Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 30. Nov. 2018 - 6 K 1959/18

ECLI:ECLI:DE:VGAC:2018:1130.6K1959.18.00
30.11.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


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(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 6 Zulässigkeit des Verwaltungszwanges


(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein soforti

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine artenschutzrechtliche Auflage zu einem Höhenmonitoring im Zeitraum vom 01.04. bis 31.10. eines Jahres.

2

Die E. beantragte am 30.06.2010 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen im Windeignungsgebiet "F" im Landkreis Mecklenburgische-Seenplatte. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten "Landschaftspflegerischen Begleitplan" vom 23.06.2010 könnten Fledermäuse in ganz unterschiedlicher Weise von den Auswirkungen der Windenergieanlagen betroffen sein. Der Plan verweist dazu auf die Ausführungen des Abschlussberichtes zur Erfassung der Fledermauszönose im Windeignungsraum G vom 14.10.2008. Danach seien insbesondere die Zwergfledermaus, die Mückenfledermaus, der Abendsegler sowie die Breitflügelfeldermaus zum Zeitpunkt der Untersuchung im Untersuchungsgebiet G nachgewiesen worden. Der Artenreichtum von neun Fledermausarten (sechs im engeren Untersuchungsgebiet), davon eine nach FFH-Anhang II-8 (Mausohr), und das Vorhandensein von Quartieren von mindestens drei Fledermausarten seien in der Region etwas Besonderes. Es seien klare Funktionsräume mit hoher Bedeutung für die Fledermauszönose erkennbar. Dabei spielten sowohl das Dorf G mit seinen Lebensräumen als auch Waldteile und Heckenstrukturen im Gebiet eine herausragende Rolle. Auf der anderen Seite seien zwischen den Landschaftsteilen mit hoher Lebensraumfunktion für Fledermäuse auch großflächige Ackerflächen vorhanden, die aus der Sicht des Fledermausschutzes für eine Nutzung durch Windkraftanlagen geeignet erscheinen würden. Durch den Betrieb von Windkraftanlagen könne es zu Beeinträchtigungen der Fledermauszönose kommen. Insbesondere der Hudewald (Fläche 1) und der Wald (Fläche 3) sollten nicht mit Windkraftanlagen bebaut werden. Hier solle eine ausreichend große Abstandsfläche (größer als 150 m) von jeglicher Bebauung freigehalten werden, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsräume der Fledermauszönose zu vermeiden.

3

Des weiteren wurde ein „Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag Windpark G“ (AFB) der N.-Ingenieure und Architekten, vom 22.12.2010 eingereicht. Hinsichtlich der behandelten Fledermausarten kommt das Gutachten sämtlich zu dem Ergebnis, dass sich das Verletzungs– und Tötungsrisiko für die individuellen Exemplare nicht signifikant erhöhen und das Risiko der Beschädigung oder Zerstörung von Entwicklungsformen nicht signifikant ansteigen würde. Das Gutachten behandelt den Großen Abendsegler, die Zwerg-/Mückenfledermaus und die Breitfügelfledermaus.

4

In der Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern – LUNG – vom 19.10.2011 werden folgende Mängel des AFB festgestellt: Um das Kollisionsrisiko für Fledermäuse abschließend einschätzen, werde eine akustische Höhenerfassung für notwendig erachtet. Flugstraßen seien im Rahmen des Fledermausgutachtens nachgewiesen und bei der Ausweisung der einzelnen Standorte berücksichtigt. Allerdings seien die Angaben im AFB widersprüchlich. Das Eintreten von Verbotstatbeständen gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG könne durch geeignete Vermeidung und/oder CEF-Maßnahmen ausgeschlossen werden. Es sei eine akustische Höhenerfassung vorzunehmen. Die weiteren Einzelheiten werden dargelegt. Das Konzept müsse dem LUNG bis zum 15.12.2011 vorliegen.

5

Mit Bescheid vom 16.11.2011 erteilte der Beklagte der E. zur Nr. G 046/11 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von sechs Windkraftanlagen des Typs ENERCON E-101 mit einer Nabenhöhe von 135,4 m und einem Rotordurchmesser von 101 m auf den Flurstücken H, I und J der Flur 1, Gemarkung G. Die Gesamthöhe der Anlagen beträgt 185,9 m. Die Genehmigung enthält unter Ziff. 1.2.5.2 eine Auflage für ein einjähriges Höhenmonitoring (01.04. bis 31.10.) an mindestens drei Windkraftanlagen, auf dessen Basis die Anzahl zu erwartender Fledermausschlagopfer hochzurechnen ist, da die erfolgte Bodennaherfassung nicht ausreiche, um das Kollisionsrisiko für die Artengruppe der Fledermäuse abschließend bewerten zu können. Die Auflage lautet:

6

"Für die Artengruppen der Fledermäuse ist eine akustische Höhenerfassung in den Windkraftanlagen vorzunehmen. Dieses Höhenmonitoring ist für das erste Betriebsjahr durchzuführen. Die Erfassung hat während des gesamten Aktivitätszeitraumes der Fledermäuse im Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober zu erfolgen.

7

Da die Windkraftanlagen in zwei Gruppen relativ nah beieinander stehen, ist es ausreichend, wenn mindestens drei Anlagen erfasst werden. Dabei sind in jeder Gruppe die Anlagen auszuwählen, die einer geeigneten Struktur am nächsten liegen (WKA 1, 2, 4).

8

Auf Basis der Höhenerfassung ist die Anzahl zu erwartender Schlagopfer hochzurechnen. Gegebenenfalls müssen über nachträgliche Anordnungen nach § 17 BlmSchG Abschaltzeiten formuliert und langfristig eingehalten werden, die die zu erwartende Anzahl von Schlagopfern auf das Maß von weniger als zwei Fledermauskollisionen an jeder einzelnen WKA im Jahr reduzieren.

9

Die Methode der Höhenerfassung sowie die Hochrechnung auf Schlagopfer und die Abschaltzeiten sind mit dem LUNG M-V abzustimmen und nach dessen Vorgaben anzupassen.

10

Das Konzept ist dem LUNG M- V bis zur Inbetriebnahme der WKA vorzulegen."

11

Zur Begründung dieser Auflage wird in dem Bescheid ausgeführt: Der AFB komme zum Ergebnis, dass bei Durchführung der vom Gutachter entwickelten Vermeidungs– und CEF-Maßnahmen durch das Vorhaben keine Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG für die überprüften Arten erfüllt seien. Das akustische Höhenmonitoring für die Art der Fledermäuse sei in der Nebenbestimmung 1.2.5.2 enthalten. Die bodennahe Erfassung reiche nicht aus, um das Kollisionsrisiko für die Arten Gruppe der Fledermäuse abschließend bewerten zu können.

12

Die Anlagen sind nach Angaben der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat errichtet und in Betrieb. Das Monitoring ist durchgeführt, die Ergebnisse aber nicht ausgewertet.

13

Gegen die Auflage haben die Klägerinnen, die nach Übertragung der Rechte aus der Genehmigung den Bauherrenwechsel gegenüber dem Beklagten angezeigt haben, am 15.12.2011 Klage erhoben.

14

Die Klägerinnen haben beantragt,

15

die Nebenbestimmung Ziff. 1.2.5.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 16.11.2011 aufzuheben.

16

Der Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2014 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Nach den vorliegenden Unterlagen könne sich die Kammer der Auffassung der Kläger, dass eine fehlende signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos von Fledermäusen durch vorliegende Gutachten bereits hinreichend belegt sei, nicht anschließen. In dem Gutachten betreffend die Betriebszeiten der Windkraftanlagen werde ausgeführt: "Je nach Befunden vor Ort kann die Betriebszeit in den Monaten August und September auf die Hellphasen begrenzt werden. Damit würde das Risiko für durchziehende Fledermausarten weitgehend vermieden". Weiter stellt der Gutachter zusammenfassend fest: "Funktionsräume mit herausragender und besonderer Bedeutung für die Fledermauszönose sind der Hudewald nordöstlich von G, der Wald am Nordrand des Untersuchungsgebietes sowie die Baumreihe entlang der Straße von G nach K. Durch den Betrieb von Windkraftanlagen kann es zur Beeinträchtigung der Fledermauszönose kommen, welche nicht erheblich sein wird, wenn die vorgeschlagenen Ausschlussräume und Abstände eingehalten werden". Für den Hudewald und den Wald habe der Gutachter dementsprechend eine Abstandsfläche von mehr als 150 m, zu den weiteren Funktionsräumen mit herausragender Bedeutung einen Abstand von mindestens 100 m und von den Funktionsräumen mit großer Bedeutung einen Abstand von mindestens 50 m empfohlen.

