aufgetreten zu sein, er hat aber in Abrede gestellt, dass die in der Akte enthaltene Seite (Beiakte zur I. Personalakte - Grundakte - des Regierungspräsidiums Karlsruhe, S. 18) von ihm sei, da der Text ein völlig anderer sei und auch manche Bilder nicht von ihm stammten. Auf dieser Seite sucht „K“ Models für Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch, gibt an, seit ca. 5 Jahren in diesem Bereich zu arbeiten und Fotos und Clips im Bereich Schuh und Stiefelfetisch sowie für die Bereiche crush und trample unter der Rubrik Femdom zu produzieren. Als „Meine Homepage“ ist „http://www.xxx.com“ genannt. Weiter heißt es, er heiße K und sei hauptberuflich in der Bildungsbranche „zu Haus“. Unter „Referenzen“ wird der Musikclub Q, für dessen Homepage der Kläger angabegemäß Fotos gemacht hat, als „Anschrift“ ist „X“ angegeben. Der Kläger hat es auch insoweit bei der bloßen Behauptung belassen, dass er nicht für den aktenkundigen Internetauftritt verantwortlich sei und seine Seite keinen Verweis auf die Seite „http://www.xxx.com“ enthalte. Er hat nicht einmal ansatzweise eine Erklärung dafür abzugeben vermocht, weshalb ein anderer unter seinem Kürzel im Internet in Erscheinung getreten und ihm dies verborgen geblieben sein sollte, zumal die dort angesprochene Thematik in Einklang mit dem ihm vorgeworfenen dienstrechtswidrigen Verhalten steht.
41 
Bei dieser Sachlage hält die Kammer die Urheberschaft des Klägers für die genannte Internet-Seite jedenfalls für überwiegend wahrscheinlich. Auch nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der auf der Webseite http://www.xxx.com enthaltene Link auf die Seite seiner Ehefrau nicht bekannt war. Insbesondere auch angesichts der freundschaftlichen Beziehung zwischen der Ehefrau des Klägers und der Zeugin X misst die Kammer deren Bekundungen in einer polizeilichen Vernehmung, sie habe den Link ohne Wissen der Frau K gesetzt und diese danach auch nicht über den Link informiert, keinen maßgeblichen Beweiswert zu. Für diese Beurteilung spricht nicht zuletzt die bereits in der Vergangenheit bestehende, außerordentliche enge Verknüpfung der Internet-Seiten von Frau X und Frau K. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung eingeräumt, dass die Internet-Seite „www.xxx.net“ erst im Jahr 2007 eingerichtet worden ist und es vor 2007 auf der Seite „http://www.xxx.com“ einen „integrierten link“ zur Seite seiner Ehefrau gegeben hat. Dies wird durch die vorhandenen Akten bestätigt. Aus denen ergibt sich, dass auf der damaligen Frontseite auch eine Verlinkung zur Seite „used shoes“ sowie unter „E-Mail.s“ zu der E-Mail-Adresse „s.gmx.net“ enthalten war (vgl. Disziplinarakten, Bd. 2, S. 394, 396), hinter der sich die E-Mail-Adresse von Frau K verbarg.
42 
Der Vortrag des Klägers, dass sich auf der Eingangsseite der Webseite seiner Ehefrau ein Vermerk finde, wonach diese sich ausdrücklich von allem, was mit Fetisch zu tun habe, distanziere, führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Ein wirksamer Disclaimer setzt voraus, dass er klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen ist. Erheblich ist der Disclaimer zudem nur, wenn ihn der Werbende auch tatsächlich beachtet (vgl. BGH, Urt. v. 30.03.2006 - I ZR 24/03 -, NJW 2006, 2630 ff.). Danach handelt es sich vorliegend nicht um einen wirksamen Disclaimer. Der auf der Webseite der Ehefrau des Klägers angebrachte Vermerk ist ersichtlich nicht ernst gemeint. Nach Art, Ausgestaltung und Aufmachung des Internetauftritts ist die Seite unverkennbar an Schuhfetischisten gerichtet. Unter Abbildung der Trägerin und Angabe ihres Vornamens werden z. B. „Buffalostiefeletten mit total abgelaufenen Absätzen“ zum Preis von 24 EUR (vgl. Bl. 79 der Gerichtsakte im Verfahren DL 13 K 597/99), also in einer für den normalen Gebrauchtschuhhandel völlig ungewöhnlichen Art und zu einem für Seconhand-Ware ungewöhnlich hohen Preis angeboten.
43 
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf abgehoben hat, dass A über die Verwendung der mit ihr gedrehten Videoclips auf einer Fetischseite im Internet Bescheid gewusst habe, weil sie auf einem Clip ausdrücklich danach frage, ob es der Betrachter geschafft habe, den Clip downzuloaden, ändert dies nichts an dem bereits im Beschluss der Disziplinarkammer vom 27.08.2009 angenommenen Sachverhalt. Bereits damals ist die Kammer davon ausgegangen, dass A über die tatsächliche Verwendung der Clips Bescheid gewusst haben könnte. Nicht zu entlasten vermag den Kläger auch, dass die Clips, die er mit D, B und C gedreht hat, wohl nicht ins Internet gestellt wurden. Denn dies beruhte gerade nicht auf einer auf den Kläger zurückgehenden Entscheidung. Wie dieser in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliche Nachfrage angegeben hat, geht auch er davon aus, dass die von ihm an Frau X weitergegebenen Clips veröffentlicht worden wären, wenn diese sie für „tauglich“ gehalten hätte.
44 
Nach alledem besteht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach wie vor der hinreichende Tatverdacht für ein schweres Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 LBG, das nach derzeitigem Erkenntnisstand voraussichtlich mit der Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis (§ 31 LDG) zu ahnden sein wird. Hierzu hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 27.08.2009 Folgendes ausgeführt (zur Anwendbarkeit der §§ 73, 95 LBG vgl. §§ 33 ff., 63 Abs. 3 BeamtStG):
45 
Durch diese Verhaltensweisen dürfte der Antragsteller nach Aktenlage schuldhaft in schwer wiegender Weise insbesondere seine beamtenrechtliche Pflicht verletzt haben, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§§ 73 S. 2 und 3, 95 Abs. 1 S. 1 LBG) und dadurch aller Voraussicht nach auch endgültig das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung verloren haben (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG). Dabei dürfte das Fehlverhalten des Antragstellers sowohl als innerdienstliches als auch als außerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 LBG und § 95 Abs. 1 S. 2 LBG einzustufen sein. Denn insbesondere im Hinblick darauf, dass er Schülerinnen seiner Schule in ihren getragenen Schuhen in Räumen der Schule fotografierte sowie Schülerinnen als Darstellerinnen der von ihm zum überwiegenden Teil ebenfalls in Räumlichkeiten der Schule produzierten Videoclips anwarb, dürfte seinem Handeln ein innerdienstlicher Bezug nicht abzusprechen sein. Dies spielt indessen keine entscheidungserhebliche Rolle. Denn auch soweit die Verfehlungen des Beamten als außerdienstliches Dienstvergehen zu qualifizieren sind, sind sie in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt als Lehrer in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Bei dieser Sachlage lässt das Dienstvergehen des Antragstellers seine Entfernung aus dem Dienst wahrscheinlicher erscheinen als seine Belassung im Dienst. Dies ergibt sich aus Folgendem:
46 
Dem Lehrer obliegt die Aufgabe, die ihm anvertrauten Schüler über die reine Wissensvermittlung hinaus zu sittlicher Verantwortung und Menschlichkeit, zur Achtung der Würde anderer und zur Eigenverantwortlichkeit zu erziehen und sie in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung zu fördern (Art. 12 Abs. 1 LV, §§ 1 Abs. 2 Satz 2, § 38 Abs. 6 SchulG). Mit dieser Aufgabe und seiner Stellung als Vorbild und Erzieher der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen ist es unvereinbar, wenn der Antragsteller Schülerinnen in ihren getragenen Schuhen fotografiert und es zulässt, dass diese Aufnahmen ohne Wissen der Abgelichteten auf der Internetseite seiner Ehefrau aufgerufen werden können. Mit der auf dem „Datenblatt Kunde“ vom Antragsteller eingeholten Erklärung, das Foto diene dem Herkunftsnachweis und könne auch dem Secondhand Verkauf zur Verfügung gestellt werden, war eine Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos im Internet nicht verbunden. Dadurch, dass der Antragsteller die Fotos im Internet veröffentlichte, dürfte er zugleich auch gegen § 22 KunstUrhG, der das Recht am eigenen Bild gegen die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung schützt (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.1987 - 2 U 195/86 -, NJW-RR 1987, 1434 f., m. w. N.), verstoßen haben. Bereits dadurch hat der Antragsteller voraussichtlich in gravierender Weise gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen.
47 
Erheblich erschwerend kommt hinzu, dass auf der Webseite der Freundin seiner Ehefrau, die unter „www.xxx.com“ einen fetischbezogenen, dem Bereich Femdom (laut wikipedia gebräuchlichste Abkürzung für female domination ) zuzuordnenden Internethandel betreibt, ein Link auf die Webseite seiner Ehefrau existierte und der Antragsteller hiervon nach Aktenlage Kenntnis hatte. Damit wurde der entsprechenden Szene ohne Weiteres ein Zugriff auf die Bilder der Schülerinnen ermöglicht. Mithin hat es der Antragsteller ermöglicht und zugelassen, dass die von ihm gefertigten Bilder von Schülerinnen Internetnutzern auch zur Erregung oder Befriedigung besonderer objektbezogener sexueller Neigungen zur Verfügung gestellt wurden. Noch weiter gesteigert wird das Gewicht des Dienstvergehens schließlich dadurch, dass der Antragsteller gezielt Schülerinnen als Darstellerinnen in privaten Videoclips angeworben, mit ihnen zahlreiche Videoclips nach von ihm verfassten Drehbüchern mit der Femdom-Szene typischem Inhalt erstellt und die Schülerinnen angewiesen hat, in den Clips obszöne Worte zu benutzen, Gegenstände zu zertreten, Lebensmittel anzuspucken und zu zertreten sowie in Röhrchen zu spucken.
48 
Dieses Verhalten des Antragstellers geht weit über eine pädagogische Fehlleistung hinaus. Es lässt vielmehr auf grundlegende pädagogische, moralische und ethische Defizite schließen, die mit seiner Stellung als Erzieher und Vorbild unvereinbar erscheinen. Durch das vom Antragsteller an den Tag gelegte Verhalten sind seine Schülerinnen im Ergebnis zum Objekt extremer, ggf. auch krankhafter sexueller Vorstellungen und Wünsche von (anonymen) Internetnutzern herabgewürdigt worden. Dass ein derartiges Verhalten der Kernpflicht eines Lehrers, die Würde und die persönliche Entfaltung der Schüler/innen zu schützen und zu fördern, diametral entgegensteht, bedarf keiner weiteren Begründung.
49 
Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, bei der Interpretation der Pflichten des Lehrers u. a. zur Achtung der Würde anderer müsse von einem „sehr weit reichenden liberalen Menschenwürdebegriff“ ausgegangen werden, ist nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, das Gewicht der Verfehlungen des Antragstellers zu mindern. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass der Antragsteller jedenfalls den meisten Schülerinnen die - für ihre rechtliche Betroffenheit entscheidende - Information, dass die von ihnen gefertigten Bilder und Videoclips im Internet beliebigen Nutzern als Objekt deren sexueller Neigungen zur Verfügung gestellt wurden, gerade vorenthalten hat. Allenfalls A dürfte den wahren Hintergrund der Dreharbeiten gekannt haben, wobei aber auch bei ihr fraglich ist, ob sie über die Internetveröffentlichungen Bescheid wusste. Auch dürfte er - worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat - gerade die mangelnde Reife der Schülerinnen ausgenutzt haben, um diese zur Mitarbeit an den Videoclips zu bestimmen. Vor diesem Hintergrund kann - unabhängig von der Frage, ob die in Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Würde des Menschen nicht ein objektiver, unverfügbarer Wert ist, auf den der Einzelne nicht wirksam verzichten kann (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.12.1981 - 1 C 232/79 -, BVerwGE 64, 274; Robbers, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Mitarbeiterkommentar, Band 1, 2002, Art. 1 Rn. 22) - keinesfalls davon ausgegangen werden, dass hier die „Freiwilligkeit“ des Handelns der Schülerinnen den Verstoß gegen deren Menschenwürde auszuschließen geeignet war (vgl. hierzu Robbers, a.a.O.). Dies musste sich gerade dem Antragsteller als Lehrer aufdrängen, der sich der Tatsache bewusst sein musste, dass sich die jugendlichen Schülerinnen noch in einer Phase ihrer Persönlichkeitsentwicklung befanden, in der sie erhöhten Schutzes bedurften. In tatsächlicher Hinsicht wird dies dadurch belegt, dass die Vorfälle nach Bekanntwerden der Zusammenhänge bei den Schülerinnen deutliche Spuren hinterlassen haben. Die Schülerinnen wurden durch die Vorgänge erheblich verunsichert und überfordert. Ihre Reaktionen reichten von starker Betroffenheit, Aufgewühltheit, über Ekel bis zur Befürchtung von Repressalien (vgl. die Stellungnahme des Schulleiters vom 31.03.2009). So äußerte z. B. B bei ihrer Vernehmung am 11.03.2009, dass ihr die Videoaufnahmen sehr peinlich gewesen seien und sie nur eingewilligt habe, weil sie ihrem Lehrer vertraut habe; ihren Eltern habe sie aus Scham nichts davon berichtet. A, die laut Aktenvermerk des vernehmenden Polizeibeamten während der Vernehmung auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen und leicht an den Händen zu zittern begann, wollte die von der Polizei vorgelegten Videosequenzen, die sie zeigten, nicht sehen, da sie „sonst eventuell ausraste“. Ihr sei das Ganze unangenehm und sie sei „total enttäuscht“.
50 
Durch sein Verhalten hat der Antragsteller auch das für eine Wahrnehmung pädagogischer Aufgaben erforderliche Vertrauensverhältnis zu den Schülerinnen grundlegend erschüttert. Dies gilt um so mehr, als er diese über den wahren Bestimmungszweck nicht nur uninformiert ließ, sondern sie durch falsche Angaben aktiv und gezielt täuschte. Hierbei unterstreicht die Tatsache, dass die Videoclips direkt auf die Fetischseite „www.xxx.com“ gelangten und dort gegen Bezahlung zum downloaden bereitstanden, in welch rücksichtsloser Geschäftsmanier er das in ihn als Lehrer gesetzte Vertrauen der Schülerinnen missbraucht, in ihre Intimsphäre und damit in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) eingegriffen und ihre Würde und ihr Schamgefühl verletzt hat. Da die Mädchen für einen gedrehten Clip lediglich einmalige Beträge zwischen 10 und 15 EUR erhielten, die Clips bei „xxx“ zum beliebig häufigen downloaden für 9,99 USD bis 21,99 USD bereitstanden und einer im Internet von „xxx.com“ veröffentlichten Preisliste zufolge beispielsweise zertretene Lebensmittel für 20 EUR bzw. eine Dose Speichel für 5 EUR zum Verkauf angeboten wurden (vgl. S. 112 der Beiakte zur I. Personalakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe), erscheint - ohne dass es für die Entscheidung letztlich hierauf ankäme - nicht ausgeschlossen, dass der Vorgehensweise des Antragstellers auch ein ausbeuterischer Charakter zukommt (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.1987, a. a. O.).
51 
Insgesamt hat das disziplinarische Fehlverhalten des Antragstellers so erhebliches Gewicht, dass es aller Voraussicht nach einen endgültigen und vollständigen Verlust des auf seine Stellung als Erzieher und Vorbild für die Schüler bezogenen Ansehens und Vertrauens von Eltern und Dienstherrn bewirkt. Auch in dem vorliegenden Zusammenhang (vgl. im Zusammenhang mit Verstößen eines Lehrers gegen § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB a. F. VGH Bad.-Würrt., Urt. v. 07.12.2006, - DL 16 S 15/06 -) kann von den Eltern schlechterdings nicht verlangt werden, ihre Kinder einem Lehrer zur Erziehung anzuvertrauen, der die mit seinem Lehrerberuf verbundene besondere Autorität sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Bereich in der beschriebenen Weise ausgenutzt und es ermöglicht hat, dass - von ihm gefertigte - Bilder und Videoclips von Schülerinnen ohne deren Wissen im Internet als Objekte besonderer sexueller Neigungen zum Abruf zur Verfügung stehen. Nach Auffassung der Kammer erscheint es weder den Eltern noch dem Dienstherrn mit Blick auf die durch das Verhalten des Antragstellers ausgelösten tiefgreifenden Beeinträchtigungen der Schülerinnen in ihrem Persönlichkeitsrecht wie in ihrer Menschenwürde hinnehmbar, den Antragsteller im Dienst zu belassen. Milderungsgründe, wie z.B. die fehlende disziplinarrechtliche Vorbelastung sowie der Umstand, dass seine fachlichen Leistungen im Schulbetrieb überaus positiv beurteilt werden, haben kein derartiges Gewicht, dass ein Absehen von der Höchstmaßnahme gerechtfertigt wäre. Im Gegenteil fallen weitere Gesichtspunkte zu Lasten des Antragstellers ins Gewicht. Der Antragsteller, dem gerade auch im Hinblick auf seine hervorgehobene Tätigkeit als Fachberater in der Schulaufsicht Vorbildfunktion zukommt, hat zur Aufklärung des Sachverhalts bislang nichts Wesentliches beigetragen. Er hat vielmehr versucht, seine - sich über Jahre hinziehenden - Verhaltensweisen wie auch die Anzahl der von den Schülerinnen gedrehten Clips möglichst herunterzuspielen und den betroffenen Schülerinnen bzw. dem Schulleiter einen Teil der Verantwortung zuzuweisen. Auch hatten die Vorgänge - wegen ihrer Außergewöhnlichkeit nachvollziehbar - in der Schule außerordentliche Resonanz erfahren und erhebliche Auswirkungen auf den Schulbetrieb und das Ansehen der Schule. Zur Begründung kann auf die Stellungnahme der Schulleiters vom 31.03.2009 verwiesen werden (AS 85 ff. der Gerichtsakte). Nach alledem ist für das vorliegende Verfahren davon auszugehen, dass die Entfernung des Beamten aus dem Dienst wahrscheinlicher ist als seine Belassung im Dienst.
52 
Auch an dieser Bewertung hält die Kammer nach erneuter Prüfung im Hauptsacheverfahren fest. Das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren ist nicht geeignet, die rechtliche Erheblichkeit und das Gewicht der Verfehlungen des Klägers bei Berücksichtigung dessen Persönlichkeitsbild (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 LDG) derart in milderem Licht erscheinen zu lassen, dass die Prognose der Höchstmaßnahme nicht mehr gerechtfertigt erscheint.
53 
Dies gilt zunächst für den Vortrag, es fehle an der sexuellen Konnotation der in das Internet gestellten Fotos, weil die eigentlichen „Objekte der Begierde“ die Schuhe seien und nicht die Schülerinnen. Konkrete Belege für die Richtigkeit dieser Behauptung hat der Kläger nicht dargetan. Die Praxis, die Schuhe regelmäßig mit ihren - ausschließlich weiblichen - Trägern abzubilden, lässt auch auf eine entsprechende „Nachfrage“ schließen. Bestätigt wird dies durch die Einlassung der Zeugin X, die im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung angegeben hat, dass die Kunden „dann auch Bilder haben“ wollten, „damit sie sehen, wie ich sie getragen habe“ (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, S. 553).
54 
Der Kläger trägt ferner vor, die Reaktionen der Schülerinnen auf die Vorgänge hätten sich im Laufe der Zeit normalisiert, einige Schülerinnen hätten sich sogar hilfesuchend wegen Abiturvorbereitungsunterrichts in Mathematik an ihn gewandt und unter „www.xyz.com“ sei von ehemaligen Schülern eine - ihn unterstützende - Petition mit 37 Unterschriften ins Internet gestellt worden. Auch wenn die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt wird, lassen sich daraus jedenfalls nicht Milderungsgründe von solchem Gewicht ableiten, dass die Prognose der Höchstmaßnahme in Frage gestellt würde. Dies gilt umso mehr, als die sich für den Kläger einsetzenden Schüler in der Mehrzahl nicht betroffen sein dürften und möglicherweise nur eingeschränkt über Art und Umfang seiner Verfehlungen informiert sind.
55 
Damit konnte die Disziplinarbehörde den Kläger vorläufig des Dienstes entheben. Allerdings lässt sich der Verfügung vom 10.02.2009 nicht entnehmen, dass sich der Beklagte bei seiner Entscheidung bewusst war, dass ihm durch die Bestimmung des § 22 Abs. 1 LDG Ermessen eingeräumt ist. Nach dem Wortlaut der Verfügung vom 10.02.2009 (S. 4 oben: „Der Beamte musste gemäß § 22 LDG mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben werden“) fühlte er sich möglicherweise gebunden. Ob diese mögliche Ermessensunterschreitung durch den Erlass der Verfügung vom 31.03.2009, in der ausdrücklich Ermessenserwägungen angestellt werden, nachträglich geheilt worden ist (vgl. hierzu Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rn. 17 ff.), kann indes offen bleiben. Es bedarf vorliegend auch keiner Entscheidung, ob jedenfalls in § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG ein sogenanntes „intendiertes“ Ermessen eingeräumt werden sollte (so zu § 91 BDO BVerwG, Beschl v. 17.05.2001 - 1 DB 15/01 -, NVwZ 2001, 1410 ff.; a. A. zu § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG VG Freiburg, Urt. v. 12.11.2008 - DL 10 K 2701/08 -). Denn die Verfehlungen des Klägers sind derart gravierend und die eingetretenen Folgen von solchem Gewicht, dass aus Gründen des Schutzes der hier betroffenen hochrangigen Rechtsgüter der Schülerinnen, der Generalprävention sowie des Ansehens der Schule und des öffentlichen Dienstes insgesamt allein die vorläufige Dienstenthebung rechtmäßig erscheint und damit eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt.
56 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
57 
Die Zulassung der Berufung findet ihre Grundlage in § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Im vorliegenden Verfahren werden im Hinblick auf die durch das am 22.10.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) neu geschaffene Bestimmung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG klärungsbedürftige Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen. (2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 38 Zulässigkeit


