Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine artenschutzrechtliche Auflage zu einem Höhenmonitoring im Zeitraum vom 01.04. bis 31.10. eines Jahres.

2

Die E. beantragte am 30.06.2010 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen im Windeignungsgebiet "F" im Landkreis Mecklenburgische-Seenplatte. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten "Landschaftspflegerischen Begleitplan" vom 23.06.2010 könnten Fledermäuse in ganz unterschiedlicher Weise von den Auswirkungen der Windenergieanlagen betroffen sein. Der Plan verweist dazu auf die Ausführungen des Abschlussberichtes zur Erfassung der Fledermauszönose im Windeignungsraum G vom 14.10.2008. Danach seien insbesondere die Zwergfledermaus, die Mückenfledermaus, der Abendsegler sowie die Breitflügelfeldermaus zum Zeitpunkt der Untersuchung im Untersuchungsgebiet G nachgewiesen worden. Der Artenreichtum von neun Fledermausarten (sechs im engeren Untersuchungsgebiet), davon eine nach FFH-Anhang II-8 (Mausohr), und das Vorhandensein von Quartieren von mindestens drei Fledermausarten seien in der Region etwas Besonderes. Es seien klare Funktionsräume mit hoher Bedeutung für die Fledermauszönose erkennbar. Dabei spielten sowohl das Dorf G mit seinen Lebensräumen als auch Waldteile und Heckenstrukturen im Gebiet eine herausragende Rolle. Auf der anderen Seite seien zwischen den Landschaftsteilen mit hoher Lebensraumfunktion für Fledermäuse auch großflächige Ackerflächen vorhanden, die aus der Sicht des Fledermausschutzes für eine Nutzung durch Windkraftanlagen geeignet erscheinen würden. Durch den Betrieb von Windkraftanlagen könne es zu Beeinträchtigungen der Fledermauszönose kommen. Insbesondere der Hudewald (Fläche 1) und der Wald (Fläche 3) sollten nicht mit Windkraftanlagen bebaut werden. Hier solle eine ausreichend große Abstandsfläche (größer als 150 m) von jeglicher Bebauung freigehalten werden, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsräume der Fledermauszönose zu vermeiden.

3

Des weiteren wurde ein „Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag Windpark G“ (AFB) der N.-Ingenieure und Architekten, vom 22.12.2010 eingereicht. Hinsichtlich der behandelten Fledermausarten kommt das Gutachten sämtlich zu dem Ergebnis, dass sich das Verletzungs– und Tötungsrisiko für die individuellen Exemplare nicht signifikant erhöhen und das Risiko der Beschädigung oder Zerstörung von Entwicklungsformen nicht signifikant ansteigen würde. Das Gutachten behandelt den Großen Abendsegler, die Zwerg-/Mückenfledermaus und die Breitfügelfledermaus.

4

In der Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern – LUNG – vom 19.10.2011 werden folgende Mängel des AFB festgestellt: Um das Kollisionsrisiko für Fledermäuse abschließend einschätzen, werde eine akustische Höhenerfassung für notwendig erachtet. Flugstraßen seien im Rahmen des Fledermausgutachtens nachgewiesen und bei der Ausweisung der einzelnen Standorte berücksichtigt. Allerdings seien die Angaben im AFB widersprüchlich. Das Eintreten von Verbotstatbeständen gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG könne durch geeignete Vermeidung und/oder CEF-Maßnahmen ausgeschlossen werden. Es sei eine akustische Höhenerfassung vorzunehmen. Die weiteren Einzelheiten werden dargelegt. Das Konzept müsse dem LUNG bis zum 15.12.2011 vorliegen.

5

Mit Bescheid vom 16.11.2011 erteilte der Beklagte der E. zur Nr. G 046/11 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von sechs Windkraftanlagen des Typs ENERCON E-101 mit einer Nabenhöhe von 135,4 m und einem Rotordurchmesser von 101 m auf den Flurstücken H, I und J der Flur 1, Gemarkung G. Die Gesamthöhe der Anlagen beträgt 185,9 m. Die Genehmigung enthält unter Ziff. 1.2.5.2 eine Auflage für ein einjähriges Höhenmonitoring (01.04. bis 31.10.) an mindestens drei Windkraftanlagen, auf dessen Basis die Anzahl zu erwartender Fledermausschlagopfer hochzurechnen ist, da die erfolgte Bodennaherfassung nicht ausreiche, um das Kollisionsrisiko für die Artengruppe der Fledermäuse abschließend bewerten zu können. Die Auflage lautet:

6

"Für die Artengruppen der Fledermäuse ist eine akustische Höhenerfassung in den Windkraftanlagen vorzunehmen. Dieses Höhenmonitoring ist für das erste Betriebsjahr durchzuführen. Die Erfassung hat während des gesamten Aktivitätszeitraumes der Fledermäuse im Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober zu erfolgen.

7

Da die Windkraftanlagen in zwei Gruppen relativ nah beieinander stehen, ist es ausreichend, wenn mindestens drei Anlagen erfasst werden. Dabei sind in jeder Gruppe die Anlagen auszuwählen, die einer geeigneten Struktur am nächsten liegen (WKA 1, 2, 4).

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Auf Basis der Höhenerfassung ist die Anzahl zu erwartender Schlagopfer hochzurechnen. Gegebenenfalls müssen über nachträgliche Anordnungen nach § 17 BlmSchG Abschaltzeiten formuliert und langfristig eingehalten werden, die die zu erwartende Anzahl von Schlagopfern auf das Maß von weniger als zwei Fledermauskollisionen an jeder einzelnen WKA im Jahr reduzieren.

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Die Methode der Höhenerfassung sowie die Hochrechnung auf Schlagopfer und die Abschaltzeiten sind mit dem LUNG M-V abzustimmen und nach dessen Vorgaben anzupassen.

10

Das Konzept ist dem LUNG M- V bis zur Inbetriebnahme der WKA vorzulegen."

11

Zur Begründung dieser Auflage wird in dem Bescheid ausgeführt: Der AFB komme zum Ergebnis, dass bei Durchführung der vom Gutachter entwickelten Vermeidungs– und CEF-Maßnahmen durch das Vorhaben keine Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG für die überprüften Arten erfüllt seien. Das akustische Höhenmonitoring für die Art der Fledermäuse sei in der Nebenbestimmung 1.2.5.2 enthalten. Die bodennahe Erfassung reiche nicht aus, um das Kollisionsrisiko für die Arten Gruppe der Fledermäuse abschließend bewerten zu können.

12

Die Anlagen sind nach Angaben der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat errichtet und in Betrieb. Das Monitoring ist durchgeführt, die Ergebnisse aber nicht ausgewertet.

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Gegen die Auflage haben die Klägerinnen, die nach Übertragung der Rechte aus der Genehmigung den Bauherrenwechsel gegenüber dem Beklagten angezeigt haben, am 15.12.2011 Klage erhoben.

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Die Klägerinnen haben beantragt,

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die Nebenbestimmung Ziff. 1.2.5.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 16.11.2011 aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2014 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Nach den vorliegenden Unterlagen könne sich die Kammer der Auffassung der Kläger, dass eine fehlende signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos von Fledermäusen durch vorliegende Gutachten bereits hinreichend belegt sei, nicht anschließen. In dem Gutachten betreffend die Betriebszeiten der Windkraftanlagen werde ausgeführt: "Je nach Befunden vor Ort kann die Betriebszeit in den Monaten August und September auf die Hellphasen begrenzt werden. Damit würde das Risiko für durchziehende Fledermausarten weitgehend vermieden". Weiter stellt der Gutachter zusammenfassend fest: "Funktionsräume mit herausragender und besonderer Bedeutung für die Fledermauszönose sind der Hudewald nordöstlich von G, der Wald am Nordrand des Untersuchungsgebietes sowie die Baumreihe entlang der Straße von G nach K. Durch den Betrieb von Windkraftanlagen kann es zur Beeinträchtigung der Fledermauszönose kommen, welche nicht erheblich sein wird, wenn die vorgeschlagenen Ausschlussräume und Abstände eingehalten werden". Für den Hudewald und den Wald habe der Gutachter dementsprechend eine Abstandsfläche von mehr als 150 m, zu den weiteren Funktionsräumen mit herausragender Bedeutung einen Abstand von mindestens 100 m und von den Funktionsräumen mit großer Bedeutung einen Abstand von mindestens 50 m empfohlen.

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Obwohl der Gutachter auf die Standardmethode zur Bestandserfassung von Fledermäusen zurückgegriffen und einen Methodenmix aus Habitatanalyse und Geländeuntersuchungen unter Einsatz von Sichtbeobachtungen, Detektoren, Horchboxen und Netzfängen angewandt habe und auch die von ihm empfohlenen Abstände durch die errichteten Windkraftanlagen unstreitig eingehalten würden, bedürfe es noch weiterer Ermittlungen und Feststellungen, um dem Beklagten eine hinreichende Beurteilung des durch die Windkraftanlagen verursachten Tötungsrisikos zu erlauben. Dabei bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass durch zusätzliche Ermittlungen keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind und die gegenwärtig bestehende Unsicherheit über die zu erwartenden Beeinträchtigungen nicht behoben werden kann. Derartige Ermittlungen seien tatsächlich möglich. Auch stelle die hier gegebene Möglichkeit, dass es zu Schlagopfern unter Fledermäusen kommen könne, kein unausräumbares Hindernis für das Vorhaben der Kläger dar. Durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen wie das vorgesehene Monitoring und ggf. Abschaltzeiten könnten die Eingriffs- und Störwirkungen auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden, so dass der Beklagte der Rechtsvorgängerin der Kläger die Genehmigung erteilen durfte.

20

Die Anordnung des Monitorings sei sachgerecht. Es sei grundsätzlich anerkannt, dass eine Genehmigungsbehörde ein Monitoring anordnen könne, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, insbesondere dann, wenn Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen besteht, die für den Fall, dass sich die Maßnahmen als unzureichend erweisen, durch weitere Maßnahmen ergänzt werden sollen. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Denn die gutachterlichen Ermittlungen enthielten Unsicherheiten, die eine Überprüfung angezeigt erscheinen ließen, ob eine signifikante Erhöhung des Risikos einer Fledermaustötung des Abendseglers durch Rotorschlag anzunehmen sei. In einer solchen Situation diene das Monitoring dazu, weitere Erkenntnisse über Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern. Es diene dazu, die dauerhafte Tragfähigkeit der Prognose des Gutachters zu überprüfen und zu erkennen, ob und ggf. in welcher Häufigkeit es zu Kollisionen komme.

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Dieses Urteil wurde den Klägerinnen am 11. Juli 2014 zugestellt. Am 25. Juli 2014 haben sie den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, den sie am 13. August 2014 fristgerecht begründet haben. Mit Beschluss vom 30. März 2016 hat der Senat die Berufung zugelassen.

22

Dieser Beschluss wurde den Klägerinnen am 05. April 2016 zugestellt. Am 29. Juni 2016 haben die Klägerinnen, nach dem der Vorsitzende die Begründungsfrist auf den 1. Juli 2016 verlängert hatte, die Berufung begründet und einen Antrag gestellt.

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Zur Begründung der Berufung tragen die Klägerinnen vor:

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Es bestünden grundsätzliche Zweifel an der Geeignetheit eines Monitorings zum Schutz von Individuen, mithin an der Erforderlichkeit i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG. Ein Monitoring könne für sich betrachtet keinesfalls die Tötung von Individuen der besonders ge-schützten Arten verhindern. Ein Monitoring könnte allenfalls dazu beitragen, die Verwirklichung des Tötungsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu verhindern, wenn es Bestandteil eines wirksamen Schutzkonzepts sei. Hier stehe fest, dass die Genehmigung selbst keine Maßnahmen vorsehe, die ergriffen werden können, wenn sich die Prognosen aus dem Genehmigungsverfahren als unzutreffend erweisen. Eine nachträgliche erstmalige Anordnung von Abschaltzeiten zum Schutz von Fledermäusen könne nicht, wie es in der angefochtenen Nebenbestimmung vorgesehen ist, auf Basis von § 17 BlmSchG erlassen werden, weil diese Vorschrift nur zu Maßnahmen ermächtige, die die Erfüllung der Pflichten aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz gewährleisten. Der Genehmigungsbescheid enthalte keinen Auflagenvorbehalt, der zu einer nachträglichen Anordnung von Abschaltzeiten ermächtige.

25

Abgesehen davon seien auch die Voraussetzungen von § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt. Ein signifikant gesteigertes Tötungsrisiko für die Fledermausarten im Vorhabengebiet könne bereits auf Grund der beim Beklagten eingereichten fachgutachterlichen Stellungnahmen sicher ausgeschlossen werden. Wenn der Beklagte ausführe, die Auflage diene der Schließung von unvermeidbarer Erkenntnislücken und solle die Grundlage für eventuell anzuordnende Schutzmaßnahmen darstellen, soweit derartige Maßnahmen erforderlich sind, um einen Verstoß gegen das Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern, werde daraus deutlich, dass im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung gerade nicht sicher eingeschätzt werden konnte, ob ein Verstoß gegen das Tötungsrisiko zu erwarten war. Es sei Aufgabe der Behörde, sich die Daten zu verschaffen; die Verantwortung für die (vollständige) Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen obliege ihr. Sofern die Behörde meine, ihr lägen nicht sämtliche Informationen vor, die sie für ihre Entscheidung benötigt, so könne sie schlichtweg keine Entscheidung treffen.

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Im Übrigen sei das angeordnete Monitoring mangels Geeignetheit auch nicht erforderlich, um das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzung sicherzustellen. Es solle das Schutzkonzept selbst sein. Es seien hier keine Schutz- und Kompensationsmaßnahmen angeordnet, deren Wirksamkeit durch das Monitoring überprüft werden sollten. Ein wirksames, in der Genehmigung verbindlich angelegtes, Schutzkonzept sei gegeben, wenn die das Schutzkonzept bildenden Regelungen in der Genehmigung verbindlich angeordnet seien. Es sei nicht ausreichend, dass etwaige Abschaltzeiten angekündigt werden. Diese hätten verbindlich angeordnet werden müssen, um ein Schutzkonzept (verbindlich) zu implementieren. Alternativ hätte auch ein Auflagenvorbehalt gemäß § 12 Abs. 2a Satz 1 BlmSchG in die Genehmigung aufgenommen werden können.

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Die Klägerinnen beantragen:

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Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2014, Az. 5 A 1257/11, wird aufgehoben.

29

Die Nebenbestimmung in Ziff. 1.2.5.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Nr. G 046/11 des Berufungsbeklagten vom 16. November 2011 wird aufgehoben.

30

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

32

Die Monitoringauflage könne auf § 12 Abs. 1 S. 1 BlmSchG i. V. m. § 44 Abs. 1 BNatSchG gestützt werden. Die Auflage diene der Schließung unvermeidbarer Erkenntnislücken und solle die Grundlage für eventuell anzuordnende Schutzmaßnahmen stellen, soweit derartige Maßnahmen erforderlich sind, um einen Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern. Die Erkenntnislücken ergäben sich daraus, dass sowohl aus der „Erfassung der Fledermauszönose im Wind Eignungsraum G“ wie auch aus dem „Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag Windpark G“ nur eine lückenhafte Erfassung der Fledermauspopulation erkennbar werde. Der AFB sei nach dem Kenntnisstand 2008 methodisch fachgerecht erstellt worden. Es hätte sich aber das Problem ergeben, dass die Auswirkungen des Betriebs von Windenergieanlagen auf Fledermäuse sich durch eine Bodenerfassung allein nicht abklären ließen. Seit 2009 sei die Erkenntnis gewonnen, dass einerseits die Fledermäuse durch Windenergieanlagen angelockt würden und sich am Mast im Flug hochschraubten und dass andererseits das Verhalten der Fledermäuse um Windenergieanlagen nicht sicher abschätzbar sei. Die Erkenntnisunsicherheit könne nur durch ein Gondelmonitoring beseitigt werden. Aufgrund der seinerzeit vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen habe es andererseits keine Veranlassung gegeben, bereits mit der Genehmigung Abschaltzeiten vorzusehen. Man sah aber wegen der genannten Unsicherheiten die Notwendigkeit entsprechend der angefochtenen Auflage bei einem Erkenntnisstand, der zu einer relevanten Gefährdung der Fledermäuse führt, durch Abschaltauflagen nachsteuern zu können. Das somit signifikant erhöhte Tötungsrisiko könne durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen, wie das vorgesehene Monitoring oder gegebenenfalls Abschaltzeiten auf ein in hinnehmbares Maß reduziert werden. Erfahrungsgemäß beschränkten sich die erforderlichen Abschaltzeiten auf Nächte im Sommer und Herbst mit einer relativ geringen Windgeschwindigkeit. Die Ertragsverluste seien daher relativ gering, zumal die Abschaltungen nur in den ertragsschwachen windarmen Nächten erforderlich seien. Das Monitoring sei damit sehr wohl Teil eines Schutzkonzepts. So sei in der Auflage insbesondere auch angekündigt worden, dass - soweit erforderlich - Abschaltzeiten angeordnet werden können.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist unbegründet.

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I. Die Klage wendet sich gegen die Nebenbestimmung Ziff. 1.2.5.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 16.11.2011. Die Klägerinnen haben Anfechtungsklage erhoben. Diese Klageart ist statthaft.

36

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts die Anfechtungsklage gegeben. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird wie hier geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung verfolgt werden. Ob diese Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann; dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 - BVerwGE 112, 221 = NVwZ 2001, 429). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

37

II. Die angefochtene Auflage findet ihre Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG.

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1. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen.

39

Die angefochtene Nebenbestimmung stellt keinen Auflagenvorbehalt i.S.v. § 12 Abs. 2 a S. 1 BImSchG dar. Danach kann die Genehmigung mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen.Ein Auflagenvorbehalt soll es der Behörde ermöglichen, die Genehmigung noch nachträglich sich möglicherweise wandelnden, im Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht übersehbaren Verhältnissen durch Auflage anzupassen (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 120 AO Rn. 21). Er soll es ermöglichen, in die Bestandskraft des Verwaltungsakts einzugreifen (U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 8. Aufl. 2014 § 36 Rn. 89). Es geht hier nicht um noch nicht übersehbare Verhältnisse. Vielmehr geht der Beklagte im Rahmen seiner Beurteilung davon aus, dass erst nach Errichtung und Betrieb der Anlagen nach dem derzeitigen fachlichen Erkenntnisstand zu klären sein wird, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sicher Rechnung zu tragen. Die Nebenbestimmung gibt vor: Auf Basis der Höhenerfassung durch das Monitoring ist die Anzahl zu erwartender Schlagopfer hochzurechnen. Gegebenenfalls müssen dann Abschaltzeiten formuliert und langfristig eingehalten werden, die die zu erwartende Anzahl von Schlagopfern auf das Maß von weniger als zwei Fledermauskollisionen an jeder einzelnen WKA im Jahr reduzieren. Die Methode der Höhenerfassung sowie die Hochrechnung auf Schlagopfer und die Abschaltzeiten sind mit dem LUNG M-V abzustimmen und nach dessen Vorgaben anzupassen. Das Konzept ist dem LUNG M- V bis zur Inbetriebnahme der WKA vorzulegen. Die Genehmigung soll damit nicht zunächst ohne diese Nebenbestimmung bestandskräftig werden, sondern mit Wirksamwerden der Genehmigung ebenfalls wirksam sein. Die Nebenbestimmung gibt unmittelbar die Durchführung des Monitorings auf. Es ist auch vorgegeben, dass je nach dessen Ergebnis Abschaltzeiten einzuhalten sein werden, die auf der Grundlage des Ergebnisses des Monitorings zu konkretisieren sind.

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Die Nebenbestimmung ist somit eine Auflage, durch die dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Hier wird der Klägerin ein zweistufiges Tun auferlegt. Dass nach Vorliegen der Ergebnisse des Monitorings ggf. der Beklagte die Abschaltzeiten ergänzend festlegen muss, steht der Annahme einer Auflage nicht entgegen. Eine Behörde kann im Rahmen einer Anordnung ein gestuftes Verfahren vorsehen, in dem die Bestimmung des Mittels der Anordnung nachfolgen kann (U. Stelkens a.a.O. § 37 Rn. 34). Dies ist in Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG zulässig, wenn es zu den Besonderheiten der Abwehr von Gefahren oder Beseitigung von Schäden durch bestimmte Vorgänge gehört, dass zunächst nur eine Gefahrenlage bekannt ist, ohne dass schon hinreichend sicher feststünde, welche Ausdehnung sie hat und welche konkreten Maßnahmen im einzelnen geeignet und erforderlich sind, ihr wirksam zu begegnen und sich die entsprechenden Erkenntnisse mit hinreichender Sicherheit erst im Zuge weiterer Maßnahmen gewinnen lassen. Solche Besonderheiten können dazu führen, dass die zur Erreichung des Erfolges erforderlichen Mittel nicht schon in der Anordnung im Einzelnen bezeichnet werden, sondern zumindest teilweise einer nachfolgenden Konkretisierung durch auf der Grundlage eines einzuholenden Sachverständigengutachtens vorbehalten bleiben (vgl. OVG Bremen, U. v. 29.08.2000 - 1 A 398/99 - NVwZ-RR 2001, 157). So liegt der Fall hier.

41

2. Die Genehmigung ist gem. § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und 2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Danach müssen die artenschutzrechtlichen Verbote nach §§ 44 ff. BNatSchG beachtet werden. Nebenbestimmungen können mithin auch auf die Sicherstellung naturschutzrechtlicher Anforderungen gerichtet sein.

42

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzten oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu den im Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 v. 3.3.1997, S. 1) aufgeführte Tierarten gehören auch der Große Abendsegler, die Zwerg-/Mückenfledermaus und die Breitfügelfledermaus, und somit zu den nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) BNatSchG besonders geschützten Arten. Der individuenbezogene Tötungstatbestand ist nicht nur bei einer gezielten Tötung, sondern auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist. Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen und daher als unvermeidlich hinzunehmen. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist daher zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219; Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 91; Urt. v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 -, BVerwGE 149, 31 Rn. 98 f.). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben ist, steht der Genehmigungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, weil die behördliche Beurteilung sich auf außerrechtliche Fragestellungen richtet, für die weithin allgemein anerkannte fachwissenschaftliche Maßstäbe und standardisierte Erfassungsmethoden fehlen. Wenn und solange die ökologische Wissenschaft sich insoweit nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenden Zulassungsbehörde als "falsch" und "nicht rechtens" zu beanstanden (BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 65; Urt. v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 -, BVerwGE 147, 118 Rn. 14; Urt. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 -, NVwZ 2014, 524 Rn. 14).

43

Die Genehmigungsbehörde ist regelmäßig gehalten, bereits vorhandene Erkenntnisse und Literatur zum Plangebiet und den dort nachgewiesenen oder möglicherweise vorkommenden Arten, zu ihren artspezifischen Verhaltensweisen und den für sie typischen Habitatstrukturen auszuwerten. Solche Erkenntnisse können sich stets unter Berücksichtigung ihrer Validität und der Art ihres Zustandekommens ergeben aus vorhandenen Katastern, Registern und Datenbanken öffentlicher Stellen, in denen über größere Zeiträume hinweg Erkenntnisse zusammengetragen werden, aus Abfragen bei den Fachbehörden und bei Stellen des ehrenamtlichen Naturschutzes, durch Auswertung von gutachtlichen Stellungnahmen aus Anlass anderer Planvorhaben oder aus Forschungsprojekten, schließlich aus der naturschutzfachlichen Literatur im Allgemeinen. Erst durch eine aus beiden Quellen (Bestandserfassung vor Ort; Auswertung vorhandener Erkenntnisse und Literatur) gewonnene und sich wechselseitig ergänzende Gesamtschau wird sich die Behörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen können. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und den Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten. Lassen sich gewisse Unsicherheiten aufgrund verbleibender Erkenntnislücken nicht ausschließen, darf die Planfeststellungsbehörde auch "worst-case-Betrachtungen" anstellen, also im Zweifelsfall mit negativen Wahrunterstellungen arbeiten, sofern sie konkret und geeignet sind, den Sachverhalt angemessen zu erfassen (BVerwG, U. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274).

44

Dabei kann die Behörde sich auch auf gutachtliche Stellungnahmen stützen, die der Vorhabenträger beigebracht hat. Dies hat der Beklagte hier getan. Er hält aber die eingereichten Gutachten zur Frage der Beeinträchtigungen von Fledermäusen für methodisch defizitär.

45

Das Gericht wiederum kann unter den gleichen Voraussetzungen behördliche und private Gutachten berücksichtigen. Ein Tatsachengericht kann sich grundsätzlich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf eine gutachterliche Stellungnahme stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen liegt nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 404 Abs. 1, 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten absieht, obwohl die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte aufdrängen müssen. Dies ist der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Verhältnissen ausgeht, unauflösbare Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt (vgl. BVerwG, B. v. 30.06.2010 - 2 B 72/09 – juris).

46

3. Das BVerwG sieht als zulässigen Bestandteil eines Schutzkonzepts die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen an (sog. Monitoring). Ein Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn wie hier offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll (BVerwG, U. v. 14.07.2011 - 9 A 12/10 - BVerwGE 140, 149 juris Rn. 105; vgl. auch BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 - BVerwGE 128, 1 juris Rn. 55). Bleibt insbesondere in Bezug auf die Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen eine wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigende Unsicherheit bestehen, kann das verbleibende prognostische Risiko, ob trotz der getroffenen Maßnahmen ein erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, durch ein geeignetes Risikomanagement aufgefangen werden. Als ein Bestandteil des notwendigen Schutzkonzepts kann ein populations- und maßnahmenbezogenes Monitoring zum Schutz von Fledermäusen angeordnet werden, um weitere Erkenntnisse über die möglichen Beeinträchtigungen zu gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 06.11.2012 - 9 A 17/11 - BVerwGE 145, 40 juris. Rn. 48).

47

Danach kann einem Vorhabenträger insbesondere beim Habitat- und Artenschutz zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen ein auf Erfolgskontrolle gerichtetes „Monitoring“ auferlegt werden, das der dauerhaften Beobachtung der angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen dient. Die damit verbundene, den Vorhabenträger treffende dauerhafte Beobachtungspflicht, findet ihre Rechtfertigung darin, dass den Vorhabenträger die Nachweispflicht dafür trifft, dass Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbote vermieden werden. Insofern stellt sich ein Monitoring für den Vorhabenträger als milderes Mittel im Vergleich zu anderen Maßnahmen dar, mit denen die Beachtung artenschutzrechtlicher Verbote ebenfalls sichergestellt werden könnte, die aber eine stärkere Belastung des Vorhabenträgers, wie etwa die zeitweise Abschaltung von Windkraftanlagen oder die gänzliche Versagung der Genehmigung, mit sich brächten. Der erforderliche Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen kann allein durch ein Monitoring jedoch nicht erbracht werden. Vielmehr muss das Monitoring Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Begleitend zum Monitoring müssen somit Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Derartige Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 10.01.2017 – 4 LC 198/15 – juris Rn. 142 f.).

48

Die Auffassung, die Prognose, ein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko der Fledermäuse durch die genehmigten Anlagen sei nicht als gerechtfertigt anzusehen, könne nicht durch eine kontinuierliche akustische Überwachung der Fledermausaktivität im Rotorbereich abgesichert werden, wenn damit entgegen dem artenschutzrechtlichen Verbot das Tötungsrisiko in Kauf genommen werde und Vermeidungsmaßnahmen erst für den Fall vorbehalten bleiben würden, dass beim akustischen Monitoring der Fledermäuse an den Windkraftanlagen ein relevantes Kollisionsrisiko prognostiziert wird (so VGH Kassel, B. v. 14.05.2012 - 9 B 1918/11 - NuR 2012, 493), hält der Senat jedenfalls für einen Fall wie den Vorliegenden für zu eng. Denn hier wird einem verbleibenden prognostischen Restrisiko nicht Rechnung getragen. Es müsste dann zu einer Versagung der Genehmigung führen oder zu Vermeidungsauflagen, die möglicherweise weit über das Erforderliche hinausgehen, um „auf die sichere Seite“ zu gelangen.

