Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 26. Okt. 2012 - 1 B 219/12

bei uns veröffentlicht am26.10.2012

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. Juni 2012 - 2 L 303/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 6. und 9. fallen dem Antragsteller zur Last.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 12.633,04 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Beigeladenen sind Steueramtmänner/-frauen (Besoldungsgruppe A 11). Der Antragsteller hat seit dem 1.9.2009 einen im Katalog über die Bewertung der Dienstposten der Beamten/Beamtinnen des höheren Dienstes und des gehobenen Dienstes bei den Finanzämtern vom 1.10.2011 nach A 12 - A 13, der Beigeladene zu 7. einen nach A 11 - A 12, die Beigeladenen zu 2.- 4., 9., 12., 14. und 15. einen nach A 12, die Beigeladenen zu 1.,5.,8.,10.,11. und 13. einen nach A 12 - A 13 und der Beigeladene zu 6. einen nach A 13 bewerteten Dienstposten inne. Diesen Dienstpostenübertragungen gingen jeweils Ausschreibungen und am Bestengrundsatz ausgerichtete Auswahlentscheidungen voraus.

Der Antragsteller wurde in der letzten Regelbeurteilung, die zum 1.5.2010 erstellt wurde, mit dem Gesamturteil „hat sich besonders bewährt“ beurteilt. Dagegen hat er nach erfolglosem Vorverfahren - Widerspruchsbescheid vom 22.6.2011 - Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht nach Vernehmung des Erstbeurteilers als Zeugen durch Urteil vom 28.8.2012 - 2 K 625/11 - abgewiesen hat. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die letzten Regelbeurteilungen der Beigeladenen schließen jeweils mit dem Gesamturteil „hat sich ausgezeichnet bewährt“ ab.

Der Antragsgegner beabsichtigt, die Beigeladenen, nicht aber auch den Antragsteller unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktionen zu Steueramtsräten/ -rätinnen - Besoldungsgruppe A 12 - zu befördern. Insoweit gab den Ausschlag, dass die Beigeladenen die durch Erlass festgesetzte Mindestwartefrist für eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 12 erfüllt haben, mindestens ein Jahr eine Funktion wahrnehmen, die nach der Dienstpostenbewertung mindestens dem Beförderungsamt entspricht, bei der letzten dienstlichen Beurteilung besser als mit „hat sich besonders bewährt“ sowie bei der vorletzten dienstlichen Beurteilung mindestens mit „hat sich besonders bewährt“ dienstlich beurteilt sind und spätestens zum 1.10.2004 in das derzeitige Statusamt befördert wurden.

Das Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner durch einstweilige Anordnung aufzugeben, die Beförderungsauswahlentscheidung vorläufig nicht zu vollziehen, hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 29.6.2012, dem Antragsteller zugestellt am 2.7.2012, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 9.7.2012 eingegangene und am 2.8.2012 begründete Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 6. und 9. entgegengetreten sind.

II.

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren, in dem es - wie vorliegend - darum geht, dem Dienstherrn die Beförderung eines oder mehrerer Mitbewerber bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur gerecht, wenn es nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleibt. Demgemäß ist fallbezogen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen, ob das fristgerechte Beschwerdevorbringen Anlass zur Annahme gibt, dass die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Durchführung des Bewerbungsverfahrens zumindest möglich erscheint

so BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 -, BVerwGE 138, 102 Rdnr. 32 m.w.N..

Nach Aktenlage steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beschwerdebegründung vom 2.8.2012 - was der Antragsteller danach an Gründen erstmals vorgebracht hat wie die Beanstandung der gebündelten Bewertung von Dienstposten, ist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 6 VwGO wegen Verfristung unbeachtlich - die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht zu erschüttern vermag. Es gibt keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Bewerberauswahl in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht fehlerhaft ist. Vielmehr steht sicher fest, dass der Antragsteller zu Recht bei der Beförderungsauswahl zum 1.4.2012 nicht zum Zuge kam. Er liegt nämlich nach den zur Durchsetzung des Bestengrundsatzes (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG) primär heranzuziehenden Gesamturteilen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen zum 1.5.2010 entscheidend hinter den Beigeladenen zurück.

Das Beförderungssystem im Geschäftsbereich des Antragsgegners verläuft zweistufig. Zunächst werden die Beförderungsdienstposten - also die Dienstposten, die im Vergleich zum innegehabten Statusamt eine Beförderung tragen - in einem am Gebot der Bestenauslese ausgerichteten Auswahlverfahren vergeben. Sodann müssen sich die zum Zuge gekommenen Bewerber/-innen eine gewisse Zeit - im Geschäftsbereich des Antragsgegners ein Jahr - in dem neuen Aufgabenbereich bewähren, also die in dem erwähnten Auswahlverfahren auf die Anforderungen des Beförderungsdienstpostens bezogene Eignungsprognose unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit bestätigen. Dadurch erlangt der Beamte/die Beamtin die „Beförderungsreife“. Da es allerdings wesentlich mehr erprobte Beförderungsdienstposteninhaber als freie Beförderungsplanstellen gibt, dauert es nach Feststellung der Bewährung noch erhebliche Zeit, bis eine Beförderungschance besteht. Über die Reihenfolge der Beförderung der erfolgreich Erprobten wird deshalb in einem zweiten am Leistungsprinzip ausgerichteten Auswahlverfahren entschieden, wobei die Beförderungen unter Beibehaltung der bisherigen Dienstposten erfolgen.

Die Verfassungskonformität dieses Beförderungsauswahlverfahrens ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

Urteile vom 16.8.2001 -2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58, und vom 11.2.2009 - 2 A 7/06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, sowie Beschluss vom 25.10.2011 - 2 VR 4/11 -, NVwZ-RR 2012, 241; zustimmend Lemhöfer in Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz - Stand: Juni 2012 -, § 22 BBG 2009 Rdnr. 16, der treffend von einem „rechtlich atypischen zweiten Beförderungsauswahlverfahren“ spricht,

anerkannt. Es lag den §§ 12 Abs. 2 Nr. 4 BRRG, 12 Abs. 2 Satz 1, 11 BLV a.F. zu Grunde und wird heute in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SBG vorausgesetzt. Wenn es dort heißt, dass „eine Beförderung ... nicht zulässig (ist) während einer mindestens sechsmonatigen Erprobungszeit, in der die Eignung für einen höherbewerteten Dienstposten festgestellt werden soll“, so begründet das zwar vom Wortlaut her keine strikte Erprobungspflicht vor einer Beförderung. Sie lässt eine Erprobung aber zumindest zu und der Antragsgegner verfährt seit Jahren entsprechend, wobei er die Bewährungsfrist von der im Gesetz genannten Untergrenze von sechs Monaten auf zwölf Monate angehoben hat. Letzteres ist rechtlich unbedenklich.

Über diese Bewährung auf einem höherbewerteten Dienstposten verfügt der Antragsteller, denn sein seit dem 1.9.2009 innegehabter Dienstposten ist im Dienstpostenbewertungskatalog mit A 12 - A 13 bewertet, und er hat sich ausweislich des Schreibens des Vorstehers des Finanzamts H-Stadt vom 22.2.2010 in dem neuen Aufgabengebiet bewährt.

Nicht anders liegt es bei allen Beigeladenen. Dies liegt mit Blick auf die Beigeladenen zu 1. bis 6. und 8. bis 15. auf der Hand, da deren Dienstposten nach A 12 bzw. A 12 - A 13 bzw. A 13 bewertet sind. Das sind auch im Verständnis der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.1.2007

- 2 A 2/06 -, Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4 Rdnrn. 11/12,

und vom 30.6.2011

- 2 C 19/10 -, BVerwGE 140, 83 Rdnr. 30,

wonach ein gebündelter Dienstposten für einen Beamten im niedrigeren Statusamt kein höherbewerteter Dienstposten ist, höherbewertete Dienstposten. Die Bewährung wurde jeweils festgestellt. Nichts anderes gilt aber im Ergebnis für den Beigeladenen zu 7. Dessen Dienstposten ist nach A 11 - A 12 bewertet. Diese Bewertung trägt ebenfalls ohne vorherige erneute Erprobung eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 12. Das hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 18.9.2012 - 1 B 226/12 - ausführlich dargelegt; da dieser Beschluss dem Antragsgegner, den Beigeladenen und den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vorliegt, kann hierauf Bezug genommen werden.

Damit gibt den Ausschlag, dass der Antragsteller im Vergleich zu allen Beigeladenen in seinen Leistungen entscheidend zurückliegt. Das ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der insoweit primär heranzuziehenden Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen zum 1.5.2010. Zwischen dem genannten Beurteilungsstichtag und dem Zeitpunkt der streitigen Beförderungsauswahl liegen dreiundzwanzig Monate. Damit waren die genannten dienstlichen Beurteilungen auch im Lichte des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2011

- 2 C 19/10 -, a.a.O., Rdnr. 23,

bezogen auf den Beförderungstermin 1.4.2012 noch hinreichend aktuell.

In seinem Urteil vom 30.6.2011

- 2 C 19/10 -, a.a.O., Rdnr. 23,

hat das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf Regelbeurteilungen innerhalb einer großen Bundesverwaltung, nämlich der Zollverwaltung, einen Zeitraum von fast drei Jahren als „deutlich zu lang“ bezeichnet, um noch als Grundlage für eine am Bestengrundsatz auszurichtende Personalentscheidung tauglich zu sein. Weiterhin wurde unter Berufung auf das Urteil vom 11.2.2009

- 2 A 7/06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rdnr. 20,

ausgeführt, bereits nach anderthalb Jahren sei eine Regelbeurteilung nicht mehr hinreichend aussagekräftig, wenn der Beurteilte nach dem Beurteilungsstichtag andere Aufgaben wahrgenommen hat. In dem Beschluss vom 27.9.2011

- 2 VR 3/11 -, NVwZ-RR 2012, 71 Rdnr. 29,

hat das Bundesverwaltungsgericht eine Auswahlentscheidung vom 7.1.2011, die auf eine Regelbeurteilung zum 1.7.2009 gestützt war, also zum Entscheidungszeitpunkt 18 Monate und sechs Tage zurücklag, gebilligt, ohne die Frage der hinreichenden Aktualität dieser Beurteilung auch nur aufzuwerfen. In dem Beschluss vom 22.9.2009

- 1 WB 4/05 -, Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 6 Rdnr. 25; sinngemäß ebenso Beschluss vom 24.9.2011 - 1 WB 59/10 -, NVwZ-RR 2012, 32 Rdnr. 32;

hat das Bundesverwaltungsgericht schließlich in einem Fall, in dem der dortige Kläger - ein Soldat - zuletzt zum 31.3.2002 dienstlich beurteilt worden war, folgendes ausgeführt:

„Diese Beurteilung hatte im Herbst 2004 (zu diesem Zeitpunkt war eine Personalentscheidung betreffend den Kläger zu treffen - Ergänzung durch den Senat -) noch nicht ihre Aktualität verloren. In der Rechtsprechung wird überwiegend angenommen, dass eine Regelbeurteilung … jedenfalls während des folgenden Dreijahreszeitraums für eine Auswahlentscheidung oder für deren Vorbereitung in diesem Zeitraum hinreichende Aktualität besitzt und behält. Dies muss nach Auffassung des Senats uneingeschränkt dann gelten, wenn während dieses Dreijahreszeitraums in der Verwendung des betroffenen Soldaten nicht so einschneidende Änderungen eingetreten sind, dass sie zum Gegenstand einer Sonderbeurteilung gemacht werden müssten.“

Das leuchtet als allgemeiner Maßstab ein, wobei als „so einschneidende Änderung…, dass sie zum Gegenstand einer Sonderbeurteilung gemacht werden müsste“, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher einzig der Fall der Übernahme anderer Dienstaufgaben nach dem Beurteilungsstichtag anerkannt ist. Nur so bleibt das in den §§ 39 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SLVO 2011, 40 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SLVO a. F. vorausgesetzte Verhältnis zwischen Regel- und Anlassbeurteilung zueinander aufrechterhalten. Regelbeurteilungen werden ohne Bezug zu einer unmittelbar bevorstehenden Personalmaßnahme zu vorher bestimmten Stichtagen für gleiche Beurteilungszeiträume gefertigt, wobei Leistung und Eignung einer größeren Zahl von Beamten typischerweise derselben Laufbahn- und Besoldungsgruppe miteinander verglichen und auf der Grundlage dieses Vergleichs in vorgegebene Wertungsskalen eingeordnet werden. Damit wird zugleich eine Wettbewerbssituation geklärt, wobei die entsprechende Einstufung grundsätzlich bis zum nächsten Beurteilungsstichtag gültig bleiben soll. Nur wenn dienstliche oder persönliche Gründe, insbesondere eine effektive Durchsetzung des Art. 33 Abs. 2 GG dies - ausnahmsweise - erfordern, sind zusätzlich zu den Regelbeurteilungen zwischen den Regelbeurteilungsstichtagen Anlassbeurteilungen zur Vorbereitung bestimmter Personalmaßnahmen zu fertigen. Weitergehend auf Anlassbeurteilungen zu setzen, ließe außer Acht, dass Anlassbeurteilungen im Vergleich zu Regelbeurteilungen verstärkt dem Verdacht ausgesetzt sind, „voluntativ“ beeinflusst zu sein, und ließe zudem unberücksichtigt, wie viel Arbeit und Zeit mit jeder Beurteilungsrunde verbunden sind

zu alldem Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter - Stand: September 2012 -, Rdnrn. 230 ff.; Baßlsperger, Topfwirtschaft: Leistungsprinzip versus Praktikabilität, ZBR 2012, 109 (116); Lindner, Beförderungen in personalintensiven Verwaltungen, RiA 2012, 10 (14), und von Roetteken, Konkretisierung des Prinzips der Bestenauslese in der neueren Rechtsprechung, ZBR 2012, 230 (236).

Dies bedenkend hält der beschließende Senat einen Zeitraum von - wie hier - 23 Monaten zwischen Beurteilungsstichtag und Beförderungstermin für im Regelfall unbedenklich, um in den Regelbeurteilungen eine taugliche Grundlage für die Auslese zu sehen

so schon Beschlüsse vom 7.9.2012 - 1 B 213/12 - und vom 18.9.2012 - 1 B 226/12 -; vgl. auch § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG.

Deshalb wäre im Falle des Antragstellers ergänzend zur Regelbeurteilung zum 1.5.2010 eine Anlassbeurteilung im Vorfeld des Beförderungstermins 1.4.2012 nur zu fertigen gewesen, wenn er nach dem letzten Regelbeurteilungsstichtag andere Aufgaben übernommen hätte. So liegt der Fall indes nicht. Der Antragsteller hat vielmehr bereits zum 1.9.2009 - die Angabe 1.9.2008 in der dienstlichen Beurteilung ist offensichtlich falsch und sollte umgehend verbessert werden - sein Arbeitsgebiet gewechselt. Vorher war er Prüfer in der Bezirksbetriebsprüfung des Finanzamts Saarlouis - diese Funktion war und ist nach A 11 bewertet -; seither ist er als Prüfer in der Groß- und Konzernbetriebsprüfung des Finanzamts H-Stadt, Mainzer Straße, eingesetzt, und dieser Dienstposten ist nach A 12 - A 13 bewertet. Die neue und im Vergleich zum innegehabten Statusamt höherbewertete Tätigkeit war damit bereits in der dienstlichen Beurteilung zum 1.5.2010 zu berücksichtigen. Dies ist auch geschehen, wie insbesondere der Einsatz des als Erstbeurteiler tätig gewordenen Vorstehers des genannten Saarbrücker Finanzamts zugunsten des Antragstellers im Rahmen der Beurteilungsrunde 2010 klar zeigt.

Die hier gegebene Konstellation ist, was das Erfordernis einer Anlassbeurteilung zur Durchsetzung des Art. 33 Abs. 2 GG anlangt, der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgearbeiteten Fallgestaltung nicht gleichzusetzen. Sicherlich mussten bei der Beurteilungsrunde 2010 neben dem Einsatz des Antragstellers in der Groß- und Konzernbetriebsprüfung in der Zeit vom 1.9.2009 bis zum 30.4.2010 auch dessen Leistungen in der Bezirksbetriebsprüfung des Finanzamts Saarlouis in der Zeit vom 1.5.2007 bis zum 31.8.2009 gebührend berücksichtigt und bewertet werden, zumal bezogen auf den gesamten Beurteilungszeitraum die Verwendung beim Finanzamt Saarlouis zeitlich deutlich überwog. Der Beurteilungsstreit hat weiterhin ergeben, dass der Vorsteher des Finanzamts Saarlouis die Leistungen des Antragstellers zwischen dem 1.5.2007 und dem 31.8.2009 weniger gut einstufte als der Vorsteher des Finanzamts H-Stadt die Leistungen des Antragstellers zwischen dem 1.9.2009 und dem 1.5.2010. Die Beweisaufnahme, die das Verwaltungsgericht im Beurteilungsprozess am 28.8.2012 durchgeführt hat, belegt hierzu, dass der Vorsteher des Finanzamts Saarlouis, gestützt auf eine mündliche Stellungnahme des früheren Sachgebietsleiters des Antragstellers, dem Vorsteher des Finanzamts H-Stadt in mehreren Beurteilungsbeiträgen deutlich machte und erläuterte, dass und warum er - bezogen auf die Zeit vom 1.5.2007 bis zum 31.8.2009 - die Leistungen des Antragstellers mit der Wertungsstufe „hat sich besonders bewährt“ sachgerecht erfasst sah. Der Vorsteher des Finanzamts H-Stadt schwankte demgegenüber - bezogen auf die Zeit vom 1.9.2009 bis zum 1.5.2010 - zwischen den Wertungsstufen „hat sich ausgezeichnet bewährt“ und „hat sich besonders bewährt“. Schließlich wurde - nach zwei Gremiumsbesprechungen - Einvernehmen erzielt, dass für den gesamten Beurteilungszeitraum das Gesamturteil „hat sich besonders bewährt“ angezeigt ist. In diesem Zusammenhang hält der Senat in Bezug auf die Frage nach der Erforderlichkeit einer Anlassbeurteilung im Vorfeld des Beförderungstermins 1.4.2012 eines für besonders bedeutsam: Bezogen auf die Leistungen allein beim Finanzamt H-Stadt hielt dessen Vorsteher zunächst die Wertungsstufe „hat sich ausgezeichnet bewährt“ für gerechtfertigt, wobei er vor allem das besondere Engagement des schwerbehinderten - Grad der Behinderung: 80 v. H. - Antragstellers bei der Erledigung der Aufgaben seines neuen und im Vergleich zum innegehabten Statusamt höherbewerteten Dienstpostens herausstellte. Dabei teilte er dem Antragsteller - noch vor Einholung des Beurteilungsbeitrags des Vorstehers des Finanzamts Saarlouis - im amtsinternen Ranking vorläufig Platz 15 unter 41 Steueramtmännern/ -frauen zu und reihte ihn in den Kreis der Kandidaten für die Wertungsstufe „hat sich ausgezeichnet bewährt“ ein. Nach den Erörterungen im Gremium, in deren Rahmen gleiche Maßstäbe für die dienstlichen Beurteilungen aller Beamten ein und derselben Besoldungsgruppe entwickelt und die Schnittstellen zwischen den einzelnen Wertungsstufen bestimmt werden (vgl. Tz. 8.1 Satz 2 BRL), kamen indes nur 12 Steueramtmänner/ -frauen des Finanzamts H-Stadt, Mainzer Straße, bei der Vergabe der Spitzennote, für die ein Richtwert von 18 v. H. vorgegeben ist, der nur geringfügig überschritten werden kann (Tz. 9.3 Satz 1 BRL), zum Zuge. Also scheiterte der Antragsteller bei seinem Kampf um das Gesamturteil „hat sich ausgezeichnet bewährt“ nicht erst beziehungsweise nur an den tendenziell ungünstigeren Beurteilungsbeiträgen des Vorstehers des Finanzamts Saarlouis, sondern - zumindest auch - an der Erkenntnis des Erstbeurteilers, dass der im Gremium erarbeitete und landesweit durchzusetzende Beurteilungsmaßstab strenger ausfiel als der zuvor auf Finanzamtsebene entwickelte vorläufige Maßstab. Gerade dies bedenkend liegt fallbezogen keine Sondersituation vor, die zur Durchsetzung des Bestengrundsatzes (Art. 33 Abs. 2 GG) die Erstellung einer Anlassbeurteilung des Antragstellers zur Vorbereitung der Beförderungsauswahl zum 1.4.2012 erforderlich gemacht hätte. Vielmehr liegt bei ihm - lediglich - die Annahme mehr oder weniger nah, dass er im Rahmen seines weiteren Einsatzes auf dem neuen Dienstposten insbesondere zusätzliches Fachwissen und Berufserfahrung gewonnen und dadurch seine Leistungen weiter gesteigert hat und, da er bereits zum 1.5.2010 verhältnismäßig nahe an der Schnittstelle zur Wertungsstufe „hat sich ausgezeichnet bewährt“ eingestuft worden war, zum 1.5.2013 als dem nächsten Regelbeurteilungstermin mit der Zuerkennung der Spitzennote rechnen kann. Dass Leistungssteigerungen durchweg etwas mit zunehmender Berufserfahrung zu tun haben und in zeitlicher Nähe zu einem Dienstpostenwechsel besonders wahrscheinlich sind, ist aber eine allgemein bekannte Tatsache, die allerdings beurteilungsbezogen der individuellen Bestätigung bedarf. Jedenfalls handelt es sich um eine durchaus typische, nämlich bei vielen Beamten/Beamtinnen festzustellende Entwicklung zwischen zwei Beurteilungsstichtagen und damit nicht um eine Sondersituation, die das Erfordernis einer Anlassbeurteilung begründen könnte. Auch in solchen Fällen zur Vorbereitung einer 23 Monate nach dem Beurteilungsstichtag vorzunehmenden Beförderungsauswahl die Fertigung einer Anlassbeurteilung zu verlangen, liefe auf eine nicht akzeptable Entwertung des Aussagegehalts von Regelbeurteilungen hinaus.

Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers zum 1.5.2010 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Allein die Tatsache, dass der Beurteilungsrechtsstreit noch nicht endgültig abgeschlossen ist, genügt nicht, um die schutzwürdige Möglichkeit zu bejahen, dem Antragsteller hätte bereits zum 1.5.2010 die Spitzennote zuerkannt werden müssen. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der weiteren Rechtsverfolgung des Antragstellers im Beurteilungsstreit im Rahmen des vorliegenden Anordnungsverfahrens inzident einzuschätzen. Damit gibt den Ausschlag, dass der beschließende Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28.8.2012 - 2 K 625/11 -, in dem alle damaligen Einwände des Antragstellers gegen die Rechtmäßigkeit der genannten Beurteilung zurückgewiesen werden, für überzeugend hält. Ergänzend verweist der Senat lediglich auf seine vorstehende Erwägung (S. 12). Die mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vom 19.10.2012 eingeleitete weitere Rechtsverfolgung erscheint gänzlich aussichtslos.

Damit steht aber fest, dass der Antragsgegner den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsvergleich mit Blick auf den Antragsteller an dessen Regelbeurteilung zum 1.5.2010 ausrichten durfte. Entsprechendes gilt für die Beigeladenen. In Bezug auf deren dienstliche Beurteilungen zum 1.5.2010, insbesondere die darin zugebilligten Gesamturteile, sieht der Senat keinen Grund zu rechtlichen Bedenken. Damit gibt den Ausschlag, dass alle Beigeladenen zu dem genannten Stichtag mit der Spitzennote „hat sich ausgezeichnet bewährt“ dienstlich beurteilt wurden, der Antragsteller dagegen nur mit der zweitbesten Note „hat sich besonders bewährt“. Das verbietet die Annahme im Wesentlichen gleicher Leistungsstärke, und es ist auch kein Grund ersichtlich, warum dennoch dem Antragsteller auch nur ein Leistungsgleichstand zuerkannt werden könnte. Vielmehr ist von einem durchgreifenden Leistungsvorrang der Beigeladenen vor dem Antragsteller auszugehen.