(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus d

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(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) 1. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,2. an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie - KunstUrhG | § 22


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Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 63 Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen


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Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 126 Zulässigkeit, Wirksamkeit, Rechtsmittel


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Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Disziplinarkammer - vom 29. Juli 2009 - DL 20 K 1146/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 2 LDG, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben dem Senat keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass ihre Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 22.12.2008 aufschiebende Wirkung hat, abzulehnen. Mit dieser Verfügung hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin gemäß § 22 LDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 50 v. H. der Dienstbezüge ab dem 01.01.2009 angeordnet.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 22.12.2008, die keine Anordnung des Sofortvollzugs enthält, aufschiebende Wirkung hat. Nach § 22 Abs. 1 LDG kann die Disziplinarbehörde ab Einleitung des Disziplinarverfahrens den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn er voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird (Nr. 1) oder andernfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist (Nr. 2). Nach Absatz 2 der Vorschrift kann in den Fällen des Absatz 1 die Disziplinarbehörde verfügen, dass bis zu 50 Prozent der monatlichen Bezüge einbehalten werden. § 23 LDG regelt die Form und Rechtswirkungen von vorläufiger Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge. Nach § 23 Abs. 1 LDG sind Verfügungen über vorläufige Maßnahmen mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten zuzustellen. Vorläufige, nicht amtsgemäße Verwendung und vorläufige Dienstenthebung werden mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen mit Ablauf des Monats der Zustellung wirksam und vollziehbar. Mit dem Verwaltungsgericht vermag auch der Senat aus dem Wort „vollziehbar“ nicht die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzugs zu entnehmen.
Das LDG führt nach der gesetzgeberischen Absicht das Disziplinarverfahren in ein Verwaltungsverfahren mit sich ggf. anschließendem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über und beendet damit im Wesentlichen dessen bisherige Bindung an das Strafprozessrecht. Das Disziplinarverfahren soll an das allgemeine beamtenrechtliche Verwaltungsverfahren angeglichen werden (Amtliche Begründung zum Landesdisziplinargesetz vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 52). Die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungsprozesses werden anwendbar (§ 2 LDG). Elemente des Strafprozesses sollen nur dort erhalten bleiben, wo dies mit Blick auf den Rechtsschutz des Beamten unverzichtbar ist. Disziplinarmaßnahmen werden durch Disziplinarverfügung des Dienstherrn ausgesprochen. Dies gilt ebenso für die vorläufige Dienstenthebung wie auch für die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge. Diese Maßnahmen sind Verwaltungsakte im Sinne von § 35 LVwVfG. Der Rechtsschutz hiergegen richtet sich nach den Vorschriften der VwGO und dem hierzu ergangenen Ausführungsgesetz zur VwGO (AGVwGO) vom 14.10.2008 (GBl. S. 343). Nach § 15 Abs. 2 AGVwGO bedarf es in Angelegenheiten nach dem LDG keines Vorverfahrens, so dass der Klageweg sofort eröffnet ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG nach verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Kriterien auszulegen. Die VwGO geht vom Regelfall aus, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben (§ 80 Abs. 1 VwGO) und nach ganz einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung zur Vollziehbarkeitshemmung des Verwaltungsaktes führen (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt Stand Oktober 2008, § 80 Rdnr. 75 ff.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2007, Rdnr. 631). Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden Verwaltungsakten. Die aufschiebende Wirkung entfällt - neben den in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 4, und Satz 2 VwGO ausdrücklich genannten - „nur“ in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Der Sofortvollzug soll mithin die Ausnahme sein. Wenn § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG bestimmt, dass die vorläufige Dienstenthebung mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen mit Ablauf des Monats der Zustellung wirksam und vollziehbar werden, ist der Wortlaut eindeutig. Verwaltungsakte werden regelmäßig - abgesehen vom Fall der Nichtigkeit (vgl. § 44 LVwVfG) - mit ihrer Bekanntgabe an den Adressaten wirksam (§ 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG) und vollziehbar (statt vieler J. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. § 80 Rdnr. 5). Die aufschiebende Wirkung des § 80 Abs. 1 VwGO wird erst durch den Widerspruch ausgelöst, nicht schon durch die Möglichkeit der Einlegung des Rechtsbehelfs (BVerwG, Urteil vom 25.02.1992, NVwZ 1992, S. 791; so auch Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt Stand Oktober 2008, § 80 Rdnr. 44 m.w.N.). Damit stellt § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG nach seinem Wortlaut klar, dass mit der Wirksamkeit des Verwaltungsakts dieser bereits (vor Bestandskraft) vollziehbar ist (vgl. für die wortgleiche Regelung in § 39 Abs. 1 Satz 1 BDG Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Aufl., § 39, Rdnr. 1, wo ebenfalls von einer Klarstellung ausgegangen wird). Da der Wortlaut somit eindeutig ist bedarf es keiner Auslegung dieser Vorschrift, ebenso wenig ist ein Rückgriff auf die Gesetzeshistorie erforderlich.
Der Ansicht der Antragsgegnerin, wonach § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG durch das Wort „vollziehbar“ die Anordnung des gesetzlichen Sofortvollzugs enthalte, vermag sich der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht nicht anzuschließen. Zwar beruft sich die Antragsgegnerin auf die Gesetzesbegründung (a.a.O., S. 83) zu § 23 LDG, wo es heißt: „Es handelt sich damit um den Fall einer gesetzlich geregelten sofortigen Vollziehbarkeit (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO)“. Der in den Motiven zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers ist bei der Auslegung von Gesetzen heranzuziehen, er findet jedoch seine Grenze im Gesetzeswortlaut (so auch VG Freiburg, Beschluss vom 03.02.2009 - DL 10 K 2727/08 - m.w.N.). Der Wortlaut ist jedoch, wie oben dargestellt, eindeutig. Darüber hinaus lässt sich aus dem Begriff „vollziehbar“ erst recht nicht auf die „sofortige“ Vollziehbarkeit schließen. Diese Begrifflichkeit ist im Übrigen auch ungewöhnlich. Entsprechend der Ermächtigungsnorm in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO findet sich regelmäßig bei gesetzlich angeordnetem Sofortvollzug die Wendung „Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung“. Folgerichtig regelt z. B. § 17 Abs. 2 Satz 2 LDG für die Fälle behördlich angeordneter Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei Gefahr im Verzug, dass die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegnerin ist zuzugeben, dass § 23 LDG der Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 1 BDG wörtlich nachgebildet ist. Zurecht hat das Verwaltungsgericht aber darauf hingewiesen, dass das BDG in § 63 ausdrücklich den vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz geregelt hat, so dass sich die Frage des Sofortvollzugs bei einer Maßnahme nach § 39 Abs. 1 Satz 1 BDG gar nicht mehr stellt (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2007 - 21d B 1024/07.BDG -, das wegen des besonderen Rechtsschutzes in § 63 BDG von einer Verwaltungsentscheidung sui generis ausgeht).
Ist somit die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von 50 v. H. der Bezüge der Antragstellerin in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 22.12.2008 nicht sofort vollziehbar, so entfaltet die Anfechtungsklage der Antragstellerin nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Möchte die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfallen lassen, bleibt es ihr unbenommen, den Sofortvollzug der Verfügung vom 22.12.2008 unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzuordnen.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen weist der Senat darauf hin, dass die Antragstellerin weiterhin ein Rechtsschutzinteresse am Feststellungsantrag haben dürfte, obwohl sie zwischenzeitlich durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.05.2009 u. a. aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurde (Ziff. 1), bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Dienstes enthoben bleibt und 50 % der monatlichen Bezüge einbehalten werden (Ziff. 2). Denn die Verfügung vom 20.05.2009 trifft keine eigenständige Regelung, sondern macht sich ersichtlich die Begründung in der Verfügung vom 22.12.2008 zu eigen. Lediglich im Tenor der Entscheidung wird unter Ziff. 2 angeordnet, dass die Beamtin bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung des Dienstes „enthoben bleibt“ und 50 Prozent der monatlichen Bezüge einbehalten werden. Bereits der Wortlaut „enthoben bleibt“ spricht für eine Bezugnahme auf die hier streitgegenständliche Verfügung. Hinzu kommt, dass sich in der Verfügung weder Ausführungen zur Dienstenthebung noch zur Höhe der einbehaltenen Bezüge, geschweige denn zur Rechtsgrundlage finden. Damit spricht alles dafür, dass die unter Ziff. 2 der Verfügung vom 20.05.2009 getroffene Feststellung keinen eigenständigen Regelungscharakter besitzt, sondern im Sinne einer wiederholenden Verfügung auf die vorläufige Dienstenthebung vom 22.12.2008 Bezug nimmt (vgl. hierzu auch Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Loseblatt Stand September 2009, § 39 BDG, Rdnr. 10).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da die Gerichtskosten streitwertunabhängig sind (Nrn. 214, 220 der Anlage zu § 22 AGVwGO).
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.

(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.

(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.

(1) Die Einleitungsbehörde kann einen Soldaten vorläufig des Dienstes entheben, wenn das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist. Mit der vorläufigen Dienstenthebung kann das Verbot, Uniform zu tragen, verbunden werden.

(2) Die Einleitungsbehörde kann gleichzeitig mit der vorläufigen Dienstenthebung oder später anordnen, dass dem Soldaten ein Teil, höchstens die Hälfte der jeweiligen Dienstbezüge einbehalten wird, wenn im gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Tritt der Soldat während des gerichtlichen Disziplinarverfahrens in den Ruhestand, hebt die Einleitungsbehörde ihre Anordnung über die Einbehaltung der Dienstbezüge auf; gleichzeitig kann sie anordnen, dass ein Teil des Ruhegehalts einbehalten wird.

(3) Die Einleitungsbehörde kann bei einem früheren Soldaten gleichzeitig mit der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens oder später anordnen, dass ein Teil, höchstens 30 vom Hundert des Ruhegehalts einbehalten wird.

(4) Die Verfügung der Einleitungsbehörde über die getroffenen Anordnungen ist dem Soldaten zuzustellen. Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung wird mit der Zustellung an den Soldaten, die Anordnung der Einbehaltung der Dienstbezüge und des Ruhegehalts mit dem auf die Zustellung folgenden nächsten Fälligkeitstag wirksam.

(5) Die Einleitungsbehörde kann eine nach den Absätzen 1 bis 4 getroffene Anordnung jederzeit auf Antrag oder von Amts wegen aufheben. Die Entscheidung ist dem Soldaten zuzustellen. Lehnt die Einleitungsbehörde einen Antrag auf Aufhebung ab, kann der Soldat innerhalb eines Monats nach Zustellung die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragen. Ist das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig, tritt dieses Gericht an die Stelle des Truppendienstgerichts.

(6) Mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens enden die Anordnungen kraft Gesetzes.

(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.

(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.

(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.

(1) Der Beamte kann die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen beim Gericht beantragen; Gleiches gilt für den Ruhestandsbeamten bezüglich der Einbehaltung von Ruhegehalt. Der Antrag ist bei dem Oberverwaltungsgericht zu stellen, wenn bei ihm in derselben Sache ein Disziplinarverfahren anhängig ist.

(2) Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen sind auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.

(3) Für die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach Absatz 1 gilt § 80 Abs. 7 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Beamte kann die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen beim Gericht beantragen; Gleiches gilt für den Ruhestandsbeamten bezüglich der Einbehaltung von Ruhegehalt. Der Antrag ist bei dem Oberverwaltungsgericht zu stellen, wenn bei ihm in derselben Sache ein Disziplinarverfahren anhängig ist.

(2) Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen sind auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.

(3) Für die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach Absatz 1 gilt § 80 Abs. 7 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 24/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Arzneimittelwerbung im Internet
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3

a) Der Werbende kann das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch
einen sog. Disclaimer einschränken, in dem er ankündigt, Adressaten in einem
bestimmten Land nicht zu beliefern. Um wirksam zu sein, muss ein
Disclaimer eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst
gemeint aufzufassen sein und vom Werbenden auch tatsächlich beachtet
werden.

b) Den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts unterliegen nach § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG Diensteanbieter, die in einem anderen Staat der EU
geschäftsansässig sind, wenn sie im Inland für ein nicht zugelassenes Arzneimittel
werben. Auch die Frage des Vertriebsverbots für nicht zugelassene
Arzneimittel in Deutschland richtet sich nach inländischem Recht.

c) Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur
Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG
Nr. L 136 v. 30.4.2004, S. 34) hat einen neuen europarechtlich einheitlichen
Arzneimittelbegriff für Funktionsarzneimittel eingeführt, der aufgrund richtlinienkonformer
Auslegung des § 2 AMG im Inland gilt.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 24/03 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. November 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, unterhält einen Internet-Versandhandel. Zu den von ihr vertriebenen Erzeugnissen gehören die im Klageantrag näher bezeichneten Produkte. Für diese warb die Beklagte auf ihren Internet-Seiten u.a. folgendermaßen:
2
Die Startseite des Internet-Auftritts der Beklagten enthielt jedenfalls bis Dezember 2001 den nachstehenden Hinweis:
3
Gleichwohl lieferte die Beklagte auf eine Bestellung aus November 2001 noch im Dezember 2001 die Produkte "L. TM Kapseln" und "Johanniskraut Kapseln" nach Deutschland.
4
Der klagende Wettbewerbsverein hat geltend gemacht, die streitgegenständlichen Produkte seien Arzneimittel, die die Beklagte ohne Zulassung im Inland weder bewerben noch vertreiben dürfe.

