Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 20. Aug. 2012 - 1 B 226/12

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:0820.1B226.12.0A
bei uns veröffentlicht am20.08.2012

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Fahrtenbuchauflage. Sie war bis zum 15.03.2012 Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-1 und ist Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-2. Der Führer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-1 überschritt am 17.01.2012 um 17.50 Uhr in Landkreis Peine; Bundesautobahn A 2; Höhe Ratsplatz Zweidorfer Holz; km 182,455 Fahrtrichtung Berlin, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 21 km/h. Mit Schreiben vom 24.01.2012 hörte der Landkreis Peine die Antragstellerin als Zeugin an. Die Antragstellerin teilte dem Landkreis Peine mit Schreiben vom 31.01.2012 mit, dass zur Tatzeit die Firma S. M.technik GmbH Nutzerin des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen SDL-1 gewesen sei. Hierauf hörte der Landkreis Peine auch die Firma S. M.technik GmbH als Zeugin an. Die Firma S. M.technik GmbH beantragte aber lediglich die Einsichtnahme der Akte zum Ordnungswidrigkeitenverfahren, nahm aber zum Sachverhalt keine Stellung. Darüber hinaus bat der Landkreis Peine mit Schreiben vom 24.02.2012, vom 15.03.2012 und vom 04.04.2012 die Polizeiwache B. im Land Brandenburg um die Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugfahrers. Die Polizeiwache B. teilte mit Schreiben vom 04.04.2012 dem Landkreis Peine mit, ihre Beamten hätten die Verantwortliche der Firma S. M.technik GmbH mehrfach aufgesucht und aufgefordert, Angaben zum Fahrzeugführer zu machen. Bei der Verantwortlichen handele es sich um die Geschäftsführerin Frau S.. Sie habe angegeben, zum Fahrzeugführer keine Angaben machen zu können, weil verschiedene Fahrer der Firma mit dem PKW bundesweit unterwegs gewesen seien. Auch weitere Ermittlungen in der Nachbarschaft seien ergebnislos verlaufen, weil die Fahrer der Firma in der Nachbarschaft nicht bekannt seien. Hierauf bat der Landkreis Peine mit Schreiben vom 19.04.2012 den Antragsgegner um Prüfung, ob der Halterin des Fahrzeugs die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt werden könne.

2

Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 08.05.2012 seine Absicht mit, die Führung eines Fahrtenbuches für das Ersatzfahrzeug mit dem Kennzeichen SDL-2 für die Dauer von 6 Monaten anzuordnen und gab ihr Gelegenheit, hierzu bis zum 22.05.2012 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 15.05.2012 bat die Antragstellerin den Antragsgegner sich an den Nutzer des Fahrzeugs zu wenden und übersandte in der Anlage den einschlägigen Schriftverkehr einschließlich des Mietvertrages mit der Firma S. M.technik GmbH vom 02.01.2012. Im Mietvertrag wird Herr V. S., Bu. Str. …, … B., OT W. als Fahrer (des Fahrzeugs) benannt.

3

Mit Bescheid vom 10.06.2012 ordnete der Antragsgegner für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-2 als Ersatzfahrzeug für das Tatfahrzeug SDL-1 und für jedes an dessen Stelle zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeug unter Sofortvollzug für die Dauer von 6 Monaten die Führung eines Fahrtenbuches an. Zur Begründung des Bescheides führte die Antragsgegnerin u. a. aus: Die Antragstellerin habe lediglich die Firma S. M.technik GmbH als Nutzerin angegeben. Die Geschäftführerin dieser Firma habe aber weder gegenüber dem Landkreis Peine noch gegenüber der Polizei den verantwortlichen Fahrzeugführer benannt. Die Antragstellerin habe als Halterin des Fahrzeugs ihre Aufsichtspflicht verletzt, indem sie den Fahrzeugführer nicht benennen konnte. Wegen der Bedeutung der Verkehrssicherheit und um dem Effekt eines Fahrtenbuches Rechnung zu tragen, werde der Sofortvollzug der Fahrtenbuchauflage angeordnet. Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.06.2012 legte die Antragstellerin am 29.06.2012 Widerspruch ein, über den, soweit für das Gericht ersichtlich, die Widerspruchsbehörde bislang noch nicht entschieden hat.

