Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 27. Sept. 2016 - 9 K 4438/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1., 2. und 3..
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
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Tatbestand:
2Die Beigeladene zu 2. – vormals G. . .Q. . L. GmbH – beabsichtigt, auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 1. ein – weitgehend schon errichtetes – Steinkohlekraftwerk (E. ) mit einer Feuerungswärmeleistung von ca. 2.400 MW und einer elektrischen Nettoleistung von ca. 1.055 MW zu betreiben. Das Kraftwerk E. IV liegt im Bereich des sog. .--Geländes, im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 1., nahe der Gemeindegrenze zur Klägerin. Westlich des Kraftwerkstandorts verläuft von Südwesten nach Nordosten der F3. . –F1. –Kanal. An dessen westlichem Ufer grenzt das seit Februar 2014 stillgelegte und teilweise zurückgebaute Kraftwerk F2. . I-III. Im Norden und Osten wird das Kraftwerk F2. . IV durch die Straße „Im N. .- “ (K 14) und im Süden durch die Güterbahnstrecke von F2. . nach I. (Bahnlinie I. -P1. ) begrenzt. Die nächstgelegene Wohnbebauung befindet sich westlich des Standorts auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 1. an der D. Straße (B °°°) und an der Straße „B. I1.---graben “ in einer Entfernung von etwa 300 m zum Kraftwerk F2. . IV. Die Siedlungsbereiche auf dem Stadtgebiet der Klägerin befinden sich östlich in einer Entfernung von etwa 1,7 km.
3Ein ca. 12 ha großer altindustrieller Standort, der sog. T. , befindet sich im Osten des klägerischen Gemeindegebiets an der Stadtgrenze zu M. . Die Fläche grenzt unmittelbar an das auf dem Stadtgebiet der Stadt M. errichtete Kohlekraftwerk der U. Kohlekraftwerk M. GmbH & Co. KG und soll entsprechend der Darstellung im Flächennutzungsplan gewerblich genutzt werden.
4Im geltenden Landesentwicklungsplan 1995 (LEP) ist das N. .- -Gelände nicht als Gebiet für Energieerzeugung oder für flächenintensive Großvorhaben ausgewiesen. Eine solche Darstellung findet sich im LEP für den Bereich F2. . - ca. 5 km nordöstlich dieses Gebiets im Bereich der durch die im Norden und Osten, der Straße B. im Süden und der im Westen durch den F2. . -I. - und den F3. . -F1. -Kanal begrenzten, ehemaligen E2. S. . Im LEP ist ein Teil derselben, ca. 1000 ha, als Gebiet für flächenintensive Großvorhaben (Planzeichen A 3.1) ausgewiesen sowie eine Teilfläche hiervon, ca. 240 ha, außerdem als Standort für Energieerzeugung (Planzeichen B 3.5). Die genaue Begrenzung dieser im LEP ausgewiesenen Flächen ist dem nachstehenden Plan zu entnehmen.
5Mit Beschluss vom 5. Juni 2013 beantragte der Beigeladene zu 3. in seiner Eigenschaft als Träger der Regionalplanung für die 7. Änderung des Regionalplans r, Teilabschnitt , zur Festlegung eines Kraftwerkstandorts auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 1. eine Abweichung von der Standortfestlegung B 3.5 F2. . -Waltrop sowie von der Planaussage D.II.2.1 S. 1. Die dazu ergangene Zielabweichungsentscheidung ist Gegenstand des Klageverfahrens 9 K 2271/14.
6Die Beigeladene zu 1. beantragte in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Bauleitplanung unter dem 10. Juli 2013 gemäß Beschlussfassung ihres Rates vom … 2013 ein Zielabweichungsverfahren für die 8a. Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. – Kraftwerk –. Gegenstand des Antrags war die Abweichung von der zeichnerischen Darstellung B 3.5 „Standort für Energieerzeugung“ F2. . - und von der textlichen Festlegung D.II.2.1 S. 1 des LEP, wonach insbesondere heimische Primärenergieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden sollen.
7Unter dem 4. Juli 2014 stimmte die Beklagte den landesplanerischen Zielabweichungen für die Flächennutzungsplanänderung und die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu. Zur Begründung führte sie aus: Die Abweichungen von der zeichnerischen Darstellung B 3.5 und der textlichen Festlegung D.II.2.1 S.1 würden die Grundzüge der Planung nicht berühren und seien in raumordnerischer Hinsicht vertretbar.
8Bei der Abweichung von der zeichnerischen Festlegung B 3.5 handele es sich um eine Abweichung im Einzelfall. Der Zielabweichungsantrag bezwecke, nur für den Standort N. .- eine Befreiung von der Bindungswirkung der zielförmigen Standortfestlegung B 3.5 F2. . - herbeizuführen. Die maßgebliche planerische Grundkonzeption des M1. beinhalte die Ziele Versorgungssicherheit, Ressourcen- und Umweltschonung, Wettbewerbsfähigkeit und Erzielung eines gesellschaftlichen Konsenses. Speziell die Planung von Kraftwerken müsse nach den Vorbemerkungen im Kapitel D.II.1 des M1. mit der angestrebten Wirtschafts-, Siedlungs- und naturräumlichen Entwicklung im Einklang stehen. Hierfür sichere Ziffer D.II.1 entsprechende Standorte. Bei diesen dargestellten Kraftwerkstandorten handele es sich um eine Angebotsplanung. Eine tatsächliche Inanspruchnahme der Standorte sei nach dem Willen des Plangebers nicht zwingend erforderlich. Die Standorte seien aus dem ehemaligen M1. VI übernommen worden, dessen wesentlicher Grundzug unter anderem die Standortvorsorge zur Sicherstellung der Energieerzeugung gewesen sei. Dabei sei sich der damalige Plangeber bewusst gewesen, dass er nicht bereits auf Ebene der Landesplanung eine abschließende Entscheidung über Einzelvorhaben fällen könne. Es sei ein Leitmotiv des Plangebers gewesen, durch die zeichnerische Festlegung der Kraftwerkstandorte die Energieversorgungsplanung in Nordrhein-Westfalen nicht zu zementieren. Im Gegensatz zum Vorgehen bei den Gebieten für flächenintensive Großvorhaben habe der Plangeber daher bei den Kraftwerkstandorten ausdrücklich auf ein Darstellungsprivileg verzichtet. Durch den Verzicht auf dieses Darstellungsprivileg habe der Plangeber zum Ausdruck gebracht, dass es möglich sein sollte, L. auch an anderen Standorten als den im M1. VI gesicherten zu realisieren. Die Festlegung der im M1. VI ausgewiesenen Standorte habe nicht auf einer flächendeckenden Überprüfung des gesamten Landesgebiets beruht, sondern es seien insgesamt 40 Kraftwerkstandorte von den Landesplanungsgemeinschaften und Energieversorgungsunternehmen vorgeschlagen und überprüft worden. Der Verzicht auf einen von 17 – vorsorglich für die Realisierung von Kraftwerken ausgewiesenen – Standorten beeinträchtige die erkennbare Grundabsicht des Plangebers, die Energieversorgung in Nordrhein-Westfalen sicherzustellen, nicht. Der Standort entfalle nicht ersatzlos, sondern es erfolge eine Kompensation durch das geplante Kraftwerk F2. . IV am Standort N. .- . Es spreche nichts dagegen, dass der Plangeber des M1. bzw. M1. VI die Ausweisung des Kraftwerkstandorts B 3.5 auch am Standort N. .- vorgenommen hätte.
9Die Grundzüge der Planung würden nicht dadurch verletzt, dass die Errichtung des Kraftwerks F2. . IV verschiedene Konflikte, etwa im Hinblick auf Immissions-, Natur- und Störfallschutz auslöse. Zwar sei die Sicherstellung einer umweltverträglichen Energieversorgung ein wesentlicher Grundzug des M1. und zuvor des M1. VI. Dies bedeute aber nicht, dass der Plangeber von vornherein jegliche Konflikte ausgeschlossen habe. Der Plangeber habe bewusst auch konfliktträchtige Standorte ausgewiesen in dem Wissen, dass diese Konflikte auf den nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsebenen einer Lösung zugeführt werden müssten.
10Die Abweichung von der zeichnerischen Darstellung B 3.5 sei raumordnerisch vertretbar. Die abweichende Festlegung des Kraftwerkstandorts sei im Wege der förmlichen Raumordnungsplanung möglich und damit planbar gewesen. Der Verzicht auf den mit der Festlegung B 3.5 gesicherten Standort für die Energieerzeugung F2. . - sei ohne weiteres planbar gewesen und die Errichtung eines Kraftwerks am Standort N. .- sei aus landesplanerischer Sicht nicht von vornherein ausgeschlossen. Aus landesplanerischer Sicht sei unter Berücksichtigung der Unterlagen zur Regionalplanänderung, welche zur Beurteilung der Planbarkeit herangezogen werden könnten, nicht erkennbar, dass der Realisierung des Kraftwerks F2. IV zwingende Hindernisse auf den nachfolgenden Ebenen der Regional- oder Bauleitplanung entgegenstehen. Im Hinblick auf die Umweltauswirkungen und die Auswirkungen des Kraftwerkvorhabens auf umliegende Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) sei eine Planbarkeit des Vorhabens zu bejahen. Es sei nach den Prüfungen des Trägers der Regionalplanung nicht erkennbar, dass ein möglicher Alternativstandort für ein Kraftwerkvorhaben wesentlich geeigneter wäre.
11Die zeichnerische Festlegung B 3.5 werde im Falle der Abweichung nicht funktionslos. Eine Kraftwerksrealisierung am Standort N. .- verhindere aus landesplanerischer Perspektive nicht die Verwirklichung eines Kraftwerks am ursprünglich vorgesehenen Standort B 3.5 F2. . -.
12Die Zielabweichung von der Planaussage D.II.2.1 S. 1, wonach insbesondere heimische Energieträger zur Stromerzeugung einzusetzen seien, werde nur für das konkrete Kraftwerkvorhaben beantragt. Die Grundzüge der Planung würden nicht berührt. Zu berücksichtigen sei, dass der Plangeber im Text des Plansatzes durch die Formulierung des Plansatzes als sog. „Soll-Ziel“ und die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zwei Relativierungen vorgenommen habe. Damit sei die Möglichkeit eröffnet, von der Vorgabe der Verwendung heimischer Primärenergieträger Abstand zu nehmen, und die Verwendung importierter Primärenergieträger nicht kategorisch ausgeschlossen.
13Die Abweichung von dem Plansatz sei auch planbar und mithin raumordnerisch vertretbar. Eine Verwirklichung der energiepolitischen Ziele des M1. sei ohne diesen Plansatz möglich. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass der Steinkohlebergbau in Deutschland zum Ende des Jahres 2018 voraussichtlich eingestellt werde. Diese Entwicklung sei bei der Erarbeitung des M1. 1995 noch nicht absehbar gewesen. Ein Festhalten an der Vorgabe in D.II.2.1 S. 1 würde bedeuten, dass anstelle von Steinkohle die ebenfalls in Nordrhein-Westfalen abgebaute, zumeist technisch nicht einsetzbare und ein wesentlich schlechteres Verbrennungs- und Emissionsverhalten aufweisende Braunkohle verwendet werden müsste.
14Der Bebauungsplan Nr. 105a – Kraftwerk – der Beigeladenen zu 1. trat mit seiner Bekanntmachung im Amtsblatt der Beigeladenen zu 1. am 1. September 2014 in Kraft.
15Die Klägerin hat am 2. Oktober 2014 Klage gegen die an die Beigeladene zu 1. adressierte Zielabweichungsentscheidung erhoben. Zur Begründung trägt sie vor: Die Klage sei zulässig. Insbesondere verfüge sie über die erforderliche Klagebefugnis. Es sei vorliegend ein Fall gegeben, in welchem eine Belegenheitsgemeinde ausnahmsweise nicht ausschließlich durch die mit der Zielabweichung verbundene Lockerung der Zielbindung begünstigt werde. Im Hinblick auf den im M1. zeichnerisch festgelegten Standort für die Energieerzeugung B 3.5 F2. . - verfüge sie über einen Anspruch auf „Konzeptwahrung“. Es sei anerkannt, dass der jeweilige Normgeber es – im Regelfall so auch im Planungsrecht – in der Hand habe, einer Festsetzung drittschützende Wirkung beizumessen. Dies gelte jedoch nicht ausnahmslos. Immer wieder habe die Rechtsprechung Fälle herausgearbeitet, in denen sich der subjektive Charakter von Rechtsätzen nicht aus dem Willen des historischen Gesetzgebers, sondern aus überwirkendem Recht – und damit unabhängig vom Willen des Gesetzgebers – ergebe. Die Rechtsgrundsätze, die die Rechtsprechung etwa aus Art. 14 GG zum nachbarschützenden Gehalt von Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung hin zum heutigen Gebietsgewährleistungsanspruch entwickelt habe, ließen sich auf den Bereich konkreter raumordnungsrechtlicher Standortentscheidungen mit Zielcharakter übertragen. Bei konkreten, gebietsscharfen Standortentscheidungen entstehe eine Wechselbezüglichkeit, die dem bodenrechtlichen Austauschverhältnis benachbarter Grundeigentümer vergleichbar sei. Nach dem Erläuterungsbericht zum M1. VI, aus dem die im M1. dargestellten Kraftwerkstandorte übernommen worden seien, hätten die örtlichen Planungsträger die für die Errichtung von Großvorhaben und Kraftwerken im M1. VI dargestellten Gebiete und Standorte sowie die angrenzenden Bereiche von solchen Nutzungen freizuhalten, die der Verwirklichung der Ansiedlungsfälle entgegenstünden. Da der Standort für die Energieerzeugung B zugleich mit dem Gebiet A für flächenintensive Großvorhaben überlagert sei, nehme die betroffene Fläche einen erheblichen Teil ihres Stadtgebiets ein. Die mit der Standortfestlegung – insbesondere vor dem langfristigen Planungshorizont – verbundenen Einschränkungen ihrer Entwicklungsmöglichkeiten würden zumindest einen Ausgleich durch einen Anspruch auf Planungskonsistenz und konsequentes Verhalten verlangen. Sie könne erwarten, dass – wenn sie schon ihr Gemeindegebiet für die Ansiedlung von Kraftwerken oder flächenintensiven Großvorhaben zur Verfügung stellen müsse – dies auch an dem freigehaltenen Ort geschehe und nicht an beliebiger Stelle im nahen Umgebungsbereich, mit der Folge, dass sie neben der Neuansiedlung weiterhin dem eigentlichen Standort und den damit einhergehenden Einschränkungen ihrer Planungsfreiheit ausgesetzt sei. Dies habe auch der Plangeber des M1. VI so gesehen. Für Kraftwerkstandorte sehe der Plangeber die Notwendigkeit, Standorte durch Planänderung aus dem M1. herauszunehmen, wenn sie sich durch die Nutzung eines benachbarten Standorts erledigt hätten. Spiegelbildlich zu dem mit der Hochzonung der Standortplanung verbundenen Eingriff in die Planungshoheit für das eigene Gemeindegebiet sei eine besondere Rücksicht auf die betroffenen Belegenheitsgemeinden zu nehmen. Sie könne eine umfassende gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle der Entscheidung erlangen. Die Wertung zur enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses sei auch hier gültig. Außerdem sei die Kraftwerksplanung auf dem N. .- -Gelände ihr gegenüber rücksichtslos.
16Die Voraussetzungen für die Zielabweichung nach §§ 6 Abs. 2 ROG, 16 LPlG NRW seien nicht erfüllt. Die Festsetzung eines Industrieansiedlungsbereichs mit der Zweckbindung „L. und einschlägige Nebenbetriebe“ auf dem N. .- -Gelände entspreche nicht dem Planungskonzept, das der Standortausweisung B 3.5 im M1. zu Grunde liege. Den Festsetzungen der Kraftwerkstandorte liege eine landesweite Standortstrategie zu Grunde. Die jeweiligen Flächen seien anhand verschiedener Kriterien insbesondere des Abstands zu Wohnsiedlungsbereichen und zur vorhandenen Bebauung, des Immissionsschutzes, der Netzanbindung, der Lage zum Verbrauchsschwerpunkt sowie der Möglichkeit der Abwärmenutzung überprüft worden. Unter Vorsorgegesichtspunkten sei für den Abstand zwischen Kraftwerkstandorten und der nächstgelegenen reinen Wohnbebauung ein 1.000 m-Kriterium angelegt worden. Diesen Abstand sowie die weiteren immissionsschutzrechtlichen Kriterien könne der Standort N. .- nicht einhalten. Durch die Standortabweichung – weg vom Standort B , hin zum Standort N. .- – entstünden neue raumordnerische Konflikte, die nur durch eine Planänderung gelöst werden könnten. Eine solche Änderungsentscheidung könne nicht im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens getroffen werden. Der Plangeber selbst gehe davon aus, dass jede Standortentscheidung die Grundzüge der Planung berühre. Für den Fall, dass sich für einen Standort die Unmöglichkeit der Planungsrealisierung herausstelle, bestimme er ausdrücklich, dass ein solcher Standort durch Planänderung aus dem M1. herauszunehmen sei.
17Die Abweichung sei raumordnerisch nicht vertretbar, denn der Standort N. .- halte nicht die vom Plangeber selbst gewählten Standortkriterien ein und sei damit nicht planbar. Dies ergebe sich aus der Unterschreitung des Schutzabstandes von 1.000 m und aus der Immissionssituation. Betriebsbedingt würden – durch die auf sämtlichen Planungs- und Genehmigungsebenen vorgelegten Gutachten belegt – erhebliche Immissionen in Form von Lärm, Luftschadstoffen und anderen Belästigungen ausgelöst. In einigen Bereichen würden verbleibende Immissionskontingente nahezu oder vollständig in Anspruch genommen. Dies führe dazu, dass sie in ihren eigenen städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt werde. Emittierende gewerbliche und industrielle Ansiedlungen würden auf ihrem Gebiet kaum noch in Betracht kommen. Konkret würde insbesondere die Entwicklung des „hafens“ am F2. . -I. -Kanal vereitelt. Für diese Fläche im Osten ihres Stadtgebiets, an der Stadtgrenze zu sei es ihr langjähriges Ziel, einen Industriestandort auszuweisen.
18Von dem durch die Zielabweichung ermöglichten Standort N. .- gingen auch ganz erhebliche Auswirkungen auf ihre sonstige städtebauliche Ordnung und Entwicklung, insbesondere wegen der räumlich-optischen Wirkung eines Kraftwerks an diesem Standort aus, die ihr nicht zumutbar seien.
19Die Klägerin beantragt,
20die landesplanerische Zielabweichungsentscheidung vom 4. Juli 2014 zur 8a. Änderung des Flächennutzungsplans sowie Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 105a – Kraftwerk – der Beigeladenen zu 1. aufzuheben.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie trägt vor: Die Klage sei unzulässig. Die Klägerin verfüge nicht über die erforderliche Klagebefugnis. Sie könne nicht geltend machen, durch die Zielabweichungsentscheidung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Eine Klagebefugnis lasse sich insbesondere nicht auf den von der Klägerin erfundenen Anspruch auf „Konzeptwahrung“ stützen. Bereits mit der 6. Regionalplanänderung sei der potentielle Kraftwerkstandort innerhalb der Fläche 3.1 für flächenintensive Großvorhaben gefallen, um das dort nunmehr geplante Projekt umzusetzen. Eine Einschränkung durch den von der Klägerin als „eigentlichen Standort“ bezeichneten Standort gebe es somit von vornherein nicht. Zudem werde der neue M1. keinen Kraftwerkstandort mehr beinhalten. Ein Anspruch auf „Konzeptwahrung“ lasse sich nicht aus einer Parallele zum bauplanungsrechtlichen Gebietswahrungsanspruch begründen. Die bauplanungsrechtlichen Grundsätze, die von der Rechtsprechung mit Blick auf die grundrechtliche Eigentumsgarantie entwickelt worden seien, ließen sich nicht auf die kommunale Planungshoheit einer Gemeinde übertragen. Zudem handele es sich bei dem hier in Rede stehenden Gebiet nicht um das überschaubare Gebiet eines einzelnen Bebauungsplans, sondern um das gesamte Land Nordrhein-Westfalen, was ein fundamentaler Unterschied zur Situation beim Gebietswahrungsanspruch sei. Ihren „Konzeptwahrungsanspruch“ könne die Klägerin weiter nicht unter unmittelbarem Rückgriff auf das Verfassungsrecht begründen; es bedürfe vielmehr der einfachgesetzlichen Ausgestaltung. Diese sei in Gestalt der Vorschriften des Baugesetzbuchs und des Raumordnungsrechts gegeben. Die Vorschriften dieser Gesetze, insbesondere § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB, würden der Klägerin keine Klagebefugnis einräumen. Ein Anspruch auf „Konzeptwahrung“ scheitere jedenfalls daran, dass sich das von der Klägerin behauptete Konzept im M1. schlicht nicht wiederfinde. Abseits des geltend gemachten Anspruchs auf „Konzeptwahrung“ sei nicht ersichtlich, woraus sich eine Klagebefugnis ergeben solle. Eine unmittelbare Beeinträchtigung der Klägerin durch Auslösung einer Beachtenspflicht sei mit der Zielabweichungserlaubnis nicht verbunden. Unmittelbar durch die Abweichungsentscheidung komme es nicht zu einer kausalen Verletzung nachbargemeindlicher Belange der Klägerin. Erst die auf der Zielabweichungsentscheidung basierende Änderung der planungsrechtlichen Grundlagen durch die Beigeladene zu 1. sei in der Lage, die Belange der Klägerin als Nachbargemeinde zu beeinträchtigen. Eine Verletzung schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin dahingehend, dass auf dem N. .- -Gelände kein Kraftwerk errichtet werde, komme nicht in Betracht und vermöge ebenfalls keine Klagebefugnis zu begründen. Der Klägerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Aufhebung der Zielabweichungsentscheidung bringe ihr keinen Vorteil und könne allenfalls zu einer kurzfristigen Verzögerung der bauplanungsrechtlichen Legalisierung des Kraftwerks F2. . IV führen.
