Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 05. Feb. 2014 - 12 A 2630/13

ECLI:ECLI:DE:OVGNRW:2014:0205.12A2630.13.00
bei uns veröffentlicht am05.02.2014

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 96 Fernbleiben vom Dienst


(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen. (2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernb

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 und die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von 1454,28 Euro.

2

Der alleinstehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu Einkünften aus selbstständiger oder anderer Tätigkeit machte er keine Angaben. Auf dem Zusatzblatt 2 findet sich mit grünem Stift - der Beraterin - die Einfügung: "Ich-AG 3.2.03 - 1 Jahr Förderung". Der Beklagte gewährte dem Kläger alsdann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zunächst für den Zeitraum vom 31.3. bis 30.9.2005 (Bescheid vom 19.4.2005). Einkommen des Klägers berücksichtigte er bei der Berechnung der Leistungshöhe nicht. In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger keine Änderungen der Verhältnisse an, woraufhin der Beklagte Alg II in der selben Höhe wie zuvor (monatlich: 601,89 Euro; Regelleistung: 331 Euro; KdU: 270,89 Euro) auch für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte (Bescheid vom 16.8.2005 ).

3

Auf eine Einladung des Beklagten zu einem Gespräch über seine berufliche Situation und zur Vorlage seiner Bewerbungen legte der Kläger am 29.12.2005 eine Änderungsmitteilung vor und gab an, er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig sein (Abbruch, Entkernung, Maurerarbeiten). Zusammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkommenserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Er teilte zunächst voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von 750 Euro sowie -ausgaben in Höhe von 225 Euro mit. Der Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, weil sich die Auftragslage verschlechtert habe. Im Mai und August 2006 reichte der Kläger ferner Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 ein und legte mit einem weiteren Fortzahlungsantrag im Januar 2007 eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung vor, aus der sich für das Jahr 2005 insgesamt ein vorläufiges positives betriebswirtschaftliches Ergebnis von 8581,40 Euro ergibt, darunter im letzten Quartal 2005 - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum - in Höhe von 10 115,44 Euro. Am 16.7.2007 gab der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2005 zu den Akten, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 10 405 Euro ausweist. In einem vom Kläger beigefügten Schreiben des Steuerberaters wird zur Erläuterung ausgeführt, dass der Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt worden sei und sich der in dem Steuerbescheid angesetzte Gewinn in Höhe von 10 405 Euro aus zwei Positionen zusammensetze - einem Gewinnanteil aus laufendem Geschäftsbetrieb in Höhe von 381 Euro und einem Gewinnanteil in Höhe von 10 024 Euro, der aus der Auflösung, Neubildung und Verzinsung von Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 7g EStG (Ansparabschreibungen) entstanden sei. In dem Schreiben heißt es weiter: "Der hohe Gewinn des Jahres 2003 wurde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG in die Folgejahre verschoben. Dieser Gewinnanteil ist im Jahr 2005 nicht zugeflossen und stand damit nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung."

4

Daraufhin führte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 durch und hob mit Bescheid vom 24.1.2008 den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf. Mit Änderungsbescheid vom 24.4.2008 wurde die Leistungsbewilligung für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 - der Rechtsstreit hat sich für den Zeitraum ab 1.1.2006 durch angenommenes Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Dresden erledigt - teilweise in Höhe von monatlich 587,59 Euro aufgehoben und die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum auf monatlich 484,76 Euro, insgesamt 1454,28 Euro, reduziert. Den Widerspruch des Klägers vom 28.1.2008 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.4.2008 zurück.

5

Durch Urteil vom 22.12.2009 hat das SG die Klage hiergegen abgewiesen. Die streitbefangenen Bescheide seien - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Beklagte habe die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.8.2005 zutreffend auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X gestützt. Der Bescheid vom 16.8.2005 sei bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen und es sei eine wesentliche Änderung durch Zufluss von Einkommen eingetreten. Für den Beklagten habe aufgrund der Angaben des Klägers im Leistungsantrag weder Veranlassung bestanden, den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 nur vorläufig zu erlassen, noch aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II zu vermuten, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Zu Recht habe der Beklagte die Höhe des dann zugeflossenen Einkommens ausgehend vom steuerrechtlichen Gewinn ermittelt. Insofern komme dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 Tatbestandswirkung zu. Der auf die Auflösung der Ansparabschreibungen entfallende Gewinnanteil sei nicht abzuziehen. Die Auflösung der Rücklage fließe dem Steuerpflichtigen zu, weil Gelder, die ursprünglich für eine Investition vorgesehen und gebunden gewesen seien, nun wieder - auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts - zur Verfügung gestanden hätten. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Der Beklagte hat der Einlegung zugestimmt.

6

Der Kläger rügt mit der Revision (sinngemäß) eine Verletzung des § 11 Abs 1 SGB II und des § 2a Abs 1 Alg II-V iVm § 15 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das SG die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 zugrunde gelegt. Die Auflösung der im Jahr 2003 gebildeten Ansparabschreibung habe nicht berücksichtigt werden dürfen. Hierbei handele es sich um einen im Jahr 2003 und nicht im maßgeblichen Zeitraum 2005 zugeflossenen Gewinn. Allein durch die Ausweisung der aufgelösten Ansparabschreibung stünden ihm keine bereiten Mittel zur Verfügung. Das Geld sei bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet worden.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2008 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er schließt sich den Ausführungen des SG an.

Entscheidungsgründe

10

Die Sprungrevision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG begründet.

11

Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob der aufgehobene Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 von Anfang an rechtswidrig war (§ 45 SGB X) oder durch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nachträglich rechtswidrig geworden ist (§ 48 SGB X). Es ist vom SG nicht festgestellt worden, ob bei Bescheiderteilung nach den objektiven Verhältnissen Hilfebedürftigkeit vorlag oder die Hilfebedürftigkeit ggf im Verlaufe des streitigen Zeitraumes entfallen ist.

12

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar.

13

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).

14

2. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 24.1.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II teilweise aufgehoben hat und eine Erstattungsforderung in Höhe von 1454,28 Euro für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 geltend gemacht hat. Der Kläger hat ihn zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen.

15

3. Ob der Beklagte die Aufhebungsentscheidung - die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung unterstellt (s hierzu unter b) - auf § 48 SGB X stützen konnte, wie das SG annimmt, oder ob ggf § 45 SGB X als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, kann vom erkennenden Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das SG ebenso wenig entschieden werden, wie die Frage, ob der Bewilligungsbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig war.

16

a) Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. § 45 SGB X findet also Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden soll. Beide Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden soll, ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4 RdNr 13; BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr 20 S 68 und BSGE 65, 221 = SozR 1300 § 45 Nr 45 S 141; vgl auch Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - und zuletzt BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären (BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 113 ff = SozR 3-1300 § 32 Nr 2; BSGE 82, 183 = SozR 3-4100 § 71 Nr 2 mwN; BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1), um die objektiven Verhältnisse festzustellen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des SG nicht darauf an, zu welchen Vermutungen die Verwaltung aufgrund der klägerischen Angaben Anlass gehabt hatte. Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später - nach weiteren Ermittlungen - heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Mangelnde Amtsermittlung kann auch niemals Grund für eine nur vorläufige Leistungsbewilligung sein. Der endgültige Bescheid ist umgekehrt kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen - nicht wegen fehlerhafter Ausübung der Amtsermittlungspflicht, sondern - objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht. Eine endgültige Bewilligung unter Abschlag von der Leistungshöhe aufgrund einer prospektiven Schätzung von Einkommen ohne rechtliche Befugnis hierzu ist rechtswidrig (BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1). Entscheidet der Träger jedoch endgültig und bewilligt nicht nur vorläufige Leistungen, sind Maßstab der Überprüfung der Aufhebungsentscheidung § 45 oder § 48 SGB X.

17

Die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides können den Feststellungen des SG jedoch nicht entnommen werden. Das SG hat ausgeführt, aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II sei nicht zu vermuten gewesen, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Wenn das Gericht in seinen weiteren Ausführungen gleichwohl davon ausgeht, dass der Kläger Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung hatte, brauchte es zwar von seinem Rechtsstandpunkt keine weitere Aufklärung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögenssituation vorzunehmen. Insoweit verkennt es jedoch den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung, ob eine zur Rechtswidrigkeit führende wesentlich Änderung der Verhältnisse oder eine anfängliche Rechtswidrigkeit gegeben waren.

18

b) Ob der Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 rechtmäßig war, beurteilt sich zuvörderst danach, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erfüllt hatte, insbesondere ob er hilfebedürftig war. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II - jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

19

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II - ebenfalls in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 - sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Vom Einkommen sind ua die auf das Einkommen entrichteten Steuern abzuziehen (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB II). § 2a Alg II-V(idF der ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.8.2005, mit Wirkung vom 1.10.2005, BGBl I 2499) regelt die Einzelheiten der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit sowie Gewerbebetrieb. Nach § 2a Abs 1 Satz 1 und 2 Alg II-V ist dabei vom Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV unter Verweis ua auf § 15 Abs 1 EStG auszugehen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(idF des Art 1 Nr 4 Gesetz vom 22.12.2003, BGBl I 2840 mit Wirkung vom 1.1.2004) Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.

20

Grundsätzlich ist es - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - zwar nicht zu beanstanden, dass das SG von dem Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage iS des § 7g EStG als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im hier streitigen Zeitraum ausgegangen ist(vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 24.4.2007 - L 26 B 422/07 AS ER -; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, § 15 RdNr 8, Stand 43. EL XII/2005). Gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV(idF des Art 3 Nr 2 Gesetz zur Reform der Agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994, BGBl I 1890) ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Nach der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs 1 SGB IV(BT-Drucks 12/5700, S 96) soll das Arbeitseinkommen aus dem Steuerbescheid übernommen werden. Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts sind die §§ 4 - 7k EStG(vgl Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV RdNr 10, Stand 44. EL August 2004). Auch die Regelung des § 7g EStG ist Teil der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und damit bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen(BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10; Fischer in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 15 RdNr 43).

21

Ansparrücklagen sollen dem Selbstständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung wird verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert werden (siehe zum Ganzen: BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Nach § 7g Abs 3 EStG(in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts iS des § 7g Abs 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage gemäß § 7g Abs 4 Satz 1 EStG in Höhe von 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gemäß § 7g Abs 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen(siehe hierzu Drenseck in Schmidt, EStG, 24. Aufl 2005, § 7g RdNr 24; Lambrecht in EStG-KompaktKommentar, 4. Aufl 2004, § 7g RdNr 48 f; Pinkos, DB 1993, 1688, 1690 ff). Für den Fall, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt, bestimmt § 7g Abs 6 EStG, dass § 7 Abs 3 bis 5 EStG mit Ausnahme von Abs 3 Nr 1(gemeint: Abs 3 Satz 3 Nr 1) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.

22

Die Rücklagenbildung hat zur Folge, dass sie im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führt, unabhängig davon, ob dabei ein Verlust entsteht oder ein bestehender Verlust sich erhöht (§ 7g Abs 3 Satz 4 EStG). Durch die Bildung einer Rücklage erhält der Steuerpflichtige mithin einen Steuervorteil unter der Bedingung, dass er spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investiert. Die Nichtbesteuerung der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage führt dazu, dass beim Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage eine erhöhte Liquidität vorliegt; mit dem Ersparten kann und soll der Steuerpflichtige investieren (vgl BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2).

23

Bei der Ansparrücklage handelt es sich im hier streitigen Zeitraum auch um Einkommen iS des SGB II. Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie der Senat im Urteil vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; vgl auch Urteil des Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - FEVS 60, 546) dargelegt hat, ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(ebenso schon BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.

24

Grundsätzlich gilt für die Ansparrücklage nach diesem Grundsatz - da sie in jedem Fall bereits vor der Antragstellung gebildet wurde und soweit sie im hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war -, dass sie als Vermögen zu werten wäre (vgl Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 2a Alg II-V, - B 4 AS 22/10 R). Der Senat knüpft bei dieser Wertung an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach ein Sparguthaben eines Leistungsberechtigten, das vor der Antragstellung gebildet wurde, durchgehend Vermögen ist, auch wenn es nach der Antragstellung fällig wird und zufließt (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Dieses gilt insbesondere in Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen (vgl BVerwG Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 f = juris RdNr 16, und - 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137 f = juris RdNr 15). Dieses gilt auch für die Ansparrücklage. Die Ansparrücklage entstammt Jahre zuvor - hier wohl 2003 - erwirtschaftetem Gewinn, war also zum damaligen Zeitpunkt Einkommen und fließt bei ihrer Auflösung in den Betrieb/das Unternehmen als Investition zurück (vgl Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c; s hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 22/10 R). Tatsächlich handelt es sich mithin um die Freisetzung von angespartem Einkommen, also Vermögen.

25

Gleichwohl ist der Gewinn aus der aufgelösten Ansparrücklage im hier streitigen Zeitraum Einkommen. Dieses wird durch den Verweis in § 2a Alg II-V auf die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften normativ bestimmt. Danach ist die aufgelöste oder aufzulösende Ansparrücklage, obwohl sie vor der Antragstellung gebildet wurde (s zum Sparguthaben BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16) als Einkommen im jeweiligen Steuerjahr zu berücksichtigen. Grundsätzliche Bedenken gegen die normative Zuordnung als Einkommen bestehen auf Grundlage der soeben dargelegten Funktion der Ansparrücklage mit im Wesentlichen Steuerstundungseffekt (vgl hierzu Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c) nicht.

26

Soweit das SG allerdings auf Grundlage des § 2a Alg II-V allein darauf abstellt, dass der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit anzusehen sei und der Steuerbescheid Tatbestandswirkung habe, übersieht es, dass die Anwendung des § 15 SGB IV und der einkommensteuerrechtlichen Regelungen hier nur als Berechnungselement zur Ermittlung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen dienen. So zeigen Wortlaut, Begründungen des Verordnungsgebers mit Blick auf die Geschichte der Regelung der Berechnungsweise für Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung, systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung, dass die Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des SGB II hinterfragt werden muss (zu anderen Fallgruppen der Durchbrechung der Anbindung an das Steuerrecht, zB im Unterhaltsrecht vgl BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10 - juris RdNr 25 ff). Der Steuerbescheid entfaltet folglich keine Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass dessen Feststellungen ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob es sich bei dem ausgewiesenen Gewinn um bereite Mittel handelt, zur Berechnung des Alg II herangezogen werden können.

27

Bereits der Wortlaut zeigt deutlich, dass § 15 SGB IV und der dortige Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, also auch auf § 7g EStG, nur die Grundlage für die Berechnung des Einkommens Selbstständiger sein soll. Wörtlich heißt es in § 2a Abs 1 Satz 1 Alg II-V, von dem nach diesen Vorschriften bestimmten Einkommen sei "auszugehen". Diese Formulierung lässt erkennen, dass der einkommensteuerrechtlich relevante Gewinn nicht mit dem bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigenden Einkommen gleichgesetzt werden kann.

28

Dies wird durch die wechselvolle Geschichte der Vorschriften der Alg II-V im Hinblick auf die Berechnung von Einkommen Selbstständiger bestätigt. Wertungswidersprüche zwischen der steuerrechtlichen Betrachtung und dem Bedarfsdeckungsprinzip des SGB II hat der Verordnungsgeber selbst erkannt und zum Anlass genommen, die hier anzuwendende Fassung des § 2a Alg II-V zum 1.1.2008 wiederum zu ändern. Seit 1.1.2008 stellt er im Hinblick auf die möglichen Unterschiede (zu Gunsten und zu Lasten der Leistungsberechtigten) zwischen steuerrechtlichem Arbeitseinkommen und real zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung stehendem Einkommen auf die Betriebseinnahmen, die tatsächlich zufließen, ab (vgl § 3 Alg II-V idF der VO vom 17.12.2007, BGBl I 2942). Zur Begründung hat er ausgeführt: "… Der Einkommensteuerbescheid ist nicht mehr relevant ... Die Erfahrungen in der praktischen Anwendung des bisherigen § 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung haben gezeigt, dass durch die Berücksichtigung aller steuerlich möglichen Absetzungen vom Einkommen das zu berücksichtigende Arbeitseinkommen vielfach geringer war als das tatsächlich (für den Lebensunterhalt) zur Verfügung stehende Einkommen...".

