Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.912
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg
Au 3 K 15.912
Im Namen des Volkes
Urteil
verkündet am
3. Kammer
... als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Sachgebiets-Nr. 1524
Hauptpunkte: Ausbildungsförderung; Anrechnung eigenen Vermögens; rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung vor Antragstellung (bejaht); grob fahrlässige Nichtangabe bei Antragstellung
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Kläger -
bevollmächtigt: ...
gegen
...
- Beklagter -
wegen Rückforderung von Ausbildungsförderungsleistungen
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2015 folgendes
Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert wird auf 4.785,00 EUR festgesetzt (§ 33 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.912
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.912
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.912 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).
(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.
(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.
(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.
(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.
(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.
(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.
(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei
- 1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro, - 2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro, - 3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
(2) (weggefallen)
(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.
Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
(1) Ausbildungsförderung wird für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet (Bedarf).
(2) Auf den Bedarf sind nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Einkommen und Vermögen des Auszubildenden sowie Einkommen seines Ehegatten oder Lebenspartners und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen; die Anrechnung erfolgt zunächst auf den nach § 17 Absatz 2 Satz 1 als Zuschuss und Darlehen, dann auf den nach § 17 Absatz 3 als Darlehen und anschließend auf den nach § 17 Absatz 1 als Zuschuss zu leistenden Teil des Bedarfs. Als Ehegatte oder Lebenspartner im Sinne dieses Gesetzes gilt der nicht dauernd Getrenntlebende, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(2a) Einkommen der Eltern bleibt außer Betracht, wenn ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt zu leisten.
(3) Einkommen der Eltern bleibt ferner außer Betracht, wenn der Auszubildende
- 1.
ein Abendgymnasium oder Kolleg besucht, - 2.
bei Beginn des Ausbildungsabschnitts das 30. Lebensjahr vollendet hat, - 3.
bei Beginn des Ausbildungsabschnitts nach Vollendung des 18. Lebensjahres fünf Jahre erwerbstätig war oder - 4.
bei Beginn des Ausbildungsabschnitts nach Abschluss einer vorhergehenden, zumindest dreijährigen berufsqualifizierenden Ausbildung drei Jahre oder im Falle einer kürzeren Ausbildung entsprechend länger erwerbstätig war.
(4) Ist Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners, der Eltern oder eines Elternteils außer auf den Bedarf des Antragstellers auch auf den anderer Auszubildender anzurechnen, die in einer Ausbildung stehen, die nach diesem Gesetz oder nach § 56 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gefördert werden kann, so wird es zu gleichen Teilen angerechnet. Dabei sind auch die Kinder des Einkommensbeziehers zu berücksichtigen, die Ausbildungsförderung ohne Anrechnung des Einkommens der Eltern erhalten können und nicht ein Abendgymnasium oder Kolleg besuchen oder bei Beginn der Ausbildung das 30. Lebensjahr vollendet haben. Nicht zu berücksichtigen sind Auszubildende, die eine Universität der Bundeswehr oder Verwaltungsfachhochschule besuchen, sofern diese als Beschäftigte im öffentlichen Dienst Anwärterbezüge oder ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhalten.
(1) Als Vermögen gelten alle
Ausgenommen sind Gegenstände, soweit der Auszubildende sie aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann.(2) Nicht als Vermögen gelten
- 1.
Rechte auf Versorgungsbezüge, auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen, - 2.
Übergangsbeihilfen nach den §§ 12 und 13 des Soldatenversorgungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 1983 (BGBl. I S. 457) sowie die Wiedereingliederungsbeihilfe nach § 4 Absatz 1 Nummer 2 des Entwicklungshelfer-Gesetzes, - 3.
Nießbrauchsrechte, - 4.
Haushaltsgegenstände.
(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen
- 1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes, - 2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.
(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.
(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.
(1) Von dem Vermögen bleiben anrechnungsfrei
- 1.
für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 15 000 Euro, für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, 45 000 Euro, - 2.
für den Ehegatten oder Lebenspartner des Auszubildenden 2 300 Euro, - 3.
für jedes Kind des Auszubildenden 2 300 Euro.
(2) (weggefallen)
(3) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben.
Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Dezember 2001 bis August 2003.
- 2
-
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 an der Hochschule G. Auf entsprechende Anträge, in denen er jeweils nur angegeben hatte, über zwei Girokonten bei der ... Bank, einen Bundesschatzbrief sowie einen ... Investmentfond in einer jeweils konkret bezifferten Höhe zu verfügen, deren Summe unter dem ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag lag, bewilligte ihm der Beklagte jeweils mit gesondertem Bescheid Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich
-
- 388,64 € für den Zeitraum Dezember 2001 bis August 2002
-
- 316,00 € für den September 2002
-
- 166,00 € für den Zeitraum Oktober 2002 bis August 2003.
- 3
-
Im September 2002 erfuhr der Beklagte aufgrund eines Datenabgleichs durch das Bundesamt für Finanzen, dass der Kläger im Jahre 2001 bei der ... Bank Freistellungsaufträge für Kapitalerträge in Höhe von 1 273 DM gestellt hatte.
- 4
-
Deshalb forderte der Beklagte den Kläger Ende Januar 2003 auf, Angaben zu seinem gesamten Kapitalvermögen im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung zu machen. Nach den daraufhin vom Kläger vorgelegten Unterlagen war dieser über die bislang zu seinem Vermögen gemachten Angaben hinaus auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der ... Bank laufenden DIT-Wertpapierdepots (Nr. ...), welches er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.
- 5
-
Der Beklagte bewertete das Guthaben auf dem DIT-Wertpapierdepot als Vermögen des Klägers, hob mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für die Zeiträume 12/2001 bis 08/2003 auf und forderte den Kläger auf, insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.
- 6
-
Zur Begründung seiner nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, das Guthaben auf dem DIT-Wertpapierdepot sei ihm nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG nicht als Vermögen anzurechnen. Es habe sich um das Depot seiner Großmutter gehandelt, das er für diese treuhänderisch verwaltet habe. Das Depot sei auf seinen Namen eingerichtet worden, um seinen Steuerfreibetrag auf Einkünfte aus Kapitalvermögen auszuschöpfen. Bei der vor der ersten Antragstellung erfolgten Übertragung dieses Depots auf seine Schwester habe es sich nicht um eine bewusste Herbeiführung einer Bedürftigkeit gehandelt.
- 7
-
Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid mit Urteil vom 2. Dezember 2005 aufgehoben. Die Bescheide über die Bewilligung von Ausbildungsförderung seien rechtmäßig. Das Guthaben des DIT-Wertpapierdepots, das der Kläger zwei Monate vor der ersten Antragstellung auf seine Schwester übertragen habe, sei seinem Vermögen nicht hinzuzurechnen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass dieses Vermögen der damals noch lebenden Großmutter gehört habe. Nach dem Tod der Großmutter habe die Mutter des Klägers als deren Erbin die Herausgabe des Geldes begehrt. Die Vermögensübertragung auf die Schwester des Klägers sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen.
- 8
-
Mit Urteil vom 2. Juli 2008 hat das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Das Guthaben des DIT-Wertpapierdepots sei dem Kläger ungeachtet der von ihm behaupteten verdeckten Treuhandabrede mit seiner Großmutter als eigenes Vermögen zuzurechnen. Der Kläger habe im Außenverhältnis die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über das Vermögen gehabt. Er sei gegenüber der Bank ohne Einschränkungen befugt gewesen, über das Vermögen auf diesem Konto zu verfügen. Dies belege auch der Umstand, dass der Kläger seiner Großmutter eine rechtsgeschäftliche Verfügungsbefugnis gegenüber der Bank eingeräumt habe. Das Guthaben sei lediglich äußerlich mit einem Rückforderungsanspruch der Großmutter bzw. deren Erbin nach § 667 BGB belastet gewesen. Die verdeckte Treuhand bewirke auch kein Verwertungshindernis im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG. Das treuhänderisch gebundene Vermögen sei vielmehr ausbildungsförderungsrechtlich zu berücksichtigen. Der Berücksichtigung dieses Vermögens stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger das Vermögen auf dem DIT-Wertpapierdepot im Vorfeld der Beantragung von Ausbildungsförderung auf seine Schwester übertragen habe. Diese Übertragung sei rechtsmissbräuchlich. Denn der Kläger habe die Übertragung mit der Absicht vorgenommen, eine Anrechnung des Vermögens zu vermeiden. Ein gewichtiges Indiz hierfür sei die zeitliche Nähe der Übertragung zur Beantragung von Ausbildungsförderung.
- 9
-
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt eine Verletzung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG.
- 10
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht ist im objektiven Widerspruch zu der nach Erlass des Berufungsurteils verkündeten Entscheidung des Senats vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - (BVerwGE 132, 21 = DVBl 2009, 129) davon ausgegangen, dass dem Kläger die Berufung auf ein (verdecktes) Treuhandverhältnis von vornherein abgeschnitten ist und hat - bedingt durch diesen Rechtsfehler - nicht geprüft, ob nach den allein maßgeblichen zivilrechtlichen Grundsätzen eine Treuhandabrede zwischen dem Kläger und seiner verstorbenen Großmutter wirksam geschlossen worden war (1.). Weil es hierzu auch keine genügenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht eine eigene Würdigung ermöglichen würden, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (2.).
- 12
-
1. Der Senat hat in dem vorgenannten Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) entschieden, dass es grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, sich im Rahmen der Ausbildungsförderung auf ein Treuhandverhältnis zu berufen. Die ausbildungsförderungsrechtliche Anerkennung von Verbindlichkeiten aus einer Treuhandabrede setzt jedoch voraus, dass sie zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und nachgewiesen sind. Der Senat hat lediglich offen gelassen, ob und inwieweit eine Treuhandabrede im Rahmen des Ausbildungsförderungsrechts nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG oder nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu berücksichtigen ist. Im Einzelnen hat der Senat zur grundsätzlichen Anerkennungsfähigkeit von Treuhandabreden im Ausbildungsförderungsrecht ausgeführt:
-
"Die Anerkennung von Verbindlichkeiten aus Treuhandabreden ist bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung nicht ausgeschlossen, sondern bestimmt sich danach, ob diese zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und auch nachgewiesen sind. Das gilt auch für sogenannte verdeckte Treuhandverhältnisse, und zwar unabhängig davon, ob wirksame und nachgewiesene Treuhandverhältnisse bereits der Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG unterfallen oder ob der aus einem solchen Verhältnis gegen den Auszubildenden als Treuhänder resultierende Herausgabeanspruch des Treugebers als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist.
-
Entgegen der Ansicht der Revision scheidet die Berufung des Klägers auf ein Treuhandverhältnis nicht deshalb aus, weil er als verdeckter Treuhänder den 'Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft' erzeugt habe, an dem er sich im Rahmen der Ausbildungsförderung festhalten lassen müsse. Zum einen ist der Auszubildende als Treuhänder auch bei einer verdeckten Treuhand nicht nur dem Rechtsschein nach, sondern - wie oben dargelegt - nach zivilrechtlichen Grundsätzen tatsächlich Inhaber der Forderung gegen die Bank. Zum anderen könnte allein der Rechtsschein der Innehabung eines Vermögensgegenstandes nicht dazu führen, das Vorliegen von Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 BAföG zu fingieren. Für eine solche Fiktion und damit für eine Relativierung der nach bürgerlichem Recht zu beurteilenden Vermögensverhältnisse fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (ebenso zu Treuhandverhältnissen im Bereich der Arbeitslosenhilfe: BSG, Urteile vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R - juris, vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238 und vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 - juris). Einen zivilrechtlichen Grundsatz des Inhalts, dass allein die Offenlegung eines Treuhandverhältnisses über die Zuordnung des Vermögensgegenstands entscheidet, gibt es nicht. So ist etwa nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung für die Drittwiderspruchsberechtigung des Treugebers nach § 771 ZPO die Publizität eines Treuhandverhältnisses nicht zwingend erforderlich (BGH, Urteil vom 1. Juli 1993 - IX ZR 251/92 - NJW 1993, 2622).
-
Die Berücksichtigung eines Treuhandverhältnisses scheidet für den Auszubildenden auch dann nicht zwingend aus, wenn er - wie hier der Kläger - das treuhänderisch gehaltene Vermögen nicht in seinem Antrag auf Ausbildungsförderung angegeben, wohl aber gegenüber seiner Bank einen entsprechenden Freistellungsauftrag erteilt hat. Dieser Umstand kann zwar im Einzelfall Zweifel daran begründen, ob überhaupt ein Treuhandvertrag geschlossen wurde. Die Berufung auf ein sog. verdecktes Treuhandverhältnis ist dem Auszubildenden in diesem Fall entgegen der Auffassung der Revision jedoch nicht von vornherein wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben versagt. Zwar kann dem Auszubildenden im Einzelfall auch im Ausbildungsförderungsrecht Vermögen weiterhin zugerechnet werden, das er unentgeltlich und rechtsmissbräuchlich etwa an seine wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Eltern übertragen hat (vgl. Urteil vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1). Indessen liegt hier weder ein solcher Fall des Rechtsmissbrauchs noch ein sonstiger Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium) vor.
-
Widersprüchliches Verhalten ist nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Handelnde dadurch für den anderen Teil einen Vertrauenstatbestand schafft, auf den sich sein Gegenüber verlassen darf, oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95 - juris m.w.N.; zu den eng gelagerten, hier aber nicht einschlägigen Ausnahmefällen, in denen die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes nicht erforderlich ist: BGH, Urteil vom 20. September 1995 - VIII ZR 52/94 - BGHZ 130, 371; Heinrichs, in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 242 Rn. 55 ff.). Daran fehlt es hier. Mit der Erteilung des Freistellungsauftrags gegenüber seiner Bank begründet der Auszubildende gegenüber dem Ausbildungsförderungsamt keinen Tatbestand, auf den dieses vertrauen darf. Der Freistellungsauftrag betrifft nicht das ausbildungsförderungsrechtliche, sondern das Rechtsverhältnis zur Bank. Er stellt sich als eine Anweisung des Kontoinhabers an die kontoführende Bank dar, ihm die aus dem Kontoguthaben resultierenden Kapitalerträge bis zur Höhe des Sparerfreibetrages unversteuert gutzuschreiben, also vom Zinsabschlag auszunehmen. Der Kontoinhaber gibt mit der Erteilung des Freistellungsauftrages jedoch weder eine Erklärung unmittelbar gegenüber den Finanzbehörden noch gegenüber Dritten (wie dem Ausbildungsförderungsamt) ab. Angaben aus dem Freistellungsauftrag werden an diese Stellen lediglich weitergeleitet (OVG Münster, Urteil vom 11. Februar 2008 - 2 A 1083/05 - juris Rn. 53)."
- 13
-
Diese Erwägungen, an denen der Senat festhält, gelten auch im vorliegenden Verfahren.
- 14
-
Darüber hinaus hat der Senat im Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) hinsichtlich des Maßstabes, der im Rahmen der ausbildungsrechtlichen Vermögensregelungen für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede anzulegen ist, ausgeführt:
-
"Ein Treuhandvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in der Ausübung der sich aus dem Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 1999 - I R 69/97 - BFHE 188, 254; BSG, Urteile vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R - ZIP 2006, 678 und vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 10/06 R - juris Rn. 16). Eine rechtlich anzuerkennende Treuhandschaft setzt daher eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder voraus, aus der sich ergeben muss, dass die mit der rechtlichen Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers eingeschränkt ist. Die Treuhandabrede muss die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes zum Gegenstand haben. Die Vereinbarung eines entsprechenden Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses muss ernsthaft gewollt sein und es muss eine konkrete, mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zustande gekommene Absprache nachgewiesen werden. Dabei muss - gerade bei der hier in Rede stehenden fremdnützigen Treuhand - das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (vgl. BFH, Urteil vom 4. Dezember 2007 - VIII R 14/05 - BFH-RR 2008, 221, m.w.N.; LSG Schleswig, Urteil vom 6. Juli 2007 - L 3 AL 125/06 ZVW - juris Rn. 33).
-
Entsprechend diesen Vorgaben ist der Treuhandcharakter eines Kontos oder Depots nur anzunehmen, wenn eine entsprechende Treuhandabrede zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen worden ist. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt in dem vorliegenden ausbildungsrechtlichen Zusammenhang gerade im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Abreden unter Angehörigen (siehe auch das Urteil vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 30.07 -). Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu würdigen. Soweit die tatsächlichen Grundlagen des Vertragsschlusses der Sphäre des Auszubildenden zuzuordnen sind, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht insoweit zu seinen Lasten. Da die relevanten Umstände oft in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es zudem gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 802/90 - BB 1995, 2624 <2625> m.w.N.).
-
Ein gewichtiges Beweisanzeichen im zuvor genannten Sinne ist etwa die Separierung des Treuguts. Für die Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine wirksame Treuhandvereinbarung geschlossen worden ist, ist zu berücksichtigen, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen über treuhänderisches Vermögen regelmäßig vorschreiben, das Treugut vom eigenen Vermögen des Treuhänders getrennt zu halten (vgl. § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 2 DepotG). Die zivilgerichtliche Rechtsprechung erkennt auch ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO bei einem Treuhandkonto nur an, wenn das Konto ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02 - WM 2003, 512 f. m.w.N.). Zwar schließt im vorliegenden ausbildungsrechtlichen Zusammenhang die fehlende Trennung des Treuguts vom eigenen Vermögen nicht zwingend aus, dass ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen wurde. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder aus einem Auftragsverhältnis kann auch dann bestehen, wenn der Treuhänder empfangenes Geldvermögen abredewidrig nicht getrennt von seinem Vermögen verwahrt hat (vgl. BFH, Urteil vom 25. Januar 2001 - II R 39/98 - HFR 2001, 678). Ist allerdings die Separierung des Treuguts schon nicht Bestandteil des behaupteten Vertrages und hat der angebliche Treuhänder das Empfangene auch tatsächlich nicht von seinem eigenen Vermögen getrennt, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die Beteiligten eine verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen haben.
-
Ferner spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit eines behaupteten Vertragsschlusses, wenn der Inhalt der Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Vertrages nicht genannt werden kann. Zum Inhalt der Treuhandabrede ist ferner zu prüfen, ob dargelegt worden ist, dass eine Verwertung des Treuguts durch den Auszubildenden auch dann nicht statthaft sein soll, wenn dieser in finanzielle Not gerät oder nur durch die Verwertung seine Ausbildung finanzieren kann. Zweifel am Eingehen einer entsprechenden Verbindlichkeit können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Treuhandvertrages nicht den geltend gemachten Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine treuhänderische Bindung (von Teilen) seines Vermögens nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet hat, sondern erst geltend macht, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Für das Vorliegen eines beachtlichen Treuhandverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums kann es dagegen sprechen, wenn das Treugut nachweislich bereits zu dem Zeitpunkt an den Treugeber zurückgegeben worden war, zu dem der Auszubildende zum ersten Mal das Treuhandverhältnis offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte."
- 15
-
Auch diese Erwägungen, an denen der Senat ebenfalls festhält, sind im vorliegenden Verfahren gleichermaßen anzuwenden.
- 16
-
Schließlich hat der Senat im Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nichtigkeit von Verträgen wegen Steuerhinterziehung (siehe neben den im vorgenannten Urteil bereits zitierten Entscheidungen auch: BGH, Urteile vom 23. Juni 1997 - II ZR 220/95 - BGHZ 136, 125 und vom 24. April 2008 - VII ZR 140/07 - NJW-RR 2008, 1051) darauf hingewiesen, dass sich die im Rahmen des Ausbildungsförderungsrechts vorzunehmende Prüfung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Treuhandabrede auf das Vorliegen der zivilrechtlichen Nichtigkeitsgründe nach §§ 134, 138 BGB zu erstrecken hat, wenn im konkreten Fall ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass Vermögenswerte treuhänderisch übertragen worden sind, um dem Fiskus in rechtswidriger Weise Steuern auf Zinserträge vorzuenthalten. Denn Rechtsgeschäfte sind nach der vom Senat in Bezug genommenen zivilgerichtlichen Rechtsprechung dann nichtig im Sinne der §§ 134, 138 BGB, wenn sich eine mit dem Vertrag verbundene Steuerverkürzung als der Hauptzweck des Vertrages darstellt.
- 17
-
Diesen vom Senat aufgestellten Vorgaben wird das Berufungsgericht, das im Zeitpunkt seiner Entscheidung das Urteil des Senats vom 4. September 2008 (a.a.O.) noch nicht kennen konnte, nicht gerecht.
- 18
-
Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit dem vorstehend dargestellten Maßstab des Senats bereits insoweit nicht im Einklang, als das Berufungsgericht Verbindlichkeiten aus einer (verdeckten) Treuhandabrede bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung von vornherein für unbeachtlich gehalten hat und - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht der Frage nachgegangen ist, ob der Kläger und seine verstorbene Großmutter hinsichtlich des Guthabens auf dem DIT-Wertpapierdepot eine treuhänderische Bindung vereinbart hatten. Das Berufungsgericht spricht deshalb auch nur von einer "behaupteten Treuhand" (UA S. 6). Ebenso wenig hat es geprüft, ob die (behauptete) Treuhandabrede den an die zivilrechtliche Wirksamkeit zu stellenden Anforderungen genügt.
- 19
-
2. Bei Anwendung des zutreffenden rechtlichen Maßstabes tragen die bislang vom Berufungsgericht - das die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen und Wertungen nicht ausdrücklich übernommen hat - festgestellten Tatsachen nicht den von ihm gezogenen Schluss, dass die mit der Aufhebung der vorangegangenen Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Dezember 2001 bis August 2003 rechtmäßig ist.
- 20
-
Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob der Kläger mit seiner Großmutter einen Treuhandvertrag geschlossen hat. Sollte es nach entsprechender Tatsachenfeststellung und -würdigung zu der Überzeugung gelangen, dass dies der Fall war, wird es sich ferner mit der Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit dieser Treuhandvereinbarung auseinandersetzen müssen, die zweifelhaft ist, wenn die Erlangung von Steuervorteilen den Hauptzweck der Treuhandabrede darstellte. Sollte das Berufungsgericht dies bei seiner erneuten Entscheidung bejahen, wird es neben der Frage, inwieweit gegen den Kläger statt vertraglicher dann kondiktionsrechtliche Ansprüche bestanden hätten, zu berücksichtigen haben, dass der Kläger das Vermögen bereits vor der ersten Antragstellung auf seine Schwester übertragen hatte. In diesem Fall scheidet eine förderungsrechtlich unbeachtliche, weil rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung (dazu Urteil vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1) indes selbst dann aus, wenn der Kläger rechtsirrig von einer wirksamen Treuhand ausgegangen sein sollte.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.
- 2
-
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 Gebäude- und Infrastrukturmanagement an einer sächsischen Hochschule. Hierfür erhielt er antragsgemäß von Dezember 2001 bis August 2003 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. In den entsprechenden Anträgen hatte er jeweils verschwiegen, dass er neben den angegebenen Vermögenswerten auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der D. Bank eingerichteten Wertpapierdepots gewesen war, das er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.
- 3
-
Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für den besagten Zeitraum auf und forderte den Kläger auf, die gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.
- 4
-
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Guthaben des Wertpapierdepots handele es sich nicht um sein Vermögen. Das Geld habe seiner zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter gehört. Er habe das Wertpapierdepot für diese treuhänderisch verwaltet. Zudem habe er das Guthaben des Wertpapierdepots auf Anweisung seiner Großmutter auf seine Schwester übertragen und nicht um seine Bedürftigkeit herbeizuführen.
- 5
-
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zu Begründung führte er aus, das Guthaben des Wertpapierdepots sei dem Vermögen des Klägers zuzurechnen. Die Übertragung dieses Depots auf seine Schwester vor der erstmaligen Antragstellung sei rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Bei Berücksichtigung dieses Guthabens übersteige das Gesamtvermögen des Klägers den ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag derart, dass dieser seinen monatlichen Bedarf in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum vollständig aus seinem anrechenbaren Vermögen habe decken können. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligungsbescheide sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - nicht schutzwürdig. Daher könnten die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei der im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X vorzunehmenden Ermessensentscheidung stünden sich das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide und das öffentliche Interesse an einer möglichst effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel gegenüber. Letzteres verlange in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens in aller Regel die Aufhebung einer rechtswidrigen Förderungsentscheidung und damit die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Verwaltungsübung, an welche er, der Beklagte, auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Förderungsempfänger gebunden sei.
- 6
-
Die Klage des Klägers hatte vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Auf die Revision des Klägers hatte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Denn dieses war abweichend von der ihm im Entscheidungszeitpunkt noch nicht bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangenen, ein (verdecktes) Treuhandverhältnis sei ausbildungsförderungsrechtlich unbeachtlich. In dem nunmehr angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Beklagten erneut stattgegeben und die Klage des Klägers abgewiesen.
- 7
-
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den vom Bundesverwaltungsgericht für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen aufgestellten rechtlichen Maßstab fehlerhaft angewandt. Es habe einerseits Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie etwa die strikte Separierung des Depotguthabens von seinem Vermögen, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt. Andererseits habe es beispielsweise die fehlende Unterschrift seiner Großmutter auf der von ihm vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarung zu Unrecht als ein Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht in grober Weise gegen die Denkgesetze verstoßen, soweit es aus dem Umstand, dass der in dem Depot angelegte Geldbetrag nahezu das gesamte Vermögen seiner Großmutter darstellte, gefolgert habe, dass die Unterschrift der Großmutter auf der Treuhandvereinbarung und ein nachvollziehbarer Grund für ihren Abschluss zu erwarten gewesen wären.
- 8
-
Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB X. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts könne ihm lediglich vorgeworfen werden, bei der Antragstellung grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dieser Irrtum des Beklagten führe zwingend zu einem Ermessensfehler. Die Prüfprogramme der beiden Ermessensvorschriften seien nicht identisch. Abgesehen davon sei das dem Beklagten im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X auch nicht in Richtung auf die Rücknahme intendiert.
- 9
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 4 Abs. 72 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - SGB X - ein sog. intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung bejaht, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Es stellt sich aber im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlagen und der Beklagte sein Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei betätigt hat.
- 11
-
Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Soweit ein Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Bewilligungsbescheide, bei denen es sich um begünstigende Verwaltungsakte handelt, rechtswidrig waren, weil im gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch das Guthaben des Wertpapierdepots Vermögen des Klägers war und ihm daher im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Ausbildungsförderung zustand (1.). Der Kläger hat das Wertpapierdepot und dessen Übertragung auf seine Schwester grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht angegeben (2.), weshalb er sich nicht auf Vertrauen berufen kann und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist eingehalten worden (3.). Der Beklagte hat bei der Rücknahmeentscheidung auch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt (4.). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung der erbrachten Leistungen, deren Höhe außer Streit steht, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwingend ist.
- 12
-
1. Das Guthaben auf dem Wertpapierdepot ist als Vermögen des Klägers zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um Treugut (a). Die unentgeltliche Übertragung dieses Depots auf die Schwester des Klägers ist förderungsrechtlich unbeachtlich (b).
- 13
-
a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der Berücksichtigung von Treuhandabreden im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen ausdrücklich die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze (vgl. Urteile vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - BVerwGE 132, 21 = Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 4 jeweils Rn. 13 f. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 f.) zugrunde gelegt. In rechtsfehlerfreier Anwendung dieses Maßstabs hat es den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Großmutter verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
- 14
-
Soweit die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe bei Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze einen Rechtsfehler begangen, indem es Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie beispielsweise die strikte Separierung des Depotguthabens von dem Vermögen des Klägers und die Erteilung einer Depotvollmacht an seine Großmutter, unzutreffend bewertet habe, kritisiert sie der Sache nach dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Das Gleiche gilt, soweit die Revision beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe beispielsweise die fehlende Unterschrift der Großmutter des Klägers auf der von ihm vorlegten schriftlichen Treuhandvereinbarung von Juni 1997 zu Unrecht als Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Feststellung und Würdigung der Tatsachen ist nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen. Dementsprechend ist es dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich versagt, die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu korrigieren oder gar zu ersetzen. Es ist insoweit darauf beschränkt zu überprüfen, ob die tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, verletzt (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18). Das Revisionsvorbringen lässt nicht erkennen, dass die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts einem derartigen Fehler unterliegt.
- 15
-
Soweit die Revision im Zusammenhang mit der tatrichterlichen Würdigung des Umstandes, dass es sich bei dem Guthaben des Depots nahezu um das gesamte Vermögen der Großmutter des Klägers gehandelt habe, einen Verstoß gegen Denkgesetze rügt, der im Einzelfall als Verfahrensfehler zu behandeln sein kann (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225 S. 74 f.; Beschlüsse vom 2. August 2007 - BVerwG 8 B 23.07 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 24.07 - juris Rn. 4), legt sie diesen nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dar.
- 16
-
Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - BVerwGE 142, 132 Rn. 32 m.w.N.). Sind bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur nicht fehlerhaft, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 8.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).
- 17
-
Die Revision zeigt nicht auf, dass die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, aufgrund des besagten Umstandes hätte für die treuhänderische Bindung des Klägers ein nachvollziehbarer Grund bestehen müssen und es wäre zu erwarten gewesen, dass auch die Großmutter des Klägers die schriftliche Vereinbarung unterzeichnet hätte, aus logischen Gründen schlechterdings unhaltbar ist. Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Revision schlüssig zu entnehmen, dass ihre Schlussfolgerung, der Kläger und seine Großmutter hätten hinsichtlich des Guthabens des Wertpapierdepots eine treuhänderische Bindung vereinbart, denkgesetzlich die einzig mögliche Folgerung aus dem besagten Umstand war.
- 18
-
b) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers förderungsrechtlich rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich ist und infolgedessen das Guthaben als Vermögen des Klägers zu behandeln ist.
- 19
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht. Dieser Zweck besteht in der Durchsetzung des in § 1 BAföG verankerten Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung. Danach wird Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nur geleistet, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Eine Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu diesem Zweck, wenn der Auszubildende Vermögen überträgt, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer entsprechenden Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der Auszubildende sein Vermögen bzw. Teile desselben auf einen Dritten überträgt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Dritter in diesem Sinne sind auch die Eltern oder ein Elternteil des Auszubildenden. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen steht der Wert des übertragenen Vermögens dem Auszubildenden für seinen Bedarf nicht mehr zur Verfügung. Hätte eine Anrechnung des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu unterbleiben, würde die finanzielle Sicherung der Ausbildung in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang nicht erreicht. Gerade weil das übertragene Vermögen nicht mehr vorhanden ist, wäre die Durchführung der Ausbildung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption durch Gewährung staatlicher Fördermittel und nicht durch das anrechenbare Vermögen des Auszubildenden sicherzustellen. Aus diesem Grund stellt sich eine unentgeltliche Vermögenszuwendung an Dritte ausbildungsförderungsrechtlich grundsätzlich als Rechtsmissbrauch dar (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 und Beschluss vom 19. Mai 2009 - BVerwG 5 B 111.08 - juris Rn. 2). Ob die Unentgeltlichkeit der Übertragung genügt, um diese ohne Weiteres als Rechtsmissbrauch zu werten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 47). So kann die Unentgeltlichkeit als Kriterium für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit beispielsweise mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Antragstellung an Gewicht verlieren. Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt und gegebenenfalls im Einzelfall auch geboten, zusätzlich zur Unentgeltlichkeit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten und der Beantragung von Ausbildungsförderung abzustellen. Denn ein solcher Zusammenhang spricht in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch.
- 20
-
Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist seine rechtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers wegen der Unentgeltlichkeit und des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der am 8. Oktober 2001 erfolgten Vermögensverschiebung und dem am 20. Dezember 2001 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist.
- 21
-
2. Das angefochtene Urteil steht auch mit Bundesrecht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften, weil diese zwar nicht durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X erwirkt worden sind (a), aber im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhen (b).
- 22
-
a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Auszubildende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem für die Bewilligung von Ausbildungsförderung maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Behörde hiernach gefragt hat oder nicht (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 C 23.96 - BVerwGE 102, 178 <180 f.> = Buchholz 236.1 § 55 SG Nr. 16 S. 11 f. m.w.N.). Das Verschweigen wahrer Tatsachen ist - in Abgrenzung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - eine Täuschung, wenn das Amt für Ausbildungsförderung nach diesen Tatsachen gefragt hat. Der Frage eines maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung steht es gleich, wenn in einem Vordruck oder Antragsformular erkennbar eine bestimmte Frage aufgeworfen wird, welche dann wahrheitswidrig beantwortet wird.
- 23
-
Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen rechtlichen Anforderungen ausgegangen. Gemessen daran hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine arglistige Täuschung abgelehnt. Denn nach seinen bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen ist in den Antragsformularen nicht ausdrücklich nach (unentgeltlichen) Vermögensverfügungen gefragt worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung gestanden haben.
- 24
-
b) Das Vertrauen des Begünstigten ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
- 25
-
In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wertpapierdepots auf seine Schwester grob fahrlässig verschwiegen hat. Nach dem Sachverhalt, wie er sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt, musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er diese Vermögensverfügung anzugeben hatte, ohne dass danach konkret gefragt worden ist. Denn sie konnte für die Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung erheblich sein. Selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass ihm dieses Vermögen wegen der Übertragung auf seine Schwester nicht (mehr) zuzurechnen war und von ihm nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden musste, hätte er diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem Beklagten eine eigenständige Prüfung und Bewertung der vorgetragenen Verwertungshindernisse zu ermöglichen. Die Nichtangabe des Wertpapierdepots war für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide auch kausal (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 40).
- 26
-
3. Des Weiteren ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Rücknahmebescheid vom 1. Oktober 2003 gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen hat.
- 27
-
Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - juris Rn. 25 m.w.N.). Sie ist hier nicht schon im September 2002 durch den Hinweis des Bundesamtes für Finanzen auf die vom Kläger gestellten Freistellungsaufträge für Kapitaleinkünfte in Lauf gesetzt worden, der den Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hat, sondern erst durch die vom Kläger nach einem entsprechenden Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 31. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte durfte auch die aus dem Datenabgleich erlangten Informationen verwerten und zum Anlass nehmen, den Kläger zu ergänzenden Angaben zu seinem Kapitalvermögen aufzufordern. Insbesondere rechtfertigt die durch Gesetz vom 2. Dezember 2004 (BGBl I S. 3127) lediglich klarstellende Einfügung des § 41 Abs. 4 BAföG nicht den Umkehrschluss, die Erkenntnisse aus einem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Datenabgleich unterlägen einem Verwertungsverbot (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O.).
- 28
-
4. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist zwar seine Auffassung, die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 SGB X sei in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen), wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt (a). Der Beklagte hat aber das ihm nach § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (b).
- 29
-
a) Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26; s.a. BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 5). Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides (vgl. Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 5 C 4.88 - BVerwGE 88, 342 <347> = Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 16 S. 20 und vom 8. Juni 1989 - BVerwG 5 C 68.86 - Buchholz 436.36 § 50 Nr. 5 S. 4; s.a. BSG, Urteil vom 11. April 2002 - B 3 P 8/01 R - juris Rn. 21). Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung des Auszubildenden auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet. Die für diese Fälle vom Oberverwaltungsgericht angenommene Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung, lässt sich weder unmittelbar aus § 45 SGB X (aa) noch aus dem Bundesausbildungsförderungsrecht und seinen fachspezifischen Wertungen (bb) ableiten.
- 30
-
(aa) Die Auslegung der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X ergibt kein intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung. Hiergegen sprechen neben dem Wortlaut vor allem systematische Erwägungen.
- 31
-
§ 45 Abs. 1 SGB X eröffnet Ermessen ("darf"), ohne danach zu unterscheiden, ob sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 3 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht.
- 32
-
Die binnensystematische Betrachtung des § 45 SGB X bestätigt diesen Befund. So verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X für den Fall, dass der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Für den Fall, dass das Vertrauen des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht schutzwürdig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung. Dies wiegt um so schwerer, als § 48 Abs. 2 VwVfG, dem § 45 Abs. 2 SGB X weitgehend entspricht, in Satz 4 ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsakt in den Fällen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, weshalb § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG auch als ermessenslenkende Norm anzusehen ist (vgl. Urteile vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 S. 3 und vom 23. Mai 1996 - BVerwG 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13).
- 33
-
In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit der Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X, die in Satz 1 eine gebundene Aufhebungsentscheidung vorsieht und in Satz 2 ausdrücklich normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt (mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) aufgehoben werden "soll". Eine solche Differenzierung findet sich in § 45 SGB X nicht.
- 34
-
(bb) Ebenso wenig ist dem einschlägigen Fachrecht zu entnehmen (vgl. zur Zulässigkeit, ein intendiertes Ermessen kraft Fachrechts anzunehmen z.B. Urteil vom 25. September 1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 - BVerwGE 91, 82 <90 f.> = Buchholz 454.71 § 3 WoGG Nr. 6 S. 8 f.), dass das Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X in der Weise Vorrang genießt, dass die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide vorgegeben ist.
- 35
-
Eine entsprechende fachgesetzliche Intention lässt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus dem in § 1 BAföG normierten Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung folgern. Durch diesen soll sichergestellt werden, dass die begrenzten staatlichen Förderungsmittel sinnvoll eingesetzt werden und für förderungsbedürftige Auszubildende zur Verfügung stehen. Auch wenn dies die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausbildungsförderung nahe legt, ist § 1 BAföG keine ermessenslenkende Bedeutung für die hier in Rede stehende Konstellation beizumessen. Denn die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen Auszubildenden, die die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen, und solchen, die dies nicht tun. Sie beansprucht vielmehr für beide Fallgruppen Geltung. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichend aussagekräftigen Grundlage für die Annahme, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X im Regelfall Vorrang vor dem kollidierenden Prinzip der Bestandskraft von Verwaltungsakten zukommt. Der bloße Verstoß gegen den Nachranggrundsatz sagt für sich noch nichts darüber aus, mit welcher Gewichtigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind.
- 36
-
Gegen die Annahme eines durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz intendierten Ermessens spricht in deutlicher Weise die Vorschrift des § 20 BAföG. Ihr ist eine differenzierte Regelung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung mit Wirkung für die Vergangenheit in Betracht kommt und welche Entscheidung die Ämter für Ausbildungsförderung dabei jeweils zu treffen haben.
- 37
-
Bis zum Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469) mit Wirkung zum 1. Januar 1981 enthielt § 20 BAföG eine vollständige und abschließende Regelung über die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung. Mit dem Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch wurden die früheren Aufhebungs- und Erstattungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG gestrichen, weil die von ihnen erfassten Sachverhalte durch die §§ 45, 48 und 50 SGB X abgedeckt sind. Durch diese Streichung und den ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 44 bis 50 SGB X in § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG wurde klargestellt, dass die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung der Förderungsleistungen in den von § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB X nicht erfassten Fällen fortan dem Regelungsregime des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch unterstehen und somit an die dort normierten Voraussetzungen und Grundsätze gebunden sind (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - a.a.O. <104> bzw. S. 12 und - BVerwG 5 C 16.86 - a.a.O. S. 25). Mit Rücksicht darauf besteht ein strikter Aufhebungszwang ("ist ... aufzuheben") nur in den Fällen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 BAföG. In den Fällen des § 48 SGB X ("soll") müssen die Ämter für Ausbildungsförderung die Bewilligungsbescheide nur im Regelfall zurücknehmen und sind nur bei einer atypischen Fallgestaltung zur Ausübung von Ermessen berechtigt und verpflichtet. In den Fällen des § 45 Abs. 1 und 4 SGB X ("darf") steht die Rücknahme stets im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26). Diese klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben würden missachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände von vornherein und unabhängig vom Einzelfall ein Vorrang eingeräumt und ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet würde.