24Die verfahrensgegenständliche Zielabweichungsentscheidung sei rechtmäßig. Durch sie würden die Grundzüge der Planung nicht berührt. Bereits aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – OVG NRW – vom 3. September 2009, 10 D 121/07.NE, ergebe sich, dass eine Abweichung von den Festlegungen des M1. möglich sei, ohne die Grundzüge der Planung zu berühren. Hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass weder dem M1. selbst noch dem Vorgängerplan oder den Aufstellungsunterlagen zu entnehmen sei, dass Grundzug der Planung die ausschließliche und abschließende Festlegung von Kraftwerkstandorten im Landesgebiet habe sein sollen. Zielsetzung der Planung sei vielmehr gewesen, durch eine langfristige Standortvorsorge für flächenintensive Produktions- und Energieerzeugungsanlagen eine Reservierung der erforderlichen Flächen vor einer anderweitigen Nutzung zu erreichen, also eine Angebotsplanung.
25Die Zielabweichung von der zeichnerischen Darstellung B sei raumordnerisch vertretbar. Aus landesplanerischer Perspektive stünden der Realisierung des Kraftwerkvorhabens auf dem N. .- -Gelände und damit deren Planbarkeit unter Berücksichtigung der sehr detaillierten Unterlagen zur Begutachtung der Umwelt- und FFH-Verträglichkeit des Kraftwerkvorhabens keine durchgreifenden Hindernisse entgegen.
26Eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten scheide aus. Eine pauschale Berufung auf eine generelle Verbauung der Siedlungsentwicklung könne von vornherein keine Rücksichtslosigkeit begründen. Die Gemeinde müsse planerische Erschwernisse und planerischen Anpassungsbedarf für ihre Bauleitplanung sowie auch mögliche Reduzierungen von als Wohnbauland geeigneten Flächen hinnehmen, wenn sie mit ihrer Planung auf eine bereits zuvor konkretisierte und verfestigte höherrangige Planung treffe. Mit ihrem Bebauungsplan Nr. 66 „Nach der Deine“, für welchen die Klägerin am 29. Januar 2008 den Aufstellungsbeschluss gefasst habe, sei sie auf bereits hinreichend verfestigte Planungen getroffen. Zu diesem Zeitpunkt seien alle wesentlichen planerischen Schritte zur Ansiedlung des Kraftwerks F2. . IV bereits eingeleitet gewesen.
27Die Beigeladene zu 1. beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei. Der Klägerin fehle es an der erforderlichen Klagebefugnis. Die Klagebefugnis einer Gemeinde gegen einen Zielabweichungsbescheid sei (nur) dann zu bejahen, wenn das Ziel der Raumordnung, von dem abgewichen werde, zumindest auch dazu bestimmt sei, die Belange der klagenden Gemeinde zu schützen. Eine unmittelbare oder mittelbare Drittrechtsrelevanz sei im Hinblick auf die textliche Festlegung D.II.2.1 S. 1 des M1. ganz offensichtlich nicht gegeben und ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die zeichnerische Standortfestlegung unter B des M1. . Ein Schutz ihrer spezifischen Interessen oder derjenigen der Klägerin sei nicht Gegenstand der Festlegung. Die in Rede stehende Vorranggebietsfestlegung stelle lediglich eine landesplanerische, von den jeweiligen Standortgemeinden letztlich unabhängige Festlegung dar. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 30. August 1994 (4 NB 31/94), wonach ein regionales Raumordnungsprogramm oder eine Landesplanung ein schützenswertes Interesse an der Beibehaltung des derzeitigen Zustandes nicht begründen könne, stünden einem „Anspruch auf Konzeptwahrung“ schon prinzipiell entgegen. Den vermeintlichen „Anspruch auf Konzeptwahrung“ könne die Klägerin nicht durch eine Parallele zum bauplanungsrechtlichen Gebietswahrungsanspruch begründen. Dies sei bereits im Ansatz verfehlt. Auf Art. 14 GG, den die Klägerin selbst als Ursprung des Gebietswahrungsanspruchs darlege, könne sie sich zweifellos nicht berufen. Die Klägerin sei durch die Standortfestlegung B des M1. zudem nicht in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Dem M1. liege ein Konzept, von dem durch die angefochtene Zielabweichung abgewichen worden sei, wie dies die Klägerin vortragen lasse, gar nicht zugrunde, jedenfalls nicht mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt. Es treffe nicht zu, dass der Gesetzgeber mit § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB eine Erweiterung des interkommunalen Abstimmungsgebots auf raumordnerische Belange vorgenommen habe. Aus dieser konkreten gesetzlichen Regelung ergebe sich im Umkehrschluss allerdings, dass eine zu einem subjektiven Recht erstarkte horizontale Wirkung raumordnerischer Festlegungen in dem von der Klägerin angesprochenen interkommunalen Standortwettbewerb auch einer solchen konkreten gesetzlichen Regelung bedürfe. Eine solche einfach-gesetzliche und anspruchsbegründende Regelung eines Plangewährleistungsanspruchs bestehe jedoch nicht und lasse sich auch nicht aus einer Übertragung des baurechtlichen Gebietswahrungsanspruchs herleiten. Ferner beziehe sich letzterer nur auf Baumaßnahmen innerhalb desselben Baugebiets, nicht dagegen – wie das Kraftwerk F2. . IV – auf Bauvorhaben außerhalb dieses Baugebiets. Die Verletzung des Rücksichtnahmegebots gegenüber der Klägerin sei durch die angegriffene Entscheidung mangels unmittelbarer oder auch mittelbarer Rechtswirkungen ausgeschlossen. Die Verletzung eines (interkommunalen) Rücksichtnahmegebots könne sich allenfalls aus der Bauleitplanung selbst ergeben. Zudem habe die Klägerin die Möglichkeit einer nachhaltigen Beeinträchtigung bestehender Planungen oder jedenfalls hinreichend konkretisierter planerischer Absichten bzw. die Möglichkeit unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art auf die Klägerin in Folge des Zielabweichungsbescheids nicht substantiiert dargelegt. Diese Möglichkeiten seien auch objektiv nicht gegeben.
30Der Klägerin fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da sie ihre Rechtsposition selbst bei unterstelltem Erfolg der Klage nicht verbessern könne.
31Die gewährte Zielabweichung sei rechtmäßig, da die Grundzüge der Planung nicht berührt seien und die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar sei. Durch den Verzicht auf den Kraftwerkstandort „F2. . -X. “ würden die Grundzüge der Landesplanung nicht berührt. Das Hauptanliegen des Ziels der Raumordnung, nämlich der Standortvorsorgeplanung, werde überhaupt nicht beeinträchtigt, wenn anstelle des landesplanerisch gesicherten Standorts ein regionalplanerisch und städtebaulich vorzugswürdiger Standort in Anspruch genommen werde. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass das planerische Konzept des M1. auch eine bestimmte „geografische Grundordnung der gesicherten Standorte“ beinhalte, bleibe dies durch die angestrebte Zielabweichung letztlich unverändert. Dem Plangeber sei es ausdrücklich um die „vorsorgliche Sicherung von grundsätzlich umweltverträglichen Standorten für Großkraftwerke“ gegangen. Es sei zudem nur eine Frage der Zeit, dass der hier streitgegenständliche unterstellte Zielkonflikt, welcher der angefochtenen Zielabweichungsentscheidung zugrunde liege, mit Inkrafttreten des neuen M1. überholt und die gesamte rechtliche Auseinandersetzung gegenstandslos werde.
32Eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Klägerin in Folge des angefochtenen Zielabweichungsbescheids sei nicht gegeben. Der Zielabweichung fehle eine unmittelbare Rechtswirkung im Hinblick auf subjektiv-öffentliche Rechte der Klägerin. Mithin fehle auch jeder Kausalzusammenhang zwischen der angefochtenen Entscheidung der Beklagten und den von der Klägerin behaupteten Auswirkungen auf ihre städtebauliche Ordnung und Entwicklung, die im Übrigen zu verneinen seien.
33Die Beigeladene zu 2. beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig, da der Klägerin keine subjektiv-öffentlichen Rechte zu Gebote stünden, die ihren Interessen zu dienen bestimmt seien; insbesondere gebe es den von ihr erfundenen „Anspruch auf Konzeptwahrung“ nicht. Die Klägerin könne nicht geltend machen, durch den Abweichungsbescheid möglicherweise in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten betroffen zu sein. Weder die in Rede stehenden Erfordernisse der Raumordnung selbst noch die Abweichungsentscheidung hätten drittschützenden Charakter. Eine Verletzung von zu Rechten erstarkten Belangen, die gerade der Klägerin gesetzlich zugewiesen seien, mache sie nicht hinreichend substantiiert geltend. Den von der Klägerin bemühten „Anspruch auf Konzeptwahrung“ gebe es nicht nur mangels raumordnungsrechtlicher Individualzuweisung nicht, sondern vor allem nicht, weil schon die landesplanerischen Maßgaben nicht zu jenem in Anspruch genommenen Konzept geronnen seien, ihm vielmehr erkennbar entgegenstehen würden. Auch die Anpassungspflicht aus § 1 Abs. 4 BauGB begründe kein subjektiv-öffentliches Recht, sondern sei allein objektivrechtlicher Natur. Einen Konzeptwahrungsanspruch könne die Klägerin nicht aus der Übertragung nachbarrechtlicher Grundsätze auf raumordnungsrechtliche Standortentscheidungen mit Zielcharakter herleiten. Schon aufgrund der ungleichen Garantien von Art. 14 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz – GG – könne die Rechtsprechung zum nachbarlichen Drittschutz nicht für gemeindliche Belange fruchtbar gemacht werden. Insbesondere gewährleiste die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie kein mit den grundrechtlichen Garantien vergleichbares Schutzniveau. Es stelle weiter keine gebietsfremde Nutzung dar und es drohe erst recht keine Veränderung des „Gebietscharakters“, wenn es um eine Nutzung außerhalb eben jenes Gebiets gehe. Zudem begründe das Verfassungsrecht selbst gerade keine unmittelbaren Plangewährleistungsansprüche, sondern überlasse dies der einfachgesetzlichen Konkretisierung, an der es hier fehle. Eine Beeinträchtigung funktionszuweisender Zielfestlegungen i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB sei hinsichtlich der Kraftwerkstandortfestlegung B auszuschließen. Es fehle an einer bewussten Zuweisungsentscheidung der zielsetzenden Planungsebene, hier also der Landesplanung. Dem M1. gehe es im Einklang mit § 1 Abs. 1 und Abs. 2 ROG um eine Regelung, die wegen ihrer besonderen Bedeutung weder auf der Ebene der Regional- noch der Bauleitplanung, sondern landesplanerisch zu verorten sei. Schon dieser grundlegende Ansatz der planerischen Hochzonung spreche gegen eine spezifische Funktionszuweisung an einzelne Gemeinden. Es gehe vielmehr um eine überörtlich-vorsorgende Steuerung. Diesem Vorsorgeansatz entspreche auch, dass der Plangeber ausdrücklich kein Darstellungsprivileg in Anspruch genommen habe, sondern gegenüber anderen Standorten offen habe bleiben wollen. Das von der Klägerin in Anspruch genommene Konzept existiere nicht. Darüber hinaus berücksichtige die Klägerin nicht die eingetretenen Veränderungen in den landesplanerischen Grundlagen. Mit dem Außerkrafttreten des Landesentwicklungsprogramms mit Ablauf des 31. Dezember 2011 sei eine der maßgeblichen Grundlagen für den M1. 1995 entfallen. Der Entwurf des neuen M1. schließe eine Standortfestlegung für L. auf Landesebene aus und weise die Aufgabe der entsprechenden Flächenausweisung zukünftig allein der Regionalplanung zu. Es sei zu erwarten, dass es zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein dem streitgegenständlichen Zielabweichungsbescheid (angeblich) zugrunde liegendes Ziel der Landesplanung (mehr) gebe. Die zentrale Argumentation der Klägerin werde sich – spätestens – dann endgültig erledigt haben. Zudem könne es einen Anspruch auf „Konzeptwahrung“ gegen den erklärten Willen des Konzeptsetzers nicht geben. Unbeschadet des einer individuellen Funktionszuweisung gerade an die Klägerin zuwiderlaufenden Konzepts, fehle es für eine Berufung auf § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB auch an dem dafür erforderlichen Ziel. Ein solches habe es mangels abschließender Abwägung der Landesplanung in Bezug auf den Standort B 3.5 nie gegeben, jedenfalls sei es durch zahlreiche Entwicklungen obsolet geworden. Der Klägerin stehe kein subjektiv-öffentliches Recht aus der Abweichungsentscheidung selbst zu. Die Abweichungsentscheidung weise keinen drittschützenden Charakter auf. Auch die materiellen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 ROG i. V. m. § 16 Abs. 1 LPlG NRW würden einer Gemeinde weder verfahrensrechtliche Beteiligungs- noch sonstige subjektiv-öffentliche Rechte vermitteln. Die Klägerin besitze kein rechtlich geschütztes Interesse an der uneingeschränkten Beibehaltung von Festlegungen durch die Landesplanung. Schließlich gebe es auch kein anderes subjektiv-öffentliches Recht, das die Klägerin für sich in Anspruch nehmen könne. Die kommunale Planungshoheit könne schon rechtskategorial einem Zielabweichungsbescheid nicht entgegenstehen und sei zudem auch in der Sache nicht einschlägig. Für eine Geltendmachung des von der Klägerin behaupteten „Anspruchs auf Konzeptwahrung“ besitze sie kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Aufhebung des Zielabweichungsbescheids habe für die Klägerin keinen rechtlichen Nutzen, da sie ihr Ziel auf absehbare Zeit tatsächlich nicht verwirklichen könne. Das Konzept, zu dessen Wahrung sich die Klägerin aufgerufen fühle, werde es mit Inkrafttreten des neuen M1. nicht mehr geben.
36Der Beigeladene zu 3. beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Entscheidungsgründe:
39Die Klage ist unzulässig.
40Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen ist. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sie nach Maßgabe des öffentlichen Rechts zu entscheiden ist, wenn also die Rechtsnormen, um deren Anwendbarkeit die Beteiligten streiten oder nach denen die zugrundeliegende Rechtsbeziehung zu beurteilen ist, dem öffentlichen Recht angehören.
41Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 40, Rn 6b.
42Die Klägerin begehrt die Aufhebung der gegenüber der Beigeladenen zu 1. mit Schreiben vom 4. Juli 2014 ergangenen Zielabweichungsentscheidung der Beklagten zum M1. . Mit ihrer Entscheidung bejaht die Beklagte auf der Ebene der Landesplanung die rechtlichen Voraussetzungen einer Abweichung vom M1. zur 8a. Änderung des Flächennutzungsplans sowie Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 105a – Kraftwerk –. Gegenstand des Antrags der Beigeladenen zu 1. als Trägerin der Bauleitplanung war die Abweichung von der zeichnerischen Festlegung B 3.5 F2. . -X. sowie dem textlichen Ziel D.II.2.1 im M1. und damit eine Befreiung von deren Bindungswirkung, um die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Weiterbau und die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks F2. . IV am Standort N. .- schaffen zu können (siehe Seite 1, 4 und 32 der Zielabweichungsentscheidung). Unter Hinweis auf das Urteil des OVG NRW vom 3. September 2009, 10 D 121/07.NE, nach dem „eine Planung in der Umgebung die Realisierung der landesplanerisch gewünschten Flächennutzung nicht beeinträchtigen dürfe“, geht die Beklagte in ihrer Entscheidung bezüglich des Standorts B 3.5 F2. . -X. von der Erforderlichkeit einer Zielabweichung für den 5 Kilometer südwestlich des zielförmig festgelegten Standorts B 3.5 F2. . -X. liegenden Standort N. .- aus (siehe Seite 8 der Zielabweichungsentscheidung). Die Beklagte stimmt nach Prüfung der Voraussetzungen für eine Zielabweichung unter Berücksichtigung des konkreten Kraftwerkvorhabens F2. . IV „in Ausübung des durch die gesetzliche Regelung eingeräumten Ermessens und nach eingehender Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen untereinander und gegeneinander, insbesondere im Hinblick auf die Belange des Umwelt- und Ressourcenschutzes einerseits und der wirtschaftlichen Energieversorgung andererseits“ (siehe Seite 32 der Zielabweichungsentscheidung) der Abweichung von der zeichnerischen Darstellung und der textlichen Festlegung im M1. zu.
43Die Entscheidung der Beklagten beruht in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §§ 16 Abs. 1 Satz 1 LPlG NRW in der Fassung vom 16. März 2010 – GV. NRW 2010, 212 – (a.G. ., nunmehr § 16 Abs. 1 LPlG NRW in der Fassung vom 24. Mai 2016 – GV. NRW 2016, 259 (n.G. .) – i. V. m. § 6 Abs. 2 ROG), 6 Abs. 2 ROG. Dieses sind Normen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich einen Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen oder verpflichten.
44Die Klage ist als Anfechtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
45Das Schreiben der Beklagten vom 4. Juli 2014 an die Beigeladene zu 1. ist ein Verwaltungsakt i. S. d. § 35 Satz 1 VwVfG NRW. Hiernach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
46Mit der Entscheidung über die Zielabweichung entscheidet die Beklagte rechtsverbindlich darüber, dass von den Zielen der Raumordnung, die dem Kraftwerkvorhaben entgegenstehen, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht wird. Der Entscheidung über den Abweichungsantrag einer Gemeinde kommt ihren Rechtskreis berührende Außenwirkung zu.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 – 4 C 3.09 –, juris, Rn 14; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. September 2006 – 8 A 10343/06 –, juris, Rn 14; Goppel in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 6, Rn 47.
48Durch die Befreiung von der Beachtenspflicht der Ziele der Raumordnung gemäß § 4 Abs. 1 ROG und der Aufhebung der Anpassungspflicht an die Raumordnungsziele aus § 1 Abs. 4 BauGB werden Rechte der Beigeladenen zu 1. unmittelbar begründet. § 6 Abs. 2 Satz 2 ROG verleiht der Beigeladenen zu 1. als an die Ziele der Raumordnung gebundene Trägerin der Bauleitplanung ein diesbezügliches Antragsrecht, das es ihr ermöglicht, sich von dieser ihre Planungshoheit einschränkende Bindung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu befreien.
49So auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. September 2006 – 8 A 10343/06 –, juris, Rn 14.
50Der Klägerin fehlt jedoch die für die erhobene Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.
51Die Klägerin müsste nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen können, in ihren Rechten verletzt zu sein. Zwar dürfen die Anforderungen an die Sachentscheidungsvoraussetzung des § 42 Abs. 2 VwGO nicht überspannt werden, so dass es in diesem Zusammenhang ausreichend ist, Tatsachen vorzutragen, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass eine eigene rechtlich geschützte Position beeinträchtigt wird. Daran fehlt es allerdings dann, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechtspositionen der Klägerin bestehen oder ihr zustehen oder – ihr Bestehen oder Zustehen unterstellt – unter keinem Gesichtspunkt verletzt sein können.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6/13 –, juris, Rn 15.
53Eine subjektive Rechtsposition kann die Klägerin weder aus der Rechtsgrundlage der Zielabweichungsentscheidung (1.) noch aus verfahrensrechtlichen Grundsätzen (2.) für sich herleiten. Sie kann zudem nicht geltend machen, durch die Abweichungsentscheidung in eigenen Rechten verletzt zu sein (3.) Das von ihr eingeforderte Recht auf Konzeptwahrung gibt es nicht (4.).
541. Eine subjektive Rechtsposition kann die Klägerin nicht unmittelbar aus § 16 Abs. 1 LPlG NRW a.G. . (nunmehr § 16 Abs. 1 LPlG NRW n.G. . i. V. m. § 6 Abs. 2 ROG) und § 6 Abs. 2 ROG herleiten.
55Nach diesen Vorschriften kann von Zielen der Raumordnung im Einzelfall in einem besonderen Verfahren abgewichen werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Ziele der Raumordnung sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums.
56Dafür, dass § 16 Abs. 1 S. 1 LPlG NRW a.G. ./§ 16 Abs. 1 LPlG NRW n.G. . i. V. m. § 6 Abs. 2 ROG die Rechte der von einer Zielabweichung betroffenen Gemeinde schützen, lassen sich dem Wortlaut der Vorschriften keinerlei Anhaltspunkte entnehmen. Gegen eine drittschützende Wirkung der Normen spricht, dass die Gemeinden am Zielabweichungsverfahren auf Landesplanungsebene nicht zu beteiligen sind.
572. Eine verfahrensrechtliche Beteiligung der Gemeinde, deren Gebiet von einer Zielabweichung betroffen ist, sehen weder das Bundesrecht – das verfahrensrechtliche Regelungen nicht enthält – noch das LPlG NRW, hier vor allem § 16 LPlG NRW vor. Ein Anspruch auf förmliche Beteiligung kann auch verfassungsrechtlich nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG oder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hergeleitet werden. Der Landesgesetzgeber hat eine Beteiligung der Gemeinde ausdrücklich (nur) für das Zielabweichungsverfahren betreffend Regionalpläne normiert (§ 16 Abs. 4 LPlG NRW a.G. .; nunmehr § 16 Abs. 3 LPlG NRW n.G. .). Damit hat der Gesetzgeber bewusst die Beteiligung einer (Belegenheits-)Gemeinde auf Zielabweichungsverfahren zur Regionalplanung beschränkt. Aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG kann ein generelles Recht der (Belegenheits-)Gemeinde auf ihre Beteiligung an einem Zielabweichungsverfahren nicht hergeleitet werden. Vorbehaltlich eines ausdrücklichen, entgegengesetzten Willens des Gesetzgebers widerspräche es dem vertikalen Gewaltenteilungsgrundsatz und der sich daraus ergebenden Kompetenzordnung, wenn kommunale Gebietskörperschaften durch die Ermöglichung einer Beteiligung Einfluss auf die Raumordnung auf Landesebene nehmen könnten.
