Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 02. Dez. 2015 - 2 L 4/15

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2015:1202.2L4.15.0A
bei uns veröffentlicht am02.12.2015

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten getroffene Feststellung, dass im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen der Bundesautobahn 2 und der Bundesstraße 1 gelegene Grundstücke des Klägers (Gemarkung H., Flur A, Flurstücke 1/44, 1/48 und 163 sowie der Flur B, Flurstücke 1/63, 1/65, 1/67, 150, 151 154, 155, 157, 162, 165, 167 und 171) zum Denkmalbereich „Grenzübergangsstelle Marienborn" gehören. Grundlage dieser Feststellung war insbesondere ein Gutachten der Landeskonservatorin bei Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt vom 03.09.2012 (Bl. 32 des Verwaltungsvorgangs [Beiakte B]), in der sie u.a. (vgl. S. 3 f.) ausführte:

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„Die Einrichtung der alliierten Grenzkontrollstelle an der Autobahn Berlin-Hannover im Jahre 1945 steht am Beginn der städtebaulichen Entwicklung der Grenzübergangstelle, die im Bereich des Magdeburger Geheges völlig neu entstand. Auf dem Gelände befanden sich mit Ausnahme der Autobahn und der Reichsstraße 1 (B1) vorher ausschließlich Waldflächen.

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Die heute vorhandene Rodungsfläche sowie sämtliche bauliche Anlagen, die von 1945 bis 1989 entstanden, stehen ausschließlich mit der Existenz der GÜSt im Zusammenhang. Selbst die als erhebliche Störung des Denkmalbereichs entstandene Raststätte wäre ohne die vorher vorhandene GÜSt hier kaum errichtet worden.

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Die Rodungsfläche bildet nördlich der Autobahn einen charakteristischen Keil aus, der zum Punkt des Grenzübertritts der Autobahn zuläuft und räumlich wirkungsvoll und bewusst angelegt ist.

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Die Bauten, Straßenführungen und Flächen der GÜSt sind nach wie vor Struktur bestimmend. Ihre städtebauliche Struktur, zu der neben der Organisation von Wegeführung und Gebäuden im Kontrollterritorium und im Unterkunfts- und Verwaltungsbereich auch die weiteren Freiflächen und die dort platzierten Anlagen und Gebäude gehören, ist von höchstem dokumentarischen Wert und historischer Wertigkeit, da sie die Organisation und die Konzeption der GÜSt deutlich machen. Ihre Bestandteile bilden einen historischen und funktionalen Zusammenhang.

6

Die Grenzübergangsstelle Marienborn …. ist in den umfänglich erhaltenen Teilen weitgehend authentisch überliefert. Die gegen die erheblichen Bedenken des damaligen Landesamtes für Denkmalpflege neu erbaute Autobahnabfahrt sowie die ebenfalls gegen die erheblichen Bedenken des Landesamts und unter Abbruch von Teilen des Kontrollbereichs errichtete Raststätte Marienborn sind zweifelsfrei als empfindliche Störungen des Denkmals zu bewerten. Die verbleibenden Teile sind jedoch noch ausreichend, um das Denkmal zu konstituieren…

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Unbeachtliche Umstände: Zustand

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Unbeachtlich sind für die Denkmaleigenschaft in der Regel der Zustand einer Sache, also Veränderungen und Schäden. Der Zustand der Anlage ist ohnehin insgesamt als befriedigend zu bezeichnen.

9

Der Zustand einzelner Teile der Anlage, insbesondere der Freiflächen ist jedoch durch unterlassene Pflege im Sinne des § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA geprägt. Die vormalig freigehaltenen Flächen des Grenzsicherungsbereichs drohen zu verbuschen und zu verwalden. Sichtbeziehungen und Funktionszusammenhänge sind nicht mehr oder nicht hinreichend gut wahrnehmbar. Durch entsprechende Maßnahmen ist hier jedoch ein denkmalgerechter Zustand kurzfristig und ohne Weiteres wieder herzustellen.“

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Nachdem der Kläger Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid erhoben hatte, führte die Landeskonservatorin in einer weiteren Stellungnahme vom 19.11.2012 (Bl. 65 ff. des Verwaltungsvorgangs) ergänzend aus, bereits nach der Planskizze und ausführlichen Denkmalbegründung vom 17.10.1990 seien die Flächen nördlich der Autobahn bis zur B 1 integraler Bestandteil des Flächendenkmals gewesen. Auch das Kulturdenkmal GÜSt Marienborn habe sich seit seiner Unterschutzstellung erheblich verändert. Autobahnbau, Bau der Rastanlage südlich der Autobahn, forstliche Nutzung und Verfall hätten gegenüber dem Zeitpunkt der Unterschutzstellung im Jahre 1990 die Integrität und Authentizität beeinträchtigt. Dennoch sei die Denkmalfähigkeit der baulichen Gesamtanlage dadurch nicht beeinträchtigt.

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Den Widerspruch des Klägers wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 ab.

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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Feststellungsbescheid des Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Grundstücke nicht vom Denkmal „Grenzübergangsstelle Marienborn“ erfasst seien. Zur Begründung hat es u.a ausgeführt:

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Es unterliege zunächst keinen Zweifeln, dass die Grenzübergangsstelle Marienborn, die als Denkmalbereich im vorgenannten Sinne in das nachrichtliche Denkmalverzeichnis eingetragen sei, als solche die Kriterien eines Kulturdenkmals in der Form eines Denkmalbereichs erfülle. Das Gericht folge insoweit den zutreffenden gutachterlichen Ausführungen der Landeskonservatorin und den darin enthaltenen Ausführungen zur generellen Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit.

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Das Gericht komme allerdings unter Würdigung des Ergebnisses des vom Berichterstatter durchgeführten Ortstermins und nach der Auswertung des zu den Akten gereichten Lichtbild- und Kartenmaterials hinsichtlich der Frage, inwieweit der vorgefundene Zustand des Denkmalbereichs einen Einfluss auf die Denkmalfähigkeit genommen habe, hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundflächen des Klägers zu einem anderen Ergebnis. Zur Überzeugung des Gerichts sei die Weiterentwicklung der klägerischen Grundflächen im Gutachten unzutreffend beschrieben und gewürdigt. Aus den dem Gericht vorliegenden Dokumenten und der Erkenntnis aus dem Ortstermin sei zu entnehmen, dass dieser „charakteristische Keil“ bereits zu einem ganz erheblichen Teil mit einem über zwanzigjährigen Baumbestand bewachsen sei. Dazu sei der Charakter dieser Grundflächen durch die baulichen Veränderungen in Rahmen der Verbreiterung der Autobahn unter Errichtung eines die Fahrbahn zum nördlichen Bereich abschirmenden Erdwalles sowie der Errichtung einer neuen Autobahnabfahrt mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild einer Rodungsfläche nicht mehr in Verbindung zu bringen. Die diesen Grundflächen vormals im Rahmen der unter Denkmalschutz gestellten Grenzübergangs- bzw. Grenzsicherungsanlage obliegende Funktionszuordnung ließen diese Flächen nicht mehr erkennen. Insoweit sei das Gericht zu der Erkenntnis gekommen, dass die Verbuschung oder Verwaldung dieser Flächen zum ganz erheblichen Teil bereits eingetreten sei und nicht nur diesen Denkmalbereich „bedrohe“.

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Es liege ein Fall vor, in dem die Denkmalfähigkeit entfallen sei, weil das Objekt entweder rettungslos abgängig sei oder nach seiner Wiederherstellung nur noch eine Kopie des Originals wäre. Soweit das Gutachten zu dem Schluss komme, insbesondere bei den Freiflächen könnten denkmalgerechte Zustände kurzfristig und ohne Weiteres wieder hergestellt werden, sei eine entsprechende Maßnahme bereits durch den funktional die Autobahn nördlich begleitenden und abschirmenden, bis zu etwa neun Meter hohen Erdwall nicht praktikabel, da insoweit in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung eingegriffen werden müsste. Darüber hinaus würde eine erneute Rodung und Freihaltung der mehrere Hektar großen Flächen lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen, nachdem die ursprüngliche Rodungsfläche zuvor vollständig verschwunden sei.

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Dass sich bei einem Aufblick auf die streitgegenständlichen Grundflächen aus der Vogelperspektive anhand von vegetationsreduzierten Bereichen schwache Andeutungen und Rückschlüsse auf durch dieses einstige Schussfeld verlaufende Kolonnenwege „lesen“ ließen, könne eine eigenständige Denkmalfähigkeit dieser Bereiche nicht begründen. Denn dieser im Bereich eines Schussfeldes ohnehin nur untergeordneten Funktion lasse sich der Zusammenhang zu der einstigen Freifläche nicht mehr zuordnen. Den etwa vorhandenen Wegresten komme aufgrund des Verschwindens der Rodungsfläche, die quasi von der Natur zurückerobert worden sei, auch im Hinblick auf das Gesamtverständnis für die Funktionsweise der Grenzübergangsstelle keine erkennbare Bedeutung mehr zu.

II.

A.

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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

18

1. Die vom Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

19

Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

20

1.1. Der Beklagte wendet ein, aus der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt vom 19.11.2012 sowie dem Ausweisungstext und der Kartierung im Denkmalverzeichnis ergebe sich, dass die Flächen nördlich der Bundesautobahn A 2 bis zur Bundesstraße B 1 integraler Bestandteil des Flächendenkmals „Grenzübergangsstelle Marienborn" seien. Die aufgrund des Ortstermins getroffene Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der „charakteristische Keil" bereits zu einem erheblichen Teil mit einem über 20-jährigen Baumbestand bewachsen sei, so dass die diesen Grundflächen vormals obliegende Funktionszuordnung zur Grenzübergang- bzw. Grenzsicherungsanlage nicht mehr zu erkennen sei und damit die Voraussetzungen für ein Kulturdenkmal nicht mehr vorlägen, seien tatsächlich und rechtlich fehlerhaft. Der Aufwuchs sei durch Höhe, Struktur und Gehölzbesatz eindeutig als typischer, recht junger Sukzessionsbestand erkennbar und deutlich von dem Waldstreifen abgrenzbar, der nach 1972 nicht mehr gerodet worden sei. Die klare Grenze zwischen älterem und jüngerem Wald, der nach 1989 entstanden sei, dokumentiere anschaulich den Verlauf des ehemaligen Grenzzauns. Sie verlaufe über 650 m linear und hier sowohl parallel zur ehemaligen Staatsgrenze und der B 1 als auch zu hier sichtbaren Grenzlandschaftselementen, wie etwa dem Kolonnenweg. Unrichtig sei ferner die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Flächen der Autobahn im Zuge des sechsstreifigen Ausbaus auf den vormaligen Rodungskeil ausgeweitet worden seien und ein abschirmender neun Meter hoher Erdwall aufgeworfen worden sei. Die heutige Autobahn sei im Denkmalbereich im Wesentlichen zwischen den ehemals beidseitig vorhandenen Betonmauern bzw. Zäunen errichtet worden. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen, weil dort neben den vier Fahrspuren der ehemaligen Reichsautobahn in den 60er Jahren zusätzliche Fahrspuren angelegt worden seien. Eine Verbreiterung der Autobahn nach Norden habe es nur im östlichen Teil des Denkmalbereichs in Höhe der Kontrollstelle gegeben. Nur dort – östlich der Auffahrt – sei überhaupt ein Erdwall mit einer allerdings deutlich geringeren Höhe als neun Meter errichtet worden, während man im gesamten anschließenden Streckenabschnitt von der Auffahrt in Richtung Westen bis zur Landesgrenze entweder keine oder nur niedrige und zumeist zu überschauende Wälle errichtet habe. Zudem seien die im Gebiet westlich der heutigen Verbindungsstraße befindlichen Wege vollständig erhalten; es handele sich also nicht nur um „Wegereste". Dazu zähle insbesondere eine Asphaltstraße, die an der Betonmauer entlang bis an die Landesgrenze verlaufe und an mehreren Stellen für Aufstellflächen erweitert sei, so dass die ehemaligen Toranlagen in der Mauer und die dahinter befindlichen Funktionen (z.B. Betonsperren) lokalisierbar seien. Ebenfalls vollständig erhalten sei der entlang der früheren Grenze verlaufende Kolonnenweg, der ab der Autobahnabfahrt wieder sichtbar sei und von dort am Beobachtungsturm vorbei nach Norden führe. Im unmittelbaren Umfeld des Turms sei der Weg lediglich teilweise durch Erdanhäufungen verdeckt. Darüber hinaus befinde sich auf dem Gelände eine Fahrspur, die durch Ziegelbruch befestigt sei. Südseitig vor den zwei Zaunanlagen hätten sich 1989 etwa sieben Meter breite Kontrollstreifen befunden, die regelmäßig gepflügt worden seien. In Folge dieser jahrzehntelangen Bodenbearbeitung seien diese am Bodenrelief, am schneisenartig fehlenden hohen Bewuchs oder in Streifen homogenen Kiefernbestandes im Gelände eindeutig auszumachen und insofern unter dem Bewuchs substanziell vorhanden. Zwischen den noch vorhandenen Brückenrampen und der neuen Auffahrt zur Autobahn seien Funktionsflächen der vor 1974 genutzten Kontrolleinrichtungen (LKW-Ausreise) erhalten. Die Fläche des früheren Kontrollgebäudes sei tief enttrümmert worden und als Geländevertiefung noch erkennbar. Die Platten des Betonweges seien zu größeren Teilen aufgenommen, aber weiterhin vor Ort aufgeschichtet. Daneben seien einzelne technische Anlagen wie Kabeltrassen oder Betonfundamente punktuell vorhanden.

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Mit diesen Einwänden vermag der Beklagte die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung, dass die in diesem Bereich als Schussfeld angelegte keilförmige „Rodungsfläche" und damit die Ausdehnung des Denkmalbereichs bis zur B 1 im Norden in der Örtlichkeit nicht mehr erkennbar sei, nicht in Frage zu stellen. Auch wenn sich der auf dieser ehemaligen Rodungsfläche in den vergangenen 20 Jahren gewachsene Baumbestand von dem älteren Baumbestand der angrenzenden Waldflächen unterscheidet, vermag dies nichts daran zu ändern, dass die dort als Schussfeld angelegte Rodungsfläche nicht mehr als solche zu erkennen ist und damit die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DenkmSchG LSA für die Zugehörigkeit der Umgebung zum Denkmalbereich erforderliche besondere historische oder funktionale Beziehung dieser Flächen zu den Bauwerken im Denkmalbereich nicht mehr ablesbar ist. Eine für die Denkmaleigenschaft erforderliche besondere Bedeutung eines gegenständlichen Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit im Sinne von § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA setzt voraus, dass die Bedeutung – ggf. mit sachverständiger Hilfe – auch noch an der vorhandenen Substanz ablesbar und nicht nur gedanklich rekonstruierbar ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 16.07.2015 – 1 B 11.2137 –, juris, RdNr. 17). Dies gilt entsprechend für die hier in Rede stehende Fallgestaltung, dass verschiedene Bauwerke zusammen mit der Umgebung, die mit ihnen in einem geschichtlichen und/oder funktionalen Zusammenhang steht, einen Denkmalbereich im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA bildet. Die noch mehr oder weniger erhaltenen Wege und sonstigen Reste der ehemaligen Grenzanlagen im Bereich der streitigen Flächen mögen erkennen lassen, dass sich dort die frühere innerdeutsche Grenze befunden hat. Sie reichen aber nicht aus, um die Funktion der früheren Rodungsflächen als Schussfeld und den Zusammenhang mit der früheren Grenzübergangsstelle erkennen zu können. Dazu haben sie insgesamt zu wenig Substanz. Hinzu kommt, dass die Grenzsicherungsanlagen und Kolonnenwege über weite Strecken entlang der früheren innerdeutschen Grenze angelegt wurden, so dass sie keine verlässliche Auskunft darüber geben können, wo der Denkmalbereich „Grenzübergangsstelle Marienborn“ endet.

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Die Würdigung des Verwaltungsgericht, dass ein Zusammenhang der Grenzübergangsstelle mit den früheren Rodungsflächen nicht mehr erkennbar sei, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die baulichen Veränderungen hauptsächlich den östlichen und mittleren Teil des Denkmalbereichs betreffen und die Erdwälle entlang der Autobahn im westlichen Teil nicht die vom Verwaltungsgericht angenommene Höhe erreichen mögen. Die Veränderungen des Geländes, die im Zuge des Baus der nördlich an die Autobahn anschließenden Auf- und Abfahrt stattgefunden haben, betreffen zumindest einen Teil der Grundstücke des Klägers, wie etwa die Flurstücke 151, 154, 155, 157, 162, 165 und 167 der Flur 4 der Gemarkung H., die in unmittelbarer Nähe der neu angelegten Anschlussstelle liegen (vgl. den Flurkartenauszug des Beklagten, Bl. 14 des Verwaltungsvorgangs). Zudem wird der früher sichtbare Funktionszusammenhang zwischen den Gebäuden der ehemaligen Grenzübergangsstelle und den streitigen Flächen durch die neu errichtete Rastanlage und die neu angelegte Autobahnanschlussstelle signifikant unterbrochen. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht die im Rahmen des Autobahnausbaus vorgenommenen baulichen Veränderungen nur als zusätzlichen Gesichtspunkt dafür angeführt, dass der Charakter der streitigen Flächen mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild einer „Rodungsfläche" nicht mehr in Verbindung zu bringen sei.

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1.2. Der Beklagte rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe überholte Rechtssätze über den Verlust der Denkmaleigenschaft bei Bauwerken angewandt, die zudem nicht ohne Einschränkungen auf Flächen der streitgegenständlichen Art übertragen werden könnten. Der Eigentümer eines Denkmals könne sich nicht auf den schlechten Zustand des Denkmals berufen, wenn dieser im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass der Eigentümer seiner Erhaltungspflicht nicht nachgekommen sei. Selbst wenn durch die Rodung der streitgegenständlichen Fläche lediglich eine Kopie der vormals unnatürlichen Rodungsschneise entstehen würde, sei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft. Bleibe die Denkmaleigenschaft unberührt, wenn wesentliche Teile eines Gebäudes erneuert und saniert werden, müsse dies erst recht für Maßnahmen gelten, die lediglich den vorhandenen Bewuchs entfernten, um die Flächen in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Andernfalls stelle man etwa den Schutzstatus eines geschützten Parks in Frage, der aufgrund mangelnder Pflege verwildert sei. Auch mit diesen Einwänden vermag der Beklagte nicht durchzudringen.

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Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass „denkmalgerechte Zustände“ in Bezug auf die streitigen Flächen nicht ohne weiteres wieder hergestellt werden können. Auch wenn der in diesem Bereich entlang der Autobahn verlaufende Erdwall nicht neun Meter hoch, sondern deutlich niedriger sein sollte, erscheint es in der Tat nicht praktikabel, diesen wieder zu beseitigen und dadurch den im Jahre 1990 bestehenden Zustand in diesem Bereich wiederherzustellen. Dahinstehen kann, ob die erneute Rodung des Baumbestandes als „Kopie" des ursprünglichen Zustandes bezeichnet werden kann. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger nicht verpflichtet werden kann, die ursprünglich angelegte, mehrere (ca. 10) Hektar große Rodungsfläche durch die Beseitigung des in den letzten 20 Jahren gewachsenen Baumbestandes wiederherzustellen. Eine solche Pflicht ergibt sich insbesondere nicht aus § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA, der die Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen verpflichtet, diese im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen und instandzusetzen. § 9 Abs. 6 DenkmSchG LSA sieht als Folge aus der Verletzung der Pflichten nach diesem Gesetz und damit auch der Erhaltungspflicht die Möglichkeit vor, dass die untere Denkmalschutzbehörde gefahrenabwendende Maßnahmen anordnet oder selbst durchführt und die Eigentümer zur Duldung solcher Maßnahmen verpflichtet sind. Von der Erhaltungspflicht nicht umfasst ist jedoch die vollständige oder teilweise Wiederherstellung des historischen Originals, wenn eine schützenswerte historische Substanz nicht mehr vorhanden und die Denkmalaussage damit untergegangen ist (vgl. OVG BBg, Urt. v. 28.05.2009 – OVG 2 A 14.08 –, juris, RdNr. 68). Die Wiederherstellung einer (ursprünglich) zu einem Denkmalbereich gehörenden Rodungsfläche durch Beseitigung eines über 20 Jahre gewachsenen Baumbestandes dieser Größe geht über die in § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA vorgesehenen Erhaltungs-, Pflege- und Instandsetzungspflicht hinaus. Auch aus § 9 Abs. 8 DenkmSchG LSA lässt sich eine Pflicht des Klägers zur (erneuten) Rodung der streitigen Fläche nicht herleiten. Nach dieser Vorschrift hat, wer ein Kulturdenkmal beschädigt, nach Anordnung der Denkmalschutzbehörden die betreffenden Maßnahmen einzustellen und den früheren Zustand wiederherzustellen oder das Kulturdenkmal auf eine andere vorgeschriebene Weise instandzusetzen. Das Unterlassen von Maßnahmen, die einen Wiederbewuchs mit Bäumen verhindern, kann nicht als „Beschädigung" eines Kulturdenkmals angesehen werden.

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Im Übrigen kann dem Kläger kein Vorwurf dahingehend gemacht werden, er sei seinen sich aus dem DenkmSchG LSA ergebenden Pflichten nicht nachgekommen, indem er die streitigen Flächen nicht von Bewuchs freigehalten habe. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die in Rede stehenden Flächen nach früheren Feststellungen der Denkmalschutzbehörden nicht dem Denkmalbereich der Grenzübergangsstelle zugerechnet wurden. Nach dem im Verwaltungsvorgang vorhandenen Auszug aus dem Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt mit Bearbeitungstand vom 16.02.2011 (Bl 84 des Verwaltungsvorgangs) wird ausgeführt, dass zum Denkmalbereich (1.) der Autobahnabschnitt zwischen östlicher Beschauerbrücke (abgebaut) und Landesgrenze mit beidseitigen Mauern, Zäunen und Glaswand, komplett einschließlich Grenzpfähle, (2.) der mit Zäunen umgrenzte Kontrollbereich einschließlich Bereitstellungsraum mit allen Bauten und Betonflächen und (3.) der mit Zäunen umgrenzte Wohn- und Verwaltungsbereich gehöre. Außerhalb dieser Bereiche (4.) seien als Einzelbauten zu erhalten: der Metallturm am Südwestende des umzäunten Autobahnabschnitts sowie der Beobachtungsturm der ehemaligen Grenzanlagen nördlich der Autobahn. Von den hier streitigen Flächen ist darin nicht die Rede. Dies deckt sich mit dem Bericht vom 28.02.1992 des damaligen Landeskonservators beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt (Bl. 92 des Verwaltungsvorgangs). Auch in der Stellungnahme vom 03.11.2010 zur Bauleitplanung der Verbandsgemeinde Obere Aller (Bl. 22 f. des Verwaltungsvorgangs) führte des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt aus, dass gegen das Vorhaben „Sondergebiet Rasthof an der Abfahrt Nr. 63 der BAB A2 Marienborn" keine grundsätzlichen Einwände bestünden; die Behörde wies lediglich darauf hin, dass im projektierten Areal archäologische Befunde vorhanden sein könnten und Funde dieser Art zu melden seien. Erst im Gutachten vom 03.09.2012 kam die Landeskonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt zu dem Ergebnis, dass auch die streitige „Rodungsfläche“ zum Denkmalbereich gehöre. In der weiteren Stellungnahme vom 19.11.2012 widersprach sie dem Vorwurf, der Denkmalbereich sei ausgeweitet worden, unter Hinweis auf eine Analyse der Akten, insbesondere auch des denkmalpflegerischen Gutachtens des damaligen Instituts für Denkmalpflege vom 17.10.1990 (Bl. 68 ff. des Verwaltungsvorgangs), in dem es am Ende (Seite 11) heißt, zur Erhaltung und Sicherung des Bestandes gehöre auch, dass die ringsum im optischen Blickfeld befindliche Landschaft diesen typischen Grenzcharakter behalte. Die Landeskonservatorin räumte aber ein, dass bei der systematischen Benachrichtigung der Denkmaleigentümer durch den Landkreis die Flächen nördlich der Autobahn, die ebenfalls Teil des Denkmalbereichs seien, nicht berücksichtigt worden seien, da für eine erhebliche Beeinträchtigung dieses Teils des Denkmalbereichs ja erst Baurecht hätte geschaffen werden müssen.

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2. Der Beklagte hat auch keine besonderen tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) dargelegt.

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Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 27.12.2006 – 2 L 66/05 –, juris) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen.

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Schwierigkeiten dieser Art zeigt der Beklagte in der Zulassungsschrift nicht auf. Er rügt im Rahmen dieses Zulassungsgrundes im Wesentlichen eine fehlerhafte Tatsachenermittlung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, insbesondere dessen Würdigung, dass es sich bei der Entfernung von „später zu einem Denkmal Hinzugefügten“ um eine „Kopie“ handele.

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3. Die Rechtssache hat auch nicht die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, juris, RdNr. 12). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – BVerwG 5 B 99.05 –, juris, m.w.N.). Sie setzt insbesondere auch die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (BVerwG, Beschl. v. 19.08.1997 – BVerwG 7 B 261/97 –, NJW 1997, 3328, RdNr. 2 in juris).

31

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Der Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die von ihm aufgeworfenen Fragen,

32

a) ob eine Beseitigung von Bäumen, Büschen und weiterem Bewuchs im Rahmen der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes tatsächlich als eine Kopie des Originals angesehen werden kann,

33

b) ob die obergerichtlichen Entscheidungen zu Blickbeziehungen im Hinblick auf die denkmalgeschützte Wirkung eines Baudenkmals zu seiner Umgebung und dem damit einhergehenden Abwehranspruch auch auf Fälle der vorliegenden Art so übertragbar sind, dass eine aus denkmalschutzrechtlicher Sicht notwendige Sichtbeziehung durch Freihalten bzw. Freimachen von Flächen aufrechterhalten werden muss,

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c) ob die Denkmaleigenschaft und Denkmalwürdigkeit allein dadurch entfällt, dass unter Schutz gestellte Bestandteile aufgrund mangelnder Pflege zwar noch erhalten, aber nicht mehr sichtbar sind,

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jeweils eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll. Im Übrigen lassen sich diese Fragen nicht allgemeingültig, sondern nur unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls beantworten.

36

4. Die Berufung ist schließlich nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.

37

Eine Abweichung im Sinne der Vorschriften über die Zulassung von Rechtsmitteln liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechts- oder ggf. Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung des im Instanzenzug übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Satz abgewichen ist; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (vgl. BVerwG, Beschl. 08.07.2011 – BVerwG 5 B 22.11 –, ZOV 2011, 219). Um den für die Frage der Divergenz notwendigen Vergleich in der Sache zu ermöglichen, muss dargelegt werden, dass ein vom Verwaltungsgericht gebildeter, tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet worden ist oder sich doch aus der Entscheidung eindeutig ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat; der aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewonnene, hinreichend bezeichnete Rechtssatz ist sodann einem anderen eindeutig gegenüberzustellen, der aus der konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist (Beschl. d. Senats v. 12.01.2010 – 2 L 54/09 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.).

38

Eine solche Gegenüberstellung nimmt der Beklagte in der Zulassungsschrift nicht vor. Er rügt lediglich, das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil Rechtsgrundsätze missachtet, die der Senat in seinem Urteil vom 15.12.2011 (2 L 152/06 –, BRS 78 Nr. 206) zum Verlust der Denkmaleigenschaft aufgestellt habe. Das Aufzeigen einer fehlerhaften Anwendung von Rechtssätzen, die das im Instanzenzug übergeordnete Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den an eine Divergenzrüge zu stellenden Zulässigkeitsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.2010 – BVerwG 8 B 27.10 –, juris, RdNr. 6, m.w.N.).

39

5. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

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5.1. Der Beklagte beanstandet, das Verwaltungsgericht habe sich von Tatsachen leiten lassen, die weder Gegenstand der Akten, der gutachterlichen Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie noch einer Beweisaufnahme entsprungen seien. Er beanstandet insbesondere die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der neben der Autobahn liegende Wall bis zu neun Meter hoch sei, obwohl im Ortstermin keine Messungen durchgeführt worden seien und sich entsprechende Höhenangaben auch nicht den Verwaltungsvorgängen entnehmen ließen.

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Damit rügt der Beklagte der Sache nach einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil sich das Verwaltungsgericht seine Überzeugung auf der Grundlage unrichtiger Tatsachenfeststellungen gebildet habe. Sofern dem Verwaltungsgericht in Bezug auf die vom Beklagten beanstandete Feststellung ein Verfahrensfehler unterlaufen sein sollte, kann das angefochtene Urteil indes nicht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darauf beruhen.

42

Eine Entscheidung beruht dann auf einem Rechtsverstoß, wenn mindestens die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Rechtsverstoß zu einem dem Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO: BVerwG, Beschl. v. 14.08.1962 – BVerwG V B 83.61 –, BVerwGE 14, 342 [346], RdNr. 15 in juris, m.w.N.; Beschl. v. 28.03.2006 – BVerwG 1 B 91.05 –, juris). Dies kann hier ausgeschlossen werden.

43

Das Verwaltungsgericht hat die von ihm angegebene und vom Beklagten beanstandete Höhe des Walles von „bis zu neun Metern“ bei der Frage erwähnt, ob denkmalgerechte Zustände ohne weiteres wieder hergestellt werden können. Die Höhe des Walles hat dabei aber keine entscheidende Rolle gespielt. Vielmehr war für das Verwaltungsgericht maßgeblich, dass bei einer „entsprechenden Maßnahme“ in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung eingegriffen werden müsste und darüber hinaus eine erneute Rodung und Freihaltung der mehrere Hektar großen Flächen lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen würde. Das Verwaltungsgericht hat entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch nicht die Feststellung getroffen, der „Verlauf der Autobahn greife in die Situation des streitgegenständlichen Grundstücks ein“. Vielmehr hat es in der vom Beklagten zitierten Passage des Urteils (Seite 6 unten) ausgeführt, dass es eine „entsprechende Maßnahme“ bereits wegen des „funktional die Autobahn abschirmenden (bis zu neun Meter hohen) Walls“ für nicht praktikabel halte, da insoweit „in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung“ eingegriffen werden müsste. Es hat damit zum Ausdruck gebracht, dass eine zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderliche Beseitigung des Walls wegen des Funktionszusammenhanges von Wall und Autobahn aus seiner Sicht nicht ernsthaft in Frage kommt.

