Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Juli 2016 - 4 A 128/16
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine vom Beklagten erlassene Anordnung zur Erhaltung eines Denkmals.
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Der Kläger erwarb im Jahr 2001 zu einem Preis von 210.000 DM die Grundstücke B.-Straße 20 und 22 in Q., Ortsteil B. S.. Das Grundstück B.-Straße 20 ist mit einem seit 1992 leerstehenden Gebäude bebaut. Das Gebäude ist Bestandteil des als Denkmalbereich in das Denkmalverzeichnis eingetragenen Straßenzugs mit (seinerzeit) den Gebäuden B.-Straße 13, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36 und 38 sowie R.-platz 1 und 3. Zur Denkmalbegründung heißt es, dass es sich um den bedeutendsten Straßenzug des Kurortes handele. Die ansteigende Berglage sei mit der typischen Kurhausarchitektur der Zeit um 1900 im Harzraum bebaut. Die relativ schlichten Wohnhäuser seien durch markante, bisweilen anspruchsvolle Veranden und Balkone auffallend gestaltet. Sie erzeugten das Bild eines geschlossenen Ensemblezusammenhangs. Besonders gewürdigt wurden in ihrer Qualität und Integrität der denkmalkonstituierenden Elemente die Häuser Nr. 30 und Nr. 32 als ehemalige Kurpensionen. Das Gebäude auf dem Nachbargrundstück B.-Straße 20 wurde im Jahr 2013 durch Brandstiftung stark beschädigt und ist mittlerweile abgerissen.
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Bei einem Ortstermin am 20.05.2015 stellten Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde des Beklagten diverse Schäden an dem Gebäude B.-Straße 22 fest.
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Nach Anhörung des Klägers erließ der Beklagte mit Bescheid vom 07.07.2015, zugestellt am 10.07.2015, eine denkmalrechtliche Anordnung, mit dem der Kläger verpflichtet wurde, die straßenseitige Schadstelle am östlichen Giebel mit Dachziegeln fachgerecht zu schließen, die abgängige mittlere Gaube auf der straßenseitigen Dachfläche zurückzubauen und die Fehlstelle mit Dachziegeln fachgerecht zu verschließen sowie schadhafte Sparrenfelder und Aufschiebringe in diesem Bereich zu ertüchtigen, die Dachflächenentwässerung aus Kunststoff zu reinigen, zu reparieren bzw. zu ergänzen, so dass ihre Funktionsfähigkeit wieder hergestellt ist, und die Hauseingangstür sowie die drei Fenster im Dachgeschoss des östlichen Giebels so zu verschließen, dass kein Niederschlag in das Gebäude eindringen kann und das Objekt vor unberechtigtem Betreten gesichert ist. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Ferner wurde für den Fall der Nichtbefolgung die Ersatzvornahme angedroht, wobei die zu erwartenden Kosten auf 9.000 € geschätzt wurden. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die festgestellten Schädigungen der Bausubstanz gefährdeten den dauerhaften Erhalt des Kulturdenkmals. Die angeordneten Maßnahmen seien geeignet, erforderlich und angemessen, um einem Verfall des Gebäudes durch ungehinderte Witterungseinflüsse und Vandalismus entgegenzuwirken. Augenscheinlich seien an dem Gebäude seit geraumer Zeit weder eine normale Bauunterhaltung noch nachhaltige Sanierungsarbeiten durchgeführt worden. Der schlechte bauliche Zustand stehe der Erhaltungspflicht nicht entgegen, denn das Gebäude sei mit vertretbarem Aufwand sanierungsfähig. Die Maßnahmen beträfen vorrangig die vom Kläger über Jahre hinweg vernachlässigte gewöhnliche Bauunterhaltung. Auch die Kosten für die Maßnahmen seien zumutbar, zumal sich die Anordnung auf die notwendigsten Erhaltungsmaßnahmen beschränke. Die Nutzung der Räumlichkeiten erscheine realisierbar, so dass Einnahmen erwirtschaftet werden könnten.
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Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 10.08.2015 Widerspruch. Im einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes trug der Kläger vor: Er habe nach dem Eigentumserwerb eine umfangreiche Sanierungs- und Sicherungsmaßnahme geplant, die jedoch an zu engmaschigen Vorgaben der Gemeinde gescheitert sei. Bei einer Ortsbesichtigung im März 2013 habe ein Mitarbeiter der Denkmalschutzbehörde erklärt, dass eine Sanierungsmaßnahme mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre. Ein Abriss des Gebäudes werde befürwortet. Der Beklagte handele widersprüchlich, wenn er einerseits Erhaltungsmaßnahmen verlange, andererseits aber selbst von der fehlenden Sanierungsmöglichkeit ausgehe. Die angeordneten Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Das Gebäude sei durch eine Umzäunung seit langem vor unberechtigtem Betreten durch Dritte gesichert. Es sei nicht ersichtlich, dass durch herabfallende Ziegel eine Einsturzgefahr bestehe.
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Ende September 2015 ließ der Beklagte im Wege der Ersatzvornahme Sicherungsmaßnahmen durchführen, für die ihm das beauftragte Unternehmen 9.525,29 € in Rechnung stellte.
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Mit Bescheid vom 09.03.2016, zugestellt am 22.03.2016, wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch des Klägers gegen die Verfügung vom 07.07.2015 zurück: Die angeordneten Maßnehmen seien geeignet und erforderlich gewesen, um den aktuellen Bauzustand des Kulturdenkmals zu sichern und weiteren Feuchteeintrag sowie weitere Schäden zu verhindern.
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Am 22.04.2016 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor: Die Anordnungen seien zum Nässeschutz und zur Gebäudesicherung nicht erforderlich gewesen. Schadhafte Dachstellen hätten mit einer Plane abgesichert werden können. Wenn der Beklagte einen Bausachverständigen hinzugezogen hätte, wäre dieser möglicherweise zu der Auffassung gekommen, dass die Gaube hätte abgestützt werden können. Die Haustür habe nicht offen gestanden. Es habe auch keine Gefahren durch den Zugang Dritter gegeben, insbesondere kein Risiko einer Brandstiftung. Der Brand an dem Gebäude B.-Straße 20 sei ohne Betreten des Gebäudes gelegt worden. Die geforderten Maßnahmen seien wirtschaftlich nicht zumutbar. Beim Erwerb des Grundstücks habe er, der Kläger, eine Wiedereröffnung als Hotel geplant. Hierfür seien ihm auch Zuschüsse bewilligt worden. Nachdem erkennbar gewesen sei, dass der Kurbetrieb in B. S. eingestellt werden würde, habe er von dieser Planung Abstand genommen. Daraufhin habe er einen Grundstücksverkauf erwogen, jedoch seien alle potentiellen Käufer abgesprungen. Bei einem Ortstermin im Jahr 2013 habe ein Mitarbeiter der Bauordnungsbehörde erklärt, dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben und das Objekt nicht mehr zu retten sei. Ein Mitarbeiter der unteren Denkmalbehörde habe erklärt, dass die Behörde einen beim Landesverwaltungsamt zu stellenden Antrag auf Genehmigung des Abrisses unterstützen werde. Mehrere Makler und Investoren hätten erklärt, dass sie für Investitionen oder einen Verkauf des Grundstücks keine Grundlage sähen. Er habe auch eine Landtagsabgeordnete eingeschaltet. Wenn auch deren Bemühungen erfolglos blieben, werde er einen Antrag auf Genehmigung des Gebäudeabrisses stellen. Ein Um- und Ausbau als Vermietungsobjekt sei in Anbetracht der schlechten örtlichen und wirtschaftlichen Lage nicht umzusetzen. Der größte Teil der von der denkmalrechtlichen Anordnung betroffenen Schäden seien durch den Brand des Nachbargebäudes entstanden. Im Übrigen habe bereits das für ihn zuständige Finanzamt in Steuerbescheiden festgestellt, dass eine Wirtschaftlichkeit des Objekts nicht mehr gegeben sei. Nach dem Abriss des Gebäudes B.-Straße 20 und aufgrund des ruinösen Zustands des streitgegenständlichen Gebäudes liege ein Denkmalbereich nicht mehr vor. Das fragliche Objekt sei nicht mehr zu retten, selbst wenn das Dach ordnungsgemäß verschlossen sei. Mitarbeiter des die Ersatzvornahme durchführenden Unternehmens hätten seinem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass man sich auf den Zwischendecken wegen des desolaten Zustands nicht mehr bewegen sollte. Zur Vermietung und Verpachtung sei das Gebäude mangels Nachfrage für Wohnräume nicht geeignet. Ferner nahm er auf sein Vorbringen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 07.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2016 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Klage abzuweisen.
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Er erwidert: Der Wegfall des Einzelobjekts B.-Straße 20 ändere nichts an der Denkmaleigenschaft des gesamten Straßenzugs. Die Ausführungen des Klägers zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit seien unsubstantiiert. Die Finanzbehörden seien für die Beurteilung des denkmalrechtlichen Begriffs der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nicht zuständig. Im Übrigen richte sich die wirtschaftliche Zumutbarkeit von Maßnahmen zur vorübergehenden Sicherung des Denkmals nur an den Aufwendungen für die Sicherungsmaßnahme als solche, nicht an denen für die vollständige Sanierung des Objekts. Hierbei sei auch die Herbeiführung der Schädigung durch die vom Eigentümer unterlassene Bauunterhaltung zu berücksichtigen. Auch im vorliegenden Fall habe der Kläger über 14 Jahre hinweg Sicherungsmaßnahmen unterlassen, die nunmehr Notsicherungsmaßnahmen unumgänglich gemacht hätten.
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Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor: Der Denkmalbereich habe trotz der Zerstörung des Gebäudes B.-Straße 20 noch ausreichend konstituierende Bestandteile. Die Denkmaleigenschaft eines Denkmalbereichs ergebe sich auch aus den übersummarischen Werten der Zusammenstellung von Einzelteilen. Der ruinöse Zustand des hier fraglichen Gebäudes begründe nicht den Verlust der Denkmaleigenschaft. Bei vielen Denkmalen würden Decken ertüchtigt oder erneuert. Der Kläger habe nicht überzeugend dargelegt, dass eine Instandsetzung unwirtschaftlich sei. Ein Abbruch- oder Instandsetzungsantrag liegt nicht vor und stehe nicht zur Entscheidung an.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Der Bescheid des Beklagten vom 07.07.2015, mit dem gegen den Kläger denkmalrechtliche Maßnahmen zur Erhaltung des Gebäudes auf dem Grundstück B.-Straße 22 in Q., Ortsteil B. S. angeordnet wurden, und der Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 09.03.2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Anordnung ist § 9 Abs. 6 Satz 1 DSchG LSA. Nach dieser Vorschrift können die unteren Denkmalschutzbehörden gefahrenabwehrende Maßnahmen anordnen oder selbst durchführen, wenn Eigentümer, Besitzer und andere Verfügungsberechtigte ihren Verpflichtungen nach dem Denkmalschutzgesetz nicht nachkommen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG sind die Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen verpflichtet, diese im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen, instandzusetzen und vor Gefahren zu schützen.
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Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt. Das Gebäude auf dem Grundstück B.-Straße 22 in Q. ist Bestandteil des Denkmalbereichs B.-Straße 13, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36 und 38 sowie R.-platz 1 und 3 und damit Teil eines Kulturdenkmals (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG LSA). Der Straßenzug ist aufgrund seiner geschichtlichen und kulturell-künstlerischen Bedeutung erhaltungswürdig (§ 2 Abs. 1 DSchG LSA). Die Bauwerke stehen zueinander in einer historischen und ästhetischen Beziehung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DSchG LSA).
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Die besondere geschichtliche und kulturell-künstlerische Bedeutung des Straßenzugs ergibt sich aus der Denkmalbegründung, auf die der Beigeladene in seinem Schriftsatz vom 11.07.2016 Bezug genommen hat. Die geschichtliche Bedeutung folgt aus dem Umstand, dass es sich um die typische Kurhausarchitektur der Zeit um 1900 im Harzraum handelt. Die kulturell-künstlerische Bedeutung ist mit der auffallenden Gestaltung der Häuser durch markante, bisweilen anspruchsvolle Veranden und Balkone, insbesondere bei den Gebäuden Nr. 30 und Nr. 32 als ehemalige Kurpensionen, in nachvollziehbarer Weise dargelegt. Der geschichtliche und funktionale Zusammenhang, der zur Annahme eines Denkmalbereichs führt, erschließt sich aus der Bauweise der in einer Epoche erbauten Gebäude innerhalb eines Straßenzugs. Die Darstellung der denkmalkonstituierenden Merkmale des Straßenzugs, die Beurteilung der Denkmalwürdigkeit und die Begründung der Verbindung der Gebäude zu einem Denkmalbereich sind plausibel und nachvollziehbar. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung die fachkundigen Stellungnahmen des beigeladenen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt als Fachbehörde verwerten. Denn das zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderliche Fachwissen vermittelt in erster Linie das beigeladene Landesamt als staatliche Denkmalfachbehörde. Allein die Stellung dieser Behörde als Verfahrensbeteiligter belegt nicht, dass die denkmalfachlichen Belange von der Behörde in sachwidriger Weise wahrgenommen werden (OVG LSA, Urteil vom 18. Februar 2015 – 2 L 175/13 -, juris).
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Die Eigenschaft des Straßenzugs als Denkmalbereich ist nicht durch den Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück B.-Straße 20 und den schlechten Zustand des Gebäudes auf dem Grundstück B.-Straße 22 verloren gegangen.
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Der Verlust des einzelnen Gebäudes auf dem Grundstück B.-Straße 22 in einem aus zuvor 13 Gebäuden bestehenden Straßenzugs lässt weder die historische und kulturell-künstlerische Aussagekraft des Gesamtensembles noch die historische und funktionale Beziehung der Gebäude zueinander entfallen. Auch insoweit ist der Einschätzung des Beigeladenen als Denkmalfachbehörde zu folgen, der in nachvollziehbarer Weise erläutert hat, dass der Denkmalbereich auch ohne das Gebäude B.-Straße 22 noch ausreichend konstituierende Bestandteile hat.
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Auch die Zugehörigkeit des fraglichen Gebäudes auf dem Grundstück B.-Straße 22 zum Denkmalbereich ist nicht nachträglich durch Substanzverlust entfallen. Von einem Verlust der Zugehörigkeit zu einem Denkmalbereich ist auszugehen, wenn die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DenkmSchG LSA für die Zugehörigkeit des fraglichen Objekts zum Denkmalbereich erforderliche besondere historische oder funktionale Beziehung zu den Bauwerken im Denkmalbereich nicht mehr anhand der vorhandenen Substanz ablesbar und nur noch gedanklich rekonstruierbar ist (OVG LSA, Beschluss vom 02.12.2015 – 2 L 4/15 –, juris). Vor diesem Hintergrund kann von einem Verlust der Denkmaleigenschaft keine Rede sein. Wie sich aus den beim Ortstermin von Mitarbeitern des Beklagten am 20.05.2015 angefertigten Lichtbildern ergibt, sind zwar an dem Gebäude diverse Schäden erkennbar. Durch diese Schäden ist aber die historische Aussagekraft des Gebäudes jedoch weder in erheblicher Weise reduziert noch verloren gegangen. Das Bauwerk ist nicht als Quelle „unlesbar“ geworden (vgl. hierzu OVG LSA, Urteil vom 18.02.2015 – 2 L 175/13 –, juris), insbesondere nicht als Bestandteil des Denkmalbereichs.
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Bei den Anordnungen handelt es sich auch um gefahrenabwehrende Maßnahmen i. S. des § 9 Abs. 6 Satz 1 DSchG LSA, die erforderlich waren, um einen drohenden Substanzverlust zu verhindern.
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Wie sich aus den beim Ortstermin angefertigten Fotos ergibt, wies das Gebäude im Dachbereich Schadstellen auf, durch die Nässe in das Gebäude eindringen konnte. Zudem wurde beim Ortstermin festgestellt, dass die mittlere Gaube gravierende Schäden aufwies, die ebenfalls zum Eindringen von Feuchtigkeit führte. Ferner waren die Hauseingangstür und einige Fenster nicht verschlossen, so dass Dritte in das Gebäude eindringen konnten.
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Die denkmalrechtlichen Anordnungen des Beklagten sind geeignet, das Gebäude vor dem Eindringen von Nässe und vor Vandalismus durch unbefugten Zutritt Dritter zu schützen. Ohne den Schutz der fraglichen Dachflächen und die Instandsetzung der Dachflächenentwässerung wäre das Gebäude weiterhin dem Eindringen von Nässe ausgesetzt. Es liegt auf der Hand, dass Nässe im Gebäudeinneren mit der erheblichen Gefahr einer Schädigung der Gebäudesubstanz verbunden ist. Den Kläger weniger belastende, mindestens gleich effektive Mittel, um das Ziel des Nässeschutzes zu verwirklichen, sind nicht ersichtlich. Die Einschätzung des Beklagten, dass die Gaube abgängig gewesen und eine Reparatur teurer als der Abriss gewesen sei, wird vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass die Mitarbeiter der Denkmalbehörde über hinreichende Erfahrung verfügen, um den Zustand des Gebäudes und die Erhaltungsmöglichkeiten verlässlich zu beurteilen. Die Heranziehung eines unabhängigen Bausachverständigen war deshalb nicht erforderlich und wäre mit weiteren Kosten verbunden gewesen. Ebenso leuchtet es ein, dass das Anbringen einer Plane zum Schutz vor Niederschlagswasser das Ziel des Nässeschutzes nicht in gleicher Weise verwirklicht hätte wie ein Verschließen der Schadstellen mit Dachziegeln. Dabei kann es letztlich dahinstehen, ob auch Planen UV-beständig und daher geeignet sein können, Niederschlagswasser über mehr als ein Jahr abzuhalten. Jedenfalls ist eine Dacheindeckung wesentlich beständiger als eine Plane und verhindert, dass innerhalb eines absehbaren Zeitraums von wenigen Jahren erneut Maßnahmen zum Nässeschutz zu treffen sind. Angesichts des Gebäudezustands, der auf eine jahrelange Vernachlässigung hindeutet, konnte der Beklagte auch nicht davon ausgehen, dass der Kläger innerhalb eines absehbaren Zeitraums Sanierungsmaßnahmen einleiten würde, so dass eine Zwischenlösung für den Nässeschutz eine Zwischenlösung ausreichend gewesen wäre. Auch das Verschließen des Hauseingangsbereichs und von Fenstern zum Schutz vor dem Eindringen Unbefugter war für die Erhaltung des Denkmals notwendig. Eine Umzäunung des Geländes kann auch überwunden werden. Sie verhindert den Zutritt Dritter nicht in gleicher Weise wie das Verschließen des Gebäudes. Es kann dahinstehen, ob es in der letzten Zeit vor dem Erlass der denkmalrechtlichen Anordnungen zu Vandalismus gekommen ist. Jedenfalls besteht bei geöffneten Türen und Fenstern generell die Möglichkeit, in das Gebäude einzudringen und Schäden anzurichten, selbst wenn sich diese Gefahr akut noch nicht verwirklicht hat. Das gilt auch für die Gefahr von Brandstiftungen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob – wie der Kläger vorträgt - die Brandstiftung an dem Nachbargebäude ohne Eindringen des Täters in das Gebäude erfolgt ist. Jedenfalls besteht ohne eine Gebäudesicherung ein erhöhtes Risiko.
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Der Kläger kann sich gegen die Anordnung der Erhaltungsmaßnahmen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihn die Erhaltung unzumutbar wirtschaftlich belastet (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 DSchG LSA). Unzumutbar ist die wirtschaftliche Belastung gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 DSchG LSA insbesondere dann, wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen und andere Einkünfte des Verpflichteten nicht herangezogen werden können.
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Für die Bewertung, ob sich im Rahmen einer Erhaltungsanordnung angeordnete Maßnahmen im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren halten, kommt es nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht darauf an, ob eine Sanierung des Denkmals zum Zwecke der Erhaltung zu unzumutbaren Belastungen führen würde, sondern, ob die konkret angeordnete Maßnahme zur vorübergehenden Sicherung des Denkmals vor Gefährdungen als solche zumutbar ist (OVG Berlin-Brandenb, Beschluss vom 30.06.2008 – OVG 2 S 29.08 –, juris). Auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkung kann für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen aber nur ein objektbezogener Maßstab zur Feststellung der der wirtschaftlichen Zumutbarkeit gelten. Für die Beurteilung kommt es nicht auf die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Eigentümers an, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt an. „Andere Einkünfte“ des Denkmaleigentümers können aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht herangezogen werden, auch wenn § 10 Abs. 4 Satz 2 DSchG LSA diese Möglichkeit offen lässt. Insoweit ist diese Vorschrift verfassungskonform auszulegen. Die Sozialbindung des Eigentums rechtfertigt Einschränkungen des Eigentümers immer nur in Ansehung des konkreten Eigentumsobjekts und dessen Nutzung. Dementsprechend ist die Rechtsstellung des Eigentümers eines Denkmals nicht danach ausgestaltet oder auszugestalten, ob er reich oder arm ist. Die objektive Grenze der Verhältnismäßigkeit ist vielmehr nach dem Inhalt des Eigentums unter Beachtung der Direktiven des Art. 14. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG zu bestimmen. Einschränkungen des Eigentums dürfen nicht so weit gehen, dass das Denkmal bloßes Zuschussobjekt ist oder überhaupt keine Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, welche als – noch – wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann (OVG LSA, Urteil vom 15.12.2011 – 2 L 152/06 –, juris).
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Vor diesem Hintergrund kann die wirtschaftliche Unzumutbarkeit auch vorläufiger Sicherungsmaßnahmen nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, dass die Kosten hierfür relativ gering seien oder dass der Eigentümer nach seinen subjektiven Verhältnissen in der Lage sei, die Kosten aufzubringen. Kosten für Sicherungsmaßnahmen mögen zwar wirtschaftlich zumutbar sein, wenn sie zum wirtschaftlichen Nutzwert des Objekts in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2013 – 9 K 1024/13 –, juris). Handelt es sich aber – wie hier – um ein leer stehendes Gebäude, aus dem der Eigentümer keinerlei Einnahmen erzielt und das ohne grundlegende Sanierung nicht wirtschaftlich nutzbar ist, so fehlt es an Grundlagen, um die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen ohne Berücksichtigung der Kosten einer umfassenden Sanierung feststellen zu können.
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Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 DSchG kann sich der Verpflichtete allerdings nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die er dadurch verursacht hat, dass Erhaltungsmaßnahmen nach dem Denkmalschutzgesetz oder sonstigem öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind. Die Voraussetzungen dieser Norm sind nicht nur dann erfüllt, wenn der Verpflichtete im Laufe der Lebenszeit eines Denkmals als Eigentümer dieser Sache Unterhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, sondern auch dann, wenn der Verpflichtete „sehenden Auges“ ein sanierungsbedürftiges Denkmal erwirbt, die Denkmaleigenschaft bekannt und die Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich ist (OVG LSA, Urteil vom 18.02.2015 – 2 L 175/13 –, juris).
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Ist – wie im vorliegenden Fall – die Zumutbarkeit vorläufiger Sicherungsmaßnahmen zu beurteilen, so liegt eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit dann nicht vor, wenn bereits im Zeitpunkt des Erwerbs die Sanierungsbedürftigkeit erkennbar war oder wenn die konkret angeordneten Sicherungsmaßnahmen auf einer Vernachlässigung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen beruhen.
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Der überwiegende Teil der angeordneten Maßnahmen, nämlich die Anordnungen 1.2 bis 1.4, beruht zur Überzeugung des Gerichts darauf, dass der Kläger über Jahre hinweg die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen unterlassen hat. Aus dem baulichen Zustand des Gebäudes, der durch die beim Ortstermin angefertigten Fotos veranschaulicht wird, lässt sich ohne weiteres darauf schließen, dass selbst die zur Erhaltung des Denkmals nötigsten Sicherungsmaßnahmen über Jahre hinweg unterblieben sind oder vernachlässigt wurden. Das Objekt ist offensichtlich verwahrlost. Die meisten der Schäden sind augenscheinlich nicht durch ein für den Kläger unabwendbares Ereignis entstanden, sondern beruhen auf dem Unterbleiben regelmäßiger Pflege und Instandsetzung. Mit der Durchführung der gebotenen Erhaltungsmaßnahmen wären die diversen Schäden nicht zustande gekommen und die denkmalrechtlichen Anordnungen nicht erforderlich gewesen.
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Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass der von der Anordnung Nr. 1.1 betroffene Schaden durch den Brand des Nachbargebäudes, und damit nicht durch Vernachlässigung der Erhaltungspflichten, sondern durch ein für den Kläger unabwendbares Ereignis entstanden ist. Hinsichtlich der übrigen Schadstellen gibt es für die Annahme, dass sie durch den Brand verursacht wurden, keine Anhaltspunkte.
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Auch wenn vor diesem Hintergrund jedenfalls die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Anordnung 1.1 daran zu messen ist, ob die Erhaltung des gesamten Objekts zumutbar ist, kann von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit i. S. des § 10 Abs. 4 DSchG nicht ausgegangen werden.
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Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 DSchG ist die wirtschaftliche Unzumutbarkeit durch den Verpflichteten glaubhaft zu machen. Damit liegt die Darlegungs- und Beweislast für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals beim Eigentümer (OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 08.01.2008 – 3 L 155/07 –, juris; OVG Rheinl.-Pf., Urteil vom 26.05.2004 - 8 A 12009/03 -, juris; BayVGH, Urteil vom 27.09.2007 - 1 B 00.2474 -, juris). Zwar sind die Verwaltungsgerichte zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen auch dann verpflichtet, wenn der Gesetzgeber vom Antragsteller die Glaubhaftmachung eines Sachverhalts verlangt, so dass die Gerichte die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im Einzelfall zu prüfen haben (OVG LSA, Urteil vom 15.12.2011 – 2 L 152/06 –, juris). Von dem Eigentümer ist aber zu verlangen, dass er die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung oder Nutzung des Denkmals in einer alle relevanten Faktoren in nachvollziehbarer Weise ermittelnden und bewertenden Wirtschaftlichkeitsrechnung darlegt (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 13.09.2013 – 10 A 1069/12 –, juris), in die die vom Eigentümer erzielbaren Steuervorteile und öffentlichen Mittel einzubeziehen sind (vgl. OVG LSA, Urteil vom 15.12.2011 – 2 L 152/06 -, juris). Die den Eigentümer treffende Darlegungslast entspricht der zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalbehörden bestehenden Aufgabenverteilung und ist angemessen, weil regelmäßig nur der Eigentümer über die Informationen über die wirtschaftliche Situation des Denkmals verfügt, die zur Darlegung einer Unzumutbarkeit seiner Erhaltung oder Nutzung erforderlich sind (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 13.09.2013 – 10 A 1069/12 –, juris). Das Gericht kann von der Einholung eines Sachverständigengutachtens über die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Nutzung eines Grundstücks unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes absehen, wenn bei einer Vielzahl von möglichen Nutzungskonzepten der Eigentümer über seine Vorstellungen von der Nutzung schweigt und seine maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht offenlegt (OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 08. Januar 2008 – 3 L 155/07 –, juris). Abweichendes mag gelten, wenn offensichtlich ist, dass eine wirtschaftlich zumutbare Nutzung des Denkmals ausgeschlossen ist (vgl. hierzu OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 08.01.2008, a. a. O.) oder wenn sich nach jahrelangen, letztlich aber erfolglos gebliebenen Bemühungen (auch) der Denkmalbehörde um ein denkmalverträgliches Nutzungskonzept abzeichnet, dass zwar Nutzungsmöglichkeiten für das Objekt bestehen, diese aber aller Voraussicht nach unwirtschaftlich sein werden (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 29.01.2008 – 2 M 358/07 –, juris).
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Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der angeordneten Erhaltungsmaßnahmen nicht erfüllt. Der Kläger hat zwar plausibel dargelegt, dass das in der Zeit des Grundstückserwerbs entwickelte Konzept einer Sanierung des Objekts mit Wiedereröffnung als Hotel nicht mehr tragfähig war, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass der Kurbetrieb in B. S. eingestellt werden würde. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals kann jedoch nicht allein darauf gestützt werden, dass einem vor mehr als zehn Jahren entwickelten Konzept inzwischen die Grundlage entzogen ist. Denn das Gebäude kann auch auf andere Weise als für ein dem Kurbetrieb zugeordnetes Hotel genutzt werden. Dass alle anderen denkbaren Nutzungsmöglichkeiten nach denkmalrechtlichen Maßstäben unwirtschaftlich sind, ist weder vom Kläger glaubhaft gemacht worden noch offensichtlich. Die vom Kläger hierzu angeführten Feststellungen der Finanzbehörden in Steuerbescheiden treffen keine Aussage zur denkmalrechtlichen Zumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen. Die Behörden sind für die Beurteilung dieser denkmalrechtlichen Fachfrage auch nicht zuständig. Auch aus Einschätzungen von Mitarbeitern von Bauunternehmen zum Gebäudezustand lässt sich nicht darauf schließen, dass eine Erhaltung des Gebäudes wirtschaftlich unzumutbar ist. Soweit – was der Beklage bestreitet – ein Mitarbeiter der unteren Denkmalbehörde erklärt haben sollte, dass die Behörde einen Antrag auf Genehmigung des Gebäudeabrisses befürworten werde, handelt es sich schon mangels Wahrung der Schriftform nicht um eine rechtlich verbindliche Zusicherung i. S. des § 38 VwVfG, sondern nur um eine unverbindliche Einschätzung zu einem künftigen Genehmigungsverfahren, in dem gemäß § 14 Abs. 10 DSchG LSA allein das Landesverwaltungsamt als obere Denkmalbehörde für die Beurteilung und Entscheidung zuständig ist.
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Insgesamt sind die vom Kläger vorgetragenen Umstände zur Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit unzureichend. Der Kläger hat weder ein Nutzungskonzept vorgelegt noch irgendwelche Überlegungen zur künftigen Nutzung vorgetragen. Es fehlt an jeder Wirtschaftlichkeitsberechnung. Angaben zu möglichen Zuschüssen und Steuervorteilen hat der Kläger nicht gemacht. Aus dem Umstand, dass das Gebäude stark beschädigt und sanierungsbedürftig ist, lässt sich nicht darauf schließen, dass eine Instandsetzung in wirtschaftlich zumutbarer Weise – auch unter Berücksichtigung möglicher Zuwendungen und Steuervorteile - nicht möglich ist. Mit der Behauptung, mehrere Makler und Investoren hätten erklärt, dass sie für Investitionen oder einen Verkauf des Grundstücks keine Grundlage sähen, hat der Kläger auch nicht belegt, dass er sich hinreichend um einen Verkauf des Grundstücks bemüht hätte. Die Unverkäuflichkeit des Denkmals zu einem angemessenen Preis ist entweder durch eine an Tatsachen orientierte fachliche Stellungnahme oder in sonstiger geeigneter Form zu belegen. Dies ist erforderlich, um der Denkmalbehörde die Feststellung zu ermöglichen, ob das Denkmal tatsächlich unverkäuflich ist oder ob seine Veräußerung allein an den nicht angemessenen Preisvorstellungen des Eigentümers gescheitert ist, der letztlich auf die lukrativere Verwendung des Grundstücks ohne das Denkmal spekuliert (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 27.06.2013 – 2 A 2668/11 –, juris).
