Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Beförderungskosten für den Schulbesuch.
Die am …2004 geborene Tochter des Klägers … … besucht die Staatliche Realschule in … Sie hält sich im Rahmen des sog. familienrechtlichen Wechselmodells im wöchentlichen Wechsel bei ihren geschiedenen Eltern auf, wobei beide Elternteile sorgeberechtigt sind. Für den Zeitraum einer Woche lebt die Tochter des Klägers an dessen Wohnsitz unter der Anschrift … in …, in der darauf folgenden Woche bei ihrer Mutter … … mit Wohnsitz unter der Adresse … in …, ihrem melderechtlichen Erstwohnsitz. Für das Schuljahr 2016/2017 erhielt … … durch das Landratsamt …eine Schülermonatskarte für ihren Schulweg vom bzw. zum Wohnsitz der Mutter in … Am 10. April 2017 beantragte der Kläger für … … betreffend das Schuljahr 2016/2017 bei dem Beklagten die Übernahme der Beförderungskosten sowie die Ausstellung einer Schülerwertmarke für den Schulweg von und zu seinem Wohnsitz in … Diesen Antrag lehnte das Landratsamt … mit Bescheid vom 19. Juni 2017 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die notwendige Beförderung zu Realschulen sei Aufgabe der Landkreise. Die Beförderungspflicht bestehe zum Pflicht- und Wahlpflichtunterricht der nächstgelegenen Schule. Nächstgelegen sei diejenige Schule der gewählten Schulart, die mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar sei. Auf Nachfrage habe das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Folgendes festgestellt:
Die für den Beförderungsanspruch zu bestimmende nächstgelegene Schule knüpfe an den gewöhnlichen Aufenthaltsort an. Der gewöhnliche Aufenthaltsort im Sinne der Schülerbeförderung sei bei Kindern getrennt lebender Eltern dort, wo sich das Kind überwiegend aufhalte. Bei einem theoretisch genau hälftigen Aufenthalt der Kinder an den Wohnorten beider getrennt lebender Eltern (sog. Doppelresidenzmodell) sei die Rechtsprechung der Ansicht, dass sich die Eltern schülerbeförderungsrechtlich auf die Bestimmung einer Wohnung einigen müssten, die dann die Grundlage für eine Übernahme des Schülerbeförderung bilde. Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen führe in einer Entscheidung vom 20. Juli 2006 aus, es bleibe getrennt lebenden Eltern unbenommen, die Betreuung ihres Kindes nach dem Doppelresidenzmodell durchzuführen. Die hierdurch entstehenden Mehrkosten könnten die Eltern aber nicht auf die Träger des Schülerbeförderung abwälzen. Die Sicherstellung der Schülerbeförderung diene der Wahrung der Chancengleichheit und Durchsetzung des Bildungsanspruchs der Kinder. Diese Grundsätze seien aber umfassend gewahrt, wenn die Schülerbeförderung von einem der beiden Wohnsitze aus übernommen werde.
Auf dieser Grundlage führte das Landratsamt weiter aus, hier sei durch Aushändigung der Schülerfahrkarte der Schulweg vom Wohnsitz der Mutter aus sichergestellt. Die Beförderungskosten für den Schulweg vom Wohnsitz des Klägers aus könnten nicht übernommen werden. Denn nach der Rechtsprechung könnten durch das Doppelresidenzmodell entstehenden Mehrkosten nicht auf den Träger der Schülerbeförderung abgewälzt werden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21. Juni 2017, eingegangen bei Gericht am 22 Juni 2017, Klage erhoben.