49

Bei dem oben darlegten Verständnis des Anwendungsbereichs einer sogenannten Monitoring-Auflage erledigt sich auch der Einwand, eine solche Auflage sei deswegen rechtswidrig, weil die Suche nach getöteten Tieren eine Tötung der Tiere nicht verhindere; vielmehr lasse sich durch ein Monitoring allenfalls Erkenntnisse über die Beeinträchtigung der Tiere gewinnen, diese aber nicht vermeiden (Rolzhofen ZNER 2014,303, Anmerkung zu OVG Magdeburg, U. V. 13.03.2014 – 2L215/11 – ZNER 2014,300).

50

Die Klägerinnen sind zudem der Auffassung, dass es sich um die Anordnung einer Eigenüberwachungsmaßnahme handele, die allein der Sachverhaltsaufklärung und damit der Frage diene, ob eine Rechtsbeeinträchtigung als Verstoß gegen das Tötungsverbot tatbestandlich überhaupt vorliege. Eine solche Eigenüberwachungsmaßnahme könne nur auf der Grundlage einer konkreten gesetzlichen Ermächtigung angeordnet werden, die nicht bestehe (so auch OVG Magdeburg, U. v. 13.03.2014 – 2 L 215/11 – ZNER 2014,300 unter Bezugnahme auf VGH München, U. v. 19.02.2009 – 22 BV 08.1164 - NVwZ-RR 2009, 594). Im Bundes-Immissionsschutzgesetz habe – so der VGH München – eine solche Betreiberpflicht zur Eigenüberwachung verschiedentlich Ausdruck gefunden. Es enthalte eine Vielzahl von Regelungen, die die betriebliche Eigenüberwachung und die Anleitung hierzu näher konkretisieren. Die Zusammenstellung über Anforderungen an die betriebliche Eigenüberwachung zeige ein sehr ausdifferenziertes Regelungssystem, das den Schluss auf eine abschließende gesetzliche Kodifikation für Eigenüberwachungsanordnungen nahelegt. Dem schließt sich der Senat nicht an, soweit es um ein naturschutzrechtliches Monitoring geht.

51

Es kann dahinstehen, ob das Bundesimmissionsschutzgesetz eine abschließende Regelung verschiedener möglicher Anordnungen zur Eigenüberwachung enthält. Die Regelungen dieses Gesetzes betreffen jeweils Umwelteinwirkungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes. Dies rechtfertigt nicht den Schluss, dass insoweit auch eine abschließende Regelung für solche Rechtsbereiche getroffen werden soll, die Kraft der Konzentrationswirkung der Genehmigung nach § 13 BImSchG und § 6 BImSchG daneben zu prüfen sind, wie insbesondere das Naturschutzrecht. Hier ermöglicht es die allgemeine Norm des § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG entsprechende Auflagen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen.

52

4. a) Voraussetzung für die Anordnung eines Monitoring ist danach zunächst, dass hier das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berührt ist. Ein Monitoring kann (darf nur) dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BVerwG, U. v. BVerwG vom 14.07.2011 a.a.O.). Es geht um das verbleibende prognostische Risiko, ob trotz der getroffenen Maßnahmen ein erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, das jedoch durch ein geeignetes Risikomanagement aufgefangen werden kann (BVerwG, U. v. 06.11.2012 a.AO.).

53

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt, dass der AFB nach dem Kenntnisstand 2008 methodisch fachgerecht erstellt worden sei. Es hätte sich aber das Problem ergeben, dass die Auswirkungen des Betriebs von Windenergieanlagen auf Fledermäuse sich durch eine Bodenerfassung allein nicht abklären ließen. Im Jahre 2007 sei ein Forschungsvorhaben begonnen und 2009 abgeschlossen worden, dessen Ergebnisse Brinkmann 2009 vorgestellt habe und die 2011 veröffentlicht worden seien (BRINKMANN, R.; BEHR, O.; NIERMANN, I. & REICH, M. (HRSG.): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen, Göttingen). Diesen Sachverhalt sollte die Stellungnahme in der Begründung zu der geforderten Auflage in dem Schreiben des LUNG vom 17.10.2011 benennen. Die Erkenntnisunsicherheit beruhe darauf, dass einerseits die Fledermäuse durch Windenergieanlagen angelockt würden und sich am Mast im Flug hochschraubten und dass andererseits das Verhalten der Fledermäuse um Windenergieanlagen nicht sicher abschätzbar sei. Aufgrund der seinerzeit vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen habe es andererseits keine Veranlassung gegeben, bereits mit der Genehmigung Abschaltzeiten vorzusehen. Man sah aber wegen der genannten Unsicherheiten die Notwendigkeit entsprechend der angefochtenen Auflage bei einem Erkenntnisstand, der zu einer relevanten Gefährdung der Fledermäuse führt, durch Abschaltauflagen nachsteuern zu können. Die Veröffentlichung von Brinkmann 2011 sei noch heute die Grundlage des Gondelmonitorings.

54

Diese Einschätzung haben die Klägerinnen nicht in Frage gestellt. Sie entspricht auch der Artenschutzrechtlichen Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von WEA des LUNG M-V – AAB-WAE – Teil Fledermäuse (Stand 01.08.2016). Als Standard-Methode hätten sich Detektorbegehungen im Umfeld der geplanten WEA Standorte sowie der Einsatz stationärer Horchboxen etabliert. In einigen Fällen würden zusätzlich aufwändige akustische Erfassungen in der Höhe mit Hilfe von Ballons oder Drachen oder Netzfänge und Telemetrie zur Suche nach Fledermausquartieren durchgeführt. Schwerpunkträume der residenten Fledermäuse ließen sich bei ausreichender Untersuchungstiefe durch Detektorbegehungen und Horchboxerfassungen im Vorfeld der Planung erfassen. So können z.B. bedeutende Flugstraßen und Jagdgebiete sowie Quartiere nachgewiesen werden. Anhand der Ergebnisse ließe sich das Kollisionsrisiko der residenten Tiere für die einzelnen Standorte relativ gut abschätzen. Für Prognosen des Kollisionsrisikos der migrierenden Tiere bestehe jedoch eine erhebliche Prognoseunsicherheit (Hinweis auf Brinkmann et al. 2011, S. 213 ff). Die Prognoseunsicherheit sei besonders durch den Stichprobencharakter der Untersuchung begründet. Kollisionsereignisse träten häufig konzentriert in wenigen Nächten im Jahr mit hoher Aktivität auf und können bei Stichprobenuntersuchungen (z.B. 20 Kontrollen innerhalb von 200 Aktivitätstagen) schnell „verpasst“ werden. Hinzu käme die z.T. abweichende Arten-Verteilung in verschiedenen Höhen (bodennah hohe Aktivität von nicht kollisionsgefährdeten Arten, in der Höhe hoher Anteil kollisionsgefährdeter Arten). Eine zusätzliche Prognose-Unsicherheit ergebe sich aus den Standort-Veränderungen, die durch den Bau der WEA eintreten. WEA hätten als Bauwerk einen Anlockungseffekt auf Fledermäuse. Dieser könne bei Vorab-Untersuchungen noch nicht berücksichtigt werden, die Flugaktivität von Fledermäusen aber beeinflussen.Fledermausuntersuchungen im Vorfeld des Anlagenbaus könnten das Kollisionsrisiko der Residenten Fledermäuse gut prognostizieren. Die Prognose des Kollisionsrisikos für Wandernde Fledermäuse sei nicht mit hinreichender Sicherheit möglich, es lassen sich aber evtl. Trends erkennen. Besonders Aussagen zu Abschaltzeiten und ggf. zu den erforderlichen Windgeschwindigkeits-Schwellenwerten seien anhand der bodengebundenen und stichprobenartigen Erfassungen nicht möglich (Seite 13). An Standorten, an denen auf Basis der Vorab-Untersuchung kein erhöhtes Kollisionsrisiko zu erwarten sei, sei eine Genehmigung ohne pauschale Abschaltzeiten möglich. Nach dem Bau der Anlage werde das standortspezifische Kollisionsrisiko der wandernden Fledermäuse durch Höhenmonitoring erfasst. Da dann ggf. Abschaltzeiten erforderlich sein könnten, sei in der Genehmigung eine nachträgliche Anordnung vorzusehen (Seite 18).

55

Diese Beurteilung füllt die Einschätzungsprärogative des Beklagten aus. Sie resultiert aus den prognostischen Elementen der Prüfung des § 44 BNatSchG und dem Fehlen allgemein anerkannter standardisierter Beurteilungsmaßstäbe. Sie ist fachlich vertretbar und beruht auf einem geeigneten Bewertungsverfahren. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats daraus, dass ein ähnliches Vorgehen auch in anderen Leitfäden vorgeschrieben wird. So wird in Ziff. 8.4.2. Bayern: Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen vom 1. September 2016 ausgeführt: In Bereichen wie z.B. in Flussauen, Wald- und Gewässerlandschaften, Feldgehölzen, ausgeprägten Heckenlandschaften, in denen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen plausible Rückschlüsse auf das Vorhandensein dieser Arten zulassen, könne die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und den Verbreitungsgrad bestimmter Arten ziehen. In diesen Bereichen sei der Vorhabenträger grundsätzlich gehalten, dazu gezielte Daten zu erheben, auf deren Grundlage die Behörde beurteilen kann, ob durch die geplante WEA ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verwirklicht wird. Diese Untersuchungen seien auf Gondelhöhe durchzuführen. Von einer entsprechenden Erhebung könne abgesehen werden, wenn durch ein begleitendes Gondelmonitoring die Fledermausaktivitäten und das damit gegebenenfalls verbundene erhöhte Tötungsrisiko beobachtet wird (vgl. auch Schleswig-Holstein: Integration artenschutzrechtlicher Vorgaben in Windkraftgenehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz 2017, S. 13 ff.).

56

III. Die Klage wäre auch abzuweisen, wenn die Voraussetzungen für eine Gondelmonitoring-Auflage mit vorgezeichneten Abschaltregime nicht erfüllt sind.

57

Die Frage, ob eine Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, ist durch die fachlichen, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfallenden Erkenntnisse nur hinreichend sicher auszuschließen, wenn das angeordnete Monitoring mit den möglichweise daraus herzuleitenden Abschaltzeiten angeordnet wird. Nach dem oben dargelegten Erkenntnisstand 2011 konnte ohne weitere Ermittlungen durch ein Gondelmonitoring allein auf der Grundlage der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten nicht davon ausgegangen werden, dass nachgewiesen ist, der Betrieb der genehmigten Anlagen werde nicht zu Verstößen gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG führen. Die notwendige Erkenntnis könnte andererseits nicht vorab gewonnen werden, ohne dass die Anlagen errichtet und in Betrieb sind. Unter diesen Umständen hätte ohne die angefochtene Auflage die Genehmigung versagt werden müssen. Die Genehmigung ohne eine solche Auflage wäre daher rechtwidrig. Sie entspräche auch nicht dem Willen des Beklagten. Nach den oben dargelegten Grundsätzen käme daher eine isolierte Aufhebung der Auflage nicht in Betracht.

58

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 167 Abs. 1 VwGO und § 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

59

Die Revision ist zuzulassen, da die Frage der Zulässigkeit und Voraussetzungen eines Monitorings in einer immissionschutzrechtlichen Genehmigung grundsätzliche Bedeutung hat.

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Sept. 2017 - 3 L 145/14 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten


(1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,2. wild lebende Tiere der

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 36 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt


(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfü

Abgabenordnung - AO 1977 | § 120 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt


(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfül

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 13 Genehmigung und andere behördliche Entscheidungen


Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrec

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 12 Nebenbestimmungen zur Genehmigung


(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 404 Sachverständigenauswahl


(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es a

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 4. Mai 2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen

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Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 23. Dezember 2015 – 5 B 809/15 HGW – zu Ziffer 1. des Tenors geändert: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen

Referenzen

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.

(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.

(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Bei der Festlegung der Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten. Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen.

(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.

(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.

(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.

(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.

(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwiderlaufen.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung);
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung);
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage);
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.

(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.

(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.

(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.

(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.

Gründe

1

1. Das Berufungsgericht hat entschieden, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist, neben der Ischiadicusirritation links weitere Folgen des vom Kläger am 19. November 1998 erlittenen Dienstunfalls anzuerkennen. Ferner bestehe hinsichtlich des am 19. November 1998 erlittenen Dienstunfalls kein Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG in der Zeit bis 31. Dezember 1999. Die Voraussetzung für die Gewährung von Unfallausgleich, die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Betroffenen von mindestens 25 v.H. über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten, sei nicht erfüllt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte über den 18. Mai 1999 hinaus bis zum 31. Dezember 1999 Heilbehandlungskosten aufgrund des Dienstunfalls vom 19. November 1998 erstatte. Der 18. Mai 1999 sei der letzte unfallbedingte Behandlungstag gewesen, sodass die im Zeitraum vom 19. Mai bis 31. Dezember 1999 entstandenen weiteren Behandlungskosten in Höhe von 1 984,45 DM nicht als durch den Dienstunfall veranlasst anzusehen seien. Dementsprechend sei auch die Rückforderung der unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Zahlungen in Höhe von 1 984,45 DM rechtmäßig.

2

2. Hinsichtlich der Entscheidung des Berufungsgerichts über das Vorliegen weiterer dienstunfallbedingter Verletzungsfolgen ist die allein auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde unbegründet (a). Im Übrigen hat sie Erfolg (b).

3

a) Im Hinblick auf die Verpflichtung des Beklagten zur Anerkennung einer Schädigung des ramus profundus des nervus radialis sowie einer Kreuzbeinfraktur auf Höhe von SWK 4 mit massivster subkutaner Hämatombildung als Folgen des Dienstunfalls vom 19. November 1998 rügt der Kläger, der Verwaltungsgerichtshof habe seine Aufklärungspflicht verletzt, weil er zu dieser Frage nicht ausreichend Beweis erhoben habe. Bei sachgemäßer Aufklärung wäre festgestellt worden, dass diese Folgen vorliegen und auf den Dienstunfall zurückzuführen sind. Der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, diejenigen Ärzte in der mündlichen Verhandlung zu hören, die den Kläger im Anschluss an das Unfallereignis vom 19. November 1998 behandelt oder sich zu den erlittenen Verletzungen gutachtlich geäußert hätten. Die Einvernahme der Ärzte sei zur Klärung der Beweisfragen erforderlich gewesen und hätte sich dem Berufungsgericht aufdrängen müssen.

4

Dieser vom Kläger behauptete Verfahrensverstoß lässt sich nicht feststellen. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte und selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist (z.B. Urteil vom 6. Oktober 1987, a.a.O.; Beschluss vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308).

5

Die gerichtliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn sich das Gericht auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten stützt, das objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Die Verpflichtung zur Ergänzung des vorliegenden Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45> = Buchholz 303 § 414 ZPO Nr. 1 S. 6; Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2 = ZBR 2008, 257<259 f.> und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 = NJW 2009, 2614; stRspr).

6

Nach § 98 VwGO i.V.m. § 404a ZPO ist es Aufgabe des Gerichts, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten. Bei einem medizinischen Gutachten muss das Gericht dem Gutachter sämtliche Anknüpfungstatsachen, insbesondere Berichte über den Unfallhergang, Krankenunterlagen oder Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, übermitteln und ihn anhalten, sich mit diesen fachkundigen Stellungnahmen auseinanderzusetzen (Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl. Rn. 317 ff.). Weicht der Sachverständige von einer solchen Stellungnahme ab, so muss er im Gutachten auf diese fachkundige Äußerung eingehen und den Grund für sein abweichendes Ergebnis nachvollziehbar darlegen. Andernfalls ist das Gutachten unvollständig und deshalb fehlerhaft.

7

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass dem Sachverständigengutachten, auf das sich das Berufungsurteil stützt, derartige Mängel anhaften, sodass es sich dem Berufungsgericht ungeachtet des unterbliebenen Beweisantrags des Klägers in der Berufungsverhandlung aufgedrängt hätte, die vom Kläger benannten Ärzte zu vernehmen.

8

In Bezug auf die vom Kläger behauptete Schädigung des tiefen Endastes des nervus radialis bezieht sich die Beschwerdebegründung auf den Untersuchungsbefund des Facharztes für Neurologie Dr. M. von Anfang Juli 1999, der eine deutliche Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit feststelle und damit die Schädigung dieses Nervenastes belege. In seinem Beweisbeschluss vom 16. Oktober 2007 ist der Verwaltungsgerichtshof auf diesen Befundbericht ausdrücklich eingegangen (Nr. 2 d). Auch hat sich der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten mit der Frage einer vorübergehenden oder verbleibenden Schädigung dieses Nervenastes befasst. Hierzu hat er in der Berufungsverhandlung ergänzend Stellung genommen. Dabei ist er auch auf die Einschätzung des Dr. M. eingegangen. Diesen Darlegungen des Sachverständigen, denen sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, ist der Kläger in der Berufungsverhandlung nicht weiter entgegengetreten. Bei dieser Sachlage musste sich dem Berufungsgericht eine weitere Beweisaufnahme durch die Vernehmung von Ärzten, die den Kläger nach dem Unfallereignis behandelt haben, auch nicht aufdrängen. Der Kläger, der in der Berufungsverhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, kann dieses Versäumnis nicht mit der Aufklärungsrüge kompensieren (Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 und vom 30. Januar 2003 - BVerwG 1 B 169.02 - Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 67).

9

Für den Gutachter und auch das Berufungsgericht bestand im Hinblick auf die behauptete Schädigung des Nervenastes auch keine Veranlassung, auf das in der Beschwerdebegründung erwähnte "unfallchirurgische/chirurgische Gutachten" des Dr. S. vom 11. März 2000 gesondert einzugehen. Denn dieses Gutachten weist unter "Bemerkungen" lediglich darauf hin, dass der Befund des Neurologen - gemeint ist die Untersuchung durch Dr. M. (vgl. S. 1 des Gutachtens vom 11. März 2000) - wegen eindeutiger technischer Messwerte objektivierbar sei. Eine eigenständige Stellungnahme zum Vorliegen einer Schädigung des Nervenastes ist diesem Gutachten nicht zu entnehmen.

10

Im Hinblick auf die detaillierten Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer Kreuzbeinfraktur auf Höhe des 4. Sakralwirbels mit massivster subkutaner Hämatombildung bezeichnet die Beschwerdebegründung keinen Verfahrensmangel (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

11

b) In Bezug auf die geltend gemachte Erstattung von Heilbehandlungskosten bis zum 31. Dezember 1999, die Gewährung von Unfallausgleich bis zum 31. Dezember 1999 und die Aufhebung des Bescheids über die Rückforderung von Zahlungen in Höhe von 1 984,45 DM ist die Verfahrensrüge des Klägers, mit der eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) beanstandet wird, begründet.

12

Die Beschwerde rügt, dass die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts zum Heilungsprozess der vom Kläger beim Dienstunfall vom 19. November 1998 erlittenen Verletzungen nicht ausreichen, um zu beurteilen, ob die im Zeitraum vom 18. Mai bis zum 31. Dezember 1999 entstandenen Behandlungskosten in Höhe von 1 984,45 DM auf den Dienstunfall zurückzuführen seien (§ 33 Abs. 1 BeamtVG) und ob dem Kläger hinsichtlich des erlittenen Dienstunfalls im Zeitraum bis zum 31. Dezember 1999 Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG zustehe. Die Feststellungen des Berufungsgerichts stützen sich insoweit ausschließlich auf die Aussagen des vom Berufungsgericht bestellten Gutachters Prof. Dr. H. Dieser sei im Anschluss an ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten lediglich von der gewöhnlichen Ausheilungszeit ausgegangen, wie sie sich aus Erfahrungswerten ergebe. Dagegen seien diejenigen Ärzte, die den Kläger nach dem Vorfall vom 19. November 1998 tatsächlich behandelt hätten, nicht als Zeugen vernommen worden, obwohl sich dies aufgedrängt hätte. Diese Ärzte hätten Angaben zum konkreten Heilungsverlauf machen können. Wären diese Ärzte vom Berufungsgericht gehört worden, so hätte belegt werden können, dass ihm bis zum 31. Dezember 1999 Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG zustehe und auch die im Zeitraum vom 18. Mai bis zum 31. Dezember 1999 entstandenen Heilbehandlungskosten auf den Dienstunfall zurückzuführen seien.

13

Diese Ausführungen genügen den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Danach ist ein Aufklärungsmangel dann ordnungsgemäß erhoben, wenn der Beschwerdeführer darlegt, welche tatsächlichen Umstände hätten aufgeklärt werden müssen, welche Ermittlungen sich dem Gericht hierfür hätten aufdrängen müssen, welches mutmaßliche Ergebnis die Sachaufklärung gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können (Urteil vom 12. Februar 1998 - BVerwG 3 C 55.96 - BVerwGE 106, 177 <182>; stRspr).

14

Nach der materiellen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, von der bei der Prüfung der Verfahrensrüge auszugehen ist, kommt es für die Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche nach §§ 33 und 35 BeamtVG und die Rückforderung der unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen nicht auf die durchschnittliche Dauer der Ausheilung der erlittenen Verletzungen, sondern auf den konkreten Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der pseudarthrotisch verheilten knöchernen Absprengung aus dem Os triquetrum an. Es liegt auf der Hand, dass dieser von den Erfahrungswerten erheblich abweichen kann. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, zu den Einzelheiten des konkreten Heilungsprozesses diejenigen Ärzte als sachverständige Zeugen zu vernehmen, die den Kläger tatsächlich behandelt haben. Denn in erster Linie diese Ärzte und nicht der vom Berufungsgericht nahezu zehn Jahre nach dem Unfallereignis beauftragte Gutachter können Aussagen zu den entscheidungserheblichen Fragen machen, ob die medizinische Behandlung des Klägers ab dem 18. Mai 1999 noch durch den Dienstunfall bedingt oder auf damit nicht im Zusammenhang stehende Erkrankungen zurückzuführen war und ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers über den 18. Mai 1999 hinaus wesentlich beschränkt war.

15

Die Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen kann auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, ihren Aussagen komme gegenüber der auf objektivierbaren Befunden beruhenden Einschätzung des gerichtlich bestellten Gutachters eine geringere Bedeutung zu, weil jene im Einklang mit dem Heilungsauftrag zugunsten des Klägers durch die Handlungsmotivation geprägt seien, eine möglichst optimale Versorgung des Patienten zu gewährleisten. Ob Aufklärungsmaßnahmen den beabsichtigten Erfolg haben werden, lässt sich erst nach ihrer Durchführung beurteilen. Die nach Einschätzung des Gerichts geringe Wahrscheinlichkeit, dass Aufklärungsmaßnahmen zu weiteren Erkenntnissen führen werden, rechtfertigt nicht die Begrenzung der Amtsermittlungspflicht (Beschlüsse vom 22. August 2000 - BVerwG 2 B 29.00 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 310 und vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 = NVwZ 2005, 1199).

16

Da sich danach dem Berufungsgericht insoweit eine weitere Aufklärung durch die Vernehmung von namentlich benannten sachverständigen Zeugen hätte aufdrängen müssen, hat der Kläger sein Rügerecht auch nicht dadurch verloren, dass er in der Berufungsverhandlung davon abgesehen hat, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen (vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995, a.a.O. und vom 14. Juni 2005, a.a.O.).

17

Da nicht auszuschließen ist, dass das angegriffene Urteil im genannten Umfang auf einer unzureichend ermittelten Tatsachenbasis beruht, hat die Beschwerde insoweit Erfolg. Zur Beschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 133 Abs. 6 VwGO das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und den Rechtsstreit insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, um dem Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, die entscheidungserheblichen Tatsachen im erforderlichen Maße festzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die - durch hierfür sachkundige Ärzte festzustellende - psychische Konstitution des Betroffenen für den konkreten Heilungsverlauf relevant sein kann.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine im Freistaat Sachsen anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich mit seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Chemnitz vom 24. Februar 2010 für den Bau der Ortsumgehung Freiberg im Zuge der Bundesstraßen B 101 (Aue-Berlin) und B 173 (Bamberg-Dresden). Die ca. 13,4 km lange Neubaustrecke soll von der Bestandsstrecke der B 101 im Nordwesten von Freiberg westlich um die Ortslage der Stadt bis zur B 173 Richtung Chemnitz geführt werden; von dort aus verläuft die Trasse südlich des Stadtgebiets, wo die B 101 in Richtung Brand-Erbisdorf abzweigt, und östlich des Stadtgebiets bis zur Bestandsstrecke der B 173 in Richtung Dresden. Westlich von Freiberg quert die Trasse den Hospitalwald, der zahlreichen Fledermausarten als Lebensraum dient; sie wird dort etwa zur Hälfte in westlicher Parallellage zur Bahnstrecke Dresden-Werdau (Sachsenmagistrale) geführt. Südlich der Stadt verläuft sie weitgehend abgesetzt von Wohn- und Gewerbegebieten in Tieflage durch Offenland. In diesem Bereich reicht sie bis zu 150 m an das aus mehreren Teilgebieten bestehende FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" heran. Südöstlich der Stadt wird die Trasse am Rand dort vorhandener Bergwerkshalden geführt, die einen besonderen Verbreitungsschwerpunkt der Zauneidechse darstellen. Anschließend quert sie mit einer Brücke von 356 m lichter Weite und ca. 30 m lichter Höhe das Tal der Freiberger Mulde und das bandartig dem Lauf der Mulde folgende FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal". Neben dem Bau der Ortsumgehung umfasst das Vorhaben im Anschluss an die Knotenpunkte den Ausbau bzw. die Verlegung von Teilstücken mehrerer städtischer Straßen.

2

Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als zweistreifige Bundesstraße in der Kategorie des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen. Die Ortsumgehung soll die Leistungsfähigkeit der beiden Bundesstraßen erhöhen, die Ortslage Freiberg von Durchgangsverkehr entlasten und weiträumigen Verkehr von und zu den Gewerbegebieten der Stadt aufnehmen.

3

Nach Einleitung des Planfeststellungsverfahrens im Dezember 2005 lag der Plan zur allgemeinen Einsichtnahme aus. Die Auslegung war vorher unter Hinweis auf die Möglichkeit, bis zu zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen zu erheben, und die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen ortsüblich bekannt gemacht worden.

4

Mit fristgerecht eingereichtem Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 wandte sich der Kläger gegen die vorgesehene Trassenführung. Die Vorzugsvariante führe zu zahlreichen aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht hinnehmbaren Konfliktpunkten. Dies gelte für den Hospitalwald, den Freiberger Stadtwald, den Bereich zwischen den Knotenpunkten 3 und 4, Biotopverbundstrukturen südwestlich der Gaststätte "Letzter 3er", den Querungsbereich der Bahnstrecke Dresden-Werdau und einen benachbarten Hangwald, ein Feuerwerktestgelände mit angrenzenden Brachflächen und den Talraum der Freiberger Mulde. Der Kläger machte nähere Ausführungen dazu, welche Tierarten in diesen Konfliktbereichen von Beeinträchtigungen bedroht seien, und unterbreitete gemeinsam mit der Grünen Liga einen Trassenvorschlag, wonach die Straße westlich von Freiberg teils in Anlehnung an die Ortslage, teils innerorts verlaufen soll und im Bereich der Muldetalquerung ein Ausbau der Bestandsstrecke vorgesehen ist.

5

Weiterhin rügte der Kläger in seinem Einwendungsschreiben die Unvereinbarkeit der Planung mit den Vorgaben des Artenschutzrechts. Der Hospitalwald, der Biberteich und das Freiberger Muldetal stellten einen überregional bedeutsamen Lebensraum für Fledermäuse dar, wobei sich der Schwerpunkt des Vorkommens im Hospitalwald befinde. Mit der Realisierung des Vorhabens würden in einem breiten Korridor Leitlinien zerstört, Flugrouten dauerhaft zerschnitten und Kollisionen mit Fahrzeugen provoziert. Außerdem sei mit starken Schadstoffbelastungen sowie akustischen und visuellen Störungen zu rechnen. Diese Beeinträchtigungen verwirklichten artenschutzrechtliche Verbotstatbestände. Der Erfolg der vorgesehenen CEF-Maßnahmen sei sehr unsicher. Unter vergleichbaren Defiziten leide die artenschutzrechtliche Prüfung der Auswirkungen auf Schlingnatter und Zauneidechse. Zudem sei es versäumt worden, die Verbotstatbestände individuenbezogen zu prüfen. Ob die vorgesehenen artspezifischen Maßnahmen, insbesondere die Umsiedlung der Reptilien in Ersatzlebensräume, Erfolg haben würden, sei nicht kalkulierbar. Die Ersatzlebensräume lägen überdies so nahe an der Trasse, dass mit verkehrsbedingter Tötung der Tiere zu rechnen sei.