5
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr nachfolgend wiedergegebene Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben:
a) K. mit Knoblauch Kapseln,
b) L. TM Kapseln,
c) Ly. TM Kapseln,
d) V. TM Kapseln,
e) Johanniskraut Kapseln.
6
Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die von ihr beworbenen Produkte seien Nahrungsergänzungsmittel und keine zulassungspflichtigen Arzneimittel. Sie hat geltend gemacht, die Werbung und der Vertrieb der Produkte seien in den Niederlanden zulässig; sie dürfe deshalb für die Waren im Internet werben und diese vertreiben. Dies gelte jedenfalls, wenn sie klarstelle, nicht nach Deutschland zu liefern.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (KG ZLR 2003, 604).
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F. i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
10
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne dieser Vorschrift fielen auch Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs. Ort des schädigenden Ereignisses seien der Handlungs- und der Erfolgsort. Die Internet-Domain sei bestimmungsgemäß in Deutschland abrufbar. Zu dem auf der Startseite angeführten Begriff der deutschsprachigen Europäer zählten neben Österreichern und Schweizern auch Deutsche. Zwar könne durch einen sog. Disclaimer das auf der ganzen Welt abrufbare Internet-Angebot auf bestimmte Gebiete beschränkt werden. Die Beklagte habe sich jedoch durch die Lieferung nach Deutschland zu dem Disclaimer in Widerspruch gesetzt. Im Übrigen reiche die schlüssige Behauptung der die internationale Zuständigkeit begründenden Umstände aus.
11
Der Unterlassungsanspruch sei begründet, weil es sich bei den streitgegenständlichen Produkten um (Funktions-)Arzneimittel handele, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben werden dürften. Maßgeblich für die Einordnung als Arzneimittel oder als Lebensmittel sei die an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung. Die Verkehrsanschauung knüpfe regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die von den Verwendungsmöglichkeiten solcher Mittel ihrer Art nach abhänge. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts könne von der Auffassung der Wissenschaft, den dem Mittel beigefügten Hinweisen und Werbeprospekten sowie der Aufmachung der Mittel beeinflusst werden. Auch nach den einschlägigen EG-Vorschriften seien Mittel, die unter den europäischen Arzneimittelbegriff fielen, keine Lebensmittel.
12
Nach den Werbeaussagen der Beklagten, deren Richtigkeit von den Parteien nicht in Abrede gestellt worden sei, hätten die in Rede stehenden Produkte eine pharmakologische Wirkung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei ein Erzeugnis als ein Arzneimittel anzusehen , wenn es dazu bestimmt und geeignet sei, zur Beeinflussung der Körperfunktion im eigentlichen Sinne angewandt zu werden, es sei denn, die Stoffe wirkten sich nicht nennenswert auf den Stoffwechsel aus. Die streitgegenständlichen Produkte hätten in diesem Sinne eine pharmakologische Wirkung. Es finde eine gezielte Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers statt, der kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck gegenüberstehe. Durch die Mittel würden keine Mangelzustände aufgrund verbrauchter Nährstoffe ausgeglichen, sondern es werde gezielt die Herzfunktion verbessert, die sexuelle Leistungsfähigkeit gesteigert, die Prostata verkleinert oder zur Aufhellung der Psyche beigetragen.
13
Das Mittel "K. mit Knoblauch Kapseln" enthalte das CoEnzym Q-10, das den Stoffwechsel beeinflusse. Knoblauch in arzneilicher Zubereitung diene der Vorbeugung altersbedingter Gefäßerkrankungen.
14
Die Mittel "L. TM Kapseln" und "V. TM Kapseln" würden als natürliche, sichere, patentierte und klinisch erprobte Rezepturen zur Steigerung der sexuellen Leistungsfähigkeit beworben, die durch eine klinisch erprobte Formel zur Erhöhung der Produktion des Neutrotransmitters "Stickstoffmonoxyd" die Durchblutung der Sexualorgane steigern sollten. Die Mittel würden in den Stoffwechsel eingreifen. Durch den Hinweis auf eine klinische Erprobung werde das Verkehrsverständnis einer pharmakologischen Wirkung verstärkt.
15
Das Mittel "Ly. TM Kapseln" helfe, eine vergrößerte Prostata zu verkleinern und einem häufigen Harndrang entgegenzuwirken, und manipuliere ebenfalls die Körperfunktionen.
16
Die Wirkung der Johanniskraut-Kapseln sei auf die Förderung einer positiven Einstellung und einer stabilen Gemütslage gerichtet. Johanniskraut werde in arzneilicher Zubereitung bei psycho-vegetativen Störungen wie Angst und nervöser Unruhe sowie depressiven Verstimmungen angewandt. Es habe die Zweckbestimmung eines Arzneimittels und manipuliere die Körperfunktionen.
17
Bei der Einnahme der Mittel seien Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen ; es bestehe die Gefahr der unsachgerechten Selbstmedikation durch Einnahme der Mittel unter Vernachlässigung eines gebotenen Arztbesuchs.
18
Das Vertriebs- und Werbeverbot nach § 21 AMG, § 3a HWG gelte auch dann, wenn die Mittel in einem anderen EU-Mitgliedstaat zulässigerweise auf dem Markt sein sollten. Handele es sich um in einem anderen Mitgliedstaat frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel ohne arzneimittelrechtliche Zulassung oder Registrierung, fehle es an einer Grundlage, die Mittel ohne entsprechendes Prüfverfahren als gleichwertig mit im Inland zugelassenen Arzneimitteln anzusehen. Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit i.S. von Art. 28 EG durch das Vertriebs- und das Werbeverbot seien zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 30 EG gerechtfertigt.
19
II. Die Revision ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bewerbung und der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte durch die Beklagte seien im Inland unlauter, hält sowohl nach altem (§ 1 UWG a.F.) als auch nach neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG) der rechtlichen Nachprüfung stand.
20
1. Anders als die Revision meint, ist im Streitfall eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Die unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542; Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 102/02, TranspR 2004, 74, 75 = MDR 2004, 761) ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Das EuGVÜ ist vorliegend anwendbar, weil die Klage am 7. September 2001 und damit vor Geltung der EuGVVO, die am 1. März 2002 in Kraft getreten ist (Art. 76 Abs. 1 EuGVVO), erhoben worden ist (§ 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 ZPO; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.2.2005 - I ZR 101/02, GRUR 2005, 519 = WRP 2005, 735 - Vitamin-Zell-Komplex).
21
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen Klagen aufgrund unerlaubter Wettbewerbshandlungen (BGH, Urt. v. 11.2.1988 - I ZR 201/86, GRUR 1988, 483, 485 = WRP 1988, 446 - AGIAV; BGHZ 153, 82, 91). Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S. des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort, d.h. der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (EuGH, Urt. v. 7.3.1995 - Rs. C-68/93, Slg. 1995, I-415 = GRUR Int. 1998, 298 Tz. 20 - Shevill). Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll (BGH, Urt. v. 13.10.2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 = WRP 2005, 493 - HOTEL MARITIME; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG Frankfurt CR 1999, 450; OLG Bremen CR 2000, 770, 771; Harte/Henning/Retzer, UWG, § 14 Rdn. 64; weitergehend zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG München CR 2002, 449, 450). Die Zuständigkeit hängt allerdings nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht vielmehr aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME).
22
Der Ort des schädigenden Ereignisses liegt im Streitfall in Deutschland. Der Internet-Auftritt der in den Niederlanden ansässigen Beklagten war international ausgerichtet und auch in deutscher Sprache gehalten und an deutschsprachige Europäer gerichtet. Die Verkaufspreise waren zudem in DM angegeben. Soweit die Beklagte in ihrem Internet-Auftritt den Hinweis auf "deutschsprachige Europäer" mit dem Zusatz "aber nicht an deutsche Adressen" und der österreichischen Nationalflagge versehen hat, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass dadurch Deutschland von dem Internet-Auftritt nicht ausgeschlossen worden ist. Allerdings kann ein sogenannter Disclaimer, mit dem der Werbende ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern, ein Indiz für eine Einschränkung des Verbreitungsgebiets sein (vgl. OLG Frankfurt CR 1999, 450, 451; KG GRUR Int. 2002, 448, 449 f.; Fezer /Hausmann/Obergfell, UWG, Einl. I Rdn. 369; Hoeren, WRP 1997, 993, 998; Mankowski, GRUR Int. 1999, 909, 919; Ubber, Markenrecht im Internet, S. 214; enger: Harte/Henning/Retzer aaO § 14 Rdn. 64). Ein wirksamer Disclaimer setzt aber voraus, dass er klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen ist. Erheblich ist der Disclaimer zudem nur, wenn ihn der Werbende auch tatsächlich beachtet und nicht entgegen seiner Ankündigung gleichwohl in das vom Vertrieb ausgenommene Absatzgebiet liefert. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Disclaimer ist ersichtlich nicht ernst gemeint, weil die Beklagte beim Vertrieb ihrer Produkte neben Preisen in Euro auch DM-Preise bei der Produktwerbung angegeben hat. Hätte die Beklagte von ihrem an deutschsprachige Europäer gerichteten Angebot tatsächlich inländische Abnehmer ausnehmen wollen, hätte es wesentlich näher gelegen, statt der deutschen Währung die österreichische oder die schweizerische Währung anzugeben. Den Disclaimer hat die Beklagte auch selbst nicht beachtet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sie den Lieferersuchen nach Deutschland jedenfalls in zwei Fällen nachgekommen.
23
Entgegen der Ansicht der Revision stellt es auch keine unzulässige Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EG dar, dass ein Disclaimer bei der Frage, an wen sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß richtet, nur Beachtung finden kann, wenn er widerspruchsfrei und ernst gemeint aufgemacht ist und wenn sich der Werbende zu dem Disclaimer nicht in Widerspruch setzt.
24
2. Der Unterlassungsanspruch ist nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs.1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG begründet.
25
a) Die Anwendung deutschen Rechts auf den Internet-Auftritt der Beklagten ist nicht nach dem sog. Marktortprinzip ausgeschlossen. Nach dem Marktortprinzip setzt die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts voraus, dass die wettbewerblichen Interessen der Mitbewerber im Inland aufeinandertreffen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; BGHZ 113, 11, 14 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung). Nach deutschem Wettbewerbs- recht ist der Internet-Auftritt der Beklagten zu beurteilen, wenn sich dieser bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat (vgl. Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., Einl. UWG Rdn. 5.8; Fezer /Hausmann/Obergfell aaO Einl. I Rdn. 273; Harte/Henning/Glöckner aaO Einl. C Rdn. 84 ff.; Bornkamm in: Bartsch/Lutterbeck, Neues Recht für neue Medien, 1998, 99, 105). Hiervon ist im Streitfall auszugehen; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zur Begründung der internationalen Zuständigkeit entsprechend (Abschn. II 1). Der Internet-Auftritt der Beklagten hat sich auch tatsächlich und nicht nur nach den Behauptungen des Klägers im Inland ausgewirkt. Durch den von der Beklagten auf ihrer Startseite im Internet angebrachten Disclaimer wurde der Inlandsbezug nicht ausgeschlossen, weil der Disclaimer ersichtlich nicht ernst gemeint war und die Beklagte sich an die dort angekündigte Lieferbeschränkung tatsächlich auch nicht gehalten hat. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Lieferung von zwei Produkten nach Deutschland handelte es sich nicht um ein einmaliges Versehen. Davon ist das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten ausgegangen. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Auch die Revision zeigt einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht auf. Dem Disclaimer fehlte deshalb eine dahingehende Indizwirkung, dass die Beklagte grundsätzlich keine Lieferungen nach Deutschland vornahm.
26
b) Das beantragte Verbot der Werbung und des Vertriebs der streitgegenständlichen Produkte ist nicht nach dem Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz TDG) ausgeschlossen. Das Teledienstegesetz in der bis zum 20. Dezember 2001 gültigen Fassung sah keine Ausnahmen von nationalen Beschränkungen für Diensteanbieter mit Niederlassung in einem anderen EG-Staat vor.
27
Nach der Novellierung des Teledienstegesetzes mit Wirkung ab 21. Dezember 2001 sind die beanstandete Werbung und der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte von einem Verbot nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG n.F. nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte ihren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat. Nach dieser Vorschrift, durch die Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft , insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 v. 17.7.2000, S. 1) umgesetzt worden ist (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr [Elektronisches Geschäftsverkehr-Gesetz - EGG], BTDrucks. 14/6098, S. 18), wird der Dienstleistungsverkehr von nationalen Beschränkungen , die im Herkunftsland nicht gelten, freigestellt (Herkunftslandprinzip ). Zu den Telediensten im Sinne des Teledienstegesetzes rechnen gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 TDG auch Angebote von Waren in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellungsmöglichkeit , wie sie die Beklagte vorliegend bereitstellt. Gleichwohl unterliegen Werbung und Vertrieb der Produkte der Beklagten deutschem Recht.