Er macht geltend, die Auslegung des bayerischen Schulwegkostenfreiheitsgesetzes durch das Landratsamt … sei mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht in Einklang zu bringen. Aus dem Schutz von Ehe und Familie folge, dass es grundsätzlich den sorgeberechtigten Eltern überlassen sei, das Aufenthaltsrecht der Kinder auch so zu gestalten, dass ein Kind sowohl bei der Mutter, als auch bei dem Vater leben könne. Das Kind habe dann zwei Wohnsitze und seinen gewöhnlichen Aufenthalt gerade an beiden Wohnsitzen. Eine Beschränkung der Schulwegfreiheit dahingehend, dass das sog. Wechselmodell nicht von der Schulwegfreiheit umfasst sei, verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 124 BV. Das grundrechtlich geschützte, dem Kindeswohl dienende Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern könne nicht davon abhängig gemacht werden, ob sich die Eltern die Fahrtkosten im Rahmen des Wechselmodells wirtschaftlich leisten könnten. Auch bestehe kein sorgerechtlicher Grundsatz dahingehend, dass ein hauptsächlicher oder vorrangiger Aufenthaltsort des Kinds bestehen müsse. Vielmehr könne das Kind zivilrechtlich zweifelsfrei Wohnsitz bei beiden getrennt lebenden Elternteilen nehmen. Hieraus folge, dass der Schulweg entsprechend dem gewöhnlichen Aufenthalt von beiden Elternhäusern aus angetreten werde. Die Rechtsauffassung des Landratsamts ergebe sich auch nicht aus dem Gesetz. Danach komme es darauf an, welchen Schulweg das Kind zurückzulegen habe. Von einer Beschränkung auf einen Wohnsitz sei in dem Gesetz keine Rede. Soweit auf eine Nachricht des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst hingewiesen werde, sei zunächst festzustellen, dass das Ministerium nicht zuständig sei. Die Landkreise seien im eigenen Wirkungskreis tätig. Zudem seien Entscheidungen zum niedersächsischen Schulrecht hier nicht anwendbar. Im Zweifelsfall müssten die Kostenträger die Frage des Schulwegausgleichs untereinander regeln. Es sei dem Landkreis nicht vorgegeben, dass eine solche Regelung nicht möglich sei. Denn es sei zur Schulwegbeförderung gar nicht zwingend erforderlich, zwei Fahrkarten zur Verfügung zu stellen. Vielmehr könne entweder eine Karte durch das Landratsamt ausgestellt werden und ein interner Ausgleich mit dem Landkreis … stattfinden. Alternativ könne für die Hälfte der Schultage, mithin ca. 97 Tage im Jahr, ein Anschlussfahrschein erworben werden, sodass Mehrkosten in Höhe von monatlich lediglich etwa 18,20 EUR anfielen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass dem Landkreis durch die Wahl des Schulstandorts in … erheblicher Kostenaufwand erspart werde. Denn bei entsprechender Wahl der Erziehungsberechtigten hätte auch eine Beschulung im Landkreis … gewählt werden können, da eben gerade kein gewöhnlicher Aufenthalt nur in einem der beiden Haushalte vorliege. In diesem Fall hätte der Landkreis als Schulaufwandsträger wesentliche höhere Kosten zu tragen gehabt.
Der Kläger beantragt wörtlich, zu erkennen:
Der Bescheid des Beklagten vom 09.06.2017 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger wie beantragt zu verbeschieden.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er trägt ergänzend vor, die Staatliche Realschule … habe mitgeteilt, … … sei dort unter der Adresse … … in … angemeldet. Die Schülerbeförderung von ihrem Hauptwohnsitz in … nach … sei durch die Aushändigung der Schülerfahrkarte sichergestellt. Ein Anspruch auf Ausstellung einer weiteren Schülermonatskarte bestehe nicht. Die Verpflichtung zur Beförderung der Tochter des Klägers sei mit Aushändigung der Schülermonatskarte für die Strecke von … nach … vollumfänglich erfüllt. Ein kostenfreier Beförderungsanspruch bestehe nur zur nächstgelegenen Schule. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst habe klargestellt, dass die für den Beförderungsanspruch zu bestimmende nächstgelegene Schule an den gewöhnlichen Aufenthaltsort anknüpfte. Das Ministerium vertrete insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung die Auffassung, dass bei einem theoretisch genau hälftigen Aufenthalt der Kinder an den Wohnorten der getrennt lebenden Elternteile sich diese schulförderungsrechtlich auf die Bestimmung einer Wohnung einigen müssten, die sodann für die Schülerbeförderung maßgeblich sei. Auch aus der bayerischen Verfassung und dem Grundgesetz lasse sich kein weitergehender Anspruch auf Beförderung ableiten. Die durch einfaches Landesgesetz gewährte Schülerbeförderung sei verfassungsrechtlich gesehen eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand. Die Kostenübernahme bzw. die Organisation der Schülerbeförderung sei keine staatliche Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie. Auch aus dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Elternrecht, aus dem Grundrecht des Schülers auf Bildung oder aus dem Sozialstaatsprinzip lasse sich kein Anspruch ableiten. Getrennt lebenden Eltern sei es selbstverständlich unbenommen, die Betreuung ihrer Kinder nach dem Doppelresidenzmodell durchzuführen. Entstehende Mehrkosten könnten jedoch nicht auf den Träger der Schülerbeförderung abgewälzt werden. Die Sicherstellung der Schülerbeförderung diene der Wahrung der Chancengleichheit und Durchsetzung des Bildungsanspruchs der Kinder. Diese Grundsätze seien aber umfassend gewahrt, wenn die Schülerbeförderung von einem der beiden Wohnsitze aus übernommen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Die Klage ist unzulässig und abzuweisen. Im Übrigen hätte die Klage auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.
Allerdings besteht entgegen dem Vorbringen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung für die Klage Rechtsschutzbedürfnis.
Im Rahmen von Leistungsklagen einschließlich der Verpflichtungsklage besteht dieses regelmäßig bereits deswegen, weil der Kläger einen an sich selbst gerichteten, bislang nicht erfüllten Anspruch geltend macht. Es gilt der Grundsatz, dass die Rechtsordnung immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt, regelmäßig auch das Rechtsschutzinteresse desjenigen anerkennt, der sich als Inhaber dieses Rechts sieht (BVerwG NVwZ 1989, 673).
Da der Kläger hier meint, Inhaber eines Anspruchs auf Schulwegkostenfreiheit zu sein, besteht für seine Klage Rechtschutzbedürfnis. Dieses entfällt auch nicht deswegen, weil der Kläger - wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert hat - seine Tochter derzeit selbst mit dem Pkw zur Schule bringt. Der Bus an der Haltestelle seines Wohnsitzes komme überwiegend überfüllt an, es komme zu Gedränge und Verzögerungen, auch weil seine Tochter derzeit bei dem Busfahrer stets noch eine Fahrkarte lösen müsse. Dennoch zeigt die Klage, dass der Kläger ein subjektives Interesse an der begehrten Leistung besitzt. Dieses besteht auch objektiv, da der Kläger im Falle des Obsiegens rechtlich vorteilhaft zumindest die Option kostenloser Schülerbeförderung für seine Tochter erlangen würde. Auch würde der klägerseits genannte, derzeitige Hinderungsgrund entfallen, wonach seine Tochter täglich eine neue Busfahrkarte lösen müsse, wodurch es zu Verzögerungen komme.
Die Klage ist jedoch unzulässig, da der Kläger alleine nicht klagebefugt ist.
Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder seine Ablehnung in seinen Rechten verletzt zu sein. Klagebefugt ist, wer substantiiert Tatsachen vorträgt, nach denen es möglich ist, dass er in eigenen Rechten verletzt ist. Entsprechend fehlt es an der Klagebefugnis, wenn die von dem Kläger behaupteten Rechte diesem offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zustehen können (vgl. Schmidt-Kötters in Beckscher Online-Kommentar, VwGO, 49. Edition Stand 1.7.2017, § 42 Rn. 173).
Danach fehlt es hier an der Klagebefugnis. Denn sorgeberechtigte Elternteile sind lediglich gemeinsam klagebefugt (so auch VG Oldenburg, B.v. 17.1.2012 - 5 B 2806/11 - beck-online). Entsprechend kann der geltend gemachte Anspruch dem Kläger nach keiner Betrachtungsweise alleine zustehen.
