Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2016 - 7 A 11077/15

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2016:0922.7A11077.15.0A
bei uns veröffentlicht am22.09.2016

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger, der Kreisverband Trier der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), begehrt die Feststellung, dass die räumliche Verlegung seiner für den 3. September 2014 angemeldeten Versammlung in Trier rechtswidrig gewesen ist.

2

Der Kläger meldete durch seinen Vorsitzenden am 31. August 2014 für den Nachmittag des 3. September 2014 eine Kundgebung im Bereich des Porta-Nigra-Vorplatzes in Trier an, an der voraussichtlich 10 Personen teilnehmen sollten. Bei dem vor der Versammlung geführten Kooperationsgespräch wurden Zeit und Thema der Versammlung einvernehmlich geändert. Keine Einigung konnte hinsichtlich des Versammlungsortes erzielt werden. Während der Kläger die Versammlung am Porta-Nigra-Vorplatz abhalten wollte und alternativ den Bereich vor der Commerzbank in der Simeonstraße/Ecke Margaretengässchen benannte, wurde seitens der Beklagten im Kooperationsgespräch als Versammlungsort der Hauptbahnhof oder der Simeonstiftplatz vorgeschlagen. Anlass der Versammlung war der zum gleichen Zeitpunkt geplante Besuch des Bundespräsidenten Gauck in Trier, der zusammen mit der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz und dem Oberbürgermeister der Stadt Trier die Porta Nigra besuchen wollte. Im Kooperationsgespräch machte der Kläger deutlich, dass er den Bundespräsidenten mit politischen Forderungen sowie seiner Bezeichnung der NPD-Mitglieder als „Spinner“ im Bundestagswahlkampf 2013 und den Oberbürgermeister mit dem Vorwurf der städtischen Einflussnahme auf die Trierer Ratswahl vom 25. Mai 2014 konfrontieren wolle.

3

Mit Bescheid vom 2. September 2014 verfügte die Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass die von dem Kläger für den Nachmittag des 3. September 2014 angemeldete Versammlung in Trier räumlich verlegt und nicht der Porta-Nigra-Vorplatz, sondern der Simeonstiftplatz als Ort der Versammlung zur Verfügung gestellt werde. Zur Begründung – soweit dies für das Berufungsverfahren noch von Interesse ist – führte die Beklagte aus, dass die Versammlung an dem beantragten Ort nicht durchgeführt werden könne. Der Bundespräsident sei mit der höchsten Sicherheitseinstufung zu schützen, sodass jegliche Versammlungen im „inneren Sicherheitsbereich“, das heißt dem vom Bundespräsidenten und seiner Begleitung unmittelbar zu passierenden Straßenraum, aus Sicherheitsgründen nicht zugelassen werden könnten. Der Schutz von Leib und Leben des Bundespräsidenten genieße allerhöchste Priorität. Die derzeitige Einsatzkonzeption der Polizeidirektion Trier sehe vor, die Porta Nigra und ihr Umfeld, insbesondere die Zu- und Abfahrten der Kolonnen des Bundespräsidenten, besonders zu schützen. Würde die angemeldete Versammlung auf dem Porta-Nigra-Vorplatz durchgeführt, so könnte der für den Schutz des Bundespräsidenten erforderliche Sicherheitsbereich nicht eingerichtet werden. Es sei dann zu erwarten, dass sich Proteste auf engem Raum zwischen Porta Nigra und Eingang Fußgängerzone hoch emotional und möglicherweise unkontrolliert entlüden und die Situation damit insgesamt unbeherrschbar werde. Dies gelte zunächst unabhängig davon, ob eine Gegendemonstration stattfinde oder nicht. Eine Gegendemonstration führe lediglich zu einer Verschärfung der Situation. Unter solchen Umständen könne die Sicherheit des Bundespräsidenten nicht gewährleistet werden, denn die Konflikte würden im unmittelbaren Bewegungsbereich des Staatsoberhauptes ausgetragen. Da sich der Bundespräsident auf dem Vorplatz der Porta Nigra bewegen werde, scheide der angrenzende Bereich für die Versammlung mit nicht zu verhindernden Gegendemonstrationen absolut aus, zu dem auch der im Kooperationsgespräch beanspruchte Bereich vor der Commerzbank gehöre, der lediglich durch einen kleinen Gebäudevorsprung getrennt und ca. 15 m von dem Porta-Nigra-Vorplatz entfernt sei. Weitere Alternativstandorte seien vom Kläger nicht benannt worden. Einzige adäquate Örtlichkeit in räumlicher Nähe sei der Simeonstiftplatz. Dieser liege ebenfalls sehr zentral und noch in räumlicher Nähe zu dem Aufenthaltsort des Bundespräsidenten.

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Am 2. September 2014 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem er erklärte, auf eine Versammlung am ursprünglich geplanten Porta-Nigra-Vorplatz zu verzichten und stattdessen die Versammlung im Bereich der Commerzbank in der Simeonstraße/Ecke Margaretengässchen durchführen zu wollen, lehnte das Verwaltungsgericht Trier mit einer Klarstellung zum genau zugewiesenen Versammlungsort am Simeonstiftplatz mit Beschluss vom 3. September 2014 (1 L 1611/14.TR) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 3. September 2014 (7 B 10838/14.OVG) zurück.

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Der Kläger hat am 2. Oktober 2014 Klage erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Versammlung einen Bezug zum Besuch des Bundespräsidenten gehabt habe. Er, der Kläger, habe deshalb Wert auf eine Versammlung im Blickfeld der Porta Nigra gelegt. Er habe sichtbar seinen Protest gegen Äußerungen des Bundespräsidenten sowie Wahlbeeinflussung durch den Oberbürgermeister der Beklagten zur Schau tragen wollen. Davon abweichend habe die Kundgebung außerhalb der Seh- und Hörweite des Bundespräsidenten stattfinden müssen. Der von ihm vorgeschlagene Alternativstandort vor der Commerzbank sei sicherheitstechnisch weit genug vom Bundespräsidenten entfernt gewesen. Gewalttätige Auseinandersetzungen in der Vergangenheit seien niemals von Teilnehmern an seinen Versammlungen ausgegangen.

6

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vor allem geltend gemacht, dass nach dem Sicherheitskonzept der Polizei, auf das sie keinen Einfluss gehabt habe, zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vorgesehen gewesen sei, dass die Wagenkolonne des Bundespräsidenten im Bereich der Commerzbank stehe und der Bundespräsident nach dem Empfang von dort abfahre. Diese Planung sei im Rahmen des Kooperationsgesprächs angesprochen worden.

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Mit Urteil vom 20. Januar 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klagen des Klägers sowie seines Vorsitzenden, der auch im eigenen Namen geklagt hatte, abgewiesen. Die Klage des Vorsitzenden in eigenem Namen sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig. Die demgegenüber zulässige Klage des Klägers sei unbegründet. Die Verlegung des Versammlungsortes von dem zuletzt begehrten Vorplatz der Commerzbank auf den Simeonstiftplatz sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Notwendigkeit, einen Sicherheitsbereich für den Besuch des Bundespräsidenten freizuhalten, habe die Versammlung auf dem Vorplatz der Commerzbank nicht stattfinden können. Es sei grundsätzlich möglich, bei Personen der Gefährdungsstufe 1 einen Sicherheitsbereich einzurichten, der generell von Versammlungen freizuhalten sei. Die Beklagte habe in der konkreten Situation einen „inneren Sicherheitsbereich“ für den Bundespräsidenten festlegen dürfen, der sich nach den Darlegungen der Beklagten nachvollziehbar daraus herleitete, dass sich der Bundespräsident und seine Begleitungen konkret dort aufhalten sollten und die angegebenen Zu- und Abfahrtswege gewährleistet sein sollten. Zu diesem Bereich gehörten zumindest der Vorplatz der Porta Nigra und der unmittelbar zu passierende Straßenraum. Nach dem Sicherheitskonzept sei der Bereich vor der Commerzbank für die Fahrzeugkolonne des Bundespräsidenten und dessen späteren Zustieg vorgesehen gewesen. In diesem Bereich wäre es deshalb zu einem unmittelbaren Kontakt mit der Versammlung des Klägers gekommen und daher der für eine Person der Gefährdungsstufe 1 erforderliche Sicherheitsabstand nicht einzuhalten gewesen. Unschädlich sei, dass der Bereich der Commerzbank später nicht als Zustiegsort genutzt worden sei, da sich die von der Beklagten anzustellende Gefahrenprognose auf eine zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung zu treffende ex ante Prognose stütze.

8

Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23. November 2015 zugelassene Berufung des Klägers. Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass die Notwendigkeit der Einhaltung eines Sicherheitsabstandes für den Besuch des Bundespräsidenten die Verlegung des Versammlungsortes nicht rechtfertige. Es beständen schon erhebliche Zweifel daran, dass der Platz vor der Commerzbank für die Fahrzeugkolonne und den Zustieg des Bundespräsidenten vorgesehen gewesen sei, denn weder habe dort die Fahrzeugkolonne gestanden, noch sei später ein Zustieg dort erfolgt. Gegen die Richtigkeit der Annahme, der geplante Versammlungsort werde nach dem Sicherheitskonzept für den Besuch des Bundespräsidenten benötigt, spreche auch, dass in der Vergangenheit bei Besuchen von Personen der Gefährdungsstufe 1 an der Porta Nigra in Trier nie der vom ihm als Versammlungsort vorgesehene Platz für Zu- und Abfahrten bzw. das Abstellen von Fahrzeugen benötigt worden sei. Auch sei von der Beklagten erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung behauptet worden, dass nach dem Sicherheitskonzept der Bereich vor der Commerzbank benötigt werde. Ein so gewichtiges Argument hätte die Beklagte jedoch sicher schon im Eilverfahren unmittelbar vor dem Besuch vorgebracht. Selbst wenn ein Zustieg des Bundespräsidenten an dem begehrten Versammlungsort beabsichtigt gewesen sei, so hätte auf einen Zustieg dort verzichtet werden müssen, um nicht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig zu beeinträchtigen. Es sei durch den anderweitigen Zustiegsort offenkundig, dass der Platz vor der Commerzbank für das Sicherheitskonzept nicht zwingend benötigt worden sei. Auch könne dem Bundespräsidenten zugemutet werden, einer grundrechtlich geschützten Versammlung auszuweichen, wenn es die Verantwortlichen versäumten, rechtzeitig einen Sicherheitsbereich durch Allgemeinverfügung einzurichten. Selbst wenn aber der geplante Versammlungsort rechtmäßig hätte verwehrt werden dürfen, weil nach dem Sicherheitskonzept nicht auf ihn habe verzichtet werden können, so hätte ihm, dem Kläger, ein anderer Versammlungsort in der Nähe der Porta Nigra in Sicht- und Hörweite des Bundespräsidenten zugewiesen werden müssen. Die durchgeführte Versammlung habe letztlich außerhalb der Sicht- und Hörweite des Auftritts des Bundespräsidenten stattfinden müssen und sei öffentlich so gut wie nicht wahrgenommen worden. Die beabsichtigte Konfrontation des Bundespräsidenten und der Bevölkerung mit den Forderungen des Klägers sei so nicht möglich gewesen.

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Der Kläger beantragt,

10

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. Januar 2015 festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. September 2014 rechtswidrig gewesen ist.