Ergänzend bemerkt der Senat, dass der Antragsteller nach Aktenlage zum nächsten Beförderungstermin gute Chancen haben dürfte, befördert zu werden, sofern er sein vom Erstbeurteiler bei der Beurteilungsrunde 2010 herausgestelltes Engagement beibehalten oder sogar noch gesteigert hat. Der Beförderungstermin 1.4.2012 kam für ihn aber zu früh.

Nach allem ist ein Anordnungsanspruch des Antragstellers zu verneinen, mithin unter Zurückweisung der Beschwerde die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2, 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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bei uns veröffentlicht am 02.07.2014

Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 28. Februar 2014 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen K

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 05. Sept. 2013 - 1 B 343/13

bei uns veröffentlicht am 05.09.2013

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. Mai 2013 – 2 L 348/13 – wird zurückgewiesen.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen fallen der Antragsgeg

Referenzen

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.

2

Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.

3

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.

4

Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.

5

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.

6

Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.

7

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

8

Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.

9

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.

10

Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

13

Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).

15

Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.

16

Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.

17

1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.

18

Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).

19

Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.

20

Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).

21

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).

22

Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.

23

Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.

24

Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).

25

Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.

26

Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.

27

Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).

28

Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).

29

2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.

30

Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).

31

Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.

32

Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).

33

Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:

34

Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).

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Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).

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Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.

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Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.

38

Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).

39

Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.

40

Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.

41

Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.

42

Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.

43

3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.

44

Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.

45

Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).

46

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).

47

Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35 ).

48

Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.

49

Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.

50

Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.

51

Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.

52

Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.

53

Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.

54

Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).

55

Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.

56

Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.

57

Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.

58

Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).

59

4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).

60

Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).

61

Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Legen Beamtinnen oder Beamte, deren Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis ruhen oder die ohne Besoldung beurlaubt sind, ihr Mandat im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder in der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes nieder und bewerben sie sich zu diesem Zeitpunkt erneut um ein Mandat, ist die Übertragung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt und die Übertragung eines anderen Amtes beim Wechsel der Laufbahngruppe nicht zulässig. Satz 1 gilt entsprechend für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst der Antragsgegnerin. Er wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Besetzung des mit der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Referatsleiters "Technische Analyse und DV-Unterstützung" bei der Antragsgegnerin mit dem Beigeladenen.

2

Die Antragsgegnerin entwickelte aus einer Dienstpostenbeschreibung ein Anforderungsprofil und schrieb den Dienstposten des Referatsleiters im Februar 2010 entsprechend aus. Hierauf bewarben sich u.a. der Antragsteller und der Beigeladene, die beide in die engere Auswahl kamen. Die Antragsgegnerin entschied sich für den Beigeladenen, weil dieser - anders als der Antragsteller - bereits mehr als ein Sachgebiet erfolgreich geleitet hatte, so dass sie bei ihm einen Vorsprung in den Kriterien Führungserfahrung und Führungskompetenz sah. Sie beauftragte ihn mit der Wahrnehmung der Geschäfte ab dem 1. Juni 2011. Gegen die entsprechende Mitteilung erhob der Antragsteller Widerspruch und begehrt Eilrechtsschutz.

3

Er ist der Auffassung, er erfülle - anders als der Beigeladene - alle im Anforderungsprofil genannten Kriterien. Mangelnde Führungserfahrung wegen nur einer Verwendung in Führungsfunktion könne ihm nicht vorgehalten werden. In den entsprechenden Beurteilungsmerkmalen sei er im Wesentlichen gleich gut wie der Beigeladene beurteilt worden. Außerdem unterliege die aktuelle Beurteilung des Beigeladenen Zweifeln.

4

Der Antragsteller beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

der Antragsgegnerin zu untersagen, den Beigeladenen weiterhin mit der Wahrnehmung der Geschäfte des von ihr zur Besetzung ausgeschriebenen Dienstpostens T3DY001 vor einer Entscheidung in der Hauptsache zu beauftragen.

5

Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen und beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

6

Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin übersandten Verwaltungsvorgänge sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 28. September 2011 verwiesen.

II.

8

Für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuständig.

9

Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Beauftragung des Beigeladenen mit der Wahrnehmung des streitigen, nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten, Dienstpostens die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

10

1. Ein Beamter kann wegen der Ablehnung seiner Bewerbung um einen Beförderungsdienstposten durch die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zu verhindern suchen, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden. Ein mit der Ausschreibung und der Übertragung des Beförderungsdienstpostens begonnenes und fortgeführtes Stellenbesetzungsverfahren ist grundsätzlich erst mit der Ernennung des anderen Bewerbers endgültig abgeschlossen. Demgemäß hat sich das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht durch eine zur Erprobung vorgenommene oder eine endgültige Übertragung des Beförderungsdienstpostens auf den Mitbewerber erledigt. War die Entscheidung zugunsten des Mitbewerbers ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, so kann sie neu getroffen bzw. durch eine andere Auswahlentscheidung ersetzt und gegebenenfalls eine rechtswidrige Besetzung des Dienstpostens mit dem Mitbewerber rückgängig gemacht und der Beförderungsdienstposten anderweitig besetzt werden (Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 = juris Rn. 16 m.w.N. und vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 = juris Rn. 27; Beschluss vom 7. März 1990 - BVerwG 2 B 154.89 - juris Rn. 2).

11

Die Auswahl unter Bewerbern, deren statusrechtliches Amt der Rangordnung nach niedriger ist als die Besoldungsgruppe, der der zu besetzende Dienstposten zugeordnet ist, hat gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und den die Verfassungsnorm konkretisierenden beamtenrechtlichen Vorschriften allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen (stRspr; vgl. insbesondere Urteile vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - Rn. 20 ff. = NJW 2011, 695 ff. = NVwZ 2011, 358 ff. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - Rn. 21 ). Nach § 22 Abs. 2 BBG setzen Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus (vgl. auch § 32 Nr. 2 BLV). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen aus laufbahnrechtlichen Gründen für eine Beförderung nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um "Beförderungsdienstposten" (vgl. zum Ganzen: Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 = juris Rn. 29 f. und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 = juris Rn. 49 m.w.N.).

12

Dieser Umstand begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannt werden dürfen. Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 32). Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 f.; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <373>= Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 9; Beschluss vom 20. Januar 2004 - BVerwG 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 = juris Rn. 8).

13

2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung verletzt ihn nicht in seinen Rechten.

14

Der Entscheidung über die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens dürfen nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Dies bedeutet, dass jeder Bewerber einen Anspruch darauf hat, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Anspruch ist erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für besser geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen ein Bewerber eindeutig am besten geeignet ist, hat dieser einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 22). Ansonsten folgt aus einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs ein Anspruch auf erneute Entscheidung über die Besetzung.

15

Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich gewachsen ist. Der Leistungsvergleich muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 a.a.O. Rn. 16). Die ausschlaggebende Bedeutung des Gesamturteils ist Ausdruck des Laufbahnprinzips. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind. Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (vgl. §§ 7 bis 9 BLV; Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Rn. 23 ).

16

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstlichen Beurteilungen heranziehen, um festzustellen, ob und inwieweit die einzelnen Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen können nur ergänzend herangezogen werden (stRspr; vgl. nur Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 f. und vom 30. Juni 2011 a.a.O. Rn. 16 f.).

17

Durch ein Anforderungsprofil für einen Dienstposten legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus fest. Die Funktionsbeschreibung des Dienstpostens bestimmt objektiv die Kriterien, die der Inhaber erfüllen muss. An ihnen werden, und zwar wiederum vorrangig anhand der Aussagen in den dienstlichen Beurteilungen, die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen, um eine optimale Besetzung des Dienstpostens zu gewährleisten. Sonstige aussagekräftige Umstände dürfen ergänzend einbezogen und gewürdigt werden, wenn sie in den dienstlichen Beurteilungen nicht vollständig berücksichtigt sind. Je mehr das abschließende Gesamturteil eines Bewerbers abfällt, desto größer muss sein Vorsprung bei den spezifischen dienstpostenbezogenen Leistungskriterien sein, damit er ausgewählt werden kann. Ob der Dienstherr diese Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt in vollem Umfange gerichtlicher Kontrolle. Es bleibt aber seiner Entscheidung überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umstände er das größere Gewicht beimisst (vgl. Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3 = juris Rn. 32 und Beschluss vom 27. September 2011 a.a.O. Rn. 25).

18

Grundsätzlich kann bei der Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt. Das Anforderungsprofil entfaltet Bindungswirkung für die Gewichtung der Leistungsmerkmale bei der Bewerberauswahl. Art und Ausmaß der Bindungswirkung eines konkreten Anforderungsprofils hängen von dem Inhalt ab, den ihm der Dienstherr im Einzelfall gibt. Dieser Inhalt ist durch Auslegung zu bestimmen (vgl. Urteil vom 16. August 2001 a.a.O., Beschluss vom 11. August 2005 - BVerwG 2 B 6.05 - juris Rn. 6 ff., 11). Danach kann der Dienstherr einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, im Hinblick auf das Anforderungsprofil dann den Vorrang einräumen, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt.

19

3. Die bei der Auswahlentscheidung für den Dienstherrn entscheidungserheblichen Kriterien sind in dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des B. an das Bundeskanzleramt vom 25. März 2011 (gleichlautend der Vorschlag von ZYB vom 9. März 2011 an den Präsidenten des B.) niedergelegt, das unter dem 11. April 2011 dessen Zustimmung erfahren hat. Nur dieser endgültige Auswahlvermerk/Besetzungs-vorschlag des Präsidenten, gebilligt durch das Bundeskanzleramt, muss der rechtlichen Überprüfung standhalten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es auf sonstige, auf diese endgültige Auswahlentscheidung hinführende Vorarbeiten durch Sachbearbeiter (erste Durchsicht vom Februar 2010, vorläufige Gegenüberstellung ohne Sichtung der Personalakten vom November 2010) oder sonstiger, für die Personalentscheidung unzuständiger Personen (Vorschlag des sogenannten "Bedarfsträgers" UAL T3 vom Januar 2011 mit Ergänzung vom Februar 2011, Vorschlag von ZYB an den Präsidenten des B. vom 9. März 2011) nicht an.

20

Nach diesem Auswahlvermerk sind zunächst sieben Bewerber nicht in den engeren Bewerberkreis aufgenommen worden, weil sie bestimmte Anforderungsmerkmale nicht erfüllten. Von den verbliebenen vier Bewerbern wurden sodann weitere zwei Bewerber - u.a. der Antragsteller - ausgeschieden, weil ihnen die nach den Verwendungs- und Fördergrundsätzen erforderliche Bewährung in mindestens zwei Sachgebietsleitungen fehlte. Hierzu hieß es in Bezug auf den Antragsteller:

"Unbestritten seiner Fachkompetenz und seines überdurchschnittlichen Leistungsbildes erfüllt Herr R. nicht die Vorgaben der Verwendungs- und Fördergrundsätze im ... (...) De facto fehlt Herrn R. eine zweite SGL-Verwendung. Hinzu kommt, dass der Beamte seine Führungskompetenz lediglich in einem sehr kleinen SG nachweisen konnte."

21

In die engere Auswahl kamen sodann nur der Beigeladene und ein dritter Bewerber, für die festgestellt wurde, dass die geforderte Führungskompetenz bei ihnen grundsätzlich vorhanden sei, da sie langjährige Erfahrungen als Sachgebietsleiter vorweisen könnten. Insoweit weise der Beigeladene einen signifikanten Vorsprung auf. In Bezug auf den Beigeladenen wird u.a. vermerkt, dass dieser zwar keinen intensiven Erfahrungshorizont in der Kryptoanalyse vorweisen könne, aber aufgrund der ständig sehr engen Zusammenarbeit seiner Außenstellen mit den entsprechenden kryptologischen Arbeitsbereichen mit der Thematik vertraut sei. Mit der "Großrechnerwelt" müsse er noch vertraut gemacht werden. In der fachlichen Eignung seien die Bewerber im Wesentlichen gleich, ausschlaggebend seien Führungserfahrung und Führungskompetenz, die beim Beigeladenen am stärksten ausgeprägt seien.

22

Dies verletzt im Ergebnis keine Rechte des Antragstellers.

23

a) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Auswahlentscheidung davon ausging, dass die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen im Wesentlichen gleich sind. Ein Beurteilungsfehler ist nicht zu erkennen.

24

In der aktuellen Regelbeurteilung zum 1. April 2010 sind sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene in der Leistungsbewertung insgesamt mit der zweithöchsten möglichen Punktzahl 8 (Notenstufe 2) beurteilt worden; in den 21 Einzelmerkmalen erhielt der Antragsteller einmal 6, dreimal 7, viermal 9 und im Übrigen 8 Punkte, der Beigeladene fünfmal 7, zweimal 9 und im Übrigen 8 Punkte. Dabei ist der Antragsteller in den jeweiligen Arbeitsbereichen lediglich im Bereich Führung (sechs Einzelmerkmale) um insgesamt 1 Punkt schlechter als der Beigeladene beurteilt worden. Die Verbalbegründungen lassen beim Antragsteller den Schwerpunkt in den Fachkenntnissen, beim Beigeladenen in der Mitarbeiterführung erkennen. In der Befähigungsbewertung erhielt der Antragsteller bei den 19 Einzelmerkmalen eine insgesamt bessere Bewertung mit einmal B (Präsentationsfähigkeit), sechsmal C und im Übrigen den höchsten Ausprägungsgrad D. Der Beigeladene erhielt fünfmal D und im Übrigen C. Abschließend wird beiden bescheinigt, dass sie Referatsleiter werden sollten bzw. könnten. In der Vorbeurteilung im Jahr 2007 kam der Beigeladene in der Leistungsbewertung mit insgesamt 6 Punkten lediglich in die Notenstufe 3, während der Antragsteller 7 Punkte (Notenstufe 2) erhielt. Die Befähigungsbewertung des Antragstellers war unverändert, die des Beigeladenen hingegen schwächer mit viermal B, dreimal D und im Übrigen C. In der davor liegenden Beurteilung im Jahr 2004 erhielten beide eine 2 +.

25

Betrachtet man diese Beurteilungslage allein nach den Einzelbewertungen, ergibt sich ein leichter Vorsprung des Antragstellers, der noch durch die bessere Vorbeurteilung verstärkt wird. Legt man hingegen den Schwerpunkt auf Führungserfahrung und -kompetenz, ergibt sich insbesondere unter Auswertung der Verbalbewertungen ein Gleichstand, wenn nicht sogar ein leichter Vorsprung des Beigeladenen.

26

Der Antragsteller ist der Auffassung, bei der jetzigen Beurteilung habe der Beigeladene einen unerklärlichen Notensprung gemacht. Dies ist nicht der Fall. Sowohl er selbst als auch der Beigeladene haben sich im Vergleich zur Vorbeurteilung verbessert. Für den Antragsteller und den Beigeladenen waren jeweils die gleichen Zweitbeurteiler zuständig, wenn auch 2007 ein anderer als 2010. In der Vorbeurteilung war der Beigeladene erst durch den Zweitbeurteiler schlechter beurteilt worden, der dies damit begründete, dass sich der Beigeladene für die Notenstufe 2 noch im Bereich Arbeitsweise steigern müsse und zu zurückhaltend sei. Insgesamt hieß es aber schon damals prognostisch, dass er künftig häufig herausragende Leistungen werde erbringen können. Der jetzige "Notensprung" des Beigeladenen wird neben den fachlichen Leistungen, ausgewiesen durch herausragende Arbeitsergebnisse, und mit seinen besonderen Leistungen in der gleichzeitigen Leitung zweier Sachgebiete nachvollziehbar begründet.

27

b) Nach dem endgültigen Auswahlvermerk waren die Beurteilungen nicht ausschlaggebend. Das zeigte sich bereits daran, dass der Antragsteller - anders als ein anderer, in der Gesamtnote um einen Punkt schlechter beurteilter Bewerber - nicht in die Schlussauswahl kam. Im Vergleich zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsteller ging die Auswahlentscheidung davon aus, dass beide die besonderen fachspezifischen Anforderungen an den Dienstposten erfüllten, dem Antragsteller jedoch eine zweite Verwendung als Sachgebietsleiter fehlte.

28

Ausweislich des Anforderungsprofils werden unter anderem Führungskompetenz, langjährige Erfahrung in Führungspositionen im technischen Bereich, insbesondere Verfügen über umfassende Fachkenntnisse in der Fernmeldeaufklärung, umfassende Kenntnisse und Erfahrung in der Kryptonanalyse und in ihrer spezifischen Methodik sowie Erfahrung im Einsatz von Hochleistungsrechnern verlangt. Eine Abstufung zwischen den Einzelmerkmalen nimmt die Ausschreibung nicht vor.

29

Nachdem keiner der Bewerber sämtliche dieser Anforderungsmerkmale vollständig erfüllen konnte, ist darauf abgestellt worden, ob die Bewerber zumindest das ihnen jeweils fehlende Einzelmerkmal dem Grunde nach beherrschen und der Schwerpunkt auf die Merkmale "Führungskompetenz" und "langjährige Erfahrung in Führungspositionen im technischen Bereich, insbesondere Verfügen über umfassende Fachkenntnisse in der Fernmeldeaufklärung" gelegt worden, mit denen das Anforderungsprofil an vorderster Stelle und zudem in zwei Merkmalen Führungskompetenz und Führungserfahrung verlangt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

30

Ergibt die Betrachtung des Bewerberfeldes, dass keiner der Bewerber alle Voraussetzungen des Anforderungsprofils vollständig erfüllt, kann der Dienstherr entweder das Auswahlverfahren abbrechen oder aber es fortsetzen und denjenigen Bewerber auswählen, der die nach der Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv erforderlichen Kriterien am besten erfüllt. Dabei bleibt es seiner Entscheidung überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung rechnenden Umstände er das größere Gewicht beimisst. Allerdings muss sich diese - nachträglich vorgenommene Gewichtung - nachvollziehbar aus der Dienstpostenbeschreibung herleiten lassen. Ob dies der Fall ist, ist rechtlich in vollem Umfang überprüfbar.

31

Das Abstellen auf Führungskompetenz und -erfahrung entspricht der Dienstpostenbeschreibung der Leitung des Referats "Technische Analyse und DV - Unterstützung". Danach fallen überwiegend (zu 80 %) Leitungs- und Führungsaufgaben (insbesondere Planung, Koordinierung und Steuerung der Auftragserledigung im Referat sowie Entscheidung über den Ressourceneinsatz durch Priorisierungen) in den Aufgabenbereichen des Referats an. Daneben umfasst die Leitung des Referats vor allem die letztverantwortliche Entscheidung über "ob" und "wie" der Weitergabe der gewonnenen Informationen, das Anregen und Überprüfen von technischen und betrieblichen Konzepten und die Wahrnehmung von Abstimmungsgesprächen und Besprechungen mit externen Stellen.

32

Wie sich sowohl aus dem Inhalt der Personalakte des Antragstellers ergibt als auch von ihm im Erörterungstermin bestätigt wurde, hat er bislang weder in der Nachrichtengewinnung noch in der Nachrichtenbearbeitung gearbeitet, sodass ihm die im Anforderungsprofil geforderten umfassenden Kenntnisse in der Fernmeldeaufklärung, zu der auch diese beiden Bereiche gehören, fehlen. Der Beigeladene hat keine umfassenden Kenntnisse und Erfahrung in der Krypto-analyse und in ihrer spezifischen Methodik, denn er hat lediglich in der Codieranalyse gearbeitet, die nur einen Teilbereich der Kryptoanalyse darstellt. Dies ergibt sich aus seiner Personalakte und wurde im Erörterungstermin bestätigt. Im Erörterungstermin blieb die Erfahrung des Beigeladenen im Einsatz von Hochleistungsrechnern unklar, da der Antragsteller und die Antragsgegnerin hierfür unterschiedliche Definitionen benutzten. Da es insoweit entscheidend darauf ankommt, was die Antragsgegnerin unter diesem Anforderungsmerkmal versteht, wäre es nach ihren Ausführungen im Erörterungstermin zwar auch beim Beigeladenen erfüllt, jedoch heißt es im Auswahlvermerk insoweit, dass der Beigeladene mit der "Großrechnerwelt" noch vertraut gemacht werden müsste, wobei die Begriffe Hochleistungsrechner und Großrechnerwelt offenbar synonym verwandt werden.

33

Das Anforderungsprofil verlangt langjährige Erfahrung in Führungspositionen im technischen Bereich, also schon vom Wortlaut her die Tätigkeit in mehr als nur einer Führungsposition. Dies kann der Antragsteller - anders als der Beigeladene - nicht aufweisen. Er war nur für einen sehr kurzen Zeitraum (ca. zwei Monate) in einem anderen Sachgebiet als Leiter tätig. Die Tätigkeiten des Antragstellers als stellvertretender Referatsleiter und als Projektleiter wertet die Antragsgegnerin nicht als Tätigkeiten in Führungspositionen im Sinne des Anforderungsprofils. Dies ist von ihrem Entscheidungsspielraum gedeckt.

34

Begründet wird die Auswahlentscheidung gegen den Antragsteller damit, dass ihm die nach den Verwendungs- und Fördergrundsätzen erforderliche Bewährung in mindestens zwei Sachgebietsleitungen fehlte.

35

Die Verwendungs- und Fördergrundsätze der Antragsgegnerin vom Oktober 2007 sind ein Mittel der Personalentwicklung und -planung (vgl. § 46 BLV). Sie verstehen sich nach ihrem einleitenden Text als Orientierungshilfe für die eigene Karriereplanung der Bediensteten. Sie dienen der Führungskräfteentwicklung (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BLV) und setzen auf einen die Fähigkeiten und Kenntnisse erweiternden regelmäßigen Wechsel der Verwendung (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 BLV). Solche Grundsätze sind rechtlich nicht zu beanstanden, sondern nach den Vorschriften der Bundeslaufbahnordnung sogar erforderlich. Sie sorgen für ein transparentes Beförderungssystem, indem sie den Bediensteten im Voraus die Voraussetzungen und damit auch die eigenen Möglichkeiten aufzeigen, unter denen berufliches Fortkommen gelingen kann. Sie genügen dann den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG und können zur Grundlage einer Beförderungsentscheidung gemacht werden, wenn die dort genannten Voraussetzungen zum einen grundsätzlich von jedem entsprechend qualifizierten Bediensteten erfüllt werden können, indem die für ein Fortkommen erforderlichen Stellen (Verwendungen) regelmäßig durch - hausinterne - Ausschreibungen vergeben werden (ebenso: OVG Bautzen, Beschluss vom 20. Juli 2011 - OVG 2 B 33/11 - juris Rn. 12). Des Weiteren müssen die erforderlichen Verwendungen in einem Zusammenhang mit der Beförderungsstelle stehen, indem sie entweder den Bediensteten besser befähigen, das nächsthöhere Statusamt auszufüllen, oder aber geeignet sind, eine zuverlässigere Beurteilung des Leistungsvermögens und eine besser fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu gewährleisten. Verlangen solche Grundsätze eine Wartezeit (Stehzeit), darf diese nicht zu lang bemessen sein. Eine Wartezeit steht nur dann im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Leistungsgrundsatzes zu dienen bestimmt ist. Hierzu muss sie geeignet und erforderlich sein, um eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen. Dieser Zweck als "Bewährungszeit" setzt dem Umfang von Wartezeiten Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der Ämter der jeweiligen Laufbahn ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (so für die Laufbahn des mittleren Dienstes: Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 18).