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Vor diesem Hintergrund ist das Gericht nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten zur Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Erhaltung des Objekts einzuholen. Da der Kläger kein Nutzungskonzept vorgelegt hat, ist das Gericht schon nicht in der Lage, dem Sachverständigen die für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit relevanten Grundlagen zu nennen. Die Entscheidung über die Nutzung obliegt dem Eigentümer. Daher kann das Gericht nicht verpflichtet sein, aus der Vielzahl möglicher Nutzungsmöglichkeiten Konzepte auszuwählen, die der Sachverständigen der Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde zu legen hat, oder jedes denkbare Konzept durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen (vgl. OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 08.01.2008, a. a. O.). Auch für die künftige Nutzung des vorliegenden Objekts kommt eine Vielzahl von Möglichkeiten in Betracht. Der Kläger hatte beim Erwerb des Grundstücks nach der Sanierung eine Nutzung als Hotel angestrebt. Sowohl die Investitionskosten als auch die zu erwartenden Einnahmen hängen von der Art des Hotelbetriebs ab, also von der Frage, ob es sich um ein einfaches oder gehobenes Hotel oder etwa ein Sport- oder Wellnesshotel handelt. Entsprechendes gilt auch für eine Vermietung zu Wohnzwecken. So kommen viele kleinere oder wenige große Wohnungen oder eine Mischung aus beidem in Betracht. Ebenso ist eine weite Spannbreite im Hinblick auf Komfort und Standard der Wohnungen möglich.
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Der Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben das ihnen nach § 9 Abs. 6 Satz 1 DSchG LSA zustehende Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. § 114 VwGO) ausgeübt. Die Behörden haben mit der Anordnung das Ziel verfolgt, einem Substanzverlust des Denkmals durch Eindringen von Nässe und durch Vandalismus entgegenzuwirken. Diese Zielrichtung entspricht dem Zweck der Regelung des § 9 Abs. 6 Satz 1 DSchG, Gefahren von Kulturdenkmalen abzuwehren.
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Die Androhung der Ersatzvornahme ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung ab und folgt gemäß § 117 Abs. 5 VwGO den zutreffenden Ausführungen in der Begründung des Widerspruchsbescheides.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig erklärt, weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit auch selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat die Bedeutung der Sache für den Kläger geschätzt und dabei die angefallenen Kosten für die Ersatzvornahme berücksichtigt.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Juli 2016 - 4 A 128/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung für das Gebäude auf dem Grundstück D-Straße 7 in Halle.
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Bei dem 335 m² großen Grundstück D-Straße 7 handelt sich um ein Eckgrundstück im Innenstadtbereich, das sowohl an die D-Straße als auch an die E-Straße grenzt. Das Grundstück liegt im Sanierungsgebiet „Historischer Altstadtkern“. Es ist mit einem dreigeschossigen Fachwerkbau aus dem 16./17. Jahrhundert bebaut. Das Objekt ist als Baudenkmal im Denkmalverzeichnis eingetragen. Es ist zudem als Bestandteil eines Denkmalbereiches sowie eines archäologischen Flächendenkmals eingestuft worden. Im Verzeichnis der Kulturdenkmale des Landes Sachsen-Anhalt heißt es zu dem Objekt:
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„Wohnhaus, stattlicher dreistöckiger Fachwerkbau mit steilem Giebel und auskragenden Obergeschossen, in straßenbildprägender Ecklage, im gemauerten Erdgeschossbereich profilierte Fenstergewände mit Renaissance-Stabwerk, eines der eindruckvollsten und ältesten Fachwerkhäuser Halles, erbaut Mitte/Ende 16. Jahrhundert, später umgebaut.“
- 4
An das dreigeschossige Hauptgebäude mit Unterkellerung schließt sich an der D-Straße der sogenannte zweigeschossige „Westzwischenbau“ mit einem Flachdach an. Dieses Gebäude war ursprünglich ebenfalls deutlich höher, erlitt aber im Zweiten Weltkrieg einen Bombenschaden. In der E-Straße schließt sich ein „Nördliches Nebengebäude“ an. Bei diesem Nebengebäude gehen sowohl der Beklagte als auch der Beigeladene zu 1 davon aus, das es seine Denkmaleigenschaft verloren hat.
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Das Gebäude D-Straße 7 wurde nach 1990 im Rahmen der „Fremdhausverwaltung“ durch die Hallesche Wohnungsgesellschaft mbH verwaltet. Die Eigentumsverhältnisse waren zunächst ungeklärt. Auf Grund eines entsprechenden Vermögenszuordnungsbescheides aus dem Jahr 2003 wurde die Beigeladene zu 2) Eigentümerin eines 60,5%-Anteils an dem Objekt. Die Verwaltung übernahm die beigeladene Stadt mit verschiedenen Eigenbetrieben. Vormals diente das Gebäude der Wohnnutzung, während im Erdgeschoss noch bis zum Jahr 2007 eine Gastwirtschaft untergebracht war. Seitdem steht das Gebäude insgesamt leer.
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Am 28.11.2009 wurde das Grundstück im Rahmen einer Grundstücksauktion an einen Privateigentümer verkauft. Dieser führte im Jahre 2010 Aufräum- und Entrümpelungsarbeiten auf der Grundlage einer denkmalrechtlichen Genehmigung durch. In der 2. Jahreshälfte 2010 erfolgte der Verkauf des Grundstücks an den Kläger zu einem Kaufpreis von 80.000 €. Dem Kläger gehören auch weitere Nachbargrundstücke in der E-Straße 4 und F-Straße 76. Er beabsichtigt, auf diesen Grundstücken ein Alten- und Pflegeheim zu errichten. Ein entsprechender Bauantrag ist unter Aussparung des Gebäudes D-Straße Nr. 7 bereits gestellt worden. Der Kläger beabsichtigt aber, das Grundstück D-Straße 7 in das Alten- und Pflegheim mit ca. 20 Wohneinheiten einzubeziehen. Hierzu entwickelte der Kläger Baupläne, die allerdings von dem Beklagten abgelehnt wurden.
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Am 16.12.2011 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den Abbruch des Wohn- und Geschäftshauses D-Straße 7 in Halle. Zur Begründung ließ er durch seinen Architekten ausführen, dass die Sanierung des Gebäudes zu Wohn- oder gewerblichen Zwecken wegen enormer Schädigung der gesamten Konstruktion und der Menge an abgängiger Bausubstanz sowie einzelner den Charakter prägender Elemente zu einem unvertretbaren und zugleich unzumutbaren jährlichen finanziellen Verlust führen würde. Zur Begründung bezog der Kläger sich auch auf ein Gutachten des DipI.-Ing. (FH) (...) aus M-Stadt über eine Untersuchung zum Zustand der hölzernen Konstruktionsteile. Als Herstellungskosten auf Grundlage einer Kostenschätzung legte der Kläger einen Betrag von rund 3.095.000 € zu Grunde. Gegenstand des Abbruchantrags vom 16.12.2011 war auch eine Erklärung einer Steuerberatungsgesellschaft über mögliche Steuerersparnisse. Aus denkmalfachlicher Sicht lehnte die Beigeladene zu 1) mit Schriftsatz vom 07.05.2012 den Abriss des Hauptgebäudes D-Straße 7 ab. Am 12.06.2012 teilte der Kläger daraufhin dem Beklagten mit, dass er mit einem optischen Erhalt der Straßenfassade des Eckgebäudes, des Giebels, wesentlicher Teile des Kellers und des Erdgeschosses einschließlich des darüber liegenden Deckenfeldes einverstanden sei. Die momentane Bausubstanz sei abgängig und weitestgehend nicht mehr erhaltungsfähig. Ganze Bereiche müssten durch moderne Werkstoffe ersetzt werden. Daher sei der Denkmalstatus entfallen. In einer vom Arbeitskreis Innenstadt e.V. dargelegten Erwerbsabsicht sei keine hinreichend bestimmte Kaufabsicht zu sehen. Eine Finanzierungsbestätigung liege nicht vor.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14.06.2012 lehnte der Beklagte die Erteilung der begehrten Abbruchgenehmigung ab. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem Objekt D-Straße 7 um ein Kulturdenkmal handele. Dazu verwies er auf eine fachliche Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) mit folgendem Inhalt:
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„Das Wohn- und Geschäftsgebäude ist sowohl aus geschichtlichen und kulturell-künstlerischen Gründen als auch aus städtebaulicher Sicht von herausragender Bedeutung. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Fachwerkbau mit massiven Erd- und ausgekragten Obergeschossen (zweifach verriegelt mit Eckstreben) unter steilem Satteldach. Mit einer mutmaßlichen Bauzeit im 17. Jahrhundert, auf die die regelmäßig angeordneten Fenster mit reich profilierten und überstabten Gewänden in der Erdgeschosszone und der inschriftlich datierte Wappenstein über dem Hauseingang (1623) hinweisen, gehört es zu den äußerst seltenen erhaltenen Zeugnissen des einst reichen Halleschen Fachwerkbestandes aus dieser Zeit. Allem Anschein nach stammt das als doppeltes Kehlbalkendach mit zweifach liegendem Stuhl konstruierte Dachwerk noch aus der Erbauungszeit des Hauses. Im Kellergeschoss sind neben offenbar jüngeren Kellern noch zwei Rundbogenpforten erhalten, die auf das 16./17. Jahrhundert bezogen werden können. Der westliche Teil des zweiten Obergeschosses mit dem Dachwerk wurde durch einen Bombenschaden im zweiten Weltkrieg zerstört, dabei kam ein Andreaskreuz zum Vorschein. Dies deutet auf eine unter jüngerem Putz erhaltene Sicht-Fachwerkkonstruktion. Aus der Wiederaufbauphase nach 1945 stammt das in einfachen Formen gehaltene westliche Drittel des ersten Obergeschosses (Dachwerk und zweites Obergeschoss hingegen erneuerte man nicht). Vermutlich im 18. Jahrhundert/um 1800 wurde dem Haus in nördlicher Richtung entlang der E-Straße ein dreigeschossiger Anbau in Fachwerkbauweise angefügt, dessen Erdgeschoss erneuerte man im 19. Jahrhundert massiv und griff bei einem dreiteiligen Fenster nach Osten die späten Renaissance-Formen der Fenster des Haupthauses auf. Ausgangs des 19. Jahrhunderts wurde das Haus im Inneren grundlegend umgebaut, unter anderem errichtete man auf der Hofseite ein neues Treppenhaus mit gewendelter Treppe (Granitstufen; Treppengeländer aus gedrechselten Rundhölzern); im Inneren wurden die Räume (u. a. für die Nutzung als Gaststätte im Erdgeschoss) dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend umgestaltet (aus dieser Zeit sind Teile der Ausstattung erhalten, im Erdgeschoss Lamberien, im Wohnzwecken dienenden Obergeschoss als Bogenarchitektur gestaltete Wandverkleidung). Eine wichtige Stellung nimmt das Haus als Wohn- und Wirkungsstätte bedeutender Persönlichkeiten und damit als authentischer Zeuge der Halleschen Stadtgeschichte ein. Erster bekannter Besitzer des Grundstücks war Mitte des 16. Jahrhunderts Andreas Grundtmann. Mit Christoph Hoffmann und Wolf Bausse folgten angesehene Bürger und Amtsträger der Stadt. 1615 erwarb der Jurist Melchior Hoffmann das Anwesen für 1500 Gulden. Hoffmann war in der bewegten Zeit zwischen 1620 und 1660 Schultheiß in Halle. Als wichtiger städtischer Beamter hatte er bedeutende Amtsgeschäfte auszuführen, unter anderem oblagen ihm Teile der Gerichtsbarkeit. Derartige Rechtsakte wurden (bis 1669) im Haus des Schultheißen verrichtet, vermutlich hier in der D-Straße. Auf diesen speziellen Zusammenhang könnte auch das (spätere über dem Eingang angebrachte) Wappen verweisen. Mit Carol Andreas Hoffmann und Christian Bieck folgten im späteren 17. Jahrhundert weitere bedeutende Amtsträger als Besitzer; später war das Haus Wohnhaus und Gaststätte: 1863 „Schlüters Kaffeehaus“, ab 1876 „Restauration zum Markgrafen“. Ab 1976 „Halberstädter Bierstube“, von 1998 bis 2007 „Marktwirtschaft“. Die besondere städtebauliche Bedeutung des Hauses resultiert aus der charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße. Entsprechend dieser Situation befand sich der Zugang in die Gastwirtschaft in der ausgenommenen Südostecke. Hier befindet sich über der Tür auch der erwähnte Wappenstein von 1623. Das Haus Nr. 7 ist nach Lage und Kubatur wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Die D-Straße zählt zu den ältesten Straßenzügen des sich seit dem 12. Jahrhundert konsolidierenden Stadtgefüges von Halle. Seit dem frühen 13. Jahrhundert ist bei der dem Kloster Neuwerk inkorporierten Pauluskapelle ein dem Adelsgeschlecht der Pruve gehörender Hof nachzuweisen. Die weitgehend noch heute bestehenden Grundstückszuschnitte und die geschlossene Bebauung beider Straßenseiten bildeten sich im Verlauf des 14./15. Jahrhunderts heraus. Aufgrund der zahlreichen Nennungen von hier gelegenen Häusern in den Halleschen Schöffenbüchern, den Grundstücksgrößen und der markanten Lage ist von Anfang an auf Besitzer aus der gut situierten Bürgerschaft zu schließen. Der wohlhabende Charakter der Straße wird anhand der Besitzer- und Bewohnergeschichte der Häuser illustriert, lässt bzw. ließ sich aber vor allem an der qualitätvollen, teilweise sehr aufwendigen Bausubstanz ablesen, von der heute nur noch Teile erhalten sind. Neben Nr. 12 auf der südlichen Straßenseite ist vor allem der letzte zusammenhängende Abschnitt auf der Nordseite mit den Häusern Nr. 5, 6 und 7 hervorzuheben.“
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Ferner führte er aus: Die gesetzlichen Schutzgründe und die Denkmalwertigkeit seien objektive Kriterien, die unabhängig von dem jeweiligen Erhaltungszustand des Bewertungsobjektes denkmalfachlich einzuschätzen seien. Die Denkmaleigenschaft sei durch das Denkmalfachamt verbindlich festgestellt worden. Es handele sich bei dem Objekt sowohl um ein Baudenkmal sowie um den Bestandteil des Denkmalbereichs D-Straße. Der Bauzustand sei dabei unerheblich oder bestenfalls nur insoweit relevant, wie durch Schäden oder Auflösungen des überlieferten Zusammenhangs die historische Aussagekraft der Substanz erheblich reduziert werde oder verloren ginge. Von diesem Zustand sei das Gebäude D-Straße 7 weit entfernt. Aus den vorgelegten Gutachten gehe hervor, dass von dem jetzigen Bauwerk die massiven Bauteile des Erdgeschosses, das gesamte Treppenhaus, das Dachwerk sowie die straßenseitigen Fassaden mit den einbindenden Konstruktionsteilen erhalten und repariert werden könnten. Abschließende Aussagen zum Schädigungsumfang seien darum nicht möglich. Daher sei nicht abschließend festzustellen, wie groß der erforderliche Austausch von Bauteilen tatsächlich sein werde. Die vorgelegten Gutachten bescheinigten den Gebäuden zwar einen zunehmenden Verfallsprozess und eine partielle Einsturzgefährdung in den einzelnen Gebäudebereichen, bei denen eine mittelfristige Dringlichkeit des Abbruchs aus statischen Gründen als erforderlich angesehen werde. Die zwingende Notwendigkeit eines vollständigen Abbruchs des Kulturdenkmals, aus dem sich ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung auf Grundlage des § 10 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA ergeben könnte, folge daraus nicht.
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Der Kläger habe die geltend gemachte wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht ausreichend nachgewiesen. Er könne sich nicht auf die Belastung mit hören Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht worden seien, dass Erhaltungsmaßnahmen an dem Wohn- und Geschäftsgebäude dem Denkmalschutzgesetz zuwider unterblieben seien. Bei regelmäßiger Pflege und Instandsetzung des Kulturdenkmals wären die jetzigen Gebäudeschäden in diesem Umfang und Ausmaß vermeidbar gewesen. Zwar sei der Kläger nicht verantwortlich für die jahrelang unterlassenen Maßnahmen, weil er das Kulturdenkmal erst im Jahre 2011 erworben habe. Er müsse sich allerdings den Reparaturstau der Voreigentümer zurechnen lassen, weil der bauliche Zustand des Gebäudes und die denkmalrechtlichen Bindungen sich maßgeblich auf den Kaufpreis niedergeschlagen hätten. Eine Übertragung des Eigentums an einem stark sanierungsbedürftigen Kulturdenkmal könne und dürfe nicht dazu führen, sich der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA zu entziehen. Außerdem habe der Kläger die ihm obliegende Mitwirkungspflicht verletzt, weil er in Betracht kommende öffentliche Zuwendungen für die Denkmalerhaltung bei den zuständigen Stellen nicht beantragt habe. Eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für denkmalgerechte und denkmalpflegerische Erhaltungsmaßnahmen sei hier sehr wahrscheinlich. Derjenige, der „sehenden Auges“ ein instandsetzungsbedürftiges Denkmal erwerbe, könne sich wegen der zu diesem Zeitpunkt ersichtlichen Instandsetzungskosten nicht auf die Unzumutbarkeit des Erhalts berufen.
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Hiergegen hat der Kläger am 04.07.2012 beim Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Anlagen zu seinem Abbruchantrag verweisen und diese vertieft.
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Das Verwaltungsgericht hat zum Bauzustand des Gebäudes D-Straße 7 Beweis erhoben und dazu ein Sachverständigengutachten des Dipl. lng. (...) aus W-Stadt vom 06.09.2013 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dieses Gutachten verwiesen.
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Zu dem eingeholten Gutachten hat der Beigeladene zu 1) sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend geäußert, dass die vom gerichtlichen Sachverständigen vorgeschlagene Variante 1 belege, dass das Objekt auch nach einer Sanierung authentisch erlebt werden könnte. Danach ermögliche eine räumliche Stahlkonstruktion ab Oberkante Erdegeschoss bis zur Dachtraufe neue Zwischendecken und die Aufhängung der Fachwerkfassaden unter Verbleib des vorhandenen Daches. Die hauptsächlichen Massivwände im Keller- und Erdgeschoss seien nach dem gerichtlichen Gutachten standsicher. Auch der Dachstuhl habe danach eine „relativ gute Qualität“. Welche Holzbauteile zu ersetzen seien, könne erst während der Sanierung festgestellt werden.
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Mit Urteil vom 29.10.2013 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 14.06.2012 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Abbruchgenehmigung für das Gebäude D-Straße 7 in Halle gemäß seinem Antrag vom 16.12.2011 zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung der begehrten denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung aus § 10 Abs. 1 und 2 DenkmSchG LSA. Für den begehrten Abbruch des Gebäudes sei nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung erforderlich. Dies gelte nach Überzeugung der Kammer auch dann, wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung wegen Wegfalls der Denkmaleigenschaft bestehe.
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Es sei zwar davon auszugehen, dass es sich bei dem Gebäude ursprünglich um ein Baudenkmal gehandelt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fehle dem strittigen Gebäude nunmehr aber die erforderliche Denkmalwürdigkeit. Konstituierend für den Denkmalstatus sei der durch die Bausubstanz getragene dokumentarische Wert; dieser Aussagewert ginge im Falle einer – wie auch immer gearteten – sinnvollen Nutzung des Objekts nach einer allumfassend notwendigen Sanierung verloren. Die Wiederherstellung des Gebäudes in einen sinnvollen benutzbaren Zustand käme nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einer Neuerrichtung gleich. Dies belege das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten. Nach der Begutachtung des Bausachverständigen sei das Gebäude nach der gebotenen Gesamtschau rettungslos abgängig, weil ohne Sanierung der Verlust des insgesamt nicht mehr standsicheren Gebäudes zu erwarten sei. Die Wiederherstellung des Gebäudes – auch unter Verwendung noch gebrauchstauglicher Bauteile – sei nach Aussage des Gutachters wie eine Neuerrichtung zu werten. Das Gericht sehe keinen Anlass, an dem Ergebnis des Gutachtens zu zweifeln. Auch das vom Kläger vorgelegten Gutachten über den Zustand der hölzernen Konstruktionsteile habe die Empfehlung enthalten, sämtliche Holzbauteile im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss der gesamten Hofhälfte des Hauptgebäudes zu entfernen. Hier bestehe Einsturzgefahr, die sich zum Teil bereits realisiert habe. Bei den theoretisch noch sanierungsfähigen Resthölzern der straßenseitigen Hälfte werde eine Sanierung nicht mehr für sinnvoll und wirtschaftlich „kaum noch vertretbar“ erachtet. Die Befunde im zweiten Obergeschoss seien vergleichbar. Im Dachbereich seien Pilz- und Insektenschäden hauptsächlich an den horizontalen Bauteilen vorhanden.
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Mit der erforderlichen Sanierung gehe die Identität des Gebäudes als Baudenkmal verloren. Nach der Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) bildeten die Gestaltung der Fassade und die Konstruktion der Decken im Stockwerksbau einen logischen funktionalen, konstruktiven und gestalterischen Zusammenhang in wechselseitiger Abhängigkeit. Daher sei es nicht möglich, diesen bei solchen Eingriffen grundlegend aufzulösen, ohne die Denkmaleigenschaft zu verlieren. Das Gleiche gelte auch für seine Eigenschaft als Teil des Denkmalbereichs im Sanierungsgebiet „Historischer Altstadtkern“ Als „Abbruchobjekt“ könnten auch die Fassaden und das Dach nach der erforderlichen Sanierung ihre Schutzaussage nicht mehr treffen. Auch verliere die stadtgeschichtliche Bedeutung der Besitzergeschichte ihren Aussagewert für den Denkmalbereich Altstadt. Die Bausubstanz sei hierfür der Anknüpfungspunkt. Das Objekt sei rettungslos abgängig und nach seiner Wiederherstellung nur noch eine Kopie des Originals. Die Kammer verkenne nicht, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorbringen des beigeladenen Fachamtes mit den heutigen technischen Möglichkeiten (Einziehung von Stahlträgern) einzelne Bauteile erhalten werden könnten und das Denkmal nach Auffassung des beigeladenen Fachamtes in der Form der Sanierungsvariante 1 noch erlebbar sei. Zum einen setze sich das Fachamt insoweit aber in Widerspruch zu seiner Stellungnahme vom 07.05.2012, wonach konstituierend für die Denkmaleigenschaft die dreidimensionale Fachwerktragkonstruktion sei. Zum anderen wäre die Sanierung des Objekts auch nach dieser Variante in der Gesamtschau wie die Wiederherstellung einer Kopie des Originals zu werten. Die Zwischendecken und die Fachwerkfassaden wären im Ergebnis nur Nachbildungen. Der Gutachter habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass alle weiteren Außenwandflächen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in den Zustand statischer Sicherheit zu bringen seien.
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Der Kläger könne die Erteilung der beantragten Abbrucherlaubnis auch deshalb beanspruchen, weil ihm die Erhaltung des Gebäudes angesichts des desolaten Bauzustands wirtschaftlich nicht mehr zumutbar sei. Für den Kläger sei die Erhaltung des Denkmals wie es „stehe und liege“ unzumutbar. Es handele sich dabei um ein bloßes Denkmal, ohne dass ein Eigentümer irgendeinen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Grundstück erzielen könne. Ohne Abbruch oder Sanierung des Gebäudes sei das Grundstück wertlos. Gleichwohl sei der Kläger mit Unterhaltungsaufwand belastet. Kein vernünftig und wirtschaftlich handelnder Eigentümer würde das Gebäude für die veranschlagten ca. 2,25 bis 3,1 Mio € sanieren, um ein Gebäude mit einem Verkehrswert von ca. 760.000,00 € zu schaffen. Auch würde ein solcher Eigentümer nicht jährliche Finanzierungskosten von ca. 80.000,00 € aufwenden, um einen Jahresreinertrag von ca. 42.000,00 € zu erzielen. Das Gericht lege dabei die von dem Kläger angegebenen plausiblen Beträge zu Grunde, die von den anderen Beteiligten nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden und auch nach dem Gutachten des Bausachverständigen nicht in Frage zu stellen seien. Nach dem Sachverständigengutachten handele es sich „aus technischer Sicht“ um ein Abrissobjekt. Bedingung für die weitere Nutzung des Objekts sei nach seiner gutachterlichen Einschätzung eine statisch sichere Grundkonstruktion, die finanziell einem Neubau entspreche. Denkmalfachliche Mehraufwendungen für den Erhalt einzelner Bauteile kämen noch hinzu. Der Kläger habe unbestritten geltend gemacht, dass er Fördermittel nicht erhalten könne. Der Umstand, dass der Kläger „sehenden Auges“ ein denkmalfähiges Objekt erworben habe, führe auch zu keiner anderen Bewertung.
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Der Beklagte könne die Verweigerung der Abbruchgenehmigung auch nicht auf § 10 Abs. 6 DenkmSchG stützen. Danach dürfen Eingriffe in ein Kulturdenkmal, die es seiner Denkmalqualität berauben oder zu seiner Zerstörung führen, nur genehmigt werden, wenn alle Möglichkeiten einer Erhaltung ausgeschöpft seien. Aufgrund dieser Vorschrift könne vom Kläger nicht verlangt werden, dass er einen derartigen Nachweis erbringe. Auch der Beklagte habe einen solchen Nachweis nicht erbracht. Er könne sich allenfalls auf das verbindliche Kaufangebot des Arbeitskreises Innenstadt e.V. berufen. Der Arbeitskreis könne möglicherweise einen angemessenen Kaufpreis für das Grundstück durch Spenden aufbringen. Wie er aber die Mittel für den Erhalt des Denkmals beschaffen wolle, bleibe offen.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 23.06.2014 die Berufung zugelassen, die der Beklagte wie folgt begründet hat:
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Das Verwaltungsgericht hätte auf der Grundlage seiner Annahme, dass das Gebäude D-Straße 7 kein Kulturdenkmal (mehr) sei, den Hauptantrag des Klägers bereits aus diesem Grunde abweisen müssen, da eine Klage auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zum Abbruch eines Gebäudes, das kein Denkmal sei, unbegründet sei. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA sei das Vorliegen eines Kulturdenkmals zwingende Voraussetzung für eine denkmalrechtliche Abrissgenehmigung. Bei dem Gebäude D-Straße Nr. 7 in Halle handle es sich im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts nach wie vor um ein Kulturdenkmal. Nach den fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) vom 24.01.2012 und vom 05.12.2013 besitze das Wohn- und Geschäftshaus sowohl Denkmalfähigkeit als auch Denkmalwürdigkeit. Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sei nicht wegen seines derzeitigen Bauzustandes entfallen. Es sei noch nicht so weit zerstört, dass es keine Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge dokumentieren könne. Aus der denkmalfachlichen Stellungnahme des Beigeladenen zu 1), die er zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts eingeholt habe, ergebe sich, dass der markante Eckbau nach wie vor beredet die Bau- und Nutzungsgeschichte und die Umbaugeschichte des 19. Jahrhunderts vermittle. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts entfalle die Denkmaleigenschaft des Gebäudes D-Straße 7 auch nicht nach Durchführung von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen. Die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustands des Gebäudes komme nicht einer Neuerrichtung gleich. Dies lasse sich aus den gerichtlichen Sachverständigengutachten nicht ableiten. Dazu verweise er auf ein von ihm eingeholtes Gutachten. Nach diesem Gutachten beschreibe das gerichtliche Gutachten den Baubestand unvollständig und lasse Angaben zur Instandsetzung des Denkmals völlig vermissen. Auch das Gutachten des Dipl-Ing. (FH) (...) über den Zustand der hölzernen Konstruktionsteile sei nicht geeignet, Beweis zu erbringen über den Umfang des zu erwartenden Verlustes an hölzernen Konstruktionsteilen. Auf der Grundlage des gerichtlichen Gutachtens könne die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustandes des Gebäudes auch nicht wie eine Neuerrichtung gewertet werden. Bei der Verwirklichung der Variante 1 des Gutachtens blieben das Keller- und Erdgeschossmauerwerk sowie das Dach erhalten. Nach Einzug neuer Zwischendecken, deren Höhe adäquat dem Bestand sein müsse, könnten auch reparierte Fachwerkfassaden wieder integriert werden. Auch nach einer solchen Sanierung sei nach der Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) vom 05.12.2013 die verbliebene Bausubstanz des Gebäude D-Straße 7 noch ausreichend, um die geschichtliche Bedeutung des Denkmals anschaulich zu dokumentieren. Die zu ersetzenden Teile wären nicht denkmalkonstituierend, würden aber die Aussagekraft der authentisch überlieferten Bauteile erhöhen. Auch die herausragende kulturell-künstlerische sowie städtebauliche Bedeutung des Gebäudes blieben nach einer Sanierung erhalten. Die besondere städtebauliche Bedeutung des Hauses, die aus der charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße resultiere, bliebe durch den Erhalt der Gesamtkubatur des Eckbaus auch zukünftig erlebbar. Dem Gebäude käme auch nach den erforderlichen Instandsetzungen eine das Stadtbild bzw. den Straßenzug prägende Bedeutung zu. Auch die Eigenschaft des Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße sei nach einer Sanierung noch unverändert vorhanden. Dass die Denkmaleigenschaft zum Teil auch aus der dreidimensionalen Fachwerktragekonstruktion resultiere, bedeute nicht, dass diese nicht durch eine Reparatur wiederhergestellt werden könnte.
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Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA. Er habe schon die Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus könne sich der Kläger gem. § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten deshalb nicht berufen, weil diese dadurch verursacht worden seien, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz zuwider unterblieben seien. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger das Baudenkmal „sehenden Auges“ als instandsetzungsbedürftiges Gebäude erworben habe. Es widerspräche dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, könnte man unter Ausnutzung der aus dem schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes sich ergebenden Wertminderung ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erwerben und diesen Vorteil auf Kosten des Denkmalschutzes ohne weiteres durch Abbruch dieses Denkmals realisieren. Der Kläger habe für das Gebäude einen günstigen Preis erzielt. Er habe das Grundstück D-Straße 7 nur erworben, um es mit den ihm bereits gehörenden benachbarten Grundstücken zusammenzuführen und das ganze Areal neu mit einem Alten- und Pflegeheim zu bebauen. Für diese Maßnahme habe er von vornherein geplant, das Denkmal D-Straße 7 abzureißen. Nach dem Kaufvertragsabschluss am 28.07.2011 und direkt nach der Eigentumsumschreibung im Dezember 2011 habe er am 16.12.2011 bei dem Beklagten den Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung gestellt.
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Der Erteilung einer Abbruchgenehmigung stehe auch § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA entgegen. Es bestehe hier die Möglichkeit, das Gebäude D-Straße 7 in Halle durch den Verkauf an die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH zu erhalten. Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. habe eigens zu dem Zweck, das Gebäude zu kaufen, die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH gegründet, deren alleiniger Gesellschafter er sei. Die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH habe am 07.05.2013 ein verbindliches notarielles Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über das Grundstück D-Straße 7 in Halle abgegeben. Dieses Angebot habe noch unverändert Bestand. Der angebotene Kaufpreis belaufe sich auf 90.000,00 €. Das sei der Betrag, den das Verkehrswertgutachten als Verkehrswert für das Grundstück mit dem unsanierten Gebäude zum Stichtag 10.02.2012 ermittelt habe. Der Kläger habe laut Kaufvertrag vom 28.07.2011 einen Kaufpreis von nur 80.000,00 EUR gezahlt.
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Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass dieses Kaufangebot keine Möglichkeit der Erhaltung darstelle, weil der (...) Innenstadt e.V. nicht darlegen könne, wie er die Mittel für den Erhalt des Denkmals aufbringen wolle, sei unzutreffend. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit, dass die (...) Denkmal gGmbH das Gebäude D-Straße 7 erhalte. Der Verein könne zwar kein detailliertes Erhaltungskonzept vorlegen, dazu fehlten ihm Daten und die eindeutige Option zum Kauf. Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. sei aber ein seit Jahrzehnten in Halle etablierter Denkmalverein, dessen Ziel die Erhaltung und Sanierung von Baudenkmalen sei. Dass er dies auch in die Tat umsetze, habe er in Halle schon unter Beweis gestellt.
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Auch der Vorschlag eines Grundstückstauschs zeige, dass es weitere Möglichkeiten einer Erhaltung des Denkmals gebe.
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Der Hilfsantrag sei unbegründet. Bei dem in Rede stehenden Wohn- und Geschäftshaus handele es sich um ein Kulturdenkmal.
