Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2011:0809.1E10808.11.0A
bei uns veröffentlicht am09.08.2011

Tenor

Der dem Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juni 2011 beigefügte Streitwertbeschluss wird teilweise abgeändert. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren erster Instanz auf 205.800,00 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

2

In den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist der Wert des Streitgegenstandes gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung eines Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte, so ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Auffangwert von 5.000,00 € anzusetzen. Das Gericht ist somit, sofern genügende Anhaltpunkte vorliegen, verpflichtet, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen. Bei der Ausübung des Ermessens ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung eine weitgehende Schematisierung für gleichartige Streitigkeiten zulässig und geboten (vgl. BVerwG, JurBürO 1989, 809 f.). Daher orientiert sich der Senat bei seiner Streitwertrechtsprechung an den von dem „Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004“ (NVwZ 2004, 1327) vorgeschlagenen Werten. Dem Streitwertkatalog kommt dabei keinerlei normative Wirkung, wohl aber eine gewisse praktische Bedeutung zu. Die dort vorgeschlagenen Werte wurden nämlich von einer Arbeitsgruppe von Praktikern anhand der Streitwertrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und im Übrigen anhand der Ergebnisse einer Umfrage zur Streitwertpraxis bei den Oberverwaltungsgerichten bzw. den Verwaltungsgerichtshöfen zusammengestellt und können daher im Sinne einer „guten Praxis“ der Verwaltungsgerichte verstanden werden (so zutreffend BayVGH vom 11. 07.2003, BayVBl. 2003, 28; vgl. ferner Beschluss des Senats vom 13.12. 2007, 1 E 11050/07).

3

Nach diesen Grundsätzen war vorliegend zunächst zu fragen, wie das Interesse der Klägerin an einem Obsiegen in dem Verfahren auf Anfechtung der ordnungsbehördlichen Beseitigungsverfügung zu bewerten ist. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage mit Blick auf die Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beantwortet und einen Zeitwert der zu beseitigenden Bausubstanz in Höhe von 250.000,00 € sowie Abrisskosten in Höhe von 50.000,00 € geschätzt.

4

Dem ist im Grundsatz zuzustimmen, lediglich hinsichtlich der Höhe des anzusetzenden Betrages kommt der Senat zu abweichenden Ergebnissen. Bei der insoweit maßgeblichen objektiven Beurteilung ist davon auszugehen, dass ein Kläger mit einer derartigen Anfechtungsklage den von der Bauaufsichtsbehörde geforderten Abriss vermeiden will. Es liegt daher nahe, dass das wirtschaftliche Interesse in derartigen Verfahren darin besteht, dass das Gebäude erhalten bleibt oder, anders gewendet, die Kosten für dessen Erstellung nicht nutzlos aufgewendet worden sind und dass die mit einem Abriss verbunden Kosten vermieden werden sollen. Dementsprechend folgt der Senat dem mit der Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgeschlagenen Berechnungsmodell und geht in seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass der Streitwert bei der Anfechtung einer Beseitigungsverfügung anhand des Zeitwertes der zu beseitigenden Substanz zuzüglich der Abrisskosten zu bestimmen ist (vgl. Beschlüsse vom 28.01.2010, 1 E 11329/09.OVG; vom 15.07. 2005, 1 E 11017/05.OVG; vom 17.06.1999,1 E 10498/99.OVG; vgl. ferner Beschluss des ebenfalls für Bausachen zuständigen 8. Senats des OVG Rheinland-Pfalz vom 08.02.2011, 8 E 10138/11.OVG; Beschluss des BVerwG vom 07.02.1994, 4 B 9/94 betreffend die Beseitigung einer Fischteichanlage, juris; Beschluss des BayVGH vom 06.09.2010, 15 C 10.912, juris).

5

1. Bei der somit gebotenen Schätzung des Zeitwertes der zu beseitigenden Substanz kann hier von der bei den Bauakten befindlichen, von der Klägerin vorgelegten Baukostenberechnung ausgegangen werden, wonach die Gesamtbaukosten des fraglichen Einfamilienhauses mit 268.000,00 € angegeben worden sind. Da aber dieses Haus nach dem Inhalt den vorliegenden Akten offenbar bereits im Jahre 2002 errichtet worden ist, muss ausgehend von der Faustformel: „Zeitwert = Anschaffungswert ./. Abschreibung“ ein Abschlag von den Gesamtbaukosten vorgenommen werden. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Klageerhebung (hier: 11.11.2010) maßgeblich ist (vgl. § 40 GKG), sodass das Einfamilienhaus zu relevanten Zeitpunkt ca. 8 Jahre alt war, hält der Senat eine Reduzierung der Herstellungskosten von 268.000,00 € um 40 % für angemessen, sodass sich ein Zeitwert von 160.800,00 € errechnet.

6

2. Bei der Bewertung der Abrisskosten für ein Massivhaus wird, wovon offenbar auch das Verwaltungsgericht ausging, je nach Größe des Objektes und den Umständen des Einzelfalles in der Regel die Abrisskosten mit einem Betrag zwischen 20.000,00 € und 50.000,00 € anzusetzen sein. Soweit aus den Bauakten Angaben zum umbauten Raum zu ersehen sind, kann sich die Schätzung daran orientieren, wobei in der Regel die Bewertung anhand der Faustformel „m³ umbauten Raums x 20,00 €“ als Grundlage für eine vorsichtige Schätzung geeignet ist. Da vorliegend ausweislich des Inhaltes des Bauantrages von 1250 m³ umbauten Raumes auszugehen ist, ergeben sich somit geschätzte Abrisskosten in Höhe von 25.000,00 €.