36

Die von den Verwendungs- und Fördergrundsätzen der Antragsgegnerin für eine Referatsleiterstelle nach A 16 in Ziffer IV.2. geforderten mindestens zwei Verwendungen als Sachgebietsleiter (A 15) stehen mit den dargestellten Anforderungen aus dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang. Die Antragsgegnerin schreibt solche Stellen regelmäßig aus, so dass sie jedem Bediensteten zugänglich sind. Die Bewährung in zwei Sachgebietsleitungen bietet einerseits eine bessere Grundlage für eine Tätigkeit als Referatsleiter, die mehrere Sachgebiete umfasst. Daneben gibt sie dem Dienstherrn außerdem eine sichere Beurteilungsgrundlage für eine solche Tätigkeit. Problematisch sind allerdings die in diesen Grundsätzen vorausgesetzten Stehzeiten von jeweils drei bis fünf, also insgesamt bis zu zehn Jahren. Insoweit heißt es allerdings in der Vorbemerkung unter Fußnote 8, dass, soweit längere Verwendungszeiten nachweislich dienstlich bedingt sind, sicherzustellen sei, dass hieraus keine Nachteile erwachsen dürfen. An anderer Stelle wird sowohl in der Vorbemerkung als auch unter Ziffer IV.2. darauf hingewiesen, dass von ihnen bei überdurchschnittlichen Leistungen ausnahmsweise abgewichen werden dürfe. Wenn zwei Verwendungen als Sachgebietsleiter für die Beförderung nach A 16 in der Laufbahn des höheren Dienstes gefordert werden können und als sachgerecht im Sinne des Leistungsgrundsatzes anzusehen sind, muss aber für jede Verwendung wiederum der Regelbeurteilungszeitraum (drei Jahre) genügen, so dass eine Wartezeit insgesamt nicht sechs Jahre überschreiten darf. Dies bedeutet, dass bei geforderter regelmäßiger Stehzeit von fünf Jahren in der ersten Verwendung, bei der zweiten Verwendung nach bereits einem Jahr die Beförderungsvoraussetzungen nach A 16 dem Grunde nach erreicht sind. Dass Bedienstete - so wie der Beigeladene - zwei Verwendungen zur gleichen Zeit absolvieren, wird die Ausnahme sein und kann bei der Anwendung der Grundsätze nicht zugrunde gelegt werden.

37

Hiervon ausgehend durfte das Anforderungsprofil grundsätzlich mehr als eine Verwendung als Sachgebietsleiter fordern. Es hätte aber genügt, wenn der Antragsteller eine zweite Verwendung von mindestens einem Jahr aufweisen könnte. Dies ist indes nicht der Fall und kann von der Antragsgegnerin auch zu seinem Nachteil gewertet werden. Die Antragsgegnerin musste sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darum bemühen, dass dieser eine zweite Verwendung erhielt, sondern es oblag ihm, sich auf entsprechende Stellen zu bewerben. Zudem war die Antragsgegnerin bereits im Mai 2006 sogar mit einem entsprechenden Vorschlag an den Antragsteller herangetreten. Als ihre Bemühungen um eine weitere Verwendung zunächst erfolglos blieben (so ihre Mitteilung an den Antragsteller im Februar 2007), hätte er von sich aus tätig werden müssen. Dies gilt spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Verwendungs- und Fördergrundsätze bekannt gegeben waren.

38

Dass der Antragsteller ab Veröffentlichung der Grundsätze im Jahre 2007 faktisch nicht in der Lage gewesen sein soll, eine weitere Verwendung zu erhalten, ist nicht nachvollziehbar. Die Projektleitung hinderte ihn nicht, sich um eine andere Sachgebietsleitung zu bemühen, denn während der Projektleitung in 2008 war er weiterhin Sachgebietsleiter. Außerdem trägt er selbst in seinem Schriftsatz vom 29. September 2011 vor, dass er "erst" im Jahr 2009 überhaupt Führungsverantwortung auf einem anderen A 15-Dienstposten als seinem bisherigen hätte übernehmen können. Dies wäre ausreichend gewesen.

39

Es ist unerheblich, ob die Verwendungs- und Fördergrundsätze in jedem Einzelfall von der Antragsgegnerin beachtet werden, was der Antragsteller bestreitet. Ein Bewerber kann nur umgekehrt beanspruchen, dass bei der Entscheidung über seine Bewerbung nicht zu seinem Nachteil grundlos von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien abgewichen wird (stRspr BVerwG; vgl. u.a. Urteile vom 26. Juni 1986 - BVerwG 2 C 41.84 - Buchholz 237.4 § 8 Nr. 1 S. 3 und vom 26. November 1987 - BVerwG 2 C 41.87 - Buchholz 310 § 142 Nr. 10). Die Verwendungs- und Fördergrundsätze sehen zudem Ausnahmen vor, um dem Vorrang des Leistungsgrundsatzes Geltung zu verschaffen. Sie verstehen sich auch nicht in dem Sinne, dass eine zweite Verwendung automatisch zur Beförderung führt, sondern diese müssen mit einer aktuellen überdurchschnittlichen Beurteilung einhergehen. Mit Blick hierauf konnten nicht der Antragsteller, wohl aber der Beigeladene und ein weiterer Bewerber eine zweite Verwendung als Sachgebietsleiter nachweisen, nur der Beigeladene aber mit einer überdurchschnittlichen, im Vergleich zum Antragsteller insgesamt im Wesentlichen gleichen Beurteilung (siehe oben a), die bei ihm im Bereich Führung sogar einen geringfügigen Beurteilungsvorsprung vor dem Antragsteller aufwies.

(1) Für Beförderungen gelten die Grundsätze des § 9. Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegen.

(2) Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, setzen eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus.

(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden.

(4) Eine Beförderung ist unzulässig vor Ablauf eines Jahres

1.
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder
2.
a)
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder
b)
seit der letzten Beförderung,
es sei denn, das bisherige Amt musste nicht regelmäßig durchlaufen werden.

(5) Der Bundespersonalausschuss kann Ausnahmen von den Absätzen 2 bis 4 zulassen, wenn sie die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung regelt.

Die Vertrauensperson kann durch schriftliche Erklärung gegenüber der oder dem Disziplinarvorgesetzten ihr Amt niederlegen. Diese oder dieser gibt die Niederlegung des Amtes dienstlich bekannt.

Die Bewerberinnen und Bewerber werden als Beamtinnen und Beamte auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst eingestellt. Sie führen als Dienstbezeichnung die Amtsbezeichnung des Eingangsamts ihrer Laufbahn mit dem Zusatz „Anwärterin“ oder „Anwärter“, in Laufbahnen des höheren Dienstes die Dienstbezeichnung „Referendarin“ oder „Referendar“. Die für die Gestaltung des Vorbereitungsdienstes zuständige oberste Dienstbehörde kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat andere Dienstbezeichnungen festsetzen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Einreihung in die Beförderungsrangliste, aufgrund derer er nicht befördert worden ist.

2

Der Kläger ist Zolloberinspektor (Besoldungsgruppe A 10). Sein Dienstposten als Sachbearbeiter im Prüfdienst beim Hauptzollamt Darmstadt ist den Besoldungsgruppen von A 9 bis A 11 zugeordnet.

3

Die Beklagte nahm bis Ende 2009 Beförderungen im gehobenen Dienst der Zollverwaltung bis zum Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) ohne Stellenausschreibungen nach der Platzziffer der Beamten in der bundesweit erstellten Rangliste der jeweiligen Besoldungsgruppe vor. Sie vergab die höheren Ämter an die Beamten auf den Spitzenplätzen der Liste, sobald besetzbare Planstellen zur Verfügung standen. Die Planstellen wurden derjenigen Beschäftigungsbehörde zugewiesen, bei der der zu befördernde Beamte seinen Dienstposten innehatte. Die nicht berücksichtigten Beamten wurden vor den beabsichtigten Beförderungen nicht informiert.

4

Die Beförderungsranglisten wurden von der Beklagten im Anschluss an die jeweiligen Regelbeurteilungsrunden erstellt, zuletzt 2007. Maßgebend für die Reihung war das Gesamturteil zunächst der letzten, sodann der vorletzten Regelbeurteilung. Bei gleichem Gesamturteil beider Beurteilungen wurden innerhalb der so gebildeten Gruppe zunächst die schwerbehinderten Frauen, dann die weiteren Frauen, dann die schwerbehinderten Männer und zum Schluss die restlichen Männer eingereiht. Innerhalb der so gebildeten Untergruppen unterschied die Beklagte sodann nach Dienstalter und Lebensalter.

5

Der Kläger stand auf Platz 864 der 2007 erstellten Rangliste. Nach dieser Liste wurde zuletzt am 1. Dezember 2009 bis Platz 514 befördert. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, die Beklagte zur neuen Einreihung des Klägers in die Rangliste zu verpflichten, hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Vorgehen der Beklagten bei Beförderungen sei in mehrfacher Hinsicht nicht mit dem Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar: Dies gelte zum einen für die Bildung einer Reihenfolge allein aufgrund des Gesamturteils der maßgebenden dienstlichen Beurteilungen. Der Dienstherr müsse die Beurteilungen inhaltlich ausschöpfen; er dürfe sich nicht auf einen Vergleich der Gesamturteile beschränken. Daher sei es auch nicht zulässig, Schwerbehinderten und Frauen bereits bei gleichem Gesamturteil den Vorrang einzuräumen. Zum anderen liege der Beförderungspraxis kein auf das höhere Amt bezogener Leistungsvergleich zugrunde. Die maßgebenden Beurteilungen seien jedenfalls Ende 2009 nicht mehr hinreichend aktuell gewesen. Schließlich werde nicht berücksichtigten Beamten verwehrt, rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Diese Rechtsfehler seien letztlich auf das praktizierte System zurückzuführen, die Dienstposten unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung ohne Bewertung der damit verbundenen Anforderungen mehreren Besoldungsgruppen zuzuordnen.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Sie hat nach Erlass des Berufungsurteils ihre Beurteilungs- und Beförderungspraxis generell geändert.

8

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 rechtswidrig gewesen ist.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 festgestellt wird.

11

1. Das ursprüngliche Klagebegehren, die Beklagte zu einer neuen Entscheidung über die Einreihung des Klägers in die 2007 aufgestellte Beförderungsrangliste für Beamte der Zollverwaltung mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 10 zu verpflichten, hat sich erledigt, weil die Beklagte diese Liste aufgrund einer Änderung der Beurteilungs- und Beförderungspraxis nicht mehr heranzieht. Dieser Änderung hat der Kläger Rechnung getragen, indem er im Revisionsverfahren einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Einreihung in die überholte Rangliste gestellt hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine nach § 142 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung, weil Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 22. März 1990 - BVerwG 2 C 2.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 216 S. 49 f.).

12

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Ihm soll sein Prozesserfolg in den Vorinstanzen durch die von der Beklagten herbeigeführte Erledigung nach Möglichkeit nicht genommen werden (sog. Fortsetzungsbonus). Daher sind an das Feststellungsinteresse keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere genügt die Absicht des Klägers, von der Beklagten wegen ihres rechtswidrigen Vorgehens Schadensersatz zu verlangen. Der Kläger hat bereits bei der Beklagten im Verwaltungsverfahren einen Antrag auf beamtenrechtlichen Schadensersatz gestellt. Dies ist ausreichend, weil sein Schadensersatzbegehren angesichts des Prozesserfolgs in den beiden Vorinstanzen auch nicht offensichtlich aussichtslos ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - juris Rn. 47 ).

13

2. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass sowohl die Kriterien der Beklagten zur Reihung in der Beförderungsrangliste als auch die Beförderungspraxis gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) und das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verstoßen.

14

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - NJW 2011, 695 Rn. 20 f. ). Dies gilt auch für die Einreihung in eine Beförderungsrangliste, wenn allein aufgrund des Listenplatzes ohne nochmalige Auswahlentscheidung befördert werden soll.

15

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46).

16

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 2 f.). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 a.a.O. S. 2 f. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45).

17

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 56).

18

Diesen Anforderungen hat die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie zuletzt in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, aus mehreren Gründen nicht genügt:

19

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte entsprechend den Erlassen vom 10. Mai 2004 (ARZV) und vom 22. August 2002 zur Bildung einer Beförderungsreihenfolge die Beamten einer Besoldungsgruppe ausschließlich nach den unterschiedlichen Gesamturteilen in Gruppen eingeteilt und innerhalb dieser Gruppen leistungsfremde Kriterien herangezogen, um Untergruppen zu bilden.

20

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagte für die Differenzierung innerhalb der Gruppen der Beamten mit gleichem Gesamturteil auf einzelne, im Vorhinein generell festgelegte leistungsbezogene Kriterien hätte abstellen müssen. Auch wenn sie in ihren Beurteilungsrichtlinien von 2002 Zwischenbenotungen für unzulässig erklärt (Nr. 25 BRZV) und damit zugleich verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb der Gesamtnoten (sog. Binnendifferenzierungen) ausgeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 3 f.), hätte die Beklagte bei gleichem Gesamturteil die herangezogenen Beurteilungen gleichwohl ausschöpfen müssen. Durch den - vorschnellen - Rückgriff auf die Hilfskriterien "Behinderteneigenschaft" und "weibliches Geschlecht" hat sie Schwerbehinderte und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG bevorzugt. Diesen Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.

21

Zwar sind die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG und das Verbot der Benachteiligung Behinderter in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Beide verfassungsrechtlichen Grundsätze sind aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist sowohl nach dem Unionsrecht (insbesondere Richtlinie 2006/54/EG) als auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Aus denselben Gründen enthalten die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten Schwerbehinderter lediglich Benachteiligungsverbote (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 1, § 128 Abs. 1 SGB IX; § 1 und § 7 Behinderten-Gleichgestellungsgesetz). Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung von Beamtenstellen so zu gestalten, dass Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten gefördert werden; eine Regelung über die Bevorzugung im Rahmen von Beförderungsentscheidungen fehlt.

22

Ein weiterer Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG liegt darin, dass jedenfalls den zum 1. Dezember 2009 getroffenen Beförderungsentscheidungen keine hinreichend aussagekräftigen, weil nicht mehr aktuellen dienstlichen Beurteilungen zugrunde lagen. Zwar wurde die Beförderungsrangliste (2007) als allein maßgebliche Auswahlentscheidung unmittelbar im Anschluss an die Regelbeurteilungsrunde (Stichtag 31. Januar 2007) und damit anhand aktueller Beurteilungen erstellt. Diese wurden in der Folgezeit jedoch nicht mehr aktualisiert. Dies wäre wegen des Zeitraums zwischen der Einreihung in die Rangliste und den Beförderungen Ende 2009 erforderlich gewesen.

23

Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zeitablauf von rund anderthalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag andere Aufgaben wahrgenommen hat (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Angesichts des Umstands, dass die Beförderungsrangliste die Ergebnisse eines bundesweiten Leistungsvergleichs in einer großen Bundesverwaltung wiedergeben sollte, ist ein Zeitraum von fast drei Jahren deutlich zu lang, um Ende 2009 in Bezug auf alle zu diesem Zeitpunkt noch in Beförderungskonkurrenz stehenden Beamten noch von hinreichend aktuellen Beurteilungen ausgehen zu können. Es ist ausgeschlossen, dass sich bei keinem der Bewerber leistungs- und beurteilungsrelevante Veränderungen ergeben haben. Anlassbeurteilungen, die es ermöglicht hätten, Besonderheiten in der Leistungsentwicklung einzelner Bewerber Rechnung zu tragen, waren nach den seinerzeit geltenden Beurteilungsrichtlinien für das Beförderungsverfahren nicht vorgesehen.

24

Soweit § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG in der ab 12. Februar 2009 geltenden Fassung die Einbeziehung dienstlicher Beurteilungen zulässt, wenn das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegt, handelt es sich um eine zeitliche Obergrenze, die zwar nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden kann. Letzteres ist insbesondere geboten, wenn wie hier die Beförderungspraxis zwangsläufig zu einem großen Bewerberfeld führt und zeitnahe Anlassbeurteilungen nicht erstellt werden.

25

Schließlich war die frühere Beförderungspraxis der Beklagten mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz zur Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG) nicht zu vereinbaren. Dies folgt schon daraus, dass sie die bevorstehenden Beförderungen den nicht berücksichtigten Listenbewerbern nicht vorher rechtzeitig mitgeteilt hat. Sie hat damit verhindert, dass diese vor der Ernennung der für eine Beförderung vorgesehenen Beamten gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen konnten (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 11. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20 und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 34).

26

3. Die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, beruhte auf einer Verletzung des gesetzlichen Grundsatzes der funktionsgerechten Besoldung nach § 18 BBesG.

27

Nach § 18 Satz 1 BBesG muss eine Ämterbewertung stattfinden ("die Funktionen sind zu bewerten"). Satz 2 legt als Kriterium für diese Bewertung die "Wertigkeit" der Ämter (Funktionen) fest. Es ist das (typische) Aufgabenprofil der Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) zu ermitteln. Weiterhin fordern beide Sätze des § 18 BBesG, dass die Funktionen nach ihrer Wertigkeit Ämtern, d.h. Ämtern im statusrechtlichen Sinne (Satz 1) und damit Besoldungsgruppen (Satz 2) zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass die Anforderungen, die sich aus dem Aufgabenprofil einer Funktion ergeben, mit den Anforderungen anderer Funktionen zu vergleichen sind. Je höher die Anforderungen gewichtet werden, desto höher die Besoldungsgruppe, der die Funktion zuzuordnen ist. Damit trägt die Ämterbewertung nach § 18 BBesG den hergebrachten Grundsätzen des Leistungsprinzips, des Alimentationsprinzips und vor allem dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung Rechnung. Ein Beamter hat einen in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Anspruch darauf, dass ihm ein Aufgabenbereich übertragen wird, dessen Wertigkeit seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entspricht (Urteil vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Ob dieser Anspruch erfüllt ist, kann ohne Dienstpostenbewertung nicht beurteilt werden (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 30.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 91 Rn. 14).

28

Es ist anerkannt, dass dem Dienstherrn bei der Bestimmung der Wertigkeit im Sinne von § 18 Satz 2 BBesG ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht (Organisationsermessen). Die Zuordnung der Dienstposten zu einem statusrechtlichen Amt einer bestimmten Besoldungsgruppe liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (stRspr; vgl. Urteile vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11 und vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27). Mit dem statusrechtlichen Amt und dessen Zuordnung zu einer bestimmten Besoldungsgruppe in Relation zu anderen Ämtern sowie der laufbahnrechtlichen Einordnung werden abstrakt Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung und damit die Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht (stRspr; vgl. Urteile vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <110>).

29

Jedoch muss der Dienstherr zumindest zwei gesetzliche Vorgaben beachten: Zum einen enthält § 18 BBesG einen Handlungsauftrag. Fehlt eine normative Ämterbewertung, so ist der Dienstherr gesetzlich verpflichtet, eine nichtnormative Ämterbewertung vorzunehmen und sie seiner Personalwirtschaft zugrunde zu legen. Zum anderen dürfen die Funktionen (Dienstposten) nicht ohne sachlichen Grund gebündelt, d.h. mehreren Statusämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden. Die Einrichtung gebündelter Dienstposten bedarf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 18 BBesG Rn. 15 und 16b). Weiterhin ist zu beachten, dass die Zuordnung von Beförderungsämtern zu bestimmten Dienstposten nach § 25 BBesG voraussetzt, dass diese sich nach der Wertigkeit der Aufgaben deutlich von der niedrigeren Besoldungsgruppe abheben.

30

Werden wie in der Bundeszollverwaltung gebündelte Dienstposten geschaffen, die drei Besoldungsgruppen zugeordnet werden, gibt es kein höher bewertetes Amt, an dessen Anforderungen die einzelnen Beförderungsbewerber bei dem Leistungsvergleich zu messen wären. Ein gebündelter Dienstposten ist für einen Beamten im niedrigeren Statusamt kein höherbewerteter Dienstposten (Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 2.06 -, Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4 Rn. 11 und 12 und Beschluss vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 B 106.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 4). Die für den Leistungsvergleich erforderliche Eignungsprognose kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die (abstrakten) Anforderungen an die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherbewerteten abstrakt-funktionellen Amtes als Maßstab zugrunde gelegt werden. Denn ein solches Amt im abstrakt-funktionellen Sinn gibt es nicht, weil dies zwingend bestimmte Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) voraussetzt, die in der Behörde ausschließlich den Inhabern des gleichen statusrechtlichen Amtes zugewiesen sind.

31

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei hat der Senat im Rahmen des § 161 Abs. 2 berücksichtigt, dass ein Erfolg des Begehrens, erneut über die Einreihung in die Beförderungsrangliste 2007 zu entscheiden, ohne Erledigung vorausgesetzt hätte, dass das Beförderungssystem der Beklagten nur an behebbaren Rechtsfehlern gelitten und nicht dem Grunde nach rechtswidrig gewesen wäre.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Fahrtenbuchauflage. Sie war bis zum 15.03.2012 Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-1 und ist Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-2. Der Führer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-1 überschritt am 17.01.2012 um 17.50 Uhr in Landkreis Peine; Bundesautobahn A 2; Höhe Ratsplatz Zweidorfer Holz; km 182,455 Fahrtrichtung Berlin, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 21 km/h. Mit Schreiben vom 24.01.2012 hörte der Landkreis Peine die Antragstellerin als Zeugin an. Die Antragstellerin teilte dem Landkreis Peine mit Schreiben vom 31.01.2012 mit, dass zur Tatzeit die Firma S. M.technik GmbH Nutzerin des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen SDL-1 gewesen sei. Hierauf hörte der Landkreis Peine auch die Firma S. M.technik GmbH als Zeugin an. Die Firma S. M.technik GmbH beantragte aber lediglich die Einsichtnahme der Akte zum Ordnungswidrigkeitenverfahren, nahm aber zum Sachverhalt keine Stellung. Darüber hinaus bat der Landkreis Peine mit Schreiben vom 24.02.2012, vom 15.03.2012 und vom 04.04.2012 die Polizeiwache B. im Land Brandenburg um die Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugfahrers. Die Polizeiwache B. teilte mit Schreiben vom 04.04.2012 dem Landkreis Peine mit, ihre Beamten hätten die Verantwortliche der Firma S. M.technik GmbH mehrfach aufgesucht und aufgefordert, Angaben zum Fahrzeugführer zu machen. Bei der Verantwortlichen handele es sich um die Geschäftsführerin Frau S.. Sie habe angegeben, zum Fahrzeugführer keine Angaben machen zu können, weil verschiedene Fahrer der Firma mit dem PKW bundesweit unterwegs gewesen seien. Auch weitere Ermittlungen in der Nachbarschaft seien ergebnislos verlaufen, weil die Fahrer der Firma in der Nachbarschaft nicht bekannt seien. Hierauf bat der Landkreis Peine mit Schreiben vom 19.04.2012 den Antragsgegner um Prüfung, ob der Halterin des Fahrzeugs die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt werden könne.

2

Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 08.05.2012 seine Absicht mit, die Führung eines Fahrtenbuches für das Ersatzfahrzeug mit dem Kennzeichen SDL-2 für die Dauer von 6 Monaten anzuordnen und gab ihr Gelegenheit, hierzu bis zum 22.05.2012 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 15.05.2012 bat die Antragstellerin den Antragsgegner sich an den Nutzer des Fahrzeugs zu wenden und übersandte in der Anlage den einschlägigen Schriftverkehr einschließlich des Mietvertrages mit der Firma S. M.technik GmbH vom 02.01.2012. Im Mietvertrag wird Herr V. S., Bu. Str. …, … B., OT W. als Fahrer (des Fahrzeugs) benannt.

3

Mit Bescheid vom 10.06.2012 ordnete der Antragsgegner für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-2 als Ersatzfahrzeug für das Tatfahrzeug SDL-1 und für jedes an dessen Stelle zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeug unter Sofortvollzug für die Dauer von 6 Monaten die Führung eines Fahrtenbuches an. Zur Begründung des Bescheides führte die Antragsgegnerin u. a. aus: Die Antragstellerin habe lediglich die Firma S. M.technik GmbH als Nutzerin angegeben. Die Geschäftführerin dieser Firma habe aber weder gegenüber dem Landkreis Peine noch gegenüber der Polizei den verantwortlichen Fahrzeugführer benannt. Die Antragstellerin habe als Halterin des Fahrzeugs ihre Aufsichtspflicht verletzt, indem sie den Fahrzeugführer nicht benennen konnte. Wegen der Bedeutung der Verkehrssicherheit und um dem Effekt eines Fahrtenbuches Rechnung zu tragen, werde der Sofortvollzug der Fahrtenbuchauflage angeordnet. Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.06.2012 legte die Antragstellerin am 29.06.2012 Widerspruch ein, über den, soweit für das Gericht ersichtlich, die Widerspruchsbehörde bislang noch nicht entschieden hat.

