Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 15. Okt. 2012 - 3 B 1308/12

bei uns veröffentlicht am15.10.2012

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Die von Frau A. und Herrn A. gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Antragstellerin) ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück G1 in einer Größe von 4.657 m². Das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück grenzt westlich an die G.-Straße. Hierbei handelt es sich um die Ortsdurchfahrt der Landesstraße 30 (L 30). Zwischen dem Grundstück und der G.-Straße befindet sich eine zur Straße gehörende Böschung. Über diese Böschung führt im Bereich der südwestlichen Grundstücksgrenze eine Betonsteintreppe. Nördlich grenzt das Grundstück an eine weitere Erschließungsanlage. Befahrbar ist das Grundstück über die südlich angrenzende Schulstraße.

3

Vor der Durchführung der abgerechneten Baumaßnahme wies die G.-Straße einen (beiderseitigen) Gehweg mit einem Belag aus Betonplatten bzw. Pflastersteinen auf. Die Platten waren in einer ca. 10 cm dicken Kiesschicht verlegt. Der Unterbau wies weder eine Trag- noch eine Frostschutzschicht auf. Die in den Jahren 1975 bis 1977 angelegte Straßenbeleuchtung bestand aus Betonmasten mit Aufsatzleuchten in unterschiedlichen Abständen überwiegend auf einer Fahrbahnseite. Im Jahre 2010 ließ die Gemeinde Samtens die G.-Straße in den genannten Teileinrichtungen ausbauen. Der Gehweg erhielt einen den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau einschließlich Frostschutzschicht und eine Pflasterung aus Betonsteinen. Die Straßenbeleuchtung wurde durch beiderseitige Leuchtenreihen in versetzter Anordnung ausgeführt. Die Lichtpunktabstände betragen ca. 26 m. Es wurde eine Berechnung der Leuchtstärke mit Standortfestlegung nach EN 13201 durchgeführt.

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Für die Baumaßnahme wurden Fördermittel für Maßnahmen im Bereich des kommunalen Straßenbaus in Mecklenburg-Vorpommern aus den Kompensationsmitteln des Bundes nach dem Entflechtungsgesetz i.H.v. 30.261,00 EUR ausgereicht. In dem Zuwendungsbescheid des Straßenbauamtes E-Stadt vom 04.08.2009, geändert durch Bescheid vom 15.12.2010, heißt es unter Nr. 4.: „Die Verwendung von Fördermitteln zur Begleichung der Rechnungen hat im Rahmen des Zuwendungszwecks anteilig unter Verwendung der im Zuwendungsbescheid festgelegten Eigenanteile und Beiträge Dritter zu erfolgen.“ Die letzte Unternehmerrechnung ging im Juli 2011 bei der Gemeinde Samtens ein.

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Mit Bescheid vom 01.11.2011 zog der Antragsgegner die Antragstellerin zu einem Straßenausbaubeitrag für die genannte Maßnahme i.H.v. 6.202,92 EUR heran. Im Rahmen der Abrechnung berücksichtigte der Antragsgegner die ausgereichten Fördermittel nicht. Die G.-Straße stufte er als Hauptverkehrsstraße ein. Die Grundstücksfläche wurde mit dem für eine zweigeschossige Bebauung geltenden Faktor 1,30 multipliziert. Zudem wurde die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke in Ansatz gebracht. Den Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2012 – zugestellt am 13.03.2012 – zurück. Zugleich lehnte er einen Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung ab.

6

Am 10.04.2012 hat die Antragstellerin Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 04.07.2012 – 3 B 610/12 – hat das Verwaltungsgericht Greifswald den Antrag als unzulässig abgelehnt. Mit Beschluss vom 11.09.2012 – 1 M 119/12 – hat das OVG Mecklenburg-Vorpommern den Beschluss vom 04.07.2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

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Die Antragstellerin ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig, so dass ihr Aussetzungsinteresse überwiege. Zudem liege in der Vollziehung des rechtswidrigen Bescheides vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens eine unbillige Härte.

8

Die Fehlerhaftigkeit des Bescheides folge bereits aus dem Umstand, dass die Ausbaubeitragssatzung rechtswidrig sei. Bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen handele es sich um eine verdeckte Steuer, zu deren Erhebung der Antragsgegner nicht ermächtigt sei. Das Kommunalabgabengesetz enthalte keine Ermächtigungsgrundlage dafür, einen Abschlag für übergroße Grundstücke zu gewähren. Das Gesetz sei daher unausgewogen und rechtswidrig. Die Satzung sehe für die abgerechneten Leistungen keine öffentliche Ausschreibung vor. Der Ansatz eines Öffentlichkeitsanteils von 45 v.H. für den Gehweg bzw. 50 v.H. für die Straßenbeleuchtung sei fehlerhaft.

9

Die Rechtsanwendung sei ebenfalls zu beanstanden. Die erforderliche Bürgerbeteiligung sei nicht erfolgt. Die Aufwandsermittlung sei fehlerhaft. Die Baumaßnahme sei nicht erforderlich gewesen, eine punktuelle Reparatur bzw. Ausbesserung hätte genügt. Die Gehwegpflasterung sei zwar alt und teilweise beschädigt gewesen, keinesfalls aber auf der gesamten Strecke. Tiefe Absätze oder sonstige ernsthafte Gefahrenquellen für Fußgänger seien nicht vorhanden gewesen. Entsprechendes gelte für die Straßenbeleuchtung. Auch diese sei zwar alt aber funktionsfähig gewesen. Der Aufwand sei auch überhöht. Es sei offen, ob den Leistungsvergaben Ausschreibungen vorausgegangen seien. Ausschreibungsergebnisse seien weder veröffentlicht noch sonst transparent und nachprüfbar gemacht worden. Keinesfalls sei es zulässig, dass das mit dem bautechnischen Erläuterungsbericht betraute Ingenieurbüro auch für die Bauleitung der späteren Baumaßnahme zuständig sei. Es sei auch nicht erkennbar, dass das Ingenieurbüro verschiedene Sanierungsvarianten ausgearbeitet habe. Die Überhöhung des Aufwandes zeige sich auch in der Kürzung der öffentlichen Förderung, die die Preise wesentlich niedriger angesetzt hat, als vom Antragsgegner kalkuliert.

10

Die Einbeziehung des antragstellerischen Grundstücks in den Vorteilsausgleich sei fehlerhaft. Das Grundstück sei durch eine 1,5 m hohe Böschung von der Straße getrennt. Eine fußläufige Erreichbarkeit von der G.-Straße aus sei daher nicht möglich. Die Treppe befinde sich auf dem Nachbargrundstück Flurstück 101. Der Ansatz der GFZ 1,30 sei nicht nachvollziehbar. Selbst ein viergeschossiges Gebäude hätte eine Geschossflächenzahl von lediglich 0,558. Der Vorteilsausgleich leide auch daran, dass der Dorfplatz (Platz vor dem Gebäude der Amtsverwaltung) nicht berücksichtigt worden sei, obwohl er an die G.-Straße angrenze.

11

Die Heranziehung der Antragstellerin sei ebenfalls fehlerhaft. Das Land Berlin habe sein Straßenausbaubeitragsgesetz kürzlich aufgehoben. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sei dort nicht mehr möglich. Aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes könnte sich hierauf auch die Antragstellerin berufen. Ungeachtet dessen sei wegen der Mehrfacherschließung eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Antragstellerin zu befürchten. Ein Beitragsbescheid für die nördlich des antragstellerischen Grundstücks einmündende Straße sei bereits in der Vorbereitung. Werde auch ein Beitrag für die Schulstraße erhoben, so komme es zu einer unverhältnismäßigen Dreifachbelastung.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 01.11.2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 08.03.2012 anzuordnen.

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Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Antragsgegner entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

II.

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Der nach Ansicht des OVG Mecklenburg-Vorpommern (Beschl. v. 11.09.2012 – 1 M 119/12 –) zulässige Antrag ist unbegründet.

18

Das Gericht ordnet die aufschiebende Wirkung in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend gegeben.

19

1. So bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom 01.11.2011. Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde Samtens über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung – ABS) vom 06.07.2001 i.d.F. der ersten Änderung vom 30.05.2006.

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a. Die Satzung ist wirksam.

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aa. Sie leidet insbesondere nicht an einem abgeleiteten Fehler, denn Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Kommunalabgabengesetzes bestehen nicht. Insbesondere handelt es sich bei dem Straßenausbaubeitrag i.S.d. §§ 7 und 8 KAG M-V nicht um eine unzulässige (verdeckte) Steuer. Eine Steuer ist durch ihre Gegenleistungsfreiheit gekennzeichnet (vgl. § 3 Abs. 1 Abgabenordnung - AO). Beiträge – und damit auch der Straßenausbaubeitrag nach §§ 7 und 8 KAG M-V – sind hingegen Entgeltabgaben, d.h. sie bilden die Gegenleistung für eine besondere Leistung der Gemeinde, nämlich die Anschaffung, Herstellung, Verbesserung, Erweiterung und den Umbau der notwendigen öffentlichen Straßen (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Sie werden (nur) von denjenigen erhoben, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten öffentlichen Straße Vorteile geboten werden (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V). Entgegen der von der Antragstellerin offenbar vertretenen Auffassung ist der beitragsrechtliche Vorteilsbegriff nicht „uferlos“, vielmehr ist seine Reichweite in der Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.06.2011 – 9 BN 4/10 – juris).

22

Ebenfalls unschädlich ist, dass § 8 KAG M-V keine begrenzende Bestimmung für übergroße Grundstücke enthält. Dadurch ist das Kommunalabgabengesetz weder „unausgewogen“ noch „unverhältnismäßig“, denn die insbesondere nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit notwendige Begrenzung der Beitragspflicht erfolgt durch die Ausprägungen des Vorteilsprinzips, wie z.B. die Tiefenbegrenzung und die abgesenkten Bemessungsfaktoren für Außenbereichsflächen.

23

Aus dem Umstand, dass § 8 KAG M-V keine dem § 9 Abs. 5 KAG M-V entsprechende Begrenzungsregel für übergroße Grundstücke aufweist, folgt auch keine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Grundgesetz – GG). Insbesondere liegt darin keine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte. Die Regelung des § 9 Abs. 5 KAG M-V betrifft die Erhebung von Beiträgen für leitungsgebundene Anlagen (Anschlussbeiträge). Der für die Entstehung und den Umfang der Beitragspflicht maßgebliche Vorteilsbegriff des Anschlussbeitragsrechts unterscheidet sich erheblich von dem des Straßenausbaubeitragsrechts. Im Anschlussbeitragsrecht liegt der beitragsrelevante Vorteil in der Sicherung der leitungsgebundenen Erschließung als Voraussetzung für eine bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks. Denn diese erfordert, dass die Erschließung gesichert ist (vgl. §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 1 Satz 1 und 35 Abs. 1 BauGB). Der Vorteil ist daher nutzungsbezogen und kommt nur Baugrundstücken zugute. An diesen Umstand knüpfen die im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügten Bestimmungen der §§ 9 Abs. 4 ff. KAG M-V an (zu den gesetzgeberischen Motiven vgl. VG Greifswald, Urt. v. 27.01.2010 – 3 A 194/09 – juris Rn. 27 ff.). Demgegenüber liegt im Straßenausbaubeitragsrecht der beitragsrelevante Vorteil in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Dieser Vorteil entsteht unabhängig von einer bestimmten Grundstücksnutzung und kommt daher auch baulich nicht nutzbaren Grundstücken zugute. Dieser Unterschied rechtfertigt unterschiedliche Regelungen in beiden Rechtsmaterien.

24

Soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz darin erkennen will, dass das Land Berlin sein Straßenausbaubeitragsgesetz unlängst aufgehoben hat, während eine Aufhebung des § 8 KAG M-V nicht erwogen wird, sei darauf hingewiesen, dass Art. 3 Abs. 1 GG die Gleichbehandlung nur jeweils innerhalb des Bereichs eigener Rechtssetzungsgewalt fordert (BVerwG, Beschl. v. 24.02.2012 – 9 B 80/11 – juris). Das Land Berlin und das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern sind aber unterschiedliche gesetzgebungsbefugte Körperschaften.

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bb. Die Ausbaubeitragssatzung weist keine zu ihrer Gesamtnichtigkeit führenden eigenen Fehler auf.

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(1) Zwar ist die Regelung des § 2 Satz 3 ABS unwirksam. Sie bestimmt im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG 1993, dass auch der Eigentümer eines Gebäudes beitragspflichtig ist, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Die in der Bestimmung enthaltene Konjunktion „auch“ ist seit dem Inkrafttreten der KAG-Novelle 2005 am 31.03.2005 nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Beklagte kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Danach bleiben Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 ABS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden, denn eine Anpassung ist nicht erfolgt. Eine geltungserhaltende Auslegung der Bestimmung scheidet ebenfalls aus (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 11.11.2011 – 3 A 189/09 – juris Rn. 23).

27

Dennoch führt der Fehler nicht zur Gesamtnichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung. Stattdessen liegt ein Fall der Teilnichtigkeit entsprechend § 139 BGB vor (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 – juris Rn. 30). Anhaltspunkte dafür, dass im Bereich des Abrechnungsgebietes der G.-Straße ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 3 ABS – also ein Fall der Trennung von Grund- und Gebäudeeigentum – gegeben ist, sind derzeit nicht ersichtlich. Entsprechendes wird von der Antragstellerin nicht behauptet. Der Frage ist daher – sofern die Gemeinde Samtens die Ausbaubeitragssatzung nicht rückwirkend der geänderten Rechtslage anpasst – im Hauptsacheverfahren nachzugehen.

28

(2) Auch die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 ABS ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 ABS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass faktische Wohngebiete im Rahmen der Eckgrundstücksvergünstigung keine Berücksichtigung finden können. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 ABS (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07 – juris).

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(3) Weitere Satzungsfehler sind dagegen nicht ersichtlich. Insbesondere ist es unschädlich, dass die Ausbaubeitragssatzung für die abgerechneten Leistungen keine öffentliche Ausschreibung vorsieht, denn eine solche Pflicht folgt unmittelbar aus § 29 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO). Der Ansatz eines Öffentlichkeitsanteils von 45 v.H. für den Gehweg bzw. 50 v.H. für die Straßenbeleuchtung bei Hauptverkehrsstraßen (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 bzw. Nr. 7 rechte Spalte ABS) begegnet keinen Bedenken. Da die Antragstellerin insoweit keine einlassungsfähigen Einwände vorgebracht hat, wird von weiteren Darlegungen abgesehen.

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b. Gegen die Rechtsanwendung durch den Antragsgegner ist nichts zu erinnern.

31

aa. Dabei kann in formell-rechtlicher Hinsicht dahinstehen, ob der Antragsgegner das seit der KAG-Novelle 2005 in § 8 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Informationsgebot beachtet hat. Denn bei der Bestimmung handelt es sich um eine Soll-Vorschrift, deren Verletzung die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides nicht begründet (so bereits zu § 8 Abs. 1 Satz 4 KAG 1993: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 07.12.2000 – 1 L 289/99 –). Die zitierte Rechtsprechung kann auf § 8 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V übertragen werden, da im Rahmen der KAG-Novelle 2005 keine inhaltliche Änderung des Informationsgebotes erfolgt ist (Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 08/2011, § 8 Anm. 1.3.3).

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bb. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Bescheid ebenfalls nicht zu beanstanden.

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(1) Dies gilt zunächst für die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes.

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(a) Er ist in Ansehung der abgerechneten Teileinrichtungen auf die Straßenbaulast der Gemeinde Samtens zurückzuführen, obwohl es sich bei der G.-Straße um eine klassifizierte Straße handelt. Für den Gehweg folgt dies aus § 13 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V). Auch die Straßenbeleuchtung befindet sich in der Baulast der Gemeinde Samtens. Obwohl die Maßnahme zu einem großen Teil dem Durchgangsverkehr zugute kommt, folgt daraus nicht, dass der Aufwand für die Beleuchtung nach dem Verhältnis der Fahrbahnfläche und der Flächen der sonstigen Teileinrichtungen aufzuteilen und etwa nur der letztere Teil in den beitragsfähigen Aufwand einzubeziehen ist. Denn die Herstellung/Verbesserung der Beleuchtung bewirkt eine Verbesserung der Anlage (Straße), sie stellt deshalb eine beitragsfähige Maßnahme dar. Der auch dem Durchgangsverkehr durch die Maßnahme erwachsende Vorteil ist (erst) bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes durch einen entsprechend hohen Gemeindeanteil zu berücksichtigen (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 33 Rn. 16), was vorliegend durch § 3 Abs. 2 Nr. 7 rechte Spalte ABS erfolgt ist.

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(b) Bei der abgerechneten Maßnahme handelt es sich hinsichtlich beider Teileinrichtungen um eine beitragsfähige Verbesserung i.S.d. § 1 Satz 1 ABS. Eine Verbesserung ist gegeben, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus a.a.O., § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solcher an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solche erkennen.

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Hinsichtlich des Gehweges liegt eine beitragsfähige Verbesserung bereits deshalb vor, weil er im Unterschied zu dem vorhandenen Gehweg einen den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau einschließlich Frostschutzschicht aufweist. Dies wirkt Absenkungen und Aufrissen entgegen und erhöht die Benutzungssicherheit. Die horizontale und vertikale Verbundwirkung der Pflasterung aus Betonsteinen (Oberflächenspannung) führt im Vergleich zu der vorhandenen Pflasterung aus Betonplatten zu einer höheren Lebensdauer der Anlage und stellt damit ebenfalls eine beitragsfähige Verbesserung dar.

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Der Annahme einer betragsfähigen Verbesserung steht auch die von der Antragstellerin behauptete „Reparaturfähigkeit“ des Gehweges nicht entgegen. Die Entscheidung, eine Verkehrsanlage lediglich auf Kosten der Gemeinde zu reparieren oder sie - wie hier - einer beitragsfähigen Maßnahme i.S.d. § 1 ABS zu unterwerfen, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde und ist einer gerichtlichen Kontrolle damit weitgehend entzogen. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung Ermessensgrenzen verletzt, werden von der Antragstellerin weder aufgezeigt, noch drängen sie sich auf. Vielmehr spricht der Umstand, dass durch den grundhaften Neuaufbau des Gehweges eine Vielzahl kostenintensiver Reparaturmaßnahmen entbehrlich wird, für eine Sachangemessenheit der Entscheidung (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 25.09.2007 – 3 A 3147/05 –n.v.).

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In Ansehung der Straßenbeleuchtung liegt ebenfalls eine Verbesserung i.S.d. § 1 ABS vor. Eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung ist anzunehmen, wenn hierdurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht und damit der Verkehrsablauf bei Dunkelheit gefahrloser und sicherer gestaltet wird. Die Kriterien für eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung können der DIN 5044, Teil 1 entnommen werden (eingehend: VG Schwerin, Urt. v. 15.04.2004 – 8 A 439/03 – juris Rn. 23).Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners war die vorhandene Straßenbeleuchtung (überwiegend) einseitig und in unterschiedlichen Abständen angeordnet. Die nunmehr angelegte Straßenbeleuchtung ist demgegenüber beidseitig der Fahrbahn angelegt. Zudem wurde eine Berechnung der Leuchtstärke mit Standortfestlegung nach EN 13201 (ehemals DIN 5044 Teil 1) durchgeführt.Damit wird eine im Vergleich zu dem früheren Zustand bessere, insbesondere gleichmäßigere Ausleuchtung gewährleistet, die sich positiv auf die Verkehrssicherheit auswirkt.

39

Ungeachtet dessen sei darauf hingewiesen, dass in Ansehung der Straßenbeleuchtung auch eine beitragsfähige Erneuerung i.S.d. § 1 Satz 1 ABS vorliegt. Die Rechtsprechung nimmt für Straßenbeleuchtungsanlagen eine übliche Nutzungszeit von 30 Jahren an (vgl. OVG Münster, Urt. v. 28.08.2001 – 15 A 465/99 – NVwZ-RR 2002, 299 <300>). Damit ist davon auszugehen, dass die Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts angelegte Straßenbeleuchtung zum Zeitpunkt der Durchführung der vorliegend abgerechneten Maßnahme im Jahre 2010 verschlissen war. Der Umstand, dass „die Lichter brannten, wenn sie sollten“, steht einer solchen Annahme nicht entgegen, denn die Verschlissenheit der Straßenbeleuchtung kann sich aus dem Zustand der Betonmasten, der Aufsatzleuchten und sonstigen technischen Einrichtungen (Stromleitungen usw.) ergeben.

40

(c) Von einem Verstoß gegen den Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Die Antragstellerin hat ihre Behauptung, die Leistungen seien nicht auf Grundlage von Ausschreibungen vergeben worden, nicht ansatzweise belegt. Der Antragsgegner ist dieser Behauptung unter Hinweis auf die im Ausschreibungsblatt Nr. 15/201 sowie im Internet erfolgte Ausschreibung entgegen getreten. Den weiteren von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren nachzugehen.

41

(d) Die Aufwandsermittlung ist rechnerisch nicht zu beanstanden. Zu Recht wurden die für die Maßnahme ausgereichten Fördermittel nicht zu Gunsten der Beitragspflichtigen berücksichtigt. Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 KAG M-V sind Zuschüsse, soweit der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt hat, vorrangig zur Deckung des öffentlichen Anteils und nur, soweit sie diesen übersteigen, zur Deckung des übrigen Aufwandes zu verwenden. Zwar kommt der Bestimmung nur eine subsidiäre Geltung zu, vorrangig gilt der Wille des Zuschussgebers (VG Greifswald, Urt. v. 22.03.2012 - 3 A 1674/09 – S. 9 des Entscheidungsumdrucks). Ein von der gesetzlichen Regelung abweichender Wille des Zuwendungsgebers ist jedoch nicht erkennbar. Insbesondere schreibt die Auflage Nr. 4 des Zuwendungsbescheides vom 04.08.2009/15.12.2010 nicht vor, dass die Fördermittel dazu dienen, die „Beiträge Dritter“ zu senken.

42

Die mit dem Änderungsbescheid des Straßenbauamtes E-Stadt vom 15.12.2010 verfügte Kürzung der Fördermittel beruht allein auf dem Umstand, dass die tatsächlichen Baukosten niedriger sind als die dem Fördermittelantrag zu Grunde liegenden geschätzten Baukosten. Da der Beitragserhebung die tatsächlichen Baukosten zu Grunde liegen, kann aus der Kürzung der Fördermittel kein Rückschluss auf eine Überhöhung dieser Kosten gezogen werden. Die gegenteiligen Darlegungen der Antragstellerin beruhen auf der Verkennung dieses Zusammenhangs.

43

(2) Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist ebenfalls frei von Fehlern.

44

(a) Dies betrifft zunächst die Vorteilsverteilung zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Die Einstufung der G.-Straße als Hauptverkehrsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 ABS mit den daraus folgenden Anteilen der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand nach § 3 Abs. 2 linke Sp. ABS erscheint als zutreffend. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin bei einer etwaigen Fehlerhaftigkeit der Einstufung lediglich begünstigt wäre, da § 3 Abs. 2 linke Sp. ABS die niedrigsten Umlagequoten vorsieht.

45

(b) Gegen die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen ist ebenfalls nichts zu erinnern. Sie richtet sich nach § 4 Abs. 1 ABS, wonach die Grundstücke das Abrechnungsgebiet bilden, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Die hieraus folgenden Maßgaben sind vom Antragsgegner beachtet worden.

46

(aa) Der Einwand der Antragsteller, die Fläche des Dorfplatzes hätte in den Vorteilsausgleich einbezogen werden müssen, trifft nicht zu. Zwar grenzt der Dorfplatz unmittelbar an die G.-Straße. Allerdings handelt es sich bei dem Dorfplatz um eine beitragsfähige öffentliche Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (VG Greifswald, Urt. v. 25.11.2009 – 3 A 1879/07 – S. 4 des Entscheidungsumdrucks). Eine an eine öffentliche Verkehrsanlage angrenzende öffentliche Verkehrsanlage unterliegt nicht der sachlichen Beitragspflicht, da dem Eigentümer der angrenzenden Verkehrsanlage durch die beitragsfähige Baumaßnahme keine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 ABS geboten wird. Eine solche liegt nur dann vor, wenn dem Grundstück durch die ausgebaute Anlage ein wirtschaftlicher Sondervorteil vermittelt wird. Ein wirtschaftlicher Sondervorteil ist bei Straßengrundstücken, an denen kraft straßenrechtlicher Widmung (vgl. § 7 StrWG M-V)Gemeingebrauch besteht, nicht denkbar (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 25.05.2011 – 1 L 35/09 –).

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(bb) Die Einbeziehung des Grundstücks der Antragstellerin in den Vorteilsausgleich erfolgte ebenfalls zu Recht. Ihm wird durch die Baumaßnahme eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 ABS geboten, da es unmittelbar an die G.-Straße angrenzt. Die Böschung zwischen dem Gehweg und dem Grundstück ist Straßenbestandteil (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 StrWG M-V). Der Höhenunterschied zwischen dem Gehweg und dem antragstellerischen Grundstück steht der für die Annahme einer Inanspruchnahmemöglichkeit erforderlichen fußläufigen Erreichbarkeit (eingehend: VG Greifswald, Beschl. v. 13.01.2010 – 3 B 1734/09 – juris Rn. 18 ff.) der G.-Straße nicht entgegen, denn er wird durch die im Bereich der südwestlichen Grundstücksgrenze vorhandene Betonsteintreppe überbrückt. Die Behauptung der Antragstellerin, die Treppe führe lediglich zu dem Nachbargrundstück Flurstück 101 wird durch die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen und die im Internet einsehbaren maßstabsgenauen Überfliegungsfotos (www.gaia-mv.de) widerlegt.