- 38
-
Nichts anderes folgt aus den Urteilen des Senats vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 und 5 C 16.86 - (jeweils a.a.O.). Die dort getroffene Aussage,
-
"dass beim Vorliegen eines dieser Sachverhalte
§ 45 abs. 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x> die Ermessensbetätigung der Behörde im Normalfall ebenfalls zur Rückgängigmachung des Verwaltungsaktes führen wird" (vgl. a.a.O. <106> bzw. S. 13 und S. 26),
-
ist im Zusammenhang mit den beiden nachfolgenden Sätzen zu sehen,
-
"f
ür die weiter in Betracht zu ziehenden Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X folgt das gleiche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung daraus, dass die Behörde die Aufhebung, wenn die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, vornehmen soll und damit, wie schon ausgeführt, zur Aufhebung im Regelfall verpflichtet ist. Hier wie dort sind demnach beim Gesetzesvollzug Ergebnisse zu erwarten, die bei typischer Fallgestaltung denen bei Anwendung des § 20 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BAföG entsprechen" (vgl. a.a.O.).
-
Aufgrund dieses Kontextes ist die angeführte Erklärung als empirisch-prognostische Einschätzung des Senats zum Ergebnis des Gesetzesvollzugs zu verstehen. Eine weitergehende Aussage dahin, dass die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X aus normativen Gründen, insbesondere des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, in Richtung Rücknahme intendiert wäre, ist ihr nicht zu entnehmen.
- 39
-
b) Die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den Beklagten ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. Beschluss vom 26. April 2011 - BVerwG 7 B 34.11 - BRS 77 Nr. 68 und Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 Rn. 24).
- 40
-
Dem Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihm Ermessen zusteht, und er hat dieses erkennbar ausgeübt. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beklagte auch nicht von der falschen Ermessensvorschrift ausgegangen, soweit er im Widerspruchsbescheid die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X (arglistige Täuschung) statt der Nr. 2 dieser Vorschrift (grobe Fahrlässigkeit) angenommen hat. Denn das Ermessen ist ihm nicht durch diese Regelung, sondern durch die Bestimmung des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumt. Seine Ermessenserwägungen sind auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil er im Widerspruchsbescheid zu Unrecht von einer arglistigen Täuschung des Klägers ausgegangen ist. Denn ein Fehler in der rechtlichen Bewertung ist unschädlich, wenn er sich in den Ermessenserwägungen nicht niederschlägt. Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung nicht auf den Grad des klägerischen Verschuldens gestützt, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide und den Schutz fiskalischer Interessen abgestellt. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Beklagte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am Zweck der Ermächtigung orientiert. Er hat das Interesse des Klägers an der Beständigkeit der rechtswidrigen Bewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - juris Rn. 46 und vom 31. August 2006 - BVerwG 7 C 16.05 - Buchholz 428 § 31 VermG Nr. 12 Rn. 25). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers, die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel zurückzutreten. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich der Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen
- 1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes, - 2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.
(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.
(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte ist der Großvater väterlicherseits der 1976 und 1980 geborenen Kläger. Unter dem 30. Mai 1985 legten die Eltern der Kläger für jeden der Kläger ein Sparbuch an. Als Kontoinhaber war dabei jeweils einer der Kläger und als Antragsteller der Beklagte angegeben. Auf diese Konten überwies der Beklagte sodann jeweils 50.000,-- DM.
Die Eltern der Kläger stellten als deren gesetzliche Vertreter unter demselben Datum an die Sparbuch gerichtete Vollmachtsurkunden zugunsten des Beklagten aus, wonach dieser u.a. ermächtigt war, über die Sparkonten der Kläger zu verfügen. Der Beklagte erhielt die Sparbücher. Er löste am 16. November 1989 die Sparkonten auf und behielt das Geld für sich.
Nachdem die Kläger von den Sparguthaben erfahren hatten, widerriefen sie mit Schreiben vom 16. Juli 2001 die dem Beklagten erteilte Vollmacht und verlangen mit ihrer Klage die Zahlung von je 50.000,-- DM.
Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben; die Berufung blieb ohne Erfolg.
Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision strebt der Beklagte die Klageabweisung an. Die Kläger treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision.
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger keinen Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kläger hätten deshalb einen Bereicherungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten, weil die
Sparkasse an den Beklagten als im Verhältnis zu den Klägern Nichtberechtigten Auszahlungen von den Sparkonten der Kläger vorgenommen habe. Berechtigte seien die Kläger gewesen, weil sie im Zeitpunkt der Auszahlung an den Beklagten Inhaber der Konten und der Sparforderungen gegen die Sparkasse gewesen seien. Jedenfalls ergebe sich ein Herausgabeanspruch aus §§ 812, 818 Abs. 1 2. Halbs. BGB. Durch die Auflösung der Sparkonten sei die Vollmacht des Beklagten erloschen. Spätestens sei die Vollmacht aber aufgrund des Schreibens der Kläger vom 16. Juli 2001 erloschen. Es bestehe deshalb kein Rechtsgrund mehr, für ein Behalten des aufgrund der Vollmacht Erlangten. Die Forderung gegen die Sparkasse sei den Klägern nämlich wirksam geschenkt worden und das aus ihr Erlangte stehe ihnen zu.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat sich nur mit der Frage befaßt, ob die Kläger von vornherein - also schon mit der Anlegung der Konten oder jedenfalls mit der Einzahlung auf diese Konten - Inhaber der Guthabenforderungen geworden sind. Die Sachlage legte hier aber darüber hinaus die Frage nahe, ob der Beklagte die Sparguthaben nicht etwa seinen Enkeln, den Klägern, auf den Todesfall mit der Wirkung zuwenden wollte , daß diese im Zeitpunkt des Todes des Beklagten Inhaber der Sparguthaben werden sollten, soweit der Beklagte nicht vorher anderweitig darüber verfügt hatte.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts läßt die Einrichtung eines Sparkontos auf den Namen eines anderen für sich allein noch nicht den Schluß auf einen Vertrag zugunsten Dritter zu (BGHZ 21, 148, 150; 28, 368, 369). Entscheidend ist vielmehr, wer gemäß der Vereinbarung mit der Bank oder Sparkasse Kontoinhaber werden sollte (BGH, Urt. v. 02.02.1994 - IV ZR 51/93, NJW 1994, 931). Ein wesentliches Indiz kann dabei sein, wer das Sparbuch in Besitz nimmt (BGH, Urt. v. 29.04.1970 - VIII ZR 49/69, NJW 1970, 1181), denn gemäß
§ 808 BGB wird die Sparkasse durch die Leistung an den Inhaber des Sparbuchs auf jeden Fall dem Berechtigten gegenüber frei. Typischerweise ist, wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, aus diesem Verhalten zu schließen , daß der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten will (BGHZ 46, 198, 203; 66, 8, 11; MünchKomm. /Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 328 Rdn. 53; Erman/H.P. Westermann, BGB, 11. Aufl., § 328 Rdn. 34). Der Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für die Kläger, die zu dieser Zeit noch minderjährig waren, Sparguthaben angelegt, ohne die Sparbücher aus der Hand zu geben. Er hat sich darüber hinaus, von den Eltern der Kläger gleichzeitig mit der Anlegung der Sparkonten eine Vollmacht erteilen lassen, durch die er gegenüber der Sparkasse ermächtigt war, über die Sparkonten der Kläger zu verfügen. Die Kläger ihrerseits wußten von den Sparguthaben nichts. Damit handelt es sich um einen Fall, in dem typischerweise anzunehmen ist, daß der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tod vorbehalten will, wie dies der Beklagte auch behauptet.
Soweit sich aus der Entscheidung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 1994 (IV ZR 51/93, NJW 1994, 931) anderes ergibt, hält der nunmehr für das Schenkungsrecht zuständige erkennende Senat hieran nicht fest. Allerdings lag in dem dort entschiedenen Fall die Ausgangssituation insofern anders, als der dortige Kläger, der seiner Nichte, der dortigen Beklagten , 50.000,-- DM auf ein Sparkonto überwiesen hatte, nunmehr seinerseits auch formal als Forderungsinhaber in das Sparbuch eingetragen werden wollte. Deshalb kam es dort darauf an, ob die Beklagte die Forderung ohne Rechtsgrund erlangt hatte. Der IV. Senat hat die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der dortige Kläger habe berechtigt sein sollen, über das Kontoguthaben zu Lebzeiten im eigenen Interesse zu verfügen, ausdrücklich offenge-
lassen, weil dies keiner Entscheidung bedürfe. Im vorliegenden Fall kann die Frage nicht unentschieden bleiben. Durfte der Beklagte zu seinen Lebzeiten im Verhältnis zu den Klägern weiterhin über das Guthaben verfügen, so war eine solche Absprache Rechtsgrund der von ihm getroffenen Verfügung über die Sparguthaben. Dies ist danach zu beurteilen, welchen Zweck der Beklagte mit der Anlegung der Sparbücher auf den Namen der Kläger verfolgt hat. War es Zweck des Geschäfts, den Klägern für den Fall des Todes des Beklagten etwas zuzuwenden, was aus dem Verhalten des Beklagten typischerweise zu schließen ist, dann durfte der Beklagte im Verhältnis zu den Klägern über die Sparguthaben weiterhin verfügen. Auf die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung, die das Berufungsgericht verneint hat, kommt es dann nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob der Beklagte aufgrund der Vereinbarung mit der Sparkasse einerseits und den Klägern, vertreten durch ihre Eltern, andererseits über das Sparguthaben verfügen durfte. War er hierzu berechtigt, so hat er nicht ohne Rechtsgrund über das Sparguthaben verfügt; die Kläger haben dann keinen Bereicherungsanspruch gegen ihn. Dies hat das Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, bisher nicht aufgeklärt, weil es der Frage nicht nachgegangen ist, ob der Beklagte die Sparguthaben seinen Enkeln auf den Todesfall mit der Wirkung zuwenden wollte, daß diese im Zeitpunkt des Todes des Beklagten Inhaber der Sparguthaben werden sollten, soweit der Beklagte nicht vorher anderweitig darüber verfügt hatte.
Das Berufungsgericht wird diese Aufklärung nunmehr nachzuholen haben.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Kirchhoff
(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
- 1.
die Eltern getrennt leben oder - 2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
(1) Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis der in den §§ 780, 781 bezeichneten Art schenkweise erteilt wird, von dem Versprechen oder der Anerkennungserklärung.
(2) Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung von BAföG-Leistungsbescheiden und die Rückforderung von Ausbildungsförderung.
- 2
Der am (..) Mai 1980 geborene Kläger stellte unter dem Datum des 17. September 2002, eingegangen bei dem Beklagten am 08. Oktober 2002, einen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG – für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003. In dem vom Kläger verwendeten Antragsformular wurden zu den Rubriken „Angaben zu meinem Einkommen im Zeitpunkt der Antragstellung“ (Zeile 70 ff.), „Angaben zu meinem Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung“ (Zeile 91 ff.), „Meine Schulden und Lasten im Zeitpunkt der Antragstellung“ (Zeile 91 ff.), „Freizustellende Vermögenswerte“ (Zeile 107 ff.) keine Angaben gemacht und versichert, dass die Angaben richtig und vollständig sind. Mit dem Antrag wurden u. a. Erklärungen der Eltern des Klägers zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nebst einem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2000 sowie eine vom Vater des Klägers unterzeichnete „Zusätzliche Erklärung zu(m) Kind J. A.“ zur Sachakte gereicht, welche sämtlich vom 15. September 2002 datieren. Mit Antrag vom 29. September 2003, eingegangen bei dem Beklagten am 30. Oktober 2003, stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum von Oktober 2003 bis September 2004; das verwendete Antragsformular enthält zu den genannten Rubriken ebenfalls keine Angaben.
- 3
Der Beklagte leistete daraufhin an den Kläger aufgrund der Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003 in Höhe von 466,00 Euro mtl. sowie für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 in Höhe von 456,00 Euro mtl.
- 4
Eine Anfrage des Beklagten an das Bundesamt für Finanzen ergab, dass der Kläger im Jahre 2002 von der Kapitalertragssteuer freigestellte Kapitalerträge in Höhe von 1.104,00 Euro erzielt hat. Mit Schreiben vom 10. November 2004 hörte der Beklagte den Kläger zu diesem Sachverhalt an.
- 5
Der Vater des Klägers teilte daraufhin dem Beklagten mit Schreiben vom 18. November 2004 mit, im Jahr 1995 habe er seinem – damals 15-jährigen – Sohn 10.000,00 DM geschenkt, die er für ihn – auf seinen Namen – bei der Sparkasse D. angelegt habe. Da das Geld für den Start in das Berufsleben gedacht gewesen sei, habe er mit der Bank einen Vertrag mit einer Laufzeit von sieben Jahren abgeschlossen. Er habe erwartet, dass sein Sohn bis dahin die von ihm beabsichtigte Schreinerlehre abgeschlossen haben würde. Die Vertragsdauer habe am 27. Juni 2002 geendet; zu diesem Zeitpunkt sei die letzte Zinsgutschrift in Höhe von 517,12 Euro erfolgt. Im Jahre 1998 habe sein Sohn 10.000,00 DM von seinem Großvater als Geschenk erhalten. Dieses Geld, ergänzt durch eine fällige Ausbildungsversicherung, sei bei der Raiffeisenbank A-Stadt angelegt worden, die später mit der Raiffeisenbank S. fusioniert habe. Im Jahre 2002 seien Zinsgutschriften in Höhe von 587,14 Euro erfolgt; die letzte Gutschrift am 19. September 2002. Der Ausbildungsverlauf seines Sohnes habe sich anders gestaltet als ursprünglich gedacht. Da er keine Lehrstelle gefunden habe, habe er für drei weitere Jahre die Fachoberschule besucht, wozu ein praktisches Jahr gehört habe. Während dieses Praktikumsjahres habe er enormen Kapitalbedarf gehabt. Er habe zu wechselnden Einsatzstellen fahren müssen, die er mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht habe erreichen können. Deshalb habe er seinem Sohn ein Moped für einen Preis von mehr als 7.000, - DM gekauft; auch habe sein Sohn Geld für den Erwerb des Führerscheins benötigt. Da er an das Geld auf der Bank nicht herangekommen sei, habe er – der Vater – ihm jedes Mal den benötigten Betrag geliehen. Im Jahre 1999 sei sein Sohn zum Wehrdienst eingezogen worden und in Holland eingesetzt gewesen. Er habe deshalb ein Auto benötigt. Er – der Vater – habe ihm hierfür und den benötigten Autoführerschein das erforderliche Geld geliehen. Im Jahre 2000 habe sein Sohn dann eine Schreinerlehrstelle erhalten. Er sei aus der elterlichen Wohnung ausgezogen und habe sich eine eigene Wohnung eingerichtet; das hierfür erforderliche Geld habe er – der Vater – ihm geliehen. Die Lehre habe sein Sohn – nach einem vorausgegangenen Wechsel der Lehrstelle – nach einem Jahr abgebrochen und ein freiwilliges soziales Jahre in der Nähe von P. abgeleistet. Da er dort nur ein Taschengeld erhalten habe, habe er seinem Sohn Geld für den täglichen Bedarf geliehen. Im Sommer 2002 seien schließlich die Schulden höher als das Guthaben auf der Bank gewesen. Es sei nun für seinen Sohn an der Zeit gewesen, seine Schulden zu begleichen. Da er – der Vater – seiner Tochter „unter die Arme habe greifen wollen“, habe er veranlasst, dass das Konto bei der Kreissparkasse D. auf seine Tochter übertragen worden sei. Die Übertragung des Guthabens sei am 24. September 2002 in voller Höhe, einschließlich Zinsen erfolgt. Das Konto bei der Raiffeisenbank S. sei am 19. September 2002 aufgelöst worden und das Guthaben auf Konten der Eltern des Klägers eingezahlt worden. Nach allem habe sein Sohn beide Male korrekt die Fragen zum Vorhandensein von Vermögenswerten verneint.
- 6
Unter dem 14. Dezember 2004 bestätigte der Kläger die Angaben seines Vaters durch Übersendung einer von ihm unterzeichneten Kopie des Schreibens vom 18. November 2004. Mit ergänzendem Schreiben des Vaters des Klägers vom 16. Dezember 2004 wurden verschiedene Nachweise und Rechnungsbelege – u. a. eine Rechnung vom 02. Juli 1996 über den Erwerb eines Moped zum Preis von 5.300, - DM, ein Rechnung vom 24. März 1999 über den Einsatz eines Notarztes in Höhe von 377,40 DM und eine Rechnung vom 22. März 1999 über den Einsatz eines Krankentransportwagens/ Rettungswagens in Höhe von 485,00 DM – zur Akte gereicht; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorganges (Bl. 105 – 133 d. Beiakte A) Bezug genommen.
- 7
Mit Bescheiden vom 31. Mai 2005 setzte der Beklagte unter Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und 30. Januar 2004 die Leistung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003 auf Null und für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 auf 333,00 Euro monatlich fest und forderte vom Kläger einen Betrag in Höhe von 7.068, - Euro zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 08. Oktober 2002 über Vermögen in Höhe von zumindest 11.472,07 Euro und zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30. Oktober 2003 über Vermögen in Höhe von 12.362,14 Euro verfügt habe. Da der Kläger diese Beträge bei Stellung seiner Anträge nicht angegeben habe, sei die Rückforderung gerechtfertigt. Auf schützenswertes Vertrauen könne er sich nicht berufen, da die Bewilligungsbescheide auf unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben beruht hätten, die er zumindest grob fahrlässig gemacht habe. Es sei von einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten auszugehen, da er im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme seiner förderungsfähigen Ausbildung Vermögen unentgeltlich und ohne gleichwertige Gegenleistung an seine Eltern übertragen habe. Die von seinen Eltern zur Verfügung gestellten Geldbeträge seien als Darlehensverpflichtung nicht berücksichtigungsfähig, da die Darlehensbedingungen nicht den finanzgerichtlichen Kriterien des Fremdvergleichs entsprächen. Mündliche Darlehensverträge seien ohne Bedeutung.
- 8
Der Kläger hat am 10. Juni 2005 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen geltend gemacht:
- 9
Seine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen bei seinen Antragstellungen am 08. Oktober 2002 und am 30. Oktober 2003 seien zutreffend gewesen; er habe „über die Konten kaum Kenntnis gehabt“. Das Geld sei von seinem Vater und seinem Großvater für ihn angelegt worden, Kontoauszüge oder das Sparbuch habe er nie erhalten. Sein Vater sei über beide Konten verfügungsberechtigt gewesen; auch habe er alles geregelt. Weil er gewusst habe, dass irgendwo ein Konto für ihn existierte, habe er immer mal wieder spontan Geld verlangt, welches ihm sein Vater gegeben habe. Er sei davon ausgegangen, dass sein Vater seine Konten belasten würde. Überprüft habe er dies aber nicht. Im Sommer 2002 habe ihm sein Vater dann mitgeteilt, dass das Geld aufgebraucht sei. Als ihm sein Vater mitgeteilt habe, dass die Konten noch vorhanden seien, habe er ihn aufgefordert, diese aufzulösen. Auf Nachfrage habe ihm sein Vater erneut versichert, dass das Geld aufgebraucht sei und die Beträge auf den Konten Teil des Vermögens seines Vaters seien. Genauso wie bei der Einrichtung der Konten sei auch die Auflösung der Konten von seinem Vater veranlasst worden. Die dazu benötigten Unterlagen seien ihm von seinem Vater zugeschickt, von ihm – dem Kläger –unterschrieben und alsdann zurückgeschickt worden. Als er am 08. Oktober 2002 den ersten Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung eingereicht habe, sei er somit zu Recht davon ausgegangen, dass er kein Vermögen mehr besitze.
- 10
Als er 16 Jahre alt gewesen sei, habe er ein Moped-Führerschein gemacht und ein Moped gekauft, um zu den Einsatzstellen seines Praktikums zu gelangen. Er habe seinen Vater gebeten, ihm das Geld hierfür kurzfristig vorzustrecken, was er getan habe. Er sei davon ausgegangen, dass er anschließend sein Konto belaste. Es sei niemals davon die Rede gewesen, dass er ihm ein längerfristiges Darlehen gewähren solle. Über ein Darlehen sei niemals gesprochen worden. Insofern fehle es selbstverständlich auch an nachprüfbaren Darlehensverträgen mit Konditionen usw.. Dies bedeute, es habe nie einen Darlehensvertrag gegeben, weder mündlich noch schriftlich. Das kurzfristige „Vorstrecken“ von Geld „bei kurzfristigen finanziellen Engpässen“ sei in seiner Familie üblich gewesen. Auch habe sein Vater von ihm nie Zinsen verlangt. Ebenso habe kein Grund bestanden, mit dem vom Großvater geschenkten Geld das “Darlehen“ beim Vater zu tilgen, weil es ein solches Darlehen gar nicht gegeben habe. Allerdings habe er gewusst, dass das vom Vater geschenkte Geld verbraucht gewesen sei; die eingereichten Nachweise würden dies belegen. Demzufolge habe er seine Vermögenswerte auch nicht unentgeltlich auf seine Eltern übertragen und dadurch ohne Not seine Mittellosigkeit herbeigeführt. Vielmehr habe sein Vater zuvor einen rechtlichen Anspruch auf die Kontenübertragung erlangt, den er vorher nicht realisiert habe. Sein Vater habe ihm zwischenzeitlich mitgeteilt, dass er gewollt habe, dass er – der Kläger – weiter die Zinsen bekomme, um einen kleinen Zuschuss zu haben zu seinem Praktikantengehalt bzw. zum Wehrsold und dem Taschengeld während des freiwilligen sozialen Jahres. Im Übrigen sei zunächst gar nicht beabsichtigt gewesen, dass er ein Studium beginnen und Ausbildungsförderung beantragen werde. Daher habe er erst nach dem Ausfüllen des ersten Antrages von seinem Vater erfahren, dass auf seinen Namen noch Konten existieren würden. Andernfalls hätte er kaum erst den Förderungsantrag ausgefüllt und dann erst die Konten übertragen bzw. aufgelöst. Er habe von einer Überprüfung der von seinem Vater verwalteten Konten abgesehen, weil er seinem Vater vertraut habe. Es sei auch nicht richtig, dass er – wie der Beklagte behaupte – leichtfertig geglaubt habe, dass die Konten auf seinem Namen geführt würden, ohne dass er hierfür rechtlich verantwortlich sei. Er sei der Annahme gewesen, dass die Konten überhaupt nicht mehr existieren würden. Die 10.000 DM seien ihm zudem von seinem Vater als Unterhaltsvorauszahlung für die kommenden Jahre übertragen worden. Dieses Geld sei verbraucht worden, bevor er 18 Jahre alt geworden sei (Moped, Versicherung, Steuern, Schutzkleidung, Benzin). Es sei nie beabsichtigt gewesen, ihm über die zugewendeten Beträge hinaus weiteres Geld oder Sachwerte zu schenken.
- 11
Der Kläger hat beantragt,
- 12
die Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2005 aufzuheben, soweit Entscheidungen über die Bewilligungszeiträume Oktober 2002 bis September 2003 und Oktober 2003 bis September 2004 getroffen werden.
- 13
Der Beklagte hat beantragt,
- 14
die Klage abzuweisen.
- 15
Zur Begründung hat er eingewandt, das Vorbringen des Klägers sei unschlüssig, wenn er behaupte, er habe keine kurz- oder längerfristigen Darlehen erhalten. Wenn dies richtig wäre, dann hätte der Vater des Klägers auch keinen – wie der Kläger behaupte – Rückübertragungsanspruch erworben. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der Vater des Klägers, seinen Rückforderungsanspruch nicht sogleich mit der Geldschenkung des Großvaters im Jahre 1998 verrechnet habe, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt der Schuldenstand 10.000,00 DM erreicht habe. Dies lasse nur den Schluss zu, dass dem Kläger der vermögenswerte Vorteil der Schenkung durch den Vater erhalten bleiben sollte, die erworbenen Gegenstände ihm geschenkt worden seien oder aber die Leistungen in Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung erbracht worden seien. Bei den Konten habe es sich auch nicht um Festgeldkonten gehandelt.
- 16
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. Juni 2007 die Bescheide vom 31. Mai 2005 aufgehoben, soweit mit ihnen Entscheidungen über die Bewilligungszeiträume Oktober 2002 bis September 2003 und Oktober 2003 bis September 2004 getroffen wurden. Die Leistung von Ausbildungsförderung an den Kläger in der Zeit von Oktober 2002 bis September 2004 sei rechtswidrig gewesen, weil der Kläger über anrechenbares Vermögen im Sinne der §§ 28 ff. BAföG verfügt habe, welches seinen Bedarf überstiegen habe. Das Guthaben des Klägers auf dem Festgeldkonto bei der Raiffeisenbank S. und die Sparanlage bei der Sparkasse D. stellten anrechenbares Vermögen dar. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es im Zeitpunkt der Antragstellung am 08. Oktober 2002 nicht mehr auf den Konten verfügbar gewesen sei, weil der Kläger zuvor einen Betrag in Höhe von 10.000,00 DM an seine Schwester abgetreten und einen weiteren Betrag in Höhe von 10.000,00 DM an seine Eltern übertragen habe. Die Guthaben seien dem Kläger förderungsrechtlich gleichwohl als Vermögen zuzuordnen, weil die Vermögensverfügungen rechtsmissbräuchlich erfolgt seien. Davon sei dann auszugehen, wenn ein Auszubildender im Hinblick auf eine konkret geplante oder schon begonnene Ausbildung, für die Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden solle, Vermögen unentgeltlich an einen Dritten übertrage, um eine Anrechnung zu vermeiden. So verhalte es im vorliegenden Fall. Die Vermögensverfügungen des Klägers seien zeitnah zur Antragstellung und ohne gleichwertige Gegenleistung erfolgt; dies widerspreche dem Gesetzeszweck. Der Vortrag des Klägers, er habe bei seinem Vater Schulden in einer den Guthaben entsprechenden Höhe gehabt, weshalb im September 2002 ein Ausgleich vorgenommen worden sei, vermöge nicht zu überzeugen. Der Kläger habe das Bestehen einer rechtlichen Verpflichtung zur Begleichung einer solchen Forderung und das Bestehen einer aktuell durchsetzbaren Verbindlichkeit jedenfalls nicht in der gebotenen Weise dargetan.
- 17
Der Rücknahme der Bewilligungsbescheide stehe allerdings die Vorschrift des § 45 Abs. 2 SGB X entgegen. Der Kläger könne sich nach § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil ein Ausnahmefall im Sinne des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht vorliege. Die angefochtenen Bescheide beruhten nicht auf Angaben, die der Kläger (zumindest) grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Bei seiner Antragstellung am 08. Oktober 2002 habe er die den Zeilen 91 ff. des Antragsformulars entsprechenden Angaben gemacht. In Zeile 102 des Formulars sei ein Barvermögen, Bank- und Sparguthaben, Bauspar- und Prämiensparguthaben nur einzutragen, wenn es insgesamt über 10.000, - DM (5.200 Euro) liege. Hiervon ausgehend habe der Kläger auf eine Eintragung verzichten dürfen. Das Guthaben von 20.000,00 DM sei bereits im Zeitpunkt der Antragsstellung nicht mehr dem Kläger zuzuordnen gewesen, weil es bereits wirksam übertragen gewesen sei. Die Tatsache, dass das Vermögen ausbildungsförderungsrechtlich dennoch angerechnet werde und sich der Kläger sich so behandeln lassen müsse, als ob er noch über das Vermögen vorhanden sei, andere daran nichts. Es fehle an einem diesbezüglichen Hinweis im Antragsformular. Auch werde nicht danach gefragt, ob der Auszubildende Vermögen besessen, zwischenzeitlich aber wieder verloren habe; vielmehr werde ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt. Ebenso sei der Tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 1. Halbsatz SGB X nicht erfüllt. Zwar könne als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass staatliche Mittel nur in Anspruch genommen werden können, wenn eigene Mittel nicht zur Verfügung stehen. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Durch die vorgenommene Vermögensübertragung haben dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt keine finanziellen Mittel (mehr) zur Verfügung gestanden. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts über die weitere Zurechnung des Vermögens im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten habe bekannt sein müssen; diese Kenntnis sei weder Gemeingut noch sei dies im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Klägers zu erwarten gewesen.
- 18
Im vorliegenden Fall könne schließlich dahingestellt bleiben, ob die nach § 45 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB X regelmäßig bestehende Schutzwürdigkeit des Vertrauens womöglich deshalb entfalle, weil hier ein den in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB X genannten Sonderfällen vergleichbarer Fall vorliege, der den Ausschluss der Schutzwürdigkeit des Vertrauens rechtfertige. Zwar dürfte dies nach Auffassung der Kammer hier der Fall sein; dies bedürfe hier aber keiner Vertiefung, weil in einem solchen Fall eine Rücknahme für die Vergangenheit ausgeschlossen sei. Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X sei eine Rücknahme für die Vergangenheit nämlich nur in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 SGB X möglich.
- 19
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 20. Oktober 2009 die Berufung zugelassen und der Beklagte die Berufung fristgerecht wie folgt begründet:
- 20
Das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil zwar rechtsfehlfrei festgestellt, dass der Kläger sein Vermögen in Höhe von 20.000,00 DM in rechtsmissbräuchlicher Weise kurz vor Einreichung seines Erstantrages am 08. Oktober 2002 teilweise an seine Schwester und teilweise an seinen Vater übertragen habe. Trotz der Feststellung einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten und der damit verbundenen Rechtswidrigkeit der ergangenen Förderungsbescheide für die Bewilligungszeiträume von Oktober 2002 bis September 2004 habe es aber dem Kläger zu Unrecht Vertrauensschutz aufgrund der Regelung gem. § 45 Abs. 2 SGB X zugebilligt.
- 21
Unzutreffend gehe das Verwaltungsgericht zudem davon aus, dass die aufgehobenen Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 nicht auf Angaben beruhen würden, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe, weil ihm das Guthaben von 20.000, - DM, welches er zuvor bereits zivilrechtlich wirksam übertragen habe, im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr zuzuordnen gewesen sei. Das Verwaltungsgericht habe insoweit zu Unrecht auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Ausbildungsförderung am 08. Oktober 2002 abgestellt und unberücksichtigt gelassen, dass er den Antrag unter Verwendung des Formblattes 1 bereits am 17. September 2002 ausgefüllt und unterschrieben habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem Kläger die rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögenswerte noch in voller Höhe zur Verfügung gestanden. Dies ergäbe sich daraus, dass die entsprechenden Übertragungen auf die Schwester und seine Eltern erst am 19. bzw. 24. September 2002 veranlasst worden seien. Hieraus folge, dass der Kläger im Zeitpunkt, in dem er das Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben habe, unrichtige und unvollständige Angaben gemacht habe. Der Kläger könne sich daher nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X berufen unter Hinweis darauf, dass der Antrag erst am 08. Oktober 2002 und somit erst nach Übertragung der Vermögenswerte auf seine Verwandten bei dem Beklagten eingegangen sei.
- 22
Schließlich könne sich der Kläger auch deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe in dem BAföG-Antrag “formal“ keine unrichtige Angaben gemacht, weil das den Vertrauensschutz beseitigende Verhalten, soweit es nicht auf die vorsätzlich oder grob fahrlässig gemachten Angaben gestützt werden könne, in dem vorangegangenen Verhalten der rechtsmissbräuchlichen – weil ohne Rechtsgrund erfolgten – Weggabe des Vermögens begründet liege.
- 23
Der Beklagte beantragt,
- 24
das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 13. Juni 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 25
Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich nicht vertreten war, hat keinen Antrag gestellt.
- 26
Er trägt ergänzend vor, der Beklagte stelle bei der Frage, ob er grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe, zu Unrecht auf den Zeitpunkt des Ausfüllens und der Unterzeichnung des Erstantrages ab. Dies werde dem tatsächlichen Geschehen nicht gerecht. Er habe am 17. September 2002 davon ausgehen können, dass die streitgegenständlichen Vermögenswerte nicht mehr existieren würden.
- 27
Erst anlässlich eines Besuchs seines Vaters bei der Einrichtung seiner neuen Wohnung am Studienort am 18. September 2002 habe er, nachdem er seinem Vater gegenüber erwähnt habe, dass er einen BAföG-Antrag gestellt habe, von diesem erfahren, dass die vermeintlich „längst erledigten“ Konten noch existieren würden. Daraufhin habe er von seinem Vater verlangt, dass er die Konten sofort auflöse. Sein Vater habe alsdann das bei der Raiffeisenbank S. bestehende Konto aufgelöst, ohne dass er – der Kläger – hierüber irgendwelche Informationen erhalten habe. Gleiches sei mit dem bei der Sparkasse D. bestehenden Konto geschehen, dessen Guthaben am 24. September 2002 auf die Schwester übertragen worden sei. Im Ergebnis würden damit die Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und 30. Januar 2004 nicht auf Angaben beruhen, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Auch sei bei der Frage nach dem Vorliegen grober Fahrlässigkeit neben den Umständen des Einzelfalles auf die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen abzustellen. Soweit er Tatsachen richtig angegeben, aber falsch gewürdigt habe, sei ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass nach seiner Auffassung die Guthaben auf beiden Konten verbraucht gewesen seien. Die Konten seien eröffnet worden, als er noch minderjährig gewesen sei bzw. die Volljährigkeit erreicht habe. Sein Vater habe Kontovollmacht hinsichtlich beider Konten gehabt. Von ihm selbst sei niemals Kontobewegungen veranlasst oder Geld abgehoben worden. Auch habe er nie Kontoauszüge erhalten.
- 28
Es könne entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung des Vermögens ausgegangen werden, da die Übertragung nicht unentgeltlich erfolgt sei. Es habe zwischen seinem Vater und ihm eine Darlehensabrede bestanden. Die Darlehensschuld sei auch wirksam begründet worden; bei der Frage nach dem Bestehen einer Darlehensschuld unter Angehörigen sei entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht zwingend ein sog. Fremdvergleich anzustellen. Eine solche Voraussetzung lasse sich der Regelung zu § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG nicht entnehmen. Bereits im Anhörungsverfahren habe sein Vater zu den Ausgaben vorgetragen, die für ihn - den Kläger – getätigt worden seien, und diese durch Belege nachgewiesen (Anschaffung eines Mopeds – 5.390,00 DM / Versicherungsbeiträge 1996, 1997 und 1998 – 341,70 DM, 691,18 DM und 691,10 DM / Wohnungseinrichtungsgegenstände – 1.460,00 DM). Auch das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag zu seinem „gebrochenen Lebens- und Ausbildungsverlauf“ nicht ausreichend gewürdigt und aufgeklärt, wonach davon auszugehen sei, dass er eine Tischlerlehre begonnen und nach einem Wechsel des Ausbilders abgebrochen, den Wehrdienst abgeleistet sowie ein freiwilliges soziales Jahr durchgeführt habe. Der von ihm insoweit gewählte Ausbildungsverlauf sei für seine Eltern ein Schock gewesen. Soweit das Verwaltungsgericht objektive Anhaltspunkte für eine Abgrenzung einer Darlehensabrede von einer Unterhaltsgewährung bzw. „verschleierten Schenkung“ vermisse, berücksichtige es nicht den Umstand, dass er eine Ausbildungsvergütung, Wehrsold und Einkommen im Rahmen des FSJ erhalten habe, was einen Unterhaltsanspruch mangels Bedürftigkeit ausgeschlossen habe. Wenn das Verwaltungsgericht schließlich aus der nicht erfolgten Verrechnung offener Darlehensbeträge zum Zeitpunkt der Schenkung von 10.000,00 DM durch den Großvater im Jahre 1998 auf das Fehlen einer aktuell durchsetzbaren bzw. ernsthaften Verbindlichkeit schließe, stehe dies im Widerspruch zum Wortlaut der Regelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG, wonach gerade nicht auf die Fälligkeit einer (Darlehens-)Forderung abgestellt werde.
- 29
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört und zu den Gründen und den Umständen der von ihm veranlassten Vermögensübertragungen Beweis erhoben durch Vernehmung seines Vaters als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der informatorischen Befragung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift sowie wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A und B), die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 30
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die vom Kläger angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 31
Die Aufhebung bzw. Änderung der Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 erfolgte zu Recht, da diese rechtswidrig waren und die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 2 bis 5 SGB X vorliegen; gem. § 50 SGB X besteht zugleich ein Anspruch des Beklagten auf Erstattung der an den Kläger zu Unrecht geleisteten Ausbildungsförderung.
I.
- 32
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 33
1. Die Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 waren rechtswidrig, § 45 Abs. 1 SGB X. Die Voraussetzungen für eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG - lagen nicht bzw. nicht in der festgesetzte Höhe vor, da das anrechenbare Vermögen des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Antragstellungen der ihm gewährten Förderung ganz bzw. teilweise entgegenstand.
- 34
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Vermögens ist gem. § 28 Abs. 2 und 4 BAföG der Zeitpunkt der Antragstellung. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Antragstellung ist dabei entgegen der Auffassung des Beklagten auf den Zeitpunkt des Zugangs des BAföG-Antrages bei der Behörde abzustellen, mithin dem Zeitpunkt, in dem der Antrag tatsächlich in die Verfügungsgewalt der Behörde gelangt ist. Denn die Erklärungen im BAföG-Antrag werden erst dann rechtswirksam, wenn diese derart in den Herrschaftsbereich des Empfängers geraten sind, dass dieser unter normalen Verhältnisse vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen kann (Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. § 31 Rdnr. 22, 42 Rdnr. 80 m. w. N.). Auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen selbst oder auf den Zeitpunkt des Ausfüllens und des Unterzeichnens des Antragsformulars, kommt es hingegen nicht an – und zwar auch ungeachtet dessen, dass die Erklärung mit einem Datum versehen worden ist –, weil allein mit dem Ausfüllen und Unterzeichnen des Formulars der Antrag noch nicht in den Rechtsverkehr gelangt ist. Dies ändert allerdings nichts daran, dass bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage, namentlich bei der Frage, ob im Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig unzutreffende oder unvollständige Angaben gemacht wurden, auch die Erklärungen und Erkenntnisse des Auszubildenden zum Zeitpunkt des Ausfüllens und des Unterzeichnens des Formulars einbezogen werden können und dass bei zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen unrichtige oder unvollständige Angaben zu berichtigen bzw. zu ergänzen sind.
- 35
Gem. § 11 Abs. 2 BAföG ist auf den Bedarf das Vermögen des Auszubildenden anzurechnen, wobei hierzu gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG auch Guthaben bei Banken, Bausparkassen und Wertpapiere wie etwa Sparbücher gehören. Der Kläger besaß zu den maßgeblichen Stichtagen der Beantragung von Leistungen nach dem BAföG Vermögen in Form von Bankguthaben überhalb des Freibetrages von 5.200, - Euro (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG). Denn das in Rede stehende Vermögen war dem Kläger ungeachtet der vorausgegangenen Vermögensverfügungen im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Antragstellung (ausbildungs-)förderungsrechtlich (noch) zuzuordnen, und zwar auch dann, wenn – wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist – auf den Zeitpunkt des Eingangs der Anträge beim Beklagten, mithin auf den 08. Oktober 2002 (Eingang des Erstantrages) und auf den 30. Oktober 2003 (Eingang des Wiederholungsantrages) abgestellt wird. Dabei ist von Folgendem auszugehen:
- 36
Maßgeblich für die Zuordnung des Vermögens ist grundsätzlich das geltende Recht, wie es sich insoweit insbesondere aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergibt (vgl. Rothe / Blanke, BAföG-Kommentar, Stand: Januar 2004, § 27 Rdnr. 8.1).
