| |
| Mit seiner Berufung wendet sich der Antragsteller gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter vom 04.12.2012 - RDG 6/12 -, mit dem dieses seinen Antrag zurückgewiesen hat, festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 26.01.2012 über einen Vorhalt und eine Ermahnung gem. § 26 Abs. 2 DRiG unzulässig gewesen seien. |
|
| Der Antragsteller wurde mit Urkunde vom 12.07.2002, ausgehändigt am 29.07.2002, zum Richter am Oberlandesgericht beim Oberlandesgericht K. ernannt. Er wurde zunächst dem ... Zivilsenat, zum 01.07.2007 dem ... Zivilsenat in F. und zum 01.04.2011 dem ... Zivilsenat in F. zugewiesen. |
|
| Am 30.04.2010 fand ein Gespräch zwischen der Präsidentin des Oberlandesgerichts, Frau Prof. Dr. H., dem damaligen Vorsitzenden des ... Zivilsenats, Herrn E., und dem Antragsteller statt, in dem u. a. die Erledigungszahlen und der Verfahrensbestand im Dezernat des Antragstellers erörtert wurden und der Antragsteller seine Arbeitsweise und deren Auswirkungen auf die Erledigungszahlen erläuterte. |
|
| Mit Verfügung vom 08.06.2011 (Sammelakten 313 III - X. -Sonderprüfung 4a [im Folgenden: Sammelakten 313 III], AS 1) ordnete die Präsidentin des Oberlandesgerichts eine Sonderprüfung der Verfahren an, die der Antragsteller bei seinem Wechsel in den ... Zivilsenat im ... Zivilsenat zurückgelassen hatte. Der Antragsteller wurde über die Durchführung dieser Sonderprüfung nicht vorher informiert. Die Sonderprüfung wurde durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts, Herrn S., durchgeführt. Dieser erstellte hinsichtlich 48 hinterlassener Verfahren tabellarische Einzelberichte (Sammelakten 313 III, AS 13/97). Die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung sind Gegenstand des Parallelverfahrens RDG 7/12 (= DGH 3/13). |
|
| Am 12.10.2011 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgende Verfügung (Sammelakten 313 III, AS 145/147), die Gegenstand des Parallelverfahrens RDG 5/12 (= DGH 1/13) ist: |
|
| „Verfügung vom 12.10.2011 |
|
|
|
| Nach einem Hinweis des Vorsitzenden des ... Zivilsenats des Oberlandesgerichts K. auf eine hohe Zahl unzureichend bearbeiteter Verfahren in dem Respiziat ..d (ROLG X.) hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts K. mit Verfügung vom 08.06.2011 eine Sonderprüfung angeordnet, die inzwischen stattgefunden hat. Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat. Die Einzelergebnisse wurden von Vizepräsident des Oberlandesgericht S. für 48 gravierende Fälle dokumentiert. In dem Zeitraum von 2008 - 2010 hat ROLG X. lediglich zum Abschluss gebracht: |
|
|
|
| Dies Erledigungsleistung entsprach nur etwa 68% der von den Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichts K. in dem genannten Zeitraum durchschnittlich erledigten Verfahren. Der Bestand an anhängigen Verfahren im Respiziat des ROLG X. wuchs deshalb um 67 % von 76 offenen Verfahren zum Ende des Jahres 2008 auf 127 offene Verfahren zum Ende des Jahres 2010 an. |
|
| Auch nach seinem Wechsel in den ... Zivilsenat zum April 2011 gelingt es ROLG X. nicht, in quantitativer Hinsicht auch nur annähernd durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Dies hat zur Folge, dass im Respiziat des Richters im ... Zivilsenat zwischen April und Oktober 2011 ein Zuwachs von 32 im Bestand an anhängigen U-Verfahren zu verzeichnen ist. Der Zuschreibung von 31 U-, 15 W- und 6 AR-Sachen steht in dem Zeitraum 01.04.-10.11.2011 eine Erledigung von 9 U-, 11 W- und 4 AR-Sachen gegenüber. |
|
| Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K. und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt. Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem damit die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken. |
|
| Es ist beabsichtigt, dem Richter im Rahmen der Dienstaufsicht der Präsidentin des Oberlandesgerichts die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. |
|
| Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat mit Urteil vom 08.11.2006 - RiZ(R) 2/05 - (NJW-RR 2007, 281 m.w.N.) bekräftigt, dass die Dienstaufsicht gemäß § 26 DRiG die Befugnis umfasst, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und ihn zu unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, soweit nicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird ( 26 Abs. 1 und 2 DRiG). Ein solcher Vorhalt und eine solche Ermahnung stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Anders ist dies nur zu werten, wenn dem Richter indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (st. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1987 – RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom 5. Oktober 2005 – RiZ (R) 5/04, NJW 2006, 692 f.). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr zielen Vorhalt und Ermahnung im vorliegenden Fall darauf, den Richter zu einem Erledigungspensum anzuhalten, das so im Durchschnitt aller Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts erbracht wird…“ |
|
| Der Vermerk wurde dem Antragsteller am 18.10.2011 ausgehändigt. |
|
| Unter dem 26.01.2012 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgenden Bescheid (Sammelakten 313 III, AS 237/241), der Gegenstand des hiesigen Prüfungsverfahrens ist: |
|
|
|
| Sehr geehrter Herr X., die richterliche Unabhängigkeit verbietet nach ganz herrschender und auch von mir geteilter Ansicht für Richter die Festlegung von Arbeitszeiten. Der von einem Richter geschuldete Einsatz ist deshalb nach dem durchschnittlichen Erledigungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982-2 B 12/82 - (NJW 1983,62 – juris Rn. 3 a.E.). Das Durchschnittspensum unterschreiten Sie seit Jahren ganz erheblich und jenseits aller großzügig zu bemessender Toleranzbereiche. Im Jahr 2011 erledigten Sie sogar weniger Verfahren, als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtagsrichterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspricht. |
|
|
|
| Nach § 26 Abs. 2 DRIG halte ich Ihnen deshalb die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vor und ermahne Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte. Die von Ihrem Bevollmächtigten nach Ablauf der Ihnen gewährten Stellungnahmefrist beantragte weitere Fristverlängerung lehne ich ab. Ich hatte Ihnen die beabsichtigte Maßnahme der Dienstaufsicht und deren Begründung bereits am 18.10.2011 erläutert und Ihnen, eine auf Ihr Gesuch verlängerte Stellungnahmefrist bis zum 20.01.2012 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist von einem Vierteljahr hatten Sie ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Dabei ist zu sehen, dass Sie den Grund der Maßnahme, d.h. Ihre unterdurchschnittliche Erledigungsleistung, nicht in Abrede gestellt, sondern in Ihrer Überlastungsanzeige vom 31.10.2011 ausdrücklich eingeräumt haben, schon seit 2002 am OLG als Berichterstatter in der Regel statistisch zu weniger Verfahrenserledigungen beigetragen zu haben, als der Durchschnitt der Kolleginnen und Kollegen. Auch haben Sie die Ihnen eröffnete Möglichkeit, dem Präsidium in der Präsidiumssitzung vom 16.12.2011 zu der Problematik Rede und Antwort zu stehen, nicht genutzt, da das Präsidium Ihrem Bevollmächtigten aus Rechtsgründen die Teilnahme an der Präsidiumssitzung nicht gestattet hat. |
|
| Eine Beeinträchtigung ihrer richterlichen Unabhängigkeit ist mit dieser Maßnahme der Dienstaufsicht nicht verbunden. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht das Recht, Richtern die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass die monatelange Nichtbearbeitung von Teilbereichen eines richterlichen Dezernats ebenso beanstandet werden kann wie ein unbefriedigendes Arbeitspensum eines Richters (vgl. BGH Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 22.09.1998 - RiZ 2/97 -‚ DRiZ 1999, 141 <144> m.w.N.; stRspr.; vgl. auch Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 26 Rn. 24 a.E.).“ |
|
| Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 24.02.2012 (Sammelakten 313 III, AS 261/263) Widerspruch ein. Diesen wies die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 (Sammelakten 313 III, AS 325/331), dem Antragsteller zugestellt am 30.04.2012, zurück. Daraufhin reichte der Antragsteller am 29.05.2012 beim Dienstgericht für Richter beim Landgericht K. Klage ein, mit der er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2012 beantragt hat, |
|
| festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid von 20.04.2012 unzulässig sind. |
|