48

Ungeachtet dessen sei darauf hingewiesen, dass nach Aktenlage von einer Inanspruchnahmemöglichkeit auch dann auszugehen wäre, wenn die Betonsteintreppe nicht existierte. Denn der Höhenunterschied beträgt lediglich 1,5 m und wird durch eine leichte Steigung ausgeglichen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass selbst ein Niveauunterschied von 2 m unbeachtlich sein kann (Driehaus a.a.O. § 35 Rn. 25 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Grünstreifen in einer Weise gewidmet ist, dass er vom Gemeingebrauch ausgeschlossen ist (vgl. VG Schwerin, Urt. v. 16.06.2011 – 8 A 1075/10 – juris Rn. 28) und daher einer Erreichbarkeit des antragstellerischen Grundstücks entgegen steht, sind nicht ersichtlich. Die Existenz der vom Antragsgegner im Rahmen der Durchführung der Baumaßnahme wiedergeherstellten Treppe lässt das Gegenteil vermuten.

49

Schließlich ist unschädlich, dass sich auf dem Grundstück der Antragstellerin eine Hecke befindet, die ein Betreten gegenwärtig ausschließt. Denn die Hecke kann jederzeit beseitigt werden. Ausräumbare Hindernisse auf dem Anliegergrundstück sind grundsätzlich ohne Einfluss auf das Vorliegen einer Inanspruchnahmemöglichkeit (Driehaus a.a.O.).

50

(cc) Soweit sich die Antragstellerin gegen die Berücksichtigung des Vervielfältigers 1,3 für eine Bebauung mit zwei Vollgeschossen (§ 5 Abs. 3 lit. b ABS) wendet, beruht dies auf einer Verkennung der Rechtslage. Die in der genannten Vorschrift normierten Faktoren haben nichts mit den Geschossflächenzahlen i.S.d. §§ 17, 20 Baunutzungsverordnung (BauNVO) zu tun. Insbesondere wird mit den Faktoren nicht das Verhältnis zwischen Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche (§ 20 Abs. 2 BauNVO) ausgedrückt. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Ausbaubeitragssatzung mit einem (abgestuften) Vollgeschossmaßstab und nicht – wie die Antragstellerin offenbar vermutet – mit einem Geschossflächenmaßstab arbeitet. Stattdessen beruht die Erhöhung des Vervielfältigers abhängig von der Anzahl der Vollgeschosse allein auf der unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu beanstandenden Überlegung, dass der beitragsrelevante Vorteil mit dem Maß der baulichen Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks steigt. Die von der Antragstellerin angestellten Rechenoperationen sind daher ohne Belang.

51

(3) Die Heranziehung der Antragstellerin ist schließlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die sachliche Beitragspflicht ist mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung entstanden, so dass mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides auch ihre persönliche Beitragspflicht (§ 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) entstehen konnte. Auf das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung kommt es für die Entstehung der Beitragspflicht nicht an, da die Fördermittel keine Auswirkungen auf die Beitragshöhe haben.

52

Die Beitragserhebung führt auch mit Blick auf die Mehrfacherschließung des antragstellerischen Grundstücks nicht zu eine ungerechtfertigten Dreifachbelastung. Zum einen ist der vorliegend streitgegenständliche Beitrag wegen der Mehrfacherschließung nur zu zwei Dritteln erhoben worden, obwohl diese Beschränkung wegen der Unwirksamkeit des § 5 Abs. 6 ABS eigentlich nicht notwendig gewesen wäre. Zum anderen beruht der Umstand, dass für das antragstellerische Grundstück gegebenenfalls drei Straßenausbaubeitragsbescheide erlassen werden können, auf seiner Situationsgebundenheit. Denn es darf nicht verkannt werden, dass es an drei öffentliche Straßen angrenzt und beitragsfähige Maßnahmen in jeder der drei Straßen einen beitragsrelevanten Vorteil begründen.

53

2. In der Vollziehung des Beitragsbescheides liegt schließlich auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte. Eine unbillige Härte i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO liegt nur vor, wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem Abgabepflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer - etwa durch eine spätere Rückzahlung - wieder gutzumachen sind, insbesondere wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Abgabepflichtigen gefährdet wäre (BayVGH, Beschl. v. 25.01.1988 – Nr. 6 CS 87.03857, BayVBl. 1988, 727; OVG Bremen, Beschl.v . 12.03.1985 – 1 B 6/85 –, DVBl. 1985, 1182; OVG Münster, Beschl. v. 17.03.1994 – 15 B 3022/93, NVwZ-RR 1994, 617; Beschl. v. 22.02.1989 – 16 B 3000/88 – NVwZ-RR1989, 588). Die Vorschrift setzt mithin das Vorliegen eines persönlichen Billigkeitsgrundes in der Person des Abgabepflichtigen voraus, wobei Gegenstand der Beurteilung gerade die Vollziehung des Abgabenbescheides bzw. die sofortige Zahlung durch den Abgabepflichtigen darstellt. Die Kammer hält es für sachgerecht, zur näheren Inhaltsbestimmung des Begriffes "unbillige Härte" im Rahmen der Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO darauf abzustellen, ob die sofortige Vollziehung bzw. Zahlung der geforderten Abgabe eine wesentliche Ursache für eine Existenzgefährdung darstellen würde, d.h. die Existenzgefährdung gerade durch den Sofortvollzug des Abgabenbescheides verursacht oder entscheidend mitverursacht würde (so auch VG Gera, Beschl. v. 13.01.1999 - 5 E 530/98 GE, ThürVBl. 1999, 93 <94>). Hierfür bestehen aber keine Anhaltspunkte. Denn die Antragstellerin hat weder vorgetragen, den festgesetzten Betrag aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht (vollständig) zahlen zu können, noch Unterlagen über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorgelegt. Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte scheidet daher von vornherein aus (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.05.1999 – 3 B 2955/99 – juris).

54

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Abgabenordnung - AO 1977 | § 3 Steuern, steuerliche Nebenleistungen


(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Ge

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(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden. (2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche i

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Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 15. Okt. 2012 - 3 B 1308/12 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2012 - 9 B 80/11

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Gründe 1 1. Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 189/09

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der.

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 16. Juni 2011 - 8 A 1075/10

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Tenor Der Bescheid vom …. 2009, Az.: … und der Widerspruchsbescheid vom … 2010, Az.: … werden aufgehoben. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Juni 2011 - 9 BN 4/10

bei uns veröffentlicht am 16.06.2011

Gründe 1 Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 03. März 2010 - 3 A 1281/07

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Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 26.09.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 werden insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von € 4.67l,09 übersteigt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Rech

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 27. Jan. 2010 - 3 A 194/09

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Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstrec

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 13. Jan. 2010 - 3 B 1734/09

bei uns veröffentlicht am 13.01.2010

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Antragstellern als Gesamtschuldnern auferlegt. 3. Der Streitwert beträgt ε 1.979,48. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einer Vo
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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 22. Aug. 2013 - 3 A 216/11

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Tenor 1. Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 1. September 2010 „Straßenbeleuchtung E. Straße“ in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2011 wird aufge

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.

(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Steuerliche Nebenleistungen sind

1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c,
2.
Verspätungszuschläge nach § 152,
3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a,
3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3,
4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind,
5.
Säumniszuschläge nach § 240,
6.
Zwangsgelder nach § 329,
7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345,
8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union,
9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und
10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.

(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.

Gründe

1

Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Grundsatzfrage 1:

Ist die Möglichkeit, von einem Grundstück eine Zugangs- oder Abfahrtsmöglichkeit zu einer vorhandenen Straße, einem Weg oder Platz zu haben, nach deren Ausbau ein "Vorteil", der eine Gemeinde berechtigt bzw. berechtigen kann, nur von den Eigentümern dieser Grundstücke (Anliegergrundstücke) und nicht sonstigen Nutzern einen Beitrag (Straßenausbaubeitrag) zu verlangen?

Ist eine gemeindliche Straßenbaubeitragssatzung, die durch ein Landeskommunalabgabengesetz dazu berechtigt und/oder verpflichtet wird, mit dem Grundgesetz (Gleichheitssatz/Äquivalenzprinzip) vereinbar?

Ist das entsprechende Landeskommunalabgabengesetz mit dem Grundgesetz vereinbar?

Grundsatzfrage 2:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, dass - gestützt auf ein Landesgesetz - hier § 8 KAG-SH - eine gemeindliche Straßenbaubeitragssatzung über die Deckung des Aufwandes für den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von vorhandenen Ortsstraßen i.S.d. § 242 BauGB, die Gemeinde berechtigt, für den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von vorhandenen Ortsstraßen i.S.d. § 242 BauGB Beiträge von Grundeigentümern zu erheben, denen der Ausbau, die Erneuerung und/oder der Umbau solche 'Vorteile' bringen soll?

Grundsatzfrage 3:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG das Recht einer Gemeinde aus, aufgrund einer Straßenbaubeitragssatzung i.V.m. einem Kommunalabgabengesetz, von Grundeigentümern, deren Grundstücke an vorhandenen Ortsstraßen gelegen sind, Beiträge für Vorteile dafür zu verlangen, dass die Straßen ausgebaut werden und aufgrund der räumlich engen Beziehung der Grundstücke zur Straße erfahrungsgemäß angenommen werden könne, dass von ihnen aus die Straße in stärkerem Umfang in Anspruch genommen werden könne, als von anderen Grundstücken und dies zu einer Steigerung ihres Gebrauchswertes führe?

Grundsatzfrage 4:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, dass eine Rechtsprechung die Gemeinden berechtigt, für den Ausbau, für die Erneuerung und den Umbau von vorhandenen Ortsstraßen i.S.d. § 242 BauGB aufgrund einer Satzung der Gemeinde i.V. gestützt auf ein Landesgesetz, Beiträge von Grundeigentümern für einen Vorteil zu verlangen, wenn der Vorteil nur darin besteht, dass die Grundstückseigentümer die Möglichkeit haben, die ausgebaute, erneuerte oder umgebaute Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zu nutzen, wie alle anderen Nutzer auch?

Grundsatzfrage 5:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, dass eine gemeindliche Straßenbaubeitragssatzung i.V.m. einem Kommunalabgabengesetz eines Landes das Recht begründet, Beiträge für die Nutzung bzw. die Möglichkeit einer Nutzung einer ausgebauten, erneuerten oder umgebauten Straße allein von den Grundeigentümern zu verlangen, von deren Grundstücken die Möglichkeit der Zu- und Abfahrt zu der Straße besteht, wenn der Vorteil allein darin besteht, dass die Grundstückseigentümer die Möglichkeit haben, die ausgebaute, erneuerte oder umgebaute Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zu nutzen, wie alle anderen Nutzer auch?

Grundsatzfrage 6:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, im Straßenausbaubeitragsrecht einen Beitrag für einen Vorteil zu verlangen, der dem Grundstück durch den Ausbau der öffentlichen Einrichtung Straße deshalb zuwachsen soll, weil es zur Straße in einer besonderen räumlich engen Beziehung steht und diese bestimmten Grundstücke sich von allen anderen darin unterscheiden, dass aufgrund ihrer räumlich engen Beziehung zur Einrichtung erfahrungsgemäß angenommen werden könne, dass von ihnen aus die Verkehrseinrichtung in stärkerem Umfang in Anspruch genommen werden könne, als von anderen Grundstücken und dass dies zu einer Steigerung ihres Gebrauchswertes führt, obwohl die nicht messbar ist?

Grundsatzfrage 7:

Darf die Verwaltungsrechtsprechung von den Erkenntnissen der Finanzwissenschaft und der Steuerrechtswissenschaft, die für die Gestaltung und die rechtliche Ausgestaltung des öffentlichen Abgabesystems (primär) zuständig sind, abweichen? Darf sie die Regeln und Prinzipien, die der gerechten Belastung der Bürger dienen, hier insbesondere das Äquivalenzprinzip, eigenmächtig ausweiten, wenn das aus der Sicht der Finanzwissenschaftler und Steuerrechtler zu willkürlich erhobenen Beiträgen führt?

Grundsatzfrage 8:

Schließen das Äquivalenzprinzip und damit Artikel 3 GG es aus, Beiträge zu erheben, wenn ein fiktiver Vorteil behauptet wird, der aus einer räumlich engen Beziehung der Grundstücke zur Straße bestehe, die zu einer stärkeren Inanspruchnahme der Straße führe, obwohl der Straßenausbau die Häufigkeit der Nutzung der Straße nicht beeinflusst?

Grundsatzfrage 9:

Schließen das Äquivalenzprinzip i.V.m. Artikel 3 GG es aus, Beiträge zu erheben, wenn ein fiktiver Vorteil aus einem Vergleich der Grundstücke an einer ausgebauten Straße mit Grundstücken abgeleitet wird, die vom Ausbau nicht betroffen sind?"

3

Der vorstehende Katalog von - überwiegend inhaltsgleichen, sich lediglich in der Akzentuierung von Begründungselementen unterscheidenden - Fragen und die umfängliche Beschwerdebegründung können dahingehend zusammengefasst werden, dass die Beschwerde die Frage geklärt haben will, ob die vorgenannten Bestimmungen des Grundgesetzes, namentlich Art. 3 Abs. 1 GG, und das Äquivalenzprinzip die Erhebung von Ausbaubeiträgen mangels eines zurechenbaren und messbaren Vorteils der Anlieger ausschließen. Die Beschwerde zielt auf den Vorteilsbegriff. Sie verneint bereits dem Grunde nach, dass einem Straßenanlieger durch eine Straßenausbaumaßnahme ein die Beitragserhebung legitimierender Vorteil zuteil wird. Sie hält einen solchen Vorteil für "rein fiktiv" und "konstruiert", zum einen weil er aus einem unzulässigen Vergleich mit Grundstücken (an anderen Straßen) abgeleitet werde, die von dem Ausbau nicht betroffen seien; zum anderen fehle es an einer häufigeren Nutzung und damit an einer gesteigerten Inanspruchnahme der Straße durch die Beitragspflichtigen sowie an einer Steigerung des Gebrauchswertes. Gestützt auf Stimmen aus der Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre vertritt die Beschwerde die Ansicht, dass bei öffentlichen Gütern, zu denen auch Straßen im Gemeingebrauch zählten, eine messbare Vorteils- und Nutzungszurechnung nicht möglich sei (Beschwerdebegründung S. 36 f.). Deshalb sei eine strengere Interpretation des Äquivalenzprinzips erforderlich (Beschwerdebegründung S. 38).

4

Damit wird eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts nicht in der erforderlichen Weise dargetan (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

5

1. Der in § 8 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein (KAG S-H) - wie auch in vergleichbaren Landesgesetzen - enthaltene Begriff des "Vorteils", der eine Beitragspflicht der Anlieger zu einem Straßenausbau begründet, gehört dem gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nichtrevisiblen Landesrecht an. Eine Zulassung der Revision zur Klärung von Fragen zum kommunalabgabenrechtlichen Vorteilsbegriff kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Beschlüsse vom 28. Januar 1976 - BVerwG 7 B 1.76 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 7 S. 7 und vom 14. Februar 1977 - BVerwG 7 B 161.75 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 9 S. 10 ).

6

2. Die von der Beschwerde formulierten Fragen gewinnen auch nicht dadurch grundsätzliche Bedeutung und werden nicht dadurch zu solchen des revisiblen Rechts, dass die Beschwerde die Vereinbarkeit der genannten landesrechtlichen Norm (teilweise unter Hinweis auf ihre Ergänzung durch kommunales Satzungsrecht und die hierzu ergangene Rechtsprechung) mit dem Grundgesetz in Zweifel zieht.

7

Wird im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Unvereinbarkeit von Landesrecht (in der für das Revisionsgericht maßgeblichen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht) mit Bundes(verfassungs)recht gerügt, so kann sich daraus ein Bedarf an revisionsgerichtlicher Klärung nur ergeben, wenn die Auslegung der bundes(verfassungs)rechtlichen Maßstabsnorm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, nicht aber, wenn allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 7 B 177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277 S. 20 und vom 14. September 2006 - BVerwG 9 B 2.06 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 44 Rn. 5 m.w.N.). Dem hieran auszurichtenden Darlegungserfordernis wird nicht schon dadurch genügt, dass die maßgeblichen Vorschriften des irrevisiblen Landesrechts als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen werden. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche Verfassungsnormen verstoßen wird und inwiefern sich   b e i   d e r   A u s l e g u n g   dieser bundes(verfassungs)rechtlichen   M a ß s t a b s n o r m   Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht auf der Grundlage bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lassen (Beschluss vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ 2011, 507 Rn. 4 m.w.N.).

8

a) Was die von der Beschwerde angeführten Maßstäbe des Bundes(verfassungs)rechts betrifft, ist vorab festzuhalten:

9

aa) Es ist höchstrichterlich geklärt, dass es keinen einheitlichen, bundes(verfassungs)rechtlich vorgegebenen Begriff des Beitrags gibt, an den die Bundes- oder Landesgesetzgebung gebunden wäre (Urteil vom 14. April 1967 - BVerwG 4 C 179.65 - BVerwGE 26, 305 <309> = Buchholz 401.80 Preuß. Verwaltungsgebührengesetz <1923> Nr. 1 S. 7 und Beschluss vom 14. Februar 1977 a.a.O.). Allerdings ist der kommunale Beitrag durch bestimmte Tatbestandsmerkmale gekennzeichnet: Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Gegenleistung: Das Gemeinwesen stellt eine besondere Einrichtung zur Verfügung. Wer davon besonderen wirtschaftlichen Nutzen hat, soll zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen. Hiernach ist der Gedanke der Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten, der den Beitrag abgaben-, aber auch verfassungsrechtlich legitimierende Gesichtspunkt. Dies bestimmt auch die rechtliche Gestaltung, vor allem die Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen und den Veranlagungsmaßstab. Beitragspflichtig können nur diejenigen sein, die besondere Vorteile von der gemeindlichen Einrichtung haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. Mai 1959 - 1 BvL 1, 7/58 - BVerfGE 9, 291 <297 f.>, vom 16. Oktober 1962 - 2 BvL 27/60 - BVerfGE 14, 312 <317> und vom 26. Mai 1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223 <228>; ähnlich bereits Beschluss vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <254 ff.>). Dabei reicht die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme (potentielle Inanspruchnahme) der Einrichtung durch die Beitragspflichtigen aus (BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93 und 5, 6, 7/94, 1 BvR 403, 569/94 - BVerfGE 92, 91 <115>).

10

bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist weiter geklärt, dass der von der Beschwerde thematisierte allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das ebenso angesprochene Äquivalenzprinzip als auf den Beitrag bezogener Ausdruck des allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. Urteil vom 24. September 1987 - BVerwG 8 C 28.86 - NVwZ 1988, 159 <160>) dem Satzungsgeber bei der Erhebung und Bemessung von Beiträgen nur sehr weite Grenzen setzen, die insbesondere nicht mit denjenigen des von der Beschwerde hervorgehobenen Vorteilsprinzips identisch sind (Beschlüsse vom 30. April 1996 - BVerwG 8 B 31-32.96 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 37 S. 5 und vom 22. März 2007 - BVerwG 10 BN 5.06 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 49 Rn. 9). Dabei besagt das Äquivalenzprinzip lediglich, dass der Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten Vorteil stehen darf und nur bei einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen Beitrag und dem einem Grundstück vermittelten Vorteil verletzt ist (Urteil vom 24. September 1987 a.a.O.).

11

cc) In ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt ist weiter, dass es dem Normgeber (Satzungsgeber) gestattet ist, abgabenrechtliche Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird (vgl. etwa Urteil vom 25. August 1982 - BVerwG 8 C 54.81 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 S. 4). Dabei kann er sich auch auf Erfahrungstatsachen stützen und mit Wahrscheinlichkeitsmaßstäben arbeiten. Geklärt ist schließlich, dass derartige Pauschalierungen und Typisierungen unter den Maßgaben der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit widersprechen (vgl. Beschluss vom 30. April 2009 - BVerwG 9 B 60.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 57 Rn. 4 f.).

12

b) Hiervon ausgehend genügt die Beschwerde und ihre Begründung in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen an die Darlegung eines bundesrechtlichen Klärungsbedarfs.

13

Dafür reicht es nicht aus, in Frage zu stellen, ob die landes- und satzungsrechtlich begründete Beitragspflicht für Straßenausbaumaßnahmen "mit dem Grundgesetz vereinbar" ist (Frage 1 a.E.), oder eine Kette von Grundgesetz-Artikeln aneinanderzureihen (Fragen 2 bis 6). Damit wird nicht aufgezeigt, inwieweit hinsichtlich der von der Beschwerde angeführten bundes(verfassungs)rechtlichen Maßstabsnormen über den bislang erreichten Stand höchstrichterlicher Rechtsprechung hinaus weiterer Klärungsbedarf besteht. Das gilt auch, soweit die Beschwerde Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtfertigung nichtsteuerlicher Abgaben (Beschwerdebegründung S. 25 f.) und zum allgemeinen Gleichheitssatz anführt (Beschwerdebegründung S. 27). Vielmehr erschöpft sich die Beschwerdebegründung - nach Darstellung des Ablaufs des Normenkontrollverfahrens (Beschwerdebegründung S. 3 bis 12), der Begründung des angefochtenen Urteils (Beschwerdebegründung S. 12 bis 16), der Auflistung der Grundsatzfragen (Beschwerdebegründung S. 17 bis 19) sowie der Rechtsprechung und Literatur zum Vorteilsbegriff im Straßenausbaubeitragsrecht (Beschwerdebegründung S. 20 bis 23) - nach Art eines zulassungsfreien oder zugelassenen Rechtsmittels in einer allgemeinen Kritik der Ausbaubeitragspflicht von Anliegergrundstücken (Beschwerdebegründung S. 24, 28 bis 40). Der Kern dieser Kritik ist oben (Rn. 3 dieses Beschlusses) zusammengefasst. Diese Kritik betrifft indes Landesrecht, nämlich die Annahme eines die Beitragserhebung legitimierenden Vorteils und die zutreffende Bestimmung des Kreises der Beitragspflichtigen sowie des Beitragsmaßstabs durch die jeweilige Satzung. Ein Klärungsbedarf hinsichtlich der erwähnten bundesrechtlichen Maßstabsnormen wird damit nicht dargetan.

14

Namentlich wird damit nicht aufgezeigt, warum Art. 3 Abs. 1 GG eine strengere Interpretation des Äquivalenzprinzips erfordere. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil ausgeführt (vgl. KStZ 2010, 211 = NordÖR 2011, 174), dass im Ausbaubeitragsrecht aufgrund der "räumlich engen Beziehung" der Grundstücke zu der auszubauenden Straße "erfahrungsgemäß angenommen werden kann, dass von ihnen aus die Verkehrseinrichtung in stärkerem Umfang in Anspruch genommen werden kann als von anderen Grundstücken und dass dies zu einer Steigerung ihres Gebrauchswertes führt, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt" (UA S. 9 unten). Es hat die von der Beschwerde verlangte "Konkretisierung des Vorteilsbegriffs" - in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung - damit zurückgewiesen, dass dem Satzungsgeber ein Gestaltungsspielraum zukomme, nach welchen Maßgaben im Einzelnen die Anliegervorteile zu bemessen und wie diese von den Vorteilen der Allgemeinheit abzugrenzen seien. Dieser Gestaltungsspielraum sei nur mit Blick auf die Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes sowie allgemeiner verfassungsrechtlicher Prinzipien, etwa die aus Art. 3 GG abzuleitenden Gebote der Abgabengerechtigkeit und Abgabengleichheit zu überprüfen (UA S. 10 Mitte). Dieser Prüfung hat das Oberverwaltungsgericht die angefochtene Satzung im Einzelnen unterzogen (UA S. 10 bis 15). Auf diese "Feinprüfung", die den erwähnten Prinzipien gerade gerecht werden soll, geht die Beschwerde mit keinem Wort ein.

15

Die Kritik der Beschwerde erschöpft sich letztlich darin, dass sie dem auf einer typisierenden Betrachtung ("erfahrungsgemäß") beruhenden Vorteilsbegriff des § 8 KAG S-H in der für das Revisionsgericht bindenden Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (Möglichkeit der gesteigerten Inanspruchnahme und Gebrauchswertsteigerung der Anliegergrundstücke aufgrund ihrer engen räumlichen Beziehung zur Straße) ihre gegenteilige Ansicht entgegensetzt, wonach bei Straßen im Gemeingebrauch eine derartige Vorteils- oder Nutzenzurechnung nicht möglich sei. Dies ist kein tauglicher Weg, um eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu erreichen. Mit ihrer These von der Unmöglichkeit der Vorteils- oder Nutzenzurechnung im Straßenbaubeitragsrecht geht die Beschwerde von tatsächlichen Annahmen aus, zu denen keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Vorteil der Beitragspflichtigen "nur darin besteht, dass die Grundstückseigentümer die Möglichkeit haben, die ausgebaute (...) Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zu nutzen, wie alle anderen Nutzer auch" (Frage 4). Es hat vielmehr den die Beitragserhebung legitimierenden Vorteil auch in der mit dem Straßenausbau verbundenen Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks gesehen. Es hat auch nicht festgestellt, dass diese Steigerung des Gebrauchswertes "nicht messbar" sei (Frage 6 a.E.).