28
aa) Für die Beurteilung des Vertriebsverbots sind die Bestimmungen des Teledienstegesetzes nicht einschlägig. Die E-Commerce-Richtlinie, zu deren Umsetzung die Novellierung des Teledienstegesetzes durch das Elektronische Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) diente (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/6098, S. 11), regelt nicht die Lieferung von Produkten. Diese sind nach Art. 2 lit. h ii Spiegelstrich 2 der E-Commerce-Richtlinie und nach ihrem Erwägungsgrund Nr. 21 vom koordinierten Bereich ausgenommen (vgl. auch KG GRUR-RR 2001, 244, 249; Ahrens, CR 2000, 835, 841; Ernst, WRP 2001, 893, 898). Entsprechendes gilt für die die Richtlinie umsetzende Novellie- rung des Teledienstegesetzes, dem auch nichts für eine weitergehende Regelung zu entnehmen ist (Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, 2004, § 4 TDG Rdn. 11; Brunner in Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 4 TDG Rdn. 35).
29
bb) Dem von dem Kläger beantragten Werbeverbot steht nicht die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG entgegen. Dazu bedarf es keines näheren Eingehens auf die Rechtsnatur und die Reichweite des Herkunftslandprinzips nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG (vgl. zum Meinungsstand: Ahrens, FS Tilmann, S. 739, 745 f.; Fezer/Hausmann/Obergfell aaO Einl. I Rdn. 112 ff.; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 4 TDG Rdn. 23 ff.; Brunner in Manssen aaO § 4 TDG Rdn. 37 ff.). Denn § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG findet nach § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG keine Anwendung. Danach unterliegen das Angebot und die Erbringung eines Teledienstes durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassen ist, abweichend von § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts, soweit dieses dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient, und die auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts in Betracht kommenden Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht ausdrücklich erörtert. Das nötigt jedoch nicht zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, weil der Senat die erforderliche Prüfung selbst vornehmen kann.
30
Gegenstand der Beurteilung ist im Streitfall die Frage, ob ein Werbeverbot für im Inland nicht zugelassene Arzneimittel, zu denen die streitgegenständlichen Produkte der Beklagten rechnen (vgl. hierzu nachstehend II 2 c), dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient und dies im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verhältnismäßig ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG, Art. 3 Abs. 4 lit. a E-Commerce-Richtlinie). Davon ist allerdings nicht schon deshalb auszugehen, weil der deutsche Gesetzgeber in § 3a HWG ein Werbeverbot für Arzneimittel vorgesehen hat, denen die erforderliche Zulassung fehlt (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 4 Rdn. 55 TDG). Allein aus dem Vorhandensein eines nationalen Werbeverbots für entsprechende Arzneimittel folgte nicht, dass auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG erfüllt sind. Das Werbeverbot des § 3a HWG für Arzneimittel, denen die notwendige Zulassung fehlt, setzt aber Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 113 v. 30.4.1992, S. 13) um. Danach untersagen die Mitgliedstaaten die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist. Eine gleichlautende Bestimmung enthält Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 311 v. 28. 11. 2001, S. 67). Das in diesen Richtlinien vorgesehene und in § 3a HWG umgesetzte Werbeverbot für nicht zugelassene Arzneimittel dient der Abwendung ernsthafter und schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Gesundheit und ist, wie sich aus der in den Richtlinien selbst angeordneten Rechtsfolge ergibt, verhältnismäßig. Für dieses Ergebnis spricht auch der Erwägungsgrund Nr. 11 der E-Commerce-Richtlinie, wonach die Richtlinie das Schutzniveau für die öffentliche Gesundheit unberührt lässt. Zum Rechtsstand, der uneingeschränkt für die Dienste der Informationsgesellschaft gilt, zählt nach diesem Erwägungsgrund auch die Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel. Dieses Schutzniveau würde aber abgesenkt, wenn § 3a HWG, der die EG-Richtlinien umsetzt, aufgrund der E-Commerce-Richtlinie keine Anwendung fände. Entsprechendes gilt, wenn in jedem Einzelfall eine Prüfung erforderlich wäre, ob konkrete, nicht anders als durch ein Verbot abwendbare Gefahren von einer Werbung für ein nicht zugelassenes Arzneimittel ausgehen. Eine solche Einzelfallprüfung sehen die einschlägigen Vorschriften der Richtlinien 92/28/EWG und 2001/83/EG gerade nicht vor. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass nunmehr von einem einheitlichen Arzneimittelbegriff in der Europäischen Union auszugehen ist (dazu Abschnitt II 2 c bb). Das auf nicht zugelassene Arzneimittel bezogene Werbeverbot ist in den Mitgliedstaaten danach einem einheitlichen Recht unterworfen.
31
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Erzeugnissen um (Funktions-)Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG handelt, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben (§ 21 Abs. 1 AMG) und nicht beworben werden dürfen (§ 3a HWG). Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
32
aa) Der Senat ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung des Verbrauchers von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch ihm beigefügte oder in Werbeprospekten enthaltene Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher entgegentritt, beeinflusst sein (BGHZ 151, 286, 292 - Muskelaufbaupräparate ). Diese Abgrenzung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtli- chen Arzneimittelbegriff nach der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, GRUR 2004, 793, 796 = WRP 2004, 1024 - Sportlernahrung II; vgl. auch EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - Rs. C-211, C-299 und C-316/03 bis C-318/03, WRP 2005, 863 Tz. 45 = ZLR 2005, 435 - HLH Warenvertriebs GmbH).
33
bb) Durch Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 136 v. 31.3.2004, S. 34) ist der Arzneimittelbegriff neu definiert worden. Nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG sind danach Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische , immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Durch die neu in die Begriffsbestimmung des Funktionsarzneimittels aufgenommenen Wirkungen (pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung) stellt der Arzneimittelbegriff jedenfalls in größerem Umfang als die zuvor maßgebliche Definition des Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG auf objektive Merkmale des Produkts ab (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1196; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444; weitergehend Gröning, WRP 2005, 709, 712). Mit der neuen Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts verfolgte der europäische Gesetzgeber nach Erwägungsgrund Nr. 7 der Richtlinie das Ziel, die Begriffsbestimmungen weiter zu klären und zu spezifizieren und auftretende Zweifel der Begriffsbestimmung vermeiden zu helfen. Mit der Bestimmung des Begriffs des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 ist nunmehr an- ders als unter Geltung des Arzneimittelbegriffs nach Art. 1 Nr. 2 in der ursprünglichen Fassung der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (vgl. EuGH WRP 2005, 863 Tz. 56 - HLH Warenvertriebs GmbH) von einem einheitlichen europäischen Begriff des Funktionsarzneimittels und einer Vollharmonisierung in diesem Bereich auszugehen (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1202; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444). Nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 3 der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 am 30. Oktober 2005 ist die Bestimmung des § 2 AMG, die den nationalen Arzneimittelbegriff regelt, richtlinienkonform i.S. des neu gefassten europarechtlichen Arzneimittelbegriffs auszulegen. Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Lebensmittel auch die Definition des Lebensmittels heranzuziehen. Denn Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG nicht Lebensmittel i.S. von § 2 Abs. 2 LFGB. Nach § 2 Abs. 2 LFGB i.V. mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl. EG L 31 v. 1.2.2002, S. 1) sind "Lebensmittel" alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.
34
cc) Sowohl unter Zugrundelegung des Arzneimittelbegriffs der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 in der ursprünglichen Fassung als auch in der durch die Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist bei den von der Beklagten beworbenen und vertriebenen Präparaten davon auszugehen, dass es sich um Funktionsarzneimittel handelt. Das Berufungsgericht hat die pharmakologische Wirkung dieser Produkte festgestellt. Mit ihren hiergegen gerichteten Rügen dringt die Revision nicht durch.
35
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass mit der Verwendung der in Rede stehenden Erzeugnisse nicht zwingend Gesundheitsgefahren verbunden sein müssen, um eine pharmakologische Wirkung zu bejahen. Der Begriff des Arzneimittels ist nicht auf Präparate beschränkt, die gesundheitsgefährdend sein können. Vielmehr ist das Auftreten einer Gesundheitsgefahr nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lediglich ein eigenständiger Faktor, der bei der Einstufung als Arzneimittel zu berücksichtigen ist (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 54 - HLH Warenvertriebs GmbH). Demgegenüber ist die pharmakologische Wirkung - neben der immunologischen oder der metabolischen Wirkung - des Erzeugnisses ein Faktor, auf dessen Grundlage die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten zu beurteilen haben, ob das Erzeugnis i.S. von Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der ursprünglichen Fassung dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 52 und 54 - HLH Warenvertriebs GmbH) oder um nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG die menschlichen physiologischen Funktionen wieder herzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Denn es hat die Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation aufgrund der Einnahme der Mittel statt eines gebotenen Arztbesuchs bejaht. Aus diesem Grund erweisen sich das Werbe- und das Vertriebsverbot unter Berücksichtigung der von den Produkten ausgehenden Gesundheitsrisiken auch nicht als unverhältnismäßig (vgl. zu diesem Erfordernis: EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-387/99, Slg. 2004, I-3751 = ZLR 2004, 464 Tz. 72 - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland; BGH GRUR 2004, 793, 797 - Sportlernahrung II), sondern im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung des Arzneimittelbegriffs in den Mitgliedstaaten als sachgerecht.
36
Die Revision hat weiter geltend gemacht, das Berufungsgericht habe bei der Einordnung als Arzneimittel lediglich auf die Werbeaussagen der Beklagten im Internet abgestellt und gleichwohl das vom Landgericht ausgesprochene Verbot des Vertriebs und der Werbung für die fünf Produkte bestätigt. Das Berufungsgericht hat das Vertriebsverbot jedoch nicht aus bestimmten Werbeangaben der Beklagten hergeleitet, sondern ist davon ausgegangen, dass es sich bei den Produkten der Beklagten um Funktionsarzneimittel handelt, weil die in den Werbeangaben getroffenen Aussagen richtig sind und die Produkte danach eine pharmakologische Wirkung haben.
37
Die von der Beklagten vertriebenen Produkte sind somit Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG, für deren Inverkehrbringen im Inland die erforderliche Zulassung oder Genehmigung fehlt. Sie dürfen gemäß § 21 AMG nicht im Inland vertrieben und gemäß § 3a HWG nicht im Inland beworben werden. Da die Beklagte hiergegen verstoßen hat, ist sie gemäß § 1 UWG a.F. und § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet. Das Inverkehrbringen und Bewerben von Arzneimitteln ohne Zulassung stellen ein i.S. des § 1 UWG a.F. sittenwidriges Handeln und ein nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Marktverhalten dar (vgl. BGHZ 163, 265, 274 - Atemtest).
38
Die Wiederholungsgefahr folgt hinsichtlich der zwei nach Deutschland gelieferten Produkte aus dem Wettbewerbsverstoß. Wegen der übrigen drei Produkte besteht eine Erstbegehungsgefahr. Aufgrund der bereits erfolgten Lieferung der Präparate "L. Kapseln" TM und "Johanniskraut Kapseln" in das Inland besteht die konkrete Gefahr, dass bei entsprechenden Lieferersuchen auch die übrigen Produkte in das Inland geliefert werden.
39
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.03.2002 - 97 O 192/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.11.2002 - 5 U 149/02 -