29

Im Grundsatz entspricht es auch dem durchgängigen System des Grundsicherungsrechts sowie der ständigen Rechtsprechung des BSG, auf den tatsächlichen Zufluss einer Einnahme abzustellen, wenn sie als Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung den Leistungsanspruch mindern soll. § 9 Abs 1 SGB II bringt zum Ausdruck, dass SGB II-Leistungen nicht für denjenigen erbracht werden sollen, der sich nach seiner tatsächlichen Lage selbst helfen kann. Es kommt also auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" an (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, RdNr 20, zur Veröffentlichung vorgesehen). Entsprechend der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II muss korrespondierend bei der Festlegung der zu berücksichtigenden Einkommensteile an die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen angeknüpft werden. Zwar gilt insoweit, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18, RdNr 25); andererseits kann ein Leistungsanspruch auch dann gegeben sein, wenn das zu berücksichtigende Einkommen tatsächlich nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7, RdNr 32; BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 15). In diesem Sinne regelt § 11 SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung (nunmehr § 11b SGB II idF des RegelbedarfsÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass das Einkommen um zahlreiche Absetzbeträge zu bereinigen ist, bevor es zur Leistungsberechnung heranzuziehen ist. Grund hierfür ist, nicht nur einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen, sondern auch, nur diejenigen Einkünfte tatsächlich bei der Höhe des Alg II-Anspruchs zu berücksichtigen, die tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung eingesetzt werden können. Deutlich wird dieses auch im System des § 2a Alg II-V selbst. Von der Regelberechnung nach § 2 a Abs 2 S 1 Alg II-V, wonach das Einkommen auf Jahresbasis zu berechnen ist, ist nach § 2 a Abs 2 S 2 Alg II-V abzuweichen, wenn Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Kalenderjahres erzielt wird. Dies kann zB der Fall sein, wenn die selbstständige Tätigkeit nur während eines Teils des Jahres ausgeübt wird oder wenn die noch zu Beginn des Jahres erzielten Einnahmen im Laufe des Jahres wegfallen. In diesem Fall ist das monatliche Einkommen auf Basis des Teilzeitraums des Kalenderjahres zu berechnen, in dem die Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Diese Abweichung dient nach der Begründung des Verordnungsgebers dazu, eine Gefährdung der Sicherung des Lebensunterhalts zu vermeiden. Es kommt also auch hier letztlich darauf an, ob eine auf das gesamte Jahr bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächlichen Einnahmen im Bedarfszeitraum widerspiegelt (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 78)und damit ob bereite Mittel zur Verfügung standen, um den Lebensunterhalt zu decken (siehe dazu auch Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - mwN).

30

Sinn und Zweck der hier anzuwendenden Fassung des § 2a Alg II-V ist es mithin, im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die einkommensteuerrechtlichen Festsetzungen als Anknüpfungspunkt für die grundsicherungsrechtliche Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens heranzuziehen. Die tatsächliche Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II hat allerdings unter der grundsicherungsrechtlichen Einschränkung zu erfolgen, dass der einkommensteuerrechtlich ermittelte Gewinn auch tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Nur so kann der Zweck des SGB II, die Existenzsicherung zu gewährleisten, erfüllt werden

31

Insoweit fehlt es an Feststellungen des SG. Es wird diese vor allem vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers nachzuholen haben, dass er die Ansparrücklage bereits vor ihrer einkommensteuerrechtlichen Veranlagung als Gewinn iS des § 7g EStG verbraucht habe, sie ihm also nicht zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung gestanden habe; er mithin trotz der steuerlichen Veranlagung hilfebedürftig und demnach leistungsberechtigt war. Es würde alsdann bereits an der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides mangeln. War die aufgelöste Ansparrücklage oder waren Teile hiervon hingegen bei der Bescheiderteilung für den hier streitigen Zeitraum noch oder bereits vorhanden, so könnte ein Fall des § 45 SGB X gegeben sein. Ist sie erst nach Bescheiderteilung aufgelöst worden, liegt ein Fall von § 48 SGB X vor.

32

4. Das SG wird im wieder eröffneten erstinstanzlichen Gerichtsverfahren auch Feststellungen zum Vermögen des Klägers zu treffen haben. Solche fehlen hier, obwohl hierzu nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Anlass bestanden hätte. Der Kläger hat selbst vorgebracht, der "hohe Gewinn des Jahres 2003" aus seinem Gewerbebetrieb sei "in die Folgejahre verschoben" worden und er habe auf dieses Geld auch tatsächlich Zugriff gehabt und es verbraucht. Daher hätte Anlass zur Prüfung bestanden, wie hoch die Gewinne der letzten Jahre waren und wofür sie verwendet wurden bzw wie viel davon in die Bildung von Ansparrücklagen geflossen ist, um letztlich beurteilen zu können, wie hoch das Vermögen des Klägers bei Bescheiderteilung am 16.8.2005 war. Diesbezüglich ist der Grundsatz zu beachten, dass auch nicht bereite Mittel, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen sind (vgl Senatsurteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R).

33

5. Ferner kann es für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung oder während des Bewilligungszeitraums über anderweitiges Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit verfügt hat. Die Angaben des Klägers in den BWA geben durchaus Anlass, insoweit, unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung, in eine nähere Prüfung einzutreten. Das SG wird dabei insbesondere den Sachvortrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren zu berücksichtigen haben, wonach er aufgrund der betrieblichen Überschüsse im letzten Quartal 2005 seinen gesamten monatlichen Bedarf in Höhe von 601,89 Euro habe decken können.

34

6. Sollte vorliegend § 45 SGB X Anwendung finden, wäre der Umstand, dass der Beklagte seinen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, alleine nicht klagebegründend(Senatsurteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R; vgl auch BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (richtigerweise: Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSGE 29, 129, 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG; BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; BSG Urteil vom 18.9.1997 - 11 RAr 9/97 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 69/01 R - juris RdNr 16 f). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig(BSG Urteil vom 25.4.2002, aaO).

35

Wäre der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung vorliegend § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte, denn eine Ermessensentscheidung wurde hier von dem Beklagten nicht getroffen. § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II verweist auf § 330 Abs 2 SGB III; dieser ordnet an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Das SG hat bisher noch keine Tatsachen festgestellt, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist. Das SG wird - sollte es zur Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gelangen - auch zu prüfen haben, ob der Beklagte eine Anhörung zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift vorgenommen hat und die Frage zu klären haben, ob eine ggf fehlende Anhörung hierzu auch nach einer Zurückverweisung durch das BSG im weiteren Verfahren wirksam iS des § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X durchgeführt werden kann.

36

Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. Februar 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 6 K 208/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der gemäß den §§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Mit diesem Urteil wurde die gegen die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen gerichtete Klage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung ist in dem Urteil im Wesentlichen ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen sei zwar nicht - wie in dem angefochtenen Bescheid und in dem Widerspruchsbescheid angegeben - § 81 b 2. Alt. StPO, da der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Bescheide aufgrund der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft A-Stadt vom 9.12.2011 nicht mehr Beschuldigter eines Strafverfahrens und damit kein zulässiger Adressat einer Maßnahme nach § 81 b 2. Alt. StPO mehr gewesen sei. Rechtsgrundlage für die angefochtene Maßnahme sei vielmehr § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG. Das nachträgliche Auswechseln der Ermächtigungsgrundlage sei trotz des Vorliegens einer Ermessensentscheidung zulässig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 81 b 2. Alt. StPO und § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG bis auf die Beschuldigteneigenschaft inhaltsgleich und auch die anzustellenden Ermessenserwägungen dieselben seien. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen den Kläger sei wie von § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG gefordert zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich. Der Kläger sei verdächtig, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben. Zwar sei das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Warenkreditbetrugs gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden, nachdem der Kläger die Rechnungen im Nachhinein per Ratenzahlungen beglichen habe. Ein Restverdacht hinsichtlich der Begehung eines Betruges sei jedoch weiterhin gegeben. Auch bestehe die erforderliche Wiederholungsgefahr. Diese ergebe sich daraus, dass in der Vergangenheit bereits zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger u.a. wegen Betrugs, Urkundenfälschung, weiterer Vermögensdelikte und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet worden seien. Dass die Ermittlungsverfahren allesamt eingestellt worden seien, sei unerheblich, da der Tatverdacht zumeist nicht ausgeräumt worden sei, sondern die Einstellungen etwa wegen geringer Schuld (§ 153 Abs. 1 StPO), mit Blick auf sonstige Straftaten (§ 154 Abs. 1 StPO) oder auch mangels hinreichenden Nachweises nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgt seien. Die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen sei mit Blick auf das Gewicht der dem Kläger in der Vergangenheit vorgeworfenen Taten auch verhältnismäßig.

Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen des Klägers in der Antragsbegründung vom 15.5.2013 gibt keine Veranlassung, das vorgenannte Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind regelmäßig dann anzunehmen, wenn gegen deren Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wie es etwa der Fall ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird

vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163, 1164.

Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO meint dabei die Ergebnisrichtigkeit des Entscheidungstenors, nicht dagegen die vollständige Richtigkeit der dafür gegebenen Begründung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 542.

Das Vorbringen des Klägers vermag keine ernstlichen Zweifel im vorgenannten Sinne an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen.

Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe in unzulässiger Weise die Rechtsgrundlage für die angefochtene Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen ausgetauscht, vermag er damit nicht durchzudringen. Dass der Beklagte seine Anordnung auf § 81 b 2. Alt. StPO und nicht auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG gestützt hat, steht der Anwendung der letztgenannten Vorschrift durch das Verwaltungsgericht nicht entgegen.

Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Verwaltungsgericht zu überprüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Das Gericht hebt nach dieser Vorschrift einen Verwaltungsakt auf, soweit er rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt. In § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kommt die Verpflichtung des Gerichts zum Ausdruck zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung hat das Gericht daher alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht. Hierin liegt keine Umdeutung des Verwaltungsakts in eine andere Maßnahme. Eine Umdeutung besteht in einem verändernden Eingriff in den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, der hier jedoch unverändert bleibt. Andere als im angefochtenen Bescheid genannte Normen und Tatsachen sind nur dann nicht heranzuziehen, wenn dadurch die Grenzen überschritten würden, die der Zulässigkeit des sogenannten Nachschiebens von Gründen gezogen sind, d.h., wenn die anderweitige rechtliche Begründung oder das Zugrundelegen anderer Tatsachen zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde

vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 - und grundlegend schon Urteil vom 27.1.1982 - 8 C 12/81 -; OVG Bautzen, Beschluss vom 16.6.2010 - 4 B 57/10 -, und OVG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013 - 4 Bf 141/11 -, jeweils bei juris.

Eine Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides liegt hier indes nicht vor. Die angeordnete Maßnahme bleibt auch auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zur Strafverfolgungsvorsorge. Die erkennungsdienstliche Behandlung - Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale sowie Messungen - verändert sich auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG nicht. Die vorgenannte Vorschrift und § 81 b 2. Alt. StPO weisen bis auf den Personenkreis inhaltlich im Wesentlichen dieselben Tatbestandsvoraussetzungen auf. Der Anwendung der Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass es sich sowohl bei § 81 b 2. Alt. StPO als auch bei § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG um ermessenseröffnende Normen handelt, weil die Normen - wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - demselben Zweck, nämlich der Strafverfolgungsvorsorge, dienen und die Ermessenserwägungen des Beklagten auch die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG tragen

vgl. zum Auswechseln einer Rechtsgrundlage bei Ermessensentscheidungen: BVerwG, Urteil vom 30.6.1989 - 4 C 40/88 -; OVG Magdeburg, Beschluss vom 29.12.1999 - B 2 S 73/99 -; OVG Bautzen, Beschluss vom 16.6.2010 - 4 B 57/10 -, und OVG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013 - 4 Bf 141/11 -, jeweils bei juris.

Die vom Kläger vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG, den der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung als verfassungsgemäß erachtet hat

vgl. Beschluss vom 13 3.2009 - 3 B 34/09 -, juris,

greifen ebenfalls nicht durch. Die im Zulassungsantrag geäußerten Zweifel an der Gesetzgebungsbefugnis des saarländischen Landesgesetzgebers sind unbegründet.

Nach Art. 70 Abs. 1 GG verfügen die Länder über die Gesetzgebungskompetenz, soweit diese nicht dem Bund zugewiesen ist. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, dient § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG der Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten. Die Strafverfolgungsvorsorge unterfällt gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der konkurrierenden Gesetzgebung

vgl. BVerfG, Urteil vom 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 -, und BVerwG, Urteil vom 25.1.2012 - 6 C 9/11 -, jeweils bei juris.

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung sind die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG von der Gesetzgebung ausgeschlossen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Bundesgesetzgeber eine Maßnahme nach Umfang, Zuständigkeit und Zweck sowie hinsichtlich der für die jeweilige Maßnahme erforderlichen Voraussetzungen umfassend - ggf. auch durch ein absichtsvolles Unterlassen - geregelt hat. Zu einem erkennbar gewordenen Willen des Bundesgesetzgebers, zusätzliche Regelungen auszuschließen, darf sich ein Landesgesetzgeber nicht in Widerspruch setzen, selbst wenn er das Gesetz für unzureichend hält

vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.2012 - 6 C 9/11 -, m.w.N., juris.

Im Bereich der Strafverfolgungsvorsorge hat der Bundesgesetzgeber mehrere Regelungen erlassen, von denen vorliegend § 81 b 2. Alt. StPO von Belang ist. Die davon erfassten Maßnahmen können nicht zugleich auf eine landespolizeigesetzliche Ermächtigungsgrundlage gestützt werden. Jedoch hat der Bundesgesetzgeber keine allgemein abschließende Regelung hinsichtlich der Strafverfolgungsvorsorge getroffen

vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.2012 - 6 C 9/11 -, juris,

so dass auch keine Verpflichtung des saarländischen Gesetzgebers bestand, den Bereich der Strafverfolgungsvorsorge aus dem SPolG herauszunehmen

sinngemäß ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013 - 4 Bf 141/11 -; anders aber die Reaktion des niedersächsischen Gesetzgebers auf das o.g. Urteil des BVerfG vom 27.7.2005 betreffend niedersächsische Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung; vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Urteil vom 26.2.2009 - 11 LB 431/08 -, jeweils bei juris.

§ 81 b 2. Alt. StPO ist insbesondere hinsichtlich des möglichen Adressatenkreises der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nicht abschließend, so dass die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG enthaltene Erweiterung des Adressatenkreises auf Nichtbeschuldigte durch die Gesetzgebungskompetenz des saarländischen Gesetzgebers gedeckt ist

sinngemäß ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013 - 4 Bf 141/11 -, juris, betreffend eine entsprechende Regelung in § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG.

Weder aus dem Wortlaut noch der Systematik des § 81 b 2. Alt. StPO noch der Gesetzgebungsgeschichte oder den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber hinsichtlich des Adressatenkreises erkennungsdienstlicher Maßnahmen eine abschließende Regelung getroffen hat

hierzu ausführlich OVG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013 - 4 Bf 141/11 -, juris.

Vielmehr spricht der Regelungszweck der Norm dagegen, dieser hinsichtlich des Adressatenkreises abschließenden Charakter beizumessen. Zweck der Strafverfolgungsvorsorge ist es, sächliche Hilfsmittel für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben bereitzustellen, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind. Diesem Zweck entspricht es, wenn erkennungsdienstliche Maßnahmen auch gegenüber Personen ermöglicht werden, die nicht (mehr) Beschuldigte sind. Insbesondere bei rechtskräftig Verurteilten, aber auch bei Personen, die mangels Beweisen freigesprochen worden sind, und solchen, bei denen das Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden ist, kann es geboten sein, die durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu gewinnenden Daten für künftige Ermittlungsverfahren vorrätig zu haben, um den jeweils Betroffenen als möglichen Täter überführen oder entlasten zu können. Bei Personen, die mangels Beweisen freigesprochen oder deren Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden sind, kann im Einzelfall weiter ein hinreichender Tatverdacht bestehen, der es rechtfertigen kann, für die Strafverfolgungsvorsorge entsprechende erkennungsdienstliche Unterlagen bereitzuhalten. Auch im Hinblick auf rechtskräftig Verurteilte ist kein einleuchtender Grund erkennbar, warum die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen während der Ermittlungen zulässig sein sollte, nach der Verurteilung jedoch nicht mehr.

Demnach war der Landesgesetzgeber befugt, den Adressatenkreis erkennungsdienstlicher Anordnungen über Beschuldigte im Sinne von § 81 b 2. Alt. StPO hinaus zu erweitern

so auch OVG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013 - 4 Bf 141/11 - m.w.N.; im Ergebnis ebenso VGH München, Beschluss vom 17.11.2008 - 10 C 08.2872 -; OVG Koblenz, Beschluss vom 17.11.2000 - 11 B 11859/00 -; OVG Schleswig, Urteil vom 5.5.1998 - 4 L 1/98 -, NJW 1999, 1418; OVG Münster, Beschluss vom 13.1.1999 - 5 B 2562/98 -, jeweils bei juris; so im Ergebnis auch Beschluss des Senats vom 13.3.2009 - 3 B 34/09 -, juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2011, E Rdnr. 419.

Mit Blick auf § 81 b 2. Alt. StPO ist die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG allerdings verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auf Maßnahmen beschränkt ist, die nicht nach § 81 b 2. Alt. StPO zulässig oder ausgeschlossen sind.

Ist somit die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG enthaltene Regelung von der Gesetzgebungskompetenz des saarländischen Landesgesetzgebers gedeckt und sind sonstige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG weder vorgetragen noch erkennbar, bestehen auch von daher keine Bedenken gegen die Heranziehung der vorgenannten Vorschrift als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Anordnung.

Da - wie eingangs bereits dargelegt - das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO -auch alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen hat, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsakts angeführt worden sind oder nicht, ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht zur Prüfung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG die Akten mehrerer Ermittlungsverfahren, u.a. derjenigen wegen Warenkreditbetrugs, herangezogen hat. Inwiefern dies - wie der Kläger vorträgt - die Kompetenz des Gerichts überschritten haben soll, erschließt sich dem Senat nicht.

