Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2012 - 9 B 80/11

bei uns veröffentlicht am24.02.2012

Gründe

1

1. Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

a) Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.

3

aa) Die Beschwerde meint, es müsse revisionsgerichtlich geklärt werden, ob jeweils das gleiche Ergebnis, nämlich die Besteuerung der Spieler, ausgelöst werde, wenn nach der hier maßgeblichen Satzung das "Halten der Geräte" und in anderen Kommunen das "Benutzen der Geräte" besteuert werde; für eine Besteuerung des Halters der Spielgeräte fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage.

4

Diese Grundsatzrüge vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. Die Beschwerde legt schon nicht nachvollziehbar dar, weshalb die Zulässigkeit der von ihr angenommenen "Halterbesteuerung" davon abhängen sollte, dass die in anderen Kommunen gebräuchliche Besteuerung der Spieler "das gleiche Ergebnis" auslöst. Im Übrigen steht die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Geräteaufsteller dürfe der Vergnügungssteuerpflicht unterworfen werden, wenn die Steuer auf den Steuerträger, nämlich den sich vergnügenden Spieler, abgewälzt werden könne (indirekte Steuererhebung), in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 28). Die Beschwerde zeigt nicht ansatzweise auf, dass und weshalb der vorliegende Fall Gelegenheit zur Fortentwicklung dieser Rechtsprechung geben könnte.

5

Soweit mit der Grundsatzrüge eine Verletzung der steuerlichen Belastungsgleichheit geltend gemacht werden sollte, ist ein Klärungsbedarf nicht gegeben. Denn Art. 3 Abs. 1 GG fordert die Gleichbehandlung nur innerhalb des Bereichs eigener Rechtssetzungsgewalt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 113/03 - NVwZ-RR 2005, 297 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 20. April 1990 - BVerwG 7 C 34.89 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 103 S. 25). Daher begründet eine abweichende Regelung der Steuererhebung und -bemessung im Zuständigkeitsbereich eines anderen Normgebers grundsätzlich keine Verletzung der steuerlichen Belastungsgleichheit.

6

bb) Die Beschwerde sieht einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,

"ob nachgewiesen werden muss, dass die Steuer auf den Preis der Dienstleistung abgewälzt werden kann, damit sie letztendlich vom Verbraucher getragen wird."

7

Ein solcher Klärungsbedarf ist nicht erkennbar. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Anforderungen an die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer als indirekte Steuer geklärt. Danach genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8 <20> und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <22 f.>; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 28; stRspr). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass Anlass zu einer Fortentwicklung dieser Rechtsprechung besteht. Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft habe im Urteil vom 3. März 1988 (Rs. 252/86 - Slg. 1988, 1343) klargestellt, dass die Mehrwertsteuer nachweislich auf den Verbraucher abwälzbar sein müsse. Diese Rechtsprechung müsse aus Gründen der Gleichbehandlung auf die Erhebung der Vergnügungssteuer übertragen werden. Daher könne nicht verlangt werden, dass die Vergnügungssteuer durch Kostensenkung oder Umsatzsteigerung "aufgefangen" werde, vielmehr müsse die Steuer nachweislich in den Spielpreis eingestellt werden können. Dies sei jedoch nicht möglich, weil an den Spielgeräten keine Veränderungen vorgenommen werden dürften, so dass tatsächlich Preisbindung bestehe.

8

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Vergnügungssteuer nicht den Charakter einer Umsatzsteuer i.S.d. vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft mit Blick auf das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems entwickelten Kriterien aufweist. Sie wird nicht allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte in einer Gemeinde erhoben und ist strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 36 f.). Die Beschwerde legt nicht dar, weshalb es gleichwohl "aus Gründen der Gleichbehandlung" geboten sein sollte, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft bestehenden Anforderungen an die Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Letztverbraucher auf die als Aufwandsteuer erhobene Vergnügungssteuer zu übertragen. Im Übrigen kann auch nicht angenommen werden, dass die Umsatzsteuer nicht kalkulatorisch, sondern nur durch Aufschlagen auf den Nettopreis überwälzt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 2010 - XI R 79/07 - BFHE 231, 373 zur Umsatzsteuerpflicht gewerblicher Betreiber von Geldspielautomaten).