Zustellungen durch die Verwaltungsbehörden werden nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes bewirkt.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Disziplinarkammer - vom 29. Juli 2009 - DL 20 K 1146/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 2 LDG, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben dem Senat keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass ihre Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 22.12.2008 aufschiebende Wirkung hat, abzulehnen. Mit dieser Verfügung hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin gemäß § 22 LDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 50 v. H. der Dienstbezüge ab dem 01.01.2009 angeordnet.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 22.12.2008, die keine Anordnung des Sofortvollzugs enthält, aufschiebende Wirkung hat. Nach § 22 Abs. 1 LDG kann die Disziplinarbehörde ab Einleitung des Disziplinarverfahrens den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn er voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird (Nr. 1) oder andernfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist (Nr. 2). Nach Absatz 2 der Vorschrift kann in den Fällen des Absatz 1 die Disziplinarbehörde verfügen, dass bis zu 50 Prozent der monatlichen Bezüge einbehalten werden. § 23 LDG regelt die Form und Rechtswirkungen von vorläufiger Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge. Nach § 23 Abs. 1 LDG sind Verfügungen über vorläufige Maßnahmen mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und dem Beamten zuzustellen. Vorläufige, nicht amtsgemäße Verwendung und vorläufige Dienstenthebung werden mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen mit Ablauf des Monats der Zustellung wirksam und vollziehbar. Mit dem Verwaltungsgericht vermag auch der Senat aus dem Wort „vollziehbar“ nicht die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzugs zu entnehmen.
Das LDG führt nach der gesetzgeberischen Absicht das Disziplinarverfahren in ein Verwaltungsverfahren mit sich ggf. anschließendem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über und beendet damit im Wesentlichen dessen bisherige Bindung an das Strafprozessrecht. Das Disziplinarverfahren soll an das allgemeine beamtenrechtliche Verwaltungsverfahren angeglichen werden (Amtliche Begründung zum Landesdisziplinargesetz vom 15.07.2008, LT-Drs. 14/2996, S. 52). Die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungsprozesses werden anwendbar (§ 2 LDG). Elemente des Strafprozesses sollen nur dort erhalten bleiben, wo dies mit Blick auf den Rechtsschutz des Beamten unverzichtbar ist. Disziplinarmaßnahmen werden durch Disziplinarverfügung des Dienstherrn ausgesprochen. Dies gilt ebenso für die vorläufige Dienstenthebung wie auch für die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge. Diese Maßnahmen sind Verwaltungsakte im Sinne von § 35 LVwVfG. Der Rechtsschutz hiergegen richtet sich nach den Vorschriften der VwGO und dem hierzu ergangenen Ausführungsgesetz zur VwGO (AGVwGO) vom 14.10.2008 (GBl. S. 343). Nach § 15 Abs. 2 AGVwGO bedarf es in Angelegenheiten nach dem LDG keines Vorverfahrens, so dass der Klageweg sofort eröffnet ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG nach verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Kriterien auszulegen. Die VwGO geht vom Regelfall aus, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben (§ 80 Abs. 1 VwGO) und nach ganz einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung zur Vollziehbarkeitshemmung des Verwaltungsaktes führen (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt Stand Oktober 2008, § 80 Rdnr. 75 ff.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2007, Rdnr. 631). Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden Verwaltungsakten. Die aufschiebende Wirkung entfällt - neben den in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 4, und Satz 2 VwGO ausdrücklich genannten - „nur“ in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Der Sofortvollzug soll mithin die Ausnahme sein. Wenn § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG bestimmt, dass die vorläufige Dienstenthebung mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen mit Ablauf des Monats der Zustellung wirksam und vollziehbar werden, ist der Wortlaut eindeutig. Verwaltungsakte werden regelmäßig - abgesehen vom Fall der Nichtigkeit (vgl. § 44 LVwVfG) - mit ihrer Bekanntgabe an den Adressaten wirksam (§ 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG) und vollziehbar (statt vieler J. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. § 80 Rdnr. 5). Die aufschiebende Wirkung des § 80 Abs. 1 VwGO wird erst durch den Widerspruch ausgelöst, nicht schon durch die Möglichkeit der Einlegung des Rechtsbehelfs (BVerwG, Urteil vom 25.02.1992, NVwZ 1992, S. 791; so auch Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt Stand Oktober 2008, § 80 Rdnr. 44 m.w.N.). Damit stellt § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG nach seinem Wortlaut klar, dass mit der Wirksamkeit des Verwaltungsakts dieser bereits (vor Bestandskraft) vollziehbar ist (vgl. für die wortgleiche Regelung in § 39 Abs. 1 Satz 1 BDG Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Aufl., § 39, Rdnr. 1, wo ebenfalls von einer Klarstellung ausgegangen wird). Da der Wortlaut somit eindeutig ist bedarf es keiner Auslegung dieser Vorschrift, ebenso wenig ist ein Rückgriff auf die Gesetzeshistorie erforderlich.
Der Ansicht der Antragsgegnerin, wonach § 23 Abs. 1 Satz 2 LDG durch das Wort „vollziehbar“ die Anordnung des gesetzlichen Sofortvollzugs enthalte, vermag sich der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht nicht anzuschließen. Zwar beruft sich die Antragsgegnerin auf die Gesetzesbegründung (a.a.O., S. 83) zu § 23 LDG, wo es heißt: „Es handelt sich damit um den Fall einer gesetzlich geregelten sofortigen Vollziehbarkeit (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO)“. Der in den Motiven zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers ist bei der Auslegung von Gesetzen heranzuziehen, er findet jedoch seine Grenze im Gesetzeswortlaut (so auch VG Freiburg, Beschluss vom 03.02.2009 - DL 10 K 2727/08 - m.w.N.). Der Wortlaut ist jedoch, wie oben dargestellt, eindeutig. Darüber hinaus lässt sich aus dem Begriff „vollziehbar“ erst recht nicht auf die „sofortige“ Vollziehbarkeit schließen. Diese Begrifflichkeit ist im Übrigen auch ungewöhnlich. Entsprechend der Ermächtigungsnorm in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO findet sich regelmäßig bei gesetzlich angeordnetem Sofortvollzug die Wendung „Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung“. Folgerichtig regelt z. B. § 17 Abs. 2 Satz 2 LDG für die Fälle behördlich angeordneter Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei Gefahr im Verzug, dass die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegnerin ist zuzugeben, dass § 23 LDG der Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 1 BDG wörtlich nachgebildet ist. Zurecht hat das Verwaltungsgericht aber darauf hingewiesen, dass das BDG in § 63 ausdrücklich den vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz geregelt hat, so dass sich die Frage des Sofortvollzugs bei einer Maßnahme nach § 39 Abs. 1 Satz 1 BDG gar nicht mehr stellt (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2007 - 21d B 1024/07.BDG -, das wegen des besonderen Rechtsschutzes in § 63 BDG von einer Verwaltungsentscheidung sui generis ausgeht).
Ist somit die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von 50 v. H. der Bezüge der Antragstellerin in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 22.12.2008 nicht sofort vollziehbar, so entfaltet die Anfechtungsklage der Antragstellerin nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Möchte die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfallen lassen, bleibt es ihr unbenommen, den Sofortvollzug der Verfügung vom 22.12.2008 unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzuordnen.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen weist der Senat darauf hin, dass die Antragstellerin weiterhin ein Rechtsschutzinteresse am Feststellungsantrag haben dürfte, obwohl sie zwischenzeitlich durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.05.2009 u. a. aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurde (Ziff. 1), bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Dienstes enthoben bleibt und 50 % der monatlichen Bezüge einbehalten werden (Ziff. 2). Denn die Verfügung vom 20.05.2009 trifft keine eigenständige Regelung, sondern macht sich ersichtlich die Begründung in der Verfügung vom 22.12.2008 zu eigen. Lediglich im Tenor der Entscheidung wird unter Ziff. 2 angeordnet, dass die Beamtin bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung des Dienstes „enthoben bleibt“ und 50 Prozent der monatlichen Bezüge einbehalten werden. Bereits der Wortlaut „enthoben bleibt“ spricht für eine Bezugnahme auf die hier streitgegenständliche Verfügung. Hinzu kommt, dass sich in der Verfügung weder Ausführungen zur Dienstenthebung noch zur Höhe der einbehaltenen Bezüge, geschweige denn zur Rechtsgrundlage finden. Damit spricht alles dafür, dass die unter Ziff. 2 der Verfügung vom 20.05.2009 getroffene Feststellung keinen eigenständigen Regelungscharakter besitzt, sondern im Sinne einer wiederholenden Verfügung auf die vorläufige Dienstenthebung vom 22.12.2008 Bezug nimmt (vgl. hierzu auch Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Loseblatt Stand September 2009, § 39 BDG, Rdnr. 10).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da die Gerichtskosten streitwertunabhängig sind (Nrn. 214, 220 der Anlage zu § 22 AGVwGO).
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.