Anerkannt ist, dass Anspruchsinhaber der Schulwegkostenfreiheit die Schülerin bzw. der Schüler ist. Jedenfalls für den Fall eines Erstattungsanspruchs sind aber auch Eltern bzw. Erziehungsberechtigte als weitere Anspruchsinhaber anerkannt (VG Hannover, U.v. 31.10.2010 - 6 A 5926/09; VG Gießen, U.v. 29.4.2015 - 7 K 2496/14; VG Ansbach, U.v. 8.10.2015 - AN 2 K 13.01829 - jeweils beck-online; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 14.3.2011 - B 3 K 10.791 und OVG des Saarlandes, B.v. 21.8.2997 - 8 Y 12/97- jeweils beck-online).
Zwar mögen sich hier etwaig bestehende Ansprüche auf Schulwegkostenfreiheit aufgrund Zeitablaufs in Kostenerstattungsansprüche gewandelt haben. Allerdings steht dem Kläger alleine ein solcher Anspruch nicht zu. Zunächst macht der Kläger hier unmissverständlich einen eigenen Anspruch in eigenem Namen geltend. Er handelt weder als (Prozess-)Vertreter im Namen seiner Tochter noch im Namen seiner geschiedenen Ehefrau. Auch tritt er nicht als Vertreter oder - unabhängig von der Frage der Zulässigkeit - als Prozessstandschafter auf. Genauso wenig liegt eine Zustimmung oder Genehmigung seiner geschiedenen Ehefrau zur Prozessführung vor. Entsprechend hat der Kläger in dem Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, beschwert sei nur er selbst, da seine geschiedene Ehefrau die Beförderungskosten zur Schule von ihrem Wohnsitz aus erstattet erhalte.
Zwar geht insbesondere aus Art. 3 Abs. 1 oder Abs. 2 des bayerischen Schulwegkostenfreiheitsgesetz (SchKfrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl. S. 452, BayRS 2230-5-1-K), zuletzt geändert durch § 1 Abs. 215 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) der Inhaber des Anspruchs auf Schulwegkostenfreiheit nicht ausdrücklich hervor. Insoweit ist allenfalls von Unterhaltsleistenden die Rede. Bereits danach scheidet ein eigenständiger Anspruch des Klägers aus. Denn schon aufgrund des unstreitig praktizierten familienrechtlichen Wechselmodells leisten nicht nur der Kläger, sondern beide Elternteile Unterhalt.
Wollte man gemeinsam sorgeberechtigten Eltern jeweils einen eigenen (einklagbaren) Anspruch zuerkennen, bestünde zudem die Gefahr widersprechender behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen. Auch hätte ein einseitiges Handeln eines Elternteils nicht nur Auswirkungen auf das Kindeswohl betreffend den Schulweg, sondern auch auf das Verhältnis der Eltern untereinander. Vorliegend könnte etwa ein einseitig durchgesetzter Anspruch des Klägers auf Schulwegkostenfreiheit im Fall des Obsiegens Auswirkungen auf die Kostenfreiheit hinsichtlich des Schulwegs vom Wohnsitz der Mutter aus haben. Entsprechend besteht ein rechtliches und tatsächliches Interesse beider Elternteile an dem vorliegenden Streitgegenstand, so dass eine einheitliche Willensbildung der Eltern hinsichtlich der Frage erforderlich ist, ob und ggf. für welchen Schulweg Kostenfreiheit geltend gemacht werden soll (a.A. VG Schwerin, U.v. 13.7.2016 - 6 A 1845/14 - beck-online).