7

Der mit der Beschwerde vorgetragene Einwand, es sei beabsichtigt, den Abriss im Wege der Eigenleistung selbst vorzunehmen, sodass nur die Deponiekosten anzusetzen seien, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Bei den geschätzten Abrisskosten handelt es sich nämlich um einen Anhaltspunkt für die Bestimmung des Streitwertes und damit letztlich um die Bemessungsgrundlage für die Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren. Dieser, mit dem Streitwert verfolgte Zweck erfordert es, bei seiner Festsetzung das im Klageantrag zu Ausdruck kommende objektive Interesse zugrunde zu legen und Besonderheiten des Einzelfalles, wie etwa die Möglichkeit, Bauarbeiten in Eigenleistung zu erbringen nicht zu berücksichtigen. Anderenfalls würden die Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren in Verfahren auf Anfechtung einer Beseitigungsverfügung für Kläger bei dem gleichen oder bei einem vergleichbaren zu beseitigendem Objekt unterschiedlich hoch sein. Im Extremfall - etwa bei einer aus wiederverwendbaren Bauteilen bestehenden Halle - müsste der Streitwert bei einem handwerklich geschickten Kläger auf (nahezu) Null (so schon Beschluss des Senats vom 28.11.2000, 1 E 11898/00.OVG), bei einem Kläger, der zu Eigenleistungen nicht imstande ist, erheblich höher festgesetzt werden. Daher ist bei der Streitwertfestsetzung, wie bereits oben ausgeführt, von einer objektiven Beurteilung des Klägerinteresses auszugehen, sodass hier die Abrisskosten zugrunde zu legen sind, die entstehen, wenn ein beauftragter Unternehmer die Arbeiten ausführen würde (vgl. Beschlüsse des Senats vom 28.11.2000, 1 E 11898/00.OVG und vom 30.09.1994, 1 E 12081/94.OVG).

8

3. Erfolg hat die Beschwerde auch insoweit, als das Verwaltungsgericht für das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 € einen Streitwert von 2.000,00 € angesetzt hat, denn eine unselbstständige Zwangsgeldandrohung ist bei der Bemessung des Streitwerts grundsätzlich außer Ansatz zu lassen. Der Senat folgt insoweit dem Vorschlag der Nr. 1.6.2 S.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach dann, wenn in dem in dem angefochtenen Bescheid neben einer Grundverfügung zugleich ein Zwangsgeld angedroht wird, dies für die Streitwertfestsetzung grundsätzlich außer Betracht bleibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 12.04.2011, 1 S 2849/10, juris; vom 18.08.2004, 6 S 1478/04 und vom HessVGH vom 01.02.2007, 6 TE 2258/06, VBlBW 2007, 482). Dies erscheint deshalb gerechtfertigt, weil eine mit der Grundverfügung verbundene Zwangsgeldandrohung im Regelfall nur der Durchsetzung der Grundverfügung dient und keine weitergehende Belastung für den Betroffenen über diejenige hinaus erzeugt, die bereits durch die Grundverfügung verursacht wird. Etwas anderes mag bei Vorliegen besonderer Umstände gelten, insbesondere dann, wenn ein Betroffener im gerichtlichen Verfahren spezifische, nicht von der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung abhängige Einwendungen gerade gegen die Zwangsgeldandrohung erhebt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.04.2011, 1 S 2849/10 a.a.O.). Derartige besondere Umstände sind jedoch hier nicht ersichtlich.

9

4. Soweit das Verwaltungsgericht schließlich für die beantragte Baugenehmigung einen Streitwert von 20.000,00 € angenommen hat, entspricht dies der an der Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientierten Rechtsprechung des Senats.

10

Danach berechnet sich der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren erster Instanz wie folgt:

11
        

1. Instanz

Senat 

Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung

20.000,00 €

20.000,00 €

Anfechtung der Beseitigungsverfügung

                 

- Zeitwert der beseitigenden Substanz

250.000,00 €

160.800,00 €

- Abrisskosten

50.000,00 €

25.000,00 €

Zwangsgeld

2.000,00 €

0,00 €

Summe 

322.000,00 €

205.800,00 €

12

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Streitwerte der von der Klägerin vorliegend im Wege der objektiven Klagehäufung verfolgten Klagebegehren (eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung und eine Anfechtungsklage gegen die Beseitigungsverfügung) zu addieren sind. Wie sich nämlich aus § 39 Abs. 1 GKG ergibt, werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Mehrere Streitgegenstände im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung liegen dann nicht vor, wenn zwar formal verschiedene Ansprüche geltend gemacht werden, die verfolgten Interessen aber wirtschaftlich identisch sind (BVerwG, Beschluss vom 22.09.1981, 1 C 23/81). Dahinter steht letztlich der Gedanke, dass derselbe Streitgegenstand der Gebührenbemessung nicht zwei- bzw. mehrfach zugrunde gelegt werden soll. Ein derartiges Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität greift aber vorliegend nicht ein, da die Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung und die Anfechtungsklage gegen eine Beseitigungsverfügung, schon aus Gründen des materiellen Rechts - Erweiterung der Rechtsposition in dem einen, Abwehr einer Belastung in dem andern Fall - unterschiedliche Sachverhalte regeln und daher auch nicht aus wirtschaftlicher Sicht austauschbar sind. Zwar würde die Erteilung der Baugenehmigung die Erledigung der Klage gegen die Beseitigungsverfügung nach sich ziehen, wenn aber die Baugenehmigung nicht erteilt wird, kann ein selbständiges wirtschaftliches Interesse daran, zumindest den illegalen Bestand zu erhalten nicht geleugnet werden. Die Addition entspricht hier auch der aus § 45 Abs. 1 S. 2 GKG ersichtlichen gesetzgeberischen Wertung, wonach selbst ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen ist, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht.