583. Die Klägerin kann nicht geltend machen, in ihren materiellen Rechten durch die Zielabweichungsentscheidung verletzt zu sein. Eine Rechtsverletzung ergibt sich nicht durch eine Abweichung von drittschützenden Festsetzungen des M1. (a), einen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit (b), eine Beeinträchtigung des Selbstgestaltungsrechts (c), aus einer Übertragung von im baurechtlichen Nachbarrecht entwickelten Grundsätzen auf das Raumordnungsrecht (d) oder aus einem Eingriff in das Grundrecht des Art. 14 GG (G. . ). Die von der Klägerin behaupteten Rechtspositionen stehen ihr teilweise nicht zu; soweit ihr diese zustehen (sollten), ist eine Verletzung derselben ausgeschlossen.
59Die Zielabweichungsentscheidung greift nicht aus sich heraus in die Rechtstellung der Klägerin als Belegenheitsgemeinde ein. Ob ihr eine solche Wirkung zukommt, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, die hier zu verneinen ist.
60Durch die Zulassung der Abweichung vom Ziel der Raumordnung, Ausweisung eines Vorranggebietes für einen Energieerzeugungsstandort, wird die Bindungswirkung dieser Ausweisung, nämlich dass andersartige Nutzungen dieses Standortes ausgeschlossen sind sowie die Planungen für die maßgebliche Umgebung die Realisierung der landesplanerisch gewünschten Flächennutzung nicht beeinträchtigen dürfen, und damit die Bindung der Belegenheitsgemeinde und der für die Regionalplanung zuständigen Stelle an dieses Ziel gelockert. Diese Lockerung der Zielbindung wirkt sich zugunsten der Belegenheits-, aber auch der umliegenden Gemeinden in Form der Stärkung ihrer verfassungsrechtlich garantierten Rechte aus. Denn mit der Befreiungsentscheidung wird die in § 4 Abs. 1 ROG formulierte Beachtenspflicht und die sich aus § 1 Abs. 4 BauGB ergebende Anpassungspflicht der Gemeinden als Träger der kommunalen Bauleitplanung an ein bestehendes Ziel der Raumordnung in einem konkreten Einzelfall und für ein bestimmtes Vorhaben gelockert.
61Nachteile gehen mit dieser Lockerung nicht einher. Eine rechtliche Betroffenheit einer Gemeinde kommt nur dann in Betracht, wenn das Ziel der Raumordnung, von dem eine Abweichung zugelassen wurde, dazu bestimmt ist, Belange der Gemeinde zu schützen, oder wenn bei der Zielabweichungsentscheidung zugunsten der Errichtung eines bestimmten Vorhabens raumordnerische Belange unberücksichtigt gelassen wurden, die den Interessen der Gemeinde dienen sollen.
62Vgl. OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2012 – 8 A 10965/11 –, juris, Rn 33 f.
63In Anwendung dieser Grundsätze ist eine Rechtsbetroffenheit der Klägerin nicht feststellbar.
64a) Mit ihrer Entscheidung weicht die Beklagte nicht von einem drittschützenden Ziel der Raumordnung ab. Weder die zeichnerische Zielfestlegung F2. . -X. als Kraftwerkstandort noch die textliche Festsetzung D.II.2.1 S. 1 des M1. , wonach insbesondere heimische Energieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden sollen, sind nach dem Willen des Plangebers dazu bestimmt, die Belange der betroffenen Gemeinde zu schützen.
65Die Standorte für L. sind nach der Vorbemerkung D.II.1. des M1. aus dem ehemaligen M1. VI übernommen worden. Aus dem Erläuterungsbericht zum M1. VI lassen sich Anhaltspunkte dafür, dass die Zielfestlegung B F2. . -X. als Kraftwerkstandort (auch) den Interessen der Klägerin zu dienen bestimmt ist, nicht entnehmen. Der Plangeber führte in ihm nur aus, dass die Standortvorsorge aus gesamtwirtschaftlicher Sicht dringend geboten sei. Zur Sicherung ausreichender Flächen für die Energieversorgung sollten die Standortgebiete einer planerischen Gestaltung durch die Belegenheitsgemeinden entzogen werden. Ein Schutz der (Planungs-)Interessen der Gemeinde war damit gerade nicht beabsichtigt. Mit der Aufnahme in den M1. sollte zudem nichts zur Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt konkreter Ansiedlungsfälle gesagt werden. Nach dem Erläuterungsbericht beschränken sich die Darstellungen des M1. VI als Rahmenplanung auf die im überörtlichen Interesse gebotenen Regelungen.
66Eine drittschützende Wirkung der textlichen Festlegung D.II.2.1 S. 1 des M1. , wonach insbesondere heimische Energieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden sollen, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Nach der Vorbemerkung D.II.1. zur Energieversorgung führt der Plangeber im M1. ausschließlich überregionale wirtschaftliche und energiepolitische Gesichtspunkte an, die die Belegenheitsgemeinden und somit auch die Klägerin nicht berühren.
67Bei der Zielabweichungsentscheidung sind zugunsten der Errichtung des Kraftwerkvorhabens F2. . IV keine Belange unberücksichtigt gelassen worden, die den Interessen der Klägerin dienen. Die Festlegung eines Kraftwerkstandortes und die Förderung eines heimischen Energieträgers betreffen allein staatliche Aufgaben und Interessen. Sie sind nicht den kommunalen Angelegenheiten zugeordnet und dienen folglich nicht dem Schutz der klägerischen Interessen.
68b) Die Klägerin ist durch die Zulassung der Zielabweichung nicht in ihrem durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 78 Abs. 1 Landesverfassung NRW – LV NRW – garantierten Selbstverwaltungsrecht und der daraus folgenden Planungshoheit betroffen.
69Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet ebenso wie Art. 78 Abs. 1 LV NRW den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung. Dieses Recht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und umfasst die Befugnis zur grundsätzlich eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte. Dazu gehört auch das Recht der Gemeinde, im Rahmen ihrer Bauleitplanung die künftige Entwicklung des Gemeindegebiets grundsätzlich nach eigenen Vorstellungen zu steuern und zu gestalten. Vor Beeinträchtigungen dieser Planungshoheit schützen das Grundgesetz und die Landesverfassung NRW jedoch nicht absolut. Art. 28 Abs. 2 GG garantiert ebenso wie Art. 78 Abs. 2 LV NRW das Recht der Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze. Normative Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht unterliegen ihrerseits Grenzen. Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten. Außerhalb des Kernbereichs hat der Gesetzgeber das verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Willkürverbot zu beachten. Im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 78 LV NRW ist eine detaillierte landesplanerische Zielfestlegung im M1. demnach zulässig und mit der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vereinbar, wenn landesbedeutsame Gesichtspunkte eine zumindest gebietsscharfe Darstellung erfordern.
70Vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1987 – 2 BvR 826/83 –, juris, Rn 37; VerfGH NRW, Urteil vom 26.8.2009 – VerfGH 18/08 –, juris, Rn 60; BVerwG, Beschluss vom 8. März 2006 – 4 B 75.05 –, NVwZ 2006, 932; OVG NRW, Urteil vom 19. November 1991 – 7 A 799/90 –, NWVBl. 1992, 246, 247 f.; speziell für die Festlegung von Kraftwerkstandorten Runkel in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG § 1 Rn. 71 m.w.N.
71Bei der zeichnerischen Darstellung von Standorten für die Energieerzeugung und von Gebieten für flächenintensive Großvorhaben im M1. handelt es sich um solche zulässigen, gebietsscharfen Zielfestlegungen, die dem überörtlichen Interesse einer "ausreichenden, sicheren, umweltverträglichen und möglichst preisgünstigen Energieversorgung" (§ 26 Abs. 1 Landesentwicklungsprogramm Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 5. Oktober 1989 – GV. NRW 1989, 485 –; LEPro NRW) sowie der "ökonomischen und ökologischen Erneuerung des Landes" (Plansatz A.II M1. ) dienen.
72Die sie betreffende Zielabweichungsentscheidung der Beklagten greift nicht in die gemeindliche Planungshoheit der Klägerin in Form der Bauleitplanungskompetenz ein (aa). Der Klägerin steht zudem kein Abwehrrecht aus § 1 Abs. 4 BauGB (bb) oder § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB (cc) zu – was sie nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung auch nicht (mehr) für sich reklamiert –.
73aa) Die Bauleitplanungskompetenz ist die den Gemeinden in § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB zur eigenen Verantwortung übertragene Entscheidung über die Art und Weise der Bodennutzung in der Gemeinde. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Eingriff in die Bauleitplanungskompetenz der Klägerin möglich ist, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Raumordnung nicht um eine Fachplanung oder verbindliche Bauleitplanung handelt. Selbst die gebietsscharfen Standortfestlegungen in einem Raumordnungsplan beschränken sich (nur) auf die Aussage, dass der ausgewählte Standort aus raumordnerischer Sicht geeignet ist, konkurrierende Raumnutzungen und Raumfunktionen in einen dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ausgleich zu bringen. Standortentscheidungen dienen dem Ausgleich sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Ansprüche an die Raumnutzung. Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der spezifischen fachgesetzlichen Anforderungen bleibt der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auf den nachfolgenden Planungsebenen vorbehalten, in der dem Träger des Vorhabens auch die erforderlichen Schutzvorkehrungen aufzuerlegen sind.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 –, juris, Rn 52; Hessischer VGH, Beschluss vom 5. Februar 2010– 11 C 2691/07.N, 11 C 2715/07.N, 11 C 38/08.N, 11 C 2511 C 259/08.N, 11 C 1511 C 1549/08.N –, juris, Rn 123.
75Die Klägerin kann nicht substantiiert geltend machen, durch die Entscheidung der Beklagten in ihrer Bauleitplanungskompetenz verletzt zu sein. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern Planungen der Klägerin durch die grundsätzlich begünstigend wirkende Lockerung von der Zielbindung betroffen sein sollen. Planungsabsichten für den auf ihrem Stadtgebiet befindlichen Teil des Standortes B 3.5 F2. . -X. , die durch die Befreiung von der Zielbindung für das Kraftwerkvorhaben gestört werden, sind nicht erkennbar.
76Eine Beeinträchtigung der Bauleitplanungskompetenz hinsichtlich der Entwicklungsmöglichkeiten der Siedlungsstruktur, insbesondere des Baugebiets „Nach der Deine“, ist durch die Lockerung der Zielbindung für den Standort B . . –X. nicht möglich. Die behaupteten Beeinträchtigungen beziehen sich auf die Verwirklichung des Steinkohlekraftwerks F2. . IV am Standort N. .- . Die Zulässigkeit des Kraftwerkvorhabens ist aber nicht Gegenstand der Zielabweichungsentscheidung. Die von der Klägerin angeführte „überwältigende optische Präsenz“ der baulichen Anlagen des Kraftwerks F2. . IV, seine Nähe zu Wohngebieten und der von ihnen für diese ausgehenden Immissionen sind vielmehr Gesichtspunkte, die auf der Ebene der Fachplanung zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu einem Ausgleich zu bringen sind. In ihrer Zielabweichungsentscheidung geht die Beklagte zwar auf die mit der Errichtung des Kraftwerks . . IV verbundenen Konflikte ein. Sie trifft aber gerade keine insoweit bindende Entscheidung für die nachfolgenden Planungsebenen. Ein entsprechender durch Auslegung der Begründung der Zielabweichungsentscheidung anhand des objektiven Empfängerhorizonts gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – sich ergebender Rechtsbindungswille kann der Abweichungsentscheidung nicht entnommen werden. Vielmehr führt die Beklagte an verschiedenen Stellen in ihrer Entscheidung aus, dass die durch eine Planung am Standort N. .- bedingten Konflikte aus landesplanerischer Sicht auf den nachfolgenden Planungsebenen lösbar sind.
77Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin durch die Zielabweichungsentscheidung in der Ausweisung von Flächen für ein Wohngebiet gehindert ist. Das insoweit behauptete Vermarktungsrisiko vermag bereits dem Grunde nach einen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit nicht zu rechtfertigen, da die gemeindliche Vermarktung von Grundstücken nicht Bestandteil der Planungshoheit ist.
78Die Klägerin ist durch die Zielabweichungsentscheidung nicht in ihrer Planungshoheit bezüglich des „ “ verletzt. Die einer Realisierung der Planungsabsichten im „T. “ angeblich entgegenstehende konkrete Immissionsbelastung durch das Kraftwerk am Standort N. .- kann eine Rechtsverletzung nicht begründen. Auch diese Immissionsbelastung ist nicht Gegenstand der gesamträumlich angelegten Entscheidung über die Zielabweichung, sondern auf nachfolgenden Planungsebenen zu berücksichtigen. Im Übrigen handelt es sich bei Umweltschutzbelangen zwar um öffentliche Belange. Zu ihrem Schutz sind die Gemeinden aber nicht über die ihr eingeräumte Planungshoheit berufen.
79Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 – 4 A 12/99 –, juris, Rn 25.
80bb) Ein Abwehrrecht kann die Klägerin nicht unmittelbar aus § 1 Abs. 4 BauGB herleiten.
81Danach sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Diese Anpassungspflicht der Gemeinde begründet kein subjektiv-öffentliches Recht der Gemeinde auf Einhaltung der Ziele der Raumordnung. § 1 Abs. 4 BauGB legt lediglich fest, welche Anforderungen sich für die Bauleitplanung aus Zielaussagen der Raumordnung ergeben und stellt sicher, dass die Gemeinde sich bei ihren Entscheidungen an übergeordnete Planungserfordernisse ausrichtet. Er dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der in Zielaussagen konkretisierten Gesichtspunkte der Raumordnung und Landesplanung in der Bauleitplanung. Weder sein Wortlaut noch sein Sinn erlauben den Schluss, dass er zusätzlich kommunale Planungsinteressen in seinen Schutzbereich mit einbezieht.
82Vgl. Halama in Planung und Plankontrolle, S. 225; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 1976 – III 1149/76 –, BauR 1977, S. 183.
83Einmal unterstellt, § 1 Abs. 4 BauGB wäre generell geeignet, der Gemeinde ein Abwehrrecht einzuräumen, könnte dies nur für solche Planaussagen gelten, die Schutznormcharakter haben.
84Vgl. Halama, aaO, S. 225-226; Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1, Rn 99.
85Wie bereits oben ausgeführt, lässt sich nicht feststellen, dass die Zielfestlegungen im M1. nach dem Willen seines Verfassers Drittschutzwirkung entfalten sollten. Zudem ist auch hier zu beachten, dass die Lockerung der Zielbindung ausschließlich begünstigend wirkt.
86cc) Die Klägerin kann sich nicht auf ein subjektives Recht aus § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB berufen.
87Nach § 2 Abs. 2 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden u.a. auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen berufen. Nach der Gesetzesbegründung liegt der Erweiterung des § 2 Abs. 2 BauGB auf raumordnerische Belange die Überlegung zugrunde, dass, soweit Ziele der Raumordnung einer Gemeinde eine bestimmte, den Standortwettbewerb mit anderen Gemeinden begünstigende Funktion zuweisen, diese Funktion der gemeindlichen Planungshoheit zugerechnet wird und damit verteidigungsfähig sein soll. Neben dem verpflichtenden § 1 Abs. 4 BauGB sollte eine berechtigende Vorschrift gestellt werden. Aus der Bindung der Bauleitplanung an ein zentralörtliches Ziel der Raumordnung folgt auf diese Weise, dass die Gemeinde berechtigt ist, ihre so ausgerichtete Planung gegen eine die zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer anderen Gemeinde zu verteidigen.
88Vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 41.
89Ob die Vorschrift deshalb grundsätzlich ein Abwehrrecht gegen eine Zielabweichungsentscheidung der Landesplanungsbehörde begründen kann, kann offen bleiben. Insoweit ist denkbar, dass bei mit einem landesplanerischen Ziel einhergehender Funktionszuweisung eine Zielabweichung in die Rechte der Kommune insoweit eingreifen kann, als damit möglicherweise eine ihr nachteilige Funktionsänderung einhergeht. Vorliegend ist aber die Übertragung einer Funktion auf die Klägerin durch das Ziel B 3.5 F2. . -X. als Kraftwerkstandort und die textliche Festsetzung D.II.2.1 S. 1 im M1. ausgeschlossen.
90Eine Funktionszuweisung setzt voraus, dass der Gemeinde durch das Ziel, auf das sie sich beruft, eine bestimmte Aufgabe übertragen worden ist.
91Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Februar 2014 – 8 C 10561/13 –, juris, Rn 41.
92Eine solche Aufgabenzuweisung war mit der Standortfestlegung ganz offensichtlich nicht verbunden. Sie findet sich weder ausdrücklich im M1. oder dem M1. VI noch ist eine entsprechende Zuweisung den Erläuterungsberichten zu entnehmen. Wie oben unter 3. a) ausgeführt, liegt den Festlegungen von Energieerzeugungs-standorten die Absicht des Plangebers zugrunde, geeignete Standorte für die Energieerzeugung durch Freihaltung entsprechender Flächen zu sichern ohne eine Aussage über die tatsächliche Inanspruchnahme der Flächen zu treffen. Anhaltspunkte dafür, dass das Ziel des M1. darüber hinaus ein gemeindliches Abwehrrecht begründen sollte, lassen sich den Erläuterungen zum M1. nicht entnehmen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
93Eine Funktionszuweisung an die Klägerin durch die textliche Festsetzung D. II. 2.1 Satz 1 im M1. , wonach insbesondere heimische Primärenergieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden sollen, scheidet offensichtlich aus.
94c) Durch die Zielabweichungsentscheidung wird die Klägerin nicht in ihrem Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigt.
95Das gemeindliche Selbstgestaltungsrecht als Teil der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG räumt der Gemeinde ein Abwehrrecht gegen solche Maßnahmen ein, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken.
96Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 1999 – 4 VR 18.98 –, juris, Rn 9.
97Die Zielabweichungsentscheidung, dass ein bestimmtes Vorhaben einem konkreten Ziel der Landesentwicklungsplanung nicht entgegensteht, wirkt sich als rein planerische Festlegung, in der lediglich eine Aussage über den Umfang der Zielbindung getroffen wird, auf das Ortsbild der betroffenen Gemeinde nicht aus. Entsprechende Auswirkungen können sich grundsätzlich erst aus einer Entscheidung zur Zulässigkeit eines Vorhabens ergeben.
98Vgl. OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2012 – 8 A 10965/11 –, juris, Rn 43.
99Die Beklagte nimmt zwar in ihrer Zielabweichungsentscheidung bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen der Zielabweichung – unter Berücksichtigung der Planungsunterlagen der Regional- und Bauleitplanung nebst begleitender Dokumente – das konkrete Kraftwerkvorhaben F2. . IV in den Blick. Mit ihrer Entscheidung trifft sie aber keine Aussage über die Zulässigkeit des Kraftwerkvorhabens. Erst die Entscheidungen auf den nachfolgenden Planungsebenen, wie die Ebene der Bauleitplanung, sind grundsätzlich geeignet, das Interesse der Klägerin an der Gestaltung ihres Ortsbildes zu berühren.
100Dass der Klägerin über die von der Rechtsprechung entwickelten vorstehend dargelegten Grundsätze hinaus ein subjektives Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG zusteht, ist nicht erkennbar.
101d) Ein subjektiv öffentliches Recht kann die Klägerin nicht aus der Übertragung von Grundsätzen des baurechtlichen Nachbarrechts auf das Raumordnungsrecht herleiten.
102Ein subjektives Recht der Klägerin ergibt sich nicht aus einer entsprechenden Übertragung der dem Gebietsgewährleistungsanspruchs (aa) oder dem Rücksichtnahmegebot (bb) zugrundeliegenden Rechtsgedanken auf das Raumordnungsrecht.
103aa) Der dem Gebietsgewährleistungsanpruch innewohnende Gedanke, dass das durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung geschaffene Austauschverhältnis zwischen Nachbarn durch die Zulassung einer baugebietswidrigen Nutzung aus dem Gleichgewicht gerät, kann nicht auf den Fall der raumordnerischen Lockerung der Bindungswirkung einer Strandortfestlegung übertragen werden. Die Zielfestlegung begründet – anders als Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung – keinen Schutz der von ihr Betroffenen, sondern nur den Schutz des Ziels selbst. Zudem greift der auf dem nachbarschaftlichen Austauschverhältnis beruhende Gebietsgewährleistungs-anspruch (nur) gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege der Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können. Der Gebietsgewährleistungsanspruch beinhaltet nicht das Recht auf Beibehaltung eines bestimmten Zustandes, sondern schützt vor gebietsfremder Nutzung. Es geht vorliegend aber nicht um eine „baugebietswidrige“ Nutzung des Standortes . . -X. , sondern um eine das Ziel weiter verfolgende Abweichung von der umfassenderen Festsetzung.
104bb) Der Klägerin steht kein eigenes Recht unter Rücksichtnahmegesichtspunkten zu. Die Vorschriften über die Zielabweichung bieten keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Herleitung eines Rücksichtnahmegebots in Zielabweichungsverfahren. Der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 1 LPlG NRW a.G. ./§ 16 Abs. 1 LPlG NRW n.G. . i. V. m. § 6 Abs. 2 ROG bietet keinen Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Herleitung. Anders als § 7 Abs. 2 ROG, wonach bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange – soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind – gegeneinander und untereinander abzuwägen sind, gibt es eine vergleichbare Regelung für das Zielabweichungsverfahren nicht. Es ist im Übrigen nicht erkennbar, inwiefern sich die Zielabweichungsentscheidung, durch die eine Lockerung der Zielbindung bewirkt wird, als rücksichtslos darstellen soll. Das Kraftwerkvorhaben am Standort N. .-ringhof muss dabei mangels Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens durch die Landesplanungsbehörde unberücksichtigt bleiben.