4

Am 25.07.2012 hat die Antragstellerin das erkennende Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Zur Begründung ihres Begehrens trägt sie im Wesentlichen vor: In der Zeit der Vermietung des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-1 solle es unter seiner Verwendung zu einer Ordnungswidrigkeit geringer Intensität gekommen sein. Im Mietvertrag mit der Firma M.technik S. GmbH sei Herr V. S. als Fahrer festgelegt worden. Weitere Fahrer seien im Rahmen des Mietverhältnisses nicht zugelassen worden. Die Antragstellerin habe in der Anlage zu ihrem Schreiben an den Landkreis Peine vom 31.01.2012 den Mietvertrag beigefügt. Nach Überlassung des Mietvertrages hätte der verantwortliche Fahrzeugführer ermittelt werden können. Selbst wenn der Mietvertrag nicht beim Landkreis Peine eingegangen sein sollte, wäre es dem Landkreis ohne weiteres möglich gewesen, telefonisch oder schriftlich bei der Antragstellerin nachzufragen, ob für das Fahrzeug im Mietvertrag ein Fahrer angegeben sei, oder die Antragstellerin zu bitten, den Mietvertrag (nochmals) zu übersenden. Zudem sei die Anordnung der Fahrtenbuchauflage unverhältnismäßig und käme einem Berufsverbot gleich, weil es der Antragstellerin nicht möglich sei, für ihre Vermietungsfahrzeuge Fahrtenbücher zu führen. Es werde auch kein Mieter dazu bereit sein, einen Vertrag abzuschließen, mit dem er zur Führung eines Fahrtenbuches verpflichtet werde.

5

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

6

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 29.06.2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.06.2012 wieder herzustellen.

7

Der Antragsgegner beantragt unter Verteidigung seines Bescheides,

8

den Antrag abzulehnen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners verwiesen.

II.

10

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat keinen Erfolg.

11

1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung erweist sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig. Er beruht auf § 31 a StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug oder mehrere Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung eines verantwortlichen Fahrzeugführers nach einer Verkehrszuwiderhandlung nicht möglich war.

12

1.1. Von Letzterem ist auszugehen, wenn die Behörde nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen hierzu ergriffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufklärungsmaßnahmen kommt es maßgeblich darauf an, ob die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Weitere Ermittlungen scheiden zumeist aus, wenn der Halter eines Fahrzeugs - z. B. im Wege der Aussageverweigerung als Beschuldigter, unter Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht als Zeuge oder sonst wie - erkennbar jede sachdienliche Mitwirkung an der Aufklärung darüber ablehnt, wer das Fahrzeug zum maßgeblichen Zeitpunkt geführt hat, es sei denn, es sind besondere Anhaltspunkte gegeben (BVerwG, U. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, zitiert nach juris, Rdnr. 7).

13

Gemessen daran hat die zuständige Verwaltungsbehörde alle ihre zumutbaren Anstrengungen zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers zur Tatzeit unternommen. Die zuständige Behörde hat die Antragstellerin schriftlich angehört. In der Anhörung hat die Antragstellerin keine ausreichenden Hinweise gegeben, die zur Ermittlung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführers führten. Auch weitere Ermittlungen sind erfolglos geblieben.

14

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist der Mietvertrag mit der Firma M.technik S. GmbH vom 02.01.2012 nicht mit dem Schreiben vom 31.01.2012 beim Landkreis Peine eingegangen. In den Unterlagen des Landkreises Peine, die er dem Antragsgegner in Kopie vorgelegt hat, befindet sich der Mietvertrag nicht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Landkreis Peine seine Unterlagen unvollständig vorgelegt hat. Gegen eine Beifügung des Mitvertrages in der Anlage zum Schreiben vom 31.01.2012 spricht auch, dass er in dem Schreiben vom 31.01.2012 nicht als Anlage bezeichnet worden ist. In diesem Schreiben führt die Antragstellerin lediglich aus, dass sie das Anhörungsschreiben des Landkreises zurücksende. Hätte die Antragstellerin dem Landkreis Peine auch den Mietvertrag übersandt, so hätte es aus ihrer Sicht doch nahe gelegen, auch auf diesen als Anlage zum Schreiben hinzuweisen. Darüber hinaus hätte die Vorlage des Mietvertrages den Landkreis wohl dazu veranlasst, auch Herrn V. S. als Zeugen bzw. gar als Beschuldigten zu anzuhören. Nach Aktenlage bestand für den Landkreis aber kein Anlass auch Herrn V. S. anzuhören.

15

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war für den Landkreis Peine kein Grund ersichtlich, weshalb er bei der Antragstellerin weitere Auskünfte über die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers erhalten könnte. Denn sie hat dem Landkreis Peine die Zeugenanhörung unausgefüllt zurückgeschickt und ihn mit seinen weiteren Ermittlungsbemühungen ausdrücklich an die Firma S. M.technik GmbH verwiesen. Insofern konnte der Landkreis nicht davon ausgehen, dass weitere Anfragen zur Person des Fahrzeugführers bei der Antragstellerin noch von Erfolg gekrönt sein könnten.

16

Auch darf es die Behörde damit bewenden lassen, den Fahrzeughalter zum Verkehrsverstoß schriftlich anzuhören. Von ihm kann verlangt werden, sich einen zuverlässigen Überblick über die Nutzung des von ihm zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges zu verschaffen und den zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen. Ein Fahrzeughalter gefährdet die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, wenn er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht nicht dartun kann oder dartun will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Fahrzeug gefahren hat. Ein solcher Fahrzeughalter darf durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B. v. 23.06.1989 - 7 B 90.89 -, zitiert nach juris, Rdnr. 8).

17

Eine solche Aufsichtspflicht hat auch ein das Fahrzeug haltende Mietwagenunternehmen. Denn es liegt es in der Sphäre einer gewerblichen Autovermietung, ihren Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass zu jeder Zeit festgestellt werden kann, welche Person welches Fahrzeug benutzt hat. Eine gewerbliche Autovermietung ist schon aufgrund ihrer handelsrechtlichen Pflichten zur sorgfältigen Archivierung der Mietverträge verpflichtet. Für die Annahme einer Mitwirkungsverweigerung bei einer fehlenden Benennung des verantwortlichen Fahrzeugführers, wenn ein solcher im Mietvertrag bezeichnet ist, spricht zudem der Zweck des § 31a StVZO. Die Vorschrift soll im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs auf die dem Fahrzeughalter mögliche und zumutbare Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers desjenigen Kraftfahrzeugs hinwirken, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, und den Fahrzeughalter zur Erfüllung seiner Aufsichtspflichten anhalten (VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 - 6 A 162/10 -, zitiert nach juris, Rdnr. 21 m. w. N.; bestätigt durch NdsOVG, B. v. 11.07.2012 - 12 LA 169/11 -, zitiert nach juris). Eine Benennung des mutmaßlichen Fahrzeugführers wäre ihr - wie aus ihrem eigenen Vorbringen hervorgeht - jederzeit möglich gewesen. Trotz dieser Möglichkeit hat sie lediglich die Ordnungsbehörde zur weiteren Sachaufklärung an die Mieterin des Fahrzeuges verwiesen, die ihrerseits keinen Beitrag zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrers geleistet hat. Durch dieses Verhalten hat die Antragstellerin indessen nicht in einer ausreichenden Weise an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitgewirkt.

18

Es war auch nicht Aufgabe der Behörde gewesen, einen weitergehenden Ermittlungsaufwand zu betreiben, um den Fahrzeugführer ausfindig zu machen. Die Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht durch Benennung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrers wäre der Antragstellerin hier nicht nur ohne Weiteres möglich, sondern darüber hinaus auch zumutbar gewesen. Bei wertender Betrachtung obliegt es insoweit der Antragstellerin, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen und zu benennen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, dass die Verantwortung für den Verkehrsverstoß und damit einhergehend auch die Verantwortung für dessen Aufklärung aus der Sphäre der Antragstellerin stammen. Denn die Antragstellerin hat dadurch, dass sie Kraftfahrzeuge anderen Personen zur Benutzung überlässt, ein Risiko eröffnet. Aufgrund der jedem Kraftfahrzeug innewohnenden Betriebsgefahr hat die Antragstellerin mit dieser Risikoeröffnung gleichzeitig eine Gefahrenquelle für die Allgemeinheit geschaffen. Wenn sich nun in einem mittels eines Mietwagens der Antragstellerin begangenen Verkehrsverstoß genau diese geschaffene Gefahr realisiert hat, ist die Benennung des betroffenen Fahrers als zumutbare Mitwirkungshandlung der Antragstellerin einzustufen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil ihr die Benennung - wie sie selbst angibt - in jedem Fall möglich gewesen wäre. Auch soweit mit der Ermittlung des Fahrzeugführers ein erhöhter unternehmerischer Aufwand für die Antragstellerin verbunden ist, führt nicht dazu, dass sich ihre Mitwirkungspflicht reduziert. Insoweit obliegt es der Antragstellerin, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass auch noch nach längerer Zeit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Fahrzeug benutzt hat (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 22 m. w. N.).

19

In der Rechtsprechung ist hinsichtlich der Nutzung von Firmenfahrzeugen anerkannt, dass es ungeachtet der aus § 238Abs. 1, § 257 HGB folgenden Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten sachgerechtem kaufmännischem Verhalten entspricht, dass ein kaufmännischer Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen oder die Vorlage eines Tatfotos auch nach längerer Zeit in der Lage ist, Geschäftsfahrten anhand (schriftlicher) Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Hiermit ist zwar keine Rechtspflicht zur Dokumentation der Geschäftsfahrten verbunden. Es ist deswegen Sache eines Unternehmens, sich dafür zu entscheiden, hinreichende Aufzeichnungen nicht zu führen; die Folge ist indessen, dass die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, in der Regel rechtmäßig ist, wenn sich nicht hat aufklären lassen, wer mit dem Firmenfahrzeug den Verkehrsverstoß begangen hat. Es liegt in der Sphäre der Betriebsleitung, von vornherein organisatorische Vorkehrungen zu treffen, damit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Dies ist wegen des öffentlichen Interesses an der Aufklärung von Verkehrsverstößen gerechtfertigt und belastet den kaufmännischen Wirtschaftsbetrieb nicht in unzumutbarer Weise. Hinsichtlich seiner Geschäftsvorgänge ist dieser ohnehin buchführungspflichtig, sodass der (schriftliche) Nachweis der mit seinen Fahrzeugen unternommenen Dienstfahrten nicht mit einer ihm gänzlich ungewohnten Belastung verbunden ist - anders als dies für Fahrzeughalter von zu privaten Zwecken eingesetzten Pkw der Fall wäre. Wegen des im Vergleich zu Privatfahrzeugen regelmäßig größeren und deswegen unübersichtlicheren Benutzerkreises geht von Dienstfahrzeugen eine größere Gefahr als von Privatfahrzeugen aus, dass eine Ordnungswidrigkeit ohne längerfristige Dokumentation des Fahrzeugeinsatzes unaufgeklärt bliebe. Zudem liegt die Dokumentation des Fahrzeugeinsatzes im kaufmännischen Eigeninteresse, schon um Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendung der Fahrzeuge für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 23 m. w. N.).

20

Diese Rechtsprechung lässt sich ohne Weiteres auf die Fahrten mit Mietfahrzeugen einer gewerblichen Autovermietung übertragen. Denn auch hier manifestiert sich in gleicher Weise durch die regelmäßige Überlassung des Fahrzeuges an andere Personen und damit an einen größeren und unübersichtlichen Benutzerkreis ein erhöhtes Risiko. Gleichzeitig müssen auch Autovermietungen im Rahmen ihrer Buchführungspflichten alle Mietvorgänge abspeichern bzw. archivieren. Aufgrund der ohnehin vorhandenen Informationen erscheint für derartige Betriebe die Benennung des Fahrzeugführers nicht als unzumutbare Belastung. Eine unterschiedliche Behandlung von Mietfahrten gewerblicher Autovermietungen und anderen Betriebsfahrten mit Firmenfahrzeugen ist nicht sachgerecht (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 24 m. w. N.).

21

Darüber hinaus zieht die Antragstellerin aus der gewerblichen Autovermietung und der damit einhergehenden Risikoeröffnung einen ständigen wirtschaftlichen Nutzen. Auch vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Mitwirkungspflicht im Rahmen des § 31 a StVZO anzunehmen. Wer aus einer für die Allgemeinheit gefährlichen Risikoeröffnung wirtschaftliche Vorteile für sich in Anspruch nimmt, muss dann auch bei der Ahndung der in diesem Verkehr begangenen Verstöße den ihm größtmöglichen Anteil an der Aufklärung leisten (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 25 m. w. N.).

22

1.2. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches gemäß § 31 a StVZO liegen im Übrigen vor. Die Führung eines Fahrtenbuches kann schon nach einem einmaligen Verkehrsverstoß auferlegt werden, wenn sich die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften verkehrsgefährdend auswirken kann (BVerwG, B. v. 17.07.1986 - 7 B 234.85 -, NJW 1987, 143). Der begangene Verkehrsverstoß wäre mit einem Punkt im Verkehrszentralregister (VZR) einzutragen gewesen. Ein Verkehrsverstoß „von einigem Gewicht“ kann auch dann gegeben sein, wenn ein Verkehrsverstoß mit (nur) einem Punkt im Sinne der einschlägigen Anlage zur Fahrerlaubnisverordnung bewertet wird (BVerwG, B. v. 09.09.1999 - 3 B 94.99 -, zitiert nach juris). Eine deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h auf einer Autobahn ist ein Verkehrsverstoß „von einigem Gewicht“. Denn zu hohe Geschwindigkeiten gehören zu den häufigsten Ursachen, die zu Verkehrsunfällen führen. Der mit dem ehemaligen Fahrzeug der Antragstellerin begangene Verkehrsverstoß fällt mithin derart ins Gewicht, dass der Antragsgegner ermessensfehlerfrei auf das Instrumentarium der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches zurückgegriffen hat. Diese Anordnung setzt nicht den konkreten Nachweis einer Verkehrsgefährdung voraus. Die Zielrichtung des § 31 a StVZO geht schlicht dahin, diejenigen Kraftfahrer zu erfassen, die Verkehrsverstöße begehen, den zur Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit der verkehrsnotwendigen Maßnahmen aber dadurch ausweichen, dass sie sich die Anonymität, durch die der motorisierte Straßenverkehr weitgehend gekennzeichnet ist, zunutze machen (BVerwG, U. v. 17.12.1982 a. a. O., Rdnr. 9). Diese Umstände lagen auf der Hand und bedurften keiner weiteren Ausführungen des Antragsgegners in der Begründung seiner Ermessensentscheidung.

23

1.3. Die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches ist bei unzureichender Mitwirkung des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführers nicht unverhältnismäßig. Sie ist geeignet, Versäumnisse des Halters bei der Überwachung der Fahrzeugbenutzung auszugleichen und die sichere Kennzeichnung des jeweiligen Fahrzeugs und seines Benutzers zu gewährleisten (OVG Schleswig-Holstein, U. v. 13.09.1995 - 4 L 127/95 -, zitiert nach juris, Rdnr. 33). Ein milderes, ebenso geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist nicht ersichtlich. Die Anordnung steht auch nicht außer Verhältnis zu ihrem angestrebten Zweck, dem Schutz der Verkehrssicherheit.

24

Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie könne für ihre Fahrzeuge keine Mieter finden, die sich zur Führung eines Fahrtenbuches und den damit verbundenen Eintragungen verpflichten würden, verkennt sie, dass der Bescheid des Antragsgegners dahingehend zu verstehen ist, dass allein die Antragstellerin Adressatin des Verwaltungsaktes ist und das Fahrtenbuch führen muss. Sie muss in dieser Funktion grundsätzlich nur die ihr möglichen Eintragungen vornehmen. Nach § 31 a Abs. 2 Nr. 1 StVZO hat der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter in dem Fahrtenbuch für jede einzelne Fahrt vor dem Beginn den Namen und die Anschrift des Fahrzeugführers, das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs sowie Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt einzutragen. Nach Beendigung einer Fahrt sind gem. § 31 Abs. 2 Nr. 2 StVZO unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben kann die Antragstellerin zunächst die erforderlichen Eintragungen selbst vornehmen, soweit sie von einem Mieter - etwa bei kürzeren Mietzeiten - über dessen Fahrt informiert wird. Sie hat hierzu auch die Möglichkeit, Absprachen mit den jeweiligen Mietern zu treffen und die Fahrtrouten zu erfragen. In den Fällen, in denen eine Eintragung durch die Antragstellerin persönlich nicht praktikabel erscheint, kann sie gemäß § 31 a Abs. 2 StVZO auch die Mieter mit der Eintragung beauftragen. Sofern sie die erforderlichen Eintragungen in Vermietungsfällen nicht selbst vornimmt, obliegt es ihr, den jeweiligen Mieter dazu zu veranlassen. Eine derartige Vereinbarung begegnet im Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie und dem daraus folgendem Gedanken der Vertragsfreiheit keinen rechtlichen Bedenken. Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte stehen der Fahrtenbuchauflage nicht entgegen; auch ein unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann im Hinblick auf die bereichsspezifische, präzise und normklare Festlegung von Anlass, Zweck und Grenzen einer Fahrtenbuchauflage in der Rechtsgrundlage nicht angenommen werden. Auch eine mit der Fahrtenbuchauflage einhergehende eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des betroffenen Fahrzeugs für die Antragstellerin ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Fahrtenbuches und in Abwägung mit dem die Auflage auslösenden Verhalten der Antragstellerin verhältnismäßig (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 30 m. w. N.; VG Magdeburg, B. v. 06.08.2004 - 1 B 406/04 MD -, S. 6 d. BA. n. v.).

25

1.4. Die zeitliche Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf 6 Monate ist rechtlich bedenkenfrei. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist ein Dauerverwaltungsakt (BVerwG, B. v. 03.02.1989 – 7 B 18.89 -, zitiert nach juris, Rdnr. 6). Daraus folgt die Pflicht der Behörde, ihre Verfügung zeitlich unter Kontrolle zu halten, und entbehrt sie freilich nicht von der Notwendigkeit, in jedem Einzelfall schon bei der Anordnung zu prüfen, ob sich der Zweck, den sie verfolgt, nicht mit einer von vornherein befristeten Fahrtenbuchauflage erreichen lässt. Das ist hier der Fall. Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Führen eines Fahrtenbuches mehr als nur eine bloße Unannehmlichkeit darstellt, denn sie bringt eine erhebliche Belastung mit sich, über jede Fahrt unverzüglich Rechenschaft abzulegen. Gleichwohl ist es der Antragsstellerin unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhaltes zuzumuten, für sein Fahrzeug 6 Monate lang ein Fahrtenbuch zu führen. Diese zeitliche Erstreckung ist erforderlich aber auch ausreichend, um bei künftigen Verkehrsverstößen zu gewährleisten, dass der jeweils verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit ermittelt werden kann.

26

2. Die Begründung des Sofortvollzugs genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Sie lässt erkennen, dass der Antragsgegner das Aufschubinteresse der Antragsstellerin mit dem öffentlichen Interesse abgewogen und aus welchen Gründen er der Anordnung des Sofortvollzuges den Vorzug gegeben hat.

27

3. Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht ein besonders Vollzugsinteresse. Die Anordnung des Sofortvollzuges ist notwendig, um dem erzieherischen Effekt eines Fahrtenbuches Rechnung zu tragen. Eine solche Wirkung der Anordnung ginge verloren, wenn die Behörde den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides, womöglich nach Beendigung eines mehrjährigen gerichtlichen Verfahrens, abwarten müsste.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

29

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Ziffern II. 46.13 und II. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst das Gericht das Interesse der Antragstellerin an der Verfolgung seines Begehrens mit 1.200,00 €. Nach Ziffer II. 46.13 beträgt der Streitwert 400,00 € je Monat der angeordneten Fahrtenbuchauflage. Der sich hieraus ergebene Streitwert in Höhe von 2.400,00 € ist nach Ziffer II. 1.5 für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Einreihung in die Beförderungsrangliste, aufgrund derer er nicht befördert worden ist.

2

Der Kläger ist Zolloberinspektor (Besoldungsgruppe A 10). Sein Dienstposten als Sachbearbeiter im Prüfdienst beim Hauptzollamt Darmstadt ist den Besoldungsgruppen von A 9 bis A 11 zugeordnet.

3

Die Beklagte nahm bis Ende 2009 Beförderungen im gehobenen Dienst der Zollverwaltung bis zum Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) ohne Stellenausschreibungen nach der Platzziffer der Beamten in der bundesweit erstellten Rangliste der jeweiligen Besoldungsgruppe vor. Sie vergab die höheren Ämter an die Beamten auf den Spitzenplätzen der Liste, sobald besetzbare Planstellen zur Verfügung standen. Die Planstellen wurden derjenigen Beschäftigungsbehörde zugewiesen, bei der der zu befördernde Beamte seinen Dienstposten innehatte. Die nicht berücksichtigten Beamten wurden vor den beabsichtigten Beförderungen nicht informiert.

4

Die Beförderungsranglisten wurden von der Beklagten im Anschluss an die jeweiligen Regelbeurteilungsrunden erstellt, zuletzt 2007. Maßgebend für die Reihung war das Gesamturteil zunächst der letzten, sodann der vorletzten Regelbeurteilung. Bei gleichem Gesamturteil beider Beurteilungen wurden innerhalb der so gebildeten Gruppe zunächst die schwerbehinderten Frauen, dann die weiteren Frauen, dann die schwerbehinderten Männer und zum Schluss die restlichen Männer eingereiht. Innerhalb der so gebildeten Untergruppen unterschied die Beklagte sodann nach Dienstalter und Lebensalter.

5

Der Kläger stand auf Platz 864 der 2007 erstellten Rangliste. Nach dieser Liste wurde zuletzt am 1. Dezember 2009 bis Platz 514 befördert. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, die Beklagte zur neuen Einreihung des Klägers in die Rangliste zu verpflichten, hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Vorgehen der Beklagten bei Beförderungen sei in mehrfacher Hinsicht nicht mit dem Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar: Dies gelte zum einen für die Bildung einer Reihenfolge allein aufgrund des Gesamturteils der maßgebenden dienstlichen Beurteilungen. Der Dienstherr müsse die Beurteilungen inhaltlich ausschöpfen; er dürfe sich nicht auf einen Vergleich der Gesamturteile beschränken. Daher sei es auch nicht zulässig, Schwerbehinderten und Frauen bereits bei gleichem Gesamturteil den Vorrang einzuräumen. Zum anderen liege der Beförderungspraxis kein auf das höhere Amt bezogener Leistungsvergleich zugrunde. Die maßgebenden Beurteilungen seien jedenfalls Ende 2009 nicht mehr hinreichend aktuell gewesen. Schließlich werde nicht berücksichtigten Beamten verwehrt, rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Diese Rechtsfehler seien letztlich auf das praktizierte System zurückzuführen, die Dienstposten unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung ohne Bewertung der damit verbundenen Anforderungen mehreren Besoldungsgruppen zuzuordnen.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Sie hat nach Erlass des Berufungsurteils ihre Beurteilungs- und Beförderungspraxis generell geändert.

8

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 rechtswidrig gewesen ist.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 festgestellt wird.

