Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 23. Jan. 2017 - 2 Ws 336/16

bei uns veröffentlicht am23.01.2017

Tenor

1. Der Antrag des Anzeigeerstatters A vom 7. November 2016 auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 7. Oktober 2016 - 10 Zs 1911/16 - wird als unzulässig verworfen.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Gründe

 
I.
Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 StPO liegt eine Strafanzeige des Antragstellers vom 20.06.2016 zugrunde. Der Antragsteller, Richter am Oberlandesgericht K. - Außensenate F. -, legt den Angezeigten eine versuchte Nötigung im besonders schweren Fall (Angezeigte Ziffer 1) bzw. Beihilfe hierzu (Angezeigte Ziffer 2 und 3) zur Last. Bei der Angezeigten Ziffer 1 handelt es sich um die (damalige) Präsidentin des Oberlandesgerichts K., dem Angezeigten Ziffer 2 den (damaligen) Vizepräsidenten und dem Angezeigten Ziffer 3 den (damaligen) Präsidialrichter dieses Gerichts.
1. Anlass der Strafanzeige ist zum einen ein dem Antragsteller durch die Angezeigte Ziffer 1 in dienstlicher Eigenschaft als Präsidentin des Oberlandesgerichts am 18.10.2011 ausgehändigter Vermerk vom 12.10.2011, welcher seinerseits auf einer zuvor vom Angezeigten Ziffer 2 durchgeführten Sonderprüfung des Respiziats des Antragstellers als Richter des ... Zivilsenats beruht. Danach soll der Antragsteller in den Jahren 2008 bis 2010 eine Erledigungsleistung von nur etwa 68 Prozent der von anderen Richtern des Oberlandesgerichts K. durchschnittlich erledigten Verfahren erbracht haben, weshalb der Bestand an offenen Verfahren bis Ende des Jahres 2010 um 67 Prozent angestiegen sei. Er habe in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit die Verfahren nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet. Auch nach dem Wechsel in den ... Zivilsenat zum April 2011 habe er in quantitativer Hinsicht keine auch nur annähernd durchschnittlichen Ergebnisse erzielt. Angesichts dessen sei beabsichtigt, ihm im Rahmen der Dienstaufsicht die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Mit der Übergabe des Vermerks erhielt er Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 04.11.2011; die Frist wurde später einmalig bis zum 20.01.2012 verlängert.
Zum anderen bezieht sich die Strafanzeige auf die sodann in der Sache gegen den Antragsteller ergangene Entscheidung vom 26.01.2012, ein Vorhalt und eine Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG. Diese betrifft die erhebliche Unterschreitung des Durchschnittspensums in U-Verfahren in den Jahren 2008 bis 2011, was in einer tabellarischen Übersicht konkretisiert wurde, in der Erledigungen, offene Verfahren und überjährige Verfahren zwischen dem Antragsteller und dem Oberlandesgericht K. insgesamt dargestellt wurden.
2. Die Staatsanwaltschaft F. sah mit Verfügung vom 06.09.2016 - 270 Js 18875/16 - gemäß § 152 Abs. 2 StPO von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab. In der Begründung wurde darauf abgestellt, dass das Verhalten der Angezeigten nicht verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB gewesen sei, da es sich um eine im Deutschen Richtergesetz ausdrücklich vorgesehene Maßnahme gehandelt habe. Insbesondere dürfe auch bei einem Richter auf die Steigerung seiner Arbeitsmenge hingewirkt werden, ohne dass dies ein Nötigung darstelle.
Der hiergegen mit Schriftsatz vom 20.09.2016 eingelegten Beschwerde gab die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe mit Bescheid vom 07.10.2016 - 10 Zs 1911/16 - keine Folge. Sie billigte die Erwägungen der Staatsanwaltschaft und stellte ergänzend darauf ab, dass kein empfindliches Übel im Sinne des Tatbestands der Nötigung vorliege, da von dem Antragsteller erwartet werden könne, dass er der Drohung mit besonnener Selbstbehauptung standhalte und die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ermahnung einem Disziplinarverfahren überlasse.
3. Der Antragsteller stellte durch Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 07.11.2016, beim Oberlandesgericht K. am selben Tag eingegangen, gegen den Bescheid vom 07.10.2016 Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Es wird beantragt, die Staatsanwaltschaft F. anzuweisen, ein Ermittlungsverfahren gegen die Angezeigten wegen versuchter Nötigung einzuleiten und die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, insbesondere auch unverzüglich Ermittlungshandlungen durchzuführen, welche den Lauf der Verjährungsfristen unterbrechen. Zur Begründung wird insbesondere darauf abgestellt, dass das Vorgehen der Angezeigten gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verstoße und sämtliche Tatbestandsmerkmale einer versuchten Nötigung erfüllt seien. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat auf die Ausführungen Bezug.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hält in ihrer Zuschrift vom 16.12.2016 den Antrag für unzulässig, da er den inhaltlichen Anforderungen nicht genüge; hilfsweise sei er im Übrigen auch unbegründet. Soweit auf Verwerfung als unbegründet angetragen wird, dürfte es sich um ein Versehen handeln. Der Antragsteller erwiderte hierauf mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2016.
4. Hinsichtlich des Vermerks vom 12.10.2011 und der Entscheidung vom 26.01.2012 sind die nachfolgenden dienstgerichtlichen Urteile ergangen.
Mit Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe [im Folgenden: Dienstgericht] vom 04.12.2012 - RDG 5/12 - [juris] wurde festgestellt, dass der Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 insoweit unzulässig sind, als dem Antragsteller vorgeworfen wird, die ihm zugeschriebenen Verfahren trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht bearbeitet zu haben; im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Antragstellers wurde durch Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart [im Folgenden: Dienstgerichtshof] vom 17.04.2015 - DGH 1/13 - [juris] zurückgewiesen.
10 
Mit Urteil des Dienstgerichts vom 04.12.2012 - RDG 6/12 - [juris] wurde der Antrag des Antragstellers festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig sind, zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Antragstellers wurde durch Urteil des Dienstgerichtshofs vom 17.04.2015 - DGH 2/13 - [juris] zurückgewiesen.
11 
Beide Urteile des Dienstgerichtshofs sind noch nicht rechtskräftig, da der Antragsteller jeweils Revision eingelegt hat. In den beim Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - anhängigen Verfahren - RiZ (R) 1/15 und RiZ (R) 2/15 - wurde der ursprünglich auf den 05.10.2016 anberaumte Verhandlungstermin aufgehoben, nachdem der Antragsteller die Mitglieder des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte. Ein neuer Termin wurde - soweit ersichtlich - noch nicht bestimmt.
II.
12 
Der beim Oberlandesgericht Karlsruhe am 07.11.2016 fristgerecht eingegangene und formgerecht von einer Rechtsanwältin unterzeichnete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, da er den in § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO normierten materiellen Darlegungsanforderungen nicht in dem gebotenen Umfang gerecht wird.
13 
Entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft wird die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO allerdings ausreichend mitgeteilt. Nach dem Vorbringen war der angefochtene Bescheid am 07.09.2016 zugegangen, wogegen am 20.09.2016 Beschwerde eingelegt wurde. Einer zusätzlichen Darlegung, auf welchem Wege die Einlegung erfolgte, bedurfte es nicht.
14 
1. Nach der einhelligen Auslegung, die die Formvorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO - verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 1993, 382; 2000, 1027; 2004, 1585; Kammerbeschluss vom 27.07.2016 - 2 BvR 2040/15 [juris]) - durch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte erfahren hat, muss bereits das Vorbringen in der Antragsschrift selbst den Senat in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft und/oder sonstige - der Antragsschrift als Anlage beigefügte oder in dieser in Bezug genommen - externe Schriftstücke und Unterlagen eine Schlüssigkeitsprüfung hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Antrags in formeller und materieller Hinsicht vorzunehmen (ständ. Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 3.11.2014 - 2 Ws 376/14 - und vom 21.10.2014 - 2 Ws 367/14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 172 Rn. 27a; KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl. 2013, § 172 Rn. 34, 37; jew. mwN). Um dem Senat die ihm im Rahmen des Zulässigkeitsverfahrens obliegende vorläufige Prüfung und Beurteilung zu ermöglichen, ob die Staatsanwaltschaft unter Verstoß gegen das Legalitätsprinzip das Ermittlungsverfahren eingestellt bzw. - wie vorliegend - von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen haben könnte, ist unter anderem die Darstellung eines den gegen den Beschuldigten erhobenen Tatvorwurf objektiv und subjektiv tragenden Sachverhalts geboten. Insgesamt ist die Antragsschrift von dem für deren Inhalt verantwortlichen Rechtsanwalt so zu gestalten, dass der Senat allein aufgrund des Antragsvorbringens in der Lage ist, die Schlüssigkeit des Antrags verantwortlich zu überprüfen und zu beurteilen (ständ. Rechtsprechung des Senats, aaO; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO; zusammenfassend Krumm StraFo 2011, 205; jew. mwN).
15 
2. Bei den Darlegungsanforderungen ist angesichts der strafrechtlichen Bewertung des Antragstellers, die Angezeigten hätten täterschaftlich (Angezeigte Ziffer 1) bzw. als Gehilfen (Angezeigte Ziffer 2 und 3) unter Missbrauchs der Befugnisse oder Stellung als Amtsträger unmittelbar dazu angesetzt, den Antragsteller durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung zu nötigen, wobei die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen sei (versuchte Nötigung nach §§ 240 Abs. 1 bis 3, Abs. 4 Satz 2 Nr. 3, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB), in besonderem Maße erforderlich, dem Senat alle Umstände substantiiert darzulegen, welche für die Beurteilung eines Anfangsverdachts in objektiver und subjektiver von Bedeutung sein können. Hierbei muss der Anfangsverdacht schon in konkreten Tatsachen bestehen. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen reichen nicht aus, wobei die Staatsanwaltschaft bei der Frage, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, einen gewissen Beurteilungsspielraum hat (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 152 Rn. 4 mwN).
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Der Antragsteller ist der Ansicht, die Angezeigten hätten letztlich „im bloßen Kleid“ formal-rechtlichen Verhaltens in Wirklichkeit das rechtswidrige Ziel verfolgt, ihn - unter erkannter Missachtung seiner richterlichen Unabhängigkeit - zu einer Änderung der richterlichen Arbeitsweise zu bewegen. Der nur bei vorsätzlicher Begehung in Betracht kommende (§ 15 StGB) strafrechtliche Vorwurf - ausschließlich hierüber hat der Senat zu befinden - weist die Besonderheit auf, dass die Angezeigte Ziffer 1 als Präsidentin des Oberlandesgerichts Dienstvorgesetzte des Antragstellers war, ihr daher die Ausübung der Dienstaufsicht oblag (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AGGVG) und die Entscheidung im Rahmen dieser Aufgaben erfolgte. Des Weiteren kommt hinzu, dass auch bei einem Richter die von ihm zu erbringende Arbeitsleistung sich pauschalierend an dem Arbeitspensum orientiert, welches ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt (BVerfG NJW 2012, 2334); die von einem voll beschäftigten Richter aufzubringende Arbeitszeit ist damit pauschalierend an dem Arbeitserfolg (Durchschnittspensum) vergleichbarer Richter auszurichten. Teil der „ordnungsgemäßen Ausführung“ ist auch die unverzögerte Erledigung der Amtsgeschäfte (Staats, DRiG, 1. Aufl. 2012, § 26 Rn. 13), sodass sie auch jedenfalls grundsätzlich Gegenstand eines Vorhalts und einer Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG sein kann (BGH - Dienstgericht des Bundes - DRiZ 1999, 141).
17 
Schließlich ist ferner von Bedeutung, dass die Inhalte des mit Gelegenheit zur Stellungnahme ausgehändigten Vermerks vom 12.10.2011 und der späteren Entscheidung nach § 26 Abs. 2 DRiG vom 26.01.2012 keineswegs übereinstimmen, sondern sich unterscheiden. Während der Vermerk noch U-, W- und AR-Verfahren sowie „erkennbare oder mitgeteilte eilbedürftige Verfahren“ der Jahre 2008 bis 2011 enthielt, beschränkte sich die Sachentscheidung ausschließlich auf die statistische Erledigung von U-Verfahren in diesem Zeitraum. Hieraus ist bereits objektiv zu schlussfolgern, dass die gebotene Gewährung rechtlichen Gehörs seitens der Angezeigten Ziffer 1 keineswegs eine inhaltsleere Formalie sein sollte, sondern die in dem Vermerk niedergelegten Erkenntnisse lediglich eine vorläufige Bewertung darstellten, die - obgleich der Antragsteller innerhalb der Frist noch nicht einmal eine Stellungnahme abgegeben hatte - erst noch einer abschließenden Prüfung unterzogen werden sollten und ersichtlich auch tatsächlich wurden.
18 
Angesichts dieser Besonderheiten eines strafrechtlichen Vorwurfs in einem durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts geführten grundsätzlich vorgesehenen formalen dienstlichen Verfahren sieht sich der Senat aufgrund der unvollständigen Darstellung im Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu einer Beurteilung nicht in der Lage.
19 
a) Die Antragsschrift lässt den Senat bereits darüber im Unklaren, mit welcher Begründung die Angezeigte Ziffer 1 die Bitte des Antragstellers um Fristverlängerung „nur unzureichend beantwortet“ hat (vgl. S. 4 des Antrags).
20 
b) Der Antragsteller unterlässt insbesondere zur Gänze, den Inhalt der beiden Widerspruchsbescheide der Angezeigten Ziffer 1 vom 06.03.2012 (betreffend Vermerk) und vom 20.04.2012 (betreffend Entscheidung) mitzuteilen. Diese Bescheide können für die strafrechtliche Einordnung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht wesentliche Umstände enthalten.
21 
c) Darüber hinaus lässt der Antrag die Darlegungen der Angezeigten Ziffer 1, durch welche das Land Baden-Württemberg in den Verfahren des Dienstgerichts und des Dienstgerichtshofs vertreten wurde, vermissen. Auch hierdurch können sich indizielle Anhaltspunkte für ein mögliches strafbares Verhalten ergeben.
22 
d) Angesichts der vorbenannten Defizite merkt der Senat - letztlich nicht entscheidungserheblich - ergänzend an, dass die bloß selektive Mitteilung der Entscheidung im Verfahren RDG 5/12 des Dienstgerichts ebenfalls unzureichend sein dürfte. Der Antrag beschränkt sich nämlich ausschließlich darauf, die Erwägungen des Dienstgerichts zum Teilobsiegen des Antragstellers mitzuteilen (vgl. S. 7 des Antrags), wohingegen - für den Antragsteller jeweils nachteilig - alle übrigen Gründe dieses Urteil, des weiteren Urteils des Dienstgerichts und beider Urteile des Dienstgerichtshofs, insbesondere auch deren rechtliche Einordnungen, verschwiegen werden. Zu den im Klageerzwingungsverfahren gebotenen Darlegungen können auch die Darstellung in einem anderen - hier fachgerichtlichen - Verfahren gehören (OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 331; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 172 Rn. 27a a.E.). Die in den Entscheidungen ergangene Beurteilung dürfte - hypothetisch - gerade zur Frage der möglichen Rechtswidrigkeit von Bedeutung sein. Zwar handelte es sich bei Vorliegen eines Irrtums über die Verwerflichkeit (§ 240 Abs. 2 StGB) ggf. lediglich um einen Verbotsirrtum (BGHSt 2, 194; Fischer, StGB, 64. Aufl. 2017, § 240 Rn. 54 a.E.); gleichwohl läge bei Annahme eines rechtmäßigen Verhaltens der Angezeigten Ziffer 1 durch zwei fachgerichtliche Instanzen grundsätzlich ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor (Fischer, aaO, § 17 Rn. 9 a.E.).
23 
e) Soweit der Antrag die Angezeigten Ziffer 2 und 3 betrifft, lässt er darüber hinaus bereits die hinreichende Darlegung der tatsächlichen Umstände eines strafbaren Verhaltens in objektiver und subjektiver Hinsicht vermissen. Letztlich erschöpft sich das Vorbringen darin, „beide hätten an der Vorbereitung und Durchführung der zur Anzeige gebrachten dienstrechtlichen Maßnahmen der Angezeigten Ziffer 1 mitgewirkt“ (vgl. S. 19 des Antrags). Wenngleich die Anforderungen vor dem Hintergrund des Absehens der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht überspannt werden dürfen, hätte es gleichwohl einer näheren Darlegung bedurft, da die dienstliche Verantwortung für den Vermerk, die Gewährung rechtlichen Gehörs und die getroffene Entscheidung ausschließlich der Präsidentin als Dienstvorgesetzter des Antragstellers im Rahmen der Ausübung ihrer Dienstaufsicht oblag. Die - gegebenenfalls - bloße Erhebung verfahrensbezogener statistischer Daten kann demzufolge für ein strafbares Verhalten ersichtlich nicht genügen.
24 
f) Eine inhaltliche Ergänzung des Antrags ist aufgrund des Fristablaufs ausgeschlossen.
III.
25 
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da der Antrag aus formellen Gründen als unzulässig verworfen wurde (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 177 Rn. 1).
26 
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO).

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(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

(3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Tenor

I. Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe vom 04.12.2012 - RDG 5/12 - wird

zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Mit seiner Berufung wendet sich der Antragsteller gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter vom 04.12.2012 - RDG 5/12 -, mit dem dieses seinen Antrag zurückgewiesen hat, festzustellen, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig gewesen seien.
Der Antragsteller wurde mit Urkunde vom 12.07.2002, ausgehändigt am 29.07.2002, zum Richter am Oberlandesgericht beim Oberlandesgericht K. ernannt. Er wurde zunächst dem ... Zivilsenat, zum 01.07.2007 dem ... Zivilsenat in F. und zum 01.04.2011 dem ... Zivilsenat in F. zugewiesen.
Am 30.04.2010 fand ein Gespräch zwischen der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frau Prof. Dr. H., dem damaligen Vorsitzenden des ... Zivilsenats, Herrn E., und dem Antragsteller statt, in dem u. a. die Erledigungszahlen und der Verfahrensbestand im Dezernat des Antragstellers erörtert wurden und der Antragsteller seine Arbeitsweise und deren Auswirkungen auf die Erledigungszahlen erläuterte.
Unter dem 08.06.2011 fertigte der Präsidialrichter Richter am Oberlandesgericht B. folgenden Vermerk (Sammelakten 313 III - X. -Sonderprüfung 4a [im Folgenden: Sammelakten 313 III], AS 3):
„1. Vermerk:
Anruf von VROLG Dr. L. gegen 14.30 Uhr: Herr Dr. L. kündigt an, in einem der ursprünglich von ROLG X. im ... Zivilsenat als BE bearbeiteten Verfahren möglicherweise das Präsidium zu der Frage anzurufen, ob dieses Verfahren mit dem Wechsel des ROLG X. in die Zuständigkeit des ... Zivilsenats übergegangen ist. Bei dieser Gelegenheit berichtet VROLG Dr. L., dass sich in dem von ROLG X. hinterlassenen Verfahrensbestand eine große Zahl völlig unzureichend geförderter Verfahren befinde. Zum Teil sei über mehrere Monate versäumt worden, die Verfahren zu fördern.“
Mit folgender Verfügung vom 08.06.2011 (Sammelakten 313 III, AS 7) ordnete die Präsidentin des Oberlandesgerichts eine Sonderprüfung der Verfahren an, die der Antragsteller bei seinem Wechsel in den ... Zivilsenat im ... Zivilsenat zurückgelassen hatte:
Verfügung vom 08.06.2011
1. Aus Anlass einer telefonischen Mitteilung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. L. vom 8.6.2011 über die hohe Anzahl unzureichend bearbeiteter Altverfahren in dem vom Richter am Oberlandesgericht X. zurückgelassenen Verfahrensbestand wird eine Dezernatssonderprüfung über diese Verfahren in dem nun von Richter am Landgericht M. (..d) geführten Dezernat durchgeführt. Sämtliche am 1.4.2011 nach dem Wechsel des BE ROLG X. im ... Zivilsenat verbliebene Akten sollen zum Oberlandesgericht nach K. verschafft werden.“
10 
Der Antragsteller wurde über die Durchführung dieser Sonderprüfung nicht vorher informiert. Die Sonderprüfung wurde durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts, Herrn S., durchgeführt. Dieser erstellte hinsichtlich 48 hinterlassener Verfahren tabellarische Einzelberichte (Sammelakten 313 III, AS 13/97). Die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung sind Gegenstand des Parallelverfahrens RDG 7/12 (= DGH 3/13).
11 
Am 12.10.2011 erstellte die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgenden Vermerk (Sammelakten 313 III, AS 145/147), der Gegenstand des hiesigen Prüfungsverfahrens ist:
12 
„Verfügung vom 12.10.2011
13 
1. Vermerk:
14 
Nach einem Hinweis des Vorsitzenden des ... Zivilsenats des Oberlandesgerichts K. auf eine hohe Zahl unzureichend bearbeiteter Verfahren in dem Respiziat ..d (ROLG X.) hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts K. mit Verfügung vom 08.06.2011 eine Sonderprüfung angeordnet, die inzwischen stattgefunden hat. Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat. Die Einzelergebnisse wurden von Vizepräsident des Oberlandesgericht S. für 48 gravierende Fälle dokumentiert. In dem Zeitraum von 2008 - 2010 hat ROLG X. lediglich zum Abschluss gebracht:
15 
    