105G. . ) Der Klägerin steht – nach ihrer eigenen Auffassung in der mündlichen Verhandlung – weder aus Art. 14 Abs. 1 GG noch aus Art. 14 Abs. 3 GG eine Rechtsposition zu.
106Sie kann ein subjektives Recht unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG schon deshalb nicht herleiten, weil sie nicht Rechtsinhaberin des Grundrechts ist.
107Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 – 2 BvR 1187/80 – juris, Rn 55.
108Als Gemeinde ist sie vielmehr Teil der öffentlichen Gewalt, auch soweit sie über Eigentum an Grundstücken verfügt.
109Die Klägerin hat mit Blick auf Art. 14 Abs. 3 GG keinen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle aus der Übertragung der Rechtsprechung zur enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses. Danach verleihen gesetzliche Vorschriften, nach denen ein festgestellter Plan dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend ist, diesen Plänen, insbesondere Planfeststellungsbeschlüssen, enteignungsrechtliche Vorwirkung. Diese Verwaltungsentscheidungen befinden so verbindlich über das Vorliegen der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG. Mit ihrer Bestandskraft steht die Zulässigkeit einer für das Vorhaben erforderlichen Enteignung dem Grunde nach fest. Mit Blick auf Art. 14 Abs. 3 GG sind die eigentumsentziehenden Auswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses bereits bei seinem Erlass zu berücksichtigen und folglich im Rahmen seiner Anfechtung zu prüfen. Auf Klage des enteignungsbetroffenen Eigentümers gegen den Planfeststellungsbeschluss unterliegt dieser der gerichtlichen Kontrolle am Maßstab des Art. 14 Abs. 3 GG.
110Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2007 – 1 BvR 300/06, 1 BvR 81 BvR 848/06 –, juris, Rn 5, 11.
111Diese Grundsätze sind auf das raumordnungsrechtliche Zielabweichungsverfahren nicht übertragbar. Zum einen wird mit der Zielabweichungsentscheidung nicht wie bei der Planfeststellung über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden. Eine Übertragung der Grundsätze scheidet schon aus diesem Grund aus. Zum anderen kommt der Schutz durch eine umfassende gerichtliche Kontrolle eines Planfeststellungsbeschlusses einem Privaten, nicht aber einer Gemeinde zu. Anderenfalls könnten sich die Gemeinden über die Anrufung der Verwaltungsgerichte zu Kontrolleuren anderer staatlicher Belange in Bezug auf die Wahrung des objektiven öffentlichen Rechts aufschwingen, wenn sie mehr oder minder zufällig als Grundstückseigentümer von einem hoheitlichen Akt mit enteignender Vorwirkung betroffen sind.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 – 4 A 12.99 –, juris, Rn 26.
1134. Einen – nach Auffassung der Kammer seitens der Klägerin ursprünglich für sich reklamierten – eigenständigen Anspruch auf Konzeptwahrung gibt es nicht.
114Ein solcher Konzeptwahrungsanspruch ergibt sich nicht aus dem M1. . Die Ausweisung des Standorts 3.5 als Standort für Energieerzeugung räumt der Gemeinde keine wehrfähige Rechtsposition ein.
115Ob Zielfestlegungen überhaupt eine Rechtsposition Dritter begründen können, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Verneint wurde dies für den Fall eines Bürgers, der für sich ein Recht aus einem Ziel der Raumordnung herleiten wollte.
116Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 1994 – 4 NB 31.94 –, juris, Rn 8.
117Warum dies für eine Standortgemeinde nicht genau so zu sehen ist, ist nicht ersichtlich.
118Die streitgegenständliche Festlegung eines Kraftwerkstandorts auf Landesplanungsebene begründet jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht der Gemeinde. Die aus dem M1. übernommenen und im M1. fortgeführten Standorte für L. dienen der Sicherung der für die Verwirklichung von Kraftwerkvorhaben geeigneten Flächen vor entgegenstehender Nutzung. Die Standortfestlegungen dienen nicht in erster Linie der Steuerung der Siedlungsstruktur, sondern schlagen als bloßer Nebeneffekt der Wahrung eines qualifizierten überörtlichen Interesses an der Sicherung der Energieversorgung im Land auf die Ortsgestaltung durch. Ein Wille des Plangebers dahingehend, dass die betroffenen Gemeinden – spiegelbildlich zu ihrer Anpassungs- und Beachtenspflicht – einen Anspruch auf Beibehaltung des Standorts haben, lässt sich den Planunterlagen nicht entnehmen. Vielmehr besagt die Aufnahme von Kraftwerkstandorten in den M1. VI nach dem Erläuterungsbericht nichts über die Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt konkreter Ansiedlungsfälle. Die Landesplanungsbehörde hat an verschiedenen Stellen in den Aufstellungsunterlagen deutlich gemacht, dass es sich um eine Angebotsplanung handelt. Auf ein Darstellungsprivileg wurde nach der Planaussage Nr. 5.3 Abs. 1 . VI verzichtet. Die angebotenen Standorte sollten nach dieser Planaussage die Errichtung von Kraftwerken an bestehenden Standorten nicht ausschließen. Dass die Errichtung eines Kraftwerks an anderer Stelle als im M1. vorgesehen realisiert werden kann, hat auch das OVG NRW in seinem Urteil vom 3. September 2009 nicht ausgeschlossen.
119Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. September 2009 – 10 D 121/07.NE –, juris, Rn 83.
120Ein Anspruch auf Konzeptwahrung ergibt sich nicht aus einer Vertrauensschutzverletzung. Sie ist gegeben, wenn der von der Rechtsausübung Betroffene infolge eines Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, der Betroffene hierauf tatsächlich vertraut hat und er sich infolgedessen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.
121Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Dezember 2011 – 16 A 1489/10 –, juris, Rn 10, und vom 10. Juni 2011 – 15 A 665/11 –, juris, Rn 12.
122Wenn der M1. keinen Anknüpfungspunkt für ein subjektives Recht der Klägerin aus dem Ziel B 3.5 „Standort für Energieerzeugung“ bietet, ist nicht ersichtlich, woraus sich ein schutzwürdiges Vertrauen ihrerseits ergeben soll. Eine Landesentwicklungsplanung kann ein schützenswertes Vertrauen an der unveränderten Beibehaltung eines einmal festgelegten Ziels und seiner Auswirkungen auf die Umgebung nicht begründen. Beim M1. geht es um eine „Entwicklungsplanung“ und damit um nichts Statisches. Er hat nur eine mittelfristige Geltungsdauer (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG) und wird somit für eine begrenzte Zeit aufgestellt. Außerdem kennen das Raumordnungs- und das Landesplanungsrecht die Rechtsinstitute Zieländerung und Zielabweichung für die Zeit der Geltung eines M1. . Einen Schutz der Zielfestlegungen, auf dem ein Konzeptwahrungsanspruch aufbauen könnte, gibt es daher nicht. Grundsätzlich ist jedes Ziel einer Abweichung zugänglich.
123Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie ihr Vertrauen auf die Zielfestlegung konkret betätigt hat. Sie hat keine bauplanerischen Maßnahmen im Vertrauen auf die Realisierung eines Kraftwerkvorhabens am Standort B 3.5 vorgenommen oder unterlassen.
124Weitere rechtliche Anknüpfungspunkte für die Anerkennung eines Rechts auf Konzeptwahrung sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich ein Konzeptwahrungsanspruch nicht unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 GG. Ohne besonderen Kompetenztitel kann sich eine Gemeinde unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 GG nur den Dingen annehmen, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind und nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind.
125Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 – 2 BvR 1619/83, 2 BvR 12 BvR 1628/83 –, juris, Rn 47.
126Jedenfalls Letzteres ist durch das LPlG NRW und das ROG geschehen.
127Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1., 2. und 3. für erstattungsfähig zu erklären, da diese sich durch Stellung eines eigenen Antrages einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 Zivilprozessordnung – ZPO –.
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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind
- 1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen, - 2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.
(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.
(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).
(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Bei
- 1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen, - 2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen, - 3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.
(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger beanstandet die Auswahlentscheidung der Beklagten für die ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens.
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Der ... geborene Kläger steht als Regierungsdirektor (BesGr A 15 BBesO) im Dienst der Beklagten und ist beim Bundesnachrichtendienst (BND) tätig. Mit der Stellenausschreibung ... vom 10. April 2012 schrieb der BND den ebenfalls mit der Besoldungsgruppe A 15 und gleichrangigen Vergütungs-/Entgeltgruppen bewerteten Dienstposten des ... des BND in ... aus.
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Die Ausschreibung enthielt ein Anforderungsprofil, in dem u.a. nach dem Standardisierten Leistungsprofil (SLP) bewertete Sprachkenntnisse gefordert wurden. In der Ausschreibung hieß es u.a., dass nur Bewerbungen von ämter- bzw. entgeltgruppengleichen Personen berücksichtigt würden, eine förderliche Umsetzung ins Ausland sei nicht vorgesehen; Sprachkenntnisse seien durch ein entsprechendes SLP oder einen Spracheinstufungstest nachzuweisen, eine Selbsteinschätzung könne nicht gewertet werden.
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Der Kläger bewarb sich am 4. Oktober 2012 mit dem Hinweis auf Italienisch-Sprachkenntnisse, die er sich beim NATO-Defense College (NDC) in Rom 2011 angeeignet und die er durch Besuche in Volkshochschul-Fortgeschrittenenkursen ausgebaut habe.
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In einer Entscheidungsvorlage vom 16. November 2012 wurden mehrere Bewerber aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden und die Auswahlentscheidung zwischen vier verbliebenen A 15-Bewerbern vorgeschlagen. In der Vorlage hieß es u.a., dass keiner der Bewerber ein geprüftes SLP in Italienisch besitze. Einer der Bewerber habe seine Sprachfertigkeiten im Jahr 1999 mit SLP 21212 lediglich selbst eingeschätzt; der Kläger habe nach eigenem Bekunden Italienischkenntnisse während seiner NDC-Teilnahme erworben und diese in VHS-Kursen fortgeführt. Im Ergebnis müssten alle Kandidaten durch Teilnahme an einem Sprachkurs auf das geforderte Sprachniveau geführt werden. Sodann votierte die Entscheidungsvorlage "letztendlich auch aus personalwirtschaftlichen Erwägungen" für eine Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen. Dieser habe in den über 35 Jahren seiner Dienstzugehörigkeit fortlaufend Spitzenleistungen erbracht. Aufgrund seiner langen Verwendungszeit in einem Referat stehe er für einen Wechsel in ein neues Aufgabenfeld an. Die Leitung des BND entschied gemäß dem Vorschlag der Vorlage für den Beigeladenen. Unter dem 28. Januar 2013 wurde dies dem Kläger mitgeteilt.
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Der Kläger legte unter dem 1. Februar 2013 Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass der Beigeladene nicht das geforderte Anforderungsmerkmal italienischer Sprachkenntnisse der Stufe SLP 2 besitze. Damit habe sich der BND von dem verbindlichen Anforderungsprofil gelöst, das nicht mehr zu seiner Disposition stehe.
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Auf der Grundlage eines Prüfvermerks vom 16. Mai 2013 entschied der BND am Folgetag, die Stelle erneut auszuschreiben. Das Auswahlverfahren sei rechtsfehlerhaft gewesen; es sei versäumt worden, Nachweise zu den nach Aktenlage bei zwei Bewerbern (darunter beim Kläger) aufgezeigten Italienischkenntnissen einzufordern. Unter dem 4. Juni 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Stellenausschreibung aus personalwirtschaftlichen Gründen aufgehoben worden sei, weil zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keiner der Bewerber das Anforderungsprofil erfüllt habe; der Dienstposten werde in Kürze erneut zur Nachbesetzung ausgeschrieben.
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Die neue Stellenausschreibung ... vom 6. Juni 2013 war mit der vorangegangenen Ausschreibung inhaltsgleich mit dem einzigen Unterschied, dass die geforderten Sprachkenntnisse erst bei Dienstantritt nachzuweisen seien. Der Kläger und der Beigeladene bewarben sich erneut. Unter dem 14. August 2013 entschied sich die Beklagte wieder dafür, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Dienstposten wurde ihm mit Wirkung vom 24. März 2014 übertragen.
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Der Kläger hat bereits vor Aufhebung der ersten Stellenausschreibung Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Vorgehen der Beklagten verletze ihn in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, mindestens jedoch in seinem Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Der Abbruch des ursprünglichen Stellenbesetzungsverfahrens sei unbeachtlich, weil er nicht aus sachlichen Gründen erfolgt sei. Die tragende Begründung der Auswahlentscheidung, dass kein Bewerber das geforderte Anforderungsprofil erfülle, sei in Bezug auf seine Person unzutreffend. Er habe bereits seinerzeit über einsatzbereite Italienisch-Kenntnisse auf dem Niveau SLP 2 verfügt, worauf er in seiner Bewerbung hingewiesen habe (ergänzend verweist er auf eine vom 25. Juni 2013 - mithin nach Klageerhebung - datierende Bescheinigung der genannten Stelle). Diesem Hinweis hätte die Beklagte seinerzeit nachgehen müssen, sei es durch Einholung dienstlicher Erklärungen der für die Entsendung des Klägers an das NATO Defense College verantwortlichen Bediensteten, sei es durch Überprüfung seiner Italienisch-Kenntnisse durch einen aktuellen Sprachtest. Sowohl die Begründung für die Ablehnung seiner Bewerbung als auch die für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens seien lediglich vorgeschoben und dienten dazu, den Dienstposten einem Bewerber zu übertragen, der die Anforderungskriterien nicht erfülle. Dass der Beigeladene aufgrund der Teilnahme an einer mehrmonatigen Sprachausbildung inzwischen (wohl) ebenfalls über exzellente Sprachkenntnisse in Italienisch verfüge, dürfe weder zur Rechtfertigung des Abbruchs noch als entscheidungserheblicher Umstand für die neue Auswahlentscheidung berücksichtigt werden; eine solche "Nachqualifizierung" sei kein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens.
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Für den Fall, dass in der Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen ein erledigendes Ereignis gesehen werde, sei hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewerbung des Klägers und der Dienstpostenübertragung festzustellen. Das dafür erforderliche Interesse ergebe sich aus der Gefahr, dass die Beklagte auch künftig eine derartige fehlerhafte Entscheidung zu seinem Nachteil treffe, sowie aus seinem Interesse, die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits im Wege des Schadensersatzes erstattet zu bekommen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Februar 2013 zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf den Dienstposten des ... erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden sowie die Besetzung des Dienstpostens rückgängig zu machen,
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hilfsweise für den Fall, dass in der Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen ein erledigendes Ereignis gesehen wird,
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festzustellen, dass die Ablehnung der Bewerbung und der Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens auf den Kläger zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses rechtswidrig gewesen ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und verteidigt ihr Vorgehen: Das ursprüngliche Stellenausschreibungsverfahren sei aus sachlichem Grund abgebrochen worden, weil sie erkannt habe, dass die Auswahlentscheidung rechtsfehlerhaft zustande gekommen sei. Es sei versäumt worden, die (behaupteten) Italienisch-Kenntnisse der Bewerber durch einen entsprechenden Sprachtest überprüfen zu lassen. Ein rechtsfehlerfreier Vergleich der Bewerber sei daher nicht möglich gewesen. Sie habe des Weiteren erkannt, dass es für das ursprüngliche Anforderungsmerkmal, wonach die Sprachkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vorliegen müssten, keinen zwingenden Grund gegeben habe, da es ausreichend sei, wenn solche Sprachfertigkeiten noch bis zum geplanten Dienstantritt erlangt und nachgewiesen würden. Wegen dieser zu hohen Anforderung habe das ursprüngliche Anforderungsprofil möglicherweise Bewerbungen geeigneter Personen verhindert und den Kreis potentieller Bewerber zu sehr eingeengt.
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Der Beigeladene hat sich zu der Klage nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unzulässig. Dem Kläger fehlt die Klagebefugnis, also eine subjektive Rechtsposition, aufgrund der er eine erneute Entscheidung über die Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens (1.), hilfsweise die Feststellung begehren könnte, dass die Ablehnung seiner Bewerbung und der Übertragung des Dienstpostens auf ihn rechtswidrig gewesen seien (2.).
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1. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Dasselbe gilt bei einem mit einer Leistungsklage zu verfolgenden sonstigen Verwaltungshandeln (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 1970 - 6 C 48.68 - BVerwGE 36, 192 <199> und vom 17. Januar 1980 - 7 C 42.78 - BVerwGE 59, 319 <326> sowie Beschluss vom 5. Februar 1992 - 7 B 15.92 - NVwZ-RR 1992, 371), wie es hier mit der vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrten Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens in Rede steht. Diese sog. Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 13. Juli 1973 - 7 C 6.72 - BVerwGE 44, 1 <3> und vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 <118>).
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Eine derartige subjektive Rechtsposition auf Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens oder erneute Entscheidung hierüber steht dem Kläger im Streitfall nicht zu.
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a) Der vom Kläger begehrte Dienstposten des ... des BND in ... ist - wie der derzeit vom Kläger innegehabte Dienstposten - nach der Besoldungsgruppe A 15 BBesO bewertet. Die Übertragung dieses ämtergleichen Dienstpostens erfolgt im Rahmen einer Umsetzung. Denn der BND stellt, auch wenn seine Dienststellen sich an verschiedenen Orten (insbesondere im Ausland) befinden, organisationsrechtlich eine (einzige) Behörde dar. Die Übertragung eines anderen Dienstpostens im Geschäftsbereich des BND ist daher dienstrechtlich eine Umsetzung innerhalb ein und derselben Behörde (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 24, vom 26. Mai 2011 - 2 A 8.09 - Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 16 Rn. 19 und vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 20).
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Der Rechtscharakter einer - gesetzlich nicht geregelten - Umsetzung ist seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1980 zur fehlenden Verwaltungsakt-Qualität dieser Maßnahme geklärt (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <146 ff.> = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 20 S. 33 ff.). Hiernach ist eine Umsetzung die das Statusamt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinne) innerhalb einer Behörde. Sie ist eine innerorganisationsrechtliche Maßnahme, die die Individualsphäre des Beamten grundsätzlich nicht berührt. Sie kann auf jeden sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 25) und erfolgt allein im öffentlichen Interesse an einer möglichst optimalen Aufgabenerfüllung und Stellenbesetzung. Bei einer Klage g e g e n eine Umsetzung ("Weg-Umsetzung") kann die Ermessensausübung im allgemeinen nur darauf überprüft werden, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt ist; denkbar sind insoweit eine Verletzung der Fürsorgepflicht, die Nichteinhaltung einer Zusage oder - unter bestimmten Voraussetzungen - der Entzug von Leitungsaufgaben (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <152>; vgl. auch den Überblick bei Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl 2013, § 4 V, S. 101 ff. ).
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b) Entgegen der Ansicht des Klägers kann dieser sich im vorliegenden Fall einer Auswahl unter Bewerbern um einen im Wege der ämtergleichen Umsetzung zu besetzenden Dienstposten (Umsetzungskonkurrenz) weder unmittelbar oder als Vorwirkung (aa) noch ausnahmsweise (bb) auf die Verfahrensgarantien eines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG berufen.
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aa) Eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Umsetzung unterfällt mit Blick auf deren eingangs dargestellten Rechtscharakter grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine dies vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht. Sie ist daher grundsätzlich nicht an die hierzu in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe gebunden.
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bb) Die Beklagte hat sich auch nicht "freiwillig" den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe des Dienstpostens unterworfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 20). Eine solche - in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall ausnahmsweise gegebene - Sondersituation liegt hier nicht vor.
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Der Inhalt einer Stellenausschreibung muss durch eine am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 32 und vom 8. Juli 2014 - 2 B 7.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 61 Rn. 8). Der Wortlaut der hier in Rede stehenden Stellenausschreibung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der BND sich bei der vorliegenden Umsetzung ausnahmsweise den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG unterwerfen wollte. Vielmehr ist in der Ausschreibung der ausdrückliche Hinweis darauf enthalten, dass Bewerbungen nur ämter- bzw. entgeltgruppengleich berücksichtigt würden und eine förderliche Umsetzung nicht vorgesehen sei. Beförderungsbewerbungen waren damit ausdrücklich ausgeschlossen.
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Ergänzend hat der BND im vorliegenden Verfahren - in ausdrücklicher Abgrenzung zu dem vorstehend angesprochenen Fall (BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1) - vorgetragen, dass er bei seinen Ausschreibungen inzwischen klar unterscheide und kenntlich mache, ob es um die (den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG unterliegende) Vergabe eines höherwertigen Amtes (bzw. eines denselben Vorgaben unterworfenen sog. Beförderungsdienstpostens) gehe oder (nur) um eine ämtergleiche ("nicht förderliche") Umsetzung. Dass auch Stellen der letztgenannten Kategorie ausgeschrieben würden, diene allein dem Ziel einer besseren Transparenz der Personalführung. Es entspreche seit langem der Verwaltungspraxis und dem aktuellen Personalkonzept der Beklagten, Auslandsdienstposten ausschließlich im Wege der ämtergleichen Ausschreibung zu besetzen. Diese Praxis sei allen Bediensteten hinlänglich bekannt. Im Interesse einer besseren Transparenz der Personalauswahl sei der BND kürzlich dazu übergegangen, diese "Ausschreibungen" nunmehr als "Interessenfeststellungen" zu bezeichnen, um den Unterschied zu förderlichen Ausschreibungen noch deutlicher hervorzuheben.