44

5.2. Der Beklagte rügt schließlich, das Verwaltungsgericht habe sich nicht um die notwendige Aufklärung bemüht, obwohl es „in so erheblicher Weise“ von den Ausführungen des zuständigen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie abgewichen sei. Reichten der von der Denkmalfachbehörde vermittelte und der eigene Sachverstand des Gerichts zur Entscheidungsfindung nicht aus, müsse ein externes Sachverständigengutachten eingeholt werden. Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass durch die von ihm angenommenen baulichen Veränderungen an der Autobahn eine Sichtbeziehung zwischen der Grenzübergangsstelle Marienborn und der streitgegenständlichen Fläche nicht mehr vorhanden sei bzw. nicht wieder herstellbar wäre, ohne dass in das Gesamtsystem der Autobahn eingegriffen werden müsste. Der Beklagte macht damit der Sache nach eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend, die aber nicht vorliegt.

45

Wird ein Aufklärungsmangel und ein damit zusammenhängender Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz behauptet, muss der Rechtsmittelführer darlegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.11.2013 – BVerwG 6 B 26.13 –, juris, RdNr. 45, m.w.N.).

46

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte hinreichend dargelegt hat, hinsichtlich welcher konkreten tatsächlichen Umstände weiterer Aufklärungsbedarf bestanden hat. Er zeigt jedenfalls nicht auf, welche tatsächlichen Feststellungen bei Einholung eines „externen“ Sachverständigengutachtens voraussichtlich getroffen worden wären.

47

Unabhängig davon mussten sich dem Verwaltungsgericht ohne entsprechenden Beweisantrag weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage des Verlustes der Zugehörigkeit der streitigen Flächen zum Denkmalbereich, nicht aufdrängen.

48

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, sondern im Gegenteil verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage- und Überzeugungskraft zu überprüfen. Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf, was es allerdings zu begründen hat. Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nur dann überzeugend nachweisen, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 14.06.2012 – BVerwG 4 B 22.12 –, BRS 79 Nr. 211, RdNr. 6 in juris).

49

Ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Denkmaleigenschaft kann etwa dann erforderlich sein, wenn bestimmte Tatsachen zur Bedeutung eines Gebäudes nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA klärungsbedürftig geblieben sind, weil die bisherigen Feststellungen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren dafür nicht genügend Grundlagen bieten (Urt. d. Senats v. 15.12.2011, a.a.O., RdNr. 84, m.w.N.). Gleiches mag gelten, wenn der von der Denkmalfachbehörde vermittelte Sachverstand zur Entscheidungsfindung nicht für die Beantwortung der Frage ausreicht, ob ein Gebäude seine Denkmalfähigkeit oder Denkmalwürdigkeit durch Schäden am Gebäude verloren hat (vgl. NdsOVG, Urt. v. 15.07.2014 – 1 LB 133/13 –, juris, RdNr. 36).

50

Gemessen daran musste sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens hier nicht aufdrängen. Es hat die fachliche Bewertung der Denkmalfachbehörde zur Denkmaleigenschaft der ehemaligen Grenzübergangsstelle Marienborn und zur ursprünglichen Ausdehnung des Denkmalbereichs auf die dem Kläger gehörenden Grundstücke nicht in Zweifel gezogen. Fraglich war vielmehr, ob der funktionale und/oder historische Zusammenhang zwischen den baulichen Anlagen der ehemaligen Grenzübergangsstelle und den streitigen Flächen, der für die Zugehörigkeit der Umgebung zum Denkmalbereich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA konstitutiv ist, durch die baulichen und die von der Natur bewirkten Veränderungen (dauerhaft) verloren gegangen ist. Dies hängt maßgeblich von der Bewertung der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere den verbliebenen bzw. realistischerweise wieder herstellbaren Sichtbeziehungen ab. Das Verwaltungsgericht hat sich auf der Grundlage des von ihm vor Ort durchgeführten Augenscheins seine Überzeugung dahingehend gebildet, dass die vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in seinem Gutachten dargestellte frühere „Rodungsfläche“ ungeachtet noch vorhandener „Wegereste“ als solche nicht mehr zu erkennen sei, und weiter angenommen, dass eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufgrund der inzwischen eingetretenen baulichen Veränderungen nicht praktikabel sei und einer erneute Rodung lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen würde. Diese Würdigung hat das Verwaltungsgericht auch ohne Hinzuziehung eines (Denkmal-)Sachverständigen vornehmen können.

B.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 11.2137

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 16. Juli 2015

(VG München, Entscheidung vom 18. Mai 2011, Az.: M 9 K 10.3370)

1. Senat

Sachgebietsschlüssel: 940

Hauptpunkte:

Denkmaleigenschaft von zwei historischen Bauwerken der Militärverwaltung;

Veränderungsverbot;

Eisenbetonkonstruktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ... vertreten durch den Oberbürgermeister, ...

- Beklagte -

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Feststellung der Denkmaleigenschaft

(FlNr. 3096/182 Gemarkung ...);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Mai 2011,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 16. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Nummer I und II des Urteils des Verwaltungsgerichts erhalten folgende Fassung:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2010 wird insoweit aufgehoben, als der Klägerin untersagt wird, Handlungen vorzunehmen, die nicht das Körnermagazin und die Geschützremise betreffen.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hat die Klägerin neun Zehntel, die Beklagte ein Zehntel zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Denkmaleigenschaft von zwei Gebäuden im Eigentum der Klägerin.

Die Klägerin zeigte der Beklagten am 21. Mai 2010 den Abbruch sämtlicher Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 3096/182 der Gemarkung I. an (E. 5, 5a und 7). Kurz zuvor hatte sich der Heimatpfleger der Beklagten an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (Landesamt) gewandt und um Überprüfung der Denkmaleigenschaft des ehemaligen Körnermagazins (E. 7) und der ehemaligen Geschützremise (E. 5) gebeten. Das Körnermagazin, dessen Rieselanlage nicht mehr erhalten ist, wurde in den Jahren 1906 bis 1908 in Eisenbetonbauweise errichtet und diente der Bereitstellung von Proviant für die Garnison. In der Geschützremise, die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt, waren Geschütze untergebracht. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs nutzte die Firma Auto Union die Gebäude als Lager- und Büroräume.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2010 untersagte die beklagte Stadt „dem Eigentümer des Lagergebäudes E. 5, 5a und 7 an dem Gebäude oder Teilen davon Handlungen vorzunehmen, die die Gebäude als Ganzes oder in Teilen schädigen oder gefährden“. Die Entscheidung über die Erlaubnis zum Abbruch der Gebäude wurde bis zur endgültigen Klärung der Denkmaleigenschaft, spätestens bis zum 31. Oktober 2010 ausgesetzt. Das Körnermagazin und die Geschützremise seien zwar nicht in die Denkmalliste eingetragen. Beim Körnermagazin handele sich aber um den ältesten Bau seiner Art in Bayern, der durch eine neuartige Technologie der Getreidespeicherung Maßstäbe gesetzt habe. Auch die Geschützremise sei für die Festungsgeschichte von besonderer Bedeutung. Bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft sei das Verbot von schädigenden Handlungen angemessen.