U-Verfahren
W-Verfahren
2008
43
23
2009
58
22
2010
48
34
16 
Dies Erledigungsleistung entsprach nur etwa 68% der von den Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichts K. in dem genannten Zeitraum durchschnittlich erledigten Verfahren. Der Bestand an anhängigen Verfahren im Respiziat des ROLG X. wuchs deshalb um 67 % von 76 offenen Verfahren zum Ende des Jahres 2008 auf 127 offene Verfahren zum Ende des Jahres 2010 an.
17 
Auch nach seinem Wechsel in den ... Zivilsenat zum April 2011 gelingt es ROLG X. nicht, in quantitativer Hinsicht auch nur annähernd durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Dies hat zur Folge, dass im Respiziat des Richters im ... Zivilsenat zwischen April und Oktober 2011 ein Zuwachs von 32 im Bestand an anhängigen U-Verfahren zu verzeichnen ist. Der Zuschreibung von 31 U-, 15 W- und 6 AR-Sachen steht in dem Zeitraum 01.04.-10.11.2011 eine Erledigung von 9 U-, 11 W- und 4 AR-Sachen gegenüber.
18 
Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K. und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt. Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem damit die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken.
19 
Es ist beabsichtigt, dem Richter im Rahmen der Dienstaufsicht der Präsidentin des Oberlandesgerichts die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.
20 
Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat mit Urteil vom 08.11.2006 - RiZ(R) 2/05 - (NJW-RR 2007, 281 m.w.N.) bekräftigt, dass die Dienstaufsicht gemäß § 26 DRiG die Befugnis umfasst, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und ihn zu unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, soweit nicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird ( 26 Abs. 1 und 2 DRiG). Ein solcher Vorhalt und eine solche Ermahnung stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Anders ist dies nur zu werten, wenn dem Richter indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (st. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1987 – RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom 5. Oktober 2005 – RiZ (R) 5/04, NJW 2006, 692 f.). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr zielen Vorhalt und Ermahnung im vorliegenden Fall darauf, den Richter zu einem Erledigungspensum anzuhalten, das so im Durchschnitt aller Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts erbracht wird…“
21 
Der Vermerk wurde dem Antragsteller am 18.10.2011 ausgehändigt. Ihm wurde eine Frist zur Stellungnahme bis 04.11.2011 gesetzt.
22 
Unter dem 26.01.2012 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgenden Bescheid (Sammelakten 313 III, AS 237/241), der Gegenstand des Parallelverfahrens RDG 6/12 (= DGH 2/13) ist:
23 
„Vorhalt und Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG
24 
Sehr geehrter Herr X.,
die richterliche Unabhängigkeit verbietet nach ganz herrschender und auch von mir geteilter Ansicht für Richter die Festlegung von Arbeitszeiten. Der von einem Richter geschuldete Einsatz ist deshalb nach dem durchschnittlichen Erledigungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982-2 B 12/82 - (NJW 1983,62 – juris Rn. 3 a.E.). Das Durchschnittspensum unterschreiten Sie seit Jahren ganz erheblich und jenseits aller großzügig zu bemessender Toleranzbereiche. Im Jahr 2011 erledigten Sie sogar weniger Verfahren, als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtagsrichterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspricht.
25 
... (Tabelle) ...
26 
Nach § 26 Abs. 2 DRIG halte ich Ihnen deshalb die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vor und ermahne Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte. Die von Ihrem Bevollmächtigten nach Ablauf der Ihnen gewährten Stellungnahmefrist beantragte weitere Fristverlängerung lehne ich ab. Ich hatte Ihnen die beabsichtigte Maßnahme der Dienstaufsicht und deren Begründung bereits am 18.10.2011 erläutert und Ihnen, eine auf Ihr Gesuch verlängerte Stellungnahmefrist bis zum 20.01.2012 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist von einem Vierteljahr hatten Sie ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Dabei ist zu sehen, dass Sie den Grund der Maßnahme, d.h. Ihre unterdurchschnittliche Erledigungsleistung, nicht in Abrede gestellt, sondern in Ihrer Überlastungsanzeige vom 31.10.2011 ausdrücklich eingeräumt haben, schon seit 2002 am OLG als Berichterstatter in der Regel statistisch zu weniger Verfahrenserledigungen beigetragen zu haben, als der Durchschnitt der Kolleginnen und Kollegen. Auch haben Sie die Ihnen eröffnete Möglichkeit, dem Präsidium in der Präsidiumssitzung vom 16.12.2011 zu der Problematik Rede und Antwort zu stehen, nicht genutzt, da das Präsidium Ihrem Bevollmächtigten aus Rechtsgründen die Teilnahme an der Präsidiumssitzung nicht gestattet hat.
27 
Eine Beeinträchtigung ihrer richterlichen Unabhängigkeit ist mit dieser Maßnahme der Dienstaufsicht nicht verbunden. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht das Recht, Richtern die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass die monatelange Nichtbearbeitung von Teilbereichen eines richterlichen Dezernats ebenso beanstandet werden kann wie ein unbefriedigendes Arbeitspensum eines Richters (vgl. BGH Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 22.09.1998 - RiZ 2/97 -‚ DRiZ 1999, 141 <144> m.w.N.; stRspr.; vgl. auch Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 26 Rn. 24 a.E.).“
28 
Gegen den Vermerk vom 12.10.2011 legte der Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 24.02.2012 Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 (Sammelakten 313 III, AS 273), dem Antragsteller zugestellt am 08.03.2012, zurück. Daraufhin reichte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10.04.2012, beim Dienstgericht für Richter eingegangen am 10.04.2012, Klage ein, mit der er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2012 beantragt hat,
29 
festzustellen, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig sind.
30 
Mit Urteil vom 04.12.2012 hat das Dienstgericht festgestellt, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 insoweit unzulässig seien, als dem Antragsteller vorgeworfen werde, die ihm zugeschriebenen Verfahren trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht bearbeitet zu haben. Im Übrigen hat das Dienstgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung der Zurückweisung hat es ausgeführt, der Antrag sei, soweit der Antragsteller den Vermerk insgesamt angreife, gemäß § 44a S. 1 VwGO unzulässig, weil er der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung, nämlich des Vorhalts und der Ermahnung vom 26.01.2012 gedient habe. Er sei außerdem insoweit unzulässig, als der Vermerk Teil des Verwaltungsverfahrens oder Gegenstand eines anderen Prüfungsverfahrens gewesen sei, was hinsichtlich der Durchführung der Sonderprüfung, die Gegenstand des Prüfungsverfahrens RDG 7/12 ist, der Fall sei. Soweit sich der Prüfungsantrag gegen die einzelnen Formulierungen des Vermerks vom 12.10.2011 richte, sei er zwar zulässig, jedoch unbegründet. Denn es liege keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit vor hinsichtlich der Vorhalte,
31 
- der Antragsteller habe seine Pflicht zur Erstattung einer Überlastungsanzeige gegenüber dem Präsidium verletzt,
- er habe die ihm zugewiesenen Verfahren zum Teil über Jahre nicht oder nur völlig unzureichend bearbeitet, was für 48 gravierende Fälle dokumentiert sei,
- und er habe durch die unzureichende Erledigung der ihm übertragenen Amtsgeschäfte neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt.
32 
In der Rechtsmittelbelehrung hat das Dienstgericht mitgeteilt, dass gegen das Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden könne. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung der Entscheidung sowie des Inhalts der Rechtsmittelbelehrung wird auf das Urteil vom 04.12.2012 Bezug genommen (RDG 5/12, AS 423/459). Das Urteil wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 11.01.2013 zugestellt.
33 
Mit dem am 11.02.2013 beim Dienstgericht für Richter eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tag hat der Antragsteller gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt der Antragsteller vor:
34 
Infolge der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des Dienstgerichts laufe keine Rechtsmittelfrist, so dass die Berufung wirksam eingelegt sei. Bei seinen zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen handele es sich nicht um eine Klageänderung, sondern um eine Konkretisierung seines Rechtsschutzziels.
35 
Der Vermerk vom 12.10.2011 verstoße insgesamt, nicht nur hinsichtlich einzelner Formulierungen, gegen die richterliche Unabhängigkeit. Er sei nicht Gegenstand eines anderen Verwaltungsverfahrens, habe selbstständige Bedeutung und sei daher als Ganzes selbstständig zu prüfen. Der Vermerk enthalte ausschließlich unzutreffende Vorwürfe gegenüber dem Antragsteller. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts sei sich deren Unrichtigkeit bewusst gewesen und habe daher vorsätzlich gehandelt. Der Vermerk habe nicht der Gewährung rechtlichen Gehörs vor dem späteren Bescheid vom 26.01.2012, sondern ausschließlich der Einschüchterung des Antragstellers gedient, was sich insbesondere daraus ergebe, dass Vorwürfe aus dem Vermerk vom 12.10.2011 in den späteren Bescheid vom 26.01.2012 nicht übernommen worden seien. Der Vermerk habe daher ausschließlich ein selbstständiges Mittel sein sollen, den Antragsteller durch Druck zur Änderung seiner Rechtsanwendung zu zwingen. Der gegen den Vermerk vom 12.10.2011 gerichtete Prüfungsantrag sei deshalb, entgegen der Auffassung des Dienstgerichts, nicht gemäß § 44a VwGO unzulässig.
36 
Ziel des Vermerks vom 12.10.2011, wie auch der Maßnahmen, die Gegenstand der Parallelverfahren RDG 6/12 (DGH 2/13) und RDG 7/12 (DGH 3/13) sind, sei es, eine Änderung der Rechtsanwendungspraxis des Antragstellers zu erreichen. Dieser solle nach dem Willen der Dienstaufsicht das Recht anders anwenden, als es seiner Verantwortung als Richter entspreche. Er solle sich in seiner Rechtsprechung dem Willen und den Interessen der die Dienstaufsicht führenden Präsidentin beugen, damit ohne Rücksicht auf die Qualität „bessere Zahlen“ erzielt würden. Dabei handele es sich um einen direkten Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, der nicht durch § 26 Abs. 2 DRiG gedeckt sei und einen Verstoß gegen Art. 97 Abs. 1 GG darstelle. Dies habe das Dienstgericht verkannt.
37 
Bei einem Richter, dessen hoher persönlicher und zeitlicher Arbeitseinsatz außer Frage stehe, könne es keine Veränderung von Erledigungszahlen ohne Veränderung der rechtsprechenden Tätigkeit, der jeweiligen Rechtsanwendung, geben. Die Zeit pro Fall, die ein Richter benötige, hänge ab von seiner individuellen Rechtsanwendung, dem jeweiligen rechtlichen Lösungsweg, dem Umfang einer Beweisaufnahme, der Sachverhaltsaufklärung, der Rechtsprechungsrecherche, der Bearbeitungstiefe, Sorgfalt und Gründlichkeit und vielen anderen Elementen richterlicher Tätigkeit, die alle zur Rechtsanwendung gehörten. Der Wahrnehmung dieser Realität habe sich das Dienstgericht verschlossen. Auch die Gegenseite habe in erster Instanz nicht einmal ansatzweise erläutern können, was die Präsidentin des Oberlandesgerichts bei ihren Maßnahmen anderes im Sinn gehabt haben könne, als eine Änderung der Rechtsanwendung durch den Antragsteller zu erreichen.
38 
Der Sprachgebrauch im Urteil des Dienstgerichts übernehme unreflektiert die Formulierungen der Präsidentin des Oberlandesgerichts und offenbare dabei ein sachliches Missverständnis. Es gebe im Kollegialgericht kein Erledigungspensum und keine Erledigungszahlen einzelner Berichterstatter. Denn der einzelne Richter könne, wenn er Berichterstatter sei, nur zur Erledigung von Verfahren im Kollegium beitragen. Mit „Erledigungspensum“ und „Erledigungszahlen“ werde dem Berichterstatter eine Verantwortung für bestimmte Zahlen zugeschrieben, die er aus tatsächlichen Gründen nicht haben könne.
39 
Die Darstellung des Sachverhalts im Urteil des Dienstgerichts sei zum überwiegenden Teil unzutreffend. Wesentliche Teile des relevanten Sachverhalts seien vom Dienstgericht übergangen worden, insbesondere die Darstellung im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 09.11.2012. Außerdem habe das Dienstgericht nicht beachtet, dass die Darstellung des Antragstellers, insbesondere im Schriftsatz vom 09.11.2012, überwiegend unstreitig geblieben sei.
40 
Der Antragsteller habe bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, dass es beim Oberlandesgericht K. keine validen Durchschnittszahlen gebe, die irgendeine Aussage über „Erfolg“ oder „Arbeitseinsatz“ der „Durchschnittsrichter“ zulassen würden, egal wie man „Arbeitserfolg“ und „Arbeitseinsatz“ verstehen wolle. Es gebe Zahlen, die auf einer pragmatischen Ebene ein Hilfsmittel für Diskussionen unter Kolleginnen und Kollegen oder aber auch für Fragen der Geschäftsverteilung sein könnten, jedoch keine Durchschnittszahlen, denen eine konkrete Aussagekraft in Bezug auf eine „durchschnittliche“ Arbeitsleistung von Richterinnen und Richtern zukommen könne. Dies wisse die Präsidentin des Oberlandesgerichts. Auf Erledigungszahlen, die einem einzelnen Berichterstatter zugeordnet würden, habe nicht nur dessen Arbeit Einfluss, sondern auch die von Senat zu Senat unterschiedliche Zusammenarbeit und Mitwirkung der Kolleginnen und Kollegen. So gebe es Unterschiede z. B. bei Einzelrichterzuweisungen oder bei der Handhabung von Hinweisen gemäß § 522 ZPO, die sich auf die Erledigungszahlen auswirkten. Aufgrund dieser Verschiedenheiten am Oberlandesgericht hätten die Durchschnittszahlen keinen relevanten Aussagewert, seien damit bereits aus tatsächlichen Gründen als Maßstab generell ungeeignet und müssten als Grundlage für Maßnahmen der Dienstaufsicht schlechthin ausscheiden. Die im Vermerk vom 12.10.2011 zugrunde gelegten Durchschnittszahlen seien zudem nicht valide, weil es jedenfalls bis Ende 2011 eine unterschiedliche Zählweise in den verschiedenen Senaten gegeben habe. Ebenso würden die Durchschnittszahlen im Bescheid der Präsidentin nicht den jeweiligen unterschiedlichen Aufwand für die Bearbeitung von AR- und W-Verfahren berücksichtigen.
41 
Das Dienstgericht habe außerdem das Gespräch vom 30.04.2010 zwischen dem Antragsteller, der Präsidentin des Oberlandesgerichts und dem damaligen Senatsvorsitzenden, Herrn E., übergangen. Aufgrund dieses Gesprächs habe die Präsidentin die Gründe, aufgrund derer der Antragsteller trotz seines hohen Arbeitsaufwandes als Berichterstatter nur zu geringen Erledigungszahlen beitrage, gekannt; der damalige Senatsvorsitzende, Herr E., habe diese bestätigt.
42 
Die Behauptung des Dienstgerichts, die mit Verfügung vom 08.06.2011 angeordnete Sonderprüfung sei durch einen telefonischen Hinweis des Vorsitzenden des ... Zivilsenats, Herrn L., angestoßen worden, sei unzutreffend. Es sei außer Streit, dass das Telefongespräch zwischen Herrn L., und dem Präsidialrichter, Herrn Dr. B., vom 08.06.2011 keine Informationen ergeben habe, die Anlass für die Sonderprüfung gewesen seien oder einen solchen Anlass hätten geben können. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts sei zu jedem Zeitpunkt vollständig informiert gewesen über die Anzahl der im Dezernat des Antragstellers anhängigen Verfahren, deren Alter und die Verzögerungsgründe. Diese Informationen hätten der Präsidentin zur Verfügung gestanden aufgrund des ausführlichen Gesprächs vom 30.04.2010 mit dem Antragsteller und dem damaligen Vorsitzenden des ... Zivilsenats, Herrn E., – dessen Verlauf durch den Vermerk des Antragstellers vom 06.11.2010 dokumentiert werde – und aufgrund der jederzeit verfügbaren statistischen Daten sowie aus einem ständigen persönlichen Austausch der Präsidentin mit Herrn E.. Der Hinweis in dem Vermerk vom 08.06.2011 auf „völlig unzureichend bearbeitete Verfahren“ sei inhaltsleer. Die „völlig unzureichende Bearbeitung“ sei keine Information, sondern eine schon aus sich heraus unzutreffende Bewertung. Der Antragsgegner habe zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, welche Informationen im Telefongespräch vom 08.06.2011 für die Präsidentin neu und sachlicher Anlass für die Sonderprüfung gewesen seien. Unzutreffend sei, dass das Telefongespräch vom 08.06.2011 in irgendeinem Zusammenhang mit einem Dezernatswechsel im ... Senat gestanden habe. Der Berichterstatterwechsel habe bereits am 01.04.2011 stattgefunden; zum selben Zeitpunkt sei auch Herr L. als Vorsitzender in den Senat eingetreten. Die Spekulation des Dienstgerichts, dass das Telefongespräch „im Kontext mit der Übernahme des Dezernats“ durch einen abgeordneten Richter gestanden habe, sei falsch und habe keine Grundlage im Sachvortrag der Parteien. Jeder Richter am Oberlandesgericht wisse, dass bei einem Dezernatswechsel alle „Zahlen“ sowie eine eventuelle besondere Dringlichkeit bestimmter Verfahren sofort, in der Regel schon vor dem Dezernatswechsel, besprochen würden. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Zahlen des Antragstellers im ... Zivilsenat schon lange vorher von der Verwaltung genau beobachtet worden und insbesondere Gegenstand des Gesprächs am 30.04.2010 gewesen seien. Im Übrigen habe Herr E. noch am 19.01.2011 die üblichen Meldungen über die mehr als zwei Jahre anhängigen Verfahren auch für das Dezernat des Antragstellers abgegeben. Das erstinstanzliche Urteil lasse nicht erkennen, dass die gegen den Antragsteller hinter seinem Rücken durchgeführte Sonderprüfung im Hinblick auf eine Dienstpflichtverletzung ohne Ergebnis geblieben sei.