(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.

(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.

(1) Die Einleitungsbehörde kann einen Soldaten vorläufig des Dienstes entheben, wenn das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist. Mit der vorläufigen Dienstenthebung kann das Verbot, Uniform zu tragen, verbunden werden.

(2) Die Einleitungsbehörde kann gleichzeitig mit der vorläufigen Dienstenthebung oder später anordnen, dass dem Soldaten ein Teil, höchstens die Hälfte der jeweiligen Dienstbezüge einbehalten wird, wenn im gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Tritt der Soldat während des gerichtlichen Disziplinarverfahrens in den Ruhestand, hebt die Einleitungsbehörde ihre Anordnung über die Einbehaltung der Dienstbezüge auf; gleichzeitig kann sie anordnen, dass ein Teil des Ruhegehalts einbehalten wird.

(3) Die Einleitungsbehörde kann bei einem früheren Soldaten gleichzeitig mit der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens oder später anordnen, dass ein Teil, höchstens 30 vom Hundert des Ruhegehalts einbehalten wird.

(4) Die Verfügung der Einleitungsbehörde über die getroffenen Anordnungen ist dem Soldaten zuzustellen. Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung wird mit der Zustellung an den Soldaten, die Anordnung der Einbehaltung der Dienstbezüge und des Ruhegehalts mit dem auf die Zustellung folgenden nächsten Fälligkeitstag wirksam.

(5) Die Einleitungsbehörde kann eine nach den Absätzen 1 bis 4 getroffene Anordnung jederzeit auf Antrag oder von Amts wegen aufheben. Die Entscheidung ist dem Soldaten zuzustellen. Lehnt die Einleitungsbehörde einen Antrag auf Aufhebung ab, kann der Soldat innerhalb eines Monats nach Zustellung die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragen. Ist das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig, tritt dieses Gericht an die Stelle des Truppendienstgerichts.

(6) Mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens enden die Anordnungen kraft Gesetzes.

(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.

(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.

(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.

(1) Der Beamte kann die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen beim Gericht beantragen; Gleiches gilt für den Ruhestandsbeamten bezüglich der Einbehaltung von Ruhegehalt. Der Antrag ist bei dem Oberverwaltungsgericht zu stellen, wenn bei ihm in derselben Sache ein Disziplinarverfahren anhängig ist.

(2) Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen sind auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.

(3) Für die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach Absatz 1 gilt § 80 Abs. 7 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Beamte kann die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen beim Gericht beantragen; Gleiches gilt für den Ruhestandsbeamten bezüglich der Einbehaltung von Ruhegehalt. Der Antrag ist bei dem Oberverwaltungsgericht zu stellen, wenn bei ihm in derselben Sache ein Disziplinarverfahren anhängig ist.

(2) Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen sind auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.

(3) Für die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach Absatz 1 gilt § 80 Abs. 7 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 24/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Arzneimittelwerbung im Internet
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3

a) Der Werbende kann das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch
einen sog. Disclaimer einschränken, in dem er ankündigt, Adressaten in einem
bestimmten Land nicht zu beliefern. Um wirksam zu sein, muss ein
Disclaimer eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst
gemeint aufzufassen sein und vom Werbenden auch tatsächlich beachtet
werden.

b) Den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts unterliegen nach § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG Diensteanbieter, die in einem anderen Staat der EU
geschäftsansässig sind, wenn sie im Inland für ein nicht zugelassenes Arzneimittel
werben. Auch die Frage des Vertriebsverbots für nicht zugelassene
Arzneimittel in Deutschland richtet sich nach inländischem Recht.

c) Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur
Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG
Nr. L 136 v. 30.4.2004, S. 34) hat einen neuen europarechtlich einheitlichen
Arzneimittelbegriff für Funktionsarzneimittel eingeführt, der aufgrund richtlinienkonformer
Auslegung des § 2 AMG im Inland gilt.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 24/03 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. November 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, unterhält einen Internet-Versandhandel. Zu den von ihr vertriebenen Erzeugnissen gehören die im Klageantrag näher bezeichneten Produkte. Für diese warb die Beklagte auf ihren Internet-Seiten u.a. folgendermaßen:
2
Die Startseite des Internet-Auftritts der Beklagten enthielt jedenfalls bis Dezember 2001 den nachstehenden Hinweis:
3
Gleichwohl lieferte die Beklagte auf eine Bestellung aus November 2001 noch im Dezember 2001 die Produkte "L. TM Kapseln" und "Johanniskraut Kapseln" nach Deutschland.
4
Der klagende Wettbewerbsverein hat geltend gemacht, die streitgegenständlichen Produkte seien Arzneimittel, die die Beklagte ohne Zulassung im Inland weder bewerben noch vertreiben dürfe.

