Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Mai 2013 - 6 C 11221/12

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2013:0514.6C11221.12.0A
bei uns veröffentlicht am14.05.2013

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die Erhöhung der Hundesteuer durch die Antragsgegnerin.

2

Nach § 1 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Hundesteuer (Hundesteuersatzung, im Folgenden: HStS) vom 27. September 2007, zuletzt geändert durch die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung vom 1. Februar 2012 (im Folgenden: Änderungssatzung), erhebt die Antragsgegnerin eine Steuer für das nichtgewerbsmäßige Halten von Hunden in ihrem Stadtgebiet durch natürliche Personen.

3

Nach § 4 Abs. 1 HStS in der ursprünglichen Fassung (im Folgenden: a.F.) betrug die Steuer jährlich für den ersten Hund 120,00 €, für den zweiten 156,00 € und für den dritten sowie jeden weiteren Hund 192,00 €. Durch § 1 der Änderungssatzung wurde § 4 Abs. 1 HStS a.F. dahingehend modifiziert, dass die Steuer seit dem 1. März 2012 jährlich für den ersten Hund 186,00 €, für den zweiten und jeden weiteren Hund 216,00 € sowie für jeden gefährlichen Hund 600,00 € beträgt.

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Die Antragstellerin hält im Stadtgebiet der Antragsgegnerin einen nicht nach § 4 Abs. 3 bis 6 HStS als gefährlich eingestuften Hund. Zur Begründung ihres am 5. Dezember 2012 gestellten Normenkontrollantrags trägt sie im Wesentlichen vor:

5

Kommunen seien auch bei dem Erlass und der Änderung von Abgabensatzungen gemäß § 5 Abs. 3 KAG an das Abwägungsgebot gebunden. Dabei gehe es im Kern um die Pflicht zur sorgfältigen Ermittlung des beachtlichen Abwägungsmaterials und zur unvoreingenommenen, distanzierten Abwägung, die dem Gewicht der betroffenen Belange Rechnung zu tragen suche. Da § 5 Abs. 3 KAG keine konkreten Vorgaben zur Ausgestaltung, insbesondere zur Höhe der Hundesteuer festlege, sei hier sogar eine besonders sorgfältige Abwägung geboten gewesen. Ein besonderer Abwägungsaufwand sei nur dann nicht erforderlich, wenn es - anders als im vorliegenden Fall - um eine bloß geringfügige Erhöhung einer Abgabe, eine Erhöhung im Rahmen der allgemeinen Kostensteigerung oder um eine hinsichtlich ihrer absoluten Höhe sehr niedrige Abgabe gehe.

6

Der Erhöhung der Hundesteuer für den ersten Hund liege ein unzureichender Abwägungsvorgang zu Grunde. Die Antragsgegnerin habe es versäumt, die Höhe der Hundesteuer in anderen Gemeinden und Städten in die Abwägung einzustellen und zu berücksichtigen, dass die von ihr erhobene Hundesteuer bereits vor der Erhöhung im bundesweiten Vergleich außergewöhnlich hoch gewesen sei. Es sei auch nicht erkennbar, ob sie die Steuerhöhe ins Verhältnis zum Wert eines Hundes, den üblichen monatlichen Haltungskosten oder zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Hundehalter, von denen mehr als 30 % von Sozialhilfe oder anderen öffentlichen Mitteln lebten, gesetzt habe. Es fehlten auch Überlegungen zu den unterschiedlichen Steigerungsraten der Steuer für den ersten, den zweiten und jeden weiteren Hund sowie Angaben, weshalb andere Abgaben im Hinblick auf die Teilnahme der Antragsgegnerin am Entschuldungsfonds weniger stark erhöht worden seien.

7

Die fehlerhafte Abwägung indiziere einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Diese Vermutung werde durch das Ausmaß der Steigerung und die nunmehr erreichte absolute Höhe der Hundesteuer bestätigt. Zudem verstießen die unterschiedlichen Steigerungsfaktoren für den ersten und weitere Hunde sowie die im Vergleich zu anderen Abgaben unverhältnismäßige Erhöhung der Hundesteuer gegen das Willkürverbot.

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Die Erhöhung der Hundesteuer missachte ebenfalls den Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass die angestrebten Mehreinnahmen in Höhe von 500.000,00 € sich nur erreichen ließen, wenn zusätzlich zu den bislang erfassten 5.258 Hunden weitere 800 Hunde angemeldet würden. Somit würden derzeit zumindest 13 % der in Mainz gehaltenen Hunde nicht besteuert. Die Zahl der im Gebiet der Antragstellerin tatsächlich gehaltenen Hunde müsse allerdings noch deutlich höher sein als von ihr angenommen. Wie das tatsächliche Erhebungsdefizit belege, reiche die bisherige Rechtslage nicht aus, um Steuergerechtigkeit herbeizuführen. Die Änderungssatzung enthalte ebenfalls keine Bestimmungen zur Steigerung der Steuerehrlichkeit oder Verbesserung des Vollzugs. Die Steuererhöhung werde zudem tendenziell eher einen gegenteiligen Effekt bewirken. Der angekündigte Verzicht auf Bußgeldverfahren gegenüber Steuerpflichtigen, die ihren Hund bis zum 1. September 2012 anmeldeten, sei zur Wiederherstellung eines steuergerechten Zustands ebenso ungeeignet wie die angekündigte Bürgerbefragung. Da diese auf vier Jahre angelegt sei, bewirke sie keine effektive Beseitigung des Vollzugsdefizits. Zudem würden ihre Kosten vermutlich die erhofften Hundesteuermehreinnahmen um ein Vielfaches überschreiten.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin vom 1. Februar 2012 für unwirksam zu erklären, soweit darin die Steuer für nicht gefährliche Hunde erhöht worden ist.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

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Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebe, habe im Vorfeld des Beschlusses über die Änderungssatzung durchaus eine den rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Auseinandersetzung und Abwägung stattgefunden. Die Antragstellerin stelle demgegenüber rechtsstaatlich nicht gebotene Anforderungen an den Abwägungsvorgang.

15

Im Hinblick auf die von der Antragstellerin angesprochene soziale Situation von Hundehaltern sei darauf hinzuweisen, dass die §§ 5,6 und 7 HStS mehrere Steuerermäßigungs- und befreiungstatbestände enthielten und nach der Abgabenordnung die Möglichkeiten der Stundung (§ 222 AO), des Zahlungsaufschubs (§ 223 AO) und des Billigkeitserlasses (§ 227 AO) bestünden. Dies sei auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten. Im Übrigen sei die Besteuerung der Hundehaltung regelmäßig auch bei Sozialhilfeempfängern zulässig.

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Bei der Erschließung von Steuerquellen habe der Normgeber zudem eine weitreichende Gestaltungsfreiheit, deren Grenze erst dort verlaufe, wo die Besteuerung eine erdrosselnde Wirkung habe. Diese Grenze werde durch die festgesetzten Steuersätze bei weitem nicht erreicht. Solange ein Steuersatz in seiner absoluten Höhe nicht unverhältnismäßig sein, spiele es auch keine Rolle, um welchen Faktor er im Verhältnis zur Vorgängerregelung erhöht worden sei. Progressive Steuersätze für den zweiten und weitere Hunde seien ebenfalls nicht zu beanstanden und verstießen insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

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Eine Vorschrift könne auch nicht bereits dann als fehlerhaft angesehen werden, wenn eine Minderheit der Adressaten sich normwidrig verhalte. Hierbei handle es sich nicht um einen Mangel der Norm, sondern um eine Frage ihres Vollzugs. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Darüber hinaus werde seit April 2013 eine längerfristig angelegte Hundebestandsaufnahme durch eine Befragung aller 105.000 Mainzer Haushalte durchgeführt. Die diesbezüglichen Vorbereitungen seien abgeschlossen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I.

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Der Normenkontrollantrag ist insbesondere nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 4 Abs. 1 des Landesgesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - statthaft, denn der angegriffene § 4 Abs. 1 HStS ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift und nicht Teil einer Rechtsverordnung, die eine Handlung eines Verfassungsorgans im Sinne des Art. 130 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz ist.

21

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO, da sie im Stadtgebiet der Antragsgegnerin einen nicht gefährlichen Hund hält und somit durch die mit der Änderung von § 4 Abs. 1 HStS erfolgte Erhöhung der Hundesteuer für solche Hunde zumindest in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) verletzt sein kann.

22

Obwohl sie lediglich einen einzelnen Hund hält, ist ihr Antrag auch insoweit zulässig, als er die Erhöhung der Steuer für den zweiten und jeden weiteren nicht gefährlichen Hund umfasst. Diese Regelungen sind nämlich unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - nicht als eigenständig anzusehen, weil nicht anzunehmen ist, die Antragsgegnerin würde die Haltung weiterer Hunde auch dann besteuern, wenn die Haltung eines einzelnen Hundes nicht der Besteuerung unterläge (vergleiche BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 -, NVwZ 2005,695).

II.

23

Der Normenkontrollantrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

24

1. Ermächtigungsgrundlage für die beanstandeten Regelungen des § 4 Abs. 1 HStS ist § 5 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 175, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Februar 2011, GVBl. S. 25), der seinerseits mit Art. 105 Abs. 2a S. 1 des Grundgesetzes - GG - vereinbar und hinreichend bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -, BVerwGE 110, 265 [268]).

25

In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die verfahrensgegenständlichen Regelungen lediglich der Einnahmeerzielung dienen oder die Antragsgegnerin mit ihnen auch Lenkungszwecke verfolgt. Den Kompetenzbereich des Artikels 105 Abs. 2a S. 1 GG würden sie nämlich allenfalls dann überschreiten, wenn sie dem einer Steuer zukommenden Zweck, Einnahmen zu erzielen, geradezu zuwiderliefen, indem sie ersichtlich darauf abzielten, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung" praktisch unmöglich zu machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1994 - 8 N 1.93 -,BVerwGE 96,272 [277 f.]; OVG RP, Urteil vom 14. Juni 2005 - 6 C 10308/05.OVG -, NVwZ 2005, 1456). Hiervon kann angesichts der Höhe der Steuer von jährlich 186,00 € für den ersten und 216,00 € für jeden weiteren (nicht gefährlichen) Hund keine Rede sein (vgl. OVG RP, Urteil vom 21. April 2010 - 6 A 10038/10.OVG -, AS 39,156 [158]).

26

Das belegen auch die von den Vertretern der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Bestandszahlen, deren Richtigkeit die Antragstellerin nicht in Abrede gestellt hat. Danach ist die Zahl der im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gemeldeten Hunde von 5.448 am 30. November 2011 über 5.260 am 30. April 2012 auf aktuell 5.254 gesunken. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit diese Zahlen die Größe des tatsächlichen Hundebestands zutreffend widerspiegeln. Jedenfalls zeigt das Absinken der Zahl der angemeldeten Hunde im Vorfeld der am 1. März 2012 wirksam gewordenen Hundesteuererhöhung um weniger als 4 % und ihre Stabilisierung auf dem erreichten Niveau, dass von einer erdrosselnden Wirkung der Steuererhöhung keine Rede sein kann.

27

2. Die Antragstellerin kann ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen, der Erhöhung der Hundesteuer liege bereits ein unzureichender Abwägungsvorgang zugrunde.

28

a) Dies gilt schon deshalb, weil es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt, bei der richterlichen Kontrolle untergesetzlicher Normen angesichts des normativen Ermessens, das nicht nur dem parlamentarischen Gesetzgeber, sondern auch der von ihm zur Rechtsetzung ermächtigten Exekutive zukommt, grundsätzlich nur auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahrens, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive derer ankommt, die an ihrem Erlass mitgewirkt haben. Soweit der Normgeber zur Regelung einer Frage befugt ist, ist seine Entscheidungsfreiheit nämlich eine Ausprägung des auch mit Rechtsetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Dieses wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zweckes der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Demgemäß beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle darauf, ob diese äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis überschritten sind. Die Rechtsprechung hat zu respektieren, dass der parlamentarische Gesetzgeber im Rahmen der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen oder Satzungen eigene Gestaltungsfreiräume an den untergesetzlichen Normgeber weiterleitet und ihm damit vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen die Bewertungsspielräume eröffnet, die sonst dem parlamentarischen Gesetzgeber selbst zustehen. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung des Abwägungsvorgangs setzt daher bei untergesetzlichen Normen eine besonders ausgestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven voraus, wie sie etwa im Bauplanungsrecht vorgegeben sind. Sind solche - wie hier - nicht vorhanden, kann die Rechtswidrigkeit der Norm mit Mängeln im Abwägungsvorgang nicht begründet werden. Entscheidend ist dann allein, ob das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens den anzulegenden rechtlichen Maßstäben entspricht (vgl. mit weiteren Nachweisen: BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2007 - 6 BN 3.06 -, DÖV 2007, 560).

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b) Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Erhöhung der Hundesteuer, die in erster Linie von der eine Steuererhebung kennzeichnenden Absicht getragen war, höhere Einnahmen zu erzielen (vgl. § 3 Abs. 1 AO), eine von einer breiten öffentlichen Diskussion begleitete politische Gesamtabwägung vorgenommen, wie sie ihr Ziel verwirklichen kann. Dabei hat sie die finanziellen Zwänge, denen sie unterworfen ist, die ihr offenstehenden Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer finanziellen Lage und die Belange Betroffener in den Blick genommen und berücksichtigt. In einer Gesamtschau ist damit auch Abwägungserfordernissen hinreichend Rechnung getragen worden, zu deren Einhaltung die Antragsgegnerin ohnehin - wie dargelegt - nicht verpflichtet war. Das ergibt sich aus Folgendem:

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Im Hinblick auf ihre angespannte finanzielle Situation beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin am 3. November 2010, sich an dem zwischen den Fraktionen ihres Stadtrates kontrovers diskutierten „Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz (KEF-RP)“ (s. http://www.fm.rlp.de/fileadmin/fm/downloads/finanzen/entschuldungsfonds/rahmenvertrag_entschuldungsfonds.pdf) zu beteiligen, um ab dem 1. Januar 2012 innerhalb von 15 Jahren zwei Drittel der kommunalen Liquiditätskredite zu tilgen und die fälligen Zinsen zu begleichen. Angestrebt wurde eine Entschuldung von insgesamt mehr als 575 Millionen Euro. Der jährliche Eigenanteil in Höhe von etwa 12,9 Millionen Euro sollte durch die Senkung von Ausgaben und die Stärkung der Einnahmen erbracht werden (Vorlagen 1959/2010 und 1959/2010/1 sowie Sitzungsniederschrift vom 3. November 2010 - zu Punkt 10 und 10.1 -).

31

Am 14. Dezember 2011 entschied sich der Rat zudem für ein umfangreiches Konsolidierungspaket, mit dem nicht nur der Eigenanteil am Entschuldungsfonds in Höhe von 12,7 Millionen Euro sichergestellt, sondern für das Haushaltsjahr 2012 eine Haushaltsverbesserung um insgesamt 23,4 Millionen Euro erreicht werden sollte. Das 64 Punkte umfassende Programm beinhaltete zahlreiche Maßnahmen zur Einnahmeerhöhung (z. B. die Erhöhung der Hundesteuer um 100 € pro Hund [angestrebte Mehreinnahmen: 500.000 €], der Grundsteuer B auf 440 Punkte sowie die Erhebung einer „Kulturabgabe“) und Ausgabensenkung (z.B. Reduzierung verschiedenster Zuschüsse, u.a. für das Staatstheater, die Neuordnung der Gebühren für das Peter-Cornelius-Konservatorium, Einsparungen im Pflichtleistungsbereich Soziales sowie kostensenkende Personalmaßnahmen). Auch hierbei bestanden divergierende Auffassungen zu einer Reihe von Maßnahmen - unter anderem die Erhöhung der Hundesteuer - (vgl. Vorlagen 2187/2011, 2187/2011/1, 2187/2011/2 und 2187/2011/4), die den Gegenstand einer auch öffentlich geführten politischen Auseinandersetzung bildeten.

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Die vorstehenden Darlegungen zeigen, dass die Antragsgegnerin die Erhöhung der Hundesteuer lediglich als eines von vielen Elementen eines breit gefächerten Maßnahmenkatalogs zur Haushaltskonsolidierung begriffen und sie im Rahmen einer Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten beschlossen hat. Sie ist damit zudem ein Stück weit ihrer Verpflichtung nachgekommen, zur Lösung ihrer finanziellen Probleme ihre Kräfte größtmöglich anzuspannen und dabei insbesondere ihre eigenen Einnahmequellen angemessen auszuschöpfen und Einsparpotentiale bei der Aufgabenwahrnehmung zu verwirklichen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/12 -, LKRZ 2012, 136).

33

Wie des Weiteren die im Normsetzungsverfahren diskutierten verschiedenen Satzungsentwürfe mit z.T. sehr unterschiedlichen Steuerbeträgen (für den ersten Hund zwischen 168,00 € und 216,00 €) darüber hinaus erkennen lassen, hat der Satzungsgeber durchaus auch die mit der Erhöhung verbundene Belastung der Hundehalter in seine Abwägung mit einbezogen (s. Beschlussvorlage 2113/2011, 2113/2011/1). Zudem haben die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, man habe hinsichtlich des im Vergleich zu anderen Abgaben stärkeren Anstiegs der Hundesteuer berücksichtigt, dass es hierbei um die Besteuerung eines über die allgemeine Lebensführung hinausgehenden Aufwands gehe, der auf der freien Willensentscheidung des jeweiligen Hundehalters beruhe. Man sei sich darüber hinaus auch über die Höhe der Hundesteuer in anderen Kommunen im Klaren gewesen. Danach hat die Antragsgegnerin also die Unterschiede zwischen den verschiedenen von ihr erhobenen Abgaben ebenso in ihre Abwägung einbezogen wie auch die Höhe der Hundesteuer in anderen Kommunen.

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3. Die mit dem Normenkontrollantrag angegriffene Erhöhung der Hundesteuer für nicht gefährliche Hunde verstößt darüber hinaus nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das der Gestaltungsfreiheit des Normgebers auch bei der Auferlegung von Steuerlasten Grenzen setzt (BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 –, BVerfGE 115, 97 [114 ff].

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a) Die Erhöhung der Hundesteuer für nicht gefährliche Hunde für den ersten Hund von 120,00 € auf 186,00 € sowie für den zweiten und jeden weiteren von 156,00 € bzw. 192,00 € auf 216,00 € ist im Hinblick auf die dadurch zu erzielenden Mehreinnahmen sowohl geeignet als auch erforderlich.

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Hinsichtlich des Zwecks der Erzielung von Einnahmen bestehen gegen die Geeignetheit und Erforderlichkeit steuerlicher Belastungen unterhalb der Schwelle zu einer - hier nicht vorliegenden (vgl. o. II.1) - "erdrosselnden Wirkung" grundsätzlich keine Bedenken (BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O. [115]. Insoweit genügt es, dass die Antragsgegnerin davon ausgehen konnte, die Steuererhöhung werde zu Mehreinnahmen führen. Diese Erwartung ist auch durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt worden, da sich die Zahl der im Stadtgebiet der Antragsgegnerin angemeldeten Hunde nicht nennenswert verringert hat (vgl. II.1.), während die Hundesteuer erheblich stärker angehoben wurde. Es gibt auch keine substantiierten Anhaltspunkte für die Annahme, die Kosten der begonnenen Hundebestandsaufnahme unter Beteiligung weniger Kräfte eines Vereins seien höher als die durch die Steuererhöhung zu erzielenden Mehreinnahmen.

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In diesem Zusammenhang ist es hingegen nicht ausschlaggebend, ob die in der Beschlussvorlage vom 26. Januar 2012 enthaltene Annahme von Mehreinnahmen in Höhe von 500.000 € - unter der Voraussetzung der Anmeldung von ca. 800 bislang nicht angemeldeten Hunden - in dieser Höhe realistisch ist oder nicht. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin die Zahl der in ihrem Gebiet gehaltenen Hunde zutreffend eingeschätzt hat. Die diesbezüglichen von der Antragstellerin erhobenen Bedenken können somit dahingestellt bleiben. Solche Zweifel wurden im Übrigen auch schon in der Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Beteiligungen vom 24. Januar 2012 sowie in der Beschlussvorlage vom 12. Januar 2012 (zu den Satzungsentwürfen 2 und 3) geäußert (siehe Sitzungsniederschrift, zu Punkt 5.2). Gleichwohl hat sich die Antragsgegnerin als Satzungsgeberin zur Umsetzung ihres Konzepts entschieden und damit Unwägbarkeiten bei der Erreichung der damit verbundenen Erwartungen in Kauf genommen.

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b) Die Erhöhung der Steuer für die Haltung nicht gefährlicher Hunde ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, da sie nicht zu einer unangemessenen Belastung der Hundehalter führt. Das ergibt sich zum einen bereits aus ihrer absoluten Höhe von umgerechnet 15,50 € für den ersten und 18,00 € monatlich für jeden weiteren Hund. Zum anderen ist der finanzielle Aufwand für die Hundehaltung - bei zum Teil beträchtlichen Unterschieden im Einzelfall - erfahrungsgemäß um ein Vielfaches höher als die finanzielle Belastung durch die erhöhte Hundesteuer. Angesichts dieser Belastungen ist bei einer pauschalierenden Betrachtungsweise nicht erkennbar, dass die streitige Hundesteuererhöhung zu einer für den einzelnen Hundehalter nicht mehr tragbaren Belastung führt.

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c) Für die Verhältnismäßigkeit der erhöhten Hundesteuer kommt es auch nicht auf den Faktor an, um den sie erhöht worden ist (BayVGH, Beschluss vom 30. Juli 1998 - 4 N 97.1023 -; VG Karlsruhe, Urteil vom 15. November 2011

40

- 4 K 1090/10 -, jew. juris). Das Gewicht des mit der Steuererhöhung verbundenen Eingriffs wird vielmehr maßgeblich durch die absolute Höhe der Zahlungsverpflichtung bestimmt, nicht hingegen dadurch, ob zuvor eine mehr oder weniger niedrige oder überhaupt keine solche Steuer erhoben wurde.

41

d) Der Senat konnte in diesem Zusammenhang auch davon absehen, die Richtigkeit der Annahme der Antragstellerin, mehr als 30 % der Hundehalter lebten von Sozialhilfe bzw. sonstigen öffentlichen Mitteln, zu hinterfragen.

42

Die Erhebung der Hundesteuer von bedürftigen Personen stellt nämlich generell keinen übermäßigen und somit unverhältnismäßigen Eingriff dar, da es in ihrer freien Entscheidung liegt, die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel nicht vollständig für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs, sondern für eine darüber hinausgehende private Hundehaltung zu verwenden. Der Staat ist nicht verpflichtet, einen solchen über die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gerade durch den Verzicht auf dessen Besteuerung erst zu ermöglichen (OVG NRW, Urteil vom 8. Juni 2010 - 14 A 3020/08 -, KStZ 2011, 49).

43

Die mit der Erhebung der Hundesteuer möglicherweise in Einzelfällen verbundenen unzumutbaren Nachteile werden im Übrigen auch durch die in §§ 5,6 und 7 HStS geregelten Steuerermäßigungs- und befreiungstatbestände sowie die nach der Abgabenordnung bestehenden Möglichkeiten der Stundung (§ 222 AO), des Zahlungsaufschubs (§ 223 AO) und des Billigkeitserlasses (§ 227 AO) vermieden. So ist etwa nach § 5 Abs. 1 Buchst. f) HStS die Steuer auf Antrag auf die Hälfte des beschlossenen Steuersatzes zu ermäßigen, wenn ein Hund von einer Person gehalten wird, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII oder Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhält, wobei die Ermäßigung für einen zweiten oder weitere Hunde nach § 5 Abs. 5 HStS im Ermessen der Antragsgegnerin liegt.

44

e) Da die Erhöhung der Hundesteuer für nicht gefährliche Hunde bereits im Hinblick auf die mit ihr angestrebte Erzielung höherer Einnahmen verhältnismäßig ist, kann dahingestellt bleiben, ob sie ebenfalls durch daneben bestehende Lenkungszwecke gerechtfertigt werden könnte (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O. [271]). Solche Lenkungswecke standen allerdings für die an der Änderung der Hundesteuersatzung beteiligten Entscheidungsträger im Hinblick auf die Erhöhung der Hundesteuer für nicht gefährliche Hunde jedenfalls nicht im Vordergrund.