43 
Soweit das Dienstgericht im Hinblick auf die Frage einer eventuellen Überlastungsanzeige die Auffassung des Antragstellers dahingehend wiedergebe, dass bei Verfahrensrückständen zunächst keine Information durch den Berichterstatter an das Präsidium erforderlich sei, weil diese Fragen zunächst im Senat zu erörtern seien, sei dies unzutreffend. Für den einzelnen Berichterstatter gebe es generell – nicht nur „zunächst“ – keine Verpflichtung, das Präsidium über eine persönliche Überlastung zu informieren, da die Verpflichtung zur Überlastungsanzeige gegenüber dem Präsidium immer nur für den Vorsitzenden des Senats bestehe.
44 
Für die rechtliche Bewertung des Vermerks sei von besonderer Bedeutung, dass sämtliche im Vermerk vom 12.10.2011 erhobenen Vorwürfe, zu denen dem Antragsteller angeblich habe rechtliches Gehör gewährt werden sollen, im späteren Bescheid vom 26.01.2012 keine Rolle mehr gespielt hätten, insbesondere die angeblichen Ergebnisse der Sonderprüfung. Der Vorhalt und die Ermahnung im Bescheid vom 26.01.2012 stützten sich allein auf Zahlen, die mit der Sonderprüfung und den anderen Vorwürfen im Vermerk vom 12.10.2011 nichts zu tun hätten. Das Dienstgericht habe sich der naheliegenden Erkenntnis verschlossen, dass der Vermerk vom 12.10.2011 nicht die Funktion gehabt habe, dem Antragsteller rechtliches Gehör zu gewähren, sondern allein dazu gedient habe, ihn unter Druck zu setzen, damit er entsprechend dem Willen der Präsidentin des Oberlandesgerichts zu höheren Erledigungszahlen beitrage.
45 
Die Auffassung der Präsidentin des Oberlandesgerichts, sie sei zu einer solchen Maßnahme gegenüber einem Richter berechtigt, sei falsch. Soweit das Dienstgericht sich auf bestimmte Entscheidungen des Bundesgerichtshofs berufe, seien die Zitate inhaltlich falsch. Soweit der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten habe, die Dienstaufsicht dürfe sich in bestimmten Fällen unter bestimmten Voraussetzungen bei Einzelrichtern wertend mit bestimmten Zahlen einer Richterin oder eines Richters beschäftigen, sei Grundlage dieser Entscheidungen, anders als vorliegend, immer die Feststellung gewesen, dass diese wertende Beschäftigung mit Zahlen im konkreten Fall keine Auswirkungen auf die Tätigkeiten der Richterin oder des Richters habe, die dem Bereich der Rechtsanwendung zuzurechnen seien. Der Bundesgerichtshof habe stets ausdrücklich hervorgehoben, dass bei statistischen und quantitativen Betrachtungen im Rahmen der Dienstaufsicht darauf zu achten sei, dass es nicht darum gehen dürfe, einen Richter anzuhalten, mehr Fälle zu erledigen, weil der Richter nicht dazu veranlasst werden dürfe, auf Kosten der Qualität die Quantität seiner Arbeit zu steigern. Das Ansinnen der Präsidentin des Oberlandesgerichts, dass ein Richter seine Rechtsanwendung verändern solle, damit bestimmte Zahlen erreicht würden, sei ein Angriff auf die Gesetzesbindung des Richters. Der Antragsteller wende, wie es seinem Auftrag als Richter entspreche, das Recht nach bestem Wissen und Gewissen an, wie es seiner Überzeugung vom Gesetz im jeweiligen Einzelfall entspreche. Das Ansinnen der Präsidentin des Oberlandesgerichts bedeute, dass der Antragsteller sich nach ihrem Willen von seiner Überzeugung vom Gesetz – also von der Gesetzesbindung – teilweise lösen solle.
46 
Soweit das Dienstgericht hervorgehoben habe, der Antragsteller habe es versäumt, Besonderheiten seiner Tätigkeit darzustellen, aus denen sich ein erhöhter Zeitbedarf ergeben könne, habe es übersehen, dass es aus Rechtsgründen keinen Rechtfertigungsbedarf für den Antragsteller geben könne, wenn die Dienstaufsicht ihn mit unberechtigten Maßnahmen überziehe. Die rechtsprechende Tätigkeit des Antragstellers sei keinesfalls nur deshalb minderwertig gegenüber der Tätigkeit von Kollegen, weil seine Überzeugung vom Recht in vielen Fällen einen größeren Zeitbedarf bei der Bearbeitung der Fälle erfordere. Die Präsidentin sei nicht berechtigt, zu entscheiden, welche Art von Rechtsanwendung sie ohne Rechtfertigung akzeptiere und welche Art von Rechtsanwendung von ihr nur bei besonderer Rechtfertigung oder Entschuldigung des Richters geduldet werde. Auch wenn die Arbeitsweise des Antragstellers der Präsidentin aus politischen Gründen – wegen des erforderlichen Zeitbedarfs – nicht gefalle, gebe ihr dies nicht das Recht, eine politisch unerwünschte Arbeitsweise eines Richters nur im Ausnahmefall bei besonderer Rechtfertigung zu erlauben.
47 
Der Bundesgerichtshof habe zu keinem Zeitpunkt die Auffassung vertreten, ein Richter sei dienstrechtlich verpflichtet, jeweils einen Durchschnitt von Fallerledigungen zu erreichen, der von anderen Richterinnen und Richtern am selben Gericht erreicht werde. Wenn die sachgerechte Bearbeitung in Frage stehe oder wenn mögliche unterschiedliche Arbeitsweisen einer sachgerechten Bearbeitung in Frage stünden, könne es nach der Formulierung des Bundesgerichtshofs keinen einheitlichen Zahlenmaßstab geben. Rechtlich unhaltbar sei die vorgeblich großzügige Hinnahme eines „Toleranzbereichs“, den die Präsidentin weder in ihrem Bescheid noch an anderer Stelle konkretisiert habe. Dies bedeute, dass sie durch einen nicht spezifizierten Toleranzbereich den Antragsteller für die Zukunft ihrer persönlichen Willkür ausliefern wolle.
48 
Das Dienstgericht habe auch verkannt, dass die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ausschließlich Sachverhalte beträfen, in denen es um die Bewertung von Zahlen gegenüber Richterinnen und Richtern am Amtsgericht, also Einzelrichtern, gegangen sei, also nicht um Richterinnen und Richter, die in einem Kollegialgericht tätig seien. Der Bundesgerichtshof habe auch nicht die Auffassung vertreten, dass beliebige, nicht sinnvolle Zahlen einem Richter von der Dienstaufsicht vorgehalten werden könnten. Gegenstand der vom Dienstgericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs seien immer nur Fälle gewesen, in denen die Validität der Durchschnittszahlen zumindest grundsätzlich außer Streit gestanden habe. Im Übrigen habe der Bundesgerichtshof immer wieder hervorgehoben, dass auch bei einer grundsätzlich vernünftigen und eventuell zulässigen Bewertung von Zahlen durch die Dienstaufsicht anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen sei, ob eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit vorliege. Auch diesen Grundsatz habe das Dienstgericht missachtet.
49 
Soweit das Dienstgericht der Auffassung zu sein scheine, dass die fehlende Sachverhaltserfassung durch die Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigen könne, entspreche dies nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Es möge zwar sein, dass bestimmte fahrlässige Fehler der die Dienstaufsicht führenden Präsidentin bei der Sachverhaltserfassung nur im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu prüfen seien. Es könne jedoch auf der anderen Seite kein Zweifel daran bestehen, dass vorsätzlich falsche Vorhalte einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellten.
50 
Die gegen den Antragsteller im Vermerk vom 12.10.2011 erhobenen Vorwürfe seien nicht hinreichend konkretisiert. Die Aussage, es sei dem Antragsteller nicht gelungen, „in quantitativer Hinsicht auch nur annähernd durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen“, sei bewusst unklar. Aus dem Vermerk ergebe sich nicht, welche „Zahlen“ der Antragsteller habe erreichen sollen. Dies mache deutlich, worum es der Präsidentin eigentlich gehe: Nicht um konkrete „Zahlen“, sondern um ein irgendwie geartetes „Mehr“ an Erledigungen durch eine grundlegende Änderung seiner richterlichen Arbeitsweise, also Rechtsanwendungspraxis.
51 
Der Vorwurf, der Antragsteller habe die Rechte von Beteiligten auf ein „faires Verfahren“ ersetzt, habe unstreitig keine Grundlage im Sachverhalt. Die Präsidentin sei nicht berechtigt, dem Antragsteller die Verletzung eines „fairen Verfahrens“ deshalb vorzuwerfen, weil sie ihn aus anderen Gründen unter Druck setzen wolle. Entsprechendes gelte für den Vorwurf, der Antragsteller habe das Recht von Beteiligten auf eine „wirksame Beschwerde“ verletzt. Auch für den Vorwurf einer „völlig unzureichenden Bearbeitung“ von Verfahren gebe es keine Grundlage. Der Vorwurf sei schon deshalb unhaltbar, weil er nicht erkennen lasse, was nach Meinung der Präsidentin eine „zureichende Bearbeitung“ sein solle. Ohne Spezifizierung eines Maßstabs sei der Vorwurf unklar und für den Antragsteller auch nicht konkretisierbar. Im Übrigen habe das Dienstgericht verkannt, dass das zeitweilige Nichtbearbeiten von Verfahren nicht dienstpflichtwidrig sei.
52 
Die Auffassung des Dienstgerichts, es bestehe eine Verpflichtung des Antragstellers, das Präsidium über eine Überlastung zu informieren, sei rechtlich falsch. Der Vorwurf mache keinen Sinn, wenn die Präsidentin nicht konkretisiere, wann der Antragsteller verpflichtet gewesen sei, dem Präsidium welche konkreten Informationen zukommen zu lassen. Im Kollegialgericht bestehe eine Pflicht des einzelnen Richters zur Erstattung einer Überlastungsanzeige nur gegenüber dem gesamten Senat, da dieser für die Geschäftsverteilung im Senat zuständig sei. Gegenüber dem Präsidium, das die Geschäfte auf die Senate verteile, habe demgegenüber der Vorsitzende des Senats eine Überlastungsanzeige für den Spruchkörper zu erstatten. Abgesehen davon bestehe eine Pflicht zur Erstattung einer Überlastungsanzeige nur dann, wenn dem Präsidium eine bestimmte für die Geschäftsverteilung relevante Information, z.B. über „Rückstände“ in einem Senat, fehle. Ein solches Informationsdefizit habe vorliegend nicht bestanden, da die Präsidentin umfassend über alle Zahlen und „Rückstände“ informiert gewesen sei aufgrund der jederzeit verfügbaren Statistiken des Oberlandesgerichts, des Gesprächs vom 30.04.2010, des ständigen persönlichen Informationsaustauschs mit dem damaligen Senatsvorsitzenden, Herrn E., und dessen Rückstandsbericht vom 19.01.2011.
53 
Der Antragsteller hat in zweiter Instanz zunächst beantragt,
54 
1. das erstinstanzliche Urteil des Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe vom 04.12.2012 insoweit aufzuheben, als der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen wurde und
55 
2. entsprechend dem Antrag des Antragstellers in 1. Instanz festzustellen, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 insgesamt unzulässig sind.
56 
Der Antragsteller beantragt nunmehr:
57 
1. Das erstinstanzliche Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe vom 04.12.2012 wird aufgehoben, soweit der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen wurde.
58 
2. Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Vermerk vom 12.10.2011, übergeben am 18.10.2011, nebst Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – unzulässig ist:
59 
Die Erhebung der folgenden Vorwürfe gegen den Antragsteller durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts, in Kenntnis der Tatsache, dass es für die Vorwürfe keine tatsächliche Grundlage gibt,
60 
- der Kläger habe Verfahren in großer Zahl teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet,
- der Kläger habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires Verfahren verletzt,
- der Kläger habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf eine wirksame Beschwerde verletzt,
- der Kläger habe seine Verpflichtung zur Erstattung einer Überlastungsanzeige gegenüber dem Präsidium („Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände“) verletzt,
61 
mit dem Ziel der Einschüchterung des Antragstellers, damit dieser in seiner Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht – entgegen seinem Richtereid und entgegen seinen verfassungsrechtlichen Pflichten als Richter – seine Rechtsanwendung bzw. seine Beiträge zur Rechtsanwendung des Senats, in dem er tätig ist, in einer Vielzahl von Fällen ändert, und damit entgegen seiner richterlichen Überzeugung Recht spricht, um entsprechend dem Willen der Präsidentin zu mehr Fallerledigungen beizutragen.
62 
3. Hilfsweise zu Ziff. 2:
63 
Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Vermerk vom 12.10.2011, übergeben am 18.10.2011, nebst Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – unzulässig ist:
64 
Die Erhebung der folgenden Vorwürfe gegen den Antragsteller durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts, in Kenntnis der Tatsache, dass es für die Vorwürfe keine tatsächliche Grundlage gibt,
65 
- der Kläger habe Verfahren in großer Zahl teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet,
- der Kläger habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires Verfahren verletzt,
- der Kläger habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf eine wirksame Beschwerde verletzt,
- der Kläger habe seine Verpflichtung zur Erstattung einer Überlastungsanzeige gegenüber dem Präsidium („Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände“) verletzt.
66 
4. Hilfsweise zu Ziff. 2 und Ziff. 3:
67 
Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Vermerk vom 12.10.2011, übergeben am 18.10.2011, nebst Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – unzulässig ist:
68 
Die Erhebung der folgenden haltlosen Vorwürfe gegen den Antragsteller durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts,
69 
- der Kläger habe Verfahren in großer Zahl teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet,
- der Kläger habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires Verfahren verletzt,
- der Kläger habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf eine wirksame Beschwerde verletzt,
- der Kläger habe seine Verpflichtung zur Erstattung einer Überlastungsanzeige gegenüber dem Präsidium („Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände“) verletzt.
70 
5. Hilfsweise zu Ziff. 2, Ziff. 3 und Ziff. 4:
71 
Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Vermerk vom 12.10.2011, übergeben am 18.10.2011, nebst Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – unzulässig ist:
72 
Die Erhebung von Vorwürfen gegen den Antragsteller durch die Präsidentin des Oberlandesgericht, in Kenntnis der Tatsache, dass es für die Vorwürfe keine tatsächliche Grundlage gibt, mit dem Ziel der Einschüchterung des Antragstellers, damit dieser in seiner Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht – entgegen seinem Richtereid und entgegen seinen verfassungsrechtlichen Pflichten als Richter – seine Rechtsanwendung bzw. seine Beiträge zur Rechtsanwendung des Senats, in dem er tätig ist, in einer Vielzahl von Fällen ändert, und damit entgegen seiner richterlichen Überzeugung Recht spricht, um entsprechend dem Willen der Präsidentin zu mehr Fallerledigungen beizutragen.
73 
6. Hilfsweise zu Ziff. 2, Ziff. 3, Ziff. 4 und Ziff. 5:
74 
Es wird festgestellt, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig sind.
75 
7. Hilfsweise zu Ziff. 2, Ziff. 3, Ziff. 4, Ziff. 5 und Ziff. 6:
76 
Es wird festgestellt, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011, hinsichtlich der in dem Vermerk enthaltenen einzelnen Formulierungen, und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig sind.
77 
Der Antragsgegner beantragt,
78 
die Berufung zurückzuweisen.
79 
Der Antragsgegner sieht in den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen eine unzulässige Klageänderung, hält den Prüfungsantrag bereits für unzulässig gem. § 44a VwGO, da er sich gegen Maßnahmen richte, die lediglich der Vorbereitung des Bescheids vom 26.01.2012 gedient hätten, und verteidigt das Urteil des Dienstgerichts, soweit der Prüfungsantrag zurückgewiesen wurde, im Übrigen als richtig.
80 
Wegen aller weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vor dem Dienstgericht für Richter und vor dem Dienstgerichtshof für Richter gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle des Dienstgerichts für Richter vom 04.12.2012 (RDG 5/12, AS 417/419) und des Dienstgerichtshofs für Richter vom 14.02.2014 (AS 431/435, Anl. AS 437/501) sowie vom 17.04.2015 (AS 899/911, Anl. AS 913/923) Bezug genommen.
81 
Der Antragsteller hat gegen den Bescheid vom 12.10.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Das dortige Verfahren ruht.

