Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 16. Juli 2015 - 1 B 11.2137

bei uns veröffentlicht am16.07.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 9 K 10.3370, 18.05.2011

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 11.2137

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 16. Juli 2015

(VG München, Entscheidung vom 18. Mai 2011, Az.: M 9 K 10.3370)

1. Senat

Sachgebietsschlüssel: 940

Hauptpunkte:

Denkmaleigenschaft von zwei historischen Bauwerken der Militärverwaltung;

Veränderungsverbot;

Eisenbetonkonstruktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ... vertreten durch den Oberbürgermeister, ...

- Beklagte -

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Feststellung der Denkmaleigenschaft

(FlNr. 3096/182 Gemarkung ...);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Mai 2011,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 16. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Nummer I und II des Urteils des Verwaltungsgerichts erhalten folgende Fassung:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2010 wird insoweit aufgehoben, als der Klägerin untersagt wird, Handlungen vorzunehmen, die nicht das Körnermagazin und die Geschützremise betreffen.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hat die Klägerin neun Zehntel, die Beklagte ein Zehntel zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Denkmaleigenschaft von zwei Gebäuden im Eigentum der Klägerin.

Die Klägerin zeigte der Beklagten am 21. Mai 2010 den Abbruch sämtlicher Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 3096/182 der Gemarkung I. an (E. 5, 5a und 7). Kurz zuvor hatte sich der Heimatpfleger der Beklagten an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (Landesamt) gewandt und um Überprüfung der Denkmaleigenschaft des ehemaligen Körnermagazins (E. 7) und der ehemaligen Geschützremise (E. 5) gebeten. Das Körnermagazin, dessen Rieselanlage nicht mehr erhalten ist, wurde in den Jahren 1906 bis 1908 in Eisenbetonbauweise errichtet und diente der Bereitstellung von Proviant für die Garnison. In der Geschützremise, die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt, waren Geschütze untergebracht. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs nutzte die Firma Auto Union die Gebäude als Lager- und Büroräume.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2010 untersagte die beklagte Stadt „dem Eigentümer des Lagergebäudes E. 5, 5a und 7 an dem Gebäude oder Teilen davon Handlungen vorzunehmen, die die Gebäude als Ganzes oder in Teilen schädigen oder gefährden“. Die Entscheidung über die Erlaubnis zum Abbruch der Gebäude wurde bis zur endgültigen Klärung der Denkmaleigenschaft, spätestens bis zum 31. Oktober 2010 ausgesetzt. Das Körnermagazin und die Geschützremise seien zwar nicht in die Denkmalliste eingetragen. Beim Körnermagazin handele sich aber um den ältesten Bau seiner Art in Bayern, der durch eine neuartige Technologie der Getreidespeicherung Maßstäbe gesetzt habe. Auch die Geschützremise sei für die Festungsgeschichte von besonderer Bedeutung. Bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft sei das Verbot von schädigenden Handlungen angemessen.