11

1. Das ursprüngliche Klagebegehren, die Beklagte zu einer neuen Entscheidung über die Einreihung des Klägers in die 2007 aufgestellte Beförderungsrangliste für Beamte der Zollverwaltung mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 10 zu verpflichten, hat sich erledigt, weil die Beklagte diese Liste aufgrund einer Änderung der Beurteilungs- und Beförderungspraxis nicht mehr heranzieht. Dieser Änderung hat der Kläger Rechnung getragen, indem er im Revisionsverfahren einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Einreihung in die überholte Rangliste gestellt hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine nach § 142 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung, weil Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 22. März 1990 - BVerwG 2 C 2.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 216 S. 49 f.).

12

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Ihm soll sein Prozesserfolg in den Vorinstanzen durch die von der Beklagten herbeigeführte Erledigung nach Möglichkeit nicht genommen werden (sog. Fortsetzungsbonus). Daher sind an das Feststellungsinteresse keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere genügt die Absicht des Klägers, von der Beklagten wegen ihres rechtswidrigen Vorgehens Schadensersatz zu verlangen. Der Kläger hat bereits bei der Beklagten im Verwaltungsverfahren einen Antrag auf beamtenrechtlichen Schadensersatz gestellt. Dies ist ausreichend, weil sein Schadensersatzbegehren angesichts des Prozesserfolgs in den beiden Vorinstanzen auch nicht offensichtlich aussichtslos ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - juris Rn. 47 ).

13

2. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass sowohl die Kriterien der Beklagten zur Reihung in der Beförderungsrangliste als auch die Beförderungspraxis gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) und das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verstoßen.

14

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - NJW 2011, 695 Rn. 20 f. ). Dies gilt auch für die Einreihung in eine Beförderungsrangliste, wenn allein aufgrund des Listenplatzes ohne nochmalige Auswahlentscheidung befördert werden soll.

15

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46).

16

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 2 f.). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 a.a.O. S. 2 f. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45).

17

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 56).

18

Diesen Anforderungen hat die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie zuletzt in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, aus mehreren Gründen nicht genügt:

19

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte entsprechend den Erlassen vom 10. Mai 2004 (ARZV) und vom 22. August 2002 zur Bildung einer Beförderungsreihenfolge die Beamten einer Besoldungsgruppe ausschließlich nach den unterschiedlichen Gesamturteilen in Gruppen eingeteilt und innerhalb dieser Gruppen leistungsfremde Kriterien herangezogen, um Untergruppen zu bilden.

20

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagte für die Differenzierung innerhalb der Gruppen der Beamten mit gleichem Gesamturteil auf einzelne, im Vorhinein generell festgelegte leistungsbezogene Kriterien hätte abstellen müssen. Auch wenn sie in ihren Beurteilungsrichtlinien von 2002 Zwischenbenotungen für unzulässig erklärt (Nr. 25 BRZV) und damit zugleich verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb der Gesamtnoten (sog. Binnendifferenzierungen) ausgeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 3 f.), hätte die Beklagte bei gleichem Gesamturteil die herangezogenen Beurteilungen gleichwohl ausschöpfen müssen. Durch den - vorschnellen - Rückgriff auf die Hilfskriterien "Behinderteneigenschaft" und "weibliches Geschlecht" hat sie Schwerbehinderte und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG bevorzugt. Diesen Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.

21

Zwar sind die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG und das Verbot der Benachteiligung Behinderter in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Beide verfassungsrechtlichen Grundsätze sind aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist sowohl nach dem Unionsrecht (insbesondere Richtlinie 2006/54/EG) als auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Aus denselben Gründen enthalten die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten Schwerbehinderter lediglich Benachteiligungsverbote (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 1, § 128 Abs. 1 SGB IX; § 1 und § 7 Behinderten-Gleichgestellungsgesetz). Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung von Beamtenstellen so zu gestalten, dass Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten gefördert werden; eine Regelung über die Bevorzugung im Rahmen von Beförderungsentscheidungen fehlt.

22

Ein weiterer Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG liegt darin, dass jedenfalls den zum 1. Dezember 2009 getroffenen Beförderungsentscheidungen keine hinreichend aussagekräftigen, weil nicht mehr aktuellen dienstlichen Beurteilungen zugrunde lagen. Zwar wurde die Beförderungsrangliste (2007) als allein maßgebliche Auswahlentscheidung unmittelbar im Anschluss an die Regelbeurteilungsrunde (Stichtag 31. Januar 2007) und damit anhand aktueller Beurteilungen erstellt. Diese wurden in der Folgezeit jedoch nicht mehr aktualisiert. Dies wäre wegen des Zeitraums zwischen der Einreihung in die Rangliste und den Beförderungen Ende 2009 erforderlich gewesen.

23

Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zeitablauf von rund anderthalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag andere Aufgaben wahrgenommen hat (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Angesichts des Umstands, dass die Beförderungsrangliste die Ergebnisse eines bundesweiten Leistungsvergleichs in einer großen Bundesverwaltung wiedergeben sollte, ist ein Zeitraum von fast drei Jahren deutlich zu lang, um Ende 2009 in Bezug auf alle zu diesem Zeitpunkt noch in Beförderungskonkurrenz stehenden Beamten noch von hinreichend aktuellen Beurteilungen ausgehen zu können. Es ist ausgeschlossen, dass sich bei keinem der Bewerber leistungs- und beurteilungsrelevante Veränderungen ergeben haben. Anlassbeurteilungen, die es ermöglicht hätten, Besonderheiten in der Leistungsentwicklung einzelner Bewerber Rechnung zu tragen, waren nach den seinerzeit geltenden Beurteilungsrichtlinien für das Beförderungsverfahren nicht vorgesehen.

24

Soweit § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG in der ab 12. Februar 2009 geltenden Fassung die Einbeziehung dienstlicher Beurteilungen zulässt, wenn das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegt, handelt es sich um eine zeitliche Obergrenze, die zwar nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden kann. Letzteres ist insbesondere geboten, wenn wie hier die Beförderungspraxis zwangsläufig zu einem großen Bewerberfeld führt und zeitnahe Anlassbeurteilungen nicht erstellt werden.

25

Schließlich war die frühere Beförderungspraxis der Beklagten mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz zur Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG) nicht zu vereinbaren. Dies folgt schon daraus, dass sie die bevorstehenden Beförderungen den nicht berücksichtigten Listenbewerbern nicht vorher rechtzeitig mitgeteilt hat. Sie hat damit verhindert, dass diese vor der Ernennung der für eine Beförderung vorgesehenen Beamten gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen konnten (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 11. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20 und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 34).

26

3. Die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, beruhte auf einer Verletzung des gesetzlichen Grundsatzes der funktionsgerechten Besoldung nach § 18 BBesG.

27

Nach § 18 Satz 1 BBesG muss eine Ämterbewertung stattfinden ("die Funktionen sind zu bewerten"). Satz 2 legt als Kriterium für diese Bewertung die "Wertigkeit" der Ämter (Funktionen) fest. Es ist das (typische) Aufgabenprofil der Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) zu ermitteln. Weiterhin fordern beide Sätze des § 18 BBesG, dass die Funktionen nach ihrer Wertigkeit Ämtern, d.h. Ämtern im statusrechtlichen Sinne (Satz 1) und damit Besoldungsgruppen (Satz 2) zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass die Anforderungen, die sich aus dem Aufgabenprofil einer Funktion ergeben, mit den Anforderungen anderer Funktionen zu vergleichen sind. Je höher die Anforderungen gewichtet werden, desto höher die Besoldungsgruppe, der die Funktion zuzuordnen ist. Damit trägt die Ämterbewertung nach § 18 BBesG den hergebrachten Grundsätzen des Leistungsprinzips, des Alimentationsprinzips und vor allem dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung Rechnung. Ein Beamter hat einen in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Anspruch darauf, dass ihm ein Aufgabenbereich übertragen wird, dessen Wertigkeit seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entspricht (Urteil vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Ob dieser Anspruch erfüllt ist, kann ohne Dienstpostenbewertung nicht beurteilt werden (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 30.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 91 Rn. 14).

28

Es ist anerkannt, dass dem Dienstherrn bei der Bestimmung der Wertigkeit im Sinne von § 18 Satz 2 BBesG ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht (Organisationsermessen). Die Zuordnung der Dienstposten zu einem statusrechtlichen Amt einer bestimmten Besoldungsgruppe liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (stRspr; vgl. Urteile vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11 und vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27). Mit dem statusrechtlichen Amt und dessen Zuordnung zu einer bestimmten Besoldungsgruppe in Relation zu anderen Ämtern sowie der laufbahnrechtlichen Einordnung werden abstrakt Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung und damit die Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht (stRspr; vgl. Urteile vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <110>).

29

Jedoch muss der Dienstherr zumindest zwei gesetzliche Vorgaben beachten: Zum einen enthält § 18 BBesG einen Handlungsauftrag. Fehlt eine normative Ämterbewertung, so ist der Dienstherr gesetzlich verpflichtet, eine nichtnormative Ämterbewertung vorzunehmen und sie seiner Personalwirtschaft zugrunde zu legen. Zum anderen dürfen die Funktionen (Dienstposten) nicht ohne sachlichen Grund gebündelt, d.h. mehreren Statusämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden. Die Einrichtung gebündelter Dienstposten bedarf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 18 BBesG Rn. 15 und 16b). Weiterhin ist zu beachten, dass die Zuordnung von Beförderungsämtern zu bestimmten Dienstposten nach § 25 BBesG voraussetzt, dass diese sich nach der Wertigkeit der Aufgaben deutlich von der niedrigeren Besoldungsgruppe abheben.

30

Werden wie in der Bundeszollverwaltung gebündelte Dienstposten geschaffen, die drei Besoldungsgruppen zugeordnet werden, gibt es kein höher bewertetes Amt, an dessen Anforderungen die einzelnen Beförderungsbewerber bei dem Leistungsvergleich zu messen wären. Ein gebündelter Dienstposten ist für einen Beamten im niedrigeren Statusamt kein höherbewerteter Dienstposten (Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 2.06 -, Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4 Rn. 11 und 12 und Beschluss vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 B 106.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 4). Die für den Leistungsvergleich erforderliche Eignungsprognose kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die (abstrakten) Anforderungen an die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherbewerteten abstrakt-funktionellen Amtes als Maßstab zugrunde gelegt werden. Denn ein solches Amt im abstrakt-funktionellen Sinn gibt es nicht, weil dies zwingend bestimmte Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) voraussetzt, die in der Behörde ausschließlich den Inhabern des gleichen statusrechtlichen Amtes zugewiesen sind.

31

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei hat der Senat im Rahmen des § 161 Abs. 2 berücksichtigt, dass ein Erfolg des Begehrens, erneut über die Einreihung in die Beförderungsrangliste 2007 zu entscheiden, ohne Erledigung vorausgesetzt hätte, dass das Beförderungssystem der Beklagten nur an behebbaren Rechtsfehlern gelitten und nicht dem Grunde nach rechtswidrig gewesen wäre.

Legen Beamtinnen oder Beamte, deren Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis ruhen oder die ohne Besoldung beurlaubt sind, ihr Mandat im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder in der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes nieder und bewerben sie sich zu diesem Zeitpunkt erneut um ein Mandat, ist die Übertragung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt und die Übertragung eines anderen Amtes beim Wechsel der Laufbahngruppe nicht zulässig. Satz 1 gilt entsprechend für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin will im Wege der einstweiligen Anordnung verhindern, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) einen Dienstposten mit dem Beigeladenen besetzt.

2

Die Antragstellerin und der Beigeladene sind als Regierungsamtsräte (Besoldungsgruppe A 12) beim BND tätig; sie gehören der Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes an. Beide sind bislang ausschließlich in der Verwaltung des BND verwendet worden.

Die 1969 geborene Antragstellerin war nacheinander Sachbearbeiterin im Bereich Vergabewesen (1992/93), im Bereich Personalmanagement mit Zuständigkeiten für Aus- und Weiterbildung (bis April 2001), im Bereich Qualitätsmanagement und Controlling (bis März 2006) und im Bereich Personal/Haushalt. Von Februar 2010 bis März 2011 war sie in Elternzeit. Während ihrer Tätigkeit im Bereich Personalmanagement vertrat sie mehrfach den jeweiligen Sachgebietsleiter. Im Jahr 2002 erwarb die Antragstellerin in ihrer Freizeit auf eigene Kosten einen staatlich anerkannten Berufsabschluss als Controllerin.Der 1953 geborene Beigeladene war Sachbearbeiter in den Bereichen Aufwendungsersatz (1989 bis März 1992), Rechts- und Grundsatzangelegenheiten mit verschiedenen dienstrechtlichen und organisatorischen Aufgabenbereichen (bis September 1998 und ab August 2004). Von September 1998 bis Juli 2004 leitete er ein Sachgebiet mit Zuständigkeiten für Wohnungsfürsorge, Umzugskosten und Trennungsgeld.
5

In der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2009 erhielt die Antragstellerin bei einer Notenskala von 1 bis 9 Punkten die Gesamtnote 7 ("übertrifft die Anforderungen durch häufig herausragende Leistungen"). Der Beigeladene erhielt die Gesamtnote 8 ("übertrifft die Anforderungen durch ganz überwiegend herausragende Leistungen"), die nach den Beurteilungsbestimmungen des BND nur an höchstens 20 % der Beamten einer Vergleichsgruppe vergeben werden darf.

6

Im Oktober 2010 schrieb der BND den der Besoldungsgruppe A 12 zugeordneten Dienstposten "Leitung der administrativen Unterstützung des Außenstellenbetriebs" der Dienststelle des BND in B. "ämtergleich", d.h. für Beamte mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 12 des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes aus. In der Ausschreibung werden als fachliche Hauptanforderungen Führungskompetenz, eine mindestens dreijährige Erfahrung im Verwaltungsbereich, Fachkenntnisse im Personalwesen, im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen und in der Zahlstellenverwaltung sowie die Fähigkeit und Bereitschaft zur Förderung der Gleichstellung genannt.

7

Beide Beamten bewarben sich um die Stelle, wobei die Antragstellerin als Rückkehrerin aus der Elternzeit bereits von Amts wegen in die Auswahl einbezogen war. Sie gehörten zu den Bewerbern, deren Fachkenntnisse in einem persönlichen Vorstellungsgespräch anhand von Fällen geprüft wurden. In dem Auswahlvermerk vom 7. Januar 2011 heißt es, beide erschienen hervorragend geeignet. Sie verfügten über vielfältige Erfahrungen im Bereich der Verwaltung und hätten im Vorstellungsgespräch sehr gute Fachkenntnisse unter Beweis gestellt. Für die Antragstellerin sprächen ihre Ausbildung zur Controllerin und die "etwas kommunikativere Art" im Vorstellungsgespräch.

8

Demgegenüber sprach sich der Personalrat der Zentrale des BND unter Verweis auf dessen bessere Gesamtnote in der aktuellen Beurteilung für den Beigeladenen aus. Im Hinblick darauf hat sich der BND dafür entschieden, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt. Sie hält die Auswahlentscheidung aus mehreren Gründen für rechtswidrig:

9

Der BND habe den Dienstposten nicht ausschreiben dürfen, sondern mit ihr als Rückkehrerin aus der Elternzeit besetzen müssen. Dies entspreche sowohl der Verwaltungspraxis des BND, Rückkehrer in den Innendienst auf freie amtsangemessene Dienstposten zu setzen, als auch dessen Richtlinien für die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aufgrund ihres Wohnorts könne sie bei einer Tätigkeit in B. Vollzeit arbeiten, weil sie dann die ganztägige Betreuung ihres Kindes sicherstellen könne. Eine Verwendung in der Zentrale des BND könne sie wegen der Entfernung zu ihrem Wohnort nur in Teilzeit wahrnehmen.

10

Sie habe auch bei einer Bewerberauswahl nach Leistungskriterien den Vorzug erhalten müssen. Beide Bewerber seien im Wesentlichen gleich beurteilt; die Noten 7 und 8 gehörten derselben Notenstufe an. Die geringfügig bessere Gesamtnote des Beigeladenen habe nicht den Ausschlag geben dürfen, weil die Antragstellerin die Anforderungen des Dienstpostens besser erfülle. Im Unterschied zu dem Beigeladenen habe die Antragstellerin Personalvorgänge bearbeitet, Haushaltsmittel bewirtschaftet und mit SAP-Modulen gearbeitet. Vor allem müsse beim Vergleich der Fachkenntnisse im Personalwesen und im Haushalts-, Kontroll- und Rechnungswesen berücksichtigt werden, dass sie über einen Berufsabschluss als Controllerin verfüge.

11

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten "Leitung der administrativen Unterstützung des Außenstellenbetriebs" der Dienststelle B. mit dem Beigeladenen zu besetzen.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

13

Die Antragsgegnerin verteidigt die Auswahlentscheidung. Der BND habe den Dienstposten aufgrund seines personalwirtschaftlichen Ermessens nach Leistungskriterien besetzen dürfen. Er habe sich für dieses Vorgehen entschieden, weil es sich um einen der wenigen Dienstposten des gehobenen Dienstes mit Leitungsfunktionen handele. Für den Beigeladenen spreche neben der besseren Beurteilungsnote vor allem die sechsjährige, überdurchschnittlich beurteilte Tätigkeit als Leiter eines Sachgebiets. Die Antragstellerin weise keine vergleichbare Qualifikation auf. Im Übrigen seien die relevanten Kenntnisse und Erfahrungen gleich zu bewerten, was durch die Ergebnisse des Vorstellungsgesprächs bestätigt worden sei.

14

Der Beigeladene stellt keinen Sachantrag.

15

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakten und die vom BND übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

16

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, kann keinen Erfolg haben.

17

In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens besteht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die vorläufige Besetzung des Dienstpostens verhindert werden soll. Denn ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber kann auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung sammeln, der bei einer nochmaligen Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43).

18

Die Antragstellerin hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand verletzt die Auswahl des Beigeladenen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

19

1. In beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gebietet das Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung der Auswahlentscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur dann, wenn der ausgewählte Bewerber, womöglich nach einer Zeit der praktischen Bewährung auf dem Dienstposten, befördert werden soll. Nur in diesen Fällen muss das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 Rn. 32 ). Geht es nur um die Besetzung eines Dienstpostens werden keine vollendeten Tatsachen geschaffen, wenn der Dienstposten nach erfolgloser Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes mit dem ausgewählten Bewerber besetzt wird. Denn diese Besetzung kann rückgängig gemacht werden, wenn der Unterlegene im Hauptsacheverfahren obsiegt.

20

Der BND ist in verwaltungsorganisatorischer Hinsicht eine einheitliche Dienststelle. Daher stellen Dienstpostenwechsel von Beamten oder Soldaten keine Versetzungen, sondern Umsetzungen dar. Sie stehen im personalwirtschaftlichen Ermessen des Dienstherrn, das durch den Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung begrenzt wird. Ansonsten muss die Maßnahme im Einzelfall sachlich gerechtfertigt und mit den Geboten der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vereinbar sein (stRspr; zuletzt Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 A 8.09 - juris Rn. 19 ). Das personalwirtschaftliche Ermessen umfasst grundsätzlich auch die Befugnis, den Dienstposten ausschließlich leistungsbezogen zu besetzen.

21

Hat sich der Dienstherr auf dieses Vorgehen festgelegt, hat er sein Ermessen dergestalt gebunden, dass er über die Umsetzung unter Beachtung der leistungsbezogenen Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG entscheiden muss (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 19). Daraus folgt, dass jeder Bewerber einen Anspruch darauf hat, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Anspruch ist erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für besser geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen ein Bewerber eindeutig am besten geeignet ist, hat dieser einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 22). Nur unter dieser Voraussetzung hat ein Bewerber einen Anspruch auf Umsetzung auf den nach Leistungskriterien vergebenen Dienstposten. Ansonsten folgt aus einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs ein Anspruch auf erneute Entscheidung über die Besetzung.

22

Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich gewachsen ist. Der Verfassungsgrundsatz der Förderung der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) ist nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Stellenvergabe generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - juris Rn. 21 ).

23

Der Leistungsvergleich muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 a.a.O. Rn. 16). Die ausschlaggebende Bedeutung des Gesamturteils ist Ausdruck des Laufbahnprinzips. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind. Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (vgl. §§ 7 bis 9 BLV).

24

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie es sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er das Gewicht der Leistungskriterien, die er der Auswahl zwischen Bewerbern mit gleichem Gesamturteil zugrunde legt, vorrangig anhand der Aussagen in der dienstlichen Beurteilung bestimmen. Ergänzend kann er weitere Erkenntnisquellen, etwa die Ergebnisse eines Vorstellungsgesprächs heranziehen (stRspr; vgl. nur Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 f. und vom 30. Juni 2011 a.a.O. Rn. 16 f.).

25

Geht es ausschließlich um die Besetzung eines Dienstpostens, so kann einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, der Vorrang eingeräumt werden, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Dieser Bewerber muss in Bezug auf bestimmte leistungsbezogene Gesichtspunkte, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens von herausragender Bedeutung sind, in besonderem Maße geeignet sein. Auch dieses Urteil muss in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt werden. Sonstige aussagekräftige Umstände dürfen ergänzend einbezogen und gewürdigt werden, wenn sie in der Beurteilung nicht vollständig berücksichtigt sind. Je mehr das abschließende Gesamturteil eines Bewerbers abfällt, desto größer muss sein Vorsprung bei den spezifischen dienstpostenbezogenen Leistungskriterien sein, um ausgewählt werden zu können.

26

2. Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Umsetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 bei der Dienststelle B. gegen Rechte der Antragstellerin verstößt.

27

Die Entscheidung, den Dienstposten ausschließlich nach Leistungskriterien zu vergeben, dürfte sich im Rahmen des dem BND eröffneten personalwirtschaftlichen Ermessens halten. Der BND hat angegeben, die Entscheidung habe ihren Grund darin, dass es sich um einen der wenigen Dienstposten des gehobenen Dienstes handele, der mit Leitungsbefugnissen verbunden sei. Diese Begründung ist geeignet, das Vorgehen des BND zu rechtfertigen. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

28

Eine Verwaltungspraxis des Inhalts, Rückkehrer in den Innendienst auf einen freien oder den nächsten frei werdenden amtsangemessenen Dienstposten zu setzen, ohne Eignung und Leistungsvermögen sowie die Anforderungen des Dienstpostens in Erwägung zu ziehen, hat sich nicht feststellen lassen und wäre auch schwerlich mit einer geordneten Personalwirtschaft vereinbar. Im Übrigen könnte die Antragstellerin nicht beanspruchen, auf den Dienstposten umgesetzt zu werden, wenn der BND im Rahmen seines personalwirtschaftlichen Ermessens persönliche, insbesondere familiäre Belange zu berücksichtigen hätte. In diesem Fall müsste die Bewerberauswahl unter ganz anderen Voraussetzungen wiederholt werden, ohne dass ein Ergebnis vorhergesagt werden könnte.

29

Die Antragstellerin und der Beigeladene sind in den maßgebenden Beurteilungen (Stichtag 1. Juli 2009) nicht im Wesentlichen gleich beurteilt. Dies folgt jedenfalls daraus, dass sich die zweithöchste Gesamtnote 8, die der Beigeladene erhalten hat, von der Gesamtnote 7 abhebt, weil sie nach den Beurteilungsbestimmungen des BND vom 1. Juli 2006 in Einklang mit dem am 1. Juli 2009 bereits anwendbaren § 50 Abs. 2 BLV nur an höchstens 20 % der Beurteilten einer Vergleichsgruppe vergeben werden darf. Dagegen unterliegt die Vergabe der Gesamtnote 7 keiner Quote (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 14 f.). Den Einwendungen der Antragstellerin gegen ihre dienstliche Beurteilung braucht nach den Ausführungen auf Seite 6 der Beschlussgründe im Verfahren der einstweiligen Anordnung schon deshalb nicht nachgegangen zu werden, weil sie inhaltlich unsubstanziiert geblieben sind.