5
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr nachfolgend wiedergegebene Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben:
a) K. mit Knoblauch Kapseln,
b) L. TM Kapseln,
c) Ly. TM Kapseln,
d) V. TM Kapseln,
e) Johanniskraut Kapseln.
6
Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die von ihr beworbenen Produkte seien Nahrungsergänzungsmittel und keine zulassungspflichtigen Arzneimittel. Sie hat geltend gemacht, die Werbung und der Vertrieb der Produkte seien in den Niederlanden zulässig; sie dürfe deshalb für die Waren im Internet werben und diese vertreiben. Dies gelte jedenfalls, wenn sie klarstelle, nicht nach Deutschland zu liefern.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (KG ZLR 2003, 604).
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F. i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
10
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne dieser Vorschrift fielen auch Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs. Ort des schädigenden Ereignisses seien der Handlungs- und der Erfolgsort. Die Internet-Domain sei bestimmungsgemäß in Deutschland abrufbar. Zu dem auf der Startseite angeführten Begriff der deutschsprachigen Europäer zählten neben Österreichern und Schweizern auch Deutsche. Zwar könne durch einen sog. Disclaimer das auf der ganzen Welt abrufbare Internet-Angebot auf bestimmte Gebiete beschränkt werden. Die Beklagte habe sich jedoch durch die Lieferung nach Deutschland zu dem Disclaimer in Widerspruch gesetzt. Im Übrigen reiche die schlüssige Behauptung der die internationale Zuständigkeit begründenden Umstände aus.
11
Der Unterlassungsanspruch sei begründet, weil es sich bei den streitgegenständlichen Produkten um (Funktions-)Arzneimittel handele, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben werden dürften. Maßgeblich für die Einordnung als Arzneimittel oder als Lebensmittel sei die an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung. Die Verkehrsanschauung knüpfe regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die von den Verwendungsmöglichkeiten solcher Mittel ihrer Art nach abhänge. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts könne von der Auffassung der Wissenschaft, den dem Mittel beigefügten Hinweisen und Werbeprospekten sowie der Aufmachung der Mittel beeinflusst werden. Auch nach den einschlägigen EG-Vorschriften seien Mittel, die unter den europäischen Arzneimittelbegriff fielen, keine Lebensmittel.
12
Nach den Werbeaussagen der Beklagten, deren Richtigkeit von den Parteien nicht in Abrede gestellt worden sei, hätten die in Rede stehenden Produkte eine pharmakologische Wirkung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei ein Erzeugnis als ein Arzneimittel anzusehen , wenn es dazu bestimmt und geeignet sei, zur Beeinflussung der Körperfunktion im eigentlichen Sinne angewandt zu werden, es sei denn, die Stoffe wirkten sich nicht nennenswert auf den Stoffwechsel aus. Die streitgegenständlichen Produkte hätten in diesem Sinne eine pharmakologische Wirkung. Es finde eine gezielte Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers statt, der kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck gegenüberstehe. Durch die Mittel würden keine Mangelzustände aufgrund verbrauchter Nährstoffe ausgeglichen, sondern es werde gezielt die Herzfunktion verbessert, die sexuelle Leistungsfähigkeit gesteigert, die Prostata verkleinert oder zur Aufhellung der Psyche beigetragen.
13
Das Mittel "K. mit Knoblauch Kapseln" enthalte das CoEnzym Q-10, das den Stoffwechsel beeinflusse. Knoblauch in arzneilicher Zubereitung diene der Vorbeugung altersbedingter Gefäßerkrankungen.
14
Die Mittel "L. TM Kapseln" und "V. TM Kapseln" würden als natürliche, sichere, patentierte und klinisch erprobte Rezepturen zur Steigerung der sexuellen Leistungsfähigkeit beworben, die durch eine klinisch erprobte Formel zur Erhöhung der Produktion des Neutrotransmitters "Stickstoffmonoxyd" die Durchblutung der Sexualorgane steigern sollten. Die Mittel würden in den Stoffwechsel eingreifen. Durch den Hinweis auf eine klinische Erprobung werde das Verkehrsverständnis einer pharmakologischen Wirkung verstärkt.
15
Das Mittel "Ly. TM Kapseln" helfe, eine vergrößerte Prostata zu verkleinern und einem häufigen Harndrang entgegenzuwirken, und manipuliere ebenfalls die Körperfunktionen.
16
Die Wirkung der Johanniskraut-Kapseln sei auf die Förderung einer positiven Einstellung und einer stabilen Gemütslage gerichtet. Johanniskraut werde in arzneilicher Zubereitung bei psycho-vegetativen Störungen wie Angst und nervöser Unruhe sowie depressiven Verstimmungen angewandt. Es habe die Zweckbestimmung eines Arzneimittels und manipuliere die Körperfunktionen.
17
Bei der Einnahme der Mittel seien Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen ; es bestehe die Gefahr der unsachgerechten Selbstmedikation durch Einnahme der Mittel unter Vernachlässigung eines gebotenen Arztbesuchs.
18
Das Vertriebs- und Werbeverbot nach § 21 AMG, § 3a HWG gelte auch dann, wenn die Mittel in einem anderen EU-Mitgliedstaat zulässigerweise auf dem Markt sein sollten. Handele es sich um in einem anderen Mitgliedstaat frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel ohne arzneimittelrechtliche Zulassung oder Registrierung, fehle es an einer Grundlage, die Mittel ohne entsprechendes Prüfverfahren als gleichwertig mit im Inland zugelassenen Arzneimitteln anzusehen. Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit i.S. von Art. 28 EG durch das Vertriebs- und das Werbeverbot seien zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 30 EG gerechtfertigt.
19
II. Die Revision ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bewerbung und der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte durch die Beklagte seien im Inland unlauter, hält sowohl nach altem (§ 1 UWG a.F.) als auch nach neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG) der rechtlichen Nachprüfung stand.
20
1. Anders als die Revision meint, ist im Streitfall eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Die unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542; Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 102/02, TranspR 2004, 74, 75 = MDR 2004, 761) ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Das EuGVÜ ist vorliegend anwendbar, weil die Klage am 7. September 2001 und damit vor Geltung der EuGVVO, die am 1. März 2002 in Kraft getreten ist (Art. 76 Abs. 1 EuGVVO), erhoben worden ist (§ 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 ZPO; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.2.2005 - I ZR 101/02, GRUR 2005, 519 = WRP 2005, 735 - Vitamin-Zell-Komplex).
21
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen Klagen aufgrund unerlaubter Wettbewerbshandlungen (BGH, Urt. v. 11.2.1988 - I ZR 201/86, GRUR 1988, 483, 485 = WRP 1988, 446 - AGIAV; BGHZ 153, 82, 91). Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S. des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort, d.h. der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (EuGH, Urt. v. 7.3.1995 - Rs. C-68/93, Slg. 1995, I-415 = GRUR Int. 1998, 298 Tz. 20 - Shevill). Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll (BGH, Urt. v. 13.10.2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 = WRP 2005, 493 - HOTEL MARITIME; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG Frankfurt CR 1999, 450; OLG Bremen CR 2000, 770, 771; Harte/Henning/Retzer, UWG, § 14 Rdn. 64; weitergehend zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG München CR 2002, 449, 450). Die Zuständigkeit hängt allerdings nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht vielmehr aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME).
22
Der Ort des schädigenden Ereignisses liegt im Streitfall in Deutschland. Der Internet-Auftritt der in den Niederlanden ansässigen Beklagten war international ausgerichtet und auch in deutscher Sprache gehalten und an deutschsprachige Europäer gerichtet. Die Verkaufspreise waren zudem in DM angegeben. Soweit die Beklagte in ihrem Internet-Auftritt den Hinweis auf "deutschsprachige Europäer" mit dem Zusatz "aber nicht an deutsche Adressen" und der österreichischen Nationalflagge versehen hat, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass dadurch Deutschland von dem Internet-Auftritt nicht ausgeschlossen worden ist. Allerdings kann ein sogenannter Disclaimer, mit dem der Werbende ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern, ein Indiz für eine Einschränkung des Verbreitungsgebiets sein (vgl. OLG Frankfurt CR 1999, 450, 451; KG GRUR Int. 2002, 448, 449 f.; Fezer /Hausmann/Obergfell, UWG, Einl. I Rdn. 369; Hoeren, WRP 1997, 993, 998; Mankowski, GRUR Int. 1999, 909, 919; Ubber, Markenrecht im Internet, S. 214; enger: Harte/Henning/Retzer aaO § 14 Rdn. 64). Ein wirksamer Disclaimer setzt aber voraus, dass er klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen ist. Erheblich ist der Disclaimer zudem nur, wenn ihn der Werbende auch tatsächlich beachtet und nicht entgegen seiner Ankündigung gleichwohl in das vom Vertrieb ausgenommene Absatzgebiet liefert. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Disclaimer ist ersichtlich nicht ernst gemeint, weil die Beklagte beim Vertrieb ihrer Produkte neben Preisen in Euro auch DM-Preise bei der Produktwerbung angegeben hat. Hätte die Beklagte von ihrem an deutschsprachige Europäer gerichteten Angebot tatsächlich inländische Abnehmer ausnehmen wollen, hätte es wesentlich näher gelegen, statt der deutschen Währung die österreichische oder die schweizerische Währung anzugeben. Den Disclaimer hat die Beklagte auch selbst nicht beachtet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sie den Lieferersuchen nach Deutschland jedenfalls in zwei Fällen nachgekommen.
23
Entgegen der Ansicht der Revision stellt es auch keine unzulässige Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EG dar, dass ein Disclaimer bei der Frage, an wen sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß richtet, nur Beachtung finden kann, wenn er widerspruchsfrei und ernst gemeint aufgemacht ist und wenn sich der Werbende zu dem Disclaimer nicht in Widerspruch setzt.
24
2. Der Unterlassungsanspruch ist nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs.1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG begründet.
25
a) Die Anwendung deutschen Rechts auf den Internet-Auftritt der Beklagten ist nicht nach dem sog. Marktortprinzip ausgeschlossen. Nach dem Marktortprinzip setzt die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts voraus, dass die wettbewerblichen Interessen der Mitbewerber im Inland aufeinandertreffen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; BGHZ 113, 11, 14 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung). Nach deutschem Wettbewerbs- recht ist der Internet-Auftritt der Beklagten zu beurteilen, wenn sich dieser bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat (vgl. Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., Einl. UWG Rdn. 5.8; Fezer /Hausmann/Obergfell aaO Einl. I Rdn. 273; Harte/Henning/Glöckner aaO Einl. C Rdn. 84 ff.; Bornkamm in: Bartsch/Lutterbeck, Neues Recht für neue Medien, 1998, 99, 105). Hiervon ist im Streitfall auszugehen; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zur Begründung der internationalen Zuständigkeit entsprechend (Abschn. II 1). Der Internet-Auftritt der Beklagten hat sich auch tatsächlich und nicht nur nach den Behauptungen des Klägers im Inland ausgewirkt. Durch den von der Beklagten auf ihrer Startseite im Internet angebrachten Disclaimer wurde der Inlandsbezug nicht ausgeschlossen, weil der Disclaimer ersichtlich nicht ernst gemeint war und die Beklagte sich an die dort angekündigte Lieferbeschränkung tatsächlich auch nicht gehalten hat. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Lieferung von zwei Produkten nach Deutschland handelte es sich nicht um ein einmaliges Versehen. Davon ist das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten ausgegangen. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Auch die Revision zeigt einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht auf. Dem Disclaimer fehlte deshalb eine dahingehende Indizwirkung, dass die Beklagte grundsätzlich keine Lieferungen nach Deutschland vornahm.
26
b) Das beantragte Verbot der Werbung und des Vertriebs der streitgegenständlichen Produkte ist nicht nach dem Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz TDG) ausgeschlossen. Das Teledienstegesetz in der bis zum 20. Dezember 2001 gültigen Fassung sah keine Ausnahmen von nationalen Beschränkungen für Diensteanbieter mit Niederlassung in einem anderen EG-Staat vor.
27
Nach der Novellierung des Teledienstegesetzes mit Wirkung ab 21. Dezember 2001 sind die beanstandete Werbung und der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte von einem Verbot nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG n.F. nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte ihren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat. Nach dieser Vorschrift, durch die Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft , insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 v. 17.7.2000, S. 1) umgesetzt worden ist (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr [Elektronisches Geschäftsverkehr-Gesetz - EGG], BTDrucks. 14/6098, S. 18), wird der Dienstleistungsverkehr von nationalen Beschränkungen , die im Herkunftsland nicht gelten, freigestellt (Herkunftslandprinzip ). Zu den Telediensten im Sinne des Teledienstegesetzes rechnen gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 TDG auch Angebote von Waren in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellungsmöglichkeit , wie sie die Beklagte vorliegend bereitstellt. Gleichwohl unterliegen Werbung und Vertrieb der Produkte der Beklagten deutschem Recht.