13

Entgegen den Überlegungen der Klägerin wird durch die vorstehend skizzierte Streitwertfestsetzung die durch Art. 19 Abs. 4 GG gezogene Grenze für Gebührenregelungen nicht überschritten. Dass sich für die Klägerin durch die Streitwertfestsetzung vorliegend die Beschreitung des Rechtswegs als praktisch unmöglich erweisen könnte, insbesondere, dass das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg derart außer Verhältnis steht, dass die Anrufung des Gerichts nicht mehr sinnvoll erscheint, kann hier nicht festgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2006 – 1 BvR 247/05 -). Die Klägerin hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch mit der Beschwerde substantiiert dargelegt, dass die sich aus der Streitwertfestsetzung ergebenden Gebührenforderung ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigen könnte. Aus den vorliegenden Akten kann entnommen werden, dass sie immerhin finanziell in der Lage war, das streitige Anwesen zu errichten. Da im Falle des Unterliegens Gerichts- und Anwaltsgebühren in einer Höhe anfallen, die nur einen Bruchteil des Wertes des Bauvorhabens ausmachen, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Kostenrisiko mit dem im Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg außer Verhältnis steht.

14

Eine Kostenentscheidung und eine Festsetzung des Beschwerdewertes sind nicht erforderlich, da für eine Streitwertbeschwerde weder Gebühren erhoben noch Kosten erstattet werden (vgl. § 68 Abs. 2 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11 zitiert 6 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 40 Zeitpunkt der Wertberechnung


Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 12. Apr. 2011 - 1 S 2849/10

bei uns veröffentlicht am 12.04.2011

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Dezember 2010 - 1 K 3644/10 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 18. Aug. 2004 - 6 S 1478/04

bei uns veröffentlicht am 18.08.2004

Tenor Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. Mai 2004 - 4 K 1064/04 - wird zurückgewiesen. Gründe   1  Die bei sachd
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Aug. 2011 - 1 E 10808/11.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. März 2017 - 9 C 17.324

bei uns veröffentlicht am 16.03.2017

Tenor Unter Abänderung von Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Januar 2017 wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe Die nac