Entscheidungsgründe

 
A.
82 
Die Berufung des Antragstellers ist gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG in Verbindung mit § 124 VwGO in der von 01.01.1991 bis 31.12.1996 gültigen Fassung (a. F.) zulässig.
83 
Gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG gelten für das Prüfungsverfahren nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG die Vorschriften der VwGO entsprechend, soweit das LRiStAG nichts anderes bestimmt. Beim Inkrafttreten dieser unverändert gebliebenen Verweisungsnorm sah die VwGO a. F. in § 124 die zulassungsfreie Berufung vor. Diese ersetzte das 6. Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) mit Wirkung vom 01.01.1997 durch die Zulassungsberufung (§§ 124, 124 a VwGO n. F.). Nach Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG zwar grundsätzlich um eine dynamische Verweisung. Gleichwohl ist aber in Prüfungsverfahren nicht die Zulassungsberufung an die Stelle der zulassungsfreien Berufung getreten, weil die Regelungen über die Zulassungsberufung nach Maßgabe der §§ 124, 124 a VwGO n. F. sowohl mit den Regelungen des LRiStAG als auch des DRiG über die Ausgestaltung des Rechtszuges bei Prüfungsverfahren unvereinbar sind (vgl. im Einzelnen: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 29.03.2000 - RiZ (R) 4/99, juris Rn. 31 ff). Gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Dienstgerichts für Richter im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG ist daher das Rechtsmittel der zulassungsfreien Berufung gemäß § 124 VwGO a. F. gegeben.
84 
Da die vom Dienstgericht für Richter im Urteil vom 04.12.2012 gegebene Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen das Urteil die Zulassung der Berufung beantragt werden könne, somit fehlerhaft ist, hat die Berufungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 VwGO a. F. nicht zu laufen begonnen. Es gilt die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO (i. V. m. § 79 LRiStAG). Innerhalb dieser hat der Antragsteller seine Berufung formgerecht beim Dienstgericht für Richter eingelegt, §§ 79 LRiStAG, 124 Abs. 2 und 3 VwGO a. F..
B.
I.
85 
Die in zweiter Instanz neu gefassten Anträge des Antragstellers sind zulässig.
86 
1. Mit den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen hat der Antragsteller keine Klageänderung i. S. v. § 91 VwGO (i. V. m. § 79 Abs. 1 LRiStAG) vorgenommen, da er mit diesen keinen neuen Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt hat.
87 
Wie sich der Begründung der neu gefassten Anträge entnehmen lässt, verfolgt er mit diesen weiterhin das Ziel, die beanstandeten Maßnahmen der Dienstaufsicht – den Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit für unzulässig zu erklären. Der Antragsteller hat in seine neu gefassten Anträge lediglich Ausführungen zu dem von ihm behaupteten Kenntnisstand der Präsidentin des Oberlandesgerichts („in Kenntnis der Tatsache“), den von ihm behaupteten subjektiven Zielen der Präsidentin, die diese mit dem Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe sowie mit dem Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 verfolgt habe („mit dem Ziel“), sowie seine Bewertungen des objektiven Sachverhalts („keine tatsächliche Grundlage“, „haltlose Vorwürfe“) aufgenommen, um deutlich zu machen, worin er die Beeinträchtigung seiner richterlichen Unabhängigkeit sieht. Der Antragsteller hat daher weder seinen Antrag inhaltlich geändert, noch einen neuen Lebenssachverhalt in das Verfahren eingeführt, so dass keine Klageänderung vorliegt. Streitgegenstand ist auch in zweiter Instanz auf der Basis der neu gefassten Anträge nach wie vor der bereits in erster Instanz aufgrund desselben Lebenssachverhalts verfolgte Prüfungsantrag nach §§ 63 Nr. 4 f, 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG.
88 
Der Antragsteller hat lediglich Formulierungen in den Antrag aufgenommen, die sein Rechtsschutzziel verdeutlichen sollen. Dies führt nicht zur Unzulässigkeit der neu gefassten Anträge. Im Prüfungsverfahren ist gem. § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderlich, dass der Antragssteller den Gegenstand des Begehrens bezeichnet, also deutlich macht, was er mit seinem Antrag begehrt (Kopp/Schenke, VwGO, 2014, § 82 Rn. 7). Diesen Anforderungen genügen die neu gefassten Anträge des Antragstellers. Sie entsprechen auch dem Erfordernis des bestimmten Antrags gem. § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO, da diesem genügt ist, wenn – wie hier – das Ziel der Klage bzw. des Antrags hinreichend erkennbar ist (Kopp/Schenke, ebd., § 82 Rn. 10).
89 
2. Durch seine neu gefassten Anträge kann der Antragsteller allerdings nicht erreichen, dass das Gericht die von ihm gewählten Formulierungen zur Konkretisierung seines Rechtsschutzbegehrens im Falle eines begründeten Antrags in die Entscheidungsformel aufnimmt. Denn der Inhalt der Entscheidungsformel im Prüfungsverfahren wird durch § 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG zwingend und abschließend geregelt: Bei einem zulässigen und begründeten Prüfungsantrag stellt das Richterdienstgericht (lediglich) die Unzulässigkeit der jeweiligen – objektiven – Maßnahme der Dienstaufsicht fest. Ausführungen zu den Umständen, aus denen sich die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ergibt, können nicht in die Entscheidungsformel aufgenommen werden.
90 
3. Soweit der Antragsteller in seine Anträge Ziff. 2, Ziff. 3 und Ziff. 4 hinsichtlich der beanstandeten Aussage nach dem ersten Spiegelstrich auch die bereits vom Dienstgericht für unzulässig erklärte (Teil-) Aussage in dem Vermerk vom 12.10.2011 „und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit“ in seine neu gefassten Anträge aufgenommen hat, obwohl die Unzulässigkeit dieser Teilaussage gem. § 26 Abs. 3 DRiG bereits – rechtskräftig – durch das Dienstgericht festgestellt worden ist, sind seine Anträge dahingehend auszulegen, dass lediglich der nicht für unzulässig erklärte Teil der Gesamtaussage angefochten werden soll („Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre … nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat.“).
91 
4. Soweit mit den Anträgen Ziff. 2, 3 und 4 nur die nach den vier Spiegelstrichen genannten Einzelaussagen im Vermerk vom 12.10.2011 angegriffen werden, während mit dem Antrag Ziff. 5 pauschal die „Erhebung von Vorwürfen“ und mit den Anträgen Ziff. 6 und 7 der Vermerk insgesamt angegriffen wird, besteht ein Eventualverhältnis: Vorrangig werden die in den Anträgen Ziff. 2 bis 4 genannten vier Aussagen in dem Vermerk vom 12.10.2011 angefochten; die gegen den Gesamtvermerk gerichteten, also weiter gefassten Anträge Ziff. 5 bis 7 sind nur hilfsweise für den Fall gestellt, dass hinsichtlich dieser vier Aussagen keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit festgestellt wird.
92 
Die Anträge Ziff. 2 bis 4 ihrerseits stehen untereinander in keinem Eventualverhältnis zueinander, da mit diesen keine unterschiedlichen Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden, sondern lediglich ein und dasselbe Rechtsschutzziel – Anfechtung der vier beanstandeten Aussagen – mit unterschiedlichen Formulierungen näher konkretisiert wird. Das Gericht hat daher umfassend und ohne Beschränkung durch die konkretisierenden Antragsformulierungen des Antragstellers zu prüfen, ob die angegriffenen Äußerungen als Maßnahmen der Dienstaufsicht aufgrund des zugrunde zu legenden Sachverhalts eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit darstellen.
93 
Entsprechendes gilt für die Anträge Ziff. 5 bis 7 (Anfechtung des Gesamtvermerks): Auch diese stehen im Verhältnis zueinander in keinem echten Eventualverhältnis, so dass das Gericht insoweit umfassend und ohne Bindung an die Antragsformulierungen des Antragstellers zu prüfen hat, ob der Vermerk vom 12.10.2011 in irgendeiner Hinsicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers beeinträchtigt.
II.
94 
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Dienstgericht den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass der Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig seien, zurückgewiesen.
95 
1. Der Prüfungsantrag ist gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG zulässig.
96 
a) Wie das Dienstgericht richtig ausführt, handelt es sich bei dem Vermerk vom 12.10.2011, den in diesem enthaltenen Aussagen und dessen Bestätigung durch den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 um Maßnahmen der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 3 DRiG. Die erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers ist gegeben. Das Vorverfahren ist durchgeführt, der Prüfungsantrag fristgerecht eingereicht worden. Auf die zutreffenden Ausführungen des Dienstgerichts im Urteil vom 04.12.2012 (Entscheidungsgründe, S. 10/11, Abschnitt I) wird Bezug genommen.
97 
b) Der Antrag ist auch nicht gem. § 44a VwGO unzulässig. Zwar handelt es sich bei dem Vermerk um eine vorbereitende Verfahrenshandlung zu dem Bescheid vom 26.01.2012 (Vorhalt und Ermahnung gem. § 26 Abs. 2 DRiG), weil dem Antragsteller durch die Aushändigung des Vermerks und die Setzung einer Frist zur Stellungnahme vor Erlass der in dem Vermerk angekündigten Maßnahmen des Vorhalts und der Ermahnung objektiv rechtliches Gehör gewährt wurde. Entfaltet aber eine vorbereitende Verfahrenshandlung selbst unmittelbare Rechtswirkungen zu Lasten des Betroffenen über das Verfahren hinaus, innerhalb dessen sie vorgenommen worden ist, so ist sie – über den Wortlaut des § 44a S. 2 VwGO hinaus – selbständig anfechtbar (Kopp/Schenke, a. a. O., § 44a Rn 8).
98 
Hier macht der Antragsteller geltend, er sei bereits durch die Aussagen in dem Vermerk vom 12.10.2011 in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt worden. Würde es zutreffen, dass der Vermerk vom 12.10.2011 den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt, weil er dessen Entscheidungsfreiheit im geschützten Bereich beschränkt, so würde der Vermerk auch als bloße vorbereitende Verfahrenshandlung gegenüber dem Antragsteller eine unmittelbare und selbständige Rechtswirkung entfalten. Eben diesen unmittelbaren und selbständigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit behauptet der Antragsteller.
99 
Dem Vermerk vom 12.10.2011 kommt gegenüber dem späteren Bescheid vom 26.01.2012 über den Vorhalt und die Ermahnung auch eine selbstständige Bedeutung zu. Er stimmt inhaltlich mit dem Bescheid vom 26.01.2012 nicht voll überein, sondern enthält eigenständige Aussagen über die richterliche Arbeitsweise des Antragstellers, die sich im späteren Bescheid vom 26.01.2012 nicht mehr finden und deshalb für einen selbständigen unmittelbaren Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit grundsätzlich in Betracht kommen. Ob aufgrund dieser Aussagen tatsächlich ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit erfolgt ist (der eine unmittelbare Rechtswirkung dieser Verfahrenshandlung begründet), ist erst im Rahmen der Begründetheit des Prüfungsantrags zu prüfen, nicht schon im Rahmen der Frage, ob der Prüfungsantrag bezüglich des Vermerks vom 12.10.2011 gem. § 44a VwGO zulässig ist.
100 
2. Der Prüfungsantrag ist jedoch unbegründet, so dass das Dienstgericht ihn im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat. Denn der Antragsteller wird durch den Vermerk vom 12.10.2011, seine Aushändigung und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
101 
a) Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG beschränkt sichallein auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit anderen Gesetzen, Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätzen nachzuprüfen, ist allein den Verwaltungsgerichten vorbehalten (ständige Rechtsprechung seit: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (B) 3/83, juris Rn. 16 ff; vgl. etwa Urteile vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 17; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 33; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 24, 25; vom 06.10.2011, RiZ (R) 7/10, juris Rn. 25; vom 03.12.2014, RiZ (R) 1/14, juris Rn. 35).
102 
b) Der Vermerk vom 12.10.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 beeinträchtigen den Antragsteller nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit.
103 
aa) Nicht jede Maßnahme der Dienstaufsicht stellt einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Der Dienstaufsicht entzogen ist allein die eigentliche Rechtsfindung. Dabei sind alle ihr auch nur mittelbar dienenden – sie vorbereitenden und ihr nachfolgenden – Sach- und Verfahrensentscheidungen in den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit einzubeziehen (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, RiZ (R) 7/84, juris Rn. 16 = BGHZ 93, 238 - 245; vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 15; vom 15.11.2007, RiZ (R) 4/07, juris Rn. 29). Eine Maßnahme der Dienstaufsicht ist wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit unzulässig, wenn sie in diesem Bereich auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter entscheiden oder verfahren soll; insoweit muss sich die Dienstaufsicht auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten (BGH, Urteil vom 16.09.1987, ebd.). Auch der Versuch, den Richter in einer Weise zu einer bestimmten Art der Erledigung zu veranlassen, die seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, ist mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren (BGH, ebd.).
104 
Indessen geht das Gesetz in § 26 Abs. 1 DRiG selbst davon aus, dass die richterliche Amtstätigkeit in Teilbereichen der Dienstaufsicht zugänglich ist, und gibt den dienstaufsichtsführenden Stellen in § 26 Abs. 2 DRiG ausdrücklich die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung von Amtsgeschäften vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer und unverzögerter Erledigung zu ermahnen. Dies wäre unvollziehbar und gegenstandslos, wenn die richterliche Tätigkeit der Dienstaufsicht schlechthin entrückt wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH - Dienstgericht des Bundes - unterliegt daher die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, um die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, a. a. O., juris Rn. 16; vom 16.09.1987, a. a. O., juris Rn. 15; vom 14.10.2013 - RiZ (R) 2/12, juris Rn. 17 m. w. N.). Der Vorhalt und die Ermahnung im Sinne von § 26 Abs. 2 DRiG – deren Erlass durch den Vermerk vom 12.10.2011 vorbereitet werden sollte – stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar und sind daher zulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 08.11.2006 - RiZ (R) 2/05, juris Rn. 21; vom 03.12.2009, RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35).
105 
Maßnahmen der Dienstaufsicht beeinträchtigen die richterliche Unabhängigkeit nur dann, wenn sie den Versuch darstellen,
106 
- auf den Inhalt der vom Richter zu treffenden Entscheidungen Einfluss zu nehmen,
- den Richter anzuhalten, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben,
- die Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte zu beeinflussen,
- oder auf den Richter einen unzulässigen Erledigungsdruck auszuüben, was jedoch nur dann der Fall ist, wenn dem Richter ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt, da ein solcher Erledigungsdruck auf die Aufforderung zu einer sachwidrigen Bearbeitung hinausliefe.
107 
Dies gilt nicht nur für den Vorhalt und die Ermahnung i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG (BGH, Urteile vom 05.10.2005 - RiZ (R) 5/04, juris Rn. 17, 18, 21; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 17 - 21; vom 03.12.2009, juris Rn. 35 ff;) sondern auch für alle anderen Maßnahmen der Dienstaufsicht (vgl. etwa: Geschäftsprüfung/Vorbericht: BGH, Urteil vom 14.09.1990, RiZ (R) 1/90, juris Rn. 24; vom 03.12.2014, RiZ (R) 1/14, juris Rn. 40; Beurteilung: BGH, Urteil vom 16.09.1987 – RiZ (R) 4/87, juris Rn. 13, 18), insbesondere natürlich für solche Maßnahmen, die, wie der Vermerk vom 12.10.2011, einen Vorhalt und eine Ermahnung i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG vorbereiten sollen.
108 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird der Antragsteller durch den Vermerk vom 12.10.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – soweit diese noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, also im Umfang der Zurückweisung des Prüfungsantrags durch das Dienstgericht – nicht in der richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
109 
(1) Der Vermerk vom 12.10.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 haben – soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – inhaltlich mit der Rechtsprechung des Antragstellers nichts zu tun und lassen dessen Entscheidungsfreiheit unberührt. Sie enthalten keinerlei direkte oder indirekte Weisungen, in konkreten Verfahren eine bestimmte Verfahrens- oder Sachentscheidung zu treffen. Sie enthalten – soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – auch keinerlei Ausführungen, durch die der Antragsteller beeinflusst werden soll, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben oder seine Amtsgeschäfte in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten.
110 
Das bloße allgemeine Anhalten zu vermehrten Erledigungen – auf das sich die noch streitgegenständlichen Ausführungen im Vermerk vom 12.10.2011 beschränken – ist mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar. Denn dem Richter wird dadurch nicht nahegelegt, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben (BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16). Ebenso wenig bedeutet die bewertende Erfassung von Rückständen, Erledigungszahlen und Verfahrensbeständen, wie sie hier im Bescheid vom 12.10.2011 erfolgt ist, für sich allein den Versuch, den Richter auf eine bestimmte Art der Bearbeitung festzulegen (BGH, ebd.). Vielmehr geht es bei den Rückständen und Erledigungszahlen zunächst um einen äußeren Befund. Rückstände sind gleichbedeutend mit Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse. Dem entgegenzuwirken ist legitime Aufgabe der Justizverwaltungen. Es besteht kein hinreichender Grund, ihnen dabei jegliche Einflussnahme auf die Richter, und zwar auch mit den Mitteln der Dienstaufsicht einschließlich der Erfassung und Bewertung der Zahl der Erledigungen, von vornherein zu verwehren (BGH, ebd.).
111 
Auch der Vergleich der Erledigungs- und Bestandszahlen des Richters mit denjenigen anderer Richter – wie er hier im Vermerk vom 12.10.2011 erfolgt ist – stellt für sich genommen keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar (ständige Rspr., vgl. BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 03.10.1977, RiZ (R) 1/77, juris Rn. 18; vom 31.01.1984, RiZ (R) 1/83, juris Rn. 15, 17; vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 41). Der vom Richter zu leistende Arbeitseinsatz bestimmt sich grundsätzlich nach dem ihm verliehenen konkreten Richteramt und den ihm in der richterlichen Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben. Allerdings sind Richter nicht verpflichtet, sämtliche ihnen nach dem Geschäftsverteilungsplan übertragenen Aufgaben in vollem Umfang sofort und ohne Beschränkung ihres zeitlichen Einsatzes zu erledigen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12 und 2 BvR 62 BvR 625/12, juris Rn. 17). Vielmehr orientiert sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die von einem Richter zu erbringende Arbeitsleistung pauschalierend an dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt (BVerfG, ebd.; BVerwGE 78, 211, 213 f; BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982 - 2 B 12/82, juris Rn. 3). Überschreitet das zugewiesene Arbeitspensum die so zu bestimmende Arbeitsleistung – auch unter Berücksichtigung zumutbarer Maßnahmen wie z.B. eines vorübergehenden erhöhten Arbeitseinsatzes – erheblich, kann der Richter nach pflichtgemäßer Auswahl unter sachlichen Gesichtspunkten die Erledigung der ein durchschnittliches Arbeitspensum übersteigenden Angelegenheiten zurückstellen. Die richterliche Unabhängigkeit bleibt dabei gewährleistet, indem der Richter nach entsprechender Anzeige der Überlastung für die nach pflichtgemäßer Auswahl zurückgestellten Aufgaben und die dadurch begründete verzögerte Bearbeitung dienstaufsichtsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 18). Bleibt umgekehrt die Arbeitsleistung des Richters hinter der so zu bestimmenden durchschnittlichen Arbeitsleistung – also dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position innerhalb der für Beamte geltenden Regelarbeitszeit bewältigt – erheblich zurück, liegt regelmäßig ein Fall der verzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG vor. Stellt aber somit die Leistung eines durchschnittlichen Richters in vergleichbarer Position einen wesentlichen Maßstab für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Erledigung der Amtsgeschäfte dar, so begegnet es unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Unabhängigkeit keinen Bedenken, wenn – wie hier – die Erledigungszahlen eines Richters im Rahmen der Dienstaufsicht mit denen anderer Richter vergleichbarer Position oder einem aus diesen Erledigungszahlen gebildeten Durchschnittswert verglichen werden.
112 
Ob dieser Vergleich bzw. Durchschnittswert im konkreten Einzelfall auf der Basis zutreffender Tatsachen gebildet, richtig ermittelt und korrekt angewendet worden ist und ob er unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls hinreichende Aussagekraft besitzt, ist keine Frage, die im Verfahren vor den Richterdienstgerichten zu klären wäre, sondern allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der auf der Basis eines solchen Vergleichs bzw. Durchschnittswerts getroffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht. Über diese aber haben allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden. Die vom Antragsteller erhobenen Einwände, dass die ihm vorgehaltenen Durchschnittszahlen falsch ermittelt, nicht valide und nicht aussagekräftig seien, sind daher für das Prüfungsverfahren vor den Richterdienstgerichten irrelevant, da sie allein die sachliche Richtigkeit und allgemeine Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12.10.2011 und des Widerspruchsbescheids betreffen, über die die Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben.
113 
(2) Durch den Vermerk vom 12.10.2011 und den Widerspruchsbescheid wird auf den Antragsteller auch kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt, da ihm kein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt.
114 
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat dem Antragsteller im Vermerk vom 12.10.2011 lediglich vorgehalten, dass seine Erledigungszahlen deutlich hinter den Erledigungszahlen der Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichts K. in den Jahren 2008 bis 2010 zurückgeblieben seien. Sie hat ihm somit nicht ein Pensum abverlangt, das allgemein, also auch von anderen Richtern, nicht erreicht wird, sondern lediglich eine Leistung, die dem Durchschnitt der Leistungen aller Richter entspricht, also von anderen Richtern erreicht oder sogar überschritten wird.
115 
(3) Insbesondere die mit den Anträgen Ziff. 2 bis 4 – jeweils erster bis dritter Spiegelstrich – beanstandeten Aussagen,
116 
- „Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre ... nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat“ (= Anträge Ziff. 2 bis 4, Spiegelstrich 1)
- „Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K. und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt“ (= Anträge Ziff. 2 bis 4, Spiegelstriche 2 und 3),
117 
aber auch die übrigen Aussagen des Vermerks beschränken sich auf den zulässigen Vorhalt einer unzureichenden Erledigungsleistung und der daraus resultierenden Nachteile für die Prozessbeteiligten. Sie enthalten keine Äußerungen, durch die Einfluss auf den Inhalt der Entscheidungen des Antragstellers oder die Reihenfolge der Bearbeitung genommen oder durch die er angehalten werden soll, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben. Durch sie wird dem Antragsteller auch kein Pensum abverlangt, dass sich auch von anderen Richtern nicht sachgerecht bewältigen lässt, so dass kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt wird. Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit liegt daher nicht vor.
118 
Soweit der Antragsteller beanstandet, diese Vorwürfe seien ohne Grundlage erhoben worden, zu pauschal und unbestimmt formuliert und deshalb „nicht sinnvoll“, handelt es sich allein um Fragen der sachlichen Richtigkeit des Vermerks. Über diese aber haben allein die Verwaltungsgerichte, nicht die Richterdienstgerichte zu entscheiden.
119 
(4) Gleiches gilt für die Rüge, die Präsidentin habe durch die Aussage,
120 
Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken.“ (= Anträge Ziff. 2 bis 4, Spiegelstrich 4),
121 
zu Unrecht beanstandet, dass der Antragsteller es versäumt habe, dem Präsidium etwaige Gründe anzuzeigen, aufgrund derer er nicht in der Lage gewesen sei, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen. Ob dieser Vorwurf berechtigt oder aber rechtlich fehlerhaft ist, ist allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit des Vermerks, über die allein die Verwaltungsgerichte, nicht die Richterdienstgerichte zu entscheiden haben. Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ist mit dieser Aussage nicht verbunden.
122 
(5) Soweit der Antragsteller – insbesondere auch in der Formulierung seiner neu gefassten Anträge Ziff. 2 bis 5 – darauf abstellt, dass die Präsidentin (1.) Kenntnis davon gehabt habe, dass es für die gegen den Antragsteller im Vermerk vom 12.10.2011 erhobenen Vorwürfe keine tatsächliche Grundlage gebe, und sie (2.) mit der Absicht gehandelt habe, ihn einzuschüchtern, damit er seine Rechtsanwendung ändere, um zu einer Steigerung der Erledigungszahlen beizutragen, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Frage der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit allein darauf ankommt, ob die beanstandete Maßnahme objektiv geeignet ist, einen Richter direkt oder indirekt zu veranlassen, eine konkrete Verfahrens- oder Sachentscheidung künftig in einem anderen Sinne zu treffen (BGH, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (R) 3/83, juris Rn. 8; Urteil vom 03.12.2014 RiZ (R) 1/14, juris Rn. 40). In ihrem Bescheid vom 12.10.2011 und dem Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 hat sich die Präsidentin aber jeglicher direkter oder indirekter Weisungen enthalten, die dem Antragsteller objektiv hätten Anlass geben können, konkrete Sach- oder Verfahrensentscheidungen zukünftig in einem bestimmten anderen Sinne zu treffen. Die bloße allgemeine Aufforderung, zukünftig so zu arbeiten, dass Rückstände oder Verfahrensbestände des eingetretenen Ausmaßes vermieden und die Erledigungszahlen gesteigert werden, wie sie hier im Bescheid vom 12.10.2011 ausgesprochen wurde, stellt keine derartige konkrete sach- oder verfahrensbezogene Weisung und daher keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16).
123 
(6) Soweit der Antragsteller vorbringt, die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung seien ohne hinreichenden Anlass erfolgt und nicht erforderlich gewesen, da die Präsidentin des Oberlandesgerichts über alle erforderlichen Informationen verfügt habe, ist dieser Vortrag für das vorliegende Verfahren irrelevant. Denn dessen Gegenstand ist allein die Frage, ob der Antragsteller durch den Vermerk vom 12.10.2011 in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt worden ist. Ob die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung ihrerseits zu einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit geführt hat, ist allein im Parallelverfahren RDG 7/12 (= DGH 3/13) zu klären.
124 
Soweit der Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass in dem Vermerk vom 12.10.2011 Informationen aus einer rechtlich fehlerhaften Geschäftsprüfung verwertet worden seien und dieser Verfahrensfehler bei der Sachverhaltsermittlung auf den Vermerk vom 12.10.2011 „durchschlage“, ist er gleichwohl für das hiesige Prüfungsverfahren unerheblich. Denn die Frage, ob der Vermerk vom 12.10.2011 auf der Basis einer rechtlich fehlerfreien oder aber einer rechtsfehlerhaften Sachverhaltsermittlung erfolgt ist, ist allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit des Vermerks. Über diese haben nicht die Richterdienstgerichte, sondern allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden.
125 
(7) Keinen Erfolg hat der Antragsteller mit seiner Rüge, der Bescheid vom 12.10.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 seien willkürlich und stellten deshalb eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar.
126 
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein der Verstoß einer Dienstaufsichtsmaßnahme gegen das allgemeine Willkürverbot einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen kann, was der BGH - Dienstgericht des Bundes - bislang offengelassen hat (BGH, Urteil vom 08.11.2006 – RiZ (R) 2/05, juris Rn. 26), denn ein solcher Verstoß kommt vorliegend nicht in Betracht. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Bescheide seien ohne eine ausreichende tatsächliche Grundlage getroffen worden, geht es allein um Fragen der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der Bescheide, die allein von den Verwaltungsgerichten zu klären sind. Sonstige Gesichtspunkte, die für einen Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot sprechen könnten, hat der Antragsteller weder vorgebracht noch sind solche ersichtlich.
127 
Aus diesen Gründen hat das Dienstgericht den Prüfungsantrag gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG in Verbindung mit § 26 Abs. 3 DRiG zu Recht zurückgewiesen, so dass die Berufung des Antragstellers – auch, soweit dieser den Prüfungsantrag nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG durch seine Formulierungen in den zuletzt gestellten Anträgen Ziff. 1 bis 7 näher konkretisiert hat – als unbegründet zurückzuweisen ist.
III.
128 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 79 Abs. 1 LRiStAG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Revisionszulassung auf § 79 Abs. 2 LRiStAG i. V. m. § 80 DRiG.