28
aa) Für die Beurteilung des Vertriebsverbots sind die Bestimmungen des Teledienstegesetzes nicht einschlägig. Die E-Commerce-Richtlinie, zu deren Umsetzung die Novellierung des Teledienstegesetzes durch das Elektronische Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) diente (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/6098, S. 11), regelt nicht die Lieferung von Produkten. Diese sind nach Art. 2 lit. h ii Spiegelstrich 2 der E-Commerce-Richtlinie und nach ihrem Erwägungsgrund Nr. 21 vom koordinierten Bereich ausgenommen (vgl. auch KG GRUR-RR 2001, 244, 249; Ahrens, CR 2000, 835, 841; Ernst, WRP 2001, 893, 898). Entsprechendes gilt für die die Richtlinie umsetzende Novellie- rung des Teledienstegesetzes, dem auch nichts für eine weitergehende Regelung zu entnehmen ist (Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, 2004, § 4 TDG Rdn. 11; Brunner in Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 4 TDG Rdn. 35).
29
bb) Dem von dem Kläger beantragten Werbeverbot steht nicht die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG entgegen. Dazu bedarf es keines näheren Eingehens auf die Rechtsnatur und die Reichweite des Herkunftslandprinzips nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG (vgl. zum Meinungsstand: Ahrens, FS Tilmann, S. 739, 745 f.; Fezer/Hausmann/Obergfell aaO Einl. I Rdn. 112 ff.; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 4 TDG Rdn. 23 ff.; Brunner in Manssen aaO § 4 TDG Rdn. 37 ff.). Denn § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG findet nach § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG keine Anwendung. Danach unterliegen das Angebot und die Erbringung eines Teledienstes durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassen ist, abweichend von § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts, soweit dieses dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient, und die auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts in Betracht kommenden Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht ausdrücklich erörtert. Das nötigt jedoch nicht zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, weil der Senat die erforderliche Prüfung selbst vornehmen kann.
30
Gegenstand der Beurteilung ist im Streitfall die Frage, ob ein Werbeverbot für im Inland nicht zugelassene Arzneimittel, zu denen die streitgegenständlichen Produkte der Beklagten rechnen (vgl. hierzu nachstehend II 2 c), dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient und dies im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verhältnismäßig ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG, Art. 3 Abs. 4 lit. a E-Commerce-Richtlinie). Davon ist allerdings nicht schon deshalb auszugehen, weil der deutsche Gesetzgeber in § 3a HWG ein Werbeverbot für Arzneimittel vorgesehen hat, denen die erforderliche Zulassung fehlt (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 4 Rdn. 55 TDG). Allein aus dem Vorhandensein eines nationalen Werbeverbots für entsprechende Arzneimittel folgte nicht, dass auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG erfüllt sind. Das Werbeverbot des § 3a HWG für Arzneimittel, denen die notwendige Zulassung fehlt, setzt aber Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 113 v. 30.4.1992, S. 13) um. Danach untersagen die Mitgliedstaaten die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist. Eine gleichlautende Bestimmung enthält Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 311 v. 28. 11. 2001, S. 67). Das in diesen Richtlinien vorgesehene und in § 3a HWG umgesetzte Werbeverbot für nicht zugelassene Arzneimittel dient der Abwendung ernsthafter und schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Gesundheit und ist, wie sich aus der in den Richtlinien selbst angeordneten Rechtsfolge ergibt, verhältnismäßig. Für dieses Ergebnis spricht auch der Erwägungsgrund Nr. 11 der E-Commerce-Richtlinie, wonach die Richtlinie das Schutzniveau für die öffentliche Gesundheit unberührt lässt. Zum Rechtsstand, der uneingeschränkt für die Dienste der Informationsgesellschaft gilt, zählt nach diesem Erwägungsgrund auch die Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel. Dieses Schutzniveau würde aber abgesenkt, wenn § 3a HWG, der die EG-Richtlinien umsetzt, aufgrund der E-Commerce-Richtlinie keine Anwendung fände. Entsprechendes gilt, wenn in jedem Einzelfall eine Prüfung erforderlich wäre, ob konkrete, nicht anders als durch ein Verbot abwendbare Gefahren von einer Werbung für ein nicht zugelassenes Arzneimittel ausgehen. Eine solche Einzelfallprüfung sehen die einschlägigen Vorschriften der Richtlinien 92/28/EWG und 2001/83/EG gerade nicht vor. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass nunmehr von einem einheitlichen Arzneimittelbegriff in der Europäischen Union auszugehen ist (dazu Abschnitt II 2 c bb). Das auf nicht zugelassene Arzneimittel bezogene Werbeverbot ist in den Mitgliedstaaten danach einem einheitlichen Recht unterworfen.
31
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Erzeugnissen um (Funktions-)Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG handelt, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben (§ 21 Abs. 1 AMG) und nicht beworben werden dürfen (§ 3a HWG). Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
32
aa) Der Senat ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung des Verbrauchers von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch ihm beigefügte oder in Werbeprospekten enthaltene Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher entgegentritt, beeinflusst sein (BGHZ 151, 286, 292 - Muskelaufbaupräparate ). Diese Abgrenzung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtli- chen Arzneimittelbegriff nach der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, GRUR 2004, 793, 796 = WRP 2004, 1024 - Sportlernahrung II; vgl. auch EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - Rs. C-211, C-299 und C-316/03 bis C-318/03, WRP 2005, 863 Tz. 45 = ZLR 2005, 435 - HLH Warenvertriebs GmbH).
33
bb) Durch Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 136 v. 31.3.2004, S. 34) ist der Arzneimittelbegriff neu definiert worden. Nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG sind danach Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische , immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Durch die neu in die Begriffsbestimmung des Funktionsarzneimittels aufgenommenen Wirkungen (pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung) stellt der Arzneimittelbegriff jedenfalls in größerem Umfang als die zuvor maßgebliche Definition des Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG auf objektive Merkmale des Produkts ab (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1196; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444; weitergehend Gröning, WRP 2005, 709, 712). Mit der neuen Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts verfolgte der europäische Gesetzgeber nach Erwägungsgrund Nr. 7 der Richtlinie das Ziel, die Begriffsbestimmungen weiter zu klären und zu spezifizieren und auftretende Zweifel der Begriffsbestimmung vermeiden zu helfen. Mit der Bestimmung des Begriffs des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 ist nunmehr an- ders als unter Geltung des Arzneimittelbegriffs nach Art. 1 Nr. 2 in der ursprünglichen Fassung der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (vgl. EuGH WRP 2005, 863 Tz. 56 - HLH Warenvertriebs GmbH) von einem einheitlichen europäischen Begriff des Funktionsarzneimittels und einer Vollharmonisierung in diesem Bereich auszugehen (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1202; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444). Nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 3 der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 am 30. Oktober 2005 ist die Bestimmung des § 2 AMG, die den nationalen Arzneimittelbegriff regelt, richtlinienkonform i.S. des neu gefassten europarechtlichen Arzneimittelbegriffs auszulegen. Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Lebensmittel auch die Definition des Lebensmittels heranzuziehen. Denn Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG nicht Lebensmittel i.S. von § 2 Abs. 2 LFGB. Nach § 2 Abs. 2 LFGB i.V. mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl. EG L 31 v. 1.2.2002, S. 1) sind "Lebensmittel" alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.
34
cc) Sowohl unter Zugrundelegung des Arzneimittelbegriffs der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 in der ursprünglichen Fassung als auch in der durch die Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist bei den von der Beklagten beworbenen und vertriebenen Präparaten davon auszugehen, dass es sich um Funktionsarzneimittel handelt. Das Berufungsgericht hat die pharmakologische Wirkung dieser Produkte festgestellt. Mit ihren hiergegen gerichteten Rügen dringt die Revision nicht durch.
35
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass mit der Verwendung der in Rede stehenden Erzeugnisse nicht zwingend Gesundheitsgefahren verbunden sein müssen, um eine pharmakologische Wirkung zu bejahen. Der Begriff des Arzneimittels ist nicht auf Präparate beschränkt, die gesundheitsgefährdend sein können. Vielmehr ist das Auftreten einer Gesundheitsgefahr nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lediglich ein eigenständiger Faktor, der bei der Einstufung als Arzneimittel zu berücksichtigen ist (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 54 - HLH Warenvertriebs GmbH). Demgegenüber ist die pharmakologische Wirkung - neben der immunologischen oder der metabolischen Wirkung - des Erzeugnisses ein Faktor, auf dessen Grundlage die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten zu beurteilen haben, ob das Erzeugnis i.S. von Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der ursprünglichen Fassung dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 52 und 54 - HLH Warenvertriebs GmbH) oder um nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG die menschlichen physiologischen Funktionen wieder herzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Denn es hat die Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation aufgrund der Einnahme der Mittel statt eines gebotenen Arztbesuchs bejaht. Aus diesem Grund erweisen sich das Werbe- und das Vertriebsverbot unter Berücksichtigung der von den Produkten ausgehenden Gesundheitsrisiken auch nicht als unverhältnismäßig (vgl. zu diesem Erfordernis: EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-387/99, Slg. 2004, I-3751 = ZLR 2004, 464 Tz. 72 - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland; BGH GRUR 2004, 793, 797 - Sportlernahrung II), sondern im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung des Arzneimittelbegriffs in den Mitgliedstaaten als sachgerecht.
36
Die Revision hat weiter geltend gemacht, das Berufungsgericht habe bei der Einordnung als Arzneimittel lediglich auf die Werbeaussagen der Beklagten im Internet abgestellt und gleichwohl das vom Landgericht ausgesprochene Verbot des Vertriebs und der Werbung für die fünf Produkte bestätigt. Das Berufungsgericht hat das Vertriebsverbot jedoch nicht aus bestimmten Werbeangaben der Beklagten hergeleitet, sondern ist davon ausgegangen, dass es sich bei den Produkten der Beklagten um Funktionsarzneimittel handelt, weil die in den Werbeangaben getroffenen Aussagen richtig sind und die Produkte danach eine pharmakologische Wirkung haben.
37
Die von der Beklagten vertriebenen Produkte sind somit Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG, für deren Inverkehrbringen im Inland die erforderliche Zulassung oder Genehmigung fehlt. Sie dürfen gemäß § 21 AMG nicht im Inland vertrieben und gemäß § 3a HWG nicht im Inland beworben werden. Da die Beklagte hiergegen verstoßen hat, ist sie gemäß § 1 UWG a.F. und § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet. Das Inverkehrbringen und Bewerben von Arzneimitteln ohne Zulassung stellen ein i.S. des § 1 UWG a.F. sittenwidriges Handeln und ein nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Marktverhalten dar (vgl. BGHZ 163, 265, 274 - Atemtest).
38
Die Wiederholungsgefahr folgt hinsichtlich der zwei nach Deutschland gelieferten Produkte aus dem Wettbewerbsverstoß. Wegen der übrigen drei Produkte besteht eine Erstbegehungsgefahr. Aufgrund der bereits erfolgten Lieferung der Präparate "L. Kapseln" TM und "Johanniskraut Kapseln" in das Inland besteht die konkrete Gefahr, dass bei entsprechenden Lieferersuchen auch die übrigen Produkte in das Inland geliefert werden.
39
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.03.2002 - 97 O 192/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.11.2002 - 5 U 149/02 -

Zustellungen durch die Verwaltungsbehörden werden nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes bewirkt.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.