Mit Urteil vom 18. Mai 2011 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 11. Juni 2010 aufgehoben und festgestellt, dass für den Abbruch der Gebäude E. 5 („Geschützremise“) und 7 („Körnermagazin“) eine Erlaubnis nach Art. 6 DSchG nicht erforderlich ist. Zunächst falle auf, dass das Landesamt bei der Aufstellung des 1998 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 206 keine Bedenken gegen den im Bebauungsplan vorgesehenen Abbruch der beiden Gebäude geltend gemacht habe. Der Bebauungsplan habe an diesem Standort ein Sondergebiet Fachhochschule ausgewiesen. Der Geschützremise fehle jede geschichtliche oder städtebauliche Bedeutung. Die Bau- und Nutzungsgeschichte lasse sich aus der Bausubstanz nicht ablesen. Die früheren Auffahrtsrampen an den Stirnseiten seien längst verschwunden. Selbst nach Entfernung des 1953 angefügten hallenartigen Vorbaus wäre die ursprüngliche Bedeutung des Gebäudes weder erkenn- noch erlebbar. Das gelte auch für die fast fünf Jahrzehnte dauernde Nutzung durch die Auto Union. Die daraus resultierenden Ergänzungen und Veränderungen der Bausubstanz seien lediglich geeignet, die frühere Zweckbestimmung zu verdecken und zu überlagern. Auf diese Nutzung weise nicht mehr das Geringste hin. Die Erhaltung des Körnermagazins liege zudem nicht im öffentlichen Interesse. Das aus Eisenbeton errichtete Magazin verfüge wegen der fortschreitenden Carbonatisierung des Betons nur noch über eine begrenzte Lebensdauer, was der von der Klägerin beauftragte Sachverständige nachvollziehbar dargelegt habe.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, dass sowohl die Geschützremise wie das Körnermagazin Baudenkmäler i. S.v. Art. 1 Abs. 2 und 1 DSchG seien. Die Stellungnahmen des Landesamts vom 26. Oktober 2010 und vom 18. März 2013 belegten, dass beide Gebäude zeugnishafte Bestandteile der historischen Stadtstruktur seien. Der Bebauungsplan Nr. 206 sei im Hinblick auf die Festsetzung „SO Fachhochschule“ funktionslos. Die Fachhochschule befinde sich östlich der E. und werde an diesem Standort erweitert. Als der Bebauungsplan im Jahr 1988 beschlossen wurde, habe man nicht davon ausgehen können, dass Erweiterungsflächen am Standort der Fachhochschule bereitstünden.

Die Geschützremise gehöre als ziegelgemauerter, zweigeschossiger Satteldachbau mit stichbogigen Tor- und Fensteröffnungen sowie mit dem über die Zeit der Nachkriegsnutzung erhalten gebliebenen hölzernen Tragwerksystem im Innern zu den seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhundert üblichen Backsteinbauten der Militärverwaltung. Die Schließung einzelner Tür- und Fensteröffnungen sowie der Einbau eines Treppenhauses innerhalb des Ständerwerks beeinträchtigten zwar den historischen Bestand, würden aber die Denkmaleigenschaft nicht in Frage stellen. Das gelte umso mehr, als die Remise die östliche Einfahrt in die Altstadt nach Passieren des „Kavalier Heydeck“ markiere, mit dem es in Sichtbeziehung und funktionalem Zusammenhang stehe. Nach dem Abbruch ähnlicher Anlagen bei den Festungswerken im Norden und Nordwesten der Stadt handele es sich um das letzte erhaltene Bauwerk dieser Art.

Das Körnermagazin stehe beispielhaft für eine Anfang des 20. Jahrhunderts innovative Bauweise mit Eisenbeton, von der in Bayern nur noch wenige Gebäude erhalten seien. Die Grundkonstruktion des vierschiffigen Eisenbetonskelettbaus mit seinem gleichmäßigen Stützenraster sei noch heute an den Fassaden und im Innern ablesbar. Die Veränderungen des bauzeitlichen Zustands, die hauptsächlich auf die Adaption des Gebäudes als Werks-, Büro- und Lagergebäude durch die Auto Union nach dem 2. Weltkrieg zurückzuführen seien, beträfen mit dem Einbau von Fensterbändern vor allem das Erscheinungsbild der Fassaden, hätten aber die innere Struktur und die armierte Betonskelettkonstruktion nicht angetastet, die in den Fassaden gleichzeitig als gestaltendes Element mit Anklängen an die klassische Architektursprache diene. Der spätere Einbau von Zwischenwänden oder deren Entfernung habe das innere Stützen- und Deckensystem nicht gestört. Nach der von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchung der Beratenden Ingenieure B. & M. vom 15. Oktober 2012 könne die Eisenbetonkonstruktion des Körnermagazins grundsätzlich erhalten werden, sofern die schadhaften sekundären Konstruktionen, wie Fassadenfüllungen und Fenster, ersetzt oder ertüchtigt würden. Darüber hinaus sei für eine regendichte Dacheindeckung zu sorgen. Die Carbonatisierung des Betons, der im Lauf der Zeit seine alkalische Eigenschaft verliere, habe an mehreren Stellen die Bewehrung erreicht. Damit sei der basische Schutz des Eisens gegen Korrosion durch eindringende Feuchtigkeit entfallen. Diese Carbonatisierung stelle jedoch keinen Schaden dar, sondern sei auf den natürlichen Alterungsprozess des Betons zurückzuführen. Das dadurch bestehende Risiko für die Dauerhaftigkeit der Konstruktion sei beherrschbar, wenn im Innenbereich die Luftfeuchtigkeit nicht über 65% ansteige und an der Außenseite bestehende Korrosionsschäden lokal behoben würden. Dazu müssten der geschädigte Beton abgenommen, die korrodierten Bewehrungen entrostet und beschichtet sowie die Betondeckung wieder aufgebaut werden. Für die überwiegenden Teile der Außenseiten der Eisenbetonkonstruktion genüge es, Beschichtungen zum indirekten Schutz der Bewehrung auf den Beton aufzubringen. In ihrer ergänzenden Stellungnahme habe das Ingenieurbüro die Auffassung der Klägerin widerlegt, dass die DIN EN 206-1 in ihren Anhängen F und J von einer Dauerhaftigkeit von 50 Jahren für Stahlbeton ausgehe und deshalb die Tragfähigkeit und Gebrauchseigenschaft des Stahlbetonskeletts nicht mehr sichergestellt sei. Es handele sich lediglich um eine Mindestdauerhaftigkeit eines nach DIN hergestellten Gebäudes, ohne dass in dieser Zeit statisch-konstruktive Maßnahmen erforderlich würden. Entgegen der Auffassung der Klägerin würden die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen keineswegs einen Umfang erreichen, dass von einem Neubau und damit von einer bloßen Rekonstruktion des Denkmals gesprochen werden müsse; insbesondere sei eine generelle Entfernung der Betonummantelung nicht erforderlich. Nach der aktuellen Schadenerhebung habe das Ingenieurbüro mit Schreiben vom 24. Juni 2015 festgestellt, dass sich der Umfang der Schäden trotz unterbliebener Sanierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren nur unwesentlich vergrößert habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen D. vom 12. Juni 2012 handele es sich nicht um Baudenkmale.

Die Geschützremise sei nur ein einfacher schmuckloser Bau ohne besondere militärhistorische Bedeutung. Zudem sei das Gebäude durch diverse Anbauten, die zum Teil bereits wieder abgebrochen und durch neue ersetzt worden seien, in seinem Aussehen verändert worden. Durch einen Hallenanbau seien an der südöstlichen Giebelseite großflächige Öffnungen in die Außenwände gebrochen worden. An der nordwestlichen Giebelseite seien alle Fenster entfernt und die Öffnungen zugemauert worden. Auch an der Straßenseite seien alle historischen Fenster und Türen entfernt worden und teils durch Kopien, teils durch eine Glastüranlage ersetzt worden. Im Innern seien zwei Treppenhäuser eingebaut und Durchbrüche zur Lagerhalle und zum Anbau vorgenommen worden. Bei dem schlichten Gebäude, bei dem nur wenige Merkmale, wie Fenster, Türen und Mauerwerk bestimmend gewesen seien, hätten sich diese Veränderungen gravierend ausgewirkt.

Auch am Gebäude des Körnermagazins lasse sich dessen historische Bedeutung nicht mehr ablesen. Durchgreifende Umbauten seien in den 1930er Jahren begonnen und nach dem 2. Weltkrieg fortgesetzt worden. Die historischen Stichbogenfenster und Gefache seien durch Fensterbänder ersetzt worden. Die nordwestliche Giebelseite sei durch den Anbau eines Treppenhauses in den 1930er Jahren vertikal durchbrochen worden. Im Zug der Baumaßnahmen von 1949 sei das Innere des Gebäudes komplett umgestaltet worden. Der 1951 angebaute Aufzug überrage das Satteldach turmartig und dominiere das Gebäude. Die äußeren Gebäudeflächen seien mit Zementputz überarbeitet worden, so dass der Unterschied zwischen den Gebäudeteilen nicht mehr erkennbar sei. Darüber hinaus seien im Erdgeschoss Rampendurchbrüche und Rampenanbauten hinzugekommen. Insgesamt seien knapp 95% der großflächigen Ausfachungen einschließlich der Fenster entfernt worden. Im Innern seien bis auf die Stützpfeiler keine baulichen Strukturen aus der Bauzeit mehr vorhanden. Darüber hinaus sei der Zustand des Körnermagazins schlecht. Der von ihr beauftragte Sachverständige habe nach einer Sichtprüfung an mehreren Stellen Betonabplatzungen und korrodierten Bewehrungsstahl festgestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass die Carbonatisierung des Betons fortgeschritten sei. Um die Stahleinlagen zu restaurieren, müsse daher der komplette Beton entfernt werden. Die von der DIN EN 206.1 mit 50 Jahren angegebene übliche Nutzungsdauer sei bereits zu 100% überschritten. Eine Überprüfung der aktuellen Tragfähigkeit stehe noch aus. Das Körnermagazin könne daher nicht erhalten werden.

Der Senat hat am 14. Juli 2015 die Gebäude besichtigt. Wegen der bei der Ortsbesichtigung getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift und die dazu gehörende Fotodokumentation verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Das Körnermagazin und die Geschützremise sind Baudenkmäler im Sinn von Art. 1 DSchG (1.), so dass der Ausspruch im Urteil des Verwaltungsgerichts, für den Abbruch der Gebäude sei eine denkmalrechtliche Erlaubnis nicht erforderlich, aufzuheben ist. Insoweit muss auch das von der Beklagten verfügte Veränderungsverbot wieder hergestellt werden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts hat nur insoweit Bestand, als es das Veränderungsverbot für den Verbindungsbau zwischen den Baudenkmälern und für den süd-östlichen Anbau aufgehoben hat (2.).

1. Baudenkmäler, die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DSchG ohne Erlaubnis nicht beseitigt werden dürfen, sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG), deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt (Art. 1 Abs. 1 DSchG). Eine „Bedeutung“ in diesem Sinn erfordert zwar nicht, dass das Gebäude Hervorragendes oder Einzigartiges repräsentiert. Sie setzt jedoch voraus, dass das Gebäude in besonderer Weise geeignet ist, geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich, wissenschaftlich oder volkskundlich Relevantes zu dokumentieren. Es genügt also nicht, wenn das Gebäude - wie jedes alte Haus - eine Geschichte hat oder irgendeinen geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Aspekt aufweist. Vorausgesetzt wird weiter, dass die Bedeutung - ggf. mit sachverständiger Hilfe - auch noch an der vorhandenen Substanz ablesbar und nicht nur gedanklich rekonstruierbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2004 - 15 B 02.943 - VGH n. F. 58, 17). Dass das Körnermagazin und die Geschützremise im Zeitpunkt der Verfügung der Beklagten nicht in der Denkmalliste aufgeführt und sie im Bebauungsplan Nr. 206 vom 18. Februar 1998 nicht als Baudenkmäler, sondern als abzubrechende Gebäude dargestellt worden waren, ist ohne Bedeutung für die Bewertung der Denkmaleigenschaft. Zum einen werden Denkmäler nur nachrichtlich in die Denkmalliste aufgenommen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG), zum anderen ist der Bebauungsplan im Bereich des „Sondergebiets Fachhochschule“ funktionslos geworden, weil die Fachhochschule entgegen der ursprünglichen Annahme an ihrem bisherigen Standort erweitert werden konnte.

1.1 Das zwischen 1906 und 1908 errichtete Körnermagazin ist baugeschichtlich von besonderer Bedeutung. Seine Erhaltung liegt daher im Interesse der Allgemeinheit. Es repräsentiert eine Anfang des 20. Jahrhunderts innovative Bauweise mit Eisenbeton, von der in Bayern nur noch wenige Exemplare erhalten sind. Das gleichmäßige Stützenraster des Eisenbetonskelettbaus verwendet ein um die Jahrhundertwende von François Hennebique entwickeltes, monolithisches Tragsystem, das aus Stützen, Unterzügen und Decken besteht. Lediglich das Dachgeschoss des Körnermagazins ist wegen der geringeren Traglasten in herkömmlicher Holzkonstruktion erstellt. Das aus horizontalen und vertikalen Streifen bestehende Stützenraster ist sowohl im Innern als auch an den Außenfassaden des Gebäudes gut zu erkennen, wobei an den Stützen der Außenwände gestaltende Elemente mit Anklängen an die klassische Architektursprache anzutreffen sind. Dass die Ausfachungen zwischen den Stützen im Lauf der Zeit verändert wurden - insbesondere hat die Firma Auto Union die bauzeitlichen Stichbogenfenster mit Ausnahme der Fenster im südöstlichen Treppenhaus durch Fensterbänder und rechteckige Fenster ersetzt, um die Innenräume entsprechend dem geänderten Nutzungszweck besser zu belichten, und, wie spätere Nutzer auch, Trennwände im Innern des Gebäudes errichtet und wieder entfernt - ändert nichts daran, dass das Eisenbetonskelett, das die baugeschichtliche Bedeutung des Gebäudes begründet, nahezu vollständig erhalten ist. Daran vermögen auch der Einbau eines weiteren Treppenhauses in der Mitte des Gebäudes, der Anbau eines Aufzugturms im Nordwesten und des Kopfbaus im Norden nichts zu ändern, weil sie das gleichmäßige Stützenraster im Wesentlichen unberührt lassen. Die baugeschichtliche Bedeutung wird auch nicht dadurch gemindert, dass die ursprüngliche Rieseleinrichtung des Getreidelagers komplett entfernt worden ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts kann das Gebäude trotz des Alters des Betonskeletts und der vorhandenen Schäden auch in Zukunft erhalten werden. Nach der überzeugenden Darstellung des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros stellt die auf dem Alterungsprozess von Beton beruhende Carbonatisierung die Erhaltungsfähigkeit des Betonskeletts nicht in Frage. Zwar werden im Lauf der Zeit durch chemische Reaktionen die alkalischen Bestandteile im Beton abgebaut, die den Bewehrungsstahl vor Korrosion schützen. Das hat zur Folge, dass der Bewehrungsstahl bei Eintrag von Feuchtigkeit korrodieren kann. Im Innern des Gebäudes kann die Korrosion jedoch vermieden werden, wenn die Luftfeuchtigkeit nicht über 65% ansteigt, was beim Körnermagazin durch die Sanierung des Daches und der äußeren Ausfachungen einschließlich der Fenster sichergestellt werden kann. Wie das Ingenieurbüro nachvollziehbar festgestellt hat, sind bisher an den Außenwänden nur lokal begrenzte Schadstellen vorhanden, die sich in den letzten Jahren nicht wesentlich vergrößert haben. Entgegen den Befürchtungen der Klägerin muss daher nicht der gesamte Beton der Außenfassaden abgetragen und nach entsprechender Behandlung der freigelegten Bewehrungseisen wieder aufgebaut werden, was einer Neuerrichtung und damit einer den Zielen der Denkmalpflege widersprechenden Rekonstruktion des Baudenkmals gleichkäme. Abgesehen von der Reparatur der lokalen Schadstellen genügt eine Beschichtung der Außenfassade, um dem Eindringen von Feuchtigkeit entgegenzuwirken. Soweit der von der Klägerin beauftragte Sachverständige darauf hinweist, dass das Bewehrungseisen in einem deutlich schlechteren Zustand sei als von der Beklagten dargestellt und dass zur Erfassung der Gesamtsituation Bauteilöffnungen erforderlich seien, berücksichtigt er nicht hinreichend, dass beginnende, von außen zunächst nicht sichtbare Korrosionsschäden bereits nach kurzer Zeit zu Rissbildungen und Abplatzungen des Betons führen, nach den Ermittlungen des Ingenieurbüros die Schadensituation im Körnermagazin aber als vergleichsweise stabil einzuschätzen ist. Soweit er darauf hinweist, dass nach den Anlagen F und J der DIN EN 206-1 Beton eine Dauerhaftigkeit von lediglich 50 Jahren aufweise und deshalb die Tragfähigkeit und Gebrauchseigenschaft des Betonskeletts nicht mehr gewährleistet sei, verkennt er, dass die Norm nicht den Zeitraum beschreibt, in dem Beton erhalten werden kann, sondern nur eine Mindestdauer für nach diesen Vorschriften hergestellten Beton definiert, ohne dass in dieser Zeit statisch-konstruktive Maßnahmen erforderlich werden. Da das Betonskelett in seiner Substanz nicht gefährdet ist, liegt der Erhalt des Baudenkmals aus baugeschichtlichen Gründen im Interesse der Allgemeinheit.