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Dem entspricht auch das tatsächliche Vorgehen des BND, wie es in dessen Auswahlvermerk vom 16. November 2012 zum Ausdruck kommt. Danach hat der Personalbereich des BND einzelne Bewerber aus eindeutig nicht im Rahmen von Art. 33 Abs. 2 GG liegenden, offen so benannten personalwirtschaftlichen Erwägungen aus der engeren Betrachtung ausgeschieden.
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c) Dass eine Auswahlentscheidung - wie im Falle einer Umsetzungskonkurrenz - außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 2 GG liegt, bedeutet indes nicht, dass ein Beamter rechtsschutzlos gestellt wäre. Wie bei einer Klage g e g e n eine Umsetzung ("Weg-Umsetzung") sind der Ermessensentscheidung des Dienstherrn auch bei einer Klage, mit der eine Umsetzung a u f einen bestimmten Dienstposten begehrt wird ("Hin-Umsetzung"), vielmehr die oben dargestellten äußersten Grenzen gesetzt. Von diesen kommt hier allenfalls eine Verletzung der Fürsorgepflicht in Betracht:
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Der Dienstherr ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2005 - 2 BvR 583/05 - BVerfGK 5, 250 <252 f.> m.w.N.). Hieraus können sich "abwehrrechtliche" Gesichtspunkte gegen eine Umsetzung ergeben, etwa wenn mit einem Dienstposten verbundene Belastungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beamten führen können (vgl. zu einer behaupteten gesundheitlichen Labilität: BVerwG, Urteil vom 7. März 1968 - 2 C 137.67 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 9 S. 50 f.). Eine Verdichtung der aus der Fürsorgepflicht folgenden Berücksichtigung privater Belange des Beamten dahingehend, dass sie auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichtet sein könnte, ist aber allenfalls ausnahmsweise denkbar, etwa wenn der in Rede stehende Dienstposten der einzig gesundheitlich unbedenkliche für den Beamten wäre (vgl. zu einem angeblich "klimatisch und gesundheitlich" einzig tauglichen Dienstposten in der Oberpfalz: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1969 - 2 C 114.65 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 11 Leitsatz 2 und S. 4). Ein derartig konkretisierter Leistungsanspruch entspricht nicht der Struktur der Fürsorgepflicht; diese ist auf die Beseitigung eines bestehenden Missstands oder Mangels bezogen. Aus der Fürsorgepflicht kann sich daher ggf. - im Falle der Ermessenreduzierung auf Null - allenfalls ein Anspruch auf eine "Weg-Umsetzung" ergeben. Sie ist nach ihrem Inhalt und ihrer Struktur aber regelmäßig nicht geeignet, einen auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichteten Anspruch (auf eine "Hin-Umsetzung") zu vermitteln. Dass dem Kläger eine dahingehende subjektive Rechtsposition zustehen könnte, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar.
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d) Entgegen der Ansicht des Klägers steht ihm - jenseits des Erörterten - auch kein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung zu (vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO). Ein solcher Anspruch besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst ("eo ipso"). Vielmehr setzt er eine derartige subjektive Rechtsposition voraus. Über eine solche Rechtsposition verfügt der Kläger im Falle einer bloßen Umsetzungskonkurrenz aber - wie dargestellt - gerade nicht. Die Rechtssphäre des nicht berücksichtigten Beamten ist von der Auswahlentscheidung über eine ämtergleiche Umsetzung unter Ausschluss von Beförderungsbewerbern nicht betroffen. Das gilt auch für den Abbruch eines solchen Auswahlverfahrens. Der nicht berücksichtigte Bewerber hat keinen Anspruch darauf, die behördliche Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen. Das wäre selbst dann der Fall, wenn diese auf Willkür beruhte (wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist).
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2. Der Hilfsantrag kann ebenfalls keinen Erfolg haben.
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a) Es ist bereits zweifelhaft, ob der Hilfsantrag in statthafter Weise anhängig gemacht und angefallen ist. Denn er ist - auch nach Aufforderung des Senats um Klarstellung des mit der gewählten Formulierung Gemeinten - lediglich "für den Fall" gestellt, dass der Senat in der Übertragung des streitbefangenen Dienstpostens ein erledigendes Ereignis sehen sollte. Damit wird die Anhängigkeit des Hilfsantrags von einem innerprozessualen Umstand abhängig gemacht, nämlich davon, ob der Senat in einer bestimmten Frage eine bestimmte Rechtsansicht vertritt, nicht aber - wie für einen Hilfsantrag erforderlich - von der Erfolglosigkeit des Hauptantrags.
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b) Ungeachtet dessen ist der Feststellungsantrag jedenfalls unzulässig, weil es dem Kläger - aus denselben Gründen wie hinsichtlich des Hauptantrags - an der erforderlichen Klagebefugnis fehlt, also an einer subjektiven Rechtsposition, deren Vorliegen auch bei einer Feststellungsklage Prozessvoraussetzung ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <271> m.w.N.); hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
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c) Im Übrigen fehlt es auch an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
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aa) Der Kläger begründet sein Feststellungsinteresse zum einen mit einer Wiederholungsgefahr, nämlich damit, dass die Beklagte bei Bewerbungen um andere dienstliche Verwendungen, bei denen es möglicherweise ebenfalls auf die richtige Erfassung und Bewertung seiner Sprachkenntnisse und dienstlichen Tätigkeiten ankomme, erneut zu seinen Lasten entscheiden könnte, zumal die Beklagte sich keiner Versäumnisse bewusst sei. Damit ist die erforderliche hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, dass dem Kläger künftig eine vergleichbare Maßnahme durch die Beklagte droht, nicht dargetan (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 21 und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 41 ff.). Im Übrigen ist es unzutreffend, dass - wie der Kläger behauptet - die Beklagte ihre Versäumnisse abstreitet; im Gegenteil hat sie ausdrücklich eingeräumt, dass die ursprüngliche Auswahlentscheidung fehlerhaft war.
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bb) Zum anderen begründet der Kläger sein Feststellungsinteresse mit der beabsichtigten Geltendmachung eines Schadens- oder Amtshaftungsanspruchs: Er sei gehalten, die Vergütung des von ihm hinzugezogenen Rechtsanwalts gegenüber dem Beklagten geltend zu machen; da die Vergütungspauschale über die Gebührensätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hinausgehe, sei hierfür ein zusätzliches Amtshaftungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten notwendig.
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Ein Feststellungsinteresse wegen eines Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruchs kann indes nicht mit den Kosten des vorliegenden Streitverfahrens selbst begründet werden. Wäre nach Ansicht des Klägers eine Erledigung seines Rechtsschutzbegehrens eingetreten, hätte er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären können, ggf. unter ausdrücklicher Verwahrung gegen die Kostenlast oder mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Diese Konsequenz hat der Kläger aber nicht gezogen, sondern er hat an seinem Standpunkt festgehalten, dass er einen Anspruch auf Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens aufgrund der ersten (aufgehobenen) Stellenausschreibung habe. Der geltend gemachte Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruch ist damit offensichtlich nicht gegeben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten des Beigeladenen für nicht erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich daher auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind
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Erfordernisse der Raumordnung: Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung; - 2.
Ziele der Raumordnung: verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums; - 3.
Grundsätze der Raumordnung: Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden; - 4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung: in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen; - 5.
öffentliche Stellen: Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts; - 6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen: Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel; - 7.
Raumordnungspläne: zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.
(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Bei
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raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen, - 2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen, - 3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.
(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
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die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 30. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem zugunsten der Beigeladenen für die Errichtung eines Erdwärmekraftwerks im Gemeindegebiet der Klägerin die Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“ zugelassen wurde.
- 2
Die Beigeladene beabsichtigt, im Bereich Kandel mehrere geothermische Kraftwerke zu errichten. Teil dieses Konzeptes ist es, auf dem Gemeindegebiet der Klägerin drei Bohrungen bis zu einer Tiefe von etwa 3.600 m auszubringen. Oberirdisch soll ein Kraftwerk mit einer Leistung von 5 bis 7 MW entstehen. Für die Anlage wird eine Fläche von etwa 13.000 m² benötigt. Der vorgesehene Standort liegt südwestlich der Ortslage der Klägerin in einer Entfernung von etwa 900 m zur dortigen Wohnbebauung. Im Regionalen Raumordnungsplan Rheinpfalz 2004 ist der betroffene Bereich als „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“ ausgewiesen. Im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Kandel ist der vorgesehene Standort als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt.
- 3
Unter dem 31. August 2009 beantragte die Beigeladene für ihr Vorhaben eine vereinfachte raumordnerische Prüfung. Im Rahmen dieses Verfahrens äußerten sich unter anderem der Verband Region Rhein-Neckar als Planungsträger der Raumordnung sowie die Klägerin. Diese führte aus, dass die noch ungeklärten Auswirkungen der Bohrung und des Kraftwerksbetriebes einer positiven Stellungnahme entgegenstünden. Das Projekt führe zu einer Inanspruchnahme intensiv genutzter Ackerflächen und beeinträchtige die Schutzgüter Boden und Landschaftsbild.
- 4
Mit Bescheid vom 9. März 2010 ließ der Beklagte für die Errichtung eines Erdwärmekraftwerkes die Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „Vorranggebiet Landwirtschaft“ zu.
- 5
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010 zurückgewiesen wurde. Der Beklagte führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei sowohl unzulässig, als auch unbegründet. Die Klägerin werde durch die Zielabweichungsentscheidung nicht in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt, weshalb sie nicht widerspruchsbefugt sei. Die Ausweisung eines Vorranggebietes für die Landwirtschaft diene nicht ihren Interessen. Auch werde sie nicht in ihrer kommunalen Planungshoheit tangiert. Im Übrigen bestünden auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Zielabweichungsentscheidung.
- 6
Am 20. Januar 2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie dargelegt hat, der Widerspruchsbescheid enthalte eine zusätzliche selbstständige Beschwer, da die im Widerspruchsverfahren vorgesehene Zweckmäßigkeitsprüfung des Bescheides unterblieben sei. Ihre Widerspruchsbefugnis sei zu Unrecht verneint worden. Ihr stünde im weiteren Verfahren keine Möglichkeit mehr offen, gegen die Zielabweichungsentscheidung vorzugehen. Der von der Entscheidung unmittelbar betroffenen Gemeinde müsse eine Abwehrmöglichkeit hiergegen zustehen. Die Klägerin könne sich auf ihr Selbstverwaltungs- sowie ihr Selbstgestaltungsrecht berufen. Durch den Zielabweichungsbescheid werde ihr die Möglichkeit genommen, bei der Entscheidung über die Erteilung ihres Einvernehmens nach § 36 BauGB den Umstand zu berücksichtigen, dass raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürften (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Der Bescheid erweise sich auch inhaltlich als rechtswidrig.
- 7
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, dass der Widerspruchsbescheid gegenüber der Zielabweichungsentscheidung keine selbstständige Beschwer enthalte. Er habe auch zu Recht die Widerspruchsbefugnis der Klägerin verneint. Es sei nicht erkennbar, dass sie durch die Zielabweichungsentscheidung in einer subjektiven Rechtstellung betroffen sein könnte.
- 8
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
- 9
Mit Urteil vom 30. Juni 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Sie sei als Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid statthaft, da dieser eine zusätzliche Beschwer enthalte. Die Klage erweise sich indessen als unbegründet, da die Klägerin nicht widerspruchsbefugt gewesen sei. Eine derartige Widerspruchsbefugnis könne zunächst nicht aus der möglichen Verletzung von Beteiligungsrechten hergeleitet werden. Auch werde die Planungshoheit der Klägerin nicht beeinträchtigt. Wesentliche Teile des Gemeindegebietes würden nicht in Anspruch genommen, weil das Vorhaben lediglich eine Fläche von 1,3 ha umfasse. Zudem bestehe für den Standort keine eigene, hinreichend bestimmte Planung der Klägerin. Auch das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin sei nicht betroffen, da keine erhebliche Auswirkung des Vorhabens auf das Ortsbild eintreten könne. Die Zielfestsetzung „Vorrangfläche für die Landwirtschaft“ begründe im Übrigen keine subjektive Rechtsposition der Klägerin. Ihr stünden zudem Mitwirkungsbefugnisse im Rahmen der erforderlichen Genehmigungsverfahren zu.
- 10
Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und führt ergänzend aus, dass das Verwaltungsgericht einen zu engen Maßstab für das Vorliegen einer Widerspruchsbefugnis angelegt habe. Ihr Selbstgestaltungsrecht werde durch die Auswirkungen des Kraftwerks auf die Ortslage beeinträchtigt. Sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 LPlG als auch die von ihr herangezogenen Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms dienten ihrem Schutz.
- 11
Die Klägerin beantragt,
- 12
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011 den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2010 aufzuheben.
- 13
Der Beklagte beantragt,
- 14
die Berufung zurückzuweisen.
- 15
Er vertritt die Auffassung, dass sich die Klägerin nur auf solche Belange stützen könne, die dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG zugeordnet werden könnten. Was das Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde angehe, so werde dieses nicht durch jede Maßnahme der überörtlichen Planung beeinträchtigt. § 10 Abs. 6 Landesplanungsgesetz stelle keine Schutznorm zugunsten der Gemeinde dar.
- 16
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
- 17
die Berufung zurückzuweisen.
- 18
Aus ihrer Sicht sei nicht erkennbar, dass die Klägerin durch den Zielabweichungsbescheid in ihren Rechten verletzt werde.
- 19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 20
Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.
- 21
Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2010 gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
- 22
Die Klage erweist sich allerdings bereits als unzulässig. Die Klägerin konnte zwar mit ihrer Anfechtungsklage isoliert gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vorgehen. Ihr fehlt indessen die für die Erhebung einer solchen Klage erforderliche Klagebefugnis.
- 23
1. Die Anfechtungsklage der Klägerin konnte sich gemäß § 79 Abs. 2 VwGO auf den Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010 beschränken. Eine isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides ist nach dieser Vorschrift zulässig, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält (Satz 1). Als zusätzliche Beschwer gilt dabei auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, soweit der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht (Satz 2).
- 24
Die Klägerin kann eine zusätzliche Beschwer daraus herleiten, dass durch die Zurückweisung ihres Widerspruchs als unzulässig eine Sachentscheidung unterblieben ist, bei der der Widerspruchsbehörde ein über die gerichtliche Rechtskontrolle des Ausgangsbescheides hinausgehender Entscheidungsspielraum zugestanden hätte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 79 Rn. 11; Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 79 Rn. 48; Saurenhaus in Wysk, VwGO, 2010, § 7, Rn. 8, Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 79, Rn. 10, OVG RP, Urteil vom 03. Juli 2002 – 8 A 10670/02.OVG −, juris, Rn. 17). Gegenstand der Prüfung der Widerspruchsbehörde ist im vorliegenden Fall neben der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes auch dessen Zweckmäßigkeit (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da § 10 Abs. 6 Landesplanungsgesetz – LPlG − der Behörde bei der Entscheidung über eine Zielabweichung Ermessen einräumt. Hätte der Beklagte den Widerspruch zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen, wäre die im Gesetz vorgesehene - und nur der Widerspruchsbehörde mögliche - umfassende inhaltliche Prüfung des Ausgangsbescheides fehlerhaft unterblieben. Der Beklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass er den Widerspruch in dem angefochtenen Bescheid auch als unbegründet zurückgewiesen habe. Seine Ausführungen zur Begründetheit stellen nämlich lediglich darauf ab, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Zielabweichungsentscheidung bestünden. Hiernach hat die Widerspruchsbehörde aber lediglich auf Rechtsfehler abgestellt und die Zweckmäßigkeit der Verfügung nicht eigenständig beurteilt. Für die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte.
- 25
2. Die Klägerin ist indessen nicht nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie wird durch die Zurückweisung ihres Widerspruchs als unzulässig offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in ihren Rechten verletzt. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein.
- 26
a. Die Klagebefugnis, die die Möglichkeit voraussetzt, dass der Klägerin durch den angefochtenen Bescheid zu Unrecht eine Sachentscheidung vorenthalten wurde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 17. Auflage 2011, § 79 Rn. 12), ist bereits deshalb zu verneinen, weil der Klägerin für den von ihr erhobenen Rechtsbehelf gegen den Zielabweichungsbescheid die erforderliche Widerspruchsbefugnis fehlt.
- 27
Zwar ist eine Widerspruchsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung bei Ermessensverwaltungsakten auch dann gegeben, wenn der Widerspruchsführer sich auf die bloße Unzweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung stützt. Er kann auch darauf abstellen, dass der Ausgangsverwaltungsakt zwar nicht rechtsfehlerhaft ist, eine andere Lösung sich aber als zweckmäßiger und für ihn vorteilhafter erwiese. Auch hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer sich auf eine Betroffenheit in eigenen Rechten berufen kann und damit auf ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. Auch der Widerspruch dient als Rechtsbehelf dem subjektiven Rechtsschutz und eröffnet keine Popularbeschwerde (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 69, Rn. 6; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Ergänzungslieferung 2011, § 70, Rn. 42; Geis in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 69, Rn. 52). Die Möglichkeit der Betroffenheit in eigenen Rechten ist hiernach gleichermaßen Voraussetzung von Klage- und Widerspruchsbefugnis.
- 28
b. Im Falle der Klägerin wird indessen eine subjektive Rechtsstellung durch die Zielabweichungsentscheidung des Beklagten offensichtlich nicht berührt. Sie wird durch die Entscheidung des Beklagten nicht in ihren Beteiligungsrechten verletzt. Darüber hinaus kann sie nicht verlangen, dass ihre Belange bei der Entscheidung über eine Zielabweichung berücksichtigt werden.
- 29
aa. Rechtsgrundlage für die Entscheidung über eine Zielabweichung ist § 10 Abs. 6 LPlG. Hiernach kann die obere Landesplanungsbehörde im Benehmen mit den fachlich berührten Stellen der oberen Verwaltungsebene und der jeweiligen Planungsgemeinschaft die Abweichung von einem Ziel des regionalen Raumordnungsplans zulassen, wenn diese aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und der regionale Raumordnungsplan in seinen Grundzügen nicht berührt wird.
- 30
bb. Die Klägerin kann sich im Hinblick auf das Verfahren des Beklagten zunächst nicht auf die Verletzung eines Beteiligungsrechts berufen. Die Beteiligung der Gemeinde, deren Gebiet von der Zielabweichung betroffen ist, ist in der gesetzlichen Regelung des Zielabweichungsverfahrens in § 10 Abs. 6 LPlG nicht vorgesehen. Mit dem Verwaltungsgericht kann aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG zwar je nach Betroffenheit ein Beteiligungsrecht, nicht jedoch ein Recht der Gemeinde darauf abgeleitet werden, dass die Zielabweichungsentscheidung nur in ihrem Einvernehmen ergehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1969 − IV C 82.66 –, BRS 22 Nr. 29 und juris, Rn. 24). Da die Klägerin ihre Beteiligung im vereinfachten raumordnerischen Verfahren dazu genutzt hat, auch zur Frage der Zielabweichung Stellung zu nehmen, war sie in jedem Fall in einer diesen Anforderungen genügenden Weise in das Verfahren des Beklagten einbezogen.
- 31
cc. Auch was den Inhalt des Zielabweichungsbescheides angeht, werden hierdurch Rechte der Klägerin nicht betroffen.
- 32
(1) Dafür, dass § 10 Abs. 6 Satz 1 LPlG die Rechte der von einer Zielabweichungsentscheidung betroffenen Gemeinde schützt, lassen sich dem Wortlaut der Vorschrift keinerlei Anhaltspunkte entnehmen.
- 33
(2) Die Zielabweichungsentscheidung greift auch nicht zwangsläufig in die Rechtsstellung der Belegenheitsgemeinde ein. Vielmehr wird durch die Zulassung der Abweichung eine durch die raumordnerische Zielfestlegung entstehende Bindung der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG angelegten Planungshoheit der Belegenheitsgemeinde gelockert, so dass sie sich für die Gemeinde im Regelfall begünstigend auswirkt. Mit der Entscheidung, auch wenn sie an einen Privaten gerichtet ist, wird nämlich die in § 4 Abs. 1 Raumordnungsgesetz – ROG − formulierte Beachtenspflicht und die sich aus § 1 Abs. 4 BauGB ergebende Anpassungspflicht des Trägers der kommunalen Bauleitplanung an ein bestehendes Ziel der Raumordnung in einem konkreten Einzelfall und für ein bestimmtes Vorhaben suspendiert (vgl. Goppel in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 6 Rn. 16).
- 34
(3) Auch liegt kein Fall vor, bei dem ausnahmsweise von einer rechtlichen Betroffenheit der Gemeinde ausgegangen werden kann. Eine derartige Rechtsbetroffenheit kommt nur dann in Betracht, wenn das Ziel der Raumordnung, von dem eine Abweichung zugelassen wurde, dazu bestimmt ist, Belange der Gemeinde zu schützen, oder wenn bei der Zielabweichungsentscheidung zugunsten der Errichtung eines bestimmten Vorhabens raumordnerische Belange unberücksichtigt gelassen wurden, die den Interessen der Gemeinde dienen sollen (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. Oktober 2010 – 8 C 10150/10.OVG – juris, Rn. 83; vgl. zum Schutz der Nachbargemeinde durch eine landesplanerische Festsetzung: BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 -, BVerwGE 135, 209 und juris, Rn. 14).
- 35
(a) Die Ausweisung eines Vorranggebietes für die Landwirtschaft, der nach Nr. 4.1.2 des Regionalen Raumordnungsplanes Rheinpfalz 2004 Zielqualität zukommt, dient nicht den Interessen der Klägerin. Ausweislich der Begründung zu dieser Zielsetzung soll hierdurch die raumordnerische und landesplanerische Bedeutung der Landwirtschaft in der Planungsregion unterstützt werden. Die landwirtschaftlichen Betriebe sollen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für die Siedlungsausweitung mit in qualitativer und quantitativer Hinsicht hinreichenden Flächen ausgestattet werden.