19

Obwohl der Gutachter auf die Standardmethode zur Bestandserfassung von Fledermäusen zurückgegriffen und einen Methodenmix aus Habitatanalyse und Geländeuntersuchungen unter Einsatz von Sichtbeobachtungen, Detektoren, Horchboxen und Netzfängen angewandt habe und auch die von ihm empfohlenen Abstände durch die errichteten Windkraftanlagen unstreitig eingehalten würden, bedürfe es noch weiterer Ermittlungen und Feststellungen, um dem Beklagten eine hinreichende Beurteilung des durch die Windkraftanlagen verursachten Tötungsrisikos zu erlauben. Dabei bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass durch zusätzliche Ermittlungen keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind und die gegenwärtig bestehende Unsicherheit über die zu erwartenden Beeinträchtigungen nicht behoben werden kann. Derartige Ermittlungen seien tatsächlich möglich. Auch stelle die hier gegebene Möglichkeit, dass es zu Schlagopfern unter Fledermäusen kommen könne, kein unausräumbares Hindernis für das Vorhaben der Kläger dar. Durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen wie das vorgesehene Monitoring und ggf. Abschaltzeiten könnten die Eingriffs- und Störwirkungen auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden, so dass der Beklagte der Rechtsvorgängerin der Kläger die Genehmigung erteilen durfte.

20

Die Anordnung des Monitorings sei sachgerecht. Es sei grundsätzlich anerkannt, dass eine Genehmigungsbehörde ein Monitoring anordnen könne, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, insbesondere dann, wenn Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen besteht, die für den Fall, dass sich die Maßnahmen als unzureichend erweisen, durch weitere Maßnahmen ergänzt werden sollen. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Denn die gutachterlichen Ermittlungen enthielten Unsicherheiten, die eine Überprüfung angezeigt erscheinen ließen, ob eine signifikante Erhöhung des Risikos einer Fledermaustötung des Abendseglers durch Rotorschlag anzunehmen sei. In einer solchen Situation diene das Monitoring dazu, weitere Erkenntnisse über Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern. Es diene dazu, die dauerhafte Tragfähigkeit der Prognose des Gutachters zu überprüfen und zu erkennen, ob und ggf. in welcher Häufigkeit es zu Kollisionen komme.

21

Dieses Urteil wurde den Klägerinnen am 11. Juli 2014 zugestellt. Am 25. Juli 2014 haben sie den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, den sie am 13. August 2014 fristgerecht begründet haben. Mit Beschluss vom 30. März 2016 hat der Senat die Berufung zugelassen.

22

Dieser Beschluss wurde den Klägerinnen am 05. April 2016 zugestellt. Am 29. Juni 2016 haben die Klägerinnen, nach dem der Vorsitzende die Begründungsfrist auf den 1. Juli 2016 verlängert hatte, die Berufung begründet und einen Antrag gestellt.

23

Zur Begründung der Berufung tragen die Klägerinnen vor:

24

Es bestünden grundsätzliche Zweifel an der Geeignetheit eines Monitorings zum Schutz von Individuen, mithin an der Erforderlichkeit i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG. Ein Monitoring könne für sich betrachtet keinesfalls die Tötung von Individuen der besonders ge-schützten Arten verhindern. Ein Monitoring könnte allenfalls dazu beitragen, die Verwirklichung des Tötungsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu verhindern, wenn es Bestandteil eines wirksamen Schutzkonzepts sei. Hier stehe fest, dass die Genehmigung selbst keine Maßnahmen vorsehe, die ergriffen werden können, wenn sich die Prognosen aus dem Genehmigungsverfahren als unzutreffend erweisen. Eine nachträgliche erstmalige Anordnung von Abschaltzeiten zum Schutz von Fledermäusen könne nicht, wie es in der angefochtenen Nebenbestimmung vorgesehen ist, auf Basis von § 17 BlmSchG erlassen werden, weil diese Vorschrift nur zu Maßnahmen ermächtige, die die Erfüllung der Pflichten aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz gewährleisten. Der Genehmigungsbescheid enthalte keinen Auflagenvorbehalt, der zu einer nachträglichen Anordnung von Abschaltzeiten ermächtige.

25

Abgesehen davon seien auch die Voraussetzungen von § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt. Ein signifikant gesteigertes Tötungsrisiko für die Fledermausarten im Vorhabengebiet könne bereits auf Grund der beim Beklagten eingereichten fachgutachterlichen Stellungnahmen sicher ausgeschlossen werden. Wenn der Beklagte ausführe, die Auflage diene der Schließung von unvermeidbarer Erkenntnislücken und solle die Grundlage für eventuell anzuordnende Schutzmaßnahmen darstellen, soweit derartige Maßnahmen erforderlich sind, um einen Verstoß gegen das Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern, werde daraus deutlich, dass im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung gerade nicht sicher eingeschätzt werden konnte, ob ein Verstoß gegen das Tötungsrisiko zu erwarten war. Es sei Aufgabe der Behörde, sich die Daten zu verschaffen; die Verantwortung für die (vollständige) Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen obliege ihr. Sofern die Behörde meine, ihr lägen nicht sämtliche Informationen vor, die sie für ihre Entscheidung benötigt, so könne sie schlichtweg keine Entscheidung treffen.

26

Im Übrigen sei das angeordnete Monitoring mangels Geeignetheit auch nicht erforderlich, um das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzung sicherzustellen. Es solle das Schutzkonzept selbst sein. Es seien hier keine Schutz- und Kompensationsmaßnahmen angeordnet, deren Wirksamkeit durch das Monitoring überprüft werden sollten. Ein wirksames, in der Genehmigung verbindlich angelegtes, Schutzkonzept sei gegeben, wenn die das Schutzkonzept bildenden Regelungen in der Genehmigung verbindlich angeordnet seien. Es sei nicht ausreichend, dass etwaige Abschaltzeiten angekündigt werden. Diese hätten verbindlich angeordnet werden müssen, um ein Schutzkonzept (verbindlich) zu implementieren. Alternativ hätte auch ein Auflagenvorbehalt gemäß § 12 Abs. 2a Satz 1 BlmSchG in die Genehmigung aufgenommen werden können.

27

Die Klägerinnen beantragen:

28

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2014, Az. 5 A 1257/11, wird aufgehoben.

29

Die Nebenbestimmung in Ziff. 1.2.5.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Nr. G 046/11 des Berufungsbeklagten vom 16. November 2011 wird aufgehoben.

30

Der Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Die Monitoringauflage könne auf § 12 Abs. 1 S. 1 BlmSchG i. V. m. § 44 Abs. 1 BNatSchG gestützt werden. Die Auflage diene der Schließung unvermeidbarer Erkenntnislücken und solle die Grundlage für eventuell anzuordnende Schutzmaßnahmen stellen, soweit derartige Maßnahmen erforderlich sind, um einen Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern. Die Erkenntnislücken ergäben sich daraus, dass sowohl aus der „Erfassung der Fledermauszönose im Wind Eignungsraum G“ wie auch aus dem „Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag Windpark G“ nur eine lückenhafte Erfassung der Fledermauspopulation erkennbar werde. Der AFB sei nach dem Kenntnisstand 2008 methodisch fachgerecht erstellt worden. Es hätte sich aber das Problem ergeben, dass die Auswirkungen des Betriebs von Windenergieanlagen auf Fledermäuse sich durch eine Bodenerfassung allein nicht abklären ließen. Seit 2009 sei die Erkenntnis gewonnen, dass einerseits die Fledermäuse durch Windenergieanlagen angelockt würden und sich am Mast im Flug hochschraubten und dass andererseits das Verhalten der Fledermäuse um Windenergieanlagen nicht sicher abschätzbar sei. Die Erkenntnisunsicherheit könne nur durch ein Gondelmonitoring beseitigt werden. Aufgrund der seinerzeit vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen habe es andererseits keine Veranlassung gegeben, bereits mit der Genehmigung Abschaltzeiten vorzusehen. Man sah aber wegen der genannten Unsicherheiten die Notwendigkeit entsprechend der angefochtenen Auflage bei einem Erkenntnisstand, der zu einer relevanten Gefährdung der Fledermäuse führt, durch Abschaltauflagen nachsteuern zu können. Das somit signifikant erhöhte Tötungsrisiko könne durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen, wie das vorgesehene Monitoring oder gegebenenfalls Abschaltzeiten auf ein in hinnehmbares Maß reduziert werden. Erfahrungsgemäß beschränkten sich die erforderlichen Abschaltzeiten auf Nächte im Sommer und Herbst mit einer relativ geringen Windgeschwindigkeit. Die Ertragsverluste seien daher relativ gering, zumal die Abschaltungen nur in den ertragsschwachen windarmen Nächten erforderlich seien. Das Monitoring sei damit sehr wohl Teil eines Schutzkonzepts. So sei in der Auflage insbesondere auch angekündigt worden, dass - soweit erforderlich - Abschaltzeiten angeordnet werden können.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

34

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

35

I. Die Klage wendet sich gegen die Nebenbestimmung Ziff. 1.2.5.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 16.11.2011. Die Klägerinnen haben Anfechtungsklage erhoben. Diese Klageart ist statthaft.