4

Am 25.07.2012 hat die Antragstellerin das erkennende Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Zur Begründung ihres Begehrens trägt sie im Wesentlichen vor: In der Zeit der Vermietung des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SDL-1 solle es unter seiner Verwendung zu einer Ordnungswidrigkeit geringer Intensität gekommen sein. Im Mietvertrag mit der Firma M.technik S. GmbH sei Herr V. S. als Fahrer festgelegt worden. Weitere Fahrer seien im Rahmen des Mietverhältnisses nicht zugelassen worden. Die Antragstellerin habe in der Anlage zu ihrem Schreiben an den Landkreis Peine vom 31.01.2012 den Mietvertrag beigefügt. Nach Überlassung des Mietvertrages hätte der verantwortliche Fahrzeugführer ermittelt werden können. Selbst wenn der Mietvertrag nicht beim Landkreis Peine eingegangen sein sollte, wäre es dem Landkreis ohne weiteres möglich gewesen, telefonisch oder schriftlich bei der Antragstellerin nachzufragen, ob für das Fahrzeug im Mietvertrag ein Fahrer angegeben sei, oder die Antragstellerin zu bitten, den Mietvertrag (nochmals) zu übersenden. Zudem sei die Anordnung der Fahrtenbuchauflage unverhältnismäßig und käme einem Berufsverbot gleich, weil es der Antragstellerin nicht möglich sei, für ihre Vermietungsfahrzeuge Fahrtenbücher zu führen. Es werde auch kein Mieter dazu bereit sein, einen Vertrag abzuschließen, mit dem er zur Führung eines Fahrtenbuches verpflichtet werde.

5

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

6

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 29.06.2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.06.2012 wieder herzustellen.

7

Der Antragsgegner beantragt unter Verteidigung seines Bescheides,

8

den Antrag abzulehnen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners verwiesen.

II.

10

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat keinen Erfolg.

11

1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung erweist sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig. Er beruht auf § 31 a StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug oder mehrere Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung eines verantwortlichen Fahrzeugführers nach einer Verkehrszuwiderhandlung nicht möglich war.

12

1.1. Von Letzterem ist auszugehen, wenn die Behörde nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen hierzu ergriffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufklärungsmaßnahmen kommt es maßgeblich darauf an, ob die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Weitere Ermittlungen scheiden zumeist aus, wenn der Halter eines Fahrzeugs - z. B. im Wege der Aussageverweigerung als Beschuldigter, unter Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht als Zeuge oder sonst wie - erkennbar jede sachdienliche Mitwirkung an der Aufklärung darüber ablehnt, wer das Fahrzeug zum maßgeblichen Zeitpunkt geführt hat, es sei denn, es sind besondere Anhaltspunkte gegeben (BVerwG, U. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, zitiert nach juris, Rdnr. 7).

13

Gemessen daran hat die zuständige Verwaltungsbehörde alle ihre zumutbaren Anstrengungen zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers zur Tatzeit unternommen. Die zuständige Behörde hat die Antragstellerin schriftlich angehört. In der Anhörung hat die Antragstellerin keine ausreichenden Hinweise gegeben, die zur Ermittlung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführers führten. Auch weitere Ermittlungen sind erfolglos geblieben.

14

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist der Mietvertrag mit der Firma M.technik S. GmbH vom 02.01.2012 nicht mit dem Schreiben vom 31.01.2012 beim Landkreis Peine eingegangen. In den Unterlagen des Landkreises Peine, die er dem Antragsgegner in Kopie vorgelegt hat, befindet sich der Mietvertrag nicht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Landkreis Peine seine Unterlagen unvollständig vorgelegt hat. Gegen eine Beifügung des Mitvertrages in der Anlage zum Schreiben vom 31.01.2012 spricht auch, dass er in dem Schreiben vom 31.01.2012 nicht als Anlage bezeichnet worden ist. In diesem Schreiben führt die Antragstellerin lediglich aus, dass sie das Anhörungsschreiben des Landkreises zurücksende. Hätte die Antragstellerin dem Landkreis Peine auch den Mietvertrag übersandt, so hätte es aus ihrer Sicht doch nahe gelegen, auch auf diesen als Anlage zum Schreiben hinzuweisen. Darüber hinaus hätte die Vorlage des Mietvertrages den Landkreis wohl dazu veranlasst, auch Herrn V. S. als Zeugen bzw. gar als Beschuldigten zu anzuhören. Nach Aktenlage bestand für den Landkreis aber kein Anlass auch Herrn V. S. anzuhören.