Des Weiteren vermag der Kläger auch mit seinen Einwendungen gegen die Subsumtion des Verwaltungsgerichts nicht durchzudringen. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen den Kläger - wie von § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG gefordert - zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich gewesen ist.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die angeordneten erkennungsdienstlicher Maßnahmen nicht deshalb rechtswidrig, weil die gegen den Kläger geführten Ermittlungen bisher nicht zu einer Verurteilung geführt haben, diese vielmehr jeweils eingestellt wurden.

Des ungeachtet hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass der Kläger im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SPolG hinreichend verdächtig ist, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben und auch die erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben ist. Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, bemisst sich die Notwendigkeit der Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Straf- bzw. Ermittlungsverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere angesichts der Art, Schwere und der Begehungsweise der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten, angesichts seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.11.2005 - 6 C 2/05 -, sowie Beschluss des Senats vom 13.3.2009 - 3 B 34/09 -, jeweils m.w.N., bei juris.

Ob es in der Vergangenheit zu einer Verurteilung des Betroffenen gekommen ist, ist hierbei nicht entscheidend. Vielmehr kann bei der Prognose, ob eine Wiederholungsgefahr im vorgenannten Sinne vorliegt, ein Tatvorwurf auch dann berücksichtigt werden, wenn das Ermittlungsverfahren nach den §§ 153 ff. StPO oder gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörde, das Ermittlungsergebnis gebe nicht genügend Anlass zur Anklage, steht einer Bewertung des zugrunde liegenden „Anfangsverdachts“ sowie des Ermittlungsergebnisses nach den Maßstäben kriminalistischer Erfahrung nicht entgegen. Gleiches gilt , wenn gemäß § 153 a StPO unter Auflagen oder Weisungen von einer Anklageerhebung abgesehen wird in der Annahme, durch letztgenannte Maßnahmen das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigen zu können, oder auch wenn Ermittlungsverfahren mit Blick auf eine geringe Schuld des Betroffenen und ein fehlendes öffentliches Interesse an der Verfolgung gemäß § 153 StPO eingestellt werden. In all diesen Fällen ist vielmehr jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere auch der Gründe für die Einstellung des Verfahrens, zu fragen, ob mit der Einstellung des Strafverfahrens der Tatverdacht gegen den Betreffenden vollständig entfallen ist oder ob ein Restverdacht gegeben ist, der begründete Anhaltspunkte dafür liefert, dass der Betreffende auch zukünftig Anlass zu polizeilichen Ermittlungen geben könnte

vgl. bereits Beschluss des Senats vom 15.4.2013 - 3 A 108/12 -; BVerfG, Beschluss vom 16.5.2001 -1 BvR 2257/01-; OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.11.2008 - 11 ME 297/08 -, jeweils bei juris.

Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht zu Recht im Falle des Klägers hinreichende Anhaltspunkte dafür angenommen, dass dieser auch künftig in Verdacht geraten könnte, eine aufzuklärende strafbare Handlung begangen zu haben und dass die mit den streitgegenständlichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen gewonnenen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass gegen den Kläger bereits zahlreiche Ermittlungsverfahren, u.a. wegen Warenkreditbetrugs, Betrugs, Urkundenfälschung, Erpressung, gefährlicher Körperverletzung usw. geführt wurden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden erstinstanzlichen Ausführungen Bezug genommen, denen der Kläger in der Sache nicht entgegen getreten ist. Wie bereits im Widerspruchsbescheid des Beklagten ausgeführt, weist das polizeiliche Informationssystem für den Zeitraum von 1996 bis 2010 hinsichtlich des Klägers insgesamt 21 Einträge mit strafrechtlicher Relevanz auf. Hinzu kommt das vom Verwaltungsgericht erwähnte, im Jahr 2011 aufgrund einer Selbstanzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen gemeinschaftlichen Betrugs einer Versicherung durch Vortäuschen eines Unfalls sowie ein im Jahr 2012 eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Erpressung. Zwar führten diese Ermittlungsverfahren - soweit ersichtlich - bisher nicht zu einer Verurteilung des Klägers. In der Mehrzahl der Fälle wurden die Ermittlungsverfahren aber nicht eingestellt, weil der zugrunde liegende Tatverdacht ausgeräumt werden konnte. Vielmehr erfolgte etwa die Einstellung der Ermittlungsverfahren wegen Warenkreditbetrugs gemäß § 153 Abs. 1 StPO, nachdem der Kläger die Rechnungen im Nachhinein per Ratenzahlung beglichen, also den entsprechenden Schaden reguliert hatte und das geschädigte Unternehmen sich danach mit einem Absehen von einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung einverstanden erklärte. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht fortbestehende Verdachtsmomente eines vom Kläger begangenen (bzw. versuchten) Betrugs angenommen. Auch in dem Ermittlungsverfahren wegen gemeinschaftlichen Betrugs einer Versicherung wurde der Schaden - soweit ersichtlich - ausgeglichen. Weitere Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung wurden ebenfalls gemäß § 153 Abs. 1 StPO bzw. § 154 Abs. 1 StPO eingestellt. Die Einstellung eines Verfahrens wegen gefährlicher Körperverletzung erfolgte gemäß § 153 a Abs. 1 StPO unter der Auflage, dass der Kläger an das Opfer ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,- EUR zahlte. Ausgehend von der Vielzahl gegen den Kläger eingeleiteter Ermittlungsverfahren sowie der Tatsache, dass bei einem erheblichen Teil davon der jeweilige Tatverdacht nicht ausgeräumt wurde, die Verfahrenseinstellung vielmehr aus sonstigen Gründen erfolgte, hat das Verwaltungsgericht zu Recht hinreichende Anhaltspunkte dafür angenommen, dass der Kläger auch künftig in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte.

Auch bestehen keine Bedenken hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht angenommenen Verhältnismäßigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen. Der hiergegen erhobene Einwand des Klägers, dass sämtliche in der Vergangenheit gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe nicht von erheblichem Gewicht gewesen seien, was bereits durch die Tatsache der Einstellung der jeweiligen Ermittlungsverfahren belegt sei, bleibt ohne Erfolg. Auch wenn die Ermittlungsverfahren zum Teil wegen geringer Schuld gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt wurden, handelt es sich bei den gegenüber dem Kläger erhobenen Tatvorwürfen nicht um bloße Bagatelldelikte, welche eine erkennungsdienstliche Behandlung nicht zu rechtfertigen vermögen; vielmehr kommt diesen durchaus erhebliches Gewicht zu. Wie bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt ging es allein bei den Warenkreditbetrügereien um einen Gesamtschaden in Höhe von ca. 800,- EUR; bei dem gemeinschaftlichen Betrug einer Versicherung durch Vortäuschen eines Verkehrsunfalls stand ein Schaden in Höhe von 14.600,- EUR in Rede. Auch die gefährliche Körperverletzung, zu deren Ausgleich der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,- EUR zahlen musste, ist keinesfalls als Bagatelldelikt anzusehen. Hinzu kommt, dass dem Kläger nicht nur einzelne Verfehlungen vorgeworfen wurden, sondern eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt worden war. Bei einer Gesamtschau der dem Kläger zur Last gelegten Taten, bei denen der jeweilige Tatverdacht - ungeachtet der Verfahrenseinstellung - in der Sache fortbesteht, ist ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufklärung eventueller künftiger Straftaten, bei denen der Kläger in den Kreis der Verdächtigen einbezogen werden könnte, anzunehmen. Dieses Aufklärungsinteresse überwiegt das Interesse des Klägers am Schutz seiner personenbezogenen Daten. Insofern erscheint die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auch nicht als unverhältnismäßig.

Dass der Beklagte den Kläger nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung erneut – wohl versehentlich – unter Verweis auf § 81 b 2. Alt. StPO statt auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung vorgeladen hat, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnung ohne Belang.

Nach alledem vermögen die vom Kläger im Zulassungsverfahren erhobenen Einwände den allein geltend gemachten Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu begründen.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 47 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2011 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung und Rückforderung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum von April 2006 bis Juni 2006 in Höhe von zuletzt noch 452,43 Euro.

2

Die 1963 geborene Klägerin lebt mit ihrer 1989 geborenen Tochter in einer gemeinsamen Wohnung. Beide bezogen seit 1.1.2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden Beklagter). Im Oktober 2005 zeigte sie die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit als Packerin an und legte einen nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge befristeten Arbeitsvertrag vom 1.9.2005 vor. Die Lohnzahlung erfolgte danach am 11. Werktag des Folgemonats (vgl § 3 Nr 1 des Arbeitsvertrages). Mit Schreiben vom 24.5.2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 9.6.2006.

3

Auf ihren Antrag vom 20.3.2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.3.2006 bis zum 30.4.2006 in Höhe von 402,62 Euro und für die Zeit vom 1.5.2006 bis 31.8.2006 in Höhe von 578,52 Euro monatlich (Bescheid vom 6.4.2006). Dabei führte er aus, für den Monat April 2006 erfolge die vorläufige Anrechnung des Einkommens des Monats März in Höhe des vorherigen Gehaltes (Monat Februar). Falls das Gehalt des Monats März höher ausfalle als das des vorherigen Monats, sei dies mittels Vorlage der Verdienstbescheinigung nachzuweisen.

4

Nach Vorlage von Einkommensbescheinigungen für die Monate März 2006 bis Juni 2006 versandte der Beklagte einen an die Klägerin adressierten Bescheid vom 25.9.2006, mit dem er aufgegliedert nach den Monaten April bis Juli 2006 die gewährten Leistungen teilweise aufhob, und zwar für April 2006 in Höhe von 195,61 Euro, für Mai 2006 in Höhe von 239,19 Euro, für Juni in Höhe von 251,19 Euro und für Juli 2006 in Höhe von 75,36 Euro. Zur Begründung führte der Beklagte unter anderem wörtlich aus:

        

"Sie haben für die genannten Zeiträume nunmehr die entsprechenden Einkommensnachweise eingereicht, wodurch eine abschließende Berechnung erfolgen konnte.
[…]

        

Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sind Sie und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig …, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts teilweise nicht mehr besteht.
[…]

        

Diese Voraussetzungen liegen in Ihrem Fall vor.
[…]

        

Sie haben nach Erlass der Entscheidung Einkommen in unterschiedlicher Höhe erzielt, das zur Minderung des Anspruchs geführt hat […].

        

Während der aufgeführten Zeiträume wurden Ihnen Leistungen wie folgt in Höhe von insgesamt 761,35 € zu Unrecht gezahlt
[…]".

5

Mit als Änderungsbescheid überschriebenem Bescheid vom selben Tag bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat April 2006 noch in Höhe von 207,01 Euro, für den Monat Mai 2006 in Höhe von 339,33 Euro, für den Monat Juni 2006 in Höhe von 327,33 Euro und für den Monat Juli 2006 in Höhe von 529,16 Euro.

6

Im Laufe des gegen beide Bescheide gerichteten Widerspruchsverfahrens half der Beklagte dem Widerspruch wegen der Aufhebung für Juli 2006 ganz ab (Änderungsbescheid vom 12.12.2007). Mit weiterem, ausschließlich an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 12.12.2007 mit der Betreffzeile "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid - Änderungsbescheid zum Bescheid vom 25.9.2006" teilte er ua mit, die Entscheidung vom 6.4.2006 über die Bewilligung von Leistungen werde vom 1.4.2006 bis 30.6.2006 "für Sie" teilweise in Höhe von 188,59 Euro für den Monat April 2006, in Höhe von 230,61 Euro für den Monat Mai 2006 in Höhe von 242,18 Euro für den Monat Juni 2006 aufgehoben. Es ergebe sich eine Gesamtforderung in Höhe von 661,38 Euro. Der Widerspruch im Übrigen blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.12.2007).

7

Während des bei dem Sozialgericht (SG) Potsdam anhängigen Klageverfahrens hat der Beklagte von der Klägerin geltend gemachte Fahrkosten anerkannt und den Umfang der Aufhebung für die Monate April 2006 bis Juni 2006 unter Aufschlüsselung der einzelnen Monate reduziert. Er hat nunmehr die auf die Klägerin entfallenden, seiner Ansicht nach zu viel gewährten Leistungen individuell ausgewiesen und auf dieser Grundlage eine Erstattungsforderung wegen der an die Klägerin zu Unrecht gezahlten in Höhe von 452,43 Euro errechnet (Schriftsatz vom 10.12.2008). Das SG hat "die Bescheide vom 25.9.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2007" aufgehoben, weil sie nicht hinreichend bestimmt seien (Urteil vom 12.5.2009).

8

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die fehlende Anhörung sei gemäß § 41 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) durch das Widerspruchsverfahren, spätestens aber durch das Schreiben des Beklagten vom 14.3.2011 geheilt worden. Die streitgegenständlichen Bescheide entsprächen auch den Anforderungen des § 33 Abs 1 SGB X. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte durch den Bescheid vom 25.9.2006 ausschließlich die Klägerin habe verpflichten wollen. Die Tatsache, dass der Beklagte offensichtlich auch Leistungen zurückfordere, die nicht an die Klägerin bzw für sie, sondern für ihre zur Bedarfsgemeinschaft zählende Tochter erbracht worden seien, führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Der Bescheid sei dann lediglich (teilweise) rechtswidrig, weil (und soweit) er die Klägerin über das Maß dessen belaste, das sie selbst zu Unrecht erhalten habe. Die Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides richte sich nach § 48 SGB X. Eine Änderung in den (Einkommens-)Verhältnissen sei erst durch den jeweiligen Zufluss des Einkommens in dem Folgemonat erfolgt. Zur Ermittlung der Höhe des Rückforderungsbetrages habe der Senat nach eigener Prüfung den von der Beklagten zugrunde gelegten Bedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und das Einkommen im Übrigen nachvollzogen und als zutreffend festgestellt.

9

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, der Anhörungsmangel habe nicht mehr geheilt werden können, weil der Beklagte das Recht zur Nachholung verwirkt habe. Sie habe - nachdem sie mehrfach auf die fehlende Anhörung hingewiesen habe - darauf vertrauen dürfen, dass eine solche nicht mehr erfolgen werde. Darüber hinaus seien die angegriffenen Bescheide auch nicht hinreichend bestimmt und damit rechtswidrig. Es werde insbesondere nicht deutlich, welches Mitglied der Bedarfsgemeinschaft von der Aufhebung materiell-rechtlich betroffen sei. Der im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erlassene Änderungsbescheid vom 12.12.2007 entspreche auch nicht der zum Arbeitsförderungsrecht ergangenen Rechtsprechung (Hinweis auf BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1 RdNr 10 und SozR 3-1500 § 128 Nr 15 S 32 f), wonach ein Aufhebungsbescheid dann zu unbestimmt sei, wenn er nur eine Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrages ohne Konkretisierung dieses Betrages für die einzelnen Wochen enthalte. Im Übrigen sei auch die Entscheidungsfrist von einem Jahr nicht eingehalten worden. Schließlich sei auch der Erstattungsbescheid in Ansehung der Entscheidung des Senats vom 7.7.2011 (B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2) nicht hinreichend bestimmt.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Mai 2009 zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er hält die angegriffene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht Erfolg (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der Beklagte zu Recht die Bewilligung von Leistungen für die Monate April bis Juni 2006 teilweise aufgehoben und insoweit Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen von der Klägerin verlangt.

14

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 25.9.2006 und vom 12.12.2007 (§ 86 SGG) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2007 (§ 95 SGG), gegen die sich die Klägerin mit der (isolierten) Anfechtungsklage wendet (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte zum einen die mit Bescheid vom 6.4.2006 verfügte Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.4.2006 bis zum 30.6.2006 als teilweise rechtswidrig insoweit zurückgenommen, als von der Klägerin erzieltes Einkommen hätte berücksichtigt werden müssen, und zum anderen die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von ursprünglich 661,38 Euro verlangt. Nachdem die Klägerin im Revisionsverfahren das Teilanerkenntnis des Beklagten im Schriftsatz vom 10.12.2008 angenommen hat, ist insoweit nur die Aufhebung und Erstattung wegen Leistungen in Höhe von 452,43 Euro streitig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist darüber hinaus aber auch der (bewilligende) Änderungsbescheid vom 25.9.2006, weil er mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom gleichen Tage eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides zur Höhe des Arbeitslosengelds II (Alg II) in dem von der Aufhebung betroffenen Zeitraum darstellt. Die Verfügungssätze der beiden am 25.9.2006 erlassenen Bescheide korrespondieren miteinander (im Einzelnen dazu unter 4b); dementsprechend hat die Klägerin ausdrücklich beide Bescheide angegriffen.

15

Beteiligt ist auf Klägerseite nur die Klägerin selbst. Sie lebte nach den Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum zwar mit ihrer Tochter in einer Bedarfsgemeinschaft. Sie hat aber das Klageverfahren von Beginn an allein betrieben, ohne dass es einen Hinweis darauf gab, dass sie - bis zum Eintritt deren Volljährigkeit - als gesetzliche Vertreterin auch Ansprüche ihrer Tochter geltend machen wollte. Ohnehin macht der Beklagte nach Abgabe des Teilanerkenntnisses Ansprüche nur noch gegen die Klägerin selbst geltend.

16

2. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des vorangegangenen Bewilligungsbescheides kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Zu Unrecht sind der Beklagte und die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungsentscheidungen am Maßstab des § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II(hier in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X zu überprüfen sind. Vielmehr kommt wegen der Aufhebung von zuvor bewilligten Leistungen hier nur die Regelung des § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 45 Abs 1, Abs 2 bis 4 SGB X als Ermächtigungsgrundlage in Betracht. Feststellungen, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist, was Voraussetzung für eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit wäre, fehlen aber.