11

Die Beklagte ist der Berufung entgegen getreten. Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag aus dem bisherigen Verfahren, wonach die Bewegungsfreiheit des Bundespräsidenten für den Fall einer notwendigen kurzfristigen Ablaufplanung nicht über Gebühr eingeschränkt werden dürfe. Je mehr Details im Vorfeld preisgegeben würden und je eingeschränkter der Bundespräsident aufgrund der geplanten Versammlungen sei, umso stärker sei seine Sicherheit gefährdet. Hinsichtlich des Sicherheitskonzeptes werde auf die polizeiliche Einsatzplanung „Themenbesuch des Bundespräsidenten Mittwoch, 03.09.2014 in Trier“ verwiesen. Die ursprüngliche polizeiliche Planung sei dort am 29. August 2014 um 10.03 Uhr mit dem Einsatzbefehl Nr. 1 versandt worden. Aus den hierzu vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass die Abfahrt des Bundespräsidenten im Bereich vor der Commerzbank vorgesehen gewesen sei. Die alternative polizeiliche Planung, welche dort am 2. September 2014 um 16.12 Uhr mit dem Einsatzbefehl Nr. 2 versandt worden sei, enthalte eine Änderung des Zustiegsortes. Hierzu habe die Polizei gegenüber der Beklagten zwischenzeitlich erklärt, dass aufgrund der kurzfristig bekannt gewordenen Anmeldungen zweier Versammlungen und der Ungewissheit hinsichtlich der gerichtlichen Entscheidungen sowie der zeitlichen Nähe des Besuchs an der Porta Nigra alternative Einsatzplanungen vorgenommen worden seien. Die Beklagte weist darauf hin, dass die vorgenannten Änderungen des geplanten Ablaufs bzw. die Planungsalternativen ihr nicht zugeleitet worden und ihr somit zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses und der Durchführung des vorläufigen Rechtsschutzes nicht bekannt gewesen seien. Weitere Hintergründe hierzu seien ihr nicht bekannt. Aus der möglichen Alternativplanung könne jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass dem Versammlungsrecht der Vorzug gegenüber der Einsatzplanung der Polizei eingeräumt werden müsse. Der Schutz der Versammlungsfreiheit gehe nicht soweit, dass man daraus einen Anspruch auf Umplanung des Ereignisses habe, auf welches sich die Versammlung beziehen wolle.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegte Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten des Verfahrens 1 L 1611/14.TR (7 B 10838/14.OVG) Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers, über die das Gericht im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers, die allein Gegenstand der Berufung ist, nachdem der Vorsitzende des Klägers gegen das klageabweisende Urteil ihn betreffend kein Rechtsmittel eingelegt hat, zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. September 2014, mit dem als Versammlungsort abweichend von der Anmeldung der Simeonstiftplatz bestimmt wurde, ist rechtmäßig gewesen.

15

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz – VersG – kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.

16

Die von Art. 8 Grundgesetz – GG – geschützte Versammlungsfreiheit umfasst auch das Selbstbestimmungsrecht über die Auswahl des Versammlungsortes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81, u.a. –, juris, Rn. 61 = BVerfGE 69, 315). Bei Beschränkungen des Rechts des Veranstalters, Zeitpunkt und Ort der Versammlung zu bestimmen, ist zu berücksichtigen, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch das Interesse des Veranstalters schützt, einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen. Dementsprechend kann es dem Veranstalter darauf ankommen, die Versammlung in möglichst großer Nähe zu einem symbolhaltigen Ort durchzuführen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 –, juris, Rn. 23 = NJW 2007, 2167) oder in Sicht- und Hörweite zu einem bestimmten Ort zu sein, wenn es auf einen bestimmten Kommunikationszusammenhang ankommt (vgl. dazu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 31. Mai 2007 – 3 M 53/07 –, juris, Rn. 42). Unabhängig davon, ob eine von der angemeldeten Versammlung abweichende Bestimmung zu Ort und/oder Zeit der Versammlung im Einzelfall schon als (Teil-)Verbot oder noch als Auflage einzuordnen ist, ist die Rechtfertigung der Maßnahme im Lichte des Anliegens des Veranstalters und der Gewährleistungen des Art. 8 GG zu prüfen.

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Die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2008 – 6 C 21.07 –, juris, Rn. 13 = BVerwGE 131, 216). Erforderliche ist eine unmittelbare Gefährdung dieser Rechtsgüter, mithin eine Gefahrenprognose, die gestützt auf tatsächliche Anhaltspunkte („erkennbare Umstände“) bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts begründet; bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81, u.a. –, juris, Rn. 80 = BVerfGE 69, 315; Beschluss vom 4. September 2009 – 1 BvR 2147/09 –, juris, Rn. 9). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind nach dem aus dem Grundgesetz ableitbaren Grundsatz der Verhältnismäßigkeit umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 – I C 31.72 –, juris, Rn. 41 = BVerwGE 45, 51; Urteil vom 6. September 1974 – I C 17.73 –, juris, Rn. 23 = BVerwGE 47, 31).

18

Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 VersG kommt es für die Gefahrenprognose auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung an. Bei einer nachträglichen Änderung der erkennbaren Umstände, mithin solcher, die offen zu Tage treten oder die der Versammlungsbehörde nach der von ihr zu fordernden Bemühung um Sachaufklärung zur Verfügung stehen, ist allerdings auf Grundlage der neuen Umstände und Erkenntnisse gegebenenfalls eine neue Entscheidung zu treffen (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 16. Aufl. 2011, § 15 Rn. 30).

19

Schließlich muss die Gefährdung bei Durchführung der Versammlung eintreten. Zwischen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der Durchführung der Versammlung ist somit ein hinreichend bestimmter Kausalzusammenhang erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 1998 – 1 BvR 2311/94 –, juris, Rn. 27).

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2. Ausgehend von diesen Maßgaben ist die angegriffene Beschränkung rechtmäßig gewesen.

21

Der Bundespräsident in Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und seine Funktion als Staatsoberhaupt (Art. 54 ff. GG), mithin als Verfassungs- und oberstes Bundesorgan (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG), werden vom Schutzgut der öffentlichen Sicherheit erfasst. Die Einstufung des Bundespräsidenten in die Gefährdungsstufe 1, d.h. „die Person ist erheblich gefährdet, mit einem Anschlag ist zu rechnen“ (vgl. dazu Stellungnahme der Polizeidirektion Trier vom 2. September 2014, S. 2, Bl. 13 der Verwaltungsakte – VA –), begründet eine unmittelbare Gefährdung im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG für die genannten Schutzgüter von höchstem Rang. Denn die mit der Gefährdungseinstufung einhergehende Dauergefahr für das Leben des Bundespräsidenten bedeutet, dass zwar der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses ungewiss ist, mit ihm aber jederzeit gerechnet werden muss, mithin die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts über einen längeren Zeitraum hinweg zu jedem Zeitpunkt besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 – 1 BvR 518/02 –, juris, Rn. 146 = BVerfGE 115, 320, zur Dauergefahr als konkret Gefahr). Dass die Gefährdungseinstufung ihrerseits auf einer belastbaren Tatsachengrundlage beruht und sich damit von der Annahme (nur) einer allgemeinen Gefährdungslage abhebt, ist angesichts der herausgehobenen Stellung des Bundespräsidenten nicht in Zweifel zu ziehen. Auch die Beteiligten machen Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Einstufung nicht geltend, so dass insgesamt kein Anlass besteht, den Sachverhalt dahingehend weiter aufzuklären.

22

Ein hinreichend bestimmter Kausalzusammenhang zwischen der durch die Gefährdungseinstufung begründeten unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der Durchführung der Versammlung ist ebenfalls gegeben. Dies folgt zwar nicht daraus, dass die angemeldete Versammlung des Klägers speziell eine Steigerung des Gefahrenpotenzials verursachte, sondern liegt vielmehr darin begründet, dass ein gewisser Sicherheitsbereich von jeder Versammlung – mithin auch von der des Klägers – freigehalten werden kann. Hintergrund bilden insoweit die von einer Versammlung „unter freiem Himmel“ ausgehende spezifischen Gefahren, die ihrerseits unmittelbar in der Verfassung durch den allein auf diese Versammlung bezogenen Gesetzesvorbehalt (Art. 8 Abs. 2 GG) angelegt sind. Im Zusammenhang mit der Abgrenzung zu (gesetzes-)vorbehaltlos gewährten Versammlungen in geschlossenen Räumen hat das Bundesverfassungsgericht auch in Unterscheidung zu einem allgemeinen Publikum aufgrund des Aufeinandertreffens der Versammlungsteilnehmer mit Dritten ein höheres, weniger beherrschbares Gefahrenpotenzial angenommen: „Emotionalisierungen der durch eine Versammlung herausgeforderten Auseinandersetzung können sich im Gegenüber zu einem allgemeinen Publikum schneller zuspitzen und eventuell Gegenreaktionen provozieren. Die Versammlung kann hier leichter Zulauf finden, sie bewegt sich als Kollektiv im öffentlichen Raum. […]“ (BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, juris, Rn. 77 = BVerfGE 128, 226; vgl. auch Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 8 Rn. 66). Mithin sind es diese besondere Störanfälligkeit und das intensivierte Kollisionspotenzial von nicht gegenüber der Umwelt abgeschlossenen Versammlungen (vgl. dazu Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 8 Rn. 61), die auch einen hinreichenden Kausalzusammenhang zwischen der Versammlung und der hier bestehenden unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit herstellen.

23

Wenn die Versammlungsbehörde vor diesem Hintergrund in Abstimmung mit den für die Sicherheit der gefährdeten Person verantwortlichen Polizeibehörden einen entsprechenden Schutzraum in der Nähe des Ortes schafft, an dem sich die zu schützende Person aufhält, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 –, juris, Rn. 30 = BVerfGK 11, 298 „Heiligendamm“). Dabei ist es von Verfassungs wegen auch nicht geboten, den erforderlichen Schutzraum vorab mit Hilfe einer Allgemeinverfügung festzulegen. Nichts anderes ergibt sich aus der zuvor zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 – (juris, Rn. 34 ff.), die zwar die Verfassungsmäßigkeit einer erlassenen Allgemeinverfügung zum Gegenstand hatte und in diesem Zusammenhang auch inhaltliche Anforderungen an den Erlass – insbesondere zur Berücksichtigung der Durchführbarkeit auch von Demonstrationen bei Aufstellung des Sicherheitskonzepts – dieser Allgemeinverfügung aufgestellt hat. Eine (verfassungsrechtliche) Forderung nach einer vorangehenden Allgemeinverfügung wird jedoch nicht formuliert und ist mit Blick auf die Anforderungen von Art. 8 GG auch nicht ersichtlich. Die inhaltliche Prüfung des erforderlichen Sicherheitsraums, seines Umfangs, seiner Grenzen, sowie die Abwägung mit den Gewährleistungen der Versammlungsfreiheit erfolgen ohne vorangehende Allgemeinverfügung nämlich umfänglich bei der zu treffenden Einzelfallregelung. Insbesondere dort, wo nicht mit einer Vielzahl von Versammlungen gerechnet wird und gleichzeitig auch lediglich ein „innerer Sicherheitsbereich“ im unmittelbaren Bewegungsraum der zu schützenden Personen freigehalten werden soll, ist ein rechtsstaatlicher Mehrwert einer vorgeschalteten Allgemeinverfügung weder für den Versammlungsveranstalter noch die Versammlungsteilnehmer gegeben.

24

Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen für Maßnahmen nach § 15 Abs. 1 VersG vor, ist auch die konkrete Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden, den zuletzt vom Kläger begehrten Versammlungsort im Bereich vor der Commerzbank in der Simeonstraße/Ecke Margaretengässchen – in Anlehnung an die Konzeption der für den Schutz des Bundespräsidenten verantwortlichen Polizeibehörden – dem „inneren Sicherheitsbereich“ zuzuordnen, dementsprechend von jeglichen Versammlungen freizuhalten und den Kläger auf den Simeonstiftplatz als Versammlungsort zu verweisen.