15

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war für den Landkreis Peine kein Grund ersichtlich, weshalb er bei der Antragstellerin weitere Auskünfte über die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers erhalten könnte. Denn sie hat dem Landkreis Peine die Zeugenanhörung unausgefüllt zurückgeschickt und ihn mit seinen weiteren Ermittlungsbemühungen ausdrücklich an die Firma S. M.technik GmbH verwiesen. Insofern konnte der Landkreis nicht davon ausgehen, dass weitere Anfragen zur Person des Fahrzeugführers bei der Antragstellerin noch von Erfolg gekrönt sein könnten.

16

Auch darf es die Behörde damit bewenden lassen, den Fahrzeughalter zum Verkehrsverstoß schriftlich anzuhören. Von ihm kann verlangt werden, sich einen zuverlässigen Überblick über die Nutzung des von ihm zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges zu verschaffen und den zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen. Ein Fahrzeughalter gefährdet die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, wenn er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht nicht dartun kann oder dartun will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Fahrzeug gefahren hat. Ein solcher Fahrzeughalter darf durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B. v. 23.06.1989 - 7 B 90.89 -, zitiert nach juris, Rdnr. 8).

17

Eine solche Aufsichtspflicht hat auch ein das Fahrzeug haltende Mietwagenunternehmen. Denn es liegt es in der Sphäre einer gewerblichen Autovermietung, ihren Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass zu jeder Zeit festgestellt werden kann, welche Person welches Fahrzeug benutzt hat. Eine gewerbliche Autovermietung ist schon aufgrund ihrer handelsrechtlichen Pflichten zur sorgfältigen Archivierung der Mietverträge verpflichtet. Für die Annahme einer Mitwirkungsverweigerung bei einer fehlenden Benennung des verantwortlichen Fahrzeugführers, wenn ein solcher im Mietvertrag bezeichnet ist, spricht zudem der Zweck des § 31a StVZO. Die Vorschrift soll im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs auf die dem Fahrzeughalter mögliche und zumutbare Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers desjenigen Kraftfahrzeugs hinwirken, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, und den Fahrzeughalter zur Erfüllung seiner Aufsichtspflichten anhalten (VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 - 6 A 162/10 -, zitiert nach juris, Rdnr. 21 m. w. N.; bestätigt durch NdsOVG, B. v. 11.07.2012 - 12 LA 169/11 -, zitiert nach juris). Eine Benennung des mutmaßlichen Fahrzeugführers wäre ihr - wie aus ihrem eigenen Vorbringen hervorgeht - jederzeit möglich gewesen. Trotz dieser Möglichkeit hat sie lediglich die Ordnungsbehörde zur weiteren Sachaufklärung an die Mieterin des Fahrzeuges verwiesen, die ihrerseits keinen Beitrag zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrers geleistet hat. Durch dieses Verhalten hat die Antragstellerin indessen nicht in einer ausreichenden Weise an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitgewirkt.

18

Es war auch nicht Aufgabe der Behörde gewesen, einen weitergehenden Ermittlungsaufwand zu betreiben, um den Fahrzeugführer ausfindig zu machen. Die Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht durch Benennung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrers wäre der Antragstellerin hier nicht nur ohne Weiteres möglich, sondern darüber hinaus auch zumutbar gewesen. Bei wertender Betrachtung obliegt es insoweit der Antragstellerin, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen und zu benennen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, dass die Verantwortung für den Verkehrsverstoß und damit einhergehend auch die Verantwortung für dessen Aufklärung aus der Sphäre der Antragstellerin stammen. Denn die Antragstellerin hat dadurch, dass sie Kraftfahrzeuge anderen Personen zur Benutzung überlässt, ein Risiko eröffnet. Aufgrund der jedem Kraftfahrzeug innewohnenden Betriebsgefahr hat die Antragstellerin mit dieser Risikoeröffnung gleichzeitig eine Gefahrenquelle für die Allgemeinheit geschaffen. Wenn sich nun in einem mittels eines Mietwagens der Antragstellerin begangenen Verkehrsverstoß genau diese geschaffene Gefahr realisiert hat, ist die Benennung des betroffenen Fahrers als zumutbare Mitwirkungshandlung der Antragstellerin einzustufen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil ihr die Benennung - wie sie selbst angibt - in jedem Fall möglich gewesen wäre. Auch soweit mit der Ermittlung des Fahrzeugführers ein erhöhter unternehmerischer Aufwand für die Antragstellerin verbunden ist, führt nicht dazu, dass sich ihre Mitwirkungspflicht reduziert. Insoweit obliegt es der Antragstellerin, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass auch noch nach längerer Zeit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Fahrzeug benutzt hat (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 22 m. w. N.).