Die aufgezeigten Probleme können auch nicht mit dem prozessualen Institut der notwendigen Beiladung gelöst werden. Denn die lediglich gemeinsame Klagebefugnis geht letztlich auf die gemeinsame elterliche Sorge zurück. Der Schulweg und damit zusammenhängend dessen Kosten betreffen sowohl die Personen-, als auch die Vermögenssorge. Grundsätzlich steht den Eltern gemäß § 1626 Abs. 1 BGB die elterliche Sorge gemeinsam zu. Nach § 1627 Satz 1 BGB haben die Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kinds auszuüben. Nach dem Konsensprinzips müssen sie gemäß § 1627 Satz 2 BGB bei Meinungsverschiedenheiten versuchen, sich zu einigen (vgl. Amend-Traut in Beckscher Großkommentar BGB, Stand 1.4.2019, § 1626 Rn. 4). Danach müssen sich die Eltern grundsätzlich auch hinsichtlich des Schulwegs und der Beantragung damit zusammenhängender Kostenfreiheit einigen und gemeinsam handeln. Allerdings ist das Konsensprinzip nach dauerhafter Trennung oder gar Scheidung gemäß 1687 BGB gelockert. Gegenseitiges Einvernehmen ist in diesen Fällen nach Abs. 1 Satz 1 der genannten Vorschrift weiterhin erforderlich bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Dagegen besitzt in Angelegenheiten des täglichen Lebens der Elternteil die Befugnis zur alleinigen Entscheidung, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei werden Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung in Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens bestimmt (vgl. Hennemann in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1687 Rn. 5). Nach § 1687 Abs. 1 S. 3 BGB sind Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens regelmäßig solche, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kinds haben (§ 1687 Abs. 1 S. 3 BGB). Hinsichtlich des familienrechtlichen Wechselmodells ist zudem umstritten, ob das Entscheidungsrecht in Angelegenheiten des täglichen Lebens tatsächlich von dem einen zu dem anderen Elternteil wechselt, je nachdem, wo sich das Kind gerade aufhält. So wird am Kindeswohl orientiert und zur Vermeidung eines erzieherischen „Hin-und-Hers“ auch vertreten, das Konsensprinzip gelte weiterhin auch für Entscheidung des täglichen Lebens, wobei der Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhalte, lediglich zur alleinigen Entscheidung von Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung berechtigt sei. Jedenfalls verbleibt es beim Konsensprinzip hinsichtlich Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (vgl. zum Meinungsstand Mehrle in Beckscher Großkommentar BGB, Stand 1.11.2018, § 1687 Rn. 97 f.).
Auch danach besteht hier keine Klagebefugnis alleine des Klägers. Denn zumindest die Klageerhebung stellt keine Angelegenheit des täglichen Lebens dar. Die Erhebung einer Klage ist nicht alltäglich, sondern außergewöhnlich. Mit der Legaldefinition aus § 1687 Abs. 3 S. 1 BGB sind Klageerhebungen zudem im täglichen Leben gerade nicht häufig.
Die Klage hätte allerdings auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Denn ein weiterer Anspruch auf Schulwegkostenfreiheit in Zusammenhang mit dem familienrechtlichen Wechselmodell ergibt sich weder aus dem SchKfrG selbst noch in Verbindung mit höherrangigem Recht.
Zunächst spricht der Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG gegen einen weiteren Anspruch der Tochter des Klägers oder ihrer gemeinsam sorgeberechtigten Eltern auf Schulwegkostenfreiheit betreffend den Schulweg ausgehend vom Wohnsitz des Klägers. In der bezeichneten Vorschrift ist von dem „Schulweg“, nicht aber von (mehreren) Schulwegen die Rede. Auch regelt - gestützt auf Art. 2 Abs. 3 SchKfrG - § 2 der Schülerbeförderungsverordnung (SchBefV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. September 1994 (GVBl. S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch § 3der Verordnung vom 8. Mai 2018 (GVBl. S. 356), dass die Beförderungspflicht zum Pflicht- und Wahlpflichtunterricht „der nächstgelegenen Schule“ besteht. Nach dem Wortlaut ist aufgrund der Verwendung des Singulars von einer einzigen nächstgelegenen Schule auszugehen. Damit unvereinbar sind aber regelmäßig die Umstände im Rahmen eines familienrechtlichen Wechselmodells. Hierbei wird es oftmals dazu kommen, dass je nach Aufenthalt bei dem einen oder anderen Elternteil die eine oder die andere Schule nächstgelegenen ist, sodass entgegen dem Wortlaut aus § 2 SchBefV eine (einzige) nächstgelegene Schule nicht existiert.