- 37
Der Kläger war – zumindest bis zu der von ihm vorgenommenen Übertragung des Vermögens auf seine Angehörigen – zivilrechtlich Inhaber der genannten Konten und damit Gläubiger der entsprechenden Auszahlungsforderungen. Kontoinhaber und Gläubiger des darauf eingezahlten Betrages ist, wer im konkreten Fall nach dem erkennbaren Willen des Kunden im Zeitpunkt der Kontoeröffnung Gläubiger des Guthabens werden sollte (std. Rspr. d. BGH, vgl. u. a. Urt. v. 18.10.1994 - XI ZR 237/93 - BGHZ 127, 229 (231); Urt. v. 02.02.1994 - IV ZR 51/93 - NJW 1994, 931; Urt. v. 18.01. 2005 - X ZR 264/02 - NJW 2005, 980 = juris; BVerwG, Urt. v. 04.09.2008 - 5 C 30.07 - BVerwGE 132, 10 = juris). Dies war hier der Kläger. Die Konten sind auf seinen Namen eröffnet worden. Er war ungeachtet dessen, dass sein Vater hinsichtlich beider Konten eine Vollmacht besaß, grundsätzlich auch verfügungsberechtigt, selbst wenn es sich bei den Konten um langfristig angelegte Festgelder gehandelt hat.
- 38
An der zivilrechtlichen Eigentums- bzw. Forderungsinhaberschaft des Klägers ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger bei der zugrunde liegenden Schenkung seiner Eltern und der Errichtung des Kontos bei der Sparkasse D. im Jahre 1995 noch minderjährig war. Der zugrunde liegendende Schenkungsvertrag konnten die Eltern des Klägers trotz des Verbots des Selbstkontrahierens, dem auch gesetzliche Vertreter eines unter elterliche Gewalt stehenden Kindes unterliegen (§§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB), rechtswirksam abschließen, da das Verbot des Selbstkontrahierens gem. § 181 BGB nicht für solche Geschäfte gilt, die dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen (vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl. Rdnr. 9 zu § 181 m. w. N.).
- 39
Auch ist vom Kläger weder behauptet worden noch sonst wie ersichtlich, dass die angelegten Gelder nicht für ihn bestimmt waren, sondern etwa nur von ihm verwahrt wurden, weil in Wirklichkeit jeweils ein sog. verdecktes Treuhandverhältnis vorgelegen hätte. Denn jedenfalls haben sowohl der Kläger als auch sein Vater übereinstimmend erklärt, dass es sich bei der Zuwendung des Vaters im Jahre 1995 als auch bei der Zuwendung seines Großvaters im Jahre 1998 jeweils um „Schenkungen“ gehandelt habe. Seitens des Senats bestehen hieran keine durchgreifenden Zweifel. Daran ändert auch der letztlich Umstand nichts, dass seitens des Vaters des Kläger bei seiner Vernehmung als Zeuge in der mündlichen Verhandlung erstmals von „einer Schenkung ... als Vorausleistung auf den Unterhalt“ die Rede ist und der Vater insoweit bereits Unterhaltsansprüche hat erfüllen wollen, die möglicherweise in ferner Zukunft von seinem Sohn beansprucht werden.
- 40
Aber selbst dann, wenn die in Rede stehenden Guthaben im Rahmen eines Treuhandverhältnisses allein aus steuerlichen Gründen auf die Konten des Klägers eingezahlt worden wären und insoweit durch die treuhänderische Übertragung dem Fiskus in rechtswidriger Weise zu versteuernde Zinserträge hätten vorenthalten werden sollen, wäre dies ein Umstand, der gem. §§ 134, 138 BGB zur Nichtigkeit des Treuhandvertrages führen würde. Denn Rechtsgeschäfte sind dann nichtig im Sinne der genannten Vorschriften, wenn sich eine mit dem Vertrag verbundene Steuerverkürzung als der Hauptzweck des Vertrages darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O. unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 30.01.1985 - VIII ZR 292/83 - WM 1985, 647 und Urt. v. 02.11.2005 - IV ZR 57/05 - NJW-RR 2006, 283; OLG Hamm, Urt. v. 10.01.1989 - 26 U 77/87 - BB 1989, 651).
- 41
Bezogen auf den Zeitpunkt des Eingangs des Erst-Antrages beim Beklagten am 08. Oktober 2002 (sowie des Eingangs des Wiederholungsantrages am 30. Oktober 2003) ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger nicht mehr Inhaber der Konten und damit zivilrechtlich nicht mehr im Besitz des in Rede stehenden Vermögens war. Denn ausweislich der zur Sachakte gereichten Unterlagen des Klägers waren zum genannten Zeitpunkt die Bankkonten bei der Raiffeisenbank S. und bei der Sparkasse D. bereits aufgelöst und das Guthaben übertragen bzw. abgetreten worden.
- 42
Allerdings bleibt – auch bei Zugrundelegung des Zivilrechts für die Zuordnung des Ver-mögens – fraglich, ob nach der erfolgten Auflösung der Konten und Vermögensdispositionen, mithin im Zeitpunkt des Eingangs der BAföG-Anträge beim Beklagten, seitens des Klägers nicht ein Rückforderungsanspruch gegen seine Angehörigen gem. § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bestand, welcher anrechenbares Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 1 BAföG wäre. Nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Schenker, wenn er nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs dürften hier erfüllt sein, denn der Kläger kann nach Übertragung seines Vermögens seinen Lebensunterhalt und die Kosten seiner Ausbildung nicht (mehr) bestreiten, wie sein Antrag auf Ausbildungsförderung belegt. Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden.
- 43
Denn selbst dann, wenn – wie zuvor ausgeführt worden ist – die ausbildungsförderungsrechtliche Zuordnung des Vermögens grundsätzlich an die zivilrechtlichen Eigentums- und Inhaberverhältnisse anknüpft, gilt dies nicht ausnahmslos. So hat das Bundesverwaltungsgericht eine Vermögensübertragung des Auszubildenden unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit im Fall eines Rechtsmissbrauchs, der eine Fallgruppe des Verstoßes gegen Treu und Glauben darstellt, für unbeachtlich erklärt (BVerwG, Urt. v. 13.01.1983 - 5 C 103.80 - NJW 1983, 2829 (2830); Urt. v. 04.09.2008 a.a.O.; Beschl. v. 19.05.2009 - 5 B 111.08 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 08.08. 2007 - 12 B 07. 475 - m. w. N., juris; VGH BW, Urt. v. 21.02.1994, FamRZ 1995, 62 = juris; ebenso Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 28 Rdnr. 10). Hat der Auszubildende im Einzelfall rechtsmissbräuchlich Vermögen an Dritte übertragen, so ist ihm das Vermögen weiterhin zuzurechnen. Ein Auszubildender handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er im Hinblick auf eine konkret bevorstehende oder bereits begonnene Ausbildung, für die Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden soll, Vermögen an Dritte überträgt, um eine Vermögensanrechnung zu vermeiden, anstatt das Vermögen für seinen Lebensunterhalt einzusetzen. Es genügt dabei ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Vermögensverfügung und Antragstellung, das Fehlen einer gleichwertigen Gegenleistung sowie der Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck. Hingegen ist – so das Bundesverwaltungsgericht – nicht erforderlich, dass der Auszubildenden zugleich verwerflich gehandelt, mithin der objektive Missbrauchstatbestand die Vermögensdisposition zugleich von dem Willen getragen ist, die Guthaben einer Vermögensanrechnung zu entziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.1983, a.a.O.).
- 44
Nach diesen Kriterien erweisen sich die Vermögensübertragungen des Klägers am 19. und 24. September 2002 als rechtsmissbräuchlich: Die Übertragung der Vermögenswerte steht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der erstmaligen Beantragung von Ausbildungsförderung durch den Kläger, dessen erster BAföG-Antrag am 17. September 2002 ausgefüllt und unterzeichnet wurde und am 08. Oktober 2002 beim Beklagten eingegangen ist. Dem Rechtsmissbrauch steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Auflösung der Konten und Guthabensübertragung nicht selbst vorgenommen hat, sondern dass er seinen Vater mit dem Vollzug beauftragt hat, zumal er nach eigenen Angaben die insoweit erforderlichen schriftlichen Erklärungen abgegeben und seine Unterschriften geleistet hat. Eine solche gleichsam mit der Antragstellung einhergehende Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu dem mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz verfolgten Gesetzeszweck, der darauf abzielt, dass Vermögen vorrangig für Ausbildung und Lebensunterhaltung eingesetzt wird, bevor staatliche Leistungen der Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden. Auch fehlt es im vorliegenden Fall an einer Gegenleistung für die vom Kläger vorgenommene Vermögensübertragung. Der Kläger kann sich nämlich – wie noch auszuführen sein wird – zur Überzeugung des Senats nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe mit der Übertragung eine bestehende Verbindlichkeit erfüllt bzw. Schuld getilgt. Denn jedenfalls besaßen seine Eltern keinen Rechtsanspruch auf die ihnen übertragenen Vermögenswerte; zumindest aber ist ein solcher Rechtsanspruch vom Kläger nicht in der gebotenen Weise nachgewiesen worden. In Einzelnen ist dabei von Folgendem auszugehen:
- 45
Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG sind die im Zeitpunkt der Antragstellung "bestehenden Schulden und Lasten" abzuziehen. Den Bankguthaben des Klägers standen zur Überzeugung des Senats indes keine rechtliche Verbindlichkeit bzw. zu tilgende Schuld gegenüber, und zwar weder in Form einer Darlehensverbindlichkeit noch in Form einer sonstigen Schuld wie etwa aufgrund einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung.
- 46
Für die Frage, ob ein Darlehen – wie vom Kläger zunächst behauptet – als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade auch im Ausbildungsförderungsrecht die Gefahr des Missbrauchs bestehen kann, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben insoweit ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 802/90 - m. w. Nachw., BB 1995, 2624 (2625) = juris).
- 47
Dem Kläger ist allerdings einzuräumen, dass die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten muss, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat (s. zur diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs: BFH, Urt. v. 04.06.1991 - IX R 150/85 - BFHE 165, 53; Beschl. v. 25.06.2002 - X B 30/01 - BFH/NV 2002, 1303). Dass etwa eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden ist, dass Abreden über Zinsen bestehen sowie die getroffene Vereinbarung vorsieht, dass der Rückzahlungsanspruch jedenfalls bei längerer Laufzeit ausreichend (dinglich) gesichert ist, ist auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Missbrauchsabwehr ausbildungsförderungsrechtlich nicht zwingend zu verlangen (BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.). Denn derartige Anforderungen eines strengen Fremdvergleichs gehen über das gesetzliche Erfordernis der bestehenden Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG hinaus und lassen sich der Vorschrift nicht entnehmen. Sie ergeben sich als gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis auch nicht aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr werden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung (wie insbesondere Schriftlichkeit, dingliche Sicherung und Verzinsung) weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht. Das gilt jedenfalls dann, wenn im Hinblick auf die familiäre Vertrauensbeziehungen – wie sie auch der Kläger anführt – auf die genannten Modalitäten der Vertragsgestaltung verzichtet worden ist. Eine strenge Anwendung eines Fremdvergleichs mit der Forderung einer dinglichen Sicherung des Rückzahlungsanspruchs wird im Übrigen auch der differenzierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht gerecht, die den Fremdvergleich nur auf bestimmte Fallgruppen (insbesondere die sogenannten Umwandlungsfälle) anwendet, während ansonsten Darlehensverträge unter nahen Angehörigen auch ohne eine ausdrückliche Sicherheitsbestellung als steuerrechtlich wirksam anerkannt werden können (vgl. BFH, Urt. v. 28.01.1993 - IV R 109/91 - BFH/NV 1993, 590 und Urt. v. 04.06.1991 a.a.O. zur steuerlichen Anerkennungsfähigkeit von Baudarlehen oder Anschaffungsdarlehen unter nahen Angehörigen).
- 48
Ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des sogenannten Fremdvergleichs ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.) stattdessen allein bei der anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit eine Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien, deren nachfolgende Aufzählung sich hier nicht als abschließend versteht, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann oder der bezeichnete Grund nicht dazu geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Darlehensvertrages nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige Darlehensverpflichtung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung erst angegeben hat, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Dagegen kann es für das Vorliegen eines beachtlichen Darlehensverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums sprechen, wenn das Darlehen bereits zu dem Zeitpunkt zurückgezahlt worden war, zu dem es der Auszubildende zum ersten Mal offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte (BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.).
- 49
In Anlegung der genannten Kriterien rechtfertigt sich zur Überzeugung des Senats nicht die Annahme, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater bzw. seinen Eltern eine rechtsverbindliche Darlehensvereinbarung getroffen worden ist; jedenfalls ist das Bestehen einer solchen Darlehensschuld vom Kläger nicht in der gebotene Weise nachgewiesen worden. Überdies sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den finanziellen Zuwendungen an den Kläger bzw. bei den zu seinen Gunsten an Dritte erbrachten finanziellen Leistungen und Aufwendungen, welche nach Angaben des Klägers den Rechtsgrund der Darlehensschulden bilden, um Unterhaltsleistungen oder aber freiwillige Unterstützungsleistungen gehandelt hat; jedenfalls ist aufgrund des klägerischen Vortrags die gebotene klare Abgrenzung des konkreten Rechtsgrundes in Bezug auf die für den Kläger getätigten Ausgaben nicht möglich. Soweit es schließlich sonstige Absprachen gegeben haben sollte, können diese förderungsrechtlich nicht als Rechtsgrund für die Vermögensübertragung angesehen werden. Im Einzelnen ist von Folgendem auszugehen:
- 50
Ein schriftlicher Darlehensvertrag ist nach eigenem Bekunden des Klägers zwischen ihm und seinem Vater zu keiner Zeit abgeschlossen worden, wobei im vorliegenden Fall ohnehin von einer Vielzahl von Darlehensvereinbarungen auszugehen wäre, weil nach dem Vortrag des Klägers die für ihn im Laufe der Zeit jeweils getätigten Ausgaben den Anlass für die Darlehensvereinbarung(en) gebildet haben sollen. Dies spricht zwar nicht zwingend gegen das Zustandekommen solcher Vereinbarungen, da die Schriftlichkeit keine notwendige Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen einer solchen Vereinbarung ist und dieser Umstand im Einzelfall in den familiären Gepflogenheiten begründet sein kann. Allerdings ist festzustellen, dass damit zugleich ein bedeutsames Indiz für den Abschluss einer Darlehensvereinbarung fehlt.
- 51
Es kommt erschwerend hinzu, dass nach dem Vortrag des Klägers sowohl Inhalt als auch Anzahl der behaupteten Darlehensvereinbarungen völlig unbestimmt geblieben sind. Welche konkreten Abreden getroffen worden sind, ist nicht – wie es erforderlich gewesen wäre – substanziiert und in nachvollziehbarer Weise dargelegt worden. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich Fälligstellung der vermeintlichen Darlehensverträge. Eine wie auch immer geartete Rückzahlungsvereinbarung und sei es nur „bei Abschluss der Lehre“, „wenn er ausgelernt hat“ oder „wenn er selbst verdient“ hat es nach den Einlassungen des Klägers offenbar nicht gegeben.
- 52
Ferner ist der Gesamtbetrag der vom Kläger angeblich geschuldeten (Darlehens-)Beträge zu keiner Zeit konkret beziffert worden; zudem sind die Angaben zu den für den Kläger im Verlauf der Jahre getätigten Aufwendungen hinsichtlich Anlass und Höhe uneinheitlich (in der Erklärung des Vaters des Klägers vom 18.11.2004 ist z. B. davon die Rede, es sei ein Moped für „mehr als 7.000, - DM“ gekauft worden [Bl. 101 d. Sachakte], während die später vorgelegte diesbezügliche Kaufquittung nur einen Preis von 5.390, - DM ausweist [Bl. 113 d. Sachakte]) und auch nur zum Teil durch Belege nachgewiesen. Der Vater des Klägers hat hierzu in seinem Schreiben vom 16. Dezember 2004 an den Beklagten angegeben: „Wenige Papiere habe ich noch in seinem alten Schrank (gemeint ist der Schrank des Sohnes) gefunden, davon habe ich Kopien gemacht.“ Damit wurde vom Vater des Klägers zunächst der Eindruck vermittelt, dass sich die einzelnen Ausgaben nicht mehr vollständig belegen lassen. Demgegenüber hat der als Zeuge vernommene Vater des Klägers in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen: „Ich habe die Aufwendungen in eine Liste eingetragen. Dort wurden sämtliche Aufwendungen notiert. Diese Liste hatte ich im Jahr 2005 noch, jetzt aber ist sie nicht mehr vorhanden.“ Ein solcher Vortrag ist unstimmig und auch nicht plausibel, da dem Kläger und auch seinem Vater bewusst sein musste, dass der Vorlage einer solchen Liste eine besondere Bedeutung beizumessen war. Die Einlassungen des Vaters sind daher nicht geeignet, die Angaben zu den angeblichen Darlehensschulden als glaubhaft anzusehen.
- 53
Nicht nachvollziehbar ist überdies, dass die Geldanlage einerseits nach eigenen Angaben dazu diente, dem Kläger einen „gesicherten Berufseinstig“ zu ermöglichen und um dem Kläger zugleich einen finanziellen Zinsvorteil zu verschaffen, andererseits aber zu einem Zeitpunkt, als er ein Studium aufzunehmen beabsichtigte und er insoweit „bedürftig“ und auf das vorhanden Guthaben angewiesen war, das Darlehen fällig gestellt bzw. die ausstehenden Verbindlichkeiten bereinigt wurden. Der Hinweis auf den unvorhergesehenen Verlauf der Ausbildung des Klägers vermag diesen Widerspruch nicht plausibel aufzulösen. Zudem spricht gegen die Annahme einer (rechtlich verbindlichen) Darlehensvereinbarung mit einem entsprechenden Rückzahlungsanspruch des Vaters, dass – worauf auch das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat – die „ausgelegten“ 10.000, - DM nicht bereits im Jahre 1998, mithin im Zeitpunkt der erfolgten weiteren Schenkung von 10.000, - DM durch den Großvater des Klägers, die angeblich bereits vorhandenen Schulden gegenüber dem Vater getilgt worden sind, was nach Auffassung des Senats naheliegend gewesen wäre. Stattdessen wurde dieser Betrag auf einem vom Kläger neu eröffneten Konto als verzinsliches Guthaben angelegt.
- 54
Gegen die Annahme des Bestehens von Darlehensverträgen spricht schließlich auch der Umstand, dass der Kläger im Antragsformular zu seinem BAföG-Antrag keinerlei Angaben zu irgendwelchen Schulden, Verbindlichkeiten oder gar zur Existenz von Darlehensverträgen gemacht hat. Soweit der Kläger (sinngemäß) geltend macht, er sei davon ausgegangen, sein Vater aus den vorhandenen Guthaben seine Darlehensschulden bereits beglichen, vermag diese Behauptung schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich zum einen um Festgeld gehandelt und der Kläger auch Freistellungsaufträge hinsichtlich der Kapitalerträge gestellt hat.
- 55
Aber auch dann, wenn man davon ausginge, dass im Zusammenhang mit den für den Kläger im Lauf der Zeit getätigten Ausgaben entsprechende Darlehen vereinbart worden wären, wären hierdurch – jedenfalls soweit es jene Ausgaben betrifft, die vom Vater vor dem (..) Mai 1998 getätigt worden sind – keine rechtsverbindlichen Rückzahlungsverpflichtungen begründet worden. Denn die insoweit vereinbarten Darlehensverträge wären nicht rechtswirksam zustande gekommen. Der am (..) Mai 1980 geborenen Kläger war damals noch minderjährig und im Hinblick auf die sich aus § 181 BGB ergebende Beschränkung konnten demzufolge mit dem Kläger entsprechende Darlehensverträge ohne eine vormundschaftliche Genehmigung nicht rechtswirksam abgeschlossen werden, weil hiermit nicht – wie es erforderlich gewesen wäre – für den Kläger allein ein rechtlicher Vorteil begründet wurde. Damit wäre selbst dann, wenn vor dem (..) Mai 1998 eine wie auch immer geartete vertragliche Vereinbarungen zur Rückzahlung der für den Kläger getätigten Ausgaben getroffen worden wären, ein entsprechender Rückzahlungsanspruch des Vaters nicht begründet worden. Dies betrifft im vorliegenden Fall insbesondere auch die Ausgaben des Vaters für das laut Rechnung vom 2. Juli 1996 käuflich erworbene Moped in Höhe von 5.300, - DM und die Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins.
- 56
Darüber hinaus dürfte es sich bei den Ausgaben für den Kläger – soweit diese nicht freiwillig und ohne jede Rückzahlungsverpflichtung getätigt wurden, um das nach Angaben des Vaters des Klägers „für den Start in das Berufsleben“ vorgesehene Bankguthaben zu schonen – um solche gehandelt haben, welche dem Kläger von den unterhaltsverpflichteten Eltern geschuldet wurden. Die Eltern waren dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum unterhaltspflichtig; gem. § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich dabei das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der jeweiligen Lebensstellung des Bedürftigen. Soweit der Unterhaltsbedürftige – hier der Kläger – selbst noch keine eigene Lebensstellung erlangt hatte, wie dies bei minderjährigen Kindern der Fall ist und bei Kindern, die trotz ihrer Volljährigkeit noch keine angemessene Berufsausbildung absolviert haben, bleiben die Eltern daher unterhaltspflichtig. Wurden die getätigten Ausgaben dem Kläger indes im Rahmen der Unterhaltsverpflichtungen der Eltern geschuldet, bestand insoweit auch kein Anspruch der Eltern auf Rückzahlung dieser mit Rechtsgrund erfolgten Zahlungen. Dafür, dass es sich vorliegend zumindest überwiegend um Unterhaltsleistungen gehandelt hat, sprechen jedenfalls gewichtige Anhaltspunkte, wie bereits die folgenden Erwägungen deutlich machen:
- 57
Soweit vom Kläger (bzw. seinem Vater) als Beleg für die Ausgaben des Vaters zugunsten des Klägers eine Rechnung über den Einsatz eines Notarztes vom 24. März 1999 in Höhe von 377,40 DM und eine weitere Rechnung über den Einsatz eines Rettungswagens vom 22. März 1999 in Höhe von 485,00 DM vorgelegt hat, besteht kein Erstattungsanspruch des Vaters. Denn diese Ausgaben (ebenso wie etwa die Kosten einer Krankenversicherung) sind von den Eltern des Klägers diesem im Rahmen eines Anspruchs auf einen angemessenen Unterhalt gem. § 1610 BGB geschuldet (vgl. OLG Koblenz - Senat für Familiensachen -, Urt. v. 19.01.2010 - 11 UF 620/09 -, juris; s. auch zum Anspruch auf Übernahme kieferorthopädischer Behandlungskosten als unter unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf i. S. d. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB: OLG Celle - Senat für Familiensachen -, Urt. v. 04.12. 2007 - 10 UF 166/07 - m. w. Nachw., juris). Nach allem kann offen bleiben, ob und inwieweit die Kosten für den Notfalleinsatz nicht ohnehin von der Krankenkasse des Klägers übernommen worden sind, der nach eigenen Angaben bei seinen Eltern mitversichert war.
- 58
Ebenso verhält es sich u. a. auch hinsichtlich der Anschaffung eines Mopeds am 02. Juli 1996 und der Kosten für den Erwerb eines Autos einschließlich der damit verbundenen Betriebskosten (Kfz-Steuer etc.). Denn die Unterhaltspflicht der Eltern umfasst grundsätzlich auch den Transport zur Ausbildungsstätte; es handelt sich insoweit um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf (vgl. u. a. OLG Karlsruhe - Senat für Familiensachen -, Urt. v. 21.09. 2007 - 5 UF 3/07 -, juris). Darauf, dass sie ihrer diesbezüglichen Unterhaltspflicht auch in anderer Weise hätten erfüllen können, ändert jedenfalls nichts daran, dass es sich jedenfalls um eine Unterhaltsleistung gehandelt hat. Ähnlich dürfte es sich hinsichtlich der Kosten für die Einrichtung einer Unterkunft für den Kläger verhalten.
- 59
Nach allem lässt sich nicht – was als solches ausreichend ist – bezogen auf die einzelnen Ausgaben die vom Kläger behauptete Darlehensgewähr jedenfalls nicht klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen. Dies geht ebenfalls zu Lasten des Klägers.
- 60
Im Übrigen ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 1602 Abs. 2, 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass ein minderjähriges Kind gegenüber seinen Eltern grundsätzlich auch dann unterhaltsberechtigt bleibt, wenn es über eigenes Vermögen verfügt. Diese Vorschriften werden durch § 1642 und § 1649 Abs. 1 und 2 BGB ergänzt, wonach Vermögenseinkünfte einem Unterhaltsanspruch des Kindes erst dann entgegengehalten werden können, wenn bei ordnungsgemäßer Verwaltung ein Überschuss verbleibt (Münchener Kommentar / Hinz, BGB, 3. Aufl. § 1649 Rdnr. 11). D. h. grundsätzlich hat die Einhaltung des Kindesvermögens Vorrang. Eltern dürfen nur dann auf einen Vermögensstamm des Kindes zurückgreifen, wenn sie durch die Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kind die Grenzen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit überschritten und ihr eigener angemessener Unterhalt nicht mehr gewährleistet wäre, § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB. Von dieser Ausnahme abgesehen, darf für den Unterhalt des Kindes nur aus dem Vermögensstamm fließende Einkünfte (z. B. Zinsen) zurückgegriffen werden (FG Hamburg, Urt. v. 19.11.1998 - VI 208/97 -, juris).
- 61
Schließlich bestand auch kein Anspruch aus einem Treuhandverhältnis. Ein solches scheitert schon daran, weil es – wie eingangs bereits ausgeführt – an einer entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen einem Treugeber und Treuhänder fehlt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.).
- 62
Aber selbst dann, wenn für die Schenkungen steuerliche Gründe den Ausschlag gegeben haben sollten, würde es sich objektiv (§§ 133, 157 BGB) um eine Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) handeln. Ein gegenteiliger Wille des Vaters wäre nach § 116 Satz 1 BGB unbeachtlich und eine Anfechtung wegen etwaigen Erklärungsirrtums hätte nach § 121 BGB unverzüglich erfolgen müssen. Für eine unentgeltliche Zuwendung spricht zudem, dass bei den jeweiligen Vermögensanlagen verfügt war, dass die Zinsen dem Kläger zukommen und das Guthaben nach Fälligkeit dem Girokonto des Klägers gutgeschrieben werden sollte. Hätte der Vater des Klägers keine Schenkung gewollt, hätte er gegenüber der Bank bei den jeweiligen Vermögensanlagen veranlassen können, dass sowohl die Zinsen als auch die Guthaben bei Fälligkeit ihm zufließen. Auch steuerrechtlich wäre die Übertragung nur bei tatsächlichem Vorliegen einer Schenkung anzuerkennen gewesen.
- 63
Zudem sind Forderungen nur dann vom Vermögen des Auszubildenden abzuziehen, wenn eine verbindliche (schuld-)rechtliche Verpflichtung zu ihrer Begleichung besteht (vgl. Sächs.OVG, Beschl. v. 03.09.2007 - 5 E 165/07 - m. w. N., juris; Beschl. v. 02.02.2009 - 1 A 50/08 -, juris). D. h. es muss sich um tatsächlich bestehende Schulden im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG handeln und damit um eine wirksame und vom auszubildenden nachzuweisende Verbindlichkeit handeln (BVerwG, Urt. v. 04.09. 2008, a.a.O.). Es muss insoweit eine konkrete, mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zustande gekommene Absprache nachgewiesen werden. Eventuelle sonstige familieninterne Beschränkungen und Bindungen sowie interne Absprachen, welche die rechtliche Zuordnung und Zugriffsmöglichkeit unberührt lassen, können prinzipiell angesichts der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.2000 - 5 B 182/99 -, juris; OVG Bremen, Urt. v. 21.01.2007 - 2 A 245/05 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 16.05.2007 - 12 C 07.359 -, juris; Beschl. v. 06.03.2007 - 12 ZB 06.2726 -, juris; Beschl. v. 28.02.2007 - 12 ZB 06.2581 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.05.2007 - 4 LA 88/07 -, juris) und bewirken daher rechtlich gesehen auch kein Verwertungshindernis im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG.
- 64
Schließlich ändert auch die Tatsache, dass sich der Kläger womöglich seinen Eltern gegenüber moralisch verpflichtet fühlte, für bestimmte Ausgaben aufzukommen, nichts an der Rechtsmissbräuchlichkeit seines Handels. Denn dem Kläger musste bewusst sein, dass er zunächst alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen muss, bevor er auf die Möglichkeiten der Förderung nach dem BAföG zurückgreifen kann (Grundsatz der Nachrangigkeit der staatlichen Förderung).
- 65
Der Kläger hat somit den Senat im Ergebnis auch nicht davon zu überzeugen vermocht, dass dem anzurechnenden Vermögen Schulden oder sonstige rechtliche Verbindlichkeiten gegenüber standen; der Kläger ist seiner diesbezüglichen besonderen Darlegungs- und Nachweispflicht jedenfalls nicht in der gebotenen Weise nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.
II.
- 66
Der Kläger ist in seinem Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht schutzwürdig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach Satz 2 der Vorschrift ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte – wovon hier auszugehen ist – die erbrachten Leistungen verbraucht oder aber eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich nach der Begünstigte unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen.
- 67
1. Im Falle des Klägers sprechen zudem gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
- 68
Der Kläger hat zunächst in objektiver Hinsicht bei seiner Antragstellung in wesentlicher Beziehung unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht. Zwar waren im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung, mithin bei Eingang des (ersten) BAföG-Antrages beim Beklagten am 08. Oktober 2002, die Konten bereits aufgelöst und damit die in Rede stehenden Vermögensdispositionen schon erfolgt. Auch ist dem Kläger einzuräumen, dass im Antragsformular nicht nach vorausgegangenen Vermögensverfügungen gefragt worden ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Angaben (objektiv) unrichtig und unvollständig waren, weil (ausbildungs-)förderungsrechtlich nicht von einer wirksamen Vermögensübertragung auszugehen ist. Denn die vom Kläger vorgenommene Vermögensübertragung erfüllt – wie eingangs ausgeführt – den Missbrauchstatbestand mit der Folge, dass dem Auszubildenden das Vermögen jedenfalls (ausbildungs-)förderungsrechtlich weiterhin zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 04. 09.2008, a.a.O.; Beschl. v. 19.05.2009, a.a.O.). Auch standen dem Vermögen keine entsprechenden Schulden oder sonstige Verbindlichkeiten gegenüber, so dass er etwa – mit Blick auf eine mögliche Saldierung – nur “formal“ unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht hätte.
- 69
Zu prüfen bleibt somit nur mehr, ob der Kläger auch in subjektiver Hinsicht, mithin vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig, in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, indem er beim Ausfüllen und Unterzeichnen des Antragsformulars keinerlei Angaben zu den vorhandenen Konten und Guthaben (sowie ggf. auch zu den angeblichen Schulden bzw. Verbindlichkeiten) gemacht hat bzw. – stellt man auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung ab – indem er es unterlassen hat, die von ihm abgegebenen Erklärungen gegenüber dem Beklagten zu berichtigen bzw. zu ergänzen.
- 70
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger beim Ausfüllen und Unterzeichnen des Formulars am 17. September 2002 darum wusste, dass die Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen in Wirklichkeit unzutreffend sind. Ihm war – wovon der Senat insbesondere auch nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten informatorischen Anhörung des Klägers und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einvernahme seines Vaters als Zeugen überzeugt ist – damals bekannt, dass die Konten noch existent waren und dass er Inhaber der insoweit vorhandenen Guthaben war.
- 71
Die Behauptung des Klägers, er habe von der Existenz der Konten und den insoweit vorhandenen Guthaben keine Kenntnis gehabt, erscheint dem Senat angesichts des Umstandes, dass der Kläger selbst Kontoinhaber war, die Konten im Zusammenhang mit an ihn erfolgten Schenkungen auf seinen Namen eingerichtet wurden und es sich überdies bei den Bankguthaben um ein Festgeldkonten handelte, nicht nachvollziehbar und plausibel. Immerhin hat der Kläger selbst vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass sein Vater hinsichtlich der für ihn getätigten Ausgaben mit den Bankguthaben eine Art Sicherheit gehabt habe. Es kommt hinzu, dass der Kläger für die jeweiligen Kapitalerträge Freistellungsaufträge gestellt und sich dabei als Gläubiger der Kapitalerträge bezeichnet hat. Die Einschätzung des Senats, dass der Kläger von der Existenz der Konten durchaus Kenntnis hatte, wird zur Überzeugung des Senats letztlich auch dadurch bestätigt, dass der Kläger seine u. a. auch dahingehend eingelassen hat, er habe „kaum Kenntnis“ davon gehabt, dass die Konten noch existent waren.
- 72
Vor allem sind aber auch die Angaben des Klägers und des als Zeugen vernommenen Vaters des Klägers, soweit es den Zeitpunkt betrifft, zu dem der Kläger erst von der Existenz der Konten Kenntnis erlangt haben will, nicht überzeugend, weil nicht frei von Widersprüchen. Soweit der Kläger behauptet hat, er habe das Antragsformular am 17. September 2002 ausgefüllt, aber erst am anlässlich des Besuchs seines Vaters am 18. September 2002, nachdem er seinen Vater anlässlich eines Besuches vom BAföG-Antrag unterrichtet habe, davon Kenntnis erlangt, dass die in Rede stehenden Konten noch existent seien, ist dieser Vortrag ersichtlich unzutreffend. Hierzu steht nämlich im Widerspruch, dass sein Vater eine Einkommenserklärung zum BAföG-Antrag sowie im Zusammenhang hiermit eine ergänzende Erklärung seine Tochter betreffend abgegeben hat, die jeweils vom 15. September 2002 datieren. Auch hat sein Vater bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung, auf den Vorhalt hin, dass die Schilderungen zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom BAföG-Antrag und damit von der Kenntniserlangung des Klägers von der Existenz der Konten nicht zutreffend sein könne, an seiner vorausgegangenen Einlassung, er habe erst am 17. September 2002 von dem BAföG-Antrag Kenntnis erlangt, nicht mehr festgehalten.
- 73
Der Kläger hat den Senat auch nicht davon zu überzeugen vermocht, dass er fälschlicherweise davon ausgegangen ist, dass dem Vermögen auf den Konten Darlehensverbindlichkeiten oder sonstige Schulden gegenüber standen. Gegen eine solche Annahme spricht bereits der Umstand, dass der Kläger ein solches Darlehen oder sonstige Schulden beim Ausfüllen und Unterzeichnen des Antrages am 17. September 2002 nicht im Antragsformular nicht angegeben hat. Zudem hat er nur wenige Tage nach Abgabe seiner Erklärungen und noch vor Zugang seines Antrages beim Beklagten durch entsprechenden Beauftragung seines Vaters selbst veranlasst, dass die Konten aufgelöst und die vorhandene Bankguthaben auf andere Familienmitglieder übertragen wurden. Hierfür hätte jedoch bei Bestehen von Darlehensverbindlichkeiten oder sonstigen Schulden keine Veranlassung bestanden. Vielmehr hätte er diese – im Übrigen auch bei nachträglicher Kenntniserlangung von der Existenz der Konten – den anzurechenden Guthaben im Antragsformular gegenüberstellen können. Das Verhalten des Klägers lässt daher zur Überzeugung des Senats nur den Schluss zu, dass es dem Kläger mit der Auflösung der Konten und der Vermögensübertragung gerade darum ging zu verhindern, dass die Vermögenswerte bei der Entscheidung über den BAföG-Antrag zur Anrechnung gelangen würden. Wäre er hingegen davon ausgegangen, dass ihm das Guthaben auf den Konten wegen einer Darlehensvereinbarung bzw. wegen der für ihn in der Vergangenheit getätigten Ausgaben nicht mehr zuordnen gewesen wären oder dass den Guthaben zumindest Schulden in derselben Höhe gegenüber standen, hätte es einer derartigen – gleichsam “überhasteten“ – Vermögensübertragung nicht bedurft.
- 74
Nach allem ist zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass die Vermögensübertragungen des Klägers darauf abzielten, eine Vermögensanrechnung zu verhindern. Damit tritt zum Vorliegen des (objektiven) Missbrauchstatbestandes – welcher eine Verwerflichkeit des Handelns nicht voraussetzt - im vorliegenden Fall die erforderliche subjektive Komponente hinzu, nämlich in Form eines vorsätzlichen Handelns. Damit stellt sich – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht mehr die Frage, ob dem Kläger die (ausbildungs-)förderungsrechtliche Anrechenbarkeit des den Angehörigen bereits übertragenen Vermögens hätte bekannt sein können oder müssen und ihm insoweit der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens zu machen ist. Denn jedenfalls diente das Verhalten gerade dazu, eine Vermögensanrechnung aufgrund noch vorhandener Bankguthaben zu verhindern, so dass er zumindest insoweit vorsätzlich handelte.
- 75
Von der Frage, ob der Kläger eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung vorgenommen hat, ist die Frage zu unterscheiden, ob der Kläger zugleich „vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben“ gemacht hat. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass – stellt man auf den Zeitpunkt des Eingangs des BAföG-Antrages beim Beklagten am 8. Oktober 2002 ab – bei Antragstellung die Vermögensübertragung bereits erfolgt war und der Antrag insoweit „formal“ keine unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben gemacht hat; zum anderen ist zu berücksichtigen, dass im Antragsformular nach vorausgegangenen Vermögensübertragungen nicht (ausdrücklich) gefragt wird und eine entsprechende Belehrung oder auch nur ein Hinweis hierauf sowohl im Antragsformular als auch in den Erläuterungen hierzu fehlen.
- 76
Unstreitig liegt Vorsatz oder zumindest grobe Fahrlässigkeit vor, wenn Tatsachen nicht angegeben bzw. verschwiegen werden, nach denen ausdrücklich gefragt wurde oder über deren förderungsrechtliche Relevanz der Auszubildende belehrt worden ist. In diesem Fall verletzt der Auszubildende – soweit er nicht vorsätzlich handelt – die im Verkehr erforderliche Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maße. Fraglich bleibt indessen, ob (Vorsatz und) grobe Fahrlässigkeit zu verneinen ist, wenn unvollständige oder unrichtige Angaben auf unklaren formularmäßigen Fragebögen beruhen und eine (ausdrückliche) Belehrung über die förderungsrechtlicher Relevanz auch vorausgegangener Vermögensdispositionen fehlt (verneinend u. a. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29. 04.2009 - 12 S 2493/06 -, juris; VG Stuttgart, Urt. v. 24.11.2009 - 11 K 2370/09 -, juris; Urt. v. 18.12.2006 - 11 K 1606/06 -, juris; VG Minden, Urt. v. 15.12.2005 - 9 K 4304/04 -, juris; VG Augsburg, Urt. v. 02.10.2007 - Au 3 K 06.01444 -, juris; s. auch Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, a.a.O. Anhang § 20 Rdnr. 5).