6

Unzureichend sei darüber hinaus die Beurteilung der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens. Für das Bachneunauge und die Westgroppe seien die projektbedingten Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, obgleich die Freiberger Mulde und der Kleinwaltersdorfer Bach im Einwirkungsbereich der Trasse alle Voraussetzungen für ein Habitat dieser Fischarten erfüllten. Durch die Einleitung der schadstoff- und salzhaltigen Straßenabwässer werde die Qualität der fraglichen Gewässerabschnitte verschlechtert, ohne dass geklärt sei, wie sich das auf den Erhaltungszustand der Fischpopulationen auswirke. Die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten der Mopsfledermaus und des Großen Mausohrs im Freiberger Muldetal sei fehlerhaft beurteilt worden. Die ebenfalls zum FFH-Gebiet gehörenden Kreuzermarkteiche seien in der Verträglichkeitsprüfung zu Unrecht als bloße Entwicklungsfläche des Lebensraumtyps 3150 eingestuft und die zu erwartenden Beeinträchtigungen dementsprechend fehlgewichtet worden. Bezogen auf das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" sei neben Trennwirkungen im Lebensraum des Kammmolches zu berücksichtigen, dass die im Einschnitt geführte Ortsumgehung zur Grundwasserabsenkung und damit zu negativen Auswirkungen auf das Hydroregime der Bergwerksteiche und des an den Mittelteich angrenzenden Flachmoorkomplexes führen könne.

7

Ferner sei das Ausgleichskonzept des landschaftspflegerischen Begleitplans ungeeignet. Der Kompensationsbedarf für die Lebensraumverluste im Hospitalwald sei zu niedrig angesetzt worden. Auch weitere Elemente der landschaftspflegerischen Begleitplanung wie die Maßnahmen für Zauneidechse und Schlingnatter seien unzureichend.

8

Zu Planänderungen, die der Vorhabenträger mit zwei Tekturen in das Verfahren einbrachte, nahm der Kläger fristgerecht Stellung.

9

Mit Beschluss vom 24. Februar 2010 stellte die Landesdirektion Chemnitz den Plan für das Vorhaben fest. Dem Planfeststellungsbeschluss sind Bestimmungen zum Schutz der Natur beigefügt, die u.a. ein Monitoring für die Auswirkungen des Vorhabens auf Fledermäuse und Zauneidechsen sowie die Wirksamkeit insoweit vorgesehener Schutzmaßnahmen anordnen und für den Fall festgestellter Schutzdefizite weitere konfliktmindernde Maßnahmen vorbehalten. Außerdem wurde dem Vorhabenträger eine Wirksamkeitskontrolle für die planfestgestellten CEF-Maßnahmen und die Schadensbegrenzungsmaßnahmen zugunsten des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal" unter Vorbehalt ergänzender Maßnahmen aufgegeben.

10

Zur Trassenwahl führte der Planfeststellungsbeschluss im Wesentlichen aus: Die planfestgestellte Trasse sei aus der Variante 3 der Vorplanung hervorgegangen. Gegenstand der damaligen Untersuchung seien neben dieser Variante die westlich von Kleinwaltersdorf verlaufende Variante 1, die den Hospitalwald westlich umfahrende Variante 2, die den Wald östlich umfahrende, aber Wohnbereiche von Freiberg tangierende Variante 4, die nördlich und östlich um Freiberg herumführende Variante 5 sowie die Untervarianten 6 und 7 mit einem von der Variante 3 abweichenden Verlauf im Südosten von Freiberg gewesen. Zwar sei bezogen auf die Belange von Natur und Landschaft die Variante 4 gegenüber allen anderen Varianten vorzugswürdig. Sie erfülle die Verkehrsfunktion einer Ortsumgehung wegen ihrer Führung durch bebautes Gebiet aber nur unzureichend und sei der Variante 3 auch unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und des Immissionsschutzes unterlegen. Angesichts dessen habe Letzterer der Vorrang eingeräumt werden dürfen. Die übrigen Varianten fielen bei einer Gesamtschau der Bewertungskriterien gegenüber der Variante 3 noch weiter ab. Ähnliches wie für die Variante 4 gelte für den Trassenvorschlag des Klägers und der Grünen Liga; mit diesem Vorschlag könnten die verkehrsplanerischen Zielstellungen in einem der Netzfunktion des Vorhabens entsprechenden Ausbaustandard überdies auch im Teilabschnitt östlich von Freiberg nicht verwirklicht werden. Im Zuge der Prüfungen für eine Optimierung der Variante 3 habe sich gezeigt, dass die Untervariante B mit einem Trassenverlauf westlich der Sachsenmagistrale der Variante A mit einem Verlauf östlich dieser Bahnstrecke u.a. aus verkehrstechnischen Erwägungen und im Hinblick auf den Immissionsschutz überlegen sei, ohne dass diesen Vorteilen vergleichbar gewichtige Nachteile unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes gegenüberständen.

11

Die Einwendungen des Klägers wies der Planfeststellungsbeschluss zurück: Die Kritik an der artenschutzrechtlichen Beurteilung greife nicht durch. Unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schutz- und Kompensationsmaßnahmen würden für keine der geschützten Arten artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirklicht. Ebenso wenig komme es zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal". Für das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" sei schon die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele zu verneinen. Das planfestgestellte Ausgleichskonzept sei in sich schlüssig.

12

Zur Begründung seiner fristgerecht erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er sei mit seinen Einwänden gegen die Planung nicht präkludiert. Angesichts der rechtlichen Ausgestaltung der Verbändebeteiligung seien an die Substantiierung von Stellungnahmen der Naturschutzvereinigungen nur geringe Anforderungen zu stellen. Denen habe er genügt. Der Planfeststellungsbeschluss unterliege schon deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Planfeststellung namentlich im Bereich des Knotenpunkts 5 Maßnahmen am nachgeordneten Straßennetz einschließe, die nicht in die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde fielen. Außerdem sei der Beschluss mit dem Habitatschutzrecht unvereinbar. Für das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" habe die Planfeststellungsbehörde zu Unrecht eine Verträglichkeitsprüfung für verzichtbar gehalten. Erhebliche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben seien weder für die Bergwerksteiche und das an den Mittelteich anschließende Moor noch für den Kammmolch und den Kleinen Wasserfrosch auszuschließen. Für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" werde die durchgeführte Verträglichkeitsprüfung den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Sie weise schwere Defizite schon bei der Bestandserfassung und -bewertung auf; insbesondere seien mehrere geschützte Lebensräume und Arten im Einwirkungsbereich der Trasse nicht erfasst oder fehlerhaft bewertet worden. Defizitär seien auch die Ermittlung und die Bewertung vorhabenbedingter Einwirkungen auf die dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensräume und Arten. Generell sei zu beanstanden, dass der für die Verträglichkeitsprüfung geltende Beurteilungsmaßstab, wonach jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen die Erheblichkeitsschwelle überschreite, verkannt worden sei.

13

Weiterhin missachte der Planfeststellungsbeschluss die Vorgaben des Artenschutzrechts. Das Vorhaben verwirkliche insbesondere bezogen auf zahlreiche Fledermaus- und Vogelarten, die Zauneidechse und die Schlingnatter den Tötungstatbestand und den Tatbestand der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Für Vögel kämen Verstöße gegen das Störungsverbot hinzu. Geplante Schutz- und Kompensationsmaßnahmen könnten an dieser Beurteilung nichts ändern; teilweise verstießen sie sogar selbst gegen artenschutzrechtliche Verbote. Ferner werde der Planfeststellungsbeschluss den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht gerecht. Die Planfeststellungsbehörde habe es versäumt, bestehende Vermeidungspotenziale auszuschöpfen, indem sie im Hospitalwald der Untervariante B den Vorzug vor der ökologisch vorteilhafteren Untervariante A gegeben habe. Auch in anderer Hinsicht seien vorhandene Möglichkeiten zur Vermeidung von Beeinträchtigungen nicht genutzt worden. Ebenso weise die landschaftspflegerische Begleitplanung Kompensationsdefizite auf. Schließlich leide die Alternativenprüfung an Abwägungsmängeln, die vor allem die Trassenabschnitte westlich von Freiberg und im Bereich der Muldetalquerung beträfen.

14

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. Februar 2010 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Planänderungen bzw. -ergänzungen aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,

äußerst hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, weitere Maßnahmen zur Vermeidung und zum vorgezogenen Ausgleich von Beeinträchtigungen geschützter Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Tierarten des Anhangs IV FFH-Richtlinie sowie europäischer Vogelarten und weitere Maßnahmen zur Vermeidung und zum Ausgleich und/oder Ersatz unvermeidbarer Beeinträchtigungen des Naturhaushalts unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

15

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Er hält weite Teile des Vorbringens des Klägers für präkludiert, tritt diesem Vorbringen aber auch in der Sache entgegen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen verstößt gegen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes und des Sächsischen Naturschutzgesetzes und damit gegen Vorschriften, deren Verletzung der Kläger als anerkannte Naturschutzvereinigung gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG 2010 rügen kann. Diese Mängel rechtfertigen zwar nicht die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Beschlusses, wohl aber die mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

18

A. Mit einem Teil seiner zahlreichen Einwendungen ist der Kläger gemäß § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG präkludiert. Die formellen Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses liegen vor. Im ursprünglichen Anhörungsverfahren ist der Kläger mit ortsüblicher Bekanntmachung auf die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen zu erheben, und die Rechtsfolge verspäteter Einwendungen hingewiesen worden. Die materiellen Präklusionsvoraussetzungen sind gleichfalls erfüllt, weil der Kläger die betreffenden Einwendungen in seiner Stellungnahme vom 4. Dezember 2008 teils gar nicht, teils ohne die nötige Substantiierung geltend gemacht hat.

19

1. Einwendungen sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Planvorhabens abzielendes Gegenvorbringen (Urteil vom 17. Juli 1980 - BVerwG 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <300>). Welche Anforderungen an ihre Substantiierung zu stellen sind, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf die unterschiedlichen Funktionen der Betroffenen- und der Verbändebeteiligung für Einwendungen Privater und solche von Verbänden differenzierend bestimmt. Während die Anhörung Planbetroffener diesen Gelegenheit bieten soll, ihre individuellen Betroffenheiten zu artikulieren, dient die Beteiligung der Naturschutzvereinigungen der Mobilisierung naturschutzfachlichen Sachverstandes. Mit der Präklusionsregelung sollen die Vereinigungen angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen; zugleich soll der von der Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag geschützt werden (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 4 A 59.01 - BVerwGE 118, 15 <17 f.> und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 27 f.; Beschluss vom 23. November 2007 - BVerwG 9 B 38.07 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 31).

20

Ausgehend von dieser doppelten Zielrichtung der für Naturschutzvereinigungen maßgeblichen Beteiligungs- und Präklusionsregelungen muss eine solche Vereinigung in ihren Einwendungen zumindest Angaben dazu machen, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne Weiteres von selbst versteht. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits geleistete Begutachtung und fachliche Bewertung in den Planunterlagen ausgearbeitet ist, umso intensiver muss auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen. Dabei geht es allerdings nicht um die zutreffende rechtliche Einordnung nach Landes-, Bundes- oder europäischem Recht. Erforderlich ist aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten (Urteil vom 22. Januar 2004 a.a.O.; Beschlüsse vom 12. April 2005 - BVerwG 9 VR 41.04 - juris Rn. 31 § 5 verkpbg nr. 16> und vom 23. November 2007 a.a.O.).

21

Diese zur Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 entwickelten Grundsätze sind auf die spezialgesetzliche Neuregelung des § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG, der ebenso wie die Regelungen über die Beteiligung von Naturschutzvereinigungen im fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833) in das Bundesfernstraßengesetz eingefügt worden ist, uneingeschränkt übertragbar. Die mit der Neuregelung intendierte Gleichbehandlung der Verbände mit Planbetroffenen im Rahmen des Beteiligungsverfahrens (vgl. die Gesetzesbegründung, BTDrucks 16/54 S. 32 f.) ändert nichts an der spezifischen Funktion der Verbändebeteiligung und der daran anknüpfenden Präklusion. Es geht weiterhin darum, die Sachkunde der Naturschutzvereinigungen schon in das Verwaltungsverfahren mit einzubeziehen und durch die Präklusion verspäteter Einwendungen zugleich Rechtssicherheit für den von der Verwaltungsentscheidung Begünstigten zu schaffen. Die veränderten Beteiligungsmodalitäten erschweren die rechtzeitige Abgabe der Stellungnahmen auch nicht in einer Weise, dass die Vereinigungen den vorgenannten, auf die Funktion der Beteiligung ausgerichteten Substantiierungsanforderungen nicht mehr gerecht werden könnten.

22

Zwar stellt es eine Verfahrenserschwernis dar, dass die Vereinigungen von der Möglichkeit, sich durch Einsichtnahme in die Planunterlagen über das Vorhaben zu informieren, nicht mehr durch individuelle Benachrichtigung, sondern gemäß § 17a Nr. 2 FStrG nur noch durch ortsübliche Bekanntmachung in den planungsbetroffenen Gemeinden unterrichtet werden müssen. Von den Vereinigungen, die ausweislich der gesetzlichen Anerkennungsvoraussetzungen nach Mitgliederkreis und eigener Leistungsfähigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten müssen (vgl. § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz), kann aber erwartet werden, dass sie auch bei dieser Bekanntmachungsform über ihre regionalen oder örtlichen Untergliederungen sicherstellen, die immerhin einmonatige Auslegungsfrist zur Sichtung und Auswertung der Planunterlagen effektiv ausschöpfen zu können. Insoweit ist die Routine, die sich bei dieser zu den typischen Vereinsaufgaben zählenden Tätigkeit einstellt, ebenso in Rechnung zu stellen, wie die Möglichkeit, sich Kopien der Planunterlagen fertigen zu lassen; die dafür anfallenden Kosten (im Streitfall knapp 400 €) halten sich in einem auch für eine ehrenamtlich arbeitende Organisation verkraftbaren Rahmen. Dass die Planunterlagen den Verbänden nicht zur Auswertung übersandt werden, sondern nur bei den Gemeindeverwaltungen eingesehen werden können, bedeutet ebenfalls keine Verfahrenshürde, die eine Absenkung der Substantiierungsanforderungen rechtfertigt; auf die früher häufig praktizierte Übersendung der Planunterlagen bestand schon vor der Rechtsänderung kein Rechtsanspruch (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 1993 - BVerwG 4 A 9.93 - Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 3 S. 13). Die Einwendungsfrist von zwei Wochen (§ 17a Nr. 3 FStrG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, der bis zum 4. Juni 2010 galt, § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) ist für sich genommen zwar knapp, mit Blick auf die großzügigere Frist zur Einsichtnahme aber noch ausreichend bemessen, um eine den genannten Substantiierungsanforderungen entsprechende Stellungnahme zu ermöglichen. Insoweit ist daran zu erinnern, dass enteignend betroffene Private, die sich die Möglichkeit einer gerichtlichen Vollprüfung erhalten wollen, zwar einerseits geringeren Substantiierungsanforderungen unterliegen, andererseits aber mit ihren Einwendungen innerhalb der gleichen Frist ein weit größeres Spektrum von Problempunkten abzudecken haben als die auf naturschutzfachliche Einwendungen beschränkten Vereinigungen.

23

2. Es besteht kein Anlass zu vernünftigen Zweifeln, dass die Präklusionsregelung des § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG in der den vorstehend umrissenen Grundsätzen folgenden Anwendung mit Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl EG Nr. L 175 S. 40, geändert durch Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26. Mai 2003, ABl L 156/17 (UVP-Richtlinie) vereinbar ist; eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erübrigt sich deshalb.

24

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995 S. I-4599 Rn. 12 und vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000 S. I-3201 Rn. 31) darf das nationale Verfahrens- und Prozessrecht den Zugang zu Gericht für die Geltendmachung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht ungünstiger ausgestalten als für Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzprinzip), und es darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip). Da § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG auf Rügen, die ausschließlich der Beurteilung nach innerstaatlichem Recht unterliegen, gleichfalls uneingeschränkt Anwendung findet, ist dem Äquivalenzprinzip Genüge getan. Ebenso ist das Effektivitätsprinzip gewahrt. Das Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion führt weder als solches noch in der Ausgestaltung durch § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG und dessen konkreter Anwendung durch den Senat zu einer übermäßigen Erschwerung des nach Art. 10a Abs. 1 UVP-Richtlinie verbürgten Rechts auf Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren für Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, bei denen - wie hier - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist und zudem unionsrechtlich veranlasste Vorschriften des Naturschutzrechts zu beachten sind.

25

Der Gerichtshof hat zwar noch nicht zur Zulässigkeit nationaler Präklusionsvorschriften Stellung genommen. In seiner Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen dem Effektivitätsprinzip grundsätzlich genügt, da sie ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit ist (Urteil vom 16. Mai 2000 a.a.O. Rn. 33). Diese Aussage kann ohne Weiteres auf das nationale Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion übertragen werden. Es dient - wie bereits ausgeführt - der Rechtssicherheit, insbesondere dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Dass der Einwendungsausschluss im Unterschied zu Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts eintritt, ist ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser vorgezogene Rechtsschutz, der den gerichtlichen Rechtsschutz nicht ersetzt, sondern nur ergänzt, liegt im wohlverstandenen Interesse der einwendungsberechtigten Naturschutzvereinigungen; denn sie können durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme als Sachwalter der Natur wahren, bevor eine Art von planerischer Verfestigung des Vorhabens eingetreten ist (Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 107; Beschlüsse vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - Buchholz 406.254 URG Nr. 1 Rn. 7 und vom 14. September 2010 - BVerwG 7 B 15.10 - NVwZ 2011, 364 Rn. 8 ff.).

26

Wie das Rechtsinstitut der Einwendungspräklusion als solches stellt auch die Ausgestaltung dieses Instituts durch § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG einen effektiven Zugang zu Gericht im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie nicht in Frage. Der Einwendungsausschluss setzt - wie ausgeführt - Erkundigungs- und Äußerungsfristen, die als angemessen anzusehen sind, sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraus. Deshalb wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit gerechtfertigt erschwert. Ebenso wenig begegnen die bei der Anwendung der Präklusionsregelung zugrunde gelegten Anforderungen des Senats an die Substantiierungslast der einwendungsberechtigten Vereinigung unionsrechtlichen Bedenken; sie sind - wie ebenfalls bereits ausgeführt wurde - durch Gründe der Rechtssicherheit gerechtfertigt und verlangen der Vereinigung nichts ab, was sie überfordern und damit zu einer übermäßigen Zugangshürde führen würde.

27

3. Ausgehend von den unter A.1. dargestellten Substantiierungsanforderungen ist der Kläger mit zahlreichen Einwendungen ausgeschlossen.

28

a) Keiner sachlichen Prüfung bedarf zunächst seine Rüge, der Beklagte habe mit der Planfeststellung des Knotenpunkts 5 und der damit im Zusammenhang stehenden Änderungen des nachgelagerten Straßennetzes sowie anderer an die Trasse der Umgehungsstraße anschließender Planungsteile seine sachliche Zuständigkeit überschritten. Zuständigkeitsrügen unterliegen als solche zwar nicht dem Einwendungsausschluss. Der Kläger muss sich aber entgegenhalten lassen, dass er im Anhörungsverfahren keine Beeinträchtigung von Naturgütern eingewendet hat, die mit der im Klageverfahren behaupteten Überschreitung der sachlichen Zuständigkeit durch die Planfeststellungsbehörde in ursächlichem Zusammenhang steht.

29

aa) Dass der Kläger erstmals im Klageverfahren gerügt hat, die Planfeststellungsbehörde sei namentlich für die Planung des Knotens 5 einschließlich der daran anschließenden Vorhabenteile sachlich unzuständig, ist für sich genommen unschädlich. Die Rüge mangelnder sachlicher Zuständigkeit fällt nämlich nicht unter den Begriff der Einwendungen, die gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert werden können. Als sachliches Gegenvorbringen und damit als Einwendung ist nur ein solcher Vortrag zu verstehen, mit dem der Einwender zum Ausdruck bringt, bestimmte Beeinträchtigungen von Rechten oder Belangen nicht hinnehmen zu wollen. Um dies darzutun, bedarf es keiner Ausführungen zur Nichtbeachtung von Bestimmungen, die wie die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde den formell-rechtlichen Rahmen der Planfeststellung abstecken. Verstöße gegen Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit können deshalb im Klageverfahren unabhängig davon gerügt werden, ob sich der Kläger schon im Anhörungsverfahren darauf berufen hat (so bereits OVG Münster, Urteil vom 2. September 2009 - 11 D 33/08.AK - DVBl 2009, 1587 <1588>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Januar 2006 - 7 ME 288/04 - NVwZ-RR 2006, 378 <380>).

30

bb) Präkludiert ist der Kläger aber mit dem Vortrag, die Vorhabenteile, für die er die sachliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde in Frage stellt, führten zu Beeinträchtigungen von Naturgütern. Selbst wenn die Zuständigkeitsregelungen auch dem Schutz von Natur und Landschaft zu dienen bestimmt sein sollten (so die Rechtsprechung verschiedener Instanzgerichte; vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. März 2008 - 7 Ms 114/07 - NuR 2008, 265 <268>; VG Oldenburg, Urteil vom 19. Juni 2008 - 5 A 4956/06 - NuR 2008, 887; VG Koblenz, Urteil vom 23. August 2010 - 4 K 225/10.KO - NuR 2010, 812 <816>; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. November 2010 - 17 K 1926/09 - NuR 2011, 376 <381>; OVG Koblenz, Urteil vom 7. April 2011 - 1 A 11088/10 - DVBl 2011, 764 <766>), können Zuständigkeitsmängel die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nur berühren, wenn und soweit die kompetenzwidrig in die Planfeststellung einbezogenen Maßnahmen am nachgelagerten Straßennetz materielle Schutzgüter der Natur oder das Landschaftsbild beeinträchtigen. Ebenso wie ein behaupteter Verstoß gegen objektiv-rechtliche Vorschriften der Anfechtungsklage eines durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses Betroffenen nur zum Erfolg verhelfen kann, falls dieser Verstoß kausal gerade für die Eigentumsinanspruchnahme ist (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <382> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24), kann eine Verbandsklage, in der eine Naturschutzvereinigung als Sachwalter der Natur Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege geltend macht, nur Erfolg haben, falls der behauptete objektiv-rechtliche Verstoß - hier gegen Zuständigkeitsregelungen - sich auf die genannten Schutzgüter nachteilig ausgewirkt haben kann. Die Geltendmachung diesbezüglicher Beeinträchtigungen stellt tatsächliches Gegenvorbringen dar und unterliegt daher im Falle verspäteter Einwendungen der Präklusion nach § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG.

31

Auf die Rüge des Klägers trifft dies zu. Er hat in seinem Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 nicht einmal ansatzweise Beeinträchtigungen von Naturgütern geltend gemacht, die auf die Planungsteile zurückgehen, für die er die sachliche Zuständigkeit des Beklagten in Zweifel zieht.

32

b) Mit seinen Einwendungen, im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" seien im Einwirkungsbereich der Trasse vorhandene Flächen der im Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7) - FFH-Richtlinie (FFH-RL) - aufgeführten Lebensraumtypen 6430, 8230 bzw. 8220 und 91E0* (einschließlich einer diesem Lebensraumtyp zugehörigen Entwicklungsfläche) nicht bzw. unzureichend erfasst worden und darüber hinaus hätte die in Anhang II der Richtlinie aufgeführte Falterart "Spanische Flagge" in die Ermittlungen einbezogen werden müssen, ist der Kläger gleichfalls ausgeschlossen. In seinem Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 sind Defizite in dieser Hinsicht nicht einmal pauschal thematisiert worden. Der dortige Vortrag, es komme im Bereich der geplanten Muldetalbrücke zu weiterer Zerschneidung und zusätzlicher Verbauung des Talraums sowie zu zusätzlicher Belastung des Gesamtraums, lässt ebenso wenig einen inhaltlichen Bezug zu Mängeln der Bestandserfassung erkennen wie die ganz allgemein gehaltene Behauptung einer Verletzung der für das Gebiet geltenden Erhaltungsziele 2 bis 5. Nicht oder unzureichend erfasste Lebensräume und Arten werden mit Ausnahme der Anhang-II-Arten Bachneunauge und Westgroppe weder benannt noch umschrieben. Die Einwendung konnte daher keine Anstoßwirkung entfalten, die Bestandserfassung nachzubessern.

33

Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die mit seiner Klage behaupteten Defizite der Bestandserfassung seien aus der Verträglichkeitsprüfung und den sonstigen Planunterlagen nicht erkennbar gewesen, sondern erst nach Auswertung des nicht zu den Unterlagen gehörenden Managementplans für das FFH-Gebiet und aufgrund eigener Untersuchungen zutage getreten. Der Erläuterungsbericht der Verträglichkeitsprüfung gab Auskunft über die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets, die zum Gegenstand dieser Ziele gemachten Vorkommen von Lebensraumtypen und Arten in dem Gebiet sowie Art und Zahl der durchgeführten eigenen Ermittlungen. Mit Rücksicht auf die gesetzlich vorausgesetzte Fachkunde der Naturschutzvereinigungen konnte vom Kläger erwartet werden, auf der Grundlage dieser Informationen die Ermittlungsergebnisse der Verträglichkeitsprüfung kritisch zu hinterfragen und einzuschätzen, ob nach den naturräumlichen Gegebenheiten außer mit den festgestellten mit weiteren Vorkommen geschützter Lebensraumtypen und Arten zu rechnen sei. Selbst wenn der Verträglichkeitsprüfung die nunmehr behaupteten Defizite der Bestandserfassung nicht konkret zu entnehmen waren, oblag es dem Kläger deshalb, zumindest in allgemeiner Form auf die Möglichkeit solcher Vorkommen hinzuweisen, wenn er sich die Befugnis erhalten wollte, im Klageverfahren Mängel der Bestandserfassung geltend zu machen. Ohne einen solchen Hinweis, der - allgemein gefasst - den Kläger nicht überforderte, musste für die Planfeststellungsbehörde und den Vorhabenträger der Eindruck entstehen, in dieser Hinsicht sei nichts weiter zu veranlassen und werde die fachliche Beurteilungsgrundlage nicht mehr in Frage gestellt werden. Gründe der Rechtssicherheit und Beständigkeit der Verwaltungsentscheidung rechtfertigen unter diesen Umständen den Einwendungsausschluss.

34

c) Ausgeschlossen ist der Kläger weiterhin mit mehreren Einwendungen, die die Erfassung und naturschutzfachliche Bewertung von Einwirkungen auf Lebensraumtypen und Arten im FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" betreffen.

35

Das gilt zunächst für die Rügen, die Verträglichkeitsprüfung habe die Einwirkungen auf erfasste Flächen der Lebensraumtypen 4030 und 8230 unzureichend ermittelt. Die Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit solchen Einwirkungen differenziert nach anlage-, bau- und betriebsbedingten Beeinträchtigungen auseinandergesetzt. Namentlich war sie auf die Schadstoffbelastung der betreffenden Flächen unter Angabe ihrer Größe, ihrer Entfernung vom Einwirkungsort sowie von Annahmen zur Empfindlichkeit der Lebensraumtypen und zur Wirkintensität der Immissionen eingegangen. In Anbetracht dessen war der pauschale Hinweis des Klägers, vorhabenbedingte Schadstoffimmissionen beeinträchtigten im Bereich der Muldequerung FFH-rechtlich geschützte Lebensraumtypen, nicht geeignet, dem Beklagten aufzuzeigen, in welcher Richtung seine Ermittlungen nachgebessert werden sollten.

36

An der Präklusion der Einwendung zum Lebensraumtyp 8230 ändert nichts, dass das festgestellte Vorkommen dieses Lebensraumtyps in der Verträglichkeitsprüfung möglicherweise falsch, nämlich in geringerer Entfernung von der geplanten Brücke als den örtlichen Gegebenheiten entsprechend lokalisiert worden ist. Eine zu geringe Abstandsangabe gab dem Kläger erst recht Anlass, eine sorgfältige Ermittlung der Einwirkungen anzumahnen.