17

Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt demgegenüber, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. Die Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4, RdNr 13; BSGE 65, 221, 222 = SozR 1300 § 45 Nr 45 S 141; vgl zuletzt auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 36 RdNr 15). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären, um die objektiven Verhältnisse festzustellen (vgl BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1, RdNr 6 mwN). Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Ermittlungen sich die Verwaltung aufgrund der Angaben des Antragstellers vor Erlass des Ausgangsverwaltungsakts gedrängt sehen musste (vgl bereits BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16).

18

Der Erlass eines endgültigen Bescheides ist damit kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht. Wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung (wie nach Aktenlage hier auf Basis einer Stückzahl) oder als Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt ist, ist typischerweise der Anwendungsbereich des § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II(seit 1.1.2011 § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II)iVm § 328 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) eröffnet. Der Erlass eines endgültigen Bescheides statt eines vorläufigen Bescheides ist dann von Anfang an rechtswidrig und § 45 SGB X die für seine Aufhebung einschlägige Ermächtigungsgrundlage. § 48 SGB X wäre demgegenüber nur dann anwendbar, soweit sich hinsichtlich der anderen Voraussetzungen eine wesentliche Änderung ergibt(BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16 unter Hinweis auf BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1, RdNr 6).

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Wegen der Bewilligung von Leistungen für April 2006 ist der Beklagte von vornherein von einer unzutreffenden (wenn auch für die Klägerin günstigen) Tatsachengrundlage ausgegangen (vgl zum Fall der fehlerhaften Ausgangsentscheidung auf Grundlage eines mangelhaft ermittelten, zu günstigen Sachverhalts auch Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 45 RdNr 29). Er hat im Bescheid vom 6.4.2006 das künftige Einkommen für April 2006 in Höhe des Einkommenszuflusses für März 2006 zugrunde gelegt, obwohl zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages kein festes monatliches Arbeitsentgelt, sondern ein Leistungslohn vereinbart war. Dabei lässt sich den Formulierungen im Bescheid nicht entnehmen, dass die Bewilligung als solche unter dem Vorbehalt ihrer Vorläufigkeit stehen sollte. Für den Empfänger des Bescheides ist unter Würdigung der Gesamtumstände - insbesondere seiner Gestaltung - nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar geworden, dass eine abschließende Entscheidung noch ausstehen könnte (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 46 S 384; BSG SozR 3-1300 § 32 Nr 4 S 35; SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 12). An keiner Stelle des Bewilligungsbescheides sind Ausführungen zu einer nur vorläufigen Bewilligung zu finden. Damit hat der Beklagte insoweit eine Entscheidung getroffen, die nur noch unter den Voraussetzungen des § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II aF iVm § 45 SGB X korrigiert werden kann.

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Auch für die Monate Mai 2006 und Juni 2006 stellt sich die Ausgangsentscheidung als von Anfang an rechtswidrig dar. Nach den Feststellungen des LSG hat zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im April 2006 das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach wie vor bestanden; nach wie vor wurden hieraus unregelmäßig hohe Einkünfte erzielt. Zwar hat das LSG nicht festgestellt, bis zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis der Klägerin ursprünglich befristet war, es hat aber mitgeteilt, dass dieses jedenfalls (erst) zum 9.6.2006 endete. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides lagen damit auch für die Monate Mai 2006 und Juni 2006 objektiv erst künftig ermittelbare Umstände vor, die lediglich eine vorläufige Bewilligung von Leistungen gerechtfertigt hätten. Der Beklagte hat jedoch ausgehend von der unzutreffenden Annahme, Einkommen werde nur noch für April erzielt werden, endgültig entschieden. Unerheblich ist - wie bereits ausgeführt -, ob der objektiv zu erwartende Einkommenszufluss dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt bekannt war. Die Frage, ob der Behörde zuzurechnen ist, dass auf Grundlage unzureichender Ermittlungen ein bereits anfänglich objektiv fehlerhafter und deshalb rechtswidriger Verwaltungsakt erlassen worden ist, bleibt nach der Struktur des § 45 SGB X der Prüfung seines Absatzes 2 Satz 3 vorbehalten.

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3. Wenn sich danach § 45 SGB X als einschlägige Rechtsgrundlage für die Aufhebung darstellt, erweisen sich die angegriffenen Verfügungen des Beklagten nicht etwa deshalb als formell rechtswidrig, weil die Klägerin zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X ordnungsgemäß angehört worden ist. Denn bezüglich der Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (BSGE 69, 247, 252 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4 und BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 1; dazu auch BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2 RdNr 12). Zwar hat der Beklagte die Klägerin vor Erlass der in ihre Rechtsposition eingreifenden Aufhebungsverfügungen nicht angehört. Ausgehend von ihrer materiell-rechtlichen Rechtsansicht, wonach § 48 SGB X taugliche Ermächtigungsgrundlage war, ist aber bereits während des Widerspruchsverfahrens, in dessen Rahmen sich die Klägerin zu den aus Sicht des Beklagten entscheidungserheblichen Tatsachen äußern konnte, die erforderliche Anhörung nachgeholt und damit der Verfahrensmangel gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II aF iVm § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X geheilt worden. Selbst wenn man dies als nicht ausreichend ansehen wollte, hat der Beklagte im Rahmen des Berufungsverfahrens ein mehr oder minder förmliches Anhörungsverfahren durch das an die Klägerin adressierte Schreiben in die Wege geleitet. Da der Beklagte im Grundsatz nach § 41 Abs 2 SGB X befugt ist, die fehlende Anhörung bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachzuholen(dazu etwa BSG Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 22; BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2), fehlt für die von der Klägerin geäußerte Auffassung, der Beklagte habe "sein Anhörungsrecht verwirkt" eine nachvollziehbare Grundlage. Wegen der Aufhebungsentscheidungen kam - vom rechtlichen Ausgangspunkt des Beklagten betrachtet - im Übrigen die Regelung des § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X zum Tragen, weil einkommensabhängige Leistungen geänderten Verhältnissen angepasst werden sollten.

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4. Ob die angegriffenen Aufhebungsverfügungen materiell rechtmäßig sind, kann der Senat aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der maßgeblichen Ermächtigungsgrundlage des § 45 SGB X nicht abschließend entscheiden.

23

a) Der Umstand, dass der Beklagte seine Aufhebungsverfügungen fehlerhaft auf § 48 SGB X gestützt hat, ist allein nicht klagebegründend. Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig(dazu bereits BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 34 mwN). Vorliegend kann dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung aber nur dann gelten, wenn Vertrauensschutzgesichtspunkte auf Seiten der Klägerin einer Befugnis zur Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht entgegenstehen; ansonsten wäre eine Ermessensentscheidung zu treffen gewesen. § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II aF verweist ergänzend auf § 330 Abs 2 SGB III; dieser ordnet an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Das LSG hat bisher - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - noch keine Tatsachen festgestellt, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist. Dies wird es im wieder eröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.

24

b) Wie das LSG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, erweisen sich die angefochtenen Aufhebungsverfügungen vom 25.9.2006 als inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 40 Abs 1 Satz 1 SGB II aF iVm § 33 Abs 1 SGB X) und sind nicht schon aus diesem Grund materiell rechtswidrig.

25

Nach § 33 Abs 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz der Entscheidung (BSG SozR 4-5910 § 92c Nr 1 RdNr 11) als auch auf den Adressaten eines Verwaltungsaktes (BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16). Insofern verlangt das Bestimmtheitserfordernis, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und - den unzweifelhaft erkennbaren - Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Nur der inhaltlich hinreichend bestimmte Verwaltungsakt kann seine Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion erfüllen und - soweit erforderlich - als Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung dienen. Sichergestellt muss daher sein, zwischen wem (Adressat, Betroffenem und Behörde) die Rechtsbeziehung geregelt werden soll. Darüber hinaus muss klar sein, welche Rechtsbeziehung geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will und von wem sie es will (vgl BSG Urteil vom 15.5.2002 - B 6 KA 25/01 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 46 S 384 mwN). Es darf nicht dem Adressaten überlassen bleiben, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (so BSG vom 30.3.2004 - B 4 RA 36/02 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 1, RdNr 19 und - B 4 RA 46/02 R - Juris RdNr 29, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S 14 sowie BSG vom 29.4.1997 - 4 RA 25/96 - und vom 16.12.1997 - 4 RA 56/96).

26

Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (näher BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN). Dabei genügt es zunächst, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden kann (vgl zur Frage der Aufhebung von Leistungsbescheiden im SGB II allgemein auch Udsching/Link, SGb 2007, 513 ff). Ausreichende Klarheit besteht selbst dann, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlangen zurückgegriffen werden muss.

27

Ausgehend von diesen Grundsätzen bestehen zwar - entgegen der Auffassung des LSG - für sich genommen Bedenken gegen die Bestimmtheit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 25.9.2006, weil sich allein aus diesem Bescheid nicht klar und unzweideutig erkennen lässt, ob sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft angesprochen und ihnen gegenüber Leistungsbewilligungen teilweise aufgehoben werden und damit beide Personen Inhaltsadressaten - also die von der Regelung materiell Betroffenen (dazu Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand April 2011, § 39 SGB X RdNr 13) -der Verwaltungsakte sein sollen oder ob der Bescheid und die in ihm verfügten Aufhebungen für die genannten Monate sich inhaltlich nur an die Klägerin richten. Es ist nur die Klägerin im Adressfeld des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 25.9.2006 genannt; sie wird in der einleitenden Anrede allein angesprochen. Die Formulierung betreffend die Erstattungsverfügung "… wurden Ihnen zu Unrecht gezahlt" spricht ebenfalls dafür, dass sich auch der Aufhebungsverwaltungsakt allein an die Klägerin richtet. Andererseits wird im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.9.2006 im Verfügungssatz pauschal die (teilweise) Aufhebung über die Bewilligung von Leistungen für die Monate April 2006 bis Juli 2006 ohne Bezugnahme auf einen bestimmten Adressaten bestimmt. In der weiteren Begründung wechselt die ausschließlich persönliche Anrede mit der Bezugnahme auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ("Sie und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft") ab. Wegen dieser Unklarheiten geht allein aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.9.2006 für einen objektiven Empfänger nicht klar, unzweideutig und widerspruchsfrei hervor, wem gegenüber welche Verfügungen in welchem Umfang aufgehoben werden sollen.

28

Die Aufhebungsverfügungen im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid werden aber mit dem Änderungsbescheid vom selben Tag aus Sicht des Empfängers ausreichend konkretisiert. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte ua für die Monate April 2006 bis Juni 2006 unter Beifügung detaillierter Berechnungsbögen geringere Leistungen bewilligt. Dieser Änderungsbescheid bildet mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid eine rechtliche Einheit für den von der Aufhebung betroffenen Zeitraum (vgl zur Aufhebung einer Bewilligung wegen Eintritts einer Sperrzeit bereits BSG Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1, RdNr 6; BSG Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 5; BSG Urteil vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 78; zur Absenkung von Alg II wegen einer Sanktion BSG vom 22.3.2010 - B 4 AS 68/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 4 RdNr 9). So ist er von der Klägerin auch verstanden und dem entsprechend gemeinsam mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.9.2006 angegriffen worden. Die Verfügungssätze der beiden Bescheide korrespondieren miteinander. Bei einem Vergleich der sich aus den jeweiligen Berechnungsbögen ergebenden Individualansprüche ergibt sich, dass sowohl die Leistungsbewilligungen der Klägerin als auch die Leistungsbewilligungen ihrer Tochter jeweils zum Teil aufgehoben werden. Denn in jedem einzelnen Monat zeigt sich jeweils eine Reduzierung der Leistungen bei der Klägerin und ihrer Tochter, aufgeschlüsselt auch nach Regelbedarf und Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (zur Bestimmtheit von Aufhebungsentscheidungen unter diesem Aspekt vgl BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Zur Begründung des Änderungsbescheides wird - wie im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid - auf die Neuberechnung der Leistungen auf Grundlage der nachgereichten Gehaltsnachweise hingewiesen. Nach alledem ergibt die Auslegung der Bescheide, dass die Aufhebungsverfügungen vom 25.9.2006 sowohl an die Klägerin als auch an ihre Tochter - gesetzlich vertreten durch die Klägerin - gerichtet sind.

29

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob ein Aufhebungsbescheid dann nicht hinreichend bestimmt iS des § 33 SGB X ist, wenn er nur eine Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrags ohne Konkretisierung dieses Betrags für den jeweiligen Zeitraum enthält(zum Arbeitsförderungsrecht BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1, RdNr 10; SozR 3-1500 § 128 Nr 15 S 32 f). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Aus den Aufhebungsverfügungen und dem Änderungsbescheid lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, in welchem Umfang eine monatliche Aufhebung jeweils wem gegenüber erfolgt ist.

30

Unerheblich ist schließlich auch, ob der Bescheid vom 12.12.2007, mit dem der Beklagte gegenüber der Klägerin (erneut) die Aufhebungen für die Monate April bis Juni 2006 und eine (nunmehr reduzierte) Erstattung verfügt hat, außerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X ergangen ist, wie die Klägerin meint. Soweit der Bescheid die Klägerin nicht nur begünstigt, handelt es sich lediglich um eine wiederholende Verfügung ohne eigenständigen Regelungsgehalt.

31

5. Mangels entsprechender Feststellungen des LSG kann der Senat auch nicht entscheiden, ob die zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X gestützte Erstattungsverfügung materiell rechtmäßig ist. Wenn, wie vorliegend, die Aufhebungsverfügungen noch nicht bestandskräftig und mit angefochten sind, kann nur Erstattung verlangt werden, soweit sich die Aufhebungen im Ergebnis der Prüfung des LSG als rechtmäßig erweisen. Dabei bestehen an der formellen Rechtmäßigkeit der Erstattungsverfügung unter dem Gesichtspunkt der Anhörung aus den bereits dargestellten Gründen keine Zweifel. Die im Bescheid vom 25.9.2006 enthaltene Erstattungsverfügung und die auch insoweit wiederholende Verfügung im Bescheid vom 12.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2007 (und des im Revisionsverfahren angenommenen Teilanerkenntnisses vom 10.12.2008) erweisen sich schließlich als bestimmt genug. Nach den insoweit eindeutigen Formulierungen ist nicht zweifelhaft, dass wegen der Erstattung von zu Unrecht gezahlten Leistungen von vornherein allein die Klägerin in Anspruch genommen worden ist.

32

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 und die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von 1454,28 Euro.

2

Der alleinstehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu Einkünften aus selbstständiger oder anderer Tätigkeit machte er keine Angaben. Auf dem Zusatzblatt 2 findet sich mit grünem Stift - der Beraterin - die Einfügung: "Ich-AG 3.2.03 - 1 Jahr Förderung". Der Beklagte gewährte dem Kläger alsdann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zunächst für den Zeitraum vom 31.3. bis 30.9.2005 (Bescheid vom 19.4.2005). Einkommen des Klägers berücksichtigte er bei der Berechnung der Leistungshöhe nicht. In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger keine Änderungen der Verhältnisse an, woraufhin der Beklagte Alg II in der selben Höhe wie zuvor (monatlich: 601,89 Euro; Regelleistung: 331 Euro; KdU: 270,89 Euro) auch für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte (Bescheid vom 16.8.2005 ).

3

Auf eine Einladung des Beklagten zu einem Gespräch über seine berufliche Situation und zur Vorlage seiner Bewerbungen legte der Kläger am 29.12.2005 eine Änderungsmitteilung vor und gab an, er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig sein (Abbruch, Entkernung, Maurerarbeiten). Zusammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkommenserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Er teilte zunächst voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von 750 Euro sowie -ausgaben in Höhe von 225 Euro mit. Der Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, weil sich die Auftragslage verschlechtert habe. Im Mai und August 2006 reichte der Kläger ferner Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 ein und legte mit einem weiteren Fortzahlungsantrag im Januar 2007 eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung vor, aus der sich für das Jahr 2005 insgesamt ein vorläufiges positives betriebswirtschaftliches Ergebnis von 8581,40 Euro ergibt, darunter im letzten Quartal 2005 - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum - in Höhe von 10 115,44 Euro. Am 16.7.2007 gab der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2005 zu den Akten, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 10 405 Euro ausweist. In einem vom Kläger beigefügten Schreiben des Steuerberaters wird zur Erläuterung ausgeführt, dass der Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt worden sei und sich der in dem Steuerbescheid angesetzte Gewinn in Höhe von 10 405 Euro aus zwei Positionen zusammensetze - einem Gewinnanteil aus laufendem Geschäftsbetrieb in Höhe von 381 Euro und einem Gewinnanteil in Höhe von 10 024 Euro, der aus der Auflösung, Neubildung und Verzinsung von Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 7g EStG (Ansparabschreibungen) entstanden sei. In dem Schreiben heißt es weiter: "Der hohe Gewinn des Jahres 2003 wurde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG in die Folgejahre verschoben. Dieser Gewinnanteil ist im Jahr 2005 nicht zugeflossen und stand damit nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung."