36

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts die Anfechtungsklage gegeben. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird wie hier geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung verfolgt werden. Ob diese Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann; dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 - BVerwGE 112, 221 = NVwZ 2001, 429). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

37

II. Die angefochtene Auflage findet ihre Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG.

38

1. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen.

39

Die angefochtene Nebenbestimmung stellt keinen Auflagenvorbehalt i.S.v. § 12 Abs. 2 a S. 1 BImSchG dar. Danach kann die Genehmigung mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen.Ein Auflagenvorbehalt soll es der Behörde ermöglichen, die Genehmigung noch nachträglich sich möglicherweise wandelnden, im Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht übersehbaren Verhältnissen durch Auflage anzupassen (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 120 AO Rn. 21). Er soll es ermöglichen, in die Bestandskraft des Verwaltungsakts einzugreifen (U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 8. Aufl. 2014 § 36 Rn. 89). Es geht hier nicht um noch nicht übersehbare Verhältnisse. Vielmehr geht der Beklagte im Rahmen seiner Beurteilung davon aus, dass erst nach Errichtung und Betrieb der Anlagen nach dem derzeitigen fachlichen Erkenntnisstand zu klären sein wird, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sicher Rechnung zu tragen. Die Nebenbestimmung gibt vor: Auf Basis der Höhenerfassung durch das Monitoring ist die Anzahl zu erwartender Schlagopfer hochzurechnen. Gegebenenfalls müssen dann Abschaltzeiten formuliert und langfristig eingehalten werden, die die zu erwartende Anzahl von Schlagopfern auf das Maß von weniger als zwei Fledermauskollisionen an jeder einzelnen WKA im Jahr reduzieren. Die Methode der Höhenerfassung sowie die Hochrechnung auf Schlagopfer und die Abschaltzeiten sind mit dem LUNG M-V abzustimmen und nach dessen Vorgaben anzupassen. Das Konzept ist dem LUNG M- V bis zur Inbetriebnahme der WKA vorzulegen. Die Genehmigung soll damit nicht zunächst ohne diese Nebenbestimmung bestandskräftig werden, sondern mit Wirksamwerden der Genehmigung ebenfalls wirksam sein. Die Nebenbestimmung gibt unmittelbar die Durchführung des Monitorings auf. Es ist auch vorgegeben, dass je nach dessen Ergebnis Abschaltzeiten einzuhalten sein werden, die auf der Grundlage des Ergebnisses des Monitorings zu konkretisieren sind.

40

Die Nebenbestimmung ist somit eine Auflage, durch die dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Hier wird der Klägerin ein zweistufiges Tun auferlegt. Dass nach Vorliegen der Ergebnisse des Monitorings ggf. der Beklagte die Abschaltzeiten ergänzend festlegen muss, steht der Annahme einer Auflage nicht entgegen. Eine Behörde kann im Rahmen einer Anordnung ein gestuftes Verfahren vorsehen, in dem die Bestimmung des Mittels der Anordnung nachfolgen kann (U. Stelkens a.a.O. § 37 Rn. 34). Dies ist in Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG zulässig, wenn es zu den Besonderheiten der Abwehr von Gefahren oder Beseitigung von Schäden durch bestimmte Vorgänge gehört, dass zunächst nur eine Gefahrenlage bekannt ist, ohne dass schon hinreichend sicher feststünde, welche Ausdehnung sie hat und welche konkreten Maßnahmen im einzelnen geeignet und erforderlich sind, ihr wirksam zu begegnen und sich die entsprechenden Erkenntnisse mit hinreichender Sicherheit erst im Zuge weiterer Maßnahmen gewinnen lassen. Solche Besonderheiten können dazu führen, dass die zur Erreichung des Erfolges erforderlichen Mittel nicht schon in der Anordnung im Einzelnen bezeichnet werden, sondern zumindest teilweise einer nachfolgenden Konkretisierung durch auf der Grundlage eines einzuholenden Sachverständigengutachtens vorbehalten bleiben (vgl. OVG Bremen, U. v. 29.08.2000 - 1 A 398/99 - NVwZ-RR 2001, 157). So liegt der Fall hier.

41

2. Die Genehmigung ist gem. § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und 2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Danach müssen die artenschutzrechtlichen Verbote nach §§ 44 ff. BNatSchG beachtet werden. Nebenbestimmungen können mithin auch auf die Sicherstellung naturschutzrechtlicher Anforderungen gerichtet sein.

42

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzten oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu den im Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 v. 3.3.1997, S. 1) aufgeführte Tierarten gehören auch der Große Abendsegler, die Zwerg-/Mückenfledermaus und die Breitfügelfledermaus, und somit zu den nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) BNatSchG besonders geschützten Arten. Der individuenbezogene Tötungstatbestand ist nicht nur bei einer gezielten Tötung, sondern auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist. Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen und daher als unvermeidlich hinzunehmen. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist daher zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219; Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 91; Urt. v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 -, BVerwGE 149, 31 Rn. 98 f.). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben ist, steht der Genehmigungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, weil die behördliche Beurteilung sich auf außerrechtliche Fragestellungen richtet, für die weithin allgemein anerkannte fachwissenschaftliche Maßstäbe und standardisierte Erfassungsmethoden fehlen. Wenn und solange die ökologische Wissenschaft sich insoweit nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenden Zulassungsbehörde als "falsch" und "nicht rechtens" zu beanstanden (BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 65; Urt. v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 -, BVerwGE 147, 118 Rn. 14; Urt. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 -, NVwZ 2014, 524 Rn. 14).

43

Die Genehmigungsbehörde ist regelmäßig gehalten, bereits vorhandene Erkenntnisse und Literatur zum Plangebiet und den dort nachgewiesenen oder möglicherweise vorkommenden Arten, zu ihren artspezifischen Verhaltensweisen und den für sie typischen Habitatstrukturen auszuwerten. Solche Erkenntnisse können sich stets unter Berücksichtigung ihrer Validität und der Art ihres Zustandekommens ergeben aus vorhandenen Katastern, Registern und Datenbanken öffentlicher Stellen, in denen über größere Zeiträume hinweg Erkenntnisse zusammengetragen werden, aus Abfragen bei den Fachbehörden und bei Stellen des ehrenamtlichen Naturschutzes, durch Auswertung von gutachtlichen Stellungnahmen aus Anlass anderer Planvorhaben oder aus Forschungsprojekten, schließlich aus der naturschutzfachlichen Literatur im Allgemeinen. Erst durch eine aus beiden Quellen (Bestandserfassung vor Ort; Auswertung vorhandener Erkenntnisse und Literatur) gewonnene und sich wechselseitig ergänzende Gesamtschau wird sich die Behörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen können. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und den Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten. Lassen sich gewisse Unsicherheiten aufgrund verbleibender Erkenntnislücken nicht ausschließen, darf die Planfeststellungsbehörde auch "worst-case-Betrachtungen" anstellen, also im Zweifelsfall mit negativen Wahrunterstellungen arbeiten, sofern sie konkret und geeignet sind, den Sachverhalt angemessen zu erfassen (BVerwG, U. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274).

44

Dabei kann die Behörde sich auch auf gutachtliche Stellungnahmen stützen, die der Vorhabenträger beigebracht hat. Dies hat der Beklagte hier getan. Er hält aber die eingereichten Gutachten zur Frage der Beeinträchtigungen von Fledermäusen für methodisch defizitär.

45

Das Gericht wiederum kann unter den gleichen Voraussetzungen behördliche und private Gutachten berücksichtigen. Ein Tatsachengericht kann sich grundsätzlich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf eine gutachterliche Stellungnahme stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen liegt nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 404 Abs. 1, 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten absieht, obwohl die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte aufdrängen müssen. Dies ist der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Verhältnissen ausgeht, unauflösbare Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt (vgl. BVerwG, B. v. 30.06.2010 - 2 B 72/09 – juris).