37

Präkludiert ist auch die Einwendung, die bauzeitliche Inanspruchnahme einer Teilfläche des Lebensraumtyps 3260 durch Befahren des Uferstreifens der Freiberger Mulde mit schwerem Gerät und Einbringen von Schadstoffen ins Wasser sei fehlerhaft beurteilt worden. Im Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2008 findet sich nichts hierzu, obwohl die Verträglichkeitsprüfung diese baubedingten Beeinträchtigungen benannt und bewertet hatte.

38

Ebenso greift der Einwendungsausschluss ein, soweit der Kläger rügt, in der Verträglichkeitsprüfung seien betriebsbedingte Einwirkungen auf Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Mopsfledermaus durch Lärm- und Lichtreize nicht quantifizierend ermittelt worden. Substantiierter Vortrag, der dem entspräche, findet sich in seinem Einwendungsschreiben nicht. Beeinträchtigungen durch Lärm- und Lichtreize sind dort nur allgemein ohne Bezugnahme zu bestimmten habitatrechtlich geschützten Arten angesprochen (S. 10 f.). In den speziell auf das Große Mausohr und die Mopsfledermaus als Gegenstände von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gerichteten Ausführungen hat sich das Schreiben hingegen nur mit Trennwirkungen und Schadstoffeinträgen befasst und im Übrigen gegen die Wertung der in der Verträglichkeitsprüfung thematisierten Beeinträchtigungen als unerheblich gewandt (S. 19). Gerade weil beide Arten in dem Schreiben als Schutzobjekte des FFH-Gebiets besonders angesprochen wurden und dabei die Ermittlung der Einwirkungen nur hinsichtlich der Trennwirkungen und Schadstoffeinträge gerügt wurde, gab der allgemeine Hinweis auf Beeinträchtigungen des Talraums mit Lärm- und Lichtreizen keinen hinreichend deutlichen Anstoß, diesen Einwirkungen für das Große Mausohr und die Mopsfledermaus näher nachzugehen.

39

Präklusionshindernden Vortrag enthält das Einwendungsschreiben ferner nicht, soweit der Kläger im Klageverfahren rügt, es sei nicht untersucht worden, ob die zugunsten von Schlingnatter und Zauneidechse vorgesehene CEF-Maßnahme 18, die mit einem kleinen Flächenanteil im FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" verwirklicht werden soll, dieses Gebiet beeinträchtige. Das Thema wird in dem Schreiben nicht einmal ansatzweise erwähnt, obgleich sich der artenschutzrechtliche Fachbeitrag damit befasst und solche Beeinträchtigungen ausgeschlossen hat (Unterlage 12.4 S. 49).

40

d) Darüber hinaus ist der Kläger präkludiert, soweit er namentlich unter dem Aspekt des Artenschutzes bedeutsame Beeinträchtigungen von Vögeln geltend macht.

41

aa) Seiner im Klageverfahren erhobenen Rüge, für zahlreiche im Hospitalwald, im Bereich Biberteich/Münzbachtal und im Bereich der Halden mit Ruderalfluren und Pionierwald zwischen Bau-km 9+550 und 10+700 vorkommende Vogelarten werde es bedingt durch den Verkehr auf der geplanten Umgehungsstraße zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko kommen, entspricht kein genügend substantiierter Vortrag im Einwendungsschreiben.

42

Mit dem allgemeinen Hinweis, die Straße werde das gesamte Waldgebiet zwischen der B 173 und dem Ortsteil Friedeburg u.a. durch Schaffung von Kollisionsgefahren als Lebensraum für die einheimische Fauna entwerten, und der weiteren Bemerkung, dass zu den massiv beeinträchtigten Lebensgemeinschaften des Waldes auch Vögel gehörten (S. 8 des Schreibens), wird zwar das Risiko verkehrsbedingter Tötung von Vögeln im Hospitalwald vage angesprochen. Für das gebotene Maß an Substantiierung ist aber zu berücksichtigen, dass der ausgelegte artenschutzrechtliche Fachbeitrag sich mit den Voraussetzungen für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko von Vögeln näher befasst und dazu ausgeführt hat, mit regelmäßigen Verlusten durch Kollisionen sei nur in Sondersituationen, z.B. in ausgeprägten Wechselbereichen zu rechnen (Planunterlage 12.6 S. A 2); aus den Prüfblättern zu einzelnen Arten ergibt sich, dass solche Sondersituationen verneint worden sind. Unter diesen Umständen konnte vom Kläger erwartet werden, dass er sich mit der Frage der Signifikanz auseinandersetzte und darlegte, aufgrund welcher Umstände er ein entsprechend gesteigertes Tötungsrisiko für einzelne Arten im Hospitalwald als gegeben erachtete. Daran fehlt es.

43

Für das Münzbachtal und das Gebiet um den Biberteich geht das Einwendungsschreiben auf Kollisionsrisiken überhaupt nicht ein.

44

Dem Gebiet der Halden mit Ruderalfluren und Pionierwaldgesellschaften zwischen Bau-km 9+550 und 10+700 lassen sich von den Ausführungen im Einwendungsschreiben zur Avifauna allenfalls diejenigen zum "Feuerwerktestgelände einschließlich der angrenzenden Bracheflächen" (S. 10) zuordnen. In dem Schreiben heißt es zu diesen Flächen als Lebensraum von Vögeln lapidar, deren Zerschneidung beeinträchtige "u.a. die Vorkommen nachfolgender Arten: ...". Zur Frage, welche beeinträchtigenden Konsequenzen die Zerschneidung für die jeweilige Art hat, findet sich nichts. Auch das ist zu wenig, um ein gesteigertes Tötungsrisiko geltend zu machen.

45

Die mit der Klage thematisierte Tötung von Jungvögeln des Fichtenkreuzschnabels während der Brutphase durch die Baufeldräumung findet im Einwendungsschreiben keinerlei Erwähnung.

46

bb) Ausgeschlossen sind weiterhin die Einwendungen zur vorhabenbedingten Störung von Vögeln. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag hat sich mit Störwirkungen auf die Avifauna detailliert und artspezifisch differenzierend auseinandergesetzt. In Anbetracht dessen konnte vom Kläger eine vertiefte Stellungnahme zur Störungsproblematik erwartet werden. Dem wird das Einwendungsschreiben nicht gerecht. Über eine pauschale Geltendmachung nachteiliger Einwirkungen auf Vögel geht das Schreiben nur punktuell hinaus. Zum einen erwähnt es Licht-, Lärm- und Schadstoffimmissionen als Gründe für eine Beeinträchtigung des Hospitalwaldes als Lebensraum u.a. von Vögeln (S. 8). Zum zweiten beruft es sich als Beleg dafür, dass im Umfeld des Knotenpunkts 3 Störungen in einen ökologischen Schwerpunktbereich hineingetragen würden, auf nicht näher bezeichnete Untersuchungen, wonach Flächen seitlich von Verkehrstrassen als Lebensraum für Vögel ungeeignet seien (S. 8 f.). Zum dritten findet sich in dem Schreiben die Aussage, in der Nachbarschaft der Kreuzermarkteiche würden Lebensräume von Pirol, Neuntöter, Braunkehlchen, Wiesenpieper, Rebhuhn und Wachtel u.a. Lärmeinwirkungen und visuellen Störungen unterliegen (S. 20). Damit sind Störungen nur für drei räumlich begrenzte Bereiche, die nicht die im Klageverfahren angesprochenen weiten Offenlandbereiche im Süden und Südosten von Freiberg umfassen, und auch insoweit ohne jegliche Befassung mit den Verhaltensweisen einzelner Arten geltend gemacht. Da der Fachbeitrag den Störungstatbestand Vogelart für Vogelart abgehandelt hat, reichen diese knappen Bemerkungen selbst für die im Schreiben erwähnten Teilgebiete nicht aus. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil das Schreiben sich mit den in den Prüfblättern des Fachbeitrags enthaltenen Aussagen zu Ausweichmöglichkeiten in benachbarte Gebiete nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt hat, obgleich der Fachbeitrag daraus die Unerheblichkeit von Störungen der Tiere ableitet.

47

Soweit das Einwendungsschreiben darüber hinaus von einer Verbindungsstraße verursachte Licht-, Lärm- und Schadstoffimmissionen für die Vogelarten Braunkehlchen, Wiesenpieper, Neuntöter und Eisvogel im Umkreis des Tümpels am "Letzten 3er" erwähnt, ist der Kläger darauf in seiner Klagebegründung nicht zurückgekommen.

48

cc) Gleichermaßen fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag des Klägers im Anhörungsverfahren, soweit er mit seiner Klage geltend macht, Fortpflanzungs- und Ruhestätten zahlreicher Vogelarten würden durch das Vorhaben zerstört oder beschädigt. Ausdrücklich hat er in seinem Einwendungsschreiben Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln überhaupt nicht erwähnt. Vielmehr enthält das Schreiben lediglich einige spärliche Hinweise auf Verschlechterungen der Habitatbedingungen von Vögeln. Die Aussage, es komme u.a. durch Flächenverluste im Hospitalwald zu einer Zerstörung oder massiven Beeinträchtigung des Lebensraums von Vögeln (S. 8), spezifiziert die betroffenen Lebensstätten - zumal artbezogen - ebenso wenig wie die bereits erwähnte, auf den Knotenpunkt 3 bezogene Äußerung, Flächen im Abstand von 100 m seitlich von Verkehrstrassen seien als Lebensraum von Vögeln ungeeignet (S. 8 f.). Auch die Bemerkungen, zwischen den Knotenpunkten 3 und 4 ergäben sich durch Verringerung des notwendigen Pufferraums zum Wald und Senkung der ökologischen Wertigkeit des Waldes erhebliche Auswirkungen auf Vogelarten, die im Waldsaum und Offenland heimisch sind (S. 9), und im Bereich des schon erwähnten Feuerwerktestgeländes würden Bracheflächen zerschnitten, was im Einzelnen bezeichnete Vogelarten beeinträchtige (S. 10), sind zu unspezifisch, um einen konkreten Bezug zu Fortpflanzungs- und Ruhestätten aufzuzeigen. Angesichts der eingehenden Ausführungen in den Prüfblättern des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags zum artenschutzrechtlichen Zerstörungs- und Beschädigungstatbestand war dies zu wenig, um gegenüber dem Beklagten einen Bedarf für weitere Ermittlungen oder abweichende fachliche Wertungen aufzuzeigen und dem Kläger damit die Rüge verbotswidriger Beeinträchtigungen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten offenzuhalten.

49

dd) Mit der Beurteilung der Einwendungen des Klägers zu Vögeln als präkludiert geht der Senat nicht über die von ihm generell gestellten Anforderungen an die Substantiierung von Verbändeeinwendungen (vgl. oben A.1.) hinaus; vielmehr ergibt sich diese Beurteilung als Konsequenz aus dem Grundsatz, dass eine Einwendung sich umso intensiver mit dem vorhandenen Material auseinandersetzen muss, je umfangreicher und eingehender die vom Vorhabenträger bereits vorgenommene Begutachtung in den ausgelegten Planunterlagen ausgearbeitet ist. Deshalb besteht kein Anlass, der Anregung des Klägers zu folgen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorzulegen, ob "Art. 10a UVP-RL i.V.m. Art. 4 Abs. 3 EUV so zu verstehen (ist), dass es einem Mitgliedstaat gestattet ist, materielle Präklusionsregelungen zu treffen, die eine anerkannte Umweltvereinigung, die sich am Verwaltungsverfahren mit Sachvortrag beteiligt und dabei die Beeinträchtigung europäischer Vogelarten unter Angabe der Artnamen angesprochen hat, daran hindern, im gerichtlichen Verfahren eine Verletzung der Art. 5 und 9 der Vogelschutzrichtlinie geltend zu machen". Ohnehin liegt es auf der Hand, dass die - im Einwendungsschreiben des Klägers nicht einmal konsequent durchgehaltene - Angabe der Artnamen betroffener Vögel für sich genommen nicht ausreicht, die jeweilige konkrete Beeinträchtigung hinreichend bestimmt zu bezeichnen, geschweige denn zu verdeutlichen, in welcher Hinsicht weiterer Ermittlungs- und Bewertungsbedarf gesehen wird.

50

e) Ausgeschlossen ist der Kläger ferner mit seinen Einwendungen zu Erfassungsdefiziten für holzbewohnende Käfer, Libellen und Wildbienen sowie zu artenschutzrechtliche Zugriffsverbote verwirklichenden Beeinträchtigungen von Blindschleiche, Waldameise, Ringelnatter, Grasfrosch und Erdkröte. Sein Einwendungsschreiben enthält keinen Sachvortrag, der diese Beanstandungen thematisiert.

51

f) Die materiellen Präklusionsvoraussetzungen liegen schließlich auch für einen Teil der vom Kläger im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung erhobenen Einwendungen vor.

52

Seine im Klageverfahren erhobene Rüge, im Bereich der planfestgestellten Trasse gebe es ungenutzte Potentiale, Kollisionsrisiken durch wirksame Überflughilfen, "Pessimierung" der Straßenränder, dichte Abpflanzungen usw. zu mindern, ist unter dem Präklusionsaspekt differenzierend zu beurteilen. Eine ausdrückliche Entsprechung findet sie im Einwendungsschreiben des Klägers nicht. Sinngemäß beinhaltet seine darin geübte Kritik an den vom Beklagten zugunsten von Fledermäusen und Zauneidechsen vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung oder Minderung eines Tötungsrisikos aber zugleich die Forderung, nach wirkungsvolleren Maßnahmealternativen zu suchen. Insoweit kann dem Kläger mithin kein Einwendungsausschluss entgegengehalten werden. Gleiches gilt auch für seine im Klageverfahren erhobene Forderung, die Untervariante A statt der planfestgestellten Untervariante B als Vermeidungsmaßnahme zu ergreifen, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die Frage ankommt, ob insoweit überhaupt eine Vermeidungsmaßnahme im Rechtssinne oder allein eine nach dem Abwägungsgebot zu beurteilende Trassenalternative in Rede steht; denn mit seiner Ablehnung der planfestgestellten Trasse hat der Kläger im Anhörungsverfahren zum Ausdruck gebracht, es müsse nach Alternativtrassen gesucht werden. Bezogen auf andere Tierarten enthält das Einwendungsschreiben hingegen keine Ausführungen, die wenigstens sinngemäß ungenutzte Vermeidungspotentiale geltend machen.

53

Differenziert werden muss auch bei der präklusionsrechtlichen Beurteilung der Einwendungen, die sich auf Ausgleichsdefizite beziehen. Die im Klageverfahren erhobene Rüge unzureichenden Ausgleichs für Beeinträchtigungen avifaunistischer Lebensräume ist nicht durch präklusionshindernden Vortrag im Anhörungsverfahren vorbereitet worden. Der Kläger hat in seinem Einwendungsschreiben nur allgemein auf Störungen faunistischer Lebensräume auf einer Länge von 13 km hingewiesen, die durch das planfestgestellte Durchlasskonzept und den Rückbau eines kurzen Straßenstücks nicht ausgeglichen würden (S. 23 f.). Dieser Hinweis war zu pauschal, um dem Beklagten Anlass zu geben, seine sehr viel umfangreicheren Maßnahmen zur Kompensation von Beeinträchtigungen avifaunistischer Lebensräume, die im landschaftspflegerischen Begleitplan detailliert dargestellt sind (vgl. die Übersicht auf S. 213 des LBP - Textteils, Planunterlage 12.0), auf Defizite hin zu untersuchen. Demgegenüber muss sich der Kläger keinen Einwendungsausschluss entgegenhalten lassen, soweit er Kompensationsmaßnahmen für Zauneidechse und Schlingnatter als unzureichend rügt. Im Einwendungsschreiben hat er speziell an diesen Maßnahmen bereits Kritik geübt und geltend gemacht, es handele sich um "Biotopbasteleien". Angesichts der Menge des zu bewältigenden Stoffes reichte das aus.

54

B. Der nicht präkludierte Vortrag des Klägers umfasst neben unberechtigten Einwänden auch solche Rügen, die auf Mängel bei der Behandlung des Habitatschutzes, des Artenschutzes, der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und der fachplanerischen Abwägung der Naturschutzbelange führen. Diese Mängel rechtfertigen nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben.

55

1. Den besonderen Anforderungen an den Schutz von FFH-Gebieten trägt der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Planänderungen bzw. -ergänzungen nicht vollständig Rechnung. Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal" ist nicht frei von Fehlern. Demgegenüber gibt die Beurteilung im Hinblick auf das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" keinen Anlass zu Beanstandungen.

56

a) Die im Planfeststellungsbeschluss zum erstgenannten FFH-Gebiet vorgenommene Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens verstößt gegen § 22b des Sächsischen Naturschutzgesetzes - SächsNatSchG - in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 2007 (GVBl S. 321), der der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-Richtlinie dient. Nach § 22b Abs. 1 Satz 1 SächsNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung zu überprüfen. Sie dürfen nach Absatz 2 der Vorschrift grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Prüfung ergibt, dass das Projekt zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Sind nach den Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen, ist das Projekt vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig.

57

Für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal", das bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bereits in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragen war und damit nach Art. 4 Abs. 5 FFH-RL den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL und der zu seiner Umsetzung erlassenen Vorschriften unterlag, hat der Beklagte eine Verträglichkeitsprüfung durchführen lassen. Diese Prüfung und die an sie anknüpfenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses halten gerichtlicher Kontrolle jedoch nicht in jeder Hinsicht stand.

58

aa) Die Verträglichkeitsprüfung rechtfertigt nicht die Beurteilung, die Einwirkungen des Vorhabens auf die im FFH-Gebiet gelegenen Kreuzermarkteiche führten zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen.

59

(1) Projekte können ein Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie drohen, die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004 S. I-7405 Rn. 48). Maßgebliches Kriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43). Dass keine erheblichen Beeinträchtigungen auftreten, muss gewiss sein. Nur wenn insoweit keine vernünftigen Zweifel bestehen, darf die Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 a.a.O. Rn. 59 und 61; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41).

60

Zu den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Oberes Freiberger Muldetal", die mangels eines bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Verordnungswege festgelegten Schutzzwecks der Gebietsmeldung zu entnehmen waren (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 75), gehört die Bewahrung bzw., wenn aktuell nicht gewährleistet, die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des Lebensraumtyps 3150 "Eutrophe Stillgewässer". Als fehlerhaft erweist sich die in der Verträglichkeitsprüfung vorgenommene Bewertung, die Kreuzermarkteiche seien nicht als Ausprägung, sondern als bloße Entwicklungsfläche dieses Lebensraumtyps einzustufen und könnten deshalb nur einen verminderten Schutz beanspruchen. Damit hat sich der Beklagte die Möglichkeit verstellt, die mit dem Vorhaben verbundenen Mehrbelastungen der Gewässer durch Einträge von Luftschadstoffen zutreffend auf ihre Vereinbarkeit mit dem einschlägigen Erhaltungsziel zu beurteilen.

61

Die vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) herausgegebenen "Allgemeinen Erläuterungen zu den Kartier- und Bewertungsschlüsseln für Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL)" vom Februar 2009, die nach Angaben des Beklagten bei der Bestandserfassung und -bewertung in Sachsen verwendet werden, definieren Entwicklungsflächen von Lebensraumtypen als "Flächen, die noch nicht den Anforderungen an einen Lebensraumtyp entsprechen, die jedoch in vergleichsweise geringer Zeit und mit vergleichsweise geringem Aufwand in einen Lebensraumtyp überführt werden können oder sich voraussichtlich selbst in einen solchen entwickeln werden". Mit der Qualifizierung der Kreuzermarkteiche als Entwicklungsfläche des Lebensraumtyps 3150 bringt die Verträglichkeitsprüfung demgemäß zum Ausdruck, die Teiche stellten lediglich eine Vorstufe dieses Lebensraumtyps dar, ohne dessen typprägenden Eigenschaften bereits voll zu genügen.

62

Die in der Verträglichkeitsprüfung zu den Kreuzermarkteichen getroffenen naturschutzfachlichen Feststellungen widersprechen indes dem Terminus der Entwicklungsfläche; die vorgenommene Qualifizierung erweist sich mithin trotz der für die Bestandserfassung und -bewertung bestehenden behördlichen Einschätzungsprärogative (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 75) als fehlerhaft. Die Verträglichkeitsprüfung bezeichnet die Teiche als "gute Ausprägung" des Lebensraumtyps (S. 39). Sie wiesen "eine hohe Artenvielfalt mit Vorkommen charakteristischer und lebensraumtypischer Arten ... bei gleichzeitig hohem Strukturreichtum" auf. Die Funktionen des Lebensraumtyps würden durch die Nutzung und eine Vernetzung der Teiche untereinander bzw. zur Freiberger Mulde gewährleistet; Mindestarealgrößen würden nicht unterschritten (S. 48). Die gleichwohl erfolgte Einstufung als bloße Entwicklungsfläche wird mit dem Umstand gerechtfertigt, dass fehlende Pufferzonen aufgrund der umgebenden landwirtschaftlichen Nutzung mit ihren Nährstoff- und Pestizideinträgen zu einer Instabilität des Lebensraums führten.

63

Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft. Erfüllt ein Lebensraum die prägenden Merkmale eines geschützten Typs, so ist er diesem zuzuordnen, auch wenn sein Bestand durch äußere Einflüsse gefährdet wird. Gefährdungen sind geradezu typisch für Lebensräume, die wegen ihrer besonderen Bedrohung durch äußere Einflüsse dem speziellen Gebietsschutz der FFH-Richtlinie unterstellt worden sind. Konkrete Gefährdungen können Anlass zu Maßnahmen geben, die das Umfeld der geschützten Lebensräume so umgestalten, dass den Gefährdungen Einhalt geboten wird. Mit ihnen lässt sich aber nicht rechtfertigen, einen erklärtermaßen typgerecht ausgebildeten Lebensraum zur vermindert schutzwürdigen Entwicklungsfläche zu erklären.

64

Dieser Mangel der Bestandsbewertung wirkt auf der Ebene der Beurteilung projektbedingter Beeinträchtigungen der Teiche fort. Die Verträglichkeitsprüfung führt dazu aus, dass der südöstlichste Teich im Einwirkungsbereich der geplanten Straße liege, verneint jedoch trotz der ausdrücklich hervorgehobenen hohen Empfindlichkeit des Gewässers gegenüber zusätzlichen Schad- und Nährstoffeinträgen eine erhebliche Beeinträchtigung, weil es nur als Entwicklungsfläche eingestuft sei (S. 48). Der Annahme eines fortwirkenden Fehlers steht nicht entgegen, dass neben den Erwägungen der Verträglichkeitsprüfung zur verminderten Schutzwürdigkeit von Entwicklungsflächen Überlegungen stehen, die auf die Entfernung des betroffenen Teichs von der geplanten Straße abstellen. Die Verträglichkeitsprüfung führt hierzu aus, die Erheblichkeitsschwelle für - allein in Betracht zu ziehende - Schadstoffeinträge über den Luftpfad sei entfernungsabhängig zu bestimmen. Ab einer Entfernung von 200 m sei die projektbedingte Belastung nicht mehr von der Grundbelastung zu unterscheiden; eine geringe Belastung sei bis 50 m Entfernung vom Emissionsort anzunehmen. Als Erheblichkeitsschwelle werde daher eine zusätzliche Belastung durch Luftschadstoffe festgelegt, die sich über die Unterschreitung dieses Mindestabstands zur Trasse ergebe. Da die Fläche jedoch nur als Entwicklungsfläche und nicht als tatsächliche Lebensraumfläche eingestuft sei, seien erhebliche Beeinträchtigungen nicht festzustellen. Diese wenig stringente Argumentation lässt sich sinnvollerweise nur so verstehen, dass die beiden Begründungselemente der minderen Schutzwürdigkeit von Entwicklungsflächen und des Entfernungsaspekts miteinander verknüpft werden. Weil es sich bei den Teichen nur um eine Entwicklungsfläche handeln soll, wird als maßgebliche Schwelle relevanter Zusatzbelastung die Unterschreitung eines Abstands von nur 50 m bestimmt.

65

Selbst wenn aber die beiden in der Verträglichkeitsprüfung verwendeten Begründungselemente selbständig nebeneinander stehen sollten und als Relevanzschwelle für die Zusatzbelastung die Unterschreitung eines Abstands von 50 m auch für den voll ausgebildeten Lebensraum angesetzt worden sein sollte, fehlt es nicht an einem entscheidungserheblichen Mangel. Die Verträglichkeitsprüfung bleibt nämlich jede naturschutzfachliche Erklärung dafür schuldig, warum eine Zusatzbelastung jenseits der 50-m-Marke trotz der festgestellten grundlastbedingt hohen Empfindlichkeit des Lebensraums gegenüber zusätzlichen Stoffeinträgen unerheblich sein sollte. Weder die Grundbelastung noch die Zusatzbelastung ist quantifiziert worden. Damit bleibt zugleich offen, in welchem Verhältnis beide zueinander stehen. Die Ausführungen in der Verträglichkeitsprüfung zur Instabilität des Lebensraums der Kreuzermarkteiche deuten darauf hin, dass nach der im Rahmen der Prüfung vorgenommenen Abschätzung schon die Grundbelastung zu Beeinträchtigungen der Teiche führt, die dem Erhaltungsziel zuwiderlaufen. Unter diesen Umständen wäre grundsätzlich jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar, weil sie die schon mit der Grundbelastung verbundenen Schadeffekte verstärkte (Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 91 m.w.N.). Angesichts dessen wären Irrelevanzschwellen wie der vom Beklagten angenommene Abstandswert mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürften besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung (Urteil vom 14. April 2010 a.a.O. Rn. 92). Eine solche Rechtfertigung liefert die Verträglichkeitsprüfung für einen 50-m-Abstand nicht ansatzweise.

66

An einem entscheidungserheblichen Mangel fehlt es nicht etwa deshalb, weil die Planung im Bereich der Kreuzermarkteiche nur den Ausbau der B 173 mit geringfügigen Änderungen von Lage und Höhe der Straße vorsieht. Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der zu den Planunterlagen zählenden verkehrstechnischen Untersuchung vom 6. Februar 2009 die Verkehrsbelastung der Straße im betreffenden Bereich im Planfall 2020+ um 2 500 Kfz/24 h über dem für den Nullfall 2020+ ermittelten Vergleichswert von 12 500 Kfz/24 h liegen wird. Das lässt den Schluss zu, dass die Schadstoffeinträge in den geschützten Lebensraum gegenüber der Vorbelastung durch die Bestandsstrecke der B 173 deutlich ansteigen werden.

67

(2) Die Fehlerhaftigkeit der Verträglichkeitsprüfung infiziert auch die planerische Abwägung (§ 17 Satz 2 FStrG). Es lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass die Planfeststellungsbehörde aufgrund des Ergebnisses einer ordnungsgemäßen Verträglichkeitsprüfung eine veränderte Feintrassierung auf Höhe der Kreuzermarkteiche angeordnet hätte, um durch ein Wegrücken der Trasse eine Zunahme der Schadstoffbelastung der Teiche gegenüber dem Nullfall zu vermeiden.

68

(3) Die aufgezeigten Fehler nötigen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Es genügt, ihn für rechtswidrig und nichtvollziehbar zu erklären. Die in § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG getroffene Fehlerfolgenregelung findet nicht nur auf den Abwägungsmangel, sondern - entsprechend - auch auf Verstöße gegen Vorschriften strikten Rechts Anwendung, die wie der hier festgestellte habitatschutzrechtliche Mangel der Abwägung Schranken setzen (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <268>). Beide Fehler sind nicht von solcher Art, dass die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt erscheint. Vielmehr liegt es nahe, dass sie durch Neubewertung, ggf. nach vorheriger Nachermittlung, behoben werden können, ohne das Planungskonzept in seinen Grundzügen anzutasten.

69

bb) Im Übrigen sind entscheidungserhebliche Mängel der Verträglichkeitsprüfung nicht feststellbar.