25

Nachdem die Beklagte im Berufungsverfahren Unterlagen zur konkreten Einsatz- und Ablaufplanung zum Besuch des Bundespräsidenten am 3. September 2014 vorgelegt hat (vgl. Bl. 138 ff., 143 der Gerichtsakte – GA –), besteht für den Senat kein Anlass daran zu zweifeln, dass der Bereich vor der Commerzbank ursprünglich als Zustieg für den Bundespräsidenten und seine Begleiter und damit als Abstell- und Abfahrtsort der Fahrzeugkolonne vorgesehen war. Dies war letztlich auch Grundlage zum Zeitpunkt des Erlasses der hier angegriffenen Verfügung am 2. September 2014. Die Beklagte hatte noch im Eilverfahren gegenüber dem Senat am 3. September 2014 mit Faxnachricht von 12:52 Uhr erklärt, dass der Platz vor der Commerzbank für die Fahrzeugkolonne benötigt werde und eine Versammlung an diesem Ort ein offensichtliches Sicherheitsrisiko darstelle (vgl. Bl. 80 der Gerichtsakte im Verfahren 1 L 1611/14.TR und 7 B 10838/14.OVG), und hat auch im Berufungsverfahren ausdrücklich angegeben, dass ihr eine zwischenzeitliche Änderung der Einsatz- und Ablaufplanung durch die Polizei nicht mitgeteilt worden sei (vgl. Bl. 158 f. GA). Angesichts dessen und mit Blick auf den äußeren Ablauf der Alternativplanung, die nach den nunmehr vorgelegten Unterlagen erst am 2. September 2014 erfolgte und auch erst mit dem Einsatzbefehl Nr. 2 um 16:12 Uhr versandt wurde (vgl. Bl. 138 ff., 146 GA), steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte noch zum Zeitpunkt der Durchführung der Versammlung des Klägers davon ausging, dass der Platz vor der Commerzbank für die Abfahrt des Bundespräsidenten benötigt werde.

26

Mit seinem Einwand, der (geänderte) tatsächliche Ablauf habe gezeigt, dass der von ihm begehrte Versammlungsort für den Besuch des Bundespräsidenten nicht zwingend benötigt worden und deshalb mit Blick auf Art. 8 GG auch eine Umplanung angezeigt gewesen sei, um ihm eine Versammlung in Hör- und Sichtweite zu ermöglichen, übersieht der Kläger den grundsätzlich abwehrrechtlichen Charakter der Versammlungsfreiheit (vgl. dazu Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 8 Rn. 61), die jedenfalls keinen Anspruch auf einen ihm passenden Ablauf der Veranstaltung verschafft, gegen die er sich mit seinem Versammlungsmotto wenden möchte.

27

Ungeachtet dessen wäre es auch weder unter dem Aspekt der Erforderlichkeit noch der Angemessenheit zu beanstanden gewesen, den Platz vor der Commerzbank trotz der zwischenzeitlich erfolgten Alternativplanung als zusätzlichen Abfahrtspunkt von Versammlungen freizuhalten. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich um den „inneren Sicherheitsbereich“ im unmittelbaren Bewegungsumfeld des mit Gefährdungsstufe 1 kategorisierten Bundespräsidenten handelt, so dass es grundsätzlich auch nicht unverhältnismäßig ist, einen zweiten Aufnahmeort vorzuhalten, um bei der für den Bundespräsidenten bestehenden Gefährdungslage situativ reagieren zu können.

28

Selbst wenn man das Thema Fahrzeugkolonne ausblendete, wäre der Platz vor der Commerzbank bei dem am 3. September 2014 durchgeführten Besuch des Bundespräsidenten dem unmittelbaren Bewegungsraum des Bundespräsidenten zuzuordnen gewesen und hätte auch deshalb von Versammlungen freigehalten werden können. Aus der öffentlich zugänglichen Bildberichterstattung über den Besuch ist ersichtlich, dass der geplante Fototermin oberhalb der Treppe am Porta-Nigra-Vorplatz gegenüber der Porta Nigra erfolgen sollte und auch dort erfolgt ist (vgl. dazu nur http://fotos.volksfreund.de/galerie/cme527202,0.html#3172756 oder https://www.spin.de/album/show/318255/3596098). Dieser Punkt liegt indes nur etwa 10 m von dem Gebäudevorsprung entfernt, der den Porta-Nigra-Vorplatz von dem seitens des Klägers zuletzt begehrten Versammlungsort optisch trennt. Unter Berücksichtigung, dass das Bundesverfassungsgericht schon keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte, „in der Nähe“ des Ortes des damaligen G8-Gipfels in Heiligendamm einen Schutzraum zu schaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 –, juris, Rn. 30), fällt der hier betroffene absolute Nahbereich – ebenso wie der direkte Bewegungsraum des Bundespräsidenten selbst – in den anzuerkennenden Sicherheitsbereich.

29

Danach kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte nach den von ihr zu fordernden Bemühung um Sachaufklärung hätte Kenntnis von der Um- bzw. Alternativplanung haben müssen. Denn auch unter dieser Prämisse hätte der Bereich vor der Commerzbank von Versammlungen freigehalten werden können, so dass auch dann keine Änderung der ursprünglichen Verfügung erforderlich gewesen wäre.

30

Eine Versammlung im Bereich vor der Commerzbank wäre danach angesichts der erforderlichen sicherheitstechnischen Abschirmung insgesamt nur unter nicht hinnehmbaren Risiken zu realisieren gewesen. Daher wäre auch bei Betrachtung der Verlegung der Versammlung als (Teil-)Verbot dieses gerechtfertigt und ermessensfehlerfrei gewesen. Das Interesse des Staates an der Sicherheit seines Staatsoberhaupts und der Schutz von Leib und Leben des Bundespräsidenten in Person haben hier Vorrang gegenüber der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit des Klägers, noch dazu weil kein generelles Versammlungsverbot ausgesprochen wurde, sondern – auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen – allein der Versammlungsort von der unmittelbaren Umgehung des Besuchsortes in die nähere Umgebung verlegt worden ist.

31

Mit Blick auf die Angemessenheit der Verfügung und den Einwand des Klägers, ihm hätte bei Ausscheiden des Bereichs vor der Commerzbank ein anderer Versammlungsort in Hör- und Sichtweite des Bundespräsidenten und seiner Begleiter zur Verfügung gestellt werden müssen, ist abschließend auf Folgendes hinzuweisen. Zunächst ist es Sache des Klägers, der geschützt von Art. 8 GG grundsätzlich auch über den Versammlungsort bestimmen kann, alternative Versammlungsorte zu benennen, wenn er – beispielsweise im Kooperationsgespräch – Hinweise bekommt, dass der von ihm begehrte Versammlungsort voraussichtlich nicht zugelassen werden wird. Der Kläger hat jedoch weder im Kooperationsgespräch noch im gerichtlichen Verfahren einen alternativen Versammlungsort konkret benannt, den er ausgehend vom (angekündigten) Ausschluss des Bereichs vor der Commerzbank dem zugewiesenen Versammlungsort am Simeonstiftplatz vorgezogen hätte. Demgegenüber hat die Beklagte zu ihrer Ortswahl im Bescheid ausgeführt, dass der Simeonstiftplatz sehr zentral und in räumlicher Nähe zu dem Aufenthaltsort des Bundespräsidenten gelegen sei (vgl. Bl. 23 VA). Zu dieser Einschätzung der Beklagten passt die eigene Darstellung des Vorsitzenden des Klägers zur streitgegenständlichen Versammlung auf der Internetpräsenz des Landesverbandes der NPD. Dort heißt es unter der Überschrift „Mit Bibelvers und Bananengruß: NPD demonstriert gegen Gauck in Trier“ auszugsweise: „Mit einer lautstarken Mahnwache demonstrierte der NPD Landesverband Rheinland-Pfalz heute gegen den Besuch des Bundespräsidenten Joachim Gauck in Trier. Somit durften sich Gauck, der Oberbürgermeister Klaus Jensen und die Ministerpräsidentin Malu Dreyer zwischen 15 und 17 Uhr über nationale Redebeiträge und Musikdarbietungen auf dem Simeon-Stift-Platz mitten in Trier erfreuen. Zahlreiche Passanten, Touristen und Autofahrer waren völlig überrascht“ (vgl. http://www.npd-rlp.org/index.php/86-aktuelles/161-mit-bibelvers-und-bananengruss-npd-demonstriert-gegen-gauck-in-trier). Mithin ist festzuhalten, dass nach eigener Wahrnehmung aus der Sphäre des Klägers durchaus eine Demonstration in Hör- und Sichtweite zum Besuch des Bundespräsidenten durchgeführt werden konnte, denn ansonsten hätten sich der Bundespräsident und seine Begleiter nicht an den Redebeiträgen und Musikdarbietungen „erfreuen können“. Die Versammlung hat nach dieser Darstellung auch die angestrebte öffentliche Wahrnehmung erreicht, schließlich konnten „zahlreiche Passanten, Touristen und Autofahrer … völlig überrascht“ werden. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Berufungsverfahren vorträgt, die durchgeführte Versammlung habe außerhalb der Sicht- und Hörweite des Auftrittes des Bundespräsidenten stattgefunden und sei so öffentlich so gut wie nicht wahrgenommen worden (vgl. Schriftsatz vom 21. Januar 2016, S. 5, Bl. 129 GA).

32

3. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

Beschluss

33

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 45.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 [LKRZ 2014, 169]).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 93


(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet: 1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 63


Antragsteller und Antragsgegner können nur sein: der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und die im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestages und des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2016 - 7 A 11077/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2016 - 7 A 11077/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 03. Sept. 2014 - 1 L 1611/14.TR

bei uns veröffentlicht am 03.09.2014

Tenor 1. Der Antrag wird mit der -zum Teil klarstellenden- Maßgabe abgelehnt, dass der Antragstellerin gestattet ist, am 3. September 2014 in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr ihre Versammlung (Mahnwache) auf dem A... unmittelbar im Bereic

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 31. Mai 2007 - 3 M 53/07

bei uns veröffentlicht am 31.05.2007

Tenor I. Auf die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25.05.2007 geändert. 1. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspru
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2016 - 7 A 11077/15.

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 29. Nov. 2018 - 5 L 1533/18.NW

bei uns veröffentlicht am 29.11.2018

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widersp

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 03. Juli 2017 - 4 Bs 141/17

bei uns veröffentlicht am 03.07.2017

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 28. Juni 2017 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe I. 1 Der Antragsteller begehrt

Referenzen

Tenor

1. Der Antrag wird mit der -zum Teil klarstellenden- Maßgabe abgelehnt, dass der Antragstellerin gestattet ist, am 3. September 2014 in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr ihre Versammlung (Mahnwache) auf dem A... unmittelbar im Bereich vor der nach Südwesten ausgerichteten Giebelwand des länglichen Gebäudes, in dem sich die Gaststätte „B...“ befindet, einschließlich des dort angrenzenden Durchgangs zum Vorplatz der C... bis zu einer Entfernung von 70 Metern von der äußeren Grenze des Vorplatzes durchzuführen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, der darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 2. September 2014 wiederherzustellen, ist zulässig. Er führt mit der sich aus dem Tenor ergebenden Maßgabe jedoch nicht zum Erfolg.

2

Die Abwägung der auf beiden Seiten betroffenen hochwertigen Rechtsgüter führt zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Versammlung nicht auf dem D... -auf diesen Versammlungsort hat die Antragstellerin in der Antragsbegründung zwischenzeitlich auch verzichtet- und auch nicht im Bereich vor der E... stattfinden kann. Einer Versammlung in dem im Tenor bezeichneten Bereich stehen dagegen keine rechtlich tragfähigen Gesichtspunkte entgegen, mit denen das von der Verfassung gewährleistete Versammlungsrecht der Antragstellerin eingeschränkt werden kann. Dieser Versammlungsort gewährleistet auch noch hinreichend die rechtlich geschützte kommunikative Nähe zu der Veranstaltung, die die Antragstellerin in Wahrnehmung ihres Versammlungsrechts in Bezug nehmen möchte. Eine weniger einschneidende Maßnahme ist wegen der örtlichen Gegebenheiten im Hinblick auf das Sicherheitskonzept der Polizei nicht ersichtlich.

3

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einschränkung des Versammlungsrechts sind den Beteiligten aus den vorangegangenen Verfahren bekannt. Gemäß § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz – VersG – kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.