4

Daraufhin führte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 durch und hob mit Bescheid vom 24.1.2008 den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf. Mit Änderungsbescheid vom 24.4.2008 wurde die Leistungsbewilligung für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 - der Rechtsstreit hat sich für den Zeitraum ab 1.1.2006 durch angenommenes Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Dresden erledigt - teilweise in Höhe von monatlich 587,59 Euro aufgehoben und die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum auf monatlich 484,76 Euro, insgesamt 1454,28 Euro, reduziert. Den Widerspruch des Klägers vom 28.1.2008 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.4.2008 zurück.

5

Durch Urteil vom 22.12.2009 hat das SG die Klage hiergegen abgewiesen. Die streitbefangenen Bescheide seien - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Beklagte habe die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.8.2005 zutreffend auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X gestützt. Der Bescheid vom 16.8.2005 sei bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen und es sei eine wesentliche Änderung durch Zufluss von Einkommen eingetreten. Für den Beklagten habe aufgrund der Angaben des Klägers im Leistungsantrag weder Veranlassung bestanden, den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 nur vorläufig zu erlassen, noch aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II zu vermuten, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Zu Recht habe der Beklagte die Höhe des dann zugeflossenen Einkommens ausgehend vom steuerrechtlichen Gewinn ermittelt. Insofern komme dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 Tatbestandswirkung zu. Der auf die Auflösung der Ansparabschreibungen entfallende Gewinnanteil sei nicht abzuziehen. Die Auflösung der Rücklage fließe dem Steuerpflichtigen zu, weil Gelder, die ursprünglich für eine Investition vorgesehen und gebunden gewesen seien, nun wieder - auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts - zur Verfügung gestanden hätten. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Der Beklagte hat der Einlegung zugestimmt.

6

Der Kläger rügt mit der Revision (sinngemäß) eine Verletzung des § 11 Abs 1 SGB II und des § 2a Abs 1 Alg II-V iVm § 15 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das SG die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 zugrunde gelegt. Die Auflösung der im Jahr 2003 gebildeten Ansparabschreibung habe nicht berücksichtigt werden dürfen. Hierbei handele es sich um einen im Jahr 2003 und nicht im maßgeblichen Zeitraum 2005 zugeflossenen Gewinn. Allein durch die Ausweisung der aufgelösten Ansparabschreibung stünden ihm keine bereiten Mittel zur Verfügung. Das Geld sei bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet worden.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2008 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er schließt sich den Ausführungen des SG an.

Entscheidungsgründe

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Die Sprungrevision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG begründet.

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Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob der aufgehobene Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 von Anfang an rechtswidrig war (§ 45 SGB X) oder durch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nachträglich rechtswidrig geworden ist (§ 48 SGB X). Es ist vom SG nicht festgestellt worden, ob bei Bescheiderteilung nach den objektiven Verhältnissen Hilfebedürftigkeit vorlag oder die Hilfebedürftigkeit ggf im Verlaufe des streitigen Zeitraumes entfallen ist.

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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar.

13

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).

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2. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 24.1.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II teilweise aufgehoben hat und eine Erstattungsforderung in Höhe von 1454,28 Euro für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 geltend gemacht hat. Der Kläger hat ihn zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen.

15

3. Ob der Beklagte die Aufhebungsentscheidung - die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung unterstellt (s hierzu unter b) - auf § 48 SGB X stützen konnte, wie das SG annimmt, oder ob ggf § 45 SGB X als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, kann vom erkennenden Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das SG ebenso wenig entschieden werden, wie die Frage, ob der Bewilligungsbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig war.

16

a) Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. § 45 SGB X findet also Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden soll. Beide Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden soll, ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4 RdNr 13; BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr 20 S 68 und BSGE 65, 221 = SozR 1300 § 45 Nr 45 S 141; vgl auch Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - und zuletzt BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären (BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 113 ff = SozR 3-1300 § 32 Nr 2; BSGE 82, 183 = SozR 3-4100 § 71 Nr 2 mwN; BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1), um die objektiven Verhältnisse festzustellen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des SG nicht darauf an, zu welchen Vermutungen die Verwaltung aufgrund der klägerischen Angaben Anlass gehabt hatte. Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später - nach weiteren Ermittlungen - heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Mangelnde Amtsermittlung kann auch niemals Grund für eine nur vorläufige Leistungsbewilligung sein. Der endgültige Bescheid ist umgekehrt kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen - nicht wegen fehlerhafter Ausübung der Amtsermittlungspflicht, sondern - objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht. Eine endgültige Bewilligung unter Abschlag von der Leistungshöhe aufgrund einer prospektiven Schätzung von Einkommen ohne rechtliche Befugnis hierzu ist rechtswidrig (BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1). Entscheidet der Träger jedoch endgültig und bewilligt nicht nur vorläufige Leistungen, sind Maßstab der Überprüfung der Aufhebungsentscheidung § 45 oder § 48 SGB X.

17

Die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides können den Feststellungen des SG jedoch nicht entnommen werden. Das SG hat ausgeführt, aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II sei nicht zu vermuten gewesen, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Wenn das Gericht in seinen weiteren Ausführungen gleichwohl davon ausgeht, dass der Kläger Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung hatte, brauchte es zwar von seinem Rechtsstandpunkt keine weitere Aufklärung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögenssituation vorzunehmen. Insoweit verkennt es jedoch den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung, ob eine zur Rechtswidrigkeit führende wesentlich Änderung der Verhältnisse oder eine anfängliche Rechtswidrigkeit gegeben waren.

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b) Ob der Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 rechtmäßig war, beurteilt sich zuvörderst danach, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erfüllt hatte, insbesondere ob er hilfebedürftig war. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II - jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

19

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II - ebenfalls in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 - sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Vom Einkommen sind ua die auf das Einkommen entrichteten Steuern abzuziehen (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB II). § 2a Alg II-V(idF der ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.8.2005, mit Wirkung vom 1.10.2005, BGBl I 2499) regelt die Einzelheiten der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit sowie Gewerbebetrieb. Nach § 2a Abs 1 Satz 1 und 2 Alg II-V ist dabei vom Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV unter Verweis ua auf § 15 Abs 1 EStG auszugehen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(idF des Art 1 Nr 4 Gesetz vom 22.12.2003, BGBl I 2840 mit Wirkung vom 1.1.2004) Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.

20

Grundsätzlich ist es - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - zwar nicht zu beanstanden, dass das SG von dem Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage iS des § 7g EStG als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im hier streitigen Zeitraum ausgegangen ist(vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 24.4.2007 - L 26 B 422/07 AS ER -; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, § 15 RdNr 8, Stand 43. EL XII/2005). Gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV(idF des Art 3 Nr 2 Gesetz zur Reform der Agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994, BGBl I 1890) ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Nach der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs 1 SGB IV(BT-Drucks 12/5700, S 96) soll das Arbeitseinkommen aus dem Steuerbescheid übernommen werden. Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts sind die §§ 4 - 7k EStG(vgl Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV RdNr 10, Stand 44. EL August 2004). Auch die Regelung des § 7g EStG ist Teil der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und damit bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen(BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10; Fischer in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 15 RdNr 43).

21

Ansparrücklagen sollen dem Selbstständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung wird verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert werden (siehe zum Ganzen: BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Nach § 7g Abs 3 EStG(in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts iS des § 7g Abs 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage gemäß § 7g Abs 4 Satz 1 EStG in Höhe von 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gemäß § 7g Abs 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen(siehe hierzu Drenseck in Schmidt, EStG, 24. Aufl 2005, § 7g RdNr 24; Lambrecht in EStG-KompaktKommentar, 4. Aufl 2004, § 7g RdNr 48 f; Pinkos, DB 1993, 1688, 1690 ff). Für den Fall, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt, bestimmt § 7g Abs 6 EStG, dass § 7 Abs 3 bis 5 EStG mit Ausnahme von Abs 3 Nr 1(gemeint: Abs 3 Satz 3 Nr 1) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.

22

Die Rücklagenbildung hat zur Folge, dass sie im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führt, unabhängig davon, ob dabei ein Verlust entsteht oder ein bestehender Verlust sich erhöht (§ 7g Abs 3 Satz 4 EStG). Durch die Bildung einer Rücklage erhält der Steuerpflichtige mithin einen Steuervorteil unter der Bedingung, dass er spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investiert. Die Nichtbesteuerung der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage führt dazu, dass beim Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage eine erhöhte Liquidität vorliegt; mit dem Ersparten kann und soll der Steuerpflichtige investieren (vgl BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2).

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Bei der Ansparrücklage handelt es sich im hier streitigen Zeitraum auch um Einkommen iS des SGB II. Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie der Senat im Urteil vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; vgl auch Urteil des Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - FEVS 60, 546) dargelegt hat, ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(ebenso schon BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.

24

Grundsätzlich gilt für die Ansparrücklage nach diesem Grundsatz - da sie in jedem Fall bereits vor der Antragstellung gebildet wurde und soweit sie im hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war -, dass sie als Vermögen zu werten wäre (vgl Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 2a Alg II-V, - B 4 AS 22/10 R). Der Senat knüpft bei dieser Wertung an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach ein Sparguthaben eines Leistungsberechtigten, das vor der Antragstellung gebildet wurde, durchgehend Vermögen ist, auch wenn es nach der Antragstellung fällig wird und zufließt (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Dieses gilt insbesondere in Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen (vgl BVerwG Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 f = juris RdNr 16, und - 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137 f = juris RdNr 15). Dieses gilt auch für die Ansparrücklage. Die Ansparrücklage entstammt Jahre zuvor - hier wohl 2003 - erwirtschaftetem Gewinn, war also zum damaligen Zeitpunkt Einkommen und fließt bei ihrer Auflösung in den Betrieb/das Unternehmen als Investition zurück (vgl Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c; s hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 22/10 R). Tatsächlich handelt es sich mithin um die Freisetzung von angespartem Einkommen, also Vermögen.

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Gleichwohl ist der Gewinn aus der aufgelösten Ansparrücklage im hier streitigen Zeitraum Einkommen. Dieses wird durch den Verweis in § 2a Alg II-V auf die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften normativ bestimmt. Danach ist die aufgelöste oder aufzulösende Ansparrücklage, obwohl sie vor der Antragstellung gebildet wurde (s zum Sparguthaben BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16) als Einkommen im jeweiligen Steuerjahr zu berücksichtigen. Grundsätzliche Bedenken gegen die normative Zuordnung als Einkommen bestehen auf Grundlage der soeben dargelegten Funktion der Ansparrücklage mit im Wesentlichen Steuerstundungseffekt (vgl hierzu Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c) nicht.

26

Soweit das SG allerdings auf Grundlage des § 2a Alg II-V allein darauf abstellt, dass der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit anzusehen sei und der Steuerbescheid Tatbestandswirkung habe, übersieht es, dass die Anwendung des § 15 SGB IV und der einkommensteuerrechtlichen Regelungen hier nur als Berechnungselement zur Ermittlung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen dienen. So zeigen Wortlaut, Begründungen des Verordnungsgebers mit Blick auf die Geschichte der Regelung der Berechnungsweise für Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung, systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung, dass die Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des SGB II hinterfragt werden muss (zu anderen Fallgruppen der Durchbrechung der Anbindung an das Steuerrecht, zB im Unterhaltsrecht vgl BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10 - juris RdNr 25 ff). Der Steuerbescheid entfaltet folglich keine Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass dessen Feststellungen ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob es sich bei dem ausgewiesenen Gewinn um bereite Mittel handelt, zur Berechnung des Alg II herangezogen werden können.

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Bereits der Wortlaut zeigt deutlich, dass § 15 SGB IV und der dortige Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, also auch auf § 7g EStG, nur die Grundlage für die Berechnung des Einkommens Selbstständiger sein soll. Wörtlich heißt es in § 2a Abs 1 Satz 1 Alg II-V, von dem nach diesen Vorschriften bestimmten Einkommen sei "auszugehen". Diese Formulierung lässt erkennen, dass der einkommensteuerrechtlich relevante Gewinn nicht mit dem bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigenden Einkommen gleichgesetzt werden kann.

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Dies wird durch die wechselvolle Geschichte der Vorschriften der Alg II-V im Hinblick auf die Berechnung von Einkommen Selbstständiger bestätigt. Wertungswidersprüche zwischen der steuerrechtlichen Betrachtung und dem Bedarfsdeckungsprinzip des SGB II hat der Verordnungsgeber selbst erkannt und zum Anlass genommen, die hier anzuwendende Fassung des § 2a Alg II-V zum 1.1.2008 wiederum zu ändern. Seit 1.1.2008 stellt er im Hinblick auf die möglichen Unterschiede (zu Gunsten und zu Lasten der Leistungsberechtigten) zwischen steuerrechtlichem Arbeitseinkommen und real zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung stehendem Einkommen auf die Betriebseinnahmen, die tatsächlich zufließen, ab (vgl § 3 Alg II-V idF der VO vom 17.12.2007, BGBl I 2942). Zur Begründung hat er ausgeführt: "… Der Einkommensteuerbescheid ist nicht mehr relevant ... Die Erfahrungen in der praktischen Anwendung des bisherigen § 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung haben gezeigt, dass durch die Berücksichtigung aller steuerlich möglichen Absetzungen vom Einkommen das zu berücksichtigende Arbeitseinkommen vielfach geringer war als das tatsächlich (für den Lebensunterhalt) zur Verfügung stehende Einkommen...".

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Im Grundsatz entspricht es auch dem durchgängigen System des Grundsicherungsrechts sowie der ständigen Rechtsprechung des BSG, auf den tatsächlichen Zufluss einer Einnahme abzustellen, wenn sie als Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung den Leistungsanspruch mindern soll. § 9 Abs 1 SGB II bringt zum Ausdruck, dass SGB II-Leistungen nicht für denjenigen erbracht werden sollen, der sich nach seiner tatsächlichen Lage selbst helfen kann. Es kommt also auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" an (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, RdNr 20, zur Veröffentlichung vorgesehen). Entsprechend der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II muss korrespondierend bei der Festlegung der zu berücksichtigenden Einkommensteile an die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen angeknüpft werden. Zwar gilt insoweit, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18, RdNr 25); andererseits kann ein Leistungsanspruch auch dann gegeben sein, wenn das zu berücksichtigende Einkommen tatsächlich nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7, RdNr 32; BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 15). In diesem Sinne regelt § 11 SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung (nunmehr § 11b SGB II idF des RegelbedarfsÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass das Einkommen um zahlreiche Absetzbeträge zu bereinigen ist, bevor es zur Leistungsberechnung heranzuziehen ist. Grund hierfür ist, nicht nur einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen, sondern auch, nur diejenigen Einkünfte tatsächlich bei der Höhe des Alg II-Anspruchs zu berücksichtigen, die tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung eingesetzt werden können. Deutlich wird dieses auch im System des § 2a Alg II-V selbst. Von der Regelberechnung nach § 2 a Abs 2 S 1 Alg II-V, wonach das Einkommen auf Jahresbasis zu berechnen ist, ist nach § 2 a Abs 2 S 2 Alg II-V abzuweichen, wenn Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Kalenderjahres erzielt wird. Dies kann zB der Fall sein, wenn die selbstständige Tätigkeit nur während eines Teils des Jahres ausgeübt wird oder wenn die noch zu Beginn des Jahres erzielten Einnahmen im Laufe des Jahres wegfallen. In diesem Fall ist das monatliche Einkommen auf Basis des Teilzeitraums des Kalenderjahres zu berechnen, in dem die Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Diese Abweichung dient nach der Begründung des Verordnungsgebers dazu, eine Gefährdung der Sicherung des Lebensunterhalts zu vermeiden. Es kommt also auch hier letztlich darauf an, ob eine auf das gesamte Jahr bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächlichen Einnahmen im Bedarfszeitraum widerspiegelt (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 78)und damit ob bereite Mittel zur Verfügung standen, um den Lebensunterhalt zu decken (siehe dazu auch Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - mwN).

30

Sinn und Zweck der hier anzuwendenden Fassung des § 2a Alg II-V ist es mithin, im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die einkommensteuerrechtlichen Festsetzungen als Anknüpfungspunkt für die grundsicherungsrechtliche Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens heranzuziehen. Die tatsächliche Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II hat allerdings unter der grundsicherungsrechtlichen Einschränkung zu erfolgen, dass der einkommensteuerrechtlich ermittelte Gewinn auch tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Nur so kann der Zweck des SGB II, die Existenzsicherung zu gewährleisten, erfüllt werden

31

Insoweit fehlt es an Feststellungen des SG. Es wird diese vor allem vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers nachzuholen haben, dass er die Ansparrücklage bereits vor ihrer einkommensteuerrechtlichen Veranlagung als Gewinn iS des § 7g EStG verbraucht habe, sie ihm also nicht zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung gestanden habe; er mithin trotz der steuerlichen Veranlagung hilfebedürftig und demnach leistungsberechtigt war. Es würde alsdann bereits an der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides mangeln. War die aufgelöste Ansparrücklage oder waren Teile hiervon hingegen bei der Bescheiderteilung für den hier streitigen Zeitraum noch oder bereits vorhanden, so könnte ein Fall des § 45 SGB X gegeben sein. Ist sie erst nach Bescheiderteilung aufgelöst worden, liegt ein Fall von § 48 SGB X vor.