45

Zwar mag die Erhebung von Hundesteuer für nicht gefährliche Hunde durch die Antragsgegnerin ursprünglich nicht ausschließlich der Einnahmeerzielung gedient, sondern zugleich das legitime Ziel verfolgt haben, die Hundepopulation im Gebiet der Antragsgegnerin zu begrenzen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 -10 B 21/04 -, NVwZ 2005, 598; Birk, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2013, § 3 Rn. 106). Die von der Antragstellerin angegriffene Steuererhöhung hätte solche Lenkungseffekte zwar verstärkt. Hierin lag jedoch nicht das für die Erhöhung der Hundesteuer für nicht gefährliche Hunde ausschlaggebende Motiv. In der maßgeblichen Beschlussvorlage des Amtes für Finanzen, Beteiligungen und Sport vom 26. Januar 2012 (Drs. Nr. 2113/2011/1) wurde vielmehr allein auf die angestrebte Erzielung von Mehreinnahmen abgestellt. Von dem Ziel einer Bestandsverringerung war lediglich in der ersten Beschlussvorlage vom 12. Januar 2012 (Drs. Nr. 2113/2011) im Hinblick auf die neu eingeführte erhöhte Besteuerung gefährlicher Hunde die Rede. Diesen Lenkungszweck verfolgt die Änderungssatzung vom 1. Februar 2012, wie sich unzweifelhaft aus der Zusammenschau ihrer Regelungen ergibt, nach wie vor, auch wenn dies in der Beschlussvorlage vom 26. Januar 2012 keine Erwähnung mehr findet. Eine Lenkungsabsicht in Richtung auf die Begrenzung der Gesamtzahl der im Gebiet der Antragsgegnerin gehaltenen Hunde kommt darüber hinaus auch in dem erhöhten Steuersatz für den jeweils zweiten bzw. weitere Hunde zum Ausdruck (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1990 - 8 B 72.90 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 16). Ansonsten steht jedoch hinsichtlich der Steuererhöhung für nicht gefährliche Hunde das Ziel der Einnahmeerhöhung eindeutig im Vordergrund.

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4. Die von der Antragstellerin angegriffenen Satzungsregelungen verstoßen auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

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Dieser verpflichtet den Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, wobei Differenzierungen der Rechtfertigung durch Sachgründe bedürfen, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sein müssen. Je nach Regelungsgegenstand können sich die Bindungen des Normgebers in einem bloßen Willkürverbot erschöpfen, aber auch bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen, wobei dem Normgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zusteht. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Typisierungen und Pauschalierungen können durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die dadurch entstehende Ungleichbehandlung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierungen steht (BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013 - 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 -, NJW 2013, 847 [851 f.]; BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 10 B 21.04 -, NVwZ 2005, 598).

48

a) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz folgt unter Zugrundelegung dieser Grundsätze nicht aus einem Vergleich der Höhe der von der Antragsgegnerin erhobenen Hundesteuer mit der Höhe dieser Steuer in anderen Kommunen. Sähe man hierin einen im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG relevanten Vergleichsmaßstab, würde die den Gemeinden nach Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 5 Abs. 3 KAG zukommende Regelungskompetenz für die Erhebung der Hundesteuer als örtliche Aufwandsteuer unterlaufen. Daher sind solche Steuervorschriften im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nur an den Verhältnissen des jeweiligen örtlichen Normgebers zu messen und diesbezügliche Regelungen anderer Gemeinden auszublenden (BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 8 NB 5.95 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 24; BayVGH, Beschluss vom 8. Juli 2011 - 4 ZB 10.3133 -, KStZ 2011, 209).

49

b) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet auch keine Staffelung der Hundesteuer entsprechend der Höhe des mit der Hundehaltung im jeweiligen Einzelfall verbundenen Aufwands. Dessen Ermittlung bzw. die Überprüfung entsprechender Angaben der Hundehalter wäre mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden und würde die Steuererhebung erheblich erschweren. Angesichts der im Vergleich zu manch anderen Abgaben niedrigen Höhe der Hundesteuer von umgerechnet 15,50 € bzw. 18,00 € monatlich für jeden nicht gefährlichen Hund ist es daher aufgrund der Typisierungsbefugnis der Antragsgegnerin sachlich gerechtfertigt, von einer Differenzierung der Steuer nach dem im Einzelfall betriebenen Aufwand abzusehen.

50

c) Der erhöhte Steuerbetrag für den zweiten und jeden weiteren Hund ist aufgrund des hierin zum Ausdruck kommenden Lenkungszwecks, den Gesamtbestand der gehaltenen Hunde zu begrenzen, im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz ebenfalls gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1990 - 8 B 72.90 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 16).

51

d) Da die verschiedenen von der Antragstellerin angesprochenen sonstigen Abgaben an andere Tatbestände anknüpfen als die Hundesteuer, gebietet der allgemeine Gleichheitssatz auch keine gleichmäßige Erhöhung sämtlicher Abgaben. Zudem haben die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erläutert, man habe sich zu der im Vergleich zu anderen Abgaben, insbesondere zur Grundsteuer B (einer Realsteuer nach § 3 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO -) proportional stärkeren Erhöhung der Hundesteuer entschlossen, da sie eine Aufwandsteuer sei und es in der freien Entscheidung eines jeden Einzelnen stehe, einen Hund zu halten oder nicht. Dieser Aspekt stellt insbesondere angesichts des verhältnismäßig geringen Gewichts, das dem Eingriff durch die Erhebung der Hundesteuer zukommt, ebenfalls einen hinreichenden sachlichen Grund für die von der Antragstellerin beanstandete Ungleichbehandlung durch die unterschiedliche Erhöhung der verschiedenen Abgaben dar.

52

e) Die Hundesteuererhöhung verstößt schließlich auch nicht deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil ein gewisser Teil der im Gebiet der Antragsgegnerin gehaltenen Hunde nicht angemeldet ist und ihre Halter deshalb bislang nicht zur Hundesteuer herangezogen werden.

53

Zwar gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das die Abgabepflichtigen durch eine Steuervorschrift auch tatsächlich gleich belastet werden. In den Verantwortungsbereich des Normgebers fallen tatsächlich ungleiche Belastungen jedoch nur dann, wenn sie auf strukturell gegenläufigen, auf Ineffektivität angelegten Erhebungsregelungen beruhen, aufgrund derer der Abgabenanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. Tatsächliche Vollzugsmängel allein führen hingegen noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Abgabenorm (BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 [112 ff.]; BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2011 - 6 C 22/10 -, BVerwGE 139, 42 [68 ff.]).

54

Ein solches strukturelles Defizit lässt die Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin nicht erkennen. So sind Hundehalter verpflichtet, ihren Hund binnen 14 Tagen nach dessen Anschaffung bzw. nach ihrem Zuzug anzumelden. Zudem müssen Hunde außerhalb der Wohnung oder des umfriedeten Grundbesitzes eine gültige Hundesteuermarke tragen, die zudem den Beauftragten der Stadtverwaltung auf Verlangen vorzuzeigen ist (§ 10 HStS). Darüber hinaus sind die Steuerpflichtigen zur Auskunftserteilung gegenüber der Stadtverwaltung verpflichtet, und diese kann in Abständen von mindestens einem Jahr Hundebestandsaufnahmen durchführen oder durchführen lassen (§ 11 HStS). Schließlich stellen Verstöße gegen die genannten Verpflichtungen Ordnungswidrigkeiten dar (§ 12 HStS). All diese Regelungen sind keineswegs auf eine Ineffektivität der Steuererhebung angelegt, sondern darauf ausgerichtet, möglichst alle Steuerpflichtigen zur Hundesteuer heranzuziehen.

55

Auch wenn es nach den vorstehenden Ausführungen nicht entscheidend auf tatsächliche Vollzugsmängel ankommt, hat die Antragsgegnerin im Übrigen Maßnahmen ergriffen, um das bestehende Vollzugsdefizit zu beseitigen bzw. zumindest zu reduzieren. Sie hat nämlich eine auf mehrere Jahre angelegte Hundebestandsaufnahme in die Wege geleitet und im Rahmen der diesbezüglichen Presseberichterstattung auf die rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Anmeldepflicht hingewiesen. Diese Maßnahmen sind grundsätzlich geeignet, die Zahl der im Gebiet der Antragsgegnerin gehaltenen, aber nicht angemeldeten Hunde zu reduzieren.

III.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

57

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.

58

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.

59

Beschluss

60

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € (§§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG).

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Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.

(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Steuerliche Nebenleistungen sind

1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c,
2.
Verspätungszuschläge nach § 152,
3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a,
3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3,
4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind,
5.
Säumniszuschläge nach § 240,
6.
Zwangsgelder nach § 329,
7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345,
8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union,
9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und
10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.