4

Zu einem vergleichbaren Fall („Sternmarsch Heiligendamm“) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass es eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit darstellt, wenn die Versammlung nur in einer Weise durchgeführt werden kann, die einem Verbot nahe kommt, etwa indem sie in ihrem spezifischen Charakter so verändert werden muss, dass die Verwirklichung des besonderen kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert wird. Die Verlagerung von Demonstrationen in einen Bereich außerhalb der eigentlichen Sicht- und Hörweite einer Veranstaltung, auf die der Protest Bezug nimmt, so das Bundesverfassungsgericht, greift im Ansatz unverhältnismäßig in das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über Zeitpunkt und Ort der Veranstaltung und über Vorkehrungen zur Erreichung der beabsichtigten Wirkungen ein. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt das Interesse des Veranstalters, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters umfasst auch das Interesse zur Konzentration der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dem können allenfalls Belange der öffentlichen Sicherheit entgegengehalten werden.

5

Tragfähiges Ziel eines Eingriffs in das Versammlungsrecht kann die Durchführung einer Veranstaltung des Staates und dabei insbesondere der Schutz von Leib und Leben der Teilnehmer an dieser Veranstaltung sein. Dass insofern entsprechende Schutzräume zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dabei ist jedoch grundsätzlich in einem Sicherheitskonzept für eine solche Veranstaltung auch das Anliegen der Durchführbarkeit von Demonstrationen einzustellen. Ein bloß allgemeiner Verweis auf sicherheitsrechtliche Bedenken reicht für eine erheblich in die betroffenen Rechte eingreifende Entscheidung nicht aus. Es ist eine sorgfältige Abwägung aller Interessen und eine intensive Prüfung der Verhältnismäßigkeit erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 – m. w. N.).

6

Ausgehend hiervon wäre ein Eingriff in die Rechte der Antragstellerin dergestalt, dass sie vom kommunikativen Zusammenhang mit der staatlichen Veranstaltung förmlich abgeschnitten wird, nicht verhältnismäßig. Das wäre aber der Fall, wenn die Versammlung auf dem A... an der Längsseite des genannten Gebäudes im hinteren nordöstlich gelegenen Eckbereich stattfinden müsste. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass in der ursprünglichen Anmeldung der Veranstaltung lediglich angekündigt wurde, dass im Verlauf der Veranstaltung eine Verfassungsbeschwerde gegen die von der Antragstellerin behauptete städtische Einflussnahme auf die Wahl des Stadtrats der Stadt F...vom 25. Mai 2014 verlesen werden soll, woraus sich nicht ohne weiteres ein Zusammenhang mit dem gleichzeitig stattfindenden Besuch des Staatsoberhauptes und der Ministerpräsidentin ergibt. Im Nachgang hierzu hat die Antragstellerin im Kooperationsgespräch ausgeführt, dass man sich auch zum Staatsoberhaupt positionieren wolle. Das wurde zwischenzeitlich in der Antragsbegründung bekräftigt. Der dadurch zulässigerweise geschaffene inhaltliche Zusammenhang darf nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in unverhältnismäßiger Weise unterbrochen werden.

7

Dass vorliegend von der Antragsgegnerin überhaupt in das Versammlungsrecht eingegriffen wird, unterliegt keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie hat unter Bezugnahme auf die Gefahreneinschätzung der Polizei substantiiert dargelegt, dass gewisse Einschränkungen des Versammlungsrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich und angemessen sind. Der Schutz von Leib und Leben des Bundespräsidenten, er ist als Verfassungsorgan in die Gefährdungsstufe 1 eingestuft und es sind Schutzmaßnahmen der Stufe 1 angeordnet, und der Ministerpräsidentin genießen allerhöchste Priorität. Das macht es ausweislich der Mitteilung der Polizeidirektion F... an die Antragsgegnerin erforderlich, dass der unmittelbare Bewegungsbereich des Staatsoberhauptes auf dem Vorplatz der C... freigehalten wird. Damit kam dieser Ort für die Durchführung der Versammlung von vornherein nicht in Betracht.

8

Aus polizeilicher Sicht muss auch in jedem Fall eine Entfernung zu den Aufenthaltsorten des Bundespräsidenten eingehalten werden, die größer ist als die Entfernung, die mit einem Wurfgegenstand überbrückt werden kann, auch wenn dieser Gegenstand nicht gezielt oder in Richtung des Bundespräsidenten eingesetzt wird. Diese Einschätzung ist nach den Ausführungen der Polizei ohne weiteres nachvollziehbar. Hiernach scheidet der Platz vor der E... als Versammlungsort aus. Ungeachtet dessen, dass das Geschäftslokal innerhalb der Öffnungszeiten förmlich vom Publikumsverkehr abgeschnitten wäre, zählt der Bereich vor der Bank zu der Zone, aus der Wurfgeschosse in den Bereich des Vorplatzes geworfen werden können. Dabei ist ausschlaggebend, dass die Wurfrichtung vom Platz vor der E... zum Vorplatz der C... von oben nach unten verläuft. Das ist in dem Bereich, der im Tenor bezeichnet ist, nicht der Fall. Gleichzeitig ist diese Fläche wegen der Schneise zwischen den Gebäuden in Hörweite des D...es gelegen. Die Antragstellerin kann dort wahrgenommen werden, weil ihr ausdrücklich die Benutzung eines Lautsprecherfahrzeuges bzw. Megafonen gestattet ist. Hierdurch ist in noch zumutbarer Weise gleichzeitig gewährleistet, dass die interessierte Öffentlichkeit auch auf die Spruchbänder/Plakate aufmerksam gemacht wird. Wegen der nur geringen Zahl an angekündigten Teilnehmern an der Versammlung (ca. 10 Personen) kann die Versammlung auch an der betreffenden Örtlichkeit unproblematisch durchgeführt werden.

9

Es ist bei alledem hinreichend belegt, dass auch von der Versammlung der Antragstellerin gewisse Gefahren ausgehen können, die im Hinblick auf den drohenden bedeutenden Schaden schon im Ansatz vermieden werden müssen. Im Februar 2014 kam es nach den Ausführungen der Polizei anlässlich einer Mahnwache zu unkontrollierten körperlichen Auseinandersetzungen, die polizeilich unterbunden werden mussten. Zwar kann ein gegebenenfalls mitursächliches Verhalten von Gegendemonstranten nicht ohne weiteres der Antragstellerin zugerechnet werden. Gehen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lediglich von Gegendemonstranten aus, so müssen sich polizeiliche Maßnahmen primär gegen die störende Gegendemonstration richten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2010 -1 BvR 2636/04-; juris). Hier tritt jedoch die staatliche Veranstaltung, bei der hochwertige Rechtsgüter zu schützen sind, neben die reine Zurechnung von Ursache und Wirkung bei sonstigen Demonstrationen. Es sind auch nur geringste Gefahren auszuschließen. Solche ergeben sich jedoch im Hinblick auf die Antragstellerin auch daraus, dass die am vorliegenden Verfahren nicht unmittelbar beteiligte Polizei in ihrer an die Antragsgegnerin gerichteten Lageeinschätzung vom 2. September 2014 ausgeführt hat, dass im September 2013 bei einer von der Antragstellerin durchgeführten Demonstration einige ihrer Teilnehmer alkoholisiert waren, wobei die Einwirkungsmöglichkeiten der verantwortlichen Person stark eingeschränkt gewesen seien. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert begegnet. Sie hat in der Antragsbegründung lediglich ausgeführt, dass ihr Vorsitzender niemals alkoholisiert eine Versammlung geleitet habe. Vergleichbares Verhalten kann in einer Gemengelage, wie sie sich hier abzeichnet, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durchaus zu einem der Antragstellerin zurechenbaren Verhalten führen, das im gewünschten Bereich des Platzes vor der E... Gefahren für die zu schützende staatliche Veranstaltung verursachen kann.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

11

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer 45.4 und 1.5 des Streitwertkataloges. Dabei ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache der sich hieraus ergebende volle Streitwert festzusetzen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

I. Auf die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25.05.2007 geändert.

1. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die am 17.05.2007 bekanntgegebene Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin wird abgelehnt.

2. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verbotsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.05.2007 wird mit folgender Maßgabe abgelehnt:

a. Den Antragstellern wird gestattet, eine Versammlung auf den im Kooperationsgespräch am 10.05.2007 von der Versammlungsbehörde vorgeschlagenen Ersatzstrecken 1. Kröpelin - B 105 - Reddelich - Bad Doberan und 2. Retschow - Stülow - Bad Doberan durchzuführen.

b. Die Antragsgegnerin ist ermächtigt, gemäß § 15 Abs. 1 VersG weitere Modalitäten der somit gestatteten Versammlung unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch Auflagenbescheid selbst zu regeln.

c. Die Entscheidung ergeht unbeschadet privater Rechte Dritter.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

III. Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller haben für den 07.06.2007 eine Versammlung in Form eines Sternmarsches zum G 8-Gipfel in H angemeldet. Diese wurde mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 16.05.2007 verboten. Mit am 17.05.2007 bekannt gegebener Allgemeinverfügung vom 16.05.2007 hat die Antragsgegnerin weiter alle öffentlichen Versammlungen u.a. in einem Gebiet innerhalb der sog. technischen Sperre um H zuzüglich 200 m (Zone I) für den Zeitraum vom 30.05.2007 bis 08.06.2007 sowie im Gebiet um H (Zone II) alle unangemeldeten öffentlichen Versammlungen für den Zeitraum vom 30.05.2007 bis 08.06.2007 und alle öffentlichen Versammlungen für den Zeitraum vom 05.06.2007 bis 08.06.2007 untersagt.

2

Auf den Antrag der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die Verbotsverfügung vom 16.05.2007 und die Allgemeinverfügung mit Auflagen teilweise wiederhergestellt. Danach darf der Sternmarsch auf vier Routen bis 200 m vor der technischen Sperre stattfinden.

3

Hiergegen wenden sich die Antragsteller und die Antragsgegnerin mit ihren Beschwerden.

4

Die Antragsteller halten in ihrer Beschwerde zunächst die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für nicht gegeben. Sie wenden sich gegen die Allgemeinverfügung und die darauf gestützte Untersagungsverfügung, die an sie selbst gerichtet ist, inhaltlich in mehrerlei Hinsicht: Sie begehren in erster Linie, dass der Sternmarsch mit Abschlusskundgebung in H durchgeführt werden kann. Hilfsweise begehren sie im wesentlichen, dass andere als die vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss gebilligten vier Routen für die einzelnen Aufzüge möglich bleiben, die Aufzüge nicht 200 m sondern 50 m vor der technischen Sperre enden dürfen und dass sich innerhalb der Zone I maximal 600 Demonstranten vor dem Tagungsgebäude versammeln können.

5

Sie beantragen im Beschwerdeverfahren,

6

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ihren Anträgen stattzugeben mit der Maßgabe, dass die Allgemeinverfügung lediglich für die Durchführung des "Sternmarsches" angefochten wird,

7

hilfsweise

8

den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts wie folgt zu zu ändern:

9

Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die Verbotsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.05.2007 sowie gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 16.05.2007 wird für die Durchführung des von den Antragstellern angemeldeten Sternmarsches am 07.06.2007 mit folgenden Maßgaben wiederhergestellt:

1.

10

Es sind folgende 5 Routen einzuhalten

11

(1) K Marktplatz – R – S – H

12

(2) Bad D Kamp Pavillon – Neue Reihe – B Weg – V – K Landweg (L12)

13

(3) N – O wanderweg – B – J Schleuse

14

(4) K B Platz – Strandpromenade an der Ostsee – K

15

(5) K über L12 – H nach H

2.

16

Die Demonstrationszüge enden 50 m vor dem Sperrzaun, dort finden die Abschlusskundgebungen statt.

17

Darüber hinaus darf ein Teil der Teilnehmer, insgesamt maximal 600 Personen (je 100 Personen für die Themen, die ursprünglich für die 6 Sternrouten angemeldet waren), und zwar je 200 über FKK-Kinderstrand, über J Schleuse und über den Durchlass H stellvertretend für den gesamten Protestmarsch den "Protest nach H tragen" bis vor das K Grand Hotel.

3.

18

Die Veranstalter geben den Teilnehmern des Demonstrationszuges von K entlang der Ostsee zu Beginn der Versammlung und bei der Abschlusskundgebung bekannt, dass die Gleisanlage der "M-Bahn" nicht betreten werden darf, dass der Bahnbetrieb nicht gestört werden darf und dass der Zugang für die mit der M-Bahn zum Tagungsort anreisenden legitimierten Personen und deren Zugang über die Kontrollstelle K nicht behindert werden darf.

19

Die Veranstalter sind verpflichtet, eine in das Ermessen des Gerichtes gestellte Anzahl von Ordnern bereitzustellen und diese anzuweisen, auf die Einhaltung dieser Auflage hinzuwirken.

20

Die Antragsgegnerin beantragt als Beschwerdeführerin,

21

den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Allgemeinverfügung sowie der Verbotsverfügung vom 16.05.2007 in vollem Umfang zurückzuweisen.

22

Sie wendet sich mit ihrer Beschwerde insoweit gegen den angefochtenen Beschluss, als die Allgemeinverfügung hinsichtlich des auch für die Zone II verfügten generellen Versammlungsverbots für die Zeit vom 05. bis 08.06.2007 ausgesetzt wird. Das Verwaltungsgericht habe die von ihr, der Antragsgegnerin, festgestellte Gefahrenprognose nur unzureichend gewürdigt. Sie beruft sich auf polizeilichen Notstand für den gesamten durch die Allgemeinverfügung beschriebenen Korridor.

23

Am 30.05.2007 wurde ein Erörterungstermin vor dem Senat durchgeführt. Zu dessen Inhalt wird auf das Protokoll verwiesen.

II.

24

Die Beschwerden sind jeweils nach Maßgabe des Vorbringens in den Beschwerdeschriften gemäß § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO zu beurteilen (vgl. BVerfG, B. v. 27.1.2006 – 1 BvQ 4/06).

25

1. Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass oder einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum bezogen sind, haben die Verwaltungsgerichte im Interesse des effektiven Schutzes der Versammlungsfreiheit schon im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO durch eine im Rahmen des Möglichen hinreichend intensive Prüfung der Rechtmäßigkeit der im Streit befindlichen behördlichen Maßnahme sowie des Sofortvollzugs dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Letzterer in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Weise führt (BVerfG, U. v. 03.03.2004 – 1 BvR 461/03).

26

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweisen sich sowohl die Allgemeinverfügung, soweit sie die von den Antragstellern angemeldete Versammlung betrifft, als auch die inhaltlich darauf aufbauende Verbotsverfügung vom 16.05.2007 als rechtmäßig, so dass die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Widersprüche im wesentlichen keinen Erfolg haben und der dem entgegenstehende Beschluss des Verwaltungsgerichts auf die Beschwerde der Antragsgegnerin insoweit zu ändern ist.

27

2. Die Antragsteller sind zu Unrecht der Auffassung, dass die Antragsgegnerin für den Erlass der angefochtenen Verfügungen nicht zuständig ist. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergibt sich aus § 2 a der Landesverordnung über die zuständigen Behörden nach dem Versammlungsgesetz (VersG-ZustVO) vom 21.07.1994 – GVOBl. M-V 1994, S. 804 i.d.F. der Verordnung vom 19.1.2007 – GVOBl. M-V 2007, S. 30. Diese Vorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Dies ergibt sich aus der Chronologie der Zuständigkeitsregelungen für das Versammlungsgesetz.

28

Mit Wirkung vom 21.06.1994 bestimmte Artikel 7 des Gesetzes über die Funktionalreform vom 05.05.1994 – GVOBl. M-V 1994, S. 566, dass die Aufgaben nach dem Versammlungsgesetz auf die Landkreise und die kreisfreien Städte übertragen werden, soweit nicht durch das Versammlungsgesetz oder durch Rechtsverordnung bestimmte Aufgaben staatlichen Behörden vorbehalten werden. Diese Aufgabendelegation erfolgte in den übertragenen Wirkungskreis der kommunalen Körperschaften. Von deren Inanspruchnahme im eigenen Wirkungskreis (pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben) oder in Form der Organleihe, wonach die Landräte bzw. die Oberbürgermeister (Bürgermeister) der kreisfreien Städte als untere staatliche Behörden bestimmt werden, wurde abgesehen (LT-Drs. 1/3835 S. 2). Damit stellt § 2 der Landesverordnung über die zuständigen Behörden nach dem Versammlungsgesetz (VersG-ZustVO) vom 21.07.1994 – GVOBl. M-V 1994, S. 804, der, gestützt auf § 1 Abs. 1 des Zuständigkeitsneuregelungsgesetzes vom 20.12.1990 – GVOBl. M-V S. 2, bestimmt, dass die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden die nach dem Versammlungsgesetz sachlich zuständigen Behörden sind, lediglich eine Wiederholung des Grundsatzes von Artikel 7 des Gesetzes über die Funktionalreform dar.

29

Artikel 7 des Gesetzes über die Funktionalreform enthält keine eigenständige Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung. Er bestimmt vielmehr, dass die Übertragung auf die Selbstverwaltungskörperschaften unter dem Vorbehalt steht, dass nicht bestimmte Aufgaben auf staatliche Behörde durch das Versammlungsgesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. Dies ist durch § 2a VersG-ZustVO geschehen. Ermächtigungsgrundlage dieser Regelung ist § 14 Abs. 1 S. 1 des Organisationsgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesorganisationsgesetz – LOG M-V) vom 14.03.2005 – GVOBl. M-V 2005, S. 98. Danach kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung die zuständige Behörde bestimmen, wenn zur Ausführung von Bundesrecht eine Behörde nicht bestimmt ist. Eine solche Bestimmung trifft Artikel 7 des Gesetzes über die Funktionalreform indes nicht, da er auf eine anderweitige Regelung durch Rechtsverordnung verweist. Nach Abs. 2 sind bei der Zuständigkeitszuweisung die Maßgaben des § 3 zu beachten; mit der Zuständigkeitszuweisung wird zugleich die Aufgabe übertragen. § 14 Abs. 1 LOG M-V genügt den Anforderungen nach Art. 57 Abs. 1 Satz 2 Landesverfassung M-V (LV). Danach müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen im Gesetz bestimmt werden. Das Parlament soll sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Die Ermächtigung muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, wenn sich die dort geforderte Bestimmtheit durch Auslegung nach den allgemein gültigen Auslegungsmethoden ermitteln lässt. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm kann herangezogen werden. Welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, ist von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss vor allem der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, so müssen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung gestellt werden, als wenn es sich um einen Regelungsbereich handelt, der die Grundrechtsausübung weniger tangiert (vgl. BVerfG, B. v. 18.07.2005 – 2 BvF 2/01 – BVerfGE 113, 167 = NVwZ 2006, 559).

30

Danach ist § 14 Abs. 1 LOG M-V wegen des Umstandes, dass er lediglich zu Regelungen der Zuständigkeit ermächtigt, hinreichend bestimmt, da nur eine eng begrenzte Ermächtigung ausgesprochen wird, die für sich genommen nicht geeignet ist, eine Verordnung mit Ermächtigung zu Maßnahmen zu erlassen. Dies gilt auch für § 14 Abs. 2 S. 2 LOG M-V, wonach mit der Zuständigkeitszuweisung auch die Aufgabe übertragen wird. Bei beiden Normen ist auch zu beachten, dass sich der Umfang der Zuständigkeit und der übertragenen Aufgabe durch das jeweilige Bundesgesetz ergibt.

31

§ 2a VersG-ZustVO ist auch mit dem gesetzlichen Vorbehalt des Artikel 7 des Gesetzes über die Funktionalreform vereinbar, weil er "bestimmte Aufgaben" nach dem Versammlungsgesetz betrifft. Die Regelung soll eine generelle Verlagerung der Zuständigkeit durch Rechtsverordnung ausschließen. Als bestimmte Aufgabe kann aber auch die Regelung der Zuständigkeit im Zusammenhang mit einem Großereignis wie im vorliegenden Fall angesehen werden. Der Aspekt der Bündelungsfunktion als Regelungsinhalt des Artikels 7 des Gesetzes über die Funktionalreform wird nicht zuletzt aus der Begründung des Gesetzentwurfes, LT-Drs. 1/3835 S. 26, deutlich. Es erscheint ausgeschlossen anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine Regelung hat treffen wollen, nach der eine solche Bündelung auch bei einem möglicherweise sehr viel kurzfristiger angesetzten Großereignis durch Änderung der Zuständigkeiten nur durch Gesetz möglich sein sollte.

32

Das Zitiergebot nach Art. 57 Abs. 1 S. 3 LV ist beachtet. Der Einleitungssatz der "Erste(n) Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über die zuständigen Behörden nach dem Versammlungsgesetz" vom 19.01.2007 enthält den Hinweis auf § 14 Abs. 1 S. 1 LOG M-V. Nicht erforderlich ist, dass Artikel 1 dieser Verordnung, der die Änderungsbefehle für die VersG-ZustVO enthält, seinerseits – nochmals – § 14 Abs. 1 S. 1 LOG M-V zitiert. Die Pflicht zur Bezeichnung der Rechtsgrundlage bezieht sich gemäß Art. 57 Abs. 1 S. 1 LV auf alle Normen, die – nicht sachwidrig – jeweils zu einer Rechtsverordnung als rechtstechnische Einheit zusammengefasst werden. Dies entspricht der Staatspraxis (Nierhaus in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 80 Abs. 1 Rn. 323). Demgemäß entspricht es auch der Staatspraxis, dass bei dem Erlass oder der Änderung mehrerer Rechtsverordnungen in der Präambel der Mantelverordnung die jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen für die nachfolgenden, jeweils einen einzelnen Artikel zugewiesenen Rechtsverordnungen genannt werden (Schneider: Gesetzgebung, 3. Auflage 2002, Rn. 241 Fußnote 21). Dass im vorliegenden Fall ein Hinweis auf Artikel 1 in der Präambel nicht enthalten ist, erklärt sich daraus, dass Artikel 2 lediglich die Inkrafttretens-Regelung der Änderungsverordnung enthält und somit keine dem Zitiergebot unterliegende eigenständige Regelung beinhaltet.

33

3. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die Beschränkungen der Versammlungsfreiheit in der Zone I durch die Verbotsverfügung und die Allgemeinverfügung, soweit sie die Versammlung der Antragsteller betrifft, für rechtmäßig.

34

a. Rechtsgrundlage der Allgemeinverfügung ist § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz. Danach kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift ein sogenanntes "Flächenverbot" rechtfertigt (ablehnend Dietel/Gintzel/Kniesel: Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 14. Aufl. § 15 Rn. 16; Köhler/Dürig-Friedl: Demonstrations- und Versammlungsrecht 4. Aufl. § 15 Rn. 6). Ein solches Flächenverbot steht hier nicht in Rede. Es liegt nur dann vor, wenn jedwede Versammlung unabhängig von Anlass und Zeitpunkt an einem bestimmten Ort untersagt wird (Kniesel/Poscher in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Rn. J 364). Hier beinhaltet die Allgemeinverfügung kein generelles Verbot zur Abhaltung von Versammlungen im Bereich der Zonen I oder II, sondern nur ein zeitlich beschränktes und auf einen bestimmten Anlass bezogenes generelles Verbot. Die Allgemeinverfügung verbietet nicht die Durchführung von Versammlungen zu den von den Antragstellern verfolgten Zwecken, beschränkt aber für einen bestimmten Zeitraum die Modalitäten der Durchführung solcher Versammlungen in örtlicher Hinsicht. Auf diese Weise wird das Recht zur Bestimmung des Orts einer Versammlung beschränkt.

35

Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht der Allgemeinverfügung nicht entgegen, dass es sich nicht um eine Verfügung im Sinne von § 35 S. 2 zweite oder dritte Alternative VwVfG M-V handelt. Nach der hier allein in Betracht kommenden ersten Alternative dieser Vorschrift ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt auch dann, wenn er sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet. Es ist anerkannt, dass eine solche Allgemeinverfügung, die sich an eine Vielzahl von Veranstaltern richtet, im Sinne von § 35 Satz 2 Alt. 1 VwVfG M-V als Verbot an alle, die es angeht, auf § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz gestützt werden kann. Voraussetzung hierfür ist ein nach objektiven Merkmalen bestimmbares Gesamtgeschehen (Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 15 Rn. 17; Hättrich: Versammlungsrecht in der kommunalen Praxis Rn. 208). Im vorliegenden Fall wird durch die Allgemeinverfügung – lediglich – das Selbstbestimmungsrecht der Veranstalter auf die Bestimmung des Orts der Versammlung tangiert, soweit es um Versammlungen im konkreten Zusammenhang mit dem so genannten G 8 – Gipfel geht.

36

b. Das durch die Antragsgegnerin verhängte Versammlungsverbot stellt für die von den Antragstellern angemeldete Versammlung ein Totalverbot dar. Als solches begegnet es keinen rechtlichen Bedenken.

37

Die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit hat zum einen nur dann zurückzutreten, wenn eine Güterabwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechts ergibt, dass dies zum Schutz anderer gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Die behördliche Eingriffsbefugnis wird zum anderen dadurch begrenzt, dass Verbote und Auflösungen nur bei einer "unmittelbaren Gefährdung" der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung statthaft sind. Durch das Erfordernis der Unmittelbarkeit werden die Eingriffsvoraussetzungen stärker als im allgemeinen Polizeirecht eingeengt. Erforderlich ist im konkreten Fall jeweils eine Gefahrenprognose. Diese enthält zwar stets ein Wahrscheinlichkeitsurteil; dessen Grundlagen können und müssen aber ausgewiesen werden. Demgemäß bestimmt das Gesetz, dass es auf "erkennbaren Umständen" beruhen muss, also auf Tatsachen, Sachverhalten und sonstigen Einzelheiten; bloßer Verdacht oder Vermutungen können nicht ausreichen. Unter Berücksichtigung der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde insbesondere bei Erlass eines vorbeugenden Verbotes keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen, zumal ihr bei irriger Einschätzung noch die Möglichkeit einer späteren Auflösung verbleibt. Insgesamt ist § 15 VersG jedenfalls dann mit Art 8 GG vereinbar, wenn bei seiner Auslegung und Anwendung sichergestellt bleibt, dass Verbote und Auflösungen nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen (BVerfG, B. v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81 u.a. –, BVerfGE 69, 315 <352>).

38

aa. In einem ersten Schritt sind die Rechtsgüter und deren Gewicht zu ermitteln, die mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit kollidieren.

39

Eines dieser Rechtsgüter sind die Beziehungen des Bundes zu auswärtigen Staaten. Deren Pflege ist gem. Art. 32 Abs. 1 GG Sache des Bundes. Wenn – wie hier – der Besuch ausländischer Staatsoberhäupter und Regierungschefs in der Bundesrepublik Deutschland nach der gerichtlich nicht zu überprüfenden Einschätzung der zuständigen Organe des Bundes der Wahrung der guten Beziehungen zu ausländischen Staaten dient, ist dieser gemäß Art. 32 GG verfassungsrechtlich geschützte Belang Teil der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. BVerfG 1. Senat 2. Kammer, B. v. 10.09.1987 – 1 BvR 1112/87 – NJW 1987, 3245; Rojahn in: von Münch/Kunig: Grundgesetzkommentar, 5. Aufl. Bd. II Art. 32 Rn. 28). Das Gewicht dieses Belanges kann nicht dadurch infrage gestellt oder gemindert werden, dass die Veranstalter der Versammlungen die Legitimität der Konferenz und deren Anliegen bezweifeln. Dies würde auf eine unzulässige politische Bewertung durch das Gericht hinauslaufen. Eine etwaige politische Einschätzung der Veranstalter können sie vielmehr im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 1 GG garantierten Versammlungsfreiheit nach Maßgabe der oben dargelegten Abwägungsgrundsätze mit Wirkung für die Öffentlichkeit äußern. Soweit auswärtige Beziehungen durch Demonstrationen und Kundgebungen gegenüber fremden Staaten, die eine Duldung derartiger Vorgänge als unfreundlichen Akt empfinden, belastet werden, können daher die zuständigen Behörden – unter Beachtung von Art. 8 GG – eingreifen (Rojahn a.a.O.). Zu den relevanten außenpolitischen Gesichtspunkten zählt nach Auffassung des Senats auch die Frage der persönlichen Sicherheit der Staatsgäste. Eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit im Hinblick auf den Ort einer Veranstaltung ist daher im vorliegenden Zusammenhang nicht erst dann gerechtfertigt, wenn die konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines der Staatsgäste oder der Delegationen dargelegt ist. Vielmehr darf die Antragsgegnerin grundsätzlich davon ausgehen, dass es im außenpolitischen Interesse liegt, wenn Gefahren bereits im Vorfeld einer konkreten Gefährdung nach Möglichkeit abgewendet werden. Insoweit verweist die Allgemeinverfügung in ihrer Begründung S. 3 unter II. 1 Abs. 1 rechtlich unangreifbar auch auf das Ansehen der Bundesrepublik, die als Gastgeberstaat für den Schutz der Staatsgäste verantwortlich ist. Wie die Vertreter der Antragsgegnerin im Erörterungstermin dargelegt haben, legen die Mitglieder der Delegationen größten Wert darauf, dass die Zone I ein uneingeschränktes Sicherheitsfeld darstellt und sich dort nur überprüfte Personen aufhalten dürfen.

40

Als weiteres Rechtsgut ist das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit zu berücksichtigen. Unmittelbar verfassungsgeboten ist danach auch die Gefahrenvorsorge durch Rechtsetzung und weitere Maßnahmen staatlicher Steuerung (vgl. Kunig in Münch/Kunig, a.a.O., Bd. I Art. 2 Rn. 68). Diese lassen vorliegend für die in der Zone I anwesenden Personen (neben den Staatsgästen etwa deren Delegationsmitglieder, Sicherheits- und Servicepersonal und nicht zuletzt die Einwohner von H) eine ausreichende Vorsorge gegenüber gewalttätigen Übergriffen wie auch das Vorhalten ausreichender Rettungs- und medizinischen Versorgungsmöglichkeiten, wie sie dem unter unter 4. näher dargelegten Sicherheitskonzept der Antragsgegnerin zugrunde liegen, für erforderlich erscheinen.

41

Auf der anderen Seite ist das Gewicht des Grundrechtes aus Art. 8 Abs. 1 GG einzustellen. Art. 8 GG schützt allerdings ein Selbstbestimmungsrecht über die Art der kommunikativen Äußerung nicht, soweit durch sie Rechtsgüter anderer beeinträchtigt werden. Diese Beschränkung betrifft auch die Verwirklichung des von Art. 5 und 8 GG grundsätzlich miterfassten Anliegens, mit der Äußerung Aufmerksamkeit bei Anwesenden (und in den Medien) zu erzielen (vgl. BVerfG, 1. Senat 1. Kammer, B. v. 26.03.2001, a.a.O.). Die Versammlungsfreiheit ist als wesentliches Element der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung geschützt (vgl. BVerfG, B. v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81 u.a. –, BVerfGE 69, 315) und kann grundsätzlich nicht für die Durchsetzung einer unmittelbaren persönlichen Meinungsäußerung gegenüber dem politischen Gegner herangezogen werden.

42

Bei der Gewichtung der Interessen der Veranstaltung von Versammlungen ist in diesem Zusammenhang folgendes zu berücksichtigen: Es ist nicht von vornherein unverhältnismäßig zu verhindern, dass Demonstranten in emotionalisierende Nähe eines politischen Besuchers gelangen. Die Verlagerung von Demonstrationen in einen Bereich außerhalb der eigentlichen Sicht- und Hörweite, in dem der Staatsbesuch stattfindet, berührt das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG jedenfalls dann nicht, wenn der kommunikative Zweck der Versammlung, der sich an die Öffentlichkeit richtet, nicht verfehlt oder auch erheblich beeinträchtigt wird (vgl. BVerfG, 1. Senat 1. Kammer, B. v. 26.03.2001 a.a.O).

43

bb. Zwischen den Belangen, das heißt den so umschriebenen außenpolitischen Interessen, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem ebenfalls fundamentalen Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG ist auch im konkreten Fall eine praktische Konkordanz herzustellen. Daraus ergibt sich, dass die Berufung auf Art. 8 Abs. 1 GG nur solange zulässig ist, als die Staatsveranstaltung in ihrer Durchführung nicht wesentlich beeinträchtigt wird (Kniesel in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts 3. Aufl. Kap. H Rn. 18). Dies wiederum setzt eine Prognose voraus, ob bestimmte Ereignisse eintreten können und diese geeignet sind, die Durchführung der Staatsveranstaltung wesentlich zu beeinträchtigen. Damit ist zugleich gesagt, dass ein gänzliches Zurücktreten der Demonstrationsfreiheit verfassungsrechtlich unzulässig ist.

44

cc. Die von der Antragsgegnerin dargelegten abstrakten Gefahren für die Staatsgäste sind für den Senat im Bereich der Zone I nachvollziehbar. Bei dem oben angeführten allgemeinen Interesse der Bundesrepublik Deutschland kommt es hierbei nicht darauf an, ob insoweit konkrete Gefahren nachweisbar sind. Aus den Darlegungen der Antragsgegnerin in der angefochtenen Allgemeinverfügung wie auch aus den Darlegungen im Erörterungstermin vor dem Senat ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass im Interesse der Sicherheit der Staatsgäste der Raum innerhalb des bereits errichteten Zauns zunächst einmal von einer großen Anzahl von Demonstranten freigehalten werden muss. Die Antragsgegnerin hat schlüssig dargelegt, dass die Sicherheit der Staatsgäste nicht zu gewährleisten ist, wenn eine große Anzahl von Demonstrationsteilnehmern in die Nähe des Veranstaltungsortes kommen kann, ohne dass die Polizei in der Lage ist, Personenkontrollen vorzunehmen. Dies räumen die Antragsteller in ihrer Beschwerdeschrift im übrigen ausdrücklich ein.

45

c. Soweit die Antragsteller in der Beschwerdeschrift nunmehr geltend machen, es müsse ermöglicht werden, dass ein kleiner Kreis von Demonstrationsteilnehmern (im dreistelligen Bereich) in die Nähe des Versammlungsortes gelangen dürfe, um dort ihr Anliegen in einer Versammlung geltend zu machen, erscheint dies nach der dargelegten Sicherheitslage nur dann vertretbar, wenn die Antragsgegnerin in der Lage wäre, zuvor hinreichende Personenkontrollen vorzunehmen. Zudem müsste innerhalb der Zone I innerhalb einer festgelegten Entfernung zum eigentlichen Veranstaltungsort ein Platz für die Durchführung der Versammlung zur Verfügung stehen. Dies ist für die von den Antragstellern angestrebte Zahl von 600 Teilnehmern weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

46

Ungeachtet dessen haben die Vertreter der Antragsgegnerin im Erörterungstermin gegen die Durchführung einer derartigen Versammlungen für den Senat nachvollziehbar deutlich gemacht, dass die Mitglieder der Delegationen größten Wert auf die Einhaltung eines uneingeschränkten Sicherheitsfeldes in der Zone I legen. Dem Senat ist bekannt, dass von nicht mehr zuzuordnenden Bewegungen in unmittelbarer Nähe insbesondere des amerikanischen Präsidenten die Gefahr von Missverständnissen und damit der Gefährdung von Personen ausgehen kann. Der Ablauf der Veranstaltung des Staates wäre ersichtlich gefährdet, wenn sich Demonstranten auf Grund der räumlichen Verhältnisse so nahe insbesondere in der Nähe des amerikanischen Präsidenten aufhalten könnten, so dass dieser angesichts der Gefährdungsstufe 1 objektiv Anlass hätte, um seine Sicherheit besorgt zu sein (vgl. Senatsbeschluss vom 12.07.2006 – 3 M 74/06 –).

47

Es ist im übrigen nicht unverhältnismäßig zu verhindern, dass Demonstranten in emotionalisierende Nähe eines politischen Besuchers gelangen. Der von dem Antragstellern angestrebte besondere Beachtungserfolg, der eine Versammlung unmittelbar in Sichtweite der Staatsgäste bewirkt, ist verfassungsrechtlich nicht gewährleistet (vgl. BVerfG 1. Senat 2. Kammer, B. v. 10.09.1987 – a.a.O.). Die Verlagerung von Demonstrationen in einen Bereich außerhalb der eigentlichen Sicht- und Hörweite, in dem der Staatsbesuch stattfindet, führt im übrigen nicht dazu, dass der kommunikative Zweck der Versammlung, der sich an die Öffentlichkeit richtet, verfehlt oder auch nur erheblich beeinträchtigt wird. Es ist Veranstaltern einer Versammlung somit zumutbar, bei deren Planung auf den in der Allgemeinverfügung beschriebenen Bereich Rücksicht zu nehmen.

48

Der Verweis der Versammlung auf einen anderen als den durch die Verfügungen festgelegten Verbotsbereich erscheint im vorliegenden Fall selbst unter Berücksichtigung der von den Antragstellern angeführten angeblich mangelhaften Kooperationsbereitschaft der Antragsgegnerin als zumutbar. Die Antragsteller haben die Versammlung zwar bereits am 30.10.2006 unter dem Vorbehalt der Präzisierung bezüglich Strecken, Zwischenkundgebungen und Zeitpunkten angemeldet. Diese Präzisierung erfolgte nach schriftlicher Aufforderung der Antragsgegnerin vom 06.03.2007 mit Schreiben des Antragstellers zu 1. vom 25.04.2007, der zu einem Kooperationsgespräch am 03.05.2007 einlud, welches dann am 10.05.2007 stattfand. Das mit den angefochtenen Verfügungen erlassene Versammlungsverbot erweist sich für die Antragsteller und die von ihnen angemeldete Versammlung aber deshalb nicht als unzumutbar, weil das Sicherheitskonzept der Antragsgegnerin mit der technischen Sperre und den zwei Zonen bereits am 21.09.2006 und damit vor der Anmeldung durch die Antragsteller vorgestellt worden war und dies von dem Dissentnetzwerk , mit dem das Sternmarschbündnis seine Versammlung koordiniert hat, ausweislich einer Internetmeldung (vgl. http://de.indymedia.org/2006/09/157630) auch zur Kenntnis genommen worden war.

49

4. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts rechtfertigt die besondere Situation in der weiteren Umgebung von H nach Auffassung des Senats auch das für die Zone II verhängte Versammlungsverbot, jedenfalls soweit es die hilfsweise beantragte Versammlung der Antragsteller betrifft. Diese besondere Situation wird deutlich durch die Darstellung der örtlichen Gegebenheiten und dem zu erwartenden Protestgeschehen in der angefochtenen Allgemeinverfügung, den Ausführungen in der Beschwerdebegründung und das im Erörterungstermin mit Bildern untersetzte näher dargelegte Sicherheitskonzept der Antragsgegnerin.

50

a. Ausgehend von dem oben unter 3. als rechtmäßig erachteten Versammlungsverbot für die Zone I kann die ursprüngliche Form der von den Antragstellern angemeldeten Versammlung nicht mehr durchgeführt werden. Mit dem Wegfall von H als dem Ort des Zusammentreffens der "Strahlen" des Sternmarsches bleiben lediglich einzelne Teilmärsche ohne gemeinsamen Ausgangs- bzw. Endpunkt. Diese "Restmärsche" sind damit vergleichbar mit den im Kooperationsgespräch vom 10.05.2007 von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Ersatzstrecken, so dass sich das Versammlungsverbot für die Zone II bezogen auf die Versammlung der Antragsteller (lediglich) auf den Versammlungsort auswirkt.

51

b. Das von der Versammlungsfreiheit miterfasste Bestimmungsrecht von Ort und Zeit von Versammlungen erlaubt es dem Veranstalter, eigenständig zu konkretisieren, wie er sein Versammlungsinteresse umsetzen möchte. Kollidiert sein Grundrecht der Versammlungsfreiheit mit anderen Rechtsgütern, steht ihm aber nicht auch ein Bestimmungsrecht darüber zu, wie gewichtig diese Rechtsgüter in die Abwägung einzubringen sind und wie die Interessenkollision rechtlich bewältigt werden kann. Insoweit bleibt ihm die Möglichkeit, seine Vorstellungen im Zuge von Kooperationsgesprächen mit der Verwaltungsbehörde in das Verfahren einzubringen. Dies ist vorliegend geschehen und es ist nicht erkennbar, dass die Versammlungsbehörde die Vorstellungen der Antragsteller nicht in ihre Erwägungen einbezogen hat. Die anschließende Abwägung, ob und wieweit gegenläufige Interessen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit rechtfertigen, obliegt der Versammlungsbehörde und den mit der rechtlichen Überprüfung befassten Gerichten (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, B. v. 26.01.2001 – 1 BvQ 9/01 –; 26.03.2001 – 1 BvQ 15/01 – DVBl 2001, 797 = NJW 2001, 1411).

52

Die Allgemeinverfügung muss auf der Einschätzung aufbauen, die Durchführung von Versammlungen in dem von der Allgemeinverfügung erfassten Bereich führe zu unmittelbaren Gefährdungen beziehungsweise Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die entsprechenden Schutzgüter müssen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Beschränkungen der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 2 GG rechtfertigen. Dabei ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Allgemeinverfügung nicht die Durchführung von Versammlungen zu den von den Antragstellern verfolgten Zwecken verbietet, sie aber für einen bestimmten Zeitraum die Modalitäten der Durchführung solcher Versammlungen in örtlicher Hinsicht beschränkt.

53

c. Das Sicherheitskonzept der Antragsgegnerin geht zunächst von der technischen Sperre mit zwei Zugangsmöglichkeiten aus, die zum einen den Zugang für die Einwohner von Heiligendamm gewährleisten und zum anderen dem Zugang der Delegationen und des Zulieferverkehrs dienen. Die räumliche Ausdehnung der Zone II dient der Absicherung der Landesstraße L 12, neben der nur unzureichend befahrbare Wege zur Verfügung stehen. Der Zustand der neben der L 12 vorhandenen Straßen und Wege wird durch das von der Antragsgegnerin vorgelegte Bildmaterial belegt. Hieraus wird deutlich, dass diese Wege sowohl für die nach den Darlegungen der Antragsgegnerin erforderliche schnelle Verlegung von Polizeikräften zur Reaktion auf Versammlungsgeschehen als auch zur Vorhaltung von Rettungswegen für eine größere Zahl von Fahrzeugen und wegen der mangelnden Befahrbarkeit mit schwereren Fahrzeugen und höherer Geschwindigkeit ungeeignet erscheinen. Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn die räumliche Bemessung der Zone II sich an den außerhalb der technischen Sperre nächstgelegenen, für die genannten Zwecke geeigneten Straßenverbindungen orientiert. Die flächenmäßig erhebliche Ausdehnung der so festgelegten Zone II ist nachvollziehbar schlicht dem Umstand geschuldet, dass sich die entsprechenden Verbindungen erst in relativ großer Entfernung zur technischen Sperre befinden. In diesem Sinne rechtfertigen die topografischen Gegebenheiten um H die räumliche Festlegung der Zone II. Dazu kommen die polizeitaktischen Erwägungen der Antragsgegnerin, nach denen die Zone II auch deshalb erforderlich ist, um ein Ausbrechen von Versammlungsteilnehmern in Richtung der technischen Sperre und ein Herandrängen der Polizeikräfte an diese zu verhindern.

54

Soweit die Antragsteller diesem Sicherheitskonzept entgegenhalten, dass es der permanenten Freihaltung der Zufahrtsstraßen und -wege in der Zone II nicht bedürfe und die Durchführung der Versammlung etwa bei Freihaltung der L 12 als Rettungs- und Verbindungsweg möglich sei, trägt dies dem Sicherheitskonzept der Antragsgegnerin nicht hinreichend Rechnung. So muss dieses etwa auch dem Verlangen von Sicherheitskräften ausländischer Staatsgäste nach mindesten zwei alternativen Rettungswegen nachkommen, wenn dieses Verlangen – wie hier – jedenfalls erkennbar nicht der Verhinderung von Demonstrationen dient sondern begründeten Sicherheitsbelangen Rechnung trägt.

55

Zu berücksichtigen ist auch die – wenn nach Angaben der Antragsteller auch nicht beabsichtigte – rein faktische Blockadewirkung von Versammlungsmärschen bei der beschriebenen topografischen Situation. Wie die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung zu den vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss genannten vier Routen und auch die Erörterung alternativer Versammlungsrouten im Erörterungstermin gezeigt hat, fehlt es innerhalb der Zone II an für die erwartete Teilnehmerzahl von insgesamt 8.000 - 11.000 ausreichenden Straßen, Wegen und öffentlichen Flächen, die etwa eine Abschlusskundgebung oder auch nur den geordneten An- und Abmarsch der Teilnehmer und das Wenden der Lautsprecherwagen ermöglichen, ohne dass das Sicherheitskonzept der Antragsgegnerin nachhaltig in Frage gestellt wäre. Zwar sind mit der Ausübung des Versammlungsrechts häufig unvermeidbar gewisse nötigende Wirkungen in Gestalt von Behinderungen Dritter verbunden. Derartige Behinderungen Dritter und Zwangswirkungen sind durch Art. 8 GG (nur) gerechtfertigt, soweit sie als sozial-adäquate Nebenfolge mit rechtmäßigen Demonstrationen verbunden sind und sich durch zumutbare Auflagen nicht vermeiden lassen (BVerfG, U. v. 11.11.1986 – 1 BvR 713/83 u.a. –, BVerfGE 73, 206 <250>). Eine Versammlung, die eine unerwünschte Tätigkeit durch eine Blockade der Verkehrswege verhindern will, ist in der Realisierung der Blockade nicht durch Art. 8 GG geschützt (Hoffmann-Riem in AK-GG, Art. 8 Rn. 55 m.w.N.). Die objektive Blockadewirkung der beantragten Demonstrationszüge erscheint vorliegend deshalb nicht als reine sozial-adäquate Nebenfolge im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, weil die einer Versammlung zuzusprechende öffentliche Beachtungswirkung im vorliegenden Fall nicht zwingend mit den beantragten Demonstrationszügen verbunden ist. Eine gleichwertige Beachtungswirkung könnte auch durch eine stationäre Veranstaltung oder einen Demonstrationsmarsch in der näheren Umgebung bewirkt werden. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil sich das wesentliche Element des Zusammentreffens des Sternmarsches in der Zone I nach obigen Ausführungen nicht verwirklichen läßt. Ein solcher Verweis auf eine andere Versammlungsform ist mit Art. 8 GG jedenfalls dann vereinbar, wenn diese nicht aus inhaltlichen Gründen des Demonstrationsanliegens gewählt ist, so das etwa durch einen Wechsel des Ortes kein schwerer Nachteil entstehen kann (vgl. BVerfG, B. v. 02.12.2005 – 1 BvQ 35/05 –, EuGRZ 2006, 303). Vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist nur ein Verhalten erfasst, das die Meinungsbildung in der betreffenden Angelegenheit ermöglichen soll, nicht etwa die unmittelbare Durchsetzung des von den Versammlungsteilnehmern eingenommenen Standpunktes selbst (Hoffmann-Riem, a.a.O.).

56

Entsteht eine derartige faktische Blockadewirkung bereits durch eine friedlich verlaufende Versammlung, kommt es entscheidungserheblich nicht darauf an, ob die Blockadewirkung beabsichtigt und wem die daraus resultierende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit möglicherweise zuzurechnen ist.

57

Da sich das in der Allgemeinverfügung auch für die Zone II verfügte Versammlungsverbot als rechtmäßig erweist, bedarf es auch keiner weiteren Ausführungen zum dem innerhalb dieser Zone liegenden 200 m – Streifen vor der technischen Sperre und der Frage, wie weit die Demonstrationszüge an diese heranreichen dürfen. Gleichfalls sind weitergehende Ausführungen zu den vom Verwaltungsgericht dargelegten, in der Zone II befindlichen Alternativrouten nicht erforderlich.

58

Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für die angefochtene Verbotsverfügung vom 16.05.2007.

59

5. Die unter Ziff. 2. des Beschlusstenors verfügte Maßgabe der Durchführung der Versammlung der Antragsteller ist zur Umsetzung des oben dargestellten Sicherheitskonzepts erforderlich und erweist sich in Bezug auf die von den Antragstellern angemeldete Versammlung auch als das mildeste Mittel. Die im Kooperationsgespräch vom 10.05.2007 von der Versammlungsbehörde vorgeschlagenen Ersatzstrecken außerhalb der Zone II würden ohne vergleichbar erhebliche Gefährdung der oben dargestellten Belange eine ähnliche, jedenfalls ausreichende mediale Wirkung im Sinne eines Beachtungserfolges entfalten, soweit es die hilfsweise beantragten Ersatzrouten in der Zone II betrifft. Da die Antragsteller Alternativrouten oder stationäre Versammlungen außerhalb der Zone II nach der Erklärung ihrer Bevollmächtigten im Erörterungstermin indes ablehnen, braucht der Senat dem nicht weiter nachzugehen (vgl. OVG Hamburg, B. v. 26.05.2007 – 4 Bs 130/07 –) und kann die nähere Beauflagung der mit den Örtlichkeiten vertrauten Versammlungsbehörde überlassen.

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

61

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:

1.
über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
2.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;
2a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;
3.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;
4.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4a.
über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4b.
über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
4c.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag;
5.
in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist.

(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.

Antragsteller und Antragsgegner können nur sein: der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und die im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestages und des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Der Antrag wird mit der -zum Teil klarstellenden- Maßgabe abgelehnt, dass der Antragstellerin gestattet ist, am 3. September 2014 in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr ihre Versammlung (Mahnwache) auf dem A... unmittelbar im Bereich vor der nach Südwesten ausgerichteten Giebelwand des länglichen Gebäudes, in dem sich die Gaststätte „B...“ befindet, einschließlich des dort angrenzenden Durchgangs zum Vorplatz der C... bis zu einer Entfernung von 70 Metern von der äußeren Grenze des Vorplatzes durchzuführen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, der darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 2. September 2014 wiederherzustellen, ist zulässig. Er führt mit der sich aus dem Tenor ergebenden Maßgabe jedoch nicht zum Erfolg.

2

Die Abwägung der auf beiden Seiten betroffenen hochwertigen Rechtsgüter führt zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Versammlung nicht auf dem D... -auf diesen Versammlungsort hat die Antragstellerin in der Antragsbegründung zwischenzeitlich auch verzichtet- und auch nicht im Bereich vor der E... stattfinden kann. Einer Versammlung in dem im Tenor bezeichneten Bereich stehen dagegen keine rechtlich tragfähigen Gesichtspunkte entgegen, mit denen das von der Verfassung gewährleistete Versammlungsrecht der Antragstellerin eingeschränkt werden kann. Dieser Versammlungsort gewährleistet auch noch hinreichend die rechtlich geschützte kommunikative Nähe zu der Veranstaltung, die die Antragstellerin in Wahrnehmung ihres Versammlungsrechts in Bezug nehmen möchte. Eine weniger einschneidende Maßnahme ist wegen der örtlichen Gegebenheiten im Hinblick auf das Sicherheitskonzept der Polizei nicht ersichtlich.

3

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einschränkung des Versammlungsrechts sind den Beteiligten aus den vorangegangenen Verfahren bekannt. Gemäß § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz – VersG – kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.

4

Zu einem vergleichbaren Fall („Sternmarsch Heiligendamm“) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass es eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit darstellt, wenn die Versammlung nur in einer Weise durchgeführt werden kann, die einem Verbot nahe kommt, etwa indem sie in ihrem spezifischen Charakter so verändert werden muss, dass die Verwirklichung des besonderen kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert wird. Die Verlagerung von Demonstrationen in einen Bereich außerhalb der eigentlichen Sicht- und Hörweite einer Veranstaltung, auf die der Protest Bezug nimmt, so das Bundesverfassungsgericht, greift im Ansatz unverhältnismäßig in das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über Zeitpunkt und Ort der Veranstaltung und über Vorkehrungen zur Erreichung der beabsichtigten Wirkungen ein. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt das Interesse des Veranstalters, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters umfasst auch das Interesse zur Konzentration der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dem können allenfalls Belange der öffentlichen Sicherheit entgegengehalten werden.

5

Tragfähiges Ziel eines Eingriffs in das Versammlungsrecht kann die Durchführung einer Veranstaltung des Staates und dabei insbesondere der Schutz von Leib und Leben der Teilnehmer an dieser Veranstaltung sein. Dass insofern entsprechende Schutzräume zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dabei ist jedoch grundsätzlich in einem Sicherheitskonzept für eine solche Veranstaltung auch das Anliegen der Durchführbarkeit von Demonstrationen einzustellen. Ein bloß allgemeiner Verweis auf sicherheitsrechtliche Bedenken reicht für eine erheblich in die betroffenen Rechte eingreifende Entscheidung nicht aus. Es ist eine sorgfältige Abwägung aller Interessen und eine intensive Prüfung der Verhältnismäßigkeit erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 – m. w. N.).

6

Ausgehend hiervon wäre ein Eingriff in die Rechte der Antragstellerin dergestalt, dass sie vom kommunikativen Zusammenhang mit der staatlichen Veranstaltung förmlich abgeschnitten wird, nicht verhältnismäßig. Das wäre aber der Fall, wenn die Versammlung auf dem A... an der Längsseite des genannten Gebäudes im hinteren nordöstlich gelegenen Eckbereich stattfinden müsste. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass in der ursprünglichen Anmeldung der Veranstaltung lediglich angekündigt wurde, dass im Verlauf der Veranstaltung eine Verfassungsbeschwerde gegen die von der Antragstellerin behauptete städtische Einflussnahme auf die Wahl des Stadtrats der Stadt F...vom 25. Mai 2014 verlesen werden soll, woraus sich nicht ohne weiteres ein Zusammenhang mit dem gleichzeitig stattfindenden Besuch des Staatsoberhauptes und der Ministerpräsidentin ergibt. Im Nachgang hierzu hat die Antragstellerin im Kooperationsgespräch ausgeführt, dass man sich auch zum Staatsoberhaupt positionieren wolle. Das wurde zwischenzeitlich in der Antragsbegründung bekräftigt. Der dadurch zulässigerweise geschaffene inhaltliche Zusammenhang darf nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in unverhältnismäßiger Weise unterbrochen werden.

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Dass vorliegend von der Antragsgegnerin überhaupt in das Versammlungsrecht eingegriffen wird, unterliegt keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie hat unter Bezugnahme auf die Gefahreneinschätzung der Polizei substantiiert dargelegt, dass gewisse Einschränkungen des Versammlungsrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich und angemessen sind. Der Schutz von Leib und Leben des Bundespräsidenten, er ist als Verfassungsorgan in die Gefährdungsstufe 1 eingestuft und es sind Schutzmaßnahmen der Stufe 1 angeordnet, und der Ministerpräsidentin genießen allerhöchste Priorität. Das macht es ausweislich der Mitteilung der Polizeidirektion F... an die Antragsgegnerin erforderlich, dass der unmittelbare Bewegungsbereich des Staatsoberhauptes auf dem Vorplatz der C... freigehalten wird. Damit kam dieser Ort für die Durchführung der Versammlung von vornherein nicht in Betracht.

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Aus polizeilicher Sicht muss auch in jedem Fall eine Entfernung zu den Aufenthaltsorten des Bundespräsidenten eingehalten werden, die größer ist als die Entfernung, die mit einem Wurfgegenstand überbrückt werden kann, auch wenn dieser Gegenstand nicht gezielt oder in Richtung des Bundespräsidenten eingesetzt wird. Diese Einschätzung ist nach den Ausführungen der Polizei ohne weiteres nachvollziehbar. Hiernach scheidet der Platz vor der E... als Versammlungsort aus. Ungeachtet dessen, dass das Geschäftslokal innerhalb der Öffnungszeiten förmlich vom Publikumsverkehr abgeschnitten wäre, zählt der Bereich vor der Bank zu der Zone, aus der Wurfgeschosse in den Bereich des Vorplatzes geworfen werden können. Dabei ist ausschlaggebend, dass die Wurfrichtung vom Platz vor der E... zum Vorplatz der C... von oben nach unten verläuft. Das ist in dem Bereich, der im Tenor bezeichnet ist, nicht der Fall. Gleichzeitig ist diese Fläche wegen der Schneise zwischen den Gebäuden in Hörweite des D...es gelegen. Die Antragstellerin kann dort wahrgenommen werden, weil ihr ausdrücklich die Benutzung eines Lautsprecherfahrzeuges bzw. Megafonen gestattet ist. Hierdurch ist in noch zumutbarer Weise gleichzeitig gewährleistet, dass die interessierte Öffentlichkeit auch auf die Spruchbänder/Plakate aufmerksam gemacht wird. Wegen der nur geringen Zahl an angekündigten Teilnehmern an der Versammlung (ca. 10 Personen) kann die Versammlung auch an der betreffenden Örtlichkeit unproblematisch durchgeführt werden.

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Es ist bei alledem hinreichend belegt, dass auch von der Versammlung der Antragstellerin gewisse Gefahren ausgehen können, die im Hinblick auf den drohenden bedeutenden Schaden schon im Ansatz vermieden werden müssen. Im Februar 2014 kam es nach den Ausführungen der Polizei anlässlich einer Mahnwache zu unkontrollierten körperlichen Auseinandersetzungen, die polizeilich unterbunden werden mussten. Zwar kann ein gegebenenfalls mitursächliches Verhalten von Gegendemonstranten nicht ohne weiteres der Antragstellerin zugerechnet werden. Gehen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lediglich von Gegendemonstranten aus, so müssen sich polizeiliche Maßnahmen primär gegen die störende Gegendemonstration richten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2010 -1 BvR 2636/04-; juris). Hier tritt jedoch die staatliche Veranstaltung, bei der hochwertige Rechtsgüter zu schützen sind, neben die reine Zurechnung von Ursache und Wirkung bei sonstigen Demonstrationen. Es sind auch nur geringste Gefahren auszuschließen. Solche ergeben sich jedoch im Hinblick auf die Antragstellerin auch daraus, dass die am vorliegenden Verfahren nicht unmittelbar beteiligte Polizei in ihrer an die Antragsgegnerin gerichteten Lageeinschätzung vom 2. September 2014 ausgeführt hat, dass im September 2013 bei einer von der Antragstellerin durchgeführten Demonstration einige ihrer Teilnehmer alkoholisiert waren, wobei die Einwirkungsmöglichkeiten der verantwortlichen Person stark eingeschränkt gewesen seien. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert begegnet. Sie hat in der Antragsbegründung lediglich ausgeführt, dass ihr Vorsitzender niemals alkoholisiert eine Versammlung geleitet habe. Vergleichbares Verhalten kann in einer Gemengelage, wie sie sich hier abzeichnet, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durchaus zu einem der Antragstellerin zurechenbaren Verhalten führen, das im gewünschten Bereich des Platzes vor der E... Gefahren für die zu schützende staatliche Veranstaltung verursachen kann.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer 45.4 und 1.5 des Streitwertkataloges. Dabei ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache der sich hieraus ergebende volle Streitwert festzusetzen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.