| Mit Urteil vom 04.12.2012 hat das Dienstgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Anordnung der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigten. In der Rechtsmittelbelehrung hat das Dienstgericht mitgeteilt, dass gegen das Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden könne. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung der Entscheidung sowie des Inhalts der Rechtsmittelbelehrung wird auf das Urteil vom 04.12.2012 Bezug genommen (RDG 6/12, AS 257/305). Das Urteil wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 11.01.2013 zugestellt. |
|
| Mit dem am 11.02.2013 beim Dienstgericht für Richter eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tag hat der Antragsteller gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt der Antragsteller vor: |
|
| Infolge der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des Dienstgerichts laufe keine Rechtsmittelfrist, weshalb die Berufung wirksam eingelegt sei. Bei seinen zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen handele es sich nicht um eine Klageänderung, sondern um eine Konkretisierung seines Rechtsschutzziels. |
|
| Vorhalt und Ermahnung im Bescheid vom 26.01.2012 seien unzulässig, da sie einen Verstoß gegen die richterliche Unabhängigkeit des Antragsstellers darstellten. Sie seien nicht durch § 26 Abs. 2 DRiG gerechtfertigt, da der Antragsteller seine Amtsgeschäfte nicht ordnungswidrig ausgeführt habe und die Ermahnung auch tatsächlich nicht der Erreichung einer ordnungsgemäßen, unverzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte diene. Ziel des Vorhalts und der Ermahnung sei vielmehr, eine Änderung der Rechtsanwendungspraxis des Antragstellers zu erreichen. Dieser solle nach dem Willen der Dienstaufsicht das Recht anders anwenden, als es seiner Verantwortung als Richter entspreche. Er solle sich in seiner Rechtsprechung dem Willen und den Interessen der die Dienstaufsicht führenden Präsidentin beugen, damit ohne Rücksicht auf die Qualität „bessere Zahlen“ erzielt würden. Dabei handele es sich um einen direkten Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, der nicht durch § 26 Abs. 2 DRiG gedeckt sei und einen Verstoß gegen Art. 97 Abs. 1 GG darstelle. Dies habe das Dienstgericht verkannt. |
|
| Bei einem Richter, dessen hoher persönlicher und zeitlicher Arbeitseinsatz außer Frage stehe, könne es keine Veränderung von Erledigungszahlen ohne Veränderung der rechtsprechenden Tätigkeit, der jeweiligen Rechtsanwendung, geben. Die Zeit pro Fall, die ein Richter benötige, hänge von seiner individuellen Rechtsanwendung ab, von dem jeweiligen rechtlichen Lösungsweg, vom Umfang einer Beweisaufnahme, der Sachverhaltsaufklärung, der Rechtsprechungsrecherche, der Bearbeitungstiefe, Sorgfalt und Gründlichkeit und vielen anderen Elementen richterlicher Tätigkeit, die alle zur Rechtsanwendung gehörten. Der Wahrnehmung dieser Realität habe sich das Dienstgericht verschlossen. Auch die Gegenseite habe in erster Instanz nicht einmal ansatzweise erläutern können, was die Präsidentin des Oberlandesgerichts bei Vorhalt und Ermahnung anderes im Sinn gehabt haben könne, als eine Änderung der Rechtsanwendung durch den Antragsteller zu erreichen. |
|
| Das Dienstgericht habe die widersprüchlichen Hinweise der Präsidentin auf eine angebliche „Toleranzschwelle“ übergangen. Der Hinweis der Präsidentin im Bescheid vom 26.01.2012 auf Zahlen „jenseits aller großzügig zu bemessenden Toleranzbereiche“ sei in sich sinnlos, da die Präsidentin auf eine Konkretisierung der Toleranzbereiche ausdrücklich verzichtet habe. Eine solche Konkretisierung gebe es auch in keinem anderen Schriftstück der Präsidentin. |
|
| Es gebe im Kollegialgericht kein Erledigungspensum und keine Erledigungszahlen einzelner Berichterstatter. Denn der einzelne Richter könne, wenn er Berichterstatter sei, nur zur Erledigung von Verfahren im Kollegium beitragen. Mit „Erledigungspensum“ und „Erledigungszahlen“ werde dem Berichterstatter eine Verantwortung für bestimmte Zahlen zugeschrieben, die er aus tatsächlichen Gründen nicht haben könne. |
|