70

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen zum Vorkommen der in Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten, von den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets umfassten Fischarten Bachneunauge und Westgroppe in denjenigen Bereichen der Freiberger Mulde und des Kleinwaltersdorfer Bachs, auf die das Projekt einwirkt. Die Verträglichkeitsprüfung hat, ohne eigene Erhebungen durchzuführen, eine Betroffenheit dieser Arten im Einwirkungsbereich des Projekts verneint, weil sie in der Freiberger Mulde lediglich ca. 500 m flussaufwärts und mehr als 5 km flussabwärts vorkämen. Diese Entfernungsangaben sind ausweislich des landschaftspflegerischen Begleitplans dem Managementplan für das FFH-Gebiet entnommen, für den Befischungsprotokolle ausgewertet worden sind. Dieses Vorgehen genügte den habitatschutzrechtlichen Anforderungen, obwohl die ausgewerteten Protokolle keine lückenlose Beprobung dokumentieren. Nach den Erläuterungen im Managementplan sind nämlich auch Gewässerstrecken, die zwischen den Nachweisorten liegen, als Habitate von Bachneunauge und Westgroppe bewertet worden, soweit aufgrund der Gewässerstruktur und -qualität auch in diesen Bereichen geeignete Habitatbedingungen für die jeweilige Art bestehen (S. 69). Damit liegen der Bestandserfassung konservative Annahmen zugrunde, die eigene zusätzliche Untersuchungen im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung erübrigten. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der landschaftspflegerische Begleitplan das Vorhandensein von Bachneunaugen und Westgroppen im Untersuchungsgebiet nicht völlig ausschließt. Nach den hierzu von der für den landschaftspflegerischen Begleitplan verantwortlichen Projektleiterin in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen trägt diese Aussage lediglich dem Umstand Rechnung, dass Fische durch die Strömung der Mulde von ihren flussaufwärts gelegenen Habitaten in den Querungsbereich der Trasse abgetrieben werden können, ohne dort jedoch dauerhaft geeignete Habitatbedingungen vorzufinden.

71

Unabhängig davon scheidet eine defizitäre Bestandserfassung beider Fischarten aus zwei weiteren Gründen aus. Zum einen hat der Planfeststellungsbeschluss hilfsweise deren Vorkommen in den Einwirkungsbereichen der Trasse als wahr unterstellt und auf dieser Grundlage die Verträglichkeit des Vorhabens beurteilt (S. 249). Zum anderen wird dem Bachneunauge und der Westgroppe als charakteristischen Arten des ebenfalls zum Gegenstand der Beurteilung gemachten Lebensraumtyps 3260 "Fließgewässer mit Unterwasservegetation" der diesem ohnehin - unabhängig vom Vorkommen der Fische - geschuldete Schutz zuteil; dass dieser Schutz wegen besonderer Anforderungen der beiden Fischarten etwa an die Reinheit des Wassers nicht ausreichte, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

72

(2) Der Kläger hat erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, ein Vergleich der im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung gefertigten Karten mit denen des nicht zu den ausgelegten Planunterlagen gehörenden Managementplans und einer vom Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Karte zeige Diskrepanzen der erfassten Flächen des habitatrechtlich geschützten Lebensraumtyps 3260 "Fließgewässer mit Unterwasservegetation", die auf eine der Verträglichkeitsbeurteilung zugrunde gelegte fehlerhafte Bestandserfassung dieses Lebensraumtyps hindeuteten. Dieser Einwand, den der Kläger im Anhörungsverfahren noch nicht erheben konnte, führt nicht auf einen entscheidungserheblichen Mangel der Verträglichkeitsprüfung.

73

Die vom Kläger angeführten Kartenausschnitte mögen für seine Behauptung sprechen, in der Verträglichkeitsprüfung sei ein ca. 7 m breiter Geländestreifen auf der Ostseite der Freiberger Mulde nicht miterfasst worden, den der Managementplan als Fläche des Lebensraumtyps 3260 ausweise. Dies kann jedoch das Ergebnis der Verträglichkeitsbeurteilung nicht in Frage stellen, weil im planfestgestellten Lageplan Bl.-Nr. 15 der Unterlage 7.1 Baufeldgrenzen festgelegt sind, die eine Nutzung des betreffenden Bereichs ausschließen. Ausweislich der Nebenbestimmung A.III.9.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses in Verbindung mit Maßnahme S 2 des landschaftspflegerischen Begleitplans sind Abweichungen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen und nach Maßgabe der CEF-Maßnahme 11 in enger Abstimmung mit der Umweltbaubegleitung zulässig; dabei sind Schutzvorkehrungen in Gestalt bodendruckmindernder Platten usw. zu ergreifen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen des Lebensraums kommen könnte, die einen günstigen Erhaltungszustand mehr als nur vorübergehend stören (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43 und 48), ist auszuschließen.

74

Bezogen auf das westliche Flussufer weichen die Bestandsangaben des Managementplans und der Verträglichkeitsprüfung zum Lebensraumtyp 3260 auch nach Darstellung des Klägers nicht voneinander ab. Sollte der vom Kläger zum Vergleich herangezogenen, im Klageverfahren von Beklagtenseite vorgelegten Karte eine größere Ausdehnung des geschützten Lebensraums zu entnehmen sein, stellt das die Richtigkeit der übereinstimmenden Angaben der Verträglichkeitsprüfung und des Managementplans schon deshalb nicht in Frage, weil der Beklagte diese Karte zur Erläuterung anderer Sachangaben gefertigt und vorgelegt hat, ohne damit den Anspruch zu verbinden, der Lebensraum 3260 werde in ihr lagegenau wiedergegeben.

75

(3) Zu Chlorideinträgen in die dem Lebensraumtyp 3260 zuzurechnenden Gewässer Freiberger Mulde und Kleinwaltersdorfer Bach macht der Kläger - vorbereitet durch Vortrag in seinem Einwendungsschreiben - geltend, die Belastungen seien sowohl unzureichend ermittelt als auch fehlerhaft bewertet worden. Insoweit ist es ihm jedoch nicht gelungen, entscheidungserhebliche Mängel aufzuzeigen.

76

Die zu erwartenden Chloridbelastungen beider Gewässer gehen über das ermittelte Maß nicht hinaus; im Fall des Kleinwaltersdorfer Bachs bleiben sie sogar deutlich dahinter zurück. Neben der projektbedingten Einleitung von chloridbelastetem Straßenoberflächenwasser über Regenrückhaltebecken hat die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Berechnung auch die Chlorid-Grundbelastung beider Gewässer berücksichtigt. Dass insoweit auf Werte aus dem Jahr 2004 zurückgegriffen worden ist, die das damalige Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG) dem Beklagten übermittelt hatte, ist nicht zu beanstanden. Ausweislich der in der Verträglichkeitsprüfung dokumentierten Berechnung (Tabelle 11 und 12) handelte es sich nicht nur um Durchschnitts-, sondern auch um Maximalwerte, so dass eine entsprechend differenzierende Risikoberechnung durchgeführt werden konnte. Soweit der Kläger rügt, es seien bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses aktuellere Werte aus dem Jahr 2008 abrufbar gewesen, stellt das die Vereinbarkeit der durchgeführten Berechnung mit den habitatrechtlichen Vorgaben trotz des Erfordernisses, die Verträglichkeitsprüfung auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu stützen (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 62 m.w.N.), nicht in Frage. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts erläutert hat, ist die Chlorid-Grundbelastung in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Dem hat der Kläger nicht substantiiert widersprochen. Infolgedessen führen die Werte aus dem Jahr 2004 nicht zu einer Unter-, sondern eher zu einer Überschätzung der Grundbelastung.

77

Bezogen auf den Kleinwaltersdorfer Bach sind zwei zusätzliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, aufgrund deren die Zusatzbelastung dieses Gewässers sogar deutlich geringer als in der Verträglichkeitsprüfung errechnet zu veranschlagen ist. Erstens ersetzt die Umgehungsstraße in dem Abschnitt, in dem das Straßenoberflächenwasser in den Kleinwaltersdorfer Bach geleitet wird, die zu einem bloßen Wirtschaftsweg zurückzubauende Bestandsstrecke der B 101, so dass deren Anteil an der Grundbelastung dem Eintrag von Seiten der Umgehungsstraße gegenzurechnen ist. Zweitens ist die Art der Entwässerung im betreffenden Bereich durch die 1. Tektur dergestalt geändert worden, dass an die Stelle der Direkteinleitung aus dem Regenrückhaltebecken in die Vorflut eine Versickerung des Wassers in einem Abstand von 230 m zum Kleinwaltersdorfer Bach getreten ist. Auch ohne eine quantifizierende Ermittlung der Auswirkungen dieser in der Berechnung ausgeklammerten Umstände liegt es auf der Hand, dass die errechnete Zusatzbelastung dadurch stark vermindert wird, wenn nicht sogar völlig wegfällt.

78

Die Beurteilung der ermittelten Werte als verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets begegnet gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Den errechneten Gesamtbelastungswerten für die Freiberger Mulde von 65,94 mg/l (bei einem Maximalwert der Grundbelastung von 62 mg/l) bzw. 19,54 mg/l (bei einem Durchschnittswert der Grundbelastung von 15,6 mg/l) und für den Kleinwaltersdorfer Bach von 108,41 mg/l (bei einem Maximalwert der Grundbelastung von 50 mg/l) bzw. 87,51 mg/l (bei einem Durchschnittswert der Grundbelastung von 30,1 mg/l) haben die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss eine Erheblichkeitsschwelle von 200 mg/l gegenübergestellt und daraus den Schluss gezogen, die Chloridbelastung sei unerheblich. Der Beklagte betont, dieser auf eine Studie aus dem Jahr 1993 zurückgehende Wert sei sehr konservativ angesetzt, wie sich daraus ergebe, dass nach der in Sachsen im Zeitpunkt der Planfeststellung geltenden Erlasslage ein Wert von 500 mg/l als maßgeblich angesehen worden sei, während erst ein Erlass vom 24. Januar 2011 einen Orientierungswert von 200 mg Chlorid pro Liter als Bezugsgröße eingeführt habe. Ausweislich des letztgenannten Erlasses entspricht dieser Orientierungswert einer Empfehlung der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) vom 7. März 2007 zur Bestimmung des Übergangs von einem mäßigen in einen guten Zustand der physikalisch-chemischen Komponenten in deutschen Fließgewässern. Der Kläger beruft sich demgegenüber auf einen Beurteilungswert von 100 mg/l als Stand bester wissenschaftlicher Erkenntnis, der einer Empfehlung des Landesumweltamtes Brandenburg ("Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete", Stand November 2008) entstammt. Der Vollzugshilfe ist zu entnehmen, dass es sich um einen auf die FFH-Verträglichkeitsprüfung zugeschnittenen Wert handelt, der einer Zielvorgabe der LAWA aus dem Jahr 1998 zum Schutz aquatischer Lebensgemeinschaften entspricht.

79

Letztlich kann offenbleiben, welcher dieser Werte zum Schutz des Lebensraumtyps 3260 und seiner charakteristischen Arten anzuwenden ist. Für die Freiberger Mulde gilt dies schon deshalb, weil die errechnete Chloridgesamtbelastung selbst hinter einem Orientierungswert von 100 mg/l weit zurückbleibt. Für den Kleinwaltersdorfer Bach geht die errechnete Gesamtbelastung unter Zugrundelegung von Maximalwerten der Grundbelastung zwar über diesen Orientierungswert um ca. 8,5 mg/l hinaus. Berücksichtigt man, dass von der Gesamtbelastung ca. 58 mg/l auf die Zusatzbelastung entfallen, diese jedoch wegen der gegenzurechnenden Chloridfracht der B 101-Bestandsstrecke und der nachträglichen Umstellung des Straßenwasserabflusses auf eine Versickerungslösung weit niedriger liegen wird, so ergibt auch die Beurteilung der Chlorideinträge in den Kleinwaltersdorfer Bach anhand des Orientierungswertes der Vollzugshilfe deren Unbedenklichkeit.

80

Soweit der Kläger zusätzlich auf Untersuchungen in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt verweist, die selbst für Chloridkonzentrationen ab 50 mg/l nachteilige Auswirkungen auf in Fließgewässern vorkommende Arten nahelegten, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Zum einen relativiert der Kläger die Aussagekraft dieser Untersuchungen selbst, indem er sich auf den Orientierungswert der Vollzugshilfe des Landesumweltamtes Brandenburg als Standard der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse beruft. Zum anderen ist sein Vortrag unsubstantiiert, da nicht angegeben wird, welches Beurteilungsverfahren die genannten Untersuchungen der Ermittlung bedenklicher Schadstoffkonzentrationen zugrunde gelegt haben; insbesondere bleibt völlig offen, ob der angeführte Wert von 50 mg/l sich auf durchschnittliche oder maximale Chloridkonzentrationen beziehen soll.

81

Ohne Erfolg wendet der Kläger ferner ein, bei der Beurteilung der Chloridbelastung müsse der beabsichtigte Ausbau der B 101 im nördlichen Anschluss an das planfestgestellte Vorhaben berücksichtigt werden, der zu weiteren Belastungen des Kleinwaltersdorfer Bachs mit Chlorid führen werde. Zwar ergibt sich aus § 3 Abs. 1 SächsNatSchG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG 2002, dass die Verträglichkeitsprüfung Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele eines FFH-Gebiets einzubeziehen hat, die sich durch ein Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten ergeben können. Dazu müssen die Auswirkungen der anderen Pläne oder Projekte und damit das Ausmaß der Summationswirkung aber verlässlich absehbar sein. Das ist grundsätzlich erst dann der Fall, wenn die hierfür erforderliche Zulassung erteilt ist (Urteil vom 21. Mai 2008 - BVerwG 9 A 68.07 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 21). Ob die gebotene Gewissheit von Summationswirkungen in Ausnahmefällen schon während eines laufenden Zulassungsverfahrens für das weitere Projekt gewonnen werden kann, braucht nicht entschieden zu werden; an dieser Gewissheit fehlt es jedenfalls dann, wenn - wie hier - bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses für das weitere Projekt ein Zulassungsverfahren noch nicht einmal eingeleitet worden ist.

82

Soweit der Kläger ferner einwendet, die Verträglichkeitsprüfung sei defizitär, weil neben Chlorideinträgen nicht auch Sulfateinträge in den Lebensraum 3260 geprüft worden seien, kann dem gleichfalls nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, aufgrund veränderter Kraftstoffzusammensetzung spiele der Straßenverkehr heute keine Rolle mehr für die Sulfatbelastung von Gewässern. Dem hat der Kläger keine Argumente entgegenzusetzen vermocht.

83

(4) Der Kläger rügt über die vorstehend behandelten Einwände gegen die Beurteilung konkreter einzelner Beeinträchtigungen hinaus, der Beklagte habe generell den rechtlich gebotenen Maßstab für die Beurteilung von Beeinträchtigungen als erheblich verfehlt, indem er nicht jede, sondern nur eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen als unvertretbar bewertet habe. Ein Rechtsfehler ist unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen.

84

Allerdings findet sich sowohl im Planfeststellungsbeschluss und den Schriftsätzen des Beklagten als auch - vereinzelt - in der Verträglichkeitsprüfung die Formulierung, es fehle an einer "erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele". Dem Kläger ist zuzugeben, dass diese Wendung von dem rechtlich gebotenen Maßstab abweicht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004 S. I-7405 Rn. 48; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 41). Art. 6 Abs. 3 FFH-RL hebt ebenso wie die zu seiner Umsetzung ergangene Vorschrift des § 22b Abs. 1 SächsNatSchG für die Verträglichkeitsprüfung auf die Verträglichkeit des Plans oder Projekts mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen ab. Pläne oder Projekte können im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und der Umsetzungsregelungen des deutschen Naturschutzrechts das Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie drohen, die Erhaltungsziele zu gefährden. Eine qualifizierende Intensität der Beeinträchtigung der Erhaltungsziele ist mithin nicht erforderlich.

85

Die Ausführungen in der Verträglichkeitsprüfung zeigen aber, dass es sich bei der vom Kläger kritisierten Wendung nur um eine unbedachte Wortwahl handelt, dagegen in der Sache darauf abgestellt worden ist, ob die Einwirkungen den Erhaltungszielen überhaupt zuwiderlaufen. So hat die Verträglichkeitsprüfung in der Beschreibung der verwendeten Bewertungsmethode deutlich herausgearbeitet, dass eine Beeinträchtigung erheblich ist, "wenn eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes eines Lebensraums oder einer Art anzunehmen ist" (S. 47). Das besagt in Anbetracht der Definition des Erhaltungsziels in § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002 nichts anderes, als dass ein Erhaltungsziel beeinträchtigt sein muss. Dieser Maßstab ist in der Verträglichkeitsprüfung auch der Beurteilung konkreter Beeinträchtigungen zugrunde gelegt worden. So heißt es etwa zum Lebensraumtyp 3260, Flächenverluste seien "grundsätzlich als erheblicher Eingriff zu werten, da diese den formulierten Erhaltungszielen entgegenlaufen" (S. 50). Da der Planfeststellungsbeschluss den Wertungen der Verträglichkeitsprüfung folgt, ist auch für ihn die Annahme gerechtfertigt, dass es sich bei der beanstandeten Wendung der "erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele" nicht um eine Verkennung des rechtlich gebotenen Maßstabs, sondern nur um eine missverständliche Ausdrucksweise handelt.

86

b) Der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Freiberger Bergwerksteiche" steht mit den Vorschriften des Habitatschutzrechts in Einklang.

87

Da auch dieses Gebiet bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragen war, unterlag es den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL und der in § 22b SächsNatSchG getroffenen Umsetzungsregelung. Gleichwohl war eine Verträglichkeitsprüfung für das Vorhaben entbehrlich. Wie sich aus der einschränkenden Formulierung in Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL und der durch § 3 Abs. 1 SächsNatSchG in Bezug genommenen Projektdefinition des § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG 2002 ergibt, bedarf es einer solchen Prüfung nur für Vorhaben, die ein Gebiet "erheblich beeinträchtigen könnten" bzw. dazu "geeignet sind". Das lässt den Schluss zu, dass der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung eine Vorprüfung oder Erheblichkeitseinschätzung vorgeschaltet ist. Sie beschränkt sich auf die Frage, ob nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 40 und 60). Zu untersuchen ist, ob anhand objektiver Umstände ausgeschlossen werden kann, dass das Projekt das Gebiet erheblich beeinträchtigt (vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 a.a.O. Rn. 49). Nach diesen Grundsätzen war eine Verträglichkeitsprüfung entbehrlich.

88

aa) Vorhabenbedingte Beeinträchtigungen des Hydroregimes der den Erhaltungszielen des Gebiets unterfallenden Bergwerksteiche (Lebensraumtyp 3150 "Eutrophe Stillgewässer") einschließlich des an den Mittelteich anschließenden Flachmoores (Lebensraumtyp 7140 "Übergangs- und Schwingrasenmoore") durften ohne vorherige Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.

89

(1) Dass die im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführte Vorprüfung die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die geplante Führung der Umgehungsstraße in einem bis zu 7 m tiefen Einschnitt Fernwirkungen auf das Hydroregime der Teiche haben kann, überhaupt nicht in den Blick genommen hat, verstößt nicht schon für sich genommen gegen Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 22b Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 SächsNatSchG, § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG 2002. Diese Vorschriften verlangen nicht, dass eine Vorprüfung formalisiert durchgeführt wird, sondern regeln nur die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist. Fehlen diese Voraussetzungen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so stellt der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung unabhängig davon, auf welche Weise die Planfeststellungsbehörde sich diese Gewissheit verschafft hat, keinen Rechtsfehler dar.

90

(2) Die Auffassung der Planfeststellungsbehörde, nachteilige Auswirkungen auf das Hydroregime der Teiche und des Moores ließen sich den Umständen nach ausschließen, begegnet auch in der Sache keinen durchgreifenden Bedenken. Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich für diese Beurteilung auf die im Vergleich zur Entfernung der Teiche von der Trasse (über 400 m) geringe Reichweite der anhand von Grundwassermessstellen und Pumpversuchen ermittelten Grundwasserabsenkung (bis zu 15 m), auf den Umstand, dass Grundwasser nur in zwei von zahlreichen Bohrungen zur Baugrunderkundung angetroffen worden ist, sowie auf das Vorhandensein einer Oberflächenwasserscheide, die die Trasse mit Ausnahme der Südrampe des Knotens 4 von den Teichen trennt. Diese Überlegungen lassen freilich nicht ohne Weiteres den Schluss zu, ein Risiko weitreichender Grundwasserabsenkungen sei praktisch ausgeschlossen. Der Kläger hat nämlich nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Grundwasserfließrichtung nicht mit der Fließrichtung des Oberflächenwassers übereinstimmen muss und dass zudem im Bereich geologischer und bergbaubedingter Klüfte und Störungen, mit denen im betreffenden Raum unstreitig zu rechnen ist, sehr weitreichende Grundwasserabsenkungen denkbar sind. Mit dem vom Beklagten vorgelegten Bericht eines Ingenieurbüros vom Juni 2011 und den ergänzenden Angaben des bearbeitenden Geologen in der mündlichen Verhandlung liegen jedoch hinreichende Erkenntnisse vor, die solche Einwirkungen ausschließen. Diese Erläuterungen dürfen bei der gerichtlichen Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses berücksichtigt werden, da sie lediglich die der behördlichen Beurteilung zugrundeliegende Informationsbasis verdeutlichen und nicht Ergebnisse einer nachgeschalteten Untersuchung in der Art einer Verträglichkeitsprüfung wiedergeben.

91

Ein schädigender Kausalverlauf, wie ihn der Kläger befürchtet, würde voraussetzen, dass die Teiche oder ihre Zuflüsse mit dem störungsbetroffenen Kluftgrundwasserleiter in Verbindung stehen. Eine derartige Verbindung scheidet nach den überzeugenden schriftlichen und mündlichen Erläuterungen des vorerwähnten Geologen aus. Ihnen zufolge handelt es sich bei dem von der Trasse durchschnittenen Gebiet um einen geologisch eingehend untersuchten Raum. Aus zahlreichen Bohrungen sowohl im Verlauf der Trasse als auch südlich davon sei bekannt, dass dort an der Geländeoberfläche Verwitterungsschichten des Gneises als Porengrundwasserleiter anstehen, die nach unten eine sehr geringe Wasserdurchlässigkeit aufweisen. Erst unterhalb dieser abdichtend wirkenden Schichten befinde sich angewitterter Fels als Kluftgrundwasserleiter. Die Mächtigkeit der Verwitterungsschichten betrage den Bohrergebnissen zufolge durchweg mehrere Meter, wobei in Senken eine größere, in Kuppenlagen eine geringere Mächtigkeit zu verzeichnen sei. Da die Entstehung der Verwitterungsschichten durch Prozesse gesteuert worden sei, die von der Geländeoberfläche ihren Ausgang genommen hätten, sei die Annahme eines in etwa geländeparallelen Schichtenverlaufs gerechtfertigt.

92

Die dargestellten Erkenntnisse über Mächtigkeit, Konsistenz und Verlauf der Verwitterungsschichten tragen die von dem Geologen in der mündlichen Verhandlung bekräftigte Schlussfolgerung, der im FFH-Gebiet gelegene Mittelteich und der zu seiner Wasserversorgung über einen Zufluss beitragende gebietsexterne Großteich ständen mit dem Kluftgrundwasserleiter nicht in Verbindung. Besonders augenfällig ist das für den Mittelteich. Mit einer Tiefe von nur 1,5 m muss er zwangsläufig in die lehmigen, eine Verbindung zum Kluftgrundwasser versperrenden Verwitterungsschichten eingebettet sein. Dass diese deutlich tiefer in den Untergrund hinabreichen, belegt namentlich der wenige Meter nördlich des Mittelteichs gelegene Schacht F der Wasserfassungsanlage des Johannisbades. Nach Angaben des dazu in der mündlichen Verhandlung befragten Geologen reicht dieser Schacht bis in eine Tiefe von ca. 4 m unter Geländeoberkante hinab und verbleibt dennoch in den Verwitterungsschichten, aus denen das Wasser gefördert wird. Gleiche Verhältnisse bestehen für das angrenzende Moor. Der Großteich weist zwar eine Wassertiefe von 2,9 m auf. Im Hinblick auf den der Geländeneigung entsprechenden Schichtenverlauf muss aber auch für ihn davon ausgegangen werden, dass die Verwitterungsschichten unter ihm durchlaufen. Unter diesen Umständen durfte die Planfeststellungsbehörde auch ohne gezielte Untersuchungen durch eine auf den Schutz der Lebensraumtypen 3150 und 7140 ausgerichtete Verträglichkeitsprüfung vorhabenbedingte Risiken für das Hydroregime der geschützten Lebensräume als ausgeschlossen erachten.

93

bb) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Beklagte den Erhaltungszielen des Gebiets zuwiderlaufende Trennwirkungen für den Kammmolch ohne Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung verneint hat. Auch wenn davon auszugehen sein sollte, dass gebietsexterne Wanderbeziehungen habitatrechtlich geschützter Arten nicht nur zwischen verschiedenen FFH-Gebieten und -Teilgebieten (vgl. dazu Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 36 und vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 33), sondern auch zwischen gebietsinternen und -externen Habitaten geschützt sein können, bedurfte die Frage relevanter Trennwirkungen keiner weitergehenden naturschutzfachlichen Untersuchungen.

94

Der Beurteilung des Beklagten, erhebliche Beeinträchtigungen seien unter diesem Aspekt auszuschließen, liegt der Vorprüfung zufolge die Erwägung zugrunde, die Sommerlebensräume der von den Erhaltungszielen des Gebiets umfassten Kammmolchpopulation befänden sich überwiegend in unmittelbarer Nähe zu den gebietszugehörigen Laichgewässern, während der Bereich nördlich der Trasse wegen großer Entfernung von den Laichgewässern und unzureichender Habitatqualitäten kaum Bedeutung für die Population habe. Gegen diese Einschätzung ist nichts zu erinnern. Der mögliche Aktionsradius des Kammmolchs reicht zwar über die Trasse hinaus. Da es sich bei dem Bereich nördlich der Trasse weitgehend um ausgeräumte, ackerbaulich genutzte Flächen handelt, die den Habitatansprüchen der Art wenig gerecht werden, leuchtet es aber ein, dass Wanderbeziehungen nach Norden nur ganz schwach ausgeprägt sein können. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der im landschaftspflegerischen Begleitplan angesprochene Wanderkorridor vom Quarzitbruch Ölmühlenweg über den Goldbach nach Norden, auf den sich der Kläger bezieht, wegen eines geplanten Bachdurchlasses unter der Umgehungsstraße weiterhin offen bleibt. Unter diesen Umständen war auch ohne Verträglichkeitsprüfung der Schluss gerechtfertigt, die Stabilität der Kammmolchpopulation im FFH-Gebiet werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.

95

Ebenso wenig war für den Kleinen Wasserfrosch als charakteristische Art des Lebensraumtyps 3150 eine Verträglichkeitsprüfung veranlasst. Ein Vorkommen dieser Amphibienart konnte in dem Teil des FFH-Gebiets, in dem der Kläger es vermutet, ausweislich der Managementplanung letztmalig 1998 bestätigt werden. Nimmt man hinzu, dass der Kleine Wasserfrosch nach den nicht bestrittenen Angaben des Beklagten ebenfalls vorzugsweise Landhabitate in unmittelbarer Umgebung der Laichgewässer aufsucht und überdies der Goldbach als potentieller Wanderkorridor nutzbar bleibt, durften Trennwirkungen, die für den Erhaltungszustand der Art eine Rolle spielen könnten, ohne Weiteres ausgeschlossen werden.

96

2. Der Planfeststellungsbeschluss weist entscheidungserhebliche artenschutzrechtliche Mängel auf, die sich auf die Prüfung des Tötungsverbots für verschiedene Fledermausarten und die Zauneidechse sowie des Zerstörungsverbots für Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermausarten beziehen. Diese Mängel infizieren zugleich die behördliche Beurteilung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und die fachplanerische Abwägung. Rechtsfolge der Verstöße ist nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

97

a) Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot hat der Planfeststellungsbeschluss unter verschiedenen Gesichtspunkten geprüft. Durchgreifenden Bedenken begegnet diese zutreffend am Maßstab des § 42 BNatSchG in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Änderungsgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) - BNatSchG 2007 - vorgenommene Prüfung nur, soweit der Planfeststellungsbeschluss ein signifikant erhöhtes Risiko für die im Hospitalwald lebenden Fledermäuse, im Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen durch Kollisionen mit Kraftfahrzeugen auf der Umgehungsstraße zu Tode zu kommen, und ein ebenfalls signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für Zauneidechsen auf den Straßenflächen seitlich der durch die Ausgleichsmaßnahme A 5 entstehenden Habitate verneint hat.