Mit Urteil vom 18. Mai 2011 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 11. Juni 2010 aufgehoben und festgestellt, dass für den Abbruch der Gebäude E. 5 („Geschützremise“) und 7 („Körnermagazin“) eine Erlaubnis nach Art. 6 DSchG nicht erforderlich ist. Zunächst falle auf, dass das Landesamt bei der Aufstellung des 1998 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 206 keine Bedenken gegen den im Bebauungsplan vorgesehenen Abbruch der beiden Gebäude geltend gemacht habe. Der Bebauungsplan habe an diesem Standort ein Sondergebiet Fachhochschule ausgewiesen. Der Geschützremise fehle jede geschichtliche oder städtebauliche Bedeutung. Die Bau- und Nutzungsgeschichte lasse sich aus der Bausubstanz nicht ablesen. Die früheren Auffahrtsrampen an den Stirnseiten seien längst verschwunden. Selbst nach Entfernung des 1953 angefügten hallenartigen Vorbaus wäre die ursprüngliche Bedeutung des Gebäudes weder erkenn- noch erlebbar. Das gelte auch für die fast fünf Jahrzehnte dauernde Nutzung durch die Auto Union. Die daraus resultierenden Ergänzungen und Veränderungen der Bausubstanz seien lediglich geeignet, die frühere Zweckbestimmung zu verdecken und zu überlagern. Auf diese Nutzung weise nicht mehr das Geringste hin. Die Erhaltung des Körnermagazins liege zudem nicht im öffentlichen Interesse. Das aus Eisenbeton errichtete Magazin verfüge wegen der fortschreitenden Carbonatisierung des Betons nur noch über eine begrenzte Lebensdauer, was der von der Klägerin beauftragte Sachverständige nachvollziehbar dargelegt habe.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, dass sowohl die Geschützremise wie das Körnermagazin Baudenkmäler i. S.v. Art. 1 Abs. 2 und 1 DSchG seien. Die Stellungnahmen des Landesamts vom 26. Oktober 2010 und vom 18. März 2013 belegten, dass beide Gebäude zeugnishafte Bestandteile der historischen Stadtstruktur seien. Der Bebauungsplan Nr. 206 sei im Hinblick auf die Festsetzung „SO Fachhochschule“ funktionslos. Die Fachhochschule befinde sich östlich der E. und werde an diesem Standort erweitert. Als der Bebauungsplan im Jahr 1988 beschlossen wurde, habe man nicht davon ausgehen können, dass Erweiterungsflächen am Standort der Fachhochschule bereitstünden.

Die Geschützremise gehöre als ziegelgemauerter, zweigeschossiger Satteldachbau mit stichbogigen Tor- und Fensteröffnungen sowie mit dem über die Zeit der Nachkriegsnutzung erhalten gebliebenen hölzernen Tragwerksystem im Innern zu den seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhundert üblichen Backsteinbauten der Militärverwaltung. Die Schließung einzelner Tür- und Fensteröffnungen sowie der Einbau eines Treppenhauses innerhalb des Ständerwerks beeinträchtigten zwar den historischen Bestand, würden aber die Denkmaleigenschaft nicht in Frage stellen. Das gelte umso mehr, als die Remise die östliche Einfahrt in die Altstadt nach Passieren des „Kavalier Heydeck“ markiere, mit dem es in Sichtbeziehung und funktionalem Zusammenhang stehe. Nach dem Abbruch ähnlicher Anlagen bei den Festungswerken im Norden und Nordwesten der Stadt handele es sich um das letzte erhaltene Bauwerk dieser Art.