1.2 Auch die Geschützremise ist wegen ihrer geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung ein Baudenkmal. Der ziegelgemauerte, zweigeschossige Satteldachbau mit seinen Stichbogenfenstern und dem erhalten gebliebenen Tragwerksystem aus Holz gehört zu den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts üblichen Backsteinbauten der bayerischen Militärverwaltung. Die Beseitigung der Auffahrtrampen zum Obergeschoss, die Schließung und Veränderung von Fenster- und Türöffnungen sowie der Einbau eines Treppenhauses beeinträchtigen zwar den historischen Bestand, können die Denkmaleigenschaft aber nicht in Frage stellen, weil die ursprüngliche Verwendung des Gebäudes zu militärischen Zwecken aufgrund seiner Bauweise und Lage im historischen Festungsbereich weiterhin erkennbar ist. Dass es sich um einen schlichten Zweckbau handelt, ändert an der Denkmalqualität nichts, zumal die Geschützremise die letzte ihrer Art in I. ist und dem Gebäude daher ein gewisser Seltenheitswert zukommt. Darüber hinaus ist die Geschützremise auch aus städtebaulichen Gründen erhaltenswert. Die Remise schließt die östliche Einfahrt in die Altstadt nach dem Passieren des gut erhaltenen „Kavalier Heydeck“ ab und steht daher in prominenter Sichtbeziehung und funktionalem Zusammenhang mit dem aus Verteidigungsbauwerken bestehenden äußeren Ring der Festungsanlage, wie sie sich im ausgehenden 19. Jahrhundert dargestellt hat.

2. Der Bescheid vom 11. Juni 2010, mit dem die Beklagte der Klägerin verboten hat, bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft den Gebäudekomplex schädigende Maßnahmen vorzunehmen, ist nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, soweit er ein Veränderungsverbot für den Verbindungsbau zwischen dem Körnermagazin und der Geschützremise sowie für den südlichen Anbau an die Geschützremise ausspricht. Da die Klägerin beabsichtigte, den gesamten Gebäudekomplex auf dem Grundstück FlNr. 3096/182 abzubrechen, hat die Beklagte zu Recht in entsprechender Anwendung von Art. 4 Abs. 4 DSchG ein Veränderungsverbot für das Körnermagazin und die Geschützremise bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft dieser Gebäude angeordnet. Da aber von Beginn an klar war, dass dem hallenartigen Verbindungsbau zwischen den beiden Gebäuden und dem südlichen Anbau an die Geschützremise keine Denkmalqualität zukommen kann, deren Beseitigung vielmehr mit den Interessen des Denkmalschutzes vereinbar ist, war ein Veränderungsverbot für diese Gebäudeteile nicht erforderlich. Denn das erlassene Verbot aller das Körnermagazin und die Geschützremise beeinträchtigenden Maßnahmen stellte auch bei Abbruch der übrigen Gebäudeteile einen ausreichenden Schutz der beiden denkmalwürdigen Gebäude sicher.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Schwerin - 6. Kammer - vom 14. August 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt ihre Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

2

Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage durch Gerichtsbescheid vom 14. August 2009 abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, soweit sie denn nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, liegen nicht vor.

3

Dies gilt zunächst für die ausdrücklich bezeichneten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

4

Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angefochtenen Entscheidung orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats v. 31.07.2009 - 2 L 111/09 -, m.w.N.).

5

Die Zulassungsbegründung lässt in diesem Sinne schon keine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erkennen. Dabei wird deutlich, dass die Rechtsmittelführerin der Auffassung ist, sie könne für ihr Begehren § 6 Abs. 3 RGebStV als Anspruchsgrundlage heranziehen. Die Zulassungsbegründung lässt jedoch Ausführungen dazu vermissen, weshalb die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2008 (Az. 6 B 1/08 -, zit. nach juris) ernstlichen Zweifeln begegnen soll. Eine rechtliche Durchdringung der - zutreffenden - Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 3 RGebStV komme so lange nicht in Betracht, wie der Rundfunkteilnehmer nicht seine Obliegenheit nach § 6 Abs. 2 RGebStV erfüllt, Sozialleistungen zu beantragen und nachzuweisen, findet nicht statt.

6

Der der Zulassungsbegründung zu entnehmende gedankliche Ansatz, mit Rücksicht auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe handele es sich für die Klägerin um eine "Überraschungsentscheidung", könnte allenfalls unter den von der Rechtsmittelführerin nicht ausdrücklich benannten Berufungszulassungsgrund § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO subsumiert werden. Der Zulassungsgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs ist jedoch in dem hier zugrunde liegenden Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid ausgeschlossen. Das dem Unterliegenden nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eingeräumte Wahlrecht zwischen dem Antrag auf Zulassung der Berufung oder einer mündlichen Verhandlung reduziert sich bei der Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör versagt, auf den Antrag auf mündliche Verhandlung. Verzichtet der Kläger auf diesen ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf, ist er im Zulassungsverfahren mit seiner Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ausgeschlossen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 15.03.2000 - A 6 S 48/00 -, zit. nach juris Rn. 5; VGH Kassel, Beschl. v. 04.08.2000 - 12 UZ 2595/00 -, zit. nach juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 84 Rn. 34; § 124 Rn. 13).

7

Unabhängig davon, dass es auch an einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Darlegung des Zulassungsgrundes fehlt, wäre dieser in der Sache nicht gegeben. Es liegt bereits keine Überraschungsentscheidung zugrunde. Von einer Überraschungsentscheidung kann nur dann ausgegangen werden, wenn das Gericht seine Entscheidung auf eine Vorschrift stützt, die vorher nicht erwähnt wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1985 - 4 C 62/82 -, zit. nach juris Rn. 11). So verhält es sich hier nicht. Insbesondere in dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Verwaltungsgericht § 6 Abs. 1 und Abs. 3 RGebStV bereits als streitentscheidende Normen hervorgehoben. Darüber hinaus wurde in der Prozesskostenhilfeentscheidung hinreichend deutlich gemacht, dass die Prozesskostenhilfe nur mit Rücksicht darauf gewährt wurde, dass zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife, also vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2008 von höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfragen auszugehen war. Das Verwaltungsgericht hat außerdem in den Gründen des Prozesskostenhilfebeschlusses deutlich gemacht, welche Rechtsauffassung es unter Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vertreten werde.

8

Soweit schließlich der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erwähnt wird, fehlt es der Begründung des Zulassungsantrags an der Bezeichnung einer bedeutsamen Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache kann mit bloßen Angriffen gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht dargelegt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.02.1990 - 5 B 95/89 -, zit. nach juris; Beschl. des Senats v. 10.10.2005 - 2 L 303/04 -). Schließlich wäre auch die - von der Klägerin nicht formulierte - Frage ob einkommensschwache Personen, die keine der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgeführten Sozialleistungen beziehen, unter die Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 RGebStV fallen können, hinreichend durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1/08 -, zit. nach juris Rn. 5).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

11

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird der angefochtene Gerichtsbescheid rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.