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Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Soweit sich der Beklagte auf die fachliche Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) stütze, der dokumentarische Wert des Gebäudes werde durch die vorhandenen Schäden nicht geschmälert, könne dies nicht überzeugen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auf die inhaltliche Widersprüchlichkeit der diversen fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) abgestellt. Diese Widersprüche habe der Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht ausräumen können. Der Beklagte versuche zu Unrecht, die vom Verwaltungsgericht angenommene Tatsachenbasis zu widerlegen. Dazu versuche er insbesondere die Feststellungen und Aussagen des gerichtlich bestellten Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Der Beklagte habe aber weder die relevanten Beweisergebnisse noch die Beweiswürdigung substantiiert in Frage gestellt. Soweit er sich auf die Stellungnahme des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen K. beziehe, ergebe sich daraus nichts anderes. Dieser würdige lediglich isoliert das gerichtliche Gutachten. Die vom Parteigutachter K. dem gerichtlichen Sachverständigen (...) unterstellten handwerklichen Mängel existierten nicht. Das Gutachten des Sachverständigen (...) und die weiteren eingeholten Gutachten und Expertisen seien grundsätzlich geeignet, die für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Fragen zu beantworten. Dass – wie das Verwaltungsgericht selber auch angenommen habe – einzelne Bauteile noch erhalten werden könnten, ändere nichts an der gerichtlichen Würdigung des Gesamtzustandes des Gebäudes, dass eine Sanierung, selbst wenn sie bautechnisch möglich wäre, einer Neuerrichtung gleichkomme und nur noch eine Kopie des vormaligen Denkmals sei. Dieses sei denkmalrechtlich mangels ausreichender historischer Substanz nicht mehr selbständig schutzwürdig. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht darüber hinaus davon ausgegangen, dass zu seinen Gunsten die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA vorlägen. Ihm sei die Erhaltung des Gebäudes angesichts des desolaten Bauzustandes nicht mehr zumutbar. Zu Unrecht führe der Beklagte an, dass es ihm freistehe, das Gebäude zu veräußern oder einem Grundstückstausch zuzustimmen. Er würde damit vor die Wahl gestellt, entweder defizitär zu wirtschaften oder sein Eigentum aufzugeben. Wirtschaftlich werde er dadurch einer Veräußerungspflicht unterworfen. Ihm solle es damit faktisch verwehrt werden, sein Eigentum wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen. Würde das Denkmalschutzrecht eine solche Maßnahme vorsehen, würde es die Bestandsgarantie des Art. 14 GG verletzen. Eine Veräußerungspflicht sehe weder § 10 Abs. 2 noch Abs. 6 DenkmSchG LSA ausdrücklich vor. Wolle die Behörde die Eigentümerstellung des Klägers beseitigen, bestehe dafür systemimmanent nur die Möglichkeit der Enteignung gemäß § 19 DenkmSchG LSA. Das Kaufangebot der (...) Denkmal gemeinnützige GmbH sei weder ernsthaft noch zumutbar. Auch hinsichtlich des vom Beklagten vorgeschlagenen Grundstückstausches sei er nicht im Entferntesten gehalten darauf einzugehen. Es sei zu berücksichtigen, dass er ein konkretes Projekt mit einem konkreten Nutzer für ein konkretes Gebäude auf der Grundlage eines konkreten Zeitplans verfolge. Es sei nicht im Mindesten klar, inwieweit er, der gegenüber seinem Vertragspartner nicht frei sei, über den Vorhabensstandort und den Zeitplan nach Belieben einseitig und nachträglich zu disponieren, dort das gleiche Projekt zu den gleichen Konditionen realisieren könnte. Unterlassene Erhaltungsmaßnahmen könnte ihm nicht angelastet werden. Bei seinem Eigentumserwerb habe schon keine Erhaltungspflicht nach § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA mehr bestanden, da er kein Denkmal, sondern ein Abrissobjekt erworben habe. Ihm könnten die unterlassenen Erhaltungsmaßnahmen in der Zeit vor seinem Eigentumserwerb nicht angelastet werden. Er habe das Gebäude zum Verkehrswert erworben. Mit dem Verkehrswertgutachter sei er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Objekt schon im Erwerbszeitpunkt um ein Abbruchobjekt gehandelt habe. Der Kaufpreis sei so kalkuliert worden, dass Kaufpreis zuzüglich Abrisskosten in etwa dem Preis des unbebauten Grundstücks entspreche. Vorteile aus einer etwa denkmalschutzwidrig nicht durchgeführten Instandsetzung seien ihm daher nicht zugeflossen. Eventuelle Nachlässigkeiten der Voreigentümer, u.a. der Beigeladenen zu 2), die bis 2010 oder 2011 Eigentümerin des Gebäudes gewesen sei, könnten ihm nicht zum Nachteil gereichen. Auch für seit dem Erwerb eingetretene nachteilige Veränderungen sei er gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 DenkmSchG LSA nicht verantwortlich, da schon zum Zeitpunkt des Erwerbs das Gebäude kein Denkmal, sondern Abbruchobjekt gewesen sei, seien etwaige Instandsetzungsarbeiten für ihn unzumutbar. Es hätte zu keiner Zeit die Pflicht bestanden, Instandsetzungsarbeiten am Gebäude durchzuführen.
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Der Beklagte könne die Ablehnung des Abrissantrags auch nicht auf § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA stützen. Die Behörde müsse, bevor sie einen Abriss genehmigen dürfe, alle übrigen Möglichkeiten ausschöpfen. Die Behörde dürfe nicht auf solche Maßnahmen zurückgreifen, die nicht mit Art. 14 GG vereinbar seien. Dies sei aber der Fall, wenn der Beklagte ihn zum Erhalt der Bauruine oder zu deren Verkauf zwingen wolle.
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Die Beigeladene zu 1) und 2) haben sich im Berufungsverfahren geäußert, aber keine Anträge gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die Berufung ist zulässig und begründet.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung für das Gebäude D-Straße 7 in Halle gemäß seinem Antrag vom 16.12.2011. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 14.06. 2012 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Das Verwaltungsgericht hätte auf der Grundlage seiner Annahme, dass das Gebäude D-Straße 7 in Halle kein Kulturdenkmal (mehr) sei, den Hauptantrag des Klägers bereits aus diesem Grunde abweisen müssen, da eine Klage auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zum Abbruch eines Gebäudes, welches kein Denkmal ist, unbegründet ist. Anders als es das Verwaltungsgericht meint, ergibt sich aus dem DenkmSchG LSA für den Fall, dass es sich bei dem in Rede stehenden Gebäude nicht um ein Denkmal handelt, kein Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA bedarf einer Genehmigung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde, wer „ein Kulturdenkmal“ zerstören will. Diese Bestimmung ist dahingehend auszulegen, dass nur dann, wenn ein Kulturdenkmal zerstört werden soll, eine Genehmigung nach dem DenkmSchG LSA erforderlich ist. Nur in diesem Fall bedarf ein Gebäude des Schutzes nach Maßgabe der Regelungen in § 10 DenkmSchG. Mit der fehlenden Genehmigungspflicht korrespondiert, dass das DenkmSchG LSA keine entsprechende Rechtsgrundlage enthält, in der die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Eingriffs in ein Nichtdenkmal normiert sind. Es regelt in § 10 Abs. 1 und 2 nur, wann ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen ist. Eine vergleichbare Regelung für Gebäude, die keine Kulturdenkmale sind, enthält es nicht. Dass eine Abrissgenehmigung nach dem DenkmSchG LSA nur zu erteilen ist, wenn es sich bei dem strittigen Gebäude um ein Kulturdenkmal handelt, hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bisher auch stets angenommen (vgl. Urt. v. 15.12.2011 – 2 L 152/06 –, juris, RdNr. 54 und 91; Urt. v. 29.10.2009 – 2 L 200/07 –, juris, RdNr. 27). Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass ein Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung auch dann bestehe, wenn die Denkmaleigenschaft nachträglich weggefallen sei, lässt sich dafür im DenkmSchG LSA kein Anhaltspunkt finden. Wäre § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA auch auf solche früheren Kulturdenkmale anwendbar, wären auch für einen Eingriff in ein solches ehemaliges Kulturdenkmal die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA zu prüfen. In § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA ist der Wegfall der Denkmaleigenschaft aber nicht als Genehmigungsvoraussetzung für einen Eingriff genannt.
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Für die Erstreckung der Genehmigungspflicht auf Nicht-Kulturdenkmale besteht kein Regelungsbedürfnis. Für den betroffenen Grundstückseigentümer besteht für den Fall, dass die Denkmalschutzbehörde die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes entgegen seiner Auffassung bejaht, die rechtliche Möglichkeit einer Klärung dieser Frage. Da § 9 DenkmSchG LSA für ein Baudenkmal eine Erhaltungspflicht normiert, hat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der betroffene Eigentümer ein berechtigtes Interesse, im Wege einer Feststellungsklage vom Verwaltungsgericht die von der Denkmalschutzbehörde behauptete Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes klären zu lassen (Urt. d. Sen. vom 14.10.2004 – 2 L 454/00 –, BRS 77 Nr. 95 m.w.N.). Dieser Weg steht dem betroffenen Eigentümer auch offen, wenn er den Abbruch des Denkmals begehrt. Mit einer solchen Feststellungsklage kann er ebenso
effektiven Rechtsschutz erhalten. Hilfsweise kann er die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung beantragen.
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2. Der vom Kläger beabsichtigte Abriss des Gebäudes D-Straße 7 ist indes denkmalschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. Das Verwaltungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für das Gebäude die Denkmaleigenschaft nachträglich weggefallen ist.
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2.1 Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 DenkmSchG LSA.
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Nach § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA sind Kulturdenkmale gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit, die im öffentlichen Interesse zu erhalten sind. Öffentliches Interesse besteht, wenn Sachen von besonderer geschichtlicher, kulturell-künstlerischer, wissenschaftlicher, kultischer, technisch-wirtschaftlicher oder städtebaulicher Bedeutung sind. Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Eigenschaft einer Sache als Kulturdenkmal ihre Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit voraus. Denkmalfähig ist eine Sache, wenn einer der in § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA genannten Schutzgründe für ihre Erhaltung spricht. Denkmalwürdig ist ein Gebäude, wenn ein öffentliches Interesse besteht, das die auf einem gesetzlichen Schutzgrund beruhende Erhaltung der Sache rechtfertigt (Urt. v. 15.12.2011 a.a.O. RdNr. 55, m.w.N). Nach den fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) vom 24.01.2012 und vom 05.12.2013 besitzt das Wohn- und Geschäftshaus D-Straße 7 sowohl Denkmalfähigkeit als auch Denkmalwürdigkeit. Ihm wird sowohl aus geschichtlichen und kulturell-künstlerischen Gründen als auch aus städtebaulicher Sicht eine herausragende Bedeutung zugeschrieben. Das Gebäude ist daher als Baudenkmal im Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt eingetragen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 DenkmSchG LSA). Es ist gleichzeitig Teil des Denkmalbereiches Altstadt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA) und hier aus städtebaulichen und bau- und kunstgeschichtlichen Gründen denkmalkonstituierend für die D-Straße und die E-Straße. Die ursprüngliche Denkmaleigenschaft wird vom Kläger auch nicht ernsthaft in Frage gestellt.
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2.2 Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes D-Straße 7 ist nicht nachträglich durch Substanzverlust entfallen.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer denkmalwürdigen Sache entfallen, wenn ihre historische Substanz so weit verloren gegangen ist, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände
oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann (Urt. v. 15.12.2011, a.a.O., Juris, RdNr. 89). Das ist hier nicht der Fall. Voraussetzung dafür wäre eine sehr weitgehende Zerstörung, die bei dem Gebäude D-Straße 7 nicht gegeben ist. Insoweit wird auf die fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) vom 14.05.2012 und vom 05.12.2013 verwiesen. Die Frage, ob das strittige Gebäude im gegenwärtigen Zustand noch ein Kulturdenkmal sei, beantwortete der Beigeladene zu 1) in der fachlichen Stellungnahme vom 14.05.2012 wie folgt (Seite 1 f.):
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"Die Denkmalfähigkeit des Denkmals ergibt sich aus der zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich vorhandenen Bausubstanz und insbesondere aus der darin aufgehobenen geschichtlichen, kulturell-künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung. Konstitutiv für den Denkmalstatus ist der durch die Bausubstanz getragene dokumentarische Wert. Der Zustand ist dabei unerheblich oder bestenfalls nur insoweit relevant, wie durch Schäden oder Auflösungen des überlieferten Zusammenhangs die historische Aussagekraft der Substanz erheblich reduziert wird oder verloren geht – das Bauwerk also im übertragenen Sinn als Quelle unlesbar wird. Dies ist in der Denkmalspflege ein nur äußerst selten vorkommender Grenzfall, der eine sehr weitgehende Zerstörung voraussetzt. Das Gebäude D-Straße 7 ist von diesem Zustand zweifelsohne weit entfernt, der dokumentarische Wert wird durch die vorhandenen Schäden nicht geschmälert“.
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Auf Seite 2 oben der Stellungnahme vom 05.12.2013 führt der Beigeladene zu 1) aus, dass der Bau zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus denkmalfachlicher Sicht auf jeden Fall
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über die erforderliche Denkmalfähigkeit verfüge. Der markante Eckbau vermittle nach wie vor beredt die Bau- und Nutzungsgeschichte und die Umbaugeschichte des 19. Jahrhunderts. Alle Bedeutungskategorien würden auch substantiell untersetzt. Das Gebäude sei trotz des Kriegsschadens, der lediglich den westlichen Bereich des Hauses zur D-Straße betreffe, noch weitgehend erhalten. Im westlichen Teil fehlten lediglich ein Geschoss und das Satteldach. Der niedrigere Erweiterungsbau Richtung Norden sei bereits im Vorfeld des Verfahrens als substantiell abgängig erklärt worden. Es handele sich hierbei aber lediglich um einen Anbau, d. h. eine Zeitschicht, deren Verlust die Denkmalfähigkeit des Gebäudes D-Straße 7 nicht in Frage stelle (Seite 3 der Stellungnahme vom 05.12.2013). Das Haus D-Straße 7 sei substantiell erhalten. Das Gebäude verfüge zum gegenwärtigen Zeitpunkt über einen hohen Aussagewert (Seite 4 der Stellungnahme vom 05.12.2013).
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An der Richtigkeit dieser und der anderen denkmalfachlichen Aussagen des Denkmal-fachamtes zu zweifeln, besteht für den Senat kein Anlass. Das zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderliche Fachwissen vermittelt nämlich in erster Linie das beigeladene Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt als staatliche Denkmalfachbehörde. Das Gericht darf deshalb bei seiner Entscheidung die fachkundigen Stellungnahmen dieser Fachbehörde verwerten. Allein die Stellung dieser Behörde als Verfahrensbeteiligter bzw. der im Verwaltungsrechtsstreit hervortretende „Gegensatz“ des beklagten Landesamtes zur Position des Klägers vermag nicht zu belegen, dass die denkmalfachlichen Belange von der Behörde in sachwidriger Weise wahrgenommen worden sind (vgl. Urt. d. Sen. v. 15.12.2011, a.a.O. Juris RdNr, 83).
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2.3 Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes D-Straße 7 wird auch nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – nach der Durchführung von erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen entfallen.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Denkmaleigenschaft in Ausnahmefällen auch nach Durchführung von Erhaltungsarbeiten entfallen, wenn die damit verbundenen Eingriffe in das Denkmal so weit gehen, dass die Denkmalaussage verloren geht. Regelmäßig nicht zum Wegfall der Denkmaleigenschaft führt es, wenn im Laufe der Zeit lediglich Bauteile im Zuge üblicher Erhaltungsmaßnahmen ausgetauscht werden, auch wenn der überwiegende Teil der Originalsubstanz nach und nach durch Material aus der Zeit der jeweiligen Erhaltungsmaßnahmen ersetzt wird. Anders ist es nur, wenn sich der Zustand des Gebäudes infolge äußerer Einflüsse (Feuchtigkeit, lmmis-sionen, Beanspruchung der Substanz durch übliche oder übermäßige Nutzung) so stark verschlechtert hat, dass ohne eine Sanierung der Verlust des Gebäudes zu erwarten und die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustands wie eine Neuerrichtung zu werten ist (Urt. v. 15.12.2011, a.a.O., juris RdNr. 90).
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Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen würde das Gebäude D-Straße 7 nach einer erforderlichen Sanierung seine Denkmaleigenschaft nicht verlieren.
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Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass nach der vom gerichtlichen Sachverständigen für zwingend erforderlich gehaltenen Sanierung das Gebäude seine denkmalrechtliche Aussagekraft deshalb verlieren würde, weil die Wiederherstellung des Gebäudes in einen sinnvoll nutzbaren Zustand einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichkäme und nur noch als Kopie des Orginals keinen denkmalfähigen Aussagewert mehr besitze. Aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten lässt sich diese Annahme nicht herleiten.
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Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung des Beklagten, dass das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen nicht ordnungsgemäß erstellt und deshalb zumindest in seinen maßgeblichen Teilen nicht verwertbar sei. Der Senat hat keinen Anlass auch unter Berücksichtigung der Aussagen des Parteigutachters K. an der Richtigkeit der Aussagen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu zweifeln. Er ist aber der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht aus den Feststellungen des Gutachters unzutreffende rechtliche Schlüsse gezogen hat. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Der gerichtliche Sachverständige hat hinsichtlich des Zustandes und der Erhaltungsfähigkeit des Gebäudes D-Straße 7 folgende Feststellungen getroffen:
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Er sei davon ausgegangen, dass die „Erdgeschossmauern statisch/bautechnisch in Ordnung“ seien (6.13) und die wesentlichen Massivwände im Kellergeschoß und im Erdgeschoss erhalten bleiben könnten (7.2). Die Dachkonstruktion sei in jeden Fall weitestgehend gesund und könne als erhaltenswert gelten. Die moderne Bautechnik könnte auch bei Demontage der Wände den Erhalt des Daches ermöglichen. Alle Wände des Zwischenbaus West und des Hauptgebäudes seien standsicher und weiter verwendbar (6.5) Die Treppe EG=G1 im Haupthaus sei statisch eine sehr gewagte Konstruktionslösung, die heute nicht mehr gebaut werden dürfte. Sie habe ihre Eignung jedoch über Jahrzehnte ohne Rissbildung zuverlässig bewiesen (6.6). Die Innenwände seien augenscheinlich selbst tragfähig. Nicht ausreichend gewährleistet sei aber eine kraftschlüssige Verbindung zumindest einer Innenwand mit dem Außenwand-Fachwerk (6.7). Die Fachwerk-Außenwände seien statisch nicht zuverlässig sicher. Es seien großflächige Bereiche festgestellt worden, die ohne intensive Sanierung nicht mehr verwendbar seien. Die Wände der Außenfassaden könnten zwar sämtlich erhalten werden. Technisch sei Vieles möglich (6.18). Der Sachverständige hielt aber eine Überarbeitung der Wände – wie zum Beispiel den Austausch einzelner Hölzer – unter Baustellenbedingungen für kaum möglich, da die Decken nicht tragfähig und die Wände selbst nicht zuverlässig gegen Abkippen gesichert seien. Die Wände könnten allerdings ggf. komplett demontiert und in der Werkstatt restauriert werden (6.8). Im Haupthaus seien die Deckenkonstruktionen komplett zu verwerfen (6.6). Ab einschließlich der Decke über dem Erdgeschoss sei ein gefahrloses Arbeiten am Objekt nicht möglich, da befürchtet werden müsse, dass das Haus beim partiellen Austausch von Bauteilen versage (6.12). Ab Obergeschoss 1 könnten im Inneren des Gebäudes keine Bauteile erhalten werden, da auch örtlich begrenzte Sanierungsmaßnahmen die Gesamtstatik des Hauses gefährden würden (7.2).
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Aufgrund dieser Bestandsaufnahme der Bautechnik des Gebäudes D-Straße 7 kommt der Sachverständige zu dem Schluss, dass die Erhaltung des Gebäudes u.a. (als Variante 1) technisch möglich wäre. Diese Variante sieht vor, dass in das Gebäude eine räumliche Stahlkonstruktion ab Oberkante Erdgeschoss bis zur Dachtraufe eingebaut wird. Aufgrund dieser Stahlkonstruktion wäre nach Auffassung des Gutachters die Einziehung neuer Zwischendecken und die Aufhängung restaurierter Fachwerkfassaden möglich. Durch diese Stahlkonstruktion wäre auch das Dach des Gebäudes noch zu erhalten (6.19).
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Der Senat folgt dem gerichtlichen Gutachten sowohl hinsichtlich der Feststellungen über den Erhaltungszustand des Gebäudes als auch hinsichtlich der Auffassung, dass für die Erhaltung des Gebäudes D-Straße 7 als Denkmal eine umfangreiche Sanierung erforderlich sei. Der Senat kommt aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu dem Schluss, dass mit einer solchen Sanierung untrennbar solche Eingriffe in das Denkmal verbunden wären, die soweit gingen, dass das Gebäude damit seine Denkmalaussage verliert, weil es nach der Sanierung nur noch eine Kopie des ehemals vorhandenen Denkmals wäre. Diese Annahme lässt sich nach Auffassung des Senats aus dem gerichtliche Sachverständigengutachten nicht herleiten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Das Gutachten enthält nach Einschätzung des Senats zahlreiche Bewertungen des Gebäudes D-Straße 7, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
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Aus der technischen Sicht des Statikers sei das Haus ein Abrissobjekt. Die entsprechende Menge Geld und Herzeblut, ein fähiger Architekt und eine für die Beteiligten sinnvolle Nutzungslösung dürften aber gegen diesen gefühlsarmen Standpunkt des Ingenieurs gerne in die andre Waagschale geworfen werden (6.19, 2. Absatz).
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Hinsichtlich möglicher Sanierungsvarianten kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass sich die spätere Nutzung auf die Erhaltung des Straßenbildes reduziere und damit auf keine bauphysikalischen Anforderungen. Er ist auch der Auffassung, dass das Objekt bei einer Sanierung seiner Grundstatik vollständig beraubt werde. Erhaltungswürdige Bauteile könnten entfernt und anschließend in ein zuverlässiges Statiksystem wieder integriert werden (6.12). Eine Kostenschätzung sei unter Berücksichtigung der Komplexität der maßgeblichen Einflussfaktoren auch für den Sachverständigen zum jetzigen Zeitpunkt absolut unmöglich. Es dürfe aber davon ausgegangen werden, dass eine Sanierungslösung eine sehr langwierige und aufwändige Geschichte sein werde. Der Geldfluss werde auch seinen Stempel dazu aufdrücken wollen (6.20). Bedingung für eine weitere Nutzung des Objektes sei aber eine statisch sichere Grundkonstruktion, die finanziell einem Neubau entspreche. Die Rettung und Weiterverwendung von beispielsweise Fassadenelementen verursache zusätzliche Kosten (7.3).
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Die Frage 1 des verwaltungsgerichtlichen Beweisbeschlusses, ob ohne Sanierung des Objektes D-Straße 7 mit seinen drei Gebäudeteilen bestehend aus dem dreigeschossigen Hauptgebäude, dem zweigeschossigen "Westzwischenbau" mit Flachdach und dem nördlichen Nebengebäude in Halle der Verlust des Gebäudes zu erwarten und die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustandes wie eine Neuerrichtung zu werten sei, beantwortet der Gutachter wie folgt:
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Dem Sachverständigen für Schäden an Gebäuden obliege es nicht zu beurteilen, ob ein Gebäude wegen der Erwähnungshäufigkeit in der Stadtchronik kulturhistorisch unbedingt "gerettet" werden müsse und Aufwand und Mühe dazu nicht gescheut werden dürften. Er könne jedoch nach dem zweitägigen Ortstermin einschätzen, dass eine Reparatur/Sanierung nur unter der Aussicht erfolgen könne, dass anschließend nur noch einzelne Bauteile/Baugruppen dem Besucher wieder zugänglich seien. Diese könnten in das spätere Gesamtkonzept derart eingebunden werden, dass sie demontiert und außerorts repariert und in ein zwischenzeitlich neu errichtetes Grundgebäude später wieder integriert werden könnten. Nur so sei noch tauglich gebliebene Bausubstanz für nachfolgende Generationen erhaltbar. Nur so seien die Anforderungen an die Standsicherheit und die Mindestanforderungen an die Bauphysik derart zu erfüllen, dass das Haus auch in der Moderne Menschen beherbergen könne.
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Auf der Grundlage dieser Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen kommt der Senat zu dem Schluss, dass der Gutachter eine bauphysikalische Sanierung des strittigen Gebäudes technisch für möglich hält, vom baulichen Aufwand und von den Kosten her diese Sanierung aber wirtschaftlich einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichstellt. Daraus kann aber nicht – wie es das Verwaltungsgericht getan hat – hergeleitet werden, dass das Gebäude D-Straße 7 nach einer Sanierung denkmalfachlich nur noch die Kopie eines Denkmals wäre.
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Ob ein Gebäude nach einer erforderlichen Sanierung noch die Denkmalaussage enthält, die es vor der Sanierung enthalten hat, ist nämlich weder vom bautechnischen Aufwand noch von den damit verbundenen Kosten her, sondern allein aus denkmalfachlicher Sicht zu beurteilen (vgl. auch Urt. d. Sen. v. 14.10.2004, a.a.O.). Gerade zu dieser Frage macht der gerichtliche Sachverständige keine Aussagen, da er sich als „Sachverständiger für Bauschäden an Gebäuden“ mit Recht nicht für kompetent hält, zu dieser denkmalfachlichen Frage verlässliche Aussagen zu treffen. Dementsprechend hat der Gutachter in seinem Gutachten auch festgestellt, dass er seinen Auftrag ausschließlich in der technischen Bewertung des Gebäudes gesehen habe (6.19, 1. Absatz).
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Zutreffend weist der Beklagte hingegen darauf hin, dass es für die Beurteilung, ob die Identität eines Denkmals durch notwendige Sanierungsmaßnahmen noch erhalten bleibt, allein darauf ankommt, ob die Merkmale, welche die Denkmaleigenschaft begründeten, nach einer Sanierung noch vorhanden sind oder nicht. Von einem solchen denkmalfachlichen Identitätsverlust kann dann nicht ausgegangen werden, wenn das Denkmal nach der Durchführung erhaltensnotwendiger Renovierungsarbeiten mit seinem historischen Dokumentationswert und mit den die Denkmaleigenschaft begründenden Merkmalen im Wesentlichen noch vorhanden ist und die ihm zugedachte Funktion, Aussagen über bestimmte Vorgänge oder Zustände geschichtlicher Art zu dokumentieren, noch erfüllen kann. Die Beantwortung der Frage, ob die Denkmaleigenschaft eines Baudenkmals entfallen ist, muss daher von den Gründen der Unterschutzstellung ausgehen und prüfen, ob die hierfür maßgeblichen Teile des Gebäudes in einem solchen Umfang zerstört worden oder sonst weggefallen sind, dass die verbliebene historische Substanz keinen Zeugniswert mehr besitzt (vgl. OVG NRW, Urt. v. 12.09.2006 – 10 A 1541/05 –, NWVBl. 2007, S.107 und Urt. v. 26.08.2008 – 10 A 3250/07 –, NWVBI. 2009, S.17; Urt. des Sen. v. 15.12.2011, a.a.O. juris RdNr.90).
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Ausgehend davon kommt der Beigeladene zu 1) als die Stelle, die über das für die denkmalschutzrechtliche Beurteilung erforderliche Fachwissen verfügt, zu dem Ergebnis, dass auch im Falle einer Sanierung – auch nach der vom Gutachter vorgeschlagenen Sanierungsvariante 1 – der verbleibenden historischen Substanz des Gebäudes D-Straße Nr. 7 noch ein so ausreichender Zeugniswert zukommt, dass sie weiter die Denkmaleigenschaft des Gebäudes begründen könne.
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In seiner Stellungnahme vom 05.12.2013 zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beigeladene zu 1) dazu Folgendes ausgeführt:
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Die Gründe der Unterschutzstellung des Gebäudes D-Straße 7 lägen in seiner geschichtlichen, kulturell-künstlerischen sowie städtebaulichen Bedeutung. Zudem sei das Gebäude nach Lage und Kubatur wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Danach nehme das Haus eine wichtige Stellung als Wohn- und Wirkungsstätte bedeutender Persönlichkeiten und damit als authentischer Zeuge der Halleschen Stadtgeschichte ein.
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Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass das Gebäude seine stadtgeschichtliche Bedeutung sowie den Aussagewert für den Denkmalbereich Altstadt deshalb verlieren werde, weil die Substanz des Gebäudes bis auf Rudimente nahezu gänzlich erneuert werden müsse, trifft dies schon nicht zu. Nach dem gerichtlichen Gutachten des Sachverständigen (...) könnten bei Zugrundelegung von Variante 1 Keller- und Erdgeschoss, Teile der Fachwerkkonstruktion, das Treppenhaus sowie gesamte Dach erhalten bleiben. In seiner denkmalfachlichen Stellungnahme zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 05.12.2013 führt der Beigeladene zu 1) aus, dass die verbleibende Bausubstanz ausreichend sei, um die geschichtliche Bedeutung, d.h. die wechselvolle Besitzergeschichte, anschaulich zu dokumentieren. Denn Teile des Erdgeschosses mit den Sandsteingewänden seien bauzeitlich, das Wappen von 1631 brandenburgischer Provenienz berichte über nachfolgende Eigentümer und der Umbau der Ecksituation des Eingangs gebe von jüngerer Geschichte authentisch Auskunft. Das Dach stehe wiederum als Zeugnis der Bauzeit (Stellungnahme, Seite 9). Weiter führt der Beigeladene zu 1) aus, dass eine denkmalgerechte Wiederherstellung, die hier vor allem auf den material-, werk- und formgerechten Austausch und die Ergänzung von Hölzern hinauslaufe, nicht als Kopie zu bewerten sei. Die zu ersetzenden Teile seien zwar nicht denkmalkonstituierend, erhöhten aber als präzise Kopie die Aussagekraft der authentisch überlieferten Bauteile (Stellungnahme, Seite 7).
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Auch seine herausragende kulturell-künstlerische sowie städtebauliche Bedeutung bliebe erhalten. Zu der kulturell-künstlerischen (bau- und kunstgeschichtliche) Bedeutung hat der Beigeladene zu 1) in seiner fachlichen Stellungnahme vom 24.01.2012 ausgeführt, dass es sich bei dem Gebäude um einen dreigeschossigen Fachwerkbau mit massivem Erd- und ausgekragten Obergeschossen (zweifach verriegelt mit Eckstreben) unter steilem Satteldach handele. Mit einer mutmaßlichen Bauzeit im 17. Jahrhundert gehöre es zu den äußerst selten erhaltenen Zeugnissen des einst reichen Halleschen Fachwerkbestands aus dieser Zeit. Allem Anschein nach stamme auch das als doppeltes Kehlbalkendach mit zweifach liegendem Stuhl konstruierte Dachwerk noch aus der Erbauungszeit des Hauses. Im Kellergeschoss seien neben offenbar jüngeren Kellern noch zwei Rundbogenpforten erhalten, die auf das 16./17. Jahrhundert bezogen werden könnten. In seiner Stellungnahme zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 05.12.2013 weist der Beigeladene zu 1) auch darauf hin, dass es sich hier um eine Baugattung in Halle handle, die als schon weitgehend vergangenes bauliches Erbe bezeichnet werden könne, so dass auch mit reduzierter Substanz ein erheblicher Aussagewert der erhaltungsfähigen Substanz des Denkmals erhalten bliebe (Stellungnahme, Seite 6). Die bau- und kunstgeschichtliche Bedeutung bliebe durch die massiven Bauteile einschließlich der Rundbogenpforten im Keller, die Sandsteingewände und Mauern im Erdgeschoss, das Wappen brandenburgischer Provenienz, den erhaltungsfähigen Fachwerkteilen, dem massiven Treppenhaus und dem wohl bauzeitlichen Dachstuhl erhalten. Damit wäre eines von den nur noch ganz wenigen Fachwerkhäusern in Halles Innenstadt erhalten und als Zeugnis erlebbar. Die besondere städtebauliche Bedeutung des Hauses resultiere aus der charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße. Insoweit weist der Beigeladene zu 1) darauf hin, dass durch den Erhalt der Gesamtkubatur der Eckbau auch zukünftig erlebbar bleibe. Dem Gebäude käme auf jeden Fall auch nach den erforderlichen Instandsetzungen eine das Stadtbild bzw. den Straßenzug prägende Bedeutung zu. Schließlich entfalle aus den vorstehenden Gründen auch nicht die Eigenschaft des Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Das Gebäude D-Straße 7 hätte somit auch nach einer erforderlichen Sanierung noch einen ausreichenden Zeugniswert, um die geschichtliche, kulturell-künstlerische sowie städtebauliche Bedeutung zu dokumentieren.