9

cc) Soweit die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig hält,

"ob die Formulierung 'angefangener Kalendermonat' gleichgesetzt werden kann mit einem gesamten Kalendermonat",

wendet sie sich gegen die Auslegung von Landesrecht (§ 10 Vergnügungssteuersatzung - VS), die vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird und eine Zulassung der Revision deswegen nicht begründen kann. Bezüge zum revisiblen Recht zeigt die Beschwerde nicht auf.

10

dd) Ferner will die Beschwerde bezogen auf § 13 Abs. 3 Satz 3 VS, wonach die unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung als Steuerfestsetzung gilt, grundsätzlich geklärt wissen,

"ob eine solche Formulierung in einer Steuersatzung zu deren Unwirksamkeit führt oder ob eine solche Formulierung nur zu einer Teilunwirksamkeit führt."

11

Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese Frage der revisionsgerichtlichen Klärung bedarf. Sie betrifft wiederum irrevisibles Recht. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Auslegung einer - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 20. September 1995 - BVerwG 6 B 11.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 6 S. 8 m.w.N.). Zudem sind die abstrakt-generellen, von der entsprechenden Anwendung des § 139 BGB ausgehenden Fragen der Gesamt- oder Teilnichtigkeit von Satzungen höchstrichterlich bereits geklärt. Danach steht fest, dass die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon abhängt, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. Beschluss vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13 m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage maßgeblich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, die einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich sind.

12

Soweit die Beschwerde der Sache nach auch eine Verletzung des bei der Steuerfestsetzung zu beachtenden Bestimmtheitsgebots rügen sollte, fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Darlegung, weshalb die Bestimmtheit der - hier erfolgten - Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid von der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung durch unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung abhängen sollte.

13

ee) Auch die Frage,

"ob eine Formulierung, wie sie in § 10a der Satzung angetroffen wird, zu einer vollständigen Nichtigkeit der Satzung führt oder nur zu einer Teilnichtigkeit, wonach eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab ermöglicht wird, wenn die Einspielergebnisse nicht durch Ausdrucke manipulationssicherer elektronischer Zählwerke nachgewiesen und belegt werden können",

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht ist von der Nichtigkeit nur des § 10a VS ausgegangen, der eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab ermöglicht. Es hat angenommen, dass dies keine weiteren Auswirkungen auf die grundsätzlich vorgesehene Steuererhebung aufgrund mitgeteilter Einspielergebnisse habe. Soweit das Einspielergebnis nicht ermittelt werden könne, sei es gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 KAG NW i.V.m. § 162 Abs. 1 AO zu schätzen. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerde eine Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Belastungsgleichheit darin sieht, dass der Steuerschuldner bei bloßer Teilnichtigkeit die Möglichkeit habe, entweder pauschal nach der Stückzahl oder prozentual nach den Einspielergebnissen besteuert zu werden. Im Übrigen ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar; insoweit wird auf die Ausführungen zur vorstehenden Frage verwiesen.

14

Soweit die Beschwerde darüber hinaus auf einen - auch vom Oberverwaltungsgericht angenommenen - Verstoß gegen § 162 AO verweist, wird schon keine konkrete fallübergreifende Frage des revisiblen Rechts formuliert.

15

b) Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können nicht durchdringen.

16

aa) Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - (BVerfGE 123, 1) sowie dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - (BVerwGE 135, 367) ab, weil es eine Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer in den Fällen unterstelle, in denen keine Erdrosselungswirkung vorliege. Damit ist keine Divergenz dargetan. Das Oberverwaltungsgericht ist in Einklang mit den von der Beschwerde in Bezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen davon ausgegangen, dass die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung der Vergnügungssteuer in dem Sinne genüge, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen könne. Die Behauptung einer fehlerhaften Anwendung höchstrichterlicher Rechtsgrundsätze kann eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht rechtfertigen.