Auch nach Sinn und Zweck des SchKfrG sind gesetzlich nicht zwei unterschiedliche Schulwege von der Schulkostenfreiheit umfasst. Hierfür spricht zunächst, dass Art. 2 SchKfrG auf die Notwendigkeit der Beförderung abstellt. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG ist eine Beförderung durch öffentliche oder private Verkehrsmittel im Grundsatz notwendig, wenn der Schulweg in eine Richtung mehr als 3 km beträgt und die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist. Notwendig ist aber begrifflich das, was unerlässlich, also unbedingt erforderlich ist. Das familienrechtliche Wechselmodell dagegen ist weder unerlässlich noch unbedingt erforderlich, sondern stellt familienrechtlich lediglich eine Möglichkeit unter vielen dar, den Lebensmittelpunkt eines Kinds nach Trennung der Eltern bzw. den Umgang der Eltern mit dem Kind zu regeln. Zudem dient die Kostenfreiheit nach dem SchKfrG der Chancengleichheit sowie dem Bildungsanspruch der Kinder. Der Zweck der Kostenfreiheit besteht aber nicht darin, einen Ausgleich für vielfältige familienrechtliche Lebensformen zu schaffen, insbesondere für das familienrechtliche Wechselmodell (VG Schleswig, U.v. 9.10.2017 - 9 A 257/16 - beck-online).
Auch eine historische Auslegung stützt das Konzept eines einheitlichen Schulwegs. Denn das zwei Schulwege mit sich bringende familienrechtliche Wechselmodell war im Zeitpunkt des Erlasses des SchKfrG im Jahr 1984 noch unbekannt. Entwickelt hat sich das familienrechtliche Wechselmodell jedenfalls erst nach der Jahrtausendwende (vgl. Weber, Unterhalt beim Wechselmodell, NZFam 2016, 829).
Überdies spricht auch der Umstand, dass es sich bei der Gewährung von Schulkostenfreiheit um Massenverwaltung handelt, gegen eine Auslegung des SchKfrG dahingehend, dass dieses zwei Schulwege im Rahmen des familienrechtlichen Wechselmodells erfasst. Die Verwaltungspraktikabilität erfordert möglichst einfache und bestimmte Vorgaben (OVG Lüneburg, B.v.16.11.2012 - 2 ME 359/12 - NVwZ-RR 2013, 148, OVG Münster, U.v. 15.8.1994 - 16 A 4241/92 - FamRZ 1995, 701). Bereits erwähnt ist, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 SchBefV von „der nächstgelegenen Schule“ spricht. Insoweit bestünde auch unter Praktikabilitätserwägungen erhebliche Unsicherheit bei der Bestimmung der - einen - nächstgelegenen Schule. Auch die Annahme von zwei nächstgelegenen Schulen im Rahmen des Wechselmodells dürfte bereits unter pädagogischen Gesichtspunkten ausscheiden. Denn eine Schülerin bzw. ein Schüler kann sinnvoll nicht im wöchentlichen Wechsel die eine oder die andere jeweils nächstgelegene Schule besuchen, je nachdem, bei welchem Elternteil er sich gerade aufhält. Im Zweifel ist die nächstgelegene Schule sowie der Schulweg vom Erstwohnsitz der Schülerin bzw. des Schülers aus zu bestimmen. Danach wurde hier bereits zutreffend Kostenfreiheit vom Erstwohnsitz aus, nämlich vom Wohnsitz der geschiedenen Ehefrau des Klägers aus gewährt. Zudem würde die Anerkennung von zwei Schulwegen im Rahmen des SchKfrG korrespondierende Kontrollpflichten der Verwaltung mit sich bringen. So wäre für die Bewilligung von Schulkostenfreiheit für beide Schulwege die Frage ausschlaggebend, ob das Doppelresidenzmodell in der jeweils betroffenen Familie auch tatsächlich (noch) und in welchem Umfang gelebt wird. Darüber hinaus würden sich Abgrenzungsprobleme ergeben, je nachdem, ob ein sog. echtes Wechselmodell gelebt wird, bei dem sich die Elternteile die Betreuung des Kinds annähernd gleich bzw. annähernd gleichwertig aufteilen, oder ob hiervon abgewichen wird (vgl. Weber, Unterhalt beim Wechselmodell, NZFam 2016, 829).