(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Halter zweier Hunde und wendet sich gegen die Festsetzung der Hundesteuer für einen Erst- und Zweithund.
Der Kläger wohnt im Gemeindegebiet der Beklagten. Mit Bescheid vom 18.01.2010 setzte die Beklagte auf der Grundlage ihrer am 08.12.2009 beschlossenen und ab 01.01.2010 in Kraft getretenen Änderung der Hundesteuersatzung die Hundesteuer für den ersten Hund in Höhe von 96.00 EUR, für den zweiten Hund 192.00 EUR fest, insgesamt 288.00 EUR. Dagegen legte der Kläger am 02.02.2011 Widerspruch ein, den er mit Schreiben vom 23.02.2010 wie folgt begründete: Die offiziellen Begründungen der am 08.12.2009 vom Gemeinderat beschlossenen Verdoppelung der Hundesteuersätze seien dem Stadtanzeiger Nr. 51 vom 17.12.2009 und der Nr. 5 vom 04.02.2010 zu entnehmen. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf dieser Grundlage beschlossenen Hundesteuersatzung der Beklagten. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 26.05.2008 - 2 S 1025/08 -) sei im Anschluss an das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 28.11.1997 - 8 B 224.97 -, KStZ 1999, 36) anerkannt, dass die Hundesteuer als eine der traditionelle Aufwandssteuern im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG zu qualifizieren sei und als solchenur den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern dürfe. Die Hundesteuer sei eine örtliche Aufwandssteuer. Ihr Sinn und Zweck liege in der steuerrechtlichen „Abschöpfung“ der potentiell finanziell höheren Leistungsfähigkeit der Hundehalter. Da die Hundesteuer keine zweckgebundene Steuer sei, könne die Gemeinde damit in der Regel finanziellen Nutzen für das Gemeinwesen in der Kommune ziehen. Der Hundesteuer komme zwar eine gewisse Lenkungswirkung bei der Hundepopulation einer Gemeinde zu. Naturgemäß werde die Anzahl der angemeldeten Hunde in Kommunen mit sehr hohen Hundesteuersätzen geringer sein. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg habe klargestellt, dass die Hundesteuer nicht dazu geeignet sei, Hundehalter zu regelkonformerem Verhalten anzuhalten. Es sei auch nicht Sinn und Zweck dieser Aufwandssteuer, Verunreinigungen durch die vorhandenen Hunde zu verhindern. Hierfür gebe es geeignetere Mittel, Zuwiderhandlungen im Einzelfall zu sanktionieren. Im Sinne der angeführten Zielrichtung wäre für eine Anpassung der Hundesteuer eine Orientierung an der Steigerung der Lebenshaltungskosten seit der letzten Erhöhung im Jahr 1997, um ca. 20 %, angezeigt gewesen. Diese Steigerung würde sich in etwa auch in den Kosten der Hundehaltung niederschlagen und somit den zusätzlich besteuerbaren Aufwand der Hundebesitzer objektiv belegbar beschreiben und eingrenzen. Die Verdoppelung der Hundesteuersätze widerspreche Sinn und Zweck der Hundesteuer als Aufwandssteuer und sie sei unangemessen und sittenwidrig.
Die mit der Verdoppelung erwünschte Wirkung auf den Gesamthundebestand sei vom Bürgermeister in seiner amtlichen Begründung zur Hundesteuererhöhung im Stadtanzeiger Nr. 51 aus 2009 ausdrücklich und zudem als einziger Grund angeführt. Die dabei angenommene Zahl von 1.700 Hunden in der Gemeinde begegne erheblichen Zweifeln. Mittlerweile stehe fest, dass es lediglich 605 Hundehalter gäbe.
Der Gemeinderatsbeschluss vom 08.12.2009 sei formell fehlerhaft. Zur Vorberatung des Haushaltes 2010 sei in der Gemeinderatssitzung vom 19./20.11.2009 von einem Gemeinderat vorgeschlagen worden, die Hundesteuer zu verdoppeln, ohne hierfür sachliche Gründe zu benennen. Auf der Basis dieser Vorberatungen habe dem Gemeinderat am 08.12.2009 für den Beschluss zur Neufassung der Hundesteuer eine Vorlage der Verwaltung vorgelegen, in welcher erneut lediglich dargelegt worden sei, die Steuersätze verdoppeln zu wollen. In der Gemeinderatsitzung seien den Gemeinderäten die Beweggründe für die Erhöhung vom Bürgermeister lediglich mündlich erläutert worden. Diese seien jedoch an mehreren Stellen mangelbehaftet gewesen. Deshalb habe der Gemeinderat keine ermessensfehlerfreie, an objektiven Gesichtspunkten orientierte Entscheidung treffen können. Lediglich die Fraktion der Freien Wähler habe sich zwischenzeitlich in vergleichbaren Gemeinden über die dortigen Hundesteuersätze informiert. Mittlerweile stehe durch Schriftverkehr des Bürgermeisters mit einer Bürgerin fest, dass die vermeintliche Anzahl von 1.700 „Hunden“ sowohl während der Haushaltsberatungen als auch bei der Abstimmung im Gemeinderat zur Verdoppelung der Hundesteuer überhaupt keine Rolle gespielt habe. Diese Zahl sei erst nach der Abstimmung von einem Gemeinderat in die Diskussion eingebracht worden. Deshalb könne sie nicht nachher als offizielle Begründung für die Verdoppelung im Stadtanzeiger angeführt werden.
Auch die im Stadtanzeiger Nr. 5 aus 2010 in Form eines offenen Briefes des Bürgermeisters vom 04.02.2010 erfolgte Darstellung der Gründe für die Hundesteuererhöhung überzeuge nicht. Die in diesem Brief und der Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU schriftlich dargelegten Beweggründe belegten, dass sich die Gründe für die Verdoppelung der Steuersätze eindeutig außerhalb dem Sinn und Zweck der Hundesteuer als Aufwandssteuer bewegten. Mit der alle Hundebesitzer betreffenden Erhöhung der Hundesteuer habe das konkrete Fehlverhalten einzelner Hundehalter ordnungspolitisch sanktioniert werden sollen. Dies sei rechtswidrig. Im Übrigen seien der Gemeinde durch die Haltung von Hunden keinerlei zusätzliche Kosten entstanden. Infektionsgefahren durch Hundekot bestünden nicht, deshalb seien Impfungen entbehrlich. Es habe auch seitens der Mitarbeiter des Bauhofes keine speziellen Maßnahmen zur Hundekotbeseitigung gegeben.
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 13.04.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, gegen die Hundesteuersatzung der Stadt Philippsburg vom 08.12.2009 bestünden keine Bedenken. Der Umfang der Erhöhung sei verhältnismäßig, zumal seit Januar 1996 - bis auf die Umstellung des DM-Satzes auf EUR im Januar 2002 - die Hundesteuer nicht erhöht worden sei. Der jetzige Steuersatz sei auch im Verhältnis zu vergleichbaren Gemeinden in Baden-Württemberg nicht unangemessen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 17.04.2010 zugestellt.
Am 11.05.2010 hat der Kläger Klage erhoben; er beantragte zuletzt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2010 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 13.04.2010 aufzuheben.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Widerspruchsbegründung.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie ist der Ansicht, die Klage sei unbegründet. Die Hundesteuer stelle nach § 3 Abs. 1 AO eine Steuer dar. Ihre Festsetzung bedürfe weder einer Kalkulation noch seien die Einnahmen hieraus zweckgebunden. Die im Widerspruch angegebene Begründung sei für die Festsetzung der Steuersätze nicht relevant. Anlässlich der nicht öffentlichen Haushaltsvorberatungen für 2010 am 19./20. November 2009 sei aus der Mitte des Gemeinderates vorgeschlagen worden, die Hundesteuer zu erhöhen. Die Verwaltung sei beauftragt worden, eine entsprechende Sitzungsvorlage zu erstellen. Die Änderung der Hundesteuersatzung sei Gegenstand der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 08.12.2009 gewesen. Aufgrund der intensiven Vorberatung der Thematik sei die Satzung an diesem Tag ohne größere Beratung beschlossen worden. Nach der Anzahl der gehaltenen Hunde sei nicht gefragt worden. Diese Zahlen habe die Verwaltung zu diesem Zeitpunkt nicht parat gehabt. Die Anzahl der Hunde sei erst nach dem Satzungsbeschluss von Gegnern der Erhöhung nachgefragt worden, was zu dem Artikel des Bürgermeisters im Stadtanzeiger (51. KW) geführt habe, wo es bedauerlicherweise durch ein Versehen zu der falschen Angabe der 1.700 Hundehalter gekommen sei, was später berichtigt worden sei. Da die Zahl der „Hundehalter“ weder bei den Vorberatungen zum Haushaltsplan 2010 noch bei der Beschlussfassung über die Satzung eine Rolle gespielt habe, sei dieser Fehler nicht relevant. Die einzelnen Gemeinderatsmitglieder hätten ihr Ermessen ausgeübt und das Für und Wider sorgfältig abgewogen. Deshalb sei die Satzung formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
13 
Mit der Hundesteuer könnten auch ordnungspolitische Ziele verfolgt werden. Bisher seien die Hundesteuersätze in ihrer Gemeinde auf dem niedrigsten Niveau angesiedelt gewesen. Eine angemessene Erhöhung wäre in den letzten 10 bis 15 Jahren zweifellos geboten gewesen, sodass dies jetzt mit einer einmaligen Erhöhung nachgeholt worden sei. Der neue Steuersatz sei im Verhältnis zu vergleichbaren Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg nicht als unangemessen anzusehen und habe keine erdrosselnde Wirkung. Das VG Aachen habe einen Hundesteuersatz von 492,00 EUR für den Ersthund nicht beanstandet. Eine mit ihrer Satzung vergleichbare Erhöhung existiere in der Gemeinde Waldbronn. Die weiteren Ausführungen des Klägers zur Kostensteigerungsrate in den letzten 13 Jahren, zur Sittenwidrigkeit und Erforderlichkeit seien sachfremd.
14 
Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer einverstanden. Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Hefte) vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird darauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
16 
Der Hundesteuerbescheid der Beklagten 18.01.2010 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 13.04.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
Rechtsgrundlage der in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Hundesteuer sind die §§ 1 und 2 der Satzung der Beklagten vom 08.12.2009, die ihrerseits auf der Ermächtigungsgrundlage in den §§ 9 Abs. 1-5 KAG BW, 4 GemO BW beruht.
18 
Die vom Gemeinderat der Beklagten am 08.12.2009 beschlossene und am 01.01.2010 in Kraft getretene Hundesteuersatzung ist in formeller Hinsicht in nicht zu beanstandender Weise zustande gekommen. Die maßgeblichen Verfahrensvorschriften (§§ 24, 35, 36, 37 GemO) sind gewahrt, insbesondere der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Nach dieser Vorschrift sind Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern (Abs. 1 Satz 2 1. HS). Es widerspricht Sinn und Zweck des Gebots der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen, wenn in nichtöffentlicher Sitzung, ohne dass die Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 S 2 GemO BW vorliegen, die Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.07.2000 - 14 S 237/99 -, VBlBW 2001, 65 ff.). Aus dem Protokoll über die öffentliche Gemeinderatssitzung am 08.12.2009 geht der Ablauf der Beratung und Abstimmung zu „TOP 8 Erhebung der Hundesteuer ab 01.01.2010; neue Satzung über die Erhebung der Hundesteuer (Hundesteuersatzung)“ hervor. Eine Beratung von TOP 8 hat im Gemeinderat stattgefunden, Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Unabhängig davon, ob eine unzutreffende Information des Gemeinderats seitens des Bürgermeisters über eine Anhebung der Hundesteuer überhaupt dazu führen könnte, dass eine Satzung formell nichtig ist, ergeben sich dafür aus der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung am 08.12.2009 keine Anhaltspunkte. Ausweislich des Protokolls hielt der Bürgermeister den Sachvortrag und wies auf die Lenkungsfunktion der Steuer hin, was nicht auf falsche Informationen schließen lässt. Dazu, dass über die Anzahl der Hundehalter bzw. Hunde im Gemeindegebiet der Beklagten in der öffentlichen Sitzung am 08.12.2009 gesprochen wurde, enthält das Protokoll keinerlei Angaben. Den in diesem Zusammenhang angestellten Vermutungen des Klägers braucht das Gericht schon deshalb nicht nachzugehen. Die Höhe der Hundesteuer wurde in öffentlicher Sitzung vom Gemeinrat diskutiert und die Satzung wurde mehrheitlich beschlossen. Dass in einer den Haushalt vorbereitenden Sitzung des Gemeinderats am 19../20.11.2010 der Vorschlag eingereicht wurde, die Hundesteuer zu verdoppeln, ohne dass dafür sachliche Gründe angeführt wurden, ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
19 
Im Übrigen berührt der weitere Einwand, dem Gemeinderat hätten bei Beschlussfassung über die Höhe der Hundesteuer (§ 5 Abs. 1 und 2 der Satzung) falsche Tatsachen über die Anzahl der Hunde in der Gemeinde und über weitere Kostenfaktoren zugrunde gelegen, auch sonst keine formellen Anforderungen an die Satzung. Darauf, ob dies materiell-rechtlich bedeutsam ist, wird noch eingegangen.
20 
Im Hinblick auf die Argumentation des Klägers, die Begründung der Satzung sei fehlerhaft, ist anzumerken, dass sich die Regelung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts in § 39 LVwVfG über die Begründung auf das Verwaltungsverfahren (§ 9 LVwVfG), konkret den Erlass von Verwaltungsakten, bezieht und nicht auf den einer gemeindlichen Satzung anwendbar ist. Die Behauptung, dass die nach Erlass der Satzung im Stadtanzeiger Nr. 51 aus 2009 veröffentlichte „offizielle“ Begründung der Hundesteuersatzung in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft sei, ist nicht an § 39 LVwVfG zu messen. Hierfür sehen auch die Vorschriften der GemO BW und des KAG keine Spezialregelungen vor.
21 
Die Hundesteuersatzung der Beklagten 01.01.2010 ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, sie steht in Einklang mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 105 Abs. 2 a und Art. 28 Abs. 2 GG. Die Hundesteuer stellt eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG dar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 02.11.2006 - 10 B 4/06 -, m.w.N.) ist geklärt, dass die Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG nur den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern. Das Halten eines Hundes geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen - wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen - zusätzlichen Vermögensaufwand (BVerwG, Beschl. v. 02.11.2006 - 10 B 4/06 -, a.a.O. u. Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, BVerwGE 110, 265 ff.). Aufwandsteuern beziehen sich nicht notwendigerweise auf „Luxusgegenstände“ (BVerwG, Beschl. v. 28.11.1997 - 8 B 224/97 -, u. BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 8 B 72.90 -, ; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010 - 4 K 252/08 -, ; BayVGH, Beschl. v. 25.11.2005 - 4 ZB 05.2737 -, m.w.N.; Kasper, Die Hundesteuer, KStZ 2007, 1 ff.; BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325 ff., 354; Beschl. v. 15.01.2008 - 1 BvL 2/04 -, BVerfGE 120, 1 ff., 29). Die Steuer als Abgabe ist bereits ihrem Begriff nach auf Einnahmeerzielung beschränkt, auch wenn andere Zwecke mit verfolgt werden dürfen (vgl. § 3 Abs. 1 AO; BayVGH, Beschl. v. 25.11.2005 - 4 ZB 05.2737 -, ).
22 
Für die Annahme des Vorliegens einer Aufwandsteuer ist ohne Belang, welchen Zwecken die Einkommens- und Vermögensverwendung im Einzelfall dient und aus welchen Beweggründen sie vorgenommen wird; unerheblich ist auch, ob der Aufwand im Einzelfall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überschreitet (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 8 B 72/90 -, ). Die Hundesteuer knüpft nicht an einen „Luxus“ an, den sich nur kleine Teile der Bevölkerung leisten können. Vielmehr kann auch ein vergleichsweise unerheblicher Aufwand zum Gegenstand der Steuererhebung gemacht werden. Wer einen Hund hält, tätigt Aufwendungen für Futter, Pflege und gegebenenfalls tierärztliche Versorgung des Hundes. Dieser Aufwand geht über dasjenige hinaus, was der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs dient und kann damit Anknüpfungspunkt einer Besteuerung sein (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
23 
Deshalb kann gegen die Hundesteuer nicht eingewendet werden, sie sei als historisch gewachsene sogenannte Luxussteuer überholt, weil zwischenzeitlich durch gewandelte Lebensumstände ein Bedeutungswandel eingetreten sei, der die Hundehaltung zu einer sozialadäquaten Gewohnheit aller Bevölkerungsschichten mache. Der Besteuerung der Hundehaltung steht ferner nicht entgegen, dass sie positive Auswirkungen auf die Lebensqualität des Hundehalters hat. Schon deshalb, weil sich große Teile der Bevölkerung ohne subjektive Einbuße an Lebensqualität gegen eine Hundehaltung entscheiden, gehört diese nicht zum allgemeinen Lebensbedarf. Ferner ist es unerheblich, dass hinter der Hundehaltung die - sozialadäquate und in der Rechtsordnung anerkannte - Liebe zu und die Absicht des Schutzes von Tieren stehen (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
24 
Der Aufwandcharakter ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Hundehaltung in der Rechtsordnung - sei es im Miet-, im Delikts- oder im Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht - Schutz genießt. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem der rechtliche Schutz eines Sachverhaltes in einem Rechtsgebiet in jedem Fall verlangen würde, diesen Sachverhalt in allen anderen Rechtsgebieten von Belastungen frei zu stellen (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
25 
Die Besteuerung der Hundehaltung widerspricht auch nicht dem Tierschutzgedanken von Art. 20 a GG, der auch in § 90 a Satz 1 und 2 BGB Ausdruck findet, da sie dem Hund weder Schmerzen noch Leiden zufügt und es weder unmöglich noch unzumutbar macht, bestehende Beziehungen zwischen Mensch und Tier fortzuführen oder neue zu knüpfen. Es gibt nämlich auch nach dem Vortrag des Klägers keine hinreichend verlässlichen Hinweise darauf, dass die Hundesteuererhebung auf der Grundlage der Satzung der Beklagten erdrosselnde Wirkung hätte und Hundehalter zwingen würde, ihre Tiere abzugeben (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
26 
Des Weiteren steht das Verbot der Gleichartigkeit einer bundesgesetzlich geregelten Steuer der Zulässigkeit der Hundesteuer nicht entgegen. Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle. Art. 105 Abs. 2 a GG lässt die üblichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern unberührt und verlangt für die nicht herkömmlichen örtlichen Steuern, dass der steuerbegründende Tatbestand nicht denselben Belastungsgrund erfasst wie eine Bundessteuer, sich also in Gegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftlicher Auswirkung von der Bundessteuer unterscheidet (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2004/95 -, BVerfGE 98, 106, 125; BVerwG, Urt. v. 22.12.1999 - 11 CN 3/99 -, NVwZ 2000, 934).
27 
Mit der vom Gemeinderat der Beklagten am 08.12.2009 beschlossenen Hundesteuersatzung hat der Satzungsgeber mit der verfolgten Lenkungswirkung durch die Anhebung der Hundesteuer für den Erst- und Zweithund in § 5 Abs. 1 und 2 der Hundesteuersatzung nicht den Bereich seiner Normsetzungskompetenz überschritten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nichtsteuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz. Der Satzungsgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist es unbedenklich, wenn die Beklagte auch den Lenkungszweck einer Eindämmung der Hundehaltung aus Gründen der präventiven Gefahrenabwehr, also ordnungspolitische Ziele verfolgt. Dies ist gerade im dicht besiedelten Gebiet einer Stadt sachgerecht. Auch wenn die Hundehaltung - worauf der Kläger mit Recht hinweist - für viele Menschen positive Auswirkungen hat, gibt es gleichwohl eine nicht unerhebliche Zahl von Einwohnern, die Hunde ablehnen. Die hierfür bestehenden Gründe - seien es Geräuschbelästigungen durch Hunde, hygienische Bedenken wegen Hundekot auf Gehwegen oder in Parkanlagen, die Gefahren für Menschen oder andere Tiere durch den Jagdinstinkt von Hunden oder Hundehaarallergien - weisen auf grundrechtlich geschützte Interessen hin. Zwischen den insoweit bestehenden Interessenlagen ist durch die Beklagte für die örtliche Gemeinschaft ein Ausgleich herzustellen. Sie bewegt sich innerhalb ihres Gestaltungsspielraumes, wenn sie durch Gestaltung ihres Steuerrechts die Zahl der Hunde im Stadtgebiet und damit die Zahl möglicher Nutzungskonflikte und die Beeinträchtigungen für Nicht-Hundehalter klein halten will (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 25.11.2005 - 4 ZB 05.2737 -, m.w.N.).
28 
Die Beklagte durfte mit der Verdoppelung der Hundesteuersätze - auch - den Lenkungszweck verfolgen, die Haltung eines Zweithundes möglicherweise finanziell zu erschweren, um so aus den genannten ordnungspolitischen Gesichtspunkten die Haltung von Hunden einzudämmen. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, mit der Erhöhung der Hundesteuer zum 01.01.2010 sei eine Reduzierung der Hundehaltung bezweckt worden und dabei sei der Gemeinderat von falschen Tatsachen über die Anzahl der Hunde im Stadtgebiet sowie die bei der Gemeinde anfallenden Kosten für die Beseitigung des Hundekots ausgegangen. Denn selbst wenn solche Erwägungen vom Gemeinderat angestellt worden wären und sie auf unzutreffenden Tatsachen beruhten, unterläge die Entscheidung des Gemeinderats über die Abwägung dieser Gesichtspunkte keiner inhaltlichen Prüfung danach, ob die tatsächlichen Grundlagen der beabsichtigten Lenkungszwecke richtig ermittelt wurden. Zur Klarstellung und im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers zur „Ermessensentscheidung“ des Gemeinderats ist anzumerken, dass § 40 LVwVfG und § 114 VwGO auf die Beschlussfassung des Gemeinderats über eine Satzung nicht anwendbar sind und dass das KAG für eine Hundesteuersatzung keine mit einer Planungsentscheidung vergleichbare - nach Abwägungsfehlern vom Gericht überprüfbare - Abwägungsentscheidung vorsieht.
29 
Das im Beitrags- und Gebührenrecht anwendbare Äquivalenzprinzip gilt nicht für die Hundesteuer. Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und besagt, dass eine Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Es fordert ferner, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung in etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden, und berührt sich insoweit mit dem Gleichheitssatz (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -, ESVGH 60, 213 ff.). Dagegen dient die Steuererhebung der Einnahmebeschaffung der öffentlichen Hand zur Erfüllung der ihr allgemein obliegenden Aufgaben. Mit der Hundesteuer werden, wie bereits ausgeführt, nicht ein bestimmter Aufwand oder bestimmte Ausgaben der Gemeinden finanziert. Eine gesetzliche Regelung des Äquivalenzprinzips findet sich in den §§ 11, 14 KAG bei den Benutzungsgebühren und für Beiträge in den §§ 20, 29 KAG. Für örtliche Aufwandsteuern nach § 9 KAG besteht keine solche Regelung und eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Äquivalenzprinzips sowie der Gebühren- bzw. Beitragskalkulation verbietet sich mangels einer Regelungslücke und wegen der Unterschiede zur (Hunde-)Steuer.
30 
Art. 3 Abs. 1 GG ist durch die Erhöhung des Steuersatzes von 48.00 EUR auf 96.00 EUR für einen Ersthund und von 96.00 EUR auf 192.00 EUR für einen Zweithund eines Hundehalters ebenfalls nicht verletzt. Der Satzungsgeber ist an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden, der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen, auch im Steuerrecht. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht. Eine vom Gesetz vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O.). Der Gleichheitssatz verleiht dem Gericht jedoch nicht die Berechtigung zu überprüfen, ob eine steuerliche Regelung für ein Problem die zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung bereithält (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 27.02.1987 - 8 B 106.86 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 28 S. 1).
31 
In Ansehung dieser Grundsätze war der Satzungsgeber unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht verpflichtet, die Haltung eines Erst- und Zweithundes eines Hundehalters gleich hoch zu besteuern, weil dies unterschiedliche Lebenssachverhalte sind. Die Haltung eines Zweithundes darf höher besteuert werden als die eines Ersthundes. Ferner verstößt die Verdoppelung des Steuersatzes für den Erst- und Zweithund nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (kritisch dazu Dr. Franz Otto, KStZ 1974, 210 f.). Solange der Steuersatz als solcher in seiner Höhe nicht zu beanstanden ist, ist seine Erhöhung, gleich um welchen Faktor, nicht unverhältnismäßig. Ob die Verdoppelung der Hundesteuersätze erforderlich und sinnvoll war, entzieht sich der Beurteilung des Gerichts. Außerdem sieht die Hundesteuersatzung der Beklagten in § 6 Steuerbefreiungstatbestände vor, die besonders gelagerten Einzelfällen, wie z. B. der Haltung von Blinden- und Diensthunden, Rechnung tragen. Die gestaffelten Steuersätze in § 5 Abs. 1 und 2 der Hundesteuersatzung sind deshalb nicht willkürlich und nicht unverhältnismäßig (i. Erg. ebenso VG Dresden, Urt. v. 29.06.2010 - 2 K 264/09 -, ).
32 
Der Satzungsgeber war unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG ferner nicht gehalten, eine differenzierende Regelung für den Bestand der Hunde am 01.01.2011 und für Neuanschaffungen zu machen. Der Satzungsgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum, Ungleichbehandlungen zu beheben und zu regeln. Ihm steht es frei, eine bisherige Regelung ab einem bestimmten Stichtag zu ändern oder stufenweise einzuführen. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen Stichtage eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.02.2009 - 1 BvR 1631/04 -, NZS 2009, 621 ff. m.w.N.). Allerdings ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (BVerfG, Beschl. v. 05.02.2009 - 1 BvR 1631/04 -, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 05.07.1080 - 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88 -, BVerfGE 80, 297 ff., 317 stRspr). Anhaltspunkte dafür, dass die Neuregelung der Hundesteuersätze für den Erst- und Zweithund ab 01.01.2010 willkürlich wäre, sind nicht ersichtlich. Dies liegt schon deshalb fern, weil die Hundesteuersätze, abgesehen von der Umstellung auf Euro im Jahr 2002, seit 1997 nicht erhöht wurden, der zu besteuernde Sachverhalt sich aber geändert hat. Daraus, dass die Beklagte über einen längeren Zeitraum hinweg die Hundesteuer nicht erhöht hat, erwächst dem Bürger aber auch kein schutzwürdiges Vertrauen, das eine Steuererhöhung gänzlich oder jedenfalls um das Doppelte verbieten oder zumindest eine Differenzierung nach Altbeständen und Neuanschaffungen gebieten würde. Denn es fehlt ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand (vgl. Wolff/Bachhof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., § 37 Rdz. 17 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 07.02.1974 - III C 115.71 -, BVerwGE 44, 339 ff, 343; Urt. v. 20.01.1977 - V C 18.76 -, BVerwGE 52, 16 ff., 25), der den weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers (§ 9 KAG) in eine dieser Richtungen einschränken könnte.
33 
Die Höhe der Hundesteuer ist begrenzt durch höherrangiges Recht, u.a. dadurch dass sie keine erdrosselnde Wirkung haben darf, was dann anzunehmen ist, wenn die Erhebung der Hundesteuer die Hundehaltung im Regelfall - trotz der Möglichkeit eines Steuererlasses nach den §§ 163, 227 AO - wirtschaftlich unmöglich machen (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 8 B 72.90 -, a.a.O., Rn. 3; VG München, Urt. v. 14.10.2010 - M 10 K 09.2770 -, ) bzw. den Hundehalter zwingen würde, sein Tier abzugeben (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.). Bei einem Hundesteuersatz von 96.00 EUR für den Ersthund und 192.00 EUR für den Zweithund jährlich ist für das Gericht eine erdrosselnde oder konfiskatorische Wirkung der Steuer nicht erkennbar. Dies liegt angesichts der sonstigen mit der Hundehaltung verbundenen Kosten für die tierärztliche Betreuung, Futter und Unterbringung eher fern (vgl. BayVGH v. 25.11.2005, a.a.O., Rn. 7 bei einem Hundesteuersatz von 120.00 EUR). In dieser Annahme sieht sich das Gericht auch dadurch bestätigt, dass es nach Mitteilung des Bürgermeisters seit 01.01.2010 nicht zu Abmeldungen von Hunden kam und in Fällen, in denen ein Hund starb, die Hundebesitzer alsbald wieder einen neuen Hund anmeldeten. Eine Aufwandsteuer in Höhe von 96.--EUR im Jahr für einen Ersthund und das Doppelte für einen Zweithund ist auch im Vergleich mit den allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht unverhältnismäßig. Auch unter dem Aspekt der erdrosselnden Wirkung ist keine zeitlich gestaffelte Anhebung des Hundesteuersatzes erforderlich gewesen.
34 
Die Steuerfestsetzung ist auch sonst rechtmäßig. Sofern der Kläger mehr als zwei Hunde halten sollte, ist die dafür zu entrichtende Hundesteuer nicht Gegenstand dieses Verfahrens, weil die angefochtenen Bescheide von zwei Hunden ausgehen. Insoweit wäre eine Nacherhebung zu prüfen.
35 
Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124 a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 288,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
16 
Der Hundesteuerbescheid der Beklagten 18.01.2010 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 13.04.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
Rechtsgrundlage der in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Hundesteuer sind die §§ 1 und 2 der Satzung der Beklagten vom 08.12.2009, die ihrerseits auf der Ermächtigungsgrundlage in den §§ 9 Abs. 1-5 KAG BW, 4 GemO BW beruht.
18 
Die vom Gemeinderat der Beklagten am 08.12.2009 beschlossene und am 01.01.2010 in Kraft getretene Hundesteuersatzung ist in formeller Hinsicht in nicht zu beanstandender Weise zustande gekommen. Die maßgeblichen Verfahrensvorschriften (§§ 24, 35, 36, 37 GemO) sind gewahrt, insbesondere der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Nach dieser Vorschrift sind Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern (Abs. 1 Satz 2 1. HS). Es widerspricht Sinn und Zweck des Gebots der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen, wenn in nichtöffentlicher Sitzung, ohne dass die Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 S 2 GemO BW vorliegen, die Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.07.2000 - 14 S 237/99 -, VBlBW 2001, 65 ff.). Aus dem Protokoll über die öffentliche Gemeinderatssitzung am 08.12.2009 geht der Ablauf der Beratung und Abstimmung zu „TOP 8 Erhebung der Hundesteuer ab 01.01.2010; neue Satzung über die Erhebung der Hundesteuer (Hundesteuersatzung)“ hervor. Eine Beratung von TOP 8 hat im Gemeinderat stattgefunden, Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Unabhängig davon, ob eine unzutreffende Information des Gemeinderats seitens des Bürgermeisters über eine Anhebung der Hundesteuer überhaupt dazu führen könnte, dass eine Satzung formell nichtig ist, ergeben sich dafür aus der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung am 08.12.2009 keine Anhaltspunkte. Ausweislich des Protokolls hielt der Bürgermeister den Sachvortrag und wies auf die Lenkungsfunktion der Steuer hin, was nicht auf falsche Informationen schließen lässt. Dazu, dass über die Anzahl der Hundehalter bzw. Hunde im Gemeindegebiet der Beklagten in der öffentlichen Sitzung am 08.12.2009 gesprochen wurde, enthält das Protokoll keinerlei Angaben. Den in diesem Zusammenhang angestellten Vermutungen des Klägers braucht das Gericht schon deshalb nicht nachzugehen. Die Höhe der Hundesteuer wurde in öffentlicher Sitzung vom Gemeinrat diskutiert und die Satzung wurde mehrheitlich beschlossen. Dass in einer den Haushalt vorbereitenden Sitzung des Gemeinderats am 19../20.11.2010 der Vorschlag eingereicht wurde, die Hundesteuer zu verdoppeln, ohne dass dafür sachliche Gründe angeführt wurden, ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
19 
Im Übrigen berührt der weitere Einwand, dem Gemeinderat hätten bei Beschlussfassung über die Höhe der Hundesteuer (§ 5 Abs. 1 und 2 der Satzung) falsche Tatsachen über die Anzahl der Hunde in der Gemeinde und über weitere Kostenfaktoren zugrunde gelegen, auch sonst keine formellen Anforderungen an die Satzung. Darauf, ob dies materiell-rechtlich bedeutsam ist, wird noch eingegangen.
20 
Im Hinblick auf die Argumentation des Klägers, die Begründung der Satzung sei fehlerhaft, ist anzumerken, dass sich die Regelung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts in § 39 LVwVfG über die Begründung auf das Verwaltungsverfahren (§ 9 LVwVfG), konkret den Erlass von Verwaltungsakten, bezieht und nicht auf den einer gemeindlichen Satzung anwendbar ist. Die Behauptung, dass die nach Erlass der Satzung im Stadtanzeiger Nr. 51 aus 2009 veröffentlichte „offizielle“ Begründung der Hundesteuersatzung in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft sei, ist nicht an § 39 LVwVfG zu messen. Hierfür sehen auch die Vorschriften der GemO BW und des KAG keine Spezialregelungen vor.
21 
Die Hundesteuersatzung der Beklagten 01.01.2010 ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, sie steht in Einklang mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 105 Abs. 2 a und Art. 28 Abs. 2 GG. Die Hundesteuer stellt eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG dar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 02.11.2006 - 10 B 4/06 -, m.w.N.) ist geklärt, dass die Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG nur den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern. Das Halten eines Hundes geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen - wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen - zusätzlichen Vermögensaufwand (BVerwG, Beschl. v. 02.11.2006 - 10 B 4/06 -, a.a.O. u. Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, BVerwGE 110, 265 ff.). Aufwandsteuern beziehen sich nicht notwendigerweise auf „Luxusgegenstände“ (BVerwG, Beschl. v. 28.11.1997 - 8 B 224/97 -, u. BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 8 B 72.90 -, ; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010 - 4 K 252/08 -, ; BayVGH, Beschl. v. 25.11.2005 - 4 ZB 05.2737 -, m.w.N.; Kasper, Die Hundesteuer, KStZ 2007, 1 ff.; BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325 ff., 354; Beschl. v. 15.01.2008 - 1 BvL 2/04 -, BVerfGE 120, 1 ff., 29). Die Steuer als Abgabe ist bereits ihrem Begriff nach auf Einnahmeerzielung beschränkt, auch wenn andere Zwecke mit verfolgt werden dürfen (vgl. § 3 Abs. 1 AO; BayVGH, Beschl. v. 25.11.2005 - 4 ZB 05.2737 -, ).
22 
Für die Annahme des Vorliegens einer Aufwandsteuer ist ohne Belang, welchen Zwecken die Einkommens- und Vermögensverwendung im Einzelfall dient und aus welchen Beweggründen sie vorgenommen wird; unerheblich ist auch, ob der Aufwand im Einzelfall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überschreitet (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 8 B 72/90 -, ). Die Hundesteuer knüpft nicht an einen „Luxus“ an, den sich nur kleine Teile der Bevölkerung leisten können. Vielmehr kann auch ein vergleichsweise unerheblicher Aufwand zum Gegenstand der Steuererhebung gemacht werden. Wer einen Hund hält, tätigt Aufwendungen für Futter, Pflege und gegebenenfalls tierärztliche Versorgung des Hundes. Dieser Aufwand geht über dasjenige hinaus, was der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs dient und kann damit Anknüpfungspunkt einer Besteuerung sein (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
23 
Deshalb kann gegen die Hundesteuer nicht eingewendet werden, sie sei als historisch gewachsene sogenannte Luxussteuer überholt, weil zwischenzeitlich durch gewandelte Lebensumstände ein Bedeutungswandel eingetreten sei, der die Hundehaltung zu einer sozialadäquaten Gewohnheit aller Bevölkerungsschichten mache. Der Besteuerung der Hundehaltung steht ferner nicht entgegen, dass sie positive Auswirkungen auf die Lebensqualität des Hundehalters hat. Schon deshalb, weil sich große Teile der Bevölkerung ohne subjektive Einbuße an Lebensqualität gegen eine Hundehaltung entscheiden, gehört diese nicht zum allgemeinen Lebensbedarf. Ferner ist es unerheblich, dass hinter der Hundehaltung die - sozialadäquate und in der Rechtsordnung anerkannte - Liebe zu und die Absicht des Schutzes von Tieren stehen (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
24 
Der Aufwandcharakter ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Hundehaltung in der Rechtsordnung - sei es im Miet-, im Delikts- oder im Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht - Schutz genießt. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem der rechtliche Schutz eines Sachverhaltes in einem Rechtsgebiet in jedem Fall verlangen würde, diesen Sachverhalt in allen anderen Rechtsgebieten von Belastungen frei zu stellen (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
25 
Die Besteuerung der Hundehaltung widerspricht auch nicht dem Tierschutzgedanken von Art. 20 a GG, der auch in § 90 a Satz 1 und 2 BGB Ausdruck findet, da sie dem Hund weder Schmerzen noch Leiden zufügt und es weder unmöglich noch unzumutbar macht, bestehende Beziehungen zwischen Mensch und Tier fortzuführen oder neue zu knüpfen. Es gibt nämlich auch nach dem Vortrag des Klägers keine hinreichend verlässlichen Hinweise darauf, dass die Hundesteuererhebung auf der Grundlage der Satzung der Beklagten erdrosselnde Wirkung hätte und Hundehalter zwingen würde, ihre Tiere abzugeben (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.).
26 
Des Weiteren steht das Verbot der Gleichartigkeit einer bundesgesetzlich geregelten Steuer der Zulässigkeit der Hundesteuer nicht entgegen. Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle. Art. 105 Abs. 2 a GG lässt die üblichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern unberührt und verlangt für die nicht herkömmlichen örtlichen Steuern, dass der steuerbegründende Tatbestand nicht denselben Belastungsgrund erfasst wie eine Bundessteuer, sich also in Gegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftlicher Auswirkung von der Bundessteuer unterscheidet (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2004/95 -, BVerfGE 98, 106, 125; BVerwG, Urt. v. 22.12.1999 - 11 CN 3/99 -, NVwZ 2000, 934).
27 
Mit der vom Gemeinderat der Beklagten am 08.12.2009 beschlossenen Hundesteuersatzung hat der Satzungsgeber mit der verfolgten Lenkungswirkung durch die Anhebung der Hundesteuer für den Erst- und Zweithund in § 5 Abs. 1 und 2 der Hundesteuersatzung nicht den Bereich seiner Normsetzungskompetenz überschritten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nichtsteuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz. Der Satzungsgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist es unbedenklich, wenn die Beklagte auch den Lenkungszweck einer Eindämmung der Hundehaltung aus Gründen der präventiven Gefahrenabwehr, also ordnungspolitische Ziele verfolgt. Dies ist gerade im dicht besiedelten Gebiet einer Stadt sachgerecht. Auch wenn die Hundehaltung - worauf der Kläger mit Recht hinweist - für viele Menschen positive Auswirkungen hat, gibt es gleichwohl eine nicht unerhebliche Zahl von Einwohnern, die Hunde ablehnen. Die hierfür bestehenden Gründe - seien es Geräuschbelästigungen durch Hunde, hygienische Bedenken wegen Hundekot auf Gehwegen oder in Parkanlagen, die Gefahren für Menschen oder andere Tiere durch den Jagdinstinkt von Hunden oder Hundehaarallergien - weisen auf grundrechtlich geschützte Interessen hin. Zwischen den insoweit bestehenden Interessenlagen ist durch die Beklagte für die örtliche Gemeinschaft ein Ausgleich herzustellen. Sie bewegt sich innerhalb ihres Gestaltungsspielraumes, wenn sie durch Gestaltung ihres Steuerrechts die Zahl der Hunde im Stadtgebiet und damit die Zahl möglicher Nutzungskonflikte und die Beeinträchtigungen für Nicht-Hundehalter klein halten will (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 25.11.2005 - 4 ZB 05.2737 -, m.w.N.).
28 
Die Beklagte durfte mit der Verdoppelung der Hundesteuersätze - auch - den Lenkungszweck verfolgen, die Haltung eines Zweithundes möglicherweise finanziell zu erschweren, um so aus den genannten ordnungspolitischen Gesichtspunkten die Haltung von Hunden einzudämmen. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, mit der Erhöhung der Hundesteuer zum 01.01.2010 sei eine Reduzierung der Hundehaltung bezweckt worden und dabei sei der Gemeinderat von falschen Tatsachen über die Anzahl der Hunde im Stadtgebiet sowie die bei der Gemeinde anfallenden Kosten für die Beseitigung des Hundekots ausgegangen. Denn selbst wenn solche Erwägungen vom Gemeinderat angestellt worden wären und sie auf unzutreffenden Tatsachen beruhten, unterläge die Entscheidung des Gemeinderats über die Abwägung dieser Gesichtspunkte keiner inhaltlichen Prüfung danach, ob die tatsächlichen Grundlagen der beabsichtigten Lenkungszwecke richtig ermittelt wurden. Zur Klarstellung und im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers zur „Ermessensentscheidung“ des Gemeinderats ist anzumerken, dass § 40 LVwVfG und § 114 VwGO auf die Beschlussfassung des Gemeinderats über eine Satzung nicht anwendbar sind und dass das KAG für eine Hundesteuersatzung keine mit einer Planungsentscheidung vergleichbare - nach Abwägungsfehlern vom Gericht überprüfbare - Abwägungsentscheidung vorsieht.
29 
Das im Beitrags- und Gebührenrecht anwendbare Äquivalenzprinzip gilt nicht für die Hundesteuer. Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und besagt, dass eine Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Es fordert ferner, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung in etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden, und berührt sich insoweit mit dem Gleichheitssatz (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -, ESVGH 60, 213 ff.). Dagegen dient die Steuererhebung der Einnahmebeschaffung der öffentlichen Hand zur Erfüllung der ihr allgemein obliegenden Aufgaben. Mit der Hundesteuer werden, wie bereits ausgeführt, nicht ein bestimmter Aufwand oder bestimmte Ausgaben der Gemeinden finanziert. Eine gesetzliche Regelung des Äquivalenzprinzips findet sich in den §§ 11, 14 KAG bei den Benutzungsgebühren und für Beiträge in den §§ 20, 29 KAG. Für örtliche Aufwandsteuern nach § 9 KAG besteht keine solche Regelung und eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Äquivalenzprinzips sowie der Gebühren- bzw. Beitragskalkulation verbietet sich mangels einer Regelungslücke und wegen der Unterschiede zur (Hunde-)Steuer.
30 
Art. 3 Abs. 1 GG ist durch die Erhöhung des Steuersatzes von 48.00 EUR auf 96.00 EUR für einen Ersthund und von 96.00 EUR auf 192.00 EUR für einen Zweithund eines Hundehalters ebenfalls nicht verletzt. Der Satzungsgeber ist an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden, der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen, auch im Steuerrecht. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht. Eine vom Gesetz vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O.). Der Gleichheitssatz verleiht dem Gericht jedoch nicht die Berechtigung zu überprüfen, ob eine steuerliche Regelung für ein Problem die zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung bereithält (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 27.02.1987 - 8 B 106.86 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 28 S. 1).
31 
In Ansehung dieser Grundsätze war der Satzungsgeber unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht verpflichtet, die Haltung eines Erst- und Zweithundes eines Hundehalters gleich hoch zu besteuern, weil dies unterschiedliche Lebenssachverhalte sind. Die Haltung eines Zweithundes darf höher besteuert werden als die eines Ersthundes. Ferner verstößt die Verdoppelung des Steuersatzes für den Erst- und Zweithund nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (kritisch dazu Dr. Franz Otto, KStZ 1974, 210 f.). Solange der Steuersatz als solcher in seiner Höhe nicht zu beanstanden ist, ist seine Erhöhung, gleich um welchen Faktor, nicht unverhältnismäßig. Ob die Verdoppelung der Hundesteuersätze erforderlich und sinnvoll war, entzieht sich der Beurteilung des Gerichts. Außerdem sieht die Hundesteuersatzung der Beklagten in § 6 Steuerbefreiungstatbestände vor, die besonders gelagerten Einzelfällen, wie z. B. der Haltung von Blinden- und Diensthunden, Rechnung tragen. Die gestaffelten Steuersätze in § 5 Abs. 1 und 2 der Hundesteuersatzung sind deshalb nicht willkürlich und nicht unverhältnismäßig (i. Erg. ebenso VG Dresden, Urt. v. 29.06.2010 - 2 K 264/09 -, ).
32 
Der Satzungsgeber war unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG ferner nicht gehalten, eine differenzierende Regelung für den Bestand der Hunde am 01.01.2011 und für Neuanschaffungen zu machen. Der Satzungsgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum, Ungleichbehandlungen zu beheben und zu regeln. Ihm steht es frei, eine bisherige Regelung ab einem bestimmten Stichtag zu ändern oder stufenweise einzuführen. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen Stichtage eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.02.2009 - 1 BvR 1631/04 -, NZS 2009, 621 ff. m.w.N.). Allerdings ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (BVerfG, Beschl. v. 05.02.2009 - 1 BvR 1631/04 -, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 05.07.1080 - 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88 -, BVerfGE 80, 297 ff., 317 stRspr). Anhaltspunkte dafür, dass die Neuregelung der Hundesteuersätze für den Erst- und Zweithund ab 01.01.2010 willkürlich wäre, sind nicht ersichtlich. Dies liegt schon deshalb fern, weil die Hundesteuersätze, abgesehen von der Umstellung auf Euro im Jahr 2002, seit 1997 nicht erhöht wurden, der zu besteuernde Sachverhalt sich aber geändert hat. Daraus, dass die Beklagte über einen längeren Zeitraum hinweg die Hundesteuer nicht erhöht hat, erwächst dem Bürger aber auch kein schutzwürdiges Vertrauen, das eine Steuererhöhung gänzlich oder jedenfalls um das Doppelte verbieten oder zumindest eine Differenzierung nach Altbeständen und Neuanschaffungen gebieten würde. Denn es fehlt ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand (vgl. Wolff/Bachhof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., § 37 Rdz. 17 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 07.02.1974 - III C 115.71 -, BVerwGE 44, 339 ff, 343; Urt. v. 20.01.1977 - V C 18.76 -, BVerwGE 52, 16 ff., 25), der den weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers (§ 9 KAG) in eine dieser Richtungen einschränken könnte.
33 
Die Höhe der Hundesteuer ist begrenzt durch höherrangiges Recht, u.a. dadurch dass sie keine erdrosselnde Wirkung haben darf, was dann anzunehmen ist, wenn die Erhebung der Hundesteuer die Hundehaltung im Regelfall - trotz der Möglichkeit eines Steuererlasses nach den §§ 163, 227 AO - wirtschaftlich unmöglich machen (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 8 B 72.90 -, a.a.O., Rn. 3; VG München, Urt. v. 14.10.2010 - M 10 K 09.2770 -, ) bzw. den Hundehalter zwingen würde, sein Tier abzugeben (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O.). Bei einem Hundesteuersatz von 96.00 EUR für den Ersthund und 192.00 EUR für den Zweithund jährlich ist für das Gericht eine erdrosselnde oder konfiskatorische Wirkung der Steuer nicht erkennbar. Dies liegt angesichts der sonstigen mit der Hundehaltung verbundenen Kosten für die tierärztliche Betreuung, Futter und Unterbringung eher fern (vgl. BayVGH v. 25.11.2005, a.a.O., Rn. 7 bei einem Hundesteuersatz von 120.00 EUR). In dieser Annahme sieht sich das Gericht auch dadurch bestätigt, dass es nach Mitteilung des Bürgermeisters seit 01.01.2010 nicht zu Abmeldungen von Hunden kam und in Fällen, in denen ein Hund starb, die Hundebesitzer alsbald wieder einen neuen Hund anmeldeten. Eine Aufwandsteuer in Höhe von 96.--EUR im Jahr für einen Ersthund und das Doppelte für einen Zweithund ist auch im Vergleich mit den allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht unverhältnismäßig. Auch unter dem Aspekt der erdrosselnden Wirkung ist keine zeitlich gestaffelte Anhebung des Hundesteuersatzes erforderlich gewesen.
34 
Die Steuerfestsetzung ist auch sonst rechtmäßig. Sofern der Kläger mehr als zwei Hunde halten sollte, ist die dafür zu entrichtende Hundesteuer nicht Gegenstand dieses Verfahrens, weil die angefochtenen Bescheide von zwei Hunden ausgehen. Insoweit wäre eine Nacherhebung zu prüfen.
35 
Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124 a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 288,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, eingenommen hat.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.