Referenzen

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Dezember 2010 - 1 K 3644/10 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 31.08.2010 wird unter folgenden Auflagen wiederhergestellt (bezüglich Ziffern 1 und 2 der Verfügung) bzw. angeordnet (bezüglich Ziffern 4 und 5 der Verfügung): Die Hunde der Antragsteller sind innerhalb des befriedeten Besitztums, d.h. im Wohnhaus oder innerhalb des eingezäunten Bereichs hinter dem Wohnhaus so zu halten, dass ein Entweichen nicht möglich ist. Abweichend davon darf der Herdenschutzhund im Hof an der Laufleine gehalten werden. Außerhalb des befriedeten Besitztums sind die Hunde sicher an der Leine zu führen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf jeweils 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden der Antragssteller sind nach Maßgabe der aus dem Tenor ersichtlichen Auflagen begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaften und auch sonst zulässigen Eilanträge zu Unrecht abgelehnt. Es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin vom 31.08.2010 und die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass die privaten Belange der Antragsteller, von Vollzugsmaßnahmen einstweilen verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen. In dem angefochtenen Bescheid wurde den Antragstellern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt, Hunde jeglicher Art zu halten und zu führen (Ziffer 1 Satz 1). Ihnen wurde aufgegeben, sämtliche von ihnen gehaltenen Hunde binnen vier Wochen nach Zustellung dieser Verfügung wegzugeben und sonstige in Verwahrung befindliche Hunde bis zu diesem Zeitpunkt den Hundehaltern zurückzugeben. Für den Fall, dass die Antragsteller der verfügten Abgabe der Hunde nicht nachkommen, wurde die Beschlagnahme angeordnet. In Ziffer 2 der Verfügung wurde - ebenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - angeordnet, dass die Hunde bis zur endgültigen Vollziehung/Erledigung der Anordnung in Ziffer 1 im Freien auf dem Hofanwesen nur mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb frei laufen gelassen werden dürfen und außerhalb der Hofgrundstücke nur mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb und nur an der Leine geführt werden dürfen. In Ziffer 4 drohte die Antragsgegnerin für den Fall, dass der Anordnung Ziffer 2 nicht oder nicht vollständig nachgekommen wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- EUR an. In Ziffer 5 wurde für den Fall, dass die Hunde nicht innerhalb der unter Ziffer 1 festgesetzten Frist weggegeben werden, der unmittelbare Zwang in Form der Wegnahme der Hunde und der Verbringung in ein Tierheim angedroht.
1. Bei der im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte sich das allgemeine Hundehaltungsverbot voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Da es sich bei den derzeit von den Antragstellern gehaltenen Hunden nicht um gefährliche Hunde im Sinne der Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 - PolVOgH - handelt, kommt als Ermächtigungsgrundlage allein die polizeiliche Generalermächtigung (§§ 1, 3 PolG) in Betracht.
a) Zwar dürfte die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen sein, dass von der Hundehaltung der Antragsteller eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so dass die Voraussetzungen für ein polizeiliches Einschreiten vorliegen. Bei einer Gesamtschau der in den Verwaltungsakten dokumentierten Vorfälle mit den Hunden der Antragsteller zeigt sich, dass von diesen Gefahren für die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit von Menschen ausgehen. Der Senat lässt bei seiner Bewertung die Vorfälle mit dem als gefährlicher Hund eingestuften Dobermann „...“ außer Betracht, weil dieser im Mai 2010 verstorben ist und keine Feststellungen getroffen worden sind, dass die Antragsteller seither vergleichbare Hunde gehalten haben oder dies beabsichtigen. Des weiteren verkennt der Senat nicht, dass einige der vorliegenden Anzeigen Belastungstendenzen erkennen lassen. Dies betrifft insbesondere die vom Schwiegervater der Antragstellerin zu 1 erstatteten Anzeigen. Andere angezeigte Vorfälle bedürfen aufgrund widersprüchlicher (Zeugen-)Aussagen einer weiteren Sachverhaltsaufklärung im Widerspruchsverfahren und einem sich ggf. anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren. Dies betrifft die Anzeige des Herrn K... bezüglich des Vorfalls vom 19.07.2010 und die Anzeige des Herrn M... vom 08.09.2010, die deshalb Zweifeln begegnet, weil seine Ehefrau mit ihrer Unterschrift auf einer von den Antragstellern vorgelegten Unterschriftenliste bestätigt hat, dass noch keines der Kinder, die auf dem Hof der Antragsteller regelmäßig zu Besuch sind, von einem Hund gebissen worden sei. Trotz allem verbleiben bei der gebotenen zurückhaltenden Bewertung im Eilverfahren einige Vorfälle, bei denen unbeteiligte Passanten, die auf dem am Aussiedlerhof der Antragsteller vorbeiführenden öffentlichen Weg von Hunden der Antragsteller in einer Weise angegriffen wurden, dass ihnen Gefahren für ihre Gesundheit und körperliche Unversehrtheit konkret drohten. Beispielhaft sei auf die Anzeige der Frau H... vom 25.09.2005 verwiesen, die glaubhaft bekundet hat, sie sei am 24.09.2009 von einer Art Pinscher bellend angegriffen und beinahe vom Fahrrad gezogen worden.
b) Zutreffend ist weiter die Annahme, dass nicht nur die Antragstellerin zu 1, sondern auch ihr Ehemann, der Antragsteller zu 2, als (Mit-)Halter für die von den Hunden ausgehenden Gefahren verantwortlich ist.
Die Rechtsprechung der Zivilgerichte sieht - abstellend auf Sinn und Zweck des § 833 BGB und seine Funktion im Schadenersatzrecht - denjenigen als Tierhalter an, der andere erlaubtermaßen der nur unzulänglich beherrschbaren Tiergefahr aussetzt (BGH, Urt. v. 19.01.1988 - VI ZR 188/87 - NJW-RR 1988, 655; ThürOLG, Urt. v. 23.09.2009 - 4 U 420/09 - RuS 2010, 126). Wer „Unternehmer“ des mit der Tierhaltung verbundenen Gefahrenbereichs ist, soll für den daraus erwachsenden Schaden einzustehen haben. Maßgeblich ist darauf abzustellen, wem die Bestimmungsmacht für das Tier zusteht, wer aus eigenem Interesse für seine Kosten aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das wirtschaftliche Verlustrisiko trägt (BGH, Urt. v. 19.01.1988 - VI ZR 188/87 - a.a.O.). Hierbei müssen nicht alle vorgenannten Kriterien kumulativ vorliegen, um die Tierhaltereigenschaft einer Person zu begründen. Bei den zur Bestimmung der Tierhaltereigenschaft bemühten Gesichtspunkten handelt es sich um Indizien, deren Einschlägigkeit anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu überprüfen ist und die erforderlichenfalls gegeneinander abzuwägen sind (ThürOLG, Urt. v. 23.09.2009 - 4 U 420/09 - a.a.O. m.w.N.).