Diese Auslegung des SchKfrG ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Zudem lässt sich aus höherrangigem Recht keine Erstreckung der Schulwegkostenfreiheit auf einen zweiten Schulweg im Rahmen des familienrechtlichen Wechselmodells herleiten. Ausschlaggebend hierfür ist, dass es sich bei der Kostenfreiheit der Schülerbeförderung um eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand handelt. Insoweit besteht weder eine staatliche Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) noch begründen das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Elternrecht, das Grundrecht des Schülers auf Bildung aus Art. 2 Abs. 1 GG oder das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG einen (verfassungsrechtlichen) Anspruch auf Kostenübernahme der Schülerbeförderung durch die öffentliche Hand (OVG Lüneburg, B.v. 16.11.2012 - 2 ME 359/12 - NVwZ-RR 2013, 148). Auch begründet die Schulpflicht als Konkretisierung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags aus Art. 7 GG keinen Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung, da die Erfüllung der Schulpflicht als „Bringschuld“ zu verstehen ist. Entsprechend obliegt es grundsätzlich den Eltern, für den Transport zu und von den Schulen zu sorgen und die hiermit verbundenen Kosten als allgemeine Lebenshaltungskosten zu tragen (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 25.8.2003 - 2 A 10588/03 - beck-online; Schleswig-Holsteinisches VG, U.v. 9.10.2017 - 9 A 257/16 - juris Rn. 22). Zusammengefasst wäre es grundsätzlich verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, hätte sich der Gesetzgeber dazu entschieden, überhaupt keine Schulwegkostenfreiheit zu gewähren. Damit ist es - vorbehaltlich ungerechtfertigter Ungleichbehandlungen - erst recht verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern der Gesetzgeber Schulwegkostenfreiheit lediglich teilweise oder unter bestimmten Voraussetzungen gewährt. Da es sich vorliegend um eine verfassungsrechtlich freiwillige Leistung handelt, ist dem Gesetzgeber zudem ein sehr weitreichender Gestaltungsspielraum eingeräumt, sodass er die Reichweite seiner Förderung standardisieren und pauschalisieren darf (OVG Lüneburg, B.v. 16.11.2012 - 2 ME 359/12 - NVwZ-RR 2013, 148). Letztlich steht es den Eltern selbstverständlich frei, insbesondere von ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG dahingehend Gebrauch zu machen, das familienrechtliche Wechselmodell zu leben. Allerdings entheben diese Grundrechte nicht des Risikos, dass sich familienrechtliche Lebensmodelle nachteilig auf die Frage der Schulwegkostenfreiheit auswirken (VG Schleswig, U.v. 9.10.2017 - 9 A 257/16 - beck-online; für den Grundrechtsgebrauch hinsichtlich der Schulwahl BVerwG, B.v. 13.8.2013 - 6 B 33.13 - beck-online Rn. 11 a.E.).
Auch der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist vorliegend nicht verletzt.
Anerkannt ist, dass der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG auch eine gleichheitswidrige Begünstigung verbietet, sofern eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen aber vorenthalten wird. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche rechtliche Grenzen, die von einem bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (VerwG, B.v. 13.8.2013 - 6 B 33.13 - beck-online Rn. 5 m.w.N.). Im Rahmen der strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse ist der allgemeine Gleichheitssatz im Rahmen der sog. neuen Formel verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfG, B.v. 7.10.1980 - 1 BvL 50, 89/79 - NJW 1981, 271; Nußberger in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 13). Zu fragen ist, ob die Ungleichbehandlung geeignet ist, ein legitimes Gemeinwohlziel zu erreichen, ob hierzu im Sinne der Erforderlichkeit das mildeste Mittel genutzt wurde und ob die Ungleichbehandlung im Rahmen einer Gesamtabwägung mit Blick auf das legitime Ziel angemessen, also verhältnismäßig im engeren Sinne ist ( Nussberger a.a.O. Rn. 19 ff.).
Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist hier der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz auch in Gestalt einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse gewährt. Zwar besteht eine Ungleichbehandlung von Personengruppen dahingehend, dass Schülerinnen bzw. Schüler, die die Schule von einem gemeinsamen Wohnsitz der Eltern aus besuchen vorbehaltlich der Familienbelastungsgrenze nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG vollständig Schulwegkostenfreiheit erlangen. Schülerinnen und Schüler, deren Eltern sich nach dauerhafter Trennung für das familienrechtliche Wechselmodell entschieden haben, kommen dagegen lediglich für den Schulweg von einem Elternteil in den Genuss von Schulwegkostenfreiheit. Gegebenenfalls - wiederum vorbehaltlich der Familienbelastungsgrenze - wird lediglich die Hälfte der Gesamtkosten für beide Schulwege getragen. Allerdings ist diese Ungleichbehandlung geeignet, das legitime Ziel einer Begrenzung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu erreichen. Hierbei handelt es sich gerade im Rahmen der Schulwegbeförderung um ein legitimes Ziel. So bestimmt Art. 2 Abs. 1 Satz 3 SchKfrG, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten ist. Auch § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SchBefV stellt auf den Beförderungsaufwand ab. Insoweit ist in der Rechtsprechung geklärt, dass zur Bestimmung des geringsten Beförderungsaufwands weder auf Entfernung noch auf Zeitaufwand hinsichtlich des Erreichens der Schule abzustellen ist, sondern auf die für den Träger anfallenden Fahrtkosten (VGH, B.v. 31.5.2011 - 7 ZB 10.2930 - beck-online Rn. 12).
Die Ungleichbehandlung ist hier auch geeignet, öffentliche Mittel zu schonen. Denn nach dem klägerischen Vorbringen wäre die Schulwegkostenfreiheit (auch) vom Wohnsitz des Klägers aus mit monatlichen Mehrkosten in Höhe von 18,00 EUR verbunden. Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung der Sache nach vorgebracht hat, Mehrkosten im engeren Sinne würden nicht entstehen, da die beteiligten Landkreise als Träger der Schülerbeförderung lediglich die Kosten zu tragen hätten, die zeitlich während des Aufenthalts seiner Tochter in dem jeweiligen Landkreis entstünden, trifft dies im Ergebnis nicht zu. Zwar hält sich die Tochter des Klägers jeweils hälftig in dem einen und dem anderen Landkreis auf. Mehrkosten entstehen aber dennoch, da Zeitfahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel zeitlich nicht dergestalt ausgegeben werden, dass über den Zeitraum der ausgestellten Fahrkarte - etwa ein Monat oder ein Jahr - lediglich für jede zweite Woche eine Berechtigung zur Nutzung der Verkehrsmittel besteht. Vielmehr erstreckt sich die Berechtigung über den Gesamtzeitraum der Zeitfahrkarte.
Die Ungleichbehandlung ist auch erforderlich, um die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu begrenzen. Denn vergleichbar wirksame mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es allgemeinbekannt nicht wirtschaftlich, sondern mit Mehrkosten verbunden, sofern die betroffenen Landkreise der Tochter des Klägers im wöchentlichen Wechsel lediglich Wochenkarten für öffentliche Verkehrsmittel ausstellen würden. Hiermit gingen ganz erhebliche Einsparungen verloren, die mit Monats- oder gar Jahresfahrkarten einhergehen.
Schließlich ist die Ungleichbehandlung bezogen auf das genannte Ziel bereits deswegen angemessen, weil dem Gesetzgeber im Rahmen der Leistungsverwaltung ein sehr weitreichender Gestaltungsspielraum eingeräumt ist.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 ZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da der Rechtssache grundlegende Bedeutung zukommt. Soweit ersichtlich ist die verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage der Schulwegkostenfreiheit im Rahmen des familienrechtlichen Wechselmodells bezogen auf das SchKfrG noch nicht geklärt (vgl. Roth in Beckscher Online-Kommentar VwGO, 49. Edition Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 53).