Gründe

 
A.
82 
Die Berufung des Antragstellers ist gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG in Verbindung mit § 124 VwGO in der von 01.01.1991 bis 31.12.1996 gültigen Fassung (a. F.) zulässig.
83 
Gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG gelten für das Prüfungsverfahren nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG die Vorschriften der VwGO entsprechend, soweit das LRiStAG nichts anderes bestimmt. Beim Inkrafttreten dieser unverändert gebliebenen Verweisungsnorm sah die VwGO a. F. in § 124 die zulassungsfreie Berufung vor. Diese ersetzte das 6. Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) mit Wirkung vom 01.01.1997 durch die Zulassungsberufung (§§ 124, 124 a VwGO n. F.). Nach Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG zwar grundsätzlich um eine dynamische Verweisung. Gleichwohl ist aber in Prüfungsverfahren nicht die Zulassungsberufung an die Stelle der zulassungsfreien Berufung getreten, weil die Regelungen über die Zulassungsberufung nach Maßgabe der §§ 124, 124 a VwGO n. F. sowohl mit den Regelungen des LRiStAG als auch des DRiG über die Ausgestaltung des Rechtszuges bei Prüfungsverfahren unvereinbar sind (vgl. im Einzelnen: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 29.03.2000 - RiZ (R) 4/99, juris Rn. 31 ff). Gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Dienstgerichts für Richter im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG ist daher das Rechtsmittel der zulassungsfreien Berufung gemäß § 124 VwGO a. F. gegeben.
84 
Da die vom Dienstgericht für Richter im Urteil vom 04.12.2012 gegebene Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen das Urteil die Zulassung der Berufung beantragt werden könne, somit fehlerhaft ist, hat die Berufungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 VwGO a. F. nicht zu laufen begonnen. Es gilt die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO (i. V. m. § 79 LRiStAG). Innerhalb dieser hat der Antragsteller seine Berufung formgerecht beim Dienstgericht für Richter eingelegt, §§ 79 LRiStAG, 124 Abs. 2 und 3 VwGO a. F..
B.
I.
85 
Die in zweiter Instanz neu gefassten Anträge des Antragstellers sind zulässig.
86 
1. Mit den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen hat der Antragsteller keine Klageänderung i. S. v. § 91 VwGO (i. V. m. § 79 Abs. 1 LRiStAG) vorgenommen, da er mit diesen keinen neuen Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt hat.
87 
Wie sich der Begründung der neu gefassten Anträge entnehmen lässt, verfolgt er mit diesen weiterhin das Ziel, die beanstandeten Maßnahmen der Dienstaufsicht – den Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit für unzulässig zu erklären. Der Antragsteller hat in seine neu gefassten Anträge lediglich Ausführungen zu dem von ihm behaupteten Kenntnisstand der Präsidentin des Oberlandesgerichts („in Kenntnis der Tatsache“), den von ihm behaupteten subjektiven Zielen der Präsidentin, die diese mit dem Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe sowie mit dem Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 verfolgt habe („mit dem Ziel“), sowie seine Bewertungen des objektiven Sachverhalts („keine tatsächliche Grundlage“, „haltlose Vorwürfe“) aufgenommen, um deutlich zu machen, worin er die Beeinträchtigung seiner richterlichen Unabhängigkeit sieht. Der Antragsteller hat daher weder seinen Antrag inhaltlich geändert, noch einen neuen Lebenssachverhalt in das Verfahren eingeführt, so dass keine Klageänderung vorliegt. Streitgegenstand ist auch in zweiter Instanz auf der Basis der neu gefassten Anträge nach wie vor der bereits in erster Instanz aufgrund desselben Lebenssachverhalts verfolgte Prüfungsantrag nach §§ 63 Nr. 4 f, 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG.
88 
Der Antragsteller hat lediglich Formulierungen in den Antrag aufgenommen, die sein Rechtsschutzziel verdeutlichen sollen. Dies führt nicht zur Unzulässigkeit der neu gefassten Anträge. Im Prüfungsverfahren ist gem. § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderlich, dass der Antragssteller den Gegenstand des Begehrens bezeichnet, also deutlich macht, was er mit seinem Antrag begehrt (Kopp/Schenke, VwGO, 2014, § 82 Rn. 7). Diesen Anforderungen genügen die neu gefassten Anträge des Antragstellers. Sie entsprechen auch dem Erfordernis des bestimmten Antrags gem. § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO, da diesem genügt ist, wenn – wie hier – das Ziel der Klage bzw. des Antrags hinreichend erkennbar ist (Kopp/Schenke, ebd., § 82 Rn. 10).
89 
2. Durch seine neu gefassten Anträge kann der Antragsteller allerdings nicht erreichen, dass das Gericht die von ihm gewählten Formulierungen zur Konkretisierung seines Rechtsschutzbegehrens im Falle eines begründeten Antrags in die Entscheidungsformel aufnimmt. Denn der Inhalt der Entscheidungsformel im Prüfungsverfahren wird durch § 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG zwingend und abschließend geregelt: Bei einem zulässigen und begründeten Prüfungsantrag stellt das Richterdienstgericht (lediglich) die Unzulässigkeit der jeweiligen – objektiven – Maßnahme der Dienstaufsicht fest. Ausführungen zu den Umständen, aus denen sich die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ergibt, können nicht in die Entscheidungsformel aufgenommen werden.
90 
3. Soweit der Antragsteller in seine Anträge Ziff. 2, Ziff. 3 und Ziff. 4 hinsichtlich der beanstandeten Aussage nach dem ersten Spiegelstrich auch die bereits vom Dienstgericht für unzulässig erklärte (Teil-) Aussage in dem Vermerk vom 12.10.2011 „und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit“ in seine neu gefassten Anträge aufgenommen hat, obwohl die Unzulässigkeit dieser Teilaussage gem. § 26 Abs. 3 DRiG bereits – rechtskräftig – durch das Dienstgericht festgestellt worden ist, sind seine Anträge dahingehend auszulegen, dass lediglich der nicht für unzulässig erklärte Teil der Gesamtaussage angefochten werden soll („Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre … nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat.“).
91 
4. Soweit mit den Anträgen Ziff. 2, 3 und 4 nur die nach den vier Spiegelstrichen genannten Einzelaussagen im Vermerk vom 12.10.2011 angegriffen werden, während mit dem Antrag Ziff. 5 pauschal die „Erhebung von Vorwürfen“ und mit den Anträgen Ziff. 6 und 7 der Vermerk insgesamt angegriffen wird, besteht ein Eventualverhältnis: Vorrangig werden die in den Anträgen Ziff. 2 bis 4 genannten vier Aussagen in dem Vermerk vom 12.10.2011 angefochten; die gegen den Gesamtvermerk gerichteten, also weiter gefassten Anträge Ziff. 5 bis 7 sind nur hilfsweise für den Fall gestellt, dass hinsichtlich dieser vier Aussagen keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit festgestellt wird.
92 
Die Anträge Ziff. 2 bis 4 ihrerseits stehen untereinander in keinem Eventualverhältnis zueinander, da mit diesen keine unterschiedlichen Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden, sondern lediglich ein und dasselbe Rechtsschutzziel – Anfechtung der vier beanstandeten Aussagen – mit unterschiedlichen Formulierungen näher konkretisiert wird. Das Gericht hat daher umfassend und ohne Beschränkung durch die konkretisierenden Antragsformulierungen des Antragstellers zu prüfen, ob die angegriffenen Äußerungen als Maßnahmen der Dienstaufsicht aufgrund des zugrunde zu legenden Sachverhalts eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit darstellen.
93 
Entsprechendes gilt für die Anträge Ziff. 5 bis 7 (Anfechtung des Gesamtvermerks): Auch diese stehen im Verhältnis zueinander in keinem echten Eventualverhältnis, so dass das Gericht insoweit umfassend und ohne Bindung an die Antragsformulierungen des Antragstellers zu prüfen hat, ob der Vermerk vom 12.10.2011 in irgendeiner Hinsicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers beeinträchtigt.
II.
94 
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Dienstgericht den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass der Vermerk vom 12.10.2011 und dessen Übergabe sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig seien, zurückgewiesen.
95 
1. Der Prüfungsantrag ist gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG zulässig.
96 
a) Wie das Dienstgericht richtig ausführt, handelt es sich bei dem Vermerk vom 12.10.2011, den in diesem enthaltenen Aussagen und dessen Bestätigung durch den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 um Maßnahmen der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 3 DRiG. Die erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers ist gegeben. Das Vorverfahren ist durchgeführt, der Prüfungsantrag fristgerecht eingereicht worden. Auf die zutreffenden Ausführungen des Dienstgerichts im Urteil vom 04.12.2012 (Entscheidungsgründe, S. 10/11, Abschnitt I) wird Bezug genommen.
97 
b) Der Antrag ist auch nicht gem. § 44a VwGO unzulässig. Zwar handelt es sich bei dem Vermerk um eine vorbereitende Verfahrenshandlung zu dem Bescheid vom 26.01.2012 (Vorhalt und Ermahnung gem. § 26 Abs. 2 DRiG), weil dem Antragsteller durch die Aushändigung des Vermerks und die Setzung einer Frist zur Stellungnahme vor Erlass der in dem Vermerk angekündigten Maßnahmen des Vorhalts und der Ermahnung objektiv rechtliches Gehör gewährt wurde. Entfaltet aber eine vorbereitende Verfahrenshandlung selbst unmittelbare Rechtswirkungen zu Lasten des Betroffenen über das Verfahren hinaus, innerhalb dessen sie vorgenommen worden ist, so ist sie – über den Wortlaut des § 44a S. 2 VwGO hinaus – selbständig anfechtbar (Kopp/Schenke, a. a. O., § 44a Rn 8).
98 
Hier macht der Antragsteller geltend, er sei bereits durch die Aussagen in dem Vermerk vom 12.10.2011 in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt worden. Würde es zutreffen, dass der Vermerk vom 12.10.2011 den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt, weil er dessen Entscheidungsfreiheit im geschützten Bereich beschränkt, so würde der Vermerk auch als bloße vorbereitende Verfahrenshandlung gegenüber dem Antragsteller eine unmittelbare und selbständige Rechtswirkung entfalten. Eben diesen unmittelbaren und selbständigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit behauptet der Antragsteller.
99 
Dem Vermerk vom 12.10.2011 kommt gegenüber dem späteren Bescheid vom 26.01.2012 über den Vorhalt und die Ermahnung auch eine selbstständige Bedeutung zu. Er stimmt inhaltlich mit dem Bescheid vom 26.01.2012 nicht voll überein, sondern enthält eigenständige Aussagen über die richterliche Arbeitsweise des Antragstellers, die sich im späteren Bescheid vom 26.01.2012 nicht mehr finden und deshalb für einen selbständigen unmittelbaren Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit grundsätzlich in Betracht kommen. Ob aufgrund dieser Aussagen tatsächlich ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit erfolgt ist (der eine unmittelbare Rechtswirkung dieser Verfahrenshandlung begründet), ist erst im Rahmen der Begründetheit des Prüfungsantrags zu prüfen, nicht schon im Rahmen der Frage, ob der Prüfungsantrag bezüglich des Vermerks vom 12.10.2011 gem. § 44a VwGO zulässig ist.
100 
2. Der Prüfungsantrag ist jedoch unbegründet, so dass das Dienstgericht ihn im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat. Denn der Antragsteller wird durch den Vermerk vom 12.10.2011, seine Aushändigung und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
101 
a) Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG beschränkt sichallein auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit anderen Gesetzen, Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätzen nachzuprüfen, ist allein den Verwaltungsgerichten vorbehalten (ständige Rechtsprechung seit: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (B) 3/83, juris Rn. 16 ff; vgl. etwa Urteile vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 17; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 33; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 24, 25; vom 06.10.2011, RiZ (R) 7/10, juris Rn. 25; vom 03.12.2014, RiZ (R) 1/14, juris Rn. 35).
102 
b) Der Vermerk vom 12.10.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 beeinträchtigen den Antragsteller nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit.
103 
aa) Nicht jede Maßnahme der Dienstaufsicht stellt einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Der Dienstaufsicht entzogen ist allein die eigentliche Rechtsfindung. Dabei sind alle ihr auch nur mittelbar dienenden – sie vorbereitenden und ihr nachfolgenden – Sach- und Verfahrensentscheidungen in den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit einzubeziehen (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, RiZ (R) 7/84, juris Rn. 16 = BGHZ 93, 238 - 245; vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 15; vom 15.11.2007, RiZ (R) 4/07, juris Rn. 29). Eine Maßnahme der Dienstaufsicht ist wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit unzulässig, wenn sie in diesem Bereich auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter entscheiden oder verfahren soll; insoweit muss sich die Dienstaufsicht auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten (BGH, Urteil vom 16.09.1987, ebd.). Auch der Versuch, den Richter in einer Weise zu einer bestimmten Art der Erledigung zu veranlassen, die seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, ist mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren (BGH, ebd.).
104 
Indessen geht das Gesetz in § 26 Abs. 1 DRiG selbst davon aus, dass die richterliche Amtstätigkeit in Teilbereichen der Dienstaufsicht zugänglich ist, und gibt den dienstaufsichtsführenden Stellen in § 26 Abs. 2 DRiG ausdrücklich die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung von Amtsgeschäften vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer und unverzögerter Erledigung zu ermahnen. Dies wäre unvollziehbar und gegenstandslos, wenn die richterliche Tätigkeit der Dienstaufsicht schlechthin entrückt wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH - Dienstgericht des Bundes - unterliegt daher die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, um die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, a. a. O., juris Rn. 16; vom 16.09.1987, a. a. O., juris Rn. 15; vom 14.10.2013 - RiZ (R) 2/12, juris Rn. 17 m. w. N.). Der Vorhalt und die Ermahnung im Sinne von § 26 Abs. 2 DRiG – deren Erlass durch den Vermerk vom 12.10.2011 vorbereitet werden sollte – stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar und sind daher zulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 08.11.2006 - RiZ (R) 2/05, juris Rn. 21; vom 03.12.2009, RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35).
105 
Maßnahmen der Dienstaufsicht beeinträchtigen die richterliche Unabhängigkeit nur dann, wenn sie den Versuch darstellen,
106 
- auf den Inhalt der vom Richter zu treffenden Entscheidungen Einfluss zu nehmen,
- den Richter anzuhalten, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben,
- die Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte zu beeinflussen,
- oder auf den Richter einen unzulässigen Erledigungsdruck auszuüben, was jedoch nur dann der Fall ist, wenn dem Richter ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt, da ein solcher Erledigungsdruck auf die Aufforderung zu einer sachwidrigen Bearbeitung hinausliefe.
107 
Dies gilt nicht nur für den Vorhalt und die Ermahnung i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG (BGH, Urteile vom 05.10.2005 - RiZ (R) 5/04, juris Rn. 17, 18, 21; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 17 - 21; vom 03.12.2009, juris Rn. 35 ff;) sondern auch für alle anderen Maßnahmen der Dienstaufsicht (vgl. etwa: Geschäftsprüfung/Vorbericht: BGH, Urteil vom 14.09.1990, RiZ (R) 1/90, juris Rn. 24; vom 03.12.2014, RiZ (R) 1/14, juris Rn. 40; Beurteilung: BGH, Urteil vom 16.09.1987 – RiZ (R) 4/87, juris Rn. 13, 18), insbesondere natürlich für solche Maßnahmen, die, wie der Vermerk vom 12.10.2011, einen Vorhalt und eine Ermahnung i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG vorbereiten sollen.
108 
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird der Antragsteller durch den Vermerk vom 12.10.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 – soweit diese noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, also im Umfang der Zurückweisung des Prüfungsantrags durch das Dienstgericht – nicht in der richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
109 
(1) Der Vermerk vom 12.10.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 haben – soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – inhaltlich mit der Rechtsprechung des Antragstellers nichts zu tun und lassen dessen Entscheidungsfreiheit unberührt. Sie enthalten keinerlei direkte oder indirekte Weisungen, in konkreten Verfahren eine bestimmte Verfahrens- oder Sachentscheidung zu treffen. Sie enthalten – soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – auch keinerlei Ausführungen, durch die der Antragsteller beeinflusst werden soll, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben oder seine Amtsgeschäfte in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten.
110 
Das bloße allgemeine Anhalten zu vermehrten Erledigungen – auf das sich die noch streitgegenständlichen Ausführungen im Vermerk vom 12.10.2011 beschränken – ist mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar. Denn dem Richter wird dadurch nicht nahegelegt, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben (BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16). Ebenso wenig bedeutet die bewertende Erfassung von Rückständen, Erledigungszahlen und Verfahrensbeständen, wie sie hier im Bescheid vom 12.10.2011 erfolgt ist, für sich allein den Versuch, den Richter auf eine bestimmte Art der Bearbeitung festzulegen (BGH, ebd.). Vielmehr geht es bei den Rückständen und Erledigungszahlen zunächst um einen äußeren Befund. Rückstände sind gleichbedeutend mit Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse. Dem entgegenzuwirken ist legitime Aufgabe der Justizverwaltungen. Es besteht kein hinreichender Grund, ihnen dabei jegliche Einflussnahme auf die Richter, und zwar auch mit den Mitteln der Dienstaufsicht einschließlich der Erfassung und Bewertung der Zahl der Erledigungen, von vornherein zu verwehren (BGH, ebd.).
111 
Auch der Vergleich der Erledigungs- und Bestandszahlen des Richters mit denjenigen anderer Richter – wie er hier im Vermerk vom 12.10.2011 erfolgt ist – stellt für sich genommen keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar (ständige Rspr., vgl. BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 03.10.1977, RiZ (R) 1/77, juris Rn. 18; vom 31.01.1984, RiZ (R) 1/83, juris Rn. 15, 17; vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 41). Der vom Richter zu leistende Arbeitseinsatz bestimmt sich grundsätzlich nach dem ihm verliehenen konkreten Richteramt und den ihm in der richterlichen Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben. Allerdings sind Richter nicht verpflichtet, sämtliche ihnen nach dem Geschäftsverteilungsplan übertragenen Aufgaben in vollem Umfang sofort und ohne Beschränkung ihres zeitlichen Einsatzes zu erledigen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12 und 2 BvR 62 BvR 625/12, juris Rn. 17). Vielmehr orientiert sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die von einem Richter zu erbringende Arbeitsleistung pauschalierend an dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt (BVerfG, ebd.; BVerwGE 78, 211, 213 f; BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982 - 2 B 12/82, juris Rn. 3). Überschreitet das zugewiesene Arbeitspensum die so zu bestimmende Arbeitsleistung – auch unter Berücksichtigung zumutbarer Maßnahmen wie z.B. eines vorübergehenden erhöhten Arbeitseinsatzes – erheblich, kann der Richter nach pflichtgemäßer Auswahl unter sachlichen Gesichtspunkten die Erledigung der ein durchschnittliches Arbeitspensum übersteigenden Angelegenheiten zurückstellen. Die richterliche Unabhängigkeit bleibt dabei gewährleistet, indem der Richter nach entsprechender Anzeige der Überlastung für die nach pflichtgemäßer Auswahl zurückgestellten Aufgaben und die dadurch begründete verzögerte Bearbeitung dienstaufsichtsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 18). Bleibt umgekehrt die Arbeitsleistung des Richters hinter der so zu bestimmenden durchschnittlichen Arbeitsleistung – also dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position innerhalb der für Beamte geltenden Regelarbeitszeit bewältigt – erheblich zurück, liegt regelmäßig ein Fall der verzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG vor. Stellt aber somit die Leistung eines durchschnittlichen Richters in vergleichbarer Position einen wesentlichen Maßstab für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Erledigung der Amtsgeschäfte dar, so begegnet es unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Unabhängigkeit keinen Bedenken, wenn – wie hier – die Erledigungszahlen eines Richters im Rahmen der Dienstaufsicht mit denen anderer Richter vergleichbarer Position oder einem aus diesen Erledigungszahlen gebildeten Durchschnittswert verglichen werden.
112 
Ob dieser Vergleich bzw. Durchschnittswert im konkreten Einzelfall auf der Basis zutreffender Tatsachen gebildet, richtig ermittelt und korrekt angewendet worden ist und ob er unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls hinreichende Aussagekraft besitzt, ist keine Frage, die im Verfahren vor den Richterdienstgerichten zu klären wäre, sondern allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der auf der Basis eines solchen Vergleichs bzw. Durchschnittswerts getroffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht. Über diese aber haben allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden. Die vom Antragsteller erhobenen Einwände, dass die ihm vorgehaltenen Durchschnittszahlen falsch ermittelt, nicht valide und nicht aussagekräftig seien, sind daher für das Prüfungsverfahren vor den Richterdienstgerichten irrelevant, da sie allein die sachliche Richtigkeit und allgemeine Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12.10.2011 und des Widerspruchsbescheids betreffen, über die die Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben.
113 
(2) Durch den Vermerk vom 12.10.2011 und den Widerspruchsbescheid wird auf den Antragsteller auch kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt, da ihm kein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt.
114 
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat dem Antragsteller im Vermerk vom 12.10.2011 lediglich vorgehalten, dass seine Erledigungszahlen deutlich hinter den Erledigungszahlen der Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichts K. in den Jahren 2008 bis 2010 zurückgeblieben seien. Sie hat ihm somit nicht ein Pensum abverlangt, das allgemein, also auch von anderen Richtern, nicht erreicht wird, sondern lediglich eine Leistung, die dem Durchschnitt der Leistungen aller Richter entspricht, also von anderen Richtern erreicht oder sogar überschritten wird.
115 
(3) Insbesondere die mit den Anträgen Ziff. 2 bis 4 – jeweils erster bis dritter Spiegelstrich – beanstandeten Aussagen,
116 
- „Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre ... nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat“ (= Anträge Ziff. 2 bis 4, Spiegelstrich 1)
- „Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K. und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt“ (= Anträge Ziff. 2 bis 4, Spiegelstriche 2 und 3),
117 
aber auch die übrigen Aussagen des Vermerks beschränken sich auf den zulässigen Vorhalt einer unzureichenden Erledigungsleistung und der daraus resultierenden Nachteile für die Prozessbeteiligten. Sie enthalten keine Äußerungen, durch die Einfluss auf den Inhalt der Entscheidungen des Antragstellers oder die Reihenfolge der Bearbeitung genommen oder durch die er angehalten werden soll, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben. Durch sie wird dem Antragsteller auch kein Pensum abverlangt, dass sich auch von anderen Richtern nicht sachgerecht bewältigen lässt, so dass kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt wird. Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit liegt daher nicht vor.
118 
Soweit der Antragsteller beanstandet, diese Vorwürfe seien ohne Grundlage erhoben worden, zu pauschal und unbestimmt formuliert und deshalb „nicht sinnvoll“, handelt es sich allein um Fragen der sachlichen Richtigkeit des Vermerks. Über diese aber haben allein die Verwaltungsgerichte, nicht die Richterdienstgerichte zu entscheiden.
119 
(4) Gleiches gilt für die Rüge, die Präsidentin habe durch die Aussage,
120 
Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken.“ (= Anträge Ziff. 2 bis 4, Spiegelstrich 4),
121 
zu Unrecht beanstandet, dass der Antragsteller es versäumt habe, dem Präsidium etwaige Gründe anzuzeigen, aufgrund derer er nicht in der Lage gewesen sei, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen. Ob dieser Vorwurf berechtigt oder aber rechtlich fehlerhaft ist, ist allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit des Vermerks, über die allein die Verwaltungsgerichte, nicht die Richterdienstgerichte zu entscheiden haben. Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ist mit dieser Aussage nicht verbunden.
122 
(5) Soweit der Antragsteller – insbesondere auch in der Formulierung seiner neu gefassten Anträge Ziff. 2 bis 5 – darauf abstellt, dass die Präsidentin (1.) Kenntnis davon gehabt habe, dass es für die gegen den Antragsteller im Vermerk vom 12.10.2011 erhobenen Vorwürfe keine tatsächliche Grundlage gebe, und sie (2.) mit der Absicht gehandelt habe, ihn einzuschüchtern, damit er seine Rechtsanwendung ändere, um zu einer Steigerung der Erledigungszahlen beizutragen, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Frage der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit allein darauf ankommt, ob die beanstandete Maßnahme objektiv geeignet ist, einen Richter direkt oder indirekt zu veranlassen, eine konkrete Verfahrens- oder Sachentscheidung künftig in einem anderen Sinne zu treffen (BGH, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (R) 3/83, juris Rn. 8; Urteil vom 03.12.2014 RiZ (R) 1/14, juris Rn. 40). In ihrem Bescheid vom 12.10.2011 und dem Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 hat sich die Präsidentin aber jeglicher direkter oder indirekter Weisungen enthalten, die dem Antragsteller objektiv hätten Anlass geben können, konkrete Sach- oder Verfahrensentscheidungen zukünftig in einem bestimmten anderen Sinne zu treffen. Die bloße allgemeine Aufforderung, zukünftig so zu arbeiten, dass Rückstände oder Verfahrensbestände des eingetretenen Ausmaßes vermieden und die Erledigungszahlen gesteigert werden, wie sie hier im Bescheid vom 12.10.2011 ausgesprochen wurde, stellt keine derartige konkrete sach- oder verfahrensbezogene Weisung und daher keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16).
123 
(6) Soweit der Antragsteller vorbringt, die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung seien ohne hinreichenden Anlass erfolgt und nicht erforderlich gewesen, da die Präsidentin des Oberlandesgerichts über alle erforderlichen Informationen verfügt habe, ist dieser Vortrag für das vorliegende Verfahren irrelevant. Denn dessen Gegenstand ist allein die Frage, ob der Antragsteller durch den Vermerk vom 12.10.2011 in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt worden ist. Ob die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung ihrerseits zu einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit geführt hat, ist allein im Parallelverfahren RDG 7/12 (= DGH 3/13) zu klären.
124 
Soweit der Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass in dem Vermerk vom 12.10.2011 Informationen aus einer rechtlich fehlerhaften Geschäftsprüfung verwertet worden seien und dieser Verfahrensfehler bei der Sachverhaltsermittlung auf den Vermerk vom 12.10.2011 „durchschlage“, ist er gleichwohl für das hiesige Prüfungsverfahren unerheblich. Denn die Frage, ob der Vermerk vom 12.10.2011 auf der Basis einer rechtlich fehlerfreien oder aber einer rechtsfehlerhaften Sachverhaltsermittlung erfolgt ist, ist allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit des Vermerks. Über diese haben nicht die Richterdienstgerichte, sondern allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden.
125 
(7) Keinen Erfolg hat der Antragsteller mit seiner Rüge, der Bescheid vom 12.10.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 seien willkürlich und stellten deshalb eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar.
126 
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein der Verstoß einer Dienstaufsichtsmaßnahme gegen das allgemeine Willkürverbot einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen kann, was der BGH - Dienstgericht des Bundes - bislang offengelassen hat (BGH, Urteil vom 08.11.2006 – RiZ (R) 2/05, juris Rn. 26), denn ein solcher Verstoß kommt vorliegend nicht in Betracht. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Bescheide seien ohne eine ausreichende tatsächliche Grundlage getroffen worden, geht es allein um Fragen der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der Bescheide, die allein von den Verwaltungsgerichten zu klären sind. Sonstige Gesichtspunkte, die für einen Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot sprechen könnten, hat der Antragsteller weder vorgebracht noch sind solche ersichtlich.
127 
Aus diesen Gründen hat das Dienstgericht den Prüfungsantrag gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG in Verbindung mit § 26 Abs. 3 DRiG zu Recht zurückgewiesen, so dass die Berufung des Antragstellers – auch, soweit dieser den Prüfungsantrag nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG durch seine Formulierungen in den zuletzt gestellten Anträgen Ziff. 1 bis 7 näher konkretisiert hat – als unbegründet zurückzuweisen ist.
III.
128 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 79 Abs. 1 LRiStAG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Revisionszulassung auf § 79 Abs. 2 LRiStAG i. V. m. § 80 DRiG.