32

4. Das SG wird im wieder eröffneten erstinstanzlichen Gerichtsverfahren auch Feststellungen zum Vermögen des Klägers zu treffen haben. Solche fehlen hier, obwohl hierzu nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Anlass bestanden hätte. Der Kläger hat selbst vorgebracht, der "hohe Gewinn des Jahres 2003" aus seinem Gewerbebetrieb sei "in die Folgejahre verschoben" worden und er habe auf dieses Geld auch tatsächlich Zugriff gehabt und es verbraucht. Daher hätte Anlass zur Prüfung bestanden, wie hoch die Gewinne der letzten Jahre waren und wofür sie verwendet wurden bzw wie viel davon in die Bildung von Ansparrücklagen geflossen ist, um letztlich beurteilen zu können, wie hoch das Vermögen des Klägers bei Bescheiderteilung am 16.8.2005 war. Diesbezüglich ist der Grundsatz zu beachten, dass auch nicht bereite Mittel, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen sind (vgl Senatsurteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R).

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5. Ferner kann es für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung oder während des Bewilligungszeitraums über anderweitiges Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit verfügt hat. Die Angaben des Klägers in den BWA geben durchaus Anlass, insoweit, unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung, in eine nähere Prüfung einzutreten. Das SG wird dabei insbesondere den Sachvortrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren zu berücksichtigen haben, wonach er aufgrund der betrieblichen Überschüsse im letzten Quartal 2005 seinen gesamten monatlichen Bedarf in Höhe von 601,89 Euro habe decken können.

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6. Sollte vorliegend § 45 SGB X Anwendung finden, wäre der Umstand, dass der Beklagte seinen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, alleine nicht klagebegründend(Senatsurteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R; vgl auch BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (richtigerweise: Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSGE 29, 129, 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG; BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; BSG Urteil vom 18.9.1997 - 11 RAr 9/97 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 69/01 R - juris RdNr 16 f). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig(BSG Urteil vom 25.4.2002, aaO).

35

Wäre der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung vorliegend § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte, denn eine Ermessensentscheidung wurde hier von dem Beklagten nicht getroffen. § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II verweist auf § 330 Abs 2 SGB III; dieser ordnet an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Das SG hat bisher noch keine Tatsachen festgestellt, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist. Das SG wird - sollte es zur Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gelangen - auch zu prüfen haben, ob der Beklagte eine Anhörung zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift vorgenommen hat und die Frage zu klären haben, ob eine ggf fehlende Anhörung hierzu auch nach einer Zurückverweisung durch das BSG im weiteren Verfahren wirksam iS des § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X durchgeführt werden kann.

36

Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin betreibt auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.09.2005 eine Anlage zur sonstigen Behandlung und zeitweiligen Lagerung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen – Herstellung von Sekundär-Ersatz-Regel-Brennstoffen.

2

Mit Bescheid vom 18.12.2009 gab ihr der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, für die in ihrer Anlage eingehenden und ausgehenden nicht gefährlichen Abfälle bis jeweils spätestens zum 10. Werktag des Folgemonats Registerauszüge in Form eines Listennachweises vorzulegen. Für die Abfalleingänge muss der Listennachweis die Grundangaben „Ursprung, Abfallschlüsselnummer (AVV-ASN), Monatsmenge“ enthalten und im Übrigen so erfolgen, dass alle Eingänge nach dem tatsächlichen Abfallerzeuger, dem Transporteur und/oder dem Abfallmakler zu unterscheiden sind; zudem muss er die in der Anlage der Antragstellerin vollzogene bzw. vorgesehene Art der Behandlung (Sieben, Shreddern, etc.) erkennen lassen. Für die Abfallausgänge muss der Listennachweis die Grundangaben „Angabe des Abfallentsorgers, Abfallschlüsselnummer (AVV-ASN), Monatsmenge“ enthalten und im Übrigen so erfolgen, dass für alle Ausgänge das weitere Entsorgungsverfahren unter Angabe der jeweils konkreten Entsorgungsanlage ersichtlich und eine Unterscheidung zwischen der Abfallabgabe an Abfallentsorger oder Abfallmakler ermöglicht werden. Zur Begründung gab der Antragsgegner u. a. an, die Antragstellerin sei schon in der Vergangenheit durch einen erheblich nicht rechtskonformen Umgang mit Abfällen aufgefallen; aktuellere und aktuellste Erkenntnisse ließen den Schluss zu, dass ein ordnungsgemäßer Umgang mit Abfällen ohne ein behördliches Handeln auch zukünftig nicht gewährleistet sei. Über den hiergegen fristgerecht erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.

3

Ihren am 28.12.2009 gestellten Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat die Antragstellerin wie folgt begründet: Sie sei gemäß § 42 Abs. 1 KrW-/AbfG ohnehin verpflichtet, über Menge, Art, Ursprung und Bestimmung der Abfälle, die Häufigkeit des Einsammelns, das Beförderungsmittel sowie die Art der Behandlung der Abfälle ein Register zu führen, was sie auch tue. Auf Verlangen der zuständigen Behörde sei dieses Register oder seien Angaben daraus mitzuteilen. Wie genau dieses Register zu führen sei, ergebe sich des Weiteren aus dem Genehmigungsbescheid. Im Übrigen habe sie bis August 2009 gemäß der Anordnung des Antragsgegners vom 27.01.2009 die Annahme von Abfällen regelmäßig anzeigen müssen. Dem sei sie stets nachgekommen, auch wenn einige Angaben falsch gewesen seien. Für den Antragsgegner habe kein Grund zu der Annahme bestanden, dass sie nicht bereit sei, ihm Einblick in das Register zu gewähren.

4

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26.01.2010 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zu einer tiefenschärferen Registrierung bestehe dann Anlass, wenn die Überprüfung des Betriebes des Verpflichteten eine ganze Reihe von Beanstandungen ergeben habe. Nach den Feststellungen des Antragsgegners, an deren Verlässlichkeit sich gegenwärtig keine Zweifel ergäben, sei dies bei der Anlage der Antragstellerin der Fall gewesen.

II.

5

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

6

Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.

7

Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, mit der auf die §§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 45 KrW-/AbfG i. V. m. §§ 23, 24 und 26 NachwV gestützten Anordnung des Antragsgegners erfolge keine tiefenschärfere Prüfung als sie ohnehin in § 42 Abs. 1 KrW-/AbfG vorgeschrieben sei.

8

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG kann die zuständige Behörde anordnen, dass die Erzeuger, Besitzer, Einsammler, Beförderer oder Entsorger von Abfällen, jedoch ausgenommen private Haushaltungen, Register oder Nachweise zu führen und vorzulegen oder Angaben aus den Registern mitzuteilen haben, soweit Pflichten nach den §§ 42 und 43 nicht bestehen. Gemäß § 42 Abs. 1 KrW-/AbfG haben die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, welche Abfälle in einem Verfahren nach Anhang II A oder II B entsorgen (Entsorger), ein Register zu führen, in dem hinsichtlich der Vorgänge nach den Anhängen II A oder II B (1.) die Menge, die Art, der Ursprung und (2.) soweit diese Angaben zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Entsorgung von Bedeutung sind, die Bestimmung, die Häufigkeit des Einsammelns, das Beförderungsmittel sowie die Art der Behandlung der Abfälle verzeichnet werden. Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG haben Entsorger, welche Abfälle behandeln oder lagern, die nach Absatz 1 erforderlichen Angaben, insbesondere die Bestimmung der behandelten oder gelagerten Abfälle, auch für die weitere Entsorgung zu verzeichnen, soweit dies auf Grund der Zweckbestimmung der Abfallentsorgungsanlage zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Entsorgung erforderlich ist. Gemäß § 26 Abs. 2 NachwV kann die zuständige Behörde gegenüber einem nach § 42 KrW-/AbfG zur Führung von Registern über die Entsorgung nicht gefährlicher Abfälle Verpflichteten die Registrierung weiterer Angaben anordnen.

9

Auch wenn die Anlage der Antragstellerin – was die Beschwerde allerdings nicht dargelegt hat – Abfälle in einem Verfahren nach Anhang II A oder II B KrW-/AbfG entsorgen und damit dem Anwendungsbereich des § 42 KrW-/AbfG unterfallen sollte, war der Antragsgegner nicht daran gehindert, gegenüber der Antragstellerin die streitige Anordnung zu erlassen. Mit dieser Anordnung hat der Antragsgegner nicht die in § 42 Abs. 1 und 2 KrW-/AbfG bereits kraft Gesetzes vorgesehene Registerführung (nochmals) abverlangt, sondern der Antragstellerin über die darin genannten Pflichten hinaus aufgegeben, in regelmäßigen Abständen Registerauszüge in Form eines Listennachweises vorzulegen.

10

Zwar ergibt sich die Befugnis der Behörde, auf der Grundlage von § 42 Abs. 1 und 2 KrW-/AbfG zu führende Register über nicht gefährliche Abfälle vorzulegen oder Angaben aus diesen Registern mitzuteilen, aus § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG kommt nur zur Anwendung, soweit Pflichten nach den §§ 42, 43 KrW-/AbfG nicht bestehen. Die Regelung betrifft demnach nur solche Adressaten bzw. Abfälle, die nicht bereits unter die Regelungen in §§ 42 und 43 KrW-/AbfG fallen (Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. 4, § 44 KrW-/AbfG, RdNr. 4). Der Umstand, dass im Bescheid als Ermächtigungsgrundlage die §§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 45 KrW-/AbfG i. V. m. §§ 23, 24 und 26 NachwV aufgeführt sind und nicht (auch) § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG, vermag die Rechtmäßigkeit der streitigen Anordnung aber nicht in Frage zu stellen. Die Verwaltungsgerichte haben grundsätzlich umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht; hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist (BVerwG, Urt. v. 30.06.1989 – 4 C 40.88 – Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 5). Zwar lässt sich dieser Grundsatz bei Ermessensentscheidungen nicht uneingeschränkt übertragen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 113 Rn. 67). In der Rechtsprechung wird aber auch bei Ermessensentscheidungen ein solches Auswechseln der Rechtsgrundlage nicht generell als unzulässig angesehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1989, a. a. O; Beschl. d. Senats v. 29.12.1999 – B 2 S 73/99 – VwRR MO 2000, 196). Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen ist dem Gericht nur dann verwehrt, wenn die anderweitige rechtliche Begründung zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (BVerwG, Urt. v. 21.11.1989 – 9 C 28.89 –, DVBl. 1990, 490, m. w. N.). Hingegen kann ein Verwaltungsakt dann auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden, wenn – aus der Sicht dieser anderen Rechtsgründe – an dem Verwaltungsakt nichts Wesentliches geändert zu werden braucht, insbesondere wenn die denkbaren Gründe für die Ermessensentscheidung nach der richtigen Ermächtigungsgrundlage für den Kläger bzw. Antragsteller nicht günstiger sind als die dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrundeliegenden Erwägungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1989, a. a. O., RdNr. 20 in Juris).

11

Nach diesem Maßstab hält es der Senat für unbedenklich zu prüfen, ob sich die streitige Anordnung auch auf § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG stützen lässt. Sowohl diese Vorschrift als auch § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG dienen einer möglichst effektiven Überwachung der Verwertung und Beseitigung von Abfällen durch die zuständige Behörde und wollen eine effektive Kontrolle der gesetzlich vorgeschriebenen Register ermöglichen. Die Erwägungen, die der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid angestellt hat, rechtfertigen auch eine den Antragsteller belastende Ermessensentscheidung nach § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG. Das in § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG normierte Recht der zuständigen Behörde, sich die Register vorlegen oder sich Angaben aus den Registern vorlegen zu lassen, steht nach dem Gesetz nicht unter weiteren Voraussetzungen. Bei der Ausübung des Ermessens sind der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Willkürverbot zu beachten. Das Verlangen nach § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG setzt keinen Verstoß bzw. den Verdacht eines Verstoßes gegen eine abfallrechtliche Verpflichtung voraus; eine Überwachung ist im Gegenteil grundsätzlich kontinuierlich und ohne spezifische Verdachtslagen durchzuführen. Sie kann sich auf regelmäßig wiederkehrende Einsichtnahmen in die Register, aber auch auf Stichproben beziehen (vgl. zum Ganzen: Beckmann, a. a. O., § 42 RdNr. 43). Demgegenüber ist bei der Ermessensentscheidung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG zu beachten, dass die §§ 42, 43 KrW-/AbfG die allgemeinen Regelungen für Registerpflichten enthalten und andere als die dort genannten Personen nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich nicht registerpflichtig sind. Es bedarf also der besonderen Rechtfertigung, wenn die Registerpflicht abweichend von §§ 42, 43 KrW-/AbfG im Einzelfall angeordnet wird. Die Rechtfertigung kann sich etwa aus dem besonderen Schadenspotenzial bzw. einer besonderen Gefährlichkeit der betroffenen Abfälle, aus einer besonderen Verwendung der Abfälle oder aus besonderen Anforderungen an die Beförderung der Abfälle ergeben. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch Herkunft und Menge der betroffenen Abfälle und besondere Eigenschaften in der Person des Betroffenen, etwa vergangene Verstöße gegen abfallrechtliche oder andere umweltrechtliche Vorschriften (vgl. zum Ganzen: Beckmann, a. a. O., § 44 RdNr. 8). Insofern sind die Anforderungen, die an die Ermessensausübung zu stellen sind, im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG strenger als bei § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG.

12

Die Antragstellerin hat in ihrer Beschwerde keine Umstände vorgetragen, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsgegner das ihm zustehende Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt hat.

13

Wie bereits dargestellt, kann ein Verstoß gegen abfallrechtliche Vorschriften eine Anordnung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG rechtfertigen. Erst recht gilt dies für ein Verlangen nach § 42 Abs. 4 KrW-/AbfG. Aber auch ein hinreichender Verdacht auf solche Verstöße genügt. Da die abfallrechtlichen Überwachungsvorschriften der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung dienen, ist ein Verschulden des Anlagenbetreibers nicht erforderlich; vielmehr genügt, dass objektiv mit Verstößen gerechnet werden muss.

14

Der Antragsgegner hat sich im angefochtenen Bescheid (Seiten 3 und 4) auf folgende Feststellungen gestützt:

15
- Im Rahmen der Erfüllung der Anordnung vom 27.01.2009 zeigte die Antragstellerin unter anderem an, brennbare Abfälle der AVV ASN 19 12 10 von der (D...)GmbH (...) in ihrer Anlage annehmen zu wollen. Da die D… eine Shredderanlage zur Verwertung von Autowracks betreibt, aus der keine Abfälle der AVV ASN 19 12 10 resultieren können, konnte es sich nur um nicht zutreffend deklarierte Abfälle handeln. Für die nicht zutreffende Deklaration ist zwar nicht die Antragstellerin verantwortlich, jedoch beabsichtigte sie die Annahme dieser Abfälle, obwohl die unzutreffende Deklaration des Abfallerzeugers offensichtlich war...
16
- Im Rahmen der Erfüllung der Anordnung vom 27.01.2009 zeigte die Antragstellerin die vorgesehene Annahme von Abfällen der AVV ASN 19 12 04 der Umweltservice W. GmbH als Abfallerzeuger an. Die behördlichen Recherchen ergaben, dass die Angaben der Antragstellerin insoweit unzutreffend waren, als die Umweltservice W. GmbH nicht etwa Abfallerzeuger war, sondern lediglich als Transportunternehmen auftrat...
17
- Der gleiche Sachverhalt ergab sich bei der Überprüfung des von der Antragstellerin als Abfallerzeuger angezeigten Unternehmens (…) Recycling GmbH. Eine Nachfrage bei der für das Unternehmen zuständigen Behörde, dem Landkreis G. ergab, dass das benannte Unternehmen ausschließlich als Beförderer tätig ist und somit nicht als Abfallerzeuger zu betrachten ist…
18
- Durch die Daten, welche dem Antragsgegner in Erfüllung der Anordnung vom 27.01.2009 durch die Antragstellerin zugeleitet worden sind, wurde ab Mai 2009 ein auffälliger und sprungartiger Anstieg der Abgabe von Abfällen durch die Antragstellerin an die Firma (…) GmbH (Neu S.) unter der AVV ASN 19 12 12 ersichtlich. Weitergehende Recherchen zeigten, dass wesentliche Teile dieses Abfallstroms die Anlage der (…) GmbH als Abfälle der AW ASN 19 12 09 (mineralische Abfälle) verließen. Aufgrund dieser Erkenntnisse sah sich der Salzlandkreis veranlasst, gegenüber der (…) GmbH eine Anordnung im Sinne der Anordnung des Antragsgegners vom 31.01.2008 zu erlassen.
19
- Weiterhin stellte sich beispielsweise im Fall der Anlieferung von Abfällen der durch die Antragstellerin benannten Firma (R…) GmbH heraus, dass die betroffenen Abfälle nur vermittelt (gemakelt) wurden Die Überprüfung der Abfallschlüsselnummer/der Abfalldeklaration ergab zudem, dass diese nicht der tatsächlichen Abfallherkunft (Vliesabfälle) entsprachen. Zwar ist die Antragstellerin für die unzutreffende Deklaration nicht verantwortlich, jedoch beabsichtigte sie die Annahme der Abfälle in ihrer Anlage, obwohl die unrichtige Deklaration offensichtlich erkennbar war.
20

Würde der tatsächliche Abfallerzeuger die Einstufung der Abfälle korrekt realisiert haben, hätte die Antragstellerin diese Abfälle nicht annehmen dürfen, da derartige Abfälle nicht Bestandteil des zugelassenen Abfallinputkataloges der Anlage der Antragstellerin sind.