| Soweit das Dienstgericht feststelle, dass die Erledigungszahlen des Antragstellers kontinuierlich seit dem Jahr 2009 abgenommen hätten, gehe es zu seinen Lasten von einem Sachverhalt aus, für den es keine Grundlage gebe, und zu dem der Antragsteller nicht gehört worden sei. Erhebliche Schwankungen der Erledigungszahlen seien bei einem Oberlandesgericht auch bei gleich bleibender Arbeitsweise völlig normal. Soweit das Dienstgericht spekuliere, es sei zwar mit unterschiedlichem Zeitaufwand verbunden, wenn Richter im Rahmen ihrer Bearbeitung zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen (z.B. bei Verjährung oder Verspätung), dies gleiche sich jedoch bei einer größeren Zahl von Fällen wieder aus, sei diese Spekulation haltlos und erfahrungswidrig. Das Dienstgericht lasse auch nicht erkennen, auf welche Grundlage es seine Spekulation stütze. Auch sei der Antragsteller zu dieser erfahrungswidrigen Annahme des Dienstgerichts nicht gehört worden. |
|
| Das Dienstgericht habe auch übergangen, dass der Präsidentin aufgrund des unstreitigen Gesprächs zwischen dem Antragsteller und der Präsidentin vom 30.04.2010, an dem auch der damalige Vorsitzende des ... Zivilsenats, Herr E., beteiligt gewesen sei, im Detail bekannt gewesen sei, wie der Antragsteller arbeite, wie sich seine Arbeitsweise auf die Rechtsprechung auswirke und welche Auswirkungen sich daraus auf seine Erledigungszahlen ergäben. Sie habe daher über die konkrete Kenntnis verfügt, dass ein Beitrag des Antragstellers zu höheren Erledigungszahlen nur durch eine Änderung seiner richterlichen Arbeitsweise möglich sei. |
|
| Der Antragsteller habe bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, dass es beim Oberlandesgericht K. keine validen Durchschnittszahlen gebe, die irgendeine Aussage über „Erfolg“ oder „Arbeitseinsatz“ der „Durchschnittsrichter“ zulassen würden, egal wie man „Arbeitserfolg“ und „Arbeitseinsatz“ verstehen wolle. Es gebe Zahlen, die auf einer pragmatischen Ebene ein Hilfsmittel für Diskussionen unter Kolleginnen und Kollegen oder aber auch für Fragen der Geschäftsverteilung sein könnten, jedoch keine Durchschnittszahlen, denen eine konkrete Aussagekraft in Bezug auf eine „durchschnittliche“ Arbeitsleistung von Richterinnen und Richtern zukommen könne. Dies wisse die Präsidentin des Oberlandesgerichts. Auf Erledigungszahlen, die einem einzelnen Berichterstatter zugeordnet würden, habe nicht nur dessen Arbeit Einfluss, sondern auch die von Senat zu Senat unterschiedliche Zusammenarbeit und Mitwirkung der Kolleginnen und Kollegen. So gebe es Unterschiede z. B. bei Einzelrichterzuweisungen oder bei der Handhabung von Hinweisen gemäß § 522 ZPO, die sich auf die Erledigungszahlen auswirkten. Aufgrund dieser Verschiedenheiten am Oberlandesgericht hätten die Durchschnittszahlen keinen relevanten Aussagewert, seien damit bereits aus tatsächlichen Gründen als Maßstab generell ungeeignet und müssten als Grundlage für Maßnahmen der Dienstaufsicht schlechthin ausscheiden. Die im Vermerk vom 12.10.2011 zugrunde gelegten Durchschnittszahlen seien zudem nicht valide, weil es jedenfalls bis Ende 2011 eine unterschiedliche Zählweise in den verschiedenen Senaten gegeben habe. Ebenso würden die Durchschnittszahlen im Bescheid der Präsidentin nicht den jeweiligen unterschiedlichen Aufwand für die Bearbeitung von AR- und W-Verfahren berücksichtigen. |
|
| Soweit das Dienstgericht ausgeführt habe, bei Anwendung des gleichen Sorgfaltsmaßstabs könnten Kollegen des Antragstellers zu höheren Erledigungszahlen kommen, handele es sich um eine reine, der Gegenseite günstige Spekulation, für die eine sachliche Grundlage nicht erkennbar sei. Natürlich könne allen Richterinnen und Richtern am Oberlandesgericht unterstellt werden, dass sie ihrer rechtsprechenden Tätigkeit mit der ihren Ansprüchen und Maßstäben gerecht werdenden Sorgfalt nachkämen. Wie sich diese individuell unterschiedlichen Sorgfaltsmaßstäbe aber zueinander und zu jenem des Antragstellers verhielten, sei empirisch nicht nachvollziehbar und belegbar. Habe man, wie der Antragsteller, den Anspruch an sich selbst, auch scheinbar nebensächliche Entscheidungen, wie z.B. eine einem nicht völlig gängige Rechtsmittelbelehrung, auf eine valide und sorgfältig geprüfte Tatsachen- und Rechtsgrundlage zu stellen, so bedürfe dies unweigerlich eines höheren Zeitaufwandes, als die unbesehene Übernahme von vorgefundenen Textbausteinen und der gängigen Textauszüge eines höchstrichterlichen Urteils, ohne Auseinandersetzung mit dem zu Grunde liegenden Sachverhalt. |