Tenor

I. Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht K. vom 04.12.2012 - RDG 6/12 - wird

zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Mit seiner Berufung wendet sich der Antragsteller gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter vom 04.12.2012 - RDG 6/12 -, mit dem dieses seinen Antrag zurückgewiesen hat, festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 26.01.2012 über einen Vorhalt und eine Ermahnung gem. § 26 Abs. 2 DRiG unzulässig gewesen seien.
Der Antragsteller wurde mit Urkunde vom 12.07.2002, ausgehändigt am 29.07.2002, zum Richter am Oberlandesgericht beim Oberlandesgericht K. ernannt. Er wurde zunächst dem ... Zivilsenat, zum 01.07.2007 dem ... Zivilsenat in F. und zum 01.04.2011 dem ... Zivilsenat in F. zugewiesen.
Am 30.04.2010 fand ein Gespräch zwischen der Präsidentin des Oberlandesgerichts, Frau Prof. Dr. H., dem damaligen Vorsitzenden des ... Zivilsenats, Herrn E., und dem Antragsteller statt, in dem u. a. die Erledigungszahlen und der Verfahrensbestand im Dezernat des Antragstellers erörtert wurden und der Antragsteller seine Arbeitsweise und deren Auswirkungen auf die Erledigungszahlen erläuterte.
Mit Verfügung vom 08.06.2011 (Sammelakten 313 III - X. -Sonderprüfung 4a [im Folgenden: Sammelakten 313 III], AS 1) ordnete die Präsidentin des Oberlandesgerichts eine Sonderprüfung der Verfahren an, die der Antragsteller bei seinem Wechsel in den ... Zivilsenat im ... Zivilsenat zurückgelassen hatte. Der Antragsteller wurde über die Durchführung dieser Sonderprüfung nicht vorher informiert. Die Sonderprüfung wurde durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts, Herrn S., durchgeführt. Dieser erstellte hinsichtlich 48 hinterlassener Verfahren tabellarische Einzelberichte (Sammelakten 313 III, AS 13/97). Die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung sind Gegenstand des Parallelverfahrens RDG 7/12 (= DGH 3/13).
Am 12.10.2011 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgende Verfügung (Sammelakten 313 III, AS 145/147), die Gegenstand des Parallelverfahrens RDG 5/12 (= DGH 1/13) ist:
„Verfügung vom 12.10.2011
1. Vermerk:
Nach einem Hinweis des Vorsitzenden des ... Zivilsenats des Oberlandesgerichts K. auf eine hohe Zahl unzureichend bearbeiteter Verfahren in dem Respiziat ..d (ROLG X.) hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts K. mit Verfügung vom 08.06.2011 eine Sonderprüfung angeordnet, die inzwischen stattgefunden hat. Dabei wurde festgestellt, dass ROLG X. in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat. Die Einzelergebnisse wurden von Vizepräsident des Oberlandesgericht S. für 48 gravierende Fälle dokumentiert. In dem Zeitraum von 2008 - 2010 hat ROLG X. lediglich zum Abschluss gebracht:
    
U–Verfahren
W-Verfahren
2008
43
23
2009
58
22
2010
48
34
10 
Dies Erledigungsleistung entsprach nur etwa 68% der von den Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichts K. in dem genannten Zeitraum durchschnittlich erledigten Verfahren. Der Bestand an anhängigen Verfahren im Respiziat des ROLG X. wuchs deshalb um 67 % von 76 offenen Verfahren zum Ende des Jahres 2008 auf 127 offene Verfahren zum Ende des Jahres 2010 an.
11 
Auch nach seinem Wechsel in den ... Zivilsenat zum April 2011 gelingt es ROLG X. nicht, in quantitativer Hinsicht auch nur annähernd durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Dies hat zur Folge, dass im Respiziat des Richters im ... Zivilsenat zwischen April und Oktober 2011 ein Zuwachs von 32 im Bestand an anhängigen U-Verfahren zu verzeichnen ist. Der Zuschreibung von 31 U-, 15 W- und 6 AR-Sachen steht in dem Zeitraum 01.04.-10.11.2011 eine Erledigung von 9 U-, 11 W- und 4 AR-Sachen gegenüber.
12 
Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K. und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt. Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem damit die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken.
13 
Es ist beabsichtigt, dem Richter im Rahmen der Dienstaufsicht der Präsidentin des Oberlandesgerichts die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.
14 
Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat mit Urteil vom 08.11.2006 - RiZ(R) 2/05 - (NJW-RR 2007, 281 m.w.N.) bekräftigt, dass die Dienstaufsicht gemäß § 26 DRiG die Befugnis umfasst, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und ihn zu unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, soweit nicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird ( 26 Abs. 1 und 2 DRiG). Ein solcher Vorhalt und eine solche Ermahnung stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Anders ist dies nur zu werten, wenn dem Richter indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (st. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1987 – RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom 5. Oktober 2005 – RiZ (R) 5/04, NJW 2006, 692 f.). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr zielen Vorhalt und Ermahnung im vorliegenden Fall darauf, den Richter zu einem Erledigungspensum anzuhalten, das so im Durchschnitt aller Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts erbracht wird…“
15 
Der Vermerk wurde dem Antragsteller am 18.10.2011 ausgehändigt.
16 
Unter dem 26.01.2012 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgenden Bescheid (Sammelakten 313 III, AS 237/241), der Gegenstand des hiesigen Prüfungsverfahrens ist:
17 
„Vorhalt und Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG
18 
Sehr geehrter Herr X.,
die richterliche Unabhängigkeit verbietet nach ganz herrschender und auch von mir geteilter Ansicht für Richter die Festlegung von Arbeitszeiten. Der von einem Richter geschuldete Einsatz ist deshalb nach dem durchschnittlichen Erledigungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982-2 B 12/82 - (NJW 1983,62 – juris Rn. 3 a.E.). Das Durchschnittspensum unterschreiten Sie seit Jahren ganz erheblich und jenseits aller großzügig zu bemessender Toleranzbereiche. Im Jahr 2011 erledigten Sie sogar weniger Verfahren, als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtagsrichterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspricht.
19 
... (Tabelle) ...
20 
Nach § 26 Abs. 2 DRIG halte ich Ihnen deshalb die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vor und ermahne Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte. Die von Ihrem Bevollmächtigten nach Ablauf der Ihnen gewährten Stellungnahmefrist beantragte weitere Fristverlängerung lehne ich ab. Ich hatte Ihnen die beabsichtigte Maßnahme der Dienstaufsicht und deren Begründung bereits am 18.10.2011 erläutert und Ihnen, eine auf Ihr Gesuch verlängerte Stellungnahmefrist bis zum 20.01.2012 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist von einem Vierteljahr hatten Sie ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Dabei ist zu sehen, dass Sie den Grund der Maßnahme, d.h. Ihre unterdurchschnittliche Erledigungsleistung, nicht in Abrede gestellt, sondern in Ihrer Überlastungsanzeige vom 31.10.2011 ausdrücklich eingeräumt haben, schon seit 2002 am OLG als Berichterstatter in der Regel statistisch zu weniger Verfahrenserledigungen beigetragen zu haben, als der Durchschnitt der Kolleginnen und Kollegen. Auch haben Sie die Ihnen eröffnete Möglichkeit, dem Präsidium in der Präsidiumssitzung vom 16.12.2011 zu der Problematik Rede und Antwort zu stehen, nicht genutzt, da das Präsidium Ihrem Bevollmächtigten aus Rechtsgründen die Teilnahme an der Präsidiumssitzung nicht gestattet hat.
21 
Eine Beeinträchtigung ihrer richterlichen Unabhängigkeit ist mit dieser Maßnahme der Dienstaufsicht nicht verbunden. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht das Recht, Richtern die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass die monatelange Nichtbearbeitung von Teilbereichen eines richterlichen Dezernats ebenso beanstandet werden kann wie ein unbefriedigendes Arbeitspensum eines Richters (vgl. BGH Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 22.09.1998 - RiZ 2/97 -‚ DRiZ 1999, 141 <144> m.w.N.; stRspr.; vgl. auch Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 26 Rn. 24 a.E.).“
22 
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 24.02.2012 (Sammelakten 313 III, AS 261/263) Widerspruch ein. Diesen wies die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 (Sammelakten 313 III, AS 325/331), dem Antragsteller zugestellt am 30.04.2012, zurück. Daraufhin reichte der Antragsteller am 29.05.2012 beim Dienstgericht für Richter beim Landgericht K. Klage ein, mit der er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2012 beantragt hat,
23 
festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid von 20.04.2012 unzulässig sind.
24 
Mit Urteil vom 04.12.2012 hat das Dienstgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Anordnung der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigten. In der Rechtsmittelbelehrung hat das Dienstgericht mitgeteilt, dass gegen das Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden könne. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung der Entscheidung sowie des Inhalts der Rechtsmittelbelehrung wird auf das Urteil vom 04.12.2012 Bezug genommen (RDG 6/12, AS 257/305). Das Urteil wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 11.01.2013 zugestellt.
25 
Mit dem am 11.02.2013 beim Dienstgericht für Richter eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tag hat der Antragsteller gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt der Antragsteller vor:
26 
Infolge der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des Dienstgerichts laufe keine Rechtsmittelfrist, weshalb die Berufung wirksam eingelegt sei. Bei seinen zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen handele es sich nicht um eine Klageänderung, sondern um eine Konkretisierung seines Rechtsschutzziels.
27 
Vorhalt und Ermahnung im Bescheid vom 26.01.2012 seien unzulässig, da sie einen Verstoß gegen die richterliche Unabhängigkeit des Antragsstellers darstellten. Sie seien nicht durch § 26 Abs. 2 DRiG gerechtfertigt, da der Antragsteller seine Amtsgeschäfte nicht ordnungswidrig ausgeführt habe und die Ermahnung auch tatsächlich nicht der Erreichung einer ordnungsgemäßen, unverzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte diene. Ziel des Vorhalts und der Ermahnung sei vielmehr, eine Änderung der Rechtsanwendungspraxis des Antragstellers zu erreichen. Dieser solle nach dem Willen der Dienstaufsicht das Recht anders anwenden, als es seiner Verantwortung als Richter entspreche. Er solle sich in seiner Rechtsprechung dem Willen und den Interessen der die Dienstaufsicht führenden Präsidentin beugen, damit ohne Rücksicht auf die Qualität „bessere Zahlen“ erzielt würden. Dabei handele es sich um einen direkten Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, der nicht durch § 26 Abs. 2 DRiG gedeckt sei und einen Verstoß gegen Art. 97 Abs. 1 GG darstelle. Dies habe das Dienstgericht verkannt.
28 
Bei einem Richter, dessen hoher persönlicher und zeitlicher Arbeitseinsatz außer Frage stehe, könne es keine Veränderung von Erledigungszahlen ohne Veränderung der rechtsprechenden Tätigkeit, der jeweiligen Rechtsanwendung, geben. Die Zeit pro Fall, die ein Richter benötige, hänge von seiner individuellen Rechtsanwendung ab, von dem jeweiligen rechtlichen Lösungsweg, vom Umfang einer Beweisaufnahme, der Sachverhaltsaufklärung, der Rechtsprechungsrecherche, der Bearbeitungstiefe, Sorgfalt und Gründlichkeit und vielen anderen Elementen richterlicher Tätigkeit, die alle zur Rechtsanwendung gehörten. Der Wahrnehmung dieser Realität habe sich das Dienstgericht verschlossen. Auch die Gegenseite habe in erster Instanz nicht einmal ansatzweise erläutern können, was die Präsidentin des Oberlandesgerichts bei Vorhalt und Ermahnung anderes im Sinn gehabt haben könne, als eine Änderung der Rechtsanwendung durch den Antragsteller zu erreichen.
29 
Das Dienstgericht habe die widersprüchlichen Hinweise der Präsidentin auf eine angebliche „Toleranzschwelle“ übergangen. Der Hinweis der Präsidentin im Bescheid vom 26.01.2012 auf Zahlen „jenseits aller großzügig zu bemessenden Toleranzbereiche“ sei in sich sinnlos, da die Präsidentin auf eine Konkretisierung der Toleranzbereiche ausdrücklich verzichtet habe. Eine solche Konkretisierung gebe es auch in keinem anderen Schriftstück der Präsidentin.
30 
Es gebe im Kollegialgericht kein Erledigungspensum und keine Erledigungszahlen einzelner Berichterstatter. Denn der einzelne Richter könne, wenn er Berichterstatter sei, nur zur Erledigung von Verfahren im Kollegium beitragen. Mit „Erledigungspensum“ und „Erledigungszahlen“ werde dem Berichterstatter eine Verantwortung für bestimmte Zahlen zugeschrieben, die er aus tatsächlichen Gründen nicht haben könne.
31 
Soweit das Dienstgericht feststelle, dass die Erledigungszahlen des Antragstellers kontinuierlich seit dem Jahr 2009 abgenommen hätten, gehe es zu seinen Lasten von einem Sachverhalt aus, für den es keine Grundlage gebe, und zu dem der Antragsteller nicht gehört worden sei. Erhebliche Schwankungen der Erledigungszahlen seien bei einem Oberlandesgericht auch bei gleich bleibender Arbeitsweise völlig normal. Soweit das Dienstgericht spekuliere, es sei zwar mit unterschiedlichem Zeitaufwand verbunden, wenn Richter im Rahmen ihrer Bearbeitung zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen (z.B. bei Verjährung oder Verspätung), dies gleiche sich jedoch bei einer größeren Zahl von Fällen wieder aus, sei diese Spekulation haltlos und erfahrungswidrig. Das Dienstgericht lasse auch nicht erkennen, auf welche Grundlage es seine Spekulation stütze. Auch sei der Antragsteller zu dieser erfahrungswidrigen Annahme des Dienstgerichts nicht gehört worden.
32 
Das Dienstgericht habe auch übergangen, dass der Präsidentin aufgrund des unstreitigen Gesprächs zwischen dem Antragsteller und der Präsidentin vom 30.04.2010, an dem auch der damalige Vorsitzende des ... Zivilsenats, Herr E., beteiligt gewesen sei, im Detail bekannt gewesen sei, wie der Antragsteller arbeite, wie sich seine Arbeitsweise auf die Rechtsprechung auswirke und welche Auswirkungen sich daraus auf seine Erledigungszahlen ergäben. Sie habe daher über die konkrete Kenntnis verfügt, dass ein Beitrag des Antragstellers zu höheren Erledigungszahlen nur durch eine Änderung seiner richterlichen Arbeitsweise möglich sei.
33 
Der Antragsteller habe bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, dass es beim Oberlandesgericht K. keine validen Durchschnittszahlen gebe, die irgendeine Aussage über „Erfolg“ oder „Arbeitseinsatz“ der „Durchschnittsrichter“ zulassen würden, egal wie man „Arbeitserfolg“ und „Arbeitseinsatz“ verstehen wolle. Es gebe Zahlen, die auf einer pragmatischen Ebene ein Hilfsmittel für Diskussionen unter Kolleginnen und Kollegen oder aber auch für Fragen der Geschäftsverteilung sein könnten, jedoch keine Durchschnittszahlen, denen eine konkrete Aussagekraft in Bezug auf eine „durchschnittliche“ Arbeitsleistung von Richterinnen und Richtern zukommen könne. Dies wisse die Präsidentin des Oberlandesgerichts. Auf Erledigungszahlen, die einem einzelnen Berichterstatter zugeordnet würden, habe nicht nur dessen Arbeit Einfluss, sondern auch die von Senat zu Senat unterschiedliche Zusammenarbeit und Mitwirkung der Kolleginnen und Kollegen. So gebe es Unterschiede z. B. bei Einzelrichterzuweisungen oder bei der Handhabung von Hinweisen gemäß § 522 ZPO, die sich auf die Erledigungszahlen auswirkten. Aufgrund dieser Verschiedenheiten am Oberlandesgericht hätten die Durchschnittszahlen keinen relevanten Aussagewert, seien damit bereits aus tatsächlichen Gründen als Maßstab generell ungeeignet und müssten als Grundlage für Maßnahmen der Dienstaufsicht schlechthin ausscheiden. Die im Vermerk vom 12.10.2011 zugrunde gelegten Durchschnittszahlen seien zudem nicht valide, weil es jedenfalls bis Ende 2011 eine unterschiedliche Zählweise in den verschiedenen Senaten gegeben habe. Ebenso würden die Durchschnittszahlen im Bescheid der Präsidentin nicht den jeweiligen unterschiedlichen Aufwand für die Bearbeitung von AR- und W-Verfahren berücksichtigen.
34 
Soweit das Dienstgericht ausgeführt habe, bei Anwendung des gleichen Sorgfaltsmaßstabs könnten Kollegen des Antragstellers zu höheren Erledigungszahlen kommen, handele es sich um eine reine, der Gegenseite günstige Spekulation, für die eine sachliche Grundlage nicht erkennbar sei. Natürlich könne allen Richterinnen und Richtern am Oberlandesgericht unterstellt werden, dass sie ihrer rechtsprechenden Tätigkeit mit der ihren Ansprüchen und Maßstäben gerecht werdenden Sorgfalt nachkämen. Wie sich diese individuell unterschiedlichen Sorgfaltsmaßstäbe aber zueinander und zu jenem des Antragstellers verhielten, sei empirisch nicht nachvollziehbar und belegbar. Habe man, wie der Antragsteller, den Anspruch an sich selbst, auch scheinbar nebensächliche Entscheidungen, wie z.B. eine einem nicht völlig gängige Rechtsmittelbelehrung, auf eine valide und sorgfältig geprüfte Tatsachen- und Rechtsgrundlage zu stellen, so bedürfe dies unweigerlich eines höheren Zeitaufwandes, als die unbesehene Übernahme von vorgefundenen Textbausteinen und der gängigen Textauszüge eines höchstrichterlichen Urteils, ohne Auseinandersetzung mit dem zu Grunde liegenden Sachverhalt.
35 
Soweit das Dienstgericht Ausführungen zur Tätigkeit des Antragstellers im ... Zivilsenat in der Zeit nach dem streitgegenständlichen Bescheid vom 26.01.2012 gemacht habe, sei nicht nachvollziehbar, welche Bedeutung die Angaben zur späteren Tätigkeit des Antragstellers haben sollten, wenn allein der frühere Bescheid vom 26. Januar 2012 im Hinblick auf Verstöße gegen die richterliche Unabhängigkeit zur Prüfung anstehe.
36 
Soweit der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten habe, die Dienstaufsicht dürfe sich in bestimmten Fällen unter bestimmten Voraussetzungen bei Einzelrichtern wertend mit bestimmten Zahlen einer Richterin oder eines Richters beschäftigen, sei Grundlage dieser Entscheidungen, anders als vorliegend, immer die Feststellung gewesen, dass diese wertende Beschäftigung mit Zahlen im konkreten Fall keine Auswirkungen auf die Tätigkeiten der Richterin oder des Richters habe, die dem Bereich der Rechtsanwendung zuzurechnen seien. Der Bundesgerichtshof habe stets ausdrücklich hervorgehoben, dass bei statistischen und quantitativen Betrachtungen im Rahmen der Dienstaufsicht darauf zu achten sei, dass es nicht darum gehen dürfe, einen Richter anzuhalten, mehr Fälle zu erledigen, weil der Richter nicht dazu veranlasst werden dürfe, auf Kosten der Qualität die Quantität seiner Arbeit zu steigern. Das Ansinnen der Präsidentin des Oberlandesgerichts, dass ein Richter seine Rechtsanwendung verändern solle, damit bestimmte Zahlen erreicht würden, sei ein Angriff auf die Gesetzesbindung des Richters. Der Antragsteller wende, wie es seinem Auftrag als Richter entspreche, das Recht nach bestem Wissen und Gewissen an, wie es seiner Überzeugung vom Gesetz im jeweiligen Einzelfall entspreche. Das Ansinnen der Präsidentin des Oberlandesgerichts bedeute, dass der Antragsteller sich nach ihrem Willen von seiner Überzeugung vom Gesetz – also von der Gesetzesbindung – teilweise lösen solle.
37 
Soweit das Dienstgericht hervorgehoben habe, der Antragsteller habe es versäumt, Besonderheiten seiner Tätigkeit darzustellen, aus denen sich ein erhöhter Zeitbedarf ergeben könne, habe es übersehen, dass es aus Rechtsgründen keinen Rechtfertigungsbedarf für den Antragsteller geben könne, wenn die Dienstaufsicht ihn mit unberechtigten Maßnahmen überziehe. Die rechtsprechende Tätigkeit des Antragstellers sei keinesfalls nur deshalb minderwertig gegenüber der Tätigkeit von Kollegen, weil seine Überzeugung vom Recht in vielen Fällen einen größeren Zeitbedarf bei der Bearbeitung der Fälle erfordere. Die Präsidentin sei nicht berechtigt, zu entscheiden, welche Art von Rechtsanwendung sie ohne Rechtfertigung akzeptiere, und welche Art von Rechtsanwendung von ihr nur bei besonderer Rechtfertigung oder Entschuldigung des Richters geduldet werde. Auch wenn die Arbeitsweise des Antragstellers der Präsidentin aus politischen Gründen – wegen des erforderlichen Zeitbedarfs – nicht gefalle, gebe ihr dies nicht das Recht, eine politisch unerwünschte Arbeitsweise eines Richters nur im Ausnahmefall bei besonderer Rechtfertigung zu erlauben.
38 
Der Bundesgerichtshof habe zu keinem Zeitpunkt die Auffassung vertreten, ein Richter sei dienstrechtlich verpflichtet, jeweils einen Durchschnitt von Fallerledigungen zu erreichen, der von anderen Richterinnen und Richtern am selben Gericht erreicht werde. Wenn die sachgerechte Bearbeitung in Frage stehe oder wenn mögliche unterschiedliche Arbeitsweisen einer sachgerechten Bearbeitung in Frage stünden, könne es nach der Formulierung des Bundesgerichtshofs keinen einheitlichen Zahlenmaßstab geben. Rechtlich unhaltbar sei die vorgeblich großzügige Hinnahme eines „Toleranzbereichs“, den die Präsidentin weder in ihrem Bescheid noch an anderer Stelle konkretisiert habe. Dies bedeute, dass sie durch einen nicht spezifizierten Toleranzbereich den Antragsteller für die Zukunft ihrer persönlichen Willkür ausliefern wolle.
39 
Das Dienstgericht habe auch verkannt, dass die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ausschließlich Sachverhalte beträfen, in denen es um die Bewertung von Zahlen gegenüber Richterinnen und Richtern am Amtsgericht, also Einzelrichtern, gegangen sei, also nicht um Richterinnen und Richter, die in einem Kollegialgericht tätig seien. Der Bundesgerichtshof habe auch nicht die Auffassung vertreten, dass beliebige, nicht sinnvolle Zahlen einem Richter von der Dienstaufsicht vorgehalten werden könnten. Gegenstand der vom Dienstgericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs seien immer nur Fälle gewesen, in denen die Validität der Durchschnittszahlen zumindest grundsätzlich außer Streit gestanden habe. Im Übrigen habe der Bundesgerichtshof immer wieder hervorgehoben, dass auch bei einer grundsätzlich vernünftigen und eventuell zulässigen Bewertung von Zahlen durch die Dienstaufsicht anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen sei, ob eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit vorliege. Auch diesen Grundsatz habe das Dienstgericht missachtet.
40 
Soweit das Dienstgericht der Auffassung zu sein scheine, dass die fehlende Sachverhaltserfassung durch die Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigen könne, entspreche dies nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Es möge zwar sein, dass bestimmte fahrlässige Fehler der die Dienstaufsicht führenden Präsidenten bei der Sachverhaltserfassung nur im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu prüfen seien. Es könne jedoch auf der anderen Seite kein Zweifel daran bestehen, dass vorsätzlich falsche Vorhalte einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellten.
41 
Auch der Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK sei rechtlich fehlerhaft.
42 
Gerügt werde auch, dass dem Antragsteller vor dem Bescheid vom 26.01.2012 keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei.
43 
Der Antragsteller hat in zweiter Instanz zunächst beantragt,
44 
1. das erstinstanzliche Urteil des Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht K. vom 04.12.2012 aufzuheben und
45 
2. entsprechend dem Antrag des Antragstellers in erster Instanz festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig sind.
46 
Der Antragsteller beantragt nunmehr:
47 
1. Das erstinstanzliche Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht K. vom 04.12.2012 wird aufgehoben.
48 
2. Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Bescheid vom 26.01.2012 nebst Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 – unzulässig ist:
49 
Der Versuch der Präsidentin des Oberlandesgerichts K., den Antragsteller unter Druck zu setzen, damit er in seiner Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht – entgegen seinem Richteramt und entgegen seinen verfassungsrechtlichen Pflichten als Richter – seine Rechtsanwendung bzw. seine Beiträge zur Rechtsanwendung des Senats, in dem er tätig ist, in einer Vielzahl von Fällen ändert, und damit entgegen seiner richterlichen Überzeugung Recht spricht, um entsprechend dem Willen der Präsidentin zu mehr Fallerledigungen beizutragen.
50 
3. Hilfsweise zu Ziff. 2:
51 
Es wird festgestellt, dass die folgende Maßnahme der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. – enthalten im Bescheid vom 26.01.2012 nebst Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 – unzulässig ist:
52 
Vorhalt und Ermahnung mit dem Ziel, den Kläger zu einer Änderung seiner Rechtsanwendung in seiner richterlichen Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht in einer Vielzahl von Fällen zu veranlassen.
53 
4. Hilfsweise zu Ziff. 2 und Ziff. 3:
54 
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig sind.
55 
Der Antragsgegner beantragt,
56 
die Berufung zurückzuweisen.
57 
Der Antragsgegner sieht in den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen eine unzulässige Klageänderung und verteidigt das Urteil des Dienstgerichts als richtig.
58 
Wegen aller weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vor dem Dienstgericht für Richter und vor dem Dienstgerichtshof für Richter gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle des Dienstgerichts für Richter vom 04.12.2012 (RDG 6/12, AS 251/253) und des Dienstgerichtshofs für Richter vom 14.02.2014 (AS 393/397, Anl. AS 399/463) sowie vom 17.04.2015 (AS 819/831, Anl. AS 833/843) Bezug genommen.
59 
Der Antragsteller hat gegen den Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Das dortige Verfahren ruht.