- 36
Hiernach dient die Zielsetzung aber der Aufrechterhaltung einer überörtlichen landwirtschaftlichen Struktur und der Sicherung der Grundlage für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die betroffenen Flächen werden gerade einer planerischen Gestaltung durch die Gemeinde entzogen, da sie vor einer außerlandwirtschaftlichen Inanspruchnahme zu schützen sind. Mit der Zielausweisung wird hiernach gerade nicht die Absicht verfolgt, die Interessen der Klägerin zu schützen und insbesondere ihre Planungshoheit zu gewährleisten.
- 37
(b) Auch bei der Entscheidung, dass eine Abweichung von dem Ziel „Vorrangfläche für die Landwirtschaft“ zugunsten der Errichtung eines Geothermiekraftwerkes zulässig sein soll, hat der Beklagte keine Belange unberücksichtigt gelassen, die rechtlich geschützte Interessen der Klägerin schützen sollen. Als Standort für ein dahingehendes Berücksichtigungsgebot käme lediglich die nach § 10 Abs. 6 Satz 1 LPlG zu prüfende raumordnerische Vertretbarkeit der Abweichung oder die nach dieser Vorschrift aufzuwerfende Frage, ob der regionale Raumordnungsplan in seinen Grundzügen berührt wird, in Betracht.
- 38
Der Regionale Raumordnungsplan Rheinpfalz 2004 selbst enthält keine Vorgaben für die Zulässigkeit eines derartigen Kraftwerks, schon gar nicht in der Hinsicht, dass bei einer hierfür notwendigen Zielabweichung Interessen der Belegenheitskommune zu berücksichtigen wären. Der Grundsatz 6.3.3.1 benennt lediglich die Geothermie als Form erneuerbarer Energien, die bis zum Jahr 2010 etwa 6 % der Stromerzeugung in der Region ausmachen sollen. Auch die von der Klägerin angeführten Vorgaben des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) sind nicht darauf angelegt, ihre Interessen zu wahren. Sie stellt auf die Grundsätze 165 und 170 sowie die Ziele 171 und 172 des Landesentwicklungsprogramms ab. Die entsprechenden Grundsätze und Ziele lassen indessen nicht erkennen, dass hiermit der Schutz der Interessen der Standortgemeinden gewährleistet werden soll. Vielmehr werden aus energiepolitischer Sicht Anforderungen an die Ausweisung der Standorte von Energieversorgungsanlagen formuliert, bei denen insbesondere die Nutzung erneuerbarer Energien im Vordergrund stehen soll. Zum Zweck einer effektiven Energienutzung ist dabei vorgesehen, Abwärmeverluste nach Möglichkeit zu vermeiden. Als hierfür geeignete Techniken werden die Kraft-Wärme-Kopplung und der Ausbau von Nahwärmenetzen angesehen. Eine Berücksichtigung schutzwürdiger Belange der Standortgemeinden lässt sich indessen diesen Vorgaben nicht entnehmen.
- 39
Dass in dem in Aufstellung befindlichen Raumordnungsplan Rhein-Neckar 2020 eine Regelung vorgesehen ist, wonach Geothermiekraftwerke vorrangig in Industrie- oder Gewerbegebieten errichtet werden sollen, streitet – abgesehen von der Frage der rechtlichen Relevanz des Entwurfs als sonstiges Erfordernis der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG (vgl. Runkel in Spannowsky/ Runkel/Goppel, a.a.O., § 3 Rn. 70) − ebenfalls nicht für die Klägerin. Auch hiermit soll eine effiziente Energieausnutzung unter Einschluss der Abwärme gewährleistet werden, so dass eine auf die Belange der Standortkommunen abzielende Schutzrichtung nicht erkennbar wird.
- 40
(3) Auch unter weiteren, im bisherigen gerichtlichen Verfahren angesprochenen Gesichtspunkten ist die Planungshoheit der Klägerin nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG durch die Zielabweichungsentscheidung nicht betroffen.
- 41
(a) Nicht einschlägig ist die Rechtsprechung, wonach für die materielle Rechtfertigung von Einschränkungen der kommunalen Planungshoheit verbindliche raumordnerische Vorgaben der Wahrung überörtlicher Interessen von höherem Gewicht dienen und sich angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung als verhältnismäßig darstellen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 2011 - 4 CN 9.10 -, juris, Rn. 12, Urteil vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 und juris, Rn. 14). Dieser Maßstab gilt für den Fall, dass die Gemeinde im Rahmen der überörtlichen Planung an ein Ziel der Raumordnung gebunden wird. Durch die angefochtene Zielabweichungsentscheidung, die die bislang bestehende Zielbindung lockert, entsteht indessen gerade keine Einschränkung der Planungshoheit in dem angesprochenen Sinne. Es fehlt an der Kollision zwischen gemeindlicher Planungshoheit und der Bindung an eine überörtliche Planung. Hinzu kommt, dass eine raumordnerische Planungsentscheidung final programmiert ist, während die auf behördlichem Ermessen beruhende Ermöglichung einer Zielabweichung eine konditional vorgeprägte Entscheidung darstellt (vgl. Schmitz in Bielenberg/ Runkel/Spannowsky/Reitzig/Schmitz, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, EL 3/2011, Oktober 2011, L § 6 Rn. 133).
- 42
(b) Gleichermaßen greifen die Kriterien für die Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit im Rahmen fachplanerischer Entscheidungen und Regelungen nicht ein. Die Gemeinde kann sich hiernach gegen eine Fachplanung unter Berufung auf ihre Planungshoheit grundsätzlich dann zur Wehr setzen, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird, wenn das Fachplanungsvorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer kommunalen Planung entzieht oder wenn gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2005 – 9 A 62.03 -, DVBl. 2005, 903 und juris, Rn. 44; Urteil vom 27. März 1992 – 7 C 18.91 -, BVerwGE 90, 96 und juris, Rn. 20). Die Zulassung einer Zielabweichung ist indessen nicht mit einer fachplanerischen Entscheidung vergleichbar. Gegenstand der Fachplanung sind Einzelvorhaben oder einzelne fachliche Gesichtspunkte. Demgegenüber sind raumordnerische Entscheidungen fachübergreifend und gesamträumlich angelegt. Zudem ist wiederum darauf zu verweisen, dass die Zielabweichungsentscheidung von vorneherein keine zusätzliche Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit entstehen lässt.
- 43
(c) Die Klägerin wird durch die Zielabweichungsentscheidung zudem nicht in ihrem Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigt. Das gemeindliche Selbstgestaltungsrecht als Teil der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG räumt der Gemeinde ein Abwehrrecht gegen solche Maßnahmen ein, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 1999 – 4 VR 18.98 -, NVwZ-RR 1999, 554 und juris, Rn. 9; OVG RP, Beschluss vom 11. Juni 2010 – 8 B 10618/10.OVG –, LKRZ 2010, 346 und juris, Rn. 4; BayVGH, Urteil vom 6. März 2009 – 22 A 07.40036 -, BRS 74, Nr. 152 und juris, Rn. 26). Die Entscheidung darüber, ob ein bestimmtes Vorhaben unter Abweichung von raumordnungsrechtlichen Zielvorgaben zulässig ist, wirkt sich indes auf das Ortsbild der betroffenen Gemeinde nicht aus, da lediglich eine Aussage über den Umfang der Zielbindung getroffen wird. Entsprechende Auswirkungen können sich erst aus einer Entscheidung ergeben, mit der über die Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt befunden wird.
- 44
(d) Schließlich eröffnet das Einvernehmenserfordernis des § 36 BauGB der Klägerin ebenfalls kein Abwehrrecht gegen die Entscheidung des Beklagten. Das aus der gemeindlichen Selbstverwaltung erwachsende Beteiligungsrecht des § 36 BauGB ermöglicht es der Gemeinde zwar, ihr Einvernehmen zu versagen, wenn die objektiv-rechtlichen Voraussetzungen für die bauplanerische Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich nach § 35 BauGB nicht vorliegen und insbesondere raumbedeutsame Vorhaben entgegen § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB den Zielen der Raumordnung widersprechen. Diese umfassende Prüfungsbefugnis räumt der Gemeinde allerdings keinen Anspruch darauf ein, dass die bei der Prüfung zu berücksichtigende objektive Rechtslage unverändert erhalten bleibt. Ihr wird kein Durchgriffsrecht auf die der rechtlichen Beurteilung nach § 35 BauGB zugrundeliegenden raumordnerischen Vorgaben eingeräumt.
- 45
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 und 3 sowie 162 Abs. 3 VwGO.
- 46
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 2 VwGO und 708 ff. ZPO.
- 47
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür genannten Gründe vorliegt.
- 48
Beschluss
- 49
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn der Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.
(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind
- 1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen, - 2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.
(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.
(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).
(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten das Normenkontrollverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag der Antragstellerin abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan „Biogasanlage, Änderung I“ der Antragsgegnerin.
- 2
Die Antragstellerin ist eine Nachbargemeinde der Antragsgegnerin und gehört wie diese der Verbandsgemeinde Göllheim an. Die Ortslage Lautersheim liegt vom geplanten Standort der Biogasanlage ca. 1,5 km entfernt in östlicher Richtung. Der Abstand des Plangebiets zur westlichen Gemarkungsgrenze der Antragstellerin beträgt etwa 300 m.
- 3
Die Antragsgegnerin hatte zunächst einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Bauvorhaben „Biogasanlage“ aufgestellt, der am 14. September 2011 als Satzung beschlossen worden war und mit öffentlicher Bekanntmachung vom 19. Januar 2012 in Kraft trat. Nach der Projektbeschreibung des damaligen Projektpartners … GmbH sollte eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus der Vergärung nachwachsender Rohstoffe in einer Menge von bis zu 40.000 Tonnen pro Jahr errichtet werden. Hiergegen richtete sich ein von der Antragstellerin am 2. April 2012 beim erkennenden Senat eingeleitetes Normenkontrollverfahren (Az.: 8 C 10387/12.OVG), das mit Beschluss vom 11. Juli 2012 zum Ruhen gebracht wurde, nachdem die Antragsgegnerin am 23. Mai 2012 den Beschluss zur Aufstellung eines neuen, nicht vorhabenbezogenen Bebauungsplans gefasst hatte. Nach Inkrafttreten des neuen Bebauungsplans wurde das Verfahren mit Senatsbeschluss vom 22. Mai 2013 wieder aufgenommen und unter dem neuen Aktenzeichen 8 C 10561/13.OVG fortgeführt.
- 4
Hintergrund der Neuaufstellung des Bebauungsplans war die Übernahme des Projekts durch die Fa. N…. GmbH u. Co. … KG, die eine Anpassung der Konzeption der Biogasanlage an den neuesten Stand der Technik plant. Danach soll ein Verfahren zur Gasaufbereitung eingesetzt werden, das in der Lage ist, aus Rohbiogas neben Methan auch Kohlendioxid in hoher Qualität zu separieren. Des Weiteren soll eine Methanisierungsanlage (sog. Solar-Fuel-Anlage) errichtet werden, in der Wasser mit Hilfe von Strom in Sauerstoff und Wasserstoff getrennt wird; während der Sauerstoff in die Atmosphäre entlassen oder vermarktet werden soll, soll der Wasserstoff mithilfe von Kohlendioxid zu Methan umgewandelt werden, um das Methangas in ein nahegelegenes Erdgasnetz einzuspeisen. Hierzu besteht eine Einspeisemöglichkeit in ca. 1,5 km Entfernung südwestlich des Standorts der Biogasanlage, für die eine Netzanschlusszusage der Netzbetreibergesellschaft vorliegt. Bis zum Betrieb der Solar-Fuel-Anlage soll das überschüssige Kohlendioxid als technisches Gas oder Trockeneis aufbereitet werden. Die Biogasanlage soll wie schon bisher geplant mit in der näheren Umgebung produzierten Rohstoffen wie Mais, Ganzpflanzensilage, Hirse u. ä. versorgt werden. Aufgrund der geänderten Anlagenkonzeption sollen jedoch die Input-Mengen um rund 15 % auf maximal 45.000 t/a erhöht werden. Nach den Planungen des Investors soll die Biogasanlage aus einer Fahrsiloanlage mit 4 Kammern, einem Fermenter, einem Nachgärer, einem Gärrestelager, einem Blockheizkraftwerk (536 KW) zur Produktion von Strom und Wärme für den Eigenbedarf, einer Gasaufbereitungsanlage, einer Anlage zur Trockeneisherstellung sowie optional aus der Solar-Fuel-Anlage bestehen.
- 5
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst eine Fläche von 3,85 ha und besteht bisher im Wesentlichen aus intensiv-landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen. Er grenzt südlich an die L 450 sowie an die hier nach Südosten in Richtung Lautersheim abzweigende K 71, an die eine Anbindung über einen Wirtschaftsweg besteht. Im Süden wird das Plangebiet durch einen weiteren Wirtschaftsweg begrenzt; im Westen grenzt es an als Ackerfläche genutzte Flurstücke. Die nächstgelegenen Wohnsiedlungen sind ca. 500 m östlich das Gehöft E., ca. 1.000 m nordöstlich der G. Hof und westlich in ca. 1.000 m Entfernung der Ortsrand von Göllheim.
- 6
Nach öffentlicher Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses am 31. Mai 2012 wurde in der Zeit vom 11. Juni bis zum 10. Juli 2012 die frühzeitige Bürgerbeteiligung und bis zum 31. Juli 2012 die frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchgeführt. Am 27. September 2012 wurde die Auslegung des Planentwurfs öffentlich bekannt gemacht; darin wurde als Gegenstand der Auslegung aufgeführt „der landespflegerische Planungsbeitrag“ und „die vorliegenden Gutachten“; sodann erfolgte der Hinweis, dass die „bisher eingegangenen umweltbezogenen Stellungnahmen“ eingesehen werden können. Der Planentwurf wurde in der Zeit vom 9. Oktober bis 8. November 2012 öffentlich ausgelegt; die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange fand vom 1. Oktober bis zum 2. November 2012 statt.
- 7
Die Antragstellerin hat sowohl in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung als auch während der Offenlage des Plans Einwendungen gegen die Planung erhoben. Sie machte grundsätzliche Bedenken gegen das Konzept der Biogasanlage im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die regionale Landwirtschaft sowie den Tourismus geltend und rügte insbesondere die aus ihrer Sicht bedenklichen Planungen zur Regenrückhaltung und zur Behandlung des Niederschlagswassers, ferner eine mangelnde Berücksichtigung der Belange des Rohstoffabbaus, des Artenschutzes sowie des Immissionsschutzes.
- 8
Im Verlauf des Planaufstellungsverfahrens legte die Vorhabenträgerin insbesondere folgende in ihrem Auftrag erstellte Gutachten vor:
- 9
- Eine „Immissionsprognose zur Bestimmung der Geruchsimmissionsbelastung im Bereich der geplanten Biogasanlage“ der Fa. O… GmbH vom 26. Juni 2012; diese gelangte unter Anwendung der Geruchsimmissions-Richtlinie GIRL in der Fassung vom 29. Februar 2008 mit Ergänzung vom 10. September 2009 zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Hofstellen mit Wohnnutzung im Außenbereich die Immissionswerte der GIRL mit maximal 9 % der Jahresstunden eingehalten werden und im Bereich der Wohnbebauung in Göllheim und Lautersheim die Immissionswerte unter 2 % der Jahresstunden liegen; daher spreche aus gutachterlicher Sicht nichts gegen die Errichtung und den Betrieb der Anlage am vorgesehenen Standort.
- 10
- Eine „Schallimmissionsprognose für die geplante Biogasanlage“ der Fa. G… und Partner vom 2. Juli 2012, die zu dem Ergebnis gelangte, dass die zur Berücksichtigung einer Vorbelastung um 6 dB geminderten Immissionsrichtwerte der TA Lärm im Beurteilungszeitraum tags um mindestens 16 dB und im Beurteilungszeitraum nachts um mindestens 4 dB unterschritten und damit eingehalten werden; ebenso werde das Spitzenwertkriterium der TA Lärm an allen Immissionsorten eingehalten. Ferner seien organisatorische Maßnahmen zur Minderung der Geräusche des An- und Abfahrverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m vom Betriebsgrundstück nicht erforderlich, da der geplante Verkehr von höchstens 6 Traktoren pro Stunde im Zeitraum von 7:00 bis 22:00 Uhr die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV nicht überschreiten werde und aufgrund der ländlichen Umgebung auch davon auszugehen sei, dass eine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgen werde.
- 11
- Eine artenschutzrechtliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 11. September 2012 zu möglichen Feldhamstervorkommen im Plangebiet, wonach der Feldhamster im Bereich des Göllheimer Hügellandes aufgrund verschiedener Untersuchungen wohl nicht mehr oder nur noch sehr selten vorkomme, woraus er schließe, dass ein Konflikt des Bauvorhabens mit dem Tötungsverbot des Artenschutzrechts nicht zu vermuten sei.
- 12
In seiner Sitzung vom 20. März 2013 schloss sich der Gemeinderat den Vorschlägen der Verwaltung zur Abwägung der vorgebrachten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander an und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Zuvor stimmte er einem am selben Tage unterzeichneten, zwischen der Ortsgemeinde Göllheim, der Verbandsgemeinde und der Investorin geschlossenen städtebaulichen Vertrag zu; darin verpflichtet sich die Ortsgemeinde u. a. zur Durchführung im Einzelnen bezeichneter Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen binnen 2 Jahren nach Fertigstellung des Vorhabens auf von ihr gesicherten Grundstücken, wobei die Kosten der Maßnahmen von der Investorin zu tragen sind.
- 13
Der angefochtene Bebauungsplan setzt auf nahezu der gesamten Fläche ein sonstiges Sondergebiet gemäß § 11 BauNVO mit der Zweckbestimmung „Biogasanlage“ fest, ferner ein Regenrückhaltebecken mit einem Rückhaltevolumen von 900 cbm und einer Grundfläche von maximal 1.200 qm als Fläche für die Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB (Ziffer 1.5) sowie Maßnahmen M 1 bis M 3 zur Anlage eines Windschutzgehölzes und von Baum- und Strauchhecken als Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB (Ziffer 1.7). Außerdem stellt er in der Planskizze einen außerhalb des eigentlichen Plangebiets in der Flur „In den Sauerwiesen“ gelegenen Teilbereich B dar, für den auf im Einzelnen genannten Parzellen gemäß Ziffer 1.6 der textlichen Festsetzungen weitere Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt werden. Darüber hinaus enthält der Plan in Ziffer 1.8 eine Zuordnungsfestsetzung gemäß § 9 Abs. 1 a Satz 2 BauGB, wonach alle Ausgleichsmaßnahmen und Maßnahmen zum Artenschutz vollständig der Sonderbaufläche für Biogas zugeordnet werden.
- 14
Ausweislich seiner Begründung verfolgt der Bebauungsplan das Ziel, die Erzeugung und Nutzung von regenerativer Energie im Gemeindegebiet weiter auszubauen und in ihrer Gemarkung im Bereich der im Regionalen Raumordnungsplan sowie im Flächennutzungsplan vorgesehenen Flächen einen Energiepark für regenerative Energien zu verwirklichen, in dem möglichst viele regenerative Energieformen errichtet werden sollen; dabei solle zusätzlich zur Biogasanlage eine sog. Solar-Fuel-Anlage zur Methanisierung des in der Biogasanlage erzeugten Rohbiogases zwecks Einspeisung in das Erdgasnetz entstehen, ferner eine Photovoltaikanlage auf den Betriebsgebäuden. Schließlich sei als Teil des Gesamtkonzepts vorgesehen, im nahen Umfeld die Errichtung einer Windkraftanlage zur Erzeugung des Stroms für die Solar-Fuel-Anlage durch Aufstellung eines gesonderten Bebauungsplans zu ermöglichen.
- 15
Der Umweltbericht umfasst eine Prüfung, ob durch den Vollzug des Bebauungsplans artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt werden und verneint dies für den Fall der Durchführung im Einzelnen bezeichneter Vermeidungsmaßnahmen; darüber hinaus sieht er vor, dass zum Ausgleich des Lebensraumverlusts für die Feldlerche ein Ausgleich durch Anlegung sog. Feldlerchenfenster auf Ackerflächen in der Umgebung erfolgt sowie zum Ausgleich für den potentiellen Lebensraumverlust des Feldhamsters sog. Hamsterstreifen oder Stoppelbrachen in der Umgebung angelegt werden. Des Weiteren enthält der Umweltbericht ein Konzept zur Vermeidung und zum Ausgleich bauleitplanerisch bedingter Eingriffe in Natur und Landschaft; dabei sieht er neben Vermeidungs- und Ausgleichmaßnahmen im Plangebiet als Ausgleich für ein nach seiner Flächenbilanzierung verbleibendes Ausgleichsdefizit auch externe Ausgleichsmaßnahmen vor: Zum einen die zum Ausgleich für den Lebensraumverlust für Hamster und Feldlerche in der näheren Umgebung des Plangebiets vorgesehenen Maßnahmen, zum anderen in der Flur „In den Sauerwiesen“ auf Ökokontoflächen der Gemeinde durchzuführende biotop- und bodenverbessernde Maßnahmen, insbesondere zur Renaturierung des Hasenbachs. Schließlich sind nach dem Umweltbericht unter Berücksichtigung der vorgelegten Gutachten im Vollzug des Bebauungsplans auch keine erheblichen Beeinträchtigungen der Nachbarschaft durch Lärm- oder Geruchsimmissionen zu erwarten.