|
| Soweit das Dienstgericht Ausführungen zur Tätigkeit des Antragstellers im ... Zivilsenat in der Zeit nach dem streitgegenständlichen Bescheid vom 26.01.2012 gemacht habe, sei nicht nachvollziehbar, welche Bedeutung die Angaben zur späteren Tätigkeit des Antragstellers haben sollten, wenn allein der frühere Bescheid vom 26. Januar 2012 im Hinblick auf Verstöße gegen die richterliche Unabhängigkeit zur Prüfung anstehe. |
|
| Soweit der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten habe, die Dienstaufsicht dürfe sich in bestimmten Fällen unter bestimmten Voraussetzungen bei Einzelrichtern wertend mit bestimmten Zahlen einer Richterin oder eines Richters beschäftigen, sei Grundlage dieser Entscheidungen, anders als vorliegend, immer die Feststellung gewesen, dass diese wertende Beschäftigung mit Zahlen im konkreten Fall keine Auswirkungen auf die Tätigkeiten der Richterin oder des Richters habe, die dem Bereich der Rechtsanwendung zuzurechnen seien. Der Bundesgerichtshof habe stets ausdrücklich hervorgehoben, dass bei statistischen und quantitativen Betrachtungen im Rahmen der Dienstaufsicht darauf zu achten sei, dass es nicht darum gehen dürfe, einen Richter anzuhalten, mehr Fälle zu erledigen, weil der Richter nicht dazu veranlasst werden dürfe, auf Kosten der Qualität die Quantität seiner Arbeit zu steigern. Das Ansinnen der Präsidentin des Oberlandesgerichts, dass ein Richter seine Rechtsanwendung verändern solle, damit bestimmte Zahlen erreicht würden, sei ein Angriff auf die Gesetzesbindung des Richters. Der Antragsteller wende, wie es seinem Auftrag als Richter entspreche, das Recht nach bestem Wissen und Gewissen an, wie es seiner Überzeugung vom Gesetz im jeweiligen Einzelfall entspreche. Das Ansinnen der Präsidentin des Oberlandesgerichts bedeute, dass der Antragsteller sich nach ihrem Willen von seiner Überzeugung vom Gesetz – also von der Gesetzesbindung – teilweise lösen solle. |
|
| Soweit das Dienstgericht hervorgehoben habe, der Antragsteller habe es versäumt, Besonderheiten seiner Tätigkeit darzustellen, aus denen sich ein erhöhter Zeitbedarf ergeben könne, habe es übersehen, dass es aus Rechtsgründen keinen Rechtfertigungsbedarf für den Antragsteller geben könne, wenn die Dienstaufsicht ihn mit unberechtigten Maßnahmen überziehe. Die rechtsprechende Tätigkeit des Antragstellers sei keinesfalls nur deshalb minderwertig gegenüber der Tätigkeit von Kollegen, weil seine Überzeugung vom Recht in vielen Fällen einen größeren Zeitbedarf bei der Bearbeitung der Fälle erfordere. Die Präsidentin sei nicht berechtigt, zu entscheiden, welche Art von Rechtsanwendung sie ohne Rechtfertigung akzeptiere, und welche Art von Rechtsanwendung von ihr nur bei besonderer Rechtfertigung oder Entschuldigung des Richters geduldet werde. Auch wenn die Arbeitsweise des Antragstellers der Präsidentin aus politischen Gründen – wegen des erforderlichen Zeitbedarfs – nicht gefalle, gebe ihr dies nicht das Recht, eine politisch unerwünschte Arbeitsweise eines Richters nur im Ausnahmefall bei besonderer Rechtfertigung zu erlauben. |
|
| Der Bundesgerichtshof habe zu keinem Zeitpunkt die Auffassung vertreten, ein Richter sei dienstrechtlich verpflichtet, jeweils einen Durchschnitt von Fallerledigungen zu erreichen, der von anderen Richterinnen und Richtern am selben Gericht erreicht werde. Wenn die sachgerechte Bearbeitung in Frage stehe oder wenn mögliche unterschiedliche Arbeitsweisen einer sachgerechten Bearbeitung in Frage stünden, könne es nach der Formulierung des Bundesgerichtshofs keinen einheitlichen Zahlenmaßstab geben. Rechtlich unhaltbar sei die vorgeblich großzügige Hinnahme eines „Toleranzbereichs“, den die Präsidentin weder in ihrem Bescheid noch an anderer Stelle konkretisiert habe. Dies bedeute, dass sie durch einen nicht spezifizierten Toleranzbereich den Antragsteller für die Zukunft ihrer persönlichen Willkür ausliefern wolle. |
|