17

bb) Soweit die Beschwerde Divergenz hinsichtlich der Annahme des Oberverwaltungsgerichts geltend macht, dass die Steuer nicht erdrosselnd wirkt, bezeichnet sie keinen bestimmten, die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, der zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch steht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

18

c) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) darin, dass das Oberverwaltungsgericht keine "Untersuchungen" zur Frage der Abwälzbarkeit der Steuer und deren erdrosselnder Wirkung vorgenommen habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

19

Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass eine erdrosselnde Wirkung der Steuer dann gegeben ist, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Hinsichtlich der Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer genüge die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen könne. Die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer wirke nicht erdrosselnd. Wäre eine solche Wirkung vorhanden, müsste feststellbar sein, dass die schwächsten Anbieter aus dem Markt ausschieden, ohne dass neue ihren Platz einnähmen. Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufstellerbranche erkennbar sein. Das sei vorliegend nicht der Fall. Vielmehr lasse die Entwicklung des Bestandes von Spielgeräten und Spielhallen seit dem Jahre 2002 bis zum Jahre 2010 hinsichtlich der in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte eine gegenteilige Tendenz erkennen (Zunahme von 84 Geräten im Jahre 2002 auf 154 Geräte im Jahre 2010 im Satzungsgebiet). Danach sei noch nicht einmal eine - legitime - Lenkungswirkung zur erwünschten Verminderung des Bestandes eingetreten. Die Tatsache, dass in immer mehr Spielgeräte investiert werde, zeige, dass damit Geld verdient werde. Diese Entwicklung des Bestandes der Geldspielgeräte in Spielhallen stelle ein schlüssiges Indiz für die fehlende Erdrosselungswirkung der Steuer dar. Hinzu komme, dass die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer mit 10 % des Einspielergebnisses im Verhältnis zu anderen Gemeinden in einem unteren, moderaten Bereich liege. Vor diesem Hintergrund sei auch die wirtschaftliche Möglichkeit zur kalkulatorischen Überwälzung der Steuer gegeben.

20

Danach ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bereits die Entwicklung der Anzahl der in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte im Satzungsgebiet seit 2002 zusammen mit dem nach seiner Auffassung moderaten Steuersatz den hinreichend sicheren Rückschluss zulasse, dass die Steuer nicht erdrosselnd wirkt und kalkulatorisch abgewälzt werden kann (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 9 B 16.11 - NVwZ-RR 2012, 38). Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, weshalb sich gleichwohl weitere "Untersuchungen" aufgedrängt haben sollten. Der pauschale Hinweis, eine Vergnügungssteuer von 10 % könne zusammen mit der Umsatzsteuer von 19 % nicht erwirtschaftet werden, stellt für sich genommen die Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts nicht in Frage. Soweit die Beschwerde meint, im Hinblick auf den effektiven Rechtsschutz der Klägerin hätte untersucht werden müssen, ob sich die Steuer für deren Betrieb existenzvernichtend auswirken könne, übersieht sie, dass die Aufklärungsrüge den materiellen Standpunkt der angefochtenen Entscheidung zugrunde zu legen hat (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14 f.; stRspr). Danach ist für die Beurteilung der erdrosselnden Wirkung nicht auf den individuellen Betrieb, sondern darauf abzustellen, ob die Steuerbelastung es bezogen auf das Gebiet der Beklagten unmöglich macht, den Beruf des Spielautomatenbetreibers wirtschaftlich zu betreiben (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 44).

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2012 - 9 B 80/11 zitiert 5 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

I. Die Revisionsklägerin ist seit Ende 2008 Rechtsnachfolgerin einer GmbH, die im Jahr 2007 eine Spielhalle mit Geldspielautomaten betrieb.

2

Die GmbH erklärte in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Januar 2007 steuerpflichtige Umsätze in Höhe von ... € und abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von ... €. Daraus ergab sich eine Zahllast von ... €.

3

Sie legte gegen die --ihrer Erklärung entsprechende-- Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung Einspruch ein und machte geltend, ihre Umsätze seien steuerfrei, weil die am 6. Mai 2006 in Kraft getretene Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG n.F.) durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28. April 2006 (BGBl I 2006, 1095, BStBl I 2006, 353) gegen das Unionsrecht verstoße.

4

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 256 veröffentlicht.