16

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschwerde sich zur Begründung ihrer These auf Meinungen in der Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre stützt (Beschwerdebegründung S. 36 bis 38). Es trifft schon im Ausgangspunkt nicht zu, wenn die Beschwerde die Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre als "für die Gestaltung und die rechtliche Ausgestaltung des öffentlichen Abgabensystems (primär) zuständig" bezeichnet (Frage 7). Dies sind sie nicht. Diese Aufgabe kommt nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes allein dem dafür demokratisch legitimierten Normgeber (auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene) zu. Dessen normative Festlegungen (hier: das Vorteilserfordernis als Voraussetzung einer Beitragserhebung) sind im Falle eines Rechtsstreits, sofern die Normen auslegungsbedürftig sind, von den Gerichten ggf. näher zu konkretisieren. Der Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre kommt hierbei nicht mehr und nicht weniger als eine dienende, Gesetzgebung und Rechtsprechung im besten Falle bereichernde Rolle zu. Soweit also in der von der Beschwerde zitierten Literatur die Ansicht vertreten wird, dass der Nutzen des Einzelnen bei vom Gemeinwesen bereit gestellten öffentlichen Gütern, namentlich bei Straßen im Gemeingebrauch, "nicht praktikabel messbar und individuell zurechenbar" sei (Beschwerdebegründung S. 38), so ist dies gewiss   e i n e   (beachtliche) Meinung. Dies ändert für die hier in Rede stehende Frage der Zulassung der Revision aber nichts daran, dass hierzu keinerlei Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts vorliegen. Auch wird von der Beschwerde mit keinem Wort erwogen, ob die von ihr angezweifelte Vorteils- und Nutzenzurechnung mit Blick auf den weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Normgebers (Satzungsgebers) und dessen Befugnis zur Typisierung und Pauschalierung von Lebenssachverhalten nicht gleichwohl verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag (Schmutzwasser).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück G1 in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee. Die Gemeinde Seebad Insel Hiddensee ist im Jahre 2005 rückwirkend zum 01.01.2003 dem Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen beigetreten. Zuvor hatte sie die Aufgabe der Abwasserbehandlung in Eigenregie betrieben und auch Anschlussbeiträge erhoben. Das Grundstück der Klägerin weist eine Größe von 377 m² auf und ist an die vom Beklagten betriebene zentrale Schmutzwasseranlage angeschlossen; es entwässert in ein biologisch arbeitendes Klärwerk mit 3. Reinigungsstufe.

3

Mit Bescheid vom 08.05.1995 hatte der Bürgermeister der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee einen Abwasserbeitrag in Höhe von DM 3.050,00 festgesetzt. Die Festsetzung wurde mit Bescheid vom 21.06.1995 auf DM 1.575,60 reduziert. Mit Abhilfebescheid vom 29.09.1998 wurde vom Bürgermeister der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee einem Widerspruch der Klägerin gegen einen Beitragsbescheid für die öffentliche Abwasseranlage abgeholfen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es:

4

"Der Schmutzwasserbeitrag beträgt damit 4.701,94 DM. Hierauf wurde der von Ihnen geleistete Abschlag in Höhe von 1.575,60 DM angerechnet. (...) Ihr Widerspruch ist somit begründet. Der Beitragsbescheid vom 03.07.1998 wird hiermit aufgehoben. Entsprechend der am 15.09.1998 ermittelten Daten wird ein neuer Bescheid erstellt und Ihnen gesondert zugehen."

5

Dieser Betrag wurde von der Klägerin gezahlt. Mit Bescheid vom 15.12.2008 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Schmutzwasserbeitrag i.H.v. € 1.583,40 heran. Auf ihren hiergegen gerichteten Widerspruch reduzierte er die Festsetzung auf € 777,81 und wies den Rechtsbehelf im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2009 zurück. Die Höhe der Reduzierung entspricht dem in dem Bescheid vom 29.09.1998 erwähnten Zahlbetrag.

6

Am 23.02.2009 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung (SBS) sei unwirksam. Die Bestimmung des Inhabers von Gebäudeeigentum nach § 286 ZGB-DDR zum Beitragspflichtigen verstoße gegen § 7 Abs. 2 Satz 4 Kommunalabgabengesetz. Die Regelung über das Hinausschieben der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Innenbereichsgrundstücken auf den Zeitpunkt der Bebauung in § 6 Abs. 3 SBS verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil sie entgegen der gesetzlichen Ermächtigung nicht auch unbebaute Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen erfasse. Zudem sei unklar, wie im Falle einer späteren Bebauung die Zahl der Vollgeschosse zu ermitteln sei. Ein Rückgriff auf § 3 Abs. 5 lit. e SBS sei unzulässig. Die Regelung des § 3 Abs. 5 lit. d SBS sei unverständlich.

7

Ungeachtet dessen sei der Beitragsanspruch wegen Festsetzungsverjährung erloschen. Die Gemeinde Seebad Insel Hiddensee habe die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage (Herstellungsbeitragssatzung) vom 09.07.1998 erlassen. Diese Satzung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Greifswald (Urteil vom 30.05.2001 - 3 A 39/99) wirksam. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern habe einen Antrag der damaligen Klägerin auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Damit seien die sachlichen Beitragspflichten für die Herstellung der Schmutzwasseranlage bereits im Jahre 1998 entstanden. Mit Ablauf des Jahres 2003 sei die Festsetzungsfrist für Herstellungsbeiträge abgelaufen. Der Beklagte sei daher daran gehindert, nunmehr einen Herstellungsbeitrag zu erheben. Soweit der Beklagte aus der vom Verwaltungsgericht Greifswald festgestellten Nichtigkeit der Abwassergebührensatzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee auf die Nichtigkeit der Herstellungsbeitragssatzung schließen wolle, gehe dies fehl. Zum einen stehe die Unangemessenheit der in der Gebührensatzung berücksichtigten Betreiberentgelte wegen des nicht abgeschlossenen Preisprüfungsverfahrens nicht fest. Zum anderen könne aus überhöhten Betreiberentgelten nicht auf überhöhte Herstellungskosten geschlossen werden.

8

Die Klägerin beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung sei wirksam. Die Regelung des § 6 Abs. 3 SBS beschränke sich auf unbebaute Innenbereichsgrundstücke, weil für unbebauten Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen kein Regelungserfordernis bestehe. Eine Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Sachliche Beitragspflichten hätten auf Grundlage der Herstellungsbeitragssatzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee nicht entstehen könne, da die Satzung nichtig sei. Ihre Maßstabsregelungen verstießen gegen das Vorteilsprinzip. Die Beitragskalkulation sei fehlerhaft.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die von der Landrätin des Landkreises Rügen vorgelegen Unterlagen und die beigezogenen Akten des Verfahrens 3 A 39/99 vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Beitragsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ihm fehlt die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage

15

1. Die rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft getretene Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung (Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung - SBS) vom 20.03.2008 i.d.F. der 1. Änderung enthält eine fehlerhafte und damit unwirksame Maßstabsregel. Damit weist die Satzung nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf und ist insgesamt unwirksam.

16

Fehlerhaft ist die Regelung zur Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, die nicht im Geltungsbereich von Bebauungsplänen liegen. Hierzu bestimmt § 3 Abs. 5 lit. d SBS, dass, soweit kein Bebauungsplan besteht, als Zahl der Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bzw. lit. b analog und bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse bzw. lit. b analog gilt. Die von § 3 Abs. 5 lit. d SBS in Bezug genommene Vorschrift des § 3 Abs. 5 lit. b SBS bestimmt, dass als Zahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse nicht festgesetzt, sondern nur eine zulässige Baumassenzahl oder nur die zulässige Höhe der baulichen Anlage angegeben ist, die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Baumassenzahl bzw. die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe gilt. Die Vorschrift enthält damit eine Umrechnungsformel, anhand derer aus der im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzung der zulässigen Gebäudehöhe bzw. Baumassenzahl die Anzahl der maßgeblichen Vollgeschosse ermittelt werden kann. Eine solche Regelung ist zulässig und geboten, wenn im Verbandsgebiet Grundstücke existieren, für die ein Bebauungsplan entsprechende Festsetzungen aufweist (VG Halle, Urt. v. 26.02.2004 - 4 A 683/01, juris Rn. 36, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - C 61-68 und 80-84.75, BauR 1979, 315 [zum Erschließungsbeitragsrecht]).

17

Es ist allerdings zweifelhaft, ob eine Anwendung der Umrechnungsformel auch auf Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen zulässig ist, denn hier richtet sich die Ermittlung der Vollgeschosszahl nicht (abstrakt) nach der Festsetzung der höchstzulässigen Gebäudehöhe oder Baumassenzahl, sondern (konkret) nach der tatsächlich vorhandenen bzw. genehmigten Bebauung. Die vorhandene bzw. genehmigte Bebauung lässt die Anzahl der Vollgeschosse aber regelmäßig erkennen, so dass es an einem Bedürfnis für eine Umrechnungsformel fehlt. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Grundstück mit einer außergewöhnlich hohen Halle bebaut ist. Für die Beitragserhebung ist es als eingeschossig bebaut einzustufen, denn auch ein außergewöhnlich hohes Vollgeschoss ist bauordnungsrechtlich nur ein Vollgeschoss, da § 2 Abs. 6 Satz 1 Landesbauordnung (LBauO M-V) für Geschosshöhen keine Obergrenzen normiert (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 18.03.2004 - 2 MB 20/04, NVwZ-RR 2006, 65 <66>). Ob ein solches Baugrundstück über die Normierung einer Umrechnungsformel beitragsrechtlich als mehrgeschossig eingestuft werden kann - so der in der mündlichen Verhandlung von den Vertretern des Beklagten erläuterte Regelungszweck der Verweisung in § 3 Abs. 5 lit. d SBS -, ist mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) ebenfalls zweifelhaft. Denn in diesem Fall hätte die Umrechnungsformel außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen eine andere Funktion als innerhalb ihres Geltungsbereichs.

18

Diese Fragen bedürfen vorliegend jedoch keiner Vertiefung, denn die Regelung des § 3 Abs. 5 lit. d SBS ist bereits wegen der Verknüpfung der Verweisungen auf Abs. 5 b l.cit. mit dem übrigen Regelungsgehalt der Vorschrift unwirksam. So gilt nach der ersten Variante der Vorschrift als Zahl der Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse "bzw. lit b". Die zweite Variante der Vorschrift weist dieselbe Regelungstechnik auf. Wegen der Verknüpfung "beziehungsweise" (bzw.) ist unklar, welcher Regelungsteil den Vorrang genießt. Die Wendung "beziehungsweise" deutet auf eine Gleichrangigkeit der Regelungsvarianten hin, so dass es dem Belieben des Normanwenders überlassen bleibt, nach welcher Bestimmung die Anzahl der Vollgeschosse ermittelt wird. Dies führt - je nach Berechnungsweise - zu einer unterschiedlichen Beitragsbelastung. So ist ein zwei Vollgeschosse aufweisendes Gebäude mit einer Höhe von 10,50 m nach § 3 Abs. 5 lit. d erster Spiegelstrich erste Var. SBS als zweigeschossig und nach der zweiten Variante als dreigeschossig einzustufen. Damit leidet die Bestimmung an einem unauflösbaren Widerspruch und ist folglich unwirksam.

19

Der Grundsatz der Normerhaltung steht dieser Betrachtung nicht entgegen, denn das Regelungsziel der Vorschrift, insbesondere die Frage des Rangverhältnisses beider Varianten, ist nicht erkennbar. Der Hinweis des Beklagten, dass § 3 Abs. 5 lit. b SBS nur greife, wenn § 3 Abs. 5 lit. a SBS unwendbar sei, hilft nicht weiter, denn die genannten Bestimmungen stehen in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander, was auf die Regelungsvarianten des § 3 Abs. 5 lit. d erster Spiegelstrich SBS nicht zutrifft.

20

2. Auf die am 23.12.2003 in Kraft getretene Satzungen des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung durch Anlagen mit 3. Reinigungsstufe vom 27.10.2003 i.d.F. der 1. Änderung vom 18.06.2004, wonach ein Beitragssatz von 4,05 €/m² gilt, scheidet ebenfalls als als Rechtsgrundlage der Beitragserhebung aus. Zwar ist diese Satzung nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (zuletzt VG Greifswald, Urt. v. 12.08.2009 - 3 A 262/08) wirksam. Insbesondere leidet die Maßstabsregelung dieser Satzung nicht an dem dargestellten Fehler, vgl. § 3 Abs. 5 lit. e SBS 2003. Allerdings findet die Satzung keine Anwendung auf in der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee gelegene Grundstücke, weil weder der auf die im Bereich der Insel Hiddensee gelegenen Anlagenteile entfallende Aufwand noch die dort anfallenden Beitragseinheiten in den Kalkulationen berücksichtigt worden sind. Die Beitragskalkulation datiert vom 12.09.2003 und konnte den Beitritt der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee nicht berücksichtigen.

21

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung hiergegen einwendet, dass dies einer Anwendbarkeit der Satzung auf "Hiddensee-Fälle" nicht entgegen stehen könne, weil die Beitragskalkulation sowohl auf der Aufwands- als auch auf der Flächenseite nicht bezogen auf die Gesamtfläche der Insel Rügen, sondern lediglich anhand repräsentativ ausgewählter Ver- bzw. Entsorgungsgebiete erstellt worden ist, trifft dies tatsächlich nicht zu. Denn es ist gerichtsbekannt, dass der Beklagte diese Kalkulationsmethode, deren Zulässigkeit keinen Bedenken unterliegt (VG Greifswald, Urt. v. 13.04.2005 - 3 A 2083/04, S. 9 f. des Entscheidungsumdrucks; zur aktuellen Rechtslage siehe § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V i.d.F. des ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 [KAG-Novelle 2005]), nur im Rahmen der Beitragskalkulation für Schmutzwasserbeseitigungsanlagen ohne 3. Reinigungsstufe und Trinkwasserversorgungsanlagen angewandt hat. Der Kalkulation des Beitragsatzes für Schmutzwasserbeseitigungsanlagen mit 3. Reinigungsstufe lagen alle Entsorgungsgebiete zu Grunde. Die gegenteiligen Bekundungen der Mitarbeiterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung beruhen offensichtlich auf einem Versehen.

22

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Einwand auch rechtlich unzutreffend ist. Aus dem Umstand, dass eine Beitragskalkulation lediglich anhand der Daten von Referenzgebieten erstellt worden ist, kann nicht geschlossen werden, dass die betreffende Satzung durch den (rückwirkenden) Beitritt einer Gemeinde zum Zweckverband auch auf die im Gebiet dieser Gemeinde gelegenen Grundstücke anwendbar ist. Vielmehr bleibt der geographische Anwendungsbereich dieser Satzung auch nach dem Beitritt der Gemeinde auf das Gebiet beschränkt, für das die repräsentativen Ver- bzw. Entsorgungsgebiete ausgewählt worden sind. Denn mit dem Beitritt einer Gemeinde zum Zweckverband verändert sich die der Kalkulation zu Grunde liegende Aufwands-/Flächenrelation. Würde man annehmen, dass eine vorhandene Beitragssatzung mit dem Beitritt einer Gemeinde automatisch auch für das Gebiet der beitretenden Gemeinde gilt, hätte dies zur Folge, dass die ausgewählten Referenzgebiete nicht mehr repräsentativ sind und die Beitragssatzung rechtswidrig wird.

23

3. Vorsorglich - für den Fall einer erneuten Heranziehung der Klägerin - sei darauf hingewiesen, dass die übrigen Einwände der Klägerin nicht durchgreifen.

24

a. Die Kammer sieht insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zweckverband das ihm zustehende Organisationsermessen bei der Bestimmung der öffentlichen Einrichtung, für die Anschlussbeiträge erhoben werden, fehlerhaft ausgeübt hätte. Zwar wurden die vordem rechtlich getrennten Schmutzwasserbeseitigungsanlagen mit bzw. ohne 3. Reinigungsstufe durch § 1 Abs. 2 lit. a der Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über den Anschluss an die zentrale öffentliche Abwassereinrichtungen und ihre Benutzung (Abwasseranschlusssatzung - AAS) vom 20.03.2008 mit Wirkung vom 01.01.2008 zu einer einheitlichen beitragsfähigen Anlage zusammengefasst. Diese Zusammenfassung ist trotz der unterschiedlichen Funktionsweise der Anlagen jedenfalls seit dem In-Kraft-Treten der KAG-Novelle 2005 zulässig. Nach dem durch die KAG-Novelle 2005 neu eingefügten § 2 Abs. 2 KAG M-V bilden, sofern durch Satzung nichts anderes bestimmt ist, technisch getrennte Anlagen eines Einrichtungsträgers, die der Erfüllung derselben öffentlichen Aufgabe dienen, jeweils eine Einrichtung im rechtlichen Sinne, bei der Anschlussbeiträge nach jeweils einheitlichen Sätzen erhoben werden. Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass im Anschlussbeitragsrecht von einem rechtlichen Anlagenbegriff auszugehen ist. Die Zusammenfassung auch technisch getrennter Anlagen, die der Erfüllung derselben öffentlichen Aufgabe dienen, in einer öffentlichen Einrichtung im rechtlichen Sinne ist danach der Normalfall. Andere Regelungen durch Satzung bleiben zwar möglich und liegen im Organisationsermessen des Aufgabenträgers. Gleiches gilt aber auch für den umgekehrten Fall der Zusammenfassung unterschiedlicher Anlagen: Auch wenn eine Verpflichtung zur Zusammenfassung nicht besteht, kann der Aufgabenträger bisher rechtlich getrennte Anlage in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens zusammenfassen. So ist es hier. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Vielmehr entspricht der Umstand, dass statt der unterschiedlichen Beitragssätze von 4,05 €/m² für Anlagen mit 3. Reinigungsstufe bzw. 4,30 €/m² für Anlagen ohne 3. Stufe gemäß § 4 SBS nunmehr ein einheitlicher Beitragsatz von 4,20 €/m² gilt, dafür, dass die Zusammenfassung dem vom Gesetzgeber verfolgen Regelungsziel entspricht. Denn in der Gesetzesbegründung heißt es, mit der Möglichkeit der Zusammenfassung werde auch der Solidargedanke aufgegriffen; bei der Zusammenfassung einer kostengünstigeren mit einer kostenintensiveren Einrichtung könnten "Spitzenwerte" abgemildert werden (Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks. 4/1307, S. 26).

25

Die Kammer lässt offen, ob die bisher ständige Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, wonach es gegen das Vorteilsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstößt, wenn für den Anschluss an qualitativ unterschiedliche Kläranlagen derselbe Anschlussbeitrag erhoben wird (vgl. nur Urt. v. 15.03.1995 - 4 K 22/94, DVBl. 1995, 1146), durch die Neuregelung des § 2 Abs. 2 KAG M-V gegenstandslos geworden ist. Zwar mag es sein, dass technische Unterschiede so gewichtig sein können, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) eine Differenzierung gebietet und dass der Solidargedanke allein nicht geeignet ist, den Gleichheitssatz außer Kraft zu setzen (Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 07/09, § 2 Anm. 4.6). Vorliegend ist aber davon auszugehen, dass die Unterschiede zwischen den (früheren) Anlagen mit bzw. ohne 3. Reinigungsstufe nicht so groß sind, dass ihre Zusammenfassung vorteils- oder gleichheitswidrig ist. Bei den zusammengefassten Anlagen handelt es sich ausnahmslos um biologisch reinigende Anlagen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die einzelnen Kläranlagen trotz der unterschiedlichen Funktionsweise eine in etwa vergleichbare Reinigungsleistung haben. Nur für diese Anlagen wird ein Schmutzwasserbeitrag erhoben, § 1 Abs. 1 SBS. Rein mechanisch reinigende Kläranlagen werden vom Zweckverband gemäß § 1 Abs. 2 lit. b AAS dagegen nach wie vor als eigenständige, aber nicht beitragsfähige Anlage betrieben.

26

b. Die Bestimmung des Beitragspflichtigen bei bebauten Grundstücken, an denen selbständiges Gebäudeeigentum besteht, begegnet keinen Bedenken. § 5 Abs. 2 SBS i.d.F. der ersten Änderungssatzung gibt den Regelungsgehalt des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V wortgleich wieder. Die an die ursprüngliche Fassung des § 5 Abs. 2 SBS anknüpfenden Einwände der Klägerin können daher auf sich beruhen.

27

c. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Regelung über die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Baugrundstücken in § 6 Abs. 3 SBS unbedenklich. Danach gilt für unbebaute Grundstücke, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 Baugesetzbuch liegen, die Beitragspflicht erst als entstanden, wenn das Grundstück mit anzuschließenden Gebäuden bebaut oder tatsächlich angeschlossen wird. Die Bestimmung beruht auf der Ermächtigung in § 9 Abs. 6 KAG M-V. Zwar schöpft die Bestimmung des § 6 Abs. 3 SBS den von § 9 Abs. 6 KAG M-V vorgegebenen Rahmen nicht voll aus, da die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nur bei unbebauten Grundstücken im so genannten unbeplanten Innenbereich, nicht aber auch im Geltungsbereich von Bebauungsplänen bis zur Bebauung bzw. bis zum tatsächlichen Anschluss hinausgeschoben wird. Dies ist jedoch unschädlich. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 6 KAG M-V kann der Ortsgesetzgeber entscheiden, ob die Sonderregelung nur für Grundstücke, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (Innenbereich) liegen, oder auch für Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen, gelten soll (vgl. auch den Einführungserlass des Innenministeriums vom 14.06.2005, Ziff. 4.6.3, S. 19). Auch zwingt der auf Art. 3 GG beruhende Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht zu einer einheitlichen Behandlung. Durch die ebenfalls im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügte Regelung des § 9 Abs. 6 KAG M-V hat der Landesgesetzgeber eine ordnungspolitische Korrektur im Anschlussbeitragsrecht vorgenommen. Mit der an erschließungsbeitragsrechtliche Prinzipien anknüpfenden Grundregelung des § 9 Abs. 3 KAG M-V, wonach die sachliche Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, soll bei unbebauten oder deutlich unter dem zulässigen Maß bebauten Grundstücken durch die volle Belastung mit Beiträgen der Veräußerungs- und Bebauungsdruck erhöht werden, um einer Zersiedelung der Landschaft entgegen zu wirken (vgl. RegE, LT-Drs. 4/1307, S. 49). Dieser Ansatz hat sich jedenfalls für ländlich strukturierte, wirtschaftsschwache Regionen als verfehlt erwiesen. So heißt es im Regierungsentwurf (a.a.O.):

28

"Nach wie vor sinkende Bevölkerungszahlen und eine ausbleibende wirtschaftliche Belebung machen es weitgehend unmöglich, in absehbarer Zeit die Bebauung in weitläufigen Dorflagen deutlich zu "verdichten". So führt die volle Beitragsbelastung z.B. bei unbebauten Grundstücken, die auf Grund ihrer Lage im so genannten Innenbereich (§ 34 BauGB) Bauland sind, zu erheblichen finanziellen Belastungen der Eigentümer, obwohl diese kaum in der Lage sind, die durch die beitragspflichtige Maßnahme (z.B. die Möglichkeit der zentralen Abwasserbeseitigung) gebotenen "Vorteile" zu vernünftigen wirtschaftlichen Bedingungen auch zu realisieren."

29

Dem ist auch der Innenausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern nicht entgegen getreten (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht, LT-Drs. 4/1576, S. 19), so dass davon ausgegangen werden kann, das der Landesgesetzgeber die dargestellten Erwägungen in seinen Willen aufgenommen hat. Damit wird deutlich, dass sich die dem Ortsgesetzgeber in § 9 Abs. 6 KAG M-V eingeräumte Befugnis, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Grundstücken auf den Zeitpunkt der Bebauung bzw. des tatsächlichen Anschlusses des Grundstücks hinauszuschieben, vornehmlich auf Grundstücke im unbeplanten Innenbereich erstreckt. Denn außerhalb der Umlandgemeinden größerer Städte und der touristisch bedeutsamen Regionen besteht im ländlichen Bereich Mecklenburg-Vorpommerns das Problem, dass eine Vielzahl von Grundstücken zwar nach den Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB rechtlich als Bauland ("Lückenbebauung") einzustufen sind, sie aber tatsächlich wegen fehlender Nachfrage auch mittelfristig nicht bebaut werden. Eine Zersiedelung der Landschaft infolge eines hohen "Baudrucks" droht in diesen Bereichen auf absehbare Zeit nicht. Zudem führt das "sofortige" Entstehen sachlicher Beitragspflichten zu erheblichen finanziellen Belastungen der betroffenen Eigentümer, die mangels Nachfrage nicht durch einen Grundstücksverkauf kompensiert werden können.

30

Für Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen gilt dies nicht in vergleichbarer Weise, da die Aufstellung von Bauleitplänen erst bei einem entsprechenden städtebaulichen Bedürfnis erfolgt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Nr. 2 BauGB). Ist aber ein städtebauliches Bedürfnis gegeben - insbesondere, weil eine Nachfrage nach Baugrundstücken besteht - so ist es sinnvoll und auch geboten, durch die Belastung der Eigentümer mit Beiträgen den Veräußerungs- und Bebauungsdruck zu erhöhen, um einer Zersiedelung der Landschaft entgegen zu wirken. Es besteht daher kein Grund, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht bereits an die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung zu knüpfen. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass in Mecklenburg-Vorpommern auch B-Plangebiete existieren, die - aus welchen Gründen auch immer - am Bedarf vorbei geplant und entsprechend schlecht "belegt" sind. Diese Fälle bilden jedoch die Ausnahme, nicht die Regel. Dem trägt § 9 Abs. 6 KAG M-V dadurch Rechnung, dass der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht auch für im Geltungsbereich von Bebauungsplänen gelegene Grundstücke hinausgeschoben werden kann. Auch diese Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Ortsgesetzgebers. Er muss prüfen, ob es in seinem Zuständigkeitsbereich ein entsprechendes Bedürfnis besteht. Nach dem Vortrag des Beklagten ist dies nicht der Fall. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten.