(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Steuerliche Nebenleistungen sind

1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c,
2.
Verspätungszuschläge nach § 152,
3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a,
3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3,
4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind,
5.
Säumniszuschläge nach § 240,
6.
Zwangsgelder nach § 329,
7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345,
8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union,
9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und
10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.

(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt ein Filmtheater. Durch Bescheide vom 30. August 2004 zog die Beklagte sie unter Angabe der Leinwandnummern zur Zahlung von Filmabgaben nach dem Filmförderungsgesetz (FFG) in Höhe von insgesamt 15 920,10 € für die Monate Januar bis Juni 2004 heran. Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage gegen diese Bescheide erhoben.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil im Wesentlichen aus folgenden Gründen abgewiesen: Nach § 66 FFG habe, wer entgeltliche Vorführungen von Filmen mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten veranstalte, eine Filmabgabe für jede Spielstelle vom Umsatz aus dem Verkauf von Eintrittskarten zu entrichten, sofern der Umsatz je Spielstelle (Leinwand) im Jahr 75 000 € übersteige. Dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm vorlägen, sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Vorschrift stehe mit dem Grundgesetz in Einklang. Der Bund sei zur Regelung der Filmabgabe gemäß Art. 72 Abs. 2 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuständig. Nach dieser Vorschrift erstrecke sich die konkurrierende Gesetzgebung auf das "Recht der Wirtschaft". Dazu gehöre das Filmförderungsgesetz. Denn nicht die kulturelle, sondern die wirtschaftliche Förderung des Films stehe im Vordergrund. Die bundeseinheitlichen Regelungen des Filmförderungsgesetzes, insbesondere § 66 FFG, seien im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Jedenfalls wäre der Bund zu den Änderungen des Filmförderungsgesetzes durch das Dritte und Vierte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG befugt gewesen. Diese Änderungen enthielten keine Neukonzeption des Filmförderungsgesetzes, sondern knüpften an die wesentlichen Elemente der bisherigen Regelungen an, soweit sie die Erhebung der Abgabe der Filmtheater und der Videowirtschaft bzw. die Beiträge der Fernsehveranstalter beträfen. Die Filmabgabe sei eine Sonderabgabe mit Finanzierungszweck. Ihre Erhebung und Bemessung seien mit den besonderen Anforderungen vereinbar, die sich für solche Sonderabgaben aus der Finanzverfassung des Grundgesetzes ergäben. Die Filmabgabe diene einem Zweck, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehe. Die Filmtheater (§ 66 FFG) bildeten zusammen mit den Programmanbietern der Videowirtschaft einschließlich der Video-on-Demand-Anbieter (§ 66a FFG) sowie den Fernsehveranstaltern (§ 67 FFG) eine homogene Gruppe. Die Homogenität folge aus dem gemeinsamen wirtschaftlichen Interesse an der Vermarktung deutscher Kinofilme und einer unabhängigen, sich auf dem internationalen Markt bewährenden deutschen Filmproduktion. Die Homogenität der Gruppe werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Fernsehveranstalter privaten Rechts keine Filmabgabe zu zahlen hätten, sondern Beiträge zur Förderung des deutschen Films aufgrund vertraglicher Vereinbarungen leisteten. Der Gleichheitssatz gestatte die Sonderbelastung einer Gruppe nur, wenn die Gruppe dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehe als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Dies sei hier der Fall, denn die Gruppe der Filmtheaterbetreiber, der Videoanbieter und der Fernsehveranstalter stehe der Förderung der deutschen Filmwirtschaft näher als die Gemeinschaft der Steuerzahler. Das Aufkommen aus der Filmabgabe werde gruppennützig verwendet. Es werde überwiegend für die Filmproduktion eingesetzt (§§ 22, 32, 41, 47 FFG). Daneben würden im Wesentlichen der Absatz von Filmen und mit Filmen bespielter Bildträger (§§ 53, 53a, 53b FFG), das Abspiel von Filmen in Filmtheatern (§ 56 FFG) sowie Videotheken (§ 56a FFG) gefördert. Soweit das Filmabspiel in Filmtheatern gefördert werde, profitierten die Betreiber von Filmtheatern unmittelbar von der Abgabe.

3

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und mit Zustimmung der Beklagten eingelegte Sprungrevision der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

4

Während des Revisionsverfahrens hat der Bundesgesetzgeber das Sechste Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 31. Juli 2010 (BGBl I S. 1048) erlassen. Durch diese Novellierung sind § 67 FFG - betreffend die Filmabgabe der Fernsehveranstalter und sonstige Zuwendungen - und § 67b FFG - betreffend die Verwendung der Filmabgabe der Fernsehveranstalter - neu gefasst worden. Die Übergangsregelung des § 73 Abs. 7 FFG 2010 bestimmt grundsätzlich die Geltung der §§ 67 und 67b FFG 2010 mit Wirkung vom 1. Januar 2004.

5

Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin geltend: Das angefochtene Urteil verletze revisibles Recht, denn das Filmförderungsgesetz stehe mit dem Grundgesetz nicht in Einklang. Dem Bund fehle es an der Gesetzgebungskompetenz. Zu Unrecht leite er sie aus dem Recht der Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ab. Die im Vergleich zum Deutschen Filmförderfonds (DFFF) aus dem Jahr 2007 ältere Förderung nach dem Filmförderungsgesetz habe den Hauptzweck nicht in der Förderung der Wirtschaft, sondern in der Förderung der Kultur. Selbst wenn die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG vorliegen sollte, sei ihre Inanspruchnahme nach Art. 72 Abs. 2 GG nicht erforderlich. Das Gesetz sei weder zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet noch zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Die zahlreichen Änderungen des Filmförderungsgesetzes in den letzten Jahren kämen einer Neukonzeption des Gesetzes gleich. Die Änderungskompetenz aus Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG sei deshalb überschritten. Die Filmabgabe sei mit den Vorgaben unvereinbar, die das Finanzverfassungsrecht an eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion stelle. Die Abgabepflichtigen bildeten keine homogene Gruppe. Sie seien nicht durch eine gemeinsame, in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgefundene Interessenlage oder andere besondere Gemeinsamkeiten verbunden, die sie von der Allgemeinheit oder anderen Gruppen abgrenzten. Mit der Filmabgabe verbinde der Gesetzgeber den Zweck, die Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage zu steigern. Hieran seien die privatwirtschaftlich ausgerichteten Abgabepflichtigen, also die Kinobetreiber, die Videowirtschaft und die privaten Fernsehveranstalter, nicht interessiert, denn die kulturelle Qualität eines Films sei für dessen Marktgängigkeit unerheblich. Davon abgesehen setze die Homogenität der Gruppe deren Vollständigkeit voraus. An der Vollständigkeit der Gruppe fehle es zum einen, weil die Fernsehveranstalter nach wie vor nicht durch Bescheid zur Filmabgabe herangezogen werden könnten, sondern die beklagte Filmförderungsanstalt auf den Abschluss von Verträgen angewiesen sei, ohne dass sich dem Gesetz ein Kontrahierungszwang für die Fernsehveranstalter entnehmen lasse. Zum anderen gebe es neben den Filmverwertern, die der Gesetzgeber mit der Sonderabgabe belegt habe, weitere Unternehmen, deren Grundlage ebenfalls die Verwertung von Dritten produzierter Filme sei und die deshalb ebenso auf die kontinuierliche Versorgung mit neuen Filmen aus deutscher Produktion angewiesen seien. Dazu gehörten die Filmexporteure, die Filmverleiher, die Filmrechtehändler, die Verwerter der Filmmusikrechte und die Merchandising-Unternehmen. Ferner fehle es an der besonderen Finanzierungsverantwortung der in Anspruch genommenen Gruppe. Sie erfordere einen evidenten Gruppennutzen. Daran fehle es, weil die beklagte Filmförderungsanstalt ganz überwiegend Filme fördere, die für das Publikum uninteressant seien und mit denen sich deshalb im Kino keine Umsätze erzielen ließen. Filme aus deutscher Produktion könnten ohne weiteres durch ausländische Filme ersetzt werden. Weil die beklagte Filmförderungsanstalt die Vergabe von Fördermitteln nicht auf die Produktion wirtschaftlich erfolgreicher Filme ausrichte, werde die Abgabe insoweit auch nicht gruppennützig verwendet. Dasselbe sei bei der Förderung von Filmtheatern der Fall. Diese komme aufgrund der Vergabepraxis der beklagten Filmförderungsanstalt in erster Linie den Kinobetreibern zugute, die aufgrund geringer Umsätze keine Filmabgabe leisten müssten. Dies habe zur Folge, dass die Abgabepflichtigen ihre Wettbewerber finanziell unterstützen müssten. Das FFG verstoße gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitbaren Grundsatz der Abgabengleichheit und Abgabengerechtigkeit. Der Gesetzgeber habe nicht die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Gruppen (Kinobetreiber, Videowirtschaft, private und öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter) ermittelt und hieran anknüpfend deren jeweilige Abgabenpflicht geregelt. Der Gesetzgeber habe ferner unter Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die Filmabgabe gewählt, bei den Kinobetreibern und der Videowirtschaft den Film mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten, bei den Fernsehveranstaltern den Kinofilm. Die Fernsehveranstalter würden zudem dadurch begünstigt, dass sie ihre Abgabe zum Teil durch sogenannte Medialeistungen erbringen könnten, während dies den Kinobetreibern verwehrt sei, obwohl sie vergleichbare Leistungen erbrächten. Im Übrigen leide das Filmförderungsgesetz auch nach Inkrafttreten des Sechsten Änderungsgesetzes unter einem strukturellen Vollzugsdefizit. Fernsehveranstalter, die in der Vergangenheit keine Verträge mit der beklagten Filmförderungsanstalt geschlossen und deshalb keine Leistungen erbracht hätten, könnten jetzt wegen eingetretener Verjährung nicht mehr für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum herangezogen werden. Schließlich handele es sich bei dem FFG 2010 um den Fall einer echten Rückwirkung, die unzulässig und nichtig sei. Sie - die Klägerin - würde dadurch mittelbar betroffen, indem sie der Abgabenpflicht unterworfen bleibe.

6

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. September 2007 die Bescheide der Beklagten vom 30. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. November 2004 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil: § 67 FFG 2010 enthalte nunmehr die Kriterien für die Berechnung der Filmabgabe der Fernsehveranstalter und stelle bei der Veranlagung zur Abgabe die Belastungsgleichheit auch zwischen den Filmtheatern und der Videowirtschaft her. Das Änderungsgesetz wirke rückwirkend. Dies sei aber zulässig, weil die allein in ihren Grundrechten betroffenen Fernsehveranstalter durch die Regelungen nicht verletzt würden. Für die Belastungsgerechtigkeit wichtig sei, dass 25,5 v.H. der Abgaben der Kinos für die Kinoförderung verwendet würden und damit unmittelbar dieser Zahlergruppe zugutekomme. Für die Jahre 2004 bis 2008 habe die Bundesregierung eine Abgabepflicht für die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstalter in Höhe von insgesamt ca. 60 Mio. € als Barleistung plus ca. 30 Mio. € als Medialeistungen ermittelt. Für das Jahr 2009 müssten die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstalter - einschließlich Pay-TV - sowie die als Zahlungspflichtige neu hinzugekommenen Programmvermarkter eine Abgabe in Höhe von etwas weniger als 13 Mio. € als Geldleistung sowie etwas mehr als 6 Mio. € als Medialeistungen erbringen. Tatsächlich hätten die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstalter in den Jahren 2004 bis 2008 jedoch Barleistungen von mehr als 80 Mio. € sowie Medialeistungen im Wert von 35 Mio. € erbracht. Für das Jahr 2009 beliefen sich die Barleistungen der Fernsehveranstalter und Programmvermarkter auf mehr als 16 Mio. €. Hinzu kämen 11,5 Mio. € als Medialeistungen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Filmförderungsgesetz für gegeben. Dies betreffe die Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ebenso wie seine Inanspruchnahme gemäß Art. 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Wirtschaftseinheit. Die Novelle des Filmförderungsgesetzes 2010 trage auch Bedenken wegen der Belastungsgerechtigkeit Rechnung.

Entscheidungsgründe

10

Die Sprungrevision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin ist zulässig, aber unbegründet.

11

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten über die Heranziehung der Klägerin zur Filmabgabe ist auf der Grundlage der nunmehr geltenden Fassung des Filmförderungsgesetzes rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 66 des Filmförderungsgesetzes (FFG) in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 22. Dezember 2003 (Filmförderungsgesetz 2004 - FFG 2004 - BGBl I S. 2771) i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des Filmförderungsgesetzes vom 24. August 2004 (BGBl I S. 2277); die Neuregelungen durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 31. Juli 2010 (Filmförderungsgesetz 2010 - FFG 2010 - BGBl I S. 1048) betreffen nicht die Fassung von § 66 FFG.

12

Wer entgeltliche Vorführungen von Filmen mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten veranstaltet, hat nach § 66 FFG für jede Spielstelle vom Nettoumsatz aus dem Verkauf von Eintrittskarten eine Filmabgabe zu entrichten, wenn dieser je Spielstelle im Jahr 75 000 € übersteigt. Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 66 FFG erfüllt sind.

13

Die Vorschrift ist mit Verfassungsrecht vereinbar. Die Erhebung der Filmabgabe in der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Fassung des Filmförderungsgesetzes (1.) begegnet im Hinblick auf die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (2.) und die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, unter denen der Bund eine Sonderabgabe erheben darf (3.), keinen durchgreifenden Bedenken. Die Abgabenregelung in §§ 66, 66a und 67 Abs. 1 und 2 FFG 2010 wahrt darüber hinaus nunmehr die verfassungsrechtlich geforderte Belastungsgleichheit zwischen den Abgabepflichtigen (4.). Der Gesetzgeber durfte § 67 FFG 2010 rückwirkend für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum in Kraft setzen (5.) Ein strukturelles Vollzugsdefizit ist dadurch nicht entstanden (6.).

14

1. Entscheidungserheblicher Maßstab für die revisionsgerichtliche Beurteilung ist die Rechtslage, die auch die Vorinstanz zu berücksichtigen hätte, wenn sie nunmehr anstelle des Revisionsgerichts entschiede (vgl. z.B. Urteil vom 9. Juni 2010 - BVerwG 6 C 5.09 - NJW 2011, 405 Rn. 23; Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 137 Rn. 95 m.w.N.). Materiellrechtlich kommt es vorliegend auf die Rechtslage an, die zum Zeitpunkt der umstrittenen Veranlagung, mithin im Jahr 2004 bestand. Das Filmförderungsgesetz 2010 hat im Wesentlichen § 67 FFG - betreffend die Filmabgabe der Fernsehveranstalter - und § 67b FFG - betreffend die Verwendung der Filmabgabe der Fernsehveranstalter - neu gefasst. Durch § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 wird die Neufassung des § 67 FFG 2010 rückwirkend zum 1. Januar 2004 in Kraft gesetzt. Auf die Vereinbarkeit dieser Gesetzesfassung mit höherrangigem Recht kommt es daher entscheidungserheblich an. Die im Vorlagebeschluss des Senats vom 25. Februar 2009 (BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9) noch aufgeworfene Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der §§ 66, 66a und 67 Abs. 1 und 2 FFG 2004 stellt sich daher jetzt nicht mehr.

15

2. Der Bund besitzt die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des Filmförderungsgesetzes sowie den hierzu ergangenen Änderungsgesetzen (a)) und konnte sie auch in Anspruch nehmen (b)).

16

a) Das "Recht der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG deckt die gesetzgeberische Befugnis zur Regelung der Filmförderungstätigkeit der Beklagten ebenso wie diejenige zur Erhebung der Filmabgabe (aa)). Das Filmförderungsgesetz 2004 erfüllt ebenso wie das Filmförderungsgesetz 2010 die Anforderungen an das "Recht der Wirtschaft" (bb)). Der Einordnung der Filmförderung nach nationalem Verfassungsrecht als Wirtschaftsförderung steht nicht die Bewertung des Sachverhalts durch die Europäische Kommission als "Beihilfe zur Förderung der Kultur" entgegen (cc)).

17

aa) Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG besteht eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Wirtschaft. Der Begriff "Recht der Wirtschaft" ist in einem weiten Sinn zu verstehen und umfasst nicht nur Vorschriften, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verbreitung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen, sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Normen (vgl. Urteil vom 21. April 2004 - BVerwG 6 C 20.03 - BVerwGE 120, 311 <314> = Buchholz 451.622 EAG Nr. 1 S. 3). Die Einordnung eines Gesetzes in diesen Zuständigkeitsbereich hängt davon ab, welchen Zweck es aufgrund objektiver Auslegung seiner Normen verfolgt (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 17 unter Hinweis auf das Urteil vom 8. Februar 1974 - BVerwG 7 C 40.72 - BVerwGE 45, 1 <2 ff.> = Buchholz 451.551 FFG Nr. 1 S. 2 ff.).

18

Der Kompetenztitel nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG deckt nicht nur die im Filmförderungsgesetz 2004 geregelte Förderungstätigkeit der beklagten Filmförderungsanstalt, sondern auch die dort vorgesehene Erhebung der Filmabgabe. Bei der Filmabgabe handelt es sich weder um eine Steuer noch um eine sogenannte Vorzugslast (Gebühr, Beitrag), sondern um eine sogenannte Sonderabgabe, die der Finanzierung der Förderungstätigkeit der Filmförderungsanstalt dient (Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion). Die Gesetzgebungskompetenz zur Einführung einer derartigen Abgabe folgt als Annexkompetenz aus der jeweiligen Sachzuständigkeit, hier derjenigen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 21 unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1980 - 2 BvF 3/77 - BVerfGE 55, 274 <309>; BVerwG, Urteil vom 21. April 2004 a.a.O. S. 313 f. bzw. S. 2 m.w.N.).

19

bb) Die Anwendung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wird nicht dadurch von vornherein ausgeschlossen, dass Gegenstand der Förderung ein Kulturgut ist. Dies zwingt nicht dazu, die Filmförderung einem im Kompetenzkatalog des Grundgesetzes nicht enthaltenen Tatbestand wie etwa dem "Recht der Kulturwirtschaft" oder dem "Kulturrecht" zuzuweisen und hierfür dann eine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder anzunehmen. Eine Trennung zwischen Kunst- und Kommerzfilm ist nicht möglich. Filme sind Waren, deren Funktion die Vermittlung von Kultur ist. Damit fällt die Filmwirtschaft in den Bereich der Kulturindustrie. Sowohl der Begriff der Filmwirtschaft als auch der Begriff der Kulturindustrie beinhaltet eine Symbiose von Wirtschaft und Kultur und damit die Verquickung wirtschafts- und kulturrechtlicher Rahmenbedingungen (von Have/Harris in ZUM 2009, 470, 476). Das Produkt Film kann danach einer unterschiedlichen Betrachtung unterzogen werden und ist somit auch der unterschiedlichen gesetzgeberischen Befassung zugänglich. Es kann kulturell als reines Produkt der Kunst oder Unterhaltung gesehen werden und insofern von Maßnahmen der für Kulturrecht zuständigen legislativen und administrativen Stellen betroffen sein. Es kann aber auch als Wirtschaftsgut verstanden und daher den Regeln der Erzeugung, Herstellung und Verbreitung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs unterliegen. Dafür besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz, ohne sich im Widerspruch zur kulturellen Eigenschaft von Filmen und den damit verbundenen anderweitigen Zuständigkeiten zu befinden. Für die Kompetenzwahrung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG kommt es dabei nur darauf an, ob der Hauptzweck des Gesetzes "Recht der Wirtschaft" ist. Ohne Bedeutung ist hingegen, ob mit dem Gesetz auch Nebenzwecke verfolgt werden, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes entzogen wären.