Das Körnermagazin stehe beispielhaft für eine Anfang des 20. Jahrhunderts innovative Bauweise mit Eisenbeton, von der in Bayern nur noch wenige Gebäude erhalten seien. Die Grundkonstruktion des vierschiffigen Eisenbetonskelettbaus mit seinem gleichmäßigen Stützenraster sei noch heute an den Fassaden und im Innern ablesbar. Die Veränderungen des bauzeitlichen Zustands, die hauptsächlich auf die Adaption des Gebäudes als Werks-, Büro- und Lagergebäude durch die Auto Union nach dem 2. Weltkrieg zurückzuführen seien, beträfen mit dem Einbau von Fensterbändern vor allem das Erscheinungsbild der Fassaden, hätten aber die innere Struktur und die armierte Betonskelettkonstruktion nicht angetastet, die in den Fassaden gleichzeitig als gestaltendes Element mit Anklängen an die klassische Architektursprache diene. Der spätere Einbau von Zwischenwänden oder deren Entfernung habe das innere Stützen- und Deckensystem nicht gestört. Nach der von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchung der Beratenden Ingenieure B. & M. vom 15. Oktober 2012 könne die Eisenbetonkonstruktion des Körnermagazins grundsätzlich erhalten werden, sofern die schadhaften sekundären Konstruktionen, wie Fassadenfüllungen und Fenster, ersetzt oder ertüchtigt würden. Darüber hinaus sei für eine regendichte Dacheindeckung zu sorgen. Die Carbonatisierung des Betons, der im Lauf der Zeit seine alkalische Eigenschaft verliere, habe an mehreren Stellen die Bewehrung erreicht. Damit sei der basische Schutz des Eisens gegen Korrosion durch eindringende Feuchtigkeit entfallen. Diese Carbonatisierung stelle jedoch keinen Schaden dar, sondern sei auf den natürlichen Alterungsprozess des Betons zurückzuführen. Das dadurch bestehende Risiko für die Dauerhaftigkeit der Konstruktion sei beherrschbar, wenn im Innenbereich die Luftfeuchtigkeit nicht über 65% ansteige und an der Außenseite bestehende Korrosionsschäden lokal behoben würden. Dazu müssten der geschädigte Beton abgenommen, die korrodierten Bewehrungen entrostet und beschichtet sowie die Betondeckung wieder aufgebaut werden. Für die überwiegenden Teile der Außenseiten der Eisenbetonkonstruktion genüge es, Beschichtungen zum indirekten Schutz der Bewehrung auf den Beton aufzubringen. In ihrer ergänzenden Stellungnahme habe das Ingenieurbüro die Auffassung der Klägerin widerlegt, dass die DIN EN 206-1 in ihren Anhängen F und J von einer Dauerhaftigkeit von 50 Jahren für Stahlbeton ausgehe und deshalb die Tragfähigkeit und Gebrauchseigenschaft des Stahlbetonskeletts nicht mehr sichergestellt sei. Es handele sich lediglich um eine Mindestdauerhaftigkeit eines nach DIN hergestellten Gebäudes, ohne dass in dieser Zeit statisch-konstruktive Maßnahmen erforderlich würden. Entgegen der Auffassung der Klägerin würden die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen keineswegs einen Umfang erreichen, dass von einem Neubau und damit von einer bloßen Rekonstruktion des Denkmals gesprochen werden müsse; insbesondere sei eine generelle Entfernung der Betonummantelung nicht erforderlich. Nach der aktuellen Schadenerhebung habe das Ingenieurbüro mit Schreiben vom 24. Juni 2015 festgestellt, dass sich der Umfang der Schäden trotz unterbliebener Sanierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren nur unwesentlich vergrößert habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen D. vom 12. Juni 2012 handele es sich nicht um Baudenkmale.

Die Geschützremise sei nur ein einfacher schmuckloser Bau ohne besondere militärhistorische Bedeutung. Zudem sei das Gebäude durch diverse Anbauten, die zum Teil bereits wieder abgebrochen und durch neue ersetzt worden seien, in seinem Aussehen verändert worden. Durch einen Hallenanbau seien an der südöstlichen Giebelseite großflächige Öffnungen in die Außenwände gebrochen worden. An der nordwestlichen Giebelseite seien alle Fenster entfernt und die Öffnungen zugemauert worden. Auch an der Straßenseite seien alle historischen Fenster und Türen entfernt worden und teils durch Kopien, teils durch eine Glastüranlage ersetzt worden. Im Innern seien zwei Treppenhäuser eingebaut und Durchbrüche zur Lagerhalle und zum Anbau vorgenommen worden. Bei dem schlichten Gebäude, bei dem nur wenige Merkmale, wie Fenster, Türen und Mauerwerk bestimmend gewesen seien, hätten sich diese Veränderungen gravierend ausgewirkt.