Diese Grundsätze können auf den polizeirechtlichen Begriff des Halters nicht uneingeschränkt übertragen werden. Besonderes Gewicht kommt hier dem auf die Schadensvermeidung abzielenden sicherheitsrechtlichen Aspekt zu, der die Betonung der tatsächlichen Sachherrschaft und der daraus folgenden gefahrenrelevanten Einwirkungsmöglichkeit gebietet. Mit der Zuweisung der Haltereigenschaft soll diejenige Person in Pflicht genommen werden, die als Inhaber der tatsächlichen Bestimmungsmacht über den Hund diese Gefahrenquelle beherrscht (vgl. zum tierschutzrechtlichen Halterbegriff Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl., § 2 Rn. 4). Bei ehelichen und eheähnlichen Gemeinschaften, die zusammenleben und einen oder mehrere Hunde halten, sind dies regelmäßig beide Partner (vgl. hierzu auch Nr. 3.1.2 Satz 4 der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz zur Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz über das Halten gefährlicher Hunde - VwVgH - vom 16.02.2011, GABl. 2011, 162). Werden - wie hier - mehrere Hunde auf dem gemeinsam bewohnten Anwesen gehalten, so stehen die Hunde im Mitbesitz (§ 866 BGB) beider Ehepartner. Nach der Lebenserfahrung ist auch davon auszugehen, dass grundlegende Entscheidungen hinsichtlich der Haltung der Hunde wie etwa die Haltung des Hofhundes an der Laufleine und die Einzäunung eines Teilbereichs des Grundstücks zur Haltung der übrigen Hunde einvernehmlich getroffen werden. Gegenteiliges ist von den Antragstellern auch nicht vorgetragen worden. Ob - wie behauptet - allein die Antragstellerin zu 1 Eigentümerin der Hunde ist, ist für die Frage der Haltereigenschaft nicht relevant. Entscheidend ist, dass auch der Antragsteller zu 2 gefahrenrelevante Einwirkungsmöglichkeiten hinsichtlich der Haltungsbedingungen hat. Bei dieser Sachlage lässt der Umstand, dass faktisch allein die Antragstellerin zu 1 die Hunde versorgt und betreut, die Haltereigenschaft des Antragstellers zu 2 nicht entfallen. Dies gilt umso mehr, als jedenfalls der Hofhund auch der Lebens- und Wirtschaftssphäre des Antragstellers zu 2 zuzuordnen ist.
c) Indes spricht vieles dafür, dass das allgemeine Hundehaltungs- und Hundeführungsverbot nicht erforderlich ist, weil andere, die Antragsteller weniger belastende Maßnahmen zur Verfügung stehen. Es ist nicht ersichtlich, dass von den Hunden der Antragsteller Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen, solange sie innerhalb des befriedeten Besitztums, d.h. im Haus oder innerhalb des umzäunten Grundstücksbereichs bzw. an der Laufleine im Hof gehalten werden. Den von den Hunden ausgehenden Gefahren dürfte daher voraussichtlich mit Anordnungen zur Haltung innerhalb des befriedeten Besitztums sowie mit der Anordnung des Leinenzwangs außerhalb des eingezäunten Bereichs angemessen begegnet werden können. Auch die Anzeigeerstatter haben sich im Übrigen, soweit sie sich zu möglichen zu ergreifenden Maßnahmen geäußert haben, für die Anordnung eines Leinenzwangs ausgesprochen.
Es ist nicht ersichtlich, dass diese weniger einschneidenden Maßnahmen zur Abwehr der von der Hundehaltung ausgehenden Gefahren von vornherein ungeeignet wären, weil aufgrund des bisherigen Verhaltens der Antragsteller davon ausgegangen werden müsste, dass diese nicht gewillt wären, derartige Anordnungen zuverlässig zu befolgen. Bedenken gegen die Zuverlässigkeit können sich primär aus Verstößen gegen sicherheitsrelevante Halterpflichten ergeben. Ein allgemeines Hundehaltungsverbot setzt nach der Rechtsprechung des Senats schwerwiegende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Halters voraus; es kommt insbesondere gegenüber einem völlig unzuverlässigen, uneinsichtigen und rücksichtslosen Hundehalter in Betracht, der beharrlich gegen Halterpflichten verstößt (vgl. zu einem solchen Fall Senatsbeschluss vom 09.08.2006 - 1 S 1404/06 -). Dafür gibt es hier keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar bestehen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin zu 1 gewisse Zweifel, insbesondere weil diese die Mängel der Hundehaltung, auf die sie unter Hinweis auf vorliegende Beschwerden bereits mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 29.09.2009 eindringlich hingewiesen wurde, nicht durch geeignete Maßnahmen behoben hat. Die Antragsgegnerin hat es indes versäumt, verbindliche Anordnungen zu treffen. Eine Prognose, dass die Antragsteller verbindliche Anordnungen zur Hundehaltung missachten würden, erscheint bei dieser Sachlage nicht gerechtfertigt.
2. Infolgedessen ist auch die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Beschlagnahme der Hunde und gegen die unselbstständigen Anordnungen in Ziffer 2 der Verfügung vom 31.08.2010 wiederherzustellen sowie gegen die Zwangsmittelandrohungen in den Ziffern 4 und 5 der Verfügung anzuordnen.
10 
3. In Anwendung der Vorschrift des § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO erscheint es dem Senat geboten, die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche gegen die Verfügung vom 31.08.2010 von Auflagen abhängig zu machen, um den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, die von der Hundehaltung der Antragsteller berührt werden, Rechnung zu tragen. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand dürfte auch die Antragsgegnerin berechtigt sein, inhaltsgleiche Anordnungen zur Abwehr der von der Hundehaltung der Antragsteller ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu erlassen.
11 
Sollten sich vor einer Entscheidung in der Hauptsache neue wesentliche Umstände ergeben (insbesondere Nichtbeachtung der vom Senat verfügten Auflagen), könnte diesen Umständen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
II.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
13 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich des für sofort vollziehbar erklärten Hundehaltungs- und Hundeführungsverbots ist der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. In Bezug auf die ebenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte Beschlagnahme der Hunde kommt das vorläufige Rechtsschutzverfahren seiner Bedeutung nach dem Hauptsacheverfahren gleich, so dass der volle Auffangstreitwert anzusetzen ist. Eine Erhöhung dieses Streitwerts aufgrund der Anzahl der Hunde ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht angezeigt. Die für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Bedeutung der Sache bemisst sich, soweit keine gewerbsmäßige Tierhaltung vorliegt, nicht nach der Anzahl der gehaltenen Tiere. Erst eine gewerbsmäßige Tierhaltung, für die hier keine greifbaren Anhaltspunkte vorliegen, würde eine Erhöhung des Streitwerts in Anlehnung an Nr. 54.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. bei Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., Anh § 164 Rn. 14) rechtfertigen. Damit ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 7.500,-- EUR.