19

In der Rechtsprechung ist hinsichtlich der Nutzung von Firmenfahrzeugen anerkannt, dass es ungeachtet der aus § 238Abs. 1, § 257 HGB folgenden Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten sachgerechtem kaufmännischem Verhalten entspricht, dass ein kaufmännischer Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen oder die Vorlage eines Tatfotos auch nach längerer Zeit in der Lage ist, Geschäftsfahrten anhand (schriftlicher) Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Hiermit ist zwar keine Rechtspflicht zur Dokumentation der Geschäftsfahrten verbunden. Es ist deswegen Sache eines Unternehmens, sich dafür zu entscheiden, hinreichende Aufzeichnungen nicht zu führen; die Folge ist indessen, dass die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, in der Regel rechtmäßig ist, wenn sich nicht hat aufklären lassen, wer mit dem Firmenfahrzeug den Verkehrsverstoß begangen hat. Es liegt in der Sphäre der Betriebsleitung, von vornherein organisatorische Vorkehrungen zu treffen, damit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Dies ist wegen des öffentlichen Interesses an der Aufklärung von Verkehrsverstößen gerechtfertigt und belastet den kaufmännischen Wirtschaftsbetrieb nicht in unzumutbarer Weise. Hinsichtlich seiner Geschäftsvorgänge ist dieser ohnehin buchführungspflichtig, sodass der (schriftliche) Nachweis der mit seinen Fahrzeugen unternommenen Dienstfahrten nicht mit einer ihm gänzlich ungewohnten Belastung verbunden ist - anders als dies für Fahrzeughalter von zu privaten Zwecken eingesetzten Pkw der Fall wäre. Wegen des im Vergleich zu Privatfahrzeugen regelmäßig größeren und deswegen unübersichtlicheren Benutzerkreises geht von Dienstfahrzeugen eine größere Gefahr als von Privatfahrzeugen aus, dass eine Ordnungswidrigkeit ohne längerfristige Dokumentation des Fahrzeugeinsatzes unaufgeklärt bliebe. Zudem liegt die Dokumentation des Fahrzeugeinsatzes im kaufmännischen Eigeninteresse, schon um Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendung der Fahrzeuge für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 23 m. w. N.).

20

Diese Rechtsprechung lässt sich ohne Weiteres auf die Fahrten mit Mietfahrzeugen einer gewerblichen Autovermietung übertragen. Denn auch hier manifestiert sich in gleicher Weise durch die regelmäßige Überlassung des Fahrzeuges an andere Personen und damit an einen größeren und unübersichtlichen Benutzerkreis ein erhöhtes Risiko. Gleichzeitig müssen auch Autovermietungen im Rahmen ihrer Buchführungspflichten alle Mietvorgänge abspeichern bzw. archivieren. Aufgrund der ohnehin vorhandenen Informationen erscheint für derartige Betriebe die Benennung des Fahrzeugführers nicht als unzumutbare Belastung. Eine unterschiedliche Behandlung von Mietfahrten gewerblicher Autovermietungen und anderen Betriebsfahrten mit Firmenfahrzeugen ist nicht sachgerecht (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 24 m. w. N.).

21

Darüber hinaus zieht die Antragstellerin aus der gewerblichen Autovermietung und der damit einhergehenden Risikoeröffnung einen ständigen wirtschaftlichen Nutzen. Auch vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Mitwirkungspflicht im Rahmen des § 31 a StVZO anzunehmen. Wer aus einer für die Allgemeinheit gefährlichen Risikoeröffnung wirtschaftliche Vorteile für sich in Anspruch nimmt, muss dann auch bei der Ahndung der in diesem Verkehr begangenen Verstöße den ihm größtmöglichen Anteil an der Aufklärung leisten (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 25 m. w. N.).