Auch am Gebäude des Körnermagazins lasse sich dessen historische Bedeutung nicht mehr ablesen. Durchgreifende Umbauten seien in den 1930er Jahren begonnen und nach dem 2. Weltkrieg fortgesetzt worden. Die historischen Stichbogenfenster und Gefache seien durch Fensterbänder ersetzt worden. Die nordwestliche Giebelseite sei durch den Anbau eines Treppenhauses in den 1930er Jahren vertikal durchbrochen worden. Im Zug der Baumaßnahmen von 1949 sei das Innere des Gebäudes komplett umgestaltet worden. Der 1951 angebaute Aufzug überrage das Satteldach turmartig und dominiere das Gebäude. Die äußeren Gebäudeflächen seien mit Zementputz überarbeitet worden, so dass der Unterschied zwischen den Gebäudeteilen nicht mehr erkennbar sei. Darüber hinaus seien im Erdgeschoss Rampendurchbrüche und Rampenanbauten hinzugekommen. Insgesamt seien knapp 95% der großflächigen Ausfachungen einschließlich der Fenster entfernt worden. Im Innern seien bis auf die Stützpfeiler keine baulichen Strukturen aus der Bauzeit mehr vorhanden. Darüber hinaus sei der Zustand des Körnermagazins schlecht. Der von ihr beauftragte Sachverständige habe nach einer Sichtprüfung an mehreren Stellen Betonabplatzungen und korrodierten Bewehrungsstahl festgestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass die Carbonatisierung des Betons fortgeschritten sei. Um die Stahleinlagen zu restaurieren, müsse daher der komplette Beton entfernt werden. Die von der DIN EN 206.1 mit 50 Jahren angegebene übliche Nutzungsdauer sei bereits zu 100% überschritten. Eine Überprüfung der aktuellen Tragfähigkeit stehe noch aus. Das Körnermagazin könne daher nicht erhalten werden.

Der Senat hat am 14. Juli 2015 die Gebäude besichtigt. Wegen der bei der Ortsbesichtigung getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift und die dazu gehörende Fotodokumentation verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Das Körnermagazin und die Geschützremise sind Baudenkmäler im Sinn von Art. 1 DSchG (1.), so dass der Ausspruch im Urteil des Verwaltungsgerichts, für den Abbruch der Gebäude sei eine denkmalrechtliche Erlaubnis nicht erforderlich, aufzuheben ist. Insoweit muss auch das von der Beklagten verfügte Veränderungsverbot wieder hergestellt werden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts hat nur insoweit Bestand, als es das Veränderungsverbot für den Verbindungsbau zwischen den Baudenkmälern und für den süd-östlichen Anbau aufgehoben hat (2.).

1. Baudenkmäler, die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DSchG ohne Erlaubnis nicht beseitigt werden dürfen, sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG), deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt (Art. 1 Abs. 1 DSchG). Eine „Bedeutung“ in diesem Sinn erfordert zwar nicht, dass das Gebäude Hervorragendes oder Einzigartiges repräsentiert. Sie setzt jedoch voraus, dass das Gebäude in besonderer Weise geeignet ist, geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich, wissenschaftlich oder volkskundlich Relevantes zu dokumentieren. Es genügt also nicht, wenn das Gebäude - wie jedes alte Haus - eine Geschichte hat oder irgendeinen geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Aspekt aufweist. Vorausgesetzt wird weiter, dass die Bedeutung - ggf. mit sachverständiger Hilfe - auch noch an der vorhandenen Substanz ablesbar und nicht nur gedanklich rekonstruierbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2004 - 15 B 02.943 - VGH n. F. 58, 17). Dass das Körnermagazin und die Geschützremise im Zeitpunkt der Verfügung der Beklagten nicht in der Denkmalliste aufgeführt und sie im Bebauungsplan Nr. 206 vom 18. Februar 1998 nicht als Baudenkmäler, sondern als abzubrechende Gebäude dargestellt worden waren, ist ohne Bedeutung für die Bewertung der Denkmaleigenschaft. Zum einen werden Denkmäler nur nachrichtlich in die Denkmalliste aufgenommen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG), zum anderen ist der Bebauungsplan im Bereich des „Sondergebiets Fachhochschule“ funktionslos geworden, weil die Fachhochschule entgegen der ursprünglichen Annahme an ihrem bisherigen Standort erweitert werden konnte.