- 77
Zwar steht es dem Auszubildenden nicht zu, von sich aus zu beurteilen, ob und welche Schulden und Lasten anrechenbar bzw. in Abzug zu bringen sind. Auch folgt aus § 60 Abs. 1 SGB X die Verpflichtung, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistungen erheblich sind. Der Auszubildende wird überdies – worauf der Beklagte insbesondere hinweist – vor der Unterschriftszeile (textlich hervorgehoben) auf seine Pflicht zu vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben hingewiesen. Schließlich muss sich der Auszubildende auch bei Vorliegen von Zweifeln durch das Amt für Ausbildungsförderung über seine Pflichten beraten lassen. Ob sich im Hinblick hierauf im Falle eines im Antrag „formal“ korrekt ausgefüllten, jedoch unterbliebenen (zusätzlichen) Hinweises des Antragstellers auf eine vorausgegangene förderungsrechtlich relevante Vermögensdisposition, welche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht notwendigerweise verwerflich sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. 01.1983, a.a.O.), stets schon der Vorwurf begründen lässt, der Betroffene habe die gebotene Sorgfalt in besonders schwerwiegender Weise außer Acht gelassen, erscheint zweifelhaft und dürfte einzelfallabhängig sein.
- 78
Anders verhält es sich nach Auffassung des Senats aber dann, wenn ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt und wenn dieser – wie hier – zugleich das Wissen um die rechtsmissbräuchliche Art der Vermögensdisposition impliziert, so dass die Annahme vorsätzlichen Handelns gerechtfertigt ist. D. h. in derartigen Fällen befreit der Umstand, dass im Antragsformblatt selbst nicht nach einer rechtsmissbräuchlich unentgeltlichen an Dritte übertragenes Vermögen gefragt wird, den Auszubildenden nicht davon, dieses Vermögen anzugeben, wenn er sich nicht dem Vorwurf vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässig gemachter unvollständiger Angaben aussetzen will. Davon ist auch beim Kläger auszugehen, dessen Handeln zur Überzeugung des Senats auf eine Umgehung der Vermögensanrechnung abzielte, und der deshalb die der Antragstellung am 8. Oktober 2002 vorausgegangene Vermögensübertragung dem Beklagten nicht verschweigen durfte, selbst wenn hiernach im Antragsformblatt nicht gefragt und nicht belehrt wurde und er insoweit das Antragsformular insoweit „formal“ zutreffend ausgefüllt hat. Diese besondere Obliegenheit folgt aus dem der Antragstellung vorausgegangenen Handeln des Klägers und der sich hieraus ergebenden Offenbarungspflicht gegenüber dem Beklagten.
- 79
2. Ungeachtet dessen sind im Falle des Klägers die Voraussetzungen gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 1. Halbsatz SGB X erfüllt, wonach sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nicht berufen kann, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
- 80
Der Senat ist im Falle des Klägers – wie bereits dargelegt – davon überzeugt, dass er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide kannte und billigend in Kauf genommen hat. D. h. es ist dem Kläger durchaus bewusst gewesen, dass sich die Vermögenswerte, wie sie mit den im Zeitpunkt des Ausfüllens und Unterzeichnens des BAföG-Antrages auf seinen Konten noch vorhanden waren, nach dem BAföG als förderungsschädlich erweisen würden. Aus eben diesem Grunde hat der die Auflösung der Konten und Übertragung der Vermögenswerte veranlasst. Dass er sich insoweit in einem Irrtum befunden hätte, vermag den Senat nicht zu überzeugen; seine Einlassungen, namentlich auch bei seiner informatorische Anhörung in der mündlichen Verhandlung, hat eine solche Annahme nicht zu begründen vermocht.
- 81
Aber selbst dann, wenn der Kläger nicht vorsätzlich gehandelt hätte, wäre ihm jedenfalls der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen. Denn der Kläger hätte bei der gebotenen Sorgfalt die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide erkennen können und müssen.
- 82
Die Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit ist in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X enthalten und auch im Rahmen der Nr. 2 der Vorschrift heranzuziehen (vgl. OVG d. Saarlandes, Urt. v. 27.05.2008 - 3 A 373/07 -, juris; ebenso Wulffen, SGB X 5. Aufl. § 45 Rdnr. 22). Danach handelt grob fahrlässig, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt hat. Die Feststellung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist in der Regel einzelfallabhängig und erfordert ein gegenüber der einfachen Fahrlässigkeit sowohl objektiv als auch subjektiv gesteigertes Verschulden (vgl. OVG d. Saarlandes, a. a. O.; VGH Mannheim, Urt. v. 11.06.2003 - 7 S 1697/02 -, juris; OVG NRW, Urt. v. 11.02.2008 - 2 A 959/05 -, juris). Dies ist etwa anzunehmen, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.
- 83
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Auszubildende gehalten ist, dazu beizutragen, rechtswidrige Leistungen von Ausbildungsförderung an ihn zu vermeiden; daraus ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, Bewilligungsbescheide zu prüfen und auf Überzahlungen zu achten (BVerwG, Beschl. v. 28.05.2004 - 5 B 52.04 -, juris; Urt. v. 21.01.1987 - 5 C 54.78 -, Buchholz 436.36 § 20 Nr. 24; Beschl. v. 26.10.1978 - 5 B 54.78 -, Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 6). Ergeben sich Zweifel, ist der Auszubildende zudem gehalten, sich durch Rücksprache Klarheit zu verschaffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.05.2004, a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 11.06. 2003, a. a. O.; OVG des Saarlandes, a. a. O.).
- 84
Der Kläger hätte – selbst wenn man darauf abstellt, dass die Angaben bei Antragstellung “formal“ zutreffend waren und er sich seiner Offenbarungspflicht im Zusammenhang mit der Antragstellung nicht bewusst gewesen sein sollte – jedenfalls erkennen können und müssen, dass in Anbetracht der von ihm kurzfristig veranlassten Vermögensübertragungen die Bewilligung von Sozialleistungen in Form von Ausbildungsförderung nicht rechtens sein konnten. Denn der Kläger hätte bereits bei Anspannung geringer Sorgfalt – allzumal bei Nachfrage bei dem Beklagten – erkennen können, dass er im Zeitpunkt der Antragstellung über anzurechnendes Vermögen verfügte.
- 85
Es gehört zur allgemeinen Kenntnis auch rechtlich unerfahrener Personen, dass ein Anspruch auf staatliche Sozialleistungen nur dann besteht, wenn und soweit die für den Lebensunterhalt erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Dieser Grundsatz ist auch in § 1 BAföG gesetzlich verankert. Es liegt für jeden Auszubildenden auf der Hand, dass er eigenes Vermögen nicht ohne sachlichen Grund weggeben darf, um erst so die Leistungsvoraussetzungen des Ausbildungsförderungsgesetzes herbeizuführen, anstatt es für den Lebensunterhalt während der Ausbildung einzusetzen. Der Kläger hat damit einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt. Hierzu gehört auch die Erkenntnis, dass es nicht angehen kann und sich als Missbrauch darstellen muss, wenn man sich selbst im zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung von Sozialleistungen durch Vermögensübertragungen bedürftig macht und alsdann Sozialleistungen beantragt. Wenn der Kläger gleichwohl auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides vertraut haben sollte, hat er damit die Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt.
IV.
- 86
Genießt der Kläger bereits aus den genannten Gründen keinen Vertrauensschutz, bleibt im Hinblick auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts lediglich ergänzend anzumerken, dass sich der Kläger auch dann nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen könnte, wenn die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht vorlägen. Denn auch dann, wenn man die Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht als erfüllt ansähe, könnte sich der Kläger in Anwendung des in § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 SGB X normierten Grundsatzes nicht mit Erfolg auf einen Vertrauensschutz berufen. Nach diesem allgemeinen Grundsatz dürfen (unanfechtbare) rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte für die Vergangenheit zurück-genommen werden, wobei dies (nur) dann und auch nur für den Regelfall ausgeschlossen ist, wenn der Begünstige auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung der mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
- 87
Ein Rückgriff auf diesen allgemeinen Grundsatz mit der Folge, dass ein schutzwürdiges Vertrauen nicht anzuerkennen ist, verbietet sich auch nicht im Hinblick auf die speziellen Regelungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X. Diese normieren den Ausschluss des Vertrauensschutzes nicht abschließend; es handelt sich hierbei lediglich um Regelbeispiele. Andernfalls dürfte im Hinblick auf den zugrunde liegenden Gesetzeszweck auch eine Analogie in Betracht zu ziehen sein. Deshalb ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein mit den in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X legal definierten typischen Sonderfällen vergleichbarer Sonderfall vorliegt, der den Ausschluss der Schutzwürdigkeit des Vertrauens rechtfertigt. So verhält es sich hier. Aufgrund des Umstandes, dass im vorliegenden Fall von einer missbräuchlichen Vermögensübertragung auszugehen ist, welche zur Überzeugung des Senats vom Kläger auch in vorwerfbarer Weise herbeigeführt worden ist, erweist es sich im Hinblick auf den gesetzgeberischen Zweck der Regelungen sachgerecht und angemessen, den Fall eines missbräuchlichen Verhaltens den in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X angeführten Fällen gleichzustellen, selbst wenn er in der genannten Vorschrift nicht ausdrücklich angeführt wird. Denn den Tatbeständen zu Nr. 1 bis 3 der genannten Regelung ist gemein, dass aufgrund der bestehenden Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers diesem ein Vertrauensschutz nicht zugebilligt werden kann. Dies muss gleichermaßen für ein missbräuchliches Verhalten gelten, so dass auch in diesen Fällen ein schutzwürdiges Vertrauen nicht anzuerkennen ist. Denn auf ein rechtsmissbräuchlichen Verhalten kann ein schützenswertes Vertrauen selbst dann nicht gegründet werden, wenn davon auszugehen sein sollte, dass der Auszubildende in dem BAföG-Antrag „formal“ keine unrichtigen Angaben gemacht hat, weil in dem Antragsformular nicht nach solchermaßen missbräuchlich übertragenen Vermögen gefragt wird (vgl. auch VG München, Urt. v. 14.09.2006 - M 15 K 05.5931 -, juris).
- 88
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Aufhebung der angefochtenen Bescheide für die Vergangenheit auch nicht die Regelung gem. § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X entgegen, wonach der Verwaltungsakt nur in den Fällen von § 45 Absatz 2 Satz 3 und – hier nicht einschlägig – von Absatz 3 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zugenommen wird. Ist indes – wie zuvor dargelegt – hinsichtlich der Regelungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X bei Vorliegen vergleichbarer Sonderfälle eine ergänzende Auslegung bzw. entsprechende Anwendung geboten, hat auch im Rahmen des § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X nichts anders zu gelten. D. h. die genannte Vorschrift schließt entsprechend der zu § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X gebotenen Gesetzesinterpretation ebenfalls Fälle mit ein, die denen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vergleichbar sind. Andernfalls läge nicht nur bei der konkreten Rechtsanwendung, sondern auch im Hinblick auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck ein nicht nachvollziehbarer Systembruch vor; denn jedenfalls ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass in Fällen, die denen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vergleichbar sind, eine Rückforderung für die Vergangenheit ausgeschlossen sein sollte.
V.
- 89
Die vom Beklagten bei der Rücknahme der zugrunde liegenden Verwaltungsakte getroffene Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
VI.
- 90
Rechtlichen Bedenken begegnen die Bescheide der Beklagten vom 31. Mai 2005 auch insoweit nicht, als mit ihnen die in der Zeit vom Oktober 2002 bis September 2004 geleistete Ausbildungsförderung zurückgefordert wird. Rechtsgrundlage des vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 50 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 SGB X, wonach die erbrachten Leistungen zu erstatten sind, soweit der zugrunde liegende Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
VII.
- 91
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
- 92
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 93
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen
- 1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes, - 2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.
(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.
(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung von BAföG-Leistungsbescheiden und die Rückforderung von Ausbildungsförderung.
- 2
Der am (..) Mai 1980 geborene Kläger stellte unter dem Datum des 17. September 2002, eingegangen bei dem Beklagten am 08. Oktober 2002, einen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG – für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003. In dem vom Kläger verwendeten Antragsformular wurden zu den Rubriken „Angaben zu meinem Einkommen im Zeitpunkt der Antragstellung“ (Zeile 70 ff.), „Angaben zu meinem Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung“ (Zeile 91 ff.), „Meine Schulden und Lasten im Zeitpunkt der Antragstellung“ (Zeile 91 ff.), „Freizustellende Vermögenswerte“ (Zeile 107 ff.) keine Angaben gemacht und versichert, dass die Angaben richtig und vollständig sind. Mit dem Antrag wurden u. a. Erklärungen der Eltern des Klägers zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nebst einem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2000 sowie eine vom Vater des Klägers unterzeichnete „Zusätzliche Erklärung zu(m) Kind J. A.“ zur Sachakte gereicht, welche sämtlich vom 15. September 2002 datieren. Mit Antrag vom 29. September 2003, eingegangen bei dem Beklagten am 30. Oktober 2003, stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum von Oktober 2003 bis September 2004; das verwendete Antragsformular enthält zu den genannten Rubriken ebenfalls keine Angaben.
- 3
Der Beklagte leistete daraufhin an den Kläger aufgrund der Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003 in Höhe von 466,00 Euro mtl. sowie für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 in Höhe von 456,00 Euro mtl.
- 4
Eine Anfrage des Beklagten an das Bundesamt für Finanzen ergab, dass der Kläger im Jahre 2002 von der Kapitalertragssteuer freigestellte Kapitalerträge in Höhe von 1.104,00 Euro erzielt hat. Mit Schreiben vom 10. November 2004 hörte der Beklagte den Kläger zu diesem Sachverhalt an.
- 5
Der Vater des Klägers teilte daraufhin dem Beklagten mit Schreiben vom 18. November 2004 mit, im Jahr 1995 habe er seinem – damals 15-jährigen – Sohn 10.000,00 DM geschenkt, die er für ihn – auf seinen Namen – bei der Sparkasse D. angelegt habe. Da das Geld für den Start in das Berufsleben gedacht gewesen sei, habe er mit der Bank einen Vertrag mit einer Laufzeit von sieben Jahren abgeschlossen. Er habe erwartet, dass sein Sohn bis dahin die von ihm beabsichtigte Schreinerlehre abgeschlossen haben würde. Die Vertragsdauer habe am 27. Juni 2002 geendet; zu diesem Zeitpunkt sei die letzte Zinsgutschrift in Höhe von 517,12 Euro erfolgt. Im Jahre 1998 habe sein Sohn 10.000,00 DM von seinem Großvater als Geschenk erhalten. Dieses Geld, ergänzt durch eine fällige Ausbildungsversicherung, sei bei der Raiffeisenbank A-Stadt angelegt worden, die später mit der Raiffeisenbank S. fusioniert habe. Im Jahre 2002 seien Zinsgutschriften in Höhe von 587,14 Euro erfolgt; die letzte Gutschrift am 19. September 2002. Der Ausbildungsverlauf seines Sohnes habe sich anders gestaltet als ursprünglich gedacht. Da er keine Lehrstelle gefunden habe, habe er für drei weitere Jahre die Fachoberschule besucht, wozu ein praktisches Jahr gehört habe. Während dieses Praktikumsjahres habe er enormen Kapitalbedarf gehabt. Er habe zu wechselnden Einsatzstellen fahren müssen, die er mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht habe erreichen können. Deshalb habe er seinem Sohn ein Moped für einen Preis von mehr als 7.000, - DM gekauft; auch habe sein Sohn Geld für den Erwerb des Führerscheins benötigt. Da er an das Geld auf der Bank nicht herangekommen sei, habe er – der Vater – ihm jedes Mal den benötigten Betrag geliehen. Im Jahre 1999 sei sein Sohn zum Wehrdienst eingezogen worden und in Holland eingesetzt gewesen. Er habe deshalb ein Auto benötigt. Er – der Vater – habe ihm hierfür und den benötigten Autoführerschein das erforderliche Geld geliehen. Im Jahre 2000 habe sein Sohn dann eine Schreinerlehrstelle erhalten. Er sei aus der elterlichen Wohnung ausgezogen und habe sich eine eigene Wohnung eingerichtet; das hierfür erforderliche Geld habe er – der Vater – ihm geliehen. Die Lehre habe sein Sohn – nach einem vorausgegangenen Wechsel der Lehrstelle – nach einem Jahr abgebrochen und ein freiwilliges soziales Jahre in der Nähe von P. abgeleistet. Da er dort nur ein Taschengeld erhalten habe, habe er seinem Sohn Geld für den täglichen Bedarf geliehen. Im Sommer 2002 seien schließlich die Schulden höher als das Guthaben auf der Bank gewesen. Es sei nun für seinen Sohn an der Zeit gewesen, seine Schulden zu begleichen. Da er – der Vater – seiner Tochter „unter die Arme habe greifen wollen“, habe er veranlasst, dass das Konto bei der Kreissparkasse D. auf seine Tochter übertragen worden sei. Die Übertragung des Guthabens sei am 24. September 2002 in voller Höhe, einschließlich Zinsen erfolgt. Das Konto bei der Raiffeisenbank S. sei am 19. September 2002 aufgelöst worden und das Guthaben auf Konten der Eltern des Klägers eingezahlt worden. Nach allem habe sein Sohn beide Male korrekt die Fragen zum Vorhandensein von Vermögenswerten verneint.
- 6
Unter dem 14. Dezember 2004 bestätigte der Kläger die Angaben seines Vaters durch Übersendung einer von ihm unterzeichneten Kopie des Schreibens vom 18. November 2004. Mit ergänzendem Schreiben des Vaters des Klägers vom 16. Dezember 2004 wurden verschiedene Nachweise und Rechnungsbelege – u. a. eine Rechnung vom 02. Juli 1996 über den Erwerb eines Moped zum Preis von 5.300, - DM, ein Rechnung vom 24. März 1999 über den Einsatz eines Notarztes in Höhe von 377,40 DM und eine Rechnung vom 22. März 1999 über den Einsatz eines Krankentransportwagens/ Rettungswagens in Höhe von 485,00 DM – zur Akte gereicht; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorganges (Bl. 105 – 133 d. Beiakte A) Bezug genommen.
- 7
Mit Bescheiden vom 31. Mai 2005 setzte der Beklagte unter Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und 30. Januar 2004 die Leistung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003 auf Null und für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 auf 333,00 Euro monatlich fest und forderte vom Kläger einen Betrag in Höhe von 7.068, - Euro zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 08. Oktober 2002 über Vermögen in Höhe von zumindest 11.472,07 Euro und zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30. Oktober 2003 über Vermögen in Höhe von 12.362,14 Euro verfügt habe. Da der Kläger diese Beträge bei Stellung seiner Anträge nicht angegeben habe, sei die Rückforderung gerechtfertigt. Auf schützenswertes Vertrauen könne er sich nicht berufen, da die Bewilligungsbescheide auf unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben beruht hätten, die er zumindest grob fahrlässig gemacht habe. Es sei von einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten auszugehen, da er im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme seiner förderungsfähigen Ausbildung Vermögen unentgeltlich und ohne gleichwertige Gegenleistung an seine Eltern übertragen habe. Die von seinen Eltern zur Verfügung gestellten Geldbeträge seien als Darlehensverpflichtung nicht berücksichtigungsfähig, da die Darlehensbedingungen nicht den finanzgerichtlichen Kriterien des Fremdvergleichs entsprächen. Mündliche Darlehensverträge seien ohne Bedeutung.
- 8
Der Kläger hat am 10. Juni 2005 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen geltend gemacht:
- 9
Seine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen bei seinen Antragstellungen am 08. Oktober 2002 und am 30. Oktober 2003 seien zutreffend gewesen; er habe „über die Konten kaum Kenntnis gehabt“. Das Geld sei von seinem Vater und seinem Großvater für ihn angelegt worden, Kontoauszüge oder das Sparbuch habe er nie erhalten. Sein Vater sei über beide Konten verfügungsberechtigt gewesen; auch habe er alles geregelt. Weil er gewusst habe, dass irgendwo ein Konto für ihn existierte, habe er immer mal wieder spontan Geld verlangt, welches ihm sein Vater gegeben habe. Er sei davon ausgegangen, dass sein Vater seine Konten belasten würde. Überprüft habe er dies aber nicht. Im Sommer 2002 habe ihm sein Vater dann mitgeteilt, dass das Geld aufgebraucht sei. Als ihm sein Vater mitgeteilt habe, dass die Konten noch vorhanden seien, habe er ihn aufgefordert, diese aufzulösen. Auf Nachfrage habe ihm sein Vater erneut versichert, dass das Geld aufgebraucht sei und die Beträge auf den Konten Teil des Vermögens seines Vaters seien. Genauso wie bei der Einrichtung der Konten sei auch die Auflösung der Konten von seinem Vater veranlasst worden. Die dazu benötigten Unterlagen seien ihm von seinem Vater zugeschickt, von ihm – dem Kläger –unterschrieben und alsdann zurückgeschickt worden. Als er am 08. Oktober 2002 den ersten Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung eingereicht habe, sei er somit zu Recht davon ausgegangen, dass er kein Vermögen mehr besitze.
- 10
Als er 16 Jahre alt gewesen sei, habe er ein Moped-Führerschein gemacht und ein Moped gekauft, um zu den Einsatzstellen seines Praktikums zu gelangen. Er habe seinen Vater gebeten, ihm das Geld hierfür kurzfristig vorzustrecken, was er getan habe. Er sei davon ausgegangen, dass er anschließend sein Konto belaste. Es sei niemals davon die Rede gewesen, dass er ihm ein längerfristiges Darlehen gewähren solle. Über ein Darlehen sei niemals gesprochen worden. Insofern fehle es selbstverständlich auch an nachprüfbaren Darlehensverträgen mit Konditionen usw.. Dies bedeute, es habe nie einen Darlehensvertrag gegeben, weder mündlich noch schriftlich. Das kurzfristige „Vorstrecken“ von Geld „bei kurzfristigen finanziellen Engpässen“ sei in seiner Familie üblich gewesen. Auch habe sein Vater von ihm nie Zinsen verlangt. Ebenso habe kein Grund bestanden, mit dem vom Großvater geschenkten Geld das “Darlehen“ beim Vater zu tilgen, weil es ein solches Darlehen gar nicht gegeben habe. Allerdings habe er gewusst, dass das vom Vater geschenkte Geld verbraucht gewesen sei; die eingereichten Nachweise würden dies belegen. Demzufolge habe er seine Vermögenswerte auch nicht unentgeltlich auf seine Eltern übertragen und dadurch ohne Not seine Mittellosigkeit herbeigeführt. Vielmehr habe sein Vater zuvor einen rechtlichen Anspruch auf die Kontenübertragung erlangt, den er vorher nicht realisiert habe. Sein Vater habe ihm zwischenzeitlich mitgeteilt, dass er gewollt habe, dass er – der Kläger – weiter die Zinsen bekomme, um einen kleinen Zuschuss zu haben zu seinem Praktikantengehalt bzw. zum Wehrsold und dem Taschengeld während des freiwilligen sozialen Jahres. Im Übrigen sei zunächst gar nicht beabsichtigt gewesen, dass er ein Studium beginnen und Ausbildungsförderung beantragen werde. Daher habe er erst nach dem Ausfüllen des ersten Antrages von seinem Vater erfahren, dass auf seinen Namen noch Konten existieren würden. Andernfalls hätte er kaum erst den Förderungsantrag ausgefüllt und dann erst die Konten übertragen bzw. aufgelöst. Er habe von einer Überprüfung der von seinem Vater verwalteten Konten abgesehen, weil er seinem Vater vertraut habe. Es sei auch nicht richtig, dass er – wie der Beklagte behaupte – leichtfertig geglaubt habe, dass die Konten auf seinem Namen geführt würden, ohne dass er hierfür rechtlich verantwortlich sei. Er sei der Annahme gewesen, dass die Konten überhaupt nicht mehr existieren würden. Die 10.000 DM seien ihm zudem von seinem Vater als Unterhaltsvorauszahlung für die kommenden Jahre übertragen worden. Dieses Geld sei verbraucht worden, bevor er 18 Jahre alt geworden sei (Moped, Versicherung, Steuern, Schutzkleidung, Benzin). Es sei nie beabsichtigt gewesen, ihm über die zugewendeten Beträge hinaus weiteres Geld oder Sachwerte zu schenken.
- 11
Der Kläger hat beantragt,
- 12
die Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2005 aufzuheben, soweit Entscheidungen über die Bewilligungszeiträume Oktober 2002 bis September 2003 und Oktober 2003 bis September 2004 getroffen werden.
- 13
Der Beklagte hat beantragt,
- 14
die Klage abzuweisen.
- 15
Zur Begründung hat er eingewandt, das Vorbringen des Klägers sei unschlüssig, wenn er behaupte, er habe keine kurz- oder längerfristigen Darlehen erhalten. Wenn dies richtig wäre, dann hätte der Vater des Klägers auch keinen – wie der Kläger behaupte – Rückübertragungsanspruch erworben. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der Vater des Klägers, seinen Rückforderungsanspruch nicht sogleich mit der Geldschenkung des Großvaters im Jahre 1998 verrechnet habe, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt der Schuldenstand 10.000,00 DM erreicht habe. Dies lasse nur den Schluss zu, dass dem Kläger der vermögenswerte Vorteil der Schenkung durch den Vater erhalten bleiben sollte, die erworbenen Gegenstände ihm geschenkt worden seien oder aber die Leistungen in Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung erbracht worden seien. Bei den Konten habe es sich auch nicht um Festgeldkonten gehandelt.
- 16
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. Juni 2007 die Bescheide vom 31. Mai 2005 aufgehoben, soweit mit ihnen Entscheidungen über die Bewilligungszeiträume Oktober 2002 bis September 2003 und Oktober 2003 bis September 2004 getroffen wurden. Die Leistung von Ausbildungsförderung an den Kläger in der Zeit von Oktober 2002 bis September 2004 sei rechtswidrig gewesen, weil der Kläger über anrechenbares Vermögen im Sinne der §§ 28 ff. BAföG verfügt habe, welches seinen Bedarf überstiegen habe. Das Guthaben des Klägers auf dem Festgeldkonto bei der Raiffeisenbank S. und die Sparanlage bei der Sparkasse D. stellten anrechenbares Vermögen dar. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es im Zeitpunkt der Antragstellung am 08. Oktober 2002 nicht mehr auf den Konten verfügbar gewesen sei, weil der Kläger zuvor einen Betrag in Höhe von 10.000,00 DM an seine Schwester abgetreten und einen weiteren Betrag in Höhe von 10.000,00 DM an seine Eltern übertragen habe. Die Guthaben seien dem Kläger förderungsrechtlich gleichwohl als Vermögen zuzuordnen, weil die Vermögensverfügungen rechtsmissbräuchlich erfolgt seien. Davon sei dann auszugehen, wenn ein Auszubildender im Hinblick auf eine konkret geplante oder schon begonnene Ausbildung, für die Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden solle, Vermögen unentgeltlich an einen Dritten übertrage, um eine Anrechnung zu vermeiden. So verhalte es im vorliegenden Fall. Die Vermögensverfügungen des Klägers seien zeitnah zur Antragstellung und ohne gleichwertige Gegenleistung erfolgt; dies widerspreche dem Gesetzeszweck. Der Vortrag des Klägers, er habe bei seinem Vater Schulden in einer den Guthaben entsprechenden Höhe gehabt, weshalb im September 2002 ein Ausgleich vorgenommen worden sei, vermöge nicht zu überzeugen. Der Kläger habe das Bestehen einer rechtlichen Verpflichtung zur Begleichung einer solchen Forderung und das Bestehen einer aktuell durchsetzbaren Verbindlichkeit jedenfalls nicht in der gebotenen Weise dargetan.
- 17
Der Rücknahme der Bewilligungsbescheide stehe allerdings die Vorschrift des § 45 Abs. 2 SGB X entgegen. Der Kläger könne sich nach § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil ein Ausnahmefall im Sinne des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht vorliege. Die angefochtenen Bescheide beruhten nicht auf Angaben, die der Kläger (zumindest) grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Bei seiner Antragstellung am 08. Oktober 2002 habe er die den Zeilen 91 ff. des Antragsformulars entsprechenden Angaben gemacht. In Zeile 102 des Formulars sei ein Barvermögen, Bank- und Sparguthaben, Bauspar- und Prämiensparguthaben nur einzutragen, wenn es insgesamt über 10.000, - DM (5.200 Euro) liege. Hiervon ausgehend habe der Kläger auf eine Eintragung verzichten dürfen. Das Guthaben von 20.000,00 DM sei bereits im Zeitpunkt der Antragsstellung nicht mehr dem Kläger zuzuordnen gewesen, weil es bereits wirksam übertragen gewesen sei. Die Tatsache, dass das Vermögen ausbildungsförderungsrechtlich dennoch angerechnet werde und sich der Kläger sich so behandeln lassen müsse, als ob er noch über das Vermögen vorhanden sei, andere daran nichts. Es fehle an einem diesbezüglichen Hinweis im Antragsformular. Auch werde nicht danach gefragt, ob der Auszubildende Vermögen besessen, zwischenzeitlich aber wieder verloren habe; vielmehr werde ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt. Ebenso sei der Tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 1. Halbsatz SGB X nicht erfüllt. Zwar könne als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass staatliche Mittel nur in Anspruch genommen werden können, wenn eigene Mittel nicht zur Verfügung stehen. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Durch die vorgenommene Vermögensübertragung haben dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt keine finanziellen Mittel (mehr) zur Verfügung gestanden. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts über die weitere Zurechnung des Vermögens im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten habe bekannt sein müssen; diese Kenntnis sei weder Gemeingut noch sei dies im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Klägers zu erwarten gewesen.
- 18
Im vorliegenden Fall könne schließlich dahingestellt bleiben, ob die nach § 45 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB X regelmäßig bestehende Schutzwürdigkeit des Vertrauens womöglich deshalb entfalle, weil hier ein den in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB X genannten Sonderfällen vergleichbarer Fall vorliege, der den Ausschluss der Schutzwürdigkeit des Vertrauens rechtfertige. Zwar dürfte dies nach Auffassung der Kammer hier der Fall sein; dies bedürfe hier aber keiner Vertiefung, weil in einem solchen Fall eine Rücknahme für die Vergangenheit ausgeschlossen sei. Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X sei eine Rücknahme für die Vergangenheit nämlich nur in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 SGB X möglich.
- 19
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 20. Oktober 2009 die Berufung zugelassen und der Beklagte die Berufung fristgerecht wie folgt begründet:
- 20
Das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil zwar rechtsfehlfrei festgestellt, dass der Kläger sein Vermögen in Höhe von 20.000,00 DM in rechtsmissbräuchlicher Weise kurz vor Einreichung seines Erstantrages am 08. Oktober 2002 teilweise an seine Schwester und teilweise an seinen Vater übertragen habe. Trotz der Feststellung einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten und der damit verbundenen Rechtswidrigkeit der ergangenen Förderungsbescheide für die Bewilligungszeiträume von Oktober 2002 bis September 2004 habe es aber dem Kläger zu Unrecht Vertrauensschutz aufgrund der Regelung gem. § 45 Abs. 2 SGB X zugebilligt.
- 21
Unzutreffend gehe das Verwaltungsgericht zudem davon aus, dass die aufgehobenen Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 nicht auf Angaben beruhen würden, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe, weil ihm das Guthaben von 20.000, - DM, welches er zuvor bereits zivilrechtlich wirksam übertragen habe, im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr zuzuordnen gewesen sei. Das Verwaltungsgericht habe insoweit zu Unrecht auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Ausbildungsförderung am 08. Oktober 2002 abgestellt und unberücksichtigt gelassen, dass er den Antrag unter Verwendung des Formblattes 1 bereits am 17. September 2002 ausgefüllt und unterschrieben habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem Kläger die rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögenswerte noch in voller Höhe zur Verfügung gestanden. Dies ergäbe sich daraus, dass die entsprechenden Übertragungen auf die Schwester und seine Eltern erst am 19. bzw. 24. September 2002 veranlasst worden seien. Hieraus folge, dass der Kläger im Zeitpunkt, in dem er das Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben habe, unrichtige und unvollständige Angaben gemacht habe. Der Kläger könne sich daher nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X berufen unter Hinweis darauf, dass der Antrag erst am 08. Oktober 2002 und somit erst nach Übertragung der Vermögenswerte auf seine Verwandten bei dem Beklagten eingegangen sei.
- 22
Schließlich könne sich der Kläger auch deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe in dem BAföG-Antrag “formal“ keine unrichtige Angaben gemacht, weil das den Vertrauensschutz beseitigende Verhalten, soweit es nicht auf die vorsätzlich oder grob fahrlässig gemachten Angaben gestützt werden könne, in dem vorangegangenen Verhalten der rechtsmissbräuchlichen – weil ohne Rechtsgrund erfolgten – Weggabe des Vermögens begründet liege.
- 23
Der Beklagte beantragt,
- 24
das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 13. Juni 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 25
Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich nicht vertreten war, hat keinen Antrag gestellt.
- 26
Er trägt ergänzend vor, der Beklagte stelle bei der Frage, ob er grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe, zu Unrecht auf den Zeitpunkt des Ausfüllens und der Unterzeichnung des Erstantrages ab. Dies werde dem tatsächlichen Geschehen nicht gerecht. Er habe am 17. September 2002 davon ausgehen können, dass die streitgegenständlichen Vermögenswerte nicht mehr existieren würden.
- 27
Erst anlässlich eines Besuchs seines Vaters bei der Einrichtung seiner neuen Wohnung am Studienort am 18. September 2002 habe er, nachdem er seinem Vater gegenüber erwähnt habe, dass er einen BAföG-Antrag gestellt habe, von diesem erfahren, dass die vermeintlich „längst erledigten“ Konten noch existieren würden. Daraufhin habe er von seinem Vater verlangt, dass er die Konten sofort auflöse. Sein Vater habe alsdann das bei der Raiffeisenbank S. bestehende Konto aufgelöst, ohne dass er – der Kläger – hierüber irgendwelche Informationen erhalten habe. Gleiches sei mit dem bei der Sparkasse D. bestehenden Konto geschehen, dessen Guthaben am 24. September 2002 auf die Schwester übertragen worden sei. Im Ergebnis würden damit die Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und 30. Januar 2004 nicht auf Angaben beruhen, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Auch sei bei der Frage nach dem Vorliegen grober Fahrlässigkeit neben den Umständen des Einzelfalles auf die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen abzustellen. Soweit er Tatsachen richtig angegeben, aber falsch gewürdigt habe, sei ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass nach seiner Auffassung die Guthaben auf beiden Konten verbraucht gewesen seien. Die Konten seien eröffnet worden, als er noch minderjährig gewesen sei bzw. die Volljährigkeit erreicht habe. Sein Vater habe Kontovollmacht hinsichtlich beider Konten gehabt. Von ihm selbst sei niemals Kontobewegungen veranlasst oder Geld abgehoben worden. Auch habe er nie Kontoauszüge erhalten.
- 28
Es könne entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Übertragung des Vermögens ausgegangen werden, da die Übertragung nicht unentgeltlich erfolgt sei. Es habe zwischen seinem Vater und ihm eine Darlehensabrede bestanden. Die Darlehensschuld sei auch wirksam begründet worden; bei der Frage nach dem Bestehen einer Darlehensschuld unter Angehörigen sei entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht zwingend ein sog. Fremdvergleich anzustellen. Eine solche Voraussetzung lasse sich der Regelung zu § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG nicht entnehmen. Bereits im Anhörungsverfahren habe sein Vater zu den Ausgaben vorgetragen, die für ihn - den Kläger – getätigt worden seien, und diese durch Belege nachgewiesen (Anschaffung eines Mopeds – 5.390,00 DM / Versicherungsbeiträge 1996, 1997 und 1998 – 341,70 DM, 691,18 DM und 691,10 DM / Wohnungseinrichtungsgegenstände – 1.460,00 DM). Auch das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag zu seinem „gebrochenen Lebens- und Ausbildungsverlauf“ nicht ausreichend gewürdigt und aufgeklärt, wonach davon auszugehen sei, dass er eine Tischlerlehre begonnen und nach einem Wechsel des Ausbilders abgebrochen, den Wehrdienst abgeleistet sowie ein freiwilliges soziales Jahr durchgeführt habe. Der von ihm insoweit gewählte Ausbildungsverlauf sei für seine Eltern ein Schock gewesen. Soweit das Verwaltungsgericht objektive Anhaltspunkte für eine Abgrenzung einer Darlehensabrede von einer Unterhaltsgewährung bzw. „verschleierten Schenkung“ vermisse, berücksichtige es nicht den Umstand, dass er eine Ausbildungsvergütung, Wehrsold und Einkommen im Rahmen des FSJ erhalten habe, was einen Unterhaltsanspruch mangels Bedürftigkeit ausgeschlossen habe. Wenn das Verwaltungsgericht schließlich aus der nicht erfolgten Verrechnung offener Darlehensbeträge zum Zeitpunkt der Schenkung von 10.000,00 DM durch den Großvater im Jahre 1998 auf das Fehlen einer aktuell durchsetzbaren bzw. ernsthaften Verbindlichkeit schließe, stehe dies im Widerspruch zum Wortlaut der Regelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG, wonach gerade nicht auf die Fälligkeit einer (Darlehens-)Forderung abgestellt werde.
- 29
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört und zu den Gründen und den Umständen der von ihm veranlassten Vermögensübertragungen Beweis erhoben durch Vernehmung seines Vaters als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der informatorischen Befragung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift sowie wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A und B), die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 30
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die vom Kläger angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 31
Die Aufhebung bzw. Änderung der Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 erfolgte zu Recht, da diese rechtswidrig waren und die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 2 bis 5 SGB X vorliegen; gem. § 50 SGB X besteht zugleich ein Anspruch des Beklagten auf Erstattung der an den Kläger zu Unrecht geleisteten Ausbildungsförderung.
I.
- 32
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 33
1. Die Bewilligungsbescheide vom 29. November 2002 und vom 30. Januar 2004 waren rechtswidrig, § 45 Abs. 1 SGB X. Die Voraussetzungen für eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG - lagen nicht bzw. nicht in der festgesetzte Höhe vor, da das anrechenbare Vermögen des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Antragstellungen der ihm gewährten Förderung ganz bzw. teilweise entgegenstand.
- 34
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Vermögens ist gem. § 28 Abs. 2 und 4 BAföG der Zeitpunkt der Antragstellung. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Antragstellung ist dabei entgegen der Auffassung des Beklagten auf den Zeitpunkt des Zugangs des BAföG-Antrages bei der Behörde abzustellen, mithin dem Zeitpunkt, in dem der Antrag tatsächlich in die Verfügungsgewalt der Behörde gelangt ist. Denn die Erklärungen im BAföG-Antrag werden erst dann rechtswirksam, wenn diese derart in den Herrschaftsbereich des Empfängers geraten sind, dass dieser unter normalen Verhältnisse vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen kann (Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. § 31 Rdnr. 22, 42 Rdnr. 80 m. w. N.). Auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen selbst oder auf den Zeitpunkt des Ausfüllens und des Unterzeichnens des Antragsformulars, kommt es hingegen nicht an – und zwar auch ungeachtet dessen, dass die Erklärung mit einem Datum versehen worden ist –, weil allein mit dem Ausfüllen und Unterzeichnen des Formulars der Antrag noch nicht in den Rechtsverkehr gelangt ist. Dies ändert allerdings nichts daran, dass bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage, namentlich bei der Frage, ob im Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig unzutreffende oder unvollständige Angaben gemacht wurden, auch die Erklärungen und Erkenntnisse des Auszubildenden zum Zeitpunkt des Ausfüllens und des Unterzeichnens des Formulars einbezogen werden können und dass bei zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen unrichtige oder unvollständige Angaben zu berichtigen bzw. zu ergänzen sind.
- 35
Gem. § 11 Abs. 2 BAföG ist auf den Bedarf das Vermögen des Auszubildenden anzurechnen, wobei hierzu gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG auch Guthaben bei Banken, Bausparkassen und Wertpapiere wie etwa Sparbücher gehören. Der Kläger besaß zu den maßgeblichen Stichtagen der Beantragung von Leistungen nach dem BAföG Vermögen in Form von Bankguthaben überhalb des Freibetrages von 5.200, - Euro (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG). Denn das in Rede stehende Vermögen war dem Kläger ungeachtet der vorausgegangenen Vermögensverfügungen im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Antragstellung (ausbildungs-)förderungsrechtlich (noch) zuzuordnen, und zwar auch dann, wenn – wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist – auf den Zeitpunkt des Eingangs der Anträge beim Beklagten, mithin auf den 08. Oktober 2002 (Eingang des Erstantrages) und auf den 30. Oktober 2003 (Eingang des Wiederholungsantrages) abgestellt wird. Dabei ist von Folgendem auszugehen:
- 36
Maßgeblich für die Zuordnung des Vermögens ist grundsätzlich das geltende Recht, wie es sich insoweit insbesondere aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergibt (vgl. Rothe / Blanke, BAföG-Kommentar, Stand: Januar 2004, § 27 Rdnr. 8.1).
- 37
Der Kläger war – zumindest bis zu der von ihm vorgenommenen Übertragung des Vermögens auf seine Angehörigen – zivilrechtlich Inhaber der genannten Konten und damit Gläubiger der entsprechenden Auszahlungsforderungen. Kontoinhaber und Gläubiger des darauf eingezahlten Betrages ist, wer im konkreten Fall nach dem erkennbaren Willen des Kunden im Zeitpunkt der Kontoeröffnung Gläubiger des Guthabens werden sollte (std. Rspr. d. BGH, vgl. u. a. Urt. v. 18.10.1994 - XI ZR 237/93 - BGHZ 127, 229 (231); Urt. v. 02.02.1994 - IV ZR 51/93 - NJW 1994, 931; Urt. v. 18.01. 2005 - X ZR 264/02 - NJW 2005, 980 = juris; BVerwG, Urt. v. 04.09.2008 - 5 C 30.07 - BVerwGE 132, 10 = juris). Dies war hier der Kläger. Die Konten sind auf seinen Namen eröffnet worden. Er war ungeachtet dessen, dass sein Vater hinsichtlich beider Konten eine Vollmacht besaß, grundsätzlich auch verfügungsberechtigt, selbst wenn es sich bei den Konten um langfristig angelegte Festgelder gehandelt hat.
- 38
An der zivilrechtlichen Eigentums- bzw. Forderungsinhaberschaft des Klägers ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger bei der zugrunde liegenden Schenkung seiner Eltern und der Errichtung des Kontos bei der Sparkasse D. im Jahre 1995 noch minderjährig war. Der zugrunde liegendende Schenkungsvertrag konnten die Eltern des Klägers trotz des Verbots des Selbstkontrahierens, dem auch gesetzliche Vertreter eines unter elterliche Gewalt stehenden Kindes unterliegen (§§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB), rechtswirksam abschließen, da das Verbot des Selbstkontrahierens gem. § 181 BGB nicht für solche Geschäfte gilt, die dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen (vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl. Rdnr. 9 zu § 181 m. w. N.).
- 39
Auch ist vom Kläger weder behauptet worden noch sonst wie ersichtlich, dass die angelegten Gelder nicht für ihn bestimmt waren, sondern etwa nur von ihm verwahrt wurden, weil in Wirklichkeit jeweils ein sog. verdecktes Treuhandverhältnis vorgelegen hätte. Denn jedenfalls haben sowohl der Kläger als auch sein Vater übereinstimmend erklärt, dass es sich bei der Zuwendung des Vaters im Jahre 1995 als auch bei der Zuwendung seines Großvaters im Jahre 1998 jeweils um „Schenkungen“ gehandelt habe. Seitens des Senats bestehen hieran keine durchgreifenden Zweifel. Daran ändert auch der letztlich Umstand nichts, dass seitens des Vaters des Kläger bei seiner Vernehmung als Zeuge in der mündlichen Verhandlung erstmals von „einer Schenkung ... als Vorausleistung auf den Unterhalt“ die Rede ist und der Vater insoweit bereits Unterhaltsansprüche hat erfüllen wollen, die möglicherweise in ferner Zukunft von seinem Sohn beansprucht werden.
- 40
Aber selbst dann, wenn die in Rede stehenden Guthaben im Rahmen eines Treuhandverhältnisses allein aus steuerlichen Gründen auf die Konten des Klägers eingezahlt worden wären und insoweit durch die treuhänderische Übertragung dem Fiskus in rechtswidriger Weise zu versteuernde Zinserträge hätten vorenthalten werden sollen, wäre dies ein Umstand, der gem. §§ 134, 138 BGB zur Nichtigkeit des Treuhandvertrages führen würde. Denn Rechtsgeschäfte sind dann nichtig im Sinne der genannten Vorschriften, wenn sich eine mit dem Vertrag verbundene Steuerverkürzung als der Hauptzweck des Vertrages darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O. unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 30.01.1985 - VIII ZR 292/83 - WM 1985, 647 und Urt. v. 02.11.2005 - IV ZR 57/05 - NJW-RR 2006, 283; OLG Hamm, Urt. v. 10.01.1989 - 26 U 77/87 - BB 1989, 651).
- 41
Bezogen auf den Zeitpunkt des Eingangs des Erst-Antrages beim Beklagten am 08. Oktober 2002 (sowie des Eingangs des Wiederholungsantrages am 30. Oktober 2003) ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger nicht mehr Inhaber der Konten und damit zivilrechtlich nicht mehr im Besitz des in Rede stehenden Vermögens war. Denn ausweislich der zur Sachakte gereichten Unterlagen des Klägers waren zum genannten Zeitpunkt die Bankkonten bei der Raiffeisenbank S. und bei der Sparkasse D. bereits aufgelöst und das Guthaben übertragen bzw. abgetreten worden.
- 42
Allerdings bleibt – auch bei Zugrundelegung des Zivilrechts für die Zuordnung des Ver-mögens – fraglich, ob nach der erfolgten Auflösung der Konten und Vermögensdispositionen, mithin im Zeitpunkt des Eingangs der BAföG-Anträge beim Beklagten, seitens des Klägers nicht ein Rückforderungsanspruch gegen seine Angehörigen gem. § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bestand, welcher anrechenbares Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 1 BAföG wäre. Nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Schenker, wenn er nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs dürften hier erfüllt sein, denn der Kläger kann nach Übertragung seines Vermögens seinen Lebensunterhalt und die Kosten seiner Ausbildung nicht (mehr) bestreiten, wie sein Antrag auf Ausbildungsförderung belegt. Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden.
- 43
Denn selbst dann, wenn – wie zuvor ausgeführt worden ist – die ausbildungsförderungsrechtliche Zuordnung des Vermögens grundsätzlich an die zivilrechtlichen Eigentums- und Inhaberverhältnisse anknüpft, gilt dies nicht ausnahmslos. So hat das Bundesverwaltungsgericht eine Vermögensübertragung des Auszubildenden unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit im Fall eines Rechtsmissbrauchs, der eine Fallgruppe des Verstoßes gegen Treu und Glauben darstellt, für unbeachtlich erklärt (BVerwG, Urt. v. 13.01.1983 - 5 C 103.80 - NJW 1983, 2829 (2830); Urt. v. 04.09.2008 a.a.O.; Beschl. v. 19.05.2009 - 5 B 111.08 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 08.08. 2007 - 12 B 07. 475 - m. w. N., juris; VGH BW, Urt. v. 21.02.1994, FamRZ 1995, 62 = juris; ebenso Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 28 Rdnr. 10). Hat der Auszubildende im Einzelfall rechtsmissbräuchlich Vermögen an Dritte übertragen, so ist ihm das Vermögen weiterhin zuzurechnen. Ein Auszubildender handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er im Hinblick auf eine konkret bevorstehende oder bereits begonnene Ausbildung, für die Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden soll, Vermögen an Dritte überträgt, um eine Vermögensanrechnung zu vermeiden, anstatt das Vermögen für seinen Lebensunterhalt einzusetzen. Es genügt dabei ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Vermögensverfügung und Antragstellung, das Fehlen einer gleichwertigen Gegenleistung sowie der Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck. Hingegen ist – so das Bundesverwaltungsgericht – nicht erforderlich, dass der Auszubildenden zugleich verwerflich gehandelt, mithin der objektive Missbrauchstatbestand die Vermögensdisposition zugleich von dem Willen getragen ist, die Guthaben einer Vermögensanrechnung zu entziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.1983, a.a.O.).
- 44
Nach diesen Kriterien erweisen sich die Vermögensübertragungen des Klägers am 19. und 24. September 2002 als rechtsmissbräuchlich: Die Übertragung der Vermögenswerte steht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der erstmaligen Beantragung von Ausbildungsförderung durch den Kläger, dessen erster BAföG-Antrag am 17. September 2002 ausgefüllt und unterzeichnet wurde und am 08. Oktober 2002 beim Beklagten eingegangen ist. Dem Rechtsmissbrauch steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Auflösung der Konten und Guthabensübertragung nicht selbst vorgenommen hat, sondern dass er seinen Vater mit dem Vollzug beauftragt hat, zumal er nach eigenen Angaben die insoweit erforderlichen schriftlichen Erklärungen abgegeben und seine Unterschriften geleistet hat. Eine solche gleichsam mit der Antragstellung einhergehende Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu dem mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz verfolgten Gesetzeszweck, der darauf abzielt, dass Vermögen vorrangig für Ausbildung und Lebensunterhaltung eingesetzt wird, bevor staatliche Leistungen der Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden. Auch fehlt es im vorliegenden Fall an einer Gegenleistung für die vom Kläger vorgenommene Vermögensübertragung. Der Kläger kann sich nämlich – wie noch auszuführen sein wird – zur Überzeugung des Senats nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe mit der Übertragung eine bestehende Verbindlichkeit erfüllt bzw. Schuld getilgt. Denn jedenfalls besaßen seine Eltern keinen Rechtsanspruch auf die ihnen übertragenen Vermögenswerte; zumindest aber ist ein solcher Rechtsanspruch vom Kläger nicht in der gebotenen Weise nachgewiesen worden. In Einzelnen ist dabei von Folgendem auszugehen:
- 45
Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG sind die im Zeitpunkt der Antragstellung "bestehenden Schulden und Lasten" abzuziehen. Den Bankguthaben des Klägers standen zur Überzeugung des Senats indes keine rechtliche Verbindlichkeit bzw. zu tilgende Schuld gegenüber, und zwar weder in Form einer Darlehensverbindlichkeit noch in Form einer sonstigen Schuld wie etwa aufgrund einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung.
- 46
Für die Frage, ob ein Darlehen – wie vom Kläger zunächst behauptet – als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade auch im Ausbildungsförderungsrecht die Gefahr des Missbrauchs bestehen kann, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben insoweit ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 802/90 - m. w. Nachw., BB 1995, 2624 (2625) = juris).
- 47
Dem Kläger ist allerdings einzuräumen, dass die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten muss, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat (s. zur diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs: BFH, Urt. v. 04.06.1991 - IX R 150/85 - BFHE 165, 53; Beschl. v. 25.06.2002 - X B 30/01 - BFH/NV 2002, 1303). Dass etwa eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden ist, dass Abreden über Zinsen bestehen sowie die getroffene Vereinbarung vorsieht, dass der Rückzahlungsanspruch jedenfalls bei längerer Laufzeit ausreichend (dinglich) gesichert ist, ist auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Missbrauchsabwehr ausbildungsförderungsrechtlich nicht zwingend zu verlangen (BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.). Denn derartige Anforderungen eines strengen Fremdvergleichs gehen über das gesetzliche Erfordernis der bestehenden Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG hinaus und lassen sich der Vorschrift nicht entnehmen. Sie ergeben sich als gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis auch nicht aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr werden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung (wie insbesondere Schriftlichkeit, dingliche Sicherung und Verzinsung) weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht. Das gilt jedenfalls dann, wenn im Hinblick auf die familiäre Vertrauensbeziehungen – wie sie auch der Kläger anführt – auf die genannten Modalitäten der Vertragsgestaltung verzichtet worden ist. Eine strenge Anwendung eines Fremdvergleichs mit der Forderung einer dinglichen Sicherung des Rückzahlungsanspruchs wird im Übrigen auch der differenzierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht gerecht, die den Fremdvergleich nur auf bestimmte Fallgruppen (insbesondere die sogenannten Umwandlungsfälle) anwendet, während ansonsten Darlehensverträge unter nahen Angehörigen auch ohne eine ausdrückliche Sicherheitsbestellung als steuerrechtlich wirksam anerkannt werden können (vgl. BFH, Urt. v. 28.01.1993 - IV R 109/91 - BFH/NV 1993, 590 und Urt. v. 04.06.1991 a.a.O. zur steuerlichen Anerkennungsfähigkeit von Baudarlehen oder Anschaffungsdarlehen unter nahen Angehörigen).
- 48
Ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des sogenannten Fremdvergleichs ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.) stattdessen allein bei der anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit eine Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien, deren nachfolgende Aufzählung sich hier nicht als abschließend versteht, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann oder der bezeichnete Grund nicht dazu geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Darlehensvertrages nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige Darlehensverpflichtung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung erst angegeben hat, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Dagegen kann es für das Vorliegen eines beachtlichen Darlehensverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums sprechen, wenn das Darlehen bereits zu dem Zeitpunkt zurückgezahlt worden war, zu dem es der Auszubildende zum ersten Mal offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte (BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.).
- 49
In Anlegung der genannten Kriterien rechtfertigt sich zur Überzeugung des Senats nicht die Annahme, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater bzw. seinen Eltern eine rechtsverbindliche Darlehensvereinbarung getroffen worden ist; jedenfalls ist das Bestehen einer solchen Darlehensschuld vom Kläger nicht in der gebotene Weise nachgewiesen worden. Überdies sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den finanziellen Zuwendungen an den Kläger bzw. bei den zu seinen Gunsten an Dritte erbrachten finanziellen Leistungen und Aufwendungen, welche nach Angaben des Klägers den Rechtsgrund der Darlehensschulden bilden, um Unterhaltsleistungen oder aber freiwillige Unterstützungsleistungen gehandelt hat; jedenfalls ist aufgrund des klägerischen Vortrags die gebotene klare Abgrenzung des konkreten Rechtsgrundes in Bezug auf die für den Kläger getätigten Ausgaben nicht möglich. Soweit es schließlich sonstige Absprachen gegeben haben sollte, können diese förderungsrechtlich nicht als Rechtsgrund für die Vermögensübertragung angesehen werden. Im Einzelnen ist von Folgendem auszugehen:
- 50
Ein schriftlicher Darlehensvertrag ist nach eigenem Bekunden des Klägers zwischen ihm und seinem Vater zu keiner Zeit abgeschlossen worden, wobei im vorliegenden Fall ohnehin von einer Vielzahl von Darlehensvereinbarungen auszugehen wäre, weil nach dem Vortrag des Klägers die für ihn im Laufe der Zeit jeweils getätigten Ausgaben den Anlass für die Darlehensvereinbarung(en) gebildet haben sollen. Dies spricht zwar nicht zwingend gegen das Zustandekommen solcher Vereinbarungen, da die Schriftlichkeit keine notwendige Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen einer solchen Vereinbarung ist und dieser Umstand im Einzelfall in den familiären Gepflogenheiten begründet sein kann. Allerdings ist festzustellen, dass damit zugleich ein bedeutsames Indiz für den Abschluss einer Darlehensvereinbarung fehlt.
- 51
Es kommt erschwerend hinzu, dass nach dem Vortrag des Klägers sowohl Inhalt als auch Anzahl der behaupteten Darlehensvereinbarungen völlig unbestimmt geblieben sind. Welche konkreten Abreden getroffen worden sind, ist nicht – wie es erforderlich gewesen wäre – substanziiert und in nachvollziehbarer Weise dargelegt worden. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich Fälligstellung der vermeintlichen Darlehensverträge. Eine wie auch immer geartete Rückzahlungsvereinbarung und sei es nur „bei Abschluss der Lehre“, „wenn er ausgelernt hat“ oder „wenn er selbst verdient“ hat es nach den Einlassungen des Klägers offenbar nicht gegeben.
- 52
Ferner ist der Gesamtbetrag der vom Kläger angeblich geschuldeten (Darlehens-)Beträge zu keiner Zeit konkret beziffert worden; zudem sind die Angaben zu den für den Kläger im Verlauf der Jahre getätigten Aufwendungen hinsichtlich Anlass und Höhe uneinheitlich (in der Erklärung des Vaters des Klägers vom 18.11.2004 ist z. B. davon die Rede, es sei ein Moped für „mehr als 7.000, - DM“ gekauft worden [Bl. 101 d. Sachakte], während die später vorgelegte diesbezügliche Kaufquittung nur einen Preis von 5.390, - DM ausweist [Bl. 113 d. Sachakte]) und auch nur zum Teil durch Belege nachgewiesen. Der Vater des Klägers hat hierzu in seinem Schreiben vom 16. Dezember 2004 an den Beklagten angegeben: „Wenige Papiere habe ich noch in seinem alten Schrank (gemeint ist der Schrank des Sohnes) gefunden, davon habe ich Kopien gemacht.“ Damit wurde vom Vater des Klägers zunächst der Eindruck vermittelt, dass sich die einzelnen Ausgaben nicht mehr vollständig belegen lassen. Demgegenüber hat der als Zeuge vernommene Vater des Klägers in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen: „Ich habe die Aufwendungen in eine Liste eingetragen. Dort wurden sämtliche Aufwendungen notiert. Diese Liste hatte ich im Jahr 2005 noch, jetzt aber ist sie nicht mehr vorhanden.“ Ein solcher Vortrag ist unstimmig und auch nicht plausibel, da dem Kläger und auch seinem Vater bewusst sein musste, dass der Vorlage einer solchen Liste eine besondere Bedeutung beizumessen war. Die Einlassungen des Vaters sind daher nicht geeignet, die Angaben zu den angeblichen Darlehensschulden als glaubhaft anzusehen.
- 53
Nicht nachvollziehbar ist überdies, dass die Geldanlage einerseits nach eigenen Angaben dazu diente, dem Kläger einen „gesicherten Berufseinstig“ zu ermöglichen und um dem Kläger zugleich einen finanziellen Zinsvorteil zu verschaffen, andererseits aber zu einem Zeitpunkt, als er ein Studium aufzunehmen beabsichtigte und er insoweit „bedürftig“ und auf das vorhanden Guthaben angewiesen war, das Darlehen fällig gestellt bzw. die ausstehenden Verbindlichkeiten bereinigt wurden. Der Hinweis auf den unvorhergesehenen Verlauf der Ausbildung des Klägers vermag diesen Widerspruch nicht plausibel aufzulösen. Zudem spricht gegen die Annahme einer (rechtlich verbindlichen) Darlehensvereinbarung mit einem entsprechenden Rückzahlungsanspruch des Vaters, dass – worauf auch das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat – die „ausgelegten“ 10.000, - DM nicht bereits im Jahre 1998, mithin im Zeitpunkt der erfolgten weiteren Schenkung von 10.000, - DM durch den Großvater des Klägers, die angeblich bereits vorhandenen Schulden gegenüber dem Vater getilgt worden sind, was nach Auffassung des Senats naheliegend gewesen wäre. Stattdessen wurde dieser Betrag auf einem vom Kläger neu eröffneten Konto als verzinsliches Guthaben angelegt.
- 54
Gegen die Annahme des Bestehens von Darlehensverträgen spricht schließlich auch der Umstand, dass der Kläger im Antragsformular zu seinem BAföG-Antrag keinerlei Angaben zu irgendwelchen Schulden, Verbindlichkeiten oder gar zur Existenz von Darlehensverträgen gemacht hat. Soweit der Kläger (sinngemäß) geltend macht, er sei davon ausgegangen, sein Vater aus den vorhandenen Guthaben seine Darlehensschulden bereits beglichen, vermag diese Behauptung schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich zum einen um Festgeld gehandelt und der Kläger auch Freistellungsaufträge hinsichtlich der Kapitalerträge gestellt hat.
- 55
Aber auch dann, wenn man davon ausginge, dass im Zusammenhang mit den für den Kläger im Lauf der Zeit getätigten Ausgaben entsprechende Darlehen vereinbart worden wären, wären hierdurch – jedenfalls soweit es jene Ausgaben betrifft, die vom Vater vor dem (..) Mai 1998 getätigt worden sind – keine rechtsverbindlichen Rückzahlungsverpflichtungen begründet worden. Denn die insoweit vereinbarten Darlehensverträge wären nicht rechtswirksam zustande gekommen. Der am (..) Mai 1980 geborenen Kläger war damals noch minderjährig und im Hinblick auf die sich aus § 181 BGB ergebende Beschränkung konnten demzufolge mit dem Kläger entsprechende Darlehensverträge ohne eine vormundschaftliche Genehmigung nicht rechtswirksam abgeschlossen werden, weil hiermit nicht – wie es erforderlich gewesen wäre – für den Kläger allein ein rechtlicher Vorteil begründet wurde. Damit wäre selbst dann, wenn vor dem (..) Mai 1998 eine wie auch immer geartete vertragliche Vereinbarungen zur Rückzahlung der für den Kläger getätigten Ausgaben getroffen worden wären, ein entsprechender Rückzahlungsanspruch des Vaters nicht begründet worden. Dies betrifft im vorliegenden Fall insbesondere auch die Ausgaben des Vaters für das laut Rechnung vom 2. Juli 1996 käuflich erworbene Moped in Höhe von 5.300, - DM und die Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins.
- 56
Darüber hinaus dürfte es sich bei den Ausgaben für den Kläger – soweit diese nicht freiwillig und ohne jede Rückzahlungsverpflichtung getätigt wurden, um das nach Angaben des Vaters des Klägers „für den Start in das Berufsleben“ vorgesehene Bankguthaben zu schonen – um solche gehandelt haben, welche dem Kläger von den unterhaltsverpflichteten Eltern geschuldet wurden. Die Eltern waren dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum unterhaltspflichtig; gem. § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich dabei das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der jeweiligen Lebensstellung des Bedürftigen. Soweit der Unterhaltsbedürftige – hier der Kläger – selbst noch keine eigene Lebensstellung erlangt hatte, wie dies bei minderjährigen Kindern der Fall ist und bei Kindern, die trotz ihrer Volljährigkeit noch keine angemessene Berufsausbildung absolviert haben, bleiben die Eltern daher unterhaltspflichtig. Wurden die getätigten Ausgaben dem Kläger indes im Rahmen der Unterhaltsverpflichtungen der Eltern geschuldet, bestand insoweit auch kein Anspruch der Eltern auf Rückzahlung dieser mit Rechtsgrund erfolgten Zahlungen. Dafür, dass es sich vorliegend zumindest überwiegend um Unterhaltsleistungen gehandelt hat, sprechen jedenfalls gewichtige Anhaltspunkte, wie bereits die folgenden Erwägungen deutlich machen:
- 57
Soweit vom Kläger (bzw. seinem Vater) als Beleg für die Ausgaben des Vaters zugunsten des Klägers eine Rechnung über den Einsatz eines Notarztes vom 24. März 1999 in Höhe von 377,40 DM und eine weitere Rechnung über den Einsatz eines Rettungswagens vom 22. März 1999 in Höhe von 485,00 DM vorgelegt hat, besteht kein Erstattungsanspruch des Vaters. Denn diese Ausgaben (ebenso wie etwa die Kosten einer Krankenversicherung) sind von den Eltern des Klägers diesem im Rahmen eines Anspruchs auf einen angemessenen Unterhalt gem. § 1610 BGB geschuldet (vgl. OLG Koblenz - Senat für Familiensachen -, Urt. v. 19.01.2010 - 11 UF 620/09 -, juris; s. auch zum Anspruch auf Übernahme kieferorthopädischer Behandlungskosten als unter unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf i. S. d. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB: OLG Celle - Senat für Familiensachen -, Urt. v. 04.12. 2007 - 10 UF 166/07 - m. w. Nachw., juris). Nach allem kann offen bleiben, ob und inwieweit die Kosten für den Notfalleinsatz nicht ohnehin von der Krankenkasse des Klägers übernommen worden sind, der nach eigenen Angaben bei seinen Eltern mitversichert war.
- 58
Ebenso verhält es sich u. a. auch hinsichtlich der Anschaffung eines Mopeds am 02. Juli 1996 und der Kosten für den Erwerb eines Autos einschließlich der damit verbundenen Betriebskosten (Kfz-Steuer etc.). Denn die Unterhaltspflicht der Eltern umfasst grundsätzlich auch den Transport zur Ausbildungsstätte; es handelt sich insoweit um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf (vgl. u. a. OLG Karlsruhe - Senat für Familiensachen -, Urt. v. 21.09. 2007 - 5 UF 3/07 -, juris). Darauf, dass sie ihrer diesbezüglichen Unterhaltspflicht auch in anderer Weise hätten erfüllen können, ändert jedenfalls nichts daran, dass es sich jedenfalls um eine Unterhaltsleistung gehandelt hat. Ähnlich dürfte es sich hinsichtlich der Kosten für die Einrichtung einer Unterkunft für den Kläger verhalten.
- 59
Nach allem lässt sich nicht – was als solches ausreichend ist – bezogen auf die einzelnen Ausgaben die vom Kläger behauptete Darlehensgewähr jedenfalls nicht klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen. Dies geht ebenfalls zu Lasten des Klägers.
- 60
Im Übrigen ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 1602 Abs. 2, 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass ein minderjähriges Kind gegenüber seinen Eltern grundsätzlich auch dann unterhaltsberechtigt bleibt, wenn es über eigenes Vermögen verfügt. Diese Vorschriften werden durch § 1642 und § 1649 Abs. 1 und 2 BGB ergänzt, wonach Vermögenseinkünfte einem Unterhaltsanspruch des Kindes erst dann entgegengehalten werden können, wenn bei ordnungsgemäßer Verwaltung ein Überschuss verbleibt (Münchener Kommentar / Hinz, BGB, 3. Aufl. § 1649 Rdnr. 11). D. h. grundsätzlich hat die Einhaltung des Kindesvermögens Vorrang. Eltern dürfen nur dann auf einen Vermögensstamm des Kindes zurückgreifen, wenn sie durch die Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kind die Grenzen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit überschritten und ihr eigener angemessener Unterhalt nicht mehr gewährleistet wäre, § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB. Von dieser Ausnahme abgesehen, darf für den Unterhalt des Kindes nur aus dem Vermögensstamm fließende Einkünfte (z. B. Zinsen) zurückgegriffen werden (FG Hamburg, Urt. v. 19.11.1998 - VI 208/97 -, juris).
- 61
Schließlich bestand auch kein Anspruch aus einem Treuhandverhältnis. Ein solches scheitert schon daran, weil es – wie eingangs bereits ausgeführt – an einer entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen einem Treugeber und Treuhänder fehlt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 04.09.2008, a.a.O.).
- 62
Aber selbst dann, wenn für die Schenkungen steuerliche Gründe den Ausschlag gegeben haben sollten, würde es sich objektiv (§§ 133, 157 BGB) um eine Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) handeln. Ein gegenteiliger Wille des Vaters wäre nach § 116 Satz 1 BGB unbeachtlich und eine Anfechtung wegen etwaigen Erklärungsirrtums hätte nach § 121 BGB unverzüglich erfolgen müssen. Für eine unentgeltliche Zuwendung spricht zudem, dass bei den jeweiligen Vermögensanlagen verfügt war, dass die Zinsen dem Kläger zukommen und das Guthaben nach Fälligkeit dem Girokonto des Klägers gutgeschrieben werden sollte. Hätte der Vater des Klägers keine Schenkung gewollt, hätte er gegenüber der Bank bei den jeweiligen Vermögensanlagen veranlassen können, dass sowohl die Zinsen als auch die Guthaben bei Fälligkeit ihm zufließen. Auch steuerrechtlich wäre die Übertragung nur bei tatsächlichem Vorliegen einer Schenkung anzuerkennen gewesen.
- 63
Zudem sind Forderungen nur dann vom Vermögen des Auszubildenden abzuziehen, wenn eine verbindliche (schuld-)rechtliche Verpflichtung zu ihrer Begleichung besteht (vgl. Sächs.OVG, Beschl. v. 03.09.2007 - 5 E 165/07 - m. w. N., juris; Beschl. v. 02.02.2009 - 1 A 50/08 -, juris). D. h. es muss sich um tatsächlich bestehende Schulden im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG handeln und damit um eine wirksame und vom auszubildenden nachzuweisende Verbindlichkeit handeln (BVerwG, Urt. v. 04.09. 2008, a.a.O.). Es muss insoweit eine konkrete, mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zustande gekommene Absprache nachgewiesen werden. Eventuelle sonstige familieninterne Beschränkungen und Bindungen sowie interne Absprachen, welche die rechtliche Zuordnung und Zugriffsmöglichkeit unberührt lassen, können prinzipiell angesichts der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.2000 - 5 B 182/99 -, juris; OVG Bremen, Urt. v. 21.01.2007 - 2 A 245/05 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 16.05.2007 - 12 C 07.359 -, juris; Beschl. v. 06.03.2007 - 12 ZB 06.2726 -, juris; Beschl. v. 28.02.2007 - 12 ZB 06.2581 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.05.2007 - 4 LA 88/07 -, juris) und bewirken daher rechtlich gesehen auch kein Verwertungshindernis im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG.
- 64
Schließlich ändert auch die Tatsache, dass sich der Kläger womöglich seinen Eltern gegenüber moralisch verpflichtet fühlte, für bestimmte Ausgaben aufzukommen, nichts an der Rechtsmissbräuchlichkeit seines Handels. Denn dem Kläger musste bewusst sein, dass er zunächst alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen muss, bevor er auf die Möglichkeiten der Förderung nach dem BAföG zurückgreifen kann (Grundsatz der Nachrangigkeit der staatlichen Förderung).
- 65
Der Kläger hat somit den Senat im Ergebnis auch nicht davon zu überzeugen vermocht, dass dem anzurechnenden Vermögen Schulden oder sonstige rechtliche Verbindlichkeiten gegenüber standen; der Kläger ist seiner diesbezüglichen besonderen Darlegungs- und Nachweispflicht jedenfalls nicht in der gebotenen Weise nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.
II.
- 66
Der Kläger ist in seinem Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht schutzwürdig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach Satz 2 der Vorschrift ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte – wovon hier auszugehen ist – die erbrachten Leistungen verbraucht oder aber eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich nach der Begünstigte unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen.
- 67
1. Im Falle des Klägers sprechen zudem gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
- 68
Der Kläger hat zunächst in objektiver Hinsicht bei seiner Antragstellung in wesentlicher Beziehung unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht. Zwar waren im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung, mithin bei Eingang des (ersten) BAföG-Antrages beim Beklagten am 08. Oktober 2002, die Konten bereits aufgelöst und damit die in Rede stehenden Vermögensdispositionen schon erfolgt. Auch ist dem Kläger einzuräumen, dass im Antragsformular nicht nach vorausgegangenen Vermögensverfügungen gefragt worden ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Angaben (objektiv) unrichtig und unvollständig waren, weil (ausbildungs-)förderungsrechtlich nicht von einer wirksamen Vermögensübertragung auszugehen ist. Denn die vom Kläger vorgenommene Vermögensübertragung erfüllt – wie eingangs ausgeführt – den Missbrauchstatbestand mit der Folge, dass dem Auszubildenden das Vermögen jedenfalls (ausbildungs-)förderungsrechtlich weiterhin zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 04. 09.2008, a.a.O.; Beschl. v. 19.05.2009, a.a.O.). Auch standen dem Vermögen keine entsprechenden Schulden oder sonstige Verbindlichkeiten gegenüber, so dass er etwa – mit Blick auf eine mögliche Saldierung – nur “formal“ unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht hätte.
- 69
Zu prüfen bleibt somit nur mehr, ob der Kläger auch in subjektiver Hinsicht, mithin vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig, in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, indem er beim Ausfüllen und Unterzeichnen des Antragsformulars keinerlei Angaben zu den vorhandenen Konten und Guthaben (sowie ggf. auch zu den angeblichen Schulden bzw. Verbindlichkeiten) gemacht hat bzw. – stellt man auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung ab – indem er es unterlassen hat, die von ihm abgegebenen Erklärungen gegenüber dem Beklagten zu berichtigen bzw. zu ergänzen.
- 70
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger beim Ausfüllen und Unterzeichnen des Formulars am 17. September 2002 darum wusste, dass die Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen in Wirklichkeit unzutreffend sind. Ihm war – wovon der Senat insbesondere auch nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten informatorischen Anhörung des Klägers und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einvernahme seines Vaters als Zeugen überzeugt ist – damals bekannt, dass die Konten noch existent waren und dass er Inhaber der insoweit vorhandenen Guthaben war.
- 71
Die Behauptung des Klägers, er habe von der Existenz der Konten und den insoweit vorhandenen Guthaben keine Kenntnis gehabt, erscheint dem Senat angesichts des Umstandes, dass der Kläger selbst Kontoinhaber war, die Konten im Zusammenhang mit an ihn erfolgten Schenkungen auf seinen Namen eingerichtet wurden und es sich überdies bei den Bankguthaben um ein Festgeldkonten handelte, nicht nachvollziehbar und plausibel. Immerhin hat der Kläger selbst vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass sein Vater hinsichtlich der für ihn getätigten Ausgaben mit den Bankguthaben eine Art Sicherheit gehabt habe. Es kommt hinzu, dass der Kläger für die jeweiligen Kapitalerträge Freistellungsaufträge gestellt und sich dabei als Gläubiger der Kapitalerträge bezeichnet hat. Die Einschätzung des Senats, dass der Kläger von der Existenz der Konten durchaus Kenntnis hatte, wird zur Überzeugung des Senats letztlich auch dadurch bestätigt, dass der Kläger seine u. a. auch dahingehend eingelassen hat, er habe „kaum Kenntnis“ davon gehabt, dass die Konten noch existent waren.
- 72
Vor allem sind aber auch die Angaben des Klägers und des als Zeugen vernommenen Vaters des Klägers, soweit es den Zeitpunkt betrifft, zu dem der Kläger erst von der Existenz der Konten Kenntnis erlangt haben will, nicht überzeugend, weil nicht frei von Widersprüchen. Soweit der Kläger behauptet hat, er habe das Antragsformular am 17. September 2002 ausgefüllt, aber erst am anlässlich des Besuchs seines Vaters am 18. September 2002, nachdem er seinen Vater anlässlich eines Besuches vom BAföG-Antrag unterrichtet habe, davon Kenntnis erlangt, dass die in Rede stehenden Konten noch existent seien, ist dieser Vortrag ersichtlich unzutreffend. Hierzu steht nämlich im Widerspruch, dass sein Vater eine Einkommenserklärung zum BAföG-Antrag sowie im Zusammenhang hiermit eine ergänzende Erklärung seine Tochter betreffend abgegeben hat, die jeweils vom 15. September 2002 datieren. Auch hat sein Vater bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung, auf den Vorhalt hin, dass die Schilderungen zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom BAföG-Antrag und damit von der Kenntniserlangung des Klägers von der Existenz der Konten nicht zutreffend sein könne, an seiner vorausgegangenen Einlassung, er habe erst am 17. September 2002 von dem BAföG-Antrag Kenntnis erlangt, nicht mehr festgehalten.
- 73
Der Kläger hat den Senat auch nicht davon zu überzeugen vermocht, dass er fälschlicherweise davon ausgegangen ist, dass dem Vermögen auf den Konten Darlehensverbindlichkeiten oder sonstige Schulden gegenüber standen. Gegen eine solche Annahme spricht bereits der Umstand, dass der Kläger ein solches Darlehen oder sonstige Schulden beim Ausfüllen und Unterzeichnen des Antrages am 17. September 2002 nicht im Antragsformular nicht angegeben hat. Zudem hat er nur wenige Tage nach Abgabe seiner Erklärungen und noch vor Zugang seines Antrages beim Beklagten durch entsprechenden Beauftragung seines Vaters selbst veranlasst, dass die Konten aufgelöst und die vorhandene Bankguthaben auf andere Familienmitglieder übertragen wurden. Hierfür hätte jedoch bei Bestehen von Darlehensverbindlichkeiten oder sonstigen Schulden keine Veranlassung bestanden. Vielmehr hätte er diese – im Übrigen auch bei nachträglicher Kenntniserlangung von der Existenz der Konten – den anzurechenden Guthaben im Antragsformular gegenüberstellen können. Das Verhalten des Klägers lässt daher zur Überzeugung des Senats nur den Schluss zu, dass es dem Kläger mit der Auflösung der Konten und der Vermögensübertragung gerade darum ging zu verhindern, dass die Vermögenswerte bei der Entscheidung über den BAföG-Antrag zur Anrechnung gelangen würden. Wäre er hingegen davon ausgegangen, dass ihm das Guthaben auf den Konten wegen einer Darlehensvereinbarung bzw. wegen der für ihn in der Vergangenheit getätigten Ausgaben nicht mehr zuordnen gewesen wären oder dass den Guthaben zumindest Schulden in derselben Höhe gegenüber standen, hätte es einer derartigen – gleichsam “überhasteten“ – Vermögensübertragung nicht bedurft.
- 74
Nach allem ist zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass die Vermögensübertragungen des Klägers darauf abzielten, eine Vermögensanrechnung zu verhindern. Damit tritt zum Vorliegen des (objektiven) Missbrauchstatbestandes – welcher eine Verwerflichkeit des Handelns nicht voraussetzt - im vorliegenden Fall die erforderliche subjektive Komponente hinzu, nämlich in Form eines vorsätzlichen Handelns. Damit stellt sich – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht mehr die Frage, ob dem Kläger die (ausbildungs-)förderungsrechtliche Anrechenbarkeit des den Angehörigen bereits übertragenen Vermögens hätte bekannt sein können oder müssen und ihm insoweit der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens zu machen ist. Denn jedenfalls diente das Verhalten gerade dazu, eine Vermögensanrechnung aufgrund noch vorhandener Bankguthaben zu verhindern, so dass er zumindest insoweit vorsätzlich handelte.