22

1.2. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches gemäß § 31 a StVZO liegen im Übrigen vor. Die Führung eines Fahrtenbuches kann schon nach einem einmaligen Verkehrsverstoß auferlegt werden, wenn sich die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften verkehrsgefährdend auswirken kann (BVerwG, B. v. 17.07.1986 - 7 B 234.85 -, NJW 1987, 143). Der begangene Verkehrsverstoß wäre mit einem Punkt im Verkehrszentralregister (VZR) einzutragen gewesen. Ein Verkehrsverstoß „von einigem Gewicht“ kann auch dann gegeben sein, wenn ein Verkehrsverstoß mit (nur) einem Punkt im Sinne der einschlägigen Anlage zur Fahrerlaubnisverordnung bewertet wird (BVerwG, B. v. 09.09.1999 - 3 B 94.99 -, zitiert nach juris). Eine deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h auf einer Autobahn ist ein Verkehrsverstoß „von einigem Gewicht“. Denn zu hohe Geschwindigkeiten gehören zu den häufigsten Ursachen, die zu Verkehrsunfällen führen. Der mit dem ehemaligen Fahrzeug der Antragstellerin begangene Verkehrsverstoß fällt mithin derart ins Gewicht, dass der Antragsgegner ermessensfehlerfrei auf das Instrumentarium der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches zurückgegriffen hat. Diese Anordnung setzt nicht den konkreten Nachweis einer Verkehrsgefährdung voraus. Die Zielrichtung des § 31 a StVZO geht schlicht dahin, diejenigen Kraftfahrer zu erfassen, die Verkehrsverstöße begehen, den zur Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit der verkehrsnotwendigen Maßnahmen aber dadurch ausweichen, dass sie sich die Anonymität, durch die der motorisierte Straßenverkehr weitgehend gekennzeichnet ist, zunutze machen (BVerwG, U. v. 17.12.1982 a. a. O., Rdnr. 9). Diese Umstände lagen auf der Hand und bedurften keiner weiteren Ausführungen des Antragsgegners in der Begründung seiner Ermessensentscheidung.

23

1.3. Die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches ist bei unzureichender Mitwirkung des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des zur Tatzeit verantwortlichen Fahrzeugführers nicht unverhältnismäßig. Sie ist geeignet, Versäumnisse des Halters bei der Überwachung der Fahrzeugbenutzung auszugleichen und die sichere Kennzeichnung des jeweiligen Fahrzeugs und seines Benutzers zu gewährleisten (OVG Schleswig-Holstein, U. v. 13.09.1995 - 4 L 127/95 -, zitiert nach juris, Rdnr. 33). Ein milderes, ebenso geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist nicht ersichtlich. Die Anordnung steht auch nicht außer Verhältnis zu ihrem angestrebten Zweck, dem Schutz der Verkehrssicherheit.