20

Die Bestimmungen der Filmförderungsgesetze 2004 und 2010 belegen, dass ihnen primär wirtschaftliche Zielsetzungen zugrunde liegen. Das ergibt sich hinreichend deutlich bereits aus der - weiterhin geltenden - grundlegenden Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 FFG 2004, wonach die beklagte Filmförderungsanstalt die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films als Voraussetzung für seinen Erfolg im Inland und im Ausland fördert. Das Qualitätsmerkmal hat somit nach der Entscheidung des Gesetzgebers eine dienende Bedeutung, und zwar in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg des deutschen Films, auf den es dem Gesetzgeber nach seiner Grundaussage, die Struktur der deutschen Filmwirtschaft fördern zu wollen, in erster Linie ankommt. In diesem Licht sind alle folgenden Einzelvorschriften zu verstehen, vor allem diejenigen, welche die nach § 2 Abs. 3, § 14 ff., § 68a FFG 2004 im Vordergrund stehende Gewährung von Förderungshilfen betreffen. Das gilt insbesondere für die generellen und speziellen Qualitätsanforderungen bei der Filmproduktionsförderung (§ 19 Satz 2, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 FFG 2004). In diesem Sinne ist auch bei der von Preisen und Festivalerfolgen abhängigen Referenzfilmförderung der wirtschaftliche Erfolg dominierend: Zwar führt die Prämierung eines Films dazu, dass die für die Förderung notwendige Mindestzuschauerzahl deutlich reduziert wird (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 3 und 4 FFG 2004). Für die Höhe der Förderung bildet aber in jedem Fall der Zuschauererfolg gemeinsam mit der Prämierung die ausschlaggebende Messgröße (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 6, Abs. 6 FFG 2004); dabei steht die Prämierung insofern in einem Zusammenhang mit dem Zuschauererfolg, als prämierte Filme wegen der Werbewirkung der Prämierung (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 4 FFG 2004) häufig auch bei den Zuschauern erfolgreich sind. Dass die im Rahmen der Mittelverwendung ebenfalls nicht unerhebliche Absatz- und Abspielförderung (§§ 53 ff., 56 ff. FFG 2004) vorwiegend wirtschaftlichen Zwecken dient, liegt ohnehin auf der Hand (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 18).

21

Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Gesetzgeber mit dem Erlass des Filmförderungsgesetzes 2004 die Bedeutung der Qualität des deutschen Films - namentlich seiner "kreativ-künstlerischen" Qualität - für die Filmförderung gegenüber dem früheren Rechtszustand erheblich verstärkt hat; dies lässt darauf schließen, dass es ihm bei der Novellierung des Gesetzes auch um die Erhöhung der Qualität um ihrer selbst willen ging, weil er den Film nicht nur als ein Wirtschafts-, sondern auch als ein Kulturgut ansah (vgl. BTDrucks 15/1506 S. 18: "Kulturwirtschaftsgut"; S. 19: "... auch kulturelle Ziele verfolgt"). Doch tritt die kulturelle Motivation des Gesetzgebers hinter dem im Wege der objektiven Auslegung zu erschließenden Hauptzweck des Gesetzes, der es als ein Wirtschaftsförderungsgesetz kennzeichnet, zurück und ist daher für seine kompetenzielle Einordnung nicht bestimmend (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 19).

22

An der bereits mit dem Filmförderungsgesetz 2004 verfolgten Regelungsabsicht hat der Gesetzgeber auch im Filmförderungsgesetz 2010 festgehalten. Nach der Gesetzesbegründung dient das Filmförderungsgesetz dem kulturwirtschaftlichen Ziel, die Filmwirtschaft in Deutschland strukturell zu stärken, die Qualität des deutschen Kinofilms zu verbessern und dadurch seinen Erfolg im Inland und im Ausland zu steigern (BTDrucks 17/1292 S. 7).

23

Das Filmförderungsgesetz 2010 sieht zwar zusätzlich zu den - bereits im FFG 2004 vorhanden gewesenen - Kriterien bezüglich Herstellereigenschaft, Regisseur und Sprachfassung deutlich strengere Voraussetzungen für eine Förderung von Filmproduktionen vor, die sich in der Einführung sogenannter kultureller Kriterien niederschlagen. Diese müssen erfüllt sein, damit Förderhilfen gewährt werden. § 15 Abs. 1 Nr. 5 FFG verlangt, dass der Film kulturelle, historische oder gesellschaftliche Fragen zum Thema hat, und schafft damit erstmals ausschließlich kulturell motivierte inhaltliche Kriterien als Eingangsvoraussetzung für eine Förderung. Zusätzlich ist - ähnlich dem Deutschen Filmförderfonds (DFFF) - ein kultureller Test mit Hilfe eines Kriterienkatalogs in § 15 Abs. 1 Nr. 6 FFG 2010 eingeführt worden. Demnach müssen zusätzlich zu der Eingangsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 Nr. 5 FFG mindestens drei der dort aufgezählten acht Kriterien erfüllt sein. Damit soll den europarechtlichen Vorgaben aus Art. 87 EGV genügt werden (von Have/Harris in ZUM 2009, 470, 474). Die Einführung der kulturellen Kriterien verschärft die Bedingungen, aber verändert nicht die ökonomische Zwecksetzung des Gesetzes. Sie stellen lediglich einen kulturellen Vortest dar, dessen Bestehen für die Erlangung von Förderungsmitteln Grundvoraussetzung ist, jedoch allein nicht ausreicht (von Have/Harris, ZUM 2009, 470, 477 ff.; im Ergebnis ebenso Pres, DÖV 2009, 155).

24

Eine vorrangig kulturpolitische Absicht des Gesetzgebers lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht daraus herleiten, dass der Gesetzgeber sich zwar nachdrücklich um die Erhaltung der deutschen Filmwirtschaft bemühe, anderen schwachen industriellen Branchen, wie z.B. der Textilindustrie, aber nicht geholfen habe. Ebenso unbehelflich ist ihr Hinweis auf den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 v.H. für Kinobesuche, der ebenfalls nur kulturpolitisch zu erklären sei. Der abgesenkte Umsatzsteuersatz kann ebenso sozialpolitisch gedeutet werden, als Absenkung der Schwelle für finanzschwache Bevölkerungskreise. Welche wirtschaftlichen Branchen der Gesetzgeber durch finanzielle Zuwendungen erhält und welche nicht, unterliegt seiner jeweils autonomen Entscheidung und fügt sich nicht zwingend in allgemeine Deutungsschemata.

25

cc) Die Herleitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus dem Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Europäische Kommission die Filmförderung des Bundes nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG als Beihilfe zur Förderung der Kultur genehmigt hat (Kommissionsbeschluss vom 15. Oktober 2003, Hinweis und Internet-Fundstelle in ABl Nr. C 295 S. 15). Die Bewertung des Filmförderungsgesetzes 2004 unter dem Gesichtspunkt des Verbots von Beihilfen nach Art. 87 Abs. 1 EG steht in einem grundlegend anderen Sach- und Regelungszusammenhang als seine Einordnung in das System der Zuständigkeiten von Bund und Ländern nach Art. 30, 70 ff. GG. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Filmförderung, die primär wirtschaftlichen und daneben kulturellen Zwecken dient, gemeinschaftsrechtlich als Förderung von Kultur von dem generellen Beihilfeverbot ausgenommen wird. Auf die Frage, ob die Europäische Kommission in der Begründung ihrer Genehmigungsentscheidung die nationalen Förderungszwecke in jeder Hinsicht richtig beschrieben hat, kommt es nicht an. Im Übrigen sind die Kompetenztatbestände nach dem Vertrag über die Europäischen Gemeinschaften und dem Grundgesetz nicht aufeinander abgestimmt. Der Kommission kommt keine Befugnis zur verbindlichen Auslegung deutscher Verfassungskompetenzregeln zu. Jeder Kompetenzträger muss vielmehr über die Auslegung seines Rechts selbst entscheiden und indiziert mit seinem Rechtsverständnis nicht die Auslegung der zu einem anderen Rechtskreis gehörenden Norm.

26

b) Der Bund durfte zum Erlass des Vierten und Sechsten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes von seiner Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG Gebrauch machen, denn er durfte ihren Erlass gemäß Art. 72 Abs. 2 GG für erforderlich halten (aa)). Davon abgesehen lägen aber auch die Voraussetzungen der übergangsrechtlichen Änderungskompetenz des Bundes aus Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG vor (bb)).

27

aa) Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund waren beim Erlass des Filmförderungsgesetzes 2004 erfüllt. Diese Voraussetzungen waren zwar zuvor durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994, BGBl I S. 3146, mit Wirkung vom 15. November 1994 verschärft worden. Während nach Art. 72 Abs. 2 GG a.F. die Ausübung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Wesentlichen an ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung geknüpft war, über dessen Vorliegen in erster Linie der Bundesgesetzgeber selbst zu entscheiden hatte (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62 <136> m.w.N.; Beschluss vom 22. April 1953 - 1 BvL 18/52 - BVerfGE 2, 213 <224 f.>), verlangt Art. 72 Abs. 2 GG n.F., dass das Gesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist. Das Filmförderungsgesetz bestand bereits am 15. November 1994 - damals in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Januar 1993, BGBl I S. 66 - und genügte bis zu diesem Zeitpunkt den Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG a.F.

28

Das Filmförderungsgesetz genügt auch in den Fassungen, die es durch das Dritte Änderungsgesetz vom 6. August 1998, BGBl I S. 2046, und das Vierte Änderungsgesetz vom 22. Dezember 2003, BGBl I S. 2771, erhalten hat, diesen verschärften Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG n.F., und zwar unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftseinheit.

29

Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen, unterliegt nicht einer bloßen Vertretbarkeitskontrolle. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG dürfen nicht allein am Gesetzesziel überprüft werden, vielmehr muss die Kompetenz auch nach den tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes, soweit sie erkennbar und vorab abschätzbar sind, beurteilt werden. Hierbei genügt es, wenn mit Hilfe des Gesetzes der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Bei der Beurteilung, ob die Rechtfertigungsgründe nach Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen, steht dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Dieser Entscheidungsraum des Gesetzgebers, der sachbereichsbezogen im Wege einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln ist, kann verfassungsgerichtlich auf seine methodischen Grundlagen und seine Schlüssigkeit hin überprüft werden. Der Bund hat kein Recht zur Gesetzgebung, wenn landesrechtliche Regelungen zum Schutz der in Art. 72 Abs. 2 GG genannten gesamtstaatlichen Rechtsgüter ausreichen; dabei genügt allerdings nicht jede theoretische Handlungsmöglichkeit der Länder, gleich lautende Ländergesetze zu erlassen. Sinn der föderalen Verfassungssystematik ist es, den Ländern eigenständige Kompetenzräume für partikular-differenzierte Regelungen zu eröffnen. Die Gesichtspunkte der Wahrung der Rechts- und der Wirtschaftseinheit können sich überschneiden, weisen aber unterschiedliche Schwerpunkte auf. Während die Wahrung der Rechtseinheit in erster Linie auf die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen zielt, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann, geht es bei der Wahrung der Wirtschaftseinheit im Schwerpunkt darum, Schranken und Hindernisse für den wirtschaftlichen Verkehr im Bundesgebiet zu beseitigen (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04, 2189/04 - BVerfGE 125, 141).

30

Entgegen der Ansicht der Klägerin sind diese Voraussetzungen nicht erst dann erfüllt, wenn ohne eine bundeseinheitliche Regelung die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik Deutschland insgesamt gefährdet wäre. Vielmehr kann der Bundesgesetzgeber auch dann von seiner Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG Gebrauch machen, wenn er eine Regelung nur für einen bestimmten Wirtschaftssektor treffen will, ohne dass dieser Wirtschaftssektor für die Funktionsfähigkeit der Gesamtwirtschaft von Bedeutung sein müsste. Es kommt nur darauf an, dass die Wirtschaftseinheit auf diesem zu regelnden Sektor aus den mit dem Gesetz verfolgten gesamtstaatlichen Interessen bundesgesetzlicher Regelung bedarf.

31

Nach der Begründung des Entwurfs zum Filmförderungsgesetz 2004 waren drei Gründe für die Inanspruchnahme des Kompetenztitels aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG maßgeblich: eine von Standorteffekten unabhängige Filmförderung, kultur- und medienpolitische Gesichtspunkte des Bundes einschließlich des Aspekts der auswärtigen Kulturpolitik sowie die effektive Unterstützung des Filmschaffens in Deutschland und der Verbreitung des deutschen Films im In- und Ausland (BTDrucks 15/1506 S. 19). Daran ändert der Umstand nichts, dass auch die Länder den deutschen Kinofilm mit erheblichen Mitteln fördern (BTDrucks 15/1506 S. 18). Bei einem Wegfall der standortunabhängigen Förderung des Bundes steht ein gleichwertiger Ersatz auf der Länderebene nicht zur Verfügung (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 22 f.). Dass standortunabhängige Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur der deutschen Filmwirtschaft erforderlich sind (aaa)) und Filmförderung allein auf Länderebene nicht in dem erforderlichen Maße realisierbar ist (bbb)), sind Erwägungen, aus denen ausweislich der Gesetzesmaterialien auch der Gesetzgeber des Filmförderungsgesetzes 2010 zur Wahrung der Wirtschaftseinheit eine bundesgesetzliche Regelung für notwendig erachtet hat (BTDrucks 17/1292 S. 7). Diese Zielvorgaben lassen sich nach der insoweit nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers ohne eine bundeseinheitliche Regelung nicht oder nicht hinlänglich verwirklichen.

32

aaa) Für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Funktionsfähigkeit eines umfassenden Produktions- und Auswertungsraums für Kinofilme ist danach eine Filmförderung erforderlich, die von partikularen Standortinteressen unabhängig ist. Sie trägt entscheidend dazu bei, dass Filmproduktionen in allen Teilen Deutschlands durchgeführt werden, ein flächendeckendes Angebot an Abspielstätten erhalten wird und eine effiziente Auswertung durch Fördermaßnahmen von Verleih und Vertrieb im gesamten Bundesgebiet gewährleistet ist (BTDrucks 17/1292 S. 7).

33

Während es wesentliche Aufgabe der Beklagten ist, standortunabhängige Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur der deutschen Filmwirtschaft durchzuführen und damit die gesamtwirtschaftlichen Belange der Filmwirtschaft in Deutschland zu unterstützen, dienen die Förderungen der Länder in erster Linie Standortinteressen. Sie sollen die Attraktivität einzelner Länder als Medienstandort steigern, die dort jeweils ansässige Filmwirtschaft stärken und Arbeitsplätze in der jeweiligen Region sichern. Entsprechend wird die Förderung eines Films an die Erzielung bestimmter Regionaleffekte geknüpft, die in aller Regel auch den konkreten Produktionsstandort determinieren. Zwar zeitigen auch diese Förderungen positive Effekte für die Entwicklung der Filmproduktionslandschaft, allerdings ist nur eine von Regionaleffekten unabhängige Filmförderung auf Bundesebene geeignet, die Wirtschaftseinheit zu wahren und eine Konzentration auf die finanzstarken klassischen Standorte zu vermeiden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der gleiche Effekt durch gleichlautende Landesgesetze erreicht werden könne und daher eine bundesgesetzliche Regelung nicht erforderlich sei. Abgesehen davon, dass eine solche Länderregelung gerade wegen der unterschiedlichen Standortinteressen nicht zu erwarten ist, soll durch die Einschränkung legislatorischer Befugnisse des Bundes durch Art. 72 Abs. 2 GG nicht die Möglichkeit zur Vereinbarung bundeseinheitlichen Landesrechts geschützt werden, sondern der Spielraum des Landesgesetzgebers überhaupt. Die Nutzung dieses Spielraums zeitigt aber gerade nicht die Effekte, die zu einer Wahrung der Wirtschaftseinheit führen (BTDrucks 17/1292 S. 7).

34

bbb) Auch dem Umfang nach wäre eine Filmförderung allein auf Länderebene nicht in dem erforderlichen Maß realisierbar. Die Filmförderung nach dem Filmförderungsgesetz basiert auf einer Sonderabgabe. Die Filmförderungen auf Länderebene sind hingegen durch Steuern oder durch einen Teil der für die Landesmedienanstalten zur Verfügung stehenden Rundfunkgebühren finanziert. Eine erhebliche Erhöhung der Filmförderung durch die Länder auf diesem Weg erscheint nicht realistisch. Ein auf Sonderabgaben gegründetes System, das auch nur zu annähernd gleichen Ergebnissen wie das Filmförderungsgesetz führen würde, ist auf Länderebene hingegen nicht vorstellbar. Insbesondere auf den Auswertungsebenen der Videoprogrammanbieter und Fernsehveranstalter haben in vielen Bundesländern allenfalls einzelne Unternehmen ihren Sitz. Ein Mittelaufkommen in der notwendigen Höhe lässt sich aber durch die Heranziehung weniger Unternehmen nicht erzielen. Zudem wäre so kaum der Gefahr zu begegnen, dass eine Regelung der Abgabe auf Länderebene zu erheblichen Disproportionalitäten und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Abgabepflichtigen in verschiedenen Bundesländern führen, die dem Ziel der Wirtschaftseinheit gerade entgegenwirken würden. Darüber hinaus bürgt allein eine bundesgesetzliche Regelung dafür, dass wichtige Förderbereiche, die einen bundesweiten Charakter haben, angemessen ausgestattet werden. Dazu gehört insbesondere die Absatzförderung im Bereich des Verleihs und der Videowirtschaft. Kinofilme werden in aller Regel bundesweit herausgebracht und bedürfen daher auch einer bundesweiten Verleih- und Absatzförderung (BTDrucks 17/1292 S. 7).

35

bb) Lägen die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht vor, könnte der Bund jedenfalls die übergangsrechtliche Änderungskompetenz aus Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG in Anspruch nehmen. Danach gilt Recht, das aufgrund des Art. 72 Abs. 2 GG in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, als Bundesrecht fort. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass es durch Landesrecht ersetzt werden kann (Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 <29 ff.>) sichert Art. 125a Abs. 2 GG nicht nur den Fortbestand des bisherigen Rechts, sondern ermöglicht dem Bund darüber hinaus auch Änderungen des fortgeltenden Rechts. Die Änderungskompetenz des Bundes ist, sofern die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG n.F. nicht gegeben sind, allerdings eng auszulegen und an die Beibehaltung der wesentlichen Elemente der in dem fortgeltenden Bundesgesetz enthaltenen Regelung geknüpft. Diese darf vom Bundesgesetzgeber lediglich modifiziert werden. Zu einer grundlegenden Neukonzeption sind dagegen nur die Länder befugt, jedoch erst nach einer Freigabe durch Bundesgesetz (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 24).

36

Der Bund hat sich mit dem Erlass des Dritten und des Vierten Änderungsgesetzes zum Filmförderungsgesetz in dem so abgesteckten Rahmen seiner übergangsrechtlichen Änderungskompetenz gehalten. Die damit bewirkten Änderungen des Gesetzes sind zwar im Detail umfangreich, stellen sich aber gleichwohl nur als Modifikationen unter Beibehaltung der Grundkonzeption der Filmförderung dar. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Gesetz in der Fassung des Dritten Änderungsgesetzes die Erhebung der Filmabgabe auf fünf Jahre befristete, sodass sich das Vierte Änderungsgesetz insoweit als ein Verlängerungsgesetz darstellt (§ 75 Abs. 1 FFG 2004). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht zum Erlass eines Verlängerungsgesetzes in anderem Zusammenhang ausgeführt, dass dieser dem Erlass eines neuen Gesetzes mit dem Inhalt des befristeten Gesetzes gleichkomme (BVerfG, Beschluss vom 12. November 1958 - 2 BvL 4/56 u.a. - BVerfGE 8, 274 <290 f., 295>). Diese Sichtweise ist jedoch bei Anwendung der Fortgeltungsregel des Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG nicht sachgerecht, weil es danach allein auf die inhaltliche Kontinuität der bereits vor dem 15. November 1994 bestehenden gesetzlichen Konzeption ankommt. Die Fünfjahresfrist für die Erhebung der Filmabgabe hatte ersichtlich den Zweck, die verfassungsrechtlich in gewissen Abständen gebotene (BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1980 a.a.O. S. 308) Überprüfung des Fortbestands der Voraussetzungen für die Erhebung der Abgabe zu ermöglichen, und trug damit gerade dem Kontinuitätsgedanken in Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung: Die weitere Erhebung der Abgabe lag nahe, wenn die bei ihrer Einführung bestehende Sach- und Rechtslage im Wesentlichen unverändert fortbestand; andernfalls wäre die Geltung der betreffenden Vorschriften nicht verlängert worden (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 25).

37

Unter Zugrundelegung dieser Überlegungen ist davon auszugehen, dass sich auch die durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes bewirkten Änderungen, deren wesentlicher materieller Gehalt in der Neufassung des § 67 FFG 2010 liegt, innerhalb der Änderungskompetenz des Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG halten. In der ausdrücklichen Unterwerfung der Fernsehveranstalter und Programmvermarkter unter die gesetzliche Abgabepflicht, die mit der Einführung eines besonderen Abgabemaßstabs einhergeht, ist keine grundlegende Neukonzeption der Filmförderung zu erblicken. Schon nach bisherigem Recht waren die Fernsehveranstalter und die ihnen gleichgestellten Anbieter im Sinne von § 67 Abs. 2 FFG 2004 neben den Unternehmen der Kino- und Videowirtschaft in die Finanzierungsverantwortung für die Tätigkeit der Filmförderungsanstalt einbezogen. Das ergab sich aus § 67 Abs. 1 und 2 FFG 2004, der auf der gesetzgeberischen Vorstellung beruhte, dass sich die Fernsehveranstalter durch mit der Filmförderungsanstalt vereinbarte Beiträge und sonstige Leistungen angemessen an der Finanzierung der Filmförderung des Bundes beteiligen würden. Die Vorschrift war verfassungskonform im Sinne eines Kontrahierungszwangs auszulegen (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 46). Die somit schon nach dem Filmförderungsgesetz 2004 dem Grunde nach gesetzlich festgeschriebene Finanzierungspflicht der Fernsehveranstalter ist durch § 67 FFG 2010 - unter (bloßer) "Klarstellung", dass keine freiwilligen Leistungen in Rede stehen (BTDrucks 17/1292 S. 8) - nur im Hinblick auf die Höhe dieser Kostenbeteiligung normativ näher ausgestaltet worden. Darin ist umso weniger eine konzeptionelle Zäsur in der Gesetzesentwicklung und umso mehr eine nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG erlaubte Fortschreibung des weiter geltenden Bundesrechts zu sehen, als in § 67 Abs. 5 Satz 2 und 3 FFG 2010 an dem Grundsatz festgehalten wird, dass die konkrete Höhe der Filmabgabe, etwaige darüber hinausgehende Zahlungen sowie die Einzelheiten der Leistungserbringung durch Abkommen mit der Filmförderungsanstalt, also vertraglich, geregelt werden.

38

3. Auch in materieller Hinsicht bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Abgabenregelung in §§ 66, 66a und 67 Abs. 1 und 2 FFG 2010. Die Erhebung der Filmabgabe nach dem Filmförderungsgesetz ist mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Anforderungen an die Erhebung einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion vereinbar.

39

Das Bundesverfassungsgericht unterwirft Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion in ständiger Rechtsprechung (beispielsweise Urteil vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 - BVerfGE 122, 316 <333 ff.> m.w.N.) unter Hinweis auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung, die den Abgabepflichtigen neben der Steuerpflicht aufgebürdeten Zusatzbelastungen und das Budgetrecht des Parlaments strengen Anforderungen, die gewährleisten sollen, dass sie gegenüber den Steuern seltene Ausnahmen bleiben. Danach darf sich der Gesetzgeber der Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht (a)). Mit einer Sonderabgabe darf nur eine homogene Gruppe belegt werden (b)). Diese Gruppe muss in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck stehen (c)). Ihr muss deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden können (d)). Darüber hinaus muss das Abgabenaufkommen gruppennützig verwendet werden (e)). Das erstmals in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - (BVerfGE 108, 186 <218 f.>) zusätzlich aufgestellte Erfordernis einer vollständigen haushaltsrechtlichen Dokumentation findet auf die Filmabgabe für das Jahr 2004 noch keine Anwendung (a.a.O. S. 232; Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 27).

40

a) Der Gesetzgeber verfolgt, wie bereits erwähnt, mit der Erhebung der Filmabgabe über die bloße Mittelbeschaffung hinaus den Sachzweck der wirtschaftlichen Filmförderung (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 25).

41

b) Die nach §§ 66, 66a und 67 Abs. 1 und 2 FFG 2010 an der Finanzierung der Filmförderung Beteiligten - die Kinobetreiber, die Unternehmen der Videowirtschaft und die Fernsehveranstalter (einschließlich der gleichgestellten Anbieter) - bilden eine homogene Gruppe.

42

Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden (BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1980 - 2 BvF 3/77 - BVerfGE 55, 274 <305 f.>; Beschluss vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <390>).

43

aa) Die Kinobetreiber, die Unternehmen der Videowirtschaft und die Fernsehveranstalter sind in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durch annähernd gemeinsame Gegebenheiten und Interessenlagen verbunden, die sie von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar machen.