- 75
Von der Frage, ob der Kläger eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung vorgenommen hat, ist die Frage zu unterscheiden, ob der Kläger zugleich „vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben“ gemacht hat. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass – stellt man auf den Zeitpunkt des Eingangs des BAföG-Antrages beim Beklagten am 8. Oktober 2002 ab – bei Antragstellung die Vermögensübertragung bereits erfolgt war und der Antrag insoweit „formal“ keine unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben gemacht hat; zum anderen ist zu berücksichtigen, dass im Antragsformular nach vorausgegangenen Vermögensübertragungen nicht (ausdrücklich) gefragt wird und eine entsprechende Belehrung oder auch nur ein Hinweis hierauf sowohl im Antragsformular als auch in den Erläuterungen hierzu fehlen.
- 76
Unstreitig liegt Vorsatz oder zumindest grobe Fahrlässigkeit vor, wenn Tatsachen nicht angegeben bzw. verschwiegen werden, nach denen ausdrücklich gefragt wurde oder über deren förderungsrechtliche Relevanz der Auszubildende belehrt worden ist. In diesem Fall verletzt der Auszubildende – soweit er nicht vorsätzlich handelt – die im Verkehr erforderliche Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maße. Fraglich bleibt indessen, ob (Vorsatz und) grobe Fahrlässigkeit zu verneinen ist, wenn unvollständige oder unrichtige Angaben auf unklaren formularmäßigen Fragebögen beruhen und eine (ausdrückliche) Belehrung über die förderungsrechtlicher Relevanz auch vorausgegangener Vermögensdispositionen fehlt (verneinend u. a. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29. 04.2009 - 12 S 2493/06 -, juris; VG Stuttgart, Urt. v. 24.11.2009 - 11 K 2370/09 -, juris; Urt. v. 18.12.2006 - 11 K 1606/06 -, juris; VG Minden, Urt. v. 15.12.2005 - 9 K 4304/04 -, juris; VG Augsburg, Urt. v. 02.10.2007 - Au 3 K 06.01444 -, juris; s. auch Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, a.a.O. Anhang § 20 Rdnr. 5).
- 77
Zwar steht es dem Auszubildenden nicht zu, von sich aus zu beurteilen, ob und welche Schulden und Lasten anrechenbar bzw. in Abzug zu bringen sind. Auch folgt aus § 60 Abs. 1 SGB X die Verpflichtung, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistungen erheblich sind. Der Auszubildende wird überdies – worauf der Beklagte insbesondere hinweist – vor der Unterschriftszeile (textlich hervorgehoben) auf seine Pflicht zu vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben hingewiesen. Schließlich muss sich der Auszubildende auch bei Vorliegen von Zweifeln durch das Amt für Ausbildungsförderung über seine Pflichten beraten lassen. Ob sich im Hinblick hierauf im Falle eines im Antrag „formal“ korrekt ausgefüllten, jedoch unterbliebenen (zusätzlichen) Hinweises des Antragstellers auf eine vorausgegangene förderungsrechtlich relevante Vermögensdisposition, welche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht notwendigerweise verwerflich sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. 01.1983, a.a.O.), stets schon der Vorwurf begründen lässt, der Betroffene habe die gebotene Sorgfalt in besonders schwerwiegender Weise außer Acht gelassen, erscheint zweifelhaft und dürfte einzelfallabhängig sein.
- 78
Anders verhält es sich nach Auffassung des Senats aber dann, wenn ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt und wenn dieser – wie hier – zugleich das Wissen um die rechtsmissbräuchliche Art der Vermögensdisposition impliziert, so dass die Annahme vorsätzlichen Handelns gerechtfertigt ist. D. h. in derartigen Fällen befreit der Umstand, dass im Antragsformblatt selbst nicht nach einer rechtsmissbräuchlich unentgeltlichen an Dritte übertragenes Vermögen gefragt wird, den Auszubildenden nicht davon, dieses Vermögen anzugeben, wenn er sich nicht dem Vorwurf vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässig gemachter unvollständiger Angaben aussetzen will. Davon ist auch beim Kläger auszugehen, dessen Handeln zur Überzeugung des Senats auf eine Umgehung der Vermögensanrechnung abzielte, und der deshalb die der Antragstellung am 8. Oktober 2002 vorausgegangene Vermögensübertragung dem Beklagten nicht verschweigen durfte, selbst wenn hiernach im Antragsformblatt nicht gefragt und nicht belehrt wurde und er insoweit das Antragsformular insoweit „formal“ zutreffend ausgefüllt hat. Diese besondere Obliegenheit folgt aus dem der Antragstellung vorausgegangenen Handeln des Klägers und der sich hieraus ergebenden Offenbarungspflicht gegenüber dem Beklagten.
- 79
2. Ungeachtet dessen sind im Falle des Klägers die Voraussetzungen gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 1. Halbsatz SGB X erfüllt, wonach sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nicht berufen kann, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
- 80
Der Senat ist im Falle des Klägers – wie bereits dargelegt – davon überzeugt, dass er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide kannte und billigend in Kauf genommen hat. D. h. es ist dem Kläger durchaus bewusst gewesen, dass sich die Vermögenswerte, wie sie mit den im Zeitpunkt des Ausfüllens und Unterzeichnens des BAföG-Antrages auf seinen Konten noch vorhanden waren, nach dem BAföG als förderungsschädlich erweisen würden. Aus eben diesem Grunde hat der die Auflösung der Konten und Übertragung der Vermögenswerte veranlasst. Dass er sich insoweit in einem Irrtum befunden hätte, vermag den Senat nicht zu überzeugen; seine Einlassungen, namentlich auch bei seiner informatorische Anhörung in der mündlichen Verhandlung, hat eine solche Annahme nicht zu begründen vermocht.
- 81
Aber selbst dann, wenn der Kläger nicht vorsätzlich gehandelt hätte, wäre ihm jedenfalls der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen. Denn der Kläger hätte bei der gebotenen Sorgfalt die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide erkennen können und müssen.
- 82
Die Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit ist in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X enthalten und auch im Rahmen der Nr. 2 der Vorschrift heranzuziehen (vgl. OVG d. Saarlandes, Urt. v. 27.05.2008 - 3 A 373/07 -, juris; ebenso Wulffen, SGB X 5. Aufl. § 45 Rdnr. 22). Danach handelt grob fahrlässig, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt hat. Die Feststellung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist in der Regel einzelfallabhängig und erfordert ein gegenüber der einfachen Fahrlässigkeit sowohl objektiv als auch subjektiv gesteigertes Verschulden (vgl. OVG d. Saarlandes, a. a. O.; VGH Mannheim, Urt. v. 11.06.2003 - 7 S 1697/02 -, juris; OVG NRW, Urt. v. 11.02.2008 - 2 A 959/05 -, juris). Dies ist etwa anzunehmen, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.
- 83
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Auszubildende gehalten ist, dazu beizutragen, rechtswidrige Leistungen von Ausbildungsförderung an ihn zu vermeiden; daraus ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, Bewilligungsbescheide zu prüfen und auf Überzahlungen zu achten (BVerwG, Beschl. v. 28.05.2004 - 5 B 52.04 -, juris; Urt. v. 21.01.1987 - 5 C 54.78 -, Buchholz 436.36 § 20 Nr. 24; Beschl. v. 26.10.1978 - 5 B 54.78 -, Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 6). Ergeben sich Zweifel, ist der Auszubildende zudem gehalten, sich durch Rücksprache Klarheit zu verschaffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.05.2004, a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 11.06. 2003, a. a. O.; OVG des Saarlandes, a. a. O.).
- 84
Der Kläger hätte – selbst wenn man darauf abstellt, dass die Angaben bei Antragstellung “formal“ zutreffend waren und er sich seiner Offenbarungspflicht im Zusammenhang mit der Antragstellung nicht bewusst gewesen sein sollte – jedenfalls erkennen können und müssen, dass in Anbetracht der von ihm kurzfristig veranlassten Vermögensübertragungen die Bewilligung von Sozialleistungen in Form von Ausbildungsförderung nicht rechtens sein konnten. Denn der Kläger hätte bereits bei Anspannung geringer Sorgfalt – allzumal bei Nachfrage bei dem Beklagten – erkennen können, dass er im Zeitpunkt der Antragstellung über anzurechnendes Vermögen verfügte.
- 85
Es gehört zur allgemeinen Kenntnis auch rechtlich unerfahrener Personen, dass ein Anspruch auf staatliche Sozialleistungen nur dann besteht, wenn und soweit die für den Lebensunterhalt erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Dieser Grundsatz ist auch in § 1 BAföG gesetzlich verankert. Es liegt für jeden Auszubildenden auf der Hand, dass er eigenes Vermögen nicht ohne sachlichen Grund weggeben darf, um erst so die Leistungsvoraussetzungen des Ausbildungsförderungsgesetzes herbeizuführen, anstatt es für den Lebensunterhalt während der Ausbildung einzusetzen. Der Kläger hat damit einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt. Hierzu gehört auch die Erkenntnis, dass es nicht angehen kann und sich als Missbrauch darstellen muss, wenn man sich selbst im zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung von Sozialleistungen durch Vermögensübertragungen bedürftig macht und alsdann Sozialleistungen beantragt. Wenn der Kläger gleichwohl auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides vertraut haben sollte, hat er damit die Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt.
IV.
- 86
Genießt der Kläger bereits aus den genannten Gründen keinen Vertrauensschutz, bleibt im Hinblick auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts lediglich ergänzend anzumerken, dass sich der Kläger auch dann nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen könnte, wenn die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht vorlägen. Denn auch dann, wenn man die Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X nicht als erfüllt ansähe, könnte sich der Kläger in Anwendung des in § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 SGB X normierten Grundsatzes nicht mit Erfolg auf einen Vertrauensschutz berufen. Nach diesem allgemeinen Grundsatz dürfen (unanfechtbare) rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte für die Vergangenheit zurück-genommen werden, wobei dies (nur) dann und auch nur für den Regelfall ausgeschlossen ist, wenn der Begünstige auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung der mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
- 87
Ein Rückgriff auf diesen allgemeinen Grundsatz mit der Folge, dass ein schutzwürdiges Vertrauen nicht anzuerkennen ist, verbietet sich auch nicht im Hinblick auf die speziellen Regelungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X. Diese normieren den Ausschluss des Vertrauensschutzes nicht abschließend; es handelt sich hierbei lediglich um Regelbeispiele. Andernfalls dürfte im Hinblick auf den zugrunde liegenden Gesetzeszweck auch eine Analogie in Betracht zu ziehen sein. Deshalb ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein mit den in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X legal definierten typischen Sonderfällen vergleichbarer Sonderfall vorliegt, der den Ausschluss der Schutzwürdigkeit des Vertrauens rechtfertigt. So verhält es sich hier. Aufgrund des Umstandes, dass im vorliegenden Fall von einer missbräuchlichen Vermögensübertragung auszugehen ist, welche zur Überzeugung des Senats vom Kläger auch in vorwerfbarer Weise herbeigeführt worden ist, erweist es sich im Hinblick auf den gesetzgeberischen Zweck der Regelungen sachgerecht und angemessen, den Fall eines missbräuchlichen Verhaltens den in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X angeführten Fällen gleichzustellen, selbst wenn er in der genannten Vorschrift nicht ausdrücklich angeführt wird. Denn den Tatbeständen zu Nr. 1 bis 3 der genannten Regelung ist gemein, dass aufgrund der bestehenden Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers diesem ein Vertrauensschutz nicht zugebilligt werden kann. Dies muss gleichermaßen für ein missbräuchliches Verhalten gelten, so dass auch in diesen Fällen ein schutzwürdiges Vertrauen nicht anzuerkennen ist. Denn auf ein rechtsmissbräuchlichen Verhalten kann ein schützenswertes Vertrauen selbst dann nicht gegründet werden, wenn davon auszugehen sein sollte, dass der Auszubildende in dem BAföG-Antrag „formal“ keine unrichtigen Angaben gemacht hat, weil in dem Antragsformular nicht nach solchermaßen missbräuchlich übertragenen Vermögen gefragt wird (vgl. auch VG München, Urt. v. 14.09.2006 - M 15 K 05.5931 -, juris).
- 88
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Aufhebung der angefochtenen Bescheide für die Vergangenheit auch nicht die Regelung gem. § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X entgegen, wonach der Verwaltungsakt nur in den Fällen von § 45 Absatz 2 Satz 3 und – hier nicht einschlägig – von Absatz 3 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zugenommen wird. Ist indes – wie zuvor dargelegt – hinsichtlich der Regelungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X bei Vorliegen vergleichbarer Sonderfälle eine ergänzende Auslegung bzw. entsprechende Anwendung geboten, hat auch im Rahmen des § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X nichts anders zu gelten. D. h. die genannte Vorschrift schließt entsprechend der zu § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X gebotenen Gesetzesinterpretation ebenfalls Fälle mit ein, die denen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vergleichbar sind. Andernfalls läge nicht nur bei der konkreten Rechtsanwendung, sondern auch im Hinblick auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck ein nicht nachvollziehbarer Systembruch vor; denn jedenfalls ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass in Fällen, die denen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vergleichbar sind, eine Rückforderung für die Vergangenheit ausgeschlossen sein sollte.
V.
- 89
Die vom Beklagten bei der Rücknahme der zugrunde liegenden Verwaltungsakte getroffene Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
VI.
- 90
Rechtlichen Bedenken begegnen die Bescheide der Beklagten vom 31. Mai 2005 auch insoweit nicht, als mit ihnen die in der Zeit vom Oktober 2002 bis September 2004 geleistete Ausbildungsförderung zurückgefordert wird. Rechtsgrundlage des vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 50 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 SGB X, wonach die erbrachten Leistungen zu erstatten sind, soweit der zugrunde liegende Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
VII.
- 91
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
- 92
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 93
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
- 1.
die Eltern getrennt leben oder - 2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten vom 23.03.2005 wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 24.02.2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Berufungen der Klägerinnen vom 16.03.2005 werden zurückgewiesen.
3. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerinnen zu je ½. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen und der Streithelferin der Klägerinnen tragen diese jeweils selbst.
4. Jede der Klägerinnen kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweils von den Beklagten Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert in beiden Instanzen: bis 1.100.000 EUR
Gründe
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
|
| |||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
|
(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen
- 1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes, - 2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.
(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.
(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.
(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.
(1) Der Wert eines Gegenstandes ist zu bestimmen
- 1.
bei Wertpapieren auf die Höhe des Kurswertes, - 2.
bei sonstigen Gegenständen auf die Höhe des Zeitwertes.
(2) Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Betrag sind die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Dies gilt nicht für das nach diesem Gesetz erhaltene Darlehen.
(4) Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt.
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die 1989 geborene Antragstellerin begehrt von ihrem Vater, dem Antragsgegner , Ausbildungsunterhalt für die Zeit ab September 2010.
- 2
- Die Antragstellerin lebte nach der Trennung ihrer Eltern im Jahr 1997 zunächst im Haushalt des Vaters in den Niederlanden, bevor sie 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland wechselte. Dort erwarb sie 2007 die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 3,6. Anschließend nahm sie eine eigene Wohnung und bestritt ihren Lebensunterhalt selbst, indem sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse eintrat und Praktika zum Teil in der Erwartung leistete, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu erlangen. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäu- ferin. Ihre Mutter erzielt als geringfügig Beschäftigte Einkünfte von monatlich höchstens 400 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für September 2010 bis Juli 2011 in Höhe von 2.923,42 € sowie laufenden Unterhalt ab August 2011 in Höhe von monatlich 218,82 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen Eltern und Kindern sei von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, weshalb das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit durchzuführen habe. Gewisse Ausbildungsverzögerungen seien je nach den Umständen des Einzelfalls jedoch hinzunehmen. Trotz einer nicht unerheblichen Verzögerung bei der Ausbildung könne ein Unterhaltsanspruch dann noch fortbestehen, wenn in den Fällen der Erstausbildung der Unterhaltspflichtige durch die Zuerkennung des Unterhaltsanspruchs wirtschaftlich nicht übermäßig belastet werde, die Versagung des Unterhaltsanspruchs für das Kind jedoch gravierende Folgen für dessen Lebensstellung hätte und Verzögerungen in der Ausbildung jedenfalls auch auf vom Kind nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen seien. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben , da die Antragstellerin bei notenbedingt schlechten Chancen auf einen Ausbildungsplatz berechtigterweise mehrere Praktika absolviert habe mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz zu erlangen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der sehr mäßige Schulabschluss auch auf die von der Antragstellerin nicht zu vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels von den Niederlanden nach Deutschland und dem damit verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen sei. Der Antragsgegner habe auch noch drei Jahre nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung damit rechnen müssen, von der Antragstellerin auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.
- 6
- Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin sei - dem Amtsgericht folgend - nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien mit 670 € monatlich zu bemessen, wobei davon auszugehen sei, dass sie nicht mit einem Partner in häuslicher Gemeinschaft lebe. Nach Abzug des Kindergeldes und der Ausbildungsvergütung unter Berücksichtigung eines pauschalen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs von monatlich 90 € verbleibe ein offener Bedarf von anfänglich 284 €, zwischen Februar 2011 und Juli 2011 250,57 € und seit August 2011 218,82 € monatlich. Dem Antragsgegner, der über ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.782,50 € verfüge , verbleibe auch nach Abzug von pauschalen berufsbedingten Aufwendungen , Krankenversicherungsbeiträgen und Unterhaltsbeträgen noch ein Einkommen , welches deutlich über seinem angemessenen Selbstbehalt liege.
- 7
- Der Anspruch der Antragstellerin entfalle auch nicht deswegen, weil sie dem Antragsgegner seit geraumer Zeit den Kontakt verweigere. Allein ein solches Verhalten begründe eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 BGB nicht. Insoweit könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der Antragsgegner es unterlassen habe, seinerseits (wieder) den Kontakt zur Antragstellerin zu suchen.
- 8
- Schließlich würde auch eine zwischen dem Antragsgegner und der Mutter der Antragstellerin getroffene Freistellungsvereinbarung, wonach jeder El- ternteil für das bei ihm lebende Kind sorgen solle, den Unterhaltsanspruch nicht entfallen lassen.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
- 10
- 1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht für das in 2010 eingeleitete Verfahren auf der Grundlage des Art. 5 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (Brüssel I-VO = EuGVVO) von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen. Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (EuUnthVO) ist nach deren Art. 75 Abs. 1 auf das vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete Verfahren nicht anwendbar.
- 11
- Ebenfalls zutreffend hat das Oberlandesgericht das Verfahren nach deutschem Sachrecht beurteilt, was sich aus Art. 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUÜ 73) bzw. Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (Haager Unterhaltsprotokoll - HUP) ergibt. Denn die Antragstellerin als Unterhaltsberechtigte hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
- 12
- 2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht entschieden, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB hat.
- 13
- a) Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.
- 14
- aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 15).
- 15
- bb) Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt auch die Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen. Auch ein Schulabgänger muss auf die Belange des Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schulabschluss zur Verfügung stehen. Er muss sich alsbald um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig beginnen. Zwar ist einem jungen Menschen eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufsund Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine lange Verzögerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabung und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 16).
- 16
- Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung , ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen , richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 17 mwN).
- 17
- So ist einerseits anerkannt, dass subjektive Beeinträchtigungen des Unterhaltsberechtigten , die diesem nicht vorwerfbar sind, wie etwa eine psychische Erkrankung, die verzögerte Aufnahme eines Studiums rechtfertigen können (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 18 mwN).
- 18
- Andererseits mutet § 1610 Abs. 2 BGB den Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und dem bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Nachholung etwa der Hochschulreife und der Aufnahme eines Studiums rechnen mussten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen. Dabei kann auch ins Gewicht fallen, dass es sich um Zeiträume handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen (Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672).
- 19
- b) Den vorstehenden Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung gerecht.
- 20
- aa) Die Antragstellerin hat 2007 im Alter von 18 Jahren die mittlere Reife absolviert. Soweit das von der Rechtsbeschwerde aufgegriffene Wiederholen der siebten Klasse zu einem verzögerten Abschluss der allgemeinen Schulausbildung führte, muss der Verpflichtete dies nach Treu und Glauben hinnehmen. Unabhängig davon, dass dem Kind ein schulisches Versagen während seiner Minderjährigkeit ohnehin kaum vorgeworfen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 1997 - XII ZR 20/96 - FamRZ 1998, 367, 370 zu § 1611 Abs. 2 BGB), ist nach den getroffenen Feststellungen das Wiederholen der Schulklasse ebenso wie der vergleichsweise schlechte Notendurchschnitt des Abgangszeugnisses auch auf die von der Antragstellerin nicht zu vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels von den Niederlanden nach Deutschland und den damit verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen. Darin, dass die Antragstellerin diese negativen Einflüsse auf ihre schulische Entwicklung auch in den Folgejahren nach dem Wechsel nicht aus eigener Kraft mit der vorhandenen Begabung kompensieren konnte, liegt kein schuldhaftes Versagen des Kindes von unterhaltsrechtlicher Relevanz.
- 21
- bb) Ebenfalls ist der Antragstellerin unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen, dass sie nicht sofort nach der Erlangung des Schulabschlusses in ein Ausbildungsverhältnis eintrat. Dass das Oberlandesgericht ihr insoweit eine Übergangszeit zugestanden hat, liegt im tatrichterlichen Ermessen und ist im Rahmen der rechtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden.
- 22
- Hierbei durfte das Oberlandesgericht berücksichtigen, dass es Bewerbern mit guter Ausgangsqualifikation, die sich vor allem durch gute Schulnoten ausdrücken kann, im ersten Zugriff grundsätzlich leichter gelingt, einen Ausbil- dungsplatz zu erlangen, als Bewerbern mit schwächerer Qualifikation. Letztere mögen verstärkt darauf angewiesen sein, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen, was auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen kann.
- 23
- Nach den getroffenen Feststellungen bemühte sich die Antragstellerin seit 2007 um einen Ausbildungsplatz, indem sie in den Jahren bis 2009 mehrere Praktika absolvierte mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz zu erlangen. Zwar hat die Antragstellerin für 2008 keine konkreten Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz vorgetragen. Es hält sich jedoch in den Grenzen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, wenn das Oberlandesgericht hierin nach den Umständen des Einzelfalls noch keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung gesehen hat.
- 24
- cc) Dass die angeordnete Unterhaltsverpflichtung den Antragsgegner unzumutbar belasten könnte, ist vor dem Hintergrund der tatrichterlich getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des relativ langen Zeitraums bis zur Aufnahme der Ausbildung nicht ersichtlich. Denn in Anbetracht der schwierigen Ausbildungsmarktlage für Schulabsolventen mit schwacher Notenqualifikation musste der Antragsgegner damit rechnen, dass die Antragstellerin eine Ausbildungsstelle erst würde antreten können, nachdem sie sich in vorgeschalteten Berufsorientierungspraktika oder ähnlichen Tätigkeiten bewährt hatte. Auch liegt die gesamte Ausbildung noch innerhalb des Zeitraums vor der Vollendung des 25. Lebensjahres, für den Kindergeld beansprucht werden kann, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BKGG). Durch die vorgenannte Regelung erkennt die Rechtsordnung eine Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unabhängig von ihrer Art als grundsätzlich förderungswürdig an. Es handelt sich um die erste Ausbildung der Antragstellerin, die der Antragsgegner zu finanzieren hat; zudem muss der Antragsgegner vergleichsweise niedrige Beträge zahlen, die sich innerhalb des Ausbildungszeitraums wegen der jährlich steigenden Ausbildungsvergütung sogar noch verringern.
- 25
- 3. Auch hinsichtlich der Höhe des angeordneten Unterhalts hält die angefochtene Entscheidung einer Überprüfung stand.
- 26
- a) Der Bedarf der Antragstellerin steht nur insoweit im Streit, als der Antragsgegner Haushaltsersparnis und Synergie durch das Zusammenleben mit einem Partner geltend macht. Das Oberlandesgericht hat jedoch das Vorbringen , mit dem der Antragsgegner das Zusammenleben der Antragstellerin mit einem Partner behauptet, zu Recht als nicht hinreichend substanziiert erachtet.
- 27
- b) Nach den zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners getroffenen Feststellungen verfügt dieser über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.782,50 € abzüglich 5% berufsbedingter Aufwendungen (89,15 €) und Krankenversicherungsbeitrag von 274,77 €. Unter Abzug des angemessenen Selbstbehalts, den das Oberlandesgericht unter Hinweis auf seine Leitlinien in tatrichterlicher Verantwortung mit 1.100 € bis Ende 2010 bzw. 1.150 € für die Zeit danach bemessen hat, war der Antragsgegner für den zugesprochenen Unterhalt leistungsfähig. Damit kann er den Unterhalt erbringen.
- 28
- Etwas anderes folgt auch nicht aus den erhöhten Selbstbehalten, die der Senat gegenüber einem vormals wirtschaftlich selbstständigen Kind gebilligt hat (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 20). Denn ein Kind, das die Phase vor seiner Erstausbildung durch Berufsorientierungspraktika oder ähnliche Tätigkeiten überbrückt, ist noch nicht wirtschaftlich selbstständig im vorbezeichneten Sinne.
- 29
- Soweit der Antragsgegner vorbringt, ihm müsse pauschal ein höherer als der tabellenmäßige Selbstbehalt verbleiben, um das in seinem Aufenthaltsstaat, den Niederlanden, bestehende höhere Preisniveau aufzufangen, ist dem nicht zu folgen. Die tabellenmäßigen Selbstbehaltsbeträge geben eine pauschalierte Betrachtung zur Hand, die bereits auf regionale Preisunterschiede innerhalb Deutschlands keine Rücksicht nimmt. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der im Ausland aufhältige Unterhaltspflichtige einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Jedenfalls wenn sich die Kaufkraft des Euro in den einzelnen Staaten nur geringfügig unterscheidet, wie hier die Rechtsbeschwerde nur um 4,4 % erhöhte Lebenshaltungskosten für die Niederlande vorträgt, ist ein Kaufkraftausgleich regelmäßig nicht geboten (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 35).
- 30
- 4. Schließlich ist es nicht zu beanstanden und von der Rechtsbeschwerde im Übrigen auch nicht gerügt, dass das Oberlandesgericht eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 BGB abgelehnt hat (vgl. dazu auch Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 27). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
AG Mayen, Entscheidung vom 13.10.2011 - 8b F 585/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 28.03.2012 - 13 UF 1081/11 -
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Gründe
-
I.
- 1
-
Der Kläger, ein emeritierter Hochschullehrer, begehrt von dem beklagten Institut, ihm Einsicht in die Liste (Vor- und Nachnamen, Anschrift und e-mail-Adresse) der gegenwärtig und künftig Studierenden des Studiengangs Regionalwissenschaft/Regionalplanung fortlaufend ab dem Sommersemester 2004 zu gewähren.
- 2
-
Nachdem das beklagte Institut sich geweigert hatte, dem Kläger die gewünschten Listen zu überlassen, hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er unter anderem geltend gemacht hat: Als emeritierter Hochschullehrer sei er weiterhin berechtigt, Lehrveranstaltungen anzubieten und abzuhalten. Ein reibungsloser und effektiver Ablauf der Lehrveranstaltungen und auch die Kontrolle des Lernerfolgs seien nur möglich, wenn ihm die gewünschten Angaben über die eingeschriebenen Studierenden vor Beginn des Semesters zur Verfügung stünden. Es entspreche der ständigen Praxis des beklagten Instituts, jedem Hochschullehrer eine Kopie der fraglichen Listen zu überlassen oder jedenfalls auf Wunsch in sie Einsicht zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der mündlichen Verhandlung den Leiter des Studienbüros und die Leiterin der Dienstleistungseinheit Studium und Lehre des beklagten Instituts als Zeugen zur Behandlung von Daten und Listen der Studierenden vernommen. Er hat sodann die Berufung des Klägers durch das angefochtene Urteil zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
-
II.
- 3
-
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
- 4
-
1. Die Rechtssache hat nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
- 5
-
Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
-
ob für einen (emeritierten) Professor das Recht besteht, zur Vorbereitung seiner Lehrveranstaltungen und zur Beteiligung an Prüfungsverfahren jeweils zu Semesterbeginn von der Universität, an welcher er lehrt, Name, Anschrift und Fachsemesterzahl der immatrikulierten Studierenden durch Einsichtnahme in die Studierendenlisten in Erfahrung zu bringen.
- 6
-
Ob ein solcher Anspruch aus § 49 Abs. 4 Satz 4 des Landeshochschulgesetzes (LHG) in Verbindung mit § 12 Abs. 1 LHG hergeleitet werden kann, mag in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Zwar gehört § 49 Abs. 4 LHG dem grundsätzlich irrevisiblen Landesrecht an (§ 137 Abs. 1 VwGO). Jedoch kann sich die Revisibilität des § 49 Abs. 4 Satz 4 LHG aus dem fortgeltenden § 127 Nr. 2 BRRG ergeben. Nach dieser Vorschrift kann bei einer Klage aus dem Beamtenverhältnis die Revision auch auf die Verletzung von Landesrecht gestützt werden. Eine Klage aus dem Beamtenverhältnis im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch im Beamtenrecht seine Grundlage hat, also über eine Klage mit einer dem Beamtenrecht zuzuordnenden Anspruchsgrundlage zu entscheiden ist (Beschluss vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 41.06 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 130 S. 2). § 49 LHG regelt die dienstrechtliche Stellung der Professoren und ist damit materiell dem Beamtenrecht zuzuordnen.
- 7
-
Jedoch ist die aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Es liegt auf der Hand und bedarf deshalb nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass weder allein aus § 49 Abs. 4 Satz 4 LHG noch aus dieser Vorschrift in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ein Anspruch des (emeritierten) Hochschullehrers folgt, ihm vor Beginn des Semesters namentlich in Form einer Liste Namen, Anschriften und Fachsemester aller eingeschriebenen Studierenden zur Verfügung zu stellen.
- 8
-
Nach § 49 Abs. 4 Satz 4 LHG können Professoren auch nach ihrem Eintritt in den Ruhestand Lehrveranstaltungen abhalten und an Prüfungsverfahren mitwirken. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistet die Freiheit der Lehre. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass dieses Grundrecht als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe schützt und dem einzelnen Wissenschaftler einen vorbehaltlos geschützten Freiraum gewährt. Zugleich enthält Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine Wertentscheidung. Diese hat nicht nur zur Folge, dass der Staat zur Pflege der freien Wissenschaft und ihrer Vermittlung an die nachfolgende Generation personelle, finanzielle und organisatorische Mittel bereitstellen muss. Er hat vielmehr im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebs dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist. Diese Grundsatzentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verstärkt dessen Geltungskraft in Richtung auf eine Teilhabeberechtigung. Soweit der einzelne Träger des Grundrechts der Korporation einer Hochschule angehört, erwächst ihm ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutze seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerlässlich sind (BVerfG, Beschluss vom 3. März 1993 - 1 BvR 557/88, 1551/88 - BVerfGE 88, 129 <136 f.>). Der Staat muss danach für funktionsfähige Institutionen eines freien Wissenschaftsbetriebs sorgen und durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass das individuelle Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1995 - 1 BvR 1379/94, 1413/94 - BVerfGE 93, 85 <95>).
- 9
-
Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich bereits unmittelbar auch ohne eine weitere Klärung im Revisionsverfahren, dass ein Hochschullehrer von der Hochschule nicht jede ihm jeweils genehme organisatorische Unterstützung zur Abhaltung seiner Lehrveranstaltungen und zur Mitwirkung an Prüfungen verlangen kann. Er muss sich vielmehr auf andere zur Verfügung stehende Möglichkeiten verweisen lassen, solange diese nur geeignet sind, Lehrveranstaltungen anzubieten und abzuhalten. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof aber in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die freie wissenschaftliche Betätigung des Klägers nicht von der Möglichkeit abhängt, in die Liste der Studierenden Einsicht zu nehmen. Sowohl für das Angebot von Lehrveranstaltungen als auch für die Bereitschaft, an Prüfungen mitzuwirken, reiche es aus, wenn der Kläger entsprechende Hinweise in geeigneter Form, etwa durch Anschläge am Schwarzen Brett, das Vorlesungsverzeichnis oder das Internet, so gebe, dass sie jeder geeignete Studierende zur Kenntnis nehmen könne. Diese tatsächlichen Feststellungen, die im Übrigen auch unmittelbar einleuchten, hat der Kläger nicht mit Zulassungsgründen angegriffen, so dass der Senat an sie in dem angestrebten Revisionsverfahren gebunden wäre.
- 10
-
2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.
- 11
-
a) Der Verwaltungsgerichtshof musste nicht über die von ihm vernommenen Zeugen hinaus weitere Zeugen zu der Frage hören, ob es eine allgemeine Praxis des beklagten Instituts gab, interessierten Hochschullehrern Listen mit den hier in Rede stehenden Angaben zu überlassen oder ihnen Einsicht in solche Listen zu gewähren. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof keinen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt, obwohl ihm klar sein musste, dass der Verwaltungsgerichtshof die Beweisfrage aufgrund der Zeugenvernehmungen für geklärt hielt, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Beweisaufnahme geschlossen hatte.
- 12
-
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat. Dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Eine Aufklärungsrüge ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn sie schlüssig aufzeigt, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen. Mit der Beschwerde muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (Beschluss vom 14. September 2007 - BVerwG 4 B 37.07 -).
- 13
-
Der Verwaltungsgerichtshof hatte mit dem Leiter des Studienbüros und der Leiterin der Dienstleistungseinheit Studium und Lehre diejenigen Bediensteten als Zeugen vernommen, die nach ihrer Funktion am besten Auskunft über die Praxis im Umgang mit den in Rede stehenden Listen geben konnten. Eine Vernehmung anderer Personen musste sich dem Verwaltungsgerichtshof nicht aufdrängen. Wenn der Kläger die Beweisaufnahme nicht für ausreichend hielt, hätte er deshalb förmlich die Vernehmung weiterer Zeugen beantragen müssen. Er hat in der Beschwerde im Übrigen nicht dargelegt, warum die Zeugen, deren Vernehmung er wünscht, eine bessere Kenntnis der Praxis hatten als die vernommenen Zeugen, die dem Beweisthema am nächsten standen, und warum sich dies dem Verwaltungsgerichtshof auch ohne förmlichen Beweisantrag hätte aufdrängen müssen.
- 14
-
b) Der Verwaltungsgerichtshof musste nicht von sich aus den Beschluss des Senats der Hochschule aus dem Jahre 1979 beiziehen, auf den nach der Aussage der Zeugen die von ihnen geschilderte Praxis im Umgang mit den Listen der Studierenden zurückging.
- 15
-
Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof nicht den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt. Sein Beweisthema war nicht die Existenz eines Beschlusses des Senats der Hochschule und dessen Inhalt, sondern die tatsächlich geübte Praxis, die aus seiner Sicht für die Frage eines Anspruchs auf Gleichbehandlung allein entscheidungserheblich war. Wenn die Zeugen in diesem Zusammenhang die von ihnen geschilderte Praxis auf einen Beschluss des zuständigen Hochschulgremiums zurückführten, mag das für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage von Bedeutung sein, zwang aber den Verwaltungsgerichtshof nicht, aus Gründen der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme diesen Beschluss beizuziehen.
- 16
-
Insoweit musste sich dem Verwaltungsgerichtshof ohne einen hierauf gerichteten Beweisantrag des Klägers nicht von Amts wegen eine Beiziehung des erwähnten Beschlusses aufdrängen, wenn ihm die Existenz dieses Beschlusses und namentlich die auf ihm fußende tatsächliche Handhabung durch die Aussagen der Zeugen ausreichend nachgewiesen schienen.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 220/05 – wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.
- 2
-
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 Gebäude- und Infrastrukturmanagement an einer sächsischen Hochschule. Hierfür erhielt er antragsgemäß von Dezember 2001 bis August 2003 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. In den entsprechenden Anträgen hatte er jeweils verschwiegen, dass er neben den angegebenen Vermögenswerten auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der D. Bank eingerichteten Wertpapierdepots gewesen war, das er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.
- 3
-
Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für den besagten Zeitraum auf und forderte den Kläger auf, die gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.
- 4
-
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Guthaben des Wertpapierdepots handele es sich nicht um sein Vermögen. Das Geld habe seiner zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter gehört. Er habe das Wertpapierdepot für diese treuhänderisch verwaltet. Zudem habe er das Guthaben des Wertpapierdepots auf Anweisung seiner Großmutter auf seine Schwester übertragen und nicht um seine Bedürftigkeit herbeizuführen.
- 5
-
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zu Begründung führte er aus, das Guthaben des Wertpapierdepots sei dem Vermögen des Klägers zuzurechnen. Die Übertragung dieses Depots auf seine Schwester vor der erstmaligen Antragstellung sei rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Bei Berücksichtigung dieses Guthabens übersteige das Gesamtvermögen des Klägers den ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag derart, dass dieser seinen monatlichen Bedarf in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum vollständig aus seinem anrechenbaren Vermögen habe decken können. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligungsbescheide sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - nicht schutzwürdig. Daher könnten die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei der im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X vorzunehmenden Ermessensentscheidung stünden sich das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide und das öffentliche Interesse an einer möglichst effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel gegenüber. Letzteres verlange in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens in aller Regel die Aufhebung einer rechtswidrigen Förderungsentscheidung und damit die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Verwaltungsübung, an welche er, der Beklagte, auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Förderungsempfänger gebunden sei.
- 6
-
Die Klage des Klägers hatte vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Auf die Revision des Klägers hatte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Denn dieses war abweichend von der ihm im Entscheidungszeitpunkt noch nicht bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangenen, ein (verdecktes) Treuhandverhältnis sei ausbildungsförderungsrechtlich unbeachtlich. In dem nunmehr angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Beklagten erneut stattgegeben und die Klage des Klägers abgewiesen.
- 7
-
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den vom Bundesverwaltungsgericht für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen aufgestellten rechtlichen Maßstab fehlerhaft angewandt. Es habe einerseits Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie etwa die strikte Separierung des Depotguthabens von seinem Vermögen, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt. Andererseits habe es beispielsweise die fehlende Unterschrift seiner Großmutter auf der von ihm vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarung zu Unrecht als ein Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht in grober Weise gegen die Denkgesetze verstoßen, soweit es aus dem Umstand, dass der in dem Depot angelegte Geldbetrag nahezu das gesamte Vermögen seiner Großmutter darstellte, gefolgert habe, dass die Unterschrift der Großmutter auf der Treuhandvereinbarung und ein nachvollziehbarer Grund für ihren Abschluss zu erwarten gewesen wären.
- 8
-
Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB X. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts könne ihm lediglich vorgeworfen werden, bei der Antragstellung grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dieser Irrtum des Beklagten führe zwingend zu einem Ermessensfehler. Die Prüfprogramme der beiden Ermessensvorschriften seien nicht identisch. Abgesehen davon sei das dem Beklagten im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X auch nicht in Richtung auf die Rücknahme intendiert.
- 9
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 4 Abs. 72 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - SGB X - ein sog. intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung bejaht, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Es stellt sich aber im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlagen und der Beklagte sein Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei betätigt hat.