30

Der BND durfte die Auswahl des Beigeladenen auf dessen bessere Gesamtnote stützen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin in Bezug auf spezifische Anforderungen des Dienstpostens erheblich besser geeignet ist als der Beigeladene. Das der Stellenausschreibung beigefügte Anforderungsprofil zählt die Kenntnisse und Erfahrungen auf, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens erforderlich sind. Die dokumentierte Auffassung des BND, sowohl der Beigeladene als auch die Antragstellerin erfüllten das Anforderungsprofil gleichermaßen "hervorragend", hält sich im Rahmen des Beurteilungsspielraums.

31

Ins Gewicht fallende Vorteile der Antragstellerin sind schon deshalb nicht zu erkennen, weil dem Beigeladenen ein Vorsprung in Bezug auf das - für den Dienstposten besonders bedeutsame - Merkmal "Führungskompetenz" zugebilligt werden kann. Nach den dienstlichen Beurteilungen hat er als Leiter eines Sachgebiets für die Dauer von ungefähr sechs Jahren überdurchschnittliche Leitungs- und Führungsqualitäten unter Beweis gestellt. Demgegenüber hat die Antragstellerin lediglich zeitweilig als Vertreterin ein Sachgebiet geleitet.

32

In Bezug auf die geforderten Fachkenntnisse im Personalwesen sind beide Bewerber gleichermaßen gut geeignet. Beide sind in diesem Bereich langjährig tätig und jeweils überdurchschnittlich gut beurteilt worden. Auch sind beiden Bewerbern aufgrund der Vorstellungsgespräche gleichermaßen sehr gute Kenntnisse im Personalwesen, im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, in der Zahlstellenverwaltung und in Gleichstellungsfragen bescheinigt worden. In Bezug auf die zusätzliche Berufsausbildung der Antragstellerin als Controllerin ist nicht hinreichend deutlich geworden, welche dienstpostenbezogenen Vorteile sich daraus im Vergleich zum Beigeladenen ergeben.

33

Nach alledem reichen die etwas größere Verwendungsbreite der Antragstellerin und die eigenverantwortliche Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln im Bereich der Aus- und Fortbildung nicht aus, um das Abstellen auf die bessere Gesamtnote des Beigeladenen als rechtsfehlerhaft ansehen zu können.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden der Antragstellerin nicht auferlegt, weil der Beigeladene kein Kostenrisiko eingegangen ist. Die Festsetzung des Streitwertes für das Verfahren der einstweiligen Anordnung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

(1) Eignung, Befähigung und Leistung der Soldatinnen und Soldaten sind zu beurteilen:

1.
in regelmäßigen Abständen und
2.
wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern; in diesem Fall sind die Beurteilungen nur auf Anforderung der personalbearbeitenden Stellen zu erstellen.
Einzelheiten regelt das Bundesministerium der Verteidigung in Beurteilungsbestimmungen. Es kann Ausnahmen von regelmäßigen Beurteilungen zulassen.

(2) In den Beurteilungen sind die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten nachvollziehbar darzustellen sowie Eignung und Befähigung für künftige Verwendungen einzuschätzen.

(3) Die Beurteilungen werden in der Regel von der oder dem nächsten Disziplinarvorgesetzten als beurteilender Person sowie der oder dem nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten als stellungnehmender Person erstellt. Das Bundesministerium der Verteidigung kann in seinen Beurteilungsbestimmungen abweichende Regelungen treffen, soweit andere als die in Satz 1 genannten Personen über ausreichende Kenntnis von Eignung, Befähigung und Leistung der zu Beurteilenden verfügen oder als stellungnehmende Person zumindest in der Lage sind, die Beurteilung durch die beurteilende Person verantwortlich einzuschätzen. Unter den gleichen Voraussetzungen kann in den Beurteilungsbestimmungen die Änderung von Beurteilungen durch die Vorgesetzten der stellungnehmenden Person als weitere stellungnehmende Personen zugelassen werden.

(4) In den Beurteilungsbestimmungen sind Vergleichsgruppen nach dem Dienstgrad, der Besoldungsgruppe oder der Funktionsebene zu bilden. Innerhalb dieser Vergleichsgruppen sind die Soldatinnen und Soldaten nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab zu beurteilen.

(5) Um den Anteil von Bewertungen in bestimmten Wertungsbereichen zu begrenzen, können in den Beurteilungsbestimmungen verbindliche Richtwerte für regelmäßige Beurteilungen oder für Teile hiervon festgelegt werden. Wertungsbereiche in diesem Sinne werden durch Grenzwerte für die Notendurchschnitte der zu bewertenden Einzelmerkmale bestimmt.

(6) Werden Richtwerte im Sinne des Absatzes 5 festgelegt, soll der Anteil der Soldatinnen und Soldaten

1.
im höchsten Wertungsbereich, der zwischen der höchstmöglichen Bewertung und einem näher festzulegenden Grenzwert liegt, nicht höher sein als 15 Prozent der Vergleichsgruppe und
2.
im zweithöchsten Wertungsbereich, der zwischen dem Grenzwert nach Nummer 1 und einem darunter festzulegenden Grenzwert liegt, nicht höher sein als 20 Prozent der Vergleichsgruppe.
Diese Verteilung ist bei der Festlegung der Grenzwerte für Notendurchschnitte sachgerecht zu berücksichtigen. Im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit ist eine Über- oder Unterschreitung der Richtwerte um bis zu fünf Prozentpunkte möglich. Sind die Fallzahlen zu gering, um Richtwerte unmittelbar anwenden zu können, sind die Beurteilungen in geeigneter Weise entsprechend zu differenzieren.

(7) Stellungnehmende Personen haben vor Erstellung der Beurteilungen durch die beurteilenden Personen auf die einheitliche Anwendung des Beurteilungsmaßstabes in ihrem Bereich hinzuwirken. Es ist unzulässig, unterstellten beurteilenden oder stellungnehmenden Personen Bewertungen vorzugeben.

(8) Stellungnehmende Personen dürfen einzelfallbezogen Beurteilungen abändern, auch wenn sich damit die Zuordnung zu einem Wertungsbereich ändert. Voraussetzung hierfür ist, dass sie

1.
ausreichende eigene Kenntnisse über die beurteilte Person haben oder sich verschaffen oder
2.
in der Lage sind, die Beurteilung durch die beurteilende Person oder Beiträge Dritter verantwortlich einzuschätzen.
Werden Richtwerte im Sinne des Absatzes 5 festgesetzt, sollen die stellungnehmenden Personen von dieser Befugnis Gebrauch machen, wenn
1.
Richtwerte durch beurteilende Personen nicht beachtet worden sind,
2.
auf ihrer Ebene die für die unmittelbare Anwendung von Richtwerten ausreichende Fallzahl erreicht ist oder
3.
bei nicht ausreichender Fallzahl für eine unmittelbare Anwendung von Richtwerten nicht in geeigneter Weise entsprechend differenziert worden ist.

(9) Das Bundesministerium der Verteidigung kann stellungnehmenden Personen die Befugnis erteilen, alle Beurteilungen oder alle Stellungnahmen zu Beurteilungen aufzuheben, die Vorgesetzte abgegeben haben, in deren Bereich

1.
trotz ausreichender Fallzahl verbindliche Richtwerte nicht eingehalten worden sind oder
2.
bei nicht ausreichender Fallzahl nicht in geeigneter Weise entsprechend differenziert worden ist.

(10) Die Beurteilungen sind den Soldatinnen und Soldaten auszuhändigen und mit ihnen zu besprechen. Dies ist in der Personalakte zu dokumentieren. Das Gesamtergebnis eines Beurteilungsdurchgangs soll den Beurteilten in Form eines Notenspiegels in geeigneter Weise bekannt gegeben werden.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Obersten (Besoldungsgruppe B 3). Zusammen mit drei anderen Soldaten (Oberste der Besoldungsgruppen A 16 oder B 3) wurde er für die Besetzung des nach Besoldungsgruppe B 3 bewerteten Dienstpostens eines Abteilungsleiters bei einer Dienststelle der Bundeswehr betrachtet. Aufgrund eines Eignungs- und Leistungsvergleichs nach dem Grundsatz der Bestenauslese entschied der zuständige Abteilungsleiter im Bundesministerium der Verteidigung, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. In der Begründung der Auswahlentscheidung ("Auswahlrational") wurde ausgeführt, dass alle Kandidaten ein vergleichbares Leistungsbild aufwiesen, der ausgewählte Beigeladene sich jedoch aufgrund seiner Vorverwendungen in der fachlichen Eignung für den Dienstposten hervorhebe.

Mit dem gegen diese Auswahlentscheidung gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung macht der Antragsteller vor allem geltend, dass die in dem Kandidatenvergleich herangezogenen dienstlichen Beurteilungen nicht miteinander vergleichbar gewesen seien; insbesondere sei für ihn lediglich eine lange zurückliegende Beurteilung aus dem Jahre 2003 berücksichtigt worden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Auswahlentscheidung aufgehoben und den Bundesminister der Verteidigung verpflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

...

30

b) Die Auswahlentscheidung des Abteilungsleiters PSZ vom 29. März 2010 ist rechtswidrig, weil die Feststellung, dass alle Kandidaten, insbesondere der Antragsteller und der Beigeladene, ein vergleichbares Leistungsbild aufwiesen, nicht auf einer hinreichend tragfähigen Grundlage getroffen wurde. Damit fehlt es zugleich an einer Grundlage dafür, die Auswahlentscheidung ausschlaggebend auf einen Vergleich der Vorverwendungen und der daraus resultierenden fachlichen Eignung für den Dienstposten zu stützen.

31

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats zu Auswahlentscheidungen zwischen mehreren soldatischen Bewerbern haben dann, wenn - wie hier - mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden, in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41; für das Beamtenrecht Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3). Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen (vgl. hierzu insb. Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 27.09 - BVerwGE 136, 198 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 55). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann im Rahmen sachgerechter Erwägungen auch sonstigen sachlichen Gesichtspunkten ein (gegebenenfalls) entscheidendes Gewicht für die Auswahl beigemessen werden, sofern dadurch das Gebot der Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung nicht in Frage gestellt wird (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49 m.w.N.; vgl. für das Beamten- und Richterrecht Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - juris Rn. 46 m.w.N. ).

32

Die heranzuziehende letzte dienstliche Beurteilung kann die Funktion als Maßstab des Eignungs- und Leistungsvergleichs im Auswahlverfahren allerdings nur dann erfüllen, wenn es sich bei ihr nicht nur um die relativ aktuellste unter den für den Soldaten erstellten Beurteilungen handelt, sondern ihr auch - absolut gesehen - eine hinreichende Aktualität, d.h. zeitliche Nähe zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, zukommt. In der Rechtsprechung wird überwiegend angenommen, dass eine Regel- bzw. planmäßige Beurteilung jedenfalls während des folgenden Dreijahreszeitraums für eine Auswahlentscheidung (oder für deren Vorbereitung) hinreichende Aktualität besitzt und behält; dies muss nach Auffassung des Senats uneingeschränkt jedenfalls dann gelten, wenn während dieses Dreijahreszeitraums in der Verwendung des betroffenen Soldaten nicht so einschneidende Änderungen eingetreten sind, dass sie zum Gegenstand einer Sonderbeurteilung gemacht werden müssten (Beschluss vom 22. September 2005 - BVerwG 1 WB 4.05 - Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 6 S. 17; vgl. für das Beamten- und Richterrecht Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Stand November 2010, Rn. 230 m.w.N.).

33

Die Funktion einer planmäßigen Beurteilung in einer Auswahlentscheidung als Instrument der "Klärung einer Wettbewerbssituation" erfordert schließlich die Gewährleistung einer Vergleichbarkeit der Beurteilungen. Deshalb muss schon im Beurteilungsverfahren soweit wie möglich gleichmäßig verfahren werden; die Beurteilungsmaßstäbe müssen gleich sein und gleich angewendet werden. Insbesondere der gemeinsame Beurteilungsstichtag und der jeweils gleiche Beurteilungszeitraum garantieren eine höchstmögliche Vergleichbarkeit. Für das Auswahlverfahren folgt hieraus, dass zur Wahrung der Chancengleichheit der Bewerber ein inhaltlicher Vergleich von planmäßigen Beurteilungen nur zulässig ist, wenn er sich im Wesentlichen auf die gleichen Beurteilungszeiträume und die gleichen Beurteilungsstichtage erstreckt (vgl. Beschluss vom 25. März 2010 a.a.O. ).

34

bb) Nach diesen Maßstäben ist die in dem "Auswahlrational" getroffene Feststellung, dass alle Kandidaten, insbesondere der Antragsteller und der Beigeladene, ein vergleichbares Leistungsbild aufwiesen, auf keiner hinreichend tragfähigen Grundlage getroffen worden.

35

(1) Während für den Beigeladenen im Auswahlverfahren planmäßige dienstliche Beurteilungen für die Termine 2003, 2005, 2007 und 2009 vorlagen, wurde für den Antragsteller ausschließlich seine planmäßige dienstliche Beurteilung zum Termin 30. September 2003 in den Leistungsvergleich eingestellt. Unabhängig davon, welche Anforderungen an die Aktualität einer dienstlichen Beurteilung im Einzelnen zu stellen sind, hat jedenfalls eine Beurteilung, die im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung rund sechseinhalb Jahre alt ist und seit deren Erstellung drei Stichtage für planmäßige dienstliche Beurteilungen (mit je zweijährigen Beurteilungszeiträumen) verstrichen sind, ihre Aussagekraft verloren und ist deshalb als Grundlage für Auswahlentscheidungen schlechterdings nicht mehr brauchbar. Der Vergleich der - insoweit parallelen - dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zum Termin 30. September 2003, wie ihn der Antragsteller (hilfsweise) vorgenommen hat, und der "Diagonalvergleich" zwischen der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers 2003 und der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen zum Termin 30. September 2009, wie ihn die Personalführung angestellt hat, sind daher schon aus diesem Grunde hinfällig. Der letztere Vergleich ist darüber hinaus wegen der Divergenz der Beurteilungszeiträume und der angewandten Beurteilungssysteme unzulässig.

36

Die zuständige Personalführung hätte deshalb für den Antragsteller eine aktuelle Sonderbeurteilung (Nr. 206 der Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vom 17. Januar 2007) anfordern und im Rahmen des Auswahlverfahrens in den Eignungs- und Leistungsvergleich mit den anderen Kandidaten einbeziehen müssen.

37

Ob in diesem Falle auch für die anderen betrachteten Kandidaten, insbesondere den Beigeladenen, eine Sonderbeurteilung hätte erstellt werden müssen, bzw. ob bei der erneuten Auswahlentscheidung für alle Kandidaten einheitlich Sonderbeurteilungen zu erstellen sind, hängt von den oben (unter Rn. 31 bis 33) dargelegten Anforderungen an die Vergleichbarkeit von dienstlichen Beurteilungen ab. Die Sonderbeurteilung eines Soldaten wird nach denselben verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Bestimmungen und auf demselben Vordruck erstellt wie eine planmäßige Beurteilung (vgl. insb. Nr. 601 Buchst. a Abs. 1 ZDv 20/6). Auch Sonderbeurteilungen sind insbesondere verbunden mit der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten (Nr. 904 Buchst. a ZDv 20/6) und der Möglichkeit einer Stellungnahme durch den weiteren höheren Vorgesetzten (Nr. 911 Buchst. a ZDv 20/6), die beide außerdem das Recht haben, die Bewertungen des beurteilenden Vorgesetzten zu ändern (Nr. 906 Buchst. c, Nr. 911 Buchst. a Satz 3 ZDv 20/6); diese mehrstufige Organisation des Beurteilungsverfahrens fördert eine vergleichende Betrachtungsweise und die Einhaltung der allgemeinen Beurteilungsgrundsätze (Nr. 401 ff. ZDv 20/6). Anders als im Beamten- und Richterrecht, wo wegen der teilweise unterschiedlichen Ausrichtung und Ausgestaltung von Regelbeurteilungen einerseits und Bedarfs- bzw. Anlassbeurteilungen andererseits deren Vergleichbarkeit Probleme aufwerfen kann (vgl. hierzu Schnellenbach a.a.O. Rn. 225 ff.), bestehen daher bei Soldaten keine grundsätzlichen Bedenken gegen einen Vergleich der Aussagen und Wertungen in einer planmäßigen Beurteilung mit solchen in einer Sonderbeurteilung. Unabhängig davon gilt jedoch, dass auch bei einem Vergleich von planmäßigen Beurteilungen und Sonderbeurteilungen sich diese zur Wahrung der Chancengleichheit der Bewerber im Wesentlichen auf die gleichen Beurteilungszeiträume und Beurteilungsstichtage beziehen müssen (vgl. hierzu Schnellenbach a.a.O. Rn. 248 am Ende).

38

(2) Der Einwand des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 -, es liege ein atypischer Fall der rechtlichen Unmöglichkeit eines Vergleichs aktueller Beurteilungen vor, weshalb auch ältere Beurteilungen in die Auswahlentscheidung einbezogen werden dürften, kann demgegenüber nicht durchdringen.

39

Der Bundesminister leitet diesen Einwand aus Nr. 1103 Buchst. c ZDv 20/6 her, wonach eine Beurteilung erst dann Grundlage von Personalentscheidungen werde, wenn das Beurteilungsverfahren bestandskräftig abgeschlossen und die Beurteilung von der personalbearbeitenden Stelle abschließend geprüft worden sei. Aus diesem Grunde sei auch die letzte für den Antragsteller erstellte planmäßige Beurteilung zum Termin 30. September 2005 im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden, weil die von dem Antragsteller gegen diese Beurteilung abgegebene Gegenvorstellung noch nicht abschließend bearbeitet gewesen sei. Hielte man uneingeschränkt an dem Grundsatz fest, dass Beurteilungen den gleichen Beurteilungszeitraum darstellen und aktuell sein müssten, würde dies nach Auffassung des Bundesministers der Verteidigung bedeuten, dass ein Soldat, der gegen eine für ihn ungünstige Beurteilung Äußerungen oder Gegenvorstellungen abgebe oder einen Rechtsbehelf einlege, nicht nur die Unverwertbarkeit der Beurteilung, sondern zugleich die Rechtswidrigkeit sämtlicher Personalentscheidungen herbeiführen könnte, die auf der Grundlage seiner dann allein verfügbaren früheren Beurteilungen getroffen würden. Diese Rechtsfolge lasse sich nur vermeiden, wenn in einem solchen Fall auch ältere Beurteilungen des Soldaten im Auswahlverfahren herangezogen werden dürften.

40

Die Auffassung des Bundesministers der Verteidigung beruht indes bereits auf unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen. Eine dienstliche Beurteilung wird gegenüber dem beurteilten Soldaten - entsprechend § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG - in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm eröffnet wird (Beschluss vom 27. August 1998 - BVerwG 1 WB 15.98 - BVerwGE 113, 255 <258> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 4 S. 9; ebenso für das Beamten- und Richterrecht Schnellenbach a.a.O. Rn. 322). Von diesem Zeitpunkt an ist die Beurteilung rechtlich existent und kann verwertet werden. Eine von dem Soldaten gegen die Beurteilung eingelegte Wehrbeschwerde oder ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Wehrdienstgericht haben keine aufschiebende Wirkung (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 6 Satz 1 WBO), sofern nicht ausnahmsweise die zuständige Stelle oder das Wehrdienstgericht die Vollziehung aussetzt bzw. die aufschiebende Wirkung anordnet (§ 3 Abs. 2, § 17 Abs. 6 Satz 2 und 3 WBO). Äußerungen des Soldaten zu der Beurteilung (Nr. 619 Buchst. c, Nr. 620 Buchst. b und c ZDv 20/6) und von ihm abgegebenen Gegenvorstellungen (Nr. 620 Buchst. d, Nr. 1001 bis 1003 ZDv 20/6) können der Wirksamkeit der Beurteilung von vorneherein nicht entgegenstehen oder den Eintritt ihrer Bestandskraft aufhalten. Die an der Auswahlentscheidung beteiligten Stellen waren deshalb von Rechts wegen nicht gehindert, die planmäßige Beurteilung 2005 des Antragstellers im Auswahlverfahren zu berücksichtigen. Auch mögliche Rechtsbehelfe des Antragstellers gegen seine gebotene aktuelle Sonderbeurteilung hätten - von den genannten Ausnahmefällen der Aussetzung der Vollziehung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgesehen - nichts an deren Verwertbarkeit im Auswahlverfahren geändert; die vom Abteilungsleiter PSZ getroffene Auswahlentscheidung hätte lediglich unter dem Vorbehalt gestanden, dass sie im Falle eines Erfolgs des Antragstellers im Rechtsbehelfsverfahren hätte überprüft und ggf. aufgehoben oder korrigiert werden müssen.

41

Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung war es deshalb nicht rechtlich unmöglich, den aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG folgenden Anforderungen an den Eignungs- und Leistungsvergleich nachzukommen. Die Verwaltungsvorschrift der Nr. 1103 Buchst. c ZDv 20/6 kann den (verfassungs-)rechtlichen Grundsatz der Bestenauslese nicht modifizieren und ist, soweit sie ihm entgegensteht, unbeachtlich.

42

cc) Für den Antragsteller lag damit kein aktuelles Leistungsbild vor, das in den Kandidatenvergleich hätte eingestellt werden können. Die Feststellung in dem "Auswahlrational", dass alle Kandidaten, insbesondere der Antragsteller und der Beigeladene, ein vergleichbares Leistungsbild aufwiesen, entbehrt daher der Grundlage. Es lässt sich auch nicht aus anderen Gründen ausschließen, dass der Antragsteller, wie er geltend macht, gegenüber dem Beigeladenen der leistungsstärkere Kandidat ist.

43

Die Feststellung, dass alle Kandidaten ein vergleichbares Leistungsbild aufwiesen, bildet die Prämisse, unter der sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen ausschlaggebend auf einen Vergleich der Vorverwendungen und der daraus resultierenden fachlichen Eignung für den Dienstposten stützt. Da diese Prämisse weggefallen ist, ist auch der fachliche Eignungsvergleich hinfällig geworden, ohne dass es auf eine Überprüfung im Einzelnen ankommt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 19. Juni 2012 - 2 L 294/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 14.021,61 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Beigeladenen sind Steueramtsräte (BesGr. A 12), die seit Jahren jeweils einen im Katalog über die Bewertung der Dienstposten der Beamten/Beamtinnen des höheren Dienstes und des gehobenen Dienstes bei den Finanzämtern vom 1.10.2011 nach A 12 - A 13 bewerteten Dienstposten innehaben. Diesen Dienstpostenübertragungen gingen jeweils Ausschreibungen und am Leistungsprinzip ausgerichtete Auswahlentscheidungen voraus.

Der Antragsgegner beabsichtigt, die Beigeladenen, nicht aber auch den Antragsteller unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktionen zu Steueroberamtsräten - BesGr. A 13 - zu befördern. Ausgehend davon, dass alle vier und zahlreiche weitere Steueramtsräte die allgemeinen Beförderungsvoraussetzungen erfüllen, wurden der Auswahlentscheidung zunächst die dienstlichen Beurteilungen zum 1.5.2010 und 1.5.2007 zugrunde gelegt; da danach u.a. die privaten Beteiligten gleichauf lagen, wurde ausschlaggebend auf das Rangdienstalter abgestellt und sodann zugunsten der Beigeladenen entschieden.

Das Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner durch einstweilige Anordnung aufzugeben, die Beförderungsauswahlentscheidung vorläufig nicht zu vollziehen, hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 19.6.2012, dem Antragsteller zugestellt am 22.6.2012, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 5.7.2012 eingegangene und am 23.7.2012 - einem Montag - begründete Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner und der Beigeladene zu 1. entgegengetreten sind.

II.

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Das, was der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung vom 23.7.2012 und vertiefend im Schriftsatz vom 4.9.2012 dargelegt hat und vom Senat allein zu prüfen ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern, denn daraus ergibt sich kein durchgreifender Grund, die beabsichtigte Beförderung der Beigeladenen vorläufig zu untersagen. Das gilt sowohl mit Blick auf den vom Antragsteller ins Feld geführten, unmittelbar auf Art. 33 Abs. 5 GG gestützten Beförderungsanspruch - dazu nachfolgend 1. - als auch für die geltend gemachte Verletzung des Bestengrundsatzes bei der Auswahlentscheidung des Antragsgegners - dazu nachfolgend 2. -. Das lässt sich mit hinreichender Sicherheit bereits im vorliegenden Anordnungsverfahren feststellen.