44

Ihnen gemeinsam ist, dass sie auf der Stufe der Endverbraucher Kinofilme im Inland verwerten. Kinofilme dem Publikum anzubieten und zugänglich zu machen, ist zwar zunächst Geschäftszweck der Kinobetreiber. Insoweit hat sich aber in der gesellschaftlichen Wirklichkeit eine sogenannte Auswertungskaskade herausgebildet, deren erste Stufe die Kinos sind. Neue Filme werden im Allgemeinen zunächst in Filmtheatern aufgeführt, dann von den Unternehmen der Videowirtschaft verwertet und schließlich im Fernsehen ausgestrahlt; dabei sind die einzelnen Verwertungsstufen zu ihrem Schutz durch mehr oder weniger große zeitliche Abstände getrennt (s. § 30 FFG 2004; vgl. dazu BTDrucks 15/1506 S. 19). Die von Dritten produzierten Filme zu verwerten, indem sie dem Publikum als Endverbrauchern zugänglich gemacht werden, bildet mithin bei allen drei Untergruppen eine wichtige Grundlage ihrer Tätigkeit, die sie zu einer Gesamtgruppe zusammenführt. Auch die öffentlich-rechtlichen und die privaten Fernsehveranstalter gehören mithin, wenngleich sie an der letzten Stelle der Verwertungskette stehen und ihre Programme überwiegend selbst gestalten, zu derjenigen real vorhandenen Gruppe, deren Existenz eine zentrale Voraussetzung für die Abgabenerhebung darstellt und die zugleich den Kreis der Abgabepflichtigen bestimmt.

45

bb) Die Homogenität dieser Gruppe wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Videowirtschaft überwiegend auf der Großhandelsstufe zur Abgabe herangezogen wird; nach § 66a Abs. 1 FFG hat nämlich eine Filmabgabe zu entrichten, wer als Inhaber der Lizenzrechte Bildträger, die mit Filmen mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten bespielt sind, in der Bundesrepublik Deutschland zur Vermietung oder zum Weiterverkauf in den Verkehr bringt oder unmittelbar an Letztverbraucher verkauft (Programmanbieter). Ursprünglich wurde die Filmabgabe, soweit sie von der Videowirtschaft zu leisten ist, ebenfalls auf der Endverbraucherstufe erhoben, nämlich insbesondere von den Videotheken oder Einzelhandelsgeschäften, die ausschließlich oder neben einem anderen Sortiment auch mit Bildträgern (Videokassetten, DVD) handeln. Der Versuch einer Abgabenerhebung auf dieser Stufe hat sich aber als nicht praktikabel erwiesen. Er wurde vom Bundesrechnungshof als zu aufwändig kritisiert. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2135) wurde deshalb die Abgabepflicht auf den überschaubaren Kreis der Inhaber der originär deutschen und der ausländischen Lizenzrechte - nämlich deutsche Programmanbieter und Importeure - beschränkt, deren Gesamtzahl damals zwischen 50 und 100 - gegenüber etwa 10 000 Videotheken - vermutet wurde (BTDrucks 12/2021 S. 22). Der Gesetzgeber ist dabei ersichtlich davon ausgegangen, dass die Filmabgabe von den Inhabern der Lizenzrechte (Programmanbieter) über den Preis an die Videotheken und Einzelhändler weitergegeben wird. Bei der Inanspruchnahme der Programmanbieter handelt es sich mithin der Sache nach nur um eine Vereinfachung des Abrechnungs- und Erhebungsvorgangs innerhalb der Videowirtschaft, die aber nichts daran ändert, dass materiell die Videowirtschaft als Verwerter von Filmen auf der Endverbraucherstufe in Anspruch genommen wird.

46

cc) Die gleichgerichtete Tätigkeit der Gruppenmitglieder als Filmverwerter auf der Endverbraucherstufe findet ihren Ausdruck und zudem ihre Bestätigung in einer gemeinsamen Interessenlage, die die Produktion von Filmen betrifft. Um Filme dem Publikum zugänglich zu machen und durch Vorführungen, den Verkauf, die Vermietung oder die Fernsehausstrahlung Einnahmen erzielen bzw. ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen zu können, sind die Gruppenangehörigen auf die kontinuierliche Versorgung mit Neuproduktionen angewiesen. Das daraus notwendig erwachsende Interesse an der Filmproduktion im Allgemeinen schließt ein Interesse ein, das gerade auf die Herstellung von deutschen Filmen gerichtet ist. Das gilt namentlich für die Filmtheater, die am Anfang der Verwertungskaskade stehen. Immerhin bewegte sich der Anteil des deutschen Films am Kinomarkt seit den 1970er Jahren auf einem Niveau von 10 bis 17 v.H. (BTDrucks 15/1506 S. 18). Ungeachtet der nicht unerheblichen Schwankungsbreite dieser Daten ist der Marktanteil der deutschen Filmwirtschaft danach nicht so gering, dass der deutsche Film für die Sicherung des Nachschubs an Filmen als irrelevant anzusehen wäre (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 29 f.).

47

Hiergegen wendet die Klägerin sich vergebens mit dem Hinweis, die Verwertungskaskade sei nicht das Resultat eines die Einzelakteure übergreifenden Konsenses oder gemeinsamen Interesses, weil innerhalb der Verwertungskaskade jeder einzelne Akteur zunächst einmal selbst so viel mit einem neuen Spielfilm verdienen möchte wie nur möglich. Die Beschreibung einer Verwertungskaskade mit egoistischen Gewinninteressen der dort jeweils Handelnden schließt aber die Homogenität der Gruppe nicht aus. Mit ihr ist vereinbar, wenn unter marktwirtschaftlichen Voraussetzungen jedes Mitglied der Gruppe seine je privatnützigen Interessen verfolgt, weil der gleichgerichteten jeweils privatnützigen Tätigkeit der Gruppenmitglieder als Filmverwerter auf der Endverbraucherstufe das Interesse an der Produktion neuer Filme gemeinsam bleibt.

48

dd) An der Homogenität der belasteten Gruppe fehlt es nicht deshalb, weil der Gesetzgeber - wie die Klägerin meint - nicht alle Unternehmen zur Filmabgabe herangezogen habe, die sich in einer vergleichbaren Interessenlage befänden, wie der Gesetzgeber sie für die belastete Gruppe unterstelle.

49

aaa) Zu Unrecht geht die Klägerin davon aus, dass eine mit einer Sonderabgabe belastete Gruppe allein dann als homogen bewertet werden könne, wenn nicht nur ihre sämtlichen Mitglieder sich im Hinblick auf den mit der Abgabe verfolgten Zweck durch eine vorgegebene gemeinsame Interessenlage oder durch sonstige Gelegenheiten von der Allgemeinheit abgrenzen ließen, sondern wenn ihr darüber hinaus sämtliche Teilgruppen zugeordnet würden, die in der betreffenden Interessenlage bzw. den sonstigen Gegebenheiten übereinstimmten. Die Homogenität im sonderabgabenrechtlichen Sinne habe somit die Vollständigkeit bei der Gruppenbildung zur notwendigen Voraussetzung. Damit missversteht die Klägerin die rechtliche Funktion der Homogenitätsanforderung bei der Bestimmung der Pflichtigen einer Sonderabgabe und beruft sich insbesondere zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Erfordernis einer homogenen Gruppe, deren Mitglieder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durch annähernd gemeinsame Gegebenheiten und Interessenlagen verbunden sind, die sie von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar machen, begrenzt den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, indem es ihm aus der Hand genommen wird, eine Gruppe durch normative Gestaltungsmacht selbst zu "erfinden". Er darf lediglich aus einer beschreibbaren Realität eine Gruppe auswählen, d.h. die Merkmale der Homogenität, an die seine Auswahl anknüpft, müssen im gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Bereich vorhanden sein. Andernfalls verfehlt er eine notwendige Voraussetzung der Verpflichtung zur Sonderabgabe.

50

Daraus ergibt sich aber kein Zwang zur Vollständigkeit der Gruppe in dem von der Klägerin gemeinten umfassenden Sinne. Die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers ist somit in positiver Hinsicht an die beschreibbare gesellschaftliche oder wirtschaftliche Realität gebunden, bleibt aber in negativer Hinsicht frei, nämlich beim Verzicht auf die Einbeziehung von Einzelpersonen oder Personenmehrheiten in die Gruppe. In der Lebenswirklichkeit lässt sich eine homogene Gruppe zwar in ihren ausgewählten Grenzen beschreiben und begründen, nicht aber in ihrem abschließenden Verhältnis zu allen denkbaren Weiterungen. Dem Gesetzgeber wäre es unmöglich, eine Gruppe wirklich abschließend festzulegen. Er könnte schon deshalb nie die Voraussetzungen für eine Sonderabgabe schaffen. Soweit es um den Verzicht auf die Einbeziehung in die Gruppe geht, unterliegt er daher nicht den besonderen Anforderungen der Sonderabgabendogmatik, sondern lediglich dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dies bedeutet, dass der Verzicht auf Einbeziehung in eine - ansonsten homogene - Gruppe von Sonderabgabepflichtigen lediglich eines rechtfertigenden Grundes bedarf.

51

Etwas anderes ist nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen. Bei der Entscheidung zur Altenpflegeausbildungsumlage, welche die Klägerin ausdrücklich anführt, hat es im Ergebnis keinen Anstoß daran genommen, dass ein Landesgesetzgeber nicht sämtliche in Betracht kommenden Pflichtigen einbezogen hat (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 - BVerfGE 108, 186 <226>). Es hat dies mit der Überlegung begründet, bei komplexen Sachverhalten könne es vertretbar sein, dem Gesetzgeber zunächst eine gewisse Zeit zur Sammlung von Erfahrungen einzuräumen und sich in diesem Stadium mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen zu begnügen.

52

bbb) Wie ausgeführt, bilden die Betreiber von Filmtheatern, die Videowirtschaft und die Fernsehveranstalter eine in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgefundene Gruppe in der Gestalt der Verwertungskaskade, deren Homogenität mit Blick auf die Einbeziehung in die Gruppe der Pflichtigen nach dem Filmförderungsgesetz dadurch begründet wird, dass es sich um Filmverwerter auf der Endverbraucherstufe im Inland handelt. Hierdurch unterscheiden sie sich von zahlreichen anderen durchaus heterogenen Gruppen, die ebenfalls ein Interesse an der Produktion neuer Filme haben. Die Abgabepflichtigen stehen im Sinne der gleichheitsrechtlichen Anforderungen an die Gruppenhomogenität (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <227>) der zu finanzierenden Aufgabe der wirtschaftlichen Förderung des deutschen Films evident näher als diese anderen Gruppen oder gar als die Allgemeinheit der Steuerzahler.

53

Hiervon ausgehend brauchte der Gesetzgeber in die Gruppe der Abgabepflichtigen nach dem Filmförderungsgesetz nicht die Unternehmen einzubeziehen, die nicht auf der Stufe der Endverbraucher, sondern auf einer vorgelagerten Stufe an der Verwertung von Filmen beteiligt sind. Statt mit der Folge einer mehrfachen Erhebung der Filmabgabe auf unterschiedlichen Verwertungsstufen alle Filmverwerter heranzuziehen, durfte er sich innerhalb der Verwertungskette auf die Stufe der Endverbraucher beschränken. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Gesetzgeber aus diesem Grund ohne Verfassungsverstoß die Filmverleiher, die Filme für die Vorführung in Lichtspieltheatern aufbereiten und von denen die Kinobetreiber ihre Vorführrechte erwerben, ferner die Filmexporteure (Weltvertriebsfirmen), die deutsche Filmproduktionen im nicht deutschsprachigen Ausland vertreiben, und schließlich die Filmrechtehändler, die als Inhaber von Verwertungsrechten Filme Fernsehveranstaltern zum Abspielen im Fernsehen überlassen, von der Abgabepflicht ausgenommen.

54

Außerhalb der Verwertungskette für den Film selbst stehen die von der Klägerin ferner erwähnten Verwerter der Rechte an der Filmmusik und die Merchandising-Unternehmen. Sie bilden in der gesellschaftlichen Wirklichkeit eigenständige Geschäftszweige und haben einen allenfalls losen Bezug zur Verwertung von Filmen durch deren Aufführung für den filminteressierten Endkunden. Trotz ihres auch vorhandenen Interesses an der Produktion neuer Filme hat der Gesetzgeber sie aus sachgerechten Gründen nicht in die Gruppe der Abgabepflichtigen einbezogen.

55

c) Die Unternehmen der Kino- und Videowirtschaft sowie die Fernsehveranstalter weisen zu der mit der Filmabgabe finanzierten Aufgabe eine besondere Sachnähe auf. In Anbetracht der beschriebenen gemeinsamen Interessen stehen sie der zu finanzierenden Aufgabe, nämlich der Förderung der deutschen Filmwirtschaft und der Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit bei der Herstellung von Filmen, evident näher als jede andere Gruppe und die Gesamtheit der Steuerpflichtigen (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 31).

56

d) Der Gesetzgeber hat der Gruppe der Filmverwerter aus hinreichend tragfähigen Gründen die Finanzierungsverantwortung für die Tätigkeit der Filmförderungsanstalt zugewiesen. Bei der Filmabgabe handelt es sich nicht um eine Sonderabgabe, die bei der Zurechnung von Sonderlasten der Abgabepflichtigen an den Verursachungsgedanken anknüpft und ihre Rechtfertigung in einer Verantwortlichkeit für die Folgen gruppenspezifischer Zustände oder Verhaltensweisen findet. Mit der Tätigkeit der Filmförderungsanstalt und der Erhebung der Filmabgabe bezweckt der Gesetzgeber u.a. "die Verbesserung der ökonomischen Leistungsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft" (BTDrucks 15/1506 S. 18). Eine zurechenbare Verantwortlichkeit der Kino- und Videowirtschaft sowie der Fernsehveranstalter für die Leistungsfähigkeit sowie den Fortbestand der deutschen Filmwirtschaft ist nicht ersichtlich. Vielmehr geht es um eine zwangsweise durchgeführte Fördermaßnahme, zu deren Finanzierung die Gruppe der Abgabepflichtigen aus Gründen eines Nutzens herangezogen wird, den der Gesetzgeber dieser Gruppe zugedacht hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 - BVerfGE 122, 316 <336 f.>).

57

Lässt sich - wie hier - eine Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen praktisch ausschließlich mit Blick auf Zweck und Wirkung staatlicher Förderungsmaßnahmen zugunsten der belasteten Gruppe begründen, so bedarf es zur Rechtfertigung der Abgabe der Feststellung eines "evidenten" Gruppennutzens (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 a.a.O. 316 <337 f.>). Der erforderliche greifbare Gruppennutzen kann sich vor allem dann ergeben, wenn es bei den staatlichen Fördermaßnahmen um das plausibel begründete Erfordernis geht, erheblichen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken oder spezielle Nachteile auszugleichen, die die Gruppenangehörigen besonders betreffen und die von diesen selbst voraussichtlich nicht oder jedenfalls nicht mit gleicher Erfolgsaussicht kompensiert werden können (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 a.a.O. 316 <338>). Nach diesen Grundsätzen ist die Finanzierungsverantwortung hier zu bejahen.

58

Dem Filmförderungsgesetz 2004 liegt - ebenso wie den früheren Fassungen des Gesetzes - eine Analyse der ökonomischen Lage der deutschen Filmwirtschaft durch die Bundesregierung zugrunde. In dem Entwurf der Bundesregierung zum Vierten Änderungsgesetz zum Filmförderungsgesetz (BTDrucks 15/1506 S. 18 f.) heißt es, dass sich der deutsche Film (weiterhin) in einer schwierigen Lage befinde. Er verfüge nur über eine schwache Eigenkapitaldecke, die seine Kreditfähigkeit beeinträchtige; zudem seien die aufzubringenden Produktions- und Vermarktungskosten erheblich gestiegen. Der Kinomarkt werde durch den US-amerikanischen Film (Hollywood) dominiert. Ohne die staatliche Förderung würden deutsche sowie europäische Produktionen im Allgemeinen sowohl national als auch weltweit allenfalls noch eine marginale Rolle spielen. In den Gesprächen mit den Verbänden der Filmwirtschaft, den Vertretern der Bundesländer und den Filmförderungen der Länder im "Bündnis für den Film" sei allseits die Notwendigkeit betont worden, die von Standorteffekten unabhängige Filmförderung durch die Filmförderungsanstalt fortzusetzen und nach Möglichkeit auszubauen. Die Klägerin zieht die Richtigkeit dieser Ausführungen der Bundesregierung nicht in Zweifel; im Gegenteil fasst auch sie ausdrücklich die Möglichkeit eines Zusammenbruchs der deutschen Filmproduktion ins Auge. Hiernach ist anzunehmen, dass die staatliche Filmförderung in Deutschland einschließlich der Förderungstätigkeit der Filmförderungsanstalt für die deutsche Filmwirtschaft existenznotwendig ist. Ferner gibt es bislang keine Anzeichen für das Zustandekommen einer die Tätigkeit der Filmförderungsanstalt ersetzenden Eigeninitiative aller Filmverwerter mit gleicher Wirksamkeit.

59

Unter diesen Umständen kommt die Tätigkeit der Filmförderungsanstalt nicht nur dem deutschen Film zugute, sondern wirkt sich zugleich auch - zwar mittelbar, aber dennoch greifbar und infolgedessen die Erhebung der Filmabgabe rechtfertigend - zugunsten der Unternehmen der Kino- und der Videowirtschaft und der Fernsehveranstalter aus, weil diese durch einen Zusammenbruch der deutschen Filmproduktion in besonderer Weise nachteilig betroffen wären. Denn der Erfolg der Unternehmen und Anstalten bei den Zuschauern und damit auch ihre wirtschaftlichen Ergebnisse hängen entscheidend von der Vielfalt und der Reichhaltigkeit ihres Spielfilmangebots ab, zu dem der deutsche Film, wie erwähnt, mit einem beachtlichen Anteil beiträgt. Es kann nicht angenommen werden, dass ein Wegfall des deutschen Films durch ausländische, insbesondere US-amerikanische Filme vollständig ausgeglichen würde. Sein beachtlicher und in jüngerer Zeit der Tendenz nach steigender Umsatzanteil spricht vielmehr dafür, dass beim inländischen Publikum eine spezielle Nachfrage nach mit den Mitteln des Films erzählten Geschichten besteht, die Themen der deutschen Gesellschaft und Historie aufgreifen und bearbeiten. In diesem Spektrum sind ausländische Filme, die eine andere soziokulturelle Realität widerspiegeln, kein gleichwertiger Ersatz (vgl. BTDrucks 15/1506 S. 18). Diese Aussage ist nicht etwa nur normativ-kultureller Natur, sondern beansprucht auch im Rahmen tatsächlicher wirtschaftlicher Geschehensabläufe Plausibilität. Da deutsche Filme zumindest bei einem Teil des deutschen Publikums auf ein besonderes Interesse stoßen, müsste in Anbetracht der Vielfalt anderer Optionen der Freizeitgestaltung mit einem Rückgang der Nachfrage nach filmischen Erzeugnissen beim Publikum gerechnet werden, wenn deutsche Filme nicht mehr im Angebot wären. Die beschriebenen Zusammenhänge gelten für alle hier in Rede stehenden Verwertergruppen gleichermaßen, die insgesamt die homogene Gruppe der Abgabepflichtigen bilden.

60

Deshalb greift das Argument der Klägerin zu kurz, dass es eine hinreichende Zahl ausländischer Filme gebe, die an Stelle deutscher Filme in den Kinos gezeigt werden könnten, wenn die Produktion deutscher Filme zurückgehe oder gar ausbleibe. Mit diesen Filmen könnte jener Teil des Publikums nicht erreicht werden, der Wert gerade auf Filme legt, die Themen der deutschen Gesellschaft und Historie aufgreifen und bearbeiten. Die Kinobetreiber hätten deshalb mit einem Rückgang der Besucherzahlen zu rechnen, wenn sie die Erwartung jenes nicht unbeträchtlichen Teils des Publikums nicht mehr mit deutschen Filmen bedienen könnten. Dass dieser Zusammenhang nicht fernliegt, wird im Übrigen schon dadurch belegt, dass die Kinobetreiber tatsächlich deutsche Filme vorführen, obwohl sie nach den Angaben der Klägerin auch andere Filme zur Verfügung hätten.

61

Die Annahme eines Gruppennutzens für die Abgabepflichtigen wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Filmförderungsanstalt viele - auch qualitativ wertvolle - Filme fördert, die beim deutschen Publikum keinen oder nur einen geringen Anklang finden. Der Erfolg eines Films lässt sich praktisch kaum vorhersagen; daher ist eine gewisse Breite der Förderung nötig, um einzelne besonders erfolgreiche Filme zu fördern. Dabei kann auch kein alleiniges Kriterium sein, ob ein Film dem durchschnittlichen Kinobesucher voraussichtlich gefällt, den die Klägerin als ausschließlich an leichter Unterhaltung interessierten 16- bis 25-Jährigen beschreibt. Damit würden durchaus gewichtige Teile des Publikums ausgeblendet, deren Interesse am Kino und dessen Bedienung mit Filmen zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens Kino mitbeiträgt. Gegen die gewisse Breite in der Förderung lässt sich auch nicht einwenden, Erfolg beim Publikum sei in erster Linie von Filmen zu erwarten, die an einen bereits erfolgreichen Film anschlössen (Sequels). Die Meinung der Klägerin, gruppennützig könne nur oder jedenfalls vorzugsweise die Förderung solcher Filme sein, übersieht, dass zunächst ein (möglicherweise gerade von der beklagten Filmförderungsanstalt geförderter) Film erfolgreich sein muss, damit Fortsetzungen sich an diesen Erfolg anhängen können. Rechtlich unerheblich ist in diesem Zusammenhang der allgemeine Vorwurf der Klägerin, es gebe geeignetere Methoden, den wirtschaftlichen Erfolg eines Films zu prognostizieren, als die beklagte Filmförderungsanstalt sie bei ihren Entscheidungen über die Vergabe von Fördermitteln einsetze. Das Filmförderungsgesetz macht insoweit keine Vorgaben. Ob die beklagte Filmförderungsanstalt im Einzelfall eine sachgerechte Entscheidung über die Förderung eines bestimmten Films getroffen hat, darüber mag mit guten Gründen gestritten werden können. Für die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes ist dies unerheblich.

62

Dass die Filmförderungsanstalt ihre Förderungsleistungen (auch) nach dem Kriterium der Qualität vergibt, steht gleichfalls nicht im Widerspruch zur Annahme eines Gruppennutzens; denn nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers (§ 1 Abs. 1 FFG 2004) ist die Qualität eines Films - zumindest tendenziell - geeignet, die Chance seines Erfolgs bei den Zuschauern zu erhöhen (vgl. dazu auch Urteil vom 8. Februar 1974 - BVerwG 7 C 40.72 - BVerwGE 45, 1 <7> = Buchholz 451.551 FFG Nr. 1 S. 6; Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 32 ff.). Daher ist entgegen der Auffassung der Klägerin der Gruppennutzen nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Mitglieder der Vergabekommission, die nach § 7 FFG über die Förderhilfen im Rahmen der Projektfilmförderung entscheidet, nicht ausschließlich von den abgabepflichtigen Gruppen benannt würden. Dass der Vergabekommission auch Mitglieder angehören, die dem kreativ-künstlerischen Bereich zugehören (§ 8 Satz 1 Nr. 2 FFG) oder vom Verband der Drehbuchautoren benannt werden (§ 8 Satz 1 Nr. 7 FFG), belegt nicht, dass die Vergabekommission schon nach ihrer Zusammensetzung die Fördermittel nicht gruppennützig im Sinne der Abgabepflichtigen vergibt, sich also insbesondere nicht am voraussichtlichen wirtschaftlichen Erfolg der Filme orientiert. Die Klägerin schafft (auch) hier einen künstlichen Gegensatz zwischen künstlerischer Qualität und wirtschaftlichem Erfolg. Dass dem künstlerisch-kreativen Bereich angehörende Mitglieder der Vergabekommission, wie etwa Drehbuchautoren, von vornherein keinen Wert auf den Erfolg von Filmen beim Publikum und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg der Filme legen, ist in der von der Klägerin behaupteten Absolutheit nicht nachvollziehbar. Ein Künstler wird schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung in der Regel mit seinen Leistungen Beachtung und damit ein Publikum finden wollen.

63

e) Schließlich genügt die Filmabgabe auch insofern den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion, als ihr Aufkommen - jedenfalls überwiegend - ihrem dargelegten Zweck entsprechend und darum gruppennützig (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 2005 - 2 BvR 2335, 2391/95 - BVerfGE 113, 128 <150 f.>) verwendet wird. Der größte Teil des Aufkommens wird für Beihilfen zur Filmproduktion verwendet (§§ 67a Abs. 1 und 2, § 67b Abs. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FFG 2004). Zur Förderung der Filmproduktion gehört auch die der Nachwuchsförderung dienende Förderung des Kurzfilms und die Drehbuchförderung (§ 68 Abs. 1 Nr. 3 und 4 FFG 2004).