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Diese Aussagen des Fachamtes werden vom Kläger nicht substantiell in Frage gestellt.
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Er macht sich insoweit lediglich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil zu Eigen. Dieser Begründung vermag der Senat allerdings nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht stützt seine gegenteilige Auffassung maßgeblich nur darauf, dass nach einer Sanierung, wie sie der gerichtliche Gutachter vorgeschlagen habe, die Zwischendecken und die Fachwerkfassaden im Ergebnis nur Nachbildungen wären und die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion, die nach der Stellungnahme des beigeladenen Fachamtes vom 07.05.2012 konstituierend für die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sei, nicht mehr vorhanden wäre. Die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion ist allenfalls für die kulturell-künstlerische oder die architekturgeschichtliche nicht hingegen für die stadtgeschichtliche und die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes denkmalkonstitutiv.
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Die geschichtliche Bedeutungskategorie eines Denkmalschutzes ist erfüllt, wenn ein Bauwerk historische Ereignisse oder Entwicklungen anschaulich macht. Die geschichtliche Bedeutung ist dadurch gekennzeichnet, dass durch das Schutzobjekt (heimat-) geschichtliche Entwicklungen deutlich gemacht werden („Aussagewert“), dass ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder als Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter „Erinnerungswert" beizumessen ist oder dass es einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, kulturellen oder sozialen Verhältnissen seiner Zeit herstellt („Assoziationswert"). Dabei ist die geschichtliche Bedeutung nicht auf übergeordnete oder besonders bedeutsame Entwicklungen oder Verhältnisse beschränkt. Sie umfasst vielmehr auch Gegenstände des Denkmalschutzes, die nur für einzelne Wissenschaftsdisziplinen (z. B. Kirchengeschichte, Baugeschichte, Kunstgeschichte) oder für die Regionalgeschichte, Heimatgeschichte oder Stadtgeschichte von Bedeutung sind. Entscheidend ist letztlich der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjektes als eines Zeugnisses der Vergangenheit (Urt. d. Sen. v. 15.12.2011, a. a. O. juris RdNr. 56, m.w.N.). Eine Bedeutung für die Geschichte des Menschen hat ein Objekt deshalb nicht nur dann, wenn es wegen seiner außergewöhnlichen Bauweise einen architekturgeschichtlichen Aussagewert hat, sondern auch dann, wenn es einen besonderen Aussagewert für das Leben bestimmter Zeitepochen sowie für die politischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse und Geschehensabläufe hat. Diese Bedeutung kann aus allen Zweigen der Geschichte hergeleitet werden (vgl. OVG NRW, Urt. v. 07.03.2005, a.a.O. juris RdNr. 45, m.w.N.).
- 74
Die geschichtliche Bedeutung des strittigen Gebäudes leitet das beigeladene Fachamt hier nicht etwa aus seiner Qualität als Zeitdokument der Architekturgeschichte her, sondern – wie dargelegt – aus der stadtgeschichtliche wichtigen Stellung als Wohn- und Wirkungsstätte bedeutender Persönlichkeiten und damit als authentisches Zeugnis der Halleschen Stadtgeschichte. Dass das Gebäude mit einer veränderten oder wiederhergestellten Fachwerktragekonstruktion diesen stadtgeschichtlichen Aussagewert nicht mehr erfüllen könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
- 75
Ebenso wenig vermag der Senat zu erkennen, dass die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes D-Straße 7 von dem unveränderten Erhalt der dreidimensionalen Fachwerktragekonstruktion abhängig ist. Einer Sache kommt eine besondere städtebauliche Bedeutung zu, wenn sie durch ihre Anordnung oder Lage in der Örtlichkeit, durch ihre Gestaltung für sich allein oder in Verbindung mit anderen Anlagen den historischen Entwicklungsprozess einer Stadt in nicht unerheblicher Weise dokumentiert (vgl. OVG NRW, Urt. v. 12.09.2006 a.a.O. juris, RdNr. 52, m.w.N).
- 76
Städtebauliche Gründe, die für den Erhalt eines Denkmals sprechen, sind gegeben, wenn das Objekt in seinem konkreten Bestand aus der ihm innewohnenden funktionalen Einbindung in die gegebene städtebauliche bzw. siedlungsbezogene Situation nicht herausgelöst werden kann, ohne zugleich die erhaltenswerte Situation in ihrer denkmalrechtlich relevanten Aussagekraft wesentlich zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören (vgl. OVG NRW Urt. v. 12.09.2006, a.a.O. juris RdNr. 55, m.w.N.). Städtebauliche Gründe lassen daher die Erhaltung und Nutzung eines Objektes geboten erscheinen, wenn ihm als historischem Bestandteil einer konkreten städtebaulichen Situation eine wünschenswerte stadtbildprägende Bedeutung zukommt, so dass es aus Gründen der Stadtgestaltung und wegen des Stadtbildes als Verlust empfunden würde, wenn es seine Prägung in seiner Eigenart als überlieferter baulicher Bestand nicht mehr wie bisher entfalten würde (Urt. d. Sen. v. 15.12.2011, a.a.O. juris RdNr. 57, m.w.N.).
- 77
Die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes D-Straße 7 leitet sich – wie dargelegt – zum einen aus seiner charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße und zum anderen daraus her, dass durch den Erhalt der Gesamtkubatur der Eckbau auch künftig erlebbar bleiben werde. Auch insoweit spielt die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion für die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes D-Straße 7 keine Rolle.
- 78
Das Gebäude D-Straße 7 ist darüber hinaus nach den Aussagen des beigeladenen Fachamtes wegen seiner Lage und Kubatur wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Auch insoweit vermag der Senat nicht zu erkennen, inwieweit die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion denkmalkonstitutiv ist.
- 79
Liegt aber nur einer der in § 2 Abs.1 Satz 2 DenkmSchG LSA genannten Gründe, der für die Erhaltung einer Sache spricht, weiterhin vor, dann verliert die Sache nicht ihre Eigenschaft als Kulturdenkmal (vgl. Urt. d. Sen. v. 14.10.2004 a.a.O. juris RdNr. 27).
- 80
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA. Danach ist ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen, wenn die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Verpflichteten unzumutbar belastet.
- 81
3.1 Bei der Beantwortung dieser Frage ist nach Auffassung des Senats im Urteil vom 15.12.2011 (a.a.O. juris RdNr. 93 ff.) von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 82
„Für die Frage, ob die Erhaltung eines Denkmals dem Eigentümer wirtschaftlich zumutbar ist, ist in erster Linie von Bedeutung, ob dem Eigentümer – ungeachtet finanzieller Folgelasten – überhaupt angesonnen werden darf, das Kulturdenkmal in seiner Substanz zu erhalten. Das ist zu verneinen, wenn er es nicht mehr sinnvoll nutzen kann, weil es „nur noch Denkmal“ ist und damit ausschließlich dem Wohl der Allgemeinheit dient. Im Übrigen ist die Zumutbarkeit anhand eines Vergleichs der voraussichtlichen Investitions- und Bewirtschaftungskosten sowie der möglichen Nutzungserträge zu beurteilen. Dabei kommt es nicht auf die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Eigentümers an, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt (vgl. Beschl. d. Senats v. 22.02.2005 – 2 L 23/02 –; BayVGH, Urt. v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 –, BayVBl 2011, 303; VGH BW, Urt. v. 11.11.1999 – 1 S 413/99 –, BRS 62 Nr. 220). „Andere Einkünfte“ des Denkmaleigentümers können aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht herangezogen werden, auch wenn § 10 Abs. 4 Satz 2 DenkmSchG LSA diese Möglichkeit offen lässt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 02.03.1999 – 1 BvL 7/91 –, BVerfGE 100, 226) können Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude zwar nur in eingeschränktem Umfang einfordern, deren Erträgnisse müssten ihnen zur Grundlage einer selbstbestimmten Lebensführung dienen können. Diese Einschränkung darf allerdings nicht so weit gehen, dass das Denkmal bloßes Zuschussobjekt ist oder überhaupt keine Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, welche als – noch – wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 24.03.2003 – 1 L 601/97 –, BRS 66 Nr. 211; OVG NW, Urt. v. 20.03.2009 – 10 A 1406/08 –, Juris). Entscheidend ist, ob sich das Objekt „selbst trägt“ (vgl. BayVGH, Urt. v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 –, BRS 71 Nr. 200, RdNr. 75). Eine Baukostenvergleichsberechnung, mit der die Sanierungskosten den Abbruch- und Neubaukosten gegenübergestellt wird, ist hingegen nicht geeignet ist, die Zumutbarkeitsfrage zu beantworten. Eine solche gibt für die Frage, welche Belastung auf den Denkmaleigentümer bei Versagung der Abbruchgenehmigung und damit der Sanierung seines Gebäudes zukommt, nichts her. Es kann damit nicht festgestellt werden, ob er auf Dauer aus seinem Vermögen für den Erhalt des Denkmals zuschießen muss. Gerade dies ist aber das entscheidende Kriterium, um feststellen zu können, ob die Versagung der Genehmigung und die damit verbundene Erhaltungspflicht die Grenze der Sozialbindung des Eigentums überschreitet (vgl. VGH BW, Urt. v. 11.11.1999, a. a. O.).
- 83
Wirtschaftliche Belastungen, die lediglich das Spiegelbild vorausgegangener Verletzungen denkmalrechtlicher Pflichten darstellen, sind in die Wirtschaftlichkeitsrechnung allerdings nicht einzustellen; denn sonst könnte der Denkmaleigentümer bei hinreichend langer Vernachlässigung des Denkmals regelmäßig die Zurücknahme oder völlige Aufgabe des Denkmalschutzes erzwingen (vgl. OVG NW, Urt. v. 20.03.2009, a. a. O.). Dem trägt § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA Rechnung, der bestimmt, dass sich der Verpflichtete nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungsmaßnahmen berufen kann, die dadurch verursacht wurden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.
- 84
Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind vor allem die Finanzierungskosten einer Sanierung sowie die Bewirtschaftungskosten den voraussichtlichen Mieteinnahmen bzw. dem Gebrauchswert des Denkmals gegenüberzustellen (vgl. BayVGH, Urt. v. 27.09.2007, a. a. O.). Da gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 DenkmSchG LSA Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln oder steuerliche Vorteile anzurechnen sind, wenn der Verpflichtete diese in Anspruch nehmen kann, sind auch derartige „Zuschüsse“ zu berücksichtigen.
- 85
3.2 Ob der Kläger unter Berücksichtigung dieser Grundsätze – so wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat – hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass die mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des Gebäudes D-Straße 7 verbundenen Kosten die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals deutlich überschreiten oder ob dem Beklagten darin zu folgen ist, dass dies nicht der Fall ist, kann hier dahingestellt bleiben.
- 86
Nach Auffassung des Senats kann sich der Kläger nämlich nicht auf § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA berufen, weil dem § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA entgegensteht. Danach kann der Verpflichtete sich nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht werden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigen öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.
- 87
Die Voraussetzungen dieser Norm sieht der Senat nicht nur dann als gegeben an, wenn der Verpflichtete im Laufe der Lebenszeit eines Denkmals als Eigentümer dieser Sache Unterhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, sondern auch dann, wenn der Verpflichtete „sehenden Auges“ ein sanierungsbedürftiges Denkmal erwirbt, die Denkmaleigenschaft bekannt und die Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich ist (so auch OVG Rh.-Pf. Urt. v. 02.12.2009 – 1 A 10547/09 –, juris RdNr. 38; VG Magdeburg Urt. v. 24.06.2014 – 4 A 167/12 MD –). Das OVG Rh.-Pf. hat in seinem Urteil zutreffend Folgendes ausgeführt: „Es würde dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums widersprechen, könnte man unter Ausnutzung der aus dem schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes sich ergebenden Wertminderung ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erwerben und diesen Vorteil auf Kosten des Denkmalschutzes ohne weiteres durch Abbruch dieses Denkmals realisieren. Diese Sichtweise entspricht auch der von der Vorinstanz zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers im Rahmen der Altlastensanierung (s. BVerfG, Beschl. vom 16.02.2000, BVerfGE 102, 1). Das Bundesverfassungsgericht hat darin ausgeführt, dass für die Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer an Belastungen zugemutet werden dürfe, das Verhältnis des finanziellen Aufwands zum Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung als Anhaltspunkte dienen könne. Sogar eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteige, könne zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten erworben habe. Derartige Umstände seien bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Angesichts einer ähnlichen Interessenlage im Denkmalschutzrecht sind diese Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Denn im Denkmalschutzrecht tritt anstelle des Eigentümerinteresses, hinsichtlich der Altlastensanierungskosten für ein Grundstück von unverhältnismäßigen Belastungen verschont zu bleiben, das Interesse des Denkmaleigentümers, hinsichtlich der Erhaltungskosten für ein Denkmal von unzumutbaren Belastungen bewahrt zu werden. Ferner tritt anstelle des allgemeinen Belangs des Boden- und Wasserschutzes hier der Belang des Denkmalschutzes. Ein grundlegender Unterschied zu diesen Interessenlagen, der gegen die Anwendung des vom Bundesverfassungsgericht in der vorzitierten Entscheidung entwickelten Rechtsgedankens sprechen könnte, ist nicht erkennbar“.
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Diese Auffassung des OVG Rh.-Pf. teilt der erkennende Senat gerade auch für den konkreten Fall des Klägers.
- 89
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 14.04.2010 (– 1 BvR 2140/08 – Juris RdNr. 23-25) zum einen nämlich bestätigt, dass die Rechtslage zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr auf die Problematik des öffentlichen Interesse am Erhalt eines Kulturdenkmals und der in Art. 14 Abs.1 GG garantierten Privatnützigkeit des Eigentums übertragbar ist. Legt man dies zu Grunde, kann der Kläger sich hier nicht auf die Unzumutbarkeit des Erhaltungsaufwands berufen. Er hat nämlich das Grundstück D-Straße 7 „sehenden Auges“ als Abrissobjekt erworben. Er trägt selber vor, dass er beim Kauf des Grundstücks mit dem Verkehrswertgutachter davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Objekt schon im Erwerbszeitpunkt um ein Abbruchobjekt gehandelt habe. Dem Kläger war auch im Zeitpunkt des Erwerbes bekannt, dass das strittige Gebäude in das Denkmalverzeichnis eingetragen ist. Ebenso war ihm der marode Zustand des Gebäudes bekannt. Nach dem Abschluss des Kaufvertrages und direkt nach der Eigentumsumschreibung im Dezember 2011 hat der Kläger dementsprechend auch sofort am 16.12.2011 den Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung gestellt. Schließlich hat der Kläger das strittige Grundstück auch zu einem günstigen Kaufpreis (80.000,00 €) erworben.
- 90
Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass bei einer Anwendung von § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA im konkreten Fall nicht einmal die Privatnützigkeit des Eigentums des Klägers in Frage gestellt wäre. Der Beklagte hat dem Kläger hier nämlich durch das notariellen Kaufangebot des (...) Denkmal gemeinnützige GmbH eine Erhaltungsmöglichkeit des Kulturdenkmals angeboten, die ihm eine Möglichkeit aufzeigt, das Kulturdenkmal zu einem Kaufpreis von 90.000, 00 € zu veräußern, der noch über dem Kaufpreis liegt, den er selbst beim Erwerb des Grundstücks entrichtet hat. Ein Anspruch aus Art. 14 GG, das Grundstück rentabler zu nutzen, steht dem Kläger nicht zu. Im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss es der Eigentümer eines Kulturdenkmals im Verhältnis zum öffentlichen Interesse an dem Erhalt dieses Kulturdenkmals nämlich grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentable Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.03.1999 – 1 BvL 7/91 –, juris RdNr. 83 bis 85). Weitergehende Gewinnerzielungsaussichten des Klägers sind nicht geschützt.
- 91
4. Darüber hinaus steht einem möglichen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Abrissgenehmigung auch § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA entgegen. Danach kann eine Abrissgenehmigung nur erteilt werden, wenn alle Möglichkeiten einer Erhaltung des Kulturdenkmals zuvor ausgeschöpft wurden.
- 92
Unter welchen Voraussetzungen alle Möglichkeiten der Erhaltung eines Denkmals ausgeschöpft sind, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA muss dabei nach Auffassung des Senats im Zusammenhang mit § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA gesehen werden. Mit dieser Norm stellt der Gesetzgeber sicher, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht im Übermaß in Anspruch nimmt. Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss es der Eigentümer – wie dargelegt – zwar grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Anders liegt es nur, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Erst wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Nur dann nähert sich die Rechtsposition des Betroffenen einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. (so BVerfG, Beschl. v. 02.03.1999 – a.a.O. zu einer Rechtslage im rheinlandpfälzischen Denkmalrecht, welches eine dem § 10 Abs. 4 DenkmSchG LSA entsprechende Regelung nicht enthielt). Berücksichtigt man einerseits den hohen Rang, den das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals zukommt, und legt man andererseits zugrunde, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem sozialpflichtigen Eigentümer nicht zugemutet werden darf, dass er von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und das Baudenkmal praktisch nicht veräußern kann, dann ist nach Auffassung des Senats im Verhältnis zu einem sozialpflichtigen Eigentümer eines Kulturdenkmals, den die Erhaltung des Denkmals unzumutbar belastet, eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Erhaltungsmöglichkeit für ein solches Denkmal schon dann zu bejahen, wenn für den Eigentümer eine konkrete Veräußerungsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis besteht.
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Nach Auffassung des Senats in seinem Urteil vom 29.10.2009 (– 2 L 200/07 –, juris RdNr. 38) ist § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA zwar nicht so auszulegen, dass der Grundstückseigentümer, der eine Abrissgenehmigung beantragt, den Nachweis der fehlenden Veräußerungsmöglichkeit erbringen muss, sondern dass diese Pflicht die Genehmigungsbehörde trifft. Kann sie dies nicht, ist von der wirtschaftlichen Unverkäuflichkeit eines Denkmals auszugehen. Die Behörde muss die Abrissgenehmigung erteilen oder ggf. von § 19 Abs.1 DenkmSchG LSA Gebrauch machen und die Enteignung des Eigentümers betreiben.
- 94
Den Nachweis einer bestehenden Veräußerungsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis hat der Beklagte hier nach Auffassung des Senats zumindest mit dem notariellen Kaufangebot durch die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH erbracht.
- 95
Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. hat bereits am 19.12.2011 – unmittelbar nach dem Eigentumserwerb und dem Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung durch den Kläger – gegenüber dem Kläger eine Kaufabsichtserklärung abgegeben. Nachdem am 06.12.2012 die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises einen positiven Beschluss zum Erwerb des Hauses D-Straße 7 gefasst hatte, hat der Arbeitskreis dem Kläger am 29.01.2013 ein verbindliches Kaufangebot zu einem Preis vom 90.000,00 € gemacht. Da aber das Verwaltungsgericht in einem Hinweis vom 27.02.2013 mitgeteilt hatte, dass es dieses Angebot für nicht ausreichend glaubhaft gemacht halte, hat der Arbeitskreis Innenstadt e.V. folgende Schritte unternommen. Er hat eigens zu dem Zweck, das Gebäude D-Straße 7 zu kaufen, die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH gegründet, deren alleiniger Gesellschafter der Arbeitskreis Innenstadt e.V. ist. Die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH hat am 07.05.2013 ein verbindliches notarielles Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über das Grundstück D-Straße 7 in Halle abgegeben. Dieses Angebot hat noch unverändert Bestand (Anlage 2, Schreiben des Vorsitzenden des (...) Innenstadt e.V. vom 07.07.2014 und Bestätigung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat). Der angebotene Kaufpreis beläuft sich auf 90.000,00 €. Das ist der Betrag, den das Verkehrswertgutachten als Verkehrswert für das Grundstück mit dem unsanierten Gebäude zum Stichtag 10.02.2012 ermittelt hat. Der Kläger hat laut Kaufvertrag vom 28.07.2011 einen Kaufpreis von nur 80.000,00 EUR gezahlt.
- 96
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Möglichkeit einer Erhaltung eines Baudenkmals i.S.v. § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA sei nur dann zu bejahen, wenn ein Kaufinteressent nicht nur ein verbindliches Kaufangebot für das mit einem Baudenkmal behaftete Grundstück vorlege, sondern darüber hinaus auch noch glaubhaft darlege, wie er die Mittel für den Erhalt des Denkmals aufzubringen gedenke, zutrifft oder nicht. Die (...) Denkmal gGmbH hat nämlich nach Auffassung des Senats die möglicherweise zu fordernde Erhaltungsmöglichkeit für das Gebäude D-Straße 7 hinreichend glaubhaft gemacht. Dass es dem Denkmalverein sehr ernst mit dem Anliegen ist, das Gebäude zu erhalten und zu sanieren, zeigen seine seit Dezember 2011 währenden Bemühungen zum Kauf des Gebäudes. Die Gründung der (...) Denkmal gGmbH durch den Arbeitskreis Innenstadt e.V. eigens zum Kauf des Gebäudes bekräftigt den verbindlichen Willen zum Erhalt dieses Baudenkmals noch besonders. Die Ernsthaftigkeit der Erhaltungsabsichten des Arbeitskreises Innenstadt e.V. belegt auch seine Erklärung vom 29.01.2013 zum Kaufangebot mit folgendem Inhalt:
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„Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. ist ein seit Jahrzehnten in Halle etablierter Denkmalverein. Damit ist unser Ziel selbstverständlich die Erhaltung und Sanierung des Baudenkmals. Unsere Herangehensweise ist allerdings eine andere als die eines privaten Investors. So sind wir nicht darauf angewiesen, Gewinn zu erwirtschaften. Als gemeinnützige Einrichtung haben wir Steuererleichterungen. Wir erbringen Eigenleistungen und können auf ein breites bürgerschaftliches Engagement zählen, da das Schicksal des Renaissancehauses D-Straße 7 in unserer Stadt ein großes Interesse findet. Wir planen eine schrittweise Sanierung und können auch mit Fördermitteln rechnen. Als Referenz können wir die Sanierung unseres Vereinshauses S-Straße 25 vorweisen, ebenfalls ein Fachwerkhaus aus der Renaissance“.
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Mit Schreiben vom 23.05.2013 hat der Arbeitskreis Innenstadt e.V. diese Ausführungen noch ergänzt. Dort heißt es auszugsweise: „Das genannte Fachwerkhaus S-Straße 25 befand sich in einem deutlich schlechteren Bauzustand, als der Arbeitskreis Innenstadt es übernommen hat. Es ist vollständig saniert, vom Verein erworben worden und seit langem als Vereinshaus voll genutzt. Auch an zahlreichen anderen Fachwerkhäusern in Halle hat der Verein Sicherungsarbeiten durchgeführt, es gibt also ein großes Erfahrungspotential auf diesem Gebiet. Unter den Mitgliedern und Unterstützern des Vereins befinden sich mehrere Architekten und Bauingenieure. Neben dem Fachwissen verfügen wir auch über logistische Voraussetzungen zum Erhalt des Denkmals. So besitzt der Verein eigene Bauausrüstungen – wie ein Baugerüst – sowie umfangreiche Baumaterialien“.
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Der Denkmalverein hat in dem zitierten Schreiben zudem darauf hingewiesen, dass das Gebäude auf der „Roten Liste“ der beigeladenen Stadt Halle steht und damit höchste Förderpriorität besitzt.
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Der Kläger kann sich dagegen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es mit Art. 14 GG nicht zu vereinbar sei, wenn ihm die Behörde zum Erhalt der Bauruine oder zu deren Verkauf zwingen wolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 02.03.1999 (1 BvL 7/91) muss – wie dargelegt – der Eigentümer angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes und im Blick auf GG Art 14 Abs. 2 Satz 2 GG es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. Damit gewichtet das Bundesverfassungsgericht den Denkmalschutz wesentlich stärker als das Interesse des Eigentümers, das Grundstück ohne Denkmal wirtschaftlich nutzen zu können. Nur soweit er über Gebühr durch eine fehlende Nutzungs- oder Veräußerungsmöglichkeit in Anspruch genommen wird, schützt ihn Art. 14 GG.
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5. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Bei dem strittigen Gebäude auf dem Grundstück D-Straße 7 handelt es sich – wie dargelegt – um ein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 DenkmSchG LSA.
- 102
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.
- 103
III. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten getroffene Feststellung, dass im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen der Bundesautobahn 2 und der Bundesstraße 1 gelegene Grundstücke des Klägers (Gemarkung H., Flur A, Flurstücke 1/44, 1/48 und 163 sowie der Flur B, Flurstücke 1/63, 1/65, 1/67, 150, 151 154, 155, 157, 162, 165, 167 und 171) zum Denkmalbereich „Grenzübergangsstelle Marienborn" gehören. Grundlage dieser Feststellung war insbesondere ein Gutachten der Landeskonservatorin bei Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt vom 03.09.2012 (Bl. 32 des Verwaltungsvorgangs [Beiakte B]), in der sie u.a. (vgl. S. 3 f.) ausführte:
- 2
„Die Einrichtung der alliierten Grenzkontrollstelle an der Autobahn Berlin-Hannover im Jahre 1945 steht am Beginn der städtebaulichen Entwicklung der Grenzübergangstelle, die im Bereich des Magdeburger Geheges völlig neu entstand. Auf dem Gelände befanden sich mit Ausnahme der Autobahn und der Reichsstraße 1 (B1) vorher ausschließlich Waldflächen.
- 3
Die heute vorhandene Rodungsfläche sowie sämtliche bauliche Anlagen, die von 1945 bis 1989 entstanden, stehen ausschließlich mit der Existenz der GÜSt im Zusammenhang. Selbst die als erhebliche Störung des Denkmalbereichs entstandene Raststätte wäre ohne die vorher vorhandene GÜSt hier kaum errichtet worden.
- 4
Die Rodungsfläche bildet nördlich der Autobahn einen charakteristischen Keil aus, der zum Punkt des Grenzübertritts der Autobahn zuläuft und räumlich wirkungsvoll und bewusst angelegt ist.
- 5
Die Bauten, Straßenführungen und Flächen der GÜSt sind nach wie vor Struktur bestimmend. Ihre städtebauliche Struktur, zu der neben der Organisation von Wegeführung und Gebäuden im Kontrollterritorium und im Unterkunfts- und Verwaltungsbereich auch die weiteren Freiflächen und die dort platzierten Anlagen und Gebäude gehören, ist von höchstem dokumentarischen Wert und historischer Wertigkeit, da sie die Organisation und die Konzeption der GÜSt deutlich machen. Ihre Bestandteile bilden einen historischen und funktionalen Zusammenhang.
- 6
Die Grenzübergangsstelle Marienborn …. ist in den umfänglich erhaltenen Teilen weitgehend authentisch überliefert. Die gegen die erheblichen Bedenken des damaligen Landesamtes für Denkmalpflege neu erbaute Autobahnabfahrt sowie die ebenfalls gegen die erheblichen Bedenken des Landesamts und unter Abbruch von Teilen des Kontrollbereichs errichtete Raststätte Marienborn sind zweifelsfrei als empfindliche Störungen des Denkmals zu bewerten. Die verbleibenden Teile sind jedoch noch ausreichend, um das Denkmal zu konstituieren…
- 7
Unbeachtliche Umstände: Zustand
- 8
Unbeachtlich sind für die Denkmaleigenschaft in der Regel der Zustand einer Sache, also Veränderungen und Schäden. Der Zustand der Anlage ist ohnehin insgesamt als befriedigend zu bezeichnen.
- 9
Der Zustand einzelner Teile der Anlage, insbesondere der Freiflächen ist jedoch durch unterlassene Pflege im Sinne des § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA geprägt. Die vormalig freigehaltenen Flächen des Grenzsicherungsbereichs drohen zu verbuschen und zu verwalden. Sichtbeziehungen und Funktionszusammenhänge sind nicht mehr oder nicht hinreichend gut wahrnehmbar. Durch entsprechende Maßnahmen ist hier jedoch ein denkmalgerechter Zustand kurzfristig und ohne Weiteres wieder herzustellen.“
- 10
Nachdem der Kläger Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid erhoben hatte, führte die Landeskonservatorin in einer weiteren Stellungnahme vom 19.11.2012 (Bl. 65 ff. des Verwaltungsvorgangs) ergänzend aus, bereits nach der Planskizze und ausführlichen Denkmalbegründung vom 17.10.1990 seien die Flächen nördlich der Autobahn bis zur B 1 integraler Bestandteil des Flächendenkmals gewesen. Auch das Kulturdenkmal GÜSt Marienborn habe sich seit seiner Unterschutzstellung erheblich verändert. Autobahnbau, Bau der Rastanlage südlich der Autobahn, forstliche Nutzung und Verfall hätten gegenüber dem Zeitpunkt der Unterschutzstellung im Jahre 1990 die Integrität und Authentizität beeinträchtigt. Dennoch sei die Denkmalfähigkeit der baulichen Gesamtanlage dadurch nicht beeinträchtigt.
- 11
Den Widerspruch des Klägers wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 ab.
- 12
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Feststellungsbescheid des Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Grundstücke nicht vom Denkmal „Grenzübergangsstelle Marienborn“ erfasst seien. Zur Begründung hat es u.a ausgeführt:
- 13
Es unterliege zunächst keinen Zweifeln, dass die Grenzübergangsstelle Marienborn, die als Denkmalbereich im vorgenannten Sinne in das nachrichtliche Denkmalverzeichnis eingetragen sei, als solche die Kriterien eines Kulturdenkmals in der Form eines Denkmalbereichs erfülle. Das Gericht folge insoweit den zutreffenden gutachterlichen Ausführungen der Landeskonservatorin und den darin enthaltenen Ausführungen zur generellen Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit.
- 14
Das Gericht komme allerdings unter Würdigung des Ergebnisses des vom Berichterstatter durchgeführten Ortstermins und nach der Auswertung des zu den Akten gereichten Lichtbild- und Kartenmaterials hinsichtlich der Frage, inwieweit der vorgefundene Zustand des Denkmalbereichs einen Einfluss auf die Denkmalfähigkeit genommen habe, hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundflächen des Klägers zu einem anderen Ergebnis. Zur Überzeugung des Gerichts sei die Weiterentwicklung der klägerischen Grundflächen im Gutachten unzutreffend beschrieben und gewürdigt. Aus den dem Gericht vorliegenden Dokumenten und der Erkenntnis aus dem Ortstermin sei zu entnehmen, dass dieser „charakteristische Keil“ bereits zu einem ganz erheblichen Teil mit einem über zwanzigjährigen Baumbestand bewachsen sei. Dazu sei der Charakter dieser Grundflächen durch die baulichen Veränderungen in Rahmen der Verbreiterung der Autobahn unter Errichtung eines die Fahrbahn zum nördlichen Bereich abschirmenden Erdwalles sowie der Errichtung einer neuen Autobahnabfahrt mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild einer Rodungsfläche nicht mehr in Verbindung zu bringen. Die diesen Grundflächen vormals im Rahmen der unter Denkmalschutz gestellten Grenzübergangs- bzw. Grenzsicherungsanlage obliegende Funktionszuordnung ließen diese Flächen nicht mehr erkennen. Insoweit sei das Gericht zu der Erkenntnis gekommen, dass die Verbuschung oder Verwaldung dieser Flächen zum ganz erheblichen Teil bereits eingetreten sei und nicht nur diesen Denkmalbereich „bedrohe“.
- 15
Es liege ein Fall vor, in dem die Denkmalfähigkeit entfallen sei, weil das Objekt entweder rettungslos abgängig sei oder nach seiner Wiederherstellung nur noch eine Kopie des Originals wäre. Soweit das Gutachten zu dem Schluss komme, insbesondere bei den Freiflächen könnten denkmalgerechte Zustände kurzfristig und ohne Weiteres wieder hergestellt werden, sei eine entsprechende Maßnahme bereits durch den funktional die Autobahn nördlich begleitenden und abschirmenden, bis zu etwa neun Meter hohen Erdwall nicht praktikabel, da insoweit in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung eingegriffen werden müsste. Darüber hinaus würde eine erneute Rodung und Freihaltung der mehrere Hektar großen Flächen lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen, nachdem die ursprüngliche Rodungsfläche zuvor vollständig verschwunden sei.
- 16
Dass sich bei einem Aufblick auf die streitgegenständlichen Grundflächen aus der Vogelperspektive anhand von vegetationsreduzierten Bereichen schwache Andeutungen und Rückschlüsse auf durch dieses einstige Schussfeld verlaufende Kolonnenwege „lesen“ ließen, könne eine eigenständige Denkmalfähigkeit dieser Bereiche nicht begründen. Denn dieser im Bereich eines Schussfeldes ohnehin nur untergeordneten Funktion lasse sich der Zusammenhang zu der einstigen Freifläche nicht mehr zuordnen. Den etwa vorhandenen Wegresten komme aufgrund des Verschwindens der Rodungsfläche, die quasi von der Natur zurückerobert worden sei, auch im Hinblick auf das Gesamtverständnis für die Funktionsweise der Grenzübergangsstelle keine erkennbare Bedeutung mehr zu.
II.
A.
- 17
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
- 18
1. Die vom Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
- 19
Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
- 20
1.1. Der Beklagte wendet ein, aus der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt vom 19.11.2012 sowie dem Ausweisungstext und der Kartierung im Denkmalverzeichnis ergebe sich, dass die Flächen nördlich der Bundesautobahn A 2 bis zur Bundesstraße B 1 integraler Bestandteil des Flächendenkmals „Grenzübergangsstelle Marienborn" seien. Die aufgrund des Ortstermins getroffene Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der „charakteristische Keil" bereits zu einem erheblichen Teil mit einem über 20-jährigen Baumbestand bewachsen sei, so dass die diesen Grundflächen vormals obliegende Funktionszuordnung zur Grenzübergang- bzw. Grenzsicherungsanlage nicht mehr zu erkennen sei und damit die Voraussetzungen für ein Kulturdenkmal nicht mehr vorlägen, seien tatsächlich und rechtlich fehlerhaft. Der Aufwuchs sei durch Höhe, Struktur und Gehölzbesatz eindeutig als typischer, recht junger Sukzessionsbestand erkennbar und deutlich von dem Waldstreifen abgrenzbar, der nach 1972 nicht mehr gerodet worden sei. Die klare Grenze zwischen älterem und jüngerem Wald, der nach 1989 entstanden sei, dokumentiere anschaulich den Verlauf des ehemaligen Grenzzauns. Sie verlaufe über 650 m linear und hier sowohl parallel zur ehemaligen Staatsgrenze und der B 1 als auch zu hier sichtbaren Grenzlandschaftselementen, wie etwa dem Kolonnenweg. Unrichtig sei ferner die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Flächen der Autobahn im Zuge des sechsstreifigen Ausbaus auf den vormaligen Rodungskeil ausgeweitet worden seien und ein abschirmender neun Meter hoher Erdwall aufgeworfen worden sei. Die heutige Autobahn sei im Denkmalbereich im Wesentlichen zwischen den ehemals beidseitig vorhandenen Betonmauern bzw. Zäunen errichtet worden. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen, weil dort neben den vier Fahrspuren der ehemaligen Reichsautobahn in den 60er Jahren zusätzliche Fahrspuren angelegt worden seien. Eine Verbreiterung der Autobahn nach Norden habe es nur im östlichen Teil des Denkmalbereichs in Höhe der Kontrollstelle gegeben. Nur dort – östlich der Auffahrt – sei überhaupt ein Erdwall mit einer allerdings deutlich geringeren Höhe als neun Meter errichtet worden, während man im gesamten anschließenden Streckenabschnitt von der Auffahrt in Richtung Westen bis zur Landesgrenze entweder keine oder nur niedrige und zumeist zu überschauende Wälle errichtet habe. Zudem seien die im Gebiet westlich der heutigen Verbindungsstraße befindlichen Wege vollständig erhalten; es handele sich also nicht nur um „Wegereste". Dazu zähle insbesondere eine Asphaltstraße, die an der Betonmauer entlang bis an die Landesgrenze verlaufe und an mehreren Stellen für Aufstellflächen erweitert sei, so dass die ehemaligen Toranlagen in der Mauer und die dahinter befindlichen Funktionen (z.B. Betonsperren) lokalisierbar seien. Ebenfalls vollständig erhalten sei der entlang der früheren Grenze verlaufende Kolonnenweg, der ab der Autobahnabfahrt wieder sichtbar sei und von dort am Beobachtungsturm vorbei nach Norden führe. Im unmittelbaren Umfeld des Turms sei der Weg lediglich teilweise durch Erdanhäufungen verdeckt. Darüber hinaus befinde sich auf dem Gelände eine Fahrspur, die durch Ziegelbruch befestigt sei. Südseitig vor den zwei Zaunanlagen hätten sich 1989 etwa sieben Meter breite Kontrollstreifen befunden, die regelmäßig gepflügt worden seien. In Folge dieser jahrzehntelangen Bodenbearbeitung seien diese am Bodenrelief, am schneisenartig fehlenden hohen Bewuchs oder in Streifen homogenen Kiefernbestandes im Gelände eindeutig auszumachen und insofern unter dem Bewuchs substanziell vorhanden. Zwischen den noch vorhandenen Brückenrampen und der neuen Auffahrt zur Autobahn seien Funktionsflächen der vor 1974 genutzten Kontrolleinrichtungen (LKW-Ausreise) erhalten. Die Fläche des früheren Kontrollgebäudes sei tief enttrümmert worden und als Geländevertiefung noch erkennbar. Die Platten des Betonweges seien zu größeren Teilen aufgenommen, aber weiterhin vor Ort aufgeschichtet. Daneben seien einzelne technische Anlagen wie Kabeltrassen oder Betonfundamente punktuell vorhanden.
- 21
Mit diesen Einwänden vermag der Beklagte die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung, dass die in diesem Bereich als Schussfeld angelegte keilförmige „Rodungsfläche" und damit die Ausdehnung des Denkmalbereichs bis zur B 1 im Norden in der Örtlichkeit nicht mehr erkennbar sei, nicht in Frage zu stellen. Auch wenn sich der auf dieser ehemaligen Rodungsfläche in den vergangenen 20 Jahren gewachsene Baumbestand von dem älteren Baumbestand der angrenzenden Waldflächen unterscheidet, vermag dies nichts daran zu ändern, dass die dort als Schussfeld angelegte Rodungsfläche nicht mehr als solche zu erkennen ist und damit die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DenkmSchG LSA für die Zugehörigkeit der Umgebung zum Denkmalbereich erforderliche besondere historische oder funktionale Beziehung dieser Flächen zu den Bauwerken im Denkmalbereich nicht mehr ablesbar ist. Eine für die Denkmaleigenschaft erforderliche besondere Bedeutung eines gegenständlichen Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit im Sinne von § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA setzt voraus, dass die Bedeutung – ggf. mit sachverständiger Hilfe – auch noch an der vorhandenen Substanz ablesbar und nicht nur gedanklich rekonstruierbar ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 16.07.2015 – 1 B 11.2137 –, juris, RdNr. 17). Dies gilt entsprechend für die hier in Rede stehende Fallgestaltung, dass verschiedene Bauwerke zusammen mit der Umgebung, die mit ihnen in einem geschichtlichen und/oder funktionalen Zusammenhang steht, einen Denkmalbereich im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA bildet. Die noch mehr oder weniger erhaltenen Wege und sonstigen Reste der ehemaligen Grenzanlagen im Bereich der streitigen Flächen mögen erkennen lassen, dass sich dort die frühere innerdeutsche Grenze befunden hat. Sie reichen aber nicht aus, um die Funktion der früheren Rodungsflächen als Schussfeld und den Zusammenhang mit der früheren Grenzübergangsstelle erkennen zu können. Dazu haben sie insgesamt zu wenig Substanz. Hinzu kommt, dass die Grenzsicherungsanlagen und Kolonnenwege über weite Strecken entlang der früheren innerdeutschen Grenze angelegt wurden, so dass sie keine verlässliche Auskunft darüber geben können, wo der Denkmalbereich „Grenzübergangsstelle Marienborn“ endet.
- 22
Die Würdigung des Verwaltungsgericht, dass ein Zusammenhang der Grenzübergangsstelle mit den früheren Rodungsflächen nicht mehr erkennbar sei, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die baulichen Veränderungen hauptsächlich den östlichen und mittleren Teil des Denkmalbereichs betreffen und die Erdwälle entlang der Autobahn im westlichen Teil nicht die vom Verwaltungsgericht angenommene Höhe erreichen mögen. Die Veränderungen des Geländes, die im Zuge des Baus der nördlich an die Autobahn anschließenden Auf- und Abfahrt stattgefunden haben, betreffen zumindest einen Teil der Grundstücke des Klägers, wie etwa die Flurstücke 151, 154, 155, 157, 162, 165 und 167 der Flur 4 der Gemarkung H., die in unmittelbarer Nähe der neu angelegten Anschlussstelle liegen (vgl. den Flurkartenauszug des Beklagten, Bl. 14 des Verwaltungsvorgangs). Zudem wird der früher sichtbare Funktionszusammenhang zwischen den Gebäuden der ehemaligen Grenzübergangsstelle und den streitigen Flächen durch die neu errichtete Rastanlage und die neu angelegte Autobahnanschlussstelle signifikant unterbrochen. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht die im Rahmen des Autobahnausbaus vorgenommenen baulichen Veränderungen nur als zusätzlichen Gesichtspunkt dafür angeführt, dass der Charakter der streitigen Flächen mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild einer „Rodungsfläche" nicht mehr in Verbindung zu bringen sei.
- 23
1.2. Der Beklagte rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe überholte Rechtssätze über den Verlust der Denkmaleigenschaft bei Bauwerken angewandt, die zudem nicht ohne Einschränkungen auf Flächen der streitgegenständlichen Art übertragen werden könnten. Der Eigentümer eines Denkmals könne sich nicht auf den schlechten Zustand des Denkmals berufen, wenn dieser im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass der Eigentümer seiner Erhaltungspflicht nicht nachgekommen sei. Selbst wenn durch die Rodung der streitgegenständlichen Fläche lediglich eine Kopie der vormals unnatürlichen Rodungsschneise entstehen würde, sei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft. Bleibe die Denkmaleigenschaft unberührt, wenn wesentliche Teile eines Gebäudes erneuert und saniert werden, müsse dies erst recht für Maßnahmen gelten, die lediglich den vorhandenen Bewuchs entfernten, um die Flächen in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Andernfalls stelle man etwa den Schutzstatus eines geschützten Parks in Frage, der aufgrund mangelnder Pflege verwildert sei. Auch mit diesen Einwänden vermag der Beklagte nicht durchzudringen.
- 24
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass „denkmalgerechte Zustände“ in Bezug auf die streitigen Flächen nicht ohne weiteres wieder hergestellt werden können. Auch wenn der in diesem Bereich entlang der Autobahn verlaufende Erdwall nicht neun Meter hoch, sondern deutlich niedriger sein sollte, erscheint es in der Tat nicht praktikabel, diesen wieder zu beseitigen und dadurch den im Jahre 1990 bestehenden Zustand in diesem Bereich wiederherzustellen. Dahinstehen kann, ob die erneute Rodung des Baumbestandes als „Kopie" des ursprünglichen Zustandes bezeichnet werden kann. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger nicht verpflichtet werden kann, die ursprünglich angelegte, mehrere (ca. 10) Hektar große Rodungsfläche durch die Beseitigung des in den letzten 20 Jahren gewachsenen Baumbestandes wiederherzustellen. Eine solche Pflicht ergibt sich insbesondere nicht aus § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA, der die Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen verpflichtet, diese im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen und instandzusetzen. § 9 Abs. 6 DenkmSchG LSA sieht als Folge aus der Verletzung der Pflichten nach diesem Gesetz und damit auch der Erhaltungspflicht die Möglichkeit vor, dass die untere Denkmalschutzbehörde gefahrenabwendende Maßnahmen anordnet oder selbst durchführt und die Eigentümer zur Duldung solcher Maßnahmen verpflichtet sind. Von der Erhaltungspflicht nicht umfasst ist jedoch die vollständige oder teilweise Wiederherstellung des historischen Originals, wenn eine schützenswerte historische Substanz nicht mehr vorhanden und die Denkmalaussage damit untergegangen ist (vgl. OVG BBg, Urt. v. 28.05.2009 – OVG 2 A 14.08 –, juris, RdNr. 68). Die Wiederherstellung einer (ursprünglich) zu einem Denkmalbereich gehörenden Rodungsfläche durch Beseitigung eines über 20 Jahre gewachsenen Baumbestandes dieser Größe geht über die in § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA vorgesehenen Erhaltungs-, Pflege- und Instandsetzungspflicht hinaus. Auch aus § 9 Abs. 8 DenkmSchG LSA lässt sich eine Pflicht des Klägers zur (erneuten) Rodung der streitigen Fläche nicht herleiten. Nach dieser Vorschrift hat, wer ein Kulturdenkmal beschädigt, nach Anordnung der Denkmalschutzbehörden die betreffenden Maßnahmen einzustellen und den früheren Zustand wiederherzustellen oder das Kulturdenkmal auf eine andere vorgeschriebene Weise instandzusetzen. Das Unterlassen von Maßnahmen, die einen Wiederbewuchs mit Bäumen verhindern, kann nicht als „Beschädigung" eines Kulturdenkmals angesehen werden.
- 25
Im Übrigen kann dem Kläger kein Vorwurf dahingehend gemacht werden, er sei seinen sich aus dem DenkmSchG LSA ergebenden Pflichten nicht nachgekommen, indem er die streitigen Flächen nicht von Bewuchs freigehalten habe. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die in Rede stehenden Flächen nach früheren Feststellungen der Denkmalschutzbehörden nicht dem Denkmalbereich der Grenzübergangsstelle zugerechnet wurden. Nach dem im Verwaltungsvorgang vorhandenen Auszug aus dem Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt mit Bearbeitungstand vom 16.02.2011 (Bl 84 des Verwaltungsvorgangs) wird ausgeführt, dass zum Denkmalbereich (1.) der Autobahnabschnitt zwischen östlicher Beschauerbrücke (abgebaut) und Landesgrenze mit beidseitigen Mauern, Zäunen und Glaswand, komplett einschließlich Grenzpfähle, (2.) der mit Zäunen umgrenzte Kontrollbereich einschließlich Bereitstellungsraum mit allen Bauten und Betonflächen und (3.) der mit Zäunen umgrenzte Wohn- und Verwaltungsbereich gehöre. Außerhalb dieser Bereiche (4.) seien als Einzelbauten zu erhalten: der Metallturm am Südwestende des umzäunten Autobahnabschnitts sowie der Beobachtungsturm der ehemaligen Grenzanlagen nördlich der Autobahn. Von den hier streitigen Flächen ist darin nicht die Rede. Dies deckt sich mit dem Bericht vom 28.02.1992 des damaligen Landeskonservators beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt (Bl. 92 des Verwaltungsvorgangs). Auch in der Stellungnahme vom 03.11.2010 zur Bauleitplanung der Verbandsgemeinde Obere Aller (Bl. 22 f. des Verwaltungsvorgangs) führte des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt aus, dass gegen das Vorhaben „Sondergebiet Rasthof an der Abfahrt Nr. 63 der BAB A2 Marienborn" keine grundsätzlichen Einwände bestünden; die Behörde wies lediglich darauf hin, dass im projektierten Areal archäologische Befunde vorhanden sein könnten und Funde dieser Art zu melden seien. Erst im Gutachten vom 03.09.2012 kam die Landeskonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt zu dem Ergebnis, dass auch die streitige „Rodungsfläche“ zum Denkmalbereich gehöre. In der weiteren Stellungnahme vom 19.11.2012 widersprach sie dem Vorwurf, der Denkmalbereich sei ausgeweitet worden, unter Hinweis auf eine Analyse der Akten, insbesondere auch des denkmalpflegerischen Gutachtens des damaligen Instituts für Denkmalpflege vom 17.10.1990 (Bl. 68 ff. des Verwaltungsvorgangs), in dem es am Ende (Seite 11) heißt, zur Erhaltung und Sicherung des Bestandes gehöre auch, dass die ringsum im optischen Blickfeld befindliche Landschaft diesen typischen Grenzcharakter behalte. Die Landeskonservatorin räumte aber ein, dass bei der systematischen Benachrichtigung der Denkmaleigentümer durch den Landkreis die Flächen nördlich der Autobahn, die ebenfalls Teil des Denkmalbereichs seien, nicht berücksichtigt worden seien, da für eine erhebliche Beeinträchtigung dieses Teils des Denkmalbereichs ja erst Baurecht hätte geschaffen werden müssen.
- 26
2. Der Beklagte hat auch keine besonderen tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) dargelegt.
- 27
Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 27.12.2006 – 2 L 66/05 –, juris) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen.
- 28
Schwierigkeiten dieser Art zeigt der Beklagte in der Zulassungsschrift nicht auf. Er rügt im Rahmen dieses Zulassungsgrundes im Wesentlichen eine fehlerhafte Tatsachenermittlung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, insbesondere dessen Würdigung, dass es sich bei der Entfernung von „später zu einem Denkmal Hinzugefügten“ um eine „Kopie“ handele.
- 29
3. Die Rechtssache hat auch nicht die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
- 30
Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, juris, RdNr. 12). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – BVerwG 5 B 99.05 –, juris, m.w.N.). Sie setzt insbesondere auch die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (BVerwG, Beschl. v. 19.08.1997 – BVerwG 7 B 261/97 –, NJW 1997, 3328, RdNr. 2 in juris).
- 31
Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Der Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die von ihm aufgeworfenen Fragen,
- 32
a) ob eine Beseitigung von Bäumen, Büschen und weiterem Bewuchs im Rahmen der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes tatsächlich als eine Kopie des Originals angesehen werden kann,
- 33
b) ob die obergerichtlichen Entscheidungen zu Blickbeziehungen im Hinblick auf die denkmalgeschützte Wirkung eines Baudenkmals zu seiner Umgebung und dem damit einhergehenden Abwehranspruch auch auf Fälle der vorliegenden Art so übertragbar sind, dass eine aus denkmalschutzrechtlicher Sicht notwendige Sichtbeziehung durch Freihalten bzw. Freimachen von Flächen aufrechterhalten werden muss,
- 34
c) ob die Denkmaleigenschaft und Denkmalwürdigkeit allein dadurch entfällt, dass unter Schutz gestellte Bestandteile aufgrund mangelnder Pflege zwar noch erhalten, aber nicht mehr sichtbar sind,
- 35
jeweils eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll. Im Übrigen lassen sich diese Fragen nicht allgemeingültig, sondern nur unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls beantworten.
- 36
4. Die Berufung ist schließlich nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.
- 37
Eine Abweichung im Sinne der Vorschriften über die Zulassung von Rechtsmitteln liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechts- oder ggf. Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung des im Instanzenzug übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Satz abgewichen ist; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (vgl. BVerwG, Beschl. 08.07.2011 – BVerwG 5 B 22.11 –, ZOV 2011, 219). Um den für die Frage der Divergenz notwendigen Vergleich in der Sache zu ermöglichen, muss dargelegt werden, dass ein vom Verwaltungsgericht gebildeter, tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet worden ist oder sich doch aus der Entscheidung eindeutig ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat; der aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewonnene, hinreichend bezeichnete Rechtssatz ist sodann einem anderen eindeutig gegenüberzustellen, der aus der konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist (Beschl. d. Senats v. 12.01.2010 – 2 L 54/09 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.).
- 38
Eine solche Gegenüberstellung nimmt der Beklagte in der Zulassungsschrift nicht vor. Er rügt lediglich, das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil Rechtsgrundsätze missachtet, die der Senat in seinem Urteil vom 15.12.2011 (2 L 152/06 –, BRS 78 Nr. 206) zum Verlust der Denkmaleigenschaft aufgestellt habe. Das Aufzeigen einer fehlerhaften Anwendung von Rechtssätzen, die das im Instanzenzug übergeordnete Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den an eine Divergenzrüge zu stellenden Zulässigkeitsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.2010 – BVerwG 8 B 27.10 –, juris, RdNr. 6, m.w.N.).
- 39
5. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
- 40
5.1. Der Beklagte beanstandet, das Verwaltungsgericht habe sich von Tatsachen leiten lassen, die weder Gegenstand der Akten, der gutachterlichen Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie noch einer Beweisaufnahme entsprungen seien. Er beanstandet insbesondere die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der neben der Autobahn liegende Wall bis zu neun Meter hoch sei, obwohl im Ortstermin keine Messungen durchgeführt worden seien und sich entsprechende Höhenangaben auch nicht den Verwaltungsvorgängen entnehmen ließen.
- 41
Damit rügt der Beklagte der Sache nach einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil sich das Verwaltungsgericht seine Überzeugung auf der Grundlage unrichtiger Tatsachenfeststellungen gebildet habe. Sofern dem Verwaltungsgericht in Bezug auf die vom Beklagten beanstandete Feststellung ein Verfahrensfehler unterlaufen sein sollte, kann das angefochtene Urteil indes nicht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darauf beruhen.
- 42
Eine Entscheidung beruht dann auf einem Rechtsverstoß, wenn mindestens die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Rechtsverstoß zu einem dem Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO: BVerwG, Beschl. v. 14.08.1962 – BVerwG V B 83.61 –, BVerwGE 14, 342 [346], RdNr. 15 in juris, m.w.N.; Beschl. v. 28.03.2006 – BVerwG 1 B 91.05 –, juris). Dies kann hier ausgeschlossen werden.
- 43
Das Verwaltungsgericht hat die von ihm angegebene und vom Beklagten beanstandete Höhe des Walles von „bis zu neun Metern“ bei der Frage erwähnt, ob denkmalgerechte Zustände ohne weiteres wieder hergestellt werden können. Die Höhe des Walles hat dabei aber keine entscheidende Rolle gespielt. Vielmehr war für das Verwaltungsgericht maßgeblich, dass bei einer „entsprechenden Maßnahme“ in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung eingegriffen werden müsste und darüber hinaus eine erneute Rodung und Freihaltung der mehrere Hektar großen Flächen lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen würde. Das Verwaltungsgericht hat entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch nicht die Feststellung getroffen, der „Verlauf der Autobahn greife in die Situation des streitgegenständlichen Grundstücks ein“. Vielmehr hat es in der vom Beklagten zitierten Passage des Urteils (Seite 6 unten) ausgeführt, dass es eine „entsprechende Maßnahme“ bereits wegen des „funktional die Autobahn abschirmenden (bis zu neun Meter hohen) Walls“ für nicht praktikabel halte, da insoweit „in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung“ eingegriffen werden müsste. Es hat damit zum Ausdruck gebracht, dass eine zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderliche Beseitigung des Walls wegen des Funktionszusammenhanges von Wall und Autobahn aus seiner Sicht nicht ernsthaft in Frage kommt.
- 44
5.2. Der Beklagte rügt schließlich, das Verwaltungsgericht habe sich nicht um die notwendige Aufklärung bemüht, obwohl es „in so erheblicher Weise“ von den Ausführungen des zuständigen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie abgewichen sei. Reichten der von der Denkmalfachbehörde vermittelte und der eigene Sachverstand des Gerichts zur Entscheidungsfindung nicht aus, müsse ein externes Sachverständigengutachten eingeholt werden. Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass durch die von ihm angenommenen baulichen Veränderungen an der Autobahn eine Sichtbeziehung zwischen der Grenzübergangsstelle Marienborn und der streitgegenständlichen Fläche nicht mehr vorhanden sei bzw. nicht wieder herstellbar wäre, ohne dass in das Gesamtsystem der Autobahn eingegriffen werden müsste. Der Beklagte macht damit der Sache nach eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend, die aber nicht vorliegt.
- 45
Wird ein Aufklärungsmangel und ein damit zusammenhängender Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz behauptet, muss der Rechtsmittelführer darlegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.11.2013 – BVerwG 6 B 26.13 –, juris, RdNr. 45, m.w.N.).
- 46
Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte hinreichend dargelegt hat, hinsichtlich welcher konkreten tatsächlichen Umstände weiterer Aufklärungsbedarf bestanden hat. Er zeigt jedenfalls nicht auf, welche tatsächlichen Feststellungen bei Einholung eines „externen“ Sachverständigengutachtens voraussichtlich getroffen worden wären.
- 47
Unabhängig davon mussten sich dem Verwaltungsgericht ohne entsprechenden Beweisantrag weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage des Verlustes der Zugehörigkeit der streitigen Flächen zum Denkmalbereich, nicht aufdrängen.
- 48
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, sondern im Gegenteil verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage- und Überzeugungskraft zu überprüfen. Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf, was es allerdings zu begründen hat. Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nur dann überzeugend nachweisen, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 14.06.2012 – BVerwG 4 B 22.12 –, BRS 79 Nr. 211, RdNr. 6 in juris).
- 49
Ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Denkmaleigenschaft kann etwa dann erforderlich sein, wenn bestimmte Tatsachen zur Bedeutung eines Gebäudes nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA klärungsbedürftig geblieben sind, weil die bisherigen Feststellungen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren dafür nicht genügend Grundlagen bieten (Urt. d. Senats v. 15.12.2011, a.a.O., RdNr. 84, m.w.N.). Gleiches mag gelten, wenn der von der Denkmalfachbehörde vermittelte Sachverstand zur Entscheidungsfindung nicht für die Beantwortung der Frage ausreicht, ob ein Gebäude seine Denkmalfähigkeit oder Denkmalwürdigkeit durch Schäden am Gebäude verloren hat (vgl. NdsOVG, Urt. v. 15.07.2014 – 1 LB 133/13 –, juris, RdNr. 36).
- 50
Gemessen daran musste sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens hier nicht aufdrängen. Es hat die fachliche Bewertung der Denkmalfachbehörde zur Denkmaleigenschaft der ehemaligen Grenzübergangsstelle Marienborn und zur ursprünglichen Ausdehnung des Denkmalbereichs auf die dem Kläger gehörenden Grundstücke nicht in Zweifel gezogen. Fraglich war vielmehr, ob der funktionale und/oder historische Zusammenhang zwischen den baulichen Anlagen der ehemaligen Grenzübergangsstelle und den streitigen Flächen, der für die Zugehörigkeit der Umgebung zum Denkmalbereich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA konstitutiv ist, durch die baulichen und die von der Natur bewirkten Veränderungen (dauerhaft) verloren gegangen ist. Dies hängt maßgeblich von der Bewertung der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere den verbliebenen bzw. realistischerweise wieder herstellbaren Sichtbeziehungen ab. Das Verwaltungsgericht hat sich auf der Grundlage des von ihm vor Ort durchgeführten Augenscheins seine Überzeugung dahingehend gebildet, dass die vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in seinem Gutachten dargestellte frühere „Rodungsfläche“ ungeachtet noch vorhandener „Wegereste“ als solche nicht mehr zu erkennen sei, und weiter angenommen, dass eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufgrund der inzwischen eingetretenen baulichen Veränderungen nicht praktikabel sei und einer erneute Rodung lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen würde. Diese Würdigung hat das Verwaltungsgericht auch ohne Hinzuziehung eines (Denkmal-)Sachverständigen vornehmen können.
B.
- 51
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung für das Gebäude auf dem Grundstück D-Straße 7 in Halle.
- 2
Bei dem 335 m² großen Grundstück D-Straße 7 handelt sich um ein Eckgrundstück im Innenstadtbereich, das sowohl an die D-Straße als auch an die E-Straße grenzt. Das Grundstück liegt im Sanierungsgebiet „Historischer Altstadtkern“. Es ist mit einem dreigeschossigen Fachwerkbau aus dem 16./17. Jahrhundert bebaut. Das Objekt ist als Baudenkmal im Denkmalverzeichnis eingetragen. Es ist zudem als Bestandteil eines Denkmalbereiches sowie eines archäologischen Flächendenkmals eingestuft worden. Im Verzeichnis der Kulturdenkmale des Landes Sachsen-Anhalt heißt es zu dem Objekt:
- 3
„Wohnhaus, stattlicher dreistöckiger Fachwerkbau mit steilem Giebel und auskragenden Obergeschossen, in straßenbildprägender Ecklage, im gemauerten Erdgeschossbereich profilierte Fenstergewände mit Renaissance-Stabwerk, eines der eindruckvollsten und ältesten Fachwerkhäuser Halles, erbaut Mitte/Ende 16. Jahrhundert, später umgebaut.“
- 4
An das dreigeschossige Hauptgebäude mit Unterkellerung schließt sich an der D-Straße der sogenannte zweigeschossige „Westzwischenbau“ mit einem Flachdach an. Dieses Gebäude war ursprünglich ebenfalls deutlich höher, erlitt aber im Zweiten Weltkrieg einen Bombenschaden. In der E-Straße schließt sich ein „Nördliches Nebengebäude“ an. Bei diesem Nebengebäude gehen sowohl der Beklagte als auch der Beigeladene zu 1 davon aus, das es seine Denkmaleigenschaft verloren hat.
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Das Gebäude D-Straße 7 wurde nach 1990 im Rahmen der „Fremdhausverwaltung“ durch die Hallesche Wohnungsgesellschaft mbH verwaltet. Die Eigentumsverhältnisse waren zunächst ungeklärt. Auf Grund eines entsprechenden Vermögenszuordnungsbescheides aus dem Jahr 2003 wurde die Beigeladene zu 2) Eigentümerin eines 60,5%-Anteils an dem Objekt. Die Verwaltung übernahm die beigeladene Stadt mit verschiedenen Eigenbetrieben. Vormals diente das Gebäude der Wohnnutzung, während im Erdgeschoss noch bis zum Jahr 2007 eine Gastwirtschaft untergebracht war. Seitdem steht das Gebäude insgesamt leer.
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Am 28.11.2009 wurde das Grundstück im Rahmen einer Grundstücksauktion an einen Privateigentümer verkauft. Dieser führte im Jahre 2010 Aufräum- und Entrümpelungsarbeiten auf der Grundlage einer denkmalrechtlichen Genehmigung durch. In der 2. Jahreshälfte 2010 erfolgte der Verkauf des Grundstücks an den Kläger zu einem Kaufpreis von 80.000 €. Dem Kläger gehören auch weitere Nachbargrundstücke in der E-Straße 4 und F-Straße 76. Er beabsichtigt, auf diesen Grundstücken ein Alten- und Pflegeheim zu errichten. Ein entsprechender Bauantrag ist unter Aussparung des Gebäudes D-Straße Nr. 7 bereits gestellt worden. Der Kläger beabsichtigt aber, das Grundstück D-Straße 7 in das Alten- und Pflegheim mit ca. 20 Wohneinheiten einzubeziehen. Hierzu entwickelte der Kläger Baupläne, die allerdings von dem Beklagten abgelehnt wurden.
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Am 16.12.2011 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den Abbruch des Wohn- und Geschäftshauses D-Straße 7 in Halle. Zur Begründung ließ er durch seinen Architekten ausführen, dass die Sanierung des Gebäudes zu Wohn- oder gewerblichen Zwecken wegen enormer Schädigung der gesamten Konstruktion und der Menge an abgängiger Bausubstanz sowie einzelner den Charakter prägender Elemente zu einem unvertretbaren und zugleich unzumutbaren jährlichen finanziellen Verlust führen würde. Zur Begründung bezog der Kläger sich auch auf ein Gutachten des DipI.-Ing. (FH) (...) aus M-Stadt über eine Untersuchung zum Zustand der hölzernen Konstruktionsteile. Als Herstellungskosten auf Grundlage einer Kostenschätzung legte der Kläger einen Betrag von rund 3.095.000 € zu Grunde. Gegenstand des Abbruchantrags vom 16.12.2011 war auch eine Erklärung einer Steuerberatungsgesellschaft über mögliche Steuerersparnisse. Aus denkmalfachlicher Sicht lehnte die Beigeladene zu 1) mit Schriftsatz vom 07.05.2012 den Abriss des Hauptgebäudes D-Straße 7 ab. Am 12.06.2012 teilte der Kläger daraufhin dem Beklagten mit, dass er mit einem optischen Erhalt der Straßenfassade des Eckgebäudes, des Giebels, wesentlicher Teile des Kellers und des Erdgeschosses einschließlich des darüber liegenden Deckenfeldes einverstanden sei. Die momentane Bausubstanz sei abgängig und weitestgehend nicht mehr erhaltungsfähig. Ganze Bereiche müssten durch moderne Werkstoffe ersetzt werden. Daher sei der Denkmalstatus entfallen. In einer vom Arbeitskreis Innenstadt e.V. dargelegten Erwerbsabsicht sei keine hinreichend bestimmte Kaufabsicht zu sehen. Eine Finanzierungsbestätigung liege nicht vor.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14.06.2012 lehnte der Beklagte die Erteilung der begehrten Abbruchgenehmigung ab. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem Objekt D-Straße 7 um ein Kulturdenkmal handele. Dazu verwies er auf eine fachliche Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) mit folgendem Inhalt:
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„Das Wohn- und Geschäftsgebäude ist sowohl aus geschichtlichen und kulturell-künstlerischen Gründen als auch aus städtebaulicher Sicht von herausragender Bedeutung. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Fachwerkbau mit massiven Erd- und ausgekragten Obergeschossen (zweifach verriegelt mit Eckstreben) unter steilem Satteldach. Mit einer mutmaßlichen Bauzeit im 17. Jahrhundert, auf die die regelmäßig angeordneten Fenster mit reich profilierten und überstabten Gewänden in der Erdgeschosszone und der inschriftlich datierte Wappenstein über dem Hauseingang (1623) hinweisen, gehört es zu den äußerst seltenen erhaltenen Zeugnissen des einst reichen Halleschen Fachwerkbestandes aus dieser Zeit. Allem Anschein nach stammt das als doppeltes Kehlbalkendach mit zweifach liegendem Stuhl konstruierte Dachwerk noch aus der Erbauungszeit des Hauses. Im Kellergeschoss sind neben offenbar jüngeren Kellern noch zwei Rundbogenpforten erhalten, die auf das 16./17. Jahrhundert bezogen werden können. Der westliche Teil des zweiten Obergeschosses mit dem Dachwerk wurde durch einen Bombenschaden im zweiten Weltkrieg zerstört, dabei kam ein Andreaskreuz zum Vorschein. Dies deutet auf eine unter jüngerem Putz erhaltene Sicht-Fachwerkkonstruktion. Aus der Wiederaufbauphase nach 1945 stammt das in einfachen Formen gehaltene westliche Drittel des ersten Obergeschosses (Dachwerk und zweites Obergeschoss hingegen erneuerte man nicht). Vermutlich im 18. Jahrhundert/um 1800 wurde dem Haus in nördlicher Richtung entlang der E-Straße ein dreigeschossiger Anbau in Fachwerkbauweise angefügt, dessen Erdgeschoss erneuerte man im 19. Jahrhundert massiv und griff bei einem dreiteiligen Fenster nach Osten die späten Renaissance-Formen der Fenster des Haupthauses auf. Ausgangs des 19. Jahrhunderts wurde das Haus im Inneren grundlegend umgebaut, unter anderem errichtete man auf der Hofseite ein neues Treppenhaus mit gewendelter Treppe (Granitstufen; Treppengeländer aus gedrechselten Rundhölzern); im Inneren wurden die Räume (u. a. für die Nutzung als Gaststätte im Erdgeschoss) dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend umgestaltet (aus dieser Zeit sind Teile der Ausstattung erhalten, im Erdgeschoss Lamberien, im Wohnzwecken dienenden Obergeschoss als Bogenarchitektur gestaltete Wandverkleidung). Eine wichtige Stellung nimmt das Haus als Wohn- und Wirkungsstätte bedeutender Persönlichkeiten und damit als authentischer Zeuge der Halleschen Stadtgeschichte ein. Erster bekannter Besitzer des Grundstücks war Mitte des 16. Jahrhunderts Andreas Grundtmann. Mit Christoph Hoffmann und Wolf Bausse folgten angesehene Bürger und Amtsträger der Stadt. 1615 erwarb der Jurist Melchior Hoffmann das Anwesen für 1500 Gulden. Hoffmann war in der bewegten Zeit zwischen 1620 und 1660 Schultheiß in Halle. Als wichtiger städtischer Beamter hatte er bedeutende Amtsgeschäfte auszuführen, unter anderem oblagen ihm Teile der Gerichtsbarkeit. Derartige Rechtsakte wurden (bis 1669) im Haus des Schultheißen verrichtet, vermutlich hier in der D-Straße. Auf diesen speziellen Zusammenhang könnte auch das (spätere über dem Eingang angebrachte) Wappen verweisen. Mit Carol Andreas Hoffmann und Christian Bieck folgten im späteren 17. Jahrhundert weitere bedeutende Amtsträger als Besitzer; später war das Haus Wohnhaus und Gaststätte: 1863 „Schlüters Kaffeehaus“, ab 1876 „Restauration zum Markgrafen“. Ab 1976 „Halberstädter Bierstube“, von 1998 bis 2007 „Marktwirtschaft“. Die besondere städtebauliche Bedeutung des Hauses resultiert aus der charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße. Entsprechend dieser Situation befand sich der Zugang in die Gastwirtschaft in der ausgenommenen Südostecke. Hier befindet sich über der Tür auch der erwähnte Wappenstein von 1623. Das Haus Nr. 7 ist nach Lage und Kubatur wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Die D-Straße zählt zu den ältesten Straßenzügen des sich seit dem 12. Jahrhundert konsolidierenden Stadtgefüges von Halle. Seit dem frühen 13. Jahrhundert ist bei der dem Kloster Neuwerk inkorporierten Pauluskapelle ein dem Adelsgeschlecht der Pruve gehörender Hof nachzuweisen. Die weitgehend noch heute bestehenden Grundstückszuschnitte und die geschlossene Bebauung beider Straßenseiten bildeten sich im Verlauf des 14./15. Jahrhunderts heraus. Aufgrund der zahlreichen Nennungen von hier gelegenen Häusern in den Halleschen Schöffenbüchern, den Grundstücksgrößen und der markanten Lage ist von Anfang an auf Besitzer aus der gut situierten Bürgerschaft zu schließen. Der wohlhabende Charakter der Straße wird anhand der Besitzer- und Bewohnergeschichte der Häuser illustriert, lässt bzw. ließ sich aber vor allem an der qualitätvollen, teilweise sehr aufwendigen Bausubstanz ablesen, von der heute nur noch Teile erhalten sind. Neben Nr. 12 auf der südlichen Straßenseite ist vor allem der letzte zusammenhängende Abschnitt auf der Nordseite mit den Häusern Nr. 5, 6 und 7 hervorzuheben.“
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Ferner führte er aus: Die gesetzlichen Schutzgründe und die Denkmalwertigkeit seien objektive Kriterien, die unabhängig von dem jeweiligen Erhaltungszustand des Bewertungsobjektes denkmalfachlich einzuschätzen seien. Die Denkmaleigenschaft sei durch das Denkmalfachamt verbindlich festgestellt worden. Es handele sich bei dem Objekt sowohl um ein Baudenkmal sowie um den Bestandteil des Denkmalbereichs D-Straße. Der Bauzustand sei dabei unerheblich oder bestenfalls nur insoweit relevant, wie durch Schäden oder Auflösungen des überlieferten Zusammenhangs die historische Aussagekraft der Substanz erheblich reduziert werde oder verloren ginge. Von diesem Zustand sei das Gebäude D-Straße 7 weit entfernt. Aus den vorgelegten Gutachten gehe hervor, dass von dem jetzigen Bauwerk die massiven Bauteile des Erdgeschosses, das gesamte Treppenhaus, das Dachwerk sowie die straßenseitigen Fassaden mit den einbindenden Konstruktionsteilen erhalten und repariert werden könnten. Abschließende Aussagen zum Schädigungsumfang seien darum nicht möglich. Daher sei nicht abschließend festzustellen, wie groß der erforderliche Austausch von Bauteilen tatsächlich sein werde. Die vorgelegten Gutachten bescheinigten den Gebäuden zwar einen zunehmenden Verfallsprozess und eine partielle Einsturzgefährdung in den einzelnen Gebäudebereichen, bei denen eine mittelfristige Dringlichkeit des Abbruchs aus statischen Gründen als erforderlich angesehen werde. Die zwingende Notwendigkeit eines vollständigen Abbruchs des Kulturdenkmals, aus dem sich ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung auf Grundlage des § 10 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA ergeben könnte, folge daraus nicht.
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Der Kläger habe die geltend gemachte wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht ausreichend nachgewiesen. Er könne sich nicht auf die Belastung mit hören Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht worden seien, dass Erhaltungsmaßnahmen an dem Wohn- und Geschäftsgebäude dem Denkmalschutzgesetz zuwider unterblieben seien. Bei regelmäßiger Pflege und Instandsetzung des Kulturdenkmals wären die jetzigen Gebäudeschäden in diesem Umfang und Ausmaß vermeidbar gewesen. Zwar sei der Kläger nicht verantwortlich für die jahrelang unterlassenen Maßnahmen, weil er das Kulturdenkmal erst im Jahre 2011 erworben habe. Er müsse sich allerdings den Reparaturstau der Voreigentümer zurechnen lassen, weil der bauliche Zustand des Gebäudes und die denkmalrechtlichen Bindungen sich maßgeblich auf den Kaufpreis niedergeschlagen hätten. Eine Übertragung des Eigentums an einem stark sanierungsbedürftigen Kulturdenkmal könne und dürfe nicht dazu führen, sich der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA zu entziehen. Außerdem habe der Kläger die ihm obliegende Mitwirkungspflicht verletzt, weil er in Betracht kommende öffentliche Zuwendungen für die Denkmalerhaltung bei den zuständigen Stellen nicht beantragt habe. Eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für denkmalgerechte und denkmalpflegerische Erhaltungsmaßnahmen sei hier sehr wahrscheinlich. Derjenige, der „sehenden Auges“ ein instandsetzungsbedürftiges Denkmal erwerbe, könne sich wegen der zu diesem Zeitpunkt ersichtlichen Instandsetzungskosten nicht auf die Unzumutbarkeit des Erhalts berufen.
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Hiergegen hat der Kläger am 04.07.2012 beim Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Anlagen zu seinem Abbruchantrag verweisen und diese vertieft.
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Das Verwaltungsgericht hat zum Bauzustand des Gebäudes D-Straße 7 Beweis erhoben und dazu ein Sachverständigengutachten des Dipl. lng. (...) aus W-Stadt vom 06.09.2013 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dieses Gutachten verwiesen.
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Zu dem eingeholten Gutachten hat der Beigeladene zu 1) sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend geäußert, dass die vom gerichtlichen Sachverständigen vorgeschlagene Variante 1 belege, dass das Objekt auch nach einer Sanierung authentisch erlebt werden könnte. Danach ermögliche eine räumliche Stahlkonstruktion ab Oberkante Erdegeschoss bis zur Dachtraufe neue Zwischendecken und die Aufhängung der Fachwerkfassaden unter Verbleib des vorhandenen Daches. Die hauptsächlichen Massivwände im Keller- und Erdgeschoss seien nach dem gerichtlichen Gutachten standsicher. Auch der Dachstuhl habe danach eine „relativ gute Qualität“. Welche Holzbauteile zu ersetzen seien, könne erst während der Sanierung festgestellt werden.
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Mit Urteil vom 29.10.2013 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 14.06.2012 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Abbruchgenehmigung für das Gebäude D-Straße 7 in Halle gemäß seinem Antrag vom 16.12.2011 zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung der begehrten denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung aus § 10 Abs. 1 und 2 DenkmSchG LSA. Für den begehrten Abbruch des Gebäudes sei nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung erforderlich. Dies gelte nach Überzeugung der Kammer auch dann, wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung wegen Wegfalls der Denkmaleigenschaft bestehe.
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Es sei zwar davon auszugehen, dass es sich bei dem Gebäude ursprünglich um ein Baudenkmal gehandelt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fehle dem strittigen Gebäude nunmehr aber die erforderliche Denkmalwürdigkeit. Konstituierend für den Denkmalstatus sei der durch die Bausubstanz getragene dokumentarische Wert; dieser Aussagewert ginge im Falle einer – wie auch immer gearteten – sinnvollen Nutzung des Objekts nach einer allumfassend notwendigen Sanierung verloren. Die Wiederherstellung des Gebäudes in einen sinnvollen benutzbaren Zustand käme nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einer Neuerrichtung gleich. Dies belege das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten. Nach der Begutachtung des Bausachverständigen sei das Gebäude nach der gebotenen Gesamtschau rettungslos abgängig, weil ohne Sanierung der Verlust des insgesamt nicht mehr standsicheren Gebäudes zu erwarten sei. Die Wiederherstellung des Gebäudes – auch unter Verwendung noch gebrauchstauglicher Bauteile – sei nach Aussage des Gutachters wie eine Neuerrichtung zu werten. Das Gericht sehe keinen Anlass, an dem Ergebnis des Gutachtens zu zweifeln. Auch das vom Kläger vorgelegten Gutachten über den Zustand der hölzernen Konstruktionsteile habe die Empfehlung enthalten, sämtliche Holzbauteile im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss der gesamten Hofhälfte des Hauptgebäudes zu entfernen. Hier bestehe Einsturzgefahr, die sich zum Teil bereits realisiert habe. Bei den theoretisch noch sanierungsfähigen Resthölzern der straßenseitigen Hälfte werde eine Sanierung nicht mehr für sinnvoll und wirtschaftlich „kaum noch vertretbar“ erachtet. Die Befunde im zweiten Obergeschoss seien vergleichbar. Im Dachbereich seien Pilz- und Insektenschäden hauptsächlich an den horizontalen Bauteilen vorhanden.
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Mit der erforderlichen Sanierung gehe die Identität des Gebäudes als Baudenkmal verloren. Nach der Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) bildeten die Gestaltung der Fassade und die Konstruktion der Decken im Stockwerksbau einen logischen funktionalen, konstruktiven und gestalterischen Zusammenhang in wechselseitiger Abhängigkeit. Daher sei es nicht möglich, diesen bei solchen Eingriffen grundlegend aufzulösen, ohne die Denkmaleigenschaft zu verlieren. Das Gleiche gelte auch für seine Eigenschaft als Teil des Denkmalbereichs im Sanierungsgebiet „Historischer Altstadtkern“ Als „Abbruchobjekt“ könnten auch die Fassaden und das Dach nach der erforderlichen Sanierung ihre Schutzaussage nicht mehr treffen. Auch verliere die stadtgeschichtliche Bedeutung der Besitzergeschichte ihren Aussagewert für den Denkmalbereich Altstadt. Die Bausubstanz sei hierfür der Anknüpfungspunkt. Das Objekt sei rettungslos abgängig und nach seiner Wiederherstellung nur noch eine Kopie des Originals. Die Kammer verkenne nicht, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorbringen des beigeladenen Fachamtes mit den heutigen technischen Möglichkeiten (Einziehung von Stahlträgern) einzelne Bauteile erhalten werden könnten und das Denkmal nach Auffassung des beigeladenen Fachamtes in der Form der Sanierungsvariante 1 noch erlebbar sei. Zum einen setze sich das Fachamt insoweit aber in Widerspruch zu seiner Stellungnahme vom 07.05.2012, wonach konstituierend für die Denkmaleigenschaft die dreidimensionale Fachwerktragkonstruktion sei. Zum anderen wäre die Sanierung des Objekts auch nach dieser Variante in der Gesamtschau wie die Wiederherstellung einer Kopie des Originals zu werten. Die Zwischendecken und die Fachwerkfassaden wären im Ergebnis nur Nachbildungen. Der Gutachter habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass alle weiteren Außenwandflächen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in den Zustand statischer Sicherheit zu bringen seien.
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Der Kläger könne die Erteilung der beantragten Abbrucherlaubnis auch deshalb beanspruchen, weil ihm die Erhaltung des Gebäudes angesichts des desolaten Bauzustands wirtschaftlich nicht mehr zumutbar sei. Für den Kläger sei die Erhaltung des Denkmals wie es „stehe und liege“ unzumutbar. Es handele sich dabei um ein bloßes Denkmal, ohne dass ein Eigentümer irgendeinen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Grundstück erzielen könne. Ohne Abbruch oder Sanierung des Gebäudes sei das Grundstück wertlos. Gleichwohl sei der Kläger mit Unterhaltungsaufwand belastet. Kein vernünftig und wirtschaftlich handelnder Eigentümer würde das Gebäude für die veranschlagten ca. 2,25 bis 3,1 Mio € sanieren, um ein Gebäude mit einem Verkehrswert von ca. 760.000,00 € zu schaffen. Auch würde ein solcher Eigentümer nicht jährliche Finanzierungskosten von ca. 80.000,00 € aufwenden, um einen Jahresreinertrag von ca. 42.000,00 € zu erzielen. Das Gericht lege dabei die von dem Kläger angegebenen plausiblen Beträge zu Grunde, die von den anderen Beteiligten nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden und auch nach dem Gutachten des Bausachverständigen nicht in Frage zu stellen seien. Nach dem Sachverständigengutachten handele es sich „aus technischer Sicht“ um ein Abrissobjekt. Bedingung für die weitere Nutzung des Objekts sei nach seiner gutachterlichen Einschätzung eine statisch sichere Grundkonstruktion, die finanziell einem Neubau entspreche. Denkmalfachliche Mehraufwendungen für den Erhalt einzelner Bauteile kämen noch hinzu. Der Kläger habe unbestritten geltend gemacht, dass er Fördermittel nicht erhalten könne. Der Umstand, dass der Kläger „sehenden Auges“ ein denkmalfähiges Objekt erworben habe, führe auch zu keiner anderen Bewertung.
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Der Beklagte könne die Verweigerung der Abbruchgenehmigung auch nicht auf § 10 Abs. 6 DenkmSchG stützen. Danach dürfen Eingriffe in ein Kulturdenkmal, die es seiner Denkmalqualität berauben oder zu seiner Zerstörung führen, nur genehmigt werden, wenn alle Möglichkeiten einer Erhaltung ausgeschöpft seien. Aufgrund dieser Vorschrift könne vom Kläger nicht verlangt werden, dass er einen derartigen Nachweis erbringe. Auch der Beklagte habe einen solchen Nachweis nicht erbracht. Er könne sich allenfalls auf das verbindliche Kaufangebot des Arbeitskreises Innenstadt e.V. berufen. Der Arbeitskreis könne möglicherweise einen angemessenen Kaufpreis für das Grundstück durch Spenden aufbringen. Wie er aber die Mittel für den Erhalt des Denkmals beschaffen wolle, bleibe offen.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 23.06.2014 die Berufung zugelassen, die der Beklagte wie folgt begründet hat:
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Das Verwaltungsgericht hätte auf der Grundlage seiner Annahme, dass das Gebäude D-Straße 7 kein Kulturdenkmal (mehr) sei, den Hauptantrag des Klägers bereits aus diesem Grunde abweisen müssen, da eine Klage auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zum Abbruch eines Gebäudes, das kein Denkmal sei, unbegründet sei. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA sei das Vorliegen eines Kulturdenkmals zwingende Voraussetzung für eine denkmalrechtliche Abrissgenehmigung. Bei dem Gebäude D-Straße Nr. 7 in Halle handle es sich im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts nach wie vor um ein Kulturdenkmal. Nach den fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) vom 24.01.2012 und vom 05.12.2013 besitze das Wohn- und Geschäftshaus sowohl Denkmalfähigkeit als auch Denkmalwürdigkeit. Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sei nicht wegen seines derzeitigen Bauzustandes entfallen. Es sei noch nicht so weit zerstört, dass es keine Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge dokumentieren könne. Aus der denkmalfachlichen Stellungnahme des Beigeladenen zu 1), die er zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts eingeholt habe, ergebe sich, dass der markante Eckbau nach wie vor beredet die Bau- und Nutzungsgeschichte und die Umbaugeschichte des 19. Jahrhunderts vermittle. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts entfalle die Denkmaleigenschaft des Gebäudes D-Straße 7 auch nicht nach Durchführung von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen. Die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustands des Gebäudes komme nicht einer Neuerrichtung gleich. Dies lasse sich aus den gerichtlichen Sachverständigengutachten nicht ableiten. Dazu verweise er auf ein von ihm eingeholtes Gutachten. Nach diesem Gutachten beschreibe das gerichtliche Gutachten den Baubestand unvollständig und lasse Angaben zur Instandsetzung des Denkmals völlig vermissen. Auch das Gutachten des Dipl-Ing. (FH) (...) über den Zustand der hölzernen Konstruktionsteile sei nicht geeignet, Beweis zu erbringen über den Umfang des zu erwartenden Verlustes an hölzernen Konstruktionsteilen. Auf der Grundlage des gerichtlichen Gutachtens könne die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustandes des Gebäudes auch nicht wie eine Neuerrichtung gewertet werden. Bei der Verwirklichung der Variante 1 des Gutachtens blieben das Keller- und Erdgeschossmauerwerk sowie das Dach erhalten. Nach Einzug neuer Zwischendecken, deren Höhe adäquat dem Bestand sein müsse, könnten auch reparierte Fachwerkfassaden wieder integriert werden. Auch nach einer solchen Sanierung sei nach der Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) vom 05.12.2013 die verbliebene Bausubstanz des Gebäude D-Straße 7 noch ausreichend, um die geschichtliche Bedeutung des Denkmals anschaulich zu dokumentieren. Die zu ersetzenden Teile wären nicht denkmalkonstituierend, würden aber die Aussagekraft der authentisch überlieferten Bauteile erhöhen. Auch die herausragende kulturell-künstlerische sowie städtebauliche Bedeutung des Gebäudes blieben nach einer Sanierung erhalten. Die besondere städtebauliche Bedeutung des Hauses, die aus der charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße resultiere, bliebe durch den Erhalt der Gesamtkubatur des Eckbaus auch zukünftig erlebbar. Dem Gebäude käme auch nach den erforderlichen Instandsetzungen eine das Stadtbild bzw. den Straßenzug prägende Bedeutung zu. Auch die Eigenschaft des Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße sei nach einer Sanierung noch unverändert vorhanden. Dass die Denkmaleigenschaft zum Teil auch aus der dreidimensionalen Fachwerktragekonstruktion resultiere, bedeute nicht, dass diese nicht durch eine Reparatur wiederhergestellt werden könnte.
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Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA. Er habe schon die Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus könne sich der Kläger gem. § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten deshalb nicht berufen, weil diese dadurch verursacht worden seien, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz zuwider unterblieben seien. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger das Baudenkmal „sehenden Auges“ als instandsetzungsbedürftiges Gebäude erworben habe. Es widerspräche dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, könnte man unter Ausnutzung der aus dem schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes sich ergebenden Wertminderung ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erwerben und diesen Vorteil auf Kosten des Denkmalschutzes ohne weiteres durch Abbruch dieses Denkmals realisieren. Der Kläger habe für das Gebäude einen günstigen Preis erzielt. Er habe das Grundstück D-Straße 7 nur erworben, um es mit den ihm bereits gehörenden benachbarten Grundstücken zusammenzuführen und das ganze Areal neu mit einem Alten- und Pflegeheim zu bebauen. Für diese Maßnahme habe er von vornherein geplant, das Denkmal D-Straße 7 abzureißen. Nach dem Kaufvertragsabschluss am 28.07.2011 und direkt nach der Eigentumsumschreibung im Dezember 2011 habe er am 16.12.2011 bei dem Beklagten den Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung gestellt.
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Der Erteilung einer Abbruchgenehmigung stehe auch § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA entgegen. Es bestehe hier die Möglichkeit, das Gebäude D-Straße 7 in Halle durch den Verkauf an die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH zu erhalten. Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. habe eigens zu dem Zweck, das Gebäude zu kaufen, die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH gegründet, deren alleiniger Gesellschafter er sei. Die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH habe am 07.05.2013 ein verbindliches notarielles Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über das Grundstück D-Straße 7 in Halle abgegeben. Dieses Angebot habe noch unverändert Bestand. Der angebotene Kaufpreis belaufe sich auf 90.000,00 €. Das sei der Betrag, den das Verkehrswertgutachten als Verkehrswert für das Grundstück mit dem unsanierten Gebäude zum Stichtag 10.02.2012 ermittelt habe. Der Kläger habe laut Kaufvertrag vom 28.07.2011 einen Kaufpreis von nur 80.000,00 EUR gezahlt.
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Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass dieses Kaufangebot keine Möglichkeit der Erhaltung darstelle, weil der (...) Innenstadt e.V. nicht darlegen könne, wie er die Mittel für den Erhalt des Denkmals aufbringen wolle, sei unzutreffend. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit, dass die (...) Denkmal gGmbH das Gebäude D-Straße 7 erhalte. Der Verein könne zwar kein detailliertes Erhaltungskonzept vorlegen, dazu fehlten ihm Daten und die eindeutige Option zum Kauf. Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. sei aber ein seit Jahrzehnten in Halle etablierter Denkmalverein, dessen Ziel die Erhaltung und Sanierung von Baudenkmalen sei. Dass er dies auch in die Tat umsetze, habe er in Halle schon unter Beweis gestellt.
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Auch der Vorschlag eines Grundstückstauschs zeige, dass es weitere Möglichkeiten einer Erhaltung des Denkmals gebe.
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Der Hilfsantrag sei unbegründet. Bei dem in Rede stehenden Wohn- und Geschäftshaus handele es sich um ein Kulturdenkmal.
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Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Soweit sich der Beklagte auf die fachliche Stellungnahme des Beigeladenen zu 1) stütze, der dokumentarische Wert des Gebäudes werde durch die vorhandenen Schäden nicht geschmälert, könne dies nicht überzeugen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auf die inhaltliche Widersprüchlichkeit der diversen fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) abgestellt. Diese Widersprüche habe der Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht ausräumen können. Der Beklagte versuche zu Unrecht, die vom Verwaltungsgericht angenommene Tatsachenbasis zu widerlegen. Dazu versuche er insbesondere die Feststellungen und Aussagen des gerichtlich bestellten Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Der Beklagte habe aber weder die relevanten Beweisergebnisse noch die Beweiswürdigung substantiiert in Frage gestellt. Soweit er sich auf die Stellungnahme des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen K. beziehe, ergebe sich daraus nichts anderes. Dieser würdige lediglich isoliert das gerichtliche Gutachten. Die vom Parteigutachter K. dem gerichtlichen Sachverständigen (...) unterstellten handwerklichen Mängel existierten nicht. Das Gutachten des Sachverständigen (...) und die weiteren eingeholten Gutachten und Expertisen seien grundsätzlich geeignet, die für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Fragen zu beantworten. Dass – wie das Verwaltungsgericht selber auch angenommen habe – einzelne Bauteile noch erhalten werden könnten, ändere nichts an der gerichtlichen Würdigung des Gesamtzustandes des Gebäudes, dass eine Sanierung, selbst wenn sie bautechnisch möglich wäre, einer Neuerrichtung gleichkomme und nur noch eine Kopie des vormaligen Denkmals sei. Dieses sei denkmalrechtlich mangels ausreichender historischer Substanz nicht mehr selbständig schutzwürdig. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht darüber hinaus davon ausgegangen, dass zu seinen Gunsten die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA vorlägen. Ihm sei die Erhaltung des Gebäudes angesichts des desolaten Bauzustandes nicht mehr zumutbar. Zu Unrecht führe der Beklagte an, dass es ihm freistehe, das Gebäude zu veräußern oder einem Grundstückstausch zuzustimmen. Er würde damit vor die Wahl gestellt, entweder defizitär zu wirtschaften oder sein Eigentum aufzugeben. Wirtschaftlich werde er dadurch einer Veräußerungspflicht unterworfen. Ihm solle es damit faktisch verwehrt werden, sein Eigentum wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen. Würde das Denkmalschutzrecht eine solche Maßnahme vorsehen, würde es die Bestandsgarantie des Art. 14 GG verletzen. Eine Veräußerungspflicht sehe weder § 10 Abs. 2 noch Abs. 6 DenkmSchG LSA ausdrücklich vor. Wolle die Behörde die Eigentümerstellung des Klägers beseitigen, bestehe dafür systemimmanent nur die Möglichkeit der Enteignung gemäß § 19 DenkmSchG LSA. Das Kaufangebot der (...) Denkmal gemeinnützige GmbH sei weder ernsthaft noch zumutbar. Auch hinsichtlich des vom Beklagten vorgeschlagenen Grundstückstausches sei er nicht im Entferntesten gehalten darauf einzugehen. Es sei zu berücksichtigen, dass er ein konkretes Projekt mit einem konkreten Nutzer für ein konkretes Gebäude auf der Grundlage eines konkreten Zeitplans verfolge. Es sei nicht im Mindesten klar, inwieweit er, der gegenüber seinem Vertragspartner nicht frei sei, über den Vorhabensstandort und den Zeitplan nach Belieben einseitig und nachträglich zu disponieren, dort das gleiche Projekt zu den gleichen Konditionen realisieren könnte. Unterlassene Erhaltungsmaßnahmen könnte ihm nicht angelastet werden. Bei seinem Eigentumserwerb habe schon keine Erhaltungspflicht nach § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA mehr bestanden, da er kein Denkmal, sondern ein Abrissobjekt erworben habe. Ihm könnten die unterlassenen Erhaltungsmaßnahmen in der Zeit vor seinem Eigentumserwerb nicht angelastet werden. Er habe das Gebäude zum Verkehrswert erworben. Mit dem Verkehrswertgutachter sei er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Objekt schon im Erwerbszeitpunkt um ein Abbruchobjekt gehandelt habe. Der Kaufpreis sei so kalkuliert worden, dass Kaufpreis zuzüglich Abrisskosten in etwa dem Preis des unbebauten Grundstücks entspreche. Vorteile aus einer etwa denkmalschutzwidrig nicht durchgeführten Instandsetzung seien ihm daher nicht zugeflossen. Eventuelle Nachlässigkeiten der Voreigentümer, u.a. der Beigeladenen zu 2), die bis 2010 oder 2011 Eigentümerin des Gebäudes gewesen sei, könnten ihm nicht zum Nachteil gereichen. Auch für seit dem Erwerb eingetretene nachteilige Veränderungen sei er gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 DenkmSchG LSA nicht verantwortlich, da schon zum Zeitpunkt des Erwerbs das Gebäude kein Denkmal, sondern Abbruchobjekt gewesen sei, seien etwaige Instandsetzungsarbeiten für ihn unzumutbar. Es hätte zu keiner Zeit die Pflicht bestanden, Instandsetzungsarbeiten am Gebäude durchzuführen.
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Der Beklagte könne die Ablehnung des Abrissantrags auch nicht auf § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA stützen. Die Behörde müsse, bevor sie einen Abriss genehmigen dürfe, alle übrigen Möglichkeiten ausschöpfen. Die Behörde dürfe nicht auf solche Maßnahmen zurückgreifen, die nicht mit Art. 14 GG vereinbar seien. Dies sei aber der Fall, wenn der Beklagte ihn zum Erhalt der Bauruine oder zu deren Verkauf zwingen wolle.
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Die Beigeladene zu 1) und 2) haben sich im Berufungsverfahren geäußert, aber keine Anträge gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die Berufung ist zulässig und begründet.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung für das Gebäude D-Straße 7 in Halle gemäß seinem Antrag vom 16.12.2011. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 14.06. 2012 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Das Verwaltungsgericht hätte auf der Grundlage seiner Annahme, dass das Gebäude D-Straße 7 in Halle kein Kulturdenkmal (mehr) sei, den Hauptantrag des Klägers bereits aus diesem Grunde abweisen müssen, da eine Klage auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zum Abbruch eines Gebäudes, welches kein Denkmal ist, unbegründet ist. Anders als es das Verwaltungsgericht meint, ergibt sich aus dem DenkmSchG LSA für den Fall, dass es sich bei dem in Rede stehenden Gebäude nicht um ein Denkmal handelt, kein Anspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA bedarf einer Genehmigung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde, wer „ein Kulturdenkmal“ zerstören will. Diese Bestimmung ist dahingehend auszulegen, dass nur dann, wenn ein Kulturdenkmal zerstört werden soll, eine Genehmigung nach dem DenkmSchG LSA erforderlich ist. Nur in diesem Fall bedarf ein Gebäude des Schutzes nach Maßgabe der Regelungen in § 10 DenkmSchG. Mit der fehlenden Genehmigungspflicht korrespondiert, dass das DenkmSchG LSA keine entsprechende Rechtsgrundlage enthält, in der die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Eingriffs in ein Nichtdenkmal normiert sind. Es regelt in § 10 Abs. 1 und 2 nur, wann ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen ist. Eine vergleichbare Regelung für Gebäude, die keine Kulturdenkmale sind, enthält es nicht. Dass eine Abrissgenehmigung nach dem DenkmSchG LSA nur zu erteilen ist, wenn es sich bei dem strittigen Gebäude um ein Kulturdenkmal handelt, hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bisher auch stets angenommen (vgl. Urt. v. 15.12.2011 – 2 L 152/06 –, juris, RdNr. 54 und 91; Urt. v. 29.10.2009 – 2 L 200/07 –, juris, RdNr. 27). Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass ein Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung auch dann bestehe, wenn die Denkmaleigenschaft nachträglich weggefallen sei, lässt sich dafür im DenkmSchG LSA kein Anhaltspunkt finden. Wäre § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA auch auf solche früheren Kulturdenkmale anwendbar, wären auch für einen Eingriff in ein solches ehemaliges Kulturdenkmal die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA zu prüfen. In § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA ist der Wegfall der Denkmaleigenschaft aber nicht als Genehmigungsvoraussetzung für einen Eingriff genannt.
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Für die Erstreckung der Genehmigungspflicht auf Nicht-Kulturdenkmale besteht kein Regelungsbedürfnis. Für den betroffenen Grundstückseigentümer besteht für den Fall, dass die Denkmalschutzbehörde die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes entgegen seiner Auffassung bejaht, die rechtliche Möglichkeit einer Klärung dieser Frage. Da § 9 DenkmSchG LSA für ein Baudenkmal eine Erhaltungspflicht normiert, hat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der betroffene Eigentümer ein berechtigtes Interesse, im Wege einer Feststellungsklage vom Verwaltungsgericht die von der Denkmalschutzbehörde behauptete Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes klären zu lassen (Urt. d. Sen. vom 14.10.2004 – 2 L 454/00 –, BRS 77 Nr. 95 m.w.N.). Dieser Weg steht dem betroffenen Eigentümer auch offen, wenn er den Abbruch des Denkmals begehrt. Mit einer solchen Feststellungsklage kann er ebenso
effektiven Rechtsschutz erhalten. Hilfsweise kann er die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung beantragen.
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2. Der vom Kläger beabsichtigte Abriss des Gebäudes D-Straße 7 ist indes denkmalschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. Das Verwaltungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für das Gebäude die Denkmaleigenschaft nachträglich weggefallen ist.
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2.1 Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 DenkmSchG LSA.
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Nach § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA sind Kulturdenkmale gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit, die im öffentlichen Interesse zu erhalten sind. Öffentliches Interesse besteht, wenn Sachen von besonderer geschichtlicher, kulturell-künstlerischer, wissenschaftlicher, kultischer, technisch-wirtschaftlicher oder städtebaulicher Bedeutung sind. Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Eigenschaft einer Sache als Kulturdenkmal ihre Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit voraus. Denkmalfähig ist eine Sache, wenn einer der in § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA genannten Schutzgründe für ihre Erhaltung spricht. Denkmalwürdig ist ein Gebäude, wenn ein öffentliches Interesse besteht, das die auf einem gesetzlichen Schutzgrund beruhende Erhaltung der Sache rechtfertigt (Urt. v. 15.12.2011 a.a.O. RdNr. 55, m.w.N). Nach den fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) vom 24.01.2012 und vom 05.12.2013 besitzt das Wohn- und Geschäftshaus D-Straße 7 sowohl Denkmalfähigkeit als auch Denkmalwürdigkeit. Ihm wird sowohl aus geschichtlichen und kulturell-künstlerischen Gründen als auch aus städtebaulicher Sicht eine herausragende Bedeutung zugeschrieben. Das Gebäude ist daher als Baudenkmal im Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt eingetragen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 DenkmSchG LSA). Es ist gleichzeitig Teil des Denkmalbereiches Altstadt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA) und hier aus städtebaulichen und bau- und kunstgeschichtlichen Gründen denkmalkonstituierend für die D-Straße und die E-Straße. Die ursprüngliche Denkmaleigenschaft wird vom Kläger auch nicht ernsthaft in Frage gestellt.
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2.2 Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes D-Straße 7 ist nicht nachträglich durch Substanzverlust entfallen.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer denkmalwürdigen Sache entfallen, wenn ihre historische Substanz so weit verloren gegangen ist, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände
oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann (Urt. v. 15.12.2011, a.a.O., Juris, RdNr. 89). Das ist hier nicht der Fall. Voraussetzung dafür wäre eine sehr weitgehende Zerstörung, die bei dem Gebäude D-Straße 7 nicht gegeben ist. Insoweit wird auf die fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 1) vom 14.05.2012 und vom 05.12.2013 verwiesen. Die Frage, ob das strittige Gebäude im gegenwärtigen Zustand noch ein Kulturdenkmal sei, beantwortete der Beigeladene zu 1) in der fachlichen Stellungnahme vom 14.05.2012 wie folgt (Seite 1 f.):
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"Die Denkmalfähigkeit des Denkmals ergibt sich aus der zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich vorhandenen Bausubstanz und insbesondere aus der darin aufgehobenen geschichtlichen, kulturell-künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung. Konstitutiv für den Denkmalstatus ist der durch die Bausubstanz getragene dokumentarische Wert. Der Zustand ist dabei unerheblich oder bestenfalls nur insoweit relevant, wie durch Schäden oder Auflösungen des überlieferten Zusammenhangs die historische Aussagekraft der Substanz erheblich reduziert wird oder verloren geht – das Bauwerk also im übertragenen Sinn als Quelle unlesbar wird. Dies ist in der Denkmalspflege ein nur äußerst selten vorkommender Grenzfall, der eine sehr weitgehende Zerstörung voraussetzt. Das Gebäude D-Straße 7 ist von diesem Zustand zweifelsohne weit entfernt, der dokumentarische Wert wird durch die vorhandenen Schäden nicht geschmälert“.
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Auf Seite 2 oben der Stellungnahme vom 05.12.2013 führt der Beigeladene zu 1) aus, dass der Bau zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus denkmalfachlicher Sicht auf jeden Fall
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über die erforderliche Denkmalfähigkeit verfüge. Der markante Eckbau vermittle nach wie vor beredt die Bau- und Nutzungsgeschichte und die Umbaugeschichte des 19. Jahrhunderts. Alle Bedeutungskategorien würden auch substantiell untersetzt. Das Gebäude sei trotz des Kriegsschadens, der lediglich den westlichen Bereich des Hauses zur D-Straße betreffe, noch weitgehend erhalten. Im westlichen Teil fehlten lediglich ein Geschoss und das Satteldach. Der niedrigere Erweiterungsbau Richtung Norden sei bereits im Vorfeld des Verfahrens als substantiell abgängig erklärt worden. Es handele sich hierbei aber lediglich um einen Anbau, d. h. eine Zeitschicht, deren Verlust die Denkmalfähigkeit des Gebäudes D-Straße 7 nicht in Frage stelle (Seite 3 der Stellungnahme vom 05.12.2013). Das Haus D-Straße 7 sei substantiell erhalten. Das Gebäude verfüge zum gegenwärtigen Zeitpunkt über einen hohen Aussagewert (Seite 4 der Stellungnahme vom 05.12.2013).
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An der Richtigkeit dieser und der anderen denkmalfachlichen Aussagen des Denkmal-fachamtes zu zweifeln, besteht für den Senat kein Anlass. Das zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderliche Fachwissen vermittelt nämlich in erster Linie das beigeladene Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt als staatliche Denkmalfachbehörde. Das Gericht darf deshalb bei seiner Entscheidung die fachkundigen Stellungnahmen dieser Fachbehörde verwerten. Allein die Stellung dieser Behörde als Verfahrensbeteiligter bzw. der im Verwaltungsrechtsstreit hervortretende „Gegensatz“ des beklagten Landesamtes zur Position des Klägers vermag nicht zu belegen, dass die denkmalfachlichen Belange von der Behörde in sachwidriger Weise wahrgenommen worden sind (vgl. Urt. d. Sen. v. 15.12.2011, a.a.O. Juris RdNr, 83).
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2.3 Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes D-Straße 7 wird auch nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – nach der Durchführung von erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen entfallen.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Denkmaleigenschaft in Ausnahmefällen auch nach Durchführung von Erhaltungsarbeiten entfallen, wenn die damit verbundenen Eingriffe in das Denkmal so weit gehen, dass die Denkmalaussage verloren geht. Regelmäßig nicht zum Wegfall der Denkmaleigenschaft führt es, wenn im Laufe der Zeit lediglich Bauteile im Zuge üblicher Erhaltungsmaßnahmen ausgetauscht werden, auch wenn der überwiegende Teil der Originalsubstanz nach und nach durch Material aus der Zeit der jeweiligen Erhaltungsmaßnahmen ersetzt wird. Anders ist es nur, wenn sich der Zustand des Gebäudes infolge äußerer Einflüsse (Feuchtigkeit, lmmis-sionen, Beanspruchung der Substanz durch übliche oder übermäßige Nutzung) so stark verschlechtert hat, dass ohne eine Sanierung der Verlust des Gebäudes zu erwarten und die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustands wie eine Neuerrichtung zu werten ist (Urt. v. 15.12.2011, a.a.O., juris RdNr. 90).
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Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen würde das Gebäude D-Straße 7 nach einer erforderlichen Sanierung seine Denkmaleigenschaft nicht verlieren.
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Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass nach der vom gerichtlichen Sachverständigen für zwingend erforderlich gehaltenen Sanierung das Gebäude seine denkmalrechtliche Aussagekraft deshalb verlieren würde, weil die Wiederherstellung des Gebäudes in einen sinnvoll nutzbaren Zustand einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichkäme und nur noch als Kopie des Orginals keinen denkmalfähigen Aussagewert mehr besitze. Aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten lässt sich diese Annahme nicht herleiten.
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Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung des Beklagten, dass das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen nicht ordnungsgemäß erstellt und deshalb zumindest in seinen maßgeblichen Teilen nicht verwertbar sei. Der Senat hat keinen Anlass auch unter Berücksichtigung der Aussagen des Parteigutachters K. an der Richtigkeit der Aussagen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu zweifeln. Er ist aber der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht aus den Feststellungen des Gutachters unzutreffende rechtliche Schlüsse gezogen hat. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Der gerichtliche Sachverständige hat hinsichtlich des Zustandes und der Erhaltungsfähigkeit des Gebäudes D-Straße 7 folgende Feststellungen getroffen:
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Er sei davon ausgegangen, dass die „Erdgeschossmauern statisch/bautechnisch in Ordnung“ seien (6.13) und die wesentlichen Massivwände im Kellergeschoß und im Erdgeschoss erhalten bleiben könnten (7.2). Die Dachkonstruktion sei in jeden Fall weitestgehend gesund und könne als erhaltenswert gelten. Die moderne Bautechnik könnte auch bei Demontage der Wände den Erhalt des Daches ermöglichen. Alle Wände des Zwischenbaus West und des Hauptgebäudes seien standsicher und weiter verwendbar (6.5) Die Treppe EG=G1 im Haupthaus sei statisch eine sehr gewagte Konstruktionslösung, die heute nicht mehr gebaut werden dürfte. Sie habe ihre Eignung jedoch über Jahrzehnte ohne Rissbildung zuverlässig bewiesen (6.6). Die Innenwände seien augenscheinlich selbst tragfähig. Nicht ausreichend gewährleistet sei aber eine kraftschlüssige Verbindung zumindest einer Innenwand mit dem Außenwand-Fachwerk (6.7). Die Fachwerk-Außenwände seien statisch nicht zuverlässig sicher. Es seien großflächige Bereiche festgestellt worden, die ohne intensive Sanierung nicht mehr verwendbar seien. Die Wände der Außenfassaden könnten zwar sämtlich erhalten werden. Technisch sei Vieles möglich (6.18). Der Sachverständige hielt aber eine Überarbeitung der Wände – wie zum Beispiel den Austausch einzelner Hölzer – unter Baustellenbedingungen für kaum möglich, da die Decken nicht tragfähig und die Wände selbst nicht zuverlässig gegen Abkippen gesichert seien. Die Wände könnten allerdings ggf. komplett demontiert und in der Werkstatt restauriert werden (6.8). Im Haupthaus seien die Deckenkonstruktionen komplett zu verwerfen (6.6). Ab einschließlich der Decke über dem Erdgeschoss sei ein gefahrloses Arbeiten am Objekt nicht möglich, da befürchtet werden müsse, dass das Haus beim partiellen Austausch von Bauteilen versage (6.12). Ab Obergeschoss 1 könnten im Inneren des Gebäudes keine Bauteile erhalten werden, da auch örtlich begrenzte Sanierungsmaßnahmen die Gesamtstatik des Hauses gefährden würden (7.2).
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Aufgrund dieser Bestandsaufnahme der Bautechnik des Gebäudes D-Straße 7 kommt der Sachverständige zu dem Schluss, dass die Erhaltung des Gebäudes u.a. (als Variante 1) technisch möglich wäre. Diese Variante sieht vor, dass in das Gebäude eine räumliche Stahlkonstruktion ab Oberkante Erdgeschoss bis zur Dachtraufe eingebaut wird. Aufgrund dieser Stahlkonstruktion wäre nach Auffassung des Gutachters die Einziehung neuer Zwischendecken und die Aufhängung restaurierter Fachwerkfassaden möglich. Durch diese Stahlkonstruktion wäre auch das Dach des Gebäudes noch zu erhalten (6.19).
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Der Senat folgt dem gerichtlichen Gutachten sowohl hinsichtlich der Feststellungen über den Erhaltungszustand des Gebäudes als auch hinsichtlich der Auffassung, dass für die Erhaltung des Gebäudes D-Straße 7 als Denkmal eine umfangreiche Sanierung erforderlich sei. Der Senat kommt aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu dem Schluss, dass mit einer solchen Sanierung untrennbar solche Eingriffe in das Denkmal verbunden wären, die soweit gingen, dass das Gebäude damit seine Denkmalaussage verliert, weil es nach der Sanierung nur noch eine Kopie des ehemals vorhandenen Denkmals wäre. Diese Annahme lässt sich nach Auffassung des Senats aus dem gerichtliche Sachverständigengutachten nicht herleiten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Das Gutachten enthält nach Einschätzung des Senats zahlreiche Bewertungen des Gebäudes D-Straße 7, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
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Aus der technischen Sicht des Statikers sei das Haus ein Abrissobjekt. Die entsprechende Menge Geld und Herzeblut, ein fähiger Architekt und eine für die Beteiligten sinnvolle Nutzungslösung dürften aber gegen diesen gefühlsarmen Standpunkt des Ingenieurs gerne in die andre Waagschale geworfen werden (6.19, 2. Absatz).
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Hinsichtlich möglicher Sanierungsvarianten kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass sich die spätere Nutzung auf die Erhaltung des Straßenbildes reduziere und damit auf keine bauphysikalischen Anforderungen. Er ist auch der Auffassung, dass das Objekt bei einer Sanierung seiner Grundstatik vollständig beraubt werde. Erhaltungswürdige Bauteile könnten entfernt und anschließend in ein zuverlässiges Statiksystem wieder integriert werden (6.12). Eine Kostenschätzung sei unter Berücksichtigung der Komplexität der maßgeblichen Einflussfaktoren auch für den Sachverständigen zum jetzigen Zeitpunkt absolut unmöglich. Es dürfe aber davon ausgegangen werden, dass eine Sanierungslösung eine sehr langwierige und aufwändige Geschichte sein werde. Der Geldfluss werde auch seinen Stempel dazu aufdrücken wollen (6.20). Bedingung für eine weitere Nutzung des Objektes sei aber eine statisch sichere Grundkonstruktion, die finanziell einem Neubau entspreche. Die Rettung und Weiterverwendung von beispielsweise Fassadenelementen verursache zusätzliche Kosten (7.3).
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Die Frage 1 des verwaltungsgerichtlichen Beweisbeschlusses, ob ohne Sanierung des Objektes D-Straße 7 mit seinen drei Gebäudeteilen bestehend aus dem dreigeschossigen Hauptgebäude, dem zweigeschossigen "Westzwischenbau" mit Flachdach und dem nördlichen Nebengebäude in Halle der Verlust des Gebäudes zu erwarten und die Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustandes wie eine Neuerrichtung zu werten sei, beantwortet der Gutachter wie folgt:
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Dem Sachverständigen für Schäden an Gebäuden obliege es nicht zu beurteilen, ob ein Gebäude wegen der Erwähnungshäufigkeit in der Stadtchronik kulturhistorisch unbedingt "gerettet" werden müsse und Aufwand und Mühe dazu nicht gescheut werden dürften. Er könne jedoch nach dem zweitägigen Ortstermin einschätzen, dass eine Reparatur/Sanierung nur unter der Aussicht erfolgen könne, dass anschließend nur noch einzelne Bauteile/Baugruppen dem Besucher wieder zugänglich seien. Diese könnten in das spätere Gesamtkonzept derart eingebunden werden, dass sie demontiert und außerorts repariert und in ein zwischenzeitlich neu errichtetes Grundgebäude später wieder integriert werden könnten. Nur so sei noch tauglich gebliebene Bausubstanz für nachfolgende Generationen erhaltbar. Nur so seien die Anforderungen an die Standsicherheit und die Mindestanforderungen an die Bauphysik derart zu erfüllen, dass das Haus auch in der Moderne Menschen beherbergen könne.
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Auf der Grundlage dieser Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen kommt der Senat zu dem Schluss, dass der Gutachter eine bauphysikalische Sanierung des strittigen Gebäudes technisch für möglich hält, vom baulichen Aufwand und von den Kosten her diese Sanierung aber wirtschaftlich einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichstellt. Daraus kann aber nicht – wie es das Verwaltungsgericht getan hat – hergeleitet werden, dass das Gebäude D-Straße 7 nach einer Sanierung denkmalfachlich nur noch die Kopie eines Denkmals wäre.
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Ob ein Gebäude nach einer erforderlichen Sanierung noch die Denkmalaussage enthält, die es vor der Sanierung enthalten hat, ist nämlich weder vom bautechnischen Aufwand noch von den damit verbundenen Kosten her, sondern allein aus denkmalfachlicher Sicht zu beurteilen (vgl. auch Urt. d. Sen. v. 14.10.2004, a.a.O.). Gerade zu dieser Frage macht der gerichtliche Sachverständige keine Aussagen, da er sich als „Sachverständiger für Bauschäden an Gebäuden“ mit Recht nicht für kompetent hält, zu dieser denkmalfachlichen Frage verlässliche Aussagen zu treffen. Dementsprechend hat der Gutachter in seinem Gutachten auch festgestellt, dass er seinen Auftrag ausschließlich in der technischen Bewertung des Gebäudes gesehen habe (6.19, 1. Absatz).
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Zutreffend weist der Beklagte hingegen darauf hin, dass es für die Beurteilung, ob die Identität eines Denkmals durch notwendige Sanierungsmaßnahmen noch erhalten bleibt, allein darauf ankommt, ob die Merkmale, welche die Denkmaleigenschaft begründeten, nach einer Sanierung noch vorhanden sind oder nicht. Von einem solchen denkmalfachlichen Identitätsverlust kann dann nicht ausgegangen werden, wenn das Denkmal nach der Durchführung erhaltensnotwendiger Renovierungsarbeiten mit seinem historischen Dokumentationswert und mit den die Denkmaleigenschaft begründenden Merkmalen im Wesentlichen noch vorhanden ist und die ihm zugedachte Funktion, Aussagen über bestimmte Vorgänge oder Zustände geschichtlicher Art zu dokumentieren, noch erfüllen kann. Die Beantwortung der Frage, ob die Denkmaleigenschaft eines Baudenkmals entfallen ist, muss daher von den Gründen der Unterschutzstellung ausgehen und prüfen, ob die hierfür maßgeblichen Teile des Gebäudes in einem solchen Umfang zerstört worden oder sonst weggefallen sind, dass die verbliebene historische Substanz keinen Zeugniswert mehr besitzt (vgl. OVG NRW, Urt. v. 12.09.2006 – 10 A 1541/05 –, NWVBl. 2007, S.107 und Urt. v. 26.08.2008 – 10 A 3250/07 –, NWVBI. 2009, S.17; Urt. des Sen. v. 15.12.2011, a.a.O. juris RdNr.90).
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Ausgehend davon kommt der Beigeladene zu 1) als die Stelle, die über das für die denkmalschutzrechtliche Beurteilung erforderliche Fachwissen verfügt, zu dem Ergebnis, dass auch im Falle einer Sanierung – auch nach der vom Gutachter vorgeschlagenen Sanierungsvariante 1 – der verbleibenden historischen Substanz des Gebäudes D-Straße Nr. 7 noch ein so ausreichender Zeugniswert zukommt, dass sie weiter die Denkmaleigenschaft des Gebäudes begründen könne.
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In seiner Stellungnahme vom 05.12.2013 zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beigeladene zu 1) dazu Folgendes ausgeführt:
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Die Gründe der Unterschutzstellung des Gebäudes D-Straße 7 lägen in seiner geschichtlichen, kulturell-künstlerischen sowie städtebaulichen Bedeutung. Zudem sei das Gebäude nach Lage und Kubatur wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Danach nehme das Haus eine wichtige Stellung als Wohn- und Wirkungsstätte bedeutender Persönlichkeiten und damit als authentischer Zeuge der Halleschen Stadtgeschichte ein.
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Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass das Gebäude seine stadtgeschichtliche Bedeutung sowie den Aussagewert für den Denkmalbereich Altstadt deshalb verlieren werde, weil die Substanz des Gebäudes bis auf Rudimente nahezu gänzlich erneuert werden müsse, trifft dies schon nicht zu. Nach dem gerichtlichen Gutachten des Sachverständigen (...) könnten bei Zugrundelegung von Variante 1 Keller- und Erdgeschoss, Teile der Fachwerkkonstruktion, das Treppenhaus sowie gesamte Dach erhalten bleiben. In seiner denkmalfachlichen Stellungnahme zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 05.12.2013 führt der Beigeladene zu 1) aus, dass die verbleibende Bausubstanz ausreichend sei, um die geschichtliche Bedeutung, d.h. die wechselvolle Besitzergeschichte, anschaulich zu dokumentieren. Denn Teile des Erdgeschosses mit den Sandsteingewänden seien bauzeitlich, das Wappen von 1631 brandenburgischer Provenienz berichte über nachfolgende Eigentümer und der Umbau der Ecksituation des Eingangs gebe von jüngerer Geschichte authentisch Auskunft. Das Dach stehe wiederum als Zeugnis der Bauzeit (Stellungnahme, Seite 9). Weiter führt der Beigeladene zu 1) aus, dass eine denkmalgerechte Wiederherstellung, die hier vor allem auf den material-, werk- und formgerechten Austausch und die Ergänzung von Hölzern hinauslaufe, nicht als Kopie zu bewerten sei. Die zu ersetzenden Teile seien zwar nicht denkmalkonstituierend, erhöhten aber als präzise Kopie die Aussagekraft der authentisch überlieferten Bauteile (Stellungnahme, Seite 7).
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Auch seine herausragende kulturell-künstlerische sowie städtebauliche Bedeutung bliebe erhalten. Zu der kulturell-künstlerischen (bau- und kunstgeschichtliche) Bedeutung hat der Beigeladene zu 1) in seiner fachlichen Stellungnahme vom 24.01.2012 ausgeführt, dass es sich bei dem Gebäude um einen dreigeschossigen Fachwerkbau mit massivem Erd- und ausgekragten Obergeschossen (zweifach verriegelt mit Eckstreben) unter steilem Satteldach handele. Mit einer mutmaßlichen Bauzeit im 17. Jahrhundert gehöre es zu den äußerst selten erhaltenen Zeugnissen des einst reichen Halleschen Fachwerkbestands aus dieser Zeit. Allem Anschein nach stamme auch das als doppeltes Kehlbalkendach mit zweifach liegendem Stuhl konstruierte Dachwerk noch aus der Erbauungszeit des Hauses. Im Kellergeschoss seien neben offenbar jüngeren Kellern noch zwei Rundbogenpforten erhalten, die auf das 16./17. Jahrhundert bezogen werden könnten. In seiner Stellungnahme zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 05.12.2013 weist der Beigeladene zu 1) auch darauf hin, dass es sich hier um eine Baugattung in Halle handle, die als schon weitgehend vergangenes bauliches Erbe bezeichnet werden könne, so dass auch mit reduzierter Substanz ein erheblicher Aussagewert der erhaltungsfähigen Substanz des Denkmals erhalten bliebe (Stellungnahme, Seite 6). Die bau- und kunstgeschichtliche Bedeutung bliebe durch die massiven Bauteile einschließlich der Rundbogenpforten im Keller, die Sandsteingewände und Mauern im Erdgeschoss, das Wappen brandenburgischer Provenienz, den erhaltungsfähigen Fachwerkteilen, dem massiven Treppenhaus und dem wohl bauzeitlichen Dachstuhl erhalten. Damit wäre eines von den nur noch ganz wenigen Fachwerkhäusern in Halles Innenstadt erhalten und als Zeugnis erlebbar. Die besondere städtebauliche Bedeutung des Hauses resultiere aus der charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße. Insoweit weist der Beigeladene zu 1) darauf hin, dass durch den Erhalt der Gesamtkubatur der Eckbau auch zukünftig erlebbar bleibe. Dem Gebäude käme auf jeden Fall auch nach den erforderlichen Instandsetzungen eine das Stadtbild bzw. den Straßenzug prägende Bedeutung zu. Schließlich entfalle aus den vorstehenden Gründen auch nicht die Eigenschaft des Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Das Gebäude D-Straße 7 hätte somit auch nach einer erforderlichen Sanierung noch einen ausreichenden Zeugniswert, um die geschichtliche, kulturell-künstlerische sowie städtebauliche Bedeutung zu dokumentieren.
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Diese Aussagen des Fachamtes werden vom Kläger nicht substantiell in Frage gestellt.
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Er macht sich insoweit lediglich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil zu Eigen. Dieser Begründung vermag der Senat allerdings nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht stützt seine gegenteilige Auffassung maßgeblich nur darauf, dass nach einer Sanierung, wie sie der gerichtliche Gutachter vorgeschlagen habe, die Zwischendecken und die Fachwerkfassaden im Ergebnis nur Nachbildungen wären und die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion, die nach der Stellungnahme des beigeladenen Fachamtes vom 07.05.2012 konstituierend für die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sei, nicht mehr vorhanden wäre. Die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion ist allenfalls für die kulturell-künstlerische oder die architekturgeschichtliche nicht hingegen für die stadtgeschichtliche und die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes denkmalkonstitutiv.
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Die geschichtliche Bedeutungskategorie eines Denkmalschutzes ist erfüllt, wenn ein Bauwerk historische Ereignisse oder Entwicklungen anschaulich macht. Die geschichtliche Bedeutung ist dadurch gekennzeichnet, dass durch das Schutzobjekt (heimat-) geschichtliche Entwicklungen deutlich gemacht werden („Aussagewert“), dass ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder als Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter „Erinnerungswert" beizumessen ist oder dass es einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, kulturellen oder sozialen Verhältnissen seiner Zeit herstellt („Assoziationswert"). Dabei ist die geschichtliche Bedeutung nicht auf übergeordnete oder besonders bedeutsame Entwicklungen oder Verhältnisse beschränkt. Sie umfasst vielmehr auch Gegenstände des Denkmalschutzes, die nur für einzelne Wissenschaftsdisziplinen (z. B. Kirchengeschichte, Baugeschichte, Kunstgeschichte) oder für die Regionalgeschichte, Heimatgeschichte oder Stadtgeschichte von Bedeutung sind. Entscheidend ist letztlich der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjektes als eines Zeugnisses der Vergangenheit (Urt. d. Sen. v. 15.12.2011, a. a. O. juris RdNr. 56, m.w.N.). Eine Bedeutung für die Geschichte des Menschen hat ein Objekt deshalb nicht nur dann, wenn es wegen seiner außergewöhnlichen Bauweise einen architekturgeschichtlichen Aussagewert hat, sondern auch dann, wenn es einen besonderen Aussagewert für das Leben bestimmter Zeitepochen sowie für die politischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse und Geschehensabläufe hat. Diese Bedeutung kann aus allen Zweigen der Geschichte hergeleitet werden (vgl. OVG NRW, Urt. v. 07.03.2005, a.a.O. juris RdNr. 45, m.w.N.).
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Die geschichtliche Bedeutung des strittigen Gebäudes leitet das beigeladene Fachamt hier nicht etwa aus seiner Qualität als Zeitdokument der Architekturgeschichte her, sondern – wie dargelegt – aus der stadtgeschichtliche wichtigen Stellung als Wohn- und Wirkungsstätte bedeutender Persönlichkeiten und damit als authentisches Zeugnis der Halleschen Stadtgeschichte. Dass das Gebäude mit einer veränderten oder wiederhergestellten Fachwerktragekonstruktion diesen stadtgeschichtlichen Aussagewert nicht mehr erfüllen könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
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Ebenso wenig vermag der Senat zu erkennen, dass die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes D-Straße 7 von dem unveränderten Erhalt der dreidimensionalen Fachwerktragekonstruktion abhängig ist. Einer Sache kommt eine besondere städtebauliche Bedeutung zu, wenn sie durch ihre Anordnung oder Lage in der Örtlichkeit, durch ihre Gestaltung für sich allein oder in Verbindung mit anderen Anlagen den historischen Entwicklungsprozess einer Stadt in nicht unerheblicher Weise dokumentiert (vgl. OVG NRW, Urt. v. 12.09.2006 a.a.O. juris, RdNr. 52, m.w.N).