Entscheidungsgründe

 
A.
60 
Die Berufung des Antragstellers ist gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG in Verbindung mit § 124 VwGO in der von 01.01.1991 bis 31.12.1996 gültigen Fassung (= a. F.) zulässig.
61 
Gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG gelten für das Prüfungsverfahren nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG die Vorschriften der VwGO entsprechend, soweit das LRiStAG nichts anderes bestimmt. Beim Inkrafttreten dieser unverändert gebliebenen Verweisungsnorm sah die VwGO a. F. in § 124 die zulassungsfreie Berufung vor. Diese ersetzte das 6. Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) mit Wirkung vom 01.01.1997 durch die Zulassungsberufung (§§ 124, 124 a VwGO n. F.). Nach Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG zwar grundsätzlich um eine dynamische Verweisung. Gleichwohl ist aber in Prüfungsverfahren nicht die Zulassungsberufung an die Stelle der zulassungsfreien Berufung getreten, weil die Regelungen über die Zulassungsberufung nach Maßgabe der §§ 124, 124 a VwGO n. F. sowohl mit den Regelungen des LRiStAG als auch des DRiG über die Ausgestaltung des Rechtszuges bei Prüfungsverfahren unvereinbar sind (vgl. im Einzelnen: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 29.03.2000 - RiZ (R) 4/99, juris Rn. 31 ff). Gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Dienstgerichts für Richter im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG ist daher das Rechtsmittel der zulassungsfreien Berufung gemäß § 124 VwGO a. F. gegeben.
62 
Da die vom Dienstgericht für Richter im Urteil vom 04.12.2012 gegebene Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen das Urteil die Zulassung der Berufung beantragt werden könne, somit fehlerhaft ist, hat die Berufungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 VwGO a. F. nicht zu laufen begonnen. Es gilt die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO (i. V. m. § 79 LRiStAG). Innerhalb dieser hat der Antragsteller seine Berufung formgerecht beim Dienstgericht für Richter eingelegt, §§ 79 LRiStAG, 124 Abs. 2 und 3 VwGO a. F..
B.
I.
63 
Die in zweiter Instanz neu gefassten Anträge des Antragstellers sind zulässig.
64 
1. Mit den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen hat der Antragsteller keine Klageänderung i. S. v. § 91 VwGO (i. V. m. § 79 Abs. 1 LRiStAG) vorgenommen, da er mit diesen keinen neuen Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt hat.
65 
Wie sich der Begründung der neu gefassten Anträge entnehmen lässt, verfolgt er mit diesen weiterhin das Ziel, den Bescheid vom 26.01.2012 – Ermahnung und Vorhalt – sowie den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit für unzulässig zu erklären. Der Antragsteller hat in seine neu gefassten Anträge lediglich Ausführungen zu den von ihm behaupteten subjektiven Zielen der Präsidentin des Oberlandesgerichts aufgenommen, die diese mit ihrem Bescheid vom 26.01.2012 und dem Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 verfolgt habe („Der Versuch der Präsidentin...“; „mit dem Ziel“), um deutlich zu machen, worin er die Beeinträchtigung seiner richterlichen Unabhängigkeit sieht. Er hat daher weder seinen Klageantrag inhaltlich geändert, noch einen neuen Lebenssachverhalt in das Verfahren eingeführt, so dass keine Klageänderung vorliegt. Streitgegenstand ist auch in zweiter Instanz auf der Basis der neu gefassten Anträge nach wie vor der bereits in erster Instanz aufgrund desselben Lebenssachverhalts verfolgte Prüfungsantrag nach §§ 63 Nr. 4 f; 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG.
66 
Der Antragsteller hat lediglich Formulierungen in den Antrag aufgenommen, die sein Rechtsschutzziel verdeutlichen sollen. Dies führt nicht zur Unzulässigkeit der neu gefassten Anträge. Im Prüfungsverfahren ist gem. § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderlich, dass der Antragssteller den Gegenstand des Begehrens bezeichnet, also deutlich macht, was er mit seinem Antrag begehrt (Kopp/Schenke, VwGO, 2014, § 82 Rn. 7). Diesen Anforderungen genügen die neu gefassten Anträge des Antragstellers. Sie entsprechen auch dem Erfordernis des bestimmten Antrags gem. § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO, da diesem genügt ist, wenn – wie hier – das Ziel der Klage bzw. des Antrags hinreichend erkennbar ist (Kopp/Schenke, ebd., § 82 Rn. 10).
67 
2. Durch seine neu gefassten Anträge kann der Antragsteller allerdings nicht erreichen, dass das Gericht die von ihm gewählten Formulierungen zur Konkretisierung seines Rechtsschutzbegehrens im Falle eines begründeten Antrags in die Entscheidungsformel aufnimmt. Denn der Inhalt der Entscheidungsformel im Prüfungsverfahren wird durch § 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG zwingend und abschließend geregelt: Bei einem zulässigen und begründeten Prüfungsantrag stellt das Richterdienstgericht (lediglich) die Unzulässigkeit der jeweiligen – objektiven – Maßnahme der Dienstaufsicht fest. Ausführungen zu den Umständen, aus denen sich die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ergibt, können nicht in die Entscheidungsformel aufgenommen werden.
68 
3. Da mit den einzelnen neu gefassten Anträgen keine unterschiedlichen Streitgegenstände in das Verfahren eingefügt werden, sondern lediglich ein und dasselbe Rechtsschutzziel mit unterschiedlichen Formulierungen näher konkretisiert wird, liegt auch kein echtes Eventualverhältnis der einzelnen Anträge vor, das zur Folge hätte, dass die einzelnen Anträge vom Gericht jeweils nur stufenweise für den Fall zu prüfen wären, dass der jeweils vorhergehende Antrag keinen Erfolg hat. Vielmehr hat das Gericht umfassend und ohne Beschränkung durch die konkretisierenden Antragsformulierungen des Antragstellers zu prüfen, ob die angegriffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht – der Bescheid vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 – aufgrund des zugrunde zu legenden Sachverhalts eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit darstellen.
II.
69 
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Dienstgericht den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig seien, zurückgewiesen.
70 
1. Zutreffend geht das Dienstgericht davon aus, dass der Antrag des Antragstellers gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG zulässig ist.
71 
Wie das Dienstgericht richtig ausführt, handelt es sich bei dem Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 um eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 3 DRiG. Die erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers ist gegeben, das Vorverfahren durchgeführt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Dienstgerichts im Urteil vom 04.12.2012 (Entscheidungsgründe, S. 11/12, Abschnitt I) wird Bezug genommen.
72 
2. Der Antrag gem. § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG ist jedoch, wie das Dienstgericht zu Recht feststellt, unbegründet. Der Antragsteller wird durch den Bescheid vom 26.01.2012 und den diesen bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
73 
a) Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG beschränkt sichallein auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit anderen Gesetzen, Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätzen nachzuprüfen, ist allein den Verwaltungsgerichten vorbehalten (ständige Rechtsprechung seit: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (B) 3/83, juris Rn. 16 ff; vgl. etwa Urteile vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 17; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 33; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 24, 25; vom 06.10.2011, RiZ (R) 7/10, juris Rn. 25; vom 03.12.2014, RiZ (R) 1/14, juris Rn. 35).
74 
b) Der Bescheid vom 26.01.2012 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 beeinträchtigen den Antragsteller nicht in der richterlichen Unabhängigkeit, § 26 Abs. 3 DRiG.
75 
aa) Nicht jede Maßnahme der Dienstaufsicht stellt einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Der Dienstaufsicht entzogen ist allein die eigentliche Rechtsfindung. Dabei sind alle ihr auch nur mittelbar dienenden – sie vorbereitenden und ihr nachfolgenden – Sach- und Verfahrensentscheidungen in den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit einzubeziehen (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, RiZ (R) 7/84, juris Rn. 16 = BGHZ 93, 238 - 245; vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 15). Eine Maßnahme der Dienstaufsicht ist wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit unzulässig, wenn sie in diesem Bereich auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter entscheiden oder verfahren soll; insoweit muss sich die Dienstaufsicht auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten (BGH, Urteil vom 16.09.1987, ebd.). Auch der Versuch, den Richter in einer Weise zu einer bestimmten Art der Erledigung zu veranlassen, die seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, ist mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren (BGH, ebd.).
76 
Indessen geht das Gesetz in § 26 Abs. 1 DRiG selbst davon aus, dass die richterliche Amtstätigkeit in Teilbereichen der Dienstaufsicht zugänglich ist, und gibt der dienstaufsichtsführenden Stelle in § 26 Abs. 2 DRiG ausdrücklich die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung von Amtsgeschäften vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer und unverzögerter Erledigung zu ermahnen. Dies wäre unvollziehbar und gegenstandslos, wenn die richterliche Tätigkeit der Dienstaufsicht schlechthin entrückt wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH - Dienstgericht des Bundes - unterliegt daher die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, um die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, a. a. O., Rn. 16; vom 16.09.1987, a. a. O., Rn. 15). Der Vorhalt und die Ermahnung im Sinne von § 26 Abs. 2 DRiG stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar und sind daher zulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 08.11.2006 - RiZ (R) 2/05, juris Rn. 21; vom 03.12.2009, RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35). Durch einen Vorhalt und eine Ermahnung wird die richterliche Unabhängigkeit nach ständiger Rechtsprechung des BGH - Dienstgericht des Bundes - nur dann beeinträchtigt, wenn
77 
- versucht wird, durch diese Maßnahmen auf den Inhalt der vom Richter zu treffenden Entscheidungen Einfluss zu nehmen,
- sie den Versuch darstellen, den Richter anzuhalten, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben,
- durch die Maßnahmen Einfluss auf die Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte genommen wird, oder
- auf den Richter ein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt wird, was jedoch nur dann der Fall ist, wenn dem Richter ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt, da ein solcher Erledigungsdruck auf die Aufforderung zu einer sachwidrigen Bearbeitung hinausliefe
78 
(BGH, Urteile vom 05.10.2005 - RiZ (R) 5/04, juris Rn. 17, 18, 21; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 17 - 21; vom 03.12.2009, juris Rn. 35 ff).
79 
bb) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
80 
(1) Der Bescheid vom 26.01.2012 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 haben inhaltlich mit der Rechtsprechung des Antragstellers nichts zu tun und lassen dessen Entscheidungsfreiheit unberührt. Sie enthalten keinerlei direkte oder indirekte Weisungen, in konkreten Verfahren eine bestimmte Verfahrens- oder Sachentscheidung zu treffen. Sie enthalten auch keinerlei Ausführungen, durch die der Antragsteller beeinflusst werden soll, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben oder seine Amtsgeschäfte in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten.
81 
Das bloße allgemeine Anhalten zu vermehrten Erledigungen – auf das sich die Ausführungen im Bescheid vom 26.01.2012 und dem bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 beschränken – ist mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar. Denn dem Richter wird dadurch nicht nahegelegt, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben (BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16). Ebenso wenig bedeutet die bewertende Erfassung von Rückständen und Erledigungszahlen, wie sie hier im Bescheid vom 26.01.2012 erfolgt ist, für sich allein den Versuch, den Richter auf eine bestimmte Art der Bearbeitung festzulegen (BGH, ebd.). Vielmehr geht es bei den Rückständen und Erledigungszahlen zunächst um einen äußeren Befund. Rückstände sind gleichbedeutend mit Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse. Dem entgegenzuwirken ist legitime Aufgabe der Justizverwaltungen. Es besteht kein hinreichender Grund, ihnen dabei jegliche Einflussnahme auf die Richter, und zwar auch mit den Mitteln der Dienstaufsicht einschließlich der Erfassung und Bewertung der Zahl der Erledigungen, von vornherein zu verwehren (BGH, ebd.).
82 
Auch der Vergleich der Erledigungszahlen des Richters mit denjenigen anderer Richter stellt für sich genommen keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar (ständige Rspr., vgl. BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 03.10.1977, RiZ (R) 1/77, juris Rn. 18; vom 31.01.1984, RiZ (R) 1/83, juris Rn. 15, 17; vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 41). Gleiches gilt für den hier vorgenommenen Vergleich mit einem Durchschnittswert der Erledigungen, der auf der Basis der Erledigungszahlen einer Mehrzahl von Richtern errechnet worden ist und daher ebenfalls einen Vergleich mit den Erledigungszahlen anderer Richter beinhaltet. Der vom Richter zu leistende Arbeitseinsatz bestimmt sich grundsätzlich nach dem ihm verliehenen konkreten Richteramt und den ihm in der richterlichen Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben. Allerdings sind Richter nicht verpflichtet, sämtliche ihnen nach dem Geschäftsverteilungsplan übertragenen Aufgaben in vollem Umfang sofort und ohne Beschränkung ihres zeitlichen Einsatzes zu erledigen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12 und 2 BvR 62 BvR 625/12, juris Rn. 17). Vielmehr orientiert sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die von einem Richter zu erbringende Arbeitsleistung pauschalierend an dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt (BVerfG, ebd.; BVerwGE 78, 211, 213 f; BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982 - 2 B 12/82, juris Rn. 3). Überschreitet das zugewiesene Arbeitspensum die so zu bestimmende Arbeitsleistung – auch unter Berücksichtigung zumutbarer Maßnahmen wie z.B. eines vorübergehenden erhöhten Arbeitseinsatzes – erheblich, kann der Richter nach pflichtgemäßer Auswahl unter sachlichen Gesichtspunkten die Erledigung der ein durchschnittliches Arbeitspensum übersteigenden Angelegenheiten zurückstellen. Die richterliche Unabhängigkeit bleibt dabei gewährleistet, indem der Richter nach entsprechender Anzeige der Überlastung für die nach pflichtgemäßer Auswahl zurückgestellten Aufgaben und die dadurch begründete verzögerte Bearbeitung dienstaufsichtsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 18). Bleibt umgekehrt die Arbeitsleistung des Richters hinter der so zu bestimmenden durchschnittlichen Arbeitsleistung – also dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position innerhalb der für Beamte geltenden Regelarbeitszeit bewältigt – erheblich zurück, liegt regelmäßig ein Fall der verzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG vor. Stellt aber somit die Leistung eines durchschnittlichen Richters in vergleichbarer Position einen wesentlichen Maßstab für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Erledigung der Amtsgeschäfte dar, so begegnet es unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Unabhängigkeit keinen Bedenken, wenn die Erledigungszahlen eines Richters im Rahmen der Dienstaufsicht mit denen anderer Richter vergleichbarer Position oder einem aus diesen Erledigungszahlen gebildeten Durchschnittswert verglichen werden.
83 
Ob dieser Vergleich bzw. Durchschnittswert im konkreten Einzelfall auf der Basis zutreffender Tatsachen gebildet, richtig ermittelt und korrekt angewendet worden ist und ob er unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls hinreichende Aussagekraft besitzt, ist keine Frage, die im Verfahren vor den Richterdienstgerichten zu klären wäre, sondern allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der auf der Basis eines solchen Vergleichs bzw. Durchschnittswerts getroffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht. Über diese aber haben allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden.
84 
(2) Durch beide Bescheide wird auf den Antragsteller auch kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt, denn ihm wird kein Pensum abverlangt, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt.
85 
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat dem Antragsteller lediglich vorgehalten, dass (1.) seine Erledigungszahlen deutlich hinter den Erledigungszahlen zurückbleiben, die sich bei Zugrundelegung der Erledigungszahlen der am Oberlandesgericht K. tätigen Richter als Durchschnitt ergeben, und dass (2.) die Zahl seiner überjährigen Verfahren den Durchschnittswert der beim Oberlandesgericht K. tätigen Richter deutlich übersteigt. Da sich die von der Präsidentin des Oberlandesgerichts genannten Durchschnittswerte nur dann ergeben können, wenn eine erhebliche Zahl der Richter, die am Oberlandesgericht K. tätig sind, diese Erledigungs- und Rückstandszahlen erreicht oder sogar überschreitet (Erledigungszahlen) bzw. unterschreitet (Rückstandszahlen), wird dem Antragsteller durch den Vorhalt nicht ein Pensum abverlangt, das im Allgemeinen, also auch von den anderen Richtern, die am Oberlandesgericht K. tätig sind, nicht erreicht wird. Dass dem Antragsteller durch den Vorhalt und die Ermahnung nicht ein allgemein unerreichbares Pensum abverlangt wird, ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass die Erledigungszahlen des Antragstellers unstreitig deutlich hinter denjenigen seiner Senatsmitglieder – die denselben senatsbezogenen Einflüssen ausgesetzt sind – zurückbleiben. Im Übrigen hat der Antragsteller in seiner Überlastungsanzeige vom 31.10.2011 (Sammelakten 313 III, AS 187/189) selbst eingeräumt, dass er schon seit 2002 „in der Regel statistisch zu weniger Verfahrenserledigungen beigetragen habe, als der Durchschnitt der Kolleginnen und Kollegen“, woraus sich ebenfalls ergibt, dass das ihm abverlangte Pensum von anderen Richtern bewältigt wird, von ihm also kein Arbeitspensum gefordert wird, das generell nicht zu bewältigen ist.
86 
(3) Das Vorbringen des Antragstellers – das er zur Konkretisierung seines Rechtsschutzziels auch in die Formulierung seiner neu gefassten Anträge Ziff. 2 und 3 aufgenommen hat –, die Präsidentin habe durch den Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 versucht, Druck auf ihn auszuüben, mit dem Ziel, dass er seine Rechtsanwendung in einer Vielzahl von Fällen ändere, um zu mehr Fallerledigungen beizutragen, ist nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit zu begründen.
87 
(a) Der Bescheid vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid enthalten, wie bereits ausgeführt, keine Aussagen, denen sich ein Versuch der Präsidentin entnehmen lässt, den Antragsteller dahingehend zu beeinflussen, in konkreten Verfahren eine bestimmte Verfahrens- oder Sachentscheidung zu treffen, generell in einer bestimmten Richtung zu entscheiden oder die Verfahren in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten. Beide Bescheide enthalten auch keine Äußerungen, mit denen ihm ein Pensum abverlangt wird, das auch andere Richter bei sachgerechter Bearbeitung nicht bewältigen können, und die deshalb auf eine Aufforderung zur sachwidrigen Bearbeitung hinauslaufen. Nur vor diesen Eingriffen in die Entscheidungsfreiheit des Richters schützt die richterliche Unabhängigkeit. Mit ihr vereinbar sind hingegen Dienstaufsichtsmaßnahmen, die sich – wie hier der Vorhalt und die Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG – darauf beschränken, die Erledigungs- und Bestandszahlen des Richters mit denen anderer Richter zu vergleichen, hieraus wertende Schlussfolgerungen für die Frage zu ziehen, ob der Richter seine Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG erledigt, und ihn ggf. allgemein zu vermehrten Erledigungen anzuhalten, ohne ihm aber irgendwelche Vorgaben für die von ihm zu treffenden Verfahrens- und Sachentscheidungen und die Reihenfolge der Bearbeitung zu machen oder ihm ein Pensum abzuverlangen, das auch andere Richter bei sachgerechter Bearbeitung nicht erbringen können, also einen unzulässigen Erledigungsdruck auszuüben.
88 
(b) Soweit der Antragsteller auf die Absicht der Präsidentin abstellt, ihn durch den Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid zu einer Änderung seiner Rechtsanwendung zu bewegen, damit so seine Erledigungszahlen gesteigert würden, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass es für die Frage der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit allein darauf ankommt, ob die beanstandete Maßnahme objektiv geeignet ist, einen Richter direkt oder indirekt zu veranlassen, eine konkrete Verfahrens- oder Sachentscheidung künftig in einem anderen Sinne zu treffen (BGH, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (R) 3/83, juris Rn. 8; Urteil vom 03.12.2014 RiZ (R) 1/14, juris Rn. 40). In ihrem Bescheid vom 26.01.2012 und dem Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 hat sich die Präsidentin aber jeglicher direkter oder indirekter Weisungen enthalten, die dem Antragsteller objektiv hätten Anlass geben können, konkrete Sach- oder Verfahrensentscheidungen zukünftig in einem bestimmten anderen Sinne zu treffen. Die bloße allgemeine Aufforderung, zukünftig so zu arbeiten, dass Rückstände oder Verfahrensbestände des eingetretenen Ausmaßes vermieden und die Erledigungszahlen gesteigert werden, stellt keine derartige konkrete sach- oder verfahrensbezogene Weisung und daher keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16).
89 
Die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers wird daher durch beide Bescheide nicht beeinträchtigt.
90 
c) Ob der Bescheid vom 26.01.2012 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 aus anderen Gründen als wegen der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit fehlerhaft sind, ist nicht Prüfungsgegenstand im richterdienstgerichtlichen Verfahren, sondern allein von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden. Nicht von den Richterdienstgerichten, sondern von den Verwaltungsgerichten ist daher etwa zu klären,
91 
- ob der Vorhalt und die Ermahnung im Bescheid vom 26.01.2012 sachlich gerechtfertigt sind und die für beide Maßnahmen gegebene Begründung im Tatsächlichen zutrifft,
- ob die dem Antragsteller vorgehaltenen Durchschnittszahlen zutreffend ermittelt worden sind, im konkreten Einzelfall einen geeigneten Maßstab für die Bewertung der Ordnungsmäßigkeit der Ausführung seiner Amtsgeschäfte darstellen und ob dieser Maßstab richtig angewendet worden ist, und
- ob die getroffenen dienstaufsichtlichen Maßnahmen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen.
92 
All dies sind Fragen, die die sachliche Richtigkeit und allgemeine Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 26.01.2012 und 20.04.2012 betreffen, nicht aber die Frage, ob die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt ist. Sie sind daher allein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären (vgl. speziell zu Vorhalt und Ermahnung gem. § 26 Abs. 2 DRiG: BGH, Urteile vom 16.09.1987, RiZ (Z) 5/87, Rn. 70; vom 05.10.2005 - RiZ (R) 5/04, juris Rn. 26; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 25).
93 
Die vom Antragsteller erhobenen Einwände,
94 
- die ihm vorgehaltenen Durchschnittszahlen seien falsch ermittelt worden, nicht valide und nicht aussagekräftig,
- der von der Präsidentin des Oberlandesgerichts zugebilligte Toleranzspielraum sei nicht ausreichend bestimmt,
95 
sind daher für das Prüfungsverfahren irrelevant. Auch die Frage, ob dem Antragsteller vor dem Erlass des Bescheids vom 26.01.2012 ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist, betrifft allein die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids, nicht aber die Frage der Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit und ist daher im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu klären.
96 
Soweit der Antragsteller meint, die von ihm behaupteten Fehler bei der Sachverhaltserfassung seien der Prüfungsbefugnis der Richterdienstgerichte allenfalls bei einem fahrlässigen, nicht aber bei einem vorsätzlichen Handeln der Dienstaufsicht entzogen, steht seine Auffassung in eindeutigem Widerspruch zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.
97 
d) Keinen Erfolg hat der Antragsteller mit seiner Rüge, der Bescheid vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 seien willkürlich und stellten deshalb eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar.
98 
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein der Verstoß einer Dienstaufsichtsmaßnahme gegen das allgemeine Willkürverbot einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen kann, was der BGH - Dienstgericht des Bundes - bislang offengelassen hat (BGH, Urteil vom 08.11.2006 – RiZ (R) 2/05, juris Rn. 26), denn ein solcher Verstoß kommt vorliegend nicht in Betracht. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Bescheide seien ohne eine ausreichende Tatsachengrundlage und unter Verletzung rechtlichen Gehörs getroffen worden, geht es allein um Fragen der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der Bescheide, die allein von den Verwaltungsgerichten zu klären sind. Sonstige Gesichtspunkte, die für einen Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot sprechen könnten, hat der Antragsteller weder vorgebracht noch sind solche ersichtlich.
99 
Aus diesen Gründen hat das Dienstgericht den Prüfungsantrag gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG in Verbindung mit § 26 Abs. 3 DRiG zu Recht zurückgewiesen, so dass die Berufung des Antragstellers – auch, soweit dieser den Prüfungsantrag nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG durch seine Antragsformulierungen in den zuletzt gestellten Anträgen Ziff. 1 bis 4 näher konkretisiert hat – als unbegründet zurückzuweisen ist.
C.
100 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 79 Abs. 1 LRiStAG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Revisionszulassung auf § 79 Abs. 2 LRiStAG i. V. m. § 80 DRiG.