1.1 Das zwischen 1906 und 1908 errichtete Körnermagazin ist baugeschichtlich von besonderer Bedeutung. Seine Erhaltung liegt daher im Interesse der Allgemeinheit. Es repräsentiert eine Anfang des 20. Jahrhunderts innovative Bauweise mit Eisenbeton, von der in Bayern nur noch wenige Exemplare erhalten sind. Das gleichmäßige Stützenraster des Eisenbetonskelettbaus verwendet ein um die Jahrhundertwende von François Hennebique entwickeltes, monolithisches Tragsystem, das aus Stützen, Unterzügen und Decken besteht. Lediglich das Dachgeschoss des Körnermagazins ist wegen der geringeren Traglasten in herkömmlicher Holzkonstruktion erstellt. Das aus horizontalen und vertikalen Streifen bestehende Stützenraster ist sowohl im Innern als auch an den Außenfassaden des Gebäudes gut zu erkennen, wobei an den Stützen der Außenwände gestaltende Elemente mit Anklängen an die klassische Architektursprache anzutreffen sind. Dass die Ausfachungen zwischen den Stützen im Lauf der Zeit verändert wurden - insbesondere hat die Firma Auto Union die bauzeitlichen Stichbogenfenster mit Ausnahme der Fenster im südöstlichen Treppenhaus durch Fensterbänder und rechteckige Fenster ersetzt, um die Innenräume entsprechend dem geänderten Nutzungszweck besser zu belichten, und, wie spätere Nutzer auch, Trennwände im Innern des Gebäudes errichtet und wieder entfernt - ändert nichts daran, dass das Eisenbetonskelett, das die baugeschichtliche Bedeutung des Gebäudes begründet, nahezu vollständig erhalten ist. Daran vermögen auch der Einbau eines weiteren Treppenhauses in der Mitte des Gebäudes, der Anbau eines Aufzugturms im Nordwesten und des Kopfbaus im Norden nichts zu ändern, weil sie das gleichmäßige Stützenraster im Wesentlichen unberührt lassen. Die baugeschichtliche Bedeutung wird auch nicht dadurch gemindert, dass die ursprüngliche Rieseleinrichtung des Getreidelagers komplett entfernt worden ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts kann das Gebäude trotz des Alters des Betonskeletts und der vorhandenen Schäden auch in Zukunft erhalten werden. Nach der überzeugenden Darstellung des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros stellt die auf dem Alterungsprozess von Beton beruhende Carbonatisierung die Erhaltungsfähigkeit des Betonskeletts nicht in Frage. Zwar werden im Lauf der Zeit durch chemische Reaktionen die alkalischen Bestandteile im Beton abgebaut, die den Bewehrungsstahl vor Korrosion schützen. Das hat zur Folge, dass der Bewehrungsstahl bei Eintrag von Feuchtigkeit korrodieren kann. Im Innern des Gebäudes kann die Korrosion jedoch vermieden werden, wenn die Luftfeuchtigkeit nicht über 65% ansteigt, was beim Körnermagazin durch die Sanierung des Daches und der äußeren Ausfachungen einschließlich der Fenster sichergestellt werden kann. Wie das Ingenieurbüro nachvollziehbar festgestellt hat, sind bisher an den Außenwänden nur lokal begrenzte Schadstellen vorhanden, die sich in den letzten Jahren nicht wesentlich vergrößert haben. Entgegen den Befürchtungen der Klägerin muss daher nicht der gesamte Beton der Außenfassaden abgetragen und nach entsprechender Behandlung der freigelegten Bewehrungseisen wieder aufgebaut werden, was einer Neuerrichtung und damit einer den Zielen der Denkmalpflege widersprechenden Rekonstruktion des Baudenkmals gleichkäme. Abgesehen von der Reparatur der lokalen Schadstellen genügt eine Beschichtung der Außenfassade, um dem Eindringen von Feuchtigkeit entgegenzuwirken. Soweit der von der Klägerin beauftragte Sachverständige darauf hinweist, dass das Bewehrungseisen in einem deutlich schlechteren Zustand sei als von der Beklagten dargestellt und dass zur Erfassung der Gesamtsituation Bauteilöffnungen erforderlich seien, berücksichtigt er nicht hinreichend, dass beginnende, von außen zunächst nicht sichtbare Korrosionsschäden bereits nach kurzer Zeit zu Rissbildungen und Abplatzungen des Betons führen, nach den Ermittlungen des Ingenieurbüros die Schadensituation im Körnermagazin aber als vergleichsweise stabil einzuschätzen ist. Soweit er darauf hinweist, dass nach den Anlagen F und J der DIN EN 206-1 Beton eine Dauerhaftigkeit von lediglich 50 Jahren aufweise und deshalb die Tragfähigkeit und Gebrauchseigenschaft des Betonskeletts nicht mehr gewährleistet sei, verkennt er, dass die Norm nicht den Zeitraum beschreibt, in dem Beton erhalten werden kann, sondern nur eine Mindestdauer für nach diesen Vorschriften hergestellten Beton definiert, ohne dass in dieser Zeit statisch-konstruktive Maßnahmen erforderlich werden. Da das Betonskelett in seiner Substanz nicht gefährdet ist, liegt der Erhalt des Baudenkmals aus baugeschichtlichen Gründen im Interesse der Allgemeinheit.