64

Die Absatz- und die Abspielförderung wird abweichend von der vom Gesetz sonst in Anspruch genommenen Finanzierungsverantwortung der Gesamtgruppe der Filmverwerter ausschließlich aus dem Abgabenaufkommen der Kinobetreiber und der Unternehmen der Videowirtschaft finanziert (§ 67a Abs. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 FFG 2004) und kommt auch nur diesen Untergruppen zugute (§§ 53 ff., 56 ff. FFG 2004; Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 25). Zwar kann von einer gruppennützigen Verwendung der Mittel nicht gesprochen werden, wenn durch den Einsatz der Mittel nur innerhalb der Gruppe ein Wettbewerber zu Lasten des anderen unterstützt wird und ihm die Verdrängung des anderen Wettbewerbers ermöglicht wird. Ein solcher Effekt lässt sich aber für die Abspielförderung nicht feststellen. Soweit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 FFG auch die Neuerrichtung eines Filmtheaters gefördert werden kann, ist dies nur aus Gründen der Strukturverbesserung zulässig, die nicht vorliegt, wenn durch die Neuerrichtung voraussichtlich bestehende Kinos verdrängt werden. Die Förderung der Neuerrichtung eines Kinos dient der vom Gesetz vorausgesetzten Strukturverbesserung vielmehr insbesondere dann, wenn an dem Ort, an dem das Filmtheater errichtet werden soll, eine Unterversorgung der Bevölkerung mit Kinoleistungen besteht (Urteil vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 6 C 31.08 - Buchholz 451.551 FFG Nr. 10). Maßnahmen zur Förderung und Verbesserung von Filmtheatern stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Filmtheater insgesamt gegenüber anderen Unterhaltungsangeboten und dienen auf diese Weise dem Gruppennutzen.

65

4. Auf der Grundlage des neugefassten § 67 FFG 2010 verstoßen die hier maßgeblichen Vorschriften über die Erhebung der Filmabgabe nicht mehr gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit (a)) in der Form der Belastungsgleichheit (b)). Namentlich ist die Abgabepflicht der Fernsehveranstalter durch § 67 FFG 2010 in einer Weise geregelt, die nunmehr die Belastungsgleichheit aller zur Abgabe herangezogenen Mitglieder der abgabenpflichtigen Gruppe sicherstellt.

66

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <150> = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 5 S. 18; Urteil vom 17. Mai 2006 - BVerwG 6 C 22.04 - BVerwGE 126, 60 Rn. 50 = Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 81; Beschluss vom 15. April 2008 - BVerwG 9 B 66.07 - Buchholz 401.63 Kur- und Fremdenverkehrsabgabe Nr. 9 Rn. 9) wird das Recht der Abgaben durch den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Abgabengleichheit oder Abgabengerechtigkeit beherrscht. Ebenso spricht das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht nur von dem Gebot der Steuergerechtigkeit, sondern auch - über das Steuerrecht hinausgehend - von dem Gebot der Abgabengerechtigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - BVerfGE 97, 332 <346>). Dabei bedeutet Abgabengerechtigkeit insbesondere Belastungsgleichheit (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 7.00 - BVerwGE 112, 297 <302> = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 94 S. 9; Urteil vom 25. Juli 2001 - BVerwG 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32 <44> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 158 S. 29 f.; Beschluss vom 22. März 2007 - BVerwG 10 BN 5.06 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 49 Rn. 9). Diese wird in erster Linie dadurch gewährleistet, dass nach Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich jeder, der den Abgabentatbestand erfüllt, zur Zahlung der Abgabe verpflichtet ist (Urteil vom 23. Mai 1973 - BVerwG 4 C 33.70 - BVerwGE 42, 222 <227 f.> = Buchholz 445.2 § 81 WVVO Nr. 3 S. 5 f.). Darüber hinaus muss auch der gewählte Abgabenmaßstab den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügen. Zwar genießt der Gesetzgeber bei der Wahl des Abgabenmaßstabs eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Befugnis zur Typisierung und Pauschalierung sowie zur Verfolgung verhaltenslenkender Nebenzwecke einschließt (vgl. Beschluss vom 28. März 1995 - BVerwG 8 N 3.93 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 75 S. 36; Beschluss vom 30. Januar 1997 - BVerwG 8 NB 2.96 - BVerwGE 104, 60 <63> = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 83 S. 62 f.; Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. S. 44 bzw. S. 29 f.). Der gewählte Maßstab muss aber, gemessen an dem Zweck der Abgabenerhebung, sachgerecht sein (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 40).

67

Als allgemeiner Grundsatz des Abgabenrechts gilt der Grundsatz der Belastungsgleichheit u.a. auch für die Sonderabgaben. Ihm ist sogar bei diesen Abgaben eine besondere Bedeutung beizumessen. Denn unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit kommt die Sonderabgabe vor allem der Steuer nahe, weil sie - insofern nicht anders als die Steuer - "voraussetzungslos", d.h. ohne individuelle Gegenleistung erhoben wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 - BVerfGE 122, 316 <334>; BVerwG, Beschluss vom 3. August 2007 - BVerwG 6 B 33.07 - Buchholz 451.61 KWG Nr. 22 Rn. 12). Infolgedessen gewinnt der mit der Sonderabgabe verbundene Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Abgabepflichtigen ähnlich wie bei der Steuer seine Rechtfertigung nicht zuletzt aus der Gleichheit der Lastenzuteilung (vgl. für die Steuer BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <269>). Das hat Folgen nicht nur für die materiellen Abgabennormen, sondern zugleich auch für die Verfahrensregeln, nach denen die Abgabe erhoben wird; diese dürfen nicht die Gleichheit des Belastungserfolgs prinzipiell verfehlen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 a.a.O. S. 271; Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 41).

68

b) Für eine Sonderabgabe der hier in Rede stehenden Art bedeutet dies, dass grundsätzlich alle Angehörigen der als homogen und finanzierungsverantwortlich erkannten Gruppe zu der Abgabe heranzuziehen sind, welche der Finanzierung der staatlichen Aufgabe dient. Das hat unter den gegebenen Umständen nach dem Maßstab der Leistungsfähigkeit sowie des Nutzens zu geschehen, den der einzelne Gruppenangehörige - bei generalisierender und damit zwangsläufig weitgehend typisierender Betrachtung - aus der staatlichen Tätigkeit zieht. Besteht die Gruppe der Abgabepflichtigen - wie hier - aus mehreren Untergruppen, so ist es gerechtfertigt, bei der Bemessung der Abgabe den Besonderheiten der Untergruppen im Verhältnis zueinander Rechnung zu tragen (vgl. Urteil vom 21. April 2004 - BVerwG 6 C 20.03 - BVerwGE 120, 311 <329 ff.> = Buchholz 451.622 EAG Nr. 1 S. 15 f.). Dabei ist anzustreben, dass jede Untergruppe sich in dem Maß an der Finanzierung der staatlichen Aufgabe beteiligt, in welchem sie daraus Vorteile erlangt (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 42).

69

aa) Die Belastungsgleichheit wird dabei nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Fernsehveranstalter nach wie vor die von ihnen zu erbringende Abgabe in Vereinbarungen mit der beklagten Filmförderungsanstalt regeln.

70

Die Abgabengerechtigkeit und insbesondere der Grundsatz der Belastungsgleichheit verbieten es nicht, den Angehörigen einer bestimmten Untergruppe zu gestatten, ihre Finanzierungsbeiträge statt im Wege der Heranziehung durch Bescheid auf der Grundlage von Verträgen mit dem Staat zu erbringen, falls für diese Form der Abgabenerhebung besondere sachliche Gründe sprechen. Zwar ist das Abgabenrecht aus Gründen der Gleichheit der Abgabepflichtigen dem Grundsatz nach vertragsfeindlich; jedoch darf der Gesetzgeber von diesem Grundsatz Ausnahmen zulassen (vgl. Urteil vom 14. August 1992 - BVerwG 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310 <312> = Buchholz 406.11 § 124 BauGB Nr. 1 S. 3 m.w.N.). Das heißt allerdings nicht, dass er sich aus diesem Anlass von den allgemeinen Grundsätzen des Abgabenrechts lösen könnte. Vielmehr behalten diese Grundsätze auch bei Verträgen, in denen es um die Erhebung von Abgaben geht, in situationsentsprechendem Maße Geltung (vgl. zur Wahrung der Abgabengerechtigkeit und Belastungsgleichheit bei der vertraglichen Ablösung von Erschließungsbeiträgen gemäß § 133 BauGB: Urteile vom 25. November 1988 - BVerwG 8 C 58.87 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 103 S. 4 f., vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 44.88 - BVerwGE 84, 183 <189> = Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 105 S. 10 und vom 9. November 1990 - BVerwG 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <83> = Buchholz 406.11 § 133 BauG Nr. 109 S. 19). Aus diesem Grund ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn die Leistung der Sonderabgabe bei Teilen der Abgabepflichtigen infolge der Zulassung von Verträgen in deren Belieben steht. Der Gesetzgeber muss daher zugleich mit der partiellen Abkehr von der Abgabenerhebung durch Bescheid und deren Ersetzung durch die Vertragsform dafür sorgen, dass der Abschluss der vorgesehenen Verträge verpflichtend ist und dass die vertraglich zu erbringenden Finanzierungsbeiträge der Höhe nach nicht hinter dem zurückbleiben, was zur Wahrung der Belastungsgleichheit zwischen den Abgabepflichtigen erforderlich ist. Andernfalls wird dieses verfassungsrechtliche Ziel, das - jedenfalls bei den Steuern und den Sonderabgaben - auch die tatsächliche Gleichheit des Belastungserfolgs umfasst, schwerwiegend verfehlt (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 43).

71

Die vorbezeichneten Anforderungen des Gleichheitssatzes sind zugleich ein Gebot des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Gesetzesvorbehalts, demzufolge die Ordnung der Lebensverhältnisse vor allem bei der Berührung von Grundrechten dem Gesetzgeber obliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 - BVerfGE 49, 89 <126 f.>). Zwar erfasst das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für Eingriffe in "Freiheit und Eigentum" verwaltungsrechtliche Verträge in der Regel nicht, weil es bei ihnen, auch soweit Grundrechtspositionen eines Vertragspartners berührt werden, angesichts seiner einverständlichen Mitwirkung nicht in dem Sinne zu Eingriffen kommt, in dem dies bei jenem Erfordernis gesetzlicher Grundlage vorausgesetzt wird (vgl. Urteil vom 6. Juli 1973 - BVerwG 4 C 22.72 - BVerwGE 42, 331 <335> = Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 7 S. 26 f.). Anders verhält es sich jedoch, wenn sich der Abschluss von Verträgen aus sonstigen Gründen als ein Handeln im grundrechtsrelevanten Bereich darstellt. Bei der Zulassung von Verträgen über Abgaben wird der grundrechtliche Bezug durch das Grundrecht der anderen Abgabepflichtigen aus Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt, das dem Gesetzgeber gebietet, zur Wahrung der Belastungsgleichheit in der dargelegten Richtung tätig zu werden (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 44).

72

Diesen Anforderungen trägt das Filmförderungsgesetz in vollem Umfang Rechnung.

73

§ 67 Abs. 1 Satz 1 FFG 2010 für die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter, § 67 Abs. 2 Satz 1 FFG 2010 für die Veranstalter frei empfangbarer Fernsehprogramme sowie § 67 Abs. 3 Satz 1 FFG 2010 für die Veranstalter von Bezahlfernsehen bestimmen jeweils ausdrücklich, dass diese Fernsehveranstalter eine Filmabgabe (auf je unterschiedlicher Bemessungsgrundlage) "zu zahlen" oder "zu leisten haben". § 67 Abs. 5 Satz 1 FFG 2010 schreibt ebenso eindeutig vor, dass die Filmabgabe zu bestimmten Terminen an die Beklagte "zu zahlen ist". Wie die Filmabgabe der Höhe nach zu berechnen ist, ist in den Absätzen 1 bis 4 des § 67 FFG 2010 genau vorgegeben. Nach § 67 Abs. 5 Satz 2 FFG 2010 werden lediglich die Höhe der Filmabgabe nach den Absätzen 1 bis 4 sowie die Einzelheiten der Leistungserbringung in Abkommen mit der beklagten Filmförderungsanstalt "festgestellt". Dabei kann keine niedrigere Abgabe vereinbart werden, als sich aus den gesetzlich vorgegebenen Bemessungsgrundlagen ergibt. § 67 Abs. 5 Satz 3 FFG 2010 lässt lediglich zu, dass im Rahmen der Abkommen über die sich aus den Absätzen 1 bis 4 ergebenden Beiträge hinausgehende Zahlungen vereinbart werden. Nach diesen Regelungen steht es weder im Belieben der beklagten Filmförderungsanstalt noch der Fernsehveranstalter, ob sie Vereinbarungen im Sinne des § 67 Abs. 5 Satz 2 FFG 2010 treffen wollen. Es besteht vielmehr eine gesetzliche Pflicht der Fernsehveranstalter, sich an der Finanzierung der Filmförderung des Bundes in einer vorgegebenen Höhe zu beteiligen. Aus dieser gesetzlichen Pflicht und den sie begründenden gesetzlichen Vorschriften ergibt sich unmittelbar ein Zwang zum Abschluss der hierfür erforderlichen Vereinbarungen, mithin ein gesetzlicher Kontrahierungszwang.

74

bb) Bei der Bemessung der Filmabgabe hat der Gesetzgeber in § 67 FFG 2010 einen Maßstab gewählt, der mit den Grundsätzen der Abgabengerechtigkeit und Belastungsgleichheit bei der Erhebung der Filmförderabgabe vereinbar ist.

75

Der Gesetzgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum sowohl bei der Bestimmung des Abgabesatzes als auch des Abgabemaßstabs (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <19> m.w.N.). Er hat sich bei der Neufassung des § 67 FFG 2010 an den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit und Vorteilsgerechtigkeit orientiert. Um eine praxistaugliche Regelung zu schaffen, durfte er dabei in weitem Umfang pauschalieren.

76

aaa) Der Gesetzgeber ist bei der Bemessung der Filmabgabe für alle Abgabepflichtigen von einem im Kern einheitlichen Ansatz ausgegangen. Für die Filmtheater knüpft die Bemessung der Filmabgabe nach § 66 FFG an den Umsatz aus dem Verkauf von Eintrittskarten an. Der Bemessungssatz ist der Höhe nach in drei Stufen abhängig von der Größe des Umsatzes gestaffelt. Bei Unterschreiten einer Bagatellgrenze entfällt die Filmabgabe. Für die Videowirtschaft knüpft die Bemessung der Filmabgabe nach § 66a FFG an den Umsatz mit Bildträgern an, gestaffelt ebenfalls in drei Stufen nach der Größe des Umsatzes, wobei die Filmabgabe wiederum nicht zu leisten ist, wenn eine Bagatellgrenze unterschritten wird.

77

Ausgehend von diesen Vorgaben in § 66 und § 66a FFG 2004 hat der Gesetzgeber für die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter einen "Grundabgabesatz" von 2,5 v.H. der Einnahmen aus der Verwertung von Kinofilmen als angemessen bewertet (§ 67 Abs. 1 Satz 1 FFG 2010). Er hat dabei im Ausgangspunkt die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter wegen ihrer besonderen finanziellen Leistungsfähigkeit den umsatzstärksten Filmtheatern gleichgestellt, für die ein Abgabesatz von 3 v.H. des Umsatzes gilt. Er hat andererseits berücksichtigt, dass an die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter im Unterschied zu den Filmtheatern keine unmittelbaren Rückflüsse in Form von Förderungsleistungen nach dem Filmförderungsgesetz ausgekehrt werden. Er hat deshalb den Abgabesatz niedriger, nämlich auf 2,5 v.H. festgelegt. Diese Ableitung des Abgabesatzes ist entgegen der Meinung der Klägerin nicht deshalb sachwidrig, weil die Fernsehveranstalter nach § 67b Abs. 2 FFG 2010 mit der beklagten Filmförderungsanstalt vereinbaren können, dass ein Teil der von ihnen aufgebrachten Abgaben für die Produktion auch fernsehgeeigneter Filmprojekte verwendet wird. Dieser Einfluss auf die Verwendung der Mittel ist nicht mit einem unmittelbaren Rückfluss in Form von Förderleistungen gleichzustellen, wie er den Kinobetreibern als Abspielförderung nach § 56 FFG zugutekommt.

78

Der Abgabesatz für die Fernsehveranstalter bezieht sich auf die Einnahmen aus der Verwertung von Kinofilmen. Bei der Veranstaltung von Fernsehprogrammen, namentlich durch die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter, lassen sich aber Einnahmen nicht ohne weiteres und auch nicht wirklichkeitsgenau ermitteln. Der Gesetzgeber hat deshalb bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstaltern die Einnahmen mit den Realkosten für die Ausstrahlung gleichgesetzt, denn diese Kosten gehen - gleichsam auf der Seite der Einnahmen - in die Bemessung der Fernsehgebühren ein. Bei den Veranstaltern frei empfangbarer Fernsehprogramme privaten Rechts hat er auf die Nettowerbeumsätze, gestaffelt nach den Anteilen von Kinofilmen an der Gesamtsendezeit, und bei den Veranstaltern von Bezahlfernsehen auf die Nettoumsätze mit Abonnementverträgen mit Letztverbrauchern in Deutschland als Bemessungsgrundlage abgestellt. Aus Praktikabilitätsgründen hat er dabei jeweils die Datenlage des vorletzten Jahres für maßgeblich erklärt.

79

Der Gesetzgeber hat damit, gemessen an dem Zweck der Abgabenerhebung und angepasst an die unterschiedliche Geschäftsstruktur der Abgabepflichtigen, einen sachgerechten Maßstab gewählt, der sich jedenfalls im Rahmen des sachlich Möglichen bewegt. Durch die Anwendung eines solchen Maßstabs wird zwischen den Abgabepflichtigen die nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotene verhältnismäßige Belastungsgleichheit hergestellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 - BVerfGE 50, 217 <227>).

80

bbb) Die Kritik der Klägerin an dem Abgabemaßstab ist unbegründet.

81

Es kann offenbleiben, ob die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter - wie die Klägerin meint - leistungsfähiger sind als der Durchschnitt der Kinobetreiber. Sie können ihr Gebührenaufkommen nicht beliebig vermehren. Der Gesetzgeber hat jedenfalls die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter im Ansatz den umsatzstärksten Lichtspieltheatern gleichgestellt und insoweit bei beiden Untergruppen nach oben nicht weiter differenziert. Hierzu zwingt der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit auch nicht.

82

Der Gesetzgeber mag - wie die Klägerin vorträgt - bei der Festlegung der Bemessungsgrundlagen davon ausgegangen sein, dass die drei Untergruppen (Kinobetreiber, Videowirtschaft und Fernsehveranstalter) der Höhe nach einen in etwa gleichen Beitrag zur Finanzierung der beklagten Filmförderungsanstalt leisten. Diese Vorstellung mag insbesondere für das Filmförderungsgesetz 2004 eine Rolle gespielt haben, weil dort der Beitrag der Fernsehveranstalter der Höhe nach zwar gesetzlich nicht vorgegeben war, aber faktisch ein Beitrag mindestens in der Höhe der anderen beiden abgabepflichtigen Gruppen erwartet wurde. Eine solche starre Drittelung der Finanzierung der beklagten Filmförderungsanstalt ist aber nicht Grundlage der Abgabenerhebung nach dem Filmförderungsgesetz 2010. Die Abgabesätze knüpfen an bewegliche wirtschaftliche Kenngrößen an, mit der Folge, dass die Höhe der Abgabe flexibel auf Schwankungen im Geschäftserfolg reagiert. Damit erledigt sich insbesondere der Hinweis der Klägerin, während der Kinobesuch zurückgehe, expandiere der Verkauf von Bildträgern (DVD). Wegen der Abhängigkeit der Abgabe vom Umsatz schlägt sich diese Entwicklung in der Höhe des Beitrags nieder, den die Kinobetreiber einerseits, die Videowirtschaft andererseits zur Finanzierung der beklagten Filmförderungsanstalt leisten. Die Abgabe passt sich mithin einer schwankenden Leistungsfähigkeit der einzelnen Gruppen an.

83

ccc) Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die erforderliche Belastungsgleichheit nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Fernsehveranstalter nach § 67 Abs. 5 Satz 4 FFG 2010 bis zu 50 v.H. ihrer Abgaben in Form von Medialeistungen erbringen können. Dabei handelt es sich vor allem um Werbespots für Kinofilme, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Kinostart des Films (und nicht etwa als Hinweis auf das eigene aktuelle Fernsehprogramm) ausgestrahlt werden, ohne dass diese Sendezeit von Dritten bezahlt würde. Derartige Fernsehbeiträge haben sich nach der Einschätzung des Gesetzgebers als wirksames Mittel für den Filmabsatz herausgestellt. Bemessungsgröße für den Geldwert dieser Medialeistungen ist nach § 67 Abs. 5 Satz 5 FFG 2010 der Bruttolistenpreis (für Werbezeit), der wegen der insoweit marktüblichen Rabatte den Wert der ersetzten Barleistungen um ein Drittel überschreiten muss (vgl. BTDrucks 17/1292 S. 10).

84

Indem die Fernsehveranstalter in ihren Programmen mit der fernsehtypischen Breitenwirkung für Kinofilme werben, unterscheiden sie sich von den Unternehmen der Kino- und Videowirtschaft (Beschluss vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 47.07 - BVerwGE 133, 165 = Buchholz 451.551 FFG Nr. 9 Rn. 47). Damit nicht vergleichbar sind die als Werbung für einen Film gezeigten Ausschnitte (Trailer) im Vorprogramm der Filmtheater. Sie erreichen zum einen nur die Kinobesucher und haben damit nicht die Breitenwirkung, die mit den Beiträgen im Fernsehen erzielt werden kann. Sie beziehen sich zum anderen als Vorschau auf das eigene aktuelle Programm des Kinos und sind insoweit den Programmvorschauen der Fernsehveranstalter vergleichbar, die ebenfalls nicht als Medialeistungen anerkannt werden. Der Gesetzgeber hat deshalb den Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht dadurch verletzt, dass er den Kinobetreibern nicht gestattet, die Kosten der von ihnen gezeigten Trailer als Medialeistungen von der Filmabgabe abzusetzen.

85

ddd) Der Grundsatz der Belastungsgleichheit wird nicht dadurch verletzt, dass der Gesetzgeber in § 67 FFG 2010 einen anderen Bezugspunkt für die Ermittlung der Umsätze bzw. (bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstaltern) der Kosten gewählt hat als in § 66 und § 66a FFG. Während es bei den Fernsehveranstaltern auf die Umsätze mit Kinofilmen bzw. auf die Kosten für die Ausstrahlung von Kinofilmen ankommt, sind bei den Kinobetreibern und den Unternehmen der Videowirtschaft die Umsätze mit Filmen mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten maßgeblich.

86

Das Filmförderungsgesetz verwendet den Begriff des Kinofilms in mehreren Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Nr. 6, § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 17a Abs. 3 und § 67 FFG) und bestimmt ihn inhaltlich teilweise, ohne ihn abschließend zu umschreiben. Insoweit kann aber auf Art. 3 des Europäischen Übereinkommens vom 2. Oktober 1992 über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen zurückgegriffen werden, zumal das Filmförderungsgesetz in verschiedenen Normen das Übereinkommen ausdrücklich in Bezug nimmt (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 17a Abs. 3 FFG). Danach sind Kinofilme im Sinne dieses Übereinkommens Filme von beliebiger Länge und auf beliebigem Träger - einschließlich Spielfilme, Zeichentrickfilme und Dokumentarfilme -, die den für die Filmwirtschaft in jeder der beteiligten Vertragsparteien geltenden Bestimmungen entsprechen und zur Aufführung in Filmtheatern bestimmt sind. In diesem Sinne verwenden ersichtlich auch die Vorschriften des Filmförderungsgesetzes den Begriff des Kinofilms, der danach maßgeblich dadurch bestimmt ist, dass der Kinofilm zur Aufführung in Filmtheatern bestimmt ist.

87

Es leuchtet unmittelbar ein, dass bei den Fernsehveranstaltern nicht auf den Umsatz mit Filmen einer bestimmten Laufzeit oder den Kosten ihrer Ausstrahlung abgestellt werden kann. Damit würden zahlreiche Fernsehproduktionen erfasst, die mit dem Sachbereich der Filmförderung nichts zu tun haben und für deren Auswertung im Fernsehen eine Filmabgabe nicht erhoben werden dürfte. Bezugspunkt kann nur der Kinofilm sein, also der Film der für die Aufführung im Kino bestimmt war und dort auch in der Regel zunächst aufgeführt worden ist. Für die Kinobetreiber konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie faktisch ebenfalls nur Kinofilme in diesem Sinne auswerten, der abweichende Bezug auf Filme mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten also nicht zu einem anderen Ergebnis im Vergleich zu den Fernsehveranstaltern führt. Allerdings werden - wie die Klägerin vorgetragen hat - auch im Kino mitunter Filme vorgeführt, die ursprünglich für das Fernsehen produziert und dort gezeigt worden sind. Die auf sie entfallenden Umsätze werden für die Filmabgabe der Kinobetreiber erfasst, wenn der Film eine Laufzeit von mehr als 58 Minuten aufweist. Dies durfte der Gesetzgeber aber im Rahmen der ihm erlaubten Pauschalierung vernachlässigen, weil der Anteil solcher Fernsehproduktionen im Kino verschwindend gering ist. Anders verhält es sich hingegen im Falle der Videowirtschaft. Sie vertreibt auf ihren Bildträgern inzwischen in einer nicht unerheblichen Zahl auch Fernsehproduktionen, namentlich Fernsehserien. Der Gesetzgeber hat dem aber Rechnung getragen. Die umsatzbezogenen Abgabesätze der Videowirtschaft sind niedriger als die Abgabesätze der Kinobetreiber. Dadurch berücksichtigt der Gesetzgeber, dass die Videowirtschaft ihre Umsätze auch mit der Verwertung von Fernsehproduktionen erzielt (BTDrucks 17/1292 S. 8). Unter dieser Voraussetzung konnte der Gesetzgeber auch für die Videowirtschaft den Film mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten als Bezugspunkt des erzielten Umsatzes beibehalten, ohne die Belastungsgleichheit aller Abgabepflichtigen zu verfehlen.