46

3. Das BVerwG sieht als zulässigen Bestandteil eines Schutzkonzepts die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen an (sog. Monitoring). Ein Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn wie hier offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll (BVerwG, U. v. 14.07.2011 - 9 A 12/10 - BVerwGE 140, 149 juris Rn. 105; vgl. auch BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 - BVerwGE 128, 1 juris Rn. 55). Bleibt insbesondere in Bezug auf die Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen eine wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigende Unsicherheit bestehen, kann das verbleibende prognostische Risiko, ob trotz der getroffenen Maßnahmen ein erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, durch ein geeignetes Risikomanagement aufgefangen werden. Als ein Bestandteil des notwendigen Schutzkonzepts kann ein populations- und maßnahmenbezogenes Monitoring zum Schutz von Fledermäusen angeordnet werden, um weitere Erkenntnisse über die möglichen Beeinträchtigungen zu gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 06.11.2012 - 9 A 17/11 - BVerwGE 145, 40 juris. Rn. 48).

47

Danach kann einem Vorhabenträger insbesondere beim Habitat- und Artenschutz zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen ein auf Erfolgskontrolle gerichtetes „Monitoring“ auferlegt werden, das der dauerhaften Beobachtung der angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen dient. Die damit verbundene, den Vorhabenträger treffende dauerhafte Beobachtungspflicht, findet ihre Rechtfertigung darin, dass den Vorhabenträger die Nachweispflicht dafür trifft, dass Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbote vermieden werden. Insofern stellt sich ein Monitoring für den Vorhabenträger als milderes Mittel im Vergleich zu anderen Maßnahmen dar, mit denen die Beachtung artenschutzrechtlicher Verbote ebenfalls sichergestellt werden könnte, die aber eine stärkere Belastung des Vorhabenträgers, wie etwa die zeitweise Abschaltung von Windkraftanlagen oder die gänzliche Versagung der Genehmigung, mit sich brächten. Der erforderliche Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen kann allein durch ein Monitoring jedoch nicht erbracht werden. Vielmehr muss das Monitoring Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Begleitend zum Monitoring müssen somit Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Derartige Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 10.01.2017 – 4 LC 198/15 – juris Rn. 142 f.).

48

Die Auffassung, die Prognose, ein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko der Fledermäuse durch die genehmigten Anlagen sei nicht als gerechtfertigt anzusehen, könne nicht durch eine kontinuierliche akustische Überwachung der Fledermausaktivität im Rotorbereich abgesichert werden, wenn damit entgegen dem artenschutzrechtlichen Verbot das Tötungsrisiko in Kauf genommen werde und Vermeidungsmaßnahmen erst für den Fall vorbehalten bleiben würden, dass beim akustischen Monitoring der Fledermäuse an den Windkraftanlagen ein relevantes Kollisionsrisiko prognostiziert wird (so VGH Kassel, B. v. 14.05.2012 - 9 B 1918/11 - NuR 2012, 493), hält der Senat jedenfalls für einen Fall wie den Vorliegenden für zu eng. Denn hier wird einem verbleibenden prognostischen Restrisiko nicht Rechnung getragen. Es müsste dann zu einer Versagung der Genehmigung führen oder zu Vermeidungsauflagen, die möglicherweise weit über das Erforderliche hinausgehen, um „auf die sichere Seite“ zu gelangen.

49

Bei dem oben darlegten Verständnis des Anwendungsbereichs einer sogenannten Monitoring-Auflage erledigt sich auch der Einwand, eine solche Auflage sei deswegen rechtswidrig, weil die Suche nach getöteten Tieren eine Tötung der Tiere nicht verhindere; vielmehr lasse sich durch ein Monitoring allenfalls Erkenntnisse über die Beeinträchtigung der Tiere gewinnen, diese aber nicht vermeiden (Rolzhofen ZNER 2014,303, Anmerkung zu OVG Magdeburg, U. V. 13.03.2014 – 2L215/11 – ZNER 2014,300).

50

Die Klägerinnen sind zudem der Auffassung, dass es sich um die Anordnung einer Eigenüberwachungsmaßnahme handele, die allein der Sachverhaltsaufklärung und damit der Frage diene, ob eine Rechtsbeeinträchtigung als Verstoß gegen das Tötungsverbot tatbestandlich überhaupt vorliege. Eine solche Eigenüberwachungsmaßnahme könne nur auf der Grundlage einer konkreten gesetzlichen Ermächtigung angeordnet werden, die nicht bestehe (so auch OVG Magdeburg, U. v. 13.03.2014 – 2 L 215/11 – ZNER 2014,300 unter Bezugnahme auf VGH München, U. v. 19.02.2009 – 22 BV 08.1164 - NVwZ-RR 2009, 594). Im Bundes-Immissionsschutzgesetz habe – so der VGH München – eine solche Betreiberpflicht zur Eigenüberwachung verschiedentlich Ausdruck gefunden. Es enthalte eine Vielzahl von Regelungen, die die betriebliche Eigenüberwachung und die Anleitung hierzu näher konkretisieren. Die Zusammenstellung über Anforderungen an die betriebliche Eigenüberwachung zeige ein sehr ausdifferenziertes Regelungssystem, das den Schluss auf eine abschließende gesetzliche Kodifikation für Eigenüberwachungsanordnungen nahelegt. Dem schließt sich der Senat nicht an, soweit es um ein naturschutzrechtliches Monitoring geht.

51

Es kann dahinstehen, ob das Bundesimmissionsschutzgesetz eine abschließende Regelung verschiedener möglicher Anordnungen zur Eigenüberwachung enthält. Die Regelungen dieses Gesetzes betreffen jeweils Umwelteinwirkungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes. Dies rechtfertigt nicht den Schluss, dass insoweit auch eine abschließende Regelung für solche Rechtsbereiche getroffen werden soll, die Kraft der Konzentrationswirkung der Genehmigung nach § 13 BImSchG und § 6 BImSchG daneben zu prüfen sind, wie insbesondere das Naturschutzrecht. Hier ermöglicht es die allgemeine Norm des § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG entsprechende Auflagen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen.

52

4. a) Voraussetzung für die Anordnung eines Monitoring ist danach zunächst, dass hier das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berührt ist. Ein Monitoring kann (darf nur) dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BVerwG, U. v. BVerwG vom 14.07.2011 a.a.O.). Es geht um das verbleibende prognostische Risiko, ob trotz der getroffenen Maßnahmen ein erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, das jedoch durch ein geeignetes Risikomanagement aufgefangen werden kann (BVerwG, U. v. 06.11.2012 a.aO.).

53

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt, dass der AFB nach dem Kenntnisstand 2008 methodisch fachgerecht erstellt worden sei. Es hätte sich aber das Problem ergeben, dass die Auswirkungen des Betriebs von Windenergieanlagen auf Fledermäuse sich durch eine Bodenerfassung allein nicht abklären ließen. Im Jahre 2007 sei ein Forschungsvorhaben begonnen und 2009 abgeschlossen worden, dessen Ergebnisse Brinkmann 2009 vorgestellt habe und die 2011 veröffentlicht worden seien (BRINKMANN, R.; BEHR, O.; NIERMANN, I. & REICH, M. (HRSG.): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen, Göttingen). Diesen Sachverhalt sollte die Stellungnahme in der Begründung zu der geforderten Auflage in dem Schreiben des LUNG vom 17.10.2011 benennen. Die Erkenntnisunsicherheit beruhe darauf, dass einerseits die Fledermäuse durch Windenergieanlagen angelockt würden und sich am Mast im Flug hochschraubten und dass andererseits das Verhalten der Fledermäuse um Windenergieanlagen nicht sicher abschätzbar sei. Aufgrund der seinerzeit vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen habe es andererseits keine Veranlassung gegeben, bereits mit der Genehmigung Abschaltzeiten vorzusehen. Man sah aber wegen der genannten Unsicherheiten die Notwendigkeit entsprechend der angefochtenen Auflage bei einem Erkenntnisstand, der zu einer relevanten Gefährdung der Fledermäuse führt, durch Abschaltauflagen nachsteuern zu können. Die Veröffentlichung von Brinkmann 2011 sei noch heute die Grundlage des Gondelmonitorings.

54

Diese Einschätzung haben die Klägerinnen nicht in Frage gestellt. Sie entspricht auch der Artenschutzrechtlichen Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von WEA des LUNG M-V – AAB-WAE – Teil Fledermäuse (Stand 01.08.2016). Als Standard-Methode hätten sich Detektorbegehungen im Umfeld der geplanten WEA Standorte sowie der Einsatz stationärer Horchboxen etabliert. In einigen Fällen würden zusätzlich aufwändige akustische Erfassungen in der Höhe mit Hilfe von Ballons oder Drachen oder Netzfänge und Telemetrie zur Suche nach Fledermausquartieren durchgeführt. Schwerpunkträume der residenten Fledermäuse ließen sich bei ausreichender Untersuchungstiefe durch Detektorbegehungen und Horchboxerfassungen im Vorfeld der Planung erfassen. So können z.B. bedeutende Flugstraßen und Jagdgebiete sowie Quartiere nachgewiesen werden. Anhand der Ergebnisse ließe sich das Kollisionsrisiko der residenten Tiere für die einzelnen Standorte relativ gut abschätzen. Für Prognosen des Kollisionsrisikos der migrierenden Tiere bestehe jedoch eine erhebliche Prognoseunsicherheit (Hinweis auf Brinkmann et al. 2011, S. 213 ff). Die Prognoseunsicherheit sei besonders durch den Stichprobencharakter der Untersuchung begründet. Kollisionsereignisse träten häufig konzentriert in wenigen Nächten im Jahr mit hoher Aktivität auf und können bei Stichprobenuntersuchungen (z.B. 20 Kontrollen innerhalb von 200 Aktivitätstagen) schnell „verpasst“ werden. Hinzu käme die z.T. abweichende Arten-Verteilung in verschiedenen Höhen (bodennah hohe Aktivität von nicht kollisionsgefährdeten Arten, in der Höhe hoher Anteil kollisionsgefährdeter Arten). Eine zusätzliche Prognose-Unsicherheit ergebe sich aus den Standort-Veränderungen, die durch den Bau der WEA eintreten. WEA hätten als Bauwerk einen Anlockungseffekt auf Fledermäuse. Dieser könne bei Vorab-Untersuchungen noch nicht berücksichtigt werden, die Flugaktivität von Fledermäusen aber beeinflussen.Fledermausuntersuchungen im Vorfeld des Anlagenbaus könnten das Kollisionsrisiko der Residenten Fledermäuse gut prognostizieren. Die Prognose des Kollisionsrisikos für Wandernde Fledermäuse sei nicht mit hinreichender Sicherheit möglich, es lassen sich aber evtl. Trends erkennen. Besonders Aussagen zu Abschaltzeiten und ggf. zu den erforderlichen Windgeschwindigkeits-Schwellenwerten seien anhand der bodengebundenen und stichprobenartigen Erfassungen nicht möglich (Seite 13). An Standorten, an denen auf Basis der Vorab-Untersuchung kein erhöhtes Kollisionsrisiko zu erwarten sei, sei eine Genehmigung ohne pauschale Abschaltzeiten möglich. Nach dem Bau der Anlage werde das standortspezifische Kollisionsrisiko der wandernden Fledermäuse durch Höhenmonitoring erfasst. Da dann ggf. Abschaltzeiten erforderlich sein könnten, sei in der Genehmigung eine nachträgliche Anordnung vorzusehen (Seite 18).

55

Diese Beurteilung füllt die Einschätzungsprärogative des Beklagten aus. Sie resultiert aus den prognostischen Elementen der Prüfung des § 44 BNatSchG und dem Fehlen allgemein anerkannter standardisierter Beurteilungsmaßstäbe. Sie ist fachlich vertretbar und beruht auf einem geeigneten Bewertungsverfahren. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats daraus, dass ein ähnliches Vorgehen auch in anderen Leitfäden vorgeschrieben wird. So wird in Ziff. 8.4.2. Bayern: Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen vom 1. September 2016 ausgeführt: In Bereichen wie z.B. in Flussauen, Wald- und Gewässerlandschaften, Feldgehölzen, ausgeprägten Heckenlandschaften, in denen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen plausible Rückschlüsse auf das Vorhandensein dieser Arten zulassen, könne die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und den Verbreitungsgrad bestimmter Arten ziehen. In diesen Bereichen sei der Vorhabenträger grundsätzlich gehalten, dazu gezielte Daten zu erheben, auf deren Grundlage die Behörde beurteilen kann, ob durch die geplante WEA ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verwirklicht wird. Diese Untersuchungen seien auf Gondelhöhe durchzuführen. Von einer entsprechenden Erhebung könne abgesehen werden, wenn durch ein begleitendes Gondelmonitoring die Fledermausaktivitäten und das damit gegebenenfalls verbundene erhöhte Tötungsrisiko beobachtet wird (vgl. auch Schleswig-Holstein: Integration artenschutzrechtlicher Vorgaben in Windkraftgenehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz 2017, S. 13 ff.).

56

III. Die Klage wäre auch abzuweisen, wenn die Voraussetzungen für eine Gondelmonitoring-Auflage mit vorgezeichneten Abschaltregime nicht erfüllt sind.

57

Die Frage, ob eine Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, ist durch die fachlichen, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfallenden Erkenntnisse nur hinreichend sicher auszuschließen, wenn das angeordnete Monitoring mit den möglichweise daraus herzuleitenden Abschaltzeiten angeordnet wird. Nach dem oben dargelegten Erkenntnisstand 2011 konnte ohne weitere Ermittlungen durch ein Gondelmonitoring allein auf der Grundlage der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten nicht davon ausgegangen werden, dass nachgewiesen ist, der Betrieb der genehmigten Anlagen werde nicht zu Verstößen gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG führen. Die notwendige Erkenntnis könnte andererseits nicht vorab gewonnen werden, ohne dass die Anlagen errichtet und in Betrieb sind. Unter diesen Umständen hätte ohne die angefochtene Auflage die Genehmigung versagt werden müssen. Die Genehmigung ohne eine solche Auflage wäre daher rechtwidrig. Sie entspräche auch nicht dem Willen des Beklagten. Nach den oben dargelegten Grundsätzen käme daher eine isolierte Aufhebung der Auflage nicht in Betracht.

58

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 167 Abs. 1 VwGO und § 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

59

Die Revision ist zuzulassen, da die Frage der Zulässigkeit und Voraussetzungen eines Monitorings in einer immissionschutzrechtlichen Genehmigung grundsätzliche Bedeutung hat.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Tenor

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Februar 2014 ist wirkungslos.

Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beigeladene.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.


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(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. November 2017 - 5 K 4087/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), ausgeführt, dass es für die Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Gebührenbescheids nicht auf die vom Kläger allein in Zweifel gezogene Rechtmäßigkeit des vollstreckten Platzverweises vom 13.01.2012 ankommt, da dieser Grundverwaltungsakt bestandskräftig geworden ist.
Ohne Erfolg hält der Kläger dem entgegen, im Bereich des Versammlungsrechts müsse im Rahmen der Überprüfung des Kostenbescheids (stets) eine Inzidentprüfung von vollstreckten Grundverwaltungsakten stattfinden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines vollstreckten Grundverwaltungsakts im Anfechtungsverfahren gegen einen Bescheid über die Heranziehung zu Vollstreckungskosten ausgeschlossen sind, wenn der Grundverwaltungsakt bestandskräftig wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5.08 - VBlBW 2009, 55). Nach diesen Grundsätzen sind auch die Einwendungen des Klägers gegen den ihm erteilten Platzverweis im Klageverfahren gegen den angefochtenen Gebührenbescheid unbeachtlich. Denn der Kläger hat gegen den ihm erteilten Platzverweis keinen Widerspruch eingelegt. Das hat zur Folge, dass dieser Verwaltungsakt jedenfalls nach Ablauf der mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts gemäß § 58 Abs. 2, § 70 Abs. 2 VwGO beginnenden Jahresfrist bestandskräftig wurde.
Der Kläger kann auch nicht einwenden, der Platzverweis sei sofort vollziehbar gewesen und vollzogen worden und habe sich vor Ablauf der Widerspruchsfrist erledigt, sodass ihm eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts auf der Primärebene abgeschnitten gewesen sei und deshalb nun auf der kostenrechtlichen Sekundärebene möglich sein müsse. Denn der Grundverwaltungsakt - der Platzverweis - hatte sich allein durch die Vollstreckung tatsächlich nicht erledigt und war daher auch über den Zeitpunkt der Vollstreckung hinaus anfechtbar. Der Vollzug eines Handlungspflichten auferlegenden Verwaltungsakts führt nicht in jedem Fall zu dessen Erledigung und zwar auch dann nicht, wenn hiermit irreversible Tatsachen geschaffen werden. Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt vielmehr erst dann ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Urt. v. 25.09.2008, a.a.O.; Beschl. v. 17.11.1998 - 4 B 100.98 - Buchholz 316 § 43 VwVfG Nr. 11, Urt. v. 27.03.1998 - BVerwG 4 C 11.97 - Buchholz 316 § 43 VwVfG Nr. 10). Daran gemessen hatte sich auch der Platzverweis vom 13.01.2012 nicht allein durch seine Vollstreckung erledigt. Denn von diesem Verwaltungsakt gingen auch darüber hinaus rechtliche Wirkungen aus, da er zugleich die Grundlage für den Kostenbescheid bildet. Diese Titelfunktion des Grundverwaltungsakts dauert an (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.09.2008, a.a.O.).
Dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung im Anfechtungsverfahren gegen den Kostenbescheid infolgedessen nicht (mehr) geprüft wird, ist auch in Hinblick auf das vom Kläger sinngemäß angeführte Gebot effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG unbedenklich. Denn der Kläger hat sich die Klärung seiner Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung durch den Verzicht auf die (frist- und formgerechte) Einlegung eines Widerspruchs gegen diesen Verwaltungsakt selbst abgeschnitten (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.09.2008, a.a.O.). Auch aus dem vom Kläger in Bezug genommenen Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29.07.2010 - 1 BvR 1634/04 - (NVwZ 2010, 1482) folgt nichts anderes. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung die Auslegung des damaligen niedersächsischen Landesrechts durch ein Verwaltungsgericht als unvereinbar mit Art. 19 Abs. 4 GG beanstandet. Dieses hatte den Verzicht auf die Inzidentprüfung eines Grundverwaltungsakts im Anfechtungsverfahren gegen einen Heranziehungsbescheid mit Überlegungen zu Besonderheiten des damaligen dortigen Landesrechts begründet, das die Prüfung von freiheitsbeschränkenden polizeilichen Maßnahmen den Amtsgerichten zugewiesen hatte. Diese auf das damalige niedersächsische Landesrecht bezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts führt im vorliegenden, nach baden-württem-bergischem Landesrecht zu beurteilenden Verfahren nicht weiter. Dem Kläger war hier effektiver Rechtsschutz gegen den Grundverwaltungsakt möglich. Dass er diese Rechtsschutzmöglichkeit nicht in Anspruch genommen hat und die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts deshalb infolge des Eintritts der Bestandskraft im Verfahren gegen den Kostenbescheid nicht mehr zu prüfen ist, begründet keinen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
Der Kläger kann auch nicht einwenden, seine Klage sei schon aus „Vertrauensschutzgründen“ nicht „mutwillig“, weil „zum Zeitpunkt des Entstehens der Wegtragegebühr und der Klageerhebung beim Bundesverwaltungsgericht noch eine andere Rechtsauffassung bestand.“ Der Einwand geht an den Gründen des angefochtenen Beschlusses vorbei, da das Verwaltungsgericht die Ablehnung der begehrten Prozesskostenhilfe nicht wegen Mutwilligkeit (Alt. 2 des § 114 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO), sondern wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt hat (Alt. 1 des § 114 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Unabhängig davon übersieht der Kläger, dass das Bundesverwaltungsgericht sich bereits mit Urteil vom 08.01.2008 (a.a.O.) und damit rund vier Jahre vor dem Platzverweis vom 13.01.2012 im oben genannten Sinn zur Anfechtung von Kostenbescheiden betreffend die Vollstreckung von Grundverwaltungsakten geäußert hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Festsetzung eines Streitwerts bedarf es nicht, da bei Erfolglosigkeit der Beschwerde im Verfahren über die Prozesskostenhilfe eine vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr von 60,00 EUR anzusetzen ist (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

1

I. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 17. August 2016, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 1. September 2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 1. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 19. August 2015 abgelehnt, mit dem ihr ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 30.000,00 € für den Fall angedroht wurde, dass sie der Untersagungsverfügung zu den Spaltenweiten und zur Beleuchtungsstärke im Kontrollbericht vom 24. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2015 nicht bis zur Zustellung des Bescheides nachkommt. Nach der bei der im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein veranlassten überschlägigen Prüfung rechtfertigen die von der Antragstellerin mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen keine andere Bewertung.

3

Der Einwand der Antragstellerin, es komme - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes - darauf an, dass sich Grundverfügung des Antragsgegners vom 24. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2015 als (offensichtlich) rechtswidrig erweise, greift nicht durch. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass bei einem isolierten Verfahren gegen die Androhung oder auch Festsetzung eines Zwangsgeldes die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung grundsätzlich außer Betracht bleibt, soweit eine nicht nichtige Grundverfügung unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf dagegen keine aufschiebende Wirkung hat. Demnach ist die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung anders als deren Wirksamkeit und Unanfechtbarkeit bzw. sofortige Vollziehbarkeit grundsätzlich keine Voraussetzung für die Anwendung von Zwangsmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 -, juris). Hat - wie vorliegend - ein Rechtsbehelf gegen die Grundverfügung keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung keiner rechtlichen Kontrolle zu unterziehen. Ungeachtet dessen begegnet die Grundverfügung nicht den von der Antragstellerin gerügten Bedenken. Insoweit wird auf den Beschluss des Senates vom heutigen Tag in dem die Grundverfügung betreffenden Eilverfahren (3 M 169/16) verwiesen, mit dem die Beschwerde der Antragstellerin gegen den - die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 24. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2015 ablehnenden - Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg zurückgewiesen wurde.

4

Soweit die Antragstellerin daneben einwendet, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes angemessen sei, rechtfertigt dies die Abänderung des Beschlusses nicht. Voranzustellen ist, dass die Antragstellerin erstmals im Beschwerdeverfahren zur unangemessenen Höhe der angedrohten Zwangsgelder von jeweils 30.000,00 € vorträgt, da ihr erstinstanzliches Vorbringen darauf beschränkt war, die Rechtswidrigkeit der Grundverfügung zu rügen und zu behaupten, dass die geforderten Maßnahmen keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätten. Dagegen, dass sich das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund nicht ausdrücklich mit der Höhe der festgesetzten Zwangsgelder auseinandergesetzt und wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung auf die Begründung des Bescheides vom 1. Juli 2015 und des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2015 verwiesen hat (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO), ist nichts zu erinnern.

5

Entgegen der Darstellung der Antragstellerin hat der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid zur Zwangsgeldhöhe sowie deren Begründetheit und Angemessenheit ausgeführt. Danach sei die Androhung der Zwangsgelder geeignet, das Ziel, die Beseitigung tierschutzrechtlicher Verstöße zu den Spaltenweiten und zur Beleuchtungsstärke zu erreichen. Die Androhung sei auch erforderlich, da die tierschutzrechtlichen Vorschriften höher zu bewerten seien, als die besonderen wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin an der Beibehaltung der bisherigen Tierhaltungsbedingungen. Zudem sei die Androhung auch verhältnismäßig, da der mit der Androhung von Zwangsgeldern - in der mit der Verfügung bestimmten Höhe - ausgeübte Druck vorerst als hoch genug erachtet werde. Gleichzeitig seien die Zwangsgelder der Höhe nach tragbar. Inwieweit - diese Begründung zugrunde gelegt - die angedrohte Höhe von jeweils 30.000,00 € willkürlich erscheine und mit §§ 59, 53 ff. SOG LSA nicht in Einklang zu bringen sei, legt die Antragstellerin nicht ansatzweise dar. Nach §§ 59 Abs. 5, 56 Abs. 1 SOG LSA ist ein Zwangsgeld in bestimmter Höhe anzudrohen, wobei dieses mindestens fünf und höchstens 500.000 € betragen kann. Vorliegend hat der Antragsgegner mit der rahmengerechten Bestimmung der Zwangsgeldhöhe von jeweils 30.000 € sein Ermessen ausgeübt und zum Ausdruck gebracht, hierdurch den aus ihrer Sicht vorerst notwendigen Druck bewirken zu können, um das mit der Grundverfügung geforderte Unterlassen (Einstallverbot in Bezug auf unzulässige Spaltenweite und unzureichende Beleuchtung) zu erzwingen, wobei sie von einer für die Antragstellerin tragbaren Höhe ausgeht. Aus welchen spezifischen Gründen die angedrohte Höhe der Zwangsgelder im Gegensatz zu der Annahme der Antragsgegnerin nicht tragbar sein soll, legt die Antragstellerin weder dar, noch liegt dies - ausgehend davon, dass es sich bei ihr um ein Wirtschaftsunternehmen handelt, dessen wirtschaftliche Interessen an der Beibehaltung der Zustände gerade durch den Antragsgegner hervorgehoben worden sind - nicht auf der Hand.

6

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

7

III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 40, 47 GKG i. V. m. Nr. 1.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

8

IV. Dieser Beschluss ist u n a n f e c h t b a r (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.


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(1) Ein Verwaltungsakt kann – ungeachtet des Umstands, dass er als ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1954 – BVerwG I B 49.53 – BVerwGE 1, 67, 69; Urteil vom 11. Februar 1966 – BVerwG VII CB 149.64 – BVerwGE 23, 237, 238; BFH, Beschlüsse vom 1. Oktober 1981 – IV B 13/81 – BStBl II 1982 S. 133, 134 f.) – aus den in dem Katalog des § 44 Abs. 2 VwVfG-MV aufgeführten Gründen oder nach der Generalklausel des § 44 Abs. 1 VwVfG-MV nichtig sein, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich ist (st. Rspr.; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 5. April 2011 – 6 B 41/10, juris). Ein besonders schwerwiegender Fehler in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Verwaltungsakt mit einem Mangel behaftet ist, der ihn als schlechterdings unerträglich , also mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1997 – BVerwG 8 C 1/96, DStRE 1998, 187; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl., § 44 Rn. 8). Offenkundig ist ein solcher Mangel, wenn er für einen unvoreingenommenen, mit den Umständen vertrauten , verständigen Beobachter ohne Weiteres erkennbar ist (BeckOK VwVfG/Schemmer, 38. Ed. § 44 Rn. 17; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl., § 44 Rn. 8), ihm die Fehlerhaftigkeit gleichsam „auf die Stirn geschrieben“ ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl., § 44 Rn. 12).

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Mai 2014 2 K 2244/12 aufgehoben.

Die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung wird nach Maßgabe der Urteilsgründe abgeändert.

Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Festsetzung zu errechnen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren im Streitjahr 2008 verheiratet, hatten einen gemeinsamen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger bezog als Zeitsoldat der Bundeswehr vom 1. Januar 2008 bis 30. März 2008 aus einer Tätigkeit bei der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) in Belgien Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Ab dem 31. März 2008 übte er eine Tätigkeit als International Civilian Consultant bei der Internationalen Sicherungsunterstützungstruppe (International Security Assistance Force --ISAF--) in Kabul, Afghanistan, aus.

2

Mit Schreiben vom 28. November 2007 hatte der Kläger unter dem Betreff "Befreiung von der Einkommenssteuerpflicht" eine Anfrage an das Finanzamt X gerichtet: Er nehme Bezug auf das Telefonat vom 12. November 2007, um den Sachverhalt schriftlich zu schildern. Zurzeit diene er als Zeitsoldat der Bundeswehr in Belgien. Er werde durch die Wehrbereichsverwaltung besoldet und sei einkommensteuerpflichtig. Er habe nun einen Antrag auf Befreiung bzw. Beurlaubung bis zu seinem Dienstzeitende bei der Bundeswehr unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge gestellt. Grund: Er werde im April 2008 eine Stelle als ICC (International Civilian Consultant) bei NATO ISAF in Kabul Afghanistan antreten. Es sei eine überstaatliche Stelle bei einer überstaatlichen Organisation. Der Vertrag sei vorerst auf drei Jahre befristet. Er werde direkt von der NATO ISAF besoldet. Jeder Anspruch auf Besoldung durch die Bundeswehr sei damit hinfällig. Er bitte um Überprüfung ob des Status der Einkommensteuerpflichtigkeit bzw. Befreiung von der Einkommensteuerpflicht.

3

Das Finanzamt X erwiderte mit Schreiben vom 12. Februar 2008 unter Bezugnahme auf die Anfrage des Klägers und dem Betreff "Steuerliche Behandlung der Gehaltszahlungen der ISAF in Afghanistan": Wegen des rechtlichen Problems der steuerlichen Behandlung von Gehaltszahlungen durch die ISAF in Afghanistan habe vorab die vorgesetzte Behörde gehört werden müssen. Leider habe dies etwas Zeit in Anspruch genommen. Es werde gebeten, die Verzögerung zu entschuldigen. Bezugnehmend auf das Schreiben vom 28. November 2007 werde in Abstimmung mit dem (rheinland-pfälzischen) Ministerium der Finanzen mitgeteilt, dass die Gehaltszahlungen an den Kläger gemäß Art. 19 des Übereinkommens über den Status der Nordatlantikvertrags-Organisation, der nationalen Vertreter und des Internationalen Personals vom 20. September 1951 in Verbindung mit der Verordnung über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an die Nordatlantikvertrags-Organisation, die nationalen Vertreter, das internationale Personal und die für die Organisation tätigen Sachverständigen vom 30. Mai 1958 (BGBl II 1958, 117, 118 ff., zum Inkrafttreten vgl. BGBl II 1958, 350) ohne Progressionsvorbehalt (vgl. § 32b Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes 2002 --EStG 2002-- i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 --JStG 2007-- vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28 --EStG 2002 n.F.--) steuerfrei zu stellen seien. Dass die Zahlungen der Bezüge von Afghanistan aus erfolgen solle, könne --wenn dies überhaupt zutreffe-- keine Rolle spielen, da der Kläger von der NATO entlohnt werde. Man hoffe, die Frage ausreichend beantwortet zu haben.

4

In der Folge änderte das Finanzamt X die geäußerte Rechtsauffassung, forderte eine Einkommensteuererklärung von den Klägern an und erließ für das Streitjahr einen Einkommensteuerbescheid, in dem es die Einkünfte des Klägers als steuerpflichtig behandelte. Dieser Auffassung schloss sich der nach einem Wohnsitzwechsel zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in der Einspruchsentscheidung an.

5

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz im Urteil vom 14. Mai 2014  2 K 2244/12 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1455) ab, da weder die vom Finanzamt X erteilte Auskunft bindend sei, noch die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung erfüllt seien.

6

Gegen das Urteil wenden sich die Kläger mit der Revision. Sie beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für die ISAF in Afghanistan ohne Berücksichtigung eines Progressionsvorbehaltes gemäß § 32b EStG 2002 n.F. steuerfrei gestellt werden.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und dem Begehren der Kläger stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 EStG) aus der Tätigkeit des Klägers für die ISAF in Afghanistan sind unabhängig von ihrer materiell-rechtlichen Beurteilung (ohne Progressionsvorbehalt i.S. des § 32b EStG 2002 n.F.) als steuerfrei zu behandeln, weil im finanzamtlichen Schreiben vom 12. Februar 2008 eine dahingehende verbindliche Auskunft i.S. des § 89 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 zu sehen ist, die im Streitfall Bindungswirkung entfaltet.

9

1. Nach § 89 Abs. 2 Satz 1 AO können Finanzämter auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.

10

Bei verbindlichen Auskünften nach § 89 Abs. 2 AO handelt es sich um Verwaltungsakte (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2009 VI R 54/07, BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996; vom 29. Februar 2012 IX R 11/11, BFHE 237, 9, BStBl II 2012, 651, und vom 16. Mai 2013 V R 23/12, BFHE 241, 242, BStBl II 2014, 325, m.w.N.). Ob ein solcher vorliegt, ist keine Tat-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 118 Rz 25) und in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs danach zu beurteilen, wie der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 12. Juli 2012 I R 32/11, BFHE 237, 307, BStBl II 2015, 175, Rz 17).

11

2. Das Schreiben des Finanzamts X vom 12. Februar 2008 ist nach diesen Maßstäben unter den Umständen des Streitfalls als verbindliche Auskunft anzusehen.

12

Indem das Finanzamt feststellt, dass das Gehalt, das der Kläger für die Tätigkeit bei der ISAF beziehen soll, ohne Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen sei, beantwortet es die ihm gestellte einkommensteuerrechtliche Frage mit hinreichender Bestimmtheit. Aus dem Antrag ergibt sich klar, welcher Sachverhalt und welche Einkünfte betroffen sind. Zudem bezieht sich die Aussage zumindest auf das Streitjahr, den Veranlagungszeitraum der Aufnahme der Beschäftigung in Afghanistan. Dieser Inhalt wird dem Kläger in einer Weise übermittelt, die aus der Sicht eines steuerlich nicht beratenen Empfängers keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, dass das Finanzamt die Frage in verbindlicher Weise, d.h. mit Rechtsbindungswillen, geklärt hat. Über seine Bestimmtheit hinaus ist das Schreiben inhaltlich abgeschlossen und verbindlich formuliert ("ist ... freizustellen"). Der Eindruck der Verbindlichkeit wird --anders als das FG meint-- auch nicht durch die Schlussbemerkung erschüttert, man hoffe, die Frage ausreichend beantwortet zu haben. Dem lässt sich nicht entnehmen, dass die gegebene Auskunft lediglich unverbindlichen oder vorläufigen Charakter hätte. Unter Umständen verbleibende Zweifel an der Verbindlichkeit der Auskunft werden jedenfalls dadurch beseitigt, dass das Finanzamt darauf hinweist, die aufgeworfene Frage erst nach Anhörung der vorgesetzten Behörde und darüber hinaus in Abstimmung mit dem (rheinland-pfälzischen) Ministerium der Finanzen beantwortet zu haben.

13

Dieser Auslegung des finanzamtlichen Schreibens vom 12. Februar 2008 steht nicht entgegen, die Anfrage des Klägers habe nicht erkennen lassen, dass der Antritt der Stelle bei der ISAF von der steuerlichen Behandlung abhängig sei, wie es die Vorinstanz zur Bindung nach Treu und Glauben ausführt. Wenngleich der Inhalt der Anfrage des Klägers dessen Empfängerhorizont beeinflussen kann, ist dies im Streitfall schon deshalb nicht in der vom FG angenommenen Art und Weise geschehen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass der Kläger seine Anfrage lediglich auf eine unverbindliche Auskunft gerichtet hat und folglich nur eine solche erwarten konnte. Die Anfrage ist vielmehr auf eine abschließende und verbindliche Klärung der formulierten Rechtsfrage gerichtet, zumal der Kläger ausdrücklich erklärt hatte, seine Anfrage im Anschluss an ein vorhergehendes Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Finanzamts in schriftlicher Form vorzubringen. Eine Vorprägung des sog. Empfängerhorizontes i.S. der Ausführungen der Vorinstanz ergibt sich aus der Anfrage nicht.

14

Danach stehen der Auslegung des finanzamtlichen Schreibens als verbindliche Auskunft auch nicht die vom FG herausgestellten formellen Mängel der Anfrage entgegen, insbesondere ist nicht entscheidend, ob dem Finanzamt etwaige formale Anforderungen bekannt gewesen seien. Denn, wie dargelegt, ist nicht der Erkenntnishorizont des Finanzamts maßgebend, sondern der des Klägers. Letzteres ist aber nicht geschehen.

15

Folglich lässt sich aus den Mängeln nicht der Schluss ziehen, der Kläger habe aufgrund dessen nicht mit der Erteilung einer verbindlichen Auskunft rechnen können. Dies gilt umso mehr, als sich die formalen Anforderungen zum Zeitpunkt der Anfrage des Klägers am 28. November 2007 noch nicht aus § 1 der Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 AO (Steuer-Auskunftsverordnung --StAuskV--) vom 30. November 2007 (BGBl I 2007, 2783) entnehmen ließen, die erst am 7. Dezember 2007 bekanntgemacht worden ist, sondern lediglich (zur früheren Rechtslage) aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Dezember 2003 (BStBl I 2003, 742). Der Kläger hat dem Finanzamt einen in der Zukunft liegenden Sachverhalt mit einer klaren Rechtsfrage unterbreitet. Angesichts dessen hätte dem Finanzamt offen gestanden, durch Rückfrage dessen genaues Begehren klarzustellen, und zwar nicht zuletzt im Hinblick auf die durch einen Antrag auf verbindliche Auskunft ausgelöste Gebührenpflicht nach § 89 Abs. 3 bis 5 AO (vgl. Wagner in: Kühn/v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 89 Rz 24). Es hätte auf die aus seiner Sicht bestehenden formellen Mängel und einen bestehenden Nachbesserungsbedarf hinweisen oder eine für den Empfänger ersichtlich unverbindliche Auskunft geben können.

16

3. Die verbindliche Auskunft entfaltet im streitgegenständlichen Verfahren über die Einkommensteuerfestsetzung Bindungswirkung.

17

a) Aus der Einordnung der verbindlichen Auskunft als Verwaltungsakt folgt, dass eine solche mit ihrer --im Streitfall nicht zweifelhaften-- Bekanntgabe (§ 124 Abs. 1 Satz 1, § 122 AO) wirksam wird und dass eine Rechtswidrigkeit für die Bindungswirkung ohne Bedeutung bleibt (vgl. Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 89 AO, Rz 256, 262; Schmitz in Schwarz/ Pahlke, AO, § 89 Rz 64).

18

Abweichend verhielte es sich nur, wenn die Auskunft nichtig wäre (vgl. § 124 Abs. 3, § 125 Abs. 1 AO). Dafür aber besteht hier kein Anhaltspunkt. Denn als nichtig kann ein Verwaltungsakt allenfalls dann angesehen werden, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 20. Dezember 2000 I R 50/00, BFHE 194, 1, BStBl II 2001, 381, Rz 19, m.w.N.).

19

Derartiges kommt im Streitfall --ohne dass es hierzu der näheren Erörterung der materiellen Rechtslage bedürfte-- von vornherein nicht in Betracht, weil ein gravierender Rechtsfehler, der der Auskunft gleichsam "auf die Stirn" geschrieben steht, jedenfalls nicht vorliegt. Und auch, dass der Antrag auf Erteilung der Auskunft womöglich nicht den formellen Anforderungen entsprochen haben mag, ist insofern ohne Belang (vgl. § 126 Abs. 1 Nr. 1 AO, sowie Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 AO Rz 312).

20

b) Inwieweit § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft einschränken kann, bedarf ebenfalls keiner abschließenden Erörterung, da dessen Anforderungen im Streitfall erfüllt sind.

21

aa) Nach dieser auf der Grundlage von § 89 Abs. 2 Satz 4 AO erlassenen Vorschrift ist die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft für die Besteuerung des Antragstellers bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die "Verwirklichung" des Sachverhaltes bezieht sich dabei auf den der Auskunft zugrunde liegenden, im Hinblick auf die erteilte Rechtsfrage tatbestandsrelevanten Sachverhalt, der die steuerliche Rechtsfolge auslöst. Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 89 Abs. 2 Satz 1 AO, da sich allein aus dem tatbestandsrelevanten Sachverhalt die "erheblichen steuerlichen Auswirkungen" ergeben, und zum anderen aus § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV, weil dieser Sachverhalt auch der Beantwortung der Rechtsfrage zugrunde liegt. Bloße Vorbereitungshandlungen zur Verwirklichung des Sachverhaltes sind insofern unschädlich.

22

bb) Im Streitfall ist der Sachverhalt ungeachtet dessen "später" verwirklicht, ob man auf den Zeitpunkt der Auskunftsanfrage oder --worauf sich nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV der später verwirklichte Sachverhalt bezieht (ebenso z.B. Anwendungserlass zur Abgabenordnung --AEAO-- zu § 89 Tz 3.5.2; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 89 AO Rz 228; a.A. Roser in Beermann/Gosch, AO § 89 Rz 48)-- auf den Zeitpunkt der Auskunftserteilung abstellt. Denn der maßgebliche Tätigkeitsbeginn des Klägers in Afghanistan am 31. März 2008, den dieser in seiner Anfrage dargelegt hat und der zu den Einkünften i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG geführt hat, folgte der am 12. Februar 2008 erteilten Auskunft zeitlich nach. Ob die erteilte Auskunft für die Aufnahme der Tätigkeit konkret ursächlich war, ist für die Bindungswirkung weder nach § 89 Abs. 2 Satz 1 AO noch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV von Bedeutung.

23

4. Da die Vorinstanz einen abweichenden Rechtsstandpunkt vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben.

24

Die Sache ist spruchreif. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das FA die --von ihm unerkannt-- als Verwaltungsakt erteilte verbindliche Auskunft wirksam (mit Rückwirkung) aufgehoben hätte (vgl. §§ 130 f. AO, § 2 Abs. 3 StAuskV), ergeben sich aus den Feststellungen des FG nicht. Die Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres ist folglich antragsgemäß entsprechend dem Inhalt der verbindlichen Auskunft abzuändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Einkommensteuerbetrages wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

25

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.