14 
Die unselbstständige Zwangsgeldandrohung ist bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen. Der Senat folgt in diesem Zusammenhang unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (Beschl. v. 08.03.2005 - 1 S 254/05 - juris Rn. 14) der Regelung der Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004. Wird demnach in dem angefochtenen Bescheid neben einer Grundverfügung zugleich ein Zwangsgeld angedroht, so bleibt dies für die Streitwertfestsetzung grundsätzlich außer Betracht (ebenso VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.08.2004 - 6 S 1478/04 - juris; Beschl. v. 21.06.2005 - 11 S 806/05 - NVwZ-RR 2006, 219; Beschl. v. 21.12.2010 - 9 S 2343/10 - juris Rn. 35; HessVGH, Beschl. v. 01.02.2007 - 6 TE 2258/06 - VBlBW 2007, 482). Dies erscheint deshalb gerechtfertigt, weil eine mit der Grundverfügung verbundene Zwangsgeldandrohung im Regelfall nur der Durchsetzung der Grundverfügung dient und keine weitergehende Belastung für den Betroffenen über diejenige hinaus erzeugt, die bereits durch die Grundverfügung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.08.2004 - 6 S 1478/04 - a.a.O.). Etwas anderes mag bei Vorliegen besonderer Umstände gelten, insbesondere dann, wenn ein Betroffener im gerichtlichen Verfahren spezifische, nicht von der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung abhängige Einwendungen gerade gegen die Zwangsgeldandrohung erhebt. Derartige besondere Umstände sind jedoch hier nicht ersichtlich.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. Mai 2004 - 4 K 1064/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die bei sachdienlichem Verständnis im eigenen Gebühreninteresse des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin erhobene Streitwertbeschwerde, mit der die Anhebung des auf 4.000,-- EUR festgesetzten Streitwerts auf 4.125,-- EUR begehrt wird, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht davon abgesehen, den für die Grundverfügung festgesetzten Auffangwert (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in der bis zum 30.06.2004 maßgeblichen Fassung, vgl. § 72 Nr 1 GKG 2004) mit Rücksicht auf die mit der Grundverfügung verbundene Zwangsgeldandrohung in Höhe von 500,-- EUR nach § 5 ZPO um ¼ des angedrohten Betrags zu erhöhen.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG bemisst sich die Höhe des Streitwerts im gerichtlichen Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Rechtssache. Betrifft die Klage oder - wie hier - der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mehrere Ansprüche, ist deren Wert bei der Streitwertbemessung zusammen zu rechnen (§ 173 VwGO i.V.m. § 5 ZPO).
In der Rechtsprechung wird teilweise die Ansicht vertreten, dass im Fall der Verbindung der angefochtenen Grundverfügung mit einer (insoweit unselbständigen) Zwangsgeldandrohung der Zwangsgeldandrohung selbst eine eigenständige Bedeutung zukommt und diesem Umstand nach § 5 ZPO bei der Bemessung des Streitwerts durch dessen Erhöhung um den angedrohten Betrag oder einen Bruchteil hiervon Rechnung zu tragen ist (so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2002 - 14 S 315/02 -; Beschluss vom 13.01.1995 - 10 S 3057/94 -, NVwZ-RR 1995, 506; Hess. VGH, Beschluss vom 23.09.1999, NVwZ-RR 2000, 330; Sächs. OVG, Beschluss vom 02.04.1998, DÖV 1998, 936; OVG NW, Beschluss vom 13.06.1997, NVwZ-RR 1998, 787). Da aber eine mit der Grundverfügung verbundene Zwangsgeldandrohung im Regelfall nur der Durchsetzung der Grundverfügung dient und keine weitergehende wirtschaftliche Belastung für den Betroffenen über die hinaus erzeugt, die bereits durch die Grundverfügung verursacht wird, sieht der Senat es in der Regel als gerechtfertigt an, die (unselbständige) Zwangsgeldandrohung bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen (so auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.09.2002 - 10 S 957/02 -; Beschluss vom 12.08.1993 - 14 S 860/93 -; OVG NW, Beschluss vom 12.06.1997, NVwZ-RR 1998, 79; Bayer. VGH, Beschluss vom 19.09.2001, BayVBl. 2002, 505; OVG Berlin, Beschluss vom 20.11.2000, NVwZ-RR 2001, 276; BVerwG, Beschluss vom 01.09.1992, GewArch 1993, 325; Beschluss vom 03.02.1993, Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 71). Inwieweit etwas anderes bei Vorliegen besonderer Umstände gilt, etwa dann, wenn die Zwangsgeldandrohung im gerichtlichen Verfahren speziellen, nicht von der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung abhängigen Einwendungen des Betroffenen ausgesetzt war (vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 19.09.2001 a.a.O.), kann vorliegend dahinstehen. Denn besondere Umstände dieser Art sind hier nicht ersichtlich. Die Zwangsgeldandrohung blieb bei der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts hiernach zu Recht unberücksichtigt.
Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei ist und Kosten der Beteiligten nicht erstattet werden (vgl. § 25 Abs. 4 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Dezember 2010 - 1 K 3644/10 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 31.08.2010 wird unter folgenden Auflagen wiederhergestellt (bezüglich Ziffern 1 und 2 der Verfügung) bzw. angeordnet (bezüglich Ziffern 4 und 5 der Verfügung): Die Hunde der Antragsteller sind innerhalb des befriedeten Besitztums, d.h. im Wohnhaus oder innerhalb des eingezäunten Bereichs hinter dem Wohnhaus so zu halten, dass ein Entweichen nicht möglich ist. Abweichend davon darf der Herdenschutzhund im Hof an der Laufleine gehalten werden. Außerhalb des befriedeten Besitztums sind die Hunde sicher an der Leine zu führen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf jeweils 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden der Antragssteller sind nach Maßgabe der aus dem Tenor ersichtlichen Auflagen begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaften und auch sonst zulässigen Eilanträge zu Unrecht abgelehnt. Es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin vom 31.08.2010 und die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass die privaten Belange der Antragsteller, von Vollzugsmaßnahmen einstweilen verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen. In dem angefochtenen Bescheid wurde den Antragstellern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt, Hunde jeglicher Art zu halten und zu führen (Ziffer 1 Satz 1). Ihnen wurde aufgegeben, sämtliche von ihnen gehaltenen Hunde binnen vier Wochen nach Zustellung dieser Verfügung wegzugeben und sonstige in Verwahrung befindliche Hunde bis zu diesem Zeitpunkt den Hundehaltern zurückzugeben. Für den Fall, dass die Antragsteller der verfügten Abgabe der Hunde nicht nachkommen, wurde die Beschlagnahme angeordnet. In Ziffer 2 der Verfügung wurde - ebenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - angeordnet, dass die Hunde bis zur endgültigen Vollziehung/Erledigung der Anordnung in Ziffer 1 im Freien auf dem Hofanwesen nur mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb frei laufen gelassen werden dürfen und außerhalb der Hofgrundstücke nur mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb und nur an der Leine geführt werden dürfen. In Ziffer 4 drohte die Antragsgegnerin für den Fall, dass der Anordnung Ziffer 2 nicht oder nicht vollständig nachgekommen wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- EUR an. In Ziffer 5 wurde für den Fall, dass die Hunde nicht innerhalb der unter Ziffer 1 festgesetzten Frist weggegeben werden, der unmittelbare Zwang in Form der Wegnahme der Hunde und der Verbringung in ein Tierheim angedroht.