- 11
-
Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Soweit ein Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Bewilligungsbescheide, bei denen es sich um begünstigende Verwaltungsakte handelt, rechtswidrig waren, weil im gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch das Guthaben des Wertpapierdepots Vermögen des Klägers war und ihm daher im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Ausbildungsförderung zustand (1.). Der Kläger hat das Wertpapierdepot und dessen Übertragung auf seine Schwester grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht angegeben (2.), weshalb er sich nicht auf Vertrauen berufen kann und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist eingehalten worden (3.). Der Beklagte hat bei der Rücknahmeentscheidung auch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt (4.). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung der erbrachten Leistungen, deren Höhe außer Streit steht, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwingend ist.
- 12
-
1. Das Guthaben auf dem Wertpapierdepot ist als Vermögen des Klägers zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um Treugut (a). Die unentgeltliche Übertragung dieses Depots auf die Schwester des Klägers ist förderungsrechtlich unbeachtlich (b).
- 13
-
a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der Berücksichtigung von Treuhandabreden im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen ausdrücklich die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze (vgl. Urteile vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - BVerwGE 132, 21 = Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 4 jeweils Rn. 13 f. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 f.) zugrunde gelegt. In rechtsfehlerfreier Anwendung dieses Maßstabs hat es den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Großmutter verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
- 14
-
Soweit die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe bei Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze einen Rechtsfehler begangen, indem es Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie beispielsweise die strikte Separierung des Depotguthabens von dem Vermögen des Klägers und die Erteilung einer Depotvollmacht an seine Großmutter, unzutreffend bewertet habe, kritisiert sie der Sache nach dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Das Gleiche gilt, soweit die Revision beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe beispielsweise die fehlende Unterschrift der Großmutter des Klägers auf der von ihm vorlegten schriftlichen Treuhandvereinbarung von Juni 1997 zu Unrecht als Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Feststellung und Würdigung der Tatsachen ist nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen. Dementsprechend ist es dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich versagt, die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu korrigieren oder gar zu ersetzen. Es ist insoweit darauf beschränkt zu überprüfen, ob die tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, verletzt (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18). Das Revisionsvorbringen lässt nicht erkennen, dass die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts einem derartigen Fehler unterliegt.
- 15
-
Soweit die Revision im Zusammenhang mit der tatrichterlichen Würdigung des Umstandes, dass es sich bei dem Guthaben des Depots nahezu um das gesamte Vermögen der Großmutter des Klägers gehandelt habe, einen Verstoß gegen Denkgesetze rügt, der im Einzelfall als Verfahrensfehler zu behandeln sein kann (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225 S. 74 f.; Beschlüsse vom 2. August 2007 - BVerwG 8 B 23.07 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 24.07 - juris Rn. 4), legt sie diesen nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dar.
- 16
-
Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - BVerwGE 142, 132 Rn. 32 m.w.N.). Sind bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur nicht fehlerhaft, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 8.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).
- 17
-
Die Revision zeigt nicht auf, dass die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, aufgrund des besagten Umstandes hätte für die treuhänderische Bindung des Klägers ein nachvollziehbarer Grund bestehen müssen und es wäre zu erwarten gewesen, dass auch die Großmutter des Klägers die schriftliche Vereinbarung unterzeichnet hätte, aus logischen Gründen schlechterdings unhaltbar ist. Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Revision schlüssig zu entnehmen, dass ihre Schlussfolgerung, der Kläger und seine Großmutter hätten hinsichtlich des Guthabens des Wertpapierdepots eine treuhänderische Bindung vereinbart, denkgesetzlich die einzig mögliche Folgerung aus dem besagten Umstand war.
- 18
-
b) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers förderungsrechtlich rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich ist und infolgedessen das Guthaben als Vermögen des Klägers zu behandeln ist.
- 19
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht. Dieser Zweck besteht in der Durchsetzung des in § 1 BAföG verankerten Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung. Danach wird Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nur geleistet, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Eine Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu diesem Zweck, wenn der Auszubildende Vermögen überträgt, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer entsprechenden Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der Auszubildende sein Vermögen bzw. Teile desselben auf einen Dritten überträgt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Dritter in diesem Sinne sind auch die Eltern oder ein Elternteil des Auszubildenden. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen steht der Wert des übertragenen Vermögens dem Auszubildenden für seinen Bedarf nicht mehr zur Verfügung. Hätte eine Anrechnung des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu unterbleiben, würde die finanzielle Sicherung der Ausbildung in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang nicht erreicht. Gerade weil das übertragene Vermögen nicht mehr vorhanden ist, wäre die Durchführung der Ausbildung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption durch Gewährung staatlicher Fördermittel und nicht durch das anrechenbare Vermögen des Auszubildenden sicherzustellen. Aus diesem Grund stellt sich eine unentgeltliche Vermögenszuwendung an Dritte ausbildungsförderungsrechtlich grundsätzlich als Rechtsmissbrauch dar (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 und Beschluss vom 19. Mai 2009 - BVerwG 5 B 111.08 - juris Rn. 2). Ob die Unentgeltlichkeit der Übertragung genügt, um diese ohne Weiteres als Rechtsmissbrauch zu werten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 47). So kann die Unentgeltlichkeit als Kriterium für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit beispielsweise mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Antragstellung an Gewicht verlieren. Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt und gegebenenfalls im Einzelfall auch geboten, zusätzlich zur Unentgeltlichkeit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten und der Beantragung von Ausbildungsförderung abzustellen. Denn ein solcher Zusammenhang spricht in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch.
- 20
-
Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist seine rechtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers wegen der Unentgeltlichkeit und des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der am 8. Oktober 2001 erfolgten Vermögensverschiebung und dem am 20. Dezember 2001 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist.
- 21
-
2. Das angefochtene Urteil steht auch mit Bundesrecht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften, weil diese zwar nicht durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X erwirkt worden sind (a), aber im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhen (b).
- 22
-
a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Auszubildende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem für die Bewilligung von Ausbildungsförderung maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Behörde hiernach gefragt hat oder nicht (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 C 23.96 - BVerwGE 102, 178 <180 f.> = Buchholz 236.1 § 55 SG Nr. 16 S. 11 f. m.w.N.). Das Verschweigen wahrer Tatsachen ist - in Abgrenzung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - eine Täuschung, wenn das Amt für Ausbildungsförderung nach diesen Tatsachen gefragt hat. Der Frage eines maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung steht es gleich, wenn in einem Vordruck oder Antragsformular erkennbar eine bestimmte Frage aufgeworfen wird, welche dann wahrheitswidrig beantwortet wird.
- 23
-
Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen rechtlichen Anforderungen ausgegangen. Gemessen daran hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine arglistige Täuschung abgelehnt. Denn nach seinen bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen ist in den Antragsformularen nicht ausdrücklich nach (unentgeltlichen) Vermögensverfügungen gefragt worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung gestanden haben.
- 24
-
b) Das Vertrauen des Begünstigten ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
- 25
-
In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wertpapierdepots auf seine Schwester grob fahrlässig verschwiegen hat. Nach dem Sachverhalt, wie er sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt, musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er diese Vermögensverfügung anzugeben hatte, ohne dass danach konkret gefragt worden ist. Denn sie konnte für die Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung erheblich sein. Selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass ihm dieses Vermögen wegen der Übertragung auf seine Schwester nicht (mehr) zuzurechnen war und von ihm nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden musste, hätte er diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem Beklagten eine eigenständige Prüfung und Bewertung der vorgetragenen Verwertungshindernisse zu ermöglichen. Die Nichtangabe des Wertpapierdepots war für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide auch kausal (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 40).
- 26
-
3. Des Weiteren ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Rücknahmebescheid vom 1. Oktober 2003 gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen hat.
- 27
-
Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - juris Rn. 25 m.w.N.). Sie ist hier nicht schon im September 2002 durch den Hinweis des Bundesamtes für Finanzen auf die vom Kläger gestellten Freistellungsaufträge für Kapitaleinkünfte in Lauf gesetzt worden, der den Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hat, sondern erst durch die vom Kläger nach einem entsprechenden Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 31. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte durfte auch die aus dem Datenabgleich erlangten Informationen verwerten und zum Anlass nehmen, den Kläger zu ergänzenden Angaben zu seinem Kapitalvermögen aufzufordern. Insbesondere rechtfertigt die durch Gesetz vom 2. Dezember 2004 (BGBl I S. 3127) lediglich klarstellende Einfügung des § 41 Abs. 4 BAföG nicht den Umkehrschluss, die Erkenntnisse aus einem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Datenabgleich unterlägen einem Verwertungsverbot (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O.).
- 28
-
4. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist zwar seine Auffassung, die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 SGB X sei in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen), wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt (a). Der Beklagte hat aber das ihm nach § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (b).
- 29
-
a) Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26; s.a. BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 5). Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides (vgl. Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 5 C 4.88 - BVerwGE 88, 342 <347> = Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 16 S. 20 und vom 8. Juni 1989 - BVerwG 5 C 68.86 - Buchholz 436.36 § 50 Nr. 5 S. 4; s.a. BSG, Urteil vom 11. April 2002 - B 3 P 8/01 R - juris Rn. 21). Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung des Auszubildenden auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet. Die für diese Fälle vom Oberverwaltungsgericht angenommene Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung, lässt sich weder unmittelbar aus § 45 SGB X (aa) noch aus dem Bundesausbildungsförderungsrecht und seinen fachspezifischen Wertungen (bb) ableiten.
- 30
-
(aa) Die Auslegung der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X ergibt kein intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung. Hiergegen sprechen neben dem Wortlaut vor allem systematische Erwägungen.
- 31
-
§ 45 Abs. 1 SGB X eröffnet Ermessen ("darf"), ohne danach zu unterscheiden, ob sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 3 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht.
- 32
-
Die binnensystematische Betrachtung des § 45 SGB X bestätigt diesen Befund. So verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X für den Fall, dass der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Für den Fall, dass das Vertrauen des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht schutzwürdig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung. Dies wiegt um so schwerer, als § 48 Abs. 2 VwVfG, dem § 45 Abs. 2 SGB X weitgehend entspricht, in Satz 4 ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsakt in den Fällen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, weshalb § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG auch als ermessenslenkende Norm anzusehen ist (vgl. Urteile vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 S. 3 und vom 23. Mai 1996 - BVerwG 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13).
- 33
-
In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit der Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X, die in Satz 1 eine gebundene Aufhebungsentscheidung vorsieht und in Satz 2 ausdrücklich normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt (mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) aufgehoben werden "soll". Eine solche Differenzierung findet sich in § 45 SGB X nicht.
- 34
-
(bb) Ebenso wenig ist dem einschlägigen Fachrecht zu entnehmen (vgl. zur Zulässigkeit, ein intendiertes Ermessen kraft Fachrechts anzunehmen z.B. Urteil vom 25. September 1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 - BVerwGE 91, 82 <90 f.> = Buchholz 454.71 § 3 WoGG Nr. 6 S. 8 f.), dass das Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X in der Weise Vorrang genießt, dass die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide vorgegeben ist.
- 35
-
Eine entsprechende fachgesetzliche Intention lässt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus dem in § 1 BAföG normierten Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung folgern. Durch diesen soll sichergestellt werden, dass die begrenzten staatlichen Förderungsmittel sinnvoll eingesetzt werden und für förderungsbedürftige Auszubildende zur Verfügung stehen. Auch wenn dies die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausbildungsförderung nahe legt, ist § 1 BAföG keine ermessenslenkende Bedeutung für die hier in Rede stehende Konstellation beizumessen. Denn die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen Auszubildenden, die die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen, und solchen, die dies nicht tun. Sie beansprucht vielmehr für beide Fallgruppen Geltung. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichend aussagekräftigen Grundlage für die Annahme, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X im Regelfall Vorrang vor dem kollidierenden Prinzip der Bestandskraft von Verwaltungsakten zukommt. Der bloße Verstoß gegen den Nachranggrundsatz sagt für sich noch nichts darüber aus, mit welcher Gewichtigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind.
- 36
-
Gegen die Annahme eines durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz intendierten Ermessens spricht in deutlicher Weise die Vorschrift des § 20 BAföG. Ihr ist eine differenzierte Regelung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung mit Wirkung für die Vergangenheit in Betracht kommt und welche Entscheidung die Ämter für Ausbildungsförderung dabei jeweils zu treffen haben.
- 37
-
Bis zum Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469) mit Wirkung zum 1. Januar 1981 enthielt § 20 BAföG eine vollständige und abschließende Regelung über die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung. Mit dem Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch wurden die früheren Aufhebungs- und Erstattungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG gestrichen, weil die von ihnen erfassten Sachverhalte durch die §§ 45, 48 und 50 SGB X abgedeckt sind. Durch diese Streichung und den ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 44 bis 50 SGB X in § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG wurde klargestellt, dass die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung der Förderungsleistungen in den von § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB X nicht erfassten Fällen fortan dem Regelungsregime des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch unterstehen und somit an die dort normierten Voraussetzungen und Grundsätze gebunden sind (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - a.a.O. <104> bzw. S. 12 und - BVerwG 5 C 16.86 - a.a.O. S. 25). Mit Rücksicht darauf besteht ein strikter Aufhebungszwang ("ist ... aufzuheben") nur in den Fällen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 BAföG. In den Fällen des § 48 SGB X ("soll") müssen die Ämter für Ausbildungsförderung die Bewilligungsbescheide nur im Regelfall zurücknehmen und sind nur bei einer atypischen Fallgestaltung zur Ausübung von Ermessen berechtigt und verpflichtet. In den Fällen des § 45 Abs. 1 und 4 SGB X ("darf") steht die Rücknahme stets im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26). Diese klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben würden missachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände von vornherein und unabhängig vom Einzelfall ein Vorrang eingeräumt und ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet würde.
- 38
-
Nichts anderes folgt aus den Urteilen des Senats vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 und 5 C 16.86 - (jeweils a.a.O.). Die dort getroffene Aussage,
-
"dass beim Vorliegen eines dieser Sachverhalte
§ 45 abs. 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x> die Ermessensbetätigung der Behörde im Normalfall ebenfalls zur Rückgängigmachung des Verwaltungsaktes führen wird" (vgl. a.a.O. <106> bzw. S. 13 und S. 26),
-
ist im Zusammenhang mit den beiden nachfolgenden Sätzen zu sehen,
-
"f
ür die weiter in Betracht zu ziehenden Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X folgt das gleiche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung daraus, dass die Behörde die Aufhebung, wenn die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, vornehmen soll und damit, wie schon ausgeführt, zur Aufhebung im Regelfall verpflichtet ist. Hier wie dort sind demnach beim Gesetzesvollzug Ergebnisse zu erwarten, die bei typischer Fallgestaltung denen bei Anwendung des § 20 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BAföG entsprechen" (vgl. a.a.O.).
-
Aufgrund dieses Kontextes ist die angeführte Erklärung als empirisch-prognostische Einschätzung des Senats zum Ergebnis des Gesetzesvollzugs zu verstehen. Eine weitergehende Aussage dahin, dass die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X aus normativen Gründen, insbesondere des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, in Richtung Rücknahme intendiert wäre, ist ihr nicht zu entnehmen.
- 39
-
b) Die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den Beklagten ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. Beschluss vom 26. April 2011 - BVerwG 7 B 34.11 - BRS 77 Nr. 68 und Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 Rn. 24).
- 40
-
Dem Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihm Ermessen zusteht, und er hat dieses erkennbar ausgeübt. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beklagte auch nicht von der falschen Ermessensvorschrift ausgegangen, soweit er im Widerspruchsbescheid die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X (arglistige Täuschung) statt der Nr. 2 dieser Vorschrift (grobe Fahrlässigkeit) angenommen hat. Denn das Ermessen ist ihm nicht durch diese Regelung, sondern durch die Bestimmung des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumt. Seine Ermessenserwägungen sind auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil er im Widerspruchsbescheid zu Unrecht von einer arglistigen Täuschung des Klägers ausgegangen ist. Denn ein Fehler in der rechtlichen Bewertung ist unschädlich, wenn er sich in den Ermessenserwägungen nicht niederschlägt. Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung nicht auf den Grad des klägerischen Verschuldens gestützt, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide und den Schutz fiskalischer Interessen abgestellt. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Beklagte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am Zweck der Ermächtigung orientiert. Er hat das Interesse des Klägers an der Beständigkeit der rechtswidrigen Bewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - juris Rn. 46 und vom 31. August 2006 - BVerwG 7 C 16.05 - Buchholz 428 § 31 VermG Nr. 12 Rn. 25). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers, die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel zurückzutreten. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich der Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.
(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.
- 2
-
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 Gebäude- und Infrastrukturmanagement an einer sächsischen Hochschule. Hierfür erhielt er antragsgemäß von Dezember 2001 bis August 2003 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. In den entsprechenden Anträgen hatte er jeweils verschwiegen, dass er neben den angegebenen Vermögenswerten auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der D. Bank eingerichteten Wertpapierdepots gewesen war, das er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.
- 3
-
Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für den besagten Zeitraum auf und forderte den Kläger auf, die gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.
- 4
-
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Guthaben des Wertpapierdepots handele es sich nicht um sein Vermögen. Das Geld habe seiner zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter gehört. Er habe das Wertpapierdepot für diese treuhänderisch verwaltet. Zudem habe er das Guthaben des Wertpapierdepots auf Anweisung seiner Großmutter auf seine Schwester übertragen und nicht um seine Bedürftigkeit herbeizuführen.
- 5
-
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zu Begründung führte er aus, das Guthaben des Wertpapierdepots sei dem Vermögen des Klägers zuzurechnen. Die Übertragung dieses Depots auf seine Schwester vor der erstmaligen Antragstellung sei rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Bei Berücksichtigung dieses Guthabens übersteige das Gesamtvermögen des Klägers den ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag derart, dass dieser seinen monatlichen Bedarf in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum vollständig aus seinem anrechenbaren Vermögen habe decken können. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligungsbescheide sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - nicht schutzwürdig. Daher könnten die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei der im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X vorzunehmenden Ermessensentscheidung stünden sich das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide und das öffentliche Interesse an einer möglichst effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel gegenüber. Letzteres verlange in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens in aller Regel die Aufhebung einer rechtswidrigen Förderungsentscheidung und damit die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Verwaltungsübung, an welche er, der Beklagte, auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Förderungsempfänger gebunden sei.
- 6
-
Die Klage des Klägers hatte vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Auf die Revision des Klägers hatte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Denn dieses war abweichend von der ihm im Entscheidungszeitpunkt noch nicht bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangenen, ein (verdecktes) Treuhandverhältnis sei ausbildungsförderungsrechtlich unbeachtlich. In dem nunmehr angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Beklagten erneut stattgegeben und die Klage des Klägers abgewiesen.
- 7
-
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den vom Bundesverwaltungsgericht für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen aufgestellten rechtlichen Maßstab fehlerhaft angewandt. Es habe einerseits Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie etwa die strikte Separierung des Depotguthabens von seinem Vermögen, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt. Andererseits habe es beispielsweise die fehlende Unterschrift seiner Großmutter auf der von ihm vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarung zu Unrecht als ein Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht in grober Weise gegen die Denkgesetze verstoßen, soweit es aus dem Umstand, dass der in dem Depot angelegte Geldbetrag nahezu das gesamte Vermögen seiner Großmutter darstellte, gefolgert habe, dass die Unterschrift der Großmutter auf der Treuhandvereinbarung und ein nachvollziehbarer Grund für ihren Abschluss zu erwarten gewesen wären.
- 8
-
Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB X. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts könne ihm lediglich vorgeworfen werden, bei der Antragstellung grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dieser Irrtum des Beklagten führe zwingend zu einem Ermessensfehler. Die Prüfprogramme der beiden Ermessensvorschriften seien nicht identisch. Abgesehen davon sei das dem Beklagten im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X auch nicht in Richtung auf die Rücknahme intendiert.
- 9
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 4 Abs. 72 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - SGB X - ein sog. intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung bejaht, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Es stellt sich aber im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlagen und der Beklagte sein Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei betätigt hat.
- 11
-
Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Soweit ein Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Bewilligungsbescheide, bei denen es sich um begünstigende Verwaltungsakte handelt, rechtswidrig waren, weil im gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch das Guthaben des Wertpapierdepots Vermögen des Klägers war und ihm daher im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Ausbildungsförderung zustand (1.). Der Kläger hat das Wertpapierdepot und dessen Übertragung auf seine Schwester grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht angegeben (2.), weshalb er sich nicht auf Vertrauen berufen kann und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist eingehalten worden (3.). Der Beklagte hat bei der Rücknahmeentscheidung auch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt (4.). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung der erbrachten Leistungen, deren Höhe außer Streit steht, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwingend ist.
- 12
-
1. Das Guthaben auf dem Wertpapierdepot ist als Vermögen des Klägers zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um Treugut (a). Die unentgeltliche Übertragung dieses Depots auf die Schwester des Klägers ist förderungsrechtlich unbeachtlich (b).
- 13
-
a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der Berücksichtigung von Treuhandabreden im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen ausdrücklich die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze (vgl. Urteile vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - BVerwGE 132, 21 = Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 4 jeweils Rn. 13 f. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 f.) zugrunde gelegt. In rechtsfehlerfreier Anwendung dieses Maßstabs hat es den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Großmutter verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
- 14
-
Soweit die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe bei Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze einen Rechtsfehler begangen, indem es Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie beispielsweise die strikte Separierung des Depotguthabens von dem Vermögen des Klägers und die Erteilung einer Depotvollmacht an seine Großmutter, unzutreffend bewertet habe, kritisiert sie der Sache nach dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Das Gleiche gilt, soweit die Revision beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe beispielsweise die fehlende Unterschrift der Großmutter des Klägers auf der von ihm vorlegten schriftlichen Treuhandvereinbarung von Juni 1997 zu Unrecht als Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Feststellung und Würdigung der Tatsachen ist nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen. Dementsprechend ist es dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich versagt, die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu korrigieren oder gar zu ersetzen. Es ist insoweit darauf beschränkt zu überprüfen, ob die tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, verletzt (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18). Das Revisionsvorbringen lässt nicht erkennen, dass die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts einem derartigen Fehler unterliegt.
- 15
-
Soweit die Revision im Zusammenhang mit der tatrichterlichen Würdigung des Umstandes, dass es sich bei dem Guthaben des Depots nahezu um das gesamte Vermögen der Großmutter des Klägers gehandelt habe, einen Verstoß gegen Denkgesetze rügt, der im Einzelfall als Verfahrensfehler zu behandeln sein kann (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225 S. 74 f.; Beschlüsse vom 2. August 2007 - BVerwG 8 B 23.07 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 24.07 - juris Rn. 4), legt sie diesen nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dar.
- 16
-
Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - BVerwGE 142, 132 Rn. 32 m.w.N.). Sind bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur nicht fehlerhaft, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 8.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).
- 17
-
Die Revision zeigt nicht auf, dass die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, aufgrund des besagten Umstandes hätte für die treuhänderische Bindung des Klägers ein nachvollziehbarer Grund bestehen müssen und es wäre zu erwarten gewesen, dass auch die Großmutter des Klägers die schriftliche Vereinbarung unterzeichnet hätte, aus logischen Gründen schlechterdings unhaltbar ist. Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Revision schlüssig zu entnehmen, dass ihre Schlussfolgerung, der Kläger und seine Großmutter hätten hinsichtlich des Guthabens des Wertpapierdepots eine treuhänderische Bindung vereinbart, denkgesetzlich die einzig mögliche Folgerung aus dem besagten Umstand war.
- 18
-
b) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers förderungsrechtlich rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich ist und infolgedessen das Guthaben als Vermögen des Klägers zu behandeln ist.
- 19
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht. Dieser Zweck besteht in der Durchsetzung des in § 1 BAföG verankerten Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung. Danach wird Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nur geleistet, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Eine Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu diesem Zweck, wenn der Auszubildende Vermögen überträgt, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer entsprechenden Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der Auszubildende sein Vermögen bzw. Teile desselben auf einen Dritten überträgt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Dritter in diesem Sinne sind auch die Eltern oder ein Elternteil des Auszubildenden. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen steht der Wert des übertragenen Vermögens dem Auszubildenden für seinen Bedarf nicht mehr zur Verfügung. Hätte eine Anrechnung des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu unterbleiben, würde die finanzielle Sicherung der Ausbildung in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang nicht erreicht. Gerade weil das übertragene Vermögen nicht mehr vorhanden ist, wäre die Durchführung der Ausbildung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption durch Gewährung staatlicher Fördermittel und nicht durch das anrechenbare Vermögen des Auszubildenden sicherzustellen. Aus diesem Grund stellt sich eine unentgeltliche Vermögenszuwendung an Dritte ausbildungsförderungsrechtlich grundsätzlich als Rechtsmissbrauch dar (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 und Beschluss vom 19. Mai 2009 - BVerwG 5 B 111.08 - juris Rn. 2). Ob die Unentgeltlichkeit der Übertragung genügt, um diese ohne Weiteres als Rechtsmissbrauch zu werten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 47). So kann die Unentgeltlichkeit als Kriterium für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit beispielsweise mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Antragstellung an Gewicht verlieren. Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt und gegebenenfalls im Einzelfall auch geboten, zusätzlich zur Unentgeltlichkeit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten und der Beantragung von Ausbildungsförderung abzustellen. Denn ein solcher Zusammenhang spricht in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch.
- 20
-
Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist seine rechtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers wegen der Unentgeltlichkeit und des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der am 8. Oktober 2001 erfolgten Vermögensverschiebung und dem am 20. Dezember 2001 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist.
- 21
-
2. Das angefochtene Urteil steht auch mit Bundesrecht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften, weil diese zwar nicht durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X erwirkt worden sind (a), aber im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhen (b).
- 22
-
a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Auszubildende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem für die Bewilligung von Ausbildungsförderung maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Behörde hiernach gefragt hat oder nicht (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 C 23.96 - BVerwGE 102, 178 <180 f.> = Buchholz 236.1 § 55 SG Nr. 16 S. 11 f. m.w.N.). Das Verschweigen wahrer Tatsachen ist - in Abgrenzung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - eine Täuschung, wenn das Amt für Ausbildungsförderung nach diesen Tatsachen gefragt hat. Der Frage eines maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung steht es gleich, wenn in einem Vordruck oder Antragsformular erkennbar eine bestimmte Frage aufgeworfen wird, welche dann wahrheitswidrig beantwortet wird.
- 23
-
Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen rechtlichen Anforderungen ausgegangen. Gemessen daran hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine arglistige Täuschung abgelehnt. Denn nach seinen bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen ist in den Antragsformularen nicht ausdrücklich nach (unentgeltlichen) Vermögensverfügungen gefragt worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung gestanden haben.
- 24
-
b) Das Vertrauen des Begünstigten ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
- 25
-
In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wertpapierdepots auf seine Schwester grob fahrlässig verschwiegen hat. Nach dem Sachverhalt, wie er sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt, musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er diese Vermögensverfügung anzugeben hatte, ohne dass danach konkret gefragt worden ist. Denn sie konnte für die Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung erheblich sein. Selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass ihm dieses Vermögen wegen der Übertragung auf seine Schwester nicht (mehr) zuzurechnen war und von ihm nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden musste, hätte er diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem Beklagten eine eigenständige Prüfung und Bewertung der vorgetragenen Verwertungshindernisse zu ermöglichen. Die Nichtangabe des Wertpapierdepots war für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide auch kausal (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 40).
- 26
-
3. Des Weiteren ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Rücknahmebescheid vom 1. Oktober 2003 gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen hat.
- 27
-
Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - juris Rn. 25 m.w.N.). Sie ist hier nicht schon im September 2002 durch den Hinweis des Bundesamtes für Finanzen auf die vom Kläger gestellten Freistellungsaufträge für Kapitaleinkünfte in Lauf gesetzt worden, der den Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hat, sondern erst durch die vom Kläger nach einem entsprechenden Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 31. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte durfte auch die aus dem Datenabgleich erlangten Informationen verwerten und zum Anlass nehmen, den Kläger zu ergänzenden Angaben zu seinem Kapitalvermögen aufzufordern. Insbesondere rechtfertigt die durch Gesetz vom 2. Dezember 2004 (BGBl I S. 3127) lediglich klarstellende Einfügung des § 41 Abs. 4 BAföG nicht den Umkehrschluss, die Erkenntnisse aus einem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Datenabgleich unterlägen einem Verwertungsverbot (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O.).
- 28
-
4. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist zwar seine Auffassung, die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 SGB X sei in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen), wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt (a). Der Beklagte hat aber das ihm nach § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (b).
- 29
-
a) Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26; s.a. BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 5). Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides (vgl. Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 5 C 4.88 - BVerwGE 88, 342 <347> = Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 16 S. 20 und vom 8. Juni 1989 - BVerwG 5 C 68.86 - Buchholz 436.36 § 50 Nr. 5 S. 4; s.a. BSG, Urteil vom 11. April 2002 - B 3 P 8/01 R - juris Rn. 21). Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung des Auszubildenden auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet. Die für diese Fälle vom Oberverwaltungsgericht angenommene Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung, lässt sich weder unmittelbar aus § 45 SGB X (aa) noch aus dem Bundesausbildungsförderungsrecht und seinen fachspezifischen Wertungen (bb) ableiten.
- 30
-
(aa) Die Auslegung der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X ergibt kein intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung. Hiergegen sprechen neben dem Wortlaut vor allem systematische Erwägungen.
- 31
-
§ 45 Abs. 1 SGB X eröffnet Ermessen ("darf"), ohne danach zu unterscheiden, ob sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 3 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht.
- 32
-
Die binnensystematische Betrachtung des § 45 SGB X bestätigt diesen Befund. So verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X für den Fall, dass der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Für den Fall, dass das Vertrauen des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht schutzwürdig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung. Dies wiegt um so schwerer, als § 48 Abs. 2 VwVfG, dem § 45 Abs. 2 SGB X weitgehend entspricht, in Satz 4 ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsakt in den Fällen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, weshalb § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG auch als ermessenslenkende Norm anzusehen ist (vgl. Urteile vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 S. 3 und vom 23. Mai 1996 - BVerwG 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13).
- 33
-
In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit der Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X, die in Satz 1 eine gebundene Aufhebungsentscheidung vorsieht und in Satz 2 ausdrücklich normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt (mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) aufgehoben werden "soll". Eine solche Differenzierung findet sich in § 45 SGB X nicht.
- 34
-
(bb) Ebenso wenig ist dem einschlägigen Fachrecht zu entnehmen (vgl. zur Zulässigkeit, ein intendiertes Ermessen kraft Fachrechts anzunehmen z.B. Urteil vom 25. September 1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 - BVerwGE 91, 82 <90 f.> = Buchholz 454.71 § 3 WoGG Nr. 6 S. 8 f.), dass das Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X in der Weise Vorrang genießt, dass die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide vorgegeben ist.
- 35
-
Eine entsprechende fachgesetzliche Intention lässt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus dem in § 1 BAföG normierten Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung folgern. Durch diesen soll sichergestellt werden, dass die begrenzten staatlichen Förderungsmittel sinnvoll eingesetzt werden und für förderungsbedürftige Auszubildende zur Verfügung stehen. Auch wenn dies die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausbildungsförderung nahe legt, ist § 1 BAföG keine ermessenslenkende Bedeutung für die hier in Rede stehende Konstellation beizumessen. Denn die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen Auszubildenden, die die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen, und solchen, die dies nicht tun. Sie beansprucht vielmehr für beide Fallgruppen Geltung. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichend aussagekräftigen Grundlage für die Annahme, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X im Regelfall Vorrang vor dem kollidierenden Prinzip der Bestandskraft von Verwaltungsakten zukommt. Der bloße Verstoß gegen den Nachranggrundsatz sagt für sich noch nichts darüber aus, mit welcher Gewichtigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind.
- 36
-
Gegen die Annahme eines durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz intendierten Ermessens spricht in deutlicher Weise die Vorschrift des § 20 BAföG. Ihr ist eine differenzierte Regelung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung mit Wirkung für die Vergangenheit in Betracht kommt und welche Entscheidung die Ämter für Ausbildungsförderung dabei jeweils zu treffen haben.
- 37
-
Bis zum Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469) mit Wirkung zum 1. Januar 1981 enthielt § 20 BAföG eine vollständige und abschließende Regelung über die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung. Mit dem Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch wurden die früheren Aufhebungs- und Erstattungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG gestrichen, weil die von ihnen erfassten Sachverhalte durch die §§ 45, 48 und 50 SGB X abgedeckt sind. Durch diese Streichung und den ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 44 bis 50 SGB X in § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG wurde klargestellt, dass die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung der Förderungsleistungen in den von § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB X nicht erfassten Fällen fortan dem Regelungsregime des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch unterstehen und somit an die dort normierten Voraussetzungen und Grundsätze gebunden sind (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - a.a.O. <104> bzw. S. 12 und - BVerwG 5 C 16.86 - a.a.O. S. 25). Mit Rücksicht darauf besteht ein strikter Aufhebungszwang ("ist ... aufzuheben") nur in den Fällen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 BAföG. In den Fällen des § 48 SGB X ("soll") müssen die Ämter für Ausbildungsförderung die Bewilligungsbescheide nur im Regelfall zurücknehmen und sind nur bei einer atypischen Fallgestaltung zur Ausübung von Ermessen berechtigt und verpflichtet. In den Fällen des § 45 Abs. 1 und 4 SGB X ("darf") steht die Rücknahme stets im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26). Diese klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben würden missachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände von vornherein und unabhängig vom Einzelfall ein Vorrang eingeräumt und ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet würde.
- 38
-
Nichts anderes folgt aus den Urteilen des Senats vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 und 5 C 16.86 - (jeweils a.a.O.). Die dort getroffene Aussage,
-
"dass beim Vorliegen eines dieser Sachverhalte
§ 45 abs. 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x> die Ermessensbetätigung der Behörde im Normalfall ebenfalls zur Rückgängigmachung des Verwaltungsaktes führen wird" (vgl. a.a.O. <106> bzw. S. 13 und S. 26),
-
ist im Zusammenhang mit den beiden nachfolgenden Sätzen zu sehen,
-
"f
ür die weiter in Betracht zu ziehenden Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X folgt das gleiche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung daraus, dass die Behörde die Aufhebung, wenn die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, vornehmen soll und damit, wie schon ausgeführt, zur Aufhebung im Regelfall verpflichtet ist. Hier wie dort sind demnach beim Gesetzesvollzug Ergebnisse zu erwarten, die bei typischer Fallgestaltung denen bei Anwendung des § 20 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BAföG entsprechen" (vgl. a.a.O.).
-
Aufgrund dieses Kontextes ist die angeführte Erklärung als empirisch-prognostische Einschätzung des Senats zum Ergebnis des Gesetzesvollzugs zu verstehen. Eine weitergehende Aussage dahin, dass die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X aus normativen Gründen, insbesondere des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, in Richtung Rücknahme intendiert wäre, ist ihr nicht zu entnehmen.
- 39
-
b) Die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den Beklagten ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. Beschluss vom 26. April 2011 - BVerwG 7 B 34.11 - BRS 77 Nr. 68 und Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 Rn. 24).
- 40
-
Dem Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihm Ermessen zusteht, und er hat dieses erkennbar ausgeübt. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beklagte auch nicht von der falschen Ermessensvorschrift ausgegangen, soweit er im Widerspruchsbescheid die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X (arglistige Täuschung) statt der Nr. 2 dieser Vorschrift (grobe Fahrlässigkeit) angenommen hat. Denn das Ermessen ist ihm nicht durch diese Regelung, sondern durch die Bestimmung des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumt. Seine Ermessenserwägungen sind auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil er im Widerspruchsbescheid zu Unrecht von einer arglistigen Täuschung des Klägers ausgegangen ist. Denn ein Fehler in der rechtlichen Bewertung ist unschädlich, wenn er sich in den Ermessenserwägungen nicht niederschlägt. Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung nicht auf den Grad des klägerischen Verschuldens gestützt, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide und den Schutz fiskalischer Interessen abgestellt. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Beklagte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am Zweck der Ermächtigung orientiert. Er hat das Interesse des Klägers an der Beständigkeit der rechtswidrigen Bewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - juris Rn. 46 und vom 31. August 2006 - BVerwG 7 C 16.05 - Buchholz 428 § 31 VermG Nr. 12 Rn. 25). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers, die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel zurückzutreten. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich der Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Dezember 2001 bis August 2003.
- 2
-
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 an der Hochschule G. Auf entsprechende Anträge, in denen er jeweils nur angegeben hatte, über zwei Girokonten bei der ... Bank, einen Bundesschatzbrief sowie einen ... Investmentfond in einer jeweils konkret bezifferten Höhe zu verfügen, deren Summe unter dem ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag lag, bewilligte ihm der Beklagte jeweils mit gesondertem Bescheid Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich
-
- 388,64 € für den Zeitraum Dezember 2001 bis August 2002
-
- 316,00 € für den September 2002
-
- 166,00 € für den Zeitraum Oktober 2002 bis August 2003.
- 3
-
Im September 2002 erfuhr der Beklagte aufgrund eines Datenabgleichs durch das Bundesamt für Finanzen, dass der Kläger im Jahre 2001 bei der ... Bank Freistellungsaufträge für Kapitalerträge in Höhe von 1 273 DM gestellt hatte.
- 4
-
Deshalb forderte der Beklagte den Kläger Ende Januar 2003 auf, Angaben zu seinem gesamten Kapitalvermögen im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung zu machen. Nach den daraufhin vom Kläger vorgelegten Unterlagen war dieser über die bislang zu seinem Vermögen gemachten Angaben hinaus auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der ... Bank laufenden DIT-Wertpapierdepots (Nr. ...), welches er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.
- 5
-
Der Beklagte bewertete das Guthaben auf dem DIT-Wertpapierdepot als Vermögen des Klägers, hob mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für die Zeiträume 12/2001 bis 08/2003 auf und forderte den Kläger auf, insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.
- 6
-
Zur Begründung seiner nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, das Guthaben auf dem DIT-Wertpapierdepot sei ihm nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG nicht als Vermögen anzurechnen. Es habe sich um das Depot seiner Großmutter gehandelt, das er für diese treuhänderisch verwaltet habe. Das Depot sei auf seinen Namen eingerichtet worden, um seinen Steuerfreibetrag auf Einkünfte aus Kapitalvermögen auszuschöpfen. Bei der vor der ersten Antragstellung erfolgten Übertragung dieses Depots auf seine Schwester habe es sich nicht um eine bewusste Herbeiführung einer Bedürftigkeit gehandelt.
- 7
-
Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid mit Urteil vom 2. Dezember 2005 aufgehoben. Die Bescheide über die Bewilligung von Ausbildungsförderung seien rechtmäßig. Das Guthaben des DIT-Wertpapierdepots, das der Kläger zwei Monate vor der ersten Antragstellung auf seine Schwester übertragen habe, sei seinem Vermögen nicht hinzuzurechnen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass dieses Vermögen der damals noch lebenden Großmutter gehört habe. Nach dem Tod der Großmutter habe die Mutter des Klägers als deren Erbin die Herausgabe des Geldes begehrt. Die Vermögensübertragung auf die Schwester des Klägers sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen.