98

aa) Auf der Grundlage der durchgeführten Ermittlungen kann dem Vorhaben nicht bescheinigt werden, dass Tötungsrisiken für Fledermäuse im genannten Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen mit dem planfestgestellten Schutzkonzept in einer dem Tötungsverbot, der Eingriffsregelung und dem Abwägungsgebot gerecht werdenden Weise bewältigt werden.

99

(1) § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 verbietet es, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten, zu denen sämtliche hier betroffenen Fledermausarten zählen, zu töten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfasst das Tötungsverbot verkehrsbedingte Tierverluste infolge von Straßenbaumaßnahmen allein dann, wenn sich das Kollisionsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten in signifikanter Weise erhöht (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 91). Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind insbesondere artspezifische Verhaltensweisen, häufige Frequentierung des durchschnittenen Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen. Für die fachliche Beurteilung ist der Planfeststellungsbehörde eine Einschätzungsprärogative eingeräumt (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 65 ff.). Selbst unter Beachtung der damit verbundenen Einschränkungen gerichtlicher Kontrolle tragen die den Planunterlagen zu entnehmenden tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, das planfestgestellte Schutzkonzept sei geeignet, eine gesteigerte Gefährdungssituation für die querenden Fledermäuse auszuschließen.

100

Auf der Grundlage der durchgeführten Untersuchungen ist die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis gelangt, bei der kaum noch von Schienenverkehr genutzten Bahnstrecke Freiberg-Nossen handele es sich um eine stark frequentierte Flugroute, die von zahlreichen Fledermausarten genutzt werde. Ohne Schutzmaßnahmen sei im Bereich der geplanten Überführung der Ortsumgehung über diese Bahnstrecke für die dort fliegenden Fledermäuse von einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen. Dagegen ist nichts zu erinnern; wie dem Gericht aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, entspricht es dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis, dass Fledermäuse in häufig frequentierten Flugkorridoren und Querungsbereichen ohne Schutzvorkehrungen einem deutlich erhöhten Risiko verkehrsbedingter Tötung unterliegen. Dennoch hat die Planfeststellungsbehörde einen Verstoß gegen das Tötungsverbot verneint, weil das planfestgestellte Schutzkonzept ein gesteigertes Tötungsrisiko ausschließe. Diese Beurteilung erweist sich als mängelbehaftet.

101

Die besonderen örtlichen Verhältnisse, denen das Schutzkonzept Rechnung tragen muss, sind dadurch geprägt, dass im Querungsbereich nach Verwirklichung des Vorhabens drei Verkehrswege in unterschiedlicher Höhenlage verlaufen: die Bahnstrecke Freiberg-Nossen in einem Einschnitt, die quer dazu verlaufende Bahnstrecke Dresden-Werdau (Sachsenmagistrale) in leichter Höhenlage und die in etwa parallel dazu geführte Ortsumgehung noch mehrere Meter höher. Das darauf ausgerichtete Schutzkonzept umfasst den geplanten Durchlass für die Bahnstrecke Freiberg-Nossen unter der Ortsumgehung mit einer lichten Weite von 10 m, einer lichten Höhe von 7,75 m und einer Länge von 16,25 m, der zu dem bereits vorhandenen Durchlass unter der Sachsenmagistrale hinzutritt, 4 m hohe Kollisionsschutzwände auf der Überführung, die seitlich jeweils 30 m weiter geführt werden, und Leitpflanzungen. Die getroffenen Feststellungen zum Flugverhalten der Fledermäuse und die Erwägungen zu dessen Beeinflussung durch die geplanten Vorkehrungen reichen nicht aus, um die Wirksamkeit dieses Konzepts verlässlich zu beurteilen.

102

Kollisionsschutzwände als Querungshilfen für Fledermäuse werden in Fachkreisen sehr skeptisch bewertet. Das FGSV-Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ - Stand März 2008, S. 61) erwähnt Wände als Leitstrukturen, die Fledermäuse zu Querungsmöglichkeiten hinleiten können, aber nicht als Überflughilfen. Der vom Sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit herausgegebene Leitfaden für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse" (Entwurf, Stand Dezember 2008, S. 93 ff.) führt aus, systematische Untersuchungen zur Eignung als Überflughilfen lägen für Kollisionsschutzwände bislang nicht vor. Er äußert die Vermutung, dass derartige Einrichtungen wegen der Neigung der Tiere, hinter der Wand ihre Flughöhe zu mindern, nur bei geringen Trassenbreiten (z.B. eingleisige Bahnstrecken und schmale Straßen) eine Funktion als Überflughilfe wahrnehmen könnten; im Rahmen einer Expertenbefragung sei die Wirksamkeit von Kollisionsschutzzäunen für viele Arten als nicht oder nur bedingt gegeben eingestuft worden. Legt man diese naturschutzfachlichen Einschätzungen zugrunde, so muss angenommen werden, dass die vorgesehenen Schutzwände zwar die Funktion einer Leiteinrichtung in Richtung auf den Durchlass erfüllen werden, für die Fledermäuse, die entlang der Bahnstrecke Freiberg-Nossen die Sachsenmagistrale und die Umgehungsstraße nicht unter-, sondern überfliegen, hingegen nur geringen Schutz bieten. Als tragende Säule eines Konzepts, das den Schutz der Fledermäuse beim Queren der Trasse gewährleisten soll, sind die Wände demnach ungeeignet.

103

Der Beklagte hat sich mit diesen fachlichen Einschätzungen nicht in einer Weise auseinandergesetzt, die eine günstigere Beurteilung von Kollisionsschutzwänden als Querungshilfen vertretbar erscheinen lässt. Weder der Planfeststellungsbeschluss noch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag und der landschaftspflegerische Begleitplan gehen darauf überhaupt ein. In der mündlichen Verhandlung hat der Bearbeiter des Fachbeitrags lediglich pauschal auf positive Erfahrungen mit derartigen Wänden an der Ortsumgehung Stollberg der B 180 verwiesen, ohne die Vergleichbarkeit der dortigen örtlichen Verhältnisse und des dort entwickelten Schutzkonzepts zu verdeutlichen. Studien, die Kollisionsschutzwände als prinzipiell geeignete Querungshilfen beurteilen, hat der Beklagte nicht benennen können.

104

Unter diesen Umständen könnte die behördliche Beurteilung der Wirksamkeit des Schutzkonzepts nur dann Bestand haben, wenn Untersuchungen durchgeführt worden wären, die den Schluss zuließen, die Funktion einer Querungshilfe werde für die den Flugkorridor nutzenden Fledermausarten im Wesentlichen schon von dem Durchlass unter der Straße erfüllt, während die Schutzwände nur eine flankierende Vorkehrung darstellten. Erhebungen dazu fehlen jedoch. In den Untersuchungen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag hat der Vorhabenträger ermittelt, dass die auf der Bahnstrecke Freiberg-Nossen erfassten Fledermäuse die Sachsenmagistrale teils unter-, teils überfliegen. Feststellungen zur Zahl der Unter- und Überflüge sind ebenso wenig getroffen worden wie zu den Anteilen der verschiedenen Arten an den Unter- und Überflügen. Ebenso fehlen Feststellungen zum artspezifischen Flugverhalten, aus denen abgeleitet werden könnte, ob und inwieweit die verschiedenen Arten die hintereinander geschalteten Durchlässe annehmen oder in die Höhe ausweichen werden. Ohne eingehende Erkundungen hierzu lässt sich nicht verlässlich einschätzen, welche Bedeutung den Durchlässen einerseits und den Schutzwänden andererseits als Querungshilfen beizumessen ist. Angesichts der ungenügend belegten Eignung von Kollisionsschutzwänden für diese Funktion ist es ohne solche Feststellungen nicht möglich, die Tragfähigkeit des Schutzkonzepts ausreichend zu beurteilen.

105

Das im Planfeststellungsbeschluss unter A.III.9.1.5 und 9.3.3 angeordnete Monitoring, das u.a. die Wirksamkeit des in Rede stehenden Schutzkonzepts zum Gegenstand hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ein Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn - wie hier - offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll.

106

Dem aufgezeigten Mangel fehlt nicht die Entscheidungserheblichkeit. Eine objektive Ausnahmelage im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 BNatSchG 2007, die seine Erheblichkeit ausschließen würde (vgl. Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 565 und vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 48), lässt sich nicht feststellen. Voraussetzung dafür wäre nach Satz 2 das Fehlen einer zumutbaren Alternative. Bisher sind jedoch keine Feststellungen getroffen worden, die es rechtfertigen würden, eine solche Alternative auszuschließen. Als geeignete Überflughilfe kommt z.B. eine Einhausung der Umgehungsstraße im Querungsbereich in Betracht. Ob sie nur unter unzumutbarem Kostenaufwand realisiert werden könnte oder mit anderen unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre, vermag das Gericht ohne entsprechende Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beurteilen.

107

(2) Die Ermittlungs- und Bewertungsdefizite der artenschutzrechtlichen Prüfung wirken fort auf die Behandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und die planerische Abwägung.

108

Die aufgrund dieser Defizite bestehende Ungewissheit über die Wirksamkeit des planfestgestellten Schutzkonzepts bedeutet zugleich, dass nicht beurteilt werden kann, ob die Planung in diesem Punkt dem Vermeidungsgebot des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SächsNatSchG (§ 19 Abs. 1 BNatSchG 2002) entspricht. Sollte das Konzept ein unzureichendes Mittel zum Ausschluss eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos sein, ein solches Risiko sich aber mit anderen verhältnismäßigen Maßnahmen ausschließen lassen, so hat die Maßnahme nicht alle zu Gebote stehenden Mittel zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der betroffenen Naturgüter ausgeschöpft. Dass die Realisierbarkeit anderer zumutbarer Vermeidungsmaßnahmen offen ist, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Fehlen einer objektiven Ausnahmelage.

109

Der hier beanstandete Mangel der artenschutzrechtlichen Prüfung schlägt auch auf die Behandlung des Kompensationsgebots gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SächsNatSchG (§ 19 Abs. 2 BNatSchG 2002) durch. Sollten geeignete Maßnahmen zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos weder in Gestalt des planfestgestellten Schutzkonzepts noch auf andere Weise zur Verfügung stehen, bedeutet dies zugleich, dass das Vorhaben zu einer zu kompensierenden, aber tatsächlich nicht kompensierten Beeinträchtigung führt.

110

Infiziert wird ferner die planerische Abwägung. Die Planfeststellungsbehörde hat für die Abwägung zwischen den verschiedenen westlich von Freiberg in Betracht gezogenen Trassenalternativen den Belangen des Natur- und speziell des Artenschutzes wegen der besonderen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des dortigen Naturraums großes Gewicht beigemessen. Ihre Entscheidung, dennoch der Variante 3 den Vorzug vor anderen Varianten zu geben, hat sie maßgeblich auch auf die Erwägung gestützt, trotz der mit dieser Variante verbundenen Durchschneidung des Hospitalwaldes sei das Vorhaben mit den Vorgaben des Artenschutzes vereinbar. Da diese Annahme auf einer fehlerhaften Beurteilung beruht, kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass bei ordnungsgemäßer artenschutzrechtlicher Prüfung sich auch das Ergebnis der Trassenwahl geändert hätte.

111

(3) Die festgestellten Mängel rechtfertigen nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Die erforderlichen zusätzlichen Ermittlungen und Bewertungen können in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden, um so die Grundlage für eine Bestätigung oder Veränderung des Schutzkonzepts und ggf. für die Erteilung einer Ausnahme vom Tötungsverbot nebst Anordnung dann notwendig werdender Kompensationsmaßnahmen und eine erneute Abwägung zu gewinnen.

112

bb) Die Planfeststellungsbehörde hat nicht verkannt, dass die Trasse im Hospitalwald auch abseits der Bahnstrecke Freiberg-Nossen stark von Fledermäusen genutzte Bereiche quert. Da die Tiere in ihren dortigen Jagdhabitaten unstrukturiert fliegen, tritt das Risiko verkehrsbedingter Kollisionen nicht so konzentriert wie im Bereich von Flugrouten auf, geht aber dennoch über ein "Normalmaß" deutlich hinaus (vgl. S. 66 des bereits erwähnten Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen). Diesem Risiko begegnet der festgestellte Plan mit der CEF-Maßnahme 9, die einen Verzicht auf trassenbegleitende Gehölzpflanzungen im Nahbereich der Straße und auf Aufforstung bzw. Waldrandgestaltung in näher bezeichneten konfliktträchtigen Streckenabschnitten vorsieht. Hierdurch soll ausweislich der Angaben im landschaftspflegerischen Begleitplan und dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag sowie der ergänzenden Ausführungen der naturschutzfachlichen Sachbeistände des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erreicht werden, dass der Trassenraum seitlich der Umgehungsstraße von den Fledermäusen weder als Leitstruktur noch als Jagdhabitat genutzt wird. Der Senat hat aufgrund der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass dieses Schutzkonzept naturschutzfachlich vertretbar ist. Bleiben die Randbereiche der Straße frei von Aufwuchs, so erscheint es plausibel, dass sie ihre Eignung als Jagdhabitat einbüßen und die Tiere auf Abstand zur eigentlichen Straßenfläche gehalten werden. Dies gilt umso mehr, als der prognostizierte starke Verkehr auf der Straße wegen seiner Störwirkungen die Attraktivität der Randbereiche als Jagdhabitat oder Flugroute zusätzlich mindert. Bezeichnenderweise haben die Bestandserhebungen ergeben, dass die hoch mit Bahnverkehr belastete Sachsenmagistrale im Gegensatz zur kaum befahrenen Bahnstrecke Freiberg-Nossen nicht gehäuft von Fledermäusen frequentiert wird. Eine dauerhafte Funktionsfähigkeit des Schutzkonzepts wird jedenfalls durch die klarstellende Protokollerklärung des Beklagten gesichert, wonach die CEF-Maßnahme 9 auch die Freihaltung des Trassennahbereichs von sich natürlich entwickelndem Aufwuchs umfasst. Unter diesen Umständen hält sich der Beklagte mit seiner Beurteilung, auch ohne die vom Kläger geforderten - angesichts der Dammlage der Straße ohnehin kaum realisierbaren - Grünbrücken seien die Fledermäuse in den fraglichen Bereichen des Hospitalwaldes keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

113

cc) Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, an den Überführungen der Ortsumgehung über die Kleinschirmaer Straße, das Münzbachtal und die Freiberger Mulde bestehe für Fledermäuse ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko, das durch die vorgesehenen Schutzgeländer nicht bewältigt werde. Die fledermauskundlichen Untersuchungen haben ergeben, dass die betreffenden Bereiche deutlich schwächer von Fledermäusen frequentiert werden als die Bahnstrecke Freiberg-Nossen. Außerdem sind zwei weitere Gesichtspunkte für die Risikobewertung zu berücksichtigen. Zum einen sind die Durchlässe unter den Brücken mit Ausnahme derjenigen über die Kleinschirmaer Straße wesentlich größer als der für die Bahnstrecke Freiberg-Nossen geplante Durchlass und zum anderen ist die jeweilige örtliche Situation nicht wie an der Bahnstrecke Freiberg-Nossen durch zwei die Flugroute querende Verkehrswege auf unterschiedlichen Höhen geprägt. Beide Umstände lassen ein Kollisionsrisiko deutlich niedriger erscheinen. Angesichts dessen erweist sich die Einschätzung des Beklagten als vertretbar, selbst unabhängig von den an den Brückenrändern vorgesehenen Schutzgeländern fehle es an einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko für Fledermäuse. Dass die Geländer einen gewissen zusätzlichen Schutz bieten, hat der Beklagte im Übrigen plausibel mit dem Hinweis erläutert, dass sie nicht von Fledermäusen durchflogen werden können und trotz ihrer geringen Brüstungshöhe die Tiere zu einem bogenförmigen Überflug nötigen, soweit diese die Brücken nicht schon in Straßenhöhe anfliegen, sondern erst kurz vor der Querung in steilem Winkel an Höhe gewinnen.

114

dd) Als fehlerhaft erweist sich die artenschutzrechtliche Beurteilung hinsichtlich der Ausgleichsmaßnahme A 5, die dazu dient, Habitatverluste der Zauneidechse durch Schaffung neuer Habitatflächen zu kompensieren. Dies führt wiederum zugleich zu Beanstandungen der Behandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung.

115

(1) Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist aufgrund der Maßnahme A 5 für Zauneidechsen mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko zu rechnen, wodurch der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 erfüllt wird. Die Maßnahme sieht vor, südexponierte steile Straßenböschungen an der Ortsumgehung und der Hüttenstraße zauneidechsengerecht herzurichten. Im unteren Böschungsbereich sollen offene, besonnte Stellen und unverfugte Steinmauern geschaffen werden, die den Habitatansprüchen der Art entgegenkommen; der obere, zur Straße hin gelegene Teil soll stärkeren, extensiv gepflegten Bewuchs aufweisen. Dies soll nach den schriftsätzlichen Ausführungen des Beklagten bewirken, dass die Tiere, deren Aktionsradius sehr klein sei, im unteren Böschungsbereich verweilen und abgehalten werden, die Straße aufzusuchen. Der Kläger hält dem entgegen, die Tiere, die Distanzen bis zu 4 km zurücklegen könnten, benötigten neben besonnten Flächen auch schattige, vor Sonneneinstrahlung geschützte Bereiche und würden deshalb die Böschung insgesamt als Lebensraum nutzen. In den Abendstunden empfänden sie erfahrungsgemäß den Straßenraum wegen der Restwärme des Straßenbelags als attraktiven Aufenthaltsort und kämen dort gehäuft zu Schaden.

116

Die Erörterung der Ausgleichsmaßnahme A 5 in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass die fachliche Argumentation des Beklagten nicht tragfähig ist. Der mit der planerischen Ausgestaltung der Maßnahme betraute Sachbeistand des Beklagten hat einräumen müssen, dass die Eidechsen sich durch extensiven Bewuchs des schmalen oberen Böschungsstreifens letztlich nicht von der Straße fernhalten lassen und dort einem besonderen Tötungsrisiko unterliegen. Diese Folge sei erkannt, aber unter Abwägung von Nutzen und Schaden der Maßnahme in Kauf genommen worden, weil nach den an anderer Stelle gesammelten Erfahrungen auf derartigen Straßenböschungen trotz Tierverlusten stabile Vorkommen der Art entständen. Das mag zutreffen, lässt aber den individuenbezogen gefassten Tötungstatbestand nicht entfallen.

117

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot scheidet auch nicht nach § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 aus. Diese Regelung gelangt hier schon deshalb nicht zur Anwendung, weil nach den obigen Ausführungen unter B.2.a.aa.(2) die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ungewiss ist. § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007 bestimmt, dass die privilegierenden Regelungen der nachfolgenden Sätze nur auf nach § 19 BNatSchG 2002 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft anwendbar sind. Als Eingriff in diesem Sinne ist nicht die konkrete Beeinträchtigung - hier die Tötung von Zauneidechsen in der Nachbarschaft des Ausgleichshabitats -, sondern nach dem eindeutigen, zwischen Eingriff und Beeinträchtigungen unterscheidenden Wortlaut der Legaldefinition des § 18 Abs. 1 BNatSchG 2002 die Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen als Ganzes zu verstehen. Im Fall eines auf Grundflächen zugreifenden Planvorhabens ist danach dieses Vorhaben selbst, nicht jede seiner einzelnen Einwirkungen auf den Naturhaushalt als Eingriff zu qualifizieren. Das hat zur Konsequenz, dass Gegenstand der Zulässigkeitsbeurteilung das Vorhaben und nicht die einzelne Beeinträchtigung ist; führt das Vorhaben in bestimmter Hinsicht zu Beeinträchtigungen, die den Vorgaben der Eingriffsregelung widersprechen, so ist der Eingriff unzulässig mit der Folge, dass auch anderen von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen die Privilegierung des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 verwehrt bleibt.

118

Für dieses Verständnis sprechen neben dem Gesetzeswortlaut auch die in § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007 erfolgte Gleichstellung zulässiger Bauvorhaben im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG 2007 mit zulässigen Eingriffen sowie die Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002, die den Eingriff als möglichen Gegenstand eines Zulassungsakts voraussetzt. Vor allem aber trägt diese Auslegung dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck Rechnung. § 42 Abs. 5 BNatSchG 2007 ist - neben Absatz 4 - an die Stelle des § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 getreten, der nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassene Eingriffe prinzipiell umfassend von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 freistellte. Zur Wahrung der Vereinbarkeit mit Unionsrecht hat die Neuregelung zwar die Privilegierung deutlich eingeschränkt. Auch sie ist jedoch Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, Maßnahmen zu privilegieren, für die vor Realisierung eine Prüfung und Bewältigung ihres naturschutzbezogenen Konfliktpotentials nach Maßgabe der Eingriffsregelung erwartet werden kann (vgl. Lau, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 36; zum alten Recht bereits Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 4 C 6.00 - BVerwGE 112, 321 <327 f.>). Eine solche Maßnahme kann nicht die einzelne Beeinträchtigung, sondern nur das beeinträchtigende Planvorhaben sein.

119

Aber auch unabhängig davon könnte auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 nicht zurückgegriffen werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift mögen erfüllt sein, doch ist das unerheblich, weil Art. 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL keine dem § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 entsprechende Begrenzung des Tötungsverbots enthält. Anders als das deutsche Recht schränkt die unionsrechtliche Norm allerdings das Tötungsverbot auf absichtliche Tötungen ein. Darauf kommt es hier indes nicht an, da vorliegend auch das Absichtlichkeits-Merkmal zu bejahen ist. Absichtliches Handeln setzt den Nachweis voraus, dass der Handelnde die Tötung gewollt oder zumindest in Kauf genommen hat (EuGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - Rs. C-221/04 - Slg. 2006 S. I-4515 Rn. 71). In Anbetracht der von Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen muss von einer Inkaufnahme eines durch die Maßnahme A 5 für die Zauneidechsen signifikant erhöhten Tötungsrisikos ausgegangen werden.

120

Dem aufgezeigten Mangel fehlt nicht die Entscheidungserheblichkeit. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 BNatSchG 2007 eine Ausnahme hätte erteilt werden können, lassen sich nicht abschließend beurteilen. Es ist nämlich offen, ob zumutbare Alternativen zur Ausgleichsmaßnahme A 5 vorhanden sind. Da diese Maßnahme einen Baustein im Kompensationskonzept des Beklagten bildet, müsste eine alternative Kompensationsmaßnahme in gleichem Maße wie sie zur Kompensation fortfallender Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Zauneidechsen geeignet sein, ohne zugleich die mit ihr verbundenen Risiken zu schaffen. Ob Flächen zur Verfügung stehen oder beschafft werden können, auf denen sich ein diesen Anforderungen entsprechendes Ausgleichs- oder Ersatzhabitat anlegen lässt, kann ohne vorgängige behördliche Untersuchungen nicht beurteilt werden.

121

(2) Der vorbezeichnete Mangel schlägt durch auf die Beurteilung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem naturschutzrechtlichen Vermeidungsgebot. Gibt es zumutbare Alternativmaßnahmen, mit denen sich ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für die Zauneidechse vermeiden lässt, so wird das Vorhaben diesem Gebot nicht gerecht.

122

Ein ergänzendes Verfahren eröffnet auch insoweit die Möglichkeit zur Fehlerheilung durch Nachermittlung und Nachbesserung oder Neubewertung unter Einschluss der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme.

123

ee) Dass die Planfeststellungsbehörde für die Schlingnatter ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko infolge der Ausgleichsmaßnahme A 5 verneint hat, begegnet dagegen keinen durchgreifenden Bedenken. Der einzige Fund eines Exemplars dieser Art im Zuge der durchgeführten Bestandserfassung ist in beträchtlicher Entfernung zur Ausgleichsfläche erfolgt; angesichts dessen musste nicht angenommen werden, Schlingnattern würden sich künftig gehäuft auf der Ausgleichsfläche aufhalten und unterlägen bei ihrer Jagd nach Zauneidechsen im angrenzenden Straßenraum einem signifikant gesteigerten Tötungsrisiko.

124

ff) Ebenso wenig ist die naturschutzfachliche Einschätzung der Behörde zu beanstanden, die CEF-Maßnahme 18 falle nicht unter den Tötungstatbestand. Diese Maßnahme richtet sich darauf, zur Kompensation verkehrsbedingter Lebensraumverluste von Zauneidechse und Schlingnatter schon bisher partiell zumindest von der Zauneidechse genutzte, aber u.a. wegen Aufforstungen und zunehmender Verbuschung nur eingeschränkt ihren Habitatansprüchen genügende Flächen durch Anlage typischer Habitatelemente aufzuwerten und so zugleich zusätzlichen Lebensraum zu schaffen. Der Gefahr, dass beim stellenweise geplanten Abschieben von Oberboden zur Herstellung von Rohbodenstandorten Individuen der beiden Arten getötet werden, begegnet der Planfeststellungsbeschluss in der durch Protokollerklärungen während der mündlichen Verhandlung ergänzten Fassung mit der CEF-Maßnahme 11, die eine Umweltbaubegleitung vorsieht; Bereiche, in denen nach den dortigen Habitatbedingungen mit Eidechsen oder Schlingnattern zu rechnen ist, sind durch Festlegung entsprechender Bautabuzonen und Baufeldbegrenzungen von solchen Arbeiten auszunehmen. Sachgründe, warum trotz dieser Schutzvorkehrungen Tiere zu Schaden kommen werden, hat der Kläger nicht zu benennen vermocht.

125

Soweit der Kläger hinsichtlich der CEF-Maßnahme 18 außerdem ein signifikant erhöhtes Risiko der Tiere, im Straßenraum zu Tode zu kommen, geltend macht, hat die gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung des Beklagten Bestand. Die Lage der Maßnahmeflächen zur Straße ist nicht mit derjenigen der Ausgleichsflächen A 5 zu vergleichen. Während letztere unmittelbar an Straßen grenzen, sind erstere - mit Ausnahme einer geringfügigen Verbindung zu einer Teilfläche der Ausgleichsmaßnahme A 5 - durch Flächen, die nicht aufgewertet werden sollen, von den benachbarten Straßen getrennt. Warum diese trennenden Flächen nach ihrer Beschaffenheit nicht als Puffer dienen, sondern im Gegenteil den Tieren einen Anreiz bieten sollten, sie zu durchstreifen und mehr als nur gelegentlich auf die Straße zu gelangen, hat der Kläger nicht ansatzweise dargetan. Angesichts dessen besteht kein Anlass, dem Beweisbegehren des Klägers entsprechend Sachverständigenbeweis zu diesbezüglichen Risiken zu erheben.

126

gg) Die geplante Baufeldfreimachung erfüllt den Tötungstatbestand trotz der CEF-Maßnahme 14, die eine Umsiedlung von Zauneidechsen aus dem geplanten Baufeld in Ausgleichshabitate vorsieht, und der durch Planergänzung in der mündlichen Verhandlung für diese Habitate angeordneten Hälterungsmaßnahmen. Dass die Planfeststellungsbehörde dies verkannt hat, ist jedoch wegen Vorliegens einer objektiven Ausnahmelage kein entscheidungserheblicher Fehler.

127

Die Beurteilung, die CEF-Maßnahme 14 stelle sicher, dass die Baufeldräumung nicht den Tötungstatbestand verwirkliche, ist zu beanstanden. Die Zauneidechsen sollen auf Flächen von insgesamt mehreren Hektar ergriffen werden. Selbst wenn die Fangaktionen in den frühen Morgenstunden durchgeführt werden, in denen die Eidechsen wegen niedriger Temperaturen noch nicht über ihre volle Reaktionsfähigkeit und Beweglichkeit verfügen, erscheint es ausgeschlossen, der Tiere auf einer Gesamtfläche dieser Größenordnung mit habitattypischen Versteckmöglichkeiten in Gestrüpp, Erdlöchern usw. auch nur annähernd vollständig habhaft zu werden. Das hat letztlich auch der mit der Planung der Maßnahme betreute Sachbeistand des Beklagten eingeräumt, indem er in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, es lasse sich eine "relativ hohe Fangquote" erzielen. Verbleibt demnach ein nicht ganz geringer Teil der Zauneidechsen auf dem vorgesehenen Baufeld, so lässt das den Schluss zu, dass zumindest einzelne Tiere im Zuge der während der Wintermonate durchzuführenden Baufeldfreimachung durch den Einsatz schweren Geräts in Erdspalten usw. erdrückt werden. Daran vermag auch die Umweltbaubegleitung nichts zu ändern; denn anders als bei der Schaffung von Rohbodenstandorten im Zuge der CEF-Maßnahme 18 muss der Oberboden im Baufeld nicht nur selektiv in unbedenklichen Bereichen, sondern flächendeckend abgeschoben werden. Dass Tierverluste in Rechnung zu stellen sind, entspricht im Übrigen auch der Einschätzung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags (Planunterlage 12.6 S. 178: "... können Individuenverluste weitgehend verhindert werden"). In Anbetracht der individuenbezogenen Ausgestaltung des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 hat die Planfeststellungsbehörde den Tatbestand in dieser Hinsicht somit zu Unrecht verneint.