1. Bei der im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte sich das allgemeine Hundehaltungsverbot voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Da es sich bei den derzeit von den Antragstellern gehaltenen Hunden nicht um gefährliche Hunde im Sinne der Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 - PolVOgH - handelt, kommt als Ermächtigungsgrundlage allein die polizeiliche Generalermächtigung (§§ 1, 3 PolG) in Betracht.
a) Zwar dürfte die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen sein, dass von der Hundehaltung der Antragsteller eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so dass die Voraussetzungen für ein polizeiliches Einschreiten vorliegen. Bei einer Gesamtschau der in den Verwaltungsakten dokumentierten Vorfälle mit den Hunden der Antragsteller zeigt sich, dass von diesen Gefahren für die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit von Menschen ausgehen. Der Senat lässt bei seiner Bewertung die Vorfälle mit dem als gefährlicher Hund eingestuften Dobermann „...“ außer Betracht, weil dieser im Mai 2010 verstorben ist und keine Feststellungen getroffen worden sind, dass die Antragsteller seither vergleichbare Hunde gehalten haben oder dies beabsichtigen. Des weiteren verkennt der Senat nicht, dass einige der vorliegenden Anzeigen Belastungstendenzen erkennen lassen. Dies betrifft insbesondere die vom Schwiegervater der Antragstellerin zu 1 erstatteten Anzeigen. Andere angezeigte Vorfälle bedürfen aufgrund widersprüchlicher (Zeugen-)Aussagen einer weiteren Sachverhaltsaufklärung im Widerspruchsverfahren und einem sich ggf. anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren. Dies betrifft die Anzeige des Herrn K... bezüglich des Vorfalls vom 19.07.2010 und die Anzeige des Herrn M... vom 08.09.2010, die deshalb Zweifeln begegnet, weil seine Ehefrau mit ihrer Unterschrift auf einer von den Antragstellern vorgelegten Unterschriftenliste bestätigt hat, dass noch keines der Kinder, die auf dem Hof der Antragsteller regelmäßig zu Besuch sind, von einem Hund gebissen worden sei. Trotz allem verbleiben bei der gebotenen zurückhaltenden Bewertung im Eilverfahren einige Vorfälle, bei denen unbeteiligte Passanten, die auf dem am Aussiedlerhof der Antragsteller vorbeiführenden öffentlichen Weg von Hunden der Antragsteller in einer Weise angegriffen wurden, dass ihnen Gefahren für ihre Gesundheit und körperliche Unversehrtheit konkret drohten. Beispielhaft sei auf die Anzeige der Frau H... vom 25.09.2005 verwiesen, die glaubhaft bekundet hat, sie sei am 24.09.2009 von einer Art Pinscher bellend angegriffen und beinahe vom Fahrrad gezogen worden.
b) Zutreffend ist weiter die Annahme, dass nicht nur die Antragstellerin zu 1, sondern auch ihr Ehemann, der Antragsteller zu 2, als (Mit-)Halter für die von den Hunden ausgehenden Gefahren verantwortlich ist.
Die Rechtsprechung der Zivilgerichte sieht - abstellend auf Sinn und Zweck des § 833 BGB und seine Funktion im Schadenersatzrecht - denjenigen als Tierhalter an, der andere erlaubtermaßen der nur unzulänglich beherrschbaren Tiergefahr aussetzt (BGH, Urt. v. 19.01.1988 - VI ZR 188/87 - NJW-RR 1988, 655; ThürOLG, Urt. v. 23.09.2009 - 4 U 420/09 - RuS 2010, 126). Wer „Unternehmer“ des mit der Tierhaltung verbundenen Gefahrenbereichs ist, soll für den daraus erwachsenden Schaden einzustehen haben. Maßgeblich ist darauf abzustellen, wem die Bestimmungsmacht für das Tier zusteht, wer aus eigenem Interesse für seine Kosten aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das wirtschaftliche Verlustrisiko trägt (BGH, Urt. v. 19.01.1988 - VI ZR 188/87 - a.a.O.). Hierbei müssen nicht alle vorgenannten Kriterien kumulativ vorliegen, um die Tierhaltereigenschaft einer Person zu begründen. Bei den zur Bestimmung der Tierhaltereigenschaft bemühten Gesichtspunkten handelt es sich um Indizien, deren Einschlägigkeit anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu überprüfen ist und die erforderlichenfalls gegeneinander abzuwägen sind (ThürOLG, Urt. v. 23.09.2009 - 4 U 420/09 - a.a.O. m.w.N.).
Diese Grundsätze können auf den polizeirechtlichen Begriff des Halters nicht uneingeschränkt übertragen werden. Besonderes Gewicht kommt hier dem auf die Schadensvermeidung abzielenden sicherheitsrechtlichen Aspekt zu, der die Betonung der tatsächlichen Sachherrschaft und der daraus folgenden gefahrenrelevanten Einwirkungsmöglichkeit gebietet. Mit der Zuweisung der Haltereigenschaft soll diejenige Person in Pflicht genommen werden, die als Inhaber der tatsächlichen Bestimmungsmacht über den Hund diese Gefahrenquelle beherrscht (vgl. zum tierschutzrechtlichen Halterbegriff Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl., § 2 Rn. 4). Bei ehelichen und eheähnlichen Gemeinschaften, die zusammenleben und einen oder mehrere Hunde halten, sind dies regelmäßig beide Partner (vgl. hierzu auch Nr. 3.1.2 Satz 4 der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz zur Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz über das Halten gefährlicher Hunde - VwVgH - vom 16.02.2011, GABl. 2011, 162). Werden - wie hier - mehrere Hunde auf dem gemeinsam bewohnten Anwesen gehalten, so stehen die Hunde im Mitbesitz (§ 866 BGB) beider Ehepartner. Nach der Lebenserfahrung ist auch davon auszugehen, dass grundlegende Entscheidungen hinsichtlich der Haltung der Hunde wie etwa die Haltung des Hofhundes an der Laufleine und die Einzäunung eines Teilbereichs des Grundstücks zur Haltung der übrigen Hunde einvernehmlich getroffen werden. Gegenteiliges ist von den Antragstellern auch nicht vorgetragen worden. Ob - wie behauptet - allein die Antragstellerin zu 1 Eigentümerin der Hunde ist, ist für die Frage der Haltereigenschaft nicht relevant. Entscheidend ist, dass auch der Antragsteller zu 2 gefahrenrelevante Einwirkungsmöglichkeiten hinsichtlich der Haltungsbedingungen hat. Bei dieser Sachlage lässt der Umstand, dass faktisch allein die Antragstellerin zu 1 die Hunde versorgt und betreut, die Haltereigenschaft des Antragstellers zu 2 nicht entfallen. Dies gilt umso mehr, als jedenfalls der Hofhund auch der Lebens- und Wirtschaftssphäre des Antragstellers zu 2 zuzuordnen ist.