- 16
Nachdem der Flächennutzungsplan in seiner derzeitigen Fassung das Plangebiet als Fläche für die Landwirtschaft darstellt und dessen Fortschreibung noch nicht in Kraft war, genehmigte die Kreisverwaltung mit Schreiben vom 24. April 2013 den Bebauungsplan gemäß §§ 10 Abs. 2 Satz 1, 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Am 25. April 2013 wurde der Bebauungsplan ausgefertigt und am 2. Mai 2013 öffentlich bekannt gemacht.
- 17
Zur Begründung ihres am 22. Mai 2013 auf den neuen Bebauungsplan erstreckten Normenkontrollantrags macht die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes geltend:
- 18
Ihr Antrag sei zulässig, insbesondere sei sie antragsbefugt. Sie könne geltend machen, durch die Planung in dem aus ihrer Planungshoheit fließenden interkommunalen Abstimmungsgebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB verletzt zu sein. Hierzu sei es nicht erforderlich, dass sie eigene, mit dem angefochtenen Plan abzustimmende Bauleitpläne oder Planungsabsichten habe. Das interkommunale Abstimmungsgebot sei schon in formaler Hinsicht verletzt, weil sie in der Offenlage des Plans nur wie ein normaler Bürger beteiligt worden sei. In materieller Hinsicht führe der angefochtene Plan wegen der Lage des Plangebiets unmittelbar an der Gemarkungsgrenze dazu, dass ihre planerische Ausdehnung in Richtung Westen faktisch verhindert werde. Die Planung erweise sich in Wahrheit als Planung eines Industriegebiets, weil die Kapazitätsgrenzen für eine im Außenbereich privilegierte Biogasanlage deutlich überschritten würden. Ihr Interesse, vor Nachteilen bewahrt zu werden, habe ein besonderes Abwägungsgewicht.
- 19
Ihr fehle auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag, weil die inzwischen der Vorhabenträgerin erteilte immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung ihr gegenüber nicht bestandskräftig geworden sei, nachdem sie dagegen Widerspruch eingelegt habe.
- 20
Der Normenkontrollantrag sei auch begründet, denn der Bebauungsplan sei aus formellen und materiellen Gründen unwirksam.
- 21
In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei zu rügen, dass das Auswechseln der Verfahrensart vom vorhabenbezogenen auf den allgemeinen Bebauungsplan rechtswidrig gewesen sei. Beide Verfahren seien strikt voneinander zu trennen. Der vorliegende Bebauungsplan stelle eine unzulässige Mischnutzung dar, indem er nach außen vorgebe, eine Angebotsplanung zu sein, aber in Wahrheit technische Neuerungen ermöglichen solle, die auch innerhalb eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans hätten ermöglicht werden können. Zudem könne die Ausfertigung nicht ordnungsgemäß erfolgt sein; sie bestreite, dass die Genehmigung vom 24. April 2013 der Gemeinde bereits am 25. April 2013 vorgelegen habe.
- 22
In materieller Hinsicht sei der Bebauungsplan insbesondere aus folgenden Gründen rechtswidrig: Das im Regionalen Raumordnungsplan dargestellte Vorbehaltsgebiet zur Rohstoffsicherung sei in der Abwägung nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht berücksichtigt worden. Die Beseitigung des Niederschlagswassers sei nicht bewältigt worden, weil bei der Berechnung des Regenrückhaltebeckens lediglich von einem 10-jährigen statt von einem 100-jährigen Regenereignis ausgegangen worden sei. Bei der Beurteilung der zu erwartenden Lärmimmissionsbelastung der Umgebung sei die Erhöhung der Input-Mengen auf 45.000 Tonnen pro Jahr nicht berücksichtigt worden, wegen der der Ansatz von maximal 6 Anlieferungen pro Stunde unrealistisch sei. Zudem hätte auch der Abtransport der Gärreste berücksichtigt werden müssen. Schließlich sei auch die Annahme des Lärmgutachtens, dass nach 20.00 Uhr keine Transporte zur Anlage mehr stattfänden, unrealistisch; vielmehr müsse gerade in der Erntezeit auch mit Transporten nach 22.00 Uhr gerechnet werden. Auch dem Artenschutz sei nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Die Maßnahmen zum Schutz der Feldlerche führten zu einer Umsiedlung der Art, ohne dass die erforderliche funktionelle Verbindung zu einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte bestehe. Zudem nehme der Plan in Kauf, dass während der Baumaßnahmen eine Gefährdung oder Tötung einzelner Feldhamster nicht ausgeschlossen werden könne. Die Bilanzierung des Ausgleichs für Eingriffe sei abwägungsfehlerhaft, weil nicht mitgeteilt werde, wie die für Habitataufwertungen vorgesehenen 4.100 qm Ackerfläche zur Verfügung gestellt werden könnten. Die für externe Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Ökokontoflächen von 2,4 ha seien einer weiteren ökologischen Aufwertung nicht zugänglich. Grundsätzlich sei zu bemängeln, dass der Ortsgemeinderat in der Sitzung vom 20. März 2013 das gesamte Abwägungsmaterial bewältigt habe, was schon aus Zeitgründen eine ordnungsgemäße Abwägung ausgeschlossen habe; hinzu komme, dass die Vorlage zum Ratsbeschluss nicht von der Verwaltung, sondern vom Anlagenbetreiber erstellt worden sei.
- 23
In der mündlichen Verhandlung des Senats haben die Beteiligten das Normenkontrollverfahren, soweit es sich gegen den ursprünglichen vorhabenbezogenen Bebauungsplan richtete, übereinstimmend für erledigt erklärt.
- 24
Die Antragstellerin beantragt,
- 25
den am 20. März 2013 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Biogasanlage, Änderung I“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
- 26
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 27
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
- 28
Sie hält die Normenkontrolle mangels Antragsbefugnis bereits für unzulässig und tritt dem Antrag im Einzelnen unter Bezugnahme auf die Begründung des Bebauungsplans und auf den Inhalt der im Planaufstellungsverfahren eingeholten Fachgutachten und Stellungnahmen entgegen.
- 29
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den beigezogenen Akten des Planaufstellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 30
Soweit der Normenkontrollantrag der Antragstellerin gegen den am 14. September 2011 als Satzung beschlossenen, vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Biogasanlage“ der Antragsgegnerin gerichtet war, haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt. Insoweit ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung nur noch über die Kosten zu entscheiden.
- 31
Im Übrigen - soweit sich der Normenkontrollantrag gegen den am 20. März 2013 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Biogasanlage, Änderung I“ der Antragsgegnerin richtet - ist der Antrag als unzulässig abzulehnen.
- 32
Der Antragstellerin fehlt die Antragsbefugnis. Sie kann sich nicht auf eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten durch den Bebauungsplan berufen (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
- 33
Die Antragsbefugnis i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für ein Normenkontrollverfahren ist gegeben, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. Die Verletzung eines derartigen subjektiven Rechts kann auch aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot folgen. Dieses Gebot hat hinsichtlich solcher Belange drittschützenden Charakter, die für die Abwägung erheblich sind. Antragsbefugt ist also, wer sich auf einen abwägungserheblichen eigenen Belang berufen kann. Allerdings ist nicht jeder eigene Belang für die Abwägung erheblich. Nicht abwägungsbeachtlich sind unter anderem alle Interessen, die entweder - objektiv - geringwertig oder aber nicht schutzwürdig sind (st. Rspr.; vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 4 BN 22.11 -, BauR 2012, 76 und juris, Rn. 5, m.w.N. sowie Beschluss vom 29. Juli 2013 – 4 BN 13/13 - , juris, Rn. 4, m.w.N. sowie Beschluss vom 29. Juli 2013 - 4 BN 13.13 -, juris, Rn. 4).
- 34
Vorliegend hat die Antragstellerin keine eigenen Belange geltend gemacht, die für die Abwägung erheblich waren.
- 35
Zur Begründung ihrer Antragsbefugnis rügt die Antragstellerin als Nachbargemeinde der Antragsgegnerin eine Verletzung des „interkommunalen Abstimmungsgebots“ nach § 2 Abs. 2 BauGB. Sie hat jedoch nicht substantiiert darzulegen vermocht, durch den angefochtenen Bebauungsplan von unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art betroffen zu sein, die eine interkommunale Abstimmungspflicht i.S.v. § 2 Abs. 2 BauGB auszulösen geeignet wären.
- 36
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur stellt das interkommunale Abstimmungsgebot nach § 2 Abs. 2 BauGB eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar: Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos Gebrauch machen; § 2 Abs. 2 BauGB verleiht damit dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht; das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, ist als einfachgesetzliche Ausformung der gemeindlichen Planungshoheit als Bestandteil des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts zu verstehen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 1. August 2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 und juris, Rn. 21; Uechtritz, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 1. Aufl. 2009, § 2, Rn. 20 f., m.w.N.). Da sich benachbarte Gemeinden mit ihrer Planungshoheit im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehen, verleiht das interkommunale Abstimmungsgebot der betroffenen Gemeinde gegenüber den sich auf ihr Gebiet auswirkenden Planungen der Nachbargemeinde eine stärkere Rechtsposition, als sie ihr nach § 38 BauGB gegenüber Fachplanungen zusteht: Die Nachbargemeinde kann sich vielmehr unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie selbst für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 2002, a.a.O., und Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209 und juris, Rn. 32 sowie Beschluss vom 14. April 2010 - 4 B 78.09 -, NVwZ 2010, 1026 und juris, Rn. 45; Uechtritz, a.a.O., Rn. 20 sowie Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2, 101. EL 2013, Rn. 110).
- 37
Andererseits besteht aber auch Einigkeit, dass nicht jedwede faktische Auswirkung einer Planung auf eine Nachbargemeinde für ein Eingreifen des Abstimmungsgebots ausreicht. Das interkommunale Abstimmungsgebot vermittelt einer benachbarten Gemeinde nicht gleichsam automatisch die Befugnis, alle Bebauungspläne einer Nachbargemeinde zum Gegenstand einer Normenkontrolle machen zu können, die einen räumlichen Bezug zum eigenen Gemeindegebiet haben (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26. September 2005 - 1 MN 113/05 -, NVwZ-RR 2006, 246 und juris, Rn. 7, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss es sich vielmehr um „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ handeln. Da es sich um eine einfachgesetzliche Ausformung der Planungshoheit als Teil der Selbstverwaltungsgarantie handelt, können zunächst nur Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde relevant sein; deshalb ist das interkommunale Abstimmungsgebot nicht schon dann einschlägig, wenn sich die Gemeinde lediglich zum Fürsprecher der Interessen betroffener Gemeindebürger macht, etwa weil sie für einen einzelnen Gewerbebetrieb negative Verlagerungseffekte befürchtet oder drohende Immissionen für einzelne Grundstücke abwenden möchte (so: Uechtritz, a.a.O., Rn. 27, m.w.N.). Zwar können auch faktische Auswirkungen auf die Nachbargemeinde ausreichen, sofern sie städtebauliche Relevanz haben; doch bedarf es insoweit des Erreichens einer gewissen, näher zu präzisierenden Intensitätsschwelle, um eine Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB zu begründen (so zutreffend Uechtritz, a.a.O., Rn. 28, m.w.N.).
- 38
Solche unmittelbaren Auswirkungen auf ihr Gemeindegebiet von hinreichendem Gewicht hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Sie beruft sich zunächst nicht auf bestehende Planungen oder konkrete Planungsabsichten ihrerseits, die durch den angefochtenen Bebauungsplan oder durch Auswirkungen des dadurch ermöglichten Vorhabens beeinträchtigt werden könnten. Sie macht im Wesentlichen lediglich geltend, die durch den Plan ermöglichte Errichtung der Biogasanlage verhindere „auch wegen ihrer lokalen Lage unmittelbar an der Gemarkungsgrenze“ ihre planerische Ausdehnung in Richtung Westen, ohne allerdings näher zu konkretisieren, welche für den westlichen Teil ihrer Gemarkung wenigstens potentiell in Betracht kommenden Planungen oder kommunalen Nutzungen durch welche Einwirkungen des ermöglichten Vorhabens beeinträchtigt werden könnten. Ohne Konkretisierung von Planungsabsichten der Antragstellerin für den westlichen Teil ihrer Gemarkung ist indessen nicht ersichtlich, inwiefern die Errichtung und der Betrieb der geplanten Biogasanlage eine planerische Ausdehnung der Antragstellerin in westlicher Richtung in einer die Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB auslösenden Weise tangieren könnte. Nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin befindet sich die dem geplanten Standort der Biogasanlage nächstgelegene Wohnbebauung auf dem Gebiet der Antragstellerin in ca. 1,5 km Entfernung in östlicher Richtung. Es handelt sich dabei um überwiegend ältere Wohn- und Mischnutzung entlang der G. Straße (K 71). Neubaugebiete hat die Antragstellerin nach eigenen Angaben zuletzt ausschließlich östlich und südöstlich der bestehenden Ortslage ausgewiesen; sonstige Planungsabsichten in westlicher Richtung hat sie - wie bereits erwähnt - nicht dargelegt. Nach den in den Planaufstellungsakten befindlichen sowie im Internet verfügbaren Karten erscheint eine Ortsabrundung im westlichen Bereich der Ortslage Lautersheim am ehesten südlich oder nördlich des sich entlang der Göllheimer Straße nach Westen ausstreckenden „Siedlungsfingers“ naheliegend. Hierdurch würde jedoch kein näheres Heranrücken von Wohnbebauung oder anderer immissionsempfindlicher Nutzungen an den Standort der geplanten Biogasanlage bewirkt. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin ihrer Planung ein realistisch erscheinendes Immissionsszenario zugrunde gelegt, demzufolge etwa die einschlägigen Immissionsrichtwerte für Geräuschimmissionen aus dem Betrieb der Biogasanlage selbst an den viel näher am Standort der geplanten Anlage auf Göllheimer Gebiet gelegenen Immissionsorten 1 bis 3 bei Weitem unterschritten werden. Auch hinsichtlich der zu erwartenden Geruchsimmissionen aus dem Betrieb der Biogasanlage zeigt die Abbildung 7.1 der vorgelegten Geruchsimmissionsprognose (Bl. 106 in Ordner 1 der Planaufstellungsunterlagen) für den Bereich der bebauten Ortslage Lautersheim und darüber hinaus noch einige 100 m in Richtung Westen nur eine Geruchsstundenhäufigkeit von höchstens 1 % der Jahresstunden. Selbst wenn man einmal in Rechnung stellt, dass eine kritische Überprüfung der Immissionsprognosen noch zu einer gewissen Korrektur der ermittelten Werte zu Lasten des bewohnten Gebiets der Antragstellerin führen könnte, sind die bisher ermittelten Werte so weit vom Erreichen einer rechtserheblichen Beeinträchtigungsschwelle entfernt, dass die Antragstellerin - ohne Berufung auf konkrete Planungsabsichten für immissionsempfindliche Nutzungen im westlichen Teil ihrer Gemarkung - allein aus der räumlichen Nähe des Plangebiets zu ihrer Gemarkungsgrenze nichts für das Bestehen einer Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB herleiten kann.
- 39
Letztlich reklamiert die Antragstellerin nur ein allgemeines Freihaltungsinteresse für ihren westlichen Gemarkungsteil, um sich alle Planungsoptionen oder auch Nutzungsmöglichkeiten Dritter abstrakt offenzuhalten. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist indessen bereits entschieden worden, dass allein das abstrakte Interesse einer benachbarten Gemeinde, einen bestimmten Bereich ihres Gemeindegebiets von Bebauung freizuhalten, keinen planungsrechtlich beachtlichen Belang darstellt (vgl. VGH BW, Urteil vom 6. November 1989 - 1 S 2842/88 -, NVwZ 1990, 390 und juris, Rn. 22; dazu auch Söfker, a.a.O., Rn. 100 a). Ebenso wenig reicht die bloße Geltendmachung von tourismusschädlichen Auswirkungen eines durch den Bebauungsplan ermöglichten Vorhabens, ohne dass im Gemeindegebiet fremdenverkehrsspezifische städtebauliche Planungen bereits gelten oder zumindest konkret in Betracht kommen, mangels eines hinreichenden städtebaulichen Bezugs zur Darlegung einer beachtlichen Auswirkung aus (so bereits das Senatsurteil vom 6. März 2002 - 8 C 11131/01.OVG -, AS 29, 399 und juris, Rn. 30 ff.).
- 40
Soweit sich die Antragstellerin darüber hinaus auf das kommunale Abstimmungsgebot in seiner besonderen Ausprägung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB beruft, vermag dies ihre Antragsbefugnis ebenfalls nicht zu begründen.
- 41
Nach § 2 Abs. 2 Satz 2, 1. Alternative BauGB können sich Gemeinden im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebots auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen berufen; eine Nachbargemeinde ist damit berechtigt, die ihr zugewiesenen Funktionen gegen störende raumordnungswidrige Planungen anderer Gemeinden zu verteidigen (vgl. Söfker, a.a.O., Rn. 121). Voraussetzung ist dabei, dass es sich um Ziele der Raumordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Raumordnungsgesetzes - ROG - handelt, also um raumordnerische Aussagen, die hinreichend bestimmt oder bestimmbar und abschließend abgewogen sind (vgl. Uechtritz, a.a.O., Rn. 36). Darüber hinaus muss es sich um solche Ziele der Raumordnung handeln, die der Gemeinde eine bestimmte Funktion zuweisen, das heißt der Gemeinde muss durch das Ziel, auf das sie sich beruft, eine bestimmte Aufgabe übertragen worden sein (vgl. Uechtritz, a.a.O., Rn. 38, m.w.N.). Schließlich muss, damit die Gemeinde eine Beeinträchtigung oder Verletzung von zugewiesenen Funktionen geltend machen kann, auch hier eine Irrelevanz- oder Bagatellschwelle überschritten sein: Nur solche Belange, denen ein entsprechendes Gewicht zukommt, sind im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebots beachtlich (vgl. Uechtritz, a.a.O., Rn. 40, m.w.N.).
- 42
Vorliegend fehlt es indessen bereits an der Zuweisung einer bestimmten Funktion an die Antragstellerin durch Ziele der Raumordnung. Ihre Behauptung, ihr sei durch den Regionalen Raumordnungsplan Westpfalz die besondere Funktion „Landwirtschaft“ zugewiesen worden, entspricht nicht den Tatsachen. In der im Staatsanzeiger vom 8. November 2004 veröffentlichten Fassung des Raumordnungsplans Westpfalz - ROP 2004 - war zwar anderen Gemeinden innerhalb der Verbandsgemeinde Göllheim die besondere Funktion „L“ (für Landwirtschaft) zugewiesen; wie sich aus dessen Anhang I „Zentrale Orte, Funktionszuweisungen, Schwellenwerte“ des ROP 2004 (S. 51) ergibt, zählte die Ortsgemeinde Lautersheim hierzu jedoch nicht. In dem mit Veröffentlichung des Genehmigungsbescheids im Staatsanzeiger vom 6. August 2012 rechtswirksam gewordenen, also im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses des angefochtenen Bebauungsplans vom 20. März 2013 bereits geltenden, neuen Raumordnungsplan Westpfalz - ROP 2012 - ist unter Ziffer II.1.2. „Gemeindefunktionen“ (S. 18) ausgeführt, dass den Gemeinden im Rahmen der Fortschreibung des ROP nur noch die Funktionen „G“ (für Gewerbe) und „W“ (für Wohnen) als Ziele zugewiesen werden, die Funktion „L“ (für Land- und Forstwirtschaft) also nicht mehr. Im Übrigen ergibt sich aus Anhang 1 „Zentrale Orte, Funktionszuweisungen, Schwellenwertparameter“ des ROP 2012, dass der Ortsgemeinde Lautersheim ausweislich der Schlüsselnummer 03 041 überhaupt keine Gemeindefunktionen zugewiesen worden sind.
- 43
Die Kostenentscheidung beruht, soweit der Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt wird, auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, beruht sie auf § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift, die Kosten des Verfahrens insoweit der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil sie durch Neuaufstellung des Bebauungsplans, der den bisherigen vorhabenbezogenen Bebauungsplan ersetzt hat, das zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits führende Ereignis selbst herbeigeführt hat.
- 44
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
- 45
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i.S.v. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
- 46
Beschluss
- 47
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 120.000,00 € festgesetzt (je 60.000,00 € pro Bebauungsplan) (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, veröffentlicht in VBlBW 2014, Heft 1, Sonderbeilage).
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 30. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem zugunsten der Beigeladenen für die Errichtung eines Erdwärmekraftwerks im Gemeindegebiet der Klägerin die Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“ zugelassen wurde.
- 2
Die Beigeladene beabsichtigt, im Bereich Kandel mehrere geothermische Kraftwerke zu errichten. Teil dieses Konzeptes ist es, auf dem Gemeindegebiet der Klägerin drei Bohrungen bis zu einer Tiefe von etwa 3.600 m auszubringen. Oberirdisch soll ein Kraftwerk mit einer Leistung von 5 bis 7 MW entstehen. Für die Anlage wird eine Fläche von etwa 13.000 m² benötigt. Der vorgesehene Standort liegt südwestlich der Ortslage der Klägerin in einer Entfernung von etwa 900 m zur dortigen Wohnbebauung. Im Regionalen Raumordnungsplan Rheinpfalz 2004 ist der betroffene Bereich als „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“ ausgewiesen. Im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Kandel ist der vorgesehene Standort als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt.
- 3
Unter dem 31. August 2009 beantragte die Beigeladene für ihr Vorhaben eine vereinfachte raumordnerische Prüfung. Im Rahmen dieses Verfahrens äußerten sich unter anderem der Verband Region Rhein-Neckar als Planungsträger der Raumordnung sowie die Klägerin. Diese führte aus, dass die noch ungeklärten Auswirkungen der Bohrung und des Kraftwerksbetriebes einer positiven Stellungnahme entgegenstünden. Das Projekt führe zu einer Inanspruchnahme intensiv genutzter Ackerflächen und beeinträchtige die Schutzgüter Boden und Landschaftsbild.
- 4
Mit Bescheid vom 9. März 2010 ließ der Beklagte für die Errichtung eines Erdwärmekraftwerkes die Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „Vorranggebiet Landwirtschaft“ zu.
- 5
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010 zurückgewiesen wurde. Der Beklagte führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei sowohl unzulässig, als auch unbegründet. Die Klägerin werde durch die Zielabweichungsentscheidung nicht in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt, weshalb sie nicht widerspruchsbefugt sei. Die Ausweisung eines Vorranggebietes für die Landwirtschaft diene nicht ihren Interessen. Auch werde sie nicht in ihrer kommunalen Planungshoheit tangiert. Im Übrigen bestünden auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Zielabweichungsentscheidung.
- 6
Am 20. Januar 2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie dargelegt hat, der Widerspruchsbescheid enthalte eine zusätzliche selbstständige Beschwer, da die im Widerspruchsverfahren vorgesehene Zweckmäßigkeitsprüfung des Bescheides unterblieben sei. Ihre Widerspruchsbefugnis sei zu Unrecht verneint worden. Ihr stünde im weiteren Verfahren keine Möglichkeit mehr offen, gegen die Zielabweichungsentscheidung vorzugehen. Der von der Entscheidung unmittelbar betroffenen Gemeinde müsse eine Abwehrmöglichkeit hiergegen zustehen. Die Klägerin könne sich auf ihr Selbstverwaltungs- sowie ihr Selbstgestaltungsrecht berufen. Durch den Zielabweichungsbescheid werde ihr die Möglichkeit genommen, bei der Entscheidung über die Erteilung ihres Einvernehmens nach § 36 BauGB den Umstand zu berücksichtigen, dass raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürften (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Der Bescheid erweise sich auch inhaltlich als rechtswidrig.
- 7
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, dass der Widerspruchsbescheid gegenüber der Zielabweichungsentscheidung keine selbstständige Beschwer enthalte. Er habe auch zu Recht die Widerspruchsbefugnis der Klägerin verneint. Es sei nicht erkennbar, dass sie durch die Zielabweichungsentscheidung in einer subjektiven Rechtstellung betroffen sein könnte.
- 8
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
- 9
Mit Urteil vom 30. Juni 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Sie sei als Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid statthaft, da dieser eine zusätzliche Beschwer enthalte. Die Klage erweise sich indessen als unbegründet, da die Klägerin nicht widerspruchsbefugt gewesen sei. Eine derartige Widerspruchsbefugnis könne zunächst nicht aus der möglichen Verletzung von Beteiligungsrechten hergeleitet werden. Auch werde die Planungshoheit der Klägerin nicht beeinträchtigt. Wesentliche Teile des Gemeindegebietes würden nicht in Anspruch genommen, weil das Vorhaben lediglich eine Fläche von 1,3 ha umfasse. Zudem bestehe für den Standort keine eigene, hinreichend bestimmte Planung der Klägerin. Auch das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin sei nicht betroffen, da keine erhebliche Auswirkung des Vorhabens auf das Ortsbild eintreten könne. Die Zielfestsetzung „Vorrangfläche für die Landwirtschaft“ begründe im Übrigen keine subjektive Rechtsposition der Klägerin. Ihr stünden zudem Mitwirkungsbefugnisse im Rahmen der erforderlichen Genehmigungsverfahren zu.
- 10
Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und führt ergänzend aus, dass das Verwaltungsgericht einen zu engen Maßstab für das Vorliegen einer Widerspruchsbefugnis angelegt habe. Ihr Selbstgestaltungsrecht werde durch die Auswirkungen des Kraftwerks auf die Ortslage beeinträchtigt. Sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 LPlG als auch die von ihr herangezogenen Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms dienten ihrem Schutz.
- 11
Die Klägerin beantragt,
- 12
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011 den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2010 aufzuheben.
- 13
Der Beklagte beantragt,
- 14
die Berufung zurückzuweisen.
- 15
Er vertritt die Auffassung, dass sich die Klägerin nur auf solche Belange stützen könne, die dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG zugeordnet werden könnten. Was das Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde angehe, so werde dieses nicht durch jede Maßnahme der überörtlichen Planung beeinträchtigt. § 10 Abs. 6 Landesplanungsgesetz stelle keine Schutznorm zugunsten der Gemeinde dar.
- 16
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
- 17
die Berufung zurückzuweisen.
- 18
Aus ihrer Sicht sei nicht erkennbar, dass die Klägerin durch den Zielabweichungsbescheid in ihren Rechten verletzt werde.
- 19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 20
Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.
- 21
Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2010 gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
- 22
Die Klage erweist sich allerdings bereits als unzulässig. Die Klägerin konnte zwar mit ihrer Anfechtungsklage isoliert gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vorgehen. Ihr fehlt indessen die für die Erhebung einer solchen Klage erforderliche Klagebefugnis.
- 23
1. Die Anfechtungsklage der Klägerin konnte sich gemäß § 79 Abs. 2 VwGO auf den Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010 beschränken. Eine isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides ist nach dieser Vorschrift zulässig, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält (Satz 1). Als zusätzliche Beschwer gilt dabei auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, soweit der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht (Satz 2).
- 24
Die Klägerin kann eine zusätzliche Beschwer daraus herleiten, dass durch die Zurückweisung ihres Widerspruchs als unzulässig eine Sachentscheidung unterblieben ist, bei der der Widerspruchsbehörde ein über die gerichtliche Rechtskontrolle des Ausgangsbescheides hinausgehender Entscheidungsspielraum zugestanden hätte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 79 Rn. 11; Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 79 Rn. 48; Saurenhaus in Wysk, VwGO, 2010, § 7, Rn. 8, Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 79, Rn. 10, OVG RP, Urteil vom 03. Juli 2002 – 8 A 10670/02.OVG −, juris, Rn. 17). Gegenstand der Prüfung der Widerspruchsbehörde ist im vorliegenden Fall neben der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes auch dessen Zweckmäßigkeit (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da § 10 Abs. 6 Landesplanungsgesetz – LPlG − der Behörde bei der Entscheidung über eine Zielabweichung Ermessen einräumt. Hätte der Beklagte den Widerspruch zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen, wäre die im Gesetz vorgesehene - und nur der Widerspruchsbehörde mögliche - umfassende inhaltliche Prüfung des Ausgangsbescheides fehlerhaft unterblieben. Der Beklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass er den Widerspruch in dem angefochtenen Bescheid auch als unbegründet zurückgewiesen habe. Seine Ausführungen zur Begründetheit stellen nämlich lediglich darauf ab, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Zielabweichungsentscheidung bestünden. Hiernach hat die Widerspruchsbehörde aber lediglich auf Rechtsfehler abgestellt und die Zweckmäßigkeit der Verfügung nicht eigenständig beurteilt. Für die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte.
- 25
2. Die Klägerin ist indessen nicht nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie wird durch die Zurückweisung ihres Widerspruchs als unzulässig offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in ihren Rechten verletzt. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein.
- 26
a. Die Klagebefugnis, die die Möglichkeit voraussetzt, dass der Klägerin durch den angefochtenen Bescheid zu Unrecht eine Sachentscheidung vorenthalten wurde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 17. Auflage 2011, § 79 Rn. 12), ist bereits deshalb zu verneinen, weil der Klägerin für den von ihr erhobenen Rechtsbehelf gegen den Zielabweichungsbescheid die erforderliche Widerspruchsbefugnis fehlt.
- 27
Zwar ist eine Widerspruchsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung bei Ermessensverwaltungsakten auch dann gegeben, wenn der Widerspruchsführer sich auf die bloße Unzweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung stützt. Er kann auch darauf abstellen, dass der Ausgangsverwaltungsakt zwar nicht rechtsfehlerhaft ist, eine andere Lösung sich aber als zweckmäßiger und für ihn vorteilhafter erwiese. Auch hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer sich auf eine Betroffenheit in eigenen Rechten berufen kann und damit auf ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. Auch der Widerspruch dient als Rechtsbehelf dem subjektiven Rechtsschutz und eröffnet keine Popularbeschwerde (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 69, Rn. 6; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Ergänzungslieferung 2011, § 70, Rn. 42; Geis in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 69, Rn. 52). Die Möglichkeit der Betroffenheit in eigenen Rechten ist hiernach gleichermaßen Voraussetzung von Klage- und Widerspruchsbefugnis.
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b. Im Falle der Klägerin wird indessen eine subjektive Rechtsstellung durch die Zielabweichungsentscheidung des Beklagten offensichtlich nicht berührt. Sie wird durch die Entscheidung des Beklagten nicht in ihren Beteiligungsrechten verletzt. Darüber hinaus kann sie nicht verlangen, dass ihre Belange bei der Entscheidung über eine Zielabweichung berücksichtigt werden.
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aa. Rechtsgrundlage für die Entscheidung über eine Zielabweichung ist § 10 Abs. 6 LPlG. Hiernach kann die obere Landesplanungsbehörde im Benehmen mit den fachlich berührten Stellen der oberen Verwaltungsebene und der jeweiligen Planungsgemeinschaft die Abweichung von einem Ziel des regionalen Raumordnungsplans zulassen, wenn diese aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und der regionale Raumordnungsplan in seinen Grundzügen nicht berührt wird.
- 30
bb. Die Klägerin kann sich im Hinblick auf das Verfahren des Beklagten zunächst nicht auf die Verletzung eines Beteiligungsrechts berufen. Die Beteiligung der Gemeinde, deren Gebiet von der Zielabweichung betroffen ist, ist in der gesetzlichen Regelung des Zielabweichungsverfahrens in § 10 Abs. 6 LPlG nicht vorgesehen. Mit dem Verwaltungsgericht kann aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG zwar je nach Betroffenheit ein Beteiligungsrecht, nicht jedoch ein Recht der Gemeinde darauf abgeleitet werden, dass die Zielabweichungsentscheidung nur in ihrem Einvernehmen ergehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1969 − IV C 82.66 –, BRS 22 Nr. 29 und juris, Rn. 24). Da die Klägerin ihre Beteiligung im vereinfachten raumordnerischen Verfahren dazu genutzt hat, auch zur Frage der Zielabweichung Stellung zu nehmen, war sie in jedem Fall in einer diesen Anforderungen genügenden Weise in das Verfahren des Beklagten einbezogen.
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cc. Auch was den Inhalt des Zielabweichungsbescheides angeht, werden hierdurch Rechte der Klägerin nicht betroffen.
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(1) Dafür, dass § 10 Abs. 6 Satz 1 LPlG die Rechte der von einer Zielabweichungsentscheidung betroffenen Gemeinde schützt, lassen sich dem Wortlaut der Vorschrift keinerlei Anhaltspunkte entnehmen.
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(2) Die Zielabweichungsentscheidung greift auch nicht zwangsläufig in die Rechtsstellung der Belegenheitsgemeinde ein. Vielmehr wird durch die Zulassung der Abweichung eine durch die raumordnerische Zielfestlegung entstehende Bindung der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG angelegten Planungshoheit der Belegenheitsgemeinde gelockert, so dass sie sich für die Gemeinde im Regelfall begünstigend auswirkt. Mit der Entscheidung, auch wenn sie an einen Privaten gerichtet ist, wird nämlich die in § 4 Abs. 1 Raumordnungsgesetz – ROG − formulierte Beachtenspflicht und die sich aus § 1 Abs. 4 BauGB ergebende Anpassungspflicht des Trägers der kommunalen Bauleitplanung an ein bestehendes Ziel der Raumordnung in einem konkreten Einzelfall und für ein bestimmtes Vorhaben suspendiert (vgl. Goppel in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 6 Rn. 16).
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(3) Auch liegt kein Fall vor, bei dem ausnahmsweise von einer rechtlichen Betroffenheit der Gemeinde ausgegangen werden kann. Eine derartige Rechtsbetroffenheit kommt nur dann in Betracht, wenn das Ziel der Raumordnung, von dem eine Abweichung zugelassen wurde, dazu bestimmt ist, Belange der Gemeinde zu schützen, oder wenn bei der Zielabweichungsentscheidung zugunsten der Errichtung eines bestimmten Vorhabens raumordnerische Belange unberücksichtigt gelassen wurden, die den Interessen der Gemeinde dienen sollen (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. Oktober 2010 – 8 C 10150/10.OVG – juris, Rn. 83; vgl. zum Schutz der Nachbargemeinde durch eine landesplanerische Festsetzung: BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 -, BVerwGE 135, 209 und juris, Rn. 14).
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(a) Die Ausweisung eines Vorranggebietes für die Landwirtschaft, der nach Nr. 4.1.2 des Regionalen Raumordnungsplanes Rheinpfalz 2004 Zielqualität zukommt, dient nicht den Interessen der Klägerin. Ausweislich der Begründung zu dieser Zielsetzung soll hierdurch die raumordnerische und landesplanerische Bedeutung der Landwirtschaft in der Planungsregion unterstützt werden. Die landwirtschaftlichen Betriebe sollen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für die Siedlungsausweitung mit in qualitativer und quantitativer Hinsicht hinreichenden Flächen ausgestattet werden.
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Hiernach dient die Zielsetzung aber der Aufrechterhaltung einer überörtlichen landwirtschaftlichen Struktur und der Sicherung der Grundlage für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die betroffenen Flächen werden gerade einer planerischen Gestaltung durch die Gemeinde entzogen, da sie vor einer außerlandwirtschaftlichen Inanspruchnahme zu schützen sind. Mit der Zielausweisung wird hiernach gerade nicht die Absicht verfolgt, die Interessen der Klägerin zu schützen und insbesondere ihre Planungshoheit zu gewährleisten.
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(b) Auch bei der Entscheidung, dass eine Abweichung von dem Ziel „Vorrangfläche für die Landwirtschaft“ zugunsten der Errichtung eines Geothermiekraftwerkes zulässig sein soll, hat der Beklagte keine Belange unberücksichtigt gelassen, die rechtlich geschützte Interessen der Klägerin schützen sollen. Als Standort für ein dahingehendes Berücksichtigungsgebot käme lediglich die nach § 10 Abs. 6 Satz 1 LPlG zu prüfende raumordnerische Vertretbarkeit der Abweichung oder die nach dieser Vorschrift aufzuwerfende Frage, ob der regionale Raumordnungsplan in seinen Grundzügen berührt wird, in Betracht.
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Der Regionale Raumordnungsplan Rheinpfalz 2004 selbst enthält keine Vorgaben für die Zulässigkeit eines derartigen Kraftwerks, schon gar nicht in der Hinsicht, dass bei einer hierfür notwendigen Zielabweichung Interessen der Belegenheitskommune zu berücksichtigen wären. Der Grundsatz 6.3.3.1 benennt lediglich die Geothermie als Form erneuerbarer Energien, die bis zum Jahr 2010 etwa 6 % der Stromerzeugung in der Region ausmachen sollen. Auch die von der Klägerin angeführten Vorgaben des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) sind nicht darauf angelegt, ihre Interessen zu wahren. Sie stellt auf die Grundsätze 165 und 170 sowie die Ziele 171 und 172 des Landesentwicklungsprogramms ab. Die entsprechenden Grundsätze und Ziele lassen indessen nicht erkennen, dass hiermit der Schutz der Interessen der Standortgemeinden gewährleistet werden soll. Vielmehr werden aus energiepolitischer Sicht Anforderungen an die Ausweisung der Standorte von Energieversorgungsanlagen formuliert, bei denen insbesondere die Nutzung erneuerbarer Energien im Vordergrund stehen soll. Zum Zweck einer effektiven Energienutzung ist dabei vorgesehen, Abwärmeverluste nach Möglichkeit zu vermeiden. Als hierfür geeignete Techniken werden die Kraft-Wärme-Kopplung und der Ausbau von Nahwärmenetzen angesehen. Eine Berücksichtigung schutzwürdiger Belange der Standortgemeinden lässt sich indessen diesen Vorgaben nicht entnehmen.
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Dass in dem in Aufstellung befindlichen Raumordnungsplan Rhein-Neckar 2020 eine Regelung vorgesehen ist, wonach Geothermiekraftwerke vorrangig in Industrie- oder Gewerbegebieten errichtet werden sollen, streitet – abgesehen von der Frage der rechtlichen Relevanz des Entwurfs als sonstiges Erfordernis der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG (vgl. Runkel in Spannowsky/ Runkel/Goppel, a.a.O., § 3 Rn. 70) − ebenfalls nicht für die Klägerin. Auch hiermit soll eine effiziente Energieausnutzung unter Einschluss der Abwärme gewährleistet werden, so dass eine auf die Belange der Standortkommunen abzielende Schutzrichtung nicht erkennbar wird.
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(3) Auch unter weiteren, im bisherigen gerichtlichen Verfahren angesprochenen Gesichtspunkten ist die Planungshoheit der Klägerin nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG durch die Zielabweichungsentscheidung nicht betroffen.
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(a) Nicht einschlägig ist die Rechtsprechung, wonach für die materielle Rechtfertigung von Einschränkungen der kommunalen Planungshoheit verbindliche raumordnerische Vorgaben der Wahrung überörtlicher Interessen von höherem Gewicht dienen und sich angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung als verhältnismäßig darstellen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 2011 - 4 CN 9.10 -, juris, Rn. 12, Urteil vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 und juris, Rn. 14). Dieser Maßstab gilt für den Fall, dass die Gemeinde im Rahmen der überörtlichen Planung an ein Ziel der Raumordnung gebunden wird. Durch die angefochtene Zielabweichungsentscheidung, die die bislang bestehende Zielbindung lockert, entsteht indessen gerade keine Einschränkung der Planungshoheit in dem angesprochenen Sinne. Es fehlt an der Kollision zwischen gemeindlicher Planungshoheit und der Bindung an eine überörtliche Planung. Hinzu kommt, dass eine raumordnerische Planungsentscheidung final programmiert ist, während die auf behördlichem Ermessen beruhende Ermöglichung einer Zielabweichung eine konditional vorgeprägte Entscheidung darstellt (vgl. Schmitz in Bielenberg/ Runkel/Spannowsky/Reitzig/Schmitz, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, EL 3/2011, Oktober 2011, L § 6 Rn. 133).
- 42
(b) Gleichermaßen greifen die Kriterien für die Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit im Rahmen fachplanerischer Entscheidungen und Regelungen nicht ein. Die Gemeinde kann sich hiernach gegen eine Fachplanung unter Berufung auf ihre Planungshoheit grundsätzlich dann zur Wehr setzen, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird, wenn das Fachplanungsvorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer kommunalen Planung entzieht oder wenn gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2005 – 9 A 62.03 -, DVBl. 2005, 903 und juris, Rn. 44; Urteil vom 27. März 1992 – 7 C 18.91 -, BVerwGE 90, 96 und juris, Rn. 20). Die Zulassung einer Zielabweichung ist indessen nicht mit einer fachplanerischen Entscheidung vergleichbar. Gegenstand der Fachplanung sind Einzelvorhaben oder einzelne fachliche Gesichtspunkte. Demgegenüber sind raumordnerische Entscheidungen fachübergreifend und gesamträumlich angelegt. Zudem ist wiederum darauf zu verweisen, dass die Zielabweichungsentscheidung von vorneherein keine zusätzliche Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit entstehen lässt.
- 43
(c) Die Klägerin wird durch die Zielabweichungsentscheidung zudem nicht in ihrem Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigt. Das gemeindliche Selbstgestaltungsrecht als Teil der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG räumt der Gemeinde ein Abwehrrecht gegen solche Maßnahmen ein, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 1999 – 4 VR 18.98 -, NVwZ-RR 1999, 554 und juris, Rn. 9; OVG RP, Beschluss vom 11. Juni 2010 – 8 B 10618/10.OVG –, LKRZ 2010, 346 und juris, Rn. 4; BayVGH, Urteil vom 6. März 2009 – 22 A 07.40036 -, BRS 74, Nr. 152 und juris, Rn. 26). Die Entscheidung darüber, ob ein bestimmtes Vorhaben unter Abweichung von raumordnungsrechtlichen Zielvorgaben zulässig ist, wirkt sich indes auf das Ortsbild der betroffenen Gemeinde nicht aus, da lediglich eine Aussage über den Umfang der Zielbindung getroffen wird. Entsprechende Auswirkungen können sich erst aus einer Entscheidung ergeben, mit der über die Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt befunden wird.
- 44
(d) Schließlich eröffnet das Einvernehmenserfordernis des § 36 BauGB der Klägerin ebenfalls kein Abwehrrecht gegen die Entscheidung des Beklagten. Das aus der gemeindlichen Selbstverwaltung erwachsende Beteiligungsrecht des § 36 BauGB ermöglicht es der Gemeinde zwar, ihr Einvernehmen zu versagen, wenn die objektiv-rechtlichen Voraussetzungen für die bauplanerische Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich nach § 35 BauGB nicht vorliegen und insbesondere raumbedeutsame Vorhaben entgegen § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB den Zielen der Raumordnung widersprechen. Diese umfassende Prüfungsbefugnis räumt der Gemeinde allerdings keinen Anspruch darauf ein, dass die bei der Prüfung zu berücksichtigende objektive Rechtslage unverändert erhalten bleibt. Ihr wird kein Durchgriffsrecht auf die der rechtlichen Beurteilung nach § 35 BauGB zugrundeliegenden raumordnerischen Vorgaben eingeräumt.
- 45
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 und 3 sowie 162 Abs. 3 VwGO.
- 46
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 2 VwGO und 708 ff. ZPO.
- 47
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür genannten Gründe vorliegt.
- 48
Beschluss
- 49
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.
(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.
(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.
(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,
- 1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete), - 2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete), - 3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete), - 4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.
(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.
(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.
(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.
(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.
(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,
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die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete), - 2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete), - 3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete), - 4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.
(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.
(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.
(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.