24

Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie könne für ihre Fahrzeuge keine Mieter finden, die sich zur Führung eines Fahrtenbuches und den damit verbundenen Eintragungen verpflichten würden, verkennt sie, dass der Bescheid des Antragsgegners dahingehend zu verstehen ist, dass allein die Antragstellerin Adressatin des Verwaltungsaktes ist und das Fahrtenbuch führen muss. Sie muss in dieser Funktion grundsätzlich nur die ihr möglichen Eintragungen vornehmen. Nach § 31 a Abs. 2 Nr. 1 StVZO hat der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter in dem Fahrtenbuch für jede einzelne Fahrt vor dem Beginn den Namen und die Anschrift des Fahrzeugführers, das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs sowie Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt einzutragen. Nach Beendigung einer Fahrt sind gem. § 31 Abs. 2 Nr. 2 StVZO unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben kann die Antragstellerin zunächst die erforderlichen Eintragungen selbst vornehmen, soweit sie von einem Mieter - etwa bei kürzeren Mietzeiten - über dessen Fahrt informiert wird. Sie hat hierzu auch die Möglichkeit, Absprachen mit den jeweiligen Mietern zu treffen und die Fahrtrouten zu erfragen. In den Fällen, in denen eine Eintragung durch die Antragstellerin persönlich nicht praktikabel erscheint, kann sie gemäß § 31 a Abs. 2 StVZO auch die Mieter mit der Eintragung beauftragen. Sofern sie die erforderlichen Eintragungen in Vermietungsfällen nicht selbst vornimmt, obliegt es ihr, den jeweiligen Mieter dazu zu veranlassen. Eine derartige Vereinbarung begegnet im Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie und dem daraus folgendem Gedanken der Vertragsfreiheit keinen rechtlichen Bedenken. Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte stehen der Fahrtenbuchauflage nicht entgegen; auch ein unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann im Hinblick auf die bereichsspezifische, präzise und normklare Festlegung von Anlass, Zweck und Grenzen einer Fahrtenbuchauflage in der Rechtsgrundlage nicht angenommen werden. Auch eine mit der Fahrtenbuchauflage einhergehende eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des betroffenen Fahrzeugs für die Antragstellerin ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Fahrtenbuches und in Abwägung mit dem die Auflage auslösenden Verhalten der Antragstellerin verhältnismäßig (vgl. VG Braunschweig, U. v. 31.05.2011 – a. a. O., Rdnr. 30 m. w. N.; VG Magdeburg, B. v. 06.08.2004 - 1 B 406/04 MD -, S. 6 d. BA. n. v.).

25

1.4. Die zeitliche Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf 6 Monate ist rechtlich bedenkenfrei. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist ein Dauerverwaltungsakt (BVerwG, B. v. 03.02.1989 – 7 B 18.89 -, zitiert nach juris, Rdnr. 6). Daraus folgt die Pflicht der Behörde, ihre Verfügung zeitlich unter Kontrolle zu halten, und entbehrt sie freilich nicht von der Notwendigkeit, in jedem Einzelfall schon bei der Anordnung zu prüfen, ob sich der Zweck, den sie verfolgt, nicht mit einer von vornherein befristeten Fahrtenbuchauflage erreichen lässt. Das ist hier der Fall. Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Führen eines Fahrtenbuches mehr als nur eine bloße Unannehmlichkeit darstellt, denn sie bringt eine erhebliche Belastung mit sich, über jede Fahrt unverzüglich Rechenschaft abzulegen. Gleichwohl ist es der Antragsstellerin unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhaltes zuzumuten, für sein Fahrzeug 6 Monate lang ein Fahrtenbuch zu führen. Diese zeitliche Erstreckung ist erforderlich aber auch ausreichend, um bei künftigen Verkehrsverstößen zu gewährleisten, dass der jeweils verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit ermittelt werden kann.

26

2. Die Begründung des Sofortvollzugs genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Sie lässt erkennen, dass der Antragsgegner das Aufschubinteresse der Antragsstellerin mit dem öffentlichen Interesse abgewogen und aus welchen Gründen er der Anordnung des Sofortvollzuges den Vorzug gegeben hat.

27

3. Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht ein besonders Vollzugsinteresse. Die Anordnung des Sofortvollzuges ist notwendig, um dem erzieherischen Effekt eines Fahrtenbuches Rechnung zu tragen. Eine solche Wirkung der Anordnung ginge verloren, wenn die Behörde den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides, womöglich nach Beendigung eines mehrjährigen gerichtlichen Verfahrens, abwarten müsste.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

29

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Ziffern II. 46.13 und II. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst das Gericht das Interesse der Antragstellerin an der Verfolgung seines Begehrens mit 1.200,00 €. Nach Ziffer II. 46.13 beträgt der Streitwert 400,00 € je Monat der angeordneten Fahrtenbuchauflage. Der sich hieraus ergebene Streitwert in Höhe von 2.400,00 € ist nach Ziffer II. 1.5 für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:

1.
Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handelsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,
4.
Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

(2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.

(3) Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
Sind Unterlagen auf Grund des § 239 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden.

(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.

(5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluß festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluß aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

(1) Wer ein Fahrzeug oder einen Zug miteinander verbundener Fahrzeuge führt, muss zur selbstständigen Leitung geeignet sein.

(2) Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass der Führer nicht zur selbstständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.