1.2 Auch die Geschützremise ist wegen ihrer geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung ein Baudenkmal. Der ziegelgemauerte, zweigeschossige Satteldachbau mit seinen Stichbogenfenstern und dem erhalten gebliebenen Tragwerksystem aus Holz gehört zu den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts üblichen Backsteinbauten der bayerischen Militärverwaltung. Die Beseitigung der Auffahrtrampen zum Obergeschoss, die Schließung und Veränderung von Fenster- und Türöffnungen sowie der Einbau eines Treppenhauses beeinträchtigen zwar den historischen Bestand, können die Denkmaleigenschaft aber nicht in Frage stellen, weil die ursprüngliche Verwendung des Gebäudes zu militärischen Zwecken aufgrund seiner Bauweise und Lage im historischen Festungsbereich weiterhin erkennbar ist. Dass es sich um einen schlichten Zweckbau handelt, ändert an der Denkmalqualität nichts, zumal die Geschützremise die letzte ihrer Art in I. ist und dem Gebäude daher ein gewisser Seltenheitswert zukommt. Darüber hinaus ist die Geschützremise auch aus städtebaulichen Gründen erhaltenswert. Die Remise schließt die östliche Einfahrt in die Altstadt nach dem Passieren des gut erhaltenen „Kavalier Heydeck“ ab und steht daher in prominenter Sichtbeziehung und funktionalem Zusammenhang mit dem aus Verteidigungsbauwerken bestehenden äußeren Ring der Festungsanlage, wie sie sich im ausgehenden 19. Jahrhundert dargestellt hat.

2. Der Bescheid vom 11. Juni 2010, mit dem die Beklagte der Klägerin verboten hat, bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft den Gebäudekomplex schädigende Maßnahmen vorzunehmen, ist nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, soweit er ein Veränderungsverbot für den Verbindungsbau zwischen dem Körnermagazin und der Geschützremise sowie für den südlichen Anbau an die Geschützremise ausspricht. Da die Klägerin beabsichtigte, den gesamten Gebäudekomplex auf dem Grundstück FlNr. 3096/182 abzubrechen, hat die Beklagte zu Recht in entsprechender Anwendung von Art. 4 Abs. 4 DSchG ein Veränderungsverbot für das Körnermagazin und die Geschützremise bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft dieser Gebäude angeordnet. Da aber von Beginn an klar war, dass dem hallenartigen Verbindungsbau zwischen den beiden Gebäuden und dem südlichen Anbau an die Geschützremise keine Denkmalqualität zukommen kann, deren Beseitigung vielmehr mit den Interessen des Denkmalschutzes vereinbar ist, war ein Veränderungsverbot für diese Gebäudeteile nicht erforderlich. Denn das erlassene Verbot aller das Körnermagazin und die Geschützremise beeinträchtigenden Maßnahmen stellte auch bei Abbruch der übrigen Gebäudeteile einen ausreichenden Schutz der beiden denkmalwürdigen Gebäude sicher.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

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(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.