Gründe

 
A.
60 
Die Berufung des Antragstellers ist gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG in Verbindung mit § 124 VwGO in der von 01.01.1991 bis 31.12.1996 gültigen Fassung (= a. F.) zulässig.
61 
Gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG gelten für das Prüfungsverfahren nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG die Vorschriften der VwGO entsprechend, soweit das LRiStAG nichts anderes bestimmt. Beim Inkrafttreten dieser unverändert gebliebenen Verweisungsnorm sah die VwGO a. F. in § 124 die zulassungsfreie Berufung vor. Diese ersetzte das 6. Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) mit Wirkung vom 01.01.1997 durch die Zulassungsberufung (§§ 124, 124 a VwGO n. F.). Nach Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei § 79 Abs. 1 S. 1 LRiStAG zwar grundsätzlich um eine dynamische Verweisung. Gleichwohl ist aber in Prüfungsverfahren nicht die Zulassungsberufung an die Stelle der zulassungsfreien Berufung getreten, weil die Regelungen über die Zulassungsberufung nach Maßgabe der §§ 124, 124 a VwGO n. F. sowohl mit den Regelungen des LRiStAG als auch des DRiG über die Ausgestaltung des Rechtszuges bei Prüfungsverfahren unvereinbar sind (vgl. im Einzelnen: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 29.03.2000 - RiZ (R) 4/99, juris Rn. 31 ff). Gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Dienstgerichts für Richter im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG ist daher das Rechtsmittel der zulassungsfreien Berufung gemäß § 124 VwGO a. F. gegeben.
62 
Da die vom Dienstgericht für Richter im Urteil vom 04.12.2012 gegebene Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen das Urteil die Zulassung der Berufung beantragt werden könne, somit fehlerhaft ist, hat die Berufungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 VwGO a. F. nicht zu laufen begonnen. Es gilt die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO (i. V. m. § 79 LRiStAG). Innerhalb dieser hat der Antragsteller seine Berufung formgerecht beim Dienstgericht für Richter eingelegt, §§ 79 LRiStAG, 124 Abs. 2 und 3 VwGO a. F..
B.
I.
63 
Die in zweiter Instanz neu gefassten Anträge des Antragstellers sind zulässig.
64 
1. Mit den zuletzt in zweiter Instanz gestellten Anträgen hat der Antragsteller keine Klageänderung i. S. v. § 91 VwGO (i. V. m. § 79 Abs. 1 LRiStAG) vorgenommen, da er mit diesen keinen neuen Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt hat.
65 
Wie sich der Begründung der neu gefassten Anträge entnehmen lässt, verfolgt er mit diesen weiterhin das Ziel, den Bescheid vom 26.01.2012 – Ermahnung und Vorhalt – sowie den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit für unzulässig zu erklären. Der Antragsteller hat in seine neu gefassten Anträge lediglich Ausführungen zu den von ihm behaupteten subjektiven Zielen der Präsidentin des Oberlandesgerichts aufgenommen, die diese mit ihrem Bescheid vom 26.01.2012 und dem Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 verfolgt habe („Der Versuch der Präsidentin...“; „mit dem Ziel“), um deutlich zu machen, worin er die Beeinträchtigung seiner richterlichen Unabhängigkeit sieht. Er hat daher weder seinen Klageantrag inhaltlich geändert, noch einen neuen Lebenssachverhalt in das Verfahren eingeführt, so dass keine Klageänderung vorliegt. Streitgegenstand ist auch in zweiter Instanz auf der Basis der neu gefassten Anträge nach wie vor der bereits in erster Instanz aufgrund desselben Lebenssachverhalts verfolgte Prüfungsantrag nach §§ 63 Nr. 4 f; 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG.
66 
Der Antragsteller hat lediglich Formulierungen in den Antrag aufgenommen, die sein Rechtsschutzziel verdeutlichen sollen. Dies führt nicht zur Unzulässigkeit der neu gefassten Anträge. Im Prüfungsverfahren ist gem. § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderlich, dass der Antragssteller den Gegenstand des Begehrens bezeichnet, also deutlich macht, was er mit seinem Antrag begehrt (Kopp/Schenke, VwGO, 2014, § 82 Rn. 7). Diesen Anforderungen genügen die neu gefassten Anträge des Antragstellers. Sie entsprechen auch dem Erfordernis des bestimmten Antrags gem. § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO, da diesem genügt ist, wenn – wie hier – das Ziel der Klage bzw. des Antrags hinreichend erkennbar ist (Kopp/Schenke, ebd., § 82 Rn. 10).
67 
2. Durch seine neu gefassten Anträge kann der Antragsteller allerdings nicht erreichen, dass das Gericht die von ihm gewählten Formulierungen zur Konkretisierung seines Rechtsschutzbegehrens im Falle eines begründeten Antrags in die Entscheidungsformel aufnimmt. Denn der Inhalt der Entscheidungsformel im Prüfungsverfahren wird durch § 84 Abs. 2 S. 2 LRiStAG zwingend und abschließend geregelt: Bei einem zulässigen und begründeten Prüfungsantrag stellt das Richterdienstgericht (lediglich) die Unzulässigkeit der jeweiligen – objektiven – Maßnahme der Dienstaufsicht fest. Ausführungen zu den Umständen, aus denen sich die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ergibt, können nicht in die Entscheidungsformel aufgenommen werden.
68 
3. Da mit den einzelnen neu gefassten Anträgen keine unterschiedlichen Streitgegenstände in das Verfahren eingefügt werden, sondern lediglich ein und dasselbe Rechtsschutzziel mit unterschiedlichen Formulierungen näher konkretisiert wird, liegt auch kein echtes Eventualverhältnis der einzelnen Anträge vor, das zur Folge hätte, dass die einzelnen Anträge vom Gericht jeweils nur stufenweise für den Fall zu prüfen wären, dass der jeweils vorhergehende Antrag keinen Erfolg hat. Vielmehr hat das Gericht umfassend und ohne Beschränkung durch die konkretisierenden Antragsformulierungen des Antragstellers zu prüfen, ob die angegriffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht – der Bescheid vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 – aufgrund des zugrunde zu legenden Sachverhalts eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit darstellen.
II.
69 
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Dienstgericht den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 unzulässig seien, zurückgewiesen.
70 
1. Zutreffend geht das Dienstgericht davon aus, dass der Antrag des Antragstellers gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG zulässig ist.
71 
Wie das Dienstgericht richtig ausführt, handelt es sich bei dem Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26.01.2012 um eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 3 DRiG. Die erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers ist gegeben, das Vorverfahren durchgeführt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Dienstgerichts im Urteil vom 04.12.2012 (Entscheidungsgründe, S. 11/12, Abschnitt I) wird Bezug genommen.
72 
2. Der Antrag gem. § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG ist jedoch, wie das Dienstgericht zu Recht feststellt, unbegründet. Der Antragsteller wird durch den Bescheid vom 26.01.2012 und den diesen bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
73 
a) Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte im Prüfungsverfahren gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG i. V. m. § 26 Abs. 3 DRiG beschränkt sichallein auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit anderen Gesetzen, Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätzen nachzuprüfen, ist allein den Verwaltungsgerichten vorbehalten (ständige Rechtsprechung seit: BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (B) 3/83, juris Rn. 16 ff; vgl. etwa Urteile vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 17; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 33; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 24, 25; vom 06.10.2011, RiZ (R) 7/10, juris Rn. 25; vom 03.12.2014, RiZ (R) 1/14, juris Rn. 35).
74 
b) Der Bescheid vom 26.01.2012 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 beeinträchtigen den Antragsteller nicht in der richterlichen Unabhängigkeit, § 26 Abs. 3 DRiG.
75 
aa) Nicht jede Maßnahme der Dienstaufsicht stellt einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Der Dienstaufsicht entzogen ist allein die eigentliche Rechtsfindung. Dabei sind alle ihr auch nur mittelbar dienenden – sie vorbereitenden und ihr nachfolgenden – Sach- und Verfahrensentscheidungen in den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit einzubeziehen (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, RiZ (R) 7/84, juris Rn. 16 = BGHZ 93, 238 - 245; vom 16.09.1987, RiZ (R) 5/87, juris Rn. 15). Eine Maßnahme der Dienstaufsicht ist wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit unzulässig, wenn sie in diesem Bereich auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter entscheiden oder verfahren soll; insoweit muss sich die Dienstaufsicht auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten (BGH, Urteil vom 16.09.1987, ebd.). Auch der Versuch, den Richter in einer Weise zu einer bestimmten Art der Erledigung zu veranlassen, die seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, ist mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren (BGH, ebd.).
76 
Indessen geht das Gesetz in § 26 Abs. 1 DRiG selbst davon aus, dass die richterliche Amtstätigkeit in Teilbereichen der Dienstaufsicht zugänglich ist, und gibt der dienstaufsichtsführenden Stelle in § 26 Abs. 2 DRiG ausdrücklich die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung von Amtsgeschäften vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer und unverzögerter Erledigung zu ermahnen. Dies wäre unvollziehbar und gegenstandslos, wenn die richterliche Tätigkeit der Dienstaufsicht schlechthin entrückt wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH - Dienstgericht des Bundes - unterliegt daher die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, um die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 10.01.1985, a. a. O., Rn. 16; vom 16.09.1987, a. a. O., Rn. 15). Der Vorhalt und die Ermahnung im Sinne von § 26 Abs. 2 DRiG stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar und sind daher zulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 08.11.2006 - RiZ (R) 2/05, juris Rn. 21; vom 03.12.2009, RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35). Durch einen Vorhalt und eine Ermahnung wird die richterliche Unabhängigkeit nach ständiger Rechtsprechung des BGH - Dienstgericht des Bundes - nur dann beeinträchtigt, wenn
77 
- versucht wird, durch diese Maßnahmen auf den Inhalt der vom Richter zu treffenden Entscheidungen Einfluss zu nehmen,
- sie den Versuch darstellen, den Richter anzuhalten, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben,
- durch die Maßnahmen Einfluss auf die Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte genommen wird, oder
- auf den Richter ein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt wird, was jedoch nur dann der Fall ist, wenn dem Richter ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt, da ein solcher Erledigungsdruck auf die Aufforderung zu einer sachwidrigen Bearbeitung hinausliefe
78 
(BGH, Urteile vom 05.10.2005 - RiZ (R) 5/04, juris Rn. 17, 18, 21; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 17 - 21; vom 03.12.2009, juris Rn. 35 ff).
79 
bb) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
80 
(1) Der Bescheid vom 26.01.2012 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 haben inhaltlich mit der Rechtsprechung des Antragstellers nichts zu tun und lassen dessen Entscheidungsfreiheit unberührt. Sie enthalten keinerlei direkte oder indirekte Weisungen, in konkreten Verfahren eine bestimmte Verfahrens- oder Sachentscheidung zu treffen. Sie enthalten auch keinerlei Ausführungen, durch die der Antragsteller beeinflusst werden soll, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben oder seine Amtsgeschäfte in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten.
81 
Das bloße allgemeine Anhalten zu vermehrten Erledigungen – auf das sich die Ausführungen im Bescheid vom 26.01.2012 und dem bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 beschränken – ist mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar. Denn dem Richter wird dadurch nicht nahegelegt, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben (BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16). Ebenso wenig bedeutet die bewertende Erfassung von Rückständen und Erledigungszahlen, wie sie hier im Bescheid vom 26.01.2012 erfolgt ist, für sich allein den Versuch, den Richter auf eine bestimmte Art der Bearbeitung festzulegen (BGH, ebd.). Vielmehr geht es bei den Rückständen und Erledigungszahlen zunächst um einen äußeren Befund. Rückstände sind gleichbedeutend mit Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse. Dem entgegenzuwirken ist legitime Aufgabe der Justizverwaltungen. Es besteht kein hinreichender Grund, ihnen dabei jegliche Einflussnahme auf die Richter, und zwar auch mit den Mitteln der Dienstaufsicht einschließlich der Erfassung und Bewertung der Zahl der Erledigungen, von vornherein zu verwehren (BGH, ebd.).
82 
Auch der Vergleich der Erledigungszahlen des Richters mit denjenigen anderer Richter stellt für sich genommen keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar (ständige Rspr., vgl. BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteile vom 03.10.1977, RiZ (R) 1/77, juris Rn. 18; vom 31.01.1984, RiZ (R) 1/83, juris Rn. 15, 17; vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16; vom 10.08.2001, RiZ (R) 5/00, juris Rn. 41). Gleiches gilt für den hier vorgenommenen Vergleich mit einem Durchschnittswert der Erledigungen, der auf der Basis der Erledigungszahlen einer Mehrzahl von Richtern errechnet worden ist und daher ebenfalls einen Vergleich mit den Erledigungszahlen anderer Richter beinhaltet. Der vom Richter zu leistende Arbeitseinsatz bestimmt sich grundsätzlich nach dem ihm verliehenen konkreten Richteramt und den ihm in der richterlichen Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben. Allerdings sind Richter nicht verpflichtet, sämtliche ihnen nach dem Geschäftsverteilungsplan übertragenen Aufgaben in vollem Umfang sofort und ohne Beschränkung ihres zeitlichen Einsatzes zu erledigen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12 und 2 BvR 62 BvR 625/12, juris Rn. 17). Vielmehr orientiert sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die von einem Richter zu erbringende Arbeitsleistung pauschalierend an dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt (BVerfG, ebd.; BVerwGE 78, 211, 213 f; BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982 - 2 B 12/82, juris Rn. 3). Überschreitet das zugewiesene Arbeitspensum die so zu bestimmende Arbeitsleistung – auch unter Berücksichtigung zumutbarer Maßnahmen wie z.B. eines vorübergehenden erhöhten Arbeitseinsatzes – erheblich, kann der Richter nach pflichtgemäßer Auswahl unter sachlichen Gesichtspunkten die Erledigung der ein durchschnittliches Arbeitspensum übersteigenden Angelegenheiten zurückstellen. Die richterliche Unabhängigkeit bleibt dabei gewährleistet, indem der Richter nach entsprechender Anzeige der Überlastung für die nach pflichtgemäßer Auswahl zurückgestellten Aufgaben und die dadurch begründete verzögerte Bearbeitung dienstaufsichtsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 18). Bleibt umgekehrt die Arbeitsleistung des Richters hinter der so zu bestimmenden durchschnittlichen Arbeitsleistung – also dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position innerhalb der für Beamte geltenden Regelarbeitszeit bewältigt – erheblich zurück, liegt regelmäßig ein Fall der verzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG vor. Stellt aber somit die Leistung eines durchschnittlichen Richters in vergleichbarer Position einen wesentlichen Maßstab für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Erledigung der Amtsgeschäfte dar, so begegnet es unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Unabhängigkeit keinen Bedenken, wenn die Erledigungszahlen eines Richters im Rahmen der Dienstaufsicht mit denen anderer Richter vergleichbarer Position oder einem aus diesen Erledigungszahlen gebildeten Durchschnittswert verglichen werden.
83 
Ob dieser Vergleich bzw. Durchschnittswert im konkreten Einzelfall auf der Basis zutreffender Tatsachen gebildet, richtig ermittelt und korrekt angewendet worden ist und ob er unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls hinreichende Aussagekraft besitzt, ist keine Frage, die im Verfahren vor den Richterdienstgerichten zu klären wäre, sondern allein eine Frage der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der auf der Basis eines solchen Vergleichs bzw. Durchschnittswerts getroffenen Maßnahmen der Dienstaufsicht. Über diese aber haben allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden.
84 
(2) Durch beide Bescheide wird auf den Antragsteller auch kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt, denn ihm wird kein Pensum abverlangt, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt.
85 
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat dem Antragsteller lediglich vorgehalten, dass (1.) seine Erledigungszahlen deutlich hinter den Erledigungszahlen zurückbleiben, die sich bei Zugrundelegung der Erledigungszahlen der am Oberlandesgericht K. tätigen Richter als Durchschnitt ergeben, und dass (2.) die Zahl seiner überjährigen Verfahren den Durchschnittswert der beim Oberlandesgericht K. tätigen Richter deutlich übersteigt. Da sich die von der Präsidentin des Oberlandesgerichts genannten Durchschnittswerte nur dann ergeben können, wenn eine erhebliche Zahl der Richter, die am Oberlandesgericht K. tätig sind, diese Erledigungs- und Rückstandszahlen erreicht oder sogar überschreitet (Erledigungszahlen) bzw. unterschreitet (Rückstandszahlen), wird dem Antragsteller durch den Vorhalt nicht ein Pensum abverlangt, das im Allgemeinen, also auch von den anderen Richtern, die am Oberlandesgericht K. tätig sind, nicht erreicht wird. Dass dem Antragsteller durch den Vorhalt und die Ermahnung nicht ein allgemein unerreichbares Pensum abverlangt wird, ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass die Erledigungszahlen des Antragstellers unstreitig deutlich hinter denjenigen seiner Senatsmitglieder – die denselben senatsbezogenen Einflüssen ausgesetzt sind – zurückbleiben. Im Übrigen hat der Antragsteller in seiner Überlastungsanzeige vom 31.10.2011 (Sammelakten 313 III, AS 187/189) selbst eingeräumt, dass er schon seit 2002 „in der Regel statistisch zu weniger Verfahrenserledigungen beigetragen habe, als der Durchschnitt der Kolleginnen und Kollegen“, woraus sich ebenfalls ergibt, dass das ihm abverlangte Pensum von anderen Richtern bewältigt wird, von ihm also kein Arbeitspensum gefordert wird, das generell nicht zu bewältigen ist.
86 
(3) Das Vorbringen des Antragstellers – das er zur Konkretisierung seines Rechtsschutzziels auch in die Formulierung seiner neu gefassten Anträge Ziff. 2 und 3 aufgenommen hat –, die Präsidentin habe durch den Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 versucht, Druck auf ihn auszuüben, mit dem Ziel, dass er seine Rechtsanwendung in einer Vielzahl von Fällen ändere, um zu mehr Fallerledigungen beizutragen, ist nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit zu begründen.
87 
(a) Der Bescheid vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid enthalten, wie bereits ausgeführt, keine Aussagen, denen sich ein Versuch der Präsidentin entnehmen lässt, den Antragsteller dahingehend zu beeinflussen, in konkreten Verfahren eine bestimmte Verfahrens- oder Sachentscheidung zu treffen, generell in einer bestimmten Richtung zu entscheiden oder die Verfahren in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten. Beide Bescheide enthalten auch keine Äußerungen, mit denen ihm ein Pensum abverlangt wird, das auch andere Richter bei sachgerechter Bearbeitung nicht bewältigen können, und die deshalb auf eine Aufforderung zur sachwidrigen Bearbeitung hinauslaufen. Nur vor diesen Eingriffen in die Entscheidungsfreiheit des Richters schützt die richterliche Unabhängigkeit. Mit ihr vereinbar sind hingegen Dienstaufsichtsmaßnahmen, die sich – wie hier der Vorhalt und die Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG – darauf beschränken, die Erledigungs- und Bestandszahlen des Richters mit denen anderer Richter zu vergleichen, hieraus wertende Schlussfolgerungen für die Frage zu ziehen, ob der Richter seine Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert i. S. v. § 26 Abs. 2 DRiG erledigt, und ihn ggf. allgemein zu vermehrten Erledigungen anzuhalten, ohne ihm aber irgendwelche Vorgaben für die von ihm zu treffenden Verfahrens- und Sachentscheidungen und die Reihenfolge der Bearbeitung zu machen oder ihm ein Pensum abzuverlangen, das auch andere Richter bei sachgerechter Bearbeitung nicht erbringen können, also einen unzulässigen Erledigungsdruck auszuüben.
88 
(b) Soweit der Antragsteller auf die Absicht der Präsidentin abstellt, ihn durch den Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid zu einer Änderung seiner Rechtsanwendung zu bewegen, damit so seine Erledigungszahlen gesteigert würden, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass es für die Frage der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit allein darauf ankommt, ob die beanstandete Maßnahme objektiv geeignet ist, einen Richter direkt oder indirekt zu veranlassen, eine konkrete Verfahrens- oder Sachentscheidung künftig in einem anderen Sinne zu treffen (BGH, Urteil vom 31.01.1984, RiZ (R) 3/83, juris Rn. 8; Urteil vom 03.12.2014 RiZ (R) 1/14, juris Rn. 40). In ihrem Bescheid vom 26.01.2012 und dem Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 hat sich die Präsidentin aber jeglicher direkter oder indirekter Weisungen enthalten, die dem Antragsteller objektiv hätten Anlass geben können, konkrete Sach- oder Verfahrensentscheidungen zukünftig in einem bestimmten anderen Sinne zu treffen. Die bloße allgemeine Aufforderung, zukünