Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 18. Nov. 2015 - 11 K 4268/14

ECLI:ECLI:DE:VGGE:2015:1118.11K4268.14.00
bei uns veröffentlicht am18.11.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 81 Beantragung des Aufenthaltstitels


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Strafgesetzbuch - StGB | § 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist. (2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsend

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbei

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 03. Mai 2012 - 7 A 11425/11

bei uns veröffentlicht am 03.05.2012

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. Oktober 2011 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Wert des Streitge

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2011 - 11 S 1929/11

bei uns veröffentlicht am 20.10.2011

Tenor Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2011 - 12 K 1301/10 - geändert.Die Klage wird insgesamt abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Rev

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(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2011 - 12 K 1301/10 - geändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung.
Der am ...1986 in St. James/Montego Bay/Jamaika geborene ledige Kläger ist jamaikanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 23.03.1993 gemeinsam mit seinem älteren Bruder nach Deutschland ein, wo beide bei ihrer bereits 1991 von Jamaika zugezogenen Mutter, deren deutschen Ehemann und dem am 18.06.1992 geborenen Halbbruder des Klägers, welcher deutscher Staatsangehörigkeit ist, lebten. Im Jahre 2000 wurde die Ehe der Mutter geschieden. Diese ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, der ältere Bruder des Klägers hatte befristete Aufenthaltstitel und ist nach einem Verlängerungsantrag derzeit im Besitz einer Fiktionsbescheinigung.
In der Zeit vom 09.02.1995 bis zum 22.10.2004 war der Kläger im Besitz von befristeten Aufenthaltserlaubnissen. Mit einem am 28.10.2004 beim Landratsamt Hohenlohekreis eingegangen Schreiben beantragte er die Verlängerung der ihm zuletzt ausgestellten Aufenthaltserlaubnis. Auf einen erneuten Antrag vom 12.02.2008 hin verlängerte zwar das Landratsamt am 01.09.2008 seine Aufenthaltserlaubnis bis 28.02.2009. Diese Verlängerung wurde dem Kläger jedoch nicht bekanntgegeben; er war trotz Benachrichtigung nicht zur Abholung erschienen.
Der Kläger besuchte zunächst die Grundschule, wechselte dann aber zur 4. Klasse auf eine Förderschule. Wegen familiärer Probleme lebte er ab August 2002 in einer Pflegefamilie. Im Jahr 2003 erreichte er den Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 3,4. Diesen verbesserte er im daran anschließenden Berufsvorbereitungsjahr auf 2,5. Unter anderem wegen Drogenproblemen musste er 2004 die Pflegefamilie verlassen. Eine 2004 begonnene Ausbildung zum Kraftfahrzeug-Mechatroniker brach er 2005 ab.
Mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 - 2 KLs 32 Js 32158/05 Hw. - wurden der Kläger und weitere fünf Mitangeklagte des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Der Kläger, welcher sich wegen der in der Nacht vom 10. auf den 11.09.2005 begangenen Straftat seit dem 07.03.2006 in Haft befunden hatte, wurde zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Adelsheim vom 09.01.2008 - 1 VRJs 563/06 -wurde die Vollstreckung der Restjugendstrafe (447 Tage) – mit einer Bewährungszeit von drei Jahren – zur Bewährung ausgesetzt. Nach seiner Haftentlassung am 12.02.2008 zog der Kläger wieder zu seiner Mutter und deren damaligen Lebensgefährten und später nach S., wo er einer befristeten Arbeit nachging und sodann arbeitslos war.
Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung wurde gegen den Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts Wertheim vom 01.09.2008 - 2 Cs 26 Js 6005/08 - eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 25,-- EUR verhängt. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung von zehn Monaten festgesetzt.
Mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 - 3 Ks 43 Js 1806/09 - wurde er wegen versuchten Totschlags und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt; die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, ihm nicht vor Ablauf von zwei Jahren eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. In dem Urteil wird zum Tatgeschehen festgestellt: Am Abend des 20.01.2009 gegen 18.00 Uhr seien der Kläger und das Ehepaar Mi.G und Ma.G. mit einem geliehenen Fahrzeug zu dem Haus des Geschädigten K. gefahren. Der Kläger, der an diesem Tag weder Alkohol noch Drogen zu sich genommen gehabt habe, habe das Fahrzeug gelenkt, obwohl er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis gewesen sei. Bei der Fahrt habe er zwei mit einer Kette verbundene Metallrohre, ein so genanntes Nunchaku, bei sich gehabt, was zumindest dem Angeklagten Mi.G. bekannt gewesen sei. Nachdem Ma.G. von K. aus der Wohnung verwiesen worden sei, ohne dass es ihr gelungen wäre, Marihuana zu erhalten, seien sie zurück in Richtung I. gefahren. Auf der Fahrt hätten sich Mi.G. und der Kläger dazu entschlossen, zum Haus des K. zurückzukehren, um sich notfalls mit Gewalt und unter Einsatz des mitgeführten Nunchakus Marihuana zu verschaffen. Dabei habe der Angeklagte Mi.G. auch vorgehabt, die Gelegenheit zu nutzen und K. wegen vorausgegangener Kontakte mit seiner Ehefrau „eine Abreibung“ zu verpassen. Nachdem Ma.G. den K. unter einem Vorwand überredet habe, sie nochmals ins Haus zu lassen, seien Mi.G. und der Kläger hereingestürmt und hätten gemeinsam und ohne Vorwarnung auf K. eingeschlagen. Der Kläger habe zudem mehrfach gegen dessen Unterschenkel getreten und versucht, ihn so zu Boden zu bringen. Im Verlauf des gesamten Angriffs hätten sowohl Mi.G. als auch der Kläger mindestens jeweils einmal mit dem mitgeführten Nunchaku mit Wucht auf den Kopf des K. eingeschlagen, wodurch dieses in zwei Teile gerissen sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass K. mit stark blutenden Kopfverletzungen zu Boden gesunken sei. Nachdem K. blutüberströmt auf dem Boden gelegen habe, hätten beide weiter auf ihn eingetreten, bis einer sinngemäß geäußert habe, dass man ihn nun liegenlassen könne, da dieser „verrecke“, woraufhin alle Angeklagten fluchtartig das Haus verlassen hätten. Dabei seien zumindest Mi.G. und der Kläger davon ausgegangen, dass K. ohne ärztliche Hilfe an den erlittenen Verletzungen sterben würde. Tatsächlich sei es ihm jedoch gelungen, telefonisch Hilfe zu holen. Während Platzwunden, Prellungen und Hämatome inzwischen ausgeheilt seien, könne K. infolge einer Glaskörperblutung am linken Auge nur noch eingeschränkt sehen. Hinsichtlich der Strafzumessung beim Kläger wird in dem Urteil unter anderem dargelegt, Anhaltspunkte für das Vorliegen eines besonders schweren Falles gemäß § 212 Abs. 2 StGB oder eines minder schweren Falles gemäß § 213 StGB seien nach der Gesamtschau der Tatumstände nicht zu erkennen. Von der Möglichkeit einer Milderung des Strafrahmens nach §§ 22, 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB sei – im Hinblick darauf, dass es bei dem Geschädigten letztlich zu keinen lebensgefährlichen Verletzungen gekommen sei – Gebrauch gemacht worden. Bei der Strafzumessung sei zugunsten des Klägers zu werten, dass dieser geständig und reuig gewesen sei und sich in der Hauptverhandlung bei K. entschuldigt habe. Weiter sei berücksichtigt worden, dass er im Verhältnis zum Mitangeklagten Mi.G. einen geringen Tatbeitrag geleistet habe. Strafmildernd wirke sich zudem aus, dass K. auch hinsichtlich des Klägers kein erhöhtes Verfolgungsinteresse habe und dem Kläger der Widerruf der Strafaussetzung hinsichtlich einer zur Bewährung ausgesetzten Restjugendstrafe drohe. Zu Lasten des Klägers seien die erheblichen körperlichen Verletzungsfolgen und die andauernde psychische Beeinträchtigung des Geschädigten zu werten. Er sei zudem vor Begehung der Taten in drei Fällen, in einem Fall einschlägig wegen eines Gewaltdeliktes und in zwei Fällen einschlägig wegen Straßenverkehrsdelikten, strafrechtlich in Erscheinung getreten und während der laufenden Bewährungszeit bereits einmal straffällig geworden.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 15.02.2010 - 1 BWL 8/08 -wurde die durch Beschluss vom 09.01.2008 bezüglich des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen und bestimmt, dass die restliche Jugendstrafe nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene zu vollziehen sei.
Nach Anhörung des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart diesen mit Bescheid vom 09.03.2010 aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1). Außerdem wurde sein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Ziffer 2). Ihm wurde – ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise – die Abschiebung nach Jamaika oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziffer 3). Zur Begründung wurde ausgeführt: Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine so genannte Ist-Ausweisung gemäß § 53 Nr. 1 AufenthG lägen unzweifelhaft vor. Besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sei nicht gegeben, insbesondere sei der Kläger nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Im Übrigen sei die Rechtsschranke des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG überwunden, weil schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegeben seien. Solche lägen nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der Regel in den Fällen des § 53 AufenthG vor. Besondere Umstände, die einen Ausnahmefall begründen könnten, seien nicht gegeben. Unabhängig davon erfolge die Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, weil der Ausweisungsanlass gravierend sei und zudem eine hohe und konkrete Wiederholungsgefahr bestehe. Der besondere Ausweisungsschutz erschöpfe sich allerdings nicht in der Beschränkung der Zulässigkeit der Ausweisung auf schwerwiegende Gründe. Daneben sei die Ist-Ausweisung zur Regel-Ausweisung herabgestuft. Der Kläger lebe seit 1993 und damit seit mittlerweile nahezu 17 Jahren im Bundesgebiet; zudem hielten sich seine Mutter und seine Geschwister hier auf. Die Ausweisung greife in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG – freie Entfaltung der Persönlichkeit – und in das Achtungsgebot aus Art. 8 EMRK – Schutz des Privat- und Familienlebens – ein. Das Regierungspräsidium gehe davon aus, dass deswegen eine umfassende und alle denkbaren Gesichtspunkte in den Blick zu nehmende Ermessensentscheidung zu treffen sei. Nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG seien dabei die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Der Kläger habe mehrfach und zuletzt sehr schwerwiegend gegen die bestehende Rechtsordnung verstoßen. Es sei mit weiteren erheblichen rechtswidrigen Straftaten gleicher Schwere zu rechnen. Die Wiederholungsgefahr sei außerordentlich hoch. Damit habe das herausragende öffentliche Interesse an der Erhaltung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung im Vergleich zur Dauer seines Aufenthalts und dem damit verbundenen Integrationsgrad ein deutliches Übergewicht. Dies gelte auch deshalb, weil eine abgeschlossene Integration in deutsche Lebensverhältnisse nicht vorliege. Er habe keine Berufsausbildung und sei lediglich in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt gewesen. Zuletzt sei er arbeitslos und auf Unterstützungsleistungen seiner Familienangehörigen angewiesen gewesen. Auch seine häufigen Straftaten sprächen gegen eine erfolgreiche Integration. Es werde nicht übersehen, dass der Kläger in Jamaika zunächst Schwierigkeiten haben werde, sich an die dortigen Lebensverhältnisse zu gewöhnen, doch seien diese nicht unüberwindbar. Die Ausweisung stelle damit auch einen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässigen Eingriff dar, der gesetzlich vorgesehen und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der öffentlichen Ordnung notwendig und insbesondere nicht unverhältnismäßig sei. Da dem Kläger die verwaltungsinterne Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 01.09.2008 bis zum 26.02.2009 nicht habe bekanntgegeben werden können, sei über seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis noch nicht entschieden worden. Einer entsprechenden Verlängerung stehe die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 59 AufenthG.
10 
Am 09.04.2010 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage. Zu deren Begründung wurde darauf verwiesen, dass in Deutschland aufgewachsenen Ausländern eine besondere persönliche Prägung zukomme. Sie betrachteten das Land, dessen Staatsangehörigkeit sie innehätten, regelmäßig gerade noch als Urlaubsland. Es stelle sich die Frage, ob eine Ausweisung und Abschiebung des Betroffenen wirklich die der Sache nach angemessene Reaktion auf eine möglicherweise misslungene Integration eines jungen Ausländers darstelle. In der Sache sei zu berücksichtigen, dass er seinen leiblichen Vater tatsächlich nie kennengelernt habe, weil sich seine Mutter noch in der Schwangerschaft von diesem getrennt habe. Andere nähere Verwandte lebten in Jamaika nicht mehr. Seine Großmutter mütterlicherseits lebe bei einer Tante in den USA. Einen Großvater gebe es nicht. Der Vater seiner Mutter sei verstorben. Ein Onkel, der in Jamaika gewohnt habe, sei Anfang der 1990er Jahre gestorben, ein zweiter Onkel, der aber im Ausland gelebt habe, sei im Jahr 2009 in Jamaika getötet worden, als er seine Tochter besucht habe. Zwei weitere Onkel hielten sich in Costa Rica auf. Die Englischkenntnisse des Klägers seien schlecht. Die von Zuhause erworbenen Kennnisse der Muttersprache seien nahezu vollständig verlorengegangen. Seine Mutter habe Wert darauf gelegt, dass zu Hause Deutsch gesprochen worden sei. Jamaika habe er nie mehr besucht, und zwar auch deshalb, weil Ausländer und Exiljamaikaner in gleicher Weise gefährdet seien, überfallen und ausgeraubt zu werden. Er sei außerdem in rechtlicher Hinsicht so zu stellen, wie er stünde, wenn ihm die letzte befristete Aufenthaltserlaubnis vom 01.09.2008 tatsächlich ausgehändigt worden wäre. Denn die Behörde hätte nachfragen oder ihm diese zustellen müssen. Damit genieße er besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 56 AufenthG. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in keiner der abgeurteilten Straftaten die Initiative von ihm selbst ausgegangen sei. Er sei vielmehr jedes Mal „mitgegangen“.
11 
Durch Urteil vom 15.02.2011 hob Verwaltungsgericht Stuttgart Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 auf, wies die Klage im Übrigen ab und legte Kläger und beklagtem Land je die Hälfte der Kosten des Verfahrens auf. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt: Die im angefochtenen Bescheid verfügte Ausweisung sei rechtswidrig und aufzuheben. Das Regierungspräsidium habe allerdings zu Recht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 AufenthG bejaht. Auch komme dem Kläger die Privilegierung des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht zu. Ungeachtet dessen habe das Regierungspräsidium den Kläger zu seinen Gunsten so gestellt, als ob ihm besonderer Ausweisungsschutz zustünde. In diesem Zusammenhang habe es zu Recht bejaht, dass im Hinblick auf die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung des § 53 AufenthG schwerwiegende Ausweisungsgründe nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vorlägen und kein Ausnahmefall erkennbar sei. Dies sei vom Kläger auch nicht in Frage gestellt worden. Weiter habe das Regierungspräsidium zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass seine Ausweisung höherrangiges Recht, wie die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK tangiere, und habe sodann anstelle der Regelausweisung geprüft, ob die Ausweisung unter Ermessensgesichtspunkten nach § 55 AufenthG gerechtfertigt sei. Bei der gebotenen Ermessensbetätigung habe es allerdings nicht alle abwägungsrelevanten Umstände gewürdigt, die im Rahmen der persönlichen Interessen des Klägers zu berücksichtigen seien. So teile das Gericht nicht die Auffassung des Regierungspräsidiums, wonach der Kläger sich nicht vollständig in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe. Sein Werdegang belege, dass er keineswegs integrationsunwillig oder -unfähig gewesen sei. Außer Acht gelassen habe das Regierungspräsidium auch, dass er einwandfrei Deutsch spreche. Die Begehung von Straftaten allein sei jedenfalls vor diesem Hintergrund kein Indiz gegen eine Integration. Der Kläger habe des Weiteren unbestritten persönliche Bindungen zum Bundesgebiet, zumindest zu seiner Mutter und seinem Bruder. Er wolle gerne in der Haft eine Drogentherapie machen, die allerdings angesichts der verfügten Ausweisung nicht bewilligt worden sei. Hinzukomme, dass der Kläger seit seiner Einreise in das Bundesgebiet nicht mehr in Jamaika gewesen sei. Es sei glaubhaft, dass er dieses Land nicht als sein Heimatland ansehe, zumal er dort keine Bezugsperson mehr habe. Nach Berichten des Auswärtigen Amtes und des Außenministeriums Österreich zur Sicherheitslage in Jamaika sei dort außerdem eine erhöhte Sicherheitsgefährdung zu verzeichnen, welche sich nicht nur auf die Hauptstadt Kingston beziehe, sondern auch für Touristengebiete gelte bzw. für diese nicht ausgeschlossen werden könne. Der Alltag in den Städten sei von Gewaltverbrechen geprägt. Insgesamt überwögen nach Auffassung des Gerichts die privaten Interessen des Klägers das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung mit der Folge, dass die Ausweisungsverfügung rechtswidrig und daher aufzuheben sei. Hingegen begegne die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. der Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis keinen rechtlichen Bedenken. Auch die Abschiebungsandrohung sei danach rechtlich nicht zu beanstanden.
12 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 30.06.2011 - 11 S 989/11 - die Berufung zugelassen. Diese wird im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung zunächst zu Unrecht davon aus, dass das Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben des Klägers nicht ausreichend beachtet hätte. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei dieser nicht vollständig in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik integriert. Abgesehen davon habe das Regierungspräsidium zugunsten des Klägers gleichwohl unterstellt, dass der Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet sei. Es sei allerdings davon ausgegangen, dass der Eingriff in das Schutzgebot verhältnismäßig und damit zulässig sei. Auch die vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstöße gegen Ermessensgrundsätze lägen nicht vor. Letztlich ersetze es das Ermessen des Regierungspräsidiums durch eigenes Ermessen und überschreite damit die durch § 114 VwGO gezogenen Grenzen der gerichtlichen Überprüfung des Ermessens.
13 
Das beklagte Land beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2011 - 12 K 1301/10 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Zur Begründung wird ergänzend zum bisherigen Vorbringen unter anderem dargelegt: Art. 8 EMRK stehe einer Ausweisung des Klägers entgegen. Soweit von Seiten des beklagten Landes beanstandet werde, dass das Verwaltungsgericht bei der Frage der Integration des Klägers von falschen Maßstäben ausgehe, so erliege es selbst einem Fehlschluss. Ein junger Deutscher, der sich nach problematischer Adoleszenz mit Abbruch der Schulausbildung zu einem notorischen Schläger entwickelt habe, wäre natürlich nach wie vor in Deutschland integriert. Dasselbe gelte für einen jungen Jamaikaner, der den größten Teil seines bisherigen Lebens (einschließlich der gesamten Phase des Schulbesuchs) in Deutschland verbracht habe und während dieser Zeit mehrfach straffällig geworden sei. Ein straffreies Leben könne kein taugliches Kriterium für die Frage der Integration des Betroffenen sein.
18 
Der Kläger, welcher sich seit 01.02.2009 wieder in Haft befindet, hat inzwischen auch die gegen ihn – wegen Uneinbringlichkeit der im Strafbefehl des Amtsgerichts Wertheim vom 01.09.2008 verhängten Geldstrafe – angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen verbüßt. Die mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und die Restfreiheitstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 wäre am 09.10.2015 vollstreckt. Mit Verfügung vom 12.03.2010 hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn entschieden, dass gemäß § 456a StPO von der Vollstreckung der Reststrafe von dem Tage an abgesehen werde, an dem der Kläger in Vollzug der ausländerrechtlichen Verfügungen den ausländischen Grenzpolizeistellen übergeben oder wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert werde, jedoch frühestens ab 20.05.2012.
19 
Dem Senat liegen die ausländerrechtlichen Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landratsamts Hohenlohekreis (jeweils ein Heft), die Gefangenenpersonalakten der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall (ein Heft) sowie ein Vollstreckungsheft - 1 VRJs 536/06 - und ein Bewährungsheft - 1 BWL 8/08 - des Amtsgerichts Adelsheim bezüglich des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 - 2 KLs 32 Js 32158/05 - vor. Der Inhalt dieser Akten ist ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 1301/10 - sowie des Verwaltungsgerichtshofs zum vorliegenden Verfahren Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage insgesamt, also auch hinsichtlich der Ausweisung, abweisen müssen. Denn die unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 verfügte Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
21 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart steht die Ausweisung des Klägers nicht im Ermessen des beklagten Landes und ist daher schon deshalb nicht wegen Ermessensfehlern aufzuheben. Vielmehr handelt es sich vorliegend um eine so genannte „Ist-Ausweisung“ bzw. „zwingende Ausweisung“ nach § 53 AufenthG. Da die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 AufenthG vorliegen (dazu unter 1.) und der Kläger weder besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt (2.) noch seine Ausweisung mit Blick auf Art. 8 EMRK oder Art. 2 GG als unverhältnismäßig anzusehen ist (3.), ist sie rechtmäßig.
22 
1. Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherheitsverwahrung angeordnet worden ist. Die Tatbestandvoraussetzungen dieser Regelung sind schon allein aufgrund der letzten Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Heilbronn vom 20.10.2009 wegen versuchten Totschlags und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer (Gesamt-) Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten gegeben.
23 
2. Dem Kläger kommt kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG zu. Er kann sich insbesondere nicht auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG berufen. Danach genießt ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, besonderen Ausweisungsschutz. Der Kläger ist jedoch bereits seit Ablauf der Geltungsdauer der am 23.10.2002 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis zum 22.10.2004 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels. Die am 01.09.2008 durch das Landratsamt Hohenlohekreis erfolgte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 28.02.2009 ist mangels Bekanntgabe an den Kläger nie wirksam geworden. Soweit der Kläger vorträgt, er müsste so gestellt werden, als ob ihm der Aufenthaltstitel ausgehändigt worden wäre, verkennt er, dass dieser lediglich bis 28.02.2009 gegolten hätte. Die Anträge des Klägers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28.10.2004 und vom 12.02.2008 sind unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 abgelehnt worden. Selbst wenn durch die Anträge – trotz verspäteter Antragstellung – eine Fiktionswirkung (vgl. § 81 Abs. 4 AufenthG 2007, § 81 Abs. 4 AufenthG 2005, § 69 Abs. 3 AuslG 1965 i.d.F. vom 09.01.2002) eingetreten wäre, wäre diese damit jedenfalls beendet gewesen. Abgesehen davon hat das Regierungspräsidium zu Recht ausgeführt, dass Zeiten der Fiktionswirkung nicht dem (tatsächlichen) Besitz einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG gleichgestellt werden können (vgl. ausführlich Bay. VGH, Urteil vom 04.07.2011 - 19 B 10.1631 -juris, m.w.N.), wenn später die Erteilung des Titels unanfechtbar abgelehnt wurde.
24 
3. Die danach einfachgesetzlich zwingende Ausweisung des Klägers ist nicht mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK oder auf höherrangiges Recht wie Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig anzusehen.
25 
a) Auch eine zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG ist auf ihre Vereinbarkeit mit dem in Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens hin zu überprüfen (vgl.VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 - und vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11.07.2003 - 1 B 252.02 - Buchholz 140 Art. 8 EMRK Nr. 14). Dies folgt nach Auffassung des Senats aus § 1 Abs. 1 Satz 5 AufenthG (noch mit anderer Begründung: VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 23.10.2002 - 11 S 1410/02 - NVwZ-RR 2003, 304, und vom 14.02.2001 - 13 S 2501/00 - NVwZ-Beil. 2001, 81). Danach bleiben die Regelungen in anderen Gesetzen „unberührt“. Diese „Unberührtheitsklausel“ gilt grundsätzlich auch im Verhältnis zu den völkervertraglichen Regelungen, die – wie die Europäische Menschenrechtskonvention – durch Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG) den Rang eines Bundesgesetzes erhalten haben und nicht nur die Vertragsparteien binden, sondern unmittelbar Rechte und Pflichten der betreffenden Staatsangehörigen begründen können, und zwar selbst wenn diese älter sind und deshalb nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ nicht vorrangig anwendbar wären (ausführlich dazu Fritzsch, VBlBW 2005, 378; GK-AufenthG, Stand: August 2011, § 1 AufenthG Rn. 23. ff.; Renner/Dienelt, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 1 AufenthG Rn. 21).
26 
Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung eine umfassende Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Offenbleiben kann daher, ob in diesen Fällen bei einer zwingenden Ausweisung zudem mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG – oder gegebenenfalls Art. 6 GG, welcher hier nicht einschlägig ist – i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen wäre (so OVG NRW, Beschluss vom 25.05.2009 - 18 E 1230/08 - AuAS 2009, 184; HambOVG, Urteil vom 24.03.2009 - 3 Bf 166/04 - InfAuslR 2009, 279), obwohl es sich um eine gebundene Entscheidung handelt und die Tatbestandsmerkmale des § 53 AufenthG – anders etwa als die der §§ 54 und 56 AufenthG – keinen Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Auslegung bieten (insoweit zu Recht kritisch Naumann, DÖV 2011, 96; vgl. zu Regel- und Ermessensausweisungen sowie zu § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - InfAuslR 2007, 443, und vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275; BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367). Denn insoweit wären dieselben Maßstäbe anzuwenden, die bei der Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 EMRK zur Anwendung kommen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007- 2 BvR 535/06 - a.a.O.). In jedem Fall wäre der Ausländerbehörde kein Ermessen eingeräumt (vgl. Senatsurteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O.; Bay.VGH, Beschluss vom 27.09.2010 - 19 ZB 09.715 - juris; vgl. auch Hailbronner, AuslR, Stand: September 2010, vor § 53 AufenthG Rn. 10 ff., m.w.N.; a.A. Thym, DVBl. 2008, 1346, 1351 f.; Huber, AuslR, 2010, § 53 AufenthG Rn. 5).
27 
b) Die Ausweisung des Klägers stellt zwar einen Eingriff in das in Art. 8 Abs. 1 EMRK verbürgte Recht auf Achtung seines Privatlebens dar; dieser ist jedoch gerechtfertigt im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
28 
aa) Das Recht auf Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - [Slivenko] EuGRZ 2005, 560). Über entsprechende Beziehungen verfügt der Kläger. Dies folgt bereits daraus, dass er seit seinem sechsten Lebensjahr und damit inzwischen seit mehr als 18 Jahren und 6 Monaten in Deutschland lebt, davon die meiste Zeit – jedenfalls bis zum 22.10.2004 – im Besitz von Aufenthaltstiteln war, hier zur Schule gegangen ist und den Hauptschulabschluss gemacht hat und zudem in Deutschland seine Mutter, sein älterer Bruder und sein jüngerer – deutscher – Halbbruder sowie seine langjährige Freundin leben. Selbst wenn ihm die Bescheinigungen über eine aufgrund seiner Verlängerungsanträge eingetretene Erlaubnisfiktion zu Unrecht ausgestellt worden und sein Aufenthalt bereits zum Zeitpunkt der Ausweisung nicht mehr als rechtmäßig anzusehen gewesen wäre, könnte er sich weiter auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines weiterhin fortdauernden rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll (Senatsurteil vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK bei einer bereits erfolgten und weiter bestehenden „Verwurzelung“ immer schon dann nicht mehr eröffnet wäre, wenn es dem Betreffenden in der Folge nicht gelungen ist, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und sich eine eigene Existenz zu schaffen oder aber wenn er Straftaten begangen hat. Auch diese Punkte sind vielmehr gegebenenfalls bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung aller Umstände entsprechend zu gewichten. Davon ist das Regierungspräsidium im angegriffenen Bescheid vom 09.03.2010 auch ausgegangen. Zwar wird darin mehrmals eine „nicht abgeschlossene Integration in deutsche Lebensverhältnisse“ angeführt und zur Begründung unter anderem auf eine fehlende Berufsausbildung und die Straftaten verwiesen. Diese Argumentation erfolgt jedoch im Rahmen der Ermessensausübung und bei der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die Frage, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK überhaupt eröffnet ist, wird hingegen ausdrücklich bejaht; die Ausweisung sei als ein Eingriff in das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK anzusehen (S. 11 des Bescheids).
29 
Hingegen ist das in Art. 8 Abs. 1 EMRK ebenfalls geschützte Familienleben hier schon deshalb nicht betroffen, weil der volljährige Kläger bereits vor seiner erneuten Inhaftierung nicht mehr mit seiner Mutter und seinem jüngsten Halbbruder in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und auch nicht etwa aus besonderen Gründen auf ein Zusammenleben mit seiner Familie und auf deren Beistand angewiesen wäre bzw. seine Brüder oder seine Mutter seine Hilfe und Unterstützung benötigen würden (vgl. zu diesen Anforderungen: Senatsbeschluss des Senats vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178, m.w.N).
30 
bb) Die danach vorzunehmende Abwägung aller Umstände führt zum Ergebnis, dass die Ausweisung des Klägers trotz des damit verbundenen Eingriffs in sein im Bundesgebiet geführtes Privatleben nach Art. 8 EMRK als gerechtfertigt anzusehen ist – und damit auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG als verhältnismäßig zu beurteilen wäre.
31 
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Die Frage, ob der durch eine Ausweisung bewirkte Eingriff im konkreten Einzelfall in diesem Sinne „notwendig“, insbesondere verhältnismäßig ist, ist anhand einer Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers mit seinem Interesse an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. etwa Urteil vom 02.08.2001 - Nr. 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - Nr. 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - Nr. 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - Nr. 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - Nr. 41548/06 - [Trabelsi]) ist dabei von einem bestimmten, nicht notwendigerweise abschließenden Kriterien- und Prüfkatalog auszugehen, den so genannten Boultif/Üner-Kriterien. Danach sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: die Anzahl, Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; das Alter des Ausländers bei Begehung der Straftaten; der Charakter und die Dauer des Aufenthalts im Land, das der Ausländer verlassen soll; die seit Begehen der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers seit der Tat, insbesondere im Strafvollzug; die Staatsangehörigkeit aller Beteiligten; die familiäre Situation des Ausländers und gegebenenfalls die Dauer der Ehe sowie andere Umstände, die auf ein tatsächliches Familienleben eines Paares hinweisen; der Grund für die Schwierigkeiten, die der Partner in dem Land haben kann, in das gegebenenfalls abgeschoben werden soll; ob der Partner bei Begründung der familiären Beziehung Kenntnis von der Straftat hatte; ob der Verbindung Kinder entstammen, und in diesem Fall deren Alter; das Interesse und das Wohl der Kinder, insbesondere der Umfang der Schwierigkeiten, auf die sie wahrscheinlich in dem Land treffen, in das der Betroffene ggfs. abgeschoben werden soll; die Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland einerseits und zum Herkunftsland andererseits.
32 
Nach diesen Grundsätzen ist hier zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Kläger innerhalb weniger Jahre bereits mehrmals strafbar gemacht hat und dass es sich bei dem in der Nacht vom 10. auf den 11.09.2005 verübten schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und dem am 20.01.2009 begangenen Versuch eines Totschlags um gravierende Straftaten handelt. Bereits mit der Verurteilung wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung durch das Landgericht Heilbronn vom 15.08.2006 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten war der Regelausweisungsgrund des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Das Regierungspräsidium sah damals wegen des langjährigen Aufenthalts des Klägers in Deutschland, der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden familiären Lebensgemeinschaft mit seiner Mutter und seinem deutschen Halbbruder, der vom Kläger geäußerten Reue und vor allem wegen des Berichts der Justizvollzugsanstalt Adelsheim vom 19.01.2007, nach welchem von einer günstigen Sozial und Kriminalprognose auszugehen sei, von einer Ausweisung ab. Es machte dem Kläger in einem Schreiben vom 07.02.2007 aber deutlich, dass eine erneute Straftat zu seiner Ausweisung führen könne. Dies hielt den Kläger ebenso wenig von weiteren Straftaten ab wie die Tatsache, dass die Vollstreckung der Reststrafe mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 09.01.2008 lediglich auf Bewährung ausgesetzt worden war. Er machte sich vielmehr nicht nur im Juli 2008 – wenige Monate nach seiner Haftentlassung am 12.02.2008 – wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung strafbar, sondern nur einige Monate später, am 20.01.2009, auch wegen versuchten Totschlags und Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
33 
Schon aus diesen Umständen ist zu folgern, dass im Falle des Klägers von einer sehr hohen Gefahr der Wiederholung schwerer Straftaten auszugehen ist. Dies wird noch verdeutlicht durch die innere Einstellung des Klägers zu Leib und Leben anderer, die er bei den Taten gezeigt hat. Bei der Rücksichtslosigkeit und Brutalität, mit der er vorgegangen ist, sind weitere ähnliche Taten konkret zu befürchten. Zwar war er nach den Feststellungen des Landgerichts Heilbronn im Urteil vom 15.08.2006 bei dem Überfall auf eine Autofirma am 10. bzw. 11.09.2005, bei welchem er und weitere fünf Täter zwei neuwertige Fahrzeuge entwendeten, weder Initiator noch Organisator des Geschehens, sondern wurde „angeworben“. Auch hat er den Wachmann, der den Raub entdeckt hatte und erheblich verletzt worden war, nicht selbst geschlagen. Er hat aber den zuvor gefassten Plan mitgetragen, diesen unter Anwendung erheblicher körperlicher Gewalt „auszuschalten“ und zu fesseln, war dabei zugegen und hat das brutale Vorgehen seiner Mittäter gebilligt sowie ihnen beim Anlegen der Fesseln durch Leuchten mit der Taschenlampe geholfen. Schließlich hat auch er den Wachmann, der gefesselt, schwer verletzt und blutend eine 10 m hohe Böschung hinuntergestoßen worden war, seinem Schicksal überlassen. Dabei hätten er und seine Mittäter zwar darauf vertraut, dass der Tod nicht eintreten würde, weil sie davon ausgegangen seien, dass der Wachmann noch lebend gefunden würde. Sie hätten aber erkannt, dass dieser sich aufgrund seiner wegen der Fesselung eingeschränkten Bewegungs- und Atmungsfähigkeit sowie der Witterungsverhältnisse in Todesgefahr befunden habe. Tatsächlich wurde er erst um 06.30 Uhr in lebensbedrohlichem Zustand gefunden und hat erhebliche physische und psychische Verletzungen erlitten. Bei der am 20.01.2009 begangenen Straftat des versuchten Totschlags ging offenbar die Initiative vom Mitangeklagten Mi.G aus. Nach den Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 haben aber sowohl Mi.G als auch der Kläger – jeder mindestens einmal – mit dem vom Kläger mitgeführten Nunchaku mit Wucht auf den Kopf des Geschädigten K. eingeschlagen, so dass dieses in zwei Teile zerriss. Nachdem K. dann mit blutenden Kopfwunden auf dem Boden gelegen hat, haben beide auf ihn eingetreten, bis einer der beiden geäußert habe, man könne ihn nun liegenlassen, weil er „verrecke“. Beim Verlassen des Hauses seien beide davon ausgegangen, dass K. ohne ärztliche Hilfe versterben würde.
34 
Hinzu kommt, dass auch dieser zweite Angriff des Klägers auf Leib und Leben einer Person nicht etwa in einer besonderen Ausnahmesituation oder aufgrund einer gravierenden emotionalen Belastung erfolgte. Der Mittäter Mi.G. war nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 wegen Drogenabhängigkeit vermindert steuerungsfähig und hat sich wegen der außerehelichen Beziehungen seiner Ehefrau zu dem Geschädigten in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Im Falle des Klägers fehlen entsprechende besondere Umstände. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er auf Nachfragen angegeben, er könne sich selbst nicht erklären, wieso er die Tat begangen habe.
35 
Die Wiederholungsgefahr wird zudem durch den Drogenkonsum des Klägers eher noch erhöht. Dabei kann hier offen bleiben, ob von einer Drogenabhängigkeit auszugehen ist. Jedenfalls hat der Kläger seinen eigenen Angaben in den Strafverfahren nach jahrelang regelmäßig Haschisch konsumiert und teilweise auch härtere Drogen. Er hat offensichtlich selbst nach seiner Entlassung auf Bewährung am 12.02.2008 bis zu seiner erneuten Verhaftung weiterhin regelmäßig Drogen genommen.
36 
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich an der danach bestehenden hohen Gefahr der Wiederholung gravierender Straftaten etwas geändert haben könnte. Bislang wurden – unter anderem wegen der ausländerrechtlichen Situation – keinerlei therapeutische Maßnahmen durchgeführt. Der Kläger hat zwar eine feste Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Diese besteht aber schon seit vielen Jahren, ohne dass ihn das von der Begehung der Straftaten abgehalten hätte. In der Justizvollzugsanstalt zeigt der Kläger ausweislich der dem Senat vorliegenden Gefangenpersonalakten wohl einige positive Entwicklungen, etwa bei der Arbeit. Gegen ihn mussten aber auch mehrfach Sicherungsmaßnahmen verhängt werden. Eine Urinkontrolle – von mehreren – wurde positiv auf THC getestet. Nach dem Vollzugsplan vom 15.03.2011 wird weiter von einer behandlungsbedürftigen Gewalt- und Suchtproblematik ausgegangen. Aufgrund seiner Anlasstat und der daraus ersichtlichen Persönlichkeitsstörung sei bei ihm eine Sozialtherapie grundsätzlich indiziert und weiterhin erforderlich. Im Hinblick darauf hatte die Justizvollzugsanstalt bei einer anderen Anstalt mit einer Sozialtherapeutischen Abteilung um Aufnahme des Klägers zur Durchführung einer Sozialtherapie gebeten. In den beigefügten Unterlagen wird von der Psychotherapeutin der Justizvollzugsanstalt dargelegt, dass die zutage getretene Gewaltneigung das zentrale Problem sei. Ohne erfolgreiche Sozialtherapie sei zu befürchten, dass der Kläger weitere Gewaltdelikte begehen werde.
37 
Zugunsten des Klägers ist unter anderem zu berücksichtigen, dass er sich seit seinem sechsten Lebensjahr in Deutschland aufhält, hier aufgewachsen ist, trotz offensichtlich problematischer Familienverhältnisse, die die Aufnahme durch eine Pflegefamilie erforderlich machten, den Hauptschulabschluss absolviert und seine Abschlussnote in dem anschließenden Berufsvorbereitungsjahr auf 2,5 verbessert hat. Danach hat er eine Lehre begonnen, welche er allerdings nicht abgeschlossen hat. Er hat eine feste Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, mit welcher er nach seiner Haftentlassung zusammenziehen will. Seine Mutter ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, sein älterer Bruder lebt ebenfalls in Deutschland, sein jüngerer Halbbruder ist deutscher Staatsangehörigkeit. Er spricht fließend Deutsch und wohl nur schlecht Englisch. Aktuelle Beziehungen zu seiner Heimat Jamaika hat der Kläger seinen Angaben nach nicht. Seine Großmutter und viele der näheren Verwandten seien in andere Länder ausgereist. In der mündlichen Verhandlung hat er erläutert, dass er nicht wisse, welche Bekannten und welche Verwandten noch in Jamaika lebten.
38 
Trotzdem ist dem Kläger eine Rückkehr nach Jamaika nicht unzumutbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er fast 25 Jahre alt ist, also grundsätzlich auch ohne die Unterstützung von Bekannten und Verwandten zurechtkommen kann. Dass es für ihn nicht einfach sein wird, sich in Jamaika ein neues Leben aufzubauen, liegt auf der Hand. Abgesehen davon, dass er wohl nicht fließend Englisch spricht, ist die allgemeine wirtschaftliche und politische Situation in Jamaika nicht günstig. Insbesondere ist von einer hohen Kriminalitätsrate auszugehen. Dies belegen die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Hinweise des österreichischen Außenministeriums zu Jamaika vom 31.08.2010 sowie die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts vom 31.08.2010 (ebenso neuere Hinweise, Stand 21.09.2011, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/JamaikaSicherheit.html). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Kriminalitätsrate so hoch bzw. oder die allgemeinen Verhältnisse derart schlecht wären, dass dem Kläger ein Leben in Jamaika nicht zugemutet werden könnte. Schließlich müsste er nicht in die offenbar besonders problematische Hauptstadt Kingston ziehen. In Anbetracht seiner Deutschkenntnisse hat er ohnehin wohl in den Touristenzentren bessere Chancen, Arbeit zu finden. Außerdem könnte er in der Anfangszeit gegebenenfalls durch seine Mutter oder seine Brüder unterstützt werden. Der Senat geht im Übrigen davon aus, dass der Kläger zumindest über ausreichende Grundkenntnisse des Englischen verfügt, die ihm ein Einleben möglich machen und auf die er für einen schnellen Spracherwerb aufbauen kann. Schließlich ist er erst in seinem sechsten Lebensjahr nach Deutschland eingereist und hat bis zu diesem Zeitpunkt nur Englisch gesprochen. Es ist anzunehmen, dass er sich danach zumindest mit seinem älteren Bruder noch einige Zeit weiter in seiner Muttersprache unterhalten hat. Dafür spricht, dass er in der vierten Grundschulklasse wegen Sprachproblemen auf die Förderschule wechseln musste. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung berichtet, dass er ab und zu mit seiner inzwischen in den USA lebenden Großmutter telefoniert habe. Er hat zwar dazu erläutert, dass sein Englisch nicht mehr so gut sei, so dass er teilweise Übersetzungshilfen durch seine Mutter benötigt habe. Danach ist ihm aber die englische Sprache jedenfalls nicht völlig fremd geworden.
39 
Insgesamt ist die Ausweisung des Klägers auch in Ansehung der angeführten Bindungen in Deutschland und der zu erwartenden Schwierigkeiten in Jamaika wegen der Schwere der begangenen Straftaten und der besonders hohen Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund des Ausmaßes der vom Kläger ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung muss sie nicht etwa im Hinblick auf Art. 8 EMRK sogleich befristet werden.
40 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Ausweisung auch nicht aufgrund der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. EU L 348/2008, S. 98 ff. - Rückführungsrichtlinie) bereits jetzt befristet werden muss (vgl. Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Diese Richtlinie ist zwar zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) unmittelbar anwendbar, weil die Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen und das „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ (vgl. Entwurf, BT-Drucks. 17/5470 vom 12.04.2011) noch nicht in Kraft getreten ist. Die Ausweisung selbst stellt jedoch keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie dar (vgl. Senatsurteil vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291).
41 
Da die Ausweisung des Klägers nach § 53 AufenthG mithin schon allein aufgrund spezialpräventiver Gründe als verhältnismäßig anzusehen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch selbstständig tragend generalpräventiv begründet werden könnte (vgl. dazu Senatsurteile vom 18.03.2011 - 11 S 2/11 -AuAS 2011, 136, vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O., und vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -).
II.
42 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Ausweisung selbst dann als rechtmäßig anzusehen wäre, wenn davon ausgegangen würde, dass Ermessen auszuüben ist. Denn die vom Verwaltungsgericht angeführten Ermessensfehler liegen nicht vor.
43 
Das beklagte Land hat im Rahmen der von ihm angestellten und durch seinen Vertreter in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen alle relevanten Belange eingestellt und auch zutreffend gewichtet.
44 
Zunächst ist nicht ersichtlich, dass – bezogen auf den Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung – ein wesentlicher Umstand nicht berücksichtigt worden wäre. Abgesehen davon sind die Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren noch entsprechend ergänzt bzw. klargestellt worden. Die Tatsache, dass der Kläger fließend Deutsch spricht, ist schon wegen seines Hauptschulabschlusses selbstverständlich und musste im angefochtenen Bescheid nicht explizit erwähnt werden.
45 
Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat auch in den Ausführungen des Regierungspräsidiums im angefochtenen Bescheid zur Frage des Grades der Integration keinen Ermessensfehler zu erkennen. Zwar wird darin dargelegt, dass sich der Kläger „nicht vollständig“ in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe und zur Begründung auf die nicht abgeschlossene Berufsausbildung bzw. den fehlenden festen Arbeitsplatz und die begangenen Straftaten abgestellt. Wie ausgeführt, ist aber zunächst betont worden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet ist. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass durchaus von einer Integration in dem Sinne ausgegangen worden ist, dass das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK greift. Dies hat der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung bekräftigt. Die weiteren Erwägungen zur Frage, ob die Integration abgeschlossen ist, erfolgen im Rahmen der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. des Ermessens. In diesem Zusammenhang aber können die angeführten Umstände wie Berufsausbildung, Berufstätigkeit, u.a. selbstverständlich berücksichtigt und die Straftaten als gewichtige Integrationsdefizite gewertet werden.
46 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werden angesichts der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Gewaltdelikte auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten. Aus den oben zu § 8 Abs. 2 EMRK angeführten Gründen lässt es sich rechtlich nicht beanstanden, dass das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers höher bewertet hat als sein erhebliches privates Interesse, von einer Ausweisung verschont zu bleiben.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird – unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Beschluss vom 15. Februar 2011 (12 K 1301/10) – auf 10.000,-- EUR, der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
51 
Gründe
52 
Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen sowie die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1 GKG. Die beim Verwaltungsgericht erhobene Klage war nicht nur auf Aufhebung der unter Ziffer 1 des Bescheids vom 09.03.2010 verfügten Ausweisung gerichtet, sondern auch auf Verpflichtung der in diesem Bescheid ebenfalls erfolgten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und auf Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Während es sich bei den ersten beiden Begehren um zwei selbstständige prozessuale Ansprüche handelt, für die jeweils der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (vgl. Ziffern 8.1 und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327), kommt der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung hier keine streitwerterhöhende Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.04.1982 - 1 B 38.82 - InfAuslR 1982, 167). Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist demnach auf 10.000,-- EUR festzusetzen, der für das Berufungsverfahren, in welchem es nur noch um die Ausweisung ging, auf 5.000,-- EUR.
53 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage insgesamt, also auch hinsichtlich der Ausweisung, abweisen müssen. Denn die unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 verfügte Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
21 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart steht die Ausweisung des Klägers nicht im Ermessen des beklagten Landes und ist daher schon deshalb nicht wegen Ermessensfehlern aufzuheben. Vielmehr handelt es sich vorliegend um eine so genannte „Ist-Ausweisung“ bzw. „zwingende Ausweisung“ nach § 53 AufenthG. Da die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 AufenthG vorliegen (dazu unter 1.) und der Kläger weder besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt (2.) noch seine Ausweisung mit Blick auf Art. 8 EMRK oder Art. 2 GG als unverhältnismäßig anzusehen ist (3.), ist sie rechtmäßig.
22 
1. Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherheitsverwahrung angeordnet worden ist. Die Tatbestandvoraussetzungen dieser Regelung sind schon allein aufgrund der letzten Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Heilbronn vom 20.10.2009 wegen versuchten Totschlags und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer (Gesamt-) Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten gegeben.
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2. Dem Kläger kommt kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG zu. Er kann sich insbesondere nicht auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG berufen. Danach genießt ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, besonderen Ausweisungsschutz. Der Kläger ist jedoch bereits seit Ablauf der Geltungsdauer der am 23.10.2002 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis zum 22.10.2004 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels. Die am 01.09.2008 durch das Landratsamt Hohenlohekreis erfolgte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 28.02.2009 ist mangels Bekanntgabe an den Kläger nie wirksam geworden. Soweit der Kläger vorträgt, er müsste so gestellt werden, als ob ihm der Aufenthaltstitel ausgehändigt worden wäre, verkennt er, dass dieser lediglich bis 28.02.2009 gegolten hätte. Die Anträge des Klägers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28.10.2004 und vom 12.02.2008 sind unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 abgelehnt worden. Selbst wenn durch die Anträge – trotz verspäteter Antragstellung – eine Fiktionswirkung (vgl. § 81 Abs. 4 AufenthG 2007, § 81 Abs. 4 AufenthG 2005, § 69 Abs. 3 AuslG 1965 i.d.F. vom 09.01.2002) eingetreten wäre, wäre diese damit jedenfalls beendet gewesen. Abgesehen davon hat das Regierungspräsidium zu Recht ausgeführt, dass Zeiten der Fiktionswirkung nicht dem (tatsächlichen) Besitz einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG gleichgestellt werden können (vgl. ausführlich Bay. VGH, Urteil vom 04.07.2011 - 19 B 10.1631 -juris, m.w.N.), wenn später die Erteilung des Titels unanfechtbar abgelehnt wurde.
24 
3. Die danach einfachgesetzlich zwingende Ausweisung des Klägers ist nicht mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK oder auf höherrangiges Recht wie Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig anzusehen.
25 
a) Auch eine zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG ist auf ihre Vereinbarkeit mit dem in Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens hin zu überprüfen (vgl.VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 - und vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11.07.2003 - 1 B 252.02 - Buchholz 140 Art. 8 EMRK Nr. 14). Dies folgt nach Auffassung des Senats aus § 1 Abs. 1 Satz 5 AufenthG (noch mit anderer Begründung: VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 23.10.2002 - 11 S 1410/02 - NVwZ-RR 2003, 304, und vom 14.02.2001 - 13 S 2501/00 - NVwZ-Beil. 2001, 81). Danach bleiben die Regelungen in anderen Gesetzen „unberührt“. Diese „Unberührtheitsklausel“ gilt grundsätzlich auch im Verhältnis zu den völkervertraglichen Regelungen, die – wie die Europäische Menschenrechtskonvention – durch Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG) den Rang eines Bundesgesetzes erhalten haben und nicht nur die Vertragsparteien binden, sondern unmittelbar Rechte und Pflichten der betreffenden Staatsangehörigen begründen können, und zwar selbst wenn diese älter sind und deshalb nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ nicht vorrangig anwendbar wären (ausführlich dazu Fritzsch, VBlBW 2005, 378; GK-AufenthG, Stand: August 2011, § 1 AufenthG Rn. 23. ff.; Renner/Dienelt, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 1 AufenthG Rn. 21).
26 
Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung eine umfassende Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Offenbleiben kann daher, ob in diesen Fällen bei einer zwingenden Ausweisung zudem mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG – oder gegebenenfalls Art. 6 GG, welcher hier nicht einschlägig ist – i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen wäre (so OVG NRW, Beschluss vom 25.05.2009 - 18 E 1230/08 - AuAS 2009, 184; HambOVG, Urteil vom 24.03.2009 - 3 Bf 166/04 - InfAuslR 2009, 279), obwohl es sich um eine gebundene Entscheidung handelt und die Tatbestandsmerkmale des § 53 AufenthG – anders etwa als die der §§ 54 und 56 AufenthG – keinen Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Auslegung bieten (insoweit zu Recht kritisch Naumann, DÖV 2011, 96; vgl. zu Regel- und Ermessensausweisungen sowie zu § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - InfAuslR 2007, 443, und vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275; BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367). Denn insoweit wären dieselben Maßstäbe anzuwenden, die bei der Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 EMRK zur Anwendung kommen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007- 2 BvR 535/06 - a.a.O.). In jedem Fall wäre der Ausländerbehörde kein Ermessen eingeräumt (vgl. Senatsurteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O.; Bay.VGH, Beschluss vom 27.09.2010 - 19 ZB 09.715 - juris; vgl. auch Hailbronner, AuslR, Stand: September 2010, vor § 53 AufenthG Rn. 10 ff., m.w.N.; a.A. Thym, DVBl. 2008, 1346, 1351 f.; Huber, AuslR, 2010, § 53 AufenthG Rn. 5).
27 
b) Die Ausweisung des Klägers stellt zwar einen Eingriff in das in Art. 8 Abs. 1 EMRK verbürgte Recht auf Achtung seines Privatlebens dar; dieser ist jedoch gerechtfertigt im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
28 
aa) Das Recht auf Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - [Slivenko] EuGRZ 2005, 560). Über entsprechende Beziehungen verfügt der Kläger. Dies folgt bereits daraus, dass er seit seinem sechsten Lebensjahr und damit inzwischen seit mehr als 18 Jahren und 6 Monaten in Deutschland lebt, davon die meiste Zeit – jedenfalls bis zum 22.10.2004 – im Besitz von Aufenthaltstiteln war, hier zur Schule gegangen ist und den Hauptschulabschluss gemacht hat und zudem in Deutschland seine Mutter, sein älterer Bruder und sein jüngerer – deutscher – Halbbruder sowie seine langjährige Freundin leben. Selbst wenn ihm die Bescheinigungen über eine aufgrund seiner Verlängerungsanträge eingetretene Erlaubnisfiktion zu Unrecht ausgestellt worden und sein Aufenthalt bereits zum Zeitpunkt der Ausweisung nicht mehr als rechtmäßig anzusehen gewesen wäre, könnte er sich weiter auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines weiterhin fortdauernden rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll (Senatsurteil vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK bei einer bereits erfolgten und weiter bestehenden „Verwurzelung“ immer schon dann nicht mehr eröffnet wäre, wenn es dem Betreffenden in der Folge nicht gelungen ist, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und sich eine eigene Existenz zu schaffen oder aber wenn er Straftaten begangen hat. Auch diese Punkte sind vielmehr gegebenenfalls bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung aller Umstände entsprechend zu gewichten. Davon ist das Regierungspräsidium im angegriffenen Bescheid vom 09.03.2010 auch ausgegangen. Zwar wird darin mehrmals eine „nicht abgeschlossene Integration in deutsche Lebensverhältnisse“ angeführt und zur Begründung unter anderem auf eine fehlende Berufsausbildung und die Straftaten verwiesen. Diese Argumentation erfolgt jedoch im Rahmen der Ermessensausübung und bei der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die Frage, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK überhaupt eröffnet ist, wird hingegen ausdrücklich bejaht; die Ausweisung sei als ein Eingriff in das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK anzusehen (S. 11 des Bescheids).
29 
Hingegen ist das in Art. 8 Abs. 1 EMRK ebenfalls geschützte Familienleben hier schon deshalb nicht betroffen, weil der volljährige Kläger bereits vor seiner erneuten Inhaftierung nicht mehr mit seiner Mutter und seinem jüngsten Halbbruder in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und auch nicht etwa aus besonderen Gründen auf ein Zusammenleben mit seiner Familie und auf deren Beistand angewiesen wäre bzw. seine Brüder oder seine Mutter seine Hilfe und Unterstützung benötigen würden (vgl. zu diesen Anforderungen: Senatsbeschluss des Senats vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178, m.w.N).
30 
bb) Die danach vorzunehmende Abwägung aller Umstände führt zum Ergebnis, dass die Ausweisung des Klägers trotz des damit verbundenen Eingriffs in sein im Bundesgebiet geführtes Privatleben nach Art. 8 EMRK als gerechtfertigt anzusehen ist – und damit auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG als verhältnismäßig zu beurteilen wäre.
31 
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Die Frage, ob der durch eine Ausweisung bewirkte Eingriff im konkreten Einzelfall in diesem Sinne „notwendig“, insbesondere verhältnismäßig ist, ist anhand einer Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers mit seinem Interesse an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. etwa Urteil vom 02.08.2001 - Nr. 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - Nr. 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - Nr. 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - Nr. 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - Nr. 41548/06 - [Trabelsi]) ist dabei von einem bestimmten, nicht notwendigerweise abschließenden Kriterien- und Prüfkatalog auszugehen, den so genannten Boultif/Üner-Kriterien. Danach sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: die Anzahl, Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; das Alter des Ausländers bei Begehung der Straftaten; der Charakter und die Dauer des Aufenthalts im Land, das der Ausländer verlassen soll; die seit Begehen der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers seit der Tat, insbesondere im Strafvollzug; die Staatsangehörigkeit aller Beteiligten; die familiäre Situation des Ausländers und gegebenenfalls die Dauer der Ehe sowie andere Umstände, die auf ein tatsächliches Familienleben eines Paares hinweisen; der Grund für die Schwierigkeiten, die der Partner in dem Land haben kann, in das gegebenenfalls abgeschoben werden soll; ob der Partner bei Begründung der familiären Beziehung Kenntnis von der Straftat hatte; ob der Verbindung Kinder entstammen, und in diesem Fall deren Alter; das Interesse und das Wohl der Kinder, insbesondere der Umfang der Schwierigkeiten, auf die sie wahrscheinlich in dem Land treffen, in das der Betroffene ggfs. abgeschoben werden soll; die Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland einerseits und zum Herkunftsland andererseits.
32 
Nach diesen Grundsätzen ist hier zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Kläger innerhalb weniger Jahre bereits mehrmals strafbar gemacht hat und dass es sich bei dem in der Nacht vom 10. auf den 11.09.2005 verübten schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und dem am 20.01.2009 begangenen Versuch eines Totschlags um gravierende Straftaten handelt. Bereits mit der Verurteilung wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung durch das Landgericht Heilbronn vom 15.08.2006 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten war der Regelausweisungsgrund des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Das Regierungspräsidium sah damals wegen des langjährigen Aufenthalts des Klägers in Deutschland, der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden familiären Lebensgemeinschaft mit seiner Mutter und seinem deutschen Halbbruder, der vom Kläger geäußerten Reue und vor allem wegen des Berichts der Justizvollzugsanstalt Adelsheim vom 19.01.2007, nach welchem von einer günstigen Sozial und Kriminalprognose auszugehen sei, von einer Ausweisung ab. Es machte dem Kläger in einem Schreiben vom 07.02.2007 aber deutlich, dass eine erneute Straftat zu seiner Ausweisung führen könne. Dies hielt den Kläger ebenso wenig von weiteren Straftaten ab wie die Tatsache, dass die Vollstreckung der Reststrafe mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 09.01.2008 lediglich auf Bewährung ausgesetzt worden war. Er machte sich vielmehr nicht nur im Juli 2008 – wenige Monate nach seiner Haftentlassung am 12.02.2008 – wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung strafbar, sondern nur einige Monate später, am 20.01.2009, auch wegen versuchten Totschlags und Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
33 
Schon aus diesen Umständen ist zu folgern, dass im Falle des Klägers von einer sehr hohen Gefahr der Wiederholung schwerer Straftaten auszugehen ist. Dies wird noch verdeutlicht durch die innere Einstellung des Klägers zu Leib und Leben anderer, die er bei den Taten gezeigt hat. Bei der Rücksichtslosigkeit und Brutalität, mit der er vorgegangen ist, sind weitere ähnliche Taten konkret zu befürchten. Zwar war er nach den Feststellungen des Landgerichts Heilbronn im Urteil vom 15.08.2006 bei dem Überfall auf eine Autofirma am 10. bzw. 11.09.2005, bei welchem er und weitere fünf Täter zwei neuwertige Fahrzeuge entwendeten, weder Initiator noch Organisator des Geschehens, sondern wurde „angeworben“. Auch hat er den Wachmann, der den Raub entdeckt hatte und erheblich verletzt worden war, nicht selbst geschlagen. Er hat aber den zuvor gefassten Plan mitgetragen, diesen unter Anwendung erheblicher körperlicher Gewalt „auszuschalten“ und zu fesseln, war dabei zugegen und hat das brutale Vorgehen seiner Mittäter gebilligt sowie ihnen beim Anlegen der Fesseln durch Leuchten mit der Taschenlampe geholfen. Schließlich hat auch er den Wachmann, der gefesselt, schwer verletzt und blutend eine 10 m hohe Böschung hinuntergestoßen worden war, seinem Schicksal überlassen. Dabei hätten er und seine Mittäter zwar darauf vertraut, dass der Tod nicht eintreten würde, weil sie davon ausgegangen seien, dass der Wachmann noch lebend gefunden würde. Sie hätten aber erkannt, dass dieser sich aufgrund seiner wegen der Fesselung eingeschränkten Bewegungs- und Atmungsfähigkeit sowie der Witterungsverhältnisse in Todesgefahr befunden habe. Tatsächlich wurde er erst um 06.30 Uhr in lebensbedrohlichem Zustand gefunden und hat erhebliche physische und psychische Verletzungen erlitten. Bei der am 20.01.2009 begangenen Straftat des versuchten Totschlags ging offenbar die Initiative vom Mitangeklagten Mi.G aus. Nach den Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 haben aber sowohl Mi.G als auch der Kläger – jeder mindestens einmal – mit dem vom Kläger mitgeführten Nunchaku mit Wucht auf den Kopf des Geschädigten K. eingeschlagen, so dass dieses in zwei Teile zerriss. Nachdem K. dann mit blutenden Kopfwunden auf dem Boden gelegen hat, haben beide auf ihn eingetreten, bis einer der beiden geäußert habe, man könne ihn nun liegenlassen, weil er „verrecke“. Beim Verlassen des Hauses seien beide davon ausgegangen, dass K. ohne ärztliche Hilfe versterben würde.
34 
Hinzu kommt, dass auch dieser zweite Angriff des Klägers auf Leib und Leben einer Person nicht etwa in einer besonderen Ausnahmesituation oder aufgrund einer gravierenden emotionalen Belastung erfolgte. Der Mittäter Mi.G. war nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 wegen Drogenabhängigkeit vermindert steuerungsfähig und hat sich wegen der außerehelichen Beziehungen seiner Ehefrau zu dem Geschädigten in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Im Falle des Klägers fehlen entsprechende besondere Umstände. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er auf Nachfragen angegeben, er könne sich selbst nicht erklären, wieso er die Tat begangen habe.
35 
Die Wiederholungsgefahr wird zudem durch den Drogenkonsum des Klägers eher noch erhöht. Dabei kann hier offen bleiben, ob von einer Drogenabhängigkeit auszugehen ist. Jedenfalls hat der Kläger seinen eigenen Angaben in den Strafverfahren nach jahrelang regelmäßig Haschisch konsumiert und teilweise auch härtere Drogen. Er hat offensichtlich selbst nach seiner Entlassung auf Bewährung am 12.02.2008 bis zu seiner erneuten Verhaftung weiterhin regelmäßig Drogen genommen.
36 
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich an der danach bestehenden hohen Gefahr der Wiederholung gravierender Straftaten etwas geändert haben könnte. Bislang wurden – unter anderem wegen der ausländerrechtlichen Situation – keinerlei therapeutische Maßnahmen durchgeführt. Der Kläger hat zwar eine feste Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Diese besteht aber schon seit vielen Jahren, ohne dass ihn das von der Begehung der Straftaten abgehalten hätte. In der Justizvollzugsanstalt zeigt der Kläger ausweislich der dem Senat vorliegenden Gefangenpersonalakten wohl einige positive Entwicklungen, etwa bei der Arbeit. Gegen ihn mussten aber auch mehrfach Sicherungsmaßnahmen verhängt werden. Eine Urinkontrolle – von mehreren – wurde positiv auf THC getestet. Nach dem Vollzugsplan vom 15.03.2011 wird weiter von einer behandlungsbedürftigen Gewalt- und Suchtproblematik ausgegangen. Aufgrund seiner Anlasstat und der daraus ersichtlichen Persönlichkeitsstörung sei bei ihm eine Sozialtherapie grundsätzlich indiziert und weiterhin erforderlich. Im Hinblick darauf hatte die Justizvollzugsanstalt bei einer anderen Anstalt mit einer Sozialtherapeutischen Abteilung um Aufnahme des Klägers zur Durchführung einer Sozialtherapie gebeten. In den beigefügten Unterlagen wird von der Psychotherapeutin der Justizvollzugsanstalt dargelegt, dass die zutage getretene Gewaltneigung das zentrale Problem sei. Ohne erfolgreiche Sozialtherapie sei zu befürchten, dass der Kläger weitere Gewaltdelikte begehen werde.
37 
Zugunsten des Klägers ist unter anderem zu berücksichtigen, dass er sich seit seinem sechsten Lebensjahr in Deutschland aufhält, hier aufgewachsen ist, trotz offensichtlich problematischer Familienverhältnisse, die die Aufnahme durch eine Pflegefamilie erforderlich machten, den Hauptschulabschluss absolviert und seine Abschlussnote in dem anschließenden Berufsvorbereitungsjahr auf 2,5 verbessert hat. Danach hat er eine Lehre begonnen, welche er allerdings nicht abgeschlossen hat. Er hat eine feste Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, mit welcher er nach seiner Haftentlassung zusammenziehen will. Seine Mutter ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, sein älterer Bruder lebt ebenfalls in Deutschland, sein jüngerer Halbbruder ist deutscher Staatsangehörigkeit. Er spricht fließend Deutsch und wohl nur schlecht Englisch. Aktuelle Beziehungen zu seiner Heimat Jamaika hat der Kläger seinen Angaben nach nicht. Seine Großmutter und viele der näheren Verwandten seien in andere Länder ausgereist. In der mündlichen Verhandlung hat er erläutert, dass er nicht wisse, welche Bekannten und welche Verwandten noch in Jamaika lebten.
38 
Trotzdem ist dem Kläger eine Rückkehr nach Jamaika nicht unzumutbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er fast 25 Jahre alt ist, also grundsätzlich auch ohne die Unterstützung von Bekannten und Verwandten zurechtkommen kann. Dass es für ihn nicht einfach sein wird, sich in Jamaika ein neues Leben aufzubauen, liegt auf der Hand. Abgesehen davon, dass er wohl nicht fließend Englisch spricht, ist die allgemeine wirtschaftliche und politische Situation in Jamaika nicht günstig. Insbesondere ist von einer hohen Kriminalitätsrate auszugehen. Dies belegen die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Hinweise des österreichischen Außenministeriums zu Jamaika vom 31.08.2010 sowie die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts vom 31.08.2010 (ebenso neuere Hinweise, Stand 21.09.2011, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/JamaikaSicherheit.html). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Kriminalitätsrate so hoch bzw. oder die allgemeinen Verhältnisse derart schlecht wären, dass dem Kläger ein Leben in Jamaika nicht zugemutet werden könnte. Schließlich müsste er nicht in die offenbar besonders problematische Hauptstadt Kingston ziehen. In Anbetracht seiner Deutschkenntnisse hat er ohnehin wohl in den Touristenzentren bessere Chancen, Arbeit zu finden. Außerdem könnte er in der Anfangszeit gegebenenfalls durch seine Mutter oder seine Brüder unterstützt werden. Der Senat geht im Übrigen davon aus, dass der Kläger zumindest über ausreichende Grundkenntnisse des Englischen verfügt, die ihm ein Einleben möglich machen und auf die er für einen schnellen Spracherwerb aufbauen kann. Schließlich ist er erst in seinem sechsten Lebensjahr nach Deutschland eingereist und hat bis zu diesem Zeitpunkt nur Englisch gesprochen. Es ist anzunehmen, dass er sich danach zumindest mit seinem älteren Bruder noch einige Zeit weiter in seiner Muttersprache unterhalten hat. Dafür spricht, dass er in der vierten Grundschulklasse wegen Sprachproblemen auf die Förderschule wechseln musste. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung berichtet, dass er ab und zu mit seiner inzwischen in den USA lebenden Großmutter telefoniert habe. Er hat zwar dazu erläutert, dass sein Englisch nicht mehr so gut sei, so dass er teilweise Übersetzungshilfen durch seine Mutter benötigt habe. Danach ist ihm aber die englische Sprache jedenfalls nicht völlig fremd geworden.
39 
Insgesamt ist die Ausweisung des Klägers auch in Ansehung der angeführten Bindungen in Deutschland und der zu erwartenden Schwierigkeiten in Jamaika wegen der Schwere der begangenen Straftaten und der besonders hohen Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund des Ausmaßes der vom Kläger ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung muss sie nicht etwa im Hinblick auf Art. 8 EMRK sogleich befristet werden.
40 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Ausweisung auch nicht aufgrund der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. EU L 348/2008, S. 98 ff. - Rückführungsrichtlinie) bereits jetzt befristet werden muss (vgl. Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Diese Richtlinie ist zwar zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) unmittelbar anwendbar, weil die Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen und das „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ (vgl. Entwurf, BT-Drucks. 17/5470 vom 12.04.2011) noch nicht in Kraft getreten ist. Die Ausweisung selbst stellt jedoch keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie dar (vgl. Senatsurteil vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291).
41 
Da die Ausweisung des Klägers nach § 53 AufenthG mithin schon allein aufgrund spezialpräventiver Gründe als verhältnismäßig anzusehen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch selbstständig tragend generalpräventiv begründet werden könnte (vgl. dazu Senatsurteile vom 18.03.2011 - 11 S 2/11 -AuAS 2011, 136, vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O., und vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -).
II.
42 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Ausweisung selbst dann als rechtmäßig anzusehen wäre, wenn davon ausgegangen würde, dass Ermessen auszuüben ist. Denn die vom Verwaltungsgericht angeführten Ermessensfehler liegen nicht vor.
43 
Das beklagte Land hat im Rahmen der von ihm angestellten und durch seinen Vertreter in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen alle relevanten Belange eingestellt und auch zutreffend gewichtet.
44 
Zunächst ist nicht ersichtlich, dass – bezogen auf den Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung – ein wesentlicher Umstand nicht berücksichtigt worden wäre. Abgesehen davon sind die Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren noch entsprechend ergänzt bzw. klargestellt worden. Die Tatsache, dass der Kläger fließend Deutsch spricht, ist schon wegen seines Hauptschulabschlusses selbstverständlich und musste im angefochtenen Bescheid nicht explizit erwähnt werden.
45 
Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat auch in den Ausführungen des Regierungspräsidiums im angefochtenen Bescheid zur Frage des Grades der Integration keinen Ermessensfehler zu erkennen. Zwar wird darin dargelegt, dass sich der Kläger „nicht vollständig“ in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe und zur Begründung auf die nicht abgeschlossene Berufsausbildung bzw. den fehlenden festen Arbeitsplatz und die begangenen Straftaten abgestellt. Wie ausgeführt, ist aber zunächst betont worden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet ist. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass durchaus von einer Integration in dem Sinne ausgegangen worden ist, dass das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK greift. Dies hat der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung bekräftigt. Die weiteren Erwägungen zur Frage, ob die Integration abgeschlossen ist, erfolgen im Rahmen der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. des Ermessens. In diesem Zusammenhang aber können die angeführten Umstände wie Berufsausbildung, Berufstätigkeit, u.a. selbstverständlich berücksichtigt und die Straftaten als gewichtige Integrationsdefizite gewertet werden.
46 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werden angesichts der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Gewaltdelikte auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten. Aus den oben zu § 8 Abs. 2 EMRK angeführten Gründen lässt es sich rechtlich nicht beanstanden, dass das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers höher bewertet hat als sein erhebliches privates Interesse, von einer Ausweisung verschont zu bleiben.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird – unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Beschluss vom 15. Februar 2011 (12 K 1301/10) – auf 10.000,-- EUR, der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
51 
Gründe
52 
Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen sowie die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1 GKG. Die beim Verwaltungsgericht erhobene Klage war nicht nur auf Aufhebung der unter Ziffer 1 des Bescheids vom 09.03.2010 verfügten Ausweisung gerichtet, sondern auch auf Verpflichtung der in diesem Bescheid ebenfalls erfolgten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und auf Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Während es sich bei den ersten beiden Begehren um zwei selbstständige prozessuale Ansprüche handelt, für die jeweils der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (vgl. Ziffern 8.1 und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327), kommt der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung hier keine streitwerterhöhende Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.04.1982 - 1 B 38.82 - InfAuslR 1982, 167). Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist demnach auf 10.000,-- EUR festzusetzen, der für das Berufungsverfahren, in welchem es nur noch um die Ausweisung ging, auf 5.000,-- EUR.
53 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. Oktober 2011 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

2

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch.

3

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger den Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG - erfüllt hat und ihm kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zusteht, weil er nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis am 5. November 2008 keine Aufenthaltserlaubnis mehr besitzt und die Fortbestandsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG dem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nicht gleichsteht. Es hat sodann ausgeführt, es spreche im Übrigen alles dafür, dass die dem Kläger zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis mangels eines rechtzeitig - d. h. vor Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer am 5. November 2008 - gestellten Verlängerungsantrags nicht gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gegolten habe. Zwar habe die Schwester des Klägers in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe "im November 2008" bei der Ausländerbehörde wegen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nachgefragt. Hieraus ergebe sich aber weder, dass ein förmlicher Verlängerungsantrag in Vertretung des Klägers gestellt worden wäre, noch, dass sich die Schwester rechtzeitig mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt hätte.

4

Der Kläger macht hiergegen im Wesentlichen geltend, der Beklagte habe zu Unrecht die Entgegennahme des Verlängerungsantrags verweigert. Seine Schwester habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, für ihn persönlich bei der Ausländerbehörde zwecks Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vorgesprochen zu haben. Man habe sie aber mit der Bemerkung weggeschickt, dass man derzeit nichts machen könne, weil er - der Kläger - sich in Untersuchungshaft befinde.

5

Damit wird die entscheidungstragende - in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats stehende (vgl. Urteil des Senats vom 30. Juli 2010 - 7 A 11230/09.OVG -, juris, Rn. 28 m. w. N.) - Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Fortbestandsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG dem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nicht gleichstehe, nicht in Zweifel gezogen. Es wird im Übrigen auch nicht dargelegt, dass entgegen der hilfsweise gegebenen Begründung des Verwaltungsgerichts die Schwester des Klägers rechtzeitig - vor Ablauf der Geltungsdauer der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis - bei der Ausländerbehörde wegen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nachgefragt hätte. Daher fehlt es auch an einer hinreichenden Darlegung, der Beklagte habe entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die "rechtzeitige" Einreichung eines Verlängerungsantrags treuwidrig vereitelt.

6

Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass die nach § 53 Nr. 1 AufenthG als zwingende Rechtsfolge vorgesehene Ausweisung des Klägers nicht aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der durch Art. 8 EMRK geschützten Belange (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) verstößt.

7

Eine Ausweisung stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des sich im Bundesgebiet aufhaltenden Ausländers dar, der in materieller Hinsicht am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen ist. Die Maßstäbe, die für die Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens (neben dem Schutz des Familienlebens) gelten, sind auch hier heranzuziehen (vgl. BVerfG, InfAuslR 2007, 433 [444] m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - zu Art. 8 EMRK, die auch aus Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes dient (vgl. BVerfG, NVwZ 2004, 852), sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eines Erwachsenen, der noch keine eigene Familie gegründet hat, folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. EGMR, InfAuslR 2008, 333 - Maslov II - m. w. N.): Die Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten; die Dauer seines Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Begehung der Delikte verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser Zeit sowie die sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zum Gastland und zum Zielstaat der Ausweisung. Bei der Anwendung einiger dieser Kriterien kann das Alter des Ausländers von Bedeutung sein. So ist bei der Beurteilung von Art und Schwere der begangenen Straftaten zu berücksichtigen, ob der Ausländer sich diese als Jugendlicher oder als Erwachsener zu Schulden hat kommen lassen. Bei der Bewertung der Dauer des Aufenthalts und der Bindungen im Gastland macht es einen Unterschied, ob der Betroffene bereits als Kind hierher gekommen ist oder sogar hier geboren wurde oder ob er als Erwachsener zugezogen ist. Ist neben dem Privatleben auch der Schutz des Familienlebens betroffen, so sind zusätzlich die familiäre Situation und die durch Art. 6 GG geschützten familiären Bindungen des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Senats vom 4. Dezember 2009 - 7 A 10881/09.OVG -, juris, Rn. 34).

8

Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt sich die Ausweisung des Klägers auch unter Berücksichtigung der durch Art. 8 EMRK geschützten Belange nicht als unverhältnismäßig dar.

9

Der Kläger wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hat die Tat als junger Erwachsener im Alter von 18 Jahren begangen. Zwar hat das Landgericht auf ihn als Heranwachsenden im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes - JGG - (vgl. § 1 Abs. 2 JGG) Jugendstrafrecht angewendet. Die Tat stellt aber gleichwohl eine schwerwiegende Straftat von erheblichem Gewicht dar, wie auch in dem hohen Strafmaß zum Ausdruck kommt. Die gegen ihn verhängte Jugendstrafe von vier Jahren und neun Monaten überschreitet die in § 53 Nr. 1 AufenthG für eine zwingende Ausweisung normierte Voraussetzung einer Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren deutlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung eines straffällig gewordenen Ausländers in den Fällen der zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG grundsätzlich ausschlaggebendes Gewicht einräumt, wenngleich dies nicht zum Ausschluss einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung oder einer lediglich "schematisierenden" Würdigung führen darf (vgl. Urteil des Senats vom 4. Dezember 2009, a. a. O., Rn. 36 m. w. N.). Bei der vom Kläger begangenen Straftat handelt es sich nicht um Eigentums- und Vermögensdelikte, sondern um eine gefährliche Körperverletzung durch mehrere Tritte auf die rechte Gesichtsseite des bereits am Boden liegenden Opfers. Nach den - auch vom Verwaltungsgericht wiedergegebenen - Feststellungen des Landgerichts machten die Verletzungen, die der Geschädigte erlitten hat, eine mehrere Monate in Anspruch nehmende operative Rekonstruktion der knöchernen Augenhöhle, des Jochbeins und der Kieferhöhle rechts sowie des Nasenbeins notwendig. Der Geschädigte konnte einige Wochen lang nach der Tat keine feste Nahrung zu sich nehmen, verlor etwa zehn Kilogramm Körpergewicht und hatte zumindest langanhaltende Folgeschäden in Form einer eingeschränkten Möglichkeit der Nahrungsaufnahme, Taubheitsgefühlen und Kopfschmerzen.

10

Hinsichtlich des Verhaltens des Klägers nach Begehung der Straftat, derentwegen er im September 2008 inhaftiert worden ist, hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass vom Kläger aus ausländerrechtlicher Sicht bis heute die Gefahr einer wiederholten Begehung schwerwiegender Straftaten ausgeht. Das Verwaltungsgericht hat hierbei insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass sich beim Kläger über Jahre hinweg eine Neigung zum Einsatz körperlicher Gewalt verfestigt hat, er sich bis in das Jahr 2010 hinein in der Haft zu körperlichen Übergriffen auf Mitgefangene hat hinreißen lassen und die Jugendstrafanstalt in ihrer Stellungnahme gegenüber der Ausländerbehörde des Beklagten vom 27. September 2010 ihm deshalb keine günstige Sozialprognose zu stellen vermocht hat. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des angegriffenen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Der Senat teilt auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass mittlerweile in der Entwicklung des Klägers Verbesserungen zu verzeichnen sind, ihm aber gleichwohl aus ausländerrechtlicher Sicht eine günstige Prognose noch nicht gestellt werden kann, weil es zu sichtbaren Fortschritten bei ihm erst unter dem Druck des laufenden Ausweisungsverfahrens, namentlich der in diesem Rahmen von der Jugendstrafanstalt am 27. September 2010 abgegebenen Stellungnahme gekommen ist.

11

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit der Begründung des Zulassungsantrags angeführten Umstand, dass nunmehr nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts das Amtsgericht Speyer mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 die Vollstreckung des Rests der gegen den Kläger verhängten Jugendstrafe von vier Jahren und neun Monaten zur Bewährung ausgesetzt und seine Haftentlassung zum 10. Januar 2012 angeordnet hat.

12

Der Umstand, dass der Kläger mehr als zwei Drittel seiner Jugendstrafe verbüßt hat und die Vollstreckung der Reststrafe nach § 88 Abs. 1 JGG zur Bewährung ausgesetzt worden ist, genügt für sich allein nicht ohne Weiteres, um eine Wiederholungsgefahr zu verneinen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind zwar die Entscheidungen der Strafgerichte über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB von tatsächlichem Gewicht. Eine Vermutung für das Fehlen einer Rückfallgefahr im Sinne einer Beweiserleichterung begründen sie jedoch nicht. Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte haben eine eigenständige Prognose über die Wiederholungsgefahr zu treffen und sind an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden. Sie können sowohl aufgrund einer anderen Tatsachengrundlage als auch aufgrund einer anderen Würdigung zu einer abweichenden Prognoseentscheidung gelangen. Dies kann gerade bei einer Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB deshalb in Betracht kommen, weil hier - anders als bei der Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 StGB - naturgemäß eher Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund stehen. Zudem geht es bei der Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung um die Frage, ob die vorzeitige Entlassung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (vgl. § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB), während die ausländerrechtliche Beurteilung eine längerfristige Gefahrenprognose erfordert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2000 - 9 C 6/00 -, juris, Rn. 17 m. w. N. = BVerwGE 112, 185).

13

Diese vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze zur Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB gelten für den hier vorliegenden Fall der Aussetzung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung nach § 88 Abs. 1 JGG entsprechend. Denn § 88 Abs. 1 JGG setzt ebenso wie § 57 Abs. 1 StGB neben der Verbüßung eines Teils der Strafe voraus, dass die vorzeitige Entlassung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Darüber hinaus stehen bei der Aussetzung des Restes der Jugendstrafe Resozialisierungsgesichtspunkte noch stärker im Vordergrund als generell bei der Aussetzung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe nach § 57 Abs. 1 StGB, da Rechtsfolgen und Verfahren des Jugendstrafrechts vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten sind (vgl. § 2 JGG).

14

In Anwendung dieser Grundsätze teilt der Senat die Einschätzung des Beklagten, dass auch unter Berücksichtigung der Aussetzung des Strafrestes durch das Amtsgericht mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 die vom Kläger ausgehende erhebliche Gefahr einer wiederholten Begehung schwerer Straftaten sich zwar inzwischen gemindert hat, jedoch aus der hier maßgebenden ausländerrechtlichen Sicht noch nicht so entscheidend, dass die Ausweisung aufzuheben wäre. Für diese Einschätzung spricht, dass sich beim Kläger über Jahre hinweg eine Neigung zum Einsatz körperlicher Gewalt verfestigt hat, die bereits in der Vergangenheit zu einem strafrechtlichen Verfahren geführt hat, auch wenn dieses eingestellt wurde, worauf das Verwaltungsgericht schon zutreffend hingewiesen hat. Aufgrund des Verhaltens des Klägers in der Jugendstrafanstalt mit zumindest einem schwerwiegenden körperlichen Übergriff auf einen Mitgefangenen musste eine zunächst vorgesehene Teilnahme an einem Anti-Gewalt-Training abgesagt werden. Der Anti-Gewalt-Trainingskurs wurde erst am 13. April 2011 erfolgreich abgeschlossen. Der Kläger wurde auch erst zum 10. Januar 2012 aus der Haft entlassen. Das straffreie Verhalten seit rund vier Monaten in Freiheit kann noch nicht als hinreichend verfestigt angesehen werden, zumal auch dies unter dem Druck des noch laufenden Ausweisungsverfahrens erfolgt ist. Außerdem lassen die zurückhaltenden Formulierungen im Beschluss des Amtsgerichts vom 20. Dezember 2011 auch nur eine vorsichtige Prognose aus strafvollstreckungsrechtlicher Sicht erkennen. So heißt es in der Begründung des Beschlusses, dass der Vollstreckungsleiter die Überzeugung gewonnen habe, dass im Entscheidungszeitpunkt eine echte Chance dafür bestehe, dass der Verurteilte die kritische Probe der bedingten Entlassung bestehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Prognose des Amtsgerichts auch nicht etwa deswegen besonders positiv, weil die Aussetzung des Strafrestes trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens ausgesprochen worden ist. Dies geschah ausweislich der Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses vielmehr deswegen, weil der Kläger schon mehr als zwei Drittel seiner Strafe verbüßt hat, an einem Antiaggressionstraining teilgenommen hat und mittlerweile als vorbildlicher Gefangener gilt. Eine besonders positive Prognose ist dem amtsgerichtlichen Beschluss auch insoweit nicht zu entnehmen.

15

Das Verwaltungsgericht hat auch nicht verkannt, dass der Kläger im Bundes-gebiet geboren und aufgewachsen ist und alle Angehörigen der Kernfamilie, der er entstammt, hier leben, was gewichtige gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechende Abwägungsgesichtspunkte darstellen. Ihr Gewicht wird aber - worauf das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat - dadurch verringert, dass der Kläger trotz des seit seiner Geburt währenden Inlandsaufenthalts nur schwach in den hiesigen Lebensverhältnissen verwurzelt ist. Er hat stets nur befristete Aufenthaltstitel und nie ein Daueraufenthaltsrecht besessen. Seine schulische und berufliche Entwicklung ist nach der verzögerten Erlangung eines Hauptschulabschlusses nahezu vollständig zum Stillstand und trotz der Chancen, die sich ihm in der Haft eröffnet haben, noch nicht wieder entscheidend in Gang gekommen. Er ist ledig, kinderlos und ein junger Mann von 22 Jahren.

16

Hinsichtlich der Schwierigkeiten einer Integration des Klägers in die Lebensverhältnisse im Libanon ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass er nach seinen schlüssigen Angaben in der mündlichen Verhandlung der arabischen Schrift nicht mächtig sei und zu im Libanon lebenden Verwandten keinen Kontakt habe. Andererseits könne er offenbar fließend arabisch sprechen, wie sich Bl. 124 und 134 des Bandes I der Gefangenenpersonalakten entnehmen lasse. Unabhängig davon sei anzunehmen, dass in seinem Alter noch fehlende Sprachkenntnisse verhältnismäßig leicht erworben werden könnten. Der Kläger sei bei der ihm abverlangten Übersiedlung in das Land seiner Staatsangehörigkeit auch nicht ohne jeglichen familiären Rückhalt. Sein Vater sei zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet und könnte ihn in den Libanon begleiten. Dort lebe auch noch ein Onkel des Klägers, ein Bruder des Vaters.

17

Der Kläger vermag mit der Begründung des Zulassungsantrags keine ernstlichen Zweifel an diesen Annahmen des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen.

18

Er macht insoweit zum einen geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass seine Familie ebenso wie er selbst sich vom Vater distanziert hätte. Seine Geschwister hätten mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Weshalb das Gericht trotz dieser Erkenntnis ihn darauf verweise, dass er im Falle seiner Rückkehr Kontakt zu seinem Vater aufnehmen könne, der ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig sei, sich aber nach wie vor im Bundesgebiet aufhalte, sei nicht nachvollziehbar und genüge nicht den Maßstäben einer ordnungsgemäßen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Mit dem Verweis auf die Distanzierung seiner Familie gegenüber dem Vater und der deutschen Staatsangehörigkeit seiner Geschwister wird jedoch nicht dargetan, weshalb der zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtete Vater entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts den Kläger nicht in den Libanon begleiten und der Kläger sich in diesem Fall nicht an ihn wenden könnte. Außerdem legt der Kläger nicht dar, weshalb der im Libanon lebende Onkel, ein Bruder seines Vaters, bei einer Ausreise in den Libanon keinen familiären Rückhalt bieten würde.

19

Zum anderen macht der Kläger mit dem Zulassungsantrag geltend, es werde ihm nicht ohne weiteres möglich sein, die arabische Sprache in Wort und Schrift zu erlernen, und zwar in dem Maße, dass ihm ein gefahrloses Überleben im vermeintlichen Heimatland möglich sein werde. Eine Begründung für diese Behauptung ist dem Vorbringen des Klägers in der Antragsbegründung jedoch nicht zu entnehmen. Damit sind ernstliche Zweifel an der gegenteiligen Annahme des Verwaltungsgerichts jedenfalls nicht in der erforderlichen Weise hinreichend substantiiert dargelegt.

20

Soweit der Kläger schließlich in diesem Zusammenhang vorbringt, er habe keinerlei Verbindung zum Libanon, ist ihm entgegenzuhalten, dass er nach seinen eigenen Angaben im Zulassungsverfahren immerhin "wenige Male für einen kurzen Zeitraum" im Libanon gewesen ist. Im Übrigen hat er im Gegensatz zu seinen Geschwistern die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben, sondern die libanesische behalten.

21

Vor diesem Hintergrund kann der Senat nicht feststellen, dass die Ausweisung des Klägers aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles unverhältnismäßig ist, auch wenn die Schwierigkeiten, denen sich der im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kläger im Libanon, dem Zielstaat der Ausweisung, gegenübersehen wird, nicht als gering anzusehen sind. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung bereits mit Erlass der Ausweisungsverfügung auf fünf Jahre befristet hat, worauf das Verwaltungsgericht ebenfalls schon zutreffend hingewiesen hat, auf dessen Ausführungen auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann.

22

Mit den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie zur Abschiebungsankündigung und zur hilfsweise ausgesprochenen Abschiebungsandrohung setzt sich die Begründung des Zulassungsantrags nicht auseinander.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

24

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2011 - 12 K 1301/10 - geändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung.
Der am ...1986 in St. James/Montego Bay/Jamaika geborene ledige Kläger ist jamaikanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 23.03.1993 gemeinsam mit seinem älteren Bruder nach Deutschland ein, wo beide bei ihrer bereits 1991 von Jamaika zugezogenen Mutter, deren deutschen Ehemann und dem am 18.06.1992 geborenen Halbbruder des Klägers, welcher deutscher Staatsangehörigkeit ist, lebten. Im Jahre 2000 wurde die Ehe der Mutter geschieden. Diese ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, der ältere Bruder des Klägers hatte befristete Aufenthaltstitel und ist nach einem Verlängerungsantrag derzeit im Besitz einer Fiktionsbescheinigung.
In der Zeit vom 09.02.1995 bis zum 22.10.2004 war der Kläger im Besitz von befristeten Aufenthaltserlaubnissen. Mit einem am 28.10.2004 beim Landratsamt Hohenlohekreis eingegangen Schreiben beantragte er die Verlängerung der ihm zuletzt ausgestellten Aufenthaltserlaubnis. Auf einen erneuten Antrag vom 12.02.2008 hin verlängerte zwar das Landratsamt am 01.09.2008 seine Aufenthaltserlaubnis bis 28.02.2009. Diese Verlängerung wurde dem Kläger jedoch nicht bekanntgegeben; er war trotz Benachrichtigung nicht zur Abholung erschienen.
Der Kläger besuchte zunächst die Grundschule, wechselte dann aber zur 4. Klasse auf eine Förderschule. Wegen familiärer Probleme lebte er ab August 2002 in einer Pflegefamilie. Im Jahr 2003 erreichte er den Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 3,4. Diesen verbesserte er im daran anschließenden Berufsvorbereitungsjahr auf 2,5. Unter anderem wegen Drogenproblemen musste er 2004 die Pflegefamilie verlassen. Eine 2004 begonnene Ausbildung zum Kraftfahrzeug-Mechatroniker brach er 2005 ab.
Mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 - 2 KLs 32 Js 32158/05 Hw. - wurden der Kläger und weitere fünf Mitangeklagte des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Der Kläger, welcher sich wegen der in der Nacht vom 10. auf den 11.09.2005 begangenen Straftat seit dem 07.03.2006 in Haft befunden hatte, wurde zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Adelsheim vom 09.01.2008 - 1 VRJs 563/06 -wurde die Vollstreckung der Restjugendstrafe (447 Tage) – mit einer Bewährungszeit von drei Jahren – zur Bewährung ausgesetzt. Nach seiner Haftentlassung am 12.02.2008 zog der Kläger wieder zu seiner Mutter und deren damaligen Lebensgefährten und später nach S., wo er einer befristeten Arbeit nachging und sodann arbeitslos war.
Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung wurde gegen den Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts Wertheim vom 01.09.2008 - 2 Cs 26 Js 6005/08 - eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 25,-- EUR verhängt. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung von zehn Monaten festgesetzt.
Mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 - 3 Ks 43 Js 1806/09 - wurde er wegen versuchten Totschlags und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt; die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, ihm nicht vor Ablauf von zwei Jahren eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. In dem Urteil wird zum Tatgeschehen festgestellt: Am Abend des 20.01.2009 gegen 18.00 Uhr seien der Kläger und das Ehepaar Mi.G und Ma.G. mit einem geliehenen Fahrzeug zu dem Haus des Geschädigten K. gefahren. Der Kläger, der an diesem Tag weder Alkohol noch Drogen zu sich genommen gehabt habe, habe das Fahrzeug gelenkt, obwohl er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis gewesen sei. Bei der Fahrt habe er zwei mit einer Kette verbundene Metallrohre, ein so genanntes Nunchaku, bei sich gehabt, was zumindest dem Angeklagten Mi.G. bekannt gewesen sei. Nachdem Ma.G. von K. aus der Wohnung verwiesen worden sei, ohne dass es ihr gelungen wäre, Marihuana zu erhalten, seien sie zurück in Richtung I. gefahren. Auf der Fahrt hätten sich Mi.G. und der Kläger dazu entschlossen, zum Haus des K. zurückzukehren, um sich notfalls mit Gewalt und unter Einsatz des mitgeführten Nunchakus Marihuana zu verschaffen. Dabei habe der Angeklagte Mi.G. auch vorgehabt, die Gelegenheit zu nutzen und K. wegen vorausgegangener Kontakte mit seiner Ehefrau „eine Abreibung“ zu verpassen. Nachdem Ma.G. den K. unter einem Vorwand überredet habe, sie nochmals ins Haus zu lassen, seien Mi.G. und der Kläger hereingestürmt und hätten gemeinsam und ohne Vorwarnung auf K. eingeschlagen. Der Kläger habe zudem mehrfach gegen dessen Unterschenkel getreten und versucht, ihn so zu Boden zu bringen. Im Verlauf des gesamten Angriffs hätten sowohl Mi.G. als auch der Kläger mindestens jeweils einmal mit dem mitgeführten Nunchaku mit Wucht auf den Kopf des K. eingeschlagen, wodurch dieses in zwei Teile gerissen sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass K. mit stark blutenden Kopfverletzungen zu Boden gesunken sei. Nachdem K. blutüberströmt auf dem Boden gelegen habe, hätten beide weiter auf ihn eingetreten, bis einer sinngemäß geäußert habe, dass man ihn nun liegenlassen könne, da dieser „verrecke“, woraufhin alle Angeklagten fluchtartig das Haus verlassen hätten. Dabei seien zumindest Mi.G. und der Kläger davon ausgegangen, dass K. ohne ärztliche Hilfe an den erlittenen Verletzungen sterben würde. Tatsächlich sei es ihm jedoch gelungen, telefonisch Hilfe zu holen. Während Platzwunden, Prellungen und Hämatome inzwischen ausgeheilt seien, könne K. infolge einer Glaskörperblutung am linken Auge nur noch eingeschränkt sehen. Hinsichtlich der Strafzumessung beim Kläger wird in dem Urteil unter anderem dargelegt, Anhaltspunkte für das Vorliegen eines besonders schweren Falles gemäß § 212 Abs. 2 StGB oder eines minder schweren Falles gemäß § 213 StGB seien nach der Gesamtschau der Tatumstände nicht zu erkennen. Von der Möglichkeit einer Milderung des Strafrahmens nach §§ 22, 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB sei – im Hinblick darauf, dass es bei dem Geschädigten letztlich zu keinen lebensgefährlichen Verletzungen gekommen sei – Gebrauch gemacht worden. Bei der Strafzumessung sei zugunsten des Klägers zu werten, dass dieser geständig und reuig gewesen sei und sich in der Hauptverhandlung bei K. entschuldigt habe. Weiter sei berücksichtigt worden, dass er im Verhältnis zum Mitangeklagten Mi.G. einen geringen Tatbeitrag geleistet habe. Strafmildernd wirke sich zudem aus, dass K. auch hinsichtlich des Klägers kein erhöhtes Verfolgungsinteresse habe und dem Kläger der Widerruf der Strafaussetzung hinsichtlich einer zur Bewährung ausgesetzten Restjugendstrafe drohe. Zu Lasten des Klägers seien die erheblichen körperlichen Verletzungsfolgen und die andauernde psychische Beeinträchtigung des Geschädigten zu werten. Er sei zudem vor Begehung der Taten in drei Fällen, in einem Fall einschlägig wegen eines Gewaltdeliktes und in zwei Fällen einschlägig wegen Straßenverkehrsdelikten, strafrechtlich in Erscheinung getreten und während der laufenden Bewährungszeit bereits einmal straffällig geworden.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 15.02.2010 - 1 BWL 8/08 -wurde die durch Beschluss vom 09.01.2008 bezüglich des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen und bestimmt, dass die restliche Jugendstrafe nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene zu vollziehen sei.
Nach Anhörung des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart diesen mit Bescheid vom 09.03.2010 aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1). Außerdem wurde sein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Ziffer 2). Ihm wurde – ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise – die Abschiebung nach Jamaika oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziffer 3). Zur Begründung wurde ausgeführt: Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine so genannte Ist-Ausweisung gemäß § 53 Nr. 1 AufenthG lägen unzweifelhaft vor. Besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sei nicht gegeben, insbesondere sei der Kläger nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Im Übrigen sei die Rechtsschranke des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG überwunden, weil schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegeben seien. Solche lägen nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der Regel in den Fällen des § 53 AufenthG vor. Besondere Umstände, die einen Ausnahmefall begründen könnten, seien nicht gegeben. Unabhängig davon erfolge die Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, weil der Ausweisungsanlass gravierend sei und zudem eine hohe und konkrete Wiederholungsgefahr bestehe. Der besondere Ausweisungsschutz erschöpfe sich allerdings nicht in der Beschränkung der Zulässigkeit der Ausweisung auf schwerwiegende Gründe. Daneben sei die Ist-Ausweisung zur Regel-Ausweisung herabgestuft. Der Kläger lebe seit 1993 und damit seit mittlerweile nahezu 17 Jahren im Bundesgebiet; zudem hielten sich seine Mutter und seine Geschwister hier auf. Die Ausweisung greife in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG – freie Entfaltung der Persönlichkeit – und in das Achtungsgebot aus Art. 8 EMRK – Schutz des Privat- und Familienlebens – ein. Das Regierungspräsidium gehe davon aus, dass deswegen eine umfassende und alle denkbaren Gesichtspunkte in den Blick zu nehmende Ermessensentscheidung zu treffen sei. Nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG seien dabei die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Der Kläger habe mehrfach und zuletzt sehr schwerwiegend gegen die bestehende Rechtsordnung verstoßen. Es sei mit weiteren erheblichen rechtswidrigen Straftaten gleicher Schwere zu rechnen. Die Wiederholungsgefahr sei außerordentlich hoch. Damit habe das herausragende öffentliche Interesse an der Erhaltung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung im Vergleich zur Dauer seines Aufenthalts und dem damit verbundenen Integrationsgrad ein deutliches Übergewicht. Dies gelte auch deshalb, weil eine abgeschlossene Integration in deutsche Lebensverhältnisse nicht vorliege. Er habe keine Berufsausbildung und sei lediglich in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt gewesen. Zuletzt sei er arbeitslos und auf Unterstützungsleistungen seiner Familienangehörigen angewiesen gewesen. Auch seine häufigen Straftaten sprächen gegen eine erfolgreiche Integration. Es werde nicht übersehen, dass der Kläger in Jamaika zunächst Schwierigkeiten haben werde, sich an die dortigen Lebensverhältnisse zu gewöhnen, doch seien diese nicht unüberwindbar. Die Ausweisung stelle damit auch einen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässigen Eingriff dar, der gesetzlich vorgesehen und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der öffentlichen Ordnung notwendig und insbesondere nicht unverhältnismäßig sei. Da dem Kläger die verwaltungsinterne Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 01.09.2008 bis zum 26.02.2009 nicht habe bekanntgegeben werden können, sei über seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis noch nicht entschieden worden. Einer entsprechenden Verlängerung stehe die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 59 AufenthG.
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Am 09.04.2010 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage. Zu deren Begründung wurde darauf verwiesen, dass in Deutschland aufgewachsenen Ausländern eine besondere persönliche Prägung zukomme. Sie betrachteten das Land, dessen Staatsangehörigkeit sie innehätten, regelmäßig gerade noch als Urlaubsland. Es stelle sich die Frage, ob eine Ausweisung und Abschiebung des Betroffenen wirklich die der Sache nach angemessene Reaktion auf eine möglicherweise misslungene Integration eines jungen Ausländers darstelle. In der Sache sei zu berücksichtigen, dass er seinen leiblichen Vater tatsächlich nie kennengelernt habe, weil sich seine Mutter noch in der Schwangerschaft von diesem getrennt habe. Andere nähere Verwandte lebten in Jamaika nicht mehr. Seine Großmutter mütterlicherseits lebe bei einer Tante in den USA. Einen Großvater gebe es nicht. Der Vater seiner Mutter sei verstorben. Ein Onkel, der in Jamaika gewohnt habe, sei Anfang der 1990er Jahre gestorben, ein zweiter Onkel, der aber im Ausland gelebt habe, sei im Jahr 2009 in Jamaika getötet worden, als er seine Tochter besucht habe. Zwei weitere Onkel hielten sich in Costa Rica auf. Die Englischkenntnisse des Klägers seien schlecht. Die von Zuhause erworbenen Kennnisse der Muttersprache seien nahezu vollständig verlorengegangen. Seine Mutter habe Wert darauf gelegt, dass zu Hause Deutsch gesprochen worden sei. Jamaika habe er nie mehr besucht, und zwar auch deshalb, weil Ausländer und Exiljamaikaner in gleicher Weise gefährdet seien, überfallen und ausgeraubt zu werden. Er sei außerdem in rechtlicher Hinsicht so zu stellen, wie er stünde, wenn ihm die letzte befristete Aufenthaltserlaubnis vom 01.09.2008 tatsächlich ausgehändigt worden wäre. Denn die Behörde hätte nachfragen oder ihm diese zustellen müssen. Damit genieße er besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 56 AufenthG. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in keiner der abgeurteilten Straftaten die Initiative von ihm selbst ausgegangen sei. Er sei vielmehr jedes Mal „mitgegangen“.
11 
Durch Urteil vom 15.02.2011 hob Verwaltungsgericht Stuttgart Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 auf, wies die Klage im Übrigen ab und legte Kläger und beklagtem Land je die Hälfte der Kosten des Verfahrens auf. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt: Die im angefochtenen Bescheid verfügte Ausweisung sei rechtswidrig und aufzuheben. Das Regierungspräsidium habe allerdings zu Recht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 AufenthG bejaht. Auch komme dem Kläger die Privilegierung des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht zu. Ungeachtet dessen habe das Regierungspräsidium den Kläger zu seinen Gunsten so gestellt, als ob ihm besonderer Ausweisungsschutz zustünde. In diesem Zusammenhang habe es zu Recht bejaht, dass im Hinblick auf die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung des § 53 AufenthG schwerwiegende Ausweisungsgründe nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vorlägen und kein Ausnahmefall erkennbar sei. Dies sei vom Kläger auch nicht in Frage gestellt worden. Weiter habe das Regierungspräsidium zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass seine Ausweisung höherrangiges Recht, wie die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK tangiere, und habe sodann anstelle der Regelausweisung geprüft, ob die Ausweisung unter Ermessensgesichtspunkten nach § 55 AufenthG gerechtfertigt sei. Bei der gebotenen Ermessensbetätigung habe es allerdings nicht alle abwägungsrelevanten Umstände gewürdigt, die im Rahmen der persönlichen Interessen des Klägers zu berücksichtigen seien. So teile das Gericht nicht die Auffassung des Regierungspräsidiums, wonach der Kläger sich nicht vollständig in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe. Sein Werdegang belege, dass er keineswegs integrationsunwillig oder -unfähig gewesen sei. Außer Acht gelassen habe das Regierungspräsidium auch, dass er einwandfrei Deutsch spreche. Die Begehung von Straftaten allein sei jedenfalls vor diesem Hintergrund kein Indiz gegen eine Integration. Der Kläger habe des Weiteren unbestritten persönliche Bindungen zum Bundesgebiet, zumindest zu seiner Mutter und seinem Bruder. Er wolle gerne in der Haft eine Drogentherapie machen, die allerdings angesichts der verfügten Ausweisung nicht bewilligt worden sei. Hinzukomme, dass der Kläger seit seiner Einreise in das Bundesgebiet nicht mehr in Jamaika gewesen sei. Es sei glaubhaft, dass er dieses Land nicht als sein Heimatland ansehe, zumal er dort keine Bezugsperson mehr habe. Nach Berichten des Auswärtigen Amtes und des Außenministeriums Österreich zur Sicherheitslage in Jamaika sei dort außerdem eine erhöhte Sicherheitsgefährdung zu verzeichnen, welche sich nicht nur auf die Hauptstadt Kingston beziehe, sondern auch für Touristengebiete gelte bzw. für diese nicht ausgeschlossen werden könne. Der Alltag in den Städten sei von Gewaltverbrechen geprägt. Insgesamt überwögen nach Auffassung des Gerichts die privaten Interessen des Klägers das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung mit der Folge, dass die Ausweisungsverfügung rechtswidrig und daher aufzuheben sei. Hingegen begegne die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. der Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis keinen rechtlichen Bedenken. Auch die Abschiebungsandrohung sei danach rechtlich nicht zu beanstanden.
12 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 30.06.2011 - 11 S 989/11 - die Berufung zugelassen. Diese wird im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung zunächst zu Unrecht davon aus, dass das Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben des Klägers nicht ausreichend beachtet hätte. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei dieser nicht vollständig in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik integriert. Abgesehen davon habe das Regierungspräsidium zugunsten des Klägers gleichwohl unterstellt, dass der Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet sei. Es sei allerdings davon ausgegangen, dass der Eingriff in das Schutzgebot verhältnismäßig und damit zulässig sei. Auch die vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstöße gegen Ermessensgrundsätze lägen nicht vor. Letztlich ersetze es das Ermessen des Regierungspräsidiums durch eigenes Ermessen und überschreite damit die durch § 114 VwGO gezogenen Grenzen der gerichtlichen Überprüfung des Ermessens.
13 
Das beklagte Land beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2011 - 12 K 1301/10 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Zur Begründung wird ergänzend zum bisherigen Vorbringen unter anderem dargelegt: Art. 8 EMRK stehe einer Ausweisung des Klägers entgegen. Soweit von Seiten des beklagten Landes beanstandet werde, dass das Verwaltungsgericht bei der Frage der Integration des Klägers von falschen Maßstäben ausgehe, so erliege es selbst einem Fehlschluss. Ein junger Deutscher, der sich nach problematischer Adoleszenz mit Abbruch der Schulausbildung zu einem notorischen Schläger entwickelt habe, wäre natürlich nach wie vor in Deutschland integriert. Dasselbe gelte für einen jungen Jamaikaner, der den größten Teil seines bisherigen Lebens (einschließlich der gesamten Phase des Schulbesuchs) in Deutschland verbracht habe und während dieser Zeit mehrfach straffällig geworden sei. Ein straffreies Leben könne kein taugliches Kriterium für die Frage der Integration des Betroffenen sein.
18 
Der Kläger, welcher sich seit 01.02.2009 wieder in Haft befindet, hat inzwischen auch die gegen ihn – wegen Uneinbringlichkeit der im Strafbefehl des Amtsgerichts Wertheim vom 01.09.2008 verhängten Geldstrafe – angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen verbüßt. Die mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und die Restfreiheitstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 wäre am 09.10.2015 vollstreckt. Mit Verfügung vom 12.03.2010 hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn entschieden, dass gemäß § 456a StPO von der Vollstreckung der Reststrafe von dem Tage an abgesehen werde, an dem der Kläger in Vollzug der ausländerrechtlichen Verfügungen den ausländischen Grenzpolizeistellen übergeben oder wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert werde, jedoch frühestens ab 20.05.2012.
19 
Dem Senat liegen die ausländerrechtlichen Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landratsamts Hohenlohekreis (jeweils ein Heft), die Gefangenenpersonalakten der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall (ein Heft) sowie ein Vollstreckungsheft - 1 VRJs 536/06 - und ein Bewährungsheft - 1 BWL 8/08 - des Amtsgerichts Adelsheim bezüglich des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 15.08.2006 - 2 KLs 32 Js 32158/05 - vor. Der Inhalt dieser Akten ist ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 1301/10 - sowie des Verwaltungsgerichtshofs zum vorliegenden Verfahren Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage insgesamt, also auch hinsichtlich der Ausweisung, abweisen müssen. Denn die unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 verfügte Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
21 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart steht die Ausweisung des Klägers nicht im Ermessen des beklagten Landes und ist daher schon deshalb nicht wegen Ermessensfehlern aufzuheben. Vielmehr handelt es sich vorliegend um eine so genannte „Ist-Ausweisung“ bzw. „zwingende Ausweisung“ nach § 53 AufenthG. Da die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 AufenthG vorliegen (dazu unter 1.) und der Kläger weder besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt (2.) noch seine Ausweisung mit Blick auf Art. 8 EMRK oder Art. 2 GG als unverhältnismäßig anzusehen ist (3.), ist sie rechtmäßig.
22 
1. Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherheitsverwahrung angeordnet worden ist. Die Tatbestandvoraussetzungen dieser Regelung sind schon allein aufgrund der letzten Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Heilbronn vom 20.10.2009 wegen versuchten Totschlags und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer (Gesamt-) Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten gegeben.
23 
2. Dem Kläger kommt kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG zu. Er kann sich insbesondere nicht auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG berufen. Danach genießt ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, besonderen Ausweisungsschutz. Der Kläger ist jedoch bereits seit Ablauf der Geltungsdauer der am 23.10.2002 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis zum 22.10.2004 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels. Die am 01.09.2008 durch das Landratsamt Hohenlohekreis erfolgte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 28.02.2009 ist mangels Bekanntgabe an den Kläger nie wirksam geworden. Soweit der Kläger vorträgt, er müsste so gestellt werden, als ob ihm der Aufenthaltstitel ausgehändigt worden wäre, verkennt er, dass dieser lediglich bis 28.02.2009 gegolten hätte. Die Anträge des Klägers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28.10.2004 und vom 12.02.2008 sind unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 abgelehnt worden. Selbst wenn durch die Anträge – trotz verspäteter Antragstellung – eine Fiktionswirkung (vgl. § 81 Abs. 4 AufenthG 2007, § 81 Abs. 4 AufenthG 2005, § 69 Abs. 3 AuslG 1965 i.d.F. vom 09.01.2002) eingetreten wäre, wäre diese damit jedenfalls beendet gewesen. Abgesehen davon hat das Regierungspräsidium zu Recht ausgeführt, dass Zeiten der Fiktionswirkung nicht dem (tatsächlichen) Besitz einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG gleichgestellt werden können (vgl. ausführlich Bay. VGH, Urteil vom 04.07.2011 - 19 B 10.1631 -juris, m.w.N.), wenn später die Erteilung des Titels unanfechtbar abgelehnt wurde.
24 
3. Die danach einfachgesetzlich zwingende Ausweisung des Klägers ist nicht mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK oder auf höherrangiges Recht wie Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig anzusehen.
25 
a) Auch eine zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG ist auf ihre Vereinbarkeit mit dem in Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens hin zu überprüfen (vgl.VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 - und vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11.07.2003 - 1 B 252.02 - Buchholz 140 Art. 8 EMRK Nr. 14). Dies folgt nach Auffassung des Senats aus § 1 Abs. 1 Satz 5 AufenthG (noch mit anderer Begründung: VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 23.10.2002 - 11 S 1410/02 - NVwZ-RR 2003, 304, und vom 14.02.2001 - 13 S 2501/00 - NVwZ-Beil. 2001, 81). Danach bleiben die Regelungen in anderen Gesetzen „unberührt“. Diese „Unberührtheitsklausel“ gilt grundsätzlich auch im Verhältnis zu den völkervertraglichen Regelungen, die – wie die Europäische Menschenrechtskonvention – durch Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG) den Rang eines Bundesgesetzes erhalten haben und nicht nur die Vertragsparteien binden, sondern unmittelbar Rechte und Pflichten der betreffenden Staatsangehörigen begründen können, und zwar selbst wenn diese älter sind und deshalb nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ nicht vorrangig anwendbar wären (ausführlich dazu Fritzsch, VBlBW 2005, 378; GK-AufenthG, Stand: August 2011, § 1 AufenthG Rn. 23. ff.; Renner/Dienelt, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 1 AufenthG Rn. 21).
26 
Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung eine umfassende Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Offenbleiben kann daher, ob in diesen Fällen bei einer zwingenden Ausweisung zudem mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG – oder gegebenenfalls Art. 6 GG, welcher hier nicht einschlägig ist – i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen wäre (so OVG NRW, Beschluss vom 25.05.2009 - 18 E 1230/08 - AuAS 2009, 184; HambOVG, Urteil vom 24.03.2009 - 3 Bf 166/04 - InfAuslR 2009, 279), obwohl es sich um eine gebundene Entscheidung handelt und die Tatbestandsmerkmale des § 53 AufenthG – anders etwa als die der §§ 54 und 56 AufenthG – keinen Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Auslegung bieten (insoweit zu Recht kritisch Naumann, DÖV 2011, 96; vgl. zu Regel- und Ermessensausweisungen sowie zu § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - InfAuslR 2007, 443, und vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275; BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367). Denn insoweit wären dieselben Maßstäbe anzuwenden, die bei der Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 EMRK zur Anwendung kommen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007- 2 BvR 535/06 - a.a.O.). In jedem Fall wäre der Ausländerbehörde kein Ermessen eingeräumt (vgl. Senatsurteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O.; Bay.VGH, Beschluss vom 27.09.2010 - 19 ZB 09.715 - juris; vgl. auch Hailbronner, AuslR, Stand: September 2010, vor § 53 AufenthG Rn. 10 ff., m.w.N.; a.A. Thym, DVBl. 2008, 1346, 1351 f.; Huber, AuslR, 2010, § 53 AufenthG Rn. 5).
27 
b) Die Ausweisung des Klägers stellt zwar einen Eingriff in das in Art. 8 Abs. 1 EMRK verbürgte Recht auf Achtung seines Privatlebens dar; dieser ist jedoch gerechtfertigt im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
28 
aa) Das Recht auf Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - [Slivenko] EuGRZ 2005, 560). Über entsprechende Beziehungen verfügt der Kläger. Dies folgt bereits daraus, dass er seit seinem sechsten Lebensjahr und damit inzwischen seit mehr als 18 Jahren und 6 Monaten in Deutschland lebt, davon die meiste Zeit – jedenfalls bis zum 22.10.2004 – im Besitz von Aufenthaltstiteln war, hier zur Schule gegangen ist und den Hauptschulabschluss gemacht hat und zudem in Deutschland seine Mutter, sein älterer Bruder und sein jüngerer – deutscher – Halbbruder sowie seine langjährige Freundin leben. Selbst wenn ihm die Bescheinigungen über eine aufgrund seiner Verlängerungsanträge eingetretene Erlaubnisfiktion zu Unrecht ausgestellt worden und sein Aufenthalt bereits zum Zeitpunkt der Ausweisung nicht mehr als rechtmäßig anzusehen gewesen wäre, könnte er sich weiter auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines weiterhin fortdauernden rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll (Senatsurteil vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK bei einer bereits erfolgten und weiter bestehenden „Verwurzelung“ immer schon dann nicht mehr eröffnet wäre, wenn es dem Betreffenden in der Folge nicht gelungen ist, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und sich eine eigene Existenz zu schaffen oder aber wenn er Straftaten begangen hat. Auch diese Punkte sind vielmehr gegebenenfalls bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung aller Umstände entsprechend zu gewichten. Davon ist das Regierungspräsidium im angegriffenen Bescheid vom 09.03.2010 auch ausgegangen. Zwar wird darin mehrmals eine „nicht abgeschlossene Integration in deutsche Lebensverhältnisse“ angeführt und zur Begründung unter anderem auf eine fehlende Berufsausbildung und die Straftaten verwiesen. Diese Argumentation erfolgt jedoch im Rahmen der Ermessensausübung und bei der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die Frage, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK überhaupt eröffnet ist, wird hingegen ausdrücklich bejaht; die Ausweisung sei als ein Eingriff in das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK anzusehen (S. 11 des Bescheids).
29 
Hingegen ist das in Art. 8 Abs. 1 EMRK ebenfalls geschützte Familienleben hier schon deshalb nicht betroffen, weil der volljährige Kläger bereits vor seiner erneuten Inhaftierung nicht mehr mit seiner Mutter und seinem jüngsten Halbbruder in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und auch nicht etwa aus besonderen Gründen auf ein Zusammenleben mit seiner Familie und auf deren Beistand angewiesen wäre bzw. seine Brüder oder seine Mutter seine Hilfe und Unterstützung benötigen würden (vgl. zu diesen Anforderungen: Senatsbeschluss des Senats vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178, m.w.N).
30 
bb) Die danach vorzunehmende Abwägung aller Umstände führt zum Ergebnis, dass die Ausweisung des Klägers trotz des damit verbundenen Eingriffs in sein im Bundesgebiet geführtes Privatleben nach Art. 8 EMRK als gerechtfertigt anzusehen ist – und damit auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG als verhältnismäßig zu beurteilen wäre.
31 
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Die Frage, ob der durch eine Ausweisung bewirkte Eingriff im konkreten Einzelfall in diesem Sinne „notwendig“, insbesondere verhältnismäßig ist, ist anhand einer Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers mit seinem Interesse an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. etwa Urteil vom 02.08.2001 - Nr. 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - Nr. 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - Nr. 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - Nr. 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - Nr. 41548/06 - [Trabelsi]) ist dabei von einem bestimmten, nicht notwendigerweise abschließenden Kriterien- und Prüfkatalog auszugehen, den so genannten Boultif/Üner-Kriterien. Danach sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: die Anzahl, Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; das Alter des Ausländers bei Begehung der Straftaten; der Charakter und die Dauer des Aufenthalts im Land, das der Ausländer verlassen soll; die seit Begehen der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers seit der Tat, insbesondere im Strafvollzug; die Staatsangehörigkeit aller Beteiligten; die familiäre Situation des Ausländers und gegebenenfalls die Dauer der Ehe sowie andere Umstände, die auf ein tatsächliches Familienleben eines Paares hinweisen; der Grund für die Schwierigkeiten, die der Partner in dem Land haben kann, in das gegebenenfalls abgeschoben werden soll; ob der Partner bei Begründung der familiären Beziehung Kenntnis von der Straftat hatte; ob der Verbindung Kinder entstammen, und in diesem Fall deren Alter; das Interesse und das Wohl der Kinder, insbesondere der Umfang der Schwierigkeiten, auf die sie wahrscheinlich in dem Land treffen, in das der Betroffene ggfs. abgeschoben werden soll; die Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland einerseits und zum Herkunftsland andererseits.
32 
Nach diesen Grundsätzen ist hier zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Kläger innerhalb weniger Jahre bereits mehrmals strafbar gemacht hat und dass es sich bei dem in der Nacht vom 10. auf den 11.09.2005 verübten schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und dem am 20.01.2009 begangenen Versuch eines Totschlags um gravierende Straftaten handelt. Bereits mit der Verurteilung wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung durch das Landgericht Heilbronn vom 15.08.2006 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten war der Regelausweisungsgrund des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Das Regierungspräsidium sah damals wegen des langjährigen Aufenthalts des Klägers in Deutschland, der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden familiären Lebensgemeinschaft mit seiner Mutter und seinem deutschen Halbbruder, der vom Kläger geäußerten Reue und vor allem wegen des Berichts der Justizvollzugsanstalt Adelsheim vom 19.01.2007, nach welchem von einer günstigen Sozial und Kriminalprognose auszugehen sei, von einer Ausweisung ab. Es machte dem Kläger in einem Schreiben vom 07.02.2007 aber deutlich, dass eine erneute Straftat zu seiner Ausweisung führen könne. Dies hielt den Kläger ebenso wenig von weiteren Straftaten ab wie die Tatsache, dass die Vollstreckung der Reststrafe mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 09.01.2008 lediglich auf Bewährung ausgesetzt worden war. Er machte sich vielmehr nicht nur im Juli 2008 – wenige Monate nach seiner Haftentlassung am 12.02.2008 – wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung strafbar, sondern nur einige Monate später, am 20.01.2009, auch wegen versuchten Totschlags und Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
33 
Schon aus diesen Umständen ist zu folgern, dass im Falle des Klägers von einer sehr hohen Gefahr der Wiederholung schwerer Straftaten auszugehen ist. Dies wird noch verdeutlicht durch die innere Einstellung des Klägers zu Leib und Leben anderer, die er bei den Taten gezeigt hat. Bei der Rücksichtslosigkeit und Brutalität, mit der er vorgegangen ist, sind weitere ähnliche Taten konkret zu befürchten. Zwar war er nach den Feststellungen des Landgerichts Heilbronn im Urteil vom 15.08.2006 bei dem Überfall auf eine Autofirma am 10. bzw. 11.09.2005, bei welchem er und weitere fünf Täter zwei neuwertige Fahrzeuge entwendeten, weder Initiator noch Organisator des Geschehens, sondern wurde „angeworben“. Auch hat er den Wachmann, der den Raub entdeckt hatte und erheblich verletzt worden war, nicht selbst geschlagen. Er hat aber den zuvor gefassten Plan mitgetragen, diesen unter Anwendung erheblicher körperlicher Gewalt „auszuschalten“ und zu fesseln, war dabei zugegen und hat das brutale Vorgehen seiner Mittäter gebilligt sowie ihnen beim Anlegen der Fesseln durch Leuchten mit der Taschenlampe geholfen. Schließlich hat auch er den Wachmann, der gefesselt, schwer verletzt und blutend eine 10 m hohe Böschung hinuntergestoßen worden war, seinem Schicksal überlassen. Dabei hätten er und seine Mittäter zwar darauf vertraut, dass der Tod nicht eintreten würde, weil sie davon ausgegangen seien, dass der Wachmann noch lebend gefunden würde. Sie hätten aber erkannt, dass dieser sich aufgrund seiner wegen der Fesselung eingeschränkten Bewegungs- und Atmungsfähigkeit sowie der Witterungsverhältnisse in Todesgefahr befunden habe. Tatsächlich wurde er erst um 06.30 Uhr in lebensbedrohlichem Zustand gefunden und hat erhebliche physische und psychische Verletzungen erlitten. Bei der am 20.01.2009 begangenen Straftat des versuchten Totschlags ging offenbar die Initiative vom Mitangeklagten Mi.G aus. Nach den Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 haben aber sowohl Mi.G als auch der Kläger – jeder mindestens einmal – mit dem vom Kläger mitgeführten Nunchaku mit Wucht auf den Kopf des Geschädigten K. eingeschlagen, so dass dieses in zwei Teile zerriss. Nachdem K. dann mit blutenden Kopfwunden auf dem Boden gelegen hat, haben beide auf ihn eingetreten, bis einer der beiden geäußert habe, man könne ihn nun liegenlassen, weil er „verrecke“. Beim Verlassen des Hauses seien beide davon ausgegangen, dass K. ohne ärztliche Hilfe versterben würde.
34 
Hinzu kommt, dass auch dieser zweite Angriff des Klägers auf Leib und Leben einer Person nicht etwa in einer besonderen Ausnahmesituation oder aufgrund einer gravierenden emotionalen Belastung erfolgte. Der Mittäter Mi.G. war nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 wegen Drogenabhängigkeit vermindert steuerungsfähig und hat sich wegen der außerehelichen Beziehungen seiner Ehefrau zu dem Geschädigten in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Im Falle des Klägers fehlen entsprechende besondere Umstände. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er auf Nachfragen angegeben, er könne sich selbst nicht erklären, wieso er die Tat begangen habe.
35 
Die Wiederholungsgefahr wird zudem durch den Drogenkonsum des Klägers eher noch erhöht. Dabei kann hier offen bleiben, ob von einer Drogenabhängigkeit auszugehen ist. Jedenfalls hat der Kläger seinen eigenen Angaben in den Strafverfahren nach jahrelang regelmäßig Haschisch konsumiert und teilweise auch härtere Drogen. Er hat offensichtlich selbst nach seiner Entlassung auf Bewährung am 12.02.2008 bis zu seiner erneuten Verhaftung weiterhin regelmäßig Drogen genommen.
36 
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich an der danach bestehenden hohen Gefahr der Wiederholung gravierender Straftaten etwas geändert haben könnte. Bislang wurden – unter anderem wegen der ausländerrechtlichen Situation – keinerlei therapeutische Maßnahmen durchgeführt. Der Kläger hat zwar eine feste Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Diese besteht aber schon seit vielen Jahren, ohne dass ihn das von der Begehung der Straftaten abgehalten hätte. In der Justizvollzugsanstalt zeigt der Kläger ausweislich der dem Senat vorliegenden Gefangenpersonalakten wohl einige positive Entwicklungen, etwa bei der Arbeit. Gegen ihn mussten aber auch mehrfach Sicherungsmaßnahmen verhängt werden. Eine Urinkontrolle – von mehreren – wurde positiv auf THC getestet. Nach dem Vollzugsplan vom 15.03.2011 wird weiter von einer behandlungsbedürftigen Gewalt- und Suchtproblematik ausgegangen. Aufgrund seiner Anlasstat und der daraus ersichtlichen Persönlichkeitsstörung sei bei ihm eine Sozialtherapie grundsätzlich indiziert und weiterhin erforderlich. Im Hinblick darauf hatte die Justizvollzugsanstalt bei einer anderen Anstalt mit einer Sozialtherapeutischen Abteilung um Aufnahme des Klägers zur Durchführung einer Sozialtherapie gebeten. In den beigefügten Unterlagen wird von der Psychotherapeutin der Justizvollzugsanstalt dargelegt, dass die zutage getretene Gewaltneigung das zentrale Problem sei. Ohne erfolgreiche Sozialtherapie sei zu befürchten, dass der Kläger weitere Gewaltdelikte begehen werde.
37 
Zugunsten des Klägers ist unter anderem zu berücksichtigen, dass er sich seit seinem sechsten Lebensjahr in Deutschland aufhält, hier aufgewachsen ist, trotz offensichtlich problematischer Familienverhältnisse, die die Aufnahme durch eine Pflegefamilie erforderlich machten, den Hauptschulabschluss absolviert und seine Abschlussnote in dem anschließenden Berufsvorbereitungsjahr auf 2,5 verbessert hat. Danach hat er eine Lehre begonnen, welche er allerdings nicht abgeschlossen hat. Er hat eine feste Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, mit welcher er nach seiner Haftentlassung zusammenziehen will. Seine Mutter ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, sein älterer Bruder lebt ebenfalls in Deutschland, sein jüngerer Halbbruder ist deutscher Staatsangehörigkeit. Er spricht fließend Deutsch und wohl nur schlecht Englisch. Aktuelle Beziehungen zu seiner Heimat Jamaika hat der Kläger seinen Angaben nach nicht. Seine Großmutter und viele der näheren Verwandten seien in andere Länder ausgereist. In der mündlichen Verhandlung hat er erläutert, dass er nicht wisse, welche Bekannten und welche Verwandten noch in Jamaika lebten.
38 
Trotzdem ist dem Kläger eine Rückkehr nach Jamaika nicht unzumutbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er fast 25 Jahre alt ist, also grundsätzlich auch ohne die Unterstützung von Bekannten und Verwandten zurechtkommen kann. Dass es für ihn nicht einfach sein wird, sich in Jamaika ein neues Leben aufzubauen, liegt auf der Hand. Abgesehen davon, dass er wohl nicht fließend Englisch spricht, ist die allgemeine wirtschaftliche und politische Situation in Jamaika nicht günstig. Insbesondere ist von einer hohen Kriminalitätsrate auszugehen. Dies belegen die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Hinweise des österreichischen Außenministeriums zu Jamaika vom 31.08.2010 sowie die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts vom 31.08.2010 (ebenso neuere Hinweise, Stand 21.09.2011, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/JamaikaSicherheit.html). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Kriminalitätsrate so hoch bzw. oder die allgemeinen Verhältnisse derart schlecht wären, dass dem Kläger ein Leben in Jamaika nicht zugemutet werden könnte. Schließlich müsste er nicht in die offenbar besonders problematische Hauptstadt Kingston ziehen. In Anbetracht seiner Deutschkenntnisse hat er ohnehin wohl in den Touristenzentren bessere Chancen, Arbeit zu finden. Außerdem könnte er in der Anfangszeit gegebenenfalls durch seine Mutter oder seine Brüder unterstützt werden. Der Senat geht im Übrigen davon aus, dass der Kläger zumindest über ausreichende Grundkenntnisse des Englischen verfügt, die ihm ein Einleben möglich machen und auf die er für einen schnellen Spracherwerb aufbauen kann. Schließlich ist er erst in seinem sechsten Lebensjahr nach Deutschland eingereist und hat bis zu diesem Zeitpunkt nur Englisch gesprochen. Es ist anzunehmen, dass er sich danach zumindest mit seinem älteren Bruder noch einige Zeit weiter in seiner Muttersprache unterhalten hat. Dafür spricht, dass er in der vierten Grundschulklasse wegen Sprachproblemen auf die Förderschule wechseln musste. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung berichtet, dass er ab und zu mit seiner inzwischen in den USA lebenden Großmutter telefoniert habe. Er hat zwar dazu erläutert, dass sein Englisch nicht mehr so gut sei, so dass er teilweise Übersetzungshilfen durch seine Mutter benötigt habe. Danach ist ihm aber die englische Sprache jedenfalls nicht völlig fremd geworden.
39 
Insgesamt ist die Ausweisung des Klägers auch in Ansehung der angeführten Bindungen in Deutschland und der zu erwartenden Schwierigkeiten in Jamaika wegen der Schwere der begangenen Straftaten und der besonders hohen Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund des Ausmaßes der vom Kläger ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung muss sie nicht etwa im Hinblick auf Art. 8 EMRK sogleich befristet werden.
40 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Ausweisung auch nicht aufgrund der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. EU L 348/2008, S. 98 ff. - Rückführungsrichtlinie) bereits jetzt befristet werden muss (vgl. Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Diese Richtlinie ist zwar zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) unmittelbar anwendbar, weil die Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen und das „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ (vgl. Entwurf, BT-Drucks. 17/5470 vom 12.04.2011) noch nicht in Kraft getreten ist. Die Ausweisung selbst stellt jedoch keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie dar (vgl. Senatsurteil vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291).
41 
Da die Ausweisung des Klägers nach § 53 AufenthG mithin schon allein aufgrund spezialpräventiver Gründe als verhältnismäßig anzusehen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch selbstständig tragend generalpräventiv begründet werden könnte (vgl. dazu Senatsurteile vom 18.03.2011 - 11 S 2/11 -AuAS 2011, 136, vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O., und vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -).
II.
42 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Ausweisung selbst dann als rechtmäßig anzusehen wäre, wenn davon ausgegangen würde, dass Ermessen auszuüben ist. Denn die vom Verwaltungsgericht angeführten Ermessensfehler liegen nicht vor.
43 
Das beklagte Land hat im Rahmen der von ihm angestellten und durch seinen Vertreter in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen alle relevanten Belange eingestellt und auch zutreffend gewichtet.
44 
Zunächst ist nicht ersichtlich, dass – bezogen auf den Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung – ein wesentlicher Umstand nicht berücksichtigt worden wäre. Abgesehen davon sind die Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren noch entsprechend ergänzt bzw. klargestellt worden. Die Tatsache, dass der Kläger fließend Deutsch spricht, ist schon wegen seines Hauptschulabschlusses selbstverständlich und musste im angefochtenen Bescheid nicht explizit erwähnt werden.
45 
Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat auch in den Ausführungen des Regierungspräsidiums im angefochtenen Bescheid zur Frage des Grades der Integration keinen Ermessensfehler zu erkennen. Zwar wird darin dargelegt, dass sich der Kläger „nicht vollständig“ in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe und zur Begründung auf die nicht abgeschlossene Berufsausbildung bzw. den fehlenden festen Arbeitsplatz und die begangenen Straftaten abgestellt. Wie ausgeführt, ist aber zunächst betont worden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet ist. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass durchaus von einer Integration in dem Sinne ausgegangen worden ist, dass das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK greift. Dies hat der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung bekräftigt. Die weiteren Erwägungen zur Frage, ob die Integration abgeschlossen ist, erfolgen im Rahmen der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. des Ermessens. In diesem Zusammenhang aber können die angeführten Umstände wie Berufsausbildung, Berufstätigkeit, u.a. selbstverständlich berücksichtigt und die Straftaten als gewichtige Integrationsdefizite gewertet werden.
46 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werden angesichts der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Gewaltdelikte auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten. Aus den oben zu § 8 Abs. 2 EMRK angeführten Gründen lässt es sich rechtlich nicht beanstanden, dass das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers höher bewertet hat als sein erhebliches privates Interesse, von einer Ausweisung verschont zu bleiben.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird – unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Beschluss vom 15. Februar 2011 (12 K 1301/10) – auf 10.000,-- EUR, der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
51 
Gründe
52 
Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen sowie die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1 GKG. Die beim Verwaltungsgericht erhobene Klage war nicht nur auf Aufhebung der unter Ziffer 1 des Bescheids vom 09.03.2010 verfügten Ausweisung gerichtet, sondern auch auf Verpflichtung der in diesem Bescheid ebenfalls erfolgten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und auf Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Während es sich bei den ersten beiden Begehren um zwei selbstständige prozessuale Ansprüche handelt, für die jeweils der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (vgl. Ziffern 8.1 und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327), kommt der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung hier keine streitwerterhöhende Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.04.1982 - 1 B 38.82 - InfAuslR 1982, 167). Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist demnach auf 10.000,-- EUR festzusetzen, der für das Berufungsverfahren, in welchem es nur noch um die Ausweisung ging, auf 5.000,-- EUR.
53 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage insgesamt, also auch hinsichtlich der Ausweisung, abweisen müssen. Denn die unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 verfügte Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
21 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart steht die Ausweisung des Klägers nicht im Ermessen des beklagten Landes und ist daher schon deshalb nicht wegen Ermessensfehlern aufzuheben. Vielmehr handelt es sich vorliegend um eine so genannte „Ist-Ausweisung“ bzw. „zwingende Ausweisung“ nach § 53 AufenthG. Da die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 AufenthG vorliegen (dazu unter 1.) und der Kläger weder besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt (2.) noch seine Ausweisung mit Blick auf Art. 8 EMRK oder Art. 2 GG als unverhältnismäßig anzusehen ist (3.), ist sie rechtmäßig.
22 
1. Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherheitsverwahrung angeordnet worden ist. Die Tatbestandvoraussetzungen dieser Regelung sind schon allein aufgrund der letzten Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Heilbronn vom 20.10.2009 wegen versuchten Totschlags und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer (Gesamt-) Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten gegeben.
23 
2. Dem Kläger kommt kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG zu. Er kann sich insbesondere nicht auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG berufen. Danach genießt ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, besonderen Ausweisungsschutz. Der Kläger ist jedoch bereits seit Ablauf der Geltungsdauer der am 23.10.2002 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis zum 22.10.2004 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels. Die am 01.09.2008 durch das Landratsamt Hohenlohekreis erfolgte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 28.02.2009 ist mangels Bekanntgabe an den Kläger nie wirksam geworden. Soweit der Kläger vorträgt, er müsste so gestellt werden, als ob ihm der Aufenthaltstitel ausgehändigt worden wäre, verkennt er, dass dieser lediglich bis 28.02.2009 gegolten hätte. Die Anträge des Klägers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28.10.2004 und vom 12.02.2008 sind unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.03.2010 abgelehnt worden. Selbst wenn durch die Anträge – trotz verspäteter Antragstellung – eine Fiktionswirkung (vgl. § 81 Abs. 4 AufenthG 2007, § 81 Abs. 4 AufenthG 2005, § 69 Abs. 3 AuslG 1965 i.d.F. vom 09.01.2002) eingetreten wäre, wäre diese damit jedenfalls beendet gewesen. Abgesehen davon hat das Regierungspräsidium zu Recht ausgeführt, dass Zeiten der Fiktionswirkung nicht dem (tatsächlichen) Besitz einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG gleichgestellt werden können (vgl. ausführlich Bay. VGH, Urteil vom 04.07.2011 - 19 B 10.1631 -juris, m.w.N.), wenn später die Erteilung des Titels unanfechtbar abgelehnt wurde.
24 
3. Die danach einfachgesetzlich zwingende Ausweisung des Klägers ist nicht mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK oder auf höherrangiges Recht wie Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig anzusehen.
25 
a) Auch eine zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG ist auf ihre Vereinbarkeit mit dem in Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens hin zu überprüfen (vgl.VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 - und vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11.07.2003 - 1 B 252.02 - Buchholz 140 Art. 8 EMRK Nr. 14). Dies folgt nach Auffassung des Senats aus § 1 Abs. 1 Satz 5 AufenthG (noch mit anderer Begründung: VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 23.10.2002 - 11 S 1410/02 - NVwZ-RR 2003, 304, und vom 14.02.2001 - 13 S 2501/00 - NVwZ-Beil. 2001, 81). Danach bleiben die Regelungen in anderen Gesetzen „unberührt“. Diese „Unberührtheitsklausel“ gilt grundsätzlich auch im Verhältnis zu den völkervertraglichen Regelungen, die – wie die Europäische Menschenrechtskonvention – durch Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG) den Rang eines Bundesgesetzes erhalten haben und nicht nur die Vertragsparteien binden, sondern unmittelbar Rechte und Pflichten der betreffenden Staatsangehörigen begründen können, und zwar selbst wenn diese älter sind und deshalb nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ nicht vorrangig anwendbar wären (ausführlich dazu Fritzsch, VBlBW 2005, 378; GK-AufenthG, Stand: August 2011, § 1 AufenthG Rn. 23. ff.; Renner/Dienelt, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 1 AufenthG Rn. 21).
26 
Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung eine umfassende Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Offenbleiben kann daher, ob in diesen Fällen bei einer zwingenden Ausweisung zudem mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG – oder gegebenenfalls Art. 6 GG, welcher hier nicht einschlägig ist – i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen wäre (so OVG NRW, Beschluss vom 25.05.2009 - 18 E 1230/08 - AuAS 2009, 184; HambOVG, Urteil vom 24.03.2009 - 3 Bf 166/04 - InfAuslR 2009, 279), obwohl es sich um eine gebundene Entscheidung handelt und die Tatbestandsmerkmale des § 53 AufenthG – anders etwa als die der §§ 54 und 56 AufenthG – keinen Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Auslegung bieten (insoweit zu Recht kritisch Naumann, DÖV 2011, 96; vgl. zu Regel- und Ermessensausweisungen sowie zu § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - InfAuslR 2007, 443, und vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275; BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367). Denn insoweit wären dieselben Maßstäbe anzuwenden, die bei der Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 EMRK zur Anwendung kommen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007- 2 BvR 535/06 - a.a.O.). In jedem Fall wäre der Ausländerbehörde kein Ermessen eingeräumt (vgl. Senatsurteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O.; Bay.VGH, Beschluss vom 27.09.2010 - 19 ZB 09.715 - juris; vgl. auch Hailbronner, AuslR, Stand: September 2010, vor § 53 AufenthG Rn. 10 ff., m.w.N.; a.A. Thym, DVBl. 2008, 1346, 1351 f.; Huber, AuslR, 2010, § 53 AufenthG Rn. 5).
27 
b) Die Ausweisung des Klägers stellt zwar einen Eingriff in das in Art. 8 Abs. 1 EMRK verbürgte Recht auf Achtung seines Privatlebens dar; dieser ist jedoch gerechtfertigt im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
28 
aa) Das Recht auf Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. EGMR, Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - [Slivenko] EuGRZ 2005, 560). Über entsprechende Beziehungen verfügt der Kläger. Dies folgt bereits daraus, dass er seit seinem sechsten Lebensjahr und damit inzwischen seit mehr als 18 Jahren und 6 Monaten in Deutschland lebt, davon die meiste Zeit – jedenfalls bis zum 22.10.2004 – im Besitz von Aufenthaltstiteln war, hier zur Schule gegangen ist und den Hauptschulabschluss gemacht hat und zudem in Deutschland seine Mutter, sein älterer Bruder und sein jüngerer – deutscher – Halbbruder sowie seine langjährige Freundin leben. Selbst wenn ihm die Bescheinigungen über eine aufgrund seiner Verlängerungsanträge eingetretene Erlaubnisfiktion zu Unrecht ausgestellt worden und sein Aufenthalt bereits zum Zeitpunkt der Ausweisung nicht mehr als rechtmäßig anzusehen gewesen wäre, könnte er sich weiter auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines weiterhin fortdauernden rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll (Senatsurteil vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK bei einer bereits erfolgten und weiter bestehenden „Verwurzelung“ immer schon dann nicht mehr eröffnet wäre, wenn es dem Betreffenden in der Folge nicht gelungen ist, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und sich eine eigene Existenz zu schaffen oder aber wenn er Straftaten begangen hat. Auch diese Punkte sind vielmehr gegebenenfalls bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung aller Umstände entsprechend zu gewichten. Davon ist das Regierungspräsidium im angegriffenen Bescheid vom 09.03.2010 auch ausgegangen. Zwar wird darin mehrmals eine „nicht abgeschlossene Integration in deutsche Lebensverhältnisse“ angeführt und zur Begründung unter anderem auf eine fehlende Berufsausbildung und die Straftaten verwiesen. Diese Argumentation erfolgt jedoch im Rahmen der Ermessensausübung und bei der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die Frage, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK überhaupt eröffnet ist, wird hingegen ausdrücklich bejaht; die Ausweisung sei als ein Eingriff in das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK anzusehen (S. 11 des Bescheids).
29 
Hingegen ist das in Art. 8 Abs. 1 EMRK ebenfalls geschützte Familienleben hier schon deshalb nicht betroffen, weil der volljährige Kläger bereits vor seiner erneuten Inhaftierung nicht mehr mit seiner Mutter und seinem jüngsten Halbbruder in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und auch nicht etwa aus besonderen Gründen auf ein Zusammenleben mit seiner Familie und auf deren Beistand angewiesen wäre bzw. seine Brüder oder seine Mutter seine Hilfe und Unterstützung benötigen würden (vgl. zu diesen Anforderungen: Senatsbeschluss des Senats vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178, m.w.N).
30 
bb) Die danach vorzunehmende Abwägung aller Umstände führt zum Ergebnis, dass die Ausweisung des Klägers trotz des damit verbundenen Eingriffs in sein im Bundesgebiet geführtes Privatleben nach Art. 8 EMRK als gerechtfertigt anzusehen ist – und damit auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG als verhältnismäßig zu beurteilen wäre.
31 
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Die Frage, ob der durch eine Ausweisung bewirkte Eingriff im konkreten Einzelfall in diesem Sinne „notwendig“, insbesondere verhältnismäßig ist, ist anhand einer Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers mit seinem Interesse an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. etwa Urteil vom 02.08.2001 - Nr. 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - Nr. 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - Nr. 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - Nr. 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - Nr. 41548/06 - [Trabelsi]) ist dabei von einem bestimmten, nicht notwendigerweise abschließenden Kriterien- und Prüfkatalog auszugehen, den so genannten Boultif/Üner-Kriterien. Danach sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: die Anzahl, Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; das Alter des Ausländers bei Begehung der Straftaten; der Charakter und die Dauer des Aufenthalts im Land, das der Ausländer verlassen soll; die seit Begehen der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers seit der Tat, insbesondere im Strafvollzug; die Staatsangehörigkeit aller Beteiligten; die familiäre Situation des Ausländers und gegebenenfalls die Dauer der Ehe sowie andere Umstände, die auf ein tatsächliches Familienleben eines Paares hinweisen; der Grund für die Schwierigkeiten, die der Partner in dem Land haben kann, in das gegebenenfalls abgeschoben werden soll; ob der Partner bei Begründung der familiären Beziehung Kenntnis von der Straftat hatte; ob der Verbindung Kinder entstammen, und in diesem Fall deren Alter; das Interesse und das Wohl der Kinder, insbesondere der Umfang der Schwierigkeiten, auf die sie wahrscheinlich in dem Land treffen, in das der Betroffene ggfs. abgeschoben werden soll; die Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland einerseits und zum Herkunftsland andererseits.
32 
Nach diesen Grundsätzen ist hier zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Kläger innerhalb weniger Jahre bereits mehrmals strafbar gemacht hat und dass es sich bei dem in der Nacht vom 10. auf den 11.09.2005 verübten schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und dem am 20.01.2009 begangenen Versuch eines Totschlags um gravierende Straftaten handelt. Bereits mit der Verurteilung wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung durch das Landgericht Heilbronn vom 15.08.2006 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten war der Regelausweisungsgrund des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Das Regierungspräsidium sah damals wegen des langjährigen Aufenthalts des Klägers in Deutschland, der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden familiären Lebensgemeinschaft mit seiner Mutter und seinem deutschen Halbbruder, der vom Kläger geäußerten Reue und vor allem wegen des Berichts der Justizvollzugsanstalt Adelsheim vom 19.01.2007, nach welchem von einer günstigen Sozial und Kriminalprognose auszugehen sei, von einer Ausweisung ab. Es machte dem Kläger in einem Schreiben vom 07.02.2007 aber deutlich, dass eine erneute Straftat zu seiner Ausweisung führen könne. Dies hielt den Kläger ebenso wenig von weiteren Straftaten ab wie die Tatsache, dass die Vollstreckung der Reststrafe mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 09.01.2008 lediglich auf Bewährung ausgesetzt worden war. Er machte sich vielmehr nicht nur im Juli 2008 – wenige Monate nach seiner Haftentlassung am 12.02.2008 – wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung strafbar, sondern nur einige Monate später, am 20.01.2009, auch wegen versuchten Totschlags und Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
33 
Schon aus diesen Umständen ist zu folgern, dass im Falle des Klägers von einer sehr hohen Gefahr der Wiederholung schwerer Straftaten auszugehen ist. Dies wird noch verdeutlicht durch die innere Einstellung des Klägers zu Leib und Leben anderer, die er bei den Taten gezeigt hat. Bei der Rücksichtslosigkeit und Brutalität, mit der er vorgegangen ist, sind weitere ähnliche Taten konkret zu befürchten. Zwar war er nach den Feststellungen des Landgerichts Heilbronn im Urteil vom 15.08.2006 bei dem Überfall auf eine Autofirma am 10. bzw. 11.09.2005, bei welchem er und weitere fünf Täter zwei neuwertige Fahrzeuge entwendeten, weder Initiator noch Organisator des Geschehens, sondern wurde „angeworben“. Auch hat er den Wachmann, der den Raub entdeckt hatte und erheblich verletzt worden war, nicht selbst geschlagen. Er hat aber den zuvor gefassten Plan mitgetragen, diesen unter Anwendung erheblicher körperlicher Gewalt „auszuschalten“ und zu fesseln, war dabei zugegen und hat das brutale Vorgehen seiner Mittäter gebilligt sowie ihnen beim Anlegen der Fesseln durch Leuchten mit der Taschenlampe geholfen. Schließlich hat auch er den Wachmann, der gefesselt, schwer verletzt und blutend eine 10 m hohe Böschung hinuntergestoßen worden war, seinem Schicksal überlassen. Dabei hätten er und seine Mittäter zwar darauf vertraut, dass der Tod nicht eintreten würde, weil sie davon ausgegangen seien, dass der Wachmann noch lebend gefunden würde. Sie hätten aber erkannt, dass dieser sich aufgrund seiner wegen der Fesselung eingeschränkten Bewegungs- und Atmungsfähigkeit sowie der Witterungsverhältnisse in Todesgefahr befunden habe. Tatsächlich wurde er erst um 06.30 Uhr in lebensbedrohlichem Zustand gefunden und hat erhebliche physische und psychische Verletzungen erlitten. Bei der am 20.01.2009 begangenen Straftat des versuchten Totschlags ging offenbar die Initiative vom Mitangeklagten Mi.G aus. Nach den Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 haben aber sowohl Mi.G als auch der Kläger – jeder mindestens einmal – mit dem vom Kläger mitgeführten Nunchaku mit Wucht auf den Kopf des Geschädigten K. eingeschlagen, so dass dieses in zwei Teile zerriss. Nachdem K. dann mit blutenden Kopfwunden auf dem Boden gelegen hat, haben beide auf ihn eingetreten, bis einer der beiden geäußert habe, man könne ihn nun liegenlassen, weil er „verrecke“. Beim Verlassen des Hauses seien beide davon ausgegangen, dass K. ohne ärztliche Hilfe versterben würde.
34 
Hinzu kommt, dass auch dieser zweite Angriff des Klägers auf Leib und Leben einer Person nicht etwa in einer besonderen Ausnahmesituation oder aufgrund einer gravierenden emotionalen Belastung erfolgte. Der Mittäter Mi.G. war nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20.10.2009 wegen Drogenabhängigkeit vermindert steuerungsfähig und hat sich wegen der außerehelichen Beziehungen seiner Ehefrau zu dem Geschädigten in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Im Falle des Klägers fehlen entsprechende besondere Umstände. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er auf Nachfragen angegeben, er könne sich selbst nicht erklären, wieso er die Tat begangen habe.
35 
Die Wiederholungsgefahr wird zudem durch den Drogenkonsum des Klägers eher noch erhöht. Dabei kann hier offen bleiben, ob von einer Drogenabhängigkeit auszugehen ist. Jedenfalls hat der Kläger seinen eigenen Angaben in den Strafverfahren nach jahrelang regelmäßig Haschisch konsumiert und teilweise auch härtere Drogen. Er hat offensichtlich selbst nach seiner Entlassung auf Bewährung am 12.02.2008 bis zu seiner erneuten Verhaftung weiterhin regelmäßig Drogen genommen.
36 
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich an der danach bestehenden hohen Gefahr der Wiederholung gravierender Straftaten etwas geändert haben könnte. Bislang wurden – unter anderem wegen der ausländerrechtlichen Situation – keinerlei therapeutische Maßnahmen durchgeführt. Der Kläger hat zwar eine feste Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Diese besteht aber schon seit vielen Jahren, ohne dass ihn das von der Begehung der Straftaten abgehalten hätte. In der Justizvollzugsanstalt zeigt der Kläger ausweislich der dem Senat vorliegenden Gefangenpersonalakten wohl einige positive Entwicklungen, etwa bei der Arbeit. Gegen ihn mussten aber auch mehrfach Sicherungsmaßnahmen verhängt werden. Eine Urinkontrolle – von mehreren – wurde positiv auf THC getestet. Nach dem Vollzugsplan vom 15.03.2011 wird weiter von einer behandlungsbedürftigen Gewalt- und Suchtproblematik ausgegangen. Aufgrund seiner Anlasstat und der daraus ersichtlichen Persönlichkeitsstörung sei bei ihm eine Sozialtherapie grundsätzlich indiziert und weiterhin erforderlich. Im Hinblick darauf hatte die Justizvollzugsanstalt bei einer anderen Anstalt mit einer Sozialtherapeutischen Abteilung um Aufnahme des Klägers zur Durchführung einer Sozialtherapie gebeten. In den beigefügten Unterlagen wird von der Psychotherapeutin der Justizvollzugsanstalt dargelegt, dass die zutage getretene Gewaltneigung das zentrale Problem sei. Ohne erfolgreiche Sozialtherapie sei zu befürchten, dass der Kläger weitere Gewaltdelikte begehen werde.
37 
Zugunsten des Klägers ist unter anderem zu berücksichtigen, dass er sich seit seinem sechsten Lebensjahr in Deutschland aufhält, hier aufgewachsen ist, trotz offensichtlich problematischer Familienverhältnisse, die die Aufnahme durch eine Pflegefamilie erforderlich machten, den Hauptschulabschluss absolviert und seine Abschlussnote in dem anschließenden Berufsvorbereitungsjahr auf 2,5 verbessert hat. Danach hat er eine Lehre begonnen, welche er allerdings nicht abgeschlossen hat. Er hat eine feste Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, mit welcher er nach seiner Haftentlassung zusammenziehen will. Seine Mutter ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, sein älterer Bruder lebt ebenfalls in Deutschland, sein jüngerer Halbbruder ist deutscher Staatsangehörigkeit. Er spricht fließend Deutsch und wohl nur schlecht Englisch. Aktuelle Beziehungen zu seiner Heimat Jamaika hat der Kläger seinen Angaben nach nicht. Seine Großmutter und viele der näheren Verwandten seien in andere Länder ausgereist. In der mündlichen Verhandlung hat er erläutert, dass er nicht wisse, welche Bekannten und welche Verwandten noch in Jamaika lebten.
38 
Trotzdem ist dem Kläger eine Rückkehr nach Jamaika nicht unzumutbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er fast 25 Jahre alt ist, also grundsätzlich auch ohne die Unterstützung von Bekannten und Verwandten zurechtkommen kann. Dass es für ihn nicht einfach sein wird, sich in Jamaika ein neues Leben aufzubauen, liegt auf der Hand. Abgesehen davon, dass er wohl nicht fließend Englisch spricht, ist die allgemeine wirtschaftliche und politische Situation in Jamaika nicht günstig. Insbesondere ist von einer hohen Kriminalitätsrate auszugehen. Dies belegen die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Hinweise des österreichischen Außenministeriums zu Jamaika vom 31.08.2010 sowie die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts vom 31.08.2010 (ebenso neuere Hinweise, Stand 21.09.2011, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/JamaikaSicherheit.html). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Kriminalitätsrate so hoch bzw. oder die allgemeinen Verhältnisse derart schlecht wären, dass dem Kläger ein Leben in Jamaika nicht zugemutet werden könnte. Schließlich müsste er nicht in die offenbar besonders problematische Hauptstadt Kingston ziehen. In Anbetracht seiner Deutschkenntnisse hat er ohnehin wohl in den Touristenzentren bessere Chancen, Arbeit zu finden. Außerdem könnte er in der Anfangszeit gegebenenfalls durch seine Mutter oder seine Brüder unterstützt werden. Der Senat geht im Übrigen davon aus, dass der Kläger zumindest über ausreichende Grundkenntnisse des Englischen verfügt, die ihm ein Einleben möglich machen und auf die er für einen schnellen Spracherwerb aufbauen kann. Schließlich ist er erst in seinem sechsten Lebensjahr nach Deutschland eingereist und hat bis zu diesem Zeitpunkt nur Englisch gesprochen. Es ist anzunehmen, dass er sich danach zumindest mit seinem älteren Bruder noch einige Zeit weiter in seiner Muttersprache unterhalten hat. Dafür spricht, dass er in der vierten Grundschulklasse wegen Sprachproblemen auf die Förderschule wechseln musste. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung berichtet, dass er ab und zu mit seiner inzwischen in den USA lebenden Großmutter telefoniert habe. Er hat zwar dazu erläutert, dass sein Englisch nicht mehr so gut sei, so dass er teilweise Übersetzungshilfen durch seine Mutter benötigt habe. Danach ist ihm aber die englische Sprache jedenfalls nicht völlig fremd geworden.
39 
Insgesamt ist die Ausweisung des Klägers auch in Ansehung der angeführten Bindungen in Deutschland und der zu erwartenden Schwierigkeiten in Jamaika wegen der Schwere der begangenen Straftaten und der besonders hohen Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund des Ausmaßes der vom Kläger ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung muss sie nicht etwa im Hinblick auf Art. 8 EMRK sogleich befristet werden.
40 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Ausweisung auch nicht aufgrund der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. EU L 348/2008, S. 98 ff. - Rückführungsrichtlinie) bereits jetzt befristet werden muss (vgl. Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Diese Richtlinie ist zwar zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) unmittelbar anwendbar, weil die Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen und das „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ (vgl. Entwurf, BT-Drucks. 17/5470 vom 12.04.2011) noch nicht in Kraft getreten ist. Die Ausweisung selbst stellt jedoch keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie dar (vgl. Senatsurteil vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291).
41 
Da die Ausweisung des Klägers nach § 53 AufenthG mithin schon allein aufgrund spezialpräventiver Gründe als verhältnismäßig anzusehen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch selbstständig tragend generalpräventiv begründet werden könnte (vgl. dazu Senatsurteile vom 18.03.2011 - 11 S 2/11 -AuAS 2011, 136, vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - a.a.O., und vom 14.09.2011 - 11 S 2811/10 -).
II.
42 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Ausweisung selbst dann als rechtmäßig anzusehen wäre, wenn davon ausgegangen würde, dass Ermessen auszuüben ist. Denn die vom Verwaltungsgericht angeführten Ermessensfehler liegen nicht vor.
43 
Das beklagte Land hat im Rahmen der von ihm angestellten und durch seinen Vertreter in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen alle relevanten Belange eingestellt und auch zutreffend gewichtet.
44 
Zunächst ist nicht ersichtlich, dass – bezogen auf den Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung – ein wesentlicher Umstand nicht berücksichtigt worden wäre. Abgesehen davon sind die Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren noch entsprechend ergänzt bzw. klargestellt worden. Die Tatsache, dass der Kläger fließend Deutsch spricht, ist schon wegen seines Hauptschulabschlusses selbstverständlich und musste im angefochtenen Bescheid nicht explizit erwähnt werden.
45 
Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat auch in den Ausführungen des Regierungspräsidiums im angefochtenen Bescheid zur Frage des Grades der Integration keinen Ermessensfehler zu erkennen. Zwar wird darin dargelegt, dass sich der Kläger „nicht vollständig“ in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe und zur Begründung auf die nicht abgeschlossene Berufsausbildung bzw. den fehlenden festen Arbeitsplatz und die begangenen Straftaten abgestellt. Wie ausgeführt, ist aber zunächst betont worden, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet ist. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass durchaus von einer Integration in dem Sinne ausgegangen worden ist, dass das Achtungsgebot des Art. 8 Abs. 1 EMRK greift. Dies hat der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung bekräftigt. Die weiteren Erwägungen zur Frage, ob die Integration abgeschlossen ist, erfolgen im Rahmen der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. des Ermessens. In diesem Zusammenhang aber können die angeführten Umstände wie Berufsausbildung, Berufstätigkeit, u.a. selbstverständlich berücksichtigt und die Straftaten als gewichtige Integrationsdefizite gewertet werden.
46 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werden angesichts der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Gewaltdelikte auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten. Aus den oben zu § 8 Abs. 2 EMRK angeführten Gründen lässt es sich rechtlich nicht beanstanden, dass das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers höher bewertet hat als sein erhebliches privates Interesse, von einer Ausweisung verschont zu bleiben.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird – unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Beschluss vom 15. Februar 2011 (12 K 1301/10) – auf 10.000,-- EUR, der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
51 
Gründe
52 
Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen sowie die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1 GKG. Die beim Verwaltungsgericht erhobene Klage war nicht nur auf Aufhebung der unter Ziffer 1 des Bescheids vom 09.03.2010 verfügten Ausweisung gerichtet, sondern auch auf Verpflichtung der in diesem Bescheid ebenfalls erfolgten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und auf Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Während es sich bei den ersten beiden Begehren um zwei selbstständige prozessuale Ansprüche handelt, für die jeweils der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (vgl. Ziffern 8.1 und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327), kommt der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung hier keine streitwerterhöhende Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.04.1982 - 1 B 38.82 - InfAuslR 1982, 167). Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist demnach auf 10.000,-- EUR festzusetzen, der für das Berufungsverfahren, in welchem es nur noch um die Ausweisung ging, auf 5.000,-- EUR.
53 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.

(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.

(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.