| Das Dienstgericht habe auch verkannt, dass die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ausschließlich Sachverhalte beträfen, in denen es um die Bewertung von Zahlen gegenüber Richterinnen und Richtern am Amtsgericht, also Einzelrichtern, gegangen sei, also nicht um Richterinnen und Richter, die in einem Kollegialgericht tätig seien. Der Bundesgerichtshof habe auch nicht die Auffassung vertreten, dass beliebige, nicht sinnvolle Zahlen einem Richter von der Dienstaufsicht vorgehalten werden könnten. Gegenstand der vom Dienstgericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs seien immer nur Fälle gewesen, in denen die Validität der Durchschnittszahlen zumindest grundsätzlich außer Streit gestanden habe. Im Übrigen habe der Bundesgerichtshof immer wieder hervorgehoben, dass auch bei einer grundsätzlich vernünftigen und eventuell zulässigen Bewertung von Zahlen durch die Dienstaufsicht anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen sei, ob eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit vorliege. Auch diesen Grundsatz habe das Dienstgericht missachtet. |
|
| Soweit das Dienstgericht der Auffassung zu sein scheine, dass die fehlende Sachverhaltserfassung durch die Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigen könne, entspreche dies nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Es möge zwar sein, dass bestimmte fahrlässige Fehler der die Dienstaufsicht führenden Präsidenten bei der Sachverhaltserfassung nur im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu prüfen seien. Es könne jedoch auf der anderen Seite kein Zweifel daran bestehen, dass vorsätzlich falsche Vorhalte einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellten. |
|
| Auch der Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK sei rechtlich fehlerhaft. |
|
| Gerügt werde auch, dass dem Antragsteller vor dem Bescheid vom 26.01.2012 keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. |
|
| Der Antragsteller hat in zweiter Instanz zunächst beantragt, |
|
| 1. das erstinstanzliche Urteil des Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht K. vom 04.12.2012 aufzuheben und |
|
| 2. entsprechend dem Antrag des Antragstellers in erster Instanz festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig sind. |
|
| Der Antragsteller beantragt nunmehr: |
|
| 1. Das erstinstanzliche Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht K. vom 04.12.2012 wird aufgehoben. |
|
| 2. Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Bescheid vom 26.01.2012 nebst Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 – unzulässig ist: |
|
| Der Versuch der Präsidentin des Oberlandesgerichts K., den Antragsteller unter Druck zu setzen, damit er in seiner Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht – entgegen seinem Richteramt und entgegen seinen verfassungsrechtlichen Pflichten als Richter – seine Rechtsanwendung bzw. seine Beiträge zur Rechtsanwendung des Senats, in dem er tätig ist, in einer Vielzahl von Fällen ändert, und damit entgegen seiner richterlichen Überzeugung Recht spricht, um entsprechend dem Willen der Präsidentin zu mehr Fallerledigungen beizutragen. |
|
| 3. Hilfsweise zu Ziff. 2: |
|
| Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Bescheid vom 26.01.2012 nebst Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 – unzulässig ist: |
|
| Vorhalt und Ermahnung mit dem Ziel, den Kläger zu einer Änderung seiner Rechtsanwendung in seiner richterlichen Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht in einer Vielzahl von Fällen zu veranlassen. |
|
| 4. Hilfsweise zu Ziff. 2 und Ziff. 3: |
|
| Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig sind. |
|
| Der Antragsgegner beantragt, |
|
| die Berufung zurückzuweisen. |
|
| Der Antragsgegner sieht in den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen eine unzulässige Klageänderung und verteidigt das Urteil des Dienstgerichts als richtig. |
|
| Wegen aller weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vor dem Dienstgericht für Richter und vor dem Dienstgerichtshof für Richter gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle des Dienstgerichts für Richter vom 04.12.2012 (RDG 6/12, AS 251/253) und des Dienstgerichtshofs für Richter vom 14.02.2014 (AS 393/397, Anl. AS 399/463) sowie vom 17.04.2015 (AS 819/831, Anl. AS 833/843) Bezug genommen. |
|
| Der Antragsteller hat gegen den Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Das dortige Verfahren ruht. |
|