128

Darüber hinaus ist mit Rücksicht auf die Standorttreue der Zauneidechse davon auszugehen, dass ein Teil der im Zuge der CEF-Maßnahme 14 eingesammelten und im Ausgleichshabitat ausgesetzten Tiere in ihre angestammten Habitate zurückwandert und dort den Bauarbeiten mit schwerem Gerät zum Opfer fällt. Die Hälterungsmaßnahmen, die der Planfeststellungsbeschluss in seiner durch entsprechende Protokollerklärungen des Beklagten ergänzten Fassung angeordnet hat, sind zwar unstreitig geeignet, die Zahl der auf diese Weise zu Tode kommenden Tiere stark zu vermindern. Nach übereinstimmender Einschätzung der naturschutzfachlichen Sachbeistände der Beteiligten lässt sich aber auch mit einem Schutzzaun nicht verhindern, dass ein wenn auch geringer Teil der Tiere in ihre Ausgangshabitate zurückkehrt und dort von der Baufeldräumung betroffen ist.

129

Obgleich der Planfeststellungsbeschluss den Tötungstatbestand demnach zu Unrecht verneint hat, fehlt es an einem entscheidungserheblichen Mangel. Nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 hätte nämlich in dieser Hinsicht eine Ausnahme vom Tötungsverbot erteilt werden können. Zur Begründung wird auf die weiter unten folgenden Ausführungen unter B.2.c.bb. verwiesen, die neben den hier in Rede stehenden weitere Beeinträchtigungen berücksichtigen, die artenschutzrechtliche Tatbestände verwirklichen; da eine abschließende Prüfung der Ausnahmevoraussetzungen eine Gesamtschau verbotswidriger Beeinträchtigungen erfordert, kann sie nicht je gesondert für einzelne Beeinträchtigungen vorgenommen werden.

130

b) Der Senat lässt offen, ob die planfestgestellte CEF-Maßnahme 14, die das Einsammeln und Verbringen der Zauneidechsen in Ausgleichshabitate vorsieht, den Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 in der Variante des Fangverbots erfüllt. Im Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob das Fangen wild lebender Tiere im Sinne dieser Vorschrift neben dem Entzug der Bewegungsfreiheit als solchem eine gewisse Dauer des Entzugs voraussetzt (vgl. Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2010, § 39 Rn. 7 und § 44 Rn. 15; Lau, a.a.O. § 39 Rn. 4 und § 44 Rn. 8; Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Band 2, Loseblatt Stand August 2008, § 42 Rn. 15). Der Schutzzweck der Norm mag dafür sprechen, einen kurzzeitigen Freiheitsentzug, z.B. bei der Beringung von Vögeln, als Bagatelle aus dem Fangtatbestand auszuklammern. Im Hinblick auf den Wortlaut sowohl der deutschen Regelung als auch des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL, die beide keine Einschränkung auf Fanghandlungen von gewisser Dauer oder gar auf Dauer zum Ausdruck bringen, sowie den uneinheitlichen Meinungsstand wäre ein solches Auslegungsergebnis jedoch nicht jedem Zweifel entzogen und könnte deshalb nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

131

Letztlich kann die Frage, ob die mit der CEF-Maßnahme 14 verbundenen Handlungen trotz der Absicht, die Tiere in den Ersatzhabitaten alsbald wieder auszusetzen, den Fangtatbestand erfüllen, dahingestellt bleiben. Auch insoweit besteht nämlich, wie unter B.2.c.bb. auszuführen sein wird, eine objektive Ausnahmelage.

132

c) Bezogen auf Quartierverluste von Fledermäusen sowie Zauneidechsen und Schlingnattern verstößt die artenschutzrechtliche Beurteilung gegen das Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2007). Für die beiden letztgenannten Arten ist dieser Verstoß wegen Vorliegens einer objektiven Ausnahmelage jedoch nicht entscheidungserheblich.

133

aa) Der Planfeststellungsbeschluss geht für Fledermäuse selbst davon aus, dass die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Nr. 3 letzte Alternative BNatSchG 2007 vorliegen, wonach es verboten ist, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu zerstören. Die Beurteilung, dies treffe nur auf Höhlen- und Spaltenquartiere, nicht dagegen auf Wochenstubenquartiere zu, hält der Überprüfung stand.

134

Die im Hospitalwald durchgeführten Untersuchungen haben zwar keine Nachweise aktuell genutzter Höhlen- und Spaltenquartiere im Baufeld ergeben. Das Vorhandensein solcher Quartiere ist aber als wahr unterstellt worden, weil in den im Trassenbereich stehenden Bäumen Höhlen und Spalten ermittelt worden sind, die diese Funktion erfüllen können. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Im Zuge der Baufeldräumung gehen diese Quartiere verloren.

135

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die weitere Annahme der Planfeststellungsbehörde, über die genannten Quartiere hinaus fielen nicht auch Fortpflanzungsstätten in Gestalt von Wochenstubenquartieren weg. Dass derartige Quartiere im Umfeld des Hospitalwaldes vorhanden sind, nehmen Kläger und Beklagter übereinstimmend an. Die vom Kläger angegriffene Einschätzung des Beklagten, sie würden nicht im Rechtssinne zerstört, erweist sich als tragfähig. Die Trasse entfaltet zwar Trennwirkungen im Aktionsraum der Fledermäuse. Bei den umfangreichen Untersuchungen des Vorhabenträgers haben sich aber keine Anhaltspunkte ergeben, dass dadurch die Zugänglichkeit von Wochenstubenquartieren oder ihre Funktionsfähigkeit infrage gestellt würde. Das Verständnis des Klägers, wonach die Zerschneidung von Jagdhabitaten zugleich die Wochenstubenquartiere der dort jagenden Fledermauskolonien schädigt, würde den Zerstörungstatbestand völlig entgrenzen und ist daher abzulehnen. Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL gebietet keine andere Sichtweise. Auch er vermittelt nach seinem eindeutigen Wortlaut keinen allgemeinen Lebensstättenschutz, sondern beschränkt sich darauf, die näher bezeichneten, für die Erhaltung der Art als besonders wichtig angesehenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu sichern.

136

Während die artenschutzrechtliche Prüfung demzufolge den Vorgaben des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 insoweit entspricht, wird sie § 42 Abs. 5 BNatSchG 2007 nicht gerecht. Sie hat die Auffassung zugrunde gelegt, die Zerstörung der Höhlen- und Spaltenquartiere sei zusätzlich an den Regelungen der Sätze 2 und 3 dieser Vorschrift zu messen, nach denen der Zerstörungstatbestand entfalle. Dem kann nicht gefolgt werden, da sich - wie oben ausgeführt - nicht feststellen lässt, dass das Vorhaben einen nach § 19 BNatSchG 2002 zulässigen Eingriff darstellt.

137

Dieser Mangel ist entscheidungserheblich. Von einer objektiven Ausnahmelage kann nicht ausgegangen werden. Es lässt sich nicht verlässlich ausschließen, dass eine zumutbare Alternative im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 gegeben ist. Maßnahmen, mit denen sich die Zerstörung der Fledermausquartiere unter Beibehaltung der planfestgestellten Trasse vermeiden ließe, sind zwar nicht ersichtlich. Die getroffenen Feststellungen reichen aber nicht aus, um auch eine zumutbare Trassenalternative zu verneinen. Eine solche setzt voraus, dass sich habitat- oder artenschutzrechtliche Schutzvorschriften ihr gegenüber nicht als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie gegenüber der planfestgestellten Trasse und dass sie keine anderweitigen Nachteile aufweist, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erzielbaren Gewinn für Natur und Landschaft stehen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 119 m.w.N.). Bislang fehlen hinreichende Feststellungen, um diese Voraussetzungen sicher beurteilen zu können. Da der Beklagte das Vorhaben für artenschutzrechtlich unbedenklich gehalten hat, sind keine aussagekräftigen Untersuchungen zu der Frage durchgeführt worden, ob die in Betracht gezogenen Alternativen zur planfestgestellten Querung des Hospitalwaldes artenschutzrechtliche Verstöße vermeiden. Ebenso fehlen ausreichende Feststellungen, um die naturschutzexternen Nachteile der Alternativtrassen westlich von Freiberg in Relation zu dem mit ihnen ggf. erzielbaren Gewinn für die betroffenen Naturgüter zu setzen. Eine hierauf bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung muss die mit der jeweiligen Alternativtrasse vermeidbaren artenschutzrechtlichen Verstöße insgesamt in den Blick nehmen. Dafür aber mangelt es an der notwendigen tatsächlichen Grundlage, solange die Wirksamkeit des Fledermausschutzkonzepts für den Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen ungeklärt ist.

138

Der Verstoß gegen das Zerstörungsverbot rechtfertigt nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Wie oben unter B.2.a.aa.(3) und dd.(2) ausgeführt, erscheint es möglich, die im Hinblick auf das Tötungsverbot und - im Zusammenhang damit - die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bestehenden Fehler zu heilen, sei es, dass auf der Grundlage einer Nachermittlung und Nachbesserung oder Neubewertung ein Verstoß gegen das Tötungsverbot und das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot verneint werden kann, sei es, dass nach einer die artenschutzrechtlichen Gegebenheiten zutreffend berücksichtigenden Prüfung eine Ausnahme vom Tötungsverbot unter Nachbesserung des Kompensationskonzepts erteilt wird. Aufbauend auf diesen in einem ergänzenden Verfahren durchzuführenden Prüfschritten kommt auch eine Fehlerheilung hinsichtlich des Zerstörungsverbots für Höhlen- und Spaltenquartiere der Fledermäuse in Betracht. Mit der Behebung von Verstößen gegen die Eingriffsregelung entfiele nämlich zugleich die Sperrwirkung des § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007, so dass die an die Zulässigkeit des Eingriffs anknüpfenden privilegierenden Regelungen des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 für die Prüfung des Zerstörungstatbestands zu berücksichtigen wären.

139

§ 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 würde dann die Verwirklichung des Zerstörungstatbestands ausschließen. Die Höhlenbaumkartierung hat zahlreiche als Fledermausquartiere geeignete Höhlen im Umfeld der Trasse festgestellt. In Anbetracht der Waldstruktur liegt es nahe, dass als Tagesquartiere nutzbare Baumspalten hinter abstehenden Borken ebenfalls in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Damit wäre der bereits im Planfeststellungsbeschluss gezogene Schluss vertretbar, die ökologische Funktion der eingriffsbetroffenen Fledermausquartiere werde im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt, zumal im Vorfeld der Baufeldräumung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zusätzlich Fledermausflachkästen in den verbleibenden Waldflächen westlich der Trasse angebracht werden sollen.

140

Entgegen der Auffassung des Klägers wäre die Anwendung des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 mit Art. 12 und 16 FFH-RL vereinbar, weil es nicht zu einer Zerstörung oder Beschädigung der Ruhestätten im unionsrechtlichen Sinne kommt. Mit Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - (BVerwGE 133, 239 Rn. 69 f.) hat der Senat ausgeführt, dass bei einer den Sinn und Zweck der FFH-Richtlinie beachtenden, von der Europäischen Kommission ausdrücklich empfohlenen Auslegung die Gesamtheit mehrerer im Dienst einer Funktion stehenden Plätze, sofern diese im räumlichen Zusammenhang einen Verbund bilden, die durch Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL geschützte Lebensstätte darstellt. Dieses Verständnis ist dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der Abgrenzung der Lebensstätte im konkreten Fall um eine in erster Linie naturschutzfachliche Frage handelt, die je nach den Verhaltensweisen der verschiedenen Arten unterschiedlich beantwortet werden kann. Für die in Rede stehenden Höhlen- und Spaltenquartiere ist in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass sie einen Lebensstättenverbund bilden. Der Kläger hat dies selbst betont, indem er darauf hingewiesen hat, die Höhlen und Spalten würden tageweise wechselnd genutzt. Die Tiere sind demnach nicht auf ein bestimmtes Quartier angewiesen, sondern darauf, dass eines von vielen zum Verbund gehörenden Quartieren ihnen zur Nutzung offen steht. Bietet der Quartierverbund auch ohne die der Trasse weichenden Bäume die notwendigen Quartiere, so ist der unionsrechtliche Zerstörungstatbestand nicht verwirklicht.

141

Der Vortrag des Klägers gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Zwar trifft es zu, dass § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 einen engeren Lebensstättenbegriff zugrunde legt, der nicht den Verbund, sondern dessen einzelne Bestandteile als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte begreift. Durch die tatbestandliche Ergänzung in § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007, der auf den Erhalt der Funktion abstellt, wird aber für "Verbundfälle" die Kongruenz mit der unionsrechtlichen Regelung hergestellt. Das reicht aus. Unionsrechtliche Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber Spielräume für die Umsetzung; diese sind gewahrt, wenn - wie in den "Verbundfällen" - der unionsrechtlich verbürgte Schutzstandard durch die mitgliedstaatliche Regelung gesichert wird.

142

bb) Bezogen auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Zauneidechsen und Schlingnattern hat der Planfeststellungsbeschluss den Zerstörungstatbestand zu Unrecht verneint. Jedoch kommt es darauf für die Entscheidung nicht an, weil eine objektive Ausnahmelage gegeben ist.

143

Für die Zauneidechse ist unstreitig, dass in mehreren Teilgebieten, darunter namentlich den Halden östlich von Freiberg, Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Zuge der Baufeldräumung zerstört werden. Für die Schlingnatter sind dem Vorhabenträger bei seinen Bestandserhebungen für einen Großteil der in Betracht kommenden Habitatflächen zwar keine positiven Nachweise gelungen; auf der Grundlage seiner insoweit vorgenommenen Wahrunterstellungen ist jedoch ebenfalls für die im Reptiliengutachten und im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag bezeichneten Teilflächen vom Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten auszugehen.

144

§ 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 kann einen Verstoß gegen das Zerstörungsverbot nicht ausschließen. Unabhängig davon, ob das vorgesehene neue Habitat zu allen Teilflächen, auf denen geschützte Lebensstätten verloren gehen, in dem von § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten räumlichen Zusammenhang steht, folgt dies wiederum schon daraus, dass mangels eines zulässigen Eingriffs (§ 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG 2007) die einschränkenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 gar nicht zur Anwendung kommen. Da die Planfeststellungsbehörde dies verkannt hat, ist ihre Beurteilung fehlerhaft.

145

Es besteht indessen eine objektive Ausnahmelage, die zur Unerheblichkeit des Fehlers führt.

146

Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 können die nach Landesrecht zuständigen Behörden im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG 2007 aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art zulassen. Darüber hinaus erfordert eine Ausnahme nach Satz 2, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert; weitergehende Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL sind zu beachten. Hängt die artenschutzrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens von Ausnahmen für mehrere Beeinträchtigungen ab, die dieselbe Art betreffen, so sind die Ausnahmevoraussetzungen in einer Gesamtschau der artenschutzwidrigen Beeinträchtigungen zu prüfen, weil sich nur so das für den Ausnahmegrund zu berücksichtigende Gewicht der Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Populationen sachgerecht erfassen lassen. Deshalb sind in die Ausnahmeprüfung die dem Tötungsverbot zuwiderlaufende Baufeldfreimachung und die möglicherweise dem Fangverbot widersprechende CEF-Maßnahme 14 einzubeziehen. Auch bei einer solchen Gesamtbetrachtung liegen die Ausnahmevoraussetzungen vor.

147

Das Planvorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen, die Abweichungen von den Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2007 rechtfertigen. Voraussetzung dieses Ausnahmegrundes ist nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Es reicht vielmehr ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln aus (vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 153 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 55).

148

Diesen Anforderungen ist Genüge getan. Die tatbestandlichen Handlungen sind nur von begrenztem Gewicht. Für das Einfangen der Tiere, um sie vor Tötung oder Schädigung zu bewahren, liegt das auf der Hand. Da im Zuge der Fangaktion bei fachgerechter Durchführung voraussichtlich nur ein relativ kleiner Anteil der Tiere übersehen und damit einem Tötungsrisiko ausgesetzt wird und durch die vorgesehenen Schutzzäune zumindest der ganz überwiegende Teil der im Ausgleichshabitat ausgesetzten Tiere an einer Rückwanderung in ihre angestammten, von der Baufeldräumung betroffenen Lebensräume gehindert wird, gilt Ähnliches für die zu erwartenden Tötungen. Schwerer wiegt zwar der großflächige Verlust von Flächen, welche den Tieren als Fortpflanzungs- und Ruhestätten dienen. Das Gewicht dieses Verlustes wird jedoch dadurch relativiert, dass Ausgleichshabitate in großem Umfang geschaffen bzw. durch Aufwertungsmaßnahmen in ihrer Aufnahmekapazität gestärkt werden. Das Konzept der CEF-Maßnahme 18 erscheint schlüssig. Dass die betreffenden Flächen schon bisher Zauneidechsen als Lebensraum dienen, macht deutlich, dass sie die grundlegenden Habitatbedingungen erfüllen. Ihre Eignung ist zwar in der Vergangenheit durch Aufforstungsmaßnahmen und zunehmende Verbuschung in weiten Teilen stark gemindert worden, aber dem kann durch einfache, verlässlich wirkende Maßnahmen gegengesteuert werden. Es ist deshalb plausibel, dass zum einen eine hohe Aufwertungskapazität besteht und zum anderen die Umgestaltung ihre Wirkung nicht verfehlt. Für die grundsätzliche Eignung der Maßnahme spricht auch der vom Kläger vorgelegte Endbericht über ein FuE-Vorhaben im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz "Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei Infrastrukturvorhaben". Darin heißt es, die von der Zauneidechse benötigten Strukturen seien mit recht einfachen Mitteln leicht zu schaffen; Berichte über gelungene Maßnahmen zur Aufwertung oder Schaffung von Lebensräumen lägen vor (S. A 174). Im selben Bericht wird die Umsiedlung zwar als eine umstrittene Maßnahme bezeichnet, wobei die Gefahren des Verlustes genetischer Vielfalt und eines Auswanderns der Eidechsen erwähnt werden. Da eine Rückwanderung in die angestammten Habitate durch die im ergänzten Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzzäune übergangsweise weitgehend eingedämmt wird und andererseits durch die Vernetzung der Ausgleichshabitate mit benachbarten Habitatflächen ein genetischer Austausch auf Dauer möglich sein wird, hat sich die Planfeststellungsbehörde mit ihrer Annahme, die Risiken seien beherrschbar, im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative gehalten. Das gilt umso mehr, als die CEF-Maßnahme 18 durch ein Monitoring begleitet wird, wie es in dem genannten Endbericht speziell für Umsiedlungsmaßnahmen gefordert wird (S. A 177 f.).

149

Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass dem öffentlichen Interesse an der Realisierung des Vorhabens hoher Stellenwert zukommt. Er manifestiert sich in der Aufnahme des Vorhabens in den Fernstraßenbedarfsplan als vordringlicher Bedarf, zeigt sich aber auch an den gravierenden Unzuträglichkeiten der gegenwärtigen Verkehrssituation in Freiberg, die im Planfeststellungsbeschluss eingehend geschildert ist. Dem verkehrlichen Interesse der Allgemeinheit ist deshalb letztlich höheres Gewicht einzuräumen als den betroffenen Belangen des Artenschutzes.

150

Zumutbare Alternativen im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 fehlen. Da Vermeidungsmaßnahmen, mit denen die verbotswidrigen Einwirkungen an Ort und Stelle ausgeschlossen werden könnten, nicht zur Verfügung stehen, kommt als Alternative lediglich eine andere Trassenführung in Betracht. Im Raum südöstlich und östlich von Freiberg, in dem die Zauneidechse und die Schlingnatter betroffen sind, führen neben der planfestgestellten Trasse jedoch auch die in der Variantenuntersuchung alternativ in Betracht gezogene Untervariante 7 und die mit letzterer teilweise übereinstimmende Variante des Klägers und der Grünen Liga über Flächen, die den beiden Arten als Habitate dienen. Trassenalternativen, bei denen die artenschutzrechtlichen Verbote eingehalten würden, scheiden damit aus.

151

Darüber hinaus ist auch die weitere Voraussetzung erfüllt, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtern darf. Anders als für den Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 kommt es für die Erteilung einer Ausnahme nicht speziell auf den Erhaltungszustand des von dem Vorhaben unmittelbar betroffenen lokalen Vorkommens an. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, die auch die anderen Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in den Blick nimmt. Entscheidend ist, ob die Gesamtheit der Populationen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Für die Beurteilung, ob dies zutrifft, ist der Planfeststellungsbehörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (Urteil vom 9. Juni 2010 a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag hat sich nicht mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Gesamtheit der Populationen von Schlingnatter und Zauneidechse in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten, wohl aber mit denen auf die örtlichen Populationen auseinandergesetzt (Planunterlage 12.6 S. 176 und 179). Er ist zu dem Ergebnis gekommen, der Erhaltungszustand beider Arten werde sich im Freiberger Raum nicht verschlechtern, und stützt diese Einschätzung zum einen auf vorhandene Ausweichhabitate und zum anderen auf die vorgesehenen Maßnahmen zur Schaffung bzw. Aufwertung von Ausgleichshabitaten. Diese Überlegungen erweisen sich als tragfähig. Mit der - wie ausgeführt - naturschutzfachlich vertretbar konzipierten CEF-Maßnahme 18 werden große Anstrengungen unternommen, eine Fläche von immerhin ca. 7,1 ha entsprechend den Habitatansprüchen der Schlingnatter und der Zauneidechse aufzuwerten. Die Maßnahme A 5 ist wegen der Straßenrandlage der von ihr betroffenen Flächen zwar rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Beurteilung der weiteren Populationsentwicklung durch den Fachbeitrag kann jedoch nicht wesentlich auf der Berücksichtigung dieser Maßnahme beruhen. Dies folgt daraus, dass die Überlegungen zum Erhaltungszustand der lokalen Populationen beider Reptilienarten jeweils auf die Schaffung von Ausweichhabitaten in einer Größenordnung von ca. 7,1 ha abstellen, die schon mit der CEF-Maßnahme 18 erreicht werden. Hat sich der Beklagte demnach mit seiner Beurteilung, der Erhaltungszustand der lokalen Populationen von Schlingnatter und Zauneidechse im Freiburger Raum werde sich nicht verschlechtern, innerhalb seiner Einschätzungsprärogative gehalten, so ist auch ohne von ihm dazu angestellte Erwägungen der Schluss gerechtfertigt, dass es in dem räumlich weiter zu ziehenden Bereich des natürlichen Verbreitungsgebiets ebenfalls nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen beider Arten kommen werde.

152

Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist ebenfalls Genüge getan. Dies gilt auch insoweit, als er verlangt, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Wenngleich der Erhaltungszustand beider Arten ungünstig sein mag, schließt Art. 16 Abs. 1 FFH-RL die Erteilung einer Ausnahme dennoch nicht aus. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007 S. I-4713 Rn. 29) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. dazu Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 141 f.). Dass keine Verschlechterung eintritt, ist bereits ausgeführt worden. Ebenso wenig führt das Vorhaben zu konkreten Hürden für Bemühungen, den Erhaltungszustand beider Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu verbessern.

153

3. Wie bereits im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Artenschutz begründet worden ist, ziehen die beanstandeten Mängel der artenschutzrechtlichen Prüfung Fehler bei der Beurteilung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nach sich.

154

Über diese Fehler hinaus erhebt der Kläger - soweit mit seinen Einwendungen nicht präkludiert - die Rüge, die Planfeststellungsbehörde habe gegen das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot verstoßen, indem sie der planfestgestellten Untervariante B den Vorzug gegenüber der Untervariante A gegeben habe, obgleich Letztere den Hospitalwald weniger durchschneide und weniger mit Immissionen belaste. Die Wahl der Untervariante B ist indes nicht am Vermeidungsgebot, sondern allein am fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot zu messen. Das Vermeidungsgebot richtet sich nämlich nur auf die Ausgestaltung des Vorhabens an Ort und Stelle. Die seit dem 1. März 2010 geltende Fassung des Bundesnaturschutzgesetzes bringt dies in § 15 Abs. 1 Satz 2 schon durch ihren Wortlaut ("am gleichen Ort") zum Ausdruck. Gleiches galt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber auch schon für den früheren, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Rechtszustand (vgl. bereits Urteil vom 7. März 1997 - BVerwG 4 C 10.96 - BVerwGE 104, 144 <146 ff.>). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Nach alter wie nach neuer Fassung des Vermeidungsgebots, das sich ausweislich des Gesetzeswortlauts nicht gegen den Eingriff als solchen, sondern nur gegen mit ihm verbundene Beeinträchtigungen richtet, wird die Trassenwahl allein durch das Abwägungsgebot gesteuert. Dies hat nicht bloß für die Entscheidung zwischen verschiedenen Hauptvarianten, sondern auch für die Auswahl zwischen Untervarianten zu gelten, zumal wenn sie - wie hier - im Trassenverlauf deutlich voneinander abweichen und zu deutlich verschiedenen Betroffenheiten gegenläufiger abwägungserheblicher Belange führen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass über den Ausgleich zwischen den gegenläufigen Belangen unter Berücksichtigung des ihnen nach den konkreten Umständen zukommenden Gewichts entschieden wird. Wendete man das Vermeidungsgebot auf derartige Konstellationen an, so liefe dies darauf hinaus, Naturschutzbelangen einen abstrakten Gewichtungsvorrang zu sichern. Eine solche Intention kommt auch in der vor Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes 2010 geltenden Eingriffsregelung nicht zum Ausdruck.

155

4. Dass die planerische Abwägung von Mängeln der habitat- und artenschutzrechtlichen Beurteilung infiziert wird, hat schon die Kontrolle der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Oberes Freiberger Muldetal" (B.1.a.aa.(2)) und des für den Querungsbereich der Bahnstrecke Freiberg-Nossen entwickelten artenschutzrechtlichen Schutzkonzepts (B.2.a.aa.(2)) ergeben. Die darüber hinausgehenden Einwendungen des Klägers gegen die Abwägung greifen nicht durch.

156

a) Bezogen auf den Trassenabschnitt westlich von Freiberg macht der Kläger geltend, die behördliche Entscheidung, der den Hospitalwald querenden Trassenvariante 3 den Vorzug vor der Variante 4 und der mit dieser hier weitgehend übereinstimmenden Vorschlagsvariante der Naturschutzvereinigungen zu geben, lasse eine Fehlgewichtung der Belange des Naturschutzes erkennen. Dem kann - abgesehen von der Fehlbeurteilung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände - nicht gefolgt werden. Die Planfeststellungsbehörde hat durchaus erkannt, dass die mit der planfestgestellten Trasse verbundene Zerschneidung, Verlärmung und Schadstoffbelastung des Hospitalwaldes schwerwiegende, erst auf längere Sicht kompensierbare Beeinträchtigungen darstellen. Dass sie sich dennoch für die Variante 3 entschieden hat, ist nicht erkennbarer Ausdruck einer objektiven Fehlgewichtung dieser Beeinträchtigungen, sondern Ergebnis einer vergleichenden Bewertung der Varianten unter Einbeziehung anderer berührter Belange. Diese Vorzugsentscheidung kann gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sich eine der Alternativtrassen gegenüber der planfestgestellten Trasse eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung erweist und sich deshalb der Planfeststellungsbehörde als vorzugswürdig aufdrängen musste (Beschluss vom 24. April 2009 - BVerwG 9 B 10.09 - NVwZ 2009, 986 Rn. 7 m.w.N.). Das ist zu verneinen. Die Variante 4 und die Vorschlagsvariante der Naturschutzvereinigungen sind der Variante 3 zwar unter dem Blickwinkel des Naturschutzes überlegen, führen aber zu deutlichen Nachteilen für andere Belange. Der Planfeststellungsbeschluss begründet dies detailliert (S. 71 ff.). Hervorzuheben sind die verkehrlichen Nachteile und die Nachteile für die Wohnbevölkerung. Die Variante 4 müsste teilweise durch bebautes Gebiet geführt werden; sie wäre dort mit mindestens vier plangleichen Knotenpunkten verbunden, die ausgebaut und mit Lichtsignalanlagen ausgerüstet werden müssten. Daran würden sich Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit, Verkehrsqualität und Verkehrssicherheit knüpfen mit der Folge, dass die Entlastungswirkung für das Straßennetz in Freiberg deutlich geringer wäre als die der planfestgestellten Variante 3. Die Verkehrsfunktion einer Ortsumgehung könnte dieser Teilabschnitt somit nur eingeschränkt erfüllen. Dass die Führung durch Teile der Ortslage im Vergleich zur Variante 3 mit erheblich höheren Lärm- und Schadstoffbelastungen der Bevölkerung verbunden wäre, versteht sich von selbst; nach Angaben des Planfeststellungsbeschlusses würden in großem Umfang Lärmschutzwände erforderlich. Im Vergleich zwischen den Varianten 3 und 4 geht es somit um den klassischen Konflikt zwischen den Belangen des Menschen und denen der Natur. In diesem Konflikt den Belangen der Natur den Vorrang einzuräumen, musste sich der Behörde nach den konkreten Umständen jedenfalls nicht aufdrängen.