c) Indes spricht vieles dafür, dass das allgemeine Hundehaltungs- und Hundeführungsverbot nicht erforderlich ist, weil andere, die Antragsteller weniger belastende Maßnahmen zur Verfügung stehen. Es ist nicht ersichtlich, dass von den Hunden der Antragsteller Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen, solange sie innerhalb des befriedeten Besitztums, d.h. im Haus oder innerhalb des umzäunten Grundstücksbereichs bzw. an der Laufleine im Hof gehalten werden. Den von den Hunden ausgehenden Gefahren dürfte daher voraussichtlich mit Anordnungen zur Haltung innerhalb des befriedeten Besitztums sowie mit der Anordnung des Leinenzwangs außerhalb des eingezäunten Bereichs angemessen begegnet werden können. Auch die Anzeigeerstatter haben sich im Übrigen, soweit sie sich zu möglichen zu ergreifenden Maßnahmen geäußert haben, für die Anordnung eines Leinenzwangs ausgesprochen.
Es ist nicht ersichtlich, dass diese weniger einschneidenden Maßnahmen zur Abwehr der von der Hundehaltung ausgehenden Gefahren von vornherein ungeeignet wären, weil aufgrund des bisherigen Verhaltens der Antragsteller davon ausgegangen werden müsste, dass diese nicht gewillt wären, derartige Anordnungen zuverlässig zu befolgen. Bedenken gegen die Zuverlässigkeit können sich primär aus Verstößen gegen sicherheitsrelevante Halterpflichten ergeben. Ein allgemeines Hundehaltungsverbot setzt nach der Rechtsprechung des Senats schwerwiegende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Halters voraus; es kommt insbesondere gegenüber einem völlig unzuverlässigen, uneinsichtigen und rücksichtslosen Hundehalter in Betracht, der beharrlich gegen Halterpflichten verstößt (vgl. zu einem solchen Fall Senatsbeschluss vom 09.08.2006 - 1 S 1404/06 -). Dafür gibt es hier keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar bestehen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin zu 1 gewisse Zweifel, insbesondere weil diese die Mängel der Hundehaltung, auf die sie unter Hinweis auf vorliegende Beschwerden bereits mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 29.09.2009 eindringlich hingewiesen wurde, nicht durch geeignete Maßnahmen behoben hat. Die Antragsgegnerin hat es indes versäumt, verbindliche Anordnungen zu treffen. Eine Prognose, dass die Antragsteller verbindliche Anordnungen zur Hundehaltung missachten würden, erscheint bei dieser Sachlage nicht gerechtfertigt.
2. Infolgedessen ist auch die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Beschlagnahme der Hunde und gegen die unselbstständigen Anordnungen in Ziffer 2 der Verfügung vom 31.08.2010 wiederherzustellen sowie gegen die Zwangsmittelandrohungen in den Ziffern 4 und 5 der Verfügung anzuordnen.
10 
3. In Anwendung der Vorschrift des § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO erscheint es dem Senat geboten, die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche gegen die Verfügung vom 31.08.2010 von Auflagen abhängig zu machen, um den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, die von der Hundehaltung der Antragsteller berührt werden, Rechnung zu tragen. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand dürfte auch die Antragsgegnerin berechtigt sein, inhaltsgleiche Anordnungen zur Abwehr der von der Hundehaltung der Antragsteller ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu erlassen.
11 
Sollten sich vor einer Entscheidung in der Hauptsache neue wesentliche Umstände ergeben (insbesondere Nichtbeachtung der vom Senat verfügten Auflagen), könnte diesen Umständen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
II.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
13 
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich des für sofort vollziehbar erklärten Hundehaltungs- und Hundeführungsverbots ist der Auffangwert anzusetzen, wobei dieser Betrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. In Bezug auf die ebenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte Beschlagnahme der Hunde kommt das vorläufige Rechtsschutzverfahren seiner Bedeutung nach dem Hauptsacheverfahren gleich, so dass der volle Auffangstreitwert anzusetzen ist. Eine Erhöhung dieses Streitwerts aufgrund der Anzahl der Hunde ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht angezeigt. Die für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Bedeutung der Sache bemisst sich, soweit keine gewerbsmäßige Tierhaltung vorliegt, nicht nach der Anzahl der gehaltenen Tiere. Erst eine gewerbsmäßige Tierhaltung, für die hier keine greifbaren Anhaltspunkte vorliegen, würde eine Erhöhung des Streitwerts in Anlehnung an Nr. 54.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. bei Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., Anh § 164 Rn. 14) rechtfertigen. Damit ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 7.500,-- EUR.
14 
Die unselbstständige Zwangsgeldandrohung ist bei der Bemessung des Streitwerts außer Ansatz zu lassen. Der Senat folgt in diesem Zusammenhang unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (Beschl. v. 08.03.2005 - 1 S 254/05 - juris Rn. 14) der Regelung der Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004. Wird demnach in dem angefochtenen Bescheid neben einer Grundverfügung zugleich ein Zwangsgeld angedroht, so bleibt dies für die Streitwertfestsetzung grundsätzlich außer Betracht (ebenso VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.08.2004 - 6 S 1478/04 - juris; Beschl. v. 21.06.2005 - 11 S 806/05 - NVwZ-RR 2006, 219; Beschl. v. 21.12.2010 - 9 S 2343/10 - juris Rn. 35; HessVGH, Beschl. v. 01.02.2007 - 6 TE 2258/06 - VBlBW 2007, 482). Dies erscheint deshalb gerechtfertigt, weil eine mit der Grundverfügung verbundene Zwangsgeldandrohung im Regelfall nur der Durchsetzung der Grundverfügung dient und keine weitergehende Belastung für den Betroffenen über diejenige hinaus erzeugt, die bereits durch die Grundverfügung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.08.2004 - 6 S 1478/04 - a.a.O.). Etwas anderes mag bei Vorliegen besonderer Umstände gelten, insbesondere dann, wenn ein Betroffener im gerichtlichen Verfahren spezifische, nicht von der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung abhängige Einwendungen gerade gegen die Zwangsgeldandrohung erhebt. Derartige besondere Umstände sind jedoch hier nicht ersichtlich.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.