5

Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07 (BFHE 224, 156, BStBl II 2009, 434) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

6

"Ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass den Mitgliedstaaten eine Regelung gestattet ist, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche 'sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz' von der Steuerbefreiung ausgenommen sind?"

7

Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 10. Juni 2010 Rs. C-58/09 --Leo-Libera-- (BFH/NV 2010, 1590, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 884) bejaht.

8

Die Revisionsklägerin ist der Auffassung, unabhängig von der vom EuGH beantworteten Vorlagefrage sei die Erhebung der Umsatzsteuer auf ihre Umsätze aus gewerblichem Automatenspiel zu Unrecht erfolgt, da sie sowohl gegen europäisches Recht als auch gegen innerstaatliches deutsches Recht (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoße.

9

Die Besteuerung sei rechtswidrig, weil die festgesetzte Steuer wesentliche Merkmale der Umsatzsteuer, wie sie der EuGH in seinem Urteil vom 8. Juni 1999 Rs. C-338, 344, 390/97 --Pelzl u.a.-- (Slg. 1999, I-3119, HFR 1999, 853, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1999, 328) zur Abgrenzung von anderen Steuerarten herausgearbeitet habe, nicht erfülle und deshalb in Wahrheit gar keine Umsatzsteuer sei. Insbesondere könne die Umsatzsteuer nicht direkt auf die Endverbraucher abgewälzt werden, was auch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13. Juni 1997 1 BvR 201/97 (HFR 1997, 771, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 1997, 328) erforderlich sei.

10

Eine Abwälzung der Umsatzsteuer auf den Endverbraucher werde den Betreibern von Geldspielautomaten durch die ab dem 1. Januar 2006 geltende Neufassung der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit --SpielV n.F.-- (BGBl I 2005, 3495) rechtlich unmöglich gemacht, weil sie --anders als die davor geltende SpielV-- keine Regelung dahingehend enthalte, dass die Kasseneinnahmen um die Umsatzsteuer erhöht werden dürften. Denn nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielV n.F. dürfe die Summe der Verluste eines Spielers "im Verlauf einer Stunde 80 € nicht übersteigen", womit gleichzeitig die Höchsteinnahme des Geldspielautomatenaufstellers geregelt werde. Dagegen habe nach § 13 Nr. 6 der zuvor geltenden SpielV die Summe der Gewinne des Spielers "mindestens 60 vom Hundert der durch den jeweiligen Umsatzsteuersatz verringerten Einsätze betragen" müssen.

11

Es fehle ferner an dem weiteren für eine Umsatzsteuer charakteristischen Merkmal, dass die Festsetzung ihrer Höhe proportional zu dem Preis erfolge, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für seine Dienstleistung erhalte (Hinweis u.a. auf Art. 1 Abs. 2 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie). Denn Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer für den Betrieb von Geldspielautomaten seien ausschließlich die Kasseneinnahmen, nicht die Einsätze der Spieler.

12

Zudem verstoße die Steuerfestsetzung gegen den vom EuGH aufgestellten Neutralitätsgrundsatz sowie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Denn öffentliche Spielbanken, die mit ihrem Automatenspiel gleichartige Leistungen anböten und mit privaten Betreibern von Geldspielgeräten in Wettbewerb stünden, könnten die Umsatzsteuer abwälzen, da sie nicht den Vorschriften der SpielV und damit keiner Preisbindung unterlägen. Außerdem seien zwar auch bei öffentlichen Spielbanken die Kasseneinnahmen die Bemessungsgrundlage; dies sei aber rechtswidrig, weil die in den öffentlichen Spielbanken aufgestellten Geldgewinnspielgeräte nicht über die für die Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage erforderlichen technischen Vorrichtungen verfügten.

13

Während des Revisionsverfahrens erließ das nunmehr zuständig gewordene Finanzamt --FA-- (der Revisionsbeklagte) am 4. Dezember 2009 den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2007 und setzte die Umsatzsteuer auf einen Überschuss zugunsten der Revisionsklägerin in Höhe von ... € fest.

14

Die Revisionsklägerin ist der Ansicht, sie habe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass keine monatliche Umsatzsteuererhebung aus dem Betrieb ihrer Geldspielgeräte erfolgen dürfe.

15

Sie beantragt,

festzustellen, dass die aufgrund der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Januar 2007 erfolgte Umsatzsteuerfestsetzung rechtswidrig war,

hilfsweise, das Verfahren erneut auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

16

"1. Ist es den Mitgliedstaaten gestattet, Umsatzsteuer auf bestimmte Dienstleistungen zu erheben, obwohl dem Steuerpflichtigen eine direkte Abwälzung der Steuer auf den Endverbraucher durch aufgrund nationaler Rechtsvorschriften bestehender Preisbindungen nicht möglich ist?

17

2. Verstößt es gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wenn die Umsätze der gewerblichen Automatenaufsteller ebenso wie die der öffentlichen Spielbanken der Umsatzsteuer unterworfen werden, obwohl die Umsatzsteuer auf Umsätze aus dem gewerblichen Automatenspiel nicht wie die Umsätze der öffentlichen Spielbanken direkt auf die Endverbraucher abgewälzt werden können?

18

3. Ist es in den Mitgliedstaaten gestattet, Umsatzsteuer auf bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu erheben, obwohl es nicht möglich ist, den Betrag der auf den Kunden abgewälzten Abgabe bei jedem einzelnen Verkauf oder jeder einzelnen Dienstleistung genau zu bestimmen und es somit an der Proportionalität zwischen der Steuer und den Preisen, die der Steuerpflichtige als Gegenleistung erhält, fehlt?

19

4. Verstößt es gegen den in Art. 1 Abs. 2 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie aufgestellten Grundsatz der Proportionalität, wonach auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt werden, eine allgemeine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist, wenn ein Mitgliedstaat die Umsatzsteuer nach dem monatlichen oder jährlichen Gesamtumsatz aller Kasseneinnahmen eines Steuerpflichtigen ermittelt, weil es ihm nicht möglich ist, den Betrag der bei jedem einzelnen Verkauf oder jeder einzelnen Dienstleistung auf den Kunden abgewälzten Abgabe genau zu bestimmen?"

20

Höchstvorsorglich regt die Revisionsklägerin an, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorzulegen.

21

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

22

II. Das Urteil des FG war aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Die Revision hat aber in der Sache keinen Erfolg; sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO---) und die Fortsetzungsfeststellungsklage war abzuweisen.

23

1. Das Urteil des FG musste aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben werden, weil ihm ein nicht mehr existierender Verwaltungsakt zugrunde liegt.

24

Der während des Revisionsverfahrens ergangene Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2007 vom 4. Dezember 2009 hat gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2007, über den das FG entschieden hat, ersetzt und ist Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2005 V R 63/02, BFHE 212, 161, BStBl II 2006, 337, unter II.1.).

25

In einem solchen Fall ist das FG-Urteil aufzuheben (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. August 2007 V R 10/05, BFHE 217, 332, unter II.1.a; vom 12. Februar 2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828, unter II.1.).

26

2. Durch den Erlass des Umsatzsteuer-Jahresbescheids ist ferner auf Seiten des Beklagten ein Beteiligtenwechsel eingetreten.

27

Wird --wie hier-- während des Revisionsverfahrens ein Änderungsbescheid von einem anderen FA erlassen als der ursprüngliche Bescheid und wird der Änderungsbescheid gemäß § 68 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens, so richtet sich die Revision nunmehr gegen das FA, das den Änderungsbescheid erlassen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 9. November 2004 V S 21/04, BFHE 207, 511, BStBl II 2005, 101).

28

3. Die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO), zu der die Revisionsklägerin übergegangen ist, ist zulässig (vgl. dazu BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450, unter II.3., m.w.N.), aber unbegründet; die Umsatzsteuerfestsetzung für Januar 2007 war rechtmäßig.

29

a) Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Umsätze der GmbH waren nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. steuerfrei, wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 224, 156, BStBl II 2009, 434, unter II.1. näher ausgeführt hat. Dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. unionskonform ist, hat der EuGH in seinem in diesem Verfahren auf Vorlage des Senats ergangenen Urteil in BFH/NV 2010, 1590, HFR 2010, 884 geklärt.

30

b) Der Ansicht der Revisionsklägerin, der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2007 sei deshalb rechtswidrig, weil die festgesetzte Steuer nicht auf die Endverbraucher (Spieler) abgewälzt werden könne, vermag der Senat nicht zu folgen.

31

aa) Entgegen der Ansicht der Revisionsklägerin sind die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil --Pelzl-- in Slg. 1999, I-3119, HFR 1999, 853, UR 1999, 328 nicht so zu verstehen, dass die in Rz 21 dieses Urteils genannten wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer Umsatzsteuerfestsetzung sind.

32

Vielmehr dienen die vom EuGH in Rz 21 seines Urteils --Pelzl-- in Slg. 1999, I-3119, HFR 1999, 853, UR 1999, 328 genannten vier wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer (vgl. auch EuGH-Urteil vom 11. Oktober 2007 Rs. C-283, 312/06 --Kögaz--, Slg. 2007, I-8463, BFH/NV Beilage 2008, 44; BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 81/01, BFHE 199, 507, BStBl II 2002, 887, unter II.3.c)

33

- allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte,

34

- Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält,

35

- Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze,

36

- Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird,

37

lediglich der Feststellung, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr --wie im zugrunde liegenden Fall eine Tourismusabgabe-- den Charakter einer Umsatzsteuer i.S. von Art. 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern hat (vgl. Rz 20 sowie Rz 21: "zu diesem Zweck").

38

Im Übrigen ist das zuletzt genannte Merkmal einer Umsatzsteuer im Streitfall erfüllt. Denn die GmbH war gemäß § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.

39

Darüber hinaus hat der EuGH daraus, dass die Mehrwertsteuer nur den Endverbraucher belasten soll, abgeleitet, dass die Bemessungsgrundlage für die von den Steuerbehörden zu erhebende Steuer nicht höher sein kann als die Gegenleistung, die der Endverbraucher tatsächlich erbracht hat (vgl. EuGH-Urteile vom 24. Oktober 1996 Rs. C-317/94 --Elida Gibbs--, Slg. 1996, I-5339, HFR 1997, 111, UR 1997, 265, Rz 19, 24, 28; vom 15. Oktober 2002 Rs. C-427/98 --Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland--, Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328, Rz 29).

40

Auch insoweit war der ursprünglich angefochtene Vorauszahlungsbescheid rechtmäßig. Denn die Bemessungsgrundlage für die von der GmbH geschuldete Umsatzsteuer war nicht höher als die von den Spielern tatsächlich gezahlten Beträge.

41

bb) Der Senat folgt ferner nicht der Ansicht der Revisionsklägerin, sie sei durch § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielV n.F. rechtlich an einer Überwälzung der Umsatzsteuer an die Endverbraucher (Spieler) gehindert.

42

Denn die Überwälzbarkeit einer Steuer bedeutet nicht, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag --etwa wie einen durchlaufenden Posten-- von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch tatsächlich ersetzt erhalten. Die Steuerüberwälzung ist ein wirtschaftlicher Vorgang; das Gesetz überlässt es dem Steuerschuldner, den Steuerbetrag in die Kalkulation einzubeziehen und die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch dann zu wahren; letztlich hängt es von der Marktlage ab, ob dem Steuerzahler die Überwälzung gelingt (vgl. BVerfG-Entscheidungen vom 10. Mai 1962  1 BvL 31/58, BVerfGE 14, 76, unter C.I.6.; vom 3. Mai 2001  1 BvR 624/00, BFH/NV Beilage 2001, 159, HFR 2001, 709, unter II.1.b aa).

43

Der Ansicht der Revisionsklägerin, diese Aussage des BVerfG beschränke sich auf die Vergnügungssteuer, zu der diese Entscheidungen ergangen sind, sie sei deshalb nicht auf die Umsatzsteuer zu übertragen, folgt der Senat angesichts der vom BVerfG gewählten allgemeinen Formulierungen nicht. Im Übrigen hat das BVerfG diese Grundsätze auch auf die Frage der Abwälzbarkeit anderer Verbrauchsteuern angewandt (vgl. z.B. zur Stromsteuer und zur Mineralölsteuer: BVerfG-Urteil vom 20. April 2004  1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274, Rz 67; zur Spielgerätesteuer: BVerfG-Beschluss vom 4. Februar 2009  1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1, HFR 2009, 708, unter C.II.1.c).

44

Soweit die Revisionsklägerin meint, im Unterschied zu anderen Steuern wie der Vergnügungssteuer, bei der zur Abwälzung ein kalkulatorisches Abwälzen genüge, werde im Umsatzsteuerrecht unter Abwälzung ausschließlich ein Aufschlagen der Steuer auf den Nettopreis verstanden, d.h. dem Unternehmer solle es zumindest rechtlich möglich sein, die Umsatzsteuer als Preisaufschlag zusätzlich zum Nettopreis zu verlangen, sieht der Senat für diese Differenzierung keine Grundlage. Im Übrigen verbietet § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielV n.F. ein Aufschlagen der Steuer auf den Nettopreis nicht. Insbesondere garantiert diese Vorschrift den Betreibern von Geldspielgeräten nicht eine bestimmte Gewinnmarge.

45

cc) In diesem Zusammenhang beruft sich die Revisionsklägerin ohne Erfolg auf den Beschluss des BVerfG in HFR 1997, 771, UVR 1997, 328.

46

In diesem Beschluss hat das BVerfG ausgeführt, seine Rechtsprechung zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung des existenznotwendigen Bedarfs als Untergrenze für den Zugriff durch Einkommensteuer könne auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht auf die Umsatzsteuer übertragen werden (Orientierungssatz 2). Das Umsatzsteuersystem sei im Gegensatz zur Einkommensteuer auf Abwälzung angelegt. Der Unternehmer solle daher in dieser Eigenschaft nicht mit Umsatzsteuer belastet sein; Steuerträger solle vielmehr der Verbraucher sein (Orientierungssatz 2a). Da der Endverbraucher materiell mit der Umsatzsteuer belastet sei, stelle sich --wenn überhaupt-- allenfalls bei ihm die Frage der Steuerfreiheit des Existenzminimums auch im Bereich der indirekten Steuern (Orientierungssatz 2c).

47

Entgegen der Ansicht der Revisionsklägerin vermag der Senat dieser Entscheidung nicht zu entnehmen, das BVerfG sehe die erforderliche Möglichkeit zur Abwälzung der Umsatzsteuer (nur) dann als gegeben an, wenn die Umsatzsteuer, wie bei den Steuerberatern, zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren erhoben werden dürfe. Vielmehr hat das BVerfG insoweit ausgeführt (Rz 3): "So gelingt auch einem Steuerberater die Abwälzung der Umsatzsteuer auf seinen Mandanten, da er im Regelfall die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren abrechnet und die dem Finanzamt geschuldete Umsatzsteuer zusätzlich in Rechnung stellen darf (§ 15 der Gebührenverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften)."

48

Dabei handelt es sich aber um keine verallgemeinerungsfähige Aussage. Vielmehr hat das BVerfG hier lediglich beispielhaft die für Steuerberater geltende Gebührenordnung genannt - offenbar deshalb, weil der Kläger Steuerberater war.

49

Zudem hat das BVerfG für seine Aussage, die Umsatzsteuer sei im Gegensatz zur Einkommensteuer auf Abwälzung angelegt, in Rz 2 seiner Entscheidung in HFR 1997, 771, UVR 1997, 328 auf seinen Beschluss vom 19. März 1974  1 BvR 416, 767, 779/68 (BVerfGE 37, 38 <46>) verwiesen, wo es heißt: "Die Mehrwertsteuer ist auf Abwälzung angelegt. Für den Unternehmer, der eine Lieferung oder sonstige Leistung ausführt, ist daher weniger die Höhe des Steuersatzes als vielmehr der Grad der Wahrscheinlichkeit entscheidend, die Steuer weitergeben zu können. Die Aussichten dafür sind für Dienstleistungs- und Warenanbieter bei einheitlichem Steuersatz grundsätzlich gleich."

50

Damit reicht für das Merkmal der Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer aus, dass diese Abwälzbarkeit generell möglich ist; sie wird dem einzelnen Unternehmer aber nur durch den Vorsteuerabzug und eine Bemessungsgrundlage garantiert, die nicht höher sein darf als die Gegenleistung, die der Endverbraucher tatsächlich erbracht hat (s. oben unter II.3.b aa).

51

c) Die Steuererhebung im Vorauszahlungsbescheid für Januar 2007 ist auch nicht wegen fehlender Proportionalität der festgesetzten Steuer zu den Einsätzen der einzelnen Spieler zu beanstanden.

52

Denn der EuGH hat in seinem Urteil vom 5. Mai 1994 Rs. C-38/93 --Glawe-- (Slg. 1994, I-1679, BStBl II 1994, 548) entschieden, bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften so eingestellt seien, dass ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt werde, bestehe die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Einsätze, über den er effektiv selbst verfügen könne; bei solchen Automaten gehöre der gesetzlich zwingend festgelegte Teil der Gesamtheit der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspreche, nicht zur Besteuerungsgrundlage.

53

Eine Proportionalität der Umsatzsteuer zu dem Einsatz jedes einzelnen Spielers, die nach dem Vorbringen der Revisionsklägerin deshalb nicht gegeben ist, weil Besteuerungsgrundlage nicht diese einzelnen Einsätze, sondern die monatlichen bzw. jährlichen Kasseneinnahmen seien, hat der EuGH in seinem Urteil in Slg. 1994, I-1679, BStBl II 1994, 548 --das die Betreiber von Geldspielautomaten nicht beschwert-- nicht gefordert. Dies ist auch nach der Rechtsprechung des BFH nicht erforderlich (vgl. z.B. Urteil vom 22. April 2010 V R 26/08, BFHE 229, 429, BStBl II 2010, 883).

54

d) Die Steuerfestsetzung im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2007 verstieß entgegen der Ansicht der Revisionsklägerin auch nicht gegen den Neutralitätsgrundsatz.

55

Der EuGH hat in seinem in diesem Verfahren auf Vorlage des Senats ergangenen Urteil in BFH/NV 2010, 1590, HFR 2010, 884 einen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz verneint (Rz 34 ff.) und dabei u.a. ausgeführt, dass dieser Grundsatz auf eine nicht harmonisierte Abgabe keine Anwendung findet (Rz 38). Es ist deshalb unerheblich, dass nach dem Vortrag der Revisionsklägerin öffentliche Spielbanken --anders als gewerbliche Automatenaufsteller-- den Vorschriften der SpielV nicht unterliegen.

56

Jedenfalls behandelt "die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung" --nämlich § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F.-- gleichartige Glücksspiele mit Geldeinsatz, die als miteinander im Wettbewerb stehend betrachtet werden können, mehrwertsteuerlich nicht unterschiedlich (vgl. Rz 36 des EuGH-Urteils).

57

e) Aus den vorstehend genannten Gründen scheidet auch der von der Revisionsklägerin geltend gemachte Verstoß von § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG aus.

58

Das ergänzende, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellte Vorbringen der Revisionsklägerin, zwar würden auch bei in öffentlichen Spielbanken aufgestellten Geldspielgeräten die Kasseneinnahmen als Bemessungsgrundlage herangezogen, das verstoße aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil diese Geldspielgeräte nicht über die für die Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage erforderlichen technischen Vorrichtungen verfügten, bleibt ohne Erfolg. Denn abgesehen davon, dass es sich dabei um im Revisionsverfahren unzulässiges neues Vorbringen handelt, ist nicht ersichtlich, weshalb ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliegen soll, wenn für Umsätze aus dem Betrieb gleichartiger Geldspielgeräte die gleiche Bemessungsgrundlage gilt.

59

4. Angesichts der bereits vorliegenden und vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH und des BVerfG sieht der Senat für die von der Revisionsklägerin hilfsweise beantragte erneute Vorlage der Sache an den EuGH ebenso wenig eine Grundlage wie für eine Vorlage nach Art. 100 GG an das BVerfG.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.