157

Soweit der Kläger überdies als abwägungsfehlerhaft rügt, dass die Planfeststellungsbehörde der Untervariante B trotz der mit ihr verbundenen Nachteile für Naturschutzbelange gegenüber der Untervariante A den Vorzug gegeben habe, kann ihm gleichfalls nicht gefolgt werden. Die vom Kläger aufgelisteten Nachteile der Untervariante B - längere Zerschneidungsstrecke, Separierung größerer Waldflächen vom übrigen Waldbestand, Immissionsbelastung größerer Waldflächen, 1 ha mehr Waldverlust - hat die Planfeststellungsbehörde nicht nur erkannt, sondern als erhebliche Nachteile herausgestellt (PFB S. 95). Sie hat ihnen indes Vorteile unter anderen Naturschutzaspekten - 2 ha geringerer Flächenverbrauch und geringere Beeinträchtigung des Grundwasserdargebotspotenzials -, vor allem aber Vorteile für andere Belange wie das signifikante Abrücken von der Wohnbebauung und die daraus folgende geringere Lärm- und Schadstoffbelastung der Bevölkerung im Freiberger Ortsteil Friedeburg, die fehlende Notwendigkeit der Beseitigung von Kleingärten und zugehörigen Gartenhäusern, trassierungstechnische und wirtschaftliche Vorteile sowie eine verbesserte CO2-Bilanz angeführt (S. 93 ff.). Dass der Planfeststellungsbeschluss diese Gesichtspunkte in der Gesamtschau stärker gewichtet, lässt Abwägungsdisproportionalitäten nicht erkennen.

158

Nur ergänzend merkt der Senat an, dass die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zur Würdigung der übrigen Trassenvarianten westlich von Freiberg, die die verkehrlichen Nachteile der Variante 4 und der Variante der Naturschutzvereinigungen vermeiden, recht vage bleiben. Da der Kläger in dieser Hinsicht keine Rügen erhoben hat, ist dem hier aber nicht weiter nachzugehen.

159

b) Bezogen auf den Trassenabschnitt zwischen der Hüttenstraße und dem Ausbauende rügt der Kläger als abwägungsfehlerhaft, dass die Planfeststellungsbehörde es versäumt habe, anknüpfend an den Trassenvorschlag der Naturschutzvereinigungen einen bestandsorientierten Ausbau als Alternative zur planfestgestellten Muldequerung vorzusehen. Auch mit diesem Einwand wird kein Abwägungsmangel aufgezeigt.

160

Der Kläger macht selbst nicht geltend, dass der Trassenvorschlag der Naturschutzvereinigungen in der unterbreiteten Form gegenüber der planfestgestellten Trasse im genannten Abschnitt vorzugswürdig sei. Er wirft der Planfeststellungsbehörde vielmehr ein Ermittlungsdefizit vor, weil sie die Möglichkeit eines "bestandsorientierten Ausbaus" nicht untersucht und in die vergleichende Betrachtung einbezogen habe. Dem wäre nur zu folgen, wenn ein solcher Ausbau - obgleich vom Kläger im Anhörungsverfahren nicht gefordert - eine Alternative gewesen wäre, deren Prüfung sich angeboten hätte. Dies ist zu verneinen. Die Bestandsstrecke verläuft auf einer Länge von 500 m in unmittelbarer Nähe der Ortslage Halsbach; sie hat mehrere Verknüpfungen mit dem untergeordneten Straßennetz und dient der Erschließung angrenzender Felder (PFB S. 85). Sie hat Steigungen zu bewältigen, die westlich der Mulde 8 %, östlich des Flusses 10 % betragen. Wie bei diesen topographischen Verhältnissen, in Anbetracht der Ortsnähe von Halsbach und mit Blick auf die von der Straße bisher wahrgenommene Erschließungsfunktion ein bestandsorientierter Ausbau aussehen könnte, der sowohl den Anforderungen des Fernverkehrs als auch den Immissionsbelangen der Wohnbevölkerung entspricht, hat der Kläger nicht ansatzweise dargelegt. Ein "bestandsorientierter Ausbau" stellt deshalb keine sich anbietende Alternative dar, die näher hätte untersucht werden müssen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen Nebenbestimmungen, die der Beklagte der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage – WKA – beigefügt hat.

2

Die genehmigte WKA befindet sich innerhalb eines Windparks mit 31 WKA. Der geplante Standort liegt im Geltungsbereich eines rechtgültigen Bebauungsplans und in einem Vorranggebiet für die Nutzung der Windenergie nach dem Regionalen Entwicklungsplan Harz (Nr. IV A.). Mit Bescheid vom 18.12.2009 genehmigte der Beklagte die Errichtung und den Betrieb einer WKA vom Typ Vestas V 90 mit einer Nennleistung von 2,0 MW, einer Nabenhöhe von 105,0 m und einem Rotordurchmesser von 90,0 m. Der Genehmigung waren unter Punkt 9 des Bescheides naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen beigefügt. Die Nummer 9.5, gegen die sich die Klägerin richtet, hat folgenden Wortlaut:

3

Im Zeitraum von einem Jahr nach Errichtung der WKA sind in den Monaten März bis Oktober in einer wöchentlichen Begehung im Umkreis von 100 m zum Mastfuß der WKA Totfundsuchen auf Fledermäuse durchzuführen. Diese Totfundsuchen haben jeweils in den frühen Morgenstunden zu erfolgen, um eine Verfälschung der Ergebnisse durch Prädatoren so gering wie möglich zu halten. Mit den angeordneten Untersuchungen ist ein im Fledermausschutz erfahrenes und anerkanntes Fachbüro zu beauftragen. Die Untersuchungsergebnisse sind nach Auswertung der Daten der Genehmigungsbehörde umgehend zur Verfügung zu stellen.

4

Anordnungen gemäß § 17 BImSchG über zusätzliche Abschaltungen der WKA zum Schutz von Fledermäusen (z.B. während des Frühjahrs- bzw. Herbstzuges) bleiben vorbehalten, d.h. es können in Abstimmung zwischen der oberen Naturschutzbehörde und der Genehmigungsbehörde weitere Minderungsmaßnahmen …. festgelegt werden.

5

Am 18.01.2010 hat die Klägerin gegen diese Nebenbestimmung Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben.

6

Zur Begründung der Klage hat sie geltend gemacht:

7

Eine Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmung sei nicht erkennbar. Ebenso fehle es an einer Rechtsgrundlage für nachträgliche Anordnungen, wie sie im 2. Absatz der Nebenbestimmung angeordnet seien. § 17 BImSchG beziehe sich lediglich auf das Bundesimmissionsschutzgesetz und die auf Grundlage dessen erlassenen Verordnungen. Abschaltzeiten im Hinblick auf angebliche naturschutzfachliche Beeinträchtigungen seien indes durch § 17 BImSchG nicht gedeckt. Eine Beeinträchtigung des Fledermausvorkommens durch die streitgegenständliche WKA sei auch nicht zu erwarten. Dies ergebe sich aus dem in den Genehmigungsunterlagen befindlichen Fachgutachten von „MYOTIS – Büro für Landschaftsökologie“ vom 26.10.2005.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

1. die Nebenbestimmung Ziff. 9.5 aufzuheben und
2. hilfsweise Sachverständigenbeweis darüber zu erheben,
ob und wenn ja, welche anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen die Errichtung der streitgegenständlichen Windkraftanlage in der Gemarkung A., Flur A, Flurstücke 186/4 und 4/3 auf Fledermäuse hat
und
ob eine Totfundsuche wie in Nebenbestimmung 9.5 fachlich notwendig ist, um solche Auswirkungen bewerten zu können, insbesondere was den Zeitraum von März bis Oktober und den Umkreis von 100 Metern um den Mastfuß betrifft; und ob hier mit Blick auf die heutigen Erkenntnisse zum Konflikt Fledermäuse und Windenergieanlagen ein geringerer Umfang der Untersuchungen ausreichend ist.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Zur Klageerwiderung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die streitige Nebenbestimmung sei rechtens. Insbesondere stehe die Notwendigkeit, das angeordnete Monitoring zu betreiben, außer Zweifel. Das vorliegende Gutachten weise ausdrücklich darauf hin, dass Verluste von Fledermäusen nicht gänzlich auszuschließen seien. Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten stamme aus dem Jahre 2005 und sei veraltet. Er hätte deshalb von der Klägerin die Vorlage eines aktuelleren Gutachtens verlangen können. Dies wäre aber mit einem erheblichen zeitlichen Aufwand verbunden gewesen. Er habe sich deshalb für die streitige Nebenbestimmung als das weniger belastende Mittel entschieden.

13

Die Klage hat das Verwaltungsgericht Magdeburg mit Urteil vom 14.11.2011 (1 A 19/10 MD) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

14

Die strittige Auflage finde ihre rechtliche Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG.

15

Ohne das Monitoring sei das Vorhaben der Klägerin nicht mit dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BlmSchG normierten Vorsorgeprinzip und dem nach § 6 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Tötungsverbot von wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nach § 42 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. BNatSchG a. F. vereinbar. Auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG könnten gegenüber dem Anlagenbetreiber auch sog. „Hilfspflichten“ festgelegt werden, mit denen die Einhaltung der materiellen Anforderungen der Genehmigungsfähigkeit einer Anlage sichergestellt werden solle. Dabei könnten auch über §§ 26, 28 und 29 BlmSchG hinausgehende Untersuchungen angeordnet werden, wenn sie zur Sicherstellung der Genehmigungsfähigkeit erforderlich seien.

16

Vorliegend seien ausweislich der naturschutzfachlichen Bewertung der oberen Naturschutzbehörde negative Auswirkungen der Anlage auf den Fledermausbestand zu befürchten. Zur Schaffung der Genehmigungsvoraussetzungen seien entsprechende bislang vor Erteilung der Genehmigung noch nicht erfolgte Untersuchungen zu diesen Auswirkungen erforderlich. Als milderes Mittel zur Verweigerung der Genehmigung sei die streitige Auflage zulässig. Hierbei handele es sich nicht um eine Ausweitung einer ständigen Eigenüberwachung des Anlagenbetreibers. Denn die angeordneten Untersuchungen würden auf ein Jahr nach Errichtung der Anlage beschränkt.

17

Die obere Naturschutzbehörde des Beklagten habe in ihrer naturschutzfachlichen Bewertung vom 09.06.2009 nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Kollision von Fledermäusen mit der genehmigten Windkraftanlage nicht auszuschließen und deshalb eine zeitnahe Prüfung des Fledermausschlagrisikos durch ein Monitorprogramm erforderlich sei. Schließlich sei es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das Fledermausmonitoring für einen Umkreis von 100 Metern zum Mastfuß anordnet habe. Die darauf beruhende Annahme des Beklagten, dass in diesem Bereich mit Totfunden gerechnet werden könne, sei von der naturschutzrechtlichen Einschätzungsprärogative gedeckt. Hierfür spreche insbesondere, dass der Umkreis innerhalb der für Windkraftanlagen geltenden Abstandsfläche gemäß § 6 Abs. 7 Satz 2 BauO LSA liege, die bei der Anlage entsprechend ihrer Gesamthöhe 150 m betrage.

18

Dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin über die anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen der mit Bescheid des Beklagten vom 18.12.2009 genehmigten Windkraftanlage auf Fledermäuse sei nicht nachzugehen. Dem Gericht liege mit dem von der Klägerin im behördlichen Verfahren vorgelegten Umweltbericht des Ingenieurbüros vom Januar 2008 und der nachschutzfachlichen Bewertung der oberen Naturschutzbehörde vom 09.06.2009 eine ausreichende Tatsachengrundlage zur Bewertung der Sachlage vor. Der Klägerin sei die Durchführung des Monitorings auch tatsächlich und rechtlich möglich. Die Klägerin habe es in der Hand, die Durchführung eines Monitorings gegenüber ihren Pächtern durchzusetzen.

19

Auch der Beweisantrag über die Notwendigkeit des angeordneten, insbesondere des zeitlichen und räumlichen, Umfangs des Monitorings sei abzulehnen. Bei diesem Beweisantrag handele es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis.

20

Schließlich sei auch der auf § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG und § 17 BlmSchG beruhende Vorbehalt zur nachträglichen Anordnung von Abschaltzeiten, auch soweit es sich dabei nicht nur um einen bloßen Hinweis, sondern um einen Verwaltungsakt handeln sollte, nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne eine solche Anordnung auch zur Vermeidung von Verletzungen naturschutzrechtlicher Bestimmungen getroffen werden. Eine artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 oder 5 BNatSchG a F. von dem Tötungsverbot des 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a. F. komme ebenso wenig wie eine artenschutzrechtliche Befreiung nach § 62 Satz 1 BNatSchG a. F in Betracht.

21

Der Senat hat mit Beschluss vom 01.08.2013 die Berufung zugelassen. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht im Wesentlichen wie folgt begründet:

22

Die Nebenbestimmung Ziff. 9.5 sei in Gänze aufzuheben. Für das Monitoring fehle es an einer Rechtsgrundlage. Darüber hinaus sei die strittige Nebenbestimmung auch zu unbestimmt. Es sei nicht ersichtlich, was sie konkret als Monitoring veranlassen solle. Ebenso wenig sei ersichtlich, zu welchem Ergebnis das Monitoring kommen könne und müsse, um Abschaltzeiten rechtfertigen zu können. Ferner sei die Monitoring-auflage auch deshalb aufzuheben, weil der Beklagte rechtlich gehindert sei, ein Monitoring durchzuführen. Die Nebenbestimmung Ziff. 9.5 sei auch insoweit aufzuheben, wie sie einen Auflagenvorbehalt formuliere. Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein solcher Auflagenvorbehalt auf § 12 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG gestützt werden könne. Insoweit sei § 12 Abs. 2 a BImSchG Spezialnorm. Danach sei ein Auflagenvorbehalt nur mit Zustimmung des Antragstellers zulässig.

23

Diese Einschränkung nach § 12 Abs. 2 a BImSchG sei gerade mit Blick auf den Rechtsanspruch des Betroffenen auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (vgl. § 4, 6 BImSchG) zwingend. Die Klägerin habe insoweit einen Rechtsanspruch auf eine abschließende Entscheidung über den Genehmigungsantrag im WKA-Genehmigungsverfahren. Dieser Anspruch auf abschließende Entscheidung würde unterlaufen, könnte eine Immissionsschutzbehörde durch Nebenbestimmungen Auflagenvorbehalte frei „kreieren“. Ein Verzicht auf eine abschließende Entscheidung bereits im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sei danach nur dann möglich, wenn ausnahmsweise das Einverständnis des Betroffenen vorliege. Daran fehle es hier.

24

Selbst wenn man einmal unterstelle, es gebe eine Rechtsgrundlage für ein Monitoring und einen Auflagenvorbehalt, so wäre die hier angegriffene Nebenbestimmung 9.5 noch aus einem weiteren Grund rechtswidrig. Aus den Antragsunterlagen sei nichts dafür ersichtlich, dass im Bereich der streitigen Windenergieanlage eine hierfür erforderliche Aktivitätsdichte von Fledermäusen vorliege, die die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos als naturschutzfachlich vertretbar erscheinen lassen könnte. Nach der Rechtsprechung des Senats genüge die allenfalls vorliegende Besorgnis eines Fledermausopfers an WKA gerade nicht, um beispielsweise Fledermausabschaltzeiten rechtfertigen zu können. Dasselbe müsse – erst recht – für eine bloße Monitoringauflage nebst Auflagenvorbehalt gelten.

25

Die Klägerin beantragt,

26

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 14.11.2011 (1 A 19/10 MD) zu ändern und die Nebenbestimmung Nr. 9.5 des Bescheides des Beklagten vom 18.12.2009 aufzuheben.

27

Der Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen

29

Zur Begründung trägt er vor: Rechtsgrundlage für die strittige Monitoringauflage sei der im Genehmigungsverfahren zwingend umzusetzende Artenschutz. Es liege der Anfangsverdacht einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für Fledermäuse vor. Ausschlaggebend sei hier der „Umweltbericht mit integriertem Grünordnungsplan zum Bebauungsplan Windpark A.“ vom Januar 2008. Dieser verweise auf ein Gutachten zur Schlagopferanalyse bei Fledermäusen aus dem Jahr 2005, in welchem ein Abendsegler als Totfund bzw. durch die Detektorerfassung die Arten Abendsegler, Zwergfledermaus und Breitflügelfledermaus nachgewiesen würden. Das Gutachten schlussfolgere, dass der Abendsegler das Untersuchungsgebiet während der saisonalen Wanderungen frequentiere sowie die Arten Zwergfledermaus und Breitflügelfledermaus in den umliegenden Ortschaften auch Wochenstubengemeinschaften bildeten und so die Flächen des Untersuchungsgebietes außerhalb der Winterruhe ganzjährig als Jagdgebiet nutzten. Das Gutachten stamme zwar aus dem Jahre 2005, und aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.01.2007 könne es nicht zur abschließenden Entscheidungsfindung herangezogen werden. Der Anfangsverdacht einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos sei damit jedoch zweifelsfrei begründet. Dieser Anfangsverdacht werde weiterhin dadurch gestärkt, dass das herangezogene Gutachten aus heutiger Sicht aufgrund der Beschränkung des Untersuchungszeitraumes auf den Herbstzug sowie des allgemein unzureichenden Erkenntnisstandes zu dieser Zeit unzureichend sei. Eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis, ob die Signifikanzschwelle an der beantragten WKA überschritten werde, müsse das beauflagte Schlagopfermonitoring erbringen. Aus diesem Grund habe der Beklagte auch noch keine Abschaltzeiten auferlegen können, da hierfür gesicherte Erkenntnisse noch nicht vorlägen.

30

Der Auflagenvorbehalt finde seine Rechtsgrundlage in § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG. Durch die Umsetzung von Vermeidungsmaßnahmen werde verhindert, dass der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand des § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG eintrete und dies somit bei einer Überschreitung der Signifikanzschwelle der erheblichen Störung gar die Versagung der Genehmigung zur Folge hätte. Die strittige Nebenbestimmung sei weder zu unbestimmt, noch sei es der Klägerin rechtlich unmöglich sie umzusetzen. Das Problem der Inanspruchnahme fremder Grundstücke könnte durch Duldungsverfügungen gegenüber hindernden Personen beseitigt werden.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32

Die zulässige Berufung ist begründet.

33

Die gegen die Nebenbestimmung Nr. 9.5 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 18.12.2009 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet, weil diese Auflage rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

34

Für die unter der Nebenbestimmung Nr. 9.5 angeordneten Untersuchungsmaßnahmen besteht keine rechtliche Grundlage.

35

Die strittigen Auflagen können insbesondere nicht auf § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden. Danach kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen.

36

Die Auflage ist zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht erforderlich, insbesondere nicht, um einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) auszuräumen. Nach dieser Vorschrift ist es u.a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts Halle im Urteil vom 23.11.2010 (– 4 A 34/10 – nach juris) und schließt sich dieser an. Das Verwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung ausgeführt:

37

„Das angeordnete Monitoring ist bereits nicht geeignet, dem Tötungs- bzw. Verletzungsverbot entgegenzuwirken, insbesondere das vom Beklagten angeführte Kollisionsrisiko für die Fledermäuse zu reduzieren. Durch die Suche nach getöteten Tieren kann nämlich eine Tötung der Tiere nicht verhindert werden. Vielmehr lassen sich durch ein Monitoring lediglich Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen der Tiere gewinnen, nicht aber diese vermeiden.

38

Des Weiteren handelt es sich bei den der Klägerin unter der Nebenbestimmung Nr. 9.5 aufgegebenen Maßnahmen um solche der Eigenüberwachung ihres Vorhabens, nämlich zur Gewinnung von Erkenntnissen darüber, welche Auswirkungen der Betrieb der Windkraftanlage auf die Natur, namentlich auf die die Gehölzstrukturen nutzenden Fledermäuse, hat. Für die Anordnung einer solchen Eigenüberwachungsmaßnahme bedarf es aber grundsätzlich einer konkreten gesetzlichen Ermächtigung, die nicht besteht (vgl. auch VGH München, Urteil vom 19. Februar 2009 – 22 BV 08.1164 – Juris)“.

39

Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass Behörden – dies folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – nur solche belastenden Maßnahmen anordnen können, die geeignet und erforderlich sind, eine gegebene Gefahrenlage oder einen Rechtsverstoß zu beseitigen. Eine belastende Maßnahme – wie ein Schlagopfermonitoring – ist nur dann ein geeignetes Mittel, einen Rechtsverstoß zu beseitigen oder zu verhindern, wenn sie einen Kausalverlauf unterbricht, der zum Eintritt des Rechtsverstoßes führt. Mit einer Maßnahme der Sachverhaltsaufklärung wird aber kein Kausalzusammenhang unterbrochen, und die Ursache einer Rechtsbeeinträchtigung wird dadurch nicht beseitigt (vgl. Urt. des Sen. v. 18.11.1998 – A 2 S 501/96 –, nach Juris; zu einer insoweit vergleichbaren Rechtslage im Polizeirecht). Durch ein Schlagopfermonitoring lassen sich lediglich Erkenntnisse über tote Fledermäuse gewinnen, die Tötung von Fledermäusen wird dadurch nicht verhindert. Hegt eine Behörde Zweifel, ob ein Verstoß gegen das Tötungsverbot vorliegt, muss sie diesen im Genehmigungsverfahren nachgehen und ggf. eine Bestandserhebung veranlassen, um zu hinreichend gesicherten Erkenntnissen zu gelangen. Die Anordnung eines Monitorings ist kein zulässiges Mittel, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren (so auch VG Greifswald, Urt. v. 06.06.2013 – 5 A 476/11 –, nach Juris).

40

Soweit das Bundesverwaltungsgericht zu einem fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren im Zusammenhang mit der Frage der Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets entschieden hat, dass es sich gerade bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen anbieten könne, durch ein Monitoring weitere Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 – BVerwG 9 A 20.05 – nach Juris), ergibt sich daraus nichts anderes. In diesem Fall lag eine Rechtsbeeinträchtigung bereits tatsächlich vor. Es sollte lediglich überprüft werden, ob andere Maßnahmen, die die Rechtsbeeinträchtigungen verhindern oder kompensieren sollten, wirksam waren. Das hier strittige Monitoring dient indes allein der Sachverhaltsaufklärung und damit nur der Frage, ob eine Rechtsbeeinträchtigung als Verstoß gegen das Tötungsverbot tatbestandlich überhaupt vorliegt (so auch VG Halle, Urt. v. 23.11.2010, a.a.O.).

41

Selbst wenn man jedoch § 12 Abs.1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § § 42 Abs.1 Nr.1, 1. Alt. BNatSchG a.F (§ 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG) als eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für eine Schlagopfermonitoringauflage ansehen würde, lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 42 Abs.1 Nr. 1 1.Alt. BNatSchG a.F. (§ 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG) nicht vor.

42

Sollen Windenergieanlagen in einer Gegend errichtet werden, die in der Flugroute fernwandernder Fledermausarten liegen, begründet dies zwar gewissermaßen einen Anfangsverdacht für eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Signifikanzschwelle auch in solchen Fällen erst dann überschritten ist, wenn aufgrund einer hinreichend gesicherten Tatsachenbasis feststeht, dass gerade an dem konkreten Standort der zu errichtenden WKA und nicht nur in dessen näherer und weiterer Umgebung zu bestimmten Zeiten schlagopfergefährdete Fledermäuse in einer Zahl auftreten, die Kollisionen von mehr als nur einzelnen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Der erwähnte „Anfangsverdacht“ ist nicht dahingehend zu verstehen, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führt und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründet, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweist. Vielmehr handelt es sich bei dem Anfangsverdacht nur um einen ersten Anschein, der je nach den Umständen des Einzelfalls einer näheren Konkretisierung und weiteren tatsächlichen Fundierung bedarf, die als solche auch nicht der behördlichen Einschätzungsprärogative zuzurechnen ist, sondern der vollen tatrichterlichen Kontrolle unterliegt. Ferner ist bei Fledermäusen in besonderem Maße zu beachten, dass die Zahl der Individuen, die von dem signifikant erhöhten Tötungsrisiko betroffen sind, über wenige Einzelexemplare hinausgehen muss. Bei lebensnaher Betrachtung ist nie völlig auszuschließen, dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit WKA bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können. Fledermäuse treten in Individuenzahlen auf, die die Zahl der Individuen anderer geschützter und kollisionsgefährdeter Tierarten, etwa des Rotmilans, um ein Vielfaches und damit in einem Maße übersteigt, das es rechtfertigt, insoweit von einer anderen Größenordnung zu sprechen (vgl. Urt. d. Sen. v. 16.05.2013 – 2 L 80/11 –, nach Juris.). Allein der Umstand, dass der Beklagte keine Abschaltauflage, sondern lediglich ein Schlagopfermonitoring als Maßnahme beabsichtigt, welche den Anlagenbetreiber weniger belastet als eine Abschaltauflage, führt nicht dazu, dass die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung für die Anordnung eines Schlagopfermonitorings geringere wären als die für die Anordnung einer Abschaltauflage.

43

Die vom Beklagten hier angeführte Tatsachenbasis genügt nicht. Der Beklagte trägt hierzu lediglich vor, dass ein vorliegendes Gutachten aus dem Jahre 2005 für den strittigen Standort die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für wildlebende Fledermausarten nicht gänzlich ausschließe. Das Gutachten sei aufgrund seines Alters allerdings nicht mehr verwendbar. Auf die Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung, auf welche Tatsachen der Beklagte die Annahme der Voraussetzungen des § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG42 Abs.1 Nr. 1 1.Alt.BNatSchG a. F.) stütze, konnte er dazu keine Angaben machen.

44

Ferner ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte selber – beispielsweise im Verfahren 2 L 175/11 – die Auffassung vertritt, dass ein Schlagopfermonitoring allein heutigen wissenschaftlichen Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung in der Fledermausforschung nicht mehr in ausreichender Weise genügt.

45

Aus den vorgenannten Erwägungen entfällt auch jede Rechtfertigung für den Auflagenvorbehalt, und zwar unabhängig von der Frage, ob § 12 Abs. 2a BImSchG für einen Auflagenvorbehalt lex specialis ist und dieser damit nur mit Einwilligung des Anlagenbetreibers erteilt werden kann.

46

Mangelt es sonach an einer rechtlichen Grundlage für die Nebenbestimmung Nr. 9.5, kann die Klägerin auch deren Aufhebung beanspruchen. Dies ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der verbleibende Teil der der Klägerin erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung rechtswidrig wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.1984 1984 – BVerwG, 4 C 70.80 –, NVwZ 1984, 366). Die ohne die Nebenbestimmung Nr. 9.5 verbleibende Genehmigung ist nicht rechtswidrig. Es bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb der strittigen WKA gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. (§ 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG) verstößt bzw. dass dem Betrieb insoweit Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, 1. Alt. BauGB entgegenstehen.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.

48

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.

(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.

(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Bei der Festlegung der Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten. Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen.

(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.

(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.

(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.

(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.

(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.