21
- Bei einer Beprobung von Abfallen der Antragstellerin am 16.03.2009 wurden in Auswertung der Analysen enorm hohe Schwermetallgehalte festgestellt, welche aufgrund der genehmigten Inputabfälle nicht zu erklären waren. Im Zuge einer daraufhin durchgeführten abfallrechtlichen Kontrolle am 06.08,2009 erfolgte eine erneute Beprobung der vorhandenen Abfälle. Die Auswertung ergab die Schlussfolgerung, dass sämtliche beprobten Abfälle zwingend als gefährliche Abfälle einzuordnen waren…
22
- Im Rahmen einer Anlagenkontrolle in Umsetzung der Anordnung vom 27.01.2009 wurden am 27.04.2009 unter anderem Abfallballen außerhalb der zugelassenen Lagerflächen festgestellt. Der Betriebsleiter der Antragstellerin … war nicht bereit, eine Kopie des Wiegescheines für den betroffenen Abfall zu übergeben, die Daten wurden nur zur Einsicht vorgelegt. Die anschließende Prüfung ergab, dass die Abfälle keinesfalls aus dem benannten Unternehmen, A. Gewerbeabfallsortierung, stammen…
23
- Darüber hinaus ergab sich durch die behördliche Anlagenkontrolle vom 01.10.2009 aktuell, dass die Antragstellerin in ihrer Anlage unzulässig Abfälle angenommen hat, die als gefährliche Abfälle einzustufen sind. Der genehmigte Anlagenbetrieb der Antragstellerin, welcher der Herstellung von Ersatzbrennstoffen dient, lässt lediglich die Lagerung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen zu…
24

Diese Feststellungen genügen bei einer Gesamtbetrachtung, um Angaben aus den Registern anzufordern. Aber auch die in der Beschwerde vorgetragenen Einwände zu einzelnen Feststellungen greifen – jedenfalls überwiegend – nicht durch.

25

Wenig überzeugend ist der Einwand der Antragstellerin zu der ersten Feststellung, sie könne nicht erahnen, ob eine angekündigte Lieferung falsch deklariert sei, sondern dies erst bei Anlieferung vor Annahme prüfen, was sie auch tue. Der Hinweis des Antragsgegners, die Falschdeklarierung sei (bereits vor Anlieferung) offensichtlich gewesen, weil eine Shredderanlage zur Verwertung von Autowracks keine brennbaren Abfälle im Sinne der vom Lieferanten angegebenen Abfallschlüsselnummer 19 12 10 AVV (Abfallverzeichnisverordnung) erzeugen könne, Abfälle solcher Anlagen vielmehr den unter 19 10 AVV aufgeführten Schlüsselnummern (Abfälle aus Shreddern von metallhaltigen Abfällen) fallen, lässt sich nicht von der Hand weisen. Seinem – bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen – Argument, die Shredderanlage hätte, wenn sie über ein hochwertiges Post-Shredder-Behandlungsverfahren verfügen würde, daraus entstehende brennbare Abfälle nicht an die Anlage der Antragstellerin weitergereicht, sondern in die thermische Verwertung oder Mitverbrennung gegeben, ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten.

26

Die im Abschnitt unter Spiegelstrich 4 getroffene Feststellung vermag die Antragstellerin nicht mit dem Einwand zu entkräften, die Abfälle hätten nur zu einem – wenn auch hohen – Teil aus mineralischen Abfällen im Sinne der Abfallschlüsselnummer 19 12 09 bestanden. Auch insoweit ist von einen fehlerhaften Deklarierung auszugehen. Auch ihr Einwand, die Melde- und Kontrollpflichten für Abfälle der Abfallschlüsselnummer 19 12 09 seien nicht so streng wie für Abfälle der Schlüsselnummer 19 12 12 bleibt unsubstantiiert.

27

Zu den Feststellungen unter Spiegelstrich 5 rügt die Antragstellerin, auch insoweit habe sie nicht vorhersehen können, dass die beabsichtigte Lieferung falsch deklariert sei. Auch wenn insoweit die Falschdeklarierung durch den Lieferanten entgegen der Annahme des Antragsgegners nicht offensichtlich gewesen sein sollte, bleibt der in diesem Abschnitt weiter genannte Vorwurf, die betroffenen Abfälle seien nur vermittelt (gemakelt) gewesen, dem die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist.

28

Die in den Abschnitten der Spiegelstriche 6 und 8 aufgeführten, auf der Grundlage von Beprobungen getroffenen Feststellungen greift die Antragstellerin mit der Begründung an, die vom Antragsgegner vorgenommene „Hot-Spot-Beprobung“ habe eine Einordnung von Abfällen als gefährliche Abfälle nicht erlaubt; vielmehr habe eine Mischbeprobung durchgeführt werden müssen. Auch damit vermag sie nicht durchzudringen.

29

Der Ergebnisbericht des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) vom 22.09.2009 gibt an, dass die am 06.08.2009 durchgeführte Beprobung gemäß den Vorgaben der LAGA PN 98 (Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfällen) durchgeführt worden sei. Die LAGA PN 98 sieht sowohl eine „Hot-Spot-Beprobung“ (als Sonderfall) als auch eine „allgemeine Abfallbeprobung“ vor. Während die „Hot-Spot-Methode“ u. a. der Erarbeitung von Risikoprognosen sowie zur Beweissicherung bei ungenehmigt abgelagerten bzw. unbekannten Materialien dient, steht bei der allgemeinen Abfallbeprobung die abfallcharakterisierende und ggf. auch die repräsentative Beurteilung der Gesamtmenge im Vordergrund, die im Wesentlichen der Charakterisierung von Grundgesamtheiten bezüglich ihrer Menge und Zusammensetzung mit dem Ziel der Bestimmung des durchschnittlichen Stoffgehalts bzw. -verlaufs dient (vgl. LAGA PN 98, Stand: September 2001, S. 9 f.).

30

Der Antragstellerin dürfte darin zu folgen sein, dass die „Hot-Spot-Methode“ zur Einstufung eines Abfalls als gefährlich nicht in Betracht kommen dürfte, weil es in diesem Zusammenhang wesentlich auf die Konzentration von Schadstoffen in der Abfallcharge ankommt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AVV sind die im Abfallverzeichnis mit einem Sternchen versehenen Abfallarten gefährlich im Sinne des § 41 KrW-/AbfG. Dies betrifft u. a. die in den Abfallschlüsselnummern 19 10 03, 19 10 05 und 19 12 11 genannten Abfallarten, nämlich Schredderleichtfraktionen und Staub, die gefährliche Stoffe enthalten, andere Fraktionen, die gefährliche Stoffe enthalten, sowie sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen, die gefährliche Stoffe enthalten. Wann von „gefährlichen Stoffen“ auszugehen ist, beantwortet sich mit Hilfe des Gefahrstoffrechts und des Anhangs III der Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12.12.1991 (ABl. L 377, S. 20), geändert durch die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 (ABl. L 312, S. 3). Abfall ist hiernach gefährlich, wenn in ihm ein Stoff enthalten ist, der nach den Regeln des Gefahrstoffrechts als gefährlicher Stoff einzustufen ist. Dabei muss dieser Stoff in einer Konzentration vorhanden sein, dass der Abfall mindestens über eine gefahrenrelevante Eigenschaft (H1 bis H14) des Anhangs III der genannten Richtlinie verfügt. Für einen Teil der H-Kriterien nennt § 3 Abs. 2 AVV Konzentrationswerte, bei denen zu vermuten ist, dass es sich um einen gefährlichen Abfall handelt (vgl. Beckmann, a. a. O., § 41 KrW-/AbfG RdNr. 8). Gemäß § 3 Abs. 2 AVV wird von als gefährlich eingestuften Abfällen angenommen, dass sie eine oder mehrere der in diesem Anhang aufgeführten Eigenschaften und hinsichtlich der dort aufgeführten Eigenschaften H3 bis H8, H10 und H11 eines oder mehrere der im Folgenden bezeichneten Merkmale aufweisen.

31

Welches Verfahren bei dem am 16.03.2009 und 06.08.2009 durchgeführten Beprobungen angewandt wurde, lässt sich den Überwachungsprotokollen vom 17.03.2009 und 10.08.2009 nicht entnehmen.Die (zum Teil) sehr hohe Konzentration der Schadstoffe in den Einzelproben spricht allerdings für die Einschätzung des LAU, dass es sich bei den beprobten Abfällen um gefährliche Abfälle handele. Die am 16.03.2009 genommen 6 Proben wiesen laut Auswertung der UBeRU vom 19.05.2009 teilweise erhebliche Anteile an Schwermetallen auf. Die Analyse der am 06.08.2009 genommenen Proben ergab laut Ergebnisbericht des LAU vom 22.09.2009 eine teilweise sehr hohe Belastung der Abfälle mit Schwermetallen, polychlorierten Biphenylen (PCB), mineralölhaltigen Kohlenwasserstoffen (MKW) mit der Eigenschaft H7 (krebserzeugend).

32

Jedenfalls die am 01.10.2009 durchgeführte Beprobung wurde ersichtlich nicht nach dem „Hot-Spot-Verfahren“ durchgeführt. Laut Protokoll vom 22.10.2009 erfolgte die Beprobung dergestalt, dass die Abfälle zur Erreichung einer repräsentativen Probenahme mittels eines durch die Antragstellerin zur Verfügung gestellten Radladers statistisch verteilt, Abfallteilmengen durch Schürfe aus den zu untersuchenden Haufwerken entnommen und zu einer Teilmenge vermischt wurden. Die Auswertung der an diesem Tag genommenen Proben ergab (vgl. den Bericht des Umweltamts des Antragsgegners vom 08.10.2009), dass in drei Proben der Gehalt an Schwermetallen wie Blei, Cadmium, Zink und Nickel sowohl die Orientierungswerte nach dem Entwurf der H14 Handlungshilfe des Lande Sachsen-Anhalt als auch die der Hinweise des BMU zur Anwendung der AVV zum Teil deutlich überschritten und dass auch die hohen Werte für AOX (adsorbierbare organisch gebundene Halogene) und EOX auf hohe Konzentrationen von halogenorganischen Verbindungen hindeuteten. Bei einer Probe wurde aufgrund der hohen Werte von MKW, PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) und PCB von der Erfüllung des Kriteriums H7 ausgegangen, weil sowohl in Mineralölen als auch der Stoffgruppe PAK und PCB krebserzeugende Komponenten enthalten seien. Infofern kann entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Rede davon sein, dass keine gefährlichen Abfälle gefunden worden seien.

33

Dass die Antragstellerin – jedenfalls teilweise – nicht in der Lage war, vollständige Nachweise vorzulegen, räumt sie selber ein. Zu Unrecht bemängelt sie, der Erlass des angefochtenen Bescheids (mit Zwangsgeldandrohung) sei nicht erforderlich gewesen, vielmehr hätte der Antragsgegner die Listenführung auch ohne einen solchen Verwaltungsakt anfordern können. Der Antragsgegner versuchte zunächst mit anderen (milderen) Mitteln, nämlich den Anordnungen vom 31.01.2008 und 27.01.2009, die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften in der Anlage der Antragstellerin zu erreichen. Seine Erwägung, dass die neuen Verstöße eine verstärkte Überwachung der Anlage erfordern, lässt keinen Ermessensfehler erkennen. Zudem wurde dem Bevollmächtigten der Antragstellerin laut Aktennotiz vom 09.12.2009 anlässlich der Einsichtnahme in die Verwaltungsvorgänge in Aussicht gestellt, von der mit Schreiben vom 21.10.2009 angekündigten Anordnung Abstand zu nehmen, falls sich die Antragstellerin dazu bereit erkläre, die geforderten Registerauszüge kontinuierlich und bis zum 10. Werktag eines Monats vorzulegen. Erst nachdem innerhalb der Äußerungsfrist (11.12.2009) keine Erklärung über eine freiwillige Übergabe der Registerauszüge beim Antragsgegner eingegangen war, erließ dieser die streitige Anordnung.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 und die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von 1454,28 Euro.

2

Der alleinstehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu Einkünften aus selbstständiger oder anderer Tätigkeit machte er keine Angaben. Auf dem Zusatzblatt 2 findet sich mit grünem Stift - der Beraterin - die Einfügung: "Ich-AG 3.2.03 - 1 Jahr Förderung". Der Beklagte gewährte dem Kläger alsdann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zunächst für den Zeitraum vom 31.3. bis 30.9.2005 (Bescheid vom 19.4.2005). Einkommen des Klägers berücksichtigte er bei der Berechnung der Leistungshöhe nicht. In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger keine Änderungen der Verhältnisse an, woraufhin der Beklagte Alg II in der selben Höhe wie zuvor (monatlich: 601,89 Euro; Regelleistung: 331 Euro; KdU: 270,89 Euro) auch für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte (Bescheid vom 16.8.2005 ).

3

Auf eine Einladung des Beklagten zu einem Gespräch über seine berufliche Situation und zur Vorlage seiner Bewerbungen legte der Kläger am 29.12.2005 eine Änderungsmitteilung vor und gab an, er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig sein (Abbruch, Entkernung, Maurerarbeiten). Zusammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkommenserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Er teilte zunächst voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von 750 Euro sowie -ausgaben in Höhe von 225 Euro mit. Der Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, weil sich die Auftragslage verschlechtert habe. Im Mai und August 2006 reichte der Kläger ferner Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 ein und legte mit einem weiteren Fortzahlungsantrag im Januar 2007 eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung vor, aus der sich für das Jahr 2005 insgesamt ein vorläufiges positives betriebswirtschaftliches Ergebnis von 8581,40 Euro ergibt, darunter im letzten Quartal 2005 - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum - in Höhe von 10 115,44 Euro. Am 16.7.2007 gab der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2005 zu den Akten, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 10 405 Euro ausweist. In einem vom Kläger beigefügten Schreiben des Steuerberaters wird zur Erläuterung ausgeführt, dass der Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt worden sei und sich der in dem Steuerbescheid angesetzte Gewinn in Höhe von 10 405 Euro aus zwei Positionen zusammensetze - einem Gewinnanteil aus laufendem Geschäftsbetrieb in Höhe von 381 Euro und einem Gewinnanteil in Höhe von 10 024 Euro, der aus der Auflösung, Neubildung und Verzinsung von Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 7g EStG (Ansparabschreibungen) entstanden sei. In dem Schreiben heißt es weiter: "Der hohe Gewinn des Jahres 2003 wurde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG in die Folgejahre verschoben. Dieser Gewinnanteil ist im Jahr 2005 nicht zugeflossen und stand damit nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung."

4

Daraufhin führte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 durch und hob mit Bescheid vom 24.1.2008 den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf. Mit Änderungsbescheid vom 24.4.2008 wurde die Leistungsbewilligung für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 - der Rechtsstreit hat sich für den Zeitraum ab 1.1.2006 durch angenommenes Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Dresden erledigt - teilweise in Höhe von monatlich 587,59 Euro aufgehoben und die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum auf monatlich 484,76 Euro, insgesamt 1454,28 Euro, reduziert. Den Widerspruch des Klägers vom 28.1.2008 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.4.2008 zurück.

5

Durch Urteil vom 22.12.2009 hat das SG die Klage hiergegen abgewiesen. Die streitbefangenen Bescheide seien - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Beklagte habe die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.8.2005 zutreffend auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X gestützt. Der Bescheid vom 16.8.2005 sei bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen und es sei eine wesentliche Änderung durch Zufluss von Einkommen eingetreten. Für den Beklagten habe aufgrund der Angaben des Klägers im Leistungsantrag weder Veranlassung bestanden, den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 nur vorläufig zu erlassen, noch aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II zu vermuten, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Zu Recht habe der Beklagte die Höhe des dann zugeflossenen Einkommens ausgehend vom steuerrechtlichen Gewinn ermittelt. Insofern komme dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 Tatbestandswirkung zu. Der auf die Auflösung der Ansparabschreibungen entfallende Gewinnanteil sei nicht abzuziehen. Die Auflösung der Rücklage fließe dem Steuerpflichtigen zu, weil Gelder, die ursprünglich für eine Investition vorgesehen und gebunden gewesen seien, nun wieder - auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts - zur Verfügung gestanden hätten. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Der Beklagte hat der Einlegung zugestimmt.

6

Der Kläger rügt mit der Revision (sinngemäß) eine Verletzung des § 11 Abs 1 SGB II und des § 2a Abs 1 Alg II-V iVm § 15 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das SG die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 zugrunde gelegt. Die Auflösung der im Jahr 2003 gebildeten Ansparabschreibung habe nicht berücksichtigt werden dürfen. Hierbei handele es sich um einen im Jahr 2003 und nicht im maßgeblichen Zeitraum 2005 zugeflossenen Gewinn. Allein durch die Ausweisung der aufgelösten Ansparabschreibung stünden ihm keine bereiten Mittel zur Verfügung. Das Geld sei bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet worden.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2008 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er schließt sich den Ausführungen des SG an.

Entscheidungsgründe

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Die Sprungrevision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG begründet.

11

Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob der aufgehobene Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 von Anfang an rechtswidrig war (§ 45 SGB X) oder durch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nachträglich rechtswidrig geworden ist (§ 48 SGB X). Es ist vom SG nicht festgestellt worden, ob bei Bescheiderteilung nach den objektiven Verhältnissen Hilfebedürftigkeit vorlag oder die Hilfebedürftigkeit ggf im Verlaufe des streitigen Zeitraumes entfallen ist.