1. Der Antragsteller meint, er müsse - außerhalb eines an Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichteten Auswahlverfahrens - in unmittelbarer Anwendung des Art. 33 Abs. 5 GG auf einer der drei zur Verfügung stehenden Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 g.D. zum Steueroberamtsrat befördert werden; darauf habe er deswegen einen Rechtsanspruch, weil sein Dienstposten - anders als diejenigen der Beigeladenen - bei sachgerechter Bewertung nach A 13 g.D. eingestuft sein müsste, er sich in dieser im Vergleich zu seinem Statusamt höher bewerteten Funktion inzwischen mehr als acht Jahre bestens bewährt habe und sich daraus in Anlehnung an die die

2. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Beschluss vom 28.5.2008 - 2 BvL 11/07 -, BVerfGE 121, 205,

und des Bundesverwaltungsgerichts

Beschluss vom 27.9.2007 - 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 -, BVerwGE 129, 272,

zur Verfassungswidrigkeit der nordrhein-westfälischen Bestimmungen zur Übertragung von Ämtern mit leitenden Funktionen im Beamtenverhältnis auf Zeit tragenden rechtlichen Erwägungen ein Beförderungsanspruch ergebe. Dem folgt der Senat aus zwei Gründen nicht. Zum einen überzeugen selbst unter der Prämisse, der Dienstposten des Antragstellers müsse nach A 13 g.D. bewertet werden, die daraus von dem Antragsteller gezogenen rechtlichen Schlüsse nicht (dazu nachfolgend a); zum anderen genügt der Vortrag des Antragstellers nicht, um seiner Annahme beizupflichten, sein Dienstposten müsse nach A 13 g.D. bewertet werden (dazu nachfolgend b).

a) Richtig ist, dass sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht in den beiden genannten Entscheidungen u.a. ausgeführt haben, dass zu dem durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbestand von Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums u.a. das Prinzip der lebenslangen Anstellung und der lebenszeitigen Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter gehört; das dient nämlich in besonderem Maße der Unabhängigkeit und einer in ihr gründenden Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des einzelnen Beamten. Zum „geschützten Lebenszeitprinzip gehört, dass nicht irgendein Amt, sondern das jeweils ausgeübte Amt auf Lebenszeit übertragen wird“

so wörtlich BVerwG, Beschluss vom 27.9.2007, a.a.O., Rdnr. 58; der Sache nach ebenso BVerfG, Beschluss vom 28.5.2008, a.a.O., S. 222.

Wegen Missachtung dieses Grundsatzes hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28.5.2008 die Regelung des nordrhein-westfälischen Gesetzgebers, bestimmte Ämter mit leitenden Funktionen im Beamtenverhältnis auf Zeit zu übertragen, für verfassungswidrig und daher nichtig erklärt. Vorliegend geht es indes nicht darum, dass dem Antragsteller sein derzeitiger Dienstposten im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen wäre. Er ist vielmehr Lebenszeitbeamter, der allerdings zur Zeit einen Dienstposten wahrnimmt, der im Vergleich zu seinem Statusamt einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist. Die Diskrepanz zwischen Wertigkeit von Dienstposten und Statusamt beruht hier aber nicht auf einer beamtenrechtlichen Bestimmung, sondern auf einem „Überhang“ der nach A 13 g.D. bewerteten Dienstposten im Verhältnis zu den im Haushaltsplan den saarländischen Finanzämtern zugewiesenen Planstellen entsprechender Wertigkeit. Der Antragsteller sieht diesen Unterschied zwischen seinem Fall und dem vom Bundesverfassungsgericht sowie Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall durchaus, meint allerdings, die in den zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts angeführten Erwägungen zum Lebenszeitprinzip müssten auch in seinem Fall Platz greifen. Dass dies so nicht zutrifft, ergibt sich indes bereits aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.9.2007. Unter Rdnr. 45 hat sich das Bundesverwaltungsgericht dort mit der Frage befasst, ob die dortigen Kläger, denen damals die höher bewerteten Dienstposten im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen waren, im Falle der Nichtigkeit der einschlägigen Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Landesrechts einen Anspruch darauf haben, dass ihnen die innegehabten Ämter im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bejaht, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der Dienstpostenübertragung muss ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragendes Auswahlverfahren vorausgegangen sein; die Ausgewählten haben sich hinreichend lange auf diesen Dienstposten bewährt, und die für eine Beförderung erforderlichen Planstellen müssen vorhanden sein. Die letztgenannte Voraussetzung ist im Falle des Antragstellers - anders als die beiden anderen - nicht erfüllt. Das Bundesverwaltungsgericht meint nämlich nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen, dass gerade solche Planstellen vorhanden sein müssen, die den betreffenden Dienstposten zugeordnet sind. Daran fehlt es aber bei der vom Antragsgegner praktizierten „Topfwirtschaft“. Die den saarländischen Finanzämtern zugeordneten Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 g.D. sind gerade nicht bestimmten Dienstposten zugeordnet. Daran scheitert aber, wie der Senat in seinem - allerdings nicht rechtskräftigen - Urteil vom 6.4.2011

- 1 A 19/11 -, SKZ 2011, 216 Leits. 10,

- dort im Anschluss an den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.11.2010

- 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 Rdnr. 27, unter Hinweis auf den Beschluss vom 27.9.2007, a.a.O., Rdnr. 45,

enthaltenen Satz, wonach „ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber... einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (hat)“ - entschieden hat, ein Anspruch eines viele Jahre auf einem im Vergleich zu seinem Statusamt höher bewerteten Dienstposten erfolgreich tätigen Beamten sowohl auf Beförderung als auch auf Gewährung der Verwendungszulage nach § 46 Abs. 1 BBesG. Vielmehr sind die Betreffenden dann, wenn - wie hier - seit der dienstpostenbezogenen Auswahlentscheidung längere Zeit verstrichen ist

dazu BVerwG, Urteil vom 11.2.2009 - 2 A 7.06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 (Rdnr. 20); zustimmend Lemhöfer in Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz - Stand: Juni 2012 -, § 22 BBG 2009 Rdnr. 16,

darauf zu verweisen, sich einem am Leistungsprinzip ausgerichteten Auswahlverfahren zu unterwerfen, und können nur nach dessen Ergebnis bei der Beförderung zum Zuge kommen. Ein „Vorab-Stellenkontingent“ bei der Vergabe vakanter Beförderungsplanstellen für langjährig bewährte Inhaber höher bewerteter Dienstposten gibt es nicht. Art. 33 Abs. 2 GG kommt vielmehr absoluter Vorrang zu

in diesem Sinne BVerwG, Beschlüsse vom 19.12.2007 - 2 B 35.07 -, vom 24.9.2008 - 2 B 117.07 - und vom 23.10.2008 - 2 B 114.07 -, sämtlich bei juris, wobei im zweitgenannten Falle die Klägerin zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bereits über 14 Jahre den höher bewerteten Dienstposten erfolgreich wahrgenommen hatte; die gegen die letztgenannte Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss vom 25.6.2009 - 2 BvR 2513/08 -, n.v., ohne weitere Begründung nicht zur Entscheidung angenommen; wie hier außerdem Baßlsperger, ZBR 2012, 109 (110), und Möller in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder - Stand: Mai 2012 -, § 18 BBesG Rdnr. 33 m.w.N..

b) Nicht gerechtfertigt ist zudem die Forderung des Antragstellers, er müsse so behandelt werden, als ob sein Dienstposten entgegen der Einstufung im Katalog über die Bewertung der Dienstposten der Beamten/Beamtinnen des höheren Dienstes und des gehobenen Dienstes bei den Finanzämtern vom 1.10.2011 nicht nach A 12 - A 13, sondern nach A 13 g.D. bewertet wäre.

Damit stellt der Antragsteller eine nichtnormative beziehungsweise verwaltungsinterne Ämterbewertung punktuell zur Überprüfung. Dabei lässt er die durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2011

- 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83,

verschärfte Problematik der gebündelten Dienstpostenbewertung - mit der Ausschlusswirkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO - außen vor, weil er sie für seine Argumentation „braucht“. Er will ja einen Bestand der Bewertung der den Beigeladenen übertragenen Dienstposten nach A 12 - A 13, um nach der geforderten Anhebung der Einstufung seines Dienstpostens auf A 13 g.D. einen Vorrang geltend zu machen.

Verwaltungsinterne Dienstpostenbewertungen vorzunehmen, gebietet § 18 BBesG, der über § 1 Abs. 2 SBesG für saarländische Landesbeamte unverändert fortgilt. Diese Bestimmung gibt zugleich vor, dass Kriterium für die Bewertung die „Wertigkeit“ der Ämter (Funktionen) ist, was eine vergleichende Betrachtung erfordert. Dabei steht dem Dienstherrn ein weiter Beurteilungsspielraum zu, denn mit der Zuordnung bestimmter Funktionen zu bestimmten Besoldungsgruppen werden Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung des einzelnen Amtes zum Ausdruck gebracht

zu alldem BVerwG, Urteil vom 30.6.2011, a.a.O., Rdnrn. 27 und 28.

Dabei hat der Dienstherr - allein - in Wahrnehmung öffentlicher Interessen einschließlich einer möglichen Abwägung von Prioritäten für eine möglichst effiziente Erfüllung der Aufgaben zu sorgen. Vor diesem Hintergrund verneint das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung

grundlegend Urteil vom 28.10.1970 - VI C 48.68 -, BVerwGE 36, 192 (201 ff., 217); ferner Urteile vom 31.5.1990 - 2 C 16.89 -, BayVBl. 1991, 56/57, und vom 28.11.1991 - 2 C 7.89 -, ZBR 1992, 176 (177),

einen Anspruch des Beamten auf eine bestimmte Bewertung seines Dienstpostens. Vielmehr hat sich die gerichtliche Kontrolle einer Dienstpostenbewertung auf die Prüfung zu beschränken, ob der Haushaltsgesetzgeber die Ausbringung einer Planstelle bestimmter Wertigkeit für einen bestimmten Dienstposten erkennbar für angezeigt erachtet hat, dem in anderen Fällen Rechnung getragen wurde und dies nur im Falle eines oder einzelner Beamter aus sachwidrigen Erwägungen heraus unterblieb

so BVerwG, Urteile vom 31.5.1990 - 2 C 16.89 -, a.a.O., S. 57, und vom 28.11.1991 - 2 C 7.89 -, a.a.O., S. 177; ferner Möller, a.a.O., § 18 BBesG Rdnr. 32, und Lemhöfer, a.a.O., § 22 BBG 2009 Rdnr. 12 m.w.N..

So liegt der Fall offensichtlich nicht. Vielmehr streitet zumindest der Gleichbehandlungsgrundsatz dafür, die Dienstposten von Sachgebietsleitern jedenfalls weitgehend nicht differenziert nach der Größe des einzelnen Finanzamts und/oder der Personalstärke des einzelnen Sachgebietes, sondern landesweit einheitlich zu bewerten. Außerdem übersieht der Antragsteller, dass die von ihm beklagte geringe Absetzung der Bewertung seines Dienstpostens von derjenigen mehrerer seiner Sachbearbeiter statt durch eine Hebung seines Dienstpostens durch die Absenkung der Bewertung der Dienstposten seiner engsten Mitarbeiter bewirkt werden kann.

Die erwähnte nur eingeschränkte Prüfungsdichte bei der Kontrolle von Dienstpostenbewertungen hat sich der beschließende Senat bereits in der Vergangenheit wiederholt zu Eigen gemacht

u.a. Beschluss vom 9.1.1996 - 1 W 38/95 -, SKZ 1996, 269 Leits. 39.

Daran hält er fest, denn er vermag weder dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2011

- 2 C 19.10 -, a.a.O.,

noch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Beschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, ZBR 2008, 164,

wonach auch lediglich objektive Rechtsverstöße im beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit dann von Bedeutung sind, wenn sie die Durchsetzung des Art. 33 Abs. 2 GG indirekt beeinträchtigen, zu entnehmen, dass die erwähnte ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überholt ist. Mithin hat sich der Antragsteller jedenfalls im gegebenen Zusammenhang mit der Bewertung seines Dienstpostens nach A 12 - A 13 abzufinden.

2. Das vom Antragsgegner durchgeführte Auswahlverfahren mit dem Ergebnis, die Beigeladenen, nicht aber - auch - den Antragsteller zu befördern, kann rechtlich nicht beanstandet werden.

Die Auswahlkriterien sind durch Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG vorgegeben. Um die nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Besten zu ermitteln, hat der Antragsgegner zu Recht zunächst die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Kandidaten herangezogen. Diese wurden einheitlich zum Stichtag 1.5.2010 erstellt. Bis zum vorgesehenen Beförderungstermin des 1.4.2012 waren also 23 Monate vergangen. Damit waren die genannten dienstlichen Beurteilungen auch im Lichte des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2011

- 2 C 19.10 -, a.a.O., Rdnr. 23,

bezogen auf den Beförderungstermin noch hinreichend aktuell, zumal sich bezüglich der vier verfahrensbeteiligten Konkurrenten in diesem Zeitraum keine Änderung der dienstlichen Verwendung ergeben hat und keiner der Beurteiler auf die Anfrage des Antragsgegners vom 27.3.2012, ob an einer der erwähnten Beurteilungen nicht mehr festgehalten werde, geantwortet hat.

Für den Leistungsvergleich abgestellt hat der Antragsgegner - ausschließlich - auf die durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung einzelner leistungsbezogener Gesichtspunkte gebildeten Gesamturteile der aktuellen dienstlichen Beurteilungen, die bei allen vier Konkurrenten „hat sich ausgezeichnet bewährt“ lauten. Entgegen der Beschwerdebegründung war eine weitergehende Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen nicht geboten. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2011

- 2 C 19.10 -, a.a.O., Rdnr. 16,

„kann“ der Dienstherr dann, wenn mehrere Bewerber im Gesamturteil gleichauf liegen, „auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren Bedeutung begründen muss“. Als solche Gesichtspunkte werden in der Folge „dienstliche Erfahrung, Verwendungsbreite und Leistungsentwicklung“ genannt. Aus diesem „Können“ wird dann in Rdnr. 20 unvermittelt ein „Müssen“. Konkret heißt es dort, dass der Dienstherr „für die Differenzierung innerhalb der Gruppe der Beamten mit gleichem Gesamturteil auf einzelne, im Vorhinein generell festgelegte Kriterien hätte abstellen müssen“, was selbst dann gelte, wenn die einschlägigen Beurteilungsrichtlinien - wie Tz. 9.2 Satz 2 der Richtlinien über die Beurteilung der Beamtinnen/Beamten im Geschäftsbereich des Antragsgegners - ausdrücklich Zwischenbenotungen für unzulässig erklären und damit zugleich verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb der Gesamturteile ausgeschlossen haben

dazu BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 16.02 -, Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 (S. 3 f.).

Insoweit darf allerdings nicht schematisch verfahren werden, was es verbietet, ausschlaggebend auf arithmetische Notenmittel abzustellen

ebenso BayVGH, Beschluss vom 9.1.2012 - 3 CE 11.1690 -, juris Rdnr. 32; a.A. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5.7.2012 - 6 S 22.12 -, juris Rdnr. 12.

Ohnehin liegt der Antragsteller, wie das Verwaltungsgericht aufgezeigt hat, beim arithmetischen Notenmittel klar hinter den Beigeladenen.

Die zuletzt zitierten Aussagen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2011 kommen allerdings wegen Besonderheiten des Einzelfalles hier nicht zur Anwendung. Sie greifen nämlich nur und sind lediglich dann zur Durchsetzung des Leistungsprinzips angezeigt, wenn mehrere Bewerber um eine bestimmte Beförderungsstelle streiten. Dann lässt sich für diese Stelle bereits bei der Ausschreibung anhand der mit ihr verbundenen Aufgaben ein Anforderungsprofil entwickeln und daraus die Bedeutung bestimmter leistungsbezogener Kriterien ableiten, deren besondere Ausprägung bei einzelnen Bewerbern eine optimale Erfüllung der mit der Stelle verbundenen Aufgaben erwarten lässt. So liegt der Fall indes nicht. Der Antragsgegner bezieht in die engere Beförderungsauswahl nämlich ausschließlich diejenigen ein, denen nach einem am Bestengrundsatz ausgerichteten Auswahlverfahren bereits ein Beförderungsdienstposten übertragen worden ist und die sich in der Erfüllung der mit eben diesem Dienstposten verbundenen Aufgaben „ausgezeichnet bewährt“ haben. Die bei der Beförderungsauswahl zum Zuge kommenden Beamten behalten also nach der Beförderung ihre bisherigen Dienstposten, die ihnen - um es nochmals zu betonen - anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall nach einem an den Anforderungen der konkreten Funktion ausgerichteten und am Gebot der Bestenauslese orientieren Auswahlentscheidung übertragen worden waren. Wegen der Verschiedenheiten der Beförderungsdienstposten gibt es bei einer solchen Beförderungsauswahl im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.2011 zudem keine - wie hervorzuheben ist - einheitlichen besonders bedeutsamen einzelnen Gesichtspunkte, mittels derer der Bestengrundsatz - über einen Vergleich der Gesamturteile hinausgehend - zusätzlich durchgesetzt werden könnte. Die vom Bundesverwaltungsgericht angesprochene Binnendifferenzierung ist daher in dieser Konstellation ungeeignet, eine leistungsbezogene Auswahl zwischen mehreren nach dem Gesamturteil gleich leistungsstark eingestuften Bewerbern zu fördern

zur Beschränkung der Pflicht zur Binnendifferenzierung auf Fälle der Besetzung bestimmter Beförderungsdienstposten wie hier VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.6.2011 - 4 S 1075/11 -, PersV 2012, 354 (356); Baßlsperger, a.a.O., S. 111, und von Roetteken, ZBR 2012, 230 (231); a.A. BayVGH, Beschluss vom 9.1.2012, a.a.O., Rdnr. 36.

Das hat dann gleichermaßen für die vom Antragsgegner nach Feststellung des Leistungsgleichstands zahlreicher Beförderungskandidaten - gemessen an den aktuellen dienstlichen Beurteilungen - zu Recht durchgeführte ergänzende Heranziehung zurückliegender dienstlicher Beurteilungen zu gelten. Auch insoweit ist die Beschränkung der Betrachtung auf das Gesamturteil ausreichend und führt zur Lösung der Pattsituation zwischen dem Antragsteller und den Beigeladenen nicht weiter. Ergänzend wird auf die einschlägigen Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss (S. 5 unten/6) verwiesen.

Ansonsten vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen, was der Antragsgegner in vergleichender Betrachtung zur Durchsetzung des Bestengrundsatzes zusätzlich hätte heranziehen können. Der Meinung des Antragstellers, ein Leistungsvorsprung ergebe sich zu seinen Gunsten, weil er bereits seit dem 2.1.2004 seinen jetzigen, nach A 12 - A 13 bewerteten Dienstposten erfolgreich wahrnehme, während dem Beigeladenen zu 1. erst seit dem 2.4.2007, dem Beigeladenen zu 2. erst seit dem 17.9.2007 und dem Beigeladenen zu 3. erst seit dem 6.11.2006 ein nach A 12 - A 13 eingestufter Dienstposten übertragen ist, kann nicht gefolgt werden. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.8.2005

- 2 C 37.04 -, BVerwGE 134, 99 (103); zustimmend Lemhöfer, a.a.O., § 21 BBG 2009 Rdnr. 7 a,

überzeugend dargelegt hat, ist die Höherwertigkeit eines Dienstpostens - gewissermaßen dem Grunde nach - kein leistungsbezogenes Kriterium bei der Beförderungsauswahl; der Schluss, Inhaber höherwertiger Dienstposten seien per se leistungsstärker als Inhaber niedriger bewerteter Dienstposten, ist nämlich in der Tat nicht zwingend. Der unterschiedlichen Wertigkeit der Dienstposten und der Güte der auf unterschiedlich bewerteten Dienstposten erbrachten Leistungen ist vielmehr im Rahmen der dienstlichen Beurteilungen Rechnung zu tragen

so schon BVerwG, Urteil vom 2.4.1981 - 2 C 13.80 -, Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 15 (S. 7).

Ist das aber richtig, kann die Dauer der Wahrnehmung eines höher bewerteten Dienstpostens ebenso wenig eine leistungsbezogene Aussage tragen. Sie stellt vielmehr - wie die Dauer der Dienstausübung seit der letzten Beförderung, das Dienstalter und das Lebensalter - ein „Hilfskriterium“ dar, auf das nach Feststellung eines im Wesentlichen gleichen Leistungsstandes mehrerer Beförderungskandidaten zurückgegriffen werden darf, aber nicht muss. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11.2.2009

- 2 A 7/06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 (Rdnr. 25),

erkannt, dass die Heranziehung der Zeitspanne, während der sich ein Beamter auf einem im Vergleich zu seinem Statusamt höher bewerteten Dienstposten bewährt hat, im Falle eines Leistungsgleichstandes „gerechtfertigt“ ist, womit die im selben Urteil

Rdnr. 28

verwendete Formulierung, „beim Leistungsvergleich nach Art. 33 Abs. 2 GG... (sei der) Gesichtspunkt der Dauer der Bewährung auf einem höherwertigen Dienstposten (zu berücksichtigen)“ schlechterdings unvereinbar ist, vor allem aber von der Sache her nicht überzeugt.

Im Ergebnis findet dies fallbezogen eine Bestätigung durch zwei Umstände. Zum einen stellt die Wahrnehmung eines nach A 12 - A 13 gebündelt bewerteten Dienstpostens durch einen Amtsrat nicht die Wahrnehmung eines im Vergleich zu seinem Statusamt höher bewerteten Dienstpostens dar

so BVerwG, Urteile vom 25.1.2007 - 2 A 2.06 -, Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4 (Rdnrn. 11/12), und vom 30.6.2011 - 2 C 19.10 -, a.a.O., Rdnr. 29.

Damit entfällt aber bereits der Ausgangspunkt der Argumentation, mit der der Antragsteller einen leistungsbezogenen Vorrang vor den Beigeladenen einfordert. Zum anderen steht der längeren Wahrnehmung eines - vermeintlich - höher bewerteten Dienstpostens durch den Antragsteller die längere Bewährung des Beigeladenen zu 1. - nämlich seit dem 18.5.2000 -, des Beigeladenen zu 2. - nämlich seit dem 1.4.2001 - und des Beigeladenen zu 3. - nämlich seit dem 17.7.2003 - jeweils als Steueramtsrat gegenüber, denn der Antragsteller ist erst am 28.7.2006 zum Steueramtsrat befördert worden. Zu den genannten Zeitpunkten ihrer Beförderungen rangierten die Beigeladenen also leistungsmäßig jeweils vor dem Antragsteller. Dass der Antragsgegner darauf letztlich ausschlaggebend abgestellt hat, hält der Senat das für ermessensgerecht.