88

eee) Nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit führt, dass nach § 67 Abs. 3 Satz 1 FFG 2010 bei den Veranstaltern von Bezahlfernsehen die Umsätze unberücksichtigt bleiben, die auf die Erbringung technischer Leistungen entfallen. Dazu gehören die Übermittlung digitaler Versionen bereits vorhandener Inhalte, die Bereitstellung von Receivern oder die Nutzung von Breitbandkabelnetzen (BTDrucks 17/1292 S. 9). Zu Unrecht wird hieraus eine Verletzung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit mit der Begründung hergeleitet, auch die Kinobetreiber erbrächten technische Leistungen, die allerdings als Kosten in die Preise für Kinokarten eingingen, deshalb im Umsatz enthalten seien und bei der Filmabgabe berücksichtigt würden. Dabei handelt es sich um die allgemeinen Kosten für den Betrieb des Kinos, während § 67 Abs. 3 Satz 1 FFG 2010 Umsätze erfasst, die durch individuelle Leistungen an einzelne Kunden erzielt werden. Die allgemeinen Kosten des Sendebetriebs gehen regelmäßig in die Abonnementpreise ein wie die allgemeinen Betriebskosten des Kinos in die Eintrittspreise.

89

5. Der Gesetzgeber hat die Abgabengerechtigkeit in der Form der Belastungsgleichheit schon für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum 2004 hergestellt. Die Heranziehung der Klägerin zur Filmabgabe durch die streitigen Bescheide verstößt deshalb nicht (mehr) gegen diese verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Gesetzgeber hat durch § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 die Bestimmung des § 67 FFG 2010 rückwirkend auf den 1. Januar 2004 in Kraft gesetzt und damit die belastungsgleiche Heranziehung aller Abgabepflichtigen ermöglicht.

90

Nach § 73 Abs. 7 FFG 2010 gelten die §§ 67 und 67 b FFG mit Wirkung vom Beginn des 1. Januar 2004 (Satz 1). Soweit vor der Bekanntmachung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes im Bundesgesetzblatt Vereinbarungen (Altvereinbarungen) auf der Grundlage der zuvor geltenden Fassung des § 67 FFG für abgelaufene Wirtschaftsjahre geschlossen wurden, bleiben diese unberührt (Satz 2). Ergeben sich nach den in § 67 FFG 2010 genannten Abgabemaßstäben für abgelaufene Wirtschaftsjahre höhere Abgaben als vertraglich vereinbart, werden diese von der beklagten Filmförderungsanstalt nicht nachgefordert (Satz 3).

91

a) Die Berücksichtigung der Rechtsänderung, die durch § 67 FFG 2010 bewirkt wird, ist im Falle der Klägerin nicht durch § 73 Abs. 1 FFG 2010 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift werden Ansprüche nach dem Filmförderungsgesetz, die vor dem 1. Januar 2009 entstanden sind, nach den bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Vorschriften abgewickelt. Die Vorschrift ist im Falle der Klägerin nicht deshalb anwendbar, weil sie auf der Grundlage des bis zum 1. Januar 2009 geltenden Rechts einen Anspruch auf Aufhebung der Abgabenbescheide und Rückzahlung der Filmabgabe gehabt habe, da diese Bescheide auf der Grundlage eines verfassungswidrigen Gesetzes erlassen worden seien. § 73 Abs. 1 Satz 1 FFG 2010 erfasst derartige Ansprüche nicht, sondern im Wesentlichen Ansprüche auf Gewährung von Fördermitteln und deren Abwicklung. § 73 Abs. 1 FGG 2010 bezieht sich insoweit klarstellend auf das Fünfte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 22. Dezember 2008 (BGBl I S. 3000), das zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist (Art. 3 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes). Dies belegt beispielhaft der Verweis in § 73 Abs. 1 Satz 2 FFG 2010 auf § 39 FFG, der durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes geändert worden ist, durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes hingegen unberührt geblieben ist. Jedenfalls geht § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 als lex spezialis dem allgemeinen § 73 Abs. 1 Satz 1 FFG 2010 vor. Dasselbe gilt für § 73 Abs. 2 FFG 2010, der sich ebenfalls als Übergangsvorschrift zum Fünften Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes darstellt, im Übrigen von § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 als der spezielleren Regelung verdrängt würde.

92

b) Die Rechtsänderung durch § 67 FFG 2010 muss nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil ihre rückwirkende Inkraftsetzung durch § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 verfassungswidrig ist.

93

aa) Eine belastende Wirkung entfaltet die angeordnete Rückwirkung unmittelbar nur für die Fernsehveranstalter, weil § 67 FFG 2010 deren Heranziehung zur Filmabgabe abweichend von der bisherigen Rechtslage erstmals der Höhe nach gesetzlich normiert. Auf eine verfassungswidrige Rückwirkung könnte sich auch die Klägerin berufen, weil ihre rechtmäßige Inanspruchnahme für die Filmabgabe davon abhängt, ob schon für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum eine belastungsgleiche Heranziehung aller Abgabepflichtigen normiert ist.

94

bb) Der Regelung des § 67 FFG 2010 durfte auch Rückwirkung beigemessen werden. Es handelt sich bei § 73 Abs. 7 FFG um den Fall der Anordnung einer echten Rückwirkung von § 67 FFG (aaa)), welche den Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer echten Rückwirkung (bbb)) genügt, denn die Fernsehveranstalter hatten keinen Vertrauensschutz hinsichtlich einer Änderung des FFG "dem Grunde nach" (ccc)). Die Fernsehveranstalter hatten ferner keinen Vertrauensschutz hinsichtlich einer Änderung des Filmförderungsgesetzes "der konkreten Höhe ihrer Abgabenlast" nach (ddd)).

95

aaa) Die Inkraftsetzung des § 67 FFG 2010 zum 1. Januar 2004 ist mit einer echten Rückwirkung verbunden. Eine echte Rückwirkung ist gegeben, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239 <263>; Kammerbeschluss vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - NVwZ 2010, 313 <314>). So verhält es sich hier. Denn die Filmabgabe ist - nach bisherigem wie nach neuem Recht - keine einmalige, sondern eine zeitabschnittsweise zu erhebende Abgabe. So wird die Filmabgabe der Fernsehveranstalter bezogen auf das Kalenderjahr bemessen (§ 67 Abs. 1 bis 3 FFG 2010) und ist nach § 67 Abs. 5 Satz 1 FFG 2010 halbjährlich jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli eines Jahres zu entrichten. Selbst wenn von der Wirksamkeit des § 67 Abs. 1 und 2 FFG 2004 ausgegangen würde, werden mit der nachträglichen Einführung eines verbindlichen Abgabemaßstabs und Abgabesatzes für die Fernsehveranstalter belastendere Rechtsfolgen, als sie bislang galten, für abgeschlossene Zeiträume - die Jahre 2004 bis 2009 - vor Inkrafttreten des Gesetzes bewirkt. Bei Annahme der Unwirksamkeit der Altregelung gilt das erst recht. Angesichts des am 18. Juni 2010 gefassten Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags handelt es sich lediglich für das Jahr 2010 um eine auf noch nicht abgewickelte Sachverhalte einwirkende sogenannte unechte Rückwirkung.

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bbb) Gesetze mit echter Rückwirkung sind verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 a.a.O.). Vertrauensschutz steht auch einer echten Rückwirkung von Gesetzen jedoch dann nicht entgegen, wenn ein solches Vertrauen sachlich nicht gerechtfertigt ist. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass bei einer Reihe von Fallgruppen schutzwürdiges Vertrauen nicht besteht (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261 <271 f.>). So ist das Vertrauen unter anderem dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Auch kann der Bürger sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen. Er kann mit anderen Worten wegen des auch von einer letztlich als ungültig erkannten Norm regelmäßig ausgehenden Rechtsscheins ihrer Wirksamkeit und mit Rücksicht auf den in ihr zum Ausdruck gekommenen Rechtssetzungswillen des Normgebers nicht stets darauf vertrauen, von einer entsprechenden Regelung jedenfalls für den Zeitraum dieses Rechtsscheins verschont zu bleiben. Der Gesetzgeber kann daher unter Umständen eine nichtige Bestimmung rückwirkend durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 a.a.O.; Kammerbeschluss vom 3. September 2009 a.a.O.). Demgemäß ist im Bereich des Kommunalabgabenrechts geklärt, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes den Ortsgesetzgeber nicht hindert, eine wegen eines Fehlers im Abgabemaßstab unwirksame Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Abgabemaßstab rückwirkend zu ersetzen, und zwar auch insoweit, als der neue Abgabemaßstab zu höheren Abgabepflichten führt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. September 2009 a.a.O. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - BVerwG 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 <131 f.>; Beschlüsse vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36 S. 4 und vom 31. März 2008 - BVerwG 9 B 30.07 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 191 S. 19). Hat eine Gemeinde ihre Absicht, eine bestimmte Abgabe zu erheben, durch den förmlichen Erlass einer entsprechenden Satzung kundgetan, kann der Bürger, auch wenn er sie für rechtswidrig hält, dementsprechend bekämpft und möglicherweise in einigen Punkten erhebliche Mängel der Abgabesatzung aufzuzeigen vermag, je nach Art und Behebbarkeit dieser Mängel kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, auf Dauer von dieser Abgabe verschont zu bleiben. Sofern diese Gründe für die Rechtswidrigkeit der Satzung in einer Weise behoben werden können, die den Charakter und die wesentliche Struktur der von Anfang an beabsichtigten Abgabe unberührt lässt, steht das durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen des Bürgers der rückwirkenden "Reparatur" einer solchen Satzung nicht entgegen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. September 2009 a.a.O.).

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ccc) Überträgt man diese Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall der auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Erhebung der Filmabgabe als einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion, verletzt die in § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 angeordnete Rückwirkung des § 67 FFG 2010 zum 1. Januar 2004 nicht das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die Fernsehveranstalter konnten nicht schutzwürdig darauf vertrauen, von der Pflicht zur Zahlung der Filmabgabe im Rückwirkungszeitraum verschont zu bleiben.

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Anders als im Beitrags- und Gebührenrecht ergibt sich das Fehlen eines schutzwürdigen Vertrauens hier zwar nicht schon daraus, dass den Betroffenen Sondervorteile gewährt wurden, deren Unentgeltlichkeit sie grundsätzlich nicht erwarten konnten, so dass schon aus diesem Grund mit einer entsprechenden Vorteilsabschöpfung gerechnet werden musste. Denn Sonderabgaben werden - ebenso wie Steuern - "voraussetzungslos", d.h. unabhängig von einer individuellen Gegenleistung erhoben (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 - BVerfGE 122, 316 <334>).

99

Das schließt aber nicht aus, die echte Rückwirkung der Abgabenerhebung gleichwohl ausnahmsweise als zulässig anzusehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. September 2009 a.a.O. S. 314 f.; BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 a.a.O.). Entscheidende Bedeutung hat vielmehr, dass die Fernsehveranstalter sich schon aufgrund der früheren Rechtslage in ihren Dispositionen darauf einstellen mussten, zu einer finanziellen Beteiligung an den Kosten der Filmförderung des Bundes verpflichtet zu sein. In § 67 Abs. 1 und 2 FFG 2004 kam unmissverständlich der Wille des Bundesgesetzgebers zum Ausdruck, die Fernsehveranstalter als dritte Untergruppe innerhalb der Gesamtheit der Sonderabgabepflichtigen im Hinblick auf die Verwertung von Kinofilmen mit Finanzierungsbeiträgen zugunsten der Förderungstätigkeit der Beklagten zu belasten. Deshalb hatte er in § 67b FFG 2004 auch eine spezielle Regelung zur Verwendung der Beiträge der Rundfunkanstalten und der Fernsehveranstalter privaten Rechts getroffen. Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 31. Juli 2010 wurde nicht rückwirkend ein neuer Abgabetatbestand eingeführt, sondern die Anknüpfung der Filmabgabe an die Ausstrahlung von Kinoproduktionen für die Fernsehveranstalter nur unter Berücksichtigung der insoweit bestehenden verschiedenen "Systeme" (vgl. BTDrucks 17/1292 S. 9) präzisierend ausdifferenziert. Die dabei "nachgeschobene" Normierung von Kriterien zur Bemessung der Höhe der von den Fernsehveranstaltern mindestens zu erbringenden Leistungen hat weder den von Anfang an beabsichtigten Charakter dieser Zahlungen als Erfüllung der Sonderabgabepflicht einer Untergruppe der Filmverwerter noch die grundlegenden Strukturen der (anteiligen) gesetzlichen Finanzierungspflicht verändert; vielmehr hat der Gesetzgeber in Bezug auf die Fernsehveranstalter sogar an dem Grundsatz der vertraglichen Regelung festgehalten (§ 67 Abs. 5 Satz 2 und 3 FFG 2010) und auch die Vorgaben zur Verwendung des Abgabeaufkommens, insbesondere in § 67b FFG 2010, im Kern unverändert gelassen.

100

ddd) Mussten die Fernsehveranstalter demnach im Rückwirkungszeitraum ab dem 1. Januar 2004 dem Grunde nach mit einer Inanspruchnahme zur Finanzierung der Filmförderung nach dem Filmförderungsgesetz rechnen, können sie sich auch hinsichtlich der aus § 67 FFG 2010 folgenden konkreten Höhe ihrer Abgabenlast nicht auf die Verletzung schutzwürdigen Vertrauens berufen. Da § 67 Abs. 1 und 2 FFG 2004 keine Bemessungskriterien für die Kostenbeteiligung der Fernsehveranstalter an der Filmförderung enthielt, konnte bei ihnen ein Vertrauen darauf, zwar nicht von der rückwirkenden Abgabenerhebung überhaupt, wohl aber von der Abgabenerhebung in einer bestimmten Höhe verschont zu bleiben, grundsätzlich nicht entstehen. Soweit Vertrauensschutz dahingehend in Betracht kommt, dass die Fernsehveranstalter davon ausgehen durften, gegenüber der für den Rückwirkungszeitraum eingegangenen vertraglichen Regelung mit der Filmförderungsanstalt nicht schlechter gestellt zu werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. September 2009 a.a.O. S. 315), hat der Gesetzgeber dem durch die Übergangsregelungen des § 73 Abs. 7 Satz 2 und 3 FFG 2010 Rechnung getragen. Nach diesen Vorschriften sollen die auf der Grundlage von § 67 FFG 2004 geschlossenen Altvereinbarungen zwischen der Filmförderungsanstalt und den Fernsehveranstaltern für abgelaufene Wirtschaftsjahre (2004 bis 2009) unberührt bleiben und Nachforderungen der Filmförderungsanstalt für den Fall, dass sich nach § 67 FFG 2010 höhere Abgaben als vertraglich vereinbart ergeben, ausgeschlossen sein.

101

Den Gesetzesmaterialien zufolge gibt es allerdings zwei an sich beitragspflichtig gewesene Fernsehveranstalter privaten Rechts, die sich mangels Beitritts zu dem Abkommen der Filmförderungsanstalt mit dem Verband privater Rundfunk und Telemedien e.V. in der Vergangenheit nicht an den Kosten der Filmförderung des Bundes beteiligt hatten (vgl. BTDrucks 17/1938 S. 3). Ob diese Fernsehveranstalter - sofern sie nicht unter die Geringfügigkeitsgrenzen des § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 FFG 2010 fallen - rückwirkend heranzuziehen sind, bedarf nach Auffassung des federführenden Bundestagsausschusses für Kultur und Medien einer Prüfung im Einzelfall (BTDrucks 17/1938 S. 3). Aus jedenfalls zwei Gründen ist in diesen Fällen aber nicht mit rechtswidrigen Folgen einer echten Rückwirkung zu rechnen. Zum einen sprechen wenige Umstände für eine nachträgliche Heranziehung der beiden privaten Sender durch die Beklagte und zum anderen würde dadurch kein schutzwürdiges Vertrauen enttäuscht.

102

Erstens hat die Beklagte erläutert, mit den Fernsehveranstaltern seien in der Vergangenheit - jedenfalls seitdem auch die Privaten abgabepflichtig geworden seien - zwei Verträge über die Filmabgabe geschlossen worden. In dem einen sei die Abgabe für sämtliche öffentlich-rechtlichen und in dem anderen für sämtliche privatrechtlichen Fernsehveranstalter vereinbart worden. Nach dem zugrunde liegenden Verständnis seien damit die Pflichten für die jeweilige Gruppe vollständig erfüllt worden. Dies steht auch materiell im Einklang damit, dass beide Gruppen jeweils mehr gezahlt haben, als sie nach dem Maßstab des FFG 2010 geschuldet hätten. Nach den Berechnungen der Bundesregierung überstiegen die im Zeitraum 2004 bis 2009 auf vertraglicher Grundlage erbrachten Beiträge der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstalter an die beklagte Filmförderungsanstalt deutlich die Abgaben, die unter Zugrundelegung des § 67 FFG 2010 zu leisten gewesen wären (vgl. BTDrucks 17/1292 S. 10; 17/1938 S. 3 f., wonach sich bei den Geldleistungen eine Differenz von 96 zu 73 Mio. €, bei den Medialeistungen eine Differenz von 46,5 zu 36 Mio. € ergibt).

103

Zum zweiten stünden Vertrauensschutzgesichtspunkte einer solchen rückwirkenden Heranziehung, wie sie nach § 67 in Verbindung mit § 73 Abs. 7 Satz 1 FFG 2010 einfachgesetzlich geboten ist, auch nicht entgegen. Zwar könnte in einem Fall der vorliegenden Art ein schutzwürdiges Vertrauen der Abgabepflichtigen erwogen werden, nicht nachträglich in einer gänzlich unvorhersehbaren Größenordnung einer sich deshalb als unverhältnismäßig darstellenden Abgabepflicht unterworfen zu werden (vgl. Urteil vom 15. April 1983 a.a.O. S. 132). Dass die rückwirkende Anwendung der Neuregelung in § 67 FFG 2010 die Fernsehveranstalter, soweit sie nicht bereits durch die Übergangsbestimmungen des § 73 Abs. 7 Satz 2 und 3 FFG 2010 geschützt sind, einer unvorhersehbaren Abgabelast aussetzen würde, ist jedoch nicht ersichtlich. Eine Unvorhersehbarkeit in diesem Sinne wird nicht schon dadurch begründet, dass es in der bisherigen gesetzlichen Regelung an der Normierung eines Abgabemaßstabs vollständig fehlte; andernfalls müsste die rückwirkende "Heilung" eines solchen Mangels von vornherein unterbleiben. In welcher Größenordnung der Gesetzgeber eine Beteiligung der Fernsehveranstalter öffentlichen und privaten Rechts an der Filmförderung erwartete, ging vielmehr aus den Film-Fernseh-Abkommen hervor, die die Filmförderungsanstalt seit 1974 mit den öffentlich-rechtlichen und seit 1989 zusätzlich mit den privaten Sendern geschlossen hatte. Das in diesen Abkommen vereinbarte Leistungsvolumen war öffentlich bekannt und Gegenstand der Erörterung in den Gesetzgebungsverfahren zur Änderung und regelmäßigen Verlängerung der Geltungsdauer des Filmförderungsgesetzes (vgl. z.B. BTDrucks 13/9695 S. 12; 15/1506 S. 20). Das könnte darauf hindeuten, dass die rückwirkende Heranziehung einzelner privatrechtlicher Fernsehveranstalter nach § 67 FFG 2010 diese eher in geringerem Maße belastet, als von ihnen in Kenntnis der nach § 67 Abs. 1 und 2 FFG 2004 geschlossenen Vereinbarungen einkalkuliert werden musste. Jedenfalls aber fehlt es vor diesem Hintergrund an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass die Abgabenhöhe aus der rückwirkenden Inanspruchnahme nach § 67 FFG 2010 ganz außer Verhältnis zu dem Verpflichtungsumfang steht, der die betreffenden Fernsehveranstalter getroffen hätte, wenn sie sich an den Abkommen mit der Filmförderungsanstalt beteiligt hätten.

104

cc) Nicht zu verkennen ist, dass die durch die Übergangsregelungen des § 73 Abs. 7 Satz 2 und 3 FFG 2010 bewirkten Einschränkungen in der rückwirkenden Anwendung des § 67 FFG 2010 dazu führen, dass das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel der Belastungsgleichheit innerhalb der Gruppe der Fernsehveranstalter nur unvollkommen verwirklicht wird. Sie haben zur Konsequenz, dass jene Fernsehveranstalter, die im Rückwirkungszeitraum Abkommen mit der Filmförderungsanstalt geschlossen hatten, teils besser, teils schlechter gestellt werden, als sie bei einer Heranziehung nach § 67 FFG 2010 stünden, und nur die bislang nicht vertraglich gebundenen Fernsehveranstalter ohne Abstriche nach dem neuen Abgabemaßstab veranlagt werden. Diese unterschiedliche Behandlung ist aber vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Denn die gesetzliche Regelung stellt aus Gründen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgebots darauf ab, ob und mit welchem Inhalt im Rückwirkungszeitraum eine vertragliche Verpflichtung zur Erbringung von Finanzierungsbeiträgen an die Filmförderungsanstalt bestand, und berücksichtigt dabei zulässigerweise auch den Umstand, dass sich im Zusammenhang mit dem Abschluss der Film-Fernseh-Abkommen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privatrechtlichen Fernsehveranstalter untereinander auf die vertraglich bestimmten Beiträge geeinigt hatten (vgl. BTDrucks 17/1292 S. 10). Damit liegen ausreichende Sachgründe vor, aus denen der Gesetzgeber die Übergangsregelungen im Rahmen des ihm insoweit grundsätzlich zustehenden weiten Gestaltungsspielraums (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <359 f.>) als angemessen ansehen durfte, soweit er sie nicht sogar für geboten halten musste.

105

6. Die Erhebung der Filmabgabe leidet nicht unter einem strukturellen Vollzugsdefizit, das zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz und damit zur Verfassungswidrigkeit der Abgabengrundlage führen könnte.

106

Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt für das Abgabenrecht, dass die Abgabepflichtigen durch ein Abgabengesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Abgabengrundlage nach sich ziehen. Nach dem Gebot tatsächlich gleicher Abgabenbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug begründet die in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fallende strukturell gegenläufige Erhebungsregel im Zusammenwirken mit der zu vollziehenden materiellen Abgabennorm deren Verfassungswidrigkeit. Strukturell gegenläufig wirken sich Erhebungsregelungen gegenüber einem Abgabentatbestand aus, wenn sie dazu führen, dass der Abgabenanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. Die Frage, ob der Gesetzgeber von ihm erstrebte Ziele faktisch erreicht, ist rechtsstaatlich allein noch nicht entscheidend. Vollzugsmängel, wie sie immer wieder vorkommen können und sich tatsächlich ereignen, führen allein noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Abgabennorm. Verfassungsrechtlich verboten ist jedoch der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Abgabennorm und der nicht auf Durchsetzung dieses Befehls angelegten Erhebungsregel. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <113>).

107

Davon kann hier keine Rede sein. Die Klägerin sieht ein strukturelles Erhebungsdefizit dadurch begründet, dass Ansprüche gegen solche Fernsehveranstalter, die in der Vergangenheit keine Verträge mit der beklagten Filmförderungsanstalt geschlossen haben, für zurückliegende Zeiträume, insbesondere für das hier in Rede stehende Veranlagungsjahr 2004, wegen insoweit eingetretener Verjährung nicht mehr in Anspruch genommen werden könnten. Dies ist jedoch ein eng begrenztes Problem des Übergangsrechts, das zudem dem verfassungsrechtlich abgesicherten Vertrauensschutz zuzurechnen ist und das deshalb ungeeignet ist, den Vorwurf eines strukturellen Vollzugsdefizits zu begründen.

108

7. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Klägerin macht zwar geltend, ungeachtet des Ausgangs des Rechtsstreits seien die Kosten dafür der Beklagten gemäß § 155 Abs. 4 VwGO aufzuerlegen. Diese habe auf der Grundlage eines fehlerhaften Gesetzes, d.h. des FFG 2004, und trotz Kenntnis der hiergegen bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken durch ihr Verwaltungshandeln im Jahr 2004 zum vorliegenden Rechtsstreit Anlass gegeben. Jedoch hat die Klägerin den Rechtsstreit fortgesetzt, nachdem der Gesetzgeber die im Vorlagebeschluss des Senats aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken behoben hat. Sie hat zudem sich schon zuvor auf andere nicht tragfähige verfassungsrechtliche Einwände gestützt. Sie hätte einer Kostenlast nur entgehen können, wenn sie den Erlass des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes zum Anlass genommen hätte, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Die Kosten des Prozesses hat sie durch ihre im Ergebnis unberechtigten Angriffe gegen die Bescheide der Beklagten veranlasst.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.