12

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar.

13

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).

14

2. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 24.1.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II teilweise aufgehoben hat und eine Erstattungsforderung in Höhe von 1454,28 Euro für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 geltend gemacht hat. Der Kläger hat ihn zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen.

15

3. Ob der Beklagte die Aufhebungsentscheidung - die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung unterstellt (s hierzu unter b) - auf § 48 SGB X stützen konnte, wie das SG annimmt, oder ob ggf § 45 SGB X als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, kann vom erkennenden Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das SG ebenso wenig entschieden werden, wie die Frage, ob der Bewilligungsbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig war.

16

a) Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. § 45 SGB X findet also Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden soll. Beide Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden soll, ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4 RdNr 13; BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr 20 S 68 und BSGE 65, 221 = SozR 1300 § 45 Nr 45 S 141; vgl auch Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - und zuletzt BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären (BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 113 ff = SozR 3-1300 § 32 Nr 2; BSGE 82, 183 = SozR 3-4100 § 71 Nr 2 mwN; BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1), um die objektiven Verhältnisse festzustellen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des SG nicht darauf an, zu welchen Vermutungen die Verwaltung aufgrund der klägerischen Angaben Anlass gehabt hatte. Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später - nach weiteren Ermittlungen - heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Mangelnde Amtsermittlung kann auch niemals Grund für eine nur vorläufige Leistungsbewilligung sein. Der endgültige Bescheid ist umgekehrt kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen - nicht wegen fehlerhafter Ausübung der Amtsermittlungspflicht, sondern - objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht. Eine endgültige Bewilligung unter Abschlag von der Leistungshöhe aufgrund einer prospektiven Schätzung von Einkommen ohne rechtliche Befugnis hierzu ist rechtswidrig (BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1). Entscheidet der Träger jedoch endgültig und bewilligt nicht nur vorläufige Leistungen, sind Maßstab der Überprüfung der Aufhebungsentscheidung § 45 oder § 48 SGB X.

17

Die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides können den Feststellungen des SG jedoch nicht entnommen werden. Das SG hat ausgeführt, aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II sei nicht zu vermuten gewesen, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Wenn das Gericht in seinen weiteren Ausführungen gleichwohl davon ausgeht, dass der Kläger Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung hatte, brauchte es zwar von seinem Rechtsstandpunkt keine weitere Aufklärung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögenssituation vorzunehmen. Insoweit verkennt es jedoch den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung, ob eine zur Rechtswidrigkeit führende wesentlich Änderung der Verhältnisse oder eine anfängliche Rechtswidrigkeit gegeben waren.

18

b) Ob der Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 rechtmäßig war, beurteilt sich zuvörderst danach, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erfüllt hatte, insbesondere ob er hilfebedürftig war. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II - jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

19

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II - ebenfalls in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 - sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Vom Einkommen sind ua die auf das Einkommen entrichteten Steuern abzuziehen (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB II). § 2a Alg II-V(idF der ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.8.2005, mit Wirkung vom 1.10.2005, BGBl I 2499) regelt die Einzelheiten der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit sowie Gewerbebetrieb. Nach § 2a Abs 1 Satz 1 und 2 Alg II-V ist dabei vom Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV unter Verweis ua auf § 15 Abs 1 EStG auszugehen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(idF des Art 1 Nr 4 Gesetz vom 22.12.2003, BGBl I 2840 mit Wirkung vom 1.1.2004) Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.

20

Grundsätzlich ist es - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - zwar nicht zu beanstanden, dass das SG von dem Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage iS des § 7g EStG als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im hier streitigen Zeitraum ausgegangen ist(vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 24.4.2007 - L 26 B 422/07 AS ER -; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, § 15 RdNr 8, Stand 43. EL XII/2005). Gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV(idF des Art 3 Nr 2 Gesetz zur Reform der Agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994, BGBl I 1890) ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Nach der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs 1 SGB IV(BT-Drucks 12/5700, S 96) soll das Arbeitseinkommen aus dem Steuerbescheid übernommen werden. Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts sind die §§ 4 - 7k EStG(vgl Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV RdNr 10, Stand 44. EL August 2004). Auch die Regelung des § 7g EStG ist Teil der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und damit bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen(BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10; Fischer in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 15 RdNr 43).

21

Ansparrücklagen sollen dem Selbstständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung wird verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert werden (siehe zum Ganzen: BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Nach § 7g Abs 3 EStG(in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts iS des § 7g Abs 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage gemäß § 7g Abs 4 Satz 1 EStG in Höhe von 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gemäß § 7g Abs 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen(siehe hierzu Drenseck in Schmidt, EStG, 24. Aufl 2005, § 7g RdNr 24; Lambrecht in EStG-KompaktKommentar, 4. Aufl 2004, § 7g RdNr 48 f; Pinkos, DB 1993, 1688, 1690 ff). Für den Fall, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt, bestimmt § 7g Abs 6 EStG, dass § 7 Abs 3 bis 5 EStG mit Ausnahme von Abs 3 Nr 1(gemeint: Abs 3 Satz 3 Nr 1) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.

22

Die Rücklagenbildung hat zur Folge, dass sie im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führt, unabhängig davon, ob dabei ein Verlust entsteht oder ein bestehender Verlust sich erhöht (§ 7g Abs 3 Satz 4 EStG). Durch die Bildung einer Rücklage erhält der Steuerpflichtige mithin einen Steuervorteil unter der Bedingung, dass er spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investiert. Die Nichtbesteuerung der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage führt dazu, dass beim Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage eine erhöhte Liquidität vorliegt; mit dem Ersparten kann und soll der Steuerpflichtige investieren (vgl BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2).

23

Bei der Ansparrücklage handelt es sich im hier streitigen Zeitraum auch um Einkommen iS des SGB II. Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie der Senat im Urteil vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; vgl auch Urteil des Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - FEVS 60, 546) dargelegt hat, ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(ebenso schon BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.

24

Grundsätzlich gilt für die Ansparrücklage nach diesem Grundsatz - da sie in jedem Fall bereits vor der Antragstellung gebildet wurde und soweit sie im hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war -, dass sie als Vermögen zu werten wäre (vgl Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 2a Alg II-V, - B 4 AS 22/10 R). Der Senat knüpft bei dieser Wertung an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach ein Sparguthaben eines Leistungsberechtigten, das vor der Antragstellung gebildet wurde, durchgehend Vermögen ist, auch wenn es nach der Antragstellung fällig wird und zufließt (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Dieses gilt insbesondere in Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen (vgl BVerwG Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 f = juris RdNr 16, und - 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137 f = juris RdNr 15). Dieses gilt auch für die Ansparrücklage. Die Ansparrücklage entstammt Jahre zuvor - hier wohl 2003 - erwirtschaftetem Gewinn, war also zum damaligen Zeitpunkt Einkommen und fließt bei ihrer Auflösung in den Betrieb/das Unternehmen als Investition zurück (vgl Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c; s hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 22/10 R). Tatsächlich handelt es sich mithin um die Freisetzung von angespartem Einkommen, also Vermögen.

25

Gleichwohl ist der Gewinn aus der aufgelösten Ansparrücklage im hier streitigen Zeitraum Einkommen. Dieses wird durch den Verweis in § 2a Alg II-V auf die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften normativ bestimmt. Danach ist die aufgelöste oder aufzulösende Ansparrücklage, obwohl sie vor der Antragstellung gebildet wurde (s zum Sparguthaben BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16) als Einkommen im jeweiligen Steuerjahr zu berücksichtigen. Grundsätzliche Bedenken gegen die normative Zuordnung als Einkommen bestehen auf Grundlage der soeben dargelegten Funktion der Ansparrücklage mit im Wesentlichen Steuerstundungseffekt (vgl hierzu Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c) nicht.

26

Soweit das SG allerdings auf Grundlage des § 2a Alg II-V allein darauf abstellt, dass der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit anzusehen sei und der Steuerbescheid Tatbestandswirkung habe, übersieht es, dass die Anwendung des § 15 SGB IV und der einkommensteuerrechtlichen Regelungen hier nur als Berechnungselement zur Ermittlung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen dienen. So zeigen Wortlaut, Begründungen des Verordnungsgebers mit Blick auf die Geschichte der Regelung der Berechnungsweise für Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung, systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung, dass die Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des SGB II hinterfragt werden muss (zu anderen Fallgruppen der Durchbrechung der Anbindung an das Steuerrecht, zB im Unterhaltsrecht vgl BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10 - juris RdNr 25 ff). Der Steuerbescheid entfaltet folglich keine Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass dessen Feststellungen ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob es sich bei dem ausgewiesenen Gewinn um bereite Mittel handelt, zur Berechnung des Alg II herangezogen werden können.

27

Bereits der Wortlaut zeigt deutlich, dass § 15 SGB IV und der dortige Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, also auch auf § 7g EStG, nur die Grundlage für die Berechnung des Einkommens Selbstständiger sein soll. Wörtlich heißt es in § 2a Abs 1 Satz 1 Alg II-V, von dem nach diesen Vorschriften bestimmten Einkommen sei "auszugehen". Diese Formulierung lässt erkennen, dass der einkommensteuerrechtlich relevante Gewinn nicht mit dem bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigenden Einkommen gleichgesetzt werden kann.

28

Dies wird durch die wechselvolle Geschichte der Vorschriften der Alg II-V im Hinblick auf die Berechnung von Einkommen Selbstständiger bestätigt. Wertungswidersprüche zwischen der steuerrechtlichen Betrachtung und dem Bedarfsdeckungsprinzip des SGB II hat der Verordnungsgeber selbst erkannt und zum Anlass genommen, die hier anzuwendende Fassung des § 2a Alg II-V zum 1.1.2008 wiederum zu ändern. Seit 1.1.2008 stellt er im Hinblick auf die möglichen Unterschiede (zu Gunsten und zu Lasten der Leistungsberechtigten) zwischen steuerrechtlichem Arbeitseinkommen und real zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung stehendem Einkommen auf die Betriebseinnahmen, die tatsächlich zufließen, ab (vgl § 3 Alg II-V idF der VO vom 17.12.2007, BGBl I 2942). Zur Begründung hat er ausgeführt: "… Der Einkommensteuerbescheid ist nicht mehr relevant ... Die Erfahrungen in der praktischen Anwendung des bisherigen § 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung haben gezeigt, dass durch die Berücksichtigung aller steuerlich möglichen Absetzungen vom Einkommen das zu berücksichtigende Arbeitseinkommen vielfach geringer war als das tatsächlich (für den Lebensunterhalt) zur Verfügung stehende Einkommen...".

29

Im Grundsatz entspricht es auch dem durchgängigen System des Grundsicherungsrechts sowie der ständigen Rechtsprechung des BSG, auf den tatsächlichen Zufluss einer Einnahme abzustellen, wenn sie als Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung den Leistungsanspruch mindern soll. § 9 Abs 1 SGB II bringt zum Ausdruck, dass SGB II-Leistungen nicht für denjenigen erbracht werden sollen, der sich nach seiner tatsächlichen Lage selbst helfen kann. Es kommt also auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" an (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, RdNr 20, zur Veröffentlichung vorgesehen). Entsprechend der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II muss korrespondierend bei der Festlegung der zu berücksichtigenden Einkommensteile an die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen angeknüpft werden. Zwar gilt insoweit, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18, RdNr 25); andererseits kann ein Leistungsanspruch auch dann gegeben sein, wenn das zu berücksichtigende Einkommen tatsächlich nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7, RdNr 32; BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 15). In diesem Sinne regelt § 11 SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung (nunmehr § 11b SGB II idF des RegelbedarfsÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass das Einkommen um zahlreiche Absetzbeträge zu bereinigen ist, bevor es zur Leistungsberechnung heranzuziehen ist. Grund hierfür ist, nicht nur einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen, sondern auch, nur diejenigen Einkünfte tatsächlich bei der Höhe des Alg II-Anspruchs zu berücksichtigen, die tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung eingesetzt werden können. Deutlich wird dieses auch im System des § 2a Alg II-V selbst. Von der Regelberechnung nach § 2 a Abs 2 S 1 Alg II-V, wonach das Einkommen auf Jahresbasis zu berechnen ist, ist nach § 2 a Abs 2 S 2 Alg II-V abzuweichen, wenn Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Kalenderjahres erzielt wird. Dies kann zB der Fall sein, wenn die selbstständige Tätigkeit nur während eines Teils des Jahres ausgeübt wird oder wenn die noch zu Beginn des Jahres erzielten Einnahmen im Laufe des Jahres wegfallen. In diesem Fall ist das monatliche Einkommen auf Basis des Teilzeitraums des Kalenderjahres zu berechnen, in dem die Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Diese Abweichung dient nach der Begründung des Verordnungsgebers dazu, eine Gefährdung der Sicherung des Lebensunterhalts zu vermeiden. Es kommt also auch hier letztlich darauf an, ob eine auf das gesamte Jahr bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächlichen Einnahmen im Bedarfszeitraum widerspiegelt (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 78)und damit ob bereite Mittel zur Verfügung standen, um den Lebensunterhalt zu decken (siehe dazu auch Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - mwN).

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Sinn und Zweck der hier anzuwendenden Fassung des § 2a Alg II-V ist es mithin, im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die einkommensteuerrechtlichen Festsetzungen als Anknüpfungspunkt für die grundsicherungsrechtliche Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens heranzuziehen. Die tatsächliche Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II hat allerdings unter der grundsicherungsrechtlichen Einschränkung zu erfolgen, dass der einkommensteuerrechtlich ermittelte Gewinn auch tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Nur so kann der Zweck des SGB II, die Existenzsicherung zu gewährleisten, erfüllt werden

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Insoweit fehlt es an Feststellungen des SG. Es wird diese vor allem vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers nachzuholen haben, dass er die Ansparrücklage bereits vor ihrer einkommensteuerrechtlichen Veranlagung als Gewinn iS des § 7g EStG verbraucht habe, sie ihm also nicht zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung gestanden habe; er mithin trotz der steuerlichen Veranlagung hilfebedürftig und demnach leistungsberechtigt war. Es würde alsdann bereits an der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides mangeln. War die aufgelöste Ansparrücklage oder waren Teile hiervon hingegen bei der Bescheiderteilung für den hier streitigen Zeitraum noch oder bereits vorhanden, so könnte ein Fall des § 45 SGB X gegeben sein. Ist sie erst nach Bescheiderteilung aufgelöst worden, liegt ein Fall von § 48 SGB X vor.

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4. Das SG wird im wieder eröffneten erstinstanzlichen Gerichtsverfahren auch Feststellungen zum Vermögen des Klägers zu treffen haben. Solche fehlen hier, obwohl hierzu nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Anlass bestanden hätte. Der Kläger hat selbst vorgebracht, der "hohe Gewinn des Jahres 2003" aus seinem Gewerbebetrieb sei "in die Folgejahre verschoben" worden und er habe auf dieses Geld auch tatsächlich Zugriff gehabt und es verbraucht. Daher hätte Anlass zur Prüfung bestanden, wie hoch die Gewinne der letzten Jahre waren und wofür sie verwendet wurden bzw wie viel davon in die Bildung von Ansparrücklagen geflossen ist, um letztlich beurteilen zu können, wie hoch das Vermögen des Klägers bei Bescheiderteilung am 16.8.2005 war. Diesbezüglich ist der Grundsatz zu beachten, dass auch nicht bereite Mittel, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen sind (vgl Senatsurteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R).

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5. Ferner kann es für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung oder während des Bewilligungszeitraums über anderweitiges Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit verfügt hat. Die Angaben des Klägers in den BWA geben durchaus Anlass, insoweit, unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung, in eine nähere Prüfung einzutreten. Das SG wird dabei insbesondere den Sachvortrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren zu berücksichtigen haben, wonach er aufgrund der betrieblichen Überschüsse im letzten Quartal 2005 seinen gesamten monatlichen Bedarf in Höhe von 601,89 Euro habe decken können.

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6. Sollte vorliegend § 45 SGB X Anwendung finden, wäre der Umstand, dass der Beklagte seinen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, alleine nicht klagebegründend(Senatsurteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R; vgl auch BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (richtigerweise: Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSGE 29, 129, 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG; BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; BSG Urteil vom 18.9.1997 - 11 RAr 9/97 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 69/01 R - juris RdNr 16 f). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig(BSG Urteil vom 25.4.2002, aaO).

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Wäre der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung vorliegend § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte, denn eine Ermessensentscheidung wurde hier von dem Beklagten nicht getroffen. § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II verweist auf § 330 Abs 2 SGB III; dieser ordnet an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Das SG hat bisher noch keine Tatsachen festgestellt, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist. Das SG wird - sollte es zur Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gelangen - auch zu prüfen haben, ob der Beklagte eine Anhörung zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift vorgenommen hat und die Frage zu klären haben, ob eine ggf fehlende Anhörung hierzu auch nach einer Zurückverweisung durch das BSG im weiteren Verfahren wirksam iS des § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X durchgeführt werden kann.

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Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen.

(2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nach dem Bundesbesoldungsgesetz den Anspruch auf Besoldung, wird dadurch die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht ausgeschlossen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.