Nach allem ist ein Anordnungsanspruch des Antragstellers zu verneinen, mithin unter Zurückweisung der Beschwerde die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, wobei zu einem Ausspruch gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zugunsten der Beigeladenen keine Veranlassung besteht.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2, 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Fahrtenbuchauflage. Sie war bis zum 15.03.2012 Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-1 und ist Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-2. Der Führer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-1 überschritt am 17.01.2012 um 17.50 Uhr in Landkreis Peine; Bundesautobahn A 2; Höhe Ratsplatz Zweidorfer Holz; km 182,455 Fahrtrichtung Berlin, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 21 km/h. Mit Schreiben vom 24.01.2012 hörte der Landkreis Peine die Antragstellerin als Zeugin an. Die Antragstellerin teilte dem Landkreis Peine mit Schreiben vom 31.01.2012 mit, dass zur Tatzeit die Firma S. M.technik GmbH Nutzerin des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen SDL-1 gewesen sei. Hierauf hörte der Landkreis Peine auch die Firma S. M.technik GmbH als Zeugin an. Die Firma S. M.technik GmbH beantragte aber lediglich die Einsichtnahme der Akte zum Ordnungswidrigkeitenverfahren, nahm aber zum Sachverhalt keine Stellung. Darüber hinaus bat der Landkreis Peine mit Schreiben vom 24.02.2012, vom 15.03.2012 und vom 04.04.2012 die Polizeiwache B. im Land Brandenburg um die Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugfahrers. Die Polizeiwache B. teilte mit Schreiben vom 04.04.2012 dem Landkreis Peine mit, ihre Beamten hätten die Verantwortliche der Firma S. M.technik GmbH mehrfach aufgesucht und aufgefordert, Angaben zum Fahrzeugführer zu machen. Bei der Verantwortlichen handele es sich um die Geschäftsführerin Frau S.. Sie habe angegeben, zum Fahrzeugführer keine Angaben machen zu können, weil verschiedene Fahrer der Firma mit dem PKW bundesweit unterwegs gewesen seien. Auch weitere Ermittlungen in der Nachbarschaft seien ergebnislos verlaufen, weil die Fahrer der Firma in der Nachbarschaft nicht bekannt seien. Hierauf bat der Landkreis Peine mit Schreiben vom 19.04.2012 den Antragsgegner um Prüfung, ob der Halterin des Fahrzeugs die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt werden könne.

2

Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 08.05.2012 seine Absicht mit, die Führung eines Fahrtenbuches für das Ersatzfahrzeug mit dem Kennzeichen SDL-2 für die Dauer von 6 Monaten anzuordnen und gab ihr Gelegenheit, hierzu bis zum 22.05.2012 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 15.05.2012 bat die Antragstellerin den Antragsgegner sich an den Nutzer des Fahrzeugs zu wenden und übersandte in der Anlage den einschlägigen Schriftverkehr einschließlich des Mietvertrages mit der Firma S. M.technik GmbH vom 02.01.2012. Im Mietvertrag wird Herr V. S., Bu. Str. …, … B., OT W. als Fahrer (des Fahrzeugs) benannt.

3

Mit Bescheid vom 10.06.2012 ordnete der Antragsgegner für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-2 als Ersatzfahrzeug für das Tatfahrzeug SDL-1 und für jedes an dessen Stelle zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeug unter Sofortvollzug für die Dauer von 6 Monaten die Führung eines Fahrtenbuches an. Zur Begründung des Bescheides führte die Antragsgegnerin u. a. aus: Die Antragstellerin habe lediglich die Firma S. M.technik GmbH als Nutzerin angegeben. Die Geschäftführerin dieser Firma habe aber weder gegenüber dem Landkreis Peine noch gegenüber der Polizei den verantwortlichen Fahrzeugführer benannt. Die Antragstellerin habe als Halterin des Fahrzeugs ihre Aufsichtspflicht verletzt, indem sie den Fahrzeugführer nicht benennen konnte. Wegen der Bedeutung der Verkehrssicherheit und um dem Effekt eines Fahrtenbuches Rechnung zu tragen, werde der Sofortvollzug der Fahrtenbuchauflage angeordnet. Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.06.2012 legte die Antragstellerin am 29.06.2012 Widerspruch ein, über den, soweit für das Gericht ersichtlich, die Widerspruchsbehörde bislang noch nicht entschieden hat.

4

Am 25.07.2012 hat die Antragstellerin das erkennende Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Zur Begründung ihres Begehrens trägt sie im Wesentlichen vor: In der Zeit der Vermietung des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-1 solle es unter seiner Verwendung zu einer Ordnungswidrigkeit geringer Intensität gekommen sein. Im Mietvertrag mit der Firma M.technik S. GmbH sei Herr V. S. als Fahrer festgelegt worden. Weitere Fahrer seien im Rahmen des Mietverhältnisses nicht zugelassen worden. Die Antragstellerin habe in der Anlage zu ihrem Schreiben an den Landkreis Peine vom 31.01.2012 den Mietvertrag beigefügt. Nach Überlassung des Mietvertrages hätte der verantwortliche Fahrzeugführer ermittelt werden können. Selbst wenn der Mietvertrag nicht beim Landkreis Peine eingegangen sein sollte, wäre es dem Landkreis ohne weiteres möglich gewesen, telefonisch oder schriftlich bei der Antragstellerin nachzufragen, ob für das Fahrzeug im Mietvertrag ein Fahrer angegeben sei, oder die Antragstellerin zu bitten, den Mietvertrag (nochmals) zu übersenden. Zudem sei die Anordnung der Fahrtenbuchauflage unverhältnismäßig und käme einem Berufsverbot gleich, weil es der Antragstellerin nicht möglich sei, für ihre Vermietungsfahrzeuge Fahrtenbücher zu führen. Es werde auch kein Mieter dazu bereit sein, einen Vertrag abzuschließen, mit dem er zur Führung eines Fahrtenbuches verpflichtet werde.

5

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

6

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 29.06.2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.06.2012 wieder herzustellen.

7

Der Antragsgegner beantragt unter Verteidigung seines Bescheides,

8

den Antrag abzulehnen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners verwiesen.

II.

10

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat keinen Erfolg.

11

1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung erweist sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig. Er beruht auf § 31 a StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug oder mehrere Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung eines verantwortlichen Fahrzeugführers nach einer Verkehrszuwiderhandlung nicht möglich war.

12

1.1. Von Letzterem ist auszugehen, wenn die Behörde nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen hierzu ergriffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufklärungsmaßnahmen kommt es maßgeblich darauf an, ob die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Weitere Ermittlungen scheiden zumeist aus, wenn der Halter eines Fahrzeugs - z. B. im Wege der Aussageverweigerung als Beschuldigter, unter Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht als Zeuge oder sonst wie - erkennbar jede sachdienliche Mitwirkung an der Aufklärung darüber ablehnt, wer das Fahrzeug zum maßgeblichen Zeitpunkt geführt hat, es sei denn, es sind besondere Anhaltspunkte gegeben (BVerwG, U. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, zitiert nach juris, Rdnr. 7).

13

Gemessen daran hat die zuständige Verwaltungsbehörde alle ihre zumutbaren Anstrengungen zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers zur Tatzeit unternommen. Die zuständige Behörde hat die Antragstellerin schriftlich angehört. In der Anhörung hat die Antragstellerin keine ausreichenden Hinweise gegeben, die zur Ermittlung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführers führten. Auch weitere Ermittlungen sind erfolglos geblieben.

14

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist der Mietvertrag mit der Firma M.technik S. GmbH vom 02.01.2012 nicht mit dem Schreiben vom 31.01.2012 beim Landkreis Peine eingegangen. In den Unterlagen des Landkreises Peine, die er dem Antragsgegner in Kopie vorgelegt hat, befindet sich der Mietvertrag nicht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Landkreis Peine seine Unterlagen unvollständig vorgelegt hat. Gegen eine Beifügung des Mitvertrages in der Anlage zum Schreiben vom 31.01.2012 spricht auch, dass er in dem Schreiben vom 31.01.2012 nicht als Anlage bezeichnet worden ist. In diesem Schreiben führt die Antragstellerin lediglich aus, dass sie das Anhörungsschreiben des Landkreises zurücksende. Hätte die Antragstellerin dem Landkreis Peine auch den Mietvertrag übersandt, so hätte es aus ihrer Sicht doch nahe gelegen, auch auf diesen als Anlage zum Schreiben hinzuweisen. Darüber hinaus hätte die Vorlage des Mietvertrages den Landkreis wohl dazu veranlasst, auch Herrn V. S. als Zeugen bzw. gar als Beschuldigten zu anzuhören. Nach Aktenlage bestand für den Landkreis aber kein Anlass auch Herrn V. S. anzuhören.

15

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war für den Landkreis Peine kein Grund ersichtlich, weshalb er bei der Antragstellerin weitere Auskünfte über die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers erhalten könnte. Denn sie hat dem Landkreis Peine die Zeugenanhörung unausgefüllt zurückgeschickt und ihn mit seinen weiteren Ermittlungsbemühungen ausdrücklich an die Firma S. M.technik GmbH verwiesen. Insofern konnte der Landkreis nicht davon ausgehen, dass weitere Anfragen zur Person des Fahrzeugführers bei der Antragstellerin noch von Erfolg gekrönt sein könnten.

16

Auch darf es die Behörde damit bewenden lassen, den Fahrzeughalter zum Verkehrsverstoß schriftlich anzuhören. Von ihm kann verlangt werden, sich einen zuverlässigen Überblick über die Nutzung des von ihm zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges zu verschaffen und den zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen. Ein Fahrzeughalter gefährdet die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, wenn er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht nicht dartun kann oder dartun will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Fahrzeug gefahren hat. Ein solcher Fahrzeughalter darf durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B. v. 23.06.1989 - 7 B 90.89 -, zitiert nach juris, Rdnr. 8).

17

Eine solche Aufsichtspflicht hat auch ein das Fahrzeug haltende Mietwagenunternehmen. Denn es liegt es in der Sphäre einer gewerblichen Autovermietung, ihren Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass zu jeder Zeit festgestellt werden kann, welche Person welches Fahrzeug benutzt hat. Eine gewerbliche Autovermietung ist schon aufgrund ihrer handelsrechtlichen Pflichten zur sorgfältigen Archivierung der Mietverträge verpflichtet. Für die Annahme einer Mitwirkungsverweigerung bei einer fehlenden Benennung des verantwortlichen Fahrzeugführers, wenn ein solcher im Mietvertrag bezeichnet ist, spricht zudem der Zweck des § 31a StVZO. Die Vorschrift soll im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs auf die dem Fahrzeughalter mögliche und zumutbare Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers desjenigen Kraftfahrzeugs hinwirken, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, und den Fahrzeughalter zur Erfüllung seiner Aufsichtspflichten anhalten (VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 - 6 A 162/10 -, zitiert nach juris, Rdnr. 21 m. w. N.; bestätigt durch NdsOVG, B. v. 11.07.2012 - 12 LA 169/11 -, zitiert nach juris). Eine Benennung des mutmaßlichen Fahrzeugführers wäre ihr - wie aus ihrem eigenen Vorbringen hervorgeht - jederzeit möglich gewesen. Trotz dieser Möglichkeit hat sie lediglich die Ordnungsbehörde zur weiteren Sachaufklärung an die Mieterin des Fahrzeuges verwiesen, die ihrerseits keinen Beitrag zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrers geleistet hat. Durch dieses Verhalten hat die Antragstellerin indessen nicht in einer ausreichenden Weise an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitgewirkt.

18

Es war auch nicht Aufgabe der Behörde gewesen, einen weitergehenden Ermittlungsaufwand zu betreiben, um den Fahrzeugführer ausfindig zu machen. Die Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht durch Benennung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrers wäre der Antragstellerin hier nicht nur ohne Weiteres möglich, sondern darüber hinaus auch zumutbar gewesen. Bei wertender Betrachtung obliegt es insoweit der Antragstellerin, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen und zu benennen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, dass die Verantwortung für den Verkehrsverstoß und damit einhergehend auch die Verantwortung für dessen Aufklärung aus der Sphäre der Antragstellerin stammen. Denn die Antragstellerin hat dadurch, dass sie Kraftfahrzeuge anderen Personen zur Benutzung überlässt, ein Risiko eröffnet. Aufgrund der jedem Kraftfahrzeug innewohnenden Betriebsgefahr hat die Antragstellerin mit dieser Risikoeröffnung gleichzeitig eine Gefahrenquelle für die Allgemeinheit geschaffen. Wenn sich nun in einem mittels eines Mietwagens der Antragstellerin begangenen Verkehrsverstoß genau diese geschaffene Gefahr realisiert hat, ist die Benennung des betroffenen Fahrers als zumutbare Mitwirkungshandlung der Antragstellerin einzustufen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil ihr die Benennung - wie sie selbst angibt - in jedem Fall möglich gewesen wäre. Auch soweit mit der Ermittlung des Fahrzeugführers ein erhöhter unternehmerischer Aufwand für die Antragstellerin verbunden ist, führt nicht dazu, dass sich ihre Mitwirkungspflicht reduziert. Insoweit obliegt es der Antragstellerin, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass auch noch nach längerer Zeit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Fahrzeug benutzt hat (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 22 m. w. N.).

19

In der Rechtsprechung ist hinsichtlich der Nutzung von Firmenfahrzeugen anerkannt, dass es ungeachtet der aus § 238Abs. 1, § 257 HGB folgenden Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten sachgerechtem kaufmännischem Verhalten entspricht, dass ein kaufmännischer Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen oder die Vorlage eines Tatfotos auch nach längerer Zeit in der Lage ist, Geschäftsfahrten anhand (schriftlicher) Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Hiermit ist zwar keine Rechtspflicht zur Dokumentation der Geschäftsfahrten verbunden. Es ist deswegen Sache eines Unternehmens, sich dafür zu entscheiden, hinreichende Aufzeichnungen nicht zu führen; die Folge ist indessen, dass die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, in der Regel rechtmäßig ist, wenn sich nicht hat aufklären lassen, wer mit dem Firmenfahrzeug den Verkehrsverstoß begangen hat. Es liegt in der Sphäre der Betriebsleitung, von vornherein organisatorische Vorkehrungen zu treffen, damit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Dies ist wegen des öffentlichen Interesses an der Aufklärung von Verkehrsverstößen gerechtfertigt und belastet den kaufmännischen Wirtschaftsbetrieb nicht in unzumutbarer Weise. Hinsichtlich seiner Geschäftsvorgänge ist dieser ohnehin buchführungspflichtig, sodass der (schriftliche) Nachweis der mit seinen Fahrzeugen unternommenen Dienstfahrten nicht mit einer ihm gänzlich ungewohnten Belastung verbunden ist - anders als dies für Fahrzeughalter von zu privaten Zwecken eingesetzten Pkw der Fall wäre. Wegen des im Vergleich zu Privatfahrzeugen regelmäßig größeren und deswegen unübersichtlicheren Benutzerkreises geht von Dienstfahrzeugen eine größere Gefahr als von Privatfahrzeugen aus, dass eine Ordnungswidrigkeit ohne längerfristige Dokumentation des Fahrzeugeinsatzes unaufgeklärt bliebe. Zudem liegt die Dokumentation des Fahrzeugeinsatzes im kaufmännischen Eigeninteresse, schon um Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendung der Fahrzeuge für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 23 m. w. N.).

20

Diese Rechtsprechung lässt sich ohne Weiteres auf die Fahrten mit Mietfahrzeugen einer gewerblichen Autovermietung übertragen. Denn auch hier manifestiert sich in gleicher Weise durch die regelmäßige Überlassung des Fahrzeuges an andere Personen und damit an einen größeren und unübersichtlichen Benutzerkreis ein erhöhtes Risiko. Gleichzeitig müssen auch Autovermietungen im Rahmen ihrer Buchführungspflichten alle Mietvorgänge abspeichern bzw. archivieren. Aufgrund der ohnehin vorhandenen Informationen erscheint für derartige Betriebe die Benennung des Fahrzeugführers nicht als unzumutbare Belastung. Eine unterschiedliche Behandlung von Mietfahrten gewerblicher Autovermietungen und anderen Betriebsfahrten mit Firmenfahrzeugen ist nicht sachgerecht (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 24 m. w. N.).

21

Darüber hinaus zieht die Antragstellerin aus der gewerblichen Autovermietung und der damit einhergehenden Risikoeröffnung einen ständigen wirtschaftlichen Nutzen. Auch vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Mitwirkungspflicht im Rahmen des § 31 a StVZO anzunehmen. Wer aus einer für die Allgemeinheit gefährlichen Risikoeröffnung wirtschaftliche Vorteile für sich in Anspruch nimmt, muss dann auch bei der Ahndung der in diesem Verkehr begangenen Verstöße den ihm größtmöglichen Anteil an der Aufklärung leisten (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 25 m. w. N.).

22

1.2. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches gemäß § 31 a StVZO liegen im Übrigen vor. Die Führung eines Fahrtenbuches kann schon nach einem einmaligen Verkehrsverstoß auferlegt werden, wenn sich die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften verkehrsgefährdend auswirken kann (BVerwG, B. v. 17.07.1986 - 7 B 234.85 -, NJW 1987, 143). Der begangene Verkehrsverstoß wäre mit einem Punkt im Verkehrszentralregister (VZR) einzutragen gewesen. Ein Verkehrsverstoß „von einigem Gewicht“ kann auch dann gegeben sein, wenn ein Verkehrsverstoß mit (nur) einem Punkt im Sinne der einschlägigen Anlage zur Fahrerlaubnisverordnung bewertet wird (BVerwG, B. v. 09.09.1999 - 3 B 94.99 -, zitiert nach juris). Eine deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h auf einer Autobahn ist ein Verkehrsverstoß „von einigem Gewicht“. Denn zu hohe Geschwindigkeiten gehören zu den häufigsten Ursachen, die zu Verkehrsunfällen führen. Der mit dem ehemaligen Fahrzeug der Antragstellerin begangene Verkehrsverstoß fällt mithin derart ins Gewicht, dass der Antragsgegner ermessensfehlerfrei auf das Instrumentarium der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches zurückgegriffen hat. Diese Anordnung setzt nicht den konkreten Nachweis einer Verkehrsgefährdung voraus. Die Zielrichtung des § 31 a StVZO geht schlicht dahin, diejenigen Kraftfahrer zu erfassen, die Verkehrsverstöße begehen, den zur Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit der verkehrsnotwendigen Maßnahmen aber dadurch ausweichen, dass sie sich die Anonymität, durch die der motorisierte Straßenverkehr weitgehend gekennzeichnet ist, zunutze machen (BVerwG, U. v. 17.12.1982 a. a. O., Rdnr. 9). Diese Umstände lagen auf der Hand und bedurften keiner weiteren Ausführungen des Antragsgegners in der Begründung seiner Ermessensentscheidung.

23

1.3. Die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches ist bei unzureichender Mitwirkung des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführers nicht unverhältnismäßig. Sie ist geeignet, Versäumnisse des Halters bei der Überwachung der Fahrzeugbenutzung auszugleichen und die sichere Kennzeichnung des jeweiligen Fahrzeugs und seines Benutzers zu gewährleisten (OVG Schleswig-Holstein, U. v. 13.09.1995 - 4 L 127/95 -, zitiert nach juris, Rdnr. 33). Ein milderes, ebenso geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist nicht ersichtlich. Die Anordnung steht auch nicht außer Verhältnis zu ihrem angestrebten Zweck, dem Schutz der Verkehrssicherheit.

24

Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie könne für ihre Fahrzeuge keine Mieter finden, die sich zur Führung eines Fahrtenbuches und den damit verbundenen Eintragungen verpflichten würden, verkennt sie, dass der Bescheid des Antragsgegners dahingehend zu verstehen ist, dass allein die Antragstellerin Adressatin des Verwaltungsaktes ist und das Fahrtenbuch führen muss. Sie muss in dieser Funktion grundsätzlich nur die ihr möglichen Eintragungen vornehmen. Nach § 31 a Abs. 2 Nr. 1 StVZO hat der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter in dem Fahrtenbuch für jede einzelne Fahrt vor dem Beginn den Namen und die Anschrift des Fahrzeugführers, das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs sowie Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt einzutragen. Nach Beendigung einer Fahrt sind gem. § 31 Abs. 2 Nr. 2 StVZO unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben kann die Antragstellerin zunächst die erforderlichen Eintragungen selbst vornehmen, soweit sie von einem Mieter - etwa bei kürzeren Mietzeiten - über dessen Fahrt informiert wird. Sie hat hierzu auch die Möglichkeit, Absprachen mit den jeweiligen Mietern zu treffen und die Fahrtrouten zu erfragen. In den Fällen, in denen eine Eintragung durch die Antragstellerin persönlich nicht praktikabel erscheint, kann sie gemäß § 31 a Abs. 2 StVZO auch die Mieter mit der Eintragung beauftragen. Sofern sie die erforderlichen Eintragungen in Vermietungsfällen nicht selbst vornimmt, obliegt es ihr, den jeweiligen Mieter dazu zu veranlassen. Eine derartige Vereinbarung begegnet im Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie und dem daraus folgendem Gedanken der Vertragsfreiheit keinen rechtlichen Bedenken. Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte stehen der Fahrtenbuchauflage nicht entgegen; auch ein unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann im Hinblick auf die bereichsspezifische, präzise und normklare Festlegung von Anlass, Zweck und Grenzen einer Fahrtenbuchauflage in der Rechtsgrundlage nicht angenommen werden. Auch eine mit der Fahrtenbuchauflage einhergehende eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des betroffenen Fahrzeugs für die Antragstellerin ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Fahrtenbuches und in Abwägung mit dem die Auflage auslösenden Verhalten der Antragstellerin verhältnismäßig (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 30 m. w. N.; VG Magdeburg, B. v. 06.08.2004 - 1 B 406/04 MD -, S. 6 d. BA. n. v.).

25

1.4. Die zeitliche Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf 6 Monate ist rechtlich bedenkenfrei. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist ein Dauerverwaltungsakt (BVerwG, B. v. 03.02.1989 – 7 B 18.89 -, zitiert nach juris, Rdnr. 6). Daraus folgt die Pflicht der Behörde, ihre Verfügung zeitlich unter Kontrolle zu halten, und entbehrt sie freilich nicht von der Notwendigkeit, in jedem Einzelfall schon bei der Anordnung zu prüfen, ob sich der Zweck, den sie verfolgt, nicht mit einer von vornherein befristeten Fahrtenbuchauflage erreichen lässt. Das ist hier der Fall. Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Führen eines Fahrtenbuches mehr als nur eine bloße Unannehmlichkeit darstellt, denn sie bringt eine erhebliche Belastung mit sich, über jede Fahrt unverzüglich Rechenschaft abzulegen. Gleichwohl ist es der Antragsstellerin unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhaltes zuzumuten, für sein Fahrzeug 6 Monate lang ein Fahrtenbuch zu führen. Diese zeitliche Erstreckung ist erforderlich aber auch ausreichend, um bei künftigen Verkehrsverstößen zu gewährleisten, dass der jeweils verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit ermittelt werden kann.

26

2. Die Begründung des Sofortvollzugs genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Sie lässt erkennen, dass der Antragsgegner das Aufschubinteresse der Antragsstellerin mit dem öffentlichen Interesse abgewogen und aus welchen Gründen er der Anordnung des Sofortvollzuges den Vorzug gegeben hat.

27

3. Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht ein besonders Vollzugsinteresse. Die Anordnung des Sofortvollzuges ist notwendig, um dem erzieherischen Effekt eines Fahrtenbuches Rechnung zu tragen. Eine solche Wirkung der Anordnung ginge verloren, wenn die Behörde den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides, womöglich nach Beendigung eines mehrjährigen gerichtlichen Verfahrens, abwarten müsste.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

29

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Ziffern II. 46.13 und II. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst das Gericht das Interesse der Antragstellerin an der Verfolgung seines Begehrens mit 1.200,00 €. Nach Ziffer II. 46.13 beträgt der Streitwert 400,00 € je Monat der angeordneten Fahrtenbuchauflage. Der sich hieraus ergebene Streitwert in Höhe von 2.400,00 € ist nach Ziffer II. 1.5 für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


(1) Für Beförderungen gelten die Grundsätze des § 9. Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegen.

(2) Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, setzen eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus.

(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden.

(4) Eine Beförderung ist unzulässig vor Ablauf eines Jahres

1.
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder
2.
a)
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder
b)
seit der letzten Beförderung,
es sei denn, das bisherige Amt musste nicht regelmäßig durchlaufen werden.

(5) Der Bundespersonalausschuss kann Ausnahmen von den Absätzen 2 bis 4 zulassen, wenn sie die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung regelt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.