31

Die Befürchtung der Klägerin, es sei bei § 6 Abs. 3 SBS unklar, wie im Falle einer späteren Bebauung die Zahl der Vollgeschosse zu ermitteln sei, wird von der Kammer nicht geteilt. Entsteht die sachliche Beitragspflicht erst bei einer späteren Bebauung, so bestimmt sich die Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse nach der dann geltenden Maßstabsregelung. Die Fallgruppe unterscheidet sich nicht von den Fällen, in denen die sachliche Beitragspflicht aus anderen Gründen erst zeitlich versetzt entsteht, wie z.B. bei der Bebauung eines zunächst unbebauten Außenbereichsgrundstücks.

32

d. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beitragsanspruch des Beklagten nicht wegen Festsetzungsverjährung gemäß § 47 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V erloschen. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Anschlussbeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung (ständige Rechtsprechung auch zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993: vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 03.03.2005 - 1 L 56/04, S. 4 ff. des Entscheidungsumdrucks).

33

Gemessen an diesen Kriterien sind die sachliche Beitragspflichten für die Schmutzwasserbeseitigung im Bereich der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee auch gegenwärtig noch nicht entstanden. Damit konnte die Festsetzungsfrist bisher weder an- noch ablaufen. Dass die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 20.03.2008 unwirksam ist und die Satzung vom 27.10.2003 das Gebiet der Insel Hiddensee nicht erfasst, wurde bereits dargestellt.

34

Soweit die Klägerin meint, die sachliche Beitragspflicht sei bereits auf Grundlage der Satzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage (Herstellungsbeitragssatzung - HBS) vom 09.07.1998 entstanden, kann dem nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, dass das erkennende Gericht in dem rechtskräftigen Urteil vom 30.05.2001 - 3 A 39/99 - von der Wirksamkeit der Satzung ausgegangen ist. An dieser Auffassung wird jedoch nicht mehr festgehalten. Die materielle Rechtskraft des Urteils bindet das Gericht nicht, weil die Beteiligten jenes Verfahrens mit denen des vorliegenden Verfahrens nicht identisch sind (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO). Auch ist die Klägerin des vorliegenden Verfahrens nicht die Rechtsnachfolgerin der Klägerin jenes Verfahrens.

35

Die Frage, ob die Herstellungsbeitragssatzung vom 09.07.1998 materiell rechtmäßig ist, kann auf sich beruhen, weil sie an einem zur Unwirksamkeit führenden formell-rechtlichen Fehler leidet. Ihre Bekanntgabe verstößt gegen § 5 Satz 4 der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch geltenden Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO a.F.) vom 26. Januar 1995 (GVOBl. M-V, Seite 87). Nach dieser Bestimmung ist in der Bekanntmachung genehmigungspflichtiger Satzungen mit anzugeben, wann und durch welche Behörde die Satzung genehmigt worden ist. Eine Genehmigungspflicht bestand nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG 1993. Die Vorschrift bestimmt, dass rückwirkend erlassene Satzungen der Genehmigung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde bedarf. Dies trifft auf die Herstellungsbeitragssatzung zu, da sie gemäß ihrem § 19 Satz 1 rückwirkend zum 01.01.1993 in Kraft treten sollte. Demgemäß hat der Bürgermeister der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee zwar die Herstellungsbeitragssatzung der Landrätin des Landkreises Rügen als unterer Kommunalaufsichtsbehörde angezeigt. Diese erteilte dann unter dem 15.06.1998 die Genehmigung nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG 1993. Allerdings enthält die Bekanntmachung der Herstellungsbeitragssatzung keinen Hinweis auf die erteilte Genehmigung, worauf das Verwaltungsgericht bereits in dem Urteil vom 30.05.2001 (S. 6 des Entscheidungsumdrucks) hingewiesen hat. In der Entscheidung hatte es jedoch noch angenommen, dass sich die Fehlerfolge bei einem Verstoß gegen § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. auf die Rückwirkung der Satzung beschränkt und ist von einer Wirksamkeit der Satzung "ex-nunc" ausgegangen (a.a.O.).

36

An dieser Auffassung kann nicht mehr festgehalten werden, denn nach der Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern führt ein Verstoß gegen § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. zur Unwirksamkeit der Satzung insgesamt. In einem die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer betreffenden Fall, in dem die Bekanntgabe den Hinweis nach § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. enthielt und nur die Behördenbezeichnung fehlerhaft war, hat das Gericht ausgeführt, das die Satzung aufgrund der fehlerhaften Behördenbezeichnung mangels vorschriftsmäßiger Publikation nicht wirksam in Kraft gesetzt worden sei. Selbst der Wegfall des Genehmigungserfordernisses nach § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG 1993 infolge der KAG-Novelle 2005 ändere an diesem Befund nichts. Eine einmal wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültige Satzungsbestimmung könne nicht dadurch nachträglich geheilt werden, das heißt Gültigkeit erlangen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt die Gesetzeslage ändere. Der Satzungsgeber müsse erneut tätig werden, wenn er auf der Grundlage einer neuen Gesetzeslage eine ursprünglich ungültige Regelung erneut zur Geltung bringen wollte (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.04.2008 - 1 L 170/06, juris Rn. 31). Führt demnach bereits die fehlerhafte Bezeichnung der genehmigenden Behörde in einem Hinweis nach § 5 Satz 4 KV-DVO a.F. zur Nichtigkeit der Satzung, so gilt dies erst Recht, wenn die Bekanntmachung einen solchen Hinweis überhaupt nicht enthält.

37

e. Auch ist es zulässig, die Klägerin zu einem Beitrag für die Herstellung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage heranzuziehen, obwohl sie bereits im Jahre 1995 für dasselbe Grundstück zu einem Schmutzwasserbeitrag (Herstellungsbeitrag) i.H.v. DM 1.575,60 ( € 805,59) herangezogen worden ist und sie diesen Betrag auch gezahlt hat. Es liegt trotz des Wechsels des Aufgabenträgers ein Fall der Nacherhebung vor, weil die seinerzeit von der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee betriebene Anlage mit der nunmehr vom Beklagten betriebenen Anlage teilidentisch ist. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht einer Nacherhebung nicht entgegen, wenn der in der Vergangenheit bereits gezahlte Betrag - wie hier - auf die Beitragsschuld angerechnet wird. Gleiches gilt für die Bestandskraft des ursprünglichen Beitragsbescheides (eingehend: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15.12.2009 - 1 L 323/06, S. 12 ff. des Entscheidungsumdrucks).

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

1

1. Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

a) Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.

3

aa) Die Beschwerde meint, es müsse revisionsgerichtlich geklärt werden, ob jeweils das gleiche Ergebnis, nämlich die Besteuerung der Spieler, ausgelöst werde, wenn nach der hier maßgeblichen Satzung das "Halten der Geräte" und in anderen Kommunen das "Benutzen der Geräte" besteuert werde; für eine Besteuerung des Halters der Spielgeräte fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage.

4

Diese Grundsatzrüge vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. Die Beschwerde legt schon nicht nachvollziehbar dar, weshalb die Zulässigkeit der von ihr angenommenen "Halterbesteuerung" davon abhängen sollte, dass die in anderen Kommunen gebräuchliche Besteuerung der Spieler "das gleiche Ergebnis" auslöst. Im Übrigen steht die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Geräteaufsteller dürfe der Vergnügungssteuerpflicht unterworfen werden, wenn die Steuer auf den Steuerträger, nämlich den sich vergnügenden Spieler, abgewälzt werden könne (indirekte Steuererhebung), in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 28). Die Beschwerde zeigt nicht ansatzweise auf, dass und weshalb der vorliegende Fall Gelegenheit zur Fortentwicklung dieser Rechtsprechung geben könnte.

5

Soweit mit der Grundsatzrüge eine Verletzung der steuerlichen Belastungsgleichheit geltend gemacht werden sollte, ist ein Klärungsbedarf nicht gegeben. Denn Art. 3 Abs. 1 GG fordert die Gleichbehandlung nur innerhalb des Bereichs eigener Rechtssetzungsgewalt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 113/03 - NVwZ-RR 2005, 297 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 20. April 1990 - BVerwG 7 C 34.89 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 103 S. 25). Daher begründet eine abweichende Regelung der Steuererhebung und -bemessung im Zuständigkeitsbereich eines anderen Normgebers grundsätzlich keine Verletzung der steuerlichen Belastungsgleichheit.

6

bb) Die Beschwerde sieht einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,

"ob nachgewiesen werden muss, dass die Steuer auf den Preis der Dienstleistung abgewälzt werden kann, damit sie letztendlich vom Verbraucher getragen wird."

7

Ein solcher Klärungsbedarf ist nicht erkennbar. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Anforderungen an die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer als indirekte Steuer geklärt. Danach genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8 <20> und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <22 f.>; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 28; stRspr). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass Anlass zu einer Fortentwicklung dieser Rechtsprechung besteht. Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft habe im Urteil vom 3. März 1988 (Rs. 252/86 - Slg. 1988, 1343) klargestellt, dass die Mehrwertsteuer nachweislich auf den Verbraucher abwälzbar sein müsse. Diese Rechtsprechung müsse aus Gründen der Gleichbehandlung auf die Erhebung der Vergnügungssteuer übertragen werden. Daher könne nicht verlangt werden, dass die Vergnügungssteuer durch Kostensenkung oder Umsatzsteigerung "aufgefangen" werde, vielmehr müsse die Steuer nachweislich in den Spielpreis eingestellt werden können. Dies sei jedoch nicht möglich, weil an den Spielgeräten keine Veränderungen vorgenommen werden dürften, so dass tatsächlich Preisbindung bestehe.

8

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Vergnügungssteuer nicht den Charakter einer Umsatzsteuer i.S.d. vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft mit Blick auf das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems entwickelten Kriterien aufweist. Sie wird nicht allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte in einer Gemeinde erhoben und ist strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 36 f.). Die Beschwerde legt nicht dar, weshalb es gleichwohl "aus Gründen der Gleichbehandlung" geboten sein sollte, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft bestehenden Anforderungen an die Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Letztverbraucher auf die als Aufwandsteuer erhobene Vergnügungssteuer zu übertragen. Im Übrigen kann auch nicht angenommen werden, dass die Umsatzsteuer nicht kalkulatorisch, sondern nur durch Aufschlagen auf den Nettopreis überwälzt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 2010 - XI R 79/07 - BFHE 231, 373 zur Umsatzsteuerpflicht gewerblicher Betreiber von Geldspielautomaten).

9

cc) Soweit die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig hält,

"ob die Formulierung 'angefangener Kalendermonat' gleichgesetzt werden kann mit einem gesamten Kalendermonat",

wendet sie sich gegen die Auslegung von Landesrecht (§ 10 Vergnügungssteuersatzung - VS), die vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird und eine Zulassung der Revision deswegen nicht begründen kann. Bezüge zum revisiblen Recht zeigt die Beschwerde nicht auf.

10

dd) Ferner will die Beschwerde bezogen auf § 13 Abs. 3 Satz 3 VS, wonach die unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung als Steuerfestsetzung gilt, grundsätzlich geklärt wissen,

"ob eine solche Formulierung in einer Steuersatzung zu deren Unwirksamkeit führt oder ob eine solche Formulierung nur zu einer Teilunwirksamkeit führt."

11

Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese Frage der revisionsgerichtlichen Klärung bedarf. Sie betrifft wiederum irrevisibles Recht. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Auslegung einer - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 20. September 1995 - BVerwG 6 B 11.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 6 S. 8 m.w.N.). Zudem sind die abstrakt-generellen, von der entsprechenden Anwendung des § 139 BGB ausgehenden Fragen der Gesamt- oder Teilnichtigkeit von Satzungen höchstrichterlich bereits geklärt. Danach steht fest, dass die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon abhängt, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. Beschluss vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13 m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage maßgeblich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, die einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich sind.

12

Soweit die Beschwerde der Sache nach auch eine Verletzung des bei der Steuerfestsetzung zu beachtenden Bestimmtheitsgebots rügen sollte, fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Darlegung, weshalb die Bestimmtheit der - hier erfolgten - Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid von der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung durch unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung abhängen sollte.

13

ee) Auch die Frage,

"ob eine Formulierung, wie sie in § 10a der Satzung angetroffen wird, zu einer vollständigen Nichtigkeit der Satzung führt oder nur zu einer Teilnichtigkeit, wonach eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab ermöglicht wird, wenn die Einspielergebnisse nicht durch Ausdrucke manipulationssicherer elektronischer Zählwerke nachgewiesen und belegt werden können",

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht ist von der Nichtigkeit nur des § 10a VS ausgegangen, der eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab ermöglicht. Es hat angenommen, dass dies keine weiteren Auswirkungen auf die grundsätzlich vorgesehene Steuererhebung aufgrund mitgeteilter Einspielergebnisse habe. Soweit das Einspielergebnis nicht ermittelt werden könne, sei es gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 KAG NW i.V.m. § 162 Abs. 1 AO zu schätzen. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerde eine Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Belastungsgleichheit darin sieht, dass der Steuerschuldner bei bloßer Teilnichtigkeit die Möglichkeit habe, entweder pauschal nach der Stückzahl oder prozentual nach den Einspielergebnissen besteuert zu werden. Im Übrigen ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar; insoweit wird auf die Ausführungen zur vorstehenden Frage verwiesen.

14

Soweit die Beschwerde darüber hinaus auf einen - auch vom Oberverwaltungsgericht angenommenen - Verstoß gegen § 162 AO verweist, wird schon keine konkrete fallübergreifende Frage des revisiblen Rechts formuliert.

15

b) Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können nicht durchdringen.

16

aa) Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - (BVerfGE 123, 1) sowie dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - (BVerwGE 135, 367) ab, weil es eine Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer in den Fällen unterstelle, in denen keine Erdrosselungswirkung vorliege. Damit ist keine Divergenz dargetan. Das Oberverwaltungsgericht ist in Einklang mit den von der Beschwerde in Bezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen davon ausgegangen, dass die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung der Vergnügungssteuer in dem Sinne genüge, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen könne. Die Behauptung einer fehlerhaften Anwendung höchstrichterlicher Rechtsgrundsätze kann eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht rechtfertigen.

17

bb) Soweit die Beschwerde Divergenz hinsichtlich der Annahme des Oberverwaltungsgerichts geltend macht, dass die Steuer nicht erdrosselnd wirkt, bezeichnet sie keinen bestimmten, die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, der zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch steht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

18

c) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) darin, dass das Oberverwaltungsgericht keine "Untersuchungen" zur Frage der Abwälzbarkeit der Steuer und deren erdrosselnder Wirkung vorgenommen habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

19

Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass eine erdrosselnde Wirkung der Steuer dann gegeben ist, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Hinsichtlich der Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer genüge die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen könne. Die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer wirke nicht erdrosselnd. Wäre eine solche Wirkung vorhanden, müsste feststellbar sein, dass die schwächsten Anbieter aus dem Markt ausschieden, ohne dass neue ihren Platz einnähmen. Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufstellerbranche erkennbar sein. Das sei vorliegend nicht der Fall. Vielmehr lasse die Entwicklung des Bestandes von Spielgeräten und Spielhallen seit dem Jahre 2002 bis zum Jahre 2010 hinsichtlich der in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte eine gegenteilige Tendenz erkennen (Zunahme von 84 Geräten im Jahre 2002 auf 154 Geräte im Jahre 2010 im Satzungsgebiet). Danach sei noch nicht einmal eine - legitime - Lenkungswirkung zur erwünschten Verminderung des Bestandes eingetreten. Die Tatsache, dass in immer mehr Spielgeräte investiert werde, zeige, dass damit Geld verdient werde. Diese Entwicklung des Bestandes der Geldspielgeräte in Spielhallen stelle ein schlüssiges Indiz für die fehlende Erdrosselungswirkung der Steuer dar. Hinzu komme, dass die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer mit 10 % des Einspielergebnisses im Verhältnis zu anderen Gemeinden in einem unteren, moderaten Bereich liege. Vor diesem Hintergrund sei auch die wirtschaftliche Möglichkeit zur kalkulatorischen Überwälzung der Steuer gegeben.

20

Danach ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bereits die Entwicklung der Anzahl der in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte im Satzungsgebiet seit 2002 zusammen mit dem nach seiner Auffassung moderaten Steuersatz den hinreichend sicheren Rückschluss zulasse, dass die Steuer nicht erdrosselnd wirkt und kalkulatorisch abgewälzt werden kann (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 9 B 16.11 - NVwZ-RR 2012, 38). Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, weshalb sich gleichwohl weitere "Untersuchungen" aufgedrängt haben sollten. Der pauschale Hinweis, eine Vergnügungssteuer von 10 % könne zusammen mit der Umsatzsteuer von 19 % nicht erwirtschaftet werden, stellt für sich genommen die Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts nicht in Frage. Soweit die Beschwerde meint, im Hinblick auf den effektiven Rechtsschutz der Klägerin hätte untersucht werden müssen, ob sich die Steuer für deren Betrieb existenzvernichtend auswirken könne, übersieht sie, dass die Aufklärungsrüge den materiellen Standpunkt der angefochtenen Entscheidung zugrunde zu legen hat (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14 f.; stRspr). Danach ist für die Beurteilung der erdrosselnden Wirkung nicht auf den individuellen Betrieb, sondern darauf abzustellen, ob die Steuerbelastung es bezogen auf das Gebiet der Beklagten unmöglich macht, den Beruf des Spielautomatenbetreibers wirtschaftlich zu betreiben (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 44).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Flurstück … (2.260 m²), … (1.679 m²) und … (110 m²), jeweils Flur 1, Gemarkung A-Stadt. Bei dem Grundstück Flurstück … handelt es sich um ein Wegegrundstück, das nördlich an die S.straße angrenzt. Die Grundstücke Flurstücke … und … grenzen östlich an das Grundstück Flurstück … an. Das Grundstück Flurstück … ist ebenfalls unbebaut. Auf dem Grundstück Flurstück … befindet sich der Mittelteil eines Wohnhauses, das sich auch auf die Flurstücke … und … erstreckt. Bei der S.straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Dorfstraße auf einer Länge von 870 m in südöstliche Richtung führt und an der Einmündung in die G.Straße endet.

3

Im Jahre 1994 ließ die Gemeinde A-Stadt die S.straße ausbauen. Am 06.10.1993 hatte die Gemeindevertretung dazu folgenden Beschluss gefasst: „Die Gemeindevertretung A-Stadt stimmt den Planunterlage A-Stadt zu. Die Finanzierung des Eigenanteils ist durch Haushaltsmittel oder Kreditaufnahme im Haushaltsplan 1994 zu sichern. Gesamtkosten der Baumaßnahme lt. Kostenschätzung 1.506.231,75 DM.“

4

Die S.straße erhielt ab der Einmündung in die Dorfstraße auf einer Länge von 125 m eine Fahrbahn (Asphalt) in einer Breite von 5,50 m sowie einen beiderseitigen Gehweg (Betonsteinpflaster). Im weiteren Verlauf erhielt sie einen Fahrbahn in einer Breite von 4,00 m und einen einseitigen, überfahrbaren Gehweg. Des Weiteren wurden straßenbegleitende Pkw-Stellplätze, eine Straßenbeleuchtung sowie eine Straßenentwässerung angelegt.

5

Die Unternehmerrechnungen für die Baumaßnahme sind im Wesentlichen im Jahre 1994 bei Beklagten eingegangen. Mit Bescheid vom 07.11.2002 setzte das Vermessungsbüro K. für die im Jahre 1999 in Auftrag gegebene Vermessung der Flurstücke … Gebühren i.H.v. 11.836,70 fest. Mit Bescheid vom 16.06.2003 - beim Beklagten eingegangen am 19.06.2003 - setzte der Landkreis Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters (Vermessung langgestreckter Anlagen) i.H.v. 410,00 EUR fest.

6

Für das Vorhaben sind Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ausgereicht worden. Das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung liegt seit dem 12.12.1998 vor.

7

In der Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde A-Stadt vom 01.11.2000 war die Frage des Zeitpunkts der Beitragserhebung für die Baumaßnahme in der S.straße Gegenstand von Anfragen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde dargestellt, dass dafür ein langer Zeitraum bestehe und dass die Beitragserhebung spätestens nach der Neuvermessung der Straße erfolgen müsse. In der Sitzung vom 27.02.2002 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss über die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung). Die rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft getretene Satzung wurde am 11.03.2002 von der Landrätin des Landkreises Rügen als Untere Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt, am 04.04.2002 vom Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt ausgefertigt und in der Zeit vom 08.04.2002 bis 25.04.2002 durch Aushang bekannt gemacht.

8

In der Sitzung vom 06.11.2002 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss, „auf die Beitragserhebung der Anlage ‚S.straße’ zu verzichten“. Unter dem 20.11.2002 legte der Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt unter Hinweis auf die gesetzliche Beitragserhebungspflicht Widerspruch gegen den Beschluss vom 06.11.2002 ein. In der Sitzung vom 29.01.2003 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss, „dem Widerspruch des Bürgermeisters (…) vom 20.11.2002 stattzugeben“. In der Sitzung am 29.10.2003 lehnte die Gemeindevertretung die Beschlussvorlage „keinen Beitragsverzicht in der S.straße vorzunehmen“ ab. In der Sitzung vom 24.06.2003 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss einer 1. Änderungssatzung. Danach sollte in § 3 Abs. 2 der Straßenausbaubeitragssatzung u.a. die Wendung gestrichen werden, wonach zum beitragsfähigen Aufwand die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Grundflächen einschließlich der der beitragsfähigen Maßnahme zuzuordnenden Ausgleichs- und Ersatzflächen einschließlich der Nebenkosten gehören. Die Bestimmung über die Erhebung von Vorausleistungen wurden aufgehoben. Eine Ausfertigung der 1. Änderungssatzung ist ebenso wenig erfolgt, wie ihre öffentliche Bekanntmachung. Gleiches gilt für die am 09.09.2003 von der Gemeindevertretung beschlossene 2. Änderungssatzung, wonach die Ausbaubeitragssatzung aufgehoben werden sollte, und für die am 16.12.2003 beschlossene Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung.

9

Mit Bescheiden vom 23.11.2007 zog der Beklagte den Kläger für die genannten Grundstücke zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von 192,44 EUR, 142,98 EUR bzw. 234,17 EUR (zusammen 569,59 EUR) heran. Für die Beitragsberechnung wurde die S.straße als Innerortsstraße eingestuft. Die Fläche des Grundstücks Flurstück … wurde mit dem Faktor 1 multipliziert, die Flächen der beiden übrigen Grundstücke mit dem für Außenbereichsflächen geltenden Faktor 0,04. Den Widerspruch des Klägers vom 14.01.2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 04.02.2009 als zulässig aber unbegründet zurück.

10

Am 23.02.2009 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Bescheide seien unverständlich, da sie auf eine „Anlage D“ Bezug nähmen, die ihnen jedoch nicht beigefügt sei. Damit könne die Beitragsfestsetzung nicht nachvollzogen werden. Zudem seien die Grundstücke des Klägers nicht bevorteilt. Bei den Grundstücken Flurstücke … und … handele es sich um Hinterliegergrundstücke, denen die räumliche enge Beziehung zur S.straße fehle. Das Grundstück Flurstücke … sei der Weg zum Feuerlöschteich. Eine selbstständige Nutzung dieses Grundstücks sei ausgeschlossen.

11

Ungeachtet dessen seien die Beitragsansprüche infolge Festsetzungsverjährung erloschen. Die sachliche Beitragspflicht sei mit dem Inkrafttreten der Straßenausbaubeitragssatzung entstanden. Damit sei die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2002 abgelaufen. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei nicht dadurch hinausgezögert worden, dass der Grunderwerb an einzelnen Straßenflächen erst später durchgeführt worden sei, denn der Grunderwerb sei nicht erforderlich gewesen. Das Bauprogramm habe vorgesehen, dass die Baumaßnahme im Wesentlichen auf der alten Trassenführung erfolge. Zudem hätten die betroffenen Anwohner einer Inbesitznahme von Straßenflächen, die sich in ihrem Eigentum befunden hätten, schriftlich zugestimmt. Auch die Vermessungskosten seien beitragsrechtlich irrelevant. Die Vermessung sei erst nach Abschluss der Baumaßnahme in Auftrag gegeben worden. Sie sei aufgrund eines Bodenordnungsverfahrens notwendig geworden. Gehe man von einer Berücksichtigung der Kosten der Vermessung aus, sei gleichwohl Festsetzungsverjährung eingetreten, da die Festsetzungsfrist in diesem Fall mit Ablauf des 31.12.2006 abgelaufen wäre. Eine Verjährung liege nur dann nicht vor, wenn die Festsetzung der Katastergebühren zu berücksichtigen wäre. Dies sei nicht der Fall, da - wie bereits dargelegt - die Vermessungskosten nicht beitragsfähig seien. Im Übrigen stünden die Katastergebühren nicht erst mit dem Erlass des entsprechenden Gebührenbescheides fest. Maßgebend sei die im Jahre 1999 erfolgte Durchführung der Maßnahme. Hinsichtlich der Gebührenhöhe sei die Katastergebührenordnung maßgeblich. Ein Ermessen hinsichtlich der Gebührenhöhe bestehe nicht.

12

Zudem habe die Gemeinde ihr Recht zu Beitragserhebung verwirkt. Das Zeitmoment der Verwirkung liege vor. Die Baumaßnahme sei im Jahre 1994 beendet gewesen. Seit November 1994 hätten alle Unternehmerrechnungen vorgelegen. Dennoch seien die streitgegenständlichen Beitragsbescheide erst im Dezember 2007 erlassen worden. Auch das Umstandsmoment sei gegeben. Der Kläger genieße ein schutzwürdiges Vertrauen, nicht zu Straßenausbaubeiträgen für die S.straße herangezogen zu werden. Dieses Vertrauen sei durch die vielfältigen Beschlüsse der Gemeindevertretung, eine Beitragserhebung nicht durchzuführen, begründet worden.

13

Der Kläger beantragt,

14

die Bescheide des Beklagten vom 23.11.2007 in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 04.02.2009 aufzuheben.

15

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Mit Beschluss vom 11.11.2011 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Der Rechtsstreit kann ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 26.03.2009 bzw. 28.05.2009 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

20

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

21

1. Sie finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung - ABS) vom 04.04.2002.

22

a. Zwar ist die Regelung des § 2 Satz 3 ABS unwirksam mit der Folge, dass die Ausbaubeitragssatzung den Kreis der Abgabenschuldner nicht mehr vollständig angibt und damit nicht mehr den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) aufweist. Als Folge davon ist die Ausbaubeitragssatzung gegenwärtig insgesamt unwirksam. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: § 2 Satz 3 ABS bestimmt im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG 1993, dass auch der Eigentümer eines Gebäudes beitragspflichtig ist, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Diese Bestimmung ist seit dem Inkrafttreten der KAG-Novelle 2005 am 31.03.2005 so nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Beklagte kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Danach bleiben Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 ABS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden, denn eine Anpassung ist nicht erfolgt.

23

Eine geltungserhaltende Auslegung der Regelung des § 2 Satz 3 SBS ist nicht möglich. Hierfür lässt die Bestimmung keinen Raum. Insbesondere räumt sie dem Beklagten bei der Heranziehung des Beitragspflichtigen kein Ermessen ein, denn sie bestimmt, dass "... auch der Eigentümer eines Gebäudes“ … beitragspflichtig ist. Folglich schuldet der Gebäudeeigentümer im Falle der Trennung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum den Beitrag neben dem Grundstückseigentümer. Beide haften in diesen Fällen als Gesamtschuldner.

24

b. Dieser Fehler berührt die Beitragserhebung in Ansehung der S.straße jedoch nicht. Denn die Versäumung der Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V führt dazu, dass die Unwirksamkeit der Satzung lediglich mit Wirkung für die Zukunft (ex-nunc) eintritt. Die Annahme einer Rückbewirkung der Nichtigkeitsfolge auf den Zeitpunkt des Satzungserlasses (ex-tunc) scheidet aus. Mit der Anpassungsfrist wird die Gültigkeitsdauer des an sich gegen die Maßgaben der KAG-Novelle 2005 verstoßenden Satzungsrechts verlängert. Daher ist die Annahme fern liegend, dass bei einer Versäumung der Anpassungsfrist die Unwirksamkeit der betreffenden Satzung rückwirkend eintritt. Folglich bleibt die Satzung auch bei einer Versäumung der Anpassungsfrist taugliche Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung, wenn die sachliche Beitragspflicht vor dem Ablauf der Anpassungsfrist entstanden ist. Dies trifft vorliegend zu, denn die sachliche Beitragspflicht ist - wie noch zu zeigen sein wird - mit dem Eingang des Gebührenbescheides des Landkreises Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - vom 16.06.2003 beim Beklagten am 19.06.2003 und damit noch unter Geltung des KAG 1993 entstanden.

25

Die Frage, ob die Unwirksamkeit des § 2 Satz 3 ABS auch nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unbeachtlich ist, weil im Abrechnungsgebiet der S.straße Fälle isolierten Gebäudeeigentums nicht auftreten (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 - 3 A 2032/08, S. 5 ff. des Entscheidungsumdrucks), kann daher auf sich beruhen.

26

c. Andere zur Nichtigkeit der Satzung führende Fehler sind ebenfalls nicht erkennbar. Zwar verstößt die Bestimmung des § 5 Abs. 6 ABS (Eckgrundstücksvergünstigung) gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 GG). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete bzw. Mischgebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 bis 6 und 10 BauNVO erfassen soll. Denn anders als in § 5 Abs. 5 ABS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass diese Fallgruppe im Rahmen des § 5 Abs. 6 ABS keine Berücksichtigung finden soll. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich (st. Rspr., vgl. VG Greifswald, Urt. v. 07.09.2005 - 3 A 620/03; Urt. v. 03.03.2010 - 3 A 1281/07).

27

Die somit eintretende Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf die Bestimmung des § 5 Abs. 6 ABS (Teilnichtigkeit, vgl. § 139 BGB), denn Vergünstigungsregeln für mehrfach erschlossene Grundstücke gehören weder zum notwendigen Mindestinhalt einer Straßenbaubeitragssatzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) noch zwingt das Vorteilsprinzip zu ihrer Normierung. Auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gebietet es nicht, wegen der Nichtigkeit der Eckgrundstücksregelung die Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung insgesamt anzunehmen. Denn die Regelung der Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst bei der Heranziehung der Beitragspflichtigen aus, da der sich nach § 5 - d.h. unter Anwendung der Maßstabsregelung - ergebende Beitrag nur zu zwei Dritteln erhoben wird. Den Ausfall trägt damit allein die Gemeinde A-Stadt. Im Rahmen der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes hat die Regelung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut dagegen keine Bedeutung. Damit ist eine ungerechtfertigte Mehrbelastung der übrigen Beitragspflichtigen ausgeschlossen.

28

d. Die von der Gemeindevertretung A-Stadt beschlossene 1. und 2. Änderungssatzung wurden ebensowenig öffentlich bekannt gemacht wie die am 16.12.2003 beschlossene Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung. Sie konnten damit nicht wirksam werden. Die Frage ihrer Rechtmäßigkeit kann daher auf sich beruhen.

29

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet keinen Bedenken.

30

a. Die angegriffenen Bescheide sind formell rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers sind sie inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sie die festgesetzte Abgabe nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Abgabe schuldet, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. §§ 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO). Zwar trifft es zu, dass die Bescheide auf eine „Anlage D“ Bezug nehmen, die ihnen jedoch nicht beigefügt ist. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Frage der inhaltlichen Bestimmtheit, sondern um eine Frage der ausreichenden Begründung der Bescheide. Bloße Begründungsmängel können jedoch nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 127 AO schon deshalb nicht zur Aufhebung der Bescheide führen, weil die Beitragserhebung - wie noch zu zeigen sein wird - rechtmäßig ist, so dass keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

31

b. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes nicht zu beanstanden. Dass es sich bei der abgerechneten Maßnahme um eine beitragsfähige Herstellung bzw. Verbesserung i.S.d. § 1 Satz 1 ABS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt. Von weiteren Darlegungen wird daher abgesehen.

32

Entgegen seiner Auffassung gehören die Kosten des Grunderwerbs ebenso zum beitragsfähigen Aufwand, wie die im Zusammenhang mit dem Grunderwerb entstehenden Vermessungskosten. Hierzu bestimmt § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS, dass zum beitragsfähigen Aufwand ferner die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Grundflächen (…) einschließlich der Nebenkosten gehören. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten „Übersicht zur Eigentumsregelung der S.straße“ (Verwaltungsvorgang, Bl. 142 d.A.) sowie der Fortführungsmitteilungen der Kataster- und Vermessungsverwaltung (VV, Bl. 143 bis 177 d.A.) verlief die Trasse der S.straße vor der Durchführung der abgerechneten Maßnahme auf einer Vielzahl von Grundstücken im Eigentum Dritter. Bereits damit war der Erwerb der betreffenden Teilflächen erforderlich i.S. des § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS. Die Bestimmung zielt darauf ab, dass die Gemeinde A-Stadt Eigentümerin sämtlicher in ihrer Straßenbaulast befindlichen Straßenflächen wird, an denen eine beitragsfähige Maßnahme durchgeführt wurde. Um den Eigentumserwerb finanziell abzusichern, werden die Kosten des Grunderwerbs einschließlich der Nebenkosten als beitragsfähiger Aufwand definiert. Dies ist sachgerecht, weil das (gemeindliche) Eigentum an einer Gemeindestraße deren Verwaltung erheblich erleichtert. So kann eine straßenrechtliche Widmung ohne die ansonsten gemäß § 7 Abs. 3 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) erforderliche Zustimmung der privaten Grundeigentümer erfolgen. Für die Zulässigkeit einer Nutzung der öffentlichen Straße nach bürgerlichem Recht (vgl. § 30 StrWG M-V) kommt es allein auf die Gestattung durch die Gemeinde als Grundeigentümerin an.

33

Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass die Kosten für den Erwerb von solchen Grundstücken beitragsfähig sein können, die unmittelbar für die Durchführung einer bestimmten Baumaßnahme benötigt wurden, die Erwerbskosten dagegen nicht beitragsfähig sind, wenn anlässlich einer Verbesserungsmaßnahme an einer vorhandenen Straße das bisher im Privateigentum stehende Straßenland aufgekauft wird, ohne dass zusätzliche Flächen für die Straße gewonnen werden (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 33 Rn. 31 m.w.N.), ist dem für das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern nicht zu folgen, da § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V für eine solche Differenzierung nichts hergibt (so auch für das dortige Landesrecht: OVG Koblenz, Urt. v. 07.12.2004 - 6 A 11406/04 - KStZ 2005, 217). Gleiches gilt für § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993.

34

Unerheblich ist, dass die Eigentümer dieser Grundstücke der Gemeinde A-Stadt formularmäßig die „Erlaubnis zur Inbesitznahme für den Straßenbau“ erteilt haben. Denn die Inbesitznahme der für den Straßenbau erforderlichen Flächen ist nicht mit dem nach § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS erforderlichen Eigentumserwerb an diesen Flächen gleichzusetzen.

35

Ebenfalls unerheblich ist, dass das gemeindliche Bauprogramm für die S.straße einen Eigentumserwerb an den von der Baumaßnahme betroffenen Grundstücksflächen nicht vorsieht. Teilweise wird vertreten, dass eine ausdrückliche Aufnahme in das Bauprogramm nur erforderlich ist, wenn der Grunderwerb in der Vergangenheit weder aus Sicht der Gemeinde noch der Grundeigentümer für erforderlich gehalten worden war (OVG Koblenz Urt. v. 29.10.2002 - 6 A 10419/02 - juris Rn. 18 a.E.). Danach ist eine ausdrücklich Aufnahme des Grunderwerbs in das Bauprogramm nicht erforderlich gewesen, weil der Grunderwerb an den im Privateigentum stehenden Teilflächen der S.straße von der Gemeinde von Anfang an als erforderlich angesehen wurde. So ist bereits in dem Protokoll der Begehung der S.straße vom 02.06.1993 - an der die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde A-Stadt und die Bauamtsleiterin des damaligen Amtes Südwest-Rügen teilgenommen haben - ausgeführt, dass zur Sicherung der Grundstücksfragen mit den Anliegern (Eigentümern) zu klären sei, dass eventuell benötigte Flächen zur Bebauung bereitgestellt würden und der Eigentümerwechsel nach der Schlussvermessung erfolge. Demgemäß verweisen die im März 1994 von den betroffenen Grundeigentümern unterzeichneten „Erlaubnisse zur Inbesitznahme für den Straßenbau“ auf eine freiwillige Veräußerung bzw. Enteignung der betreffenden Flächen.

36

Ungeachtet dessen ist es ausreichend, wenn der erforderliche Grunderwerb in der Ausbaubeitragssatzung zum Herstellungsmerkmal bestimmt wird (OVG Koblenz, Urt. v. 07.12.2004, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2010 - 9 N 121.08 - juris Rn. 8). Hiergegen wird zwar eingewandt, dass die im Zusammenhang mit einer beitragsfähigen Maßnahme angefallenen Grunderwerbskosten nur insoweit beitragsfähig sind, als sie entstanden seien, bevor gerade diese Maßnahme beendet und damit in der Regel auch die sachliche Beitragspflicht für sie begründet sei. Wann eine beitragsfähige Maßnahme beendet sei, richte sich nach dem für sie aufgestellten Bauprogramm (Driehaus a.a.O., Rn. 32). Dieser Auffassung ist jedoch ebenfalls nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen kann, bevor eine Maßnahme den Maßgaben des Bauprogramms entsprechend abgeschlossen ist (vgl. § 9 Satz 1 ABS). Richtig ist auch, dass der Grunderwerb nicht schon kraft Gesetzes Voraussetzung für die Beendigung einer beitragsfähigen Maßnahme ist. Daraus folgt aber nicht, dass allein das Bauprogramm darüber entscheidet, wann die Maßnahme abgeschlossen ist. Denn es ist zulässig, die Herstellungsmerkmale nicht ausschließlich in dem jeweiligen (konkreten) Bauprogramm, sondern auch (generell-abstrakt) in der Straßenausbaubeitragssatzung zu definieren. Gerade beim Merkmal des Eigentumserwerbs bietet sich diese Verfahrensweise an, da sich diese Frage in einer Vielzahl von Fällen stellt. Nichts anderes ist vorliegend in § 9 Satz 1 ABS erfolgt.

37

Schließlich ist es unschädlich, dass der Eigentumserwerb an den Straßenflächen erst im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens A-Stadt erfolgt ist. Denn maßgeblich ist, dass er - wie dargelegt - durch die abgerechnete Baumaßnahme verursacht worden ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Erwerb der erforderlichen Straßenflächen erst im Bodenordnungsverfahren durchaus im wohlverstandenen Interesse der Beitragspflichtigen erfolgt ist, da auf diese Weise ein die Kosten der Maßnahme erhöhender Flächenankauf vermieden werden konnte.

38

c. Gegen die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist ebenfalls nicht zu erinnern. Die Einstufung der S.straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 ABS unterliegt wegen ihrer Verbindungsfunktion für die Ortschaft Güttin keinen Bedenken.

39

Auch das für die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen maßgebende Abrechnungsgebiet ist ordnungsgemäß gebildet worden. Die Bildung des Abrechnungsgebietes richtet sich vorliegend nach § 4 Abs. 1 ABS. Danach bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Dies trifft auch auf die Grundstücke des Klägers zu. Bei dem Anliegergrundstück Flurstück … mag es sich zwar ursprünglich um den Weg zu einem Feuerlöschteich gehandelt haben. Gegenwärtig kommt ihm diese Funktion offensichtlich aber nicht mehr zu. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder handelt es sich jedenfalls bei der vorderen, straßennahen Teilfläche um eine Rasenfläche, die im Zusammenhang mit den östlich angrenzenden bebauten Flurstücken … bauakzessorisch genutzt wird. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass im Straßenausbaubeitragsrecht die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks nicht vorteilsbegründend ist, da der beitragrelevante Vorteil bereits in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs begründet wird. Daher ist eine private Wegefläche regelmäßig in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Erst wenn die Wegefläche straßenrechtlich gewidmet und damit gemeingebräuchlich ist (vgl. § 21 StrWG M-V), verbietet sich eine Einbeziehung, weil der Gemeingebrauch der Annahme eines privaten Sondervorteils entgegen steht.

40

Bei den Grundstücken Flurstücke … handelt es sich zwar um Hinterliegergrundstücke. Im Straßenbaubeitragsrecht kann jedoch auch so genannten Hinterliegergrundstücken eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Dies setzt voraus, dass der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks von diesem Grundstück aus eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt. Diese Möglichkeit ist im Falle einer Eigentümeridentität bei Vorder- und Hinterliegergrundstück jedenfalls dann gegeben, wenn die Grundstücke einheitlich genutzt werden und eine Zugangsmöglichkeit zu der abgerechneten Verkehrsanlage besteht (Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 19 m.w.N.). Dies trifft auf die Grundstücke Flurstücke … zu, weil sie an die ebenfalls im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke Flurstücke … (Anliegergrundstück) und … angrenzen. Letzteres grenzt an das ebenfalls dem Kläger gehörende Anliegergrundstück Flurstück … Wegen der Eigentümeridentität in Bezug auf die genannten Anlieger- und Hinterliegergrundstücke ist eine Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage S.straße auch von den Hinterliegergrundstücken aus dauerhaft gewährleistet.

41

Die Anwendung der satzungsrechtlichen Vervielfältiger für das Baugrundstück Flurstück … und die unbebauten Außenbereichsgrundstücke Flurstücke … und … entspricht den Maßgaben des § 5 Abs. 2 Nr. 4 ABS.

42

d. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden.

43

aa. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss der Gemeindevertretung A-Stadt vom 06.10.1993, wonach die Finanzierung des Eigenanteils durch Haushaltsmittel oder Kreditaufnahme im Haushaltsplan 1994 zu sichern ist, der Beitragserhebung nicht entgegen steht. Dabei kann dahin stehen, ob der Beschluss so zu verstehen ist, dass die Gemeinde A-Stadt die Kosten der Baumaßnahme, die nicht durch Fördermittel abgedeckt sind, endgültig zu tragen hat. Zum einen kommt dem Beschluss keine Rechtnormqualität zu, so dass er weder vom Beklagten noch vom erkennenden Gericht zu beachten ist. Zum anderen ist er durch den Erlass der Ausbaubeitragssatzung (konkludent) abgeändert worden, da die Satzung eine Beitragserhebung und damit eine Kostenbeteiligung der Anlieger zwingend vorsieht.

44

bb. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beitragsanspruch nicht gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 47 Abgabenordnung (AO) infolge Festsetzungsverjährung erloschen.

45

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Straßenausbaubeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. In Ansehung der S.straße ist die sachliche Beitragspflicht erst mit dem Eingang des Gebührenbescheides des Landkreises Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - vom 16.06.2003 am 19.06.2003 entstanden. Demgemäß ist die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2003 an- und mit Ablauf des Jahres 2007 abgelaufen. Die Heranziehung des Klägers im November 2007 erfolgte daher fristgemäß. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

46

Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG 1993 - nunmehr § 8 Abs. 5 erste Var. KAG M-V - entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal „Herstellung“ wird in § 9 Satz 1 ABS definiert. Danach entsteht die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Dies ist nach Satz 2 l.cit. frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Der Gebührenbescheid vom 16.06.2003 ist die letzte „Unternehmerrechnung“ i.S.d. § 9 Satz 2 ABS. Bei den darin festgesetzten Gebühren für die Fortsetzung des Liegenschaftskatasters handelt es sich - ebenso wie bei den Gebühren für die Vermessung der S.straße - um beitragsfähige Nebenkosten des Grundstückserwerbs i.S.d. § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS. Auch diese Kosten sind durch Erwerb der durch Zerlegung entstandenen Grundstücke verursacht worden. Ohne die Zerlegung hätte der Erwerb der Grundstücke, auf denen die Trasse der S.straße verläuft, nicht erfolgen können.

47

Der Einwand des Klägers, die Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters hätten von Beklagten anhand der einschlägigen Tarifstellen der Vermessungsgebührenverordnung vom Beklagten selbst ermittelt werden können, greift nicht durch. Denn die Kosten stehen erst fest i.S.d. § 9 ABS, wenn sie vom (letzten) Gläubiger in einer bestimmten Höhe geltend gemacht worden sind. Folgte man der Auffassung des Klägers, so liefe dies auf eine mehr oder weniger genaue Kostenschätzung hinaus. Für die Entstehung der in ihrer Höhe unveränderbaren sachlichen Beitragspflicht müssen die umlagefähigen Kosten jedoch centgenau feststehen. Aus demselben Grund ist es auch unerheblich, dass mit dem Gebührenbescheid vom 16.03.2003 ein - gemessen am Gesamtvolumen der Baumaßnahme - geringfügiger Betrag von 410,00 EUR festgesetzt worden ist.

48

cc. Schließlich hat der Beklagte das Recht, den Beitragsanspruch gegenüber dem Kläger geltend zu machen, nicht verwirkt (vgl. § 242 BGB). Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung) (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 02.11.2005 - 1 L 105/05 - juris Rn. 81 m.w.N.).

49

Nach diesen Kriterien fehlt es bereits an der Vertrauensgrundlage. Zwar trifft es zu, dass die Gemeindevertretung von A-Stadt über lange Zeit mehr oder weniger trickreich versucht hat, eine Beitragserhebung für die S.straße zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers wurde durch das Verhalten der Gemeindevertretung jedoch kein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt begründet, nicht zu einem Straßenausbaubeitrag für die S.straße herangezogen zu werden. Ein solches Vertrauen konnte bereits aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht entstehen. Denn nicht die Gemeindevertretung, sondern der Bürgermeister vertritt die Gemeinde im Außenverhältnis (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 1 Kommunalverfassung [KV M-V]). Nur dessen Erklärungen sind daher geeignet, die Gemeinde im Verhältnis zu Dritten - und damit auch im Verhältnis zum Kläger - zu binden. Dieser aber hatte dem Beschluss der Gemeindevertretung vom 06.11.2002, auf die Beitragserhebung für die S.straße zu verzichten, unter dem 20.11.2002 widersprochen. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Gemeinde A-Stadt um eine amtsangehörige Gemeinde handelt, der eine eigene Zuständigkeit für die Abgabenerhebung fehlt. Denn die Veranlagung und Erhebung der Gemeindeabgaben für die amtsangehörige Gemeinde erfolgt gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 KV M-V durch das Amt. Das sonach allein zuständige Amt West-Rügen hat jedoch ausweislich des dem Gericht vorliegenden umfangreichen Schriftwechsels mit der Gemeinde und der unteren Rechtsaufsichtsbehörde keinen Zweifel daran gelassen, dass Straßenausbaubeiträge für die S.straße erhoben werden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 26.09.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 werden insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von € 4.67l,09 übersteigt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern zu 90 v.H. und im Übrigen dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern und dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgegner vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen. Die Kläger sind Eigentümer des in der Gemeinde A-Stadt gelegenen, gemischt genutzten Grundstücks Flurstücke G1, G2, G3, G4 und G5 in einer Größe von 1.349 m². Das Grundstück grenzt an die Straße "Am K.". Diese verläuft im unbeplanten Innenbereich der Gemeinde A-Stadt von der Einmündung in die Hauptstraße in nördliche Richtung und verzweigt sich dann in den in nordwestliche Richtung führenden Bereich " K. West" in einer Länge von ca. 200 m und den in nordöstliche Richtung führenden, geringfügig kürzeren Bereich " K. Ost". Innerhalb des durch die Verzweigung gebildeten Dreiecks befindet sich eine kleinere Grünanlage (Kriegerdenkmal), die nördlich durch einen die Bereiche K. West und Ost verbindenden befahrbaren Weg von 3,5 m Breite begrenzt wird. Die westliche Teilstrecke der Straße "Am K." endet auf Höhe der Kreuzung mit dem Deichweg (Strandpromenade). In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und in den Jahren 2001102 ließ die Gemeinde die bis dahin unbefestigte Straße in zwei Bauabschnitten ausbauen. Der erste Bauabschnitt betraf vorwiegend den Bereich " K. Ost" und die Erschließung des Geländes der dort gelegenen Kurklinik. Im Zuge dieser Baumaßnahme wurde der Bereich " K. West" vom Anschluss " K. Ost" bis zu den Grundstücken "Am K. a/b" ausgebaut. Der Ausbau der sich westlich anschließenden Reststrecke im zweiten Bauabschnitt erfolgte dann im Zeitraum 2001/02. Der Bereich " K. West" erhielt eine Fahrbahn aus Betonsteinpflaster in einer Breite von 4,0 m. Des Weiteren wurde eine Straßenentwässerung angelegt und die veraltete Straßenbeleuchtung erneuert. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 30.10.2002. Für den Bereich des zweiten Bauabschnitts westlich der Grundstücke "Am K. a/b" wurden Fördermittel ausgereicht, die den beitragsfähigen Aufwand für diese Teilstrecke auf € 8.603,23 reduzierten. Der Bescheid des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung datiert vom 23.05.2005.

2

Mit Bescheid vom 26.09.2006 zog die Beklagte die Kläger für die Baumaßnahme K. (West) zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. € 5.175,43 heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 zurück.

3

Am 30.08.2007 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Straßenausbaubeitragssatzung sei nichtig, weil die Normierung unterschiedlicher Umlagequoten in § 3 der Satzung willkürlich sei. Zudem sei die Rechtsanwendung fehlerhaft. Die Beklagte benenne im Widerspruchsbescheid eine andere Satzung als Rechtsgrundlage als im Ausgangsbescheid. Bei der Erneuerung der Straßenbeleuchtung handele es sich nicht um eine beitragsfähige Maßnahme. Die Kalkulation sei fehlerhaft. Es sei offen, ob die Beklagte alle für die Maßnahme möglichen Zuschüsse ausgereizt habe und wie diese Zuschüsse verwendet worden seien. Die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes werde bestritten. Die Einstufung der Straße als Anliegerstraße sei fehlerhaft. Es sei von einer Hauptverkehrsstraße auszugehen.

4

Die Kläger beantragen,

5

den Bescheid des Beklagten vom 26.09.2006 - Nr. 2006-10 - und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 aufzuheben.

6

Die Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Mit Beschluss vom 27.08.2009 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die bei der Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

10

Der Rechtsstreit kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 25.09.2007 bzw. 03.09.2009 hierzu ihr Einverständnis (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) erteilt haben.

11

Die zulässige Klage ist nur in dem in Tenor zu 1. ersichtlichen Umfang begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die Festsetzung den Betrag von € 4.671,09 übersteigt. Im Übrigen ist der Bescheid dagegen nicht zu beanstanden.

12

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung - SBS) vom 0l.12.2005.

13

1. Die Straßenbaubeitragssatzung ist nach derzeitiger Erkenntnis wirksam. So ist die Vorteilsregelung in § 3 Abs. 2 SBS - anders als die der Satzung vom 13.04.2000 (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2001 - 3 A 1678/00, S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks) - nicht zu beanstanden. Die Vorteilsregelung betrifft die Aufwandsverteilung zwischen der Gemeinde A-Stadt als Trägerin des Öffentlichkeitsanteils und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Sie beruht auf der Erkenntnis, dass die Nutzung einer Verkehrsanlage durch Dritte - also Verkehrsteilnehmer, die nicht Straßenanlieger sind - mit der Verkehrsbedeutung der Anlage zunimmt. Den auf diese entfallenden Nutzungsanteil hat die Gemeinde als so genannten Öffentlichkeitsanteil zu tragen. Er beläuft sich auf den jeweiligen Differenzbetrag zwischen den in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 13 SBS normierten Vom-Hundert-Sätzen und 100 v.H . Dieser Differenzbetrag ist von der Gemeinde zu tragen. Die satzungsrechtliche Regelung ist nicht zu beanstanden; sie genügt insbesondere den aus dem Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V) folgenden Anforderungen, da sie nach der Verkehrsbedeutung einer Straße und - bei Innerorts- und Hauptverkehrsstraßen - nach Teileinrichtungen unterscheidet. Der einheitliche Ansatz von 75 v.H. für alle Teileinrichtungen von Anliegerstraßen ist ebenfalls nicht zu beanstanden, da die Teileinrichtungen von Anliegerstraßen zum weit überwiegenden Teil von den Anliegern genutzt werden.

14

Soweit die Kläger einwenden, es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum mit der (abnehmenden) Verkehrsfunktion eine "Erhöhung des Gebrauchswertes der anliegenden Grundstücke" verbunden sei, beruht dies auf einer Verkennung der Rechtslage. Denn maßgebend für die höhere Umlagequote ist nach dem oben Gesagten nicht die Erhöhung des Gebrauchswertes der Grundstücke, sondern die überwiegende Nutzung der Straße durch Anlieger.

15

Auch sonstige zur Nichtigkeit führende Fehler der Satzung sind nicht erkennbar. Zwar verstößt die Bestimmung des § 5 Abs. 6 SBS (Eckgrundstücksvergünstigung) gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 GG). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 bis 5 und 10 BauNVO erfassen soll. Denn anders als in § 5 Abs. 5 SBS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass diese Fallgruppe im Rahmen des § 5 Abs. 6 SBS keine Berücksichtigung finden soll. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich, zumal die Beklagte - wie der vorliegende Fall zeigt - die Vergünstigungsregelung auch außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen anwendet.

16

Die somit eintretende Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf die Bestimmung des § 5 Abs. 6 SBS (Teilnichtigkeit, vgl. § 139 BGB), denn Vergünstigungsregeln für mehrfach erschlossene Grundstücke gehören weder zum notwendigen Mindestinhalt einer Straßenbaubeitragssatzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) noch zwingt das Vorteilsprinzip zu ihrer Normierung. Auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gebietet es nicht, wegen der Nichtigkeit der Eckgrundstücksregelung die Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung insgesamt anzunehmen. Denn die Regelung der Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst bei der Heranziehung der Beitragspflichtigen aus, da der sich nach § 5 - d.h. unter Anwendung der Maßstabsregelung - ergeben- de Beitrag um 1/5 gekürzt wird. Den Ausfall trägt damit allein die Gemeinde A-Stadt. Im Rahmen der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes hat die Regelung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut dagegen keine Bedeutung. Damit ist eine ungerechtfertigte Mehrbelastung der übrigen Beitragspflichtigen ausgeschlossen.

17

2. Die Rechtsanwendung durch die Beklagte ist teilweise fehlerhaft. Allerdings ist es in formell- rechtlicher Hinsicht unschädlich, dass der Widerspruchsbescheid eine unzutreffende Rechtsgrundlage benennt. Hierbei handelt es sich allenfalls um einen Begründungsfehler, der bei - wie hier - gebundenen Entscheidungen keinen Aufhebungsanspruch entstehen lässt, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 127 Abgabenordnung (AO).

18

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes frei von Fehlern:

19

Bei der abgerechneten Baumaßnahme handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 1 Satz 1 SBS, wonach die Gemeinde A-Stadt zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, auch wenn sie nicht zum Anbau bestimmt sind, Beiträge von den Beitragspflichtigen gemäß § 2 dieser Satzung erhebt, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile erwachsen. Die Maßnahme ist unter den Gesichtspunkten erstmaligen Herstellung (Straßenentwässerung) - insoweit bzw. der Verbesserung (Fahrbahn, Straßenbeleuchtung) beitragsfähig. Eine Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solcher an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solche erkennen. Gemessen an diesen Kriterien liegt in Ansehung des Gehweges eine Verbesserung bereits deshalb vor, weil er einen den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) erhalten hat. Dadurch erhöht sich seine Benutzungssicherheit, denn dem Auftreten von Frostaufbrüchen und Absenkungen wird entgegengewirkt. Gleiches gilt für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten war die vorhandene Straßenbeleuchtung veraltet und genügte den heutigen beleuchtungs- und verkehrstechnischen Anforderungen nicht mehr. Damit liegt in der Anlegung einer "modernen" Straßenbeleuchtung, die zu einer Verbesserung der Ausleuchtung des Verkehrsraums führt, eine beitragsfähige Verbesserung (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 28.09.2005 - 3 A 127/03, S. 5 des Entscheidungsum-drucks). Ob die Maßnahme auch unter dem Gesichtspunkt der Erneuerung beitragsfähig ist, bedarf daher keiner Entscheidung.

20

Auch soweit die Kläger meinen, die Aufwandsermittlung sei wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit fehlerhaft, kann dem nicht gefolgt werden. Die Vergabe der Bauverträge erfolgte auf Grundlage einer Ausschreibung. Die im Verwaltungsvorgang enthaltene Kostenkalkulation hält der mangels substanziierter Einwände nur gebotenen Plausibilitätskontrolle stand. Zwar ergeben sich bei einem Kostenvergleich beider Bauabschnitte unterschiedliche Herstellungskosten pro laufendem Meter. Die Teilstrecke des ersten Bauabschnitts im Bereich " K." (West) beginnt bei dem Wechsel des Fahrbahnbelags auf halber Höhe des Gaststättengrundstücks Flurstücke 10/2,11/2 und endet auf Höhe der Grundstücke Flurstücke 10/5 (Hausnummer 102a) bzw. 13/2 (Hausnummer 102b). Hierfür sind Kosten i.H.v. etwa € 50.745,59 entstanden. Das Teilstück weist eine Länge von etwa 70 m auf, der lfd. Meter kostet daher € 724,94 €. Der zweite Bauabschnitt hat eine Länge von 130 m. Die dort angefallenen Baukosten (ohne Fördermittel) belaufen sich auf € 84.132,26. Hier kostet der lfd. Meter also € 647,17. Der Kostenunterschied von 77,77 €/m ist aber nicht so erheblich, dass diese einen Ermittlungsbedarf auslöst, er kann auf allgemeine Veränderungen bei der Preisentwicklung beruhen.

21

Die Behauptung der Kläger, die Beklagte habe die Berechnungsgrundlagen bzw. die Beitragskalkulation nicht offen gelegt, trifft ersichtlich nicht zu. Sie ist in dem von ihm vorgelegten Verwaltungsvorgang enthalten, allerdings haben die Kläger davon abgesehen, Akteneinsicht zu nehmen. Soweit die Kläger der Auffassung sind, die Kalkulationsgrundlagen seien vollständig im Beitragsbescheid anzugeben, trifft dies ebenfalls nicht zu. Zu Recht weist die Beklagte daraufhin, dass dies den Bescheid "überfrachten" würde. Auch der Einwand, die Beklagte habe es versäumt, alle für die Baumaßnahme möglichen Zuschüsse einzuwerben, ist unsubstanziiert und daher unbeachtlich.

22

Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes begegnet in Ansehung der Aufwandsverteilung zwischen der Gemeinde A-Stadt und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen keinen Bedenken. Die Einstufung der Straße "Am K." (West) als Anliegerstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 1 SBS mit den daraus folgenden Anteilen der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand nach § 3 Abs. 2 linke Sp. SBS ist zutreffend. Nach der erstgenannten Bestimmung gelten als Anliegerstraße solche Straßen, Wege und Plätze, die ausschließlich oder überwiegend der Erschließung angrenzenden oder durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücken dienen. Eine Innerortsstraße ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass sie weder der Erschließung von Grundstücken noch überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient (§ 3 Abs. 5 Nr. 2 SBS). Hauptverkehrsstraßen dienen schließlich überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr (§ 3 Abs. 5 Nr. 3 SBS). Welcher Straßenkategorie eine Straße zuzuordnen ist, richtet sich nach einer funktionsorientierten Betrachtungsweise. Nach der Rechtsprechung es OVG Mecklenburg-Vorpommern ist maßgebend, wofür der satzungsrechtliche Begriff "dienen" spricht, die der Straße zugedachte Aufgabe und Zweckbestimmung, die durch eine Gesamtbetrachtung verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Dazu gehört die Verkehrsplanung der Gemeinde, der darauf beruhende Ausbauzustand der Straße und die straßenrechtliche Gewichtung. Nur daneben kommt auch den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu. Dies ergibt sich schon daraus, dass für die mit der Straßenkategorisierung verbundene Aufteilung der für die Beitragserhebung maßgeblichen Vorteile auf die Allgemeinheit einerseits und die Anlieger der Straße andererseits nur Kriterien von einer gewissen Dauerhaftigkeit entscheidend sein können. Dazu rechnet vor allem die von der Gemeinde im Einklang mit ihrer Verkehrsplanung gewählte Zweckbestimmung der Anlage, die sieh in einem diesem Zweck entsprechenden dauerhaften Ausbau ausdrückt. Straßen unterschiedlicher Kategorien erfüllen in verkehrlicher Hinsicht unterschiedliche Aufgaben und sind daher zwangsläufig ausbaumäßig unterschiedlich ausgestattet. Gleichermaßen von Gewicht für die satzungsgerechte Einstufung einer ausgebauten Straße ist ihre Lage im Straßennetz der Gemeinde. Die dauerhaft bestehende Anbindung an die umgebenden Anlieger-, Innerorts- und Durchgangsstraßen lässt maßgebliche Rückschlüsse auf die für die Einordnung entscheidende Zweckbestimmung der Straße zu. Die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse sind zwar in die Betrachtung mit einzubeziehen, können jedoch wegen ihres veränderlichen Charakters nicht von entscheidender Bedeutung sein. Sie hängen von zahlreichen Faktoren ab, wie etwa Baustellen in benachbarten Straßen, Umleitungen oder sonstigen, das Verkehrsaufkommen beeinflussenden Zufälligkeiten (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.07.2007 - 1 M 42/07, S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks).

23

Hiernach handelt es sich bei der Straße "Am K." (West) um eine Anliegerstraße. Vornehmlich ihre Lage im Straßennetz der Gemeinde A-Stadt spricht gegen die Einstufung als Innerortsstraße. Denn für den Kfz-Verkehr ist die Straße eine Sackgasse, die an der Strandpromenade endet. Ein (inner- oder überörtlicher) Durchgangsverkehr ist daher nicht denkbar, so dass bereits aus diesem Grund von einem Überwiegen des Anliegerverkehrs auszugehen ist. Bestätigt wird dies durch die geringe Ausbaubreite von 4 m, die einen Lkw-Begegnungsverkehr auf der Fahrbahn nicht zulässt. Soweit in den Darlegungen der Kläger die Auffassung anklingt, der Straße" Am K." (West) komme wegen der Vielzahl der von ihr erschlossenen Grundstücke mit Ferienwohnungen eine überörtliche Funktion zu, trifft dies ebenfalls nicht zu. Denn Anliegerverkehr ist der Ziel- und Quellverkehr, der von den von der Verkehranlage erschlossenen Grundstücken ausgelöst wird. Ob diese Grundstücke zu Wohn- oder zu gewerblichen Zwecken - zu dieser Kategorie gehören auch Ferienwohnungen - genutzt werden, ist unbeachtlich.

24

Ihre Einstufung als Anliegerstraße wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Straße "Am K." (West) wegen des südlich der Einmündung des Fischerweges in die Hauptstraße gelegenen Parkplatzes in erheblichem Umfang Fußgängerverkehr zum und vom Strand aufnehmen dürfte. Selbst wenn man den Fußgängerverkehr als innerörtlichen Verkehr qualifiziert, steht dies der Annahme einer Anliegerstraße nicht entgegen, denn für die Einstufung ist es ausreichend, dass die Straße überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch private Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient. Dass der Umfang des "durchgehenden" Fußgängerverkehrs den des Anliegerverkehrs überwiegt, wird auch von den Klägern nicht behauptet. Eine solche Annahme drängt sich angesichts der gebotenen ganzjährigen Betrachtung auch nicht auf, denn es ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Fußgängerverkehr in der Straße "Am K." (West) nur in den Sommermonaten stattfindet.

25

Die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen ist dagegen teilweise fehlerhaft. Allerdings ist das Abrechnungsgebiet ordnungsgemäß gebildet worden. So sind die Flächen der östlich der Einmündung der Straße "Am K." in die Hauptstraße gelegenen Flurstücke 12/1, 19/3 und 19/4 zu Recht nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden. Nach § 4 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Für die Aufwandsverteilung ist daher - ebenso wie für die Aufwandsermittlung - der Einrichtungs- oder Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts maßgebend. Dieser ist identisch mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.09.1998 -1 M 54/98, VwRR MO 1999, 104). Ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht ist daher für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Einrichtung (Anlage) i.S.d. § 1 Satz 1 SBS und § 8 KAG M- V ist, darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt, wobei auf den Zustand nach Abschluss des Bauprogramms, d.h. auf das äußere Erscheinungsbild, das die Straße nach ihrem Ausbau erlangt hat, abzustellen ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 30.05.1997 - 8 C 6.95, NVwZ 1998,290). Maßgebend sind damit vornehmlich die Kriterien Straßenführung, Straßenbreite und Straßenausstattung. Bei einem einheitlichen Verlauf und Ausbauzustand ist grundsätzlich von einer einheitlichen Verkehrsanlage i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise abzustellen. Eine unterschiedliche Straßenbezeichnung ist dabei ebenso unerheblich wie eine einheitliche (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.04.1994 - 8 C 18/92, NVwZ-RR 1994, 539).

26

Gemessen an diesen Kriterien beginnt die beitragsfähige Anlage nicht bereits an der Einmündung in die Hauptstraße. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der Straße "Am K." in beitragsrechtlicher Hinsicht um zwei unterschiedliche Anlagen handelt. Zum einen die Anlage "Am K." (Ost), die an der Einmündung in die Hauptstraße beginnt und sich auf Höhe des Kriegerdenkmals in östliche Richtung verschwenkt, und zum anderen die vorliegend abgerechnete Anlage "Am K." (West), die an der Einmündung in die Anlage "Am K." (Ost) auf Höhe des Kriegerdenkmals beginnt und an der Kreuzung mit der Strandpromenade endet. Für diese Betrachtungsweise - das Einmünden der Anlage "Am K." (West) in die Anlage "Am K." (Ost) und nicht umgekehrt - spricht insbesondere der Umstand, dass die Anlage "Am K." (Ost) von der Einmündung in die Hauptstraße bis zur Zufahrt des Klinikgeländes einen Fahrbahnbelag aus Asphalt und einen beiderseitigen Gehweg aufweist, was sie von der Anlage "Am K." (West) unterscheidet. Damit sind die Flurstücke 12/1,19/3 und 19/4 von der hier in Rede stehenden Anlage nicht bevorteilt.

27

Weiter ist es nicht zu beanstanden, dass die Fläche des Denkmalsplatzes im Rahmen der Vorteilsverteilung nicht berücksichtigt worden ist. Denn Grünanlagen sind nach § 127 Abs. 2 Nr. 4 Baugesetzbuch (BauGB) selbst beitragsfähige Erschließungsanlagen. Eine an eine Erschließungsanlage angrenzende Erschließungsanlage unterliegt nicht der sachlichen Beitragspflicht, da sich Erschließungsanlagen keine die Beitragserhebung rechtfertigenden Sondervorteile vermitteln (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 16.10.2002 - 3 B 1967/02). Aus diesem Grunde ist auch die Nichtberücksichtigung des nördlich des Denkmalsplatzes verlaufenden Verbindungsweges zwischen den Anlagen "Am K." (West) und "Am K." (Ost) unschädlich.

28

Die in der ursprünglichen Abrechnung vorhandenen Fehler bei der Flächenermittlung sind in den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 05.02.2010 (Anlagen 1 und 2.1) übersandten Unterlagen, auf die zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht mehr vorhanden. Insbesondere ist die Fläche des Grundstücks Flurstück G6 berücksichtigt worden. Dies ist notwendig, weil es als so genanntes Hinterliegergrundstück am Vorteilsausgleich zu beteiligen ist. Da die Beklagte dies inzwischen selbst so sieht, wird von weiteren Darlegungen abgesehen. Die Regelung für mehrfach erschlossene Grundstücke (§ 5 Abs. 6 SBS) wird ausweislich der Anlage 2.1, Spalte 5 nicht mehr im Rahmen der Vorteilsverteilung berücksichtigt. Die Neuberechnung führt dazu, dass der Beitragssatz auf € 3,462632 €/m² sinkt und die Kläger entlastet werden.

29

Die gegen die Flächenermittlung erhobenen Einwände der Kläger verfangen nicht: Dass das Grundstück Flurstücke G7 und G8 auch an die Hauptstraße und den Fischerweg angrenzt, ist für den Vorteilsausgleich betreffend die Verkehrsanlage "Am K." (West) unbeachtlich. Die insoweit (zu Unrecht, s.o.) gewährte Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst im Rahmen der Heranziehung und damit zulasten der Gemeinde, nicht der übrigen Beitragspflichtigen aus. Bei der Flurstücksbezeichnung "G9" in der Anlage 2.1 handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Gemeint ist das in den Vorteilsausgleich einzubeziehende Grundstück Flurstück G10. Der Ansatz von nur 59,55 m" gewichteter Fläche (Beitragseinheiten) für das Grundstücks Flurstück G6 beruht auf dem Umstand, dass es sich hierbei um ein unbebautes Außenbereichsgrundstück handelt, dessen Fläche nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 SBS mit dem Faktor 0,05 zu multiplizieren ist.

30

Auch die Heranziehung der Kläger begegnet keinen Bedenken. Die sachliche Beitragspflicht ist entstanden, so dass mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides gemäß § 2 Satz 1 SBS auch die persönliche Beitragspflicht der Kläger entstehen konnte. Nach § 8 Abs. 5 KAG M- V entsteht die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal "endgültige Herstellung" wird in § 9 Satz 1 SBS definiert; die Bestimmung stellt maßgebend auf den Zeitpunkt ab, an dem die Kosten feststehen. Dies ist nach § 9 Satz 2 SBS frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Vorliegend ist die sachliche Beitragspflicht jedoch nicht mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung - diese datiert vom 30.10.2002 - entstanden, denn für die Baumaßnahme wurden Fördermittel verwendet, die den Beitragspflichtigen zugute kamen. Denn wegen der ausgereichten Fördermittel reduzierte sich der beitragsfähige Aufwand für die erst in den Jahren 2001102 erfolgte Fertigstellung der Reststrecke westlich der Grundstücke "Am K. 102a1102b" auf f 8.603,23 (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 a.E. KAG M-V). Da Fördermittelbescheide nur den Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen der ausgereichten Zuwendungen darstellen, wird über die Frage ihres endgültigen Behaltendürfens oder einer etwaigen Rückzahlung erst im Rahmen der so genannten Verwendungsnachweisprüfung entschieden. Der vorliegend maßgebliche Bescheid des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg- Vorpommern über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung datiert vorn 23.05.2005. Erst von da an standen die beitragsfähigen Kosten der Baumaßnahme endgültig fest und ist die sachliche Beitragspflicht entstanden. Aus diesem Grunde verbietet sich auch die Annahme eines Erlöschens der Beitragspflicht infolge Festsetzungsverjährung.

31

Da die Baumaßnahme alle vorhandenen Teileinrichtungen der Anlage "Am K." (West) umfasst, war der Kostenspaltungsbeschluss vom 17.01.2002 für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht überflüssig (aber unschädlich). Sollte die Kostenspaltung erfolgt sein, um die Abrechnung der im Zuge des Ausbaus der Strandpromenade durchgeführten Baumaßnahme in der Anlage "Am K." (West) zu ermöglichen, ist darauf hinzuweisen, dass es hierfür einer gemeindlichen Beschlussfassung nicht bedarf, denn die Abrechnung hat grundsätzlich anlagebezogen zu erfolgen.

32

Die Eckgrundstücksvergünstigung nach § 5 Abs. 6 SBS kann in Bezug auf das klägerische Grundstück keine Anwendung finden, da sie - wie bereits dargelegt - unwirksam ist. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man dem nicht folgt und der Auffassung ist, die Eckgrundstücksregelung sei wirksam. Sie ist gleichwohl unanwendbar, obwohl das Grundstück der Kläger sowohl an die Verkehrsanlage "Am K." (West) als auch an den Deich nebst Promenade angrenzt und damit eine Mehrfacherschließung i.S.d. des § 5 Abs. 6 SBS vorliegt. Denn nach ihrem Sinn und Zweck will die Bestimmung lediglich die Beitragslast für ein Grundstück reduzieren, die bei einer Beitragserhebung für mehrere Straßen entsteht oder entstehen kann. Dies setzt aber voraus, dass das betreffende Grundstück an mehrere beitragsfähige Verkehrsanlagen angrenzt bzw. durch sie erschlossen wird. Dies trifft hier nicht zu. Zwar dient der Deich vornehmlich dem Küstenschutz. Daneben ist er aber auch eine Grünanlage. Er dient auch touristischen Zwecken, was nicht zuletzt durch die Anlegung der Deichpromenade deutlich wird. Als Grünanlage ist der Deich eine Erschließungsanlage (vgl. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Dennoch scheidet eine Beitragserhebung für den Deich oder die Deichpromenade aus. Denn der Deich und die Promenade befinden sich nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Das Land ist jedoch keine beitragserhebungsberechtigte Körperschaft (vgl. § 127 Abs. 1 BauGB und § 1 KAG M-V).

33

Damit berechnet sich der von den Klägern zu entrichtende Ausbaubeitrag wie folgt:

34

1.349 m- x 3,462632 €/m² = € 4.671,09. Soweit die Festsetzung diesen Betrag übersteigt, ist sie aufzuheben.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Antragstellern als Gesamtschuldnern auferlegt.

3. Der Streitwert beträgt ε 1.979,48.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks G1 in einer Größe von 3.553 m². Das Grundstück ist mit einem Hotel- und Gaststättengebäude und einem dazugehörigen Parkplatz bebaut. Es grenzt im Süden an die B 192 ("Chaussee"). Im Norden grenzt das Grundstück an die Straße " W.". Hierbei handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Straße " A.B." in südöstliche Richtung führt und an dem Grundstück der Antragsteller endet. Bei dem Bereich, an den die Straße " W." an das Grundstück angrenzt, handelt es sich um eine Art "Grundstückszipfel" oder "Pfeifenstiel": Unmittelbar an die Straße schließt sich eine Fläche von ca. 10 m² an, auf der ein oder zwei Pkw Platz finden. Danach verjüngt sich der Zipfel auf eine Breite von weniger als 2 m. Im Bereich eines in dem Grundstückszipfel gelegenen Kanalschachtes ist der begehbare Grundstücksstreifen weniger als 1 m breit. Dahinter führt eine Treppe hinauf zum Parkplatz. Eine Erreichbarkeit des Parkplatzes oder des Gaststättengebäudes mit Pkw ist von der Straße " W." aus nicht gegeben.

3

Im Jahre 2008 ließ die Gemeinde A-Stadt die Straße " W." ausbauen. Auf dem gemeindeeigenen Grundstück G2 wurde eine Ausweich- und Wendestelle von etwa 5 m Breite und 11 m Tiefe angelegt, die insbesondere Müllfahrzeugen ein gefahrloses Befahren der Straße ermöglichen soll. Die technische Fertigstellung der Baumaßnahme erfolgte im November 2008. Die Verwendungsnachweisprüfung in Ansehung der für die Baumaßnahme ausgereichten Fördermittel ist bisher noch nicht abgeschlossen.

4

Mit Bescheid vom 26.09.2008 zog der Antragsgegner die Antragsteller zu einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag (100 v.H.) i.H.v. ε 7.917,94 heran. Dabei stufte er das Grundstück als bebautes und gewerblich genutztes Außenbereichsgrundstück ein und legt der Beitragsermittlung 3.054,15 m² gewichtete Grundstücksfläche (Beitragseinheiten) zu Grunde. Den gegen den Vorausleistungsbescheid gerichteten Widerspruch der Antragsteller wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 - zugestellt am 01.04.2009 - zurück und lehnte zugleich einen zuvor gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.

5

Am 30.04.2009 haben die Antragsteller zum Az. 3 A 523/09 Anfechtungsklage erhoben - über die bisher nicht entschieden ist - und am 16.11.2009 um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Straßenausbaubeitragssatzung sei fehlerhaft, da sie keine Regelung über die Einbeziehung gemeindeeigener Grundstücke in den Vorteilsausgleich enthalte. Die Aufwandsermittlung sei fehlerhaft. Im Fördermittelverfahren habe der Antragsgegner die Gesamtkosten auf ε 53.000,00 beziffert. Die Diskrepanz zu der dem Bescheid zu Grunde liegenden Kostenschätzung von ε 64.715,26 werde nicht erklärt. Die Kosten der gepflasterten Wendefläche seien in die Abrechnung einbezogen worden, obwohl diese Fläche nur durch den Eigentümer des dort betriebenen Friseurgeschäfts als Kundenparkplatz genutzt werde. Die Aufwandsverteilung sei ebenfalls zu beanstanden. Das Grundstück sei trotz des Angrenzens an die Straße " W." nicht bevorteilt, da eine Befahrbarkeit - insbesondere eine Erreichbarkeit des auf dem Grundstück befindlichen Parkplatzes - nicht gegeben sei. Eine Befahrbarkeit sei jedoch wegen der gewerblichen Nutzung des Grundstücks zur Begründung einer Vorteilslage erforderlich. Die Fläche des antragstellerischen Grundstücks sei unzutreffend berücksichtigt worden. Die Eckgrundstücksregelung sei fehlerhaft angewandt worden. Die Fläche der beiden Eckgrundstücke seien jeweils zur Hälfte angesetzt worden. Den Ausfall hätten die Beitragspflichtigen zu tragen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Antragsteller der Gemeinde A-Stadt durch Gestattungsvertrag vom 11.08.2008 die unentgeltliche Nutzung einer Teilfläche ihres Grundstücks zu Verlegung einer Entwässerungsleitung erlaubt hätten. Diese Belastung hätte im Rahmen der Beitragsermittlung berücksichtigt werden müssen.

6

Die Antragsteller beantragen,

7

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26.09.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 anzuordnen.

8

Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Antragsgegner entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

II.

11

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegeben, da der Antragsgegner den Antrag der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung im Widerspruchsbescheid abgelehnt hat.

12

In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg; er ist unbegründet. Einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gewährt das Gericht entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Letzteres wird von den Antragstellern weder geltend gemacht, noch drängen sich nach Aktenlage Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte auf.

13

Es bestehen aufgrund der im Eilverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides. Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) vom 12.12.2006.

14

1. Die Satzung ist nach derzeitiger Erkenntnis wirksam. Entgegen der Auffassung der Antragsteller erfasst die Satzung auch gemeindeeigene Grundstücke. Die Annahme eines Verstoßes gegen das Vorteilsprinzip oder den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 Grundgesetz - GG) scheidet damit von vornherein aus. Nach § 4 Abs. 1 SABS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Die Bestimmung stellt für die Einbeziehung in den Vorteilsausgleich allein auf die räumlich enge Beziehung zur (ausgebauten) Straße ab. Die Eigentumslage ist demgegenüber irrelevant. Damit werden auch bevorteilte Grundstücke erfasst, die sich im Gemeindeeigentum befinden. Unschädlich ist, dass für bevorteilte gemeindeeigene Grundstücke keine Beitragsbescheide ergehen, weil eine Gemeinde nicht ihr eigener Schuldner sein kann (Konfusionsgedanke). Denn maßgeblich ist, dass mit der Einbeziehung der gemeindeeigenen Grundstücke in das Abrechnungsgebiet nach § 4 Abs. 1 SABS die Anzahl der Beitragseinheiten um die auf die gemeindeeigenen Grundstücke entfallenden Beitragseinheiten steigt und der rechnerische Beitragssatz daher entsprechend sinkt. Damit erleidet die Gemeinde für ihre Grundstücke einen "Beitragsausfall" genau in der Höhe, in der sich bei einer Selbstveranlagung auch eine Beitragsschuld ergeben würde.

15

Entgegen der Auffassung der Antragsteller führt die Eckgrundstücksregelung des § 7 SABS nicht zu einer (unzulässigen) Mehrbelastung der übrigen Beitragsschuldner, weil nach § 7 Satz 2 SABS die Gemeinde den Beitragsausfall zu tragen hat. Die in Satz 1 l.cit. normierte Flächenreduzierung findet daher nicht bereits in der so genannten Verteilungsphase, sondern erst in der so genannten Heranziehungsphase statt. Dies ist unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Ob die mit der Anzahl der an das Grundstück angrenzenden Straßen korrespondierende Flächenreduzierung mit dem Vorteilsprinzip vereinbar ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, denn die u.U. eintretende Nichtigkeitsfolge würde sich auf die Bestimmung des § 7 SABS beschränken (Teilnichtigkeit, vgl. § 139 BGB). Vergünstigungsregeln für mehrfach erschlossene Grundstücke gehören weder zum notwendigen Mindestinhalt einer Straßenausbaubeitragssatzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch zwingt das Vorteilsprinzip zu ihrer Normierung.

16

2. Die Rechtsanwendung durch den Antragsgegner ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Dass es sich bei der abgerechneten Baumaßnahme um eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 1 Satz 1 SABS handelt, wird von den Antragstellern nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Soweit sie meinen, die Kosten der auf dem Grundstück Flurstück 65 angelegten Ausweich- und Wendestelle seien nicht umlagefähig, kann dem nicht gefolgt werden. Denn hierbei handelt es sich um einen Bestandteil der nach § 1 Satz 1 SABS beitragsfähigen öffentlichen Straße. Eine straßenrechtliche Widmung der Wendestelle dürfte nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) entbehrlich sein, weil sich das Grundstück Flurstück 65 im Eigentum der Gemeinde A-Stadt befindet und diese Trägerin der Straßenbaulast für den " W." ist. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man dem nicht folgt und eine Widmung für erforderlich hält. Zwar ist die Wendestelle in diesem Fall mangels Widmung nicht Bestandteil der öffentlichen Straße und wird damit von § 1 Satz 1 SABSgegenwärtig nicht erfasst. Es darf aber nicht verkannt werden, dass Streitgegenstand die Erhebung einer Vorausleistung nach § 9 SABS ist. Eine Vorausleistung ist ihrem Wesen nach ein Vorschuss auf den Ausgleich eines später mit der Herstellung einer beitragsfähigen Anlage vermittelten Sondervorteils. Daher setzt die Erhebung einer Vorausleistung nicht das Vorliegen eines voll ausgeprägten Sondervorteils voraus. Erforderlich ist lediglich, dass der Sondervorteil zukünftig so entstehen kann, wie vom Antragsgegner bei der Erhebung der Vorausleistung angenommen (VG Greifswald, Urt. v. 21.09.2004 - 3 A 1177/03, S. 16 des Entscheidungsumdrucks). Dies trifft auf die Beitragsfähigkeit des Aufwandes für die Ausweich- und Wendestelle zu, denn die betreffende Grundstücksfläche kann von der Gemeinde jederzeit straßenrechtlich gewidmet und so zum Bestandteil der öffentlichen Verkehrsanlage " W." gemacht werden, da die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 zweite Var. StrWG M-V vorliegen.

17

Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit liegen ebenfalls nicht vor. Insbesondere folgt aus den Angaben des Zuwendungsbescheides vom 25.06.2008 nicht Gegenteiliges. Zwar trifft es zu, dass darin die Kosten der Baumaßnahme auf lediglich ε 53.700,00 und nicht, wie in der Beitragskalkulation, auf ε 64.715,26 beziffert werden. Dies erlaubt jedoch keinen Rückschluss auf eine Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz. Denn es darf nicht verkannt werden, dass in dem Zuwendungsbescheid nicht die beitragsfähigen, sondern die zuwendungsfähigen Kosten dargestellt werden. Beide Kostendefinitionen stammen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten und und sind daher nicht identisch. Die Kostenangabe in dem Zuwendungsbescheid erlaubt keinen Rückschluss auf die Gesamtkosten, da sie ersichtlich nur dazu dient, darzustellen, dass die maximale Fördersumme (65 v.H. der tatsächlichen Ausgaben, maximal ε 34.905,00) bewilligt werden konnte.

18

Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist ebenfalls frei von Fehlern. Insbesondere wird das antragstellerische Grundstück zu Recht in den Vorteilsausgleich einbezogen, da es an die Straße " W." angrenzt und ihm daher eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung i.S.d. § 4 Abs. 1 SABS eröffnet wird. Unstreitig ist das gesamte Grundstück von der Straße aus fußläufig erreichbar. Zwar ist es mit Ausnahme einer kleinen Teilfläche nicht von der ausgebauten Straße aus befahrbar. Dies steht der Begründung eines beitragsrelevanten Vorteils jedoch nicht entgegen.

19

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Den durch Erhebung eines Beitrags auszugleichenden Sondervorteil, eine Straße vom eigenen Grundstück aus und nicht nur als Teilnehmer am allgemeinen Verkehr in Anspruch nehmen zu können, von der Art der Erreichbarkeit dieses Grundstücks abhängig zu machen, ist ein Gedanke des Erschließungsbeitragsrechts. Er folgt aus der engen Verbindung dieses Rechtsbereichs mit dem Bebauungsrecht. Die nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnende erstmalige Herstellung von Anbaustraßen hat zum Ziel, die an der Straße liegenden Grundstücke hinsichtlich der verkehrsmäßigen Anbindung bebaubar oder in beitragsrechtlich vergleichbarer Weise nutzbar zu machen (§ 129 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Baugesetzbuch - BauGB). Dementsprechend hängt die Antwort auf die Frage, ob ein Grundstück erschlossen ist, wesentlich von dessen bebauungsrechtlichem Erschlossensein ab (BVerwG, Urt. v. 01.03.1991 - 8 C 59/89, BVerwGE 88, 70). Sie ist zu bejahen, wenn die Straße dem Grundstück diejenige wegemäßige Verbindung verschafft, die für die planungsrechtlich festgesetzte oder sonst zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist (BVerwG, Urt. v. 04.06.1993 - 8 C 33/91, BVerwGE 92, 304). Durch den Erschließungsbeitrag wird demnach der Vorteil aus derjenigen "Möglichkeit der Inanspruchnahme" der Anbaustraße abgegolten, der mit der Rechtsfolge verbunden ist, dass eine Baugenehmigung nicht mehr unter Hinweis auf die fehlende Verkehrserschließung abgelehnt werden darf. Die aus dem Bebauungsrecht hergeleitete Vorgabe, von der abgerechneten Straße auf das Grundstück herauffahren zu können, ist allerdings allein als Regel für Grundstücke in planerisch festgesetzten Gewerbe- oder Industriegebieten anerkannt (BVerwG, Urt. v. 03.11.1987 - 8 C 77/86, BVerwGE 78, 237). Schon in gemischt genutzten Gebieten genügt es für das Entstehen von Erschließungsbeitragspflichten, an das Grundstück heranzufahren, auf der Straße also auf die Höhe des Grundstücks zu fahren und es von dort aus betreten zu können (zum Ganzen: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 17 Rn. 67). Dabei kommt es nicht darauf an, wie das Grundstück tatsächlich genutzt wird (BVerwG, Urt. v. 27.09.2006 - 9 C 4/05, BVerwGE 126, 378), weil es ausschließlich auf seine abstrakte Bebaubarkeit ankommt.

20

Vor diesem Hintergrund ist das Grundstück der Antragsteller in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Es liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes und kann damit nicht als Gewerbe- oder Industriegebiet ausgewiesen sein. Daher stellt sich die Frage einer Übertragbarkeit der vorgenannten Erwägungen auf den Bereich des Straßenausbaubeitragsrechts bereits aus diesem Grunde nicht. Ausschlaggebend kommt hinzu, dass das Straßenausbaubeitragsrecht, wie § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V zeigt, nicht auf die von der Einrichtung vermittelten baurechtlichen Erschließung, sondern allein an die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung anknüpft. Eine Koppelung zwischen der Qualität der Erreichbarkeit des Grundstücks und dessen baulicher Ausnutzbarkeit ist dem Straßenausbaubeitragsrecht fremd. Daher reicht es im Rechtsbereich der Beitragserhebung für eine vorhandene, lediglich erneuerte oder verbesserte Gemeindestraße zur Annahme eines auszugleichenden Sondervorteils aus, dass die Straße in qualifizierter Weise, nämlich vom eigenen Grundstück aus, in Anspruch genommen werden und das Grundstück in einer Weise genutzt werden kann, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.10.2007 - 6 BV 04.2189, Juris Rn. 20). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Wie bereits erwähnt, reicht das antragstellerische Grundstück bis unmittelbar an die abgerechnete Einrichtung heran, ist also ein Anliegergrundstück, und kann in beitragsrechtlich sinnvoller Weise gewerblich genutzt werden.

21

Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folgt und mit dem OVG Lüneburg der Auffassung ist, dass bei gewerblich sowie industriell nutzbaren Grundstücken im Verhältnis zu Wohngrundstücken gesteigerte Anforderungen an die Erreichbarkeit zu stellen sind (Beschl. v. 25.01.2007 - 9 LA 201/05, Juris Rn. 8 m.w.N.). Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung Fallkonstellationen betrifft, in denen ein Bebauungsplan eine industrielle, gewerbliche oder vergleichbare Nutzung festsetzt. Hieran fehlt es vorliegend, so dass eine Übertragung dieser Erwägungen auf den vorliegenden Fall bereits aus diesem Grunde ausscheidet. Hinzu kommt, dass das OVG Lüneburg darauf abstellt, ob die festgesetzte Nutzung bestimmungsgemäß eine Befahrbarkeit des Grundstücks erfordert. Dies trifft auf Grundstücke, die mit Hotels oder Gaststätten bebaut sind, keineswegs zu. Denn insbesondere in Gebieten mit verdichteter Bebauung ist es üblich, dass lediglich ein nahegelegener Parkplatz angefahren wird und auf das eigentliche Betriebsgrundstück nicht heraufgefahren werden kann.

22

Entgegen der Auffassung der Antragsteller wurde die Eckgrundstücksregelung des § 7 Satz 2 SABS bei der Ermittlung der Anzahl der Beitragseinheiten ordnungsgemäß berücksichtigt. Die beiden hiervon betroffenen Grundstücke Flurstücke 65 und 62/5 werden in der Spalte "Beitragsfläche" (BA I, Bl. 32) zwar nur mit der halben Fläche, dafür aber jeweils in zwei Zeilen und damit doppelt erfasst. Eine Reduzierung der Anzahl der Beitragseinheiten zu Lasten der übrigen Beitragspflichtigen ist damit ausgeschlossen.

23

Die rechnerische Ermittlung der auf das antragstellerische Grundstück entfallenden Beitragseinheiten ist ebenfalls frei von Fehlern. Die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 4 SABS ist ordnungsgemäß angewandt worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides (S. 3) Bezug genommen.

24

Schließlich unterliegt auch die Heranziehung der Antragsteller keinen Bedenken. Eine Vorausleistung darf erhoben werden, weil wegen der noch nicht abgeschlossenen Prüfung der Verwendungsnachweise für die ausgereichten Fördermittel die umlagefähigen Kosten derzeit nicht feststehen und die sachliche Beitragspflicht daher noch nicht entstanden ist (§ 11 Satz 1 SABS).

25

Die Eckgrundstückregelung des § 7 Satz 1 SABS kann in Ansehung der Antragsteller keine Anwendung finden. Zwar grenzt ihr Grundstück nicht nur an die Straße " W.", sondern auch an die "Chaussee" an. Hierbei handelt es sich aber um eine Bundesstraße, die zumindest in Ansehung der Fahrbahn in der Straßenbaulast des Bundes und damit nicht "voll" in der Straßenbaulast der Gemeinde steht.

26

Soweit die Antragsteller meinen, der Gestattungsvertrag vom 11.08.2008 stehe der Erhebung der Vorausleistung entgegen, fehlt es bereits an einer hinreichenden Darlegung. Sollten sie der Auffassung sein, dass dem Gestattungsvertrag mit der Erhebung der Vorausleistung die Geschäftsgrundlage entzogen sei und sie Nutzungsentgelte verlangen könnten, kann daraus kein Einwand abgeleitet werden. Denn abgesehen davon, dass die Höhe des Nutzungsentgeltes völlig offen ist, sei darauf hingewiesen, dass eine Aufrechnung mit Gegenforderungen vorliegend gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 226 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) ausgeschlossen ist. Entsprechendes gilt in Ansehung der vom Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt ausweislich des Protokolls vom 17.09.2009 zugesagten finanziellen Entschädigung für die Einräumung des Nutzungsrechts. Der Bürgermeister hat nach dem Protokoll darauf hingewiesen, dass eine Entschädigung erst nach einer "Wertung des Grundstücks" in Betracht komme. Von einem unstreitigen Entschädigungsanspruch kann daher derzeit keine Rede sein.

27

Die Erhebung einer Vorausleistung i.H.v. 100 v.H. der voraussichtlichen Beitragsschuld ist schließlich nicht unverhältnismäßig. § 9 Satz 1 SABS gibt insoweit keine Obergrenze vor. Maßgebend ist, dass die Baumaßnahme technisch abgeschlossen ist und die verbesserte Anlage von den Anliegern bereits jetzt genutzt werden kann.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung auf den §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei der Betrag der festgesetzten Abgabe für das Eilverfahren zu vierteln ist.

Tenor

Der Bescheid vom …. 2009, Az.: … und der Widerspruchsbescheid vom … 2010, Az.: … werden aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte ist befugt, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Straßenbaubeitragsbescheid der Beklagten.

2

Die Klägerin war bis vor kurzem – neben anderen benachbarten Grundstücken - Eigentümerin des Grundstücks an der K-straße bestehend aus den Flurstücken ../., ../. und ./.., Flur ., Gemarkung B-Stadt, eingetragen im Grundbuch von B-Stadt im Grundbuchblatt Nr. ...

3

Die Beklagte baute die K-straße im Jahr 2006 von Grund auf neu aus. Die Bauabnahme fand im Januar 2007 statt. Die letzte Unternehmerrechnung ging im Dezember 2007 ein. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2009 informierte die Beklagte die Klägerin über einen zu erwartenden Straßenbaubeitrag. Sie gab in dem Schreiben an, dass die Veranlagung des Grundstücks auf der Basis der Zahl von drei Vollgeschossen erfolgen werde. In den Verwaltungsvorgängen der Beklagten zum parallelen Verfahren 8 A 1076/10 befindet sich eine Konzeptstudie vom Mai 2009, der zufolge das Grundstück gemeinsam mit den benachbarten Grundstücken im Bereich der K-straße zwischen S-straße und altem Elektrizitätswerk mit einer viergeschossigen Wohn- und Geschäftsbebauung bebaut werden sollte, wobei der Konzeptstudie zufolge zwischen der Bebauung und der K-straße ein Erschließungsweg von der S-straße aus liegen sollte, der in Höhe der Flurstücke ../. und ../. in einem Wendehammer enden sollte.

4

Mit Bescheid vom ... November 2009 zog die Beklagte die Klägerin für das streitgegenständliche Grundstück zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 6.321,78 Euro heran. Bemessungsfaktoren neben der dreigeschossigen Bauweise auf dem Grundstück waren die Qualifizierung der K-straße als überörtliche Durchgangsstraße, ein insgesamt festgestellter beitragsfähiger Aufwand von 891.903,34 Euro verbunden mit einem städtischen Anteil von insgesamt 570.252,48 Euro, dementsprechend einem von den Anliegern zu tragenden Anteil in Höhe von 321.650,86 Euro bei festgestellten gewichteten Grundstücksgrößen von 51.744,82 m², so dass sich insgesamt ein Beitragssatz von 6,2160977 Euro je m² ergab. Ferner wurde die Grundstücksgröße des streitgegenständlichen Grundstücks mit 565 m² festgesetzt.

5

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 Widerspruch. Sie führte aus, dass das streitgegenständliche Grundstück nicht an der K-straße anliege. Es würde vielmehr durch Flurstücke, die einen bepflanzten Grünstreifen bildeten, von der K-straße getrennt. Dieser Grünstreifen sei unter anderem mit Bäumen und Büschen bepflanzt. In ihm verlaufe zudem ein Graben. Überwegungsmöglichkeiten bestünden nicht.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom ... Juli 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass das Grundstück unmittelbar an der K-straße anliege. Der von der Klägerin benannte Grünstreifen gehöre bereits zum Straßengrundstück. Dieser Grünstreifen bilde letztendlich kein Erreichbarkeitshindernis. Er befinde sich im Eigentum der Beklagten. Er sei im Rahmen der Baumaßnahme nicht neu bepflanzt worden. Er sei vielmehr größtenteils in seinem ursprünglichen Zustand, bestehend aus Sträuchern und einzelnen Bäumen, belassen worden. Diese Bäume genössen keinen besonderen Schutz. Lediglich ein geringer Anteil könne möglicherweise unter die Bestimmungen der örtlichen Baumschutzsatzung fallen. Eine Zufahrt zum Grundstück sei grundsätzlich genehmigungsfähig, sei jedoch von der Klägerin während der Bauphase der Straße nicht beantragt worden. Die Beklagte habe kein eigenes grundsätzliches Interesse an der Herstellung von Zufahrten zu den Anliegergrundstücken. Insofern bestehe die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage durch das Grundstück der Klägerin. Grunddienstbarkeiten oder Notwegerechte seien entbehrlich. In der Rechtsprechung werde zwar auch die Ansicht vertreten, ein straßenbegleitender Grünstreifen könne ein rechtliches Erreichbarkeitshindernis darstellen. Diesen Entscheidungen liege jedoch der Umstand zugrunde, dass die jeweils abgerechnete Anlage eine Zweiterschließung für das betreffende Grundstück darstelle. Vorliegend grenze das Grundstück ausschließlich an die K-straße an. Alleine der Umstand, dass eine mögliche Zuwegung über die K-straße nicht genutzt werde, könne jedoch nicht dazu führen, dass das Grundstück von seiner Beitragspflicht für diese Maßnahme befreit werde. Der Widerspruchsbescheid wurde am 14. Juli 2010 zugestellt.

7

Hiergegen hat die Klägerin am 16. August 2010, einem Montag, Klage erhoben. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass das Grundstück nicht durch die K-straße erschlossen sei, weil es von dieser durch einen Grünstreifen getrennt sei. Es sei auch nicht beabsichtigt gewesen, dieses Grundstück von der K-straße aus zu erschließen, wie sich bereits aus einem Ideen- und Realisierungswettbewerb aus dem Jahr 1993 ergebe. Darin habe es bereits geheißen, dass für die Neubauten an der K-straße weder eine Vorfahrt noch ein Rechtsabbieger in das Wettbewerbsgebiet von der K-straße aus zugelassen werden könne. Auch ein Bebauungsplanentwurf, der bis zur Beschlussfassung in der Stadtvertretung gediehen sei, sehe lediglich eine Zufahrt von der K-straße aus auf ein weiter westlich gelegenes Grundstück vor. Eine Ausfahrt auf die K-straße sei nicht vorgesehen gewesen. Diese habe vielmehr über die S-straße erfolgen müssen. Schließlich ergebe sich auch aus einem Grünordnungsplan, dass der Grünstreifen zwischen der K-straße und dem Grundstück der Klägerin bestehen bleiben sollte. Der Klägerin sei in verschiedenen Gesprächen mit der Stadtverwaltung immer wieder bedeutet worden, dass eine Erschließung des Grundstücks von der K-straße aus nicht in Betracht komme.

8

Die Klägerin beantragt,

9

den Heranziehungsbescheid Nr. ...vom … 2009 und den Widerspruchsbescheid Nr. ... vom … 2010, zugestellt am 14.07.2010, aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie ist der Auffassung, dass das streitgegenständliche Grundstück von der K-straße aus erschlossen werde. Der auf dem Straßengrundstück befindliche Grünstreifen stelle kein unüberwindbares Erreichbarkeitshindernis dar. Es habe auch keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, der Klägerin eine Zuwegung oder Zufahrt zum Grundstück im Rahmen der Bauphase anzubieten.

13

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll des Ortstermins mit dem Berichterstatter vom 16. Mai 2011 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2011 und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Straßenbaubeitragsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ergibt sich aus den folgenden Gründen:

15

Das Gericht hat allerdings keine grundsätzlichen Bedenken bezüglich der von der Beklagten vorgenommenen Festsetzung der Straßenanlage, für die der Straßenbaubeitrag erhoben wird. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Begriff der Anlage im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG M-V mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff identisch (OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2004 – 1 L 40/01 -, NordöR 2004, 367; OVG Greifswald, Beschluss vom 15.09.1998 – 1 M 54/98 -, NordöR 1999, 299). Demnach begegnet es keinen Bedenken, die Anlage an der Einmündung der Dr.-Hans-Wolf-Straße beginnen zu lassen und an der Einmündung zur Werderstraße zu beenden. Auch die Wertung der Beklagten, die Einbuchtung in Höhe der Häuser K-straße 14 bis 18 noch aufgrund ihrer Funktion als zur B-straße gehörig anzusehen, erscheint vertretbar. In der Tat hat bei natürlicher Betrachtung dieser Straßenabschnitt keinen inneren funktionellen Zusammenhang zur K-straße im Übrigen und erscheint deshalb eher als eine Ausfahrt der B-straße zur K-straße.