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Städtebauliche Gründe, die für den Erhalt eines Denkmals sprechen, sind gegeben, wenn das Objekt in seinem konkreten Bestand aus der ihm innewohnenden funktionalen Einbindung in die gegebene städtebauliche bzw. siedlungsbezogene Situation nicht herausgelöst werden kann, ohne zugleich die erhaltenswerte Situation in ihrer denkmalrechtlich relevanten Aussagekraft wesentlich zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören (vgl. OVG NRW Urt. v. 12.09.2006, a.a.O. juris RdNr. 55, m.w.N.). Städtebauliche Gründe lassen daher die Erhaltung und Nutzung eines Objektes geboten erscheinen, wenn ihm als historischem Bestandteil einer konkreten städtebaulichen Situation eine wünschenswerte stadtbildprägende Bedeutung zukommt, so dass es aus Gründen der Stadtgestaltung und wegen des Stadtbildes als Verlust empfunden würde, wenn es seine Prägung in seiner Eigenart als überlieferter baulicher Bestand nicht mehr wie bisher entfalten würde (Urt. d. Sen. v. 15.12.2011, a.a.O. juris RdNr. 57, m.w.N.).
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Die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes D-Straße 7 leitet sich – wie dargelegt – zum einen aus seiner charakteristischen Ecklage D-Straße/E-Straße und zum anderen daraus her, dass durch den Erhalt der Gesamtkubatur der Eckbau auch künftig erlebbar bleiben werde. Auch insoweit spielt die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion für die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes D-Straße 7 keine Rolle.
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Das Gebäude D-Straße 7 ist darüber hinaus nach den Aussagen des beigeladenen Fachamtes wegen seiner Lage und Kubatur wesentlicher Bestandteil des Denkmalbereiches D-Straße. Auch insoweit vermag der Senat nicht zu erkennen, inwieweit die dreidimensionale Fachwerktragekonstruktion denkmalkonstitutiv ist.
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Liegt aber nur einer der in § 2 Abs.1 Satz 2 DenkmSchG LSA genannten Gründe, der für die Erhaltung einer Sache spricht, weiterhin vor, dann verliert die Sache nicht ihre Eigenschaft als Kulturdenkmal (vgl. Urt. d. Sen. v. 14.10.2004 a.a.O. juris RdNr. 27).
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3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA. Danach ist ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen, wenn die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Verpflichteten unzumutbar belastet.
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3.1 Bei der Beantwortung dieser Frage ist nach Auffassung des Senats im Urteil vom 15.12.2011 (a.a.O. juris RdNr. 93 ff.) von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 82
„Für die Frage, ob die Erhaltung eines Denkmals dem Eigentümer wirtschaftlich zumutbar ist, ist in erster Linie von Bedeutung, ob dem Eigentümer – ungeachtet finanzieller Folgelasten – überhaupt angesonnen werden darf, das Kulturdenkmal in seiner Substanz zu erhalten. Das ist zu verneinen, wenn er es nicht mehr sinnvoll nutzen kann, weil es „nur noch Denkmal“ ist und damit ausschließlich dem Wohl der Allgemeinheit dient. Im Übrigen ist die Zumutbarkeit anhand eines Vergleichs der voraussichtlichen Investitions- und Bewirtschaftungskosten sowie der möglichen Nutzungserträge zu beurteilen. Dabei kommt es nicht auf die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Eigentümers an, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt (vgl. Beschl. d. Senats v. 22.02.2005 – 2 L 23/02 –; BayVGH, Urt. v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 –, BayVBl 2011, 303; VGH BW, Urt. v. 11.11.1999 – 1 S 413/99 –, BRS 62 Nr. 220). „Andere Einkünfte“ des Denkmaleigentümers können aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht herangezogen werden, auch wenn § 10 Abs. 4 Satz 2 DenkmSchG LSA diese Möglichkeit offen lässt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 02.03.1999 – 1 BvL 7/91 –, BVerfGE 100, 226) können Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude zwar nur in eingeschränktem Umfang einfordern, deren Erträgnisse müssten ihnen zur Grundlage einer selbstbestimmten Lebensführung dienen können. Diese Einschränkung darf allerdings nicht so weit gehen, dass das Denkmal bloßes Zuschussobjekt ist oder überhaupt keine Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, welche als – noch – wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 24.03.2003 – 1 L 601/97 –, BRS 66 Nr. 211; OVG NW, Urt. v. 20.03.2009 – 10 A 1406/08 –, Juris). Entscheidend ist, ob sich das Objekt „selbst trägt“ (vgl. BayVGH, Urt. v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 –, BRS 71 Nr. 200, RdNr. 75). Eine Baukostenvergleichsberechnung, mit der die Sanierungskosten den Abbruch- und Neubaukosten gegenübergestellt wird, ist hingegen nicht geeignet ist, die Zumutbarkeitsfrage zu beantworten. Eine solche gibt für die Frage, welche Belastung auf den Denkmaleigentümer bei Versagung der Abbruchgenehmigung und damit der Sanierung seines Gebäudes zukommt, nichts her. Es kann damit nicht festgestellt werden, ob er auf Dauer aus seinem Vermögen für den Erhalt des Denkmals zuschießen muss. Gerade dies ist aber das entscheidende Kriterium, um feststellen zu können, ob die Versagung der Genehmigung und die damit verbundene Erhaltungspflicht die Grenze der Sozialbindung des Eigentums überschreitet (vgl. VGH BW, Urt. v. 11.11.1999, a. a. O.).
- 83
Wirtschaftliche Belastungen, die lediglich das Spiegelbild vorausgegangener Verletzungen denkmalrechtlicher Pflichten darstellen, sind in die Wirtschaftlichkeitsrechnung allerdings nicht einzustellen; denn sonst könnte der Denkmaleigentümer bei hinreichend langer Vernachlässigung des Denkmals regelmäßig die Zurücknahme oder völlige Aufgabe des Denkmalschutzes erzwingen (vgl. OVG NW, Urt. v. 20.03.2009, a. a. O.). Dem trägt § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA Rechnung, der bestimmt, dass sich der Verpflichtete nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungsmaßnahmen berufen kann, die dadurch verursacht wurden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.
- 84
Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind vor allem die Finanzierungskosten einer Sanierung sowie die Bewirtschaftungskosten den voraussichtlichen Mieteinnahmen bzw. dem Gebrauchswert des Denkmals gegenüberzustellen (vgl. BayVGH, Urt. v. 27.09.2007, a. a. O.). Da gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 DenkmSchG LSA Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln oder steuerliche Vorteile anzurechnen sind, wenn der Verpflichtete diese in Anspruch nehmen kann, sind auch derartige „Zuschüsse“ zu berücksichtigen.
- 85
3.2 Ob der Kläger unter Berücksichtigung dieser Grundsätze – so wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat – hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass die mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des Gebäudes D-Straße 7 verbundenen Kosten die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals deutlich überschreiten oder ob dem Beklagten darin zu folgen ist, dass dies nicht der Fall ist, kann hier dahingestellt bleiben.
- 86
Nach Auffassung des Senats kann sich der Kläger nämlich nicht auf § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA berufen, weil dem § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA entgegensteht. Danach kann der Verpflichtete sich nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht werden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigen öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.
- 87
Die Voraussetzungen dieser Norm sieht der Senat nicht nur dann als gegeben an, wenn der Verpflichtete im Laufe der Lebenszeit eines Denkmals als Eigentümer dieser Sache Unterhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, sondern auch dann, wenn der Verpflichtete „sehenden Auges“ ein sanierungsbedürftiges Denkmal erwirbt, die Denkmaleigenschaft bekannt und die Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich ist (so auch OVG Rh.-Pf. Urt. v. 02.12.2009 – 1 A 10547/09 –, juris RdNr. 38; VG Magdeburg Urt. v. 24.06.2014 – 4 A 167/12 MD –). Das OVG Rh.-Pf. hat in seinem Urteil zutreffend Folgendes ausgeführt: „Es würde dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums widersprechen, könnte man unter Ausnutzung der aus dem schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes sich ergebenden Wertminderung ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erwerben und diesen Vorteil auf Kosten des Denkmalschutzes ohne weiteres durch Abbruch dieses Denkmals realisieren. Diese Sichtweise entspricht auch der von der Vorinstanz zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers im Rahmen der Altlastensanierung (s. BVerfG, Beschl. vom 16.02.2000, BVerfGE 102, 1). Das Bundesverfassungsgericht hat darin ausgeführt, dass für die Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer an Belastungen zugemutet werden dürfe, das Verhältnis des finanziellen Aufwands zum Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung als Anhaltspunkte dienen könne. Sogar eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteige, könne zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten erworben habe. Derartige Umstände seien bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Angesichts einer ähnlichen Interessenlage im Denkmalschutzrecht sind diese Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Denn im Denkmalschutzrecht tritt anstelle des Eigentümerinteresses, hinsichtlich der Altlastensanierungskosten für ein Grundstück von unverhältnismäßigen Belastungen verschont zu bleiben, das Interesse des Denkmaleigentümers, hinsichtlich der Erhaltungskosten für ein Denkmal von unzumutbaren Belastungen bewahrt zu werden. Ferner tritt anstelle des allgemeinen Belangs des Boden- und Wasserschutzes hier der Belang des Denkmalschutzes. Ein grundlegender Unterschied zu diesen Interessenlagen, der gegen die Anwendung des vom Bundesverfassungsgericht in der vorzitierten Entscheidung entwickelten Rechtsgedankens sprechen könnte, ist nicht erkennbar“.
- 88
Diese Auffassung des OVG Rh.-Pf. teilt der erkennende Senat gerade auch für den konkreten Fall des Klägers.
- 89
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 14.04.2010 (– 1 BvR 2140/08 – Juris RdNr. 23-25) zum einen nämlich bestätigt, dass die Rechtslage zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr auf die Problematik des öffentlichen Interesse am Erhalt eines Kulturdenkmals und der in Art. 14 Abs.1 GG garantierten Privatnützigkeit des Eigentums übertragbar ist. Legt man dies zu Grunde, kann der Kläger sich hier nicht auf die Unzumutbarkeit des Erhaltungsaufwands berufen. Er hat nämlich das Grundstück D-Straße 7 „sehenden Auges“ als Abrissobjekt erworben. Er trägt selber vor, dass er beim Kauf des Grundstücks mit dem Verkehrswertgutachter davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Objekt schon im Erwerbszeitpunkt um ein Abbruchobjekt gehandelt habe. Dem Kläger war auch im Zeitpunkt des Erwerbes bekannt, dass das strittige Gebäude in das Denkmalverzeichnis eingetragen ist. Ebenso war ihm der marode Zustand des Gebäudes bekannt. Nach dem Abschluss des Kaufvertrages und direkt nach der Eigentumsumschreibung im Dezember 2011 hat der Kläger dementsprechend auch sofort am 16.12.2011 den Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abrissgenehmigung gestellt. Schließlich hat der Kläger das strittige Grundstück auch zu einem günstigen Kaufpreis (80.000,00 €) erworben.
- 90
Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass bei einer Anwendung von § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG LSA im konkreten Fall nicht einmal die Privatnützigkeit des Eigentums des Klägers in Frage gestellt wäre. Der Beklagte hat dem Kläger hier nämlich durch das notariellen Kaufangebot des (...) Denkmal gemeinnützige GmbH eine Erhaltungsmöglichkeit des Kulturdenkmals angeboten, die ihm eine Möglichkeit aufzeigt, das Kulturdenkmal zu einem Kaufpreis von 90.000, 00 € zu veräußern, der noch über dem Kaufpreis liegt, den er selbst beim Erwerb des Grundstücks entrichtet hat. Ein Anspruch aus Art. 14 GG, das Grundstück rentabler zu nutzen, steht dem Kläger nicht zu. Im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss es der Eigentümer eines Kulturdenkmals im Verhältnis zum öffentlichen Interesse an dem Erhalt dieses Kulturdenkmals nämlich grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentable Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.03.1999 – 1 BvL 7/91 –, juris RdNr. 83 bis 85). Weitergehende Gewinnerzielungsaussichten des Klägers sind nicht geschützt.
- 91
4. Darüber hinaus steht einem möglichen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Abrissgenehmigung auch § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA entgegen. Danach kann eine Abrissgenehmigung nur erteilt werden, wenn alle Möglichkeiten einer Erhaltung des Kulturdenkmals zuvor ausgeschöpft wurden.
- 92
Unter welchen Voraussetzungen alle Möglichkeiten der Erhaltung eines Denkmals ausgeschöpft sind, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA muss dabei nach Auffassung des Senats im Zusammenhang mit § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA gesehen werden. Mit dieser Norm stellt der Gesetzgeber sicher, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht im Übermaß in Anspruch nimmt. Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss es der Eigentümer – wie dargelegt – zwar grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Anders liegt es nur, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Erst wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Nur dann nähert sich die Rechtsposition des Betroffenen einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. (so BVerfG, Beschl. v. 02.03.1999 – a.a.O. zu einer Rechtslage im rheinlandpfälzischen Denkmalrecht, welches eine dem § 10 Abs. 4 DenkmSchG LSA entsprechende Regelung nicht enthielt). Berücksichtigt man einerseits den hohen Rang, den das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals zukommt, und legt man andererseits zugrunde, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem sozialpflichtigen Eigentümer nicht zugemutet werden darf, dass er von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und das Baudenkmal praktisch nicht veräußern kann, dann ist nach Auffassung des Senats im Verhältnis zu einem sozialpflichtigen Eigentümer eines Kulturdenkmals, den die Erhaltung des Denkmals unzumutbar belastet, eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Erhaltungsmöglichkeit für ein solches Denkmal schon dann zu bejahen, wenn für den Eigentümer eine konkrete Veräußerungsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis besteht.
- 93
Nach Auffassung des Senats in seinem Urteil vom 29.10.2009 (– 2 L 200/07 –, juris RdNr. 38) ist § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA zwar nicht so auszulegen, dass der Grundstückseigentümer, der eine Abrissgenehmigung beantragt, den Nachweis der fehlenden Veräußerungsmöglichkeit erbringen muss, sondern dass diese Pflicht die Genehmigungsbehörde trifft. Kann sie dies nicht, ist von der wirtschaftlichen Unverkäuflichkeit eines Denkmals auszugehen. Die Behörde muss die Abrissgenehmigung erteilen oder ggf. von § 19 Abs.1 DenkmSchG LSA Gebrauch machen und die Enteignung des Eigentümers betreiben.
- 94
Den Nachweis einer bestehenden Veräußerungsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis hat der Beklagte hier nach Auffassung des Senats zumindest mit dem notariellen Kaufangebot durch die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH erbracht.
- 95
Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. hat bereits am 19.12.2011 – unmittelbar nach dem Eigentumserwerb und dem Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung durch den Kläger – gegenüber dem Kläger eine Kaufabsichtserklärung abgegeben. Nachdem am 06.12.2012 die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises einen positiven Beschluss zum Erwerb des Hauses D-Straße 7 gefasst hatte, hat der Arbeitskreis dem Kläger am 29.01.2013 ein verbindliches Kaufangebot zu einem Preis vom 90.000,00 € gemacht. Da aber das Verwaltungsgericht in einem Hinweis vom 27.02.2013 mitgeteilt hatte, dass es dieses Angebot für nicht ausreichend glaubhaft gemacht halte, hat der Arbeitskreis Innenstadt e.V. folgende Schritte unternommen. Er hat eigens zu dem Zweck, das Gebäude D-Straße 7 zu kaufen, die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH gegründet, deren alleiniger Gesellschafter der Arbeitskreis Innenstadt e.V. ist. Die (...) Denkmal gemeinnützige GmbH hat am 07.05.2013 ein verbindliches notarielles Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über das Grundstück D-Straße 7 in Halle abgegeben. Dieses Angebot hat noch unverändert Bestand (Anlage 2, Schreiben des Vorsitzenden des (...) Innenstadt e.V. vom 07.07.2014 und Bestätigung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat). Der angebotene Kaufpreis beläuft sich auf 90.000,00 €. Das ist der Betrag, den das Verkehrswertgutachten als Verkehrswert für das Grundstück mit dem unsanierten Gebäude zum Stichtag 10.02.2012 ermittelt hat. Der Kläger hat laut Kaufvertrag vom 28.07.2011 einen Kaufpreis von nur 80.000,00 EUR gezahlt.
- 96
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Möglichkeit einer Erhaltung eines Baudenkmals i.S.v. § 10 Abs. 6 DenkmSchG LSA sei nur dann zu bejahen, wenn ein Kaufinteressent nicht nur ein verbindliches Kaufangebot für das mit einem Baudenkmal behaftete Grundstück vorlege, sondern darüber hinaus auch noch glaubhaft darlege, wie er die Mittel für den Erhalt des Denkmals aufzubringen gedenke, zutrifft oder nicht. Die (...) Denkmal gGmbH hat nämlich nach Auffassung des Senats die möglicherweise zu fordernde Erhaltungsmöglichkeit für das Gebäude D-Straße 7 hinreichend glaubhaft gemacht. Dass es dem Denkmalverein sehr ernst mit dem Anliegen ist, das Gebäude zu erhalten und zu sanieren, zeigen seine seit Dezember 2011 währenden Bemühungen zum Kauf des Gebäudes. Die Gründung der (...) Denkmal gGmbH durch den Arbeitskreis Innenstadt e.V. eigens zum Kauf des Gebäudes bekräftigt den verbindlichen Willen zum Erhalt dieses Baudenkmals noch besonders. Die Ernsthaftigkeit der Erhaltungsabsichten des Arbeitskreises Innenstadt e.V. belegt auch seine Erklärung vom 29.01.2013 zum Kaufangebot mit folgendem Inhalt:
- 97
„Der Arbeitskreis Innenstadt e.V. ist ein seit Jahrzehnten in Halle etablierter Denkmalverein. Damit ist unser Ziel selbstverständlich die Erhaltung und Sanierung des Baudenkmals. Unsere Herangehensweise ist allerdings eine andere als die eines privaten Investors. So sind wir nicht darauf angewiesen, Gewinn zu erwirtschaften. Als gemeinnützige Einrichtung haben wir Steuererleichterungen. Wir erbringen Eigenleistungen und können auf ein breites bürgerschaftliches Engagement zählen, da das Schicksal des Renaissancehauses D-Straße 7 in unserer Stadt ein großes Interesse findet. Wir planen eine schrittweise Sanierung und können auch mit Fördermitteln rechnen. Als Referenz können wir die Sanierung unseres Vereinshauses S-Straße 25 vorweisen, ebenfalls ein Fachwerkhaus aus der Renaissance“.
- 98
Mit Schreiben vom 23.05.2013 hat der Arbeitskreis Innenstadt e.V. diese Ausführungen noch ergänzt. Dort heißt es auszugsweise: „Das genannte Fachwerkhaus S-Straße 25 befand sich in einem deutlich schlechteren Bauzustand, als der Arbeitskreis Innenstadt es übernommen hat. Es ist vollständig saniert, vom Verein erworben worden und seit langem als Vereinshaus voll genutzt. Auch an zahlreichen anderen Fachwerkhäusern in Halle hat der Verein Sicherungsarbeiten durchgeführt, es gibt also ein großes Erfahrungspotential auf diesem Gebiet. Unter den Mitgliedern und Unterstützern des Vereins befinden sich mehrere Architekten und Bauingenieure. Neben dem Fachwissen verfügen wir auch über logistische Voraussetzungen zum Erhalt des Denkmals. So besitzt der Verein eigene Bauausrüstungen – wie ein Baugerüst – sowie umfangreiche Baumaterialien“.
- 99
Der Denkmalverein hat in dem zitierten Schreiben zudem darauf hingewiesen, dass das Gebäude auf der „Roten Liste“ der beigeladenen Stadt Halle steht und damit höchste Förderpriorität besitzt.
- 100
Der Kläger kann sich dagegen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es mit Art. 14 GG nicht zu vereinbar sei, wenn ihm die Behörde zum Erhalt der Bauruine oder zu deren Verkauf zwingen wolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 02.03.1999 (1 BvL 7/91) muss – wie dargelegt – der Eigentümer angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes und im Blick auf GG Art 14 Abs. 2 Satz 2 GG es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. Damit gewichtet das Bundesverfassungsgericht den Denkmalschutz wesentlich stärker als das Interesse des Eigentümers, das Grundstück ohne Denkmal wirtschaftlich nutzen zu können. Nur soweit er über Gebühr durch eine fehlende Nutzungs- oder Veräußerungsmöglichkeit in Anspruch genommen wird, schützt ihn Art. 14 GG.
- 101
5. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Bei dem strittigen Gebäude auf dem Grundstück D-Straße 7 handelt es sich – wie dargelegt – um ein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 DenkmSchG LSA.
- 102
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.
- 103
III. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 19. April 2007 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 70.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger ist Eigentümer des Flurstücks .... der Flur . der Gemarkung x mit der Straßenbezeichnung .... in R.. Auf dem Grundstück wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Brauerei errichtet, die im Laufe der Zeit als Likörfabrik weitergenutzt und baulich erweitert wurde. Seit 1995 steht die Baulichkeit leer.
- 2
Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. 1998 erlitt es schwere Schäden durch einen Brand, der insbesondere den Dachstuhl und die oberen Stockwerke teils zerstörte, teils schwer in Mitleidenschaft zog. Der Kläger unternahm zur Sicherung des Gebäudes zunächst nichts. Sein Antrag auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung wurde bestandskräftig abgelehnt, nachdem er die Klage auf Erteilung dieser Genehmigung (VG Schwerin 2 A 2933/00) zurückgenommen hatte. Der Kläger hat seine Klage gegen 1999 auferlegte Sicherungsmaßnahmen (VG Schwerin 2A 973/99) ebenfalls zurückgenommen, nachdem er sich zur Durchführung entsprechender Sicherungsmaßnahmen verpflichtet hatte. Er kam dieser Verpflichtung in der Folgezeit nach und ließ ein Notdach von innen in das Gebäude einziehen.
- 3
Dieses Notdach wurde witterungsbedingt zerstört; der Kläger unternahm daraufhin nichts. Der Beklagte ordnete mit Bescheid vom 26.05.2004 gegenüber dem Kläger Sicherungsmaßnahmen für das denkmalgeschützte Gebäude an. Dem dagegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte teilweise mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2004 ab. Dabei folgte der Beklagte teilweise der Argumentation des Klägers aus dem von ihm vorgelegten Sachverständigengutachten E. vom 22.06.2004 und reduzierte den Umfang der geforderten Sicherungsmaßnahmen um 77.730 € brutto auf 69.630 € brutto. Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 19.04.2007 zurück. Der Kläger hat die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragt.
II.
- 4
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 19.04.2007 bleibt ohne Erfolg. Die vom Kläger gelten gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
- 5
Der Kläger macht zunächst das Vorliegen von Verfahrensfehlern geltend. Der Kläger rügt die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes, weil das Verwaltungsgericht es unterlassen habe, von Amts wegen durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals für ihn zu prüfen. Zu dieser Prüfung war das Verwaltungsgericht indes nicht verpflichtet. Die in § 86 Abs. 1 VwGO verankerte gerichtliche Amtsermittlungspflicht gilt nicht grenzenlos. Sie entbindet insbesondere die Verfahrensbeteiligten nicht von der Mitwirkung an der Ermittlung des Sachverhaltes. Wo die Grenzen der Mitwirkungspflicht der Beteiligten im Einzelnen verlaufen und die Amtsermittlungspflicht des Gerichts beginnt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern bedarf in jedem Einzelfall der genauen Prüfung. Für das Denkmalschutzrecht ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals bei dem Eigentümer liegt (vgl. OVG Koblenz U. v. 26.05.2004 - 8 A 12009/03 -, Rn 38 [juris]; VGH München U. v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 -, Rn. 83 [juris]). Dies findet seinen Grund darin, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf ein von dem Eigentümer vorgeschlagenes und seinen Nutzungsabsichten entsprechendes Nutzungskonzept erfolgen kann. Zudem müssen bei der Kosten-Nutzen-Rechnung die möglichen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die allein der Eigentümer offen legen kann, berücksichtigt werden (vgl. Deutsch in: Johlen/Oerder, Münchener Anwaltshandbuch, 2. Aufl. 2003 § 6 Rn 46 [Praxistipp]). Verweigert der Eigentümer die Darlegung eines Nutzungskonzepts, verletzt das Verwaltungsgericht seine Amtsermittlungspflicht nicht, wenn es von einer sachverständigen Begutachtung der Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Denkmals absieht. Dies gilt jedenfalls für die Situation, dass der bauliche Zustand eines Denkmals und der Fläche, auf der es steht, eine große Variationsbreite von Nutzungsmöglichkeiten erlauben. Die Entscheidung über die Nutzung obliegt allein dem Eigentümer, der sich gegebenenfalls den damit verbundenen Kosten stellen muss. Dies folgt aus dem Eigentumsrecht und den daran anknüpfenden Bindungen. Dem Gericht kann es nicht überlassen sein, sich eines von mehreren denkbaren Nutzungskonzepten herauszusuchen und auf seine Wirtschaftlichkeit hin untersuchen zu lassen. Denn weder weiß das Gericht, ob es ein Nutzungskonzept zugrunde legt, das dem Willen des Eigentümers entspricht, noch kann es seine Auswahlentscheidung dem Eigentümer aufzwingen. Dies erkennt auch der Kläger, wenngleich er aus der Vielzahl möglicher Nutzungskonzepte den rechtlich falschen Schluss zieht, er müsse sich nicht selbst für eines dieser Konzepte entscheiden und auf dieser Grundlage zunächst selbst die Kosten-Nutzen-Rechnung erarbeiten lassen, sondern das Gericht habe die Auswahlpflicht oder die Pflicht jedes denkbare Konzept untersuchen zu lassen. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall der Kläger die für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung erforderlichen aus seiner Sphäre stammenden Daten nicht mitgeteilt hat.
- 6
Anderes mag gelten, wenn offensichtlich ist, dass eine wirtschaftlich zumutbare Nutzung des Denkmals ausgeschlossen ist. Dass diese Voraussetzung vorliegt, legt der Kläger in der Begründung des Zulassungsantrages nicht dar. Dafür, dass das Gebäude und das Flurstück insgesamt mit seiner Bebauung auch unter Berücksichtigung der durch die Unterschutzstellung als Denkmal erfolgten Begrenzungen der Freiheit des Eigentümers wirtschaftlich nicht sinnvoll genutzt werden kann, beruft sich der Kläger auf die Ausführungen des Gutachters E. vom Juni 2004. Dieses Gutachten ist dafür nicht ausreichend, weil es ersichtlich nicht von einem dafür sachverständigen Gutachter erstellt wurde. Aus dem Gutachten ist nicht erkennbar, dass er sich ernsthaft mit der Frage der Verwirklichung einer Nutzung des Geländes unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes befasst hat. Der Gutachter weist auf S. 9 seines Gutachtens ausdrücklich darauf hin, dass allein der Denkmalschutz Veranlassung und Rechtfertigung gäbe, die Maßnahmen durchzuführen. Die Frage nach der Erhaltungswürdigkeit bleibe offen. Dafür wäre unter anderem eine intensive Beratung mit der Fachbehörde erforderlich, die nicht erfolgte.
- 7
Auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. Ing. B. aus dem Januar 1999 geht nicht hervor, dass unter Berücksichtigung der Anforderungen des Denkmalschutzes eine wirtschaftlich zumutbare Erhaltung des Gebäudes unter Änderung der Nutzung ausgeschlossen ist. Diese Frage wird nach Ziff. 4.3.4 des Gutachtens ausdrücklich offengelassen. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich, dass der Denkmalschutz nicht den originalgetreuen Wiederaufbau der ursprünglichen Anlage verlangt, sondern auch eine Entkernung der baulichen Anlage möglich erscheint. Diese Möglichkeit und die der wirtschaftlich sinnvollen Nutzung des gesamten Geländes unter Einschluss von öffentlichen Fördermitteln und steuerlichen Vorteilen ist im Gutachten des Sachverständigen Professor B. nicht näher untersucht worden. Dass die wirtschaftliche Zumutbarkeit von vorneherein ausgeschlossen ist, ergibt sich aus diesem Gutachten nicht. Hinzukommt, dass der Kläger seine Klage auf Erteilung einer Abrissgenehmigung Jahre nach Vorlage des Gutachtens zurückgenommen und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt hat.
- 8
Schließlich greift der Kläger die Rechtsausführung des Verwaltungsgerichts, Kosten, die durch die unterlassene Unterhaltung des Denkmals entstanden seien, könnten bei der Prüfung der Unzumutbarkeit nicht berücksichtigt werden, nicht an. Dieser Teil der Kosten dürfte nicht unbeträchtlich sein, weil die Schäden am Mauerwerk nach den Feststellungen des insoweit sachverständigen Gutachters E. zu einem erheblichen Teil auch auf die nach dem Brand erfolgten Witterungseinflüsse zurückzuführen sind.
- 9
Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auf das Protokoll des Ortstermins in den Verfahren VG Schwerin 2 A 973/99 (Bl. 42 f. GA) und die dort gemachten Äußerungen des damaligen Kammervorsitzenden verwiesen hat. Denn entgegen der Darstellung in der Begründung des Zulassungsantrages hat der damalige Vorsitzende der Kammer ausdrücklich erklärt, dass die vom Gericht eventuell einzuholende sachverständige Begutachtung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals nicht für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gelte. Der Kläger durfte sich daher nicht darauf verlassen, dass das Verwaltungsgericht bei dem hier anhängigen Streitgegenstand von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einholen würde.
- 10
Aus demselben Grund legt der Kläger mit seiner Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Hinweispflicht verletzt, als es ihn trotz der gegenteiligen Äußerung des damaligen Vorsitzenden der Kammer im Ortstermin nicht zur Vorlage eines Wirtschaftlichkeitsgutachtens aufgefordert habe, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht dar. Diese Hinweispflicht bestand auch deshalb nicht, weil die Frage der Beweislastverteilung bzw. der Mitwirkungspflicht des Klägers Teil des Vortrages des Klägers war. Der Kläger hatte durch die (nur) schriftsätzliche Beweisanregung der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht deutlich gemacht, welche Rechtsposition er vertritt. Dadurch, dass das Gericht die mündliche Verhandlung nicht vertagt und einen entsprechenden Beweisbeschluss erlassen hat, hat es hinreichend deutlich gemacht, welcher Rechtsauffassung es im Urteil folgen wird.
- 11
Die Rechtssache weist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten auf. Der Kläger leitet die besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten aus den Anforderungen an die Wirtschaftlichkeitsberechnung her. Darauf kommt es aber nicht an, denn für die Entscheidung ist allein maßgeblich, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist und nicht dargelegt hat, aus welchen näher substantiierten Gründen die Erhaltung des Denkmals für ihn unzumutbar ist. Unter diesen Umständen kann eine gerichtliche Überprüfung der Unzumutbarkeit auf der Grundlage einer Kosten-Nutzen-Berechnung gar nicht erfolgen. Dies ist bereits ausführlich begründet worden.
- 12
Auch die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung liegen nicht vor. Die Ausführungen in der Begründung des Zulassungsantrages geben dem Senat keine Veranlassung, die Sach- und Rechtslage in einem Berufungsverfahren erneut zu prüfen.
- 13
Die Darlegungen des Klägers wiederholen im wesentlichen die Argumentation zur Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes, indem sie aus dem Gutachten des Sachverständigen E. ableiten, dass die Erhaltung des Denkmals unzumutbar sei. Dass dieses Gutachten ungeeignet ist, zu dieser Frage substantiiert Stellung zu nehmen, ist bereits näher begründet worden. Soweit der Kläger vorträgt, aus seinen Erfahrungen mit der Verwertung des Grundstücks ergebe sich die mangelnde wirtschaftliche Nutzbarkeit bei Erhaltung des Denkmals, weil sich die potentiellen Investoren jeweils schon bald zurückgezogen hätten, meint er dies auf die auch von diesen erkannte wirtschaftlich unzumutbare Situation bei Erhaltung des Denkmals zurückführen zu können. Abgesehen davon, dass der Kläger nicht substantiiert darlegt, woher er dieses Wissen hat, ist er der Behauptung des Beklagten in der Erwiderung auf den Berufungszulassungsantrag nicht entgegengetreten, die Investoren hätten wegen der überhöhten Kaufpreisvorstellungen des Klägers von der weiteren Verfolgung ihrer Konzepte abgesehen.
- 14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
- 15
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.
- 16
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.
(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.
(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.