- 8
-
Mit Urteil vom 2. Juli 2008 hat das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Das Guthaben des DIT-Wertpapierdepots sei dem Kläger ungeachtet der von ihm behaupteten verdeckten Treuhandabrede mit seiner Großmutter als eigenes Vermögen zuzurechnen. Der Kläger habe im Außenverhältnis die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über das Vermögen gehabt. Er sei gegenüber der Bank ohne Einschränkungen befugt gewesen, über das Vermögen auf diesem Konto zu verfügen. Dies belege auch der Umstand, dass der Kläger seiner Großmutter eine rechtsgeschäftliche Verfügungsbefugnis gegenüber der Bank eingeräumt habe. Das Guthaben sei lediglich äußerlich mit einem Rückforderungsanspruch der Großmutter bzw. deren Erbin nach § 667 BGB belastet gewesen. Die verdeckte Treuhand bewirke auch kein Verwertungshindernis im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG. Das treuhänderisch gebundene Vermögen sei vielmehr ausbildungsförderungsrechtlich zu berücksichtigen. Der Berücksichtigung dieses Vermögens stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger das Vermögen auf dem DIT-Wertpapierdepot im Vorfeld der Beantragung von Ausbildungsförderung auf seine Schwester übertragen habe. Diese Übertragung sei rechtsmissbräuchlich. Denn der Kläger habe die Übertragung mit der Absicht vorgenommen, eine Anrechnung des Vermögens zu vermeiden. Ein gewichtiges Indiz hierfür sei die zeitliche Nähe der Übertragung zur Beantragung von Ausbildungsförderung.
- 9
-
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt eine Verletzung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG.
- 10
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht ist im objektiven Widerspruch zu der nach Erlass des Berufungsurteils verkündeten Entscheidung des Senats vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - (BVerwGE 132, 21 = DVBl 2009, 129) davon ausgegangen, dass dem Kläger die Berufung auf ein (verdecktes) Treuhandverhältnis von vornherein abgeschnitten ist und hat - bedingt durch diesen Rechtsfehler - nicht geprüft, ob nach den allein maßgeblichen zivilrechtlichen Grundsätzen eine Treuhandabrede zwischen dem Kläger und seiner verstorbenen Großmutter wirksam geschlossen worden war (1.). Weil es hierzu auch keine genügenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht eine eigene Würdigung ermöglichen würden, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (2.).
- 12
-
1. Der Senat hat in dem vorgenannten Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) entschieden, dass es grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, sich im Rahmen der Ausbildungsförderung auf ein Treuhandverhältnis zu berufen. Die ausbildungsförderungsrechtliche Anerkennung von Verbindlichkeiten aus einer Treuhandabrede setzt jedoch voraus, dass sie zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und nachgewiesen sind. Der Senat hat lediglich offen gelassen, ob und inwieweit eine Treuhandabrede im Rahmen des Ausbildungsförderungsrechts nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG oder nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu berücksichtigen ist. Im Einzelnen hat der Senat zur grundsätzlichen Anerkennungsfähigkeit von Treuhandabreden im Ausbildungsförderungsrecht ausgeführt:
-
"Die Anerkennung von Verbindlichkeiten aus Treuhandabreden ist bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung nicht ausgeschlossen, sondern bestimmt sich danach, ob diese zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und auch nachgewiesen sind. Das gilt auch für sogenannte verdeckte Treuhandverhältnisse, und zwar unabhängig davon, ob wirksame und nachgewiesene Treuhandverhältnisse bereits der Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG unterfallen oder ob der aus einem solchen Verhältnis gegen den Auszubildenden als Treuhänder resultierende Herausgabeanspruch des Treugebers als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist.
-
Entgegen der Ansicht der Revision scheidet die Berufung des Klägers auf ein Treuhandverhältnis nicht deshalb aus, weil er als verdeckter Treuhänder den 'Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft' erzeugt habe, an dem er sich im Rahmen der Ausbildungsförderung festhalten lassen müsse. Zum einen ist der Auszubildende als Treuhänder auch bei einer verdeckten Treuhand nicht nur dem Rechtsschein nach, sondern - wie oben dargelegt - nach zivilrechtlichen Grundsätzen tatsächlich Inhaber der Forderung gegen die Bank. Zum anderen könnte allein der Rechtsschein der Innehabung eines Vermögensgegenstandes nicht dazu führen, das Vorliegen von Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 BAföG zu fingieren. Für eine solche Fiktion und damit für eine Relativierung der nach bürgerlichem Recht zu beurteilenden Vermögensverhältnisse fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (ebenso zu Treuhandverhältnissen im Bereich der Arbeitslosenhilfe: BSG, Urteile vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R - juris, vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238 und vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 - juris). Einen zivilrechtlichen Grundsatz des Inhalts, dass allein die Offenlegung eines Treuhandverhältnisses über die Zuordnung des Vermögensgegenstands entscheidet, gibt es nicht. So ist etwa nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung für die Drittwiderspruchsberechtigung des Treugebers nach § 771 ZPO die Publizität eines Treuhandverhältnisses nicht zwingend erforderlich (BGH, Urteil vom 1. Juli 1993 - IX ZR 251/92 - NJW 1993, 2622).
-
Die Berücksichtigung eines Treuhandverhältnisses scheidet für den Auszubildenden auch dann nicht zwingend aus, wenn er - wie hier der Kläger - das treuhänderisch gehaltene Vermögen nicht in seinem Antrag auf Ausbildungsförderung angegeben, wohl aber gegenüber seiner Bank einen entsprechenden Freistellungsauftrag erteilt hat. Dieser Umstand kann zwar im Einzelfall Zweifel daran begründen, ob überhaupt ein Treuhandvertrag geschlossen wurde. Die Berufung auf ein sog. verdecktes Treuhandverhältnis ist dem Auszubildenden in diesem Fall entgegen der Auffassung der Revision jedoch nicht von vornherein wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben versagt. Zwar kann dem Auszubildenden im Einzelfall auch im Ausbildungsförderungsrecht Vermögen weiterhin zugerechnet werden, das er unentgeltlich und rechtsmissbräuchlich etwa an seine wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Eltern übertragen hat (vgl. Urteil vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1). Indessen liegt hier weder ein solcher Fall des Rechtsmissbrauchs noch ein sonstiger Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium) vor.
-
Widersprüchliches Verhalten ist nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Handelnde dadurch für den anderen Teil einen Vertrauenstatbestand schafft, auf den sich sein Gegenüber verlassen darf, oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95 - juris m.w.N.; zu den eng gelagerten, hier aber nicht einschlägigen Ausnahmefällen, in denen die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes nicht erforderlich ist: BGH, Urteil vom 20. September 1995 - VIII ZR 52/94 - BGHZ 130, 371; Heinrichs, in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 242 Rn. 55 ff.). Daran fehlt es hier. Mit der Erteilung des Freistellungsauftrags gegenüber seiner Bank begründet der Auszubildende gegenüber dem Ausbildungsförderungsamt keinen Tatbestand, auf den dieses vertrauen darf. Der Freistellungsauftrag betrifft nicht das ausbildungsförderungsrechtliche, sondern das Rechtsverhältnis zur Bank. Er stellt sich als eine Anweisung des Kontoinhabers an die kontoführende Bank dar, ihm die aus dem Kontoguthaben resultierenden Kapitalerträge bis zur Höhe des Sparerfreibetrages unversteuert gutzuschreiben, also vom Zinsabschlag auszunehmen. Der Kontoinhaber gibt mit der Erteilung des Freistellungsauftrages jedoch weder eine Erklärung unmittelbar gegenüber den Finanzbehörden noch gegenüber Dritten (wie dem Ausbildungsförderungsamt) ab. Angaben aus dem Freistellungsauftrag werden an diese Stellen lediglich weitergeleitet (OVG Münster, Urteil vom 11. Februar 2008 - 2 A 1083/05 - juris Rn. 53)."
- 13
-
Diese Erwägungen, an denen der Senat festhält, gelten auch im vorliegenden Verfahren.
- 14
-
Darüber hinaus hat der Senat im Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) hinsichtlich des Maßstabes, der im Rahmen der ausbildungsrechtlichen Vermögensregelungen für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede anzulegen ist, ausgeführt:
-
"Ein Treuhandvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in der Ausübung der sich aus dem Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 1999 - I R 69/97 - BFHE 188, 254; BSG, Urteile vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R - ZIP 2006, 678 und vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 10/06 R - juris Rn. 16). Eine rechtlich anzuerkennende Treuhandschaft setzt daher eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder voraus, aus der sich ergeben muss, dass die mit der rechtlichen Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers eingeschränkt ist. Die Treuhandabrede muss die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes zum Gegenstand haben. Die Vereinbarung eines entsprechenden Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses muss ernsthaft gewollt sein und es muss eine konkrete, mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zustande gekommene Absprache nachgewiesen werden. Dabei muss - gerade bei der hier in Rede stehenden fremdnützigen Treuhand - das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (vgl. BFH, Urteil vom 4. Dezember 2007 - VIII R 14/05 - BFH-RR 2008, 221, m.w.N.; LSG Schleswig, Urteil vom 6. Juli 2007 - L 3 AL 125/06 ZVW - juris Rn. 33).
-
Entsprechend diesen Vorgaben ist der Treuhandcharakter eines Kontos oder Depots nur anzunehmen, wenn eine entsprechende Treuhandabrede zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen worden ist. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt in dem vorliegenden ausbildungsrechtlichen Zusammenhang gerade im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Abreden unter Angehörigen (siehe auch das Urteil vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 30.07 -). Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu würdigen. Soweit die tatsächlichen Grundlagen des Vertragsschlusses der Sphäre des Auszubildenden zuzuordnen sind, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht insoweit zu seinen Lasten. Da die relevanten Umstände oft in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es zudem gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 802/90 - BB 1995, 2624 <2625> m.w.N.).
-
Ein gewichtiges Beweisanzeichen im zuvor genannten Sinne ist etwa die Separierung des Treuguts. Für die Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine wirksame Treuhandvereinbarung geschlossen worden ist, ist zu berücksichtigen, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen über treuhänderisches Vermögen regelmäßig vorschreiben, das Treugut vom eigenen Vermögen des Treuhänders getrennt zu halten (vgl. § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 2 DepotG). Die zivilgerichtliche Rechtsprechung erkennt auch ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO bei einem Treuhandkonto nur an, wenn das Konto ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02 - WM 2003, 512 f. m.w.N.). Zwar schließt im vorliegenden ausbildungsrechtlichen Zusammenhang die fehlende Trennung des Treuguts vom eigenen Vermögen nicht zwingend aus, dass ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen wurde. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder aus einem Auftragsverhältnis kann auch dann bestehen, wenn der Treuhänder empfangenes Geldvermögen abredewidrig nicht getrennt von seinem Vermögen verwahrt hat (vgl. BFH, Urteil vom 25. Januar 2001 - II R 39/98 - HFR 2001, 678). Ist allerdings die Separierung des Treuguts schon nicht Bestandteil des behaupteten Vertrages und hat der angebliche Treuhänder das Empfangene auch tatsächlich nicht von seinem eigenen Vermögen getrennt, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die Beteiligten eine verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen haben.
-
Ferner spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit eines behaupteten Vertragsschlusses, wenn der Inhalt der Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Vertrages nicht genannt werden kann. Zum Inhalt der Treuhandabrede ist ferner zu prüfen, ob dargelegt worden ist, dass eine Verwertung des Treuguts durch den Auszubildenden auch dann nicht statthaft sein soll, wenn dieser in finanzielle Not gerät oder nur durch die Verwertung seine Ausbildung finanzieren kann. Zweifel am Eingehen einer entsprechenden Verbindlichkeit können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Treuhandvertrages nicht den geltend gemachten Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine treuhänderische Bindung (von Teilen) seines Vermögens nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet hat, sondern erst geltend macht, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Für das Vorliegen eines beachtlichen Treuhandverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums kann es dagegen sprechen, wenn das Treugut nachweislich bereits zu dem Zeitpunkt an den Treugeber zurückgegeben worden war, zu dem der Auszubildende zum ersten Mal das Treuhandverhältnis offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte."
- 15
-
Auch diese Erwägungen, an denen der Senat ebenfalls festhält, sind im vorliegenden Verfahren gleichermaßen anzuwenden.
- 16
-
Schließlich hat der Senat im Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nichtigkeit von Verträgen wegen Steuerhinterziehung (siehe neben den im vorgenannten Urteil bereits zitierten Entscheidungen auch: BGH, Urteile vom 23. Juni 1997 - II ZR 220/95 - BGHZ 136, 125 und vom 24. April 2008 - VII ZR 140/07 - NJW-RR 2008, 1051) darauf hingewiesen, dass sich die im Rahmen des Ausbildungsförderungsrechts vorzunehmende Prüfung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Treuhandabrede auf das Vorliegen der zivilrechtlichen Nichtigkeitsgründe nach §§ 134, 138 BGB zu erstrecken hat, wenn im konkreten Fall ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass Vermögenswerte treuhänderisch übertragen worden sind, um dem Fiskus in rechtswidriger Weise Steuern auf Zinserträge vorzuenthalten. Denn Rechtsgeschäfte sind nach der vom Senat in Bezug genommenen zivilgerichtlichen Rechtsprechung dann nichtig im Sinne der §§ 134, 138 BGB, wenn sich eine mit dem Vertrag verbundene Steuerverkürzung als der Hauptzweck des Vertrages darstellt.
- 17
-
Diesen vom Senat aufgestellten Vorgaben wird das Berufungsgericht, das im Zeitpunkt seiner Entscheidung das Urteil des Senats vom 4. September 2008 (a.a.O.) noch nicht kennen konnte, nicht gerecht.
- 18
-
Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit dem vorstehend dargestellten Maßstab des Senats bereits insoweit nicht im Einklang, als das Berufungsgericht Verbindlichkeiten aus einer (verdeckten) Treuhandabrede bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung von vornherein für unbeachtlich gehalten hat und - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht der Frage nachgegangen ist, ob der Kläger und seine verstorbene Großmutter hinsichtlich des Guthabens auf dem DIT-Wertpapierdepot eine treuhänderische Bindung vereinbart hatten. Das Berufungsgericht spricht deshalb auch nur von einer "behaupteten Treuhand" (UA S. 6). Ebenso wenig hat es geprüft, ob die (behauptete) Treuhandabrede den an die zivilrechtliche Wirksamkeit zu stellenden Anforderungen genügt.
- 19
-
2. Bei Anwendung des zutreffenden rechtlichen Maßstabes tragen die bislang vom Berufungsgericht - das die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen und Wertungen nicht ausdrücklich übernommen hat - festgestellten Tatsachen nicht den von ihm gezogenen Schluss, dass die mit der Aufhebung der vorangegangenen Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Dezember 2001 bis August 2003 rechtmäßig ist.
- 20
-
Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob der Kläger mit seiner Großmutter einen Treuhandvertrag geschlossen hat. Sollte es nach entsprechender Tatsachenfeststellung und -würdigung zu der Überzeugung gelangen, dass dies der Fall war, wird es sich ferner mit der Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit dieser Treuhandvereinbarung auseinandersetzen müssen, die zweifelhaft ist, wenn die Erlangung von Steuervorteilen den Hauptzweck der Treuhandabrede darstellte. Sollte das Berufungsgericht dies bei seiner erneuten Entscheidung bejahen, wird es neben der Frage, inwieweit gegen den Kläger statt vertraglicher dann kondiktionsrechtliche Ansprüche bestanden hätten, zu berücksichtigen haben, dass der Kläger das Vermögen bereits vor der ersten Antragstellung auf seine Schwester übertragen hatte. In diesem Fall scheidet eine förderungsrechtlich unbeachtliche, weil rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung (dazu Urteil vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1) indes selbst dann aus, wenn der Kläger rechtsirrig von einer wirksamen Treuhand ausgegangen sein sollte.
(1)1Wer nach § 44 Absatz 1 dieses Gesetzes und nach § 7 des Investmentsteuergesetzes zum Steuerabzug verpflichtet ist, hat dem Bundeszentralamt für Steuern nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung neben den in § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung genannten Angaben folgende Daten zu übermitteln:
- 1.
bei den Kapitalerträgen, für die ein Freistellungsauftrag erteilt worden ist, - a)
die Kapitalerträge, bei denen vom Steuerabzug Abstand genommen worden ist oder bei denen Kapitalertragsteuer auf Grund des Freistellungsauftrags gemäß § 44b Absatz 6 Satz 4 dieses Gesetzes oder gemäß § 7 Absatz 5 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes erstattet wurde, - b)
die Kapitalerträge, bei denen die Erstattung von Kapitalertragsteuer beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt worden ist,
- 2.
die Kapitalerträge, bei denen auf Grund einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung einer natürlichen Person nach § 44a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 vom Steuerabzug Abstand genommen oder eine Erstattung vorgenommen wurde.
(2)1Das Bundeszentralamt für Steuern darf den Sozialleistungsträgern die Daten nach Absatz 1 mitteilen, soweit dies zur Überprüfung des bei der Sozialleistung zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens erforderlich ist oder die betroffene Person zustimmt.2Für Zwecke des Satzes 1 ist das Bundeszentralamt für Steuern berechtigt, die ihm von den Sozialleistungsträgern übermittelten Daten mit den vorhandenen Daten nach Absatz 1 im Wege des automatisierten Datenabgleichs zu überprüfen und das Ergebnis den Sozialleistungsträgern mitzuteilen.
(3)1Ein inländischer Versicherungsvermittler im Sinne des § 59 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes hat das Zustandekommen eines Vertrages im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 6 zwischen einer im Inland ansässigen Person und einem Versicherungsunternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen.2Dies gilt nicht, wenn das Versicherungsunternehmen eine Niederlassung im Inland hat oder das Versicherungsunternehmen dem Bundeszentralamt für Steuern bis zu diesem Zeitpunkt das Zustandekommen eines Vertrages angezeigt und den Versicherungsvermittler hierüber in Kenntnis gesetzt hat.3Neben den in § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung genannten Daten sind folgende Daten zu übermitteln:
- 1.
Name und Anschrift des Versicherungsunternehmens sowie Vertragsnummer oder sonstige Kennzeichnung des Vertrages, - 2.
Laufzeit und garantierte Versicherungssumme oder Beitragssumme für die gesamte Laufzeit, - 3.
Angabe, ob es sich um einen konventionellen, einen fondsgebundenen oder einen vermögensverwaltenden Versicherungsvertrag handelt.
(1) Das Amt für Ausbildungsförderung nimmt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Aufgaben wahr, soweit sie nicht anderen Stellen übertragen sind. Bei der Bearbeitung der Anträge können zentrale Verwaltungsstellen herangezogen werden.
(2) Es trifft die zur Entscheidung über den Antrag erforderlichen Feststellungen, entscheidet über den Antrag und erlässt den Bescheid hierüber.
(3) Das Amt für Ausbildungsförderung hat die Auszubildenden und ihre Eltern über die individuelle Förderung der Ausbildung nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften zu beraten.
(4) Die Ämter für Ausbildungsförderung dürfen Personen, die Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, auch regelmäßig im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin überprüfen, ob und welche Daten nach § 45d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind. Die Ämter für Ausbildungsförderung dürfen zu diesem Zweck Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Anschrift der Personen, die Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, sowie die Amts- und Förderungsnummer an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln. Die Übermittlung kann auch über eine von der zuständigen Landesbehörde bestimmte zentrale Landesstelle erfolgen. Das Bundeszentralamt für Steuern hat die ihm überlassenen Daten und Datenträger nach Durchführung des Abgleichs unverzüglich zurückzugeben, zu löschen oder zu vernichten. Die Ämter für Ausbildungsförderung dürfen die ihnen übermittelten Daten nur zur Überprüfung nach Satz 1 nutzen. Die übermittelten Daten der Personen, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen führt, sind unverzüglich zu löschen.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.
- 2
-
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 Gebäude- und Infrastrukturmanagement an einer sächsischen Hochschule. Hierfür erhielt er antragsgemäß von Dezember 2001 bis August 2003 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. In den entsprechenden Anträgen hatte er jeweils verschwiegen, dass er neben den angegebenen Vermögenswerten auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der D. Bank eingerichteten Wertpapierdepots gewesen war, das er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.
- 3
-
Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für den besagten Zeitraum auf und forderte den Kläger auf, die gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.
- 4
-
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Guthaben des Wertpapierdepots handele es sich nicht um sein Vermögen. Das Geld habe seiner zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter gehört. Er habe das Wertpapierdepot für diese treuhänderisch verwaltet. Zudem habe er das Guthaben des Wertpapierdepots auf Anweisung seiner Großmutter auf seine Schwester übertragen und nicht um seine Bedürftigkeit herbeizuführen.
- 5
-
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zu Begründung führte er aus, das Guthaben des Wertpapierdepots sei dem Vermögen des Klägers zuzurechnen. Die Übertragung dieses Depots auf seine Schwester vor der erstmaligen Antragstellung sei rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Bei Berücksichtigung dieses Guthabens übersteige das Gesamtvermögen des Klägers den ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag derart, dass dieser seinen monatlichen Bedarf in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum vollständig aus seinem anrechenbaren Vermögen habe decken können. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligungsbescheide sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - nicht schutzwürdig. Daher könnten die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei der im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X vorzunehmenden Ermessensentscheidung stünden sich das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide und das öffentliche Interesse an einer möglichst effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel gegenüber. Letzteres verlange in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens in aller Regel die Aufhebung einer rechtswidrigen Förderungsentscheidung und damit die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Verwaltungsübung, an welche er, der Beklagte, auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Förderungsempfänger gebunden sei.
- 6
-
Die Klage des Klägers hatte vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Auf die Revision des Klägers hatte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Denn dieses war abweichend von der ihm im Entscheidungszeitpunkt noch nicht bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangenen, ein (verdecktes) Treuhandverhältnis sei ausbildungsförderungsrechtlich unbeachtlich. In dem nunmehr angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Beklagten erneut stattgegeben und die Klage des Klägers abgewiesen.
- 7
-
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den vom Bundesverwaltungsgericht für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen aufgestellten rechtlichen Maßstab fehlerhaft angewandt. Es habe einerseits Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie etwa die strikte Separierung des Depotguthabens von seinem Vermögen, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt. Andererseits habe es beispielsweise die fehlende Unterschrift seiner Großmutter auf der von ihm vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarung zu Unrecht als ein Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht in grober Weise gegen die Denkgesetze verstoßen, soweit es aus dem Umstand, dass der in dem Depot angelegte Geldbetrag nahezu das gesamte Vermögen seiner Großmutter darstellte, gefolgert habe, dass die Unterschrift der Großmutter auf der Treuhandvereinbarung und ein nachvollziehbarer Grund für ihren Abschluss zu erwarten gewesen wären.
- 8
-
Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB X. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts könne ihm lediglich vorgeworfen werden, bei der Antragstellung grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dieser Irrtum des Beklagten führe zwingend zu einem Ermessensfehler. Die Prüfprogramme der beiden Ermessensvorschriften seien nicht identisch. Abgesehen davon sei das dem Beklagten im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X auch nicht in Richtung auf die Rücknahme intendiert.
- 9
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 4 Abs. 72 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - SGB X - ein sog. intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung bejaht, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Es stellt sich aber im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlagen und der Beklagte sein Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei betätigt hat.
- 11
-
Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Soweit ein Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Bewilligungsbescheide, bei denen es sich um begünstigende Verwaltungsakte handelt, rechtswidrig waren, weil im gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch das Guthaben des Wertpapierdepots Vermögen des Klägers war und ihm daher im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Ausbildungsförderung zustand (1.). Der Kläger hat das Wertpapierdepot und dessen Übertragung auf seine Schwester grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht angegeben (2.), weshalb er sich nicht auf Vertrauen berufen kann und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist eingehalten worden (3.). Der Beklagte hat bei der Rücknahmeentscheidung auch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt (4.). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung der erbrachten Leistungen, deren Höhe außer Streit steht, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwingend ist.
- 12
-
1. Das Guthaben auf dem Wertpapierdepot ist als Vermögen des Klägers zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um Treugut (a). Die unentgeltliche Übertragung dieses Depots auf die Schwester des Klägers ist förderungsrechtlich unbeachtlich (b).
- 13
-
a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der Berücksichtigung von Treuhandabreden im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen ausdrücklich die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze (vgl. Urteile vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - BVerwGE 132, 21 = Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 4 jeweils Rn. 13 f. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 f.) zugrunde gelegt. In rechtsfehlerfreier Anwendung dieses Maßstabs hat es den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Großmutter verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
- 14
-
Soweit die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe bei Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze einen Rechtsfehler begangen, indem es Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie beispielsweise die strikte Separierung des Depotguthabens von dem Vermögen des Klägers und die Erteilung einer Depotvollmacht an seine Großmutter, unzutreffend bewertet habe, kritisiert sie der Sache nach dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Das Gleiche gilt, soweit die Revision beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe beispielsweise die fehlende Unterschrift der Großmutter des Klägers auf der von ihm vorlegten schriftlichen Treuhandvereinbarung von Juni 1997 zu Unrecht als Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Feststellung und Würdigung der Tatsachen ist nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen. Dementsprechend ist es dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich versagt, die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu korrigieren oder gar zu ersetzen. Es ist insoweit darauf beschränkt zu überprüfen, ob die tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, verletzt (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18). Das Revisionsvorbringen lässt nicht erkennen, dass die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts einem derartigen Fehler unterliegt.
- 15
-
Soweit die Revision im Zusammenhang mit der tatrichterlichen Würdigung des Umstandes, dass es sich bei dem Guthaben des Depots nahezu um das gesamte Vermögen der Großmutter des Klägers gehandelt habe, einen Verstoß gegen Denkgesetze rügt, der im Einzelfall als Verfahrensfehler zu behandeln sein kann (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225 S. 74 f.; Beschlüsse vom 2. August 2007 - BVerwG 8 B 23.07 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 24.07 - juris Rn. 4), legt sie diesen nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dar.
- 16
-
Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - BVerwGE 142, 132 Rn. 32 m.w.N.). Sind bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur nicht fehlerhaft, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 8.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).
- 17
-
Die Revision zeigt nicht auf, dass die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, aufgrund des besagten Umstandes hätte für die treuhänderische Bindung des Klägers ein nachvollziehbarer Grund bestehen müssen und es wäre zu erwarten gewesen, dass auch die Großmutter des Klägers die schriftliche Vereinbarung unterzeichnet hätte, aus logischen Gründen schlechterdings unhaltbar ist. Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Revision schlüssig zu entnehmen, dass ihre Schlussfolgerung, der Kläger und seine Großmutter hätten hinsichtlich des Guthabens des Wertpapierdepots eine treuhänderische Bindung vereinbart, denkgesetzlich die einzig mögliche Folgerung aus dem besagten Umstand war.
- 18
-
b) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers förderungsrechtlich rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich ist und infolgedessen das Guthaben als Vermögen des Klägers zu behandeln ist.
- 19
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht. Dieser Zweck besteht in der Durchsetzung des in § 1 BAföG verankerten Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung. Danach wird Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nur geleistet, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Eine Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu diesem Zweck, wenn der Auszubildende Vermögen überträgt, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer entsprechenden Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der Auszubildende sein Vermögen bzw. Teile desselben auf einen Dritten überträgt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Dritter in diesem Sinne sind auch die Eltern oder ein Elternteil des Auszubildenden. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen steht der Wert des übertragenen Vermögens dem Auszubildenden für seinen Bedarf nicht mehr zur Verfügung. Hätte eine Anrechnung des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu unterbleiben, würde die finanzielle Sicherung der Ausbildung in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang nicht erreicht. Gerade weil das übertragene Vermögen nicht mehr vorhanden ist, wäre die Durchführung der Ausbildung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption durch Gewährung staatlicher Fördermittel und nicht durch das anrechenbare Vermögen des Auszubildenden sicherzustellen. Aus diesem Grund stellt sich eine unentgeltliche Vermögenszuwendung an Dritte ausbildungsförderungsrechtlich grundsätzlich als Rechtsmissbrauch dar (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 und Beschluss vom 19. Mai 2009 - BVerwG 5 B 111.08 - juris Rn. 2). Ob die Unentgeltlichkeit der Übertragung genügt, um diese ohne Weiteres als Rechtsmissbrauch zu werten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 47). So kann die Unentgeltlichkeit als Kriterium für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit beispielsweise mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Antragstellung an Gewicht verlieren. Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt und gegebenenfalls im Einzelfall auch geboten, zusätzlich zur Unentgeltlichkeit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten und der Beantragung von Ausbildungsförderung abzustellen. Denn ein solcher Zusammenhang spricht in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch.
- 20
-
Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist seine rechtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers wegen der Unentgeltlichkeit und des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der am 8. Oktober 2001 erfolgten Vermögensverschiebung und dem am 20. Dezember 2001 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist.
- 21
-
2. Das angefochtene Urteil steht auch mit Bundesrecht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften, weil diese zwar nicht durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X erwirkt worden sind (a), aber im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhen (b).
- 22
-
a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Auszubildende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem für die Bewilligung von Ausbildungsförderung maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Behörde hiernach gefragt hat oder nicht (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 C 23.96 - BVerwGE 102, 178 <180 f.> = Buchholz 236.1 § 55 SG Nr. 16 S. 11 f. m.w.N.). Das Verschweigen wahrer Tatsachen ist - in Abgrenzung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - eine Täuschung, wenn das Amt für Ausbildungsförderung nach diesen Tatsachen gefragt hat. Der Frage eines maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung steht es gleich, wenn in einem Vordruck oder Antragsformular erkennbar eine bestimmte Frage aufgeworfen wird, welche dann wahrheitswidrig beantwortet wird.
- 23
-
Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen rechtlichen Anforderungen ausgegangen. Gemessen daran hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine arglistige Täuschung abgelehnt. Denn nach seinen bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen ist in den Antragsformularen nicht ausdrücklich nach (unentgeltlichen) Vermögensverfügungen gefragt worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung gestanden haben.
- 24
-
b) Das Vertrauen des Begünstigten ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
- 25
-
In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wertpapierdepots auf seine Schwester grob fahrlässig verschwiegen hat. Nach dem Sachverhalt, wie er sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt, musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er diese Vermögensverfügung anzugeben hatte, ohne dass danach konkret gefragt worden ist. Denn sie konnte für die Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung erheblich sein. Selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass ihm dieses Vermögen wegen der Übertragung auf seine Schwester nicht (mehr) zuzurechnen war und von ihm nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden musste, hätte er diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem Beklagten eine eigenständige Prüfung und Bewertung der vorgetragenen Verwertungshindernisse zu ermöglichen. Die Nichtangabe des Wertpapierdepots war für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide auch kausal (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 40).
- 26
-
3. Des Weiteren ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Rücknahmebescheid vom 1. Oktober 2003 gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen hat.
- 27
-
Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - juris Rn. 25 m.w.N.). Sie ist hier nicht schon im September 2002 durch den Hinweis des Bundesamtes für Finanzen auf die vom Kläger gestellten Freistellungsaufträge für Kapitaleinkünfte in Lauf gesetzt worden, der den Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hat, sondern erst durch die vom Kläger nach einem entsprechenden Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 31. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte durfte auch die aus dem Datenabgleich erlangten Informationen verwerten und zum Anlass nehmen, den Kläger zu ergänzenden Angaben zu seinem Kapitalvermögen aufzufordern. Insbesondere rechtfertigt die durch Gesetz vom 2. Dezember 2004 (BGBl I S. 3127) lediglich klarstellende Einfügung des § 41 Abs. 4 BAföG nicht den Umkehrschluss, die Erkenntnisse aus einem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Datenabgleich unterlägen einem Verwertungsverbot (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O.).
- 28
-
4. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist zwar seine Auffassung, die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 SGB X sei in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen), wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt (a). Der Beklagte hat aber das ihm nach § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (b).
- 29
-
a) Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26; s.a. BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 5). Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides (vgl. Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 5 C 4.88 - BVerwGE 88, 342 <347> = Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 16 S. 20 und vom 8. Juni 1989 - BVerwG 5 C 68.86 - Buchholz 436.36 § 50 Nr. 5 S. 4; s.a. BSG, Urteil vom 11. April 2002 - B 3 P 8/01 R - juris Rn. 21). Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung des Auszubildenden auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet. Die für diese Fälle vom Oberverwaltungsgericht angenommene Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung, lässt sich weder unmittelbar aus § 45 SGB X (aa) noch aus dem Bundesausbildungsförderungsrecht und seinen fachspezifischen Wertungen (bb) ableiten.
- 30
-
(aa) Die Auslegung der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X ergibt kein intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung. Hiergegen sprechen neben dem Wortlaut vor allem systematische Erwägungen.
- 31
-
§ 45 Abs. 1 SGB X eröffnet Ermessen ("darf"), ohne danach zu unterscheiden, ob sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 3 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht.
- 32
-
Die binnensystematische Betrachtung des § 45 SGB X bestätigt diesen Befund. So verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X für den Fall, dass der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Für den Fall, dass das Vertrauen des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht schutzwürdig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung. Dies wiegt um so schwerer, als § 48 Abs. 2 VwVfG, dem § 45 Abs. 2 SGB X weitgehend entspricht, in Satz 4 ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsakt in den Fällen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, weshalb § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG auch als ermessenslenkende Norm anzusehen ist (vgl. Urteile vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 S. 3 und vom 23. Mai 1996 - BVerwG 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13).
- 33
-
In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit der Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X, die in Satz 1 eine gebundene Aufhebungsentscheidung vorsieht und in Satz 2 ausdrücklich normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt (mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) aufgehoben werden "soll". Eine solche Differenzierung findet sich in § 45 SGB X nicht.
- 34
-
(bb) Ebenso wenig ist dem einschlägigen Fachrecht zu entnehmen (vgl. zur Zulässigkeit, ein intendiertes Ermessen kraft Fachrechts anzunehmen z.B. Urteil vom 25. September 1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 - BVerwGE 91, 82 <90 f.> = Buchholz 454.71 § 3 WoGG Nr. 6 S. 8 f.), dass das Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X in der Weise Vorrang genießt, dass die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide vorgegeben ist.
- 35
-
Eine entsprechende fachgesetzliche Intention lässt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus dem in § 1 BAföG normierten Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung folgern. Durch diesen soll sichergestellt werden, dass die begrenzten staatlichen Förderungsmittel sinnvoll eingesetzt werden und für förderungsbedürftige Auszubildende zur Verfügung stehen. Auch wenn dies die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausbildungsförderung nahe legt, ist § 1 BAföG keine ermessenslenkende Bedeutung für die hier in Rede stehende Konstellation beizumessen. Denn die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen Auszubildenden, die die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen, und solchen, die dies nicht tun. Sie beansprucht vielmehr für beide Fallgruppen Geltung. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichend aussagekräftigen Grundlage für die Annahme, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X im Regelfall Vorrang vor dem kollidierenden Prinzip der Bestandskraft von Verwaltungsakten zukommt. Der bloße Verstoß gegen den Nachranggrundsatz sagt für sich noch nichts darüber aus, mit welcher Gewichtigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind.
- 36
-
Gegen die Annahme eines durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz intendierten Ermessens spricht in deutlicher Weise die Vorschrift des § 20 BAföG. Ihr ist eine differenzierte Regelung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung mit Wirkung für die Vergangenheit in Betracht kommt und welche Entscheidung die Ämter für Ausbildungsförderung dabei jeweils zu treffen haben.
- 37
-
Bis zum Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469) mit Wirkung zum 1. Januar 1981 enthielt § 20 BAföG eine vollständige und abschließende Regelung über die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung. Mit dem Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch wurden die früheren Aufhebungs- und Erstattungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG gestrichen, weil die von ihnen erfassten Sachverhalte durch die §§ 45, 48 und 50 SGB X abgedeckt sind. Durch diese Streichung und den ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 44 bis 50 SGB X in § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG wurde klargestellt, dass die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung der Förderungsleistungen in den von § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB X nicht erfassten Fällen fortan dem Regelungsregime des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch unterstehen und somit an die dort normierten Voraussetzungen und Grundsätze gebunden sind (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - a.a.O. <104> bzw. S. 12 und - BVerwG 5 C 16.86 - a.a.O. S. 25). Mit Rücksicht darauf besteht ein strikter Aufhebungszwang ("ist ... aufzuheben") nur in den Fällen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 BAföG. In den Fällen des § 48 SGB X ("soll") müssen die Ämter für Ausbildungsförderung die Bewilligungsbescheide nur im Regelfall zurücknehmen und sind nur bei einer atypischen Fallgestaltung zur Ausübung von Ermessen berechtigt und verpflichtet. In den Fällen des § 45 Abs. 1 und 4 SGB X ("darf") steht die Rücknahme stets im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26). Diese klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben würden missachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände von vornherein und unabhängig vom Einzelfall ein Vorrang eingeräumt und ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet würde.
- 38
-
Nichts anderes folgt aus den Urteilen des Senats vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 und 5 C 16.86 - (jeweils a.a.O.). Die dort getroffene Aussage,
-
"dass beim Vorliegen eines dieser Sachverhalte
§ 45 abs. 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x> die Ermessensbetätigung der Behörde im Normalfall ebenfalls zur Rückgängigmachung des Verwaltungsaktes führen wird" (vgl. a.a.O. <106> bzw. S. 13 und S. 26),
-
ist im Zusammenhang mit den beiden nachfolgenden Sätzen zu sehen,
-
"f
ür die weiter in Betracht zu ziehenden Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X folgt das gleiche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung daraus, dass die Behörde die Aufhebung, wenn die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, vornehmen soll und damit, wie schon ausgeführt, zur Aufhebung im Regelfall verpflichtet ist. Hier wie dort sind demnach beim Gesetzesvollzug Ergebnisse zu erwarten, die bei typischer Fallgestaltung denen bei Anwendung des § 20 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BAföG entsprechen" (vgl. a.a.O.).
-
Aufgrund dieses Kontextes ist die angeführte Erklärung als empirisch-prognostische Einschätzung des Senats zum Ergebnis des Gesetzesvollzugs zu verstehen. Eine weitergehende Aussage dahin, dass die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X aus normativen Gründen, insbesondere des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, in Richtung Rücknahme intendiert wäre, ist ihr nicht zu entnehmen.
- 39
-
b) Die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den Beklagten ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. Beschluss vom 26. April 2011 - BVerwG 7 B 34.11 - BRS 77 Nr. 68 und Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 Rn. 24).
- 40
-
Dem Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihm Ermessen zusteht, und er hat dieses erkennbar ausgeübt. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beklagte auch nicht von der falschen Ermessensvorschrift ausgegangen, soweit er im Widerspruchsbescheid die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X (arglistige Täuschung) statt der Nr. 2 dieser Vorschrift (grobe Fahrlässigkeit) angenommen hat. Denn das Ermessen ist ihm nicht durch diese Regelung, sondern durch die Bestimmung des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumt. Seine Ermessenserwägungen sind auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil er im Widerspruchsbescheid zu Unrecht von einer arglistigen Täuschung des Klägers ausgegangen ist. Denn ein Fehler in der rechtlichen Bewertung ist unschädlich, wenn er sich in den Ermessenserwägungen nicht niederschlägt. Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung nicht auf den Grad des klägerischen Verschuldens gestützt, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide und den Schutz fiskalischer Interessen abgestellt. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Beklagte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am Zweck der Ermächtigung orientiert. Er hat das Interesse des Klägers an der Beständigkeit der rechtswidrigen Bewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - juris Rn. 46 und vom 31. August 2006 - BVerwG 7 C 16.05 - Buchholz 428 § 31 VermG Nr. 12 Rn. 25). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers, die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel zurückzutreten. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich der Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.
(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.
(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.
(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.
(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.
(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.