16

Die Beitragserhebung begegnet generell auch keinen Bedenken im Hinblick auf die grundsätzliche Beitragsfähigkeit der Ausbaumaßnahme und dem in diesem Zusammenhang konkret entstandenen Ausbauaufwand.

17

Der beitragsfähige Aufwand umfasst grundsätzlich die Kosten, die der Gemeinde für die Verwirklichung einer dem dafür aufgestellten Bauprogramm entsprechenden, bestimmten beitragsfähigen Maßnahme entstanden sind (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. § 33, Rn 4).

18

Vorliegend hat der Ausbau der Teileinrichtungen Fahrbahn, kombinierter Geh- und Radweg, Grünanlagen, Beleuchtungseinrichtung, Entwässerungseinrichtung und Bushaltebucht zu einer beitragsfähigen Verbesserung bzw. Erneuerung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG M-V geführt. Die Frage, ob eine Ausbaumaßnahme zu einer Verbesserung geführt hat, ist in der Regel nicht für die Straße insgesamt, sondern für jede ihrer Teileinrichtungen getrennt zu beantworten. Dies gilt selbst dann, wenn die gesamte Straße gleichsam in einem Zuge ausgebaut worden ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32, Rn 45). Dabei kann von einer beitragsfähigen Verbesserung nur gesprochen werden, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der erstmaligen oder nachmaligen Herstellung in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Nutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32, Rn 38). Unter Erneuerung wird im Straßenbaubeitragsrecht die Ersetzung einer abgenutzten Anlage durch eine gleichsam „neue“ Anlage von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher Funktion und Aufteilung der Fläche verstanden mithin eine Maßnahme, durch die eine nicht mehr funktionsfähige, also erneuerungsbedürftige Straße oder Teileinrichtung nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der ihren ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32, Rn 20 m.w.N.).

19

Nach diesem Maßstab stellt die Herstellung der Teileinrichtung „Fahrbahn“ eine Verbesserung im ausbaubeitragsrechtlichen Sinne dar. Die alte Fahrbahn hatte nach den Feststellungen der Beklagten (vgl. Blatt 5 ff. der Beiakte 3 zu 8 A 1075/10) deutliche Verschleißerscheinungen aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens, die sich unter anderem in Rissbildungen auf der Fahrbahn dokumentierten. Die nunmehr gewählte Bauweise entsprechend der Bauklasse 2 ermöglicht es, dass die Fahrbahn den zwischenzeitlich gestiegenen Verkehrsanforderungen gewachsen ist und dementsprechend den Verkehr besser aufnehmen kann, als die vorherige Fahrbahnausstattung. Zudem sind im Bereich der Abbiegespuren Erweiterungen vorgenommen worden, die ebenfalls eine Verbesserung des fließenden Verkehrs ermöglichen.

20

Der bislang vorhandene Gehweg südlich der Fahrbahn wurde verbessert, weil die dort vorhandenen Betongehwegplatten teilweise gebrochen und durch den Wurzelbestand der anliegenden Gehölze aufgewölbt waren. Ist durch die nunmehr erfolgte Herstellung in Kleinpflasterung wieder gefahrfrei und funktionsfähig geworden. Zudem ist der Ausbau als kombinierter Geh- und Radweg entsprechend den neuen Bestimmungen über die Führung des Radverkehrs an Hauptverkehrsstraßen gestaltet worden. Auch die Straßenentwässerung wurde im Rahmen der Erneuerung der Fahrbahn leistungsfähiger ausgestaltet und stellt mithin eine Verbesserung dar.

21

Durch die baumpflegerischen Maßnahmen und die Bodenbearbeitung im Rahmen der unselbständigen Grünanlagen wurden diese ebenfalls vorteilhaft in die Erschließungsanlage eingebunden und mithin verbessert. Die beiden vorhandenen Bushaltestellen wurden bedarfsgerecht ausgebaut und dementsprechend ebenfalls verbessert.

22

Die Straßenbeleuchtung, die ca. 30 Jahre alt und nicht mehr verkehrssicher war, wurde auch deshalb verbessert, weil die neuen Straßenleuchten auf höheren Masten angebracht und mit einer helleren und gleichmäßigeren Ausleuchtung der Straße versehen wurden.

23

Die für diese Ausbaumaßnahmen in Ansatz gebrachten Kosten begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Sie sind von der Klägerin auch insoweit nicht in Zweifel gezogen worden.

24

Weiterhin begegnet das von der Klägerin gewählte Abrechnungsgebiet – mit Ausnahme der der Klägerin gehörenden Grundstücke – keinen rechtlichen Bedenken. Die im Übrigen in die Abrechnungsfläche einbezogenen Grundstücke liegen an der K-straße an und werden deshalb durch die Straßenbaumaßnahme bevorteilt. Auch die Herausnahme des Bereichs der Einmündung der B-straße begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dieser Straßenbereich ist nur für den dort fließenden Anliegerverkehr bestimmt und hat keinerlei funktionalen Zusammenhang zum Verkehrsfluss in der K-straße im Übrigen. Es ist deshalb gut vertretbar, diesen Straßenbereich nicht als Aufweitung der K-straße, sondern als Einbiegungsbereich der B-straße zu betrachten. Die Herausnahme der anliegenden Grundstücke aus dem Abrechnungsgebiet ist damit die notwendige Konsequenz dieser natürlichen Betrachtungsweise.

25

Rechtsfehlerhaft ist trotz der grundsätzlichen Beitragsfähigkeit der Ausbaumaßnahme nach Auffassung des Gerichts hingegen die Heranziehung des streitgegenständlichen Grundstücks – ebenso wie die Heranziehung der übrigen Grundstücke der Klägerin. Dabei geht das Gericht allerdings im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Klägerin davon aus, dass dieses Grundstück unmittelbar an der K-straße anliegt. Der von der Klägerin angeführte Gesichtspunkt des von der Straße trennenden Grünstreifens, der gegen die Anliegereigenschaft spreche, ist aus der Sicht des Gerichts nicht gegeben, weil dieser Grünstreifen schon Bestandteil des Straßengrundstücks ist und dementsprechend die Anliegersituation des hier streitgegenständlichen Grundstücks nicht hindert.

26

Obwohl das streitgegenständliche Grundstück mithin auch unmittelbar an der K-straße – wie ebenso an der S-straße – gelegen ist, wird es durch den Ausbau der K-straße nicht in straßenbaubeitragsrechtlicher Weise bevorteilt, weil ihm eine Zugangsmöglichkeit zur K-straße fehlt und es mithin aufgrund der Straßenmaßnahme der Beklagten nicht von der K-straße erschlossen wird.

27

Bei dieser Betrachtungsweise geht das Gericht grundsätzlich von Folgendem aus: Eine Erschließung des Grundstücks von der K-straße aus wäre schon dann gegeben, wenn das Grundstück eine Zugangsmöglichkeit von der K-straße aus besäße. Eine Zufahrtsmöglichkeit ist hingegen grundsätzlich nicht erforderlich. Die Erschließung des Grundstücks von der K-straße aus ist auch unabhängig davon zu betrachten, ob die Klägerin von sich aus eine Zugangsmöglichkeit von der K-straße aus nutzen möchte oder nicht. Da es sich um ein unmittelbares Anliegergrundstück handelt, kommt es vorliegend auf die Frage der rechtlichen Erreichbarkeit der K-straße von dem Grundstück aus nicht an.

28

Vorliegend ist das Grundstück der Klägerin aber deshalb nicht durch den Ausbau der K-straße bevorteilt, weil es aus Gründen keine Zugangsmöglichkeit zur K-straße hat, die nicht in der Sphäre der Klägerin, sondern in der Sphäre der Beklagten liegen. Durch die Erhaltung des auf dem Straßengrundstück zum Grundstück der Klägerin hin gelegenen Grünstreifens hat die Beklagte diesen Teil des Straßengrundstücks in einer Weise gewidmet, dass sie vom Gemeingebrauch ausgeschlossen ist. Das unselbständige Straßenbegleitgrün ist grundsätzlich nicht dem Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr gewidmet, sondern soll ein gestaltendes und trennendes Element zur Abgrenzung der Verkehrsflächen sein. Dementsprechend verschafft die Belegenheit eines als Grünstreifen gewidmeten Straßenteils zwischen dem Anliegergrundstück und der Straße dem Anlieger keine Zugangsmöglichkeit zu den Wegeflächen des Straßengrundstücks. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es rein tatsächlich durchaus möglich ist, über den Grünstreifen das Anliegergrundstück zu erreichen. Maßgeblich ist insoweit für die Betrachtung der Möglichkeit einer Zuwegung die bestimmungsgemäße Nutzung der jeweiligen Teileinrichtung der Straße. Insoweit ist davon auszugehen, dass die bestimmungsgemäße Nutzung des Grünstreifens gerade nicht darin liegt, eine Zuwegung zu einem Anliegergrundstück zu verschaffen. Dies mag anders zu sehen sein, wenn in den Grünstreifen zum Beispiel Rasengittersteine verlegt werden, die optisch weiterhin den Eindruck von unselbständigen Straßenbegleitgrün verschaffen und gleichwohl aufgrund der Beschaffenheit des Materials auch zur Überwegung geeignet sind. Derartiges ist jedoch von der Beklagten nicht an die Grundstücksgrenze zum Grundstück der Klägerin herangeführt worden. Vielmehr handelt es sich um einen augenscheinlich naturbelassenen Grünstreifen, der bereits im Zeitpunkt der Straßenbaumaßnahme eine Hecke aus Sträuchern und Bäumen bildete, die nach den Angaben in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten im Rahmen der Straßenbaumaßnahme lediglich landschaftspflegerisch gestaltet, nicht aber neu angepflanzt worden sind. Insoweit ist davon auszugehen, dass dieser Grünstreifen bereits vor der Ausbaumaßnahme, aber auch danach den Zweck einer Abtrennung der Verkehrsflächen von den Anliegergrundstücken verfolgte. Damit wird aber deutlich, dass eine Überwegung zu dem Anliegergrundstück der Klägerin von der K-straße aus gerade von der Funktionalität der Straße aus nicht vorhanden oder geplant war.

29

Nicht maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, dass eine derartige Überwegung leicht zu schaffen gewesen wäre, es sich also um ein letztlich ausräumbares Hindernis handelt. Im Gegensatz zu den strengen Maßstäben, die anzulegen sind, wenn es um Hindernisse auf dem Anliegergrundstück selbst geht, die den Kontakt zur Straße verhindern und deshalb einer Beitragspflicht entgegenstehen, kommt es bei Hindernissen auf dem Straßengrundstück selbst nicht auf diese strenge Betrachtungsweise der rechtlichen oder tatsächlichen Unausräumbarkeit des Hindernisses an, weil es nicht in der Macht des Anliegers, sondern im Belieben der über das Straßengrundstück verfügenden und gestaltenden Gemeinde liegt, den Kontakt zum Anliegergrundstück herzustellen. Wenn sie durch die Gestaltung der Straße, insbesondere der Teileinrichtung des Straßenbegleitgrüns zum Ausdruck bringt, dass aus gestalterischen oder verkehrssicherheitlichen Gründen die Erschließung des Anliegergrundstücks von der Straße aus nicht gewollt ist, so muss sie auch die Konsequenz des Erlöschens der Beitragspflicht für dieses Grundstücks tragen vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 8, Rn. 403 m.w.N.; OVG Weimar, Beschl. v. 10.02.2003 – 4 ZEO 1139/98). Dabei kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht einmal darauf an, ob der Anlieger einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Zuwegung zur Straße aus seinem Anliegerrecht hat, oder ob dies aufgrund der Situation einer Zweiterschließung verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Grundstück nur eine Möglichkeit der Zuwegung zu der ausgebauten Straße hat, kann nach Auffassung der Kammer in einer Situation, in der die Gemeinde das Grundstück vom bestimmungsgemäßen Gebrauch der Straße ausschließt, indem sie das Grundstück durch solche Straßenbestandteile von den Wegeflächen trennt, die gerade nicht zur Überwegung gedacht und geeignet sind, nicht mehr von einer Vorteilslage des Anliegers in Bezug auf die Straßenbaumaßnahme gesprochen werden. Er wird nämlich in diesem Fall von der Gemeinde in die Situation gebracht, dass er eine bestimmungswidrige Nutzung der Teileinrichtung der Straße – des unselbständigen Straßenbegleitgrüns – unter Berufung auf sein besonderes Anliegerrecht in Anspruch nehmen muss. Nach Auffassung des Gerichts hat vielmehr die Gemeinde im Rahmen der Straßenbaumaßnahme dafür Sorge zu tragen, eine effektive Ausübung der Anliegerrechte zu schaffen bzw. zu erhalten. Im Hinblick auf das grundsätzlich nur gegebene Erfordernis einer fußläufigen Zuwegung zum Grundstück ist damit auch kein besonderer Aufwand für die Gemeinde verbunden. Ein Verhalten der Gemeinde, das aber die Anbindung des Grundstücks an die Straße faktisch unterbindet, muss zum Ausschluss der Beitragspflicht des betroffenen Grundstücks führen, weil die als Grund für diese Beitragspflicht gegebene Vorteilslage gerade nicht besteht.

30

Eine andere Frage ist es, ob die Gemeinde in einem derartigen Fall, in dem sie durch eine bewusst trennende Gestaltung der Straße vom Anliegergrundstück dieses faktisch von der Straße abkoppelt, die damit aus dem Abrechnungsgebiet entfallende Fläche auf die übrigen Straßenanlieger verteilen kann, oder ob sie sich diesen gegenüber die Fläche zurechnen lassen muss, weil sie grundsätzlich in der Lage ist, das Grundstück an die Straße anzuschließen und ihm mithin einen Vorteil von der Straßenbaumaßnahme zu gewähren. Nach Auffassung der Kammer bedarf es nur dann ausnahmsweise einer tatsächlichen Anbindung des Grundstücks an die zur bestimmungsgemäßen Überquerung genutzten Flächen der Straße nicht, wenn die Gemeinde dem Anlieger ein derartiges Angebot unterbreitet hat und der Anlieger von sich aus deutlich macht, dass er auf eine Anbindung keinen Wert legt. In diesem Fall wäre es nach Auffassung des Gerichts eine unnötige Förmelei, dass die Gemeinde trotz der ablehnenden Haltung des Anliegers praktisch gegen seinen Willen bis an die Grundstücksgrenze heran eine Zuwegung schafft, damit sie das Grundstück in die Abrechnungsfläche einbeziehen kann. Insoweit dürfte es vielmehr ausreichend sein, dass die Gemeinde ein ernsthaftes Angebot unterbreitet hat, das vom Anlieger ausgeschlagen worden ist in Kenntnis der Tatsache, dass die Ablehnung des Angebots nicht zur Folge hat, dass das Grundstück aus der Abrechnungsfläche herausgenommen wird (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.11.2008 – 4 L 365/08 -, zitiert nach Juris).

31

Diese Sichtweise gilt nach Auffassung des Gerichts jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – aufgrund der Gesamtumstände erkennbar ist, dass die Beklagte tatsächlich immer geneigt war, das streitgegenständliche Grundstück ebenso wie die angrenzenden Flächen im Bereich der K-straße zwischen S-straße und altem Elektrizitätswerk in einer Weise planerisch zu gestalten, die keine Erschließung der Fläche von der K-straße aus, sondern von den angrenzenden Nebenstraßen aus ermöglichen sollte. Wenn eine derartige Absicht aus Gründen der Verkehrssicherheit oder der Stadtgestaltung verfolgt wird, muss die Konsequenz in Bezug auf die Straßenbaubeitragspflicht seitens der Gemeinde in Kauf genommen werden, wobei diese Konsequenz nicht nur zum Inhalt hat, dass das Grundstück selbst nicht straßenbaubeitragspflichtig wird, sondern zudem die auf diese Fläche eigentlich entfallenen Kosten nicht auf die übrigen Grundstücke im Abrechnungsgebiet umgelegt werden können, weil die insoweit gegebenenfalls nachteilig betroffenen Anlieger einwenden können, dass die Gemeinde auf diese Weise die Fläche des Abrechnungsgebietes reduziert, ohne dass insoweit zwingende Gründe für die Herausnahme des Grundstücks vorliegen.

32

Angesichts dieses konkreten rechtlichen Hinderungsgrundes zur Inanspruchnahme des streitgegenständlichen Grundstücks bezüglich eines Straßenbaubeitrages kommt es nach Auffassung der Kammer auf die weitergehende Frage, ob die Ausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 14. Februar 2002 für diese konkrete Straßenbaumaßnahme als hinreichende Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, nicht mehr an. Das Gericht hat in der Vergangenheit keinerlei Zweifel an der Wirksamkeit der vorgenannten Ausbaubeitragssatzung der Beklagten geäußert und sie vielmehr in ständiger Rechtsprechung als wirksame Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung angesehen.

33

In Bezug auf die vorliegende Straßenbaumaßnahme ist die Ausbaubeitragssatzung vom 14. Februar 2002 allerdings unter dem Gesichtspunkt der konkreten Vollständigkeit im Hinblick auf die dem Abrechnungsgebiet zugehörigen Grundstücke und ihre Nutzung nicht geeignet, eine vorteilsgerechte Verteilung der Kosten der Straßenbaumaßnahme zu ermöglichen. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus der besonderen Situation des aus dem Flurstück 4/9 bestehenden Grundstücks, auf dem sich das Gelände der ehemaligen Brauerei befindet. Die Beklagte hat dieses Grundstück nach Auffassung des Gerichts in vertretbarer Weise als ein Außenbereichsgrundstück qualifiziert, weil die auf dem Grundstück befindlichen Gebäudlichkeiten seit der Mitte der 90er Jahre nicht mehr genutzt wurden, verfallen sind und deshalb keinen Bestandsschutz mehr genießen. Im Hinblick auf die Fläche des Grundstücks von mehr als 37.000 m² erscheint es aus der Sicht der Kammer in der Tat zwingend, dass eine erneute bauliche oder gewerbliche Nutzung des Grundstücks ein Planungsverlangen herbeiführt mit der Folge, dass nicht durch schlichten Bauantrag, sondern nur durch eine Bauleitplanung des bislang unbeplanten Bereichs eine bauliche oder gewerbliche Nutzung wieder herbeigeführt werden kann.

34

Wenn man aber von diesem tatsächlichen Befund ausgeht, erscheint das Regelungssystem der Ausbaubeitragssatzung in diesem konkreten Fall nicht geeignet, die Inanspruchnahme des Grundstücks der alten Brauerei vorteilsgerecht abzubilden. Die von der Beklagten gewählte Veranlagung des Grundstücks gemäß § 5 Abs. 5 Ziff. 2 Buchst. b) der Ausbaubeitragssatzung als ein Grundstück im Außenbereich mit einer der baulichen oder gewerblichen Nutzung vergleichbaren Nutzung, die einen Nutzungsfaktor von 0,5 zur Folge hat, ist nach Auffassung der Kammer nicht vorteilsgerecht. Auch wenn man der Beklagten darin folgt, dass die in dieser Regelung in Klammerzusatz angegebenen Nutzungsarten wie Sport- und Festplätze, Freibäder, Dauerkleingärten bzw. Campingplätze ohne Bebauung nur Beispiele sind, die diesen Regelungstatbestand nicht abschließend charakterisieren, ergibt sich jedoch aus dem Nutzungsfaktor in Verbindung mit den Beispielen, dass nur solche der baulichen oder gewerblichen Nutzung vergleichbare Nutzungen darin einbezogen werden können, die zwar einen geringeren, aber doch immer noch erheblichen Kontakt zur Straße zur Folge haben und dementsprechend nicht unwesentliche Verkehrsbeziehungen bedingen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Vergleich des Nutzungsfaktors 0,5 mit den Nutzungsfaktoren für andere Außenbereichsgrundstücke wie bei Waldbestand mit dem Nutzungsfaktor 0,02 bzw. mit dem Nutzungsfaktor 0,04 für Grünland und Ackerland. Die insoweit deutlich höhere Ansetzung des Nutzungsfaktors gemäß § 5 Abs. 5 Ziff. 2 Buchst. b) Ausbaubeitragssatzung lässt erkennen, dass hier nur solche Nutzungen in Betracht gezogen werden können, die doch eine weit über die land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung hinausgehende Verkehrsbedeutung haben. Dies vermag die Kammer im Hinblick auf den Zustand des Grundstücks der alten Brauerei im Zeitpunkt der Straßenbaubeitragsmaßnahme nicht zu erkennen. Aufgrund der Tatsache, dass die dort befindlichen Gebäudlichkeiten nicht mehr bestandsgeschützt und auch nicht nutzbar waren, kann dieses Gelände nur als eine Industriebrache angesehen werden. Diese konnte im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht aber nicht ohne eine vorherige Bauleitplanung in einen Zustand versetzt werden, der eine Nutzung ermöglicht hätte, die wiederum in erheblichem Umfang Verkehrsbeziehungen zur Straße eröffnet hätten. Bezüglich der Industriebrache ist vielmehr davon auszugehen, dass bis auf gelegentliche Fahrten zur Kontrolle des Objektes in Bezug auf Verkehrssicherungsmaßnahmen praktisch kein Anliegerverkehr stattfindet.

35

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die potenzielle Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks nach einer erfolgten Bauleitplanung gerade nicht in den Blick genommen werden darf, weil diese Nutzungsmöglichkeit im Gegensatz zur Nutzung einer Baulücke nicht durch die Maßnahme des Grundeigentümers selbst – im Falle der Baulücke durch schlichten Bauantrag – ergriffen werden kann, sondern die hier notwendige Bauleitplanung gerade Aufgabe der Gemeinde ist mit der Folge, dass der Grundstückseigentümer darauf verwiesen ist abzuwarten, dass die Gemeinde ihm eine Planungssituation verschafft, aus der er heraus eine gesteigerte Nutzungsmöglichkeit für das Außenbereichsgrundstück hat. Dies gilt selbst in dem Fall, dass man in Erwägung zieht, dass der Eigentümer selbst durch einen Vorhaben- und Erschließungsplan Maßnahmen zur Schaffung einer neuen Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks ergreifen kann. Denn selbst in diesem Fall, in dem die vorbereitenden Planungsmaßnahmen von einem Investor ergriffen werden, obliegt es immer noch der Gemeinde, diesen Plan durch Beschlussfassung in Satzungsrecht zu gießen und damit die formelle Grundlage für eine andere Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks zu schaffen.

36

Im Hinblick auf die Größe der Fläche und damit ihren Anteil am Abrechnungsgebiet ist das Gericht in Bezug auf die konkrete Straßenbaumaßnahme der Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt der konkreten Vollständigkeit des Satzungsrechts hier eine derart gravierende Lücke in der vorteilsgerechten Veranlagung des Abrechnungsgebietes besteht, dass die Ausbaubeitragssatzung in Bezug auf diese Maßnahme in einer Weise unvollständig ist, dass sie zur Unwirksamkeit der Satzung führt. Damit kann nicht nur das Gelände der Brauerei nicht zu einer Beitragsfestsetzung herangezogen werden, sondern vielmehr fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für die Abrechnung der Straßenbaumaßnahme in Bezug auf alle in Betracht zu ziehenden Grundstücke.

37

Vor dem Hintergrund des hier streitgegenständlichen Grundstücks weist das Gericht allerdings darauf hin, dass die grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Heilung der bislang fehlenden Rechtsgrundlage entweder durch Beschlussfassung über eine konkrete Straßenbaubeitragssatzung für das hier maßgebliche Abrechnungsgebiet oder durch eine Ergänzung der allgemeinen Ausbaubeitragssatzung der Beklagten nicht dazu führen dürfte, dass das hier streitgegenständliche Grundstück letztendlich zu einem Straßenbaubeitrag herangezogen werden könnte, weil selbst im Falle des Vorliegens einer vollständigen Regelung für alle maßgeblichen Grundstückstypen im Abrechnungsgebiet der hier gegebene Mangel des fehlenden Fortfalls aufgrund der fehlenden Zuwegung zur bestimmungsgemäß zu nutzenden Anlage nicht durch die Schaffung neuen Satzungsrechts geheilt bzw. abgeändert werden kann.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

39

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

Bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung nach § 16 bestehen, auch wenn eine Geschossflächenzahl oder eine Baumassenzahl nicht dargestellt oder festgesetzt wird, folgende Orientierungswerte für Obergrenzen:

1234
BaugebietGrund-
flächenzahl (GRZ)
Geschoss-
flächenzahl (GFZ)
Bau-
massenzahl
(BMZ)
inKleinsiedlungsgebieten (WS)0,20,4
inreinen Wohngebieten (WR)
allgemeinen Wohngebieten (WA)
Ferienhausgebieten


0,4


1,2


inbesonderen Wohngebieten (WB)0,61,6
inDorfgebieten (MD)
Mischgebieten (MI)
dörflichen Wohngebieten (MDW)


0,6


1,2


inurbanen Gebieten (MU)0,83,0
inKerngebieten (MK)1,03,0
inGewerbegebieten (GE)
Industriegebieten (GI)
sonstigen Sondergebieten


0,8


2,4


10,0
inWochenendhausgebieten0,20,2

In Wochenendhausgebieten und Ferienhausgebieten dürfen die Orientierungswerte für Obergrenzen nach Satz 1 nicht überschritten werden.

(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden.

(2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Absatz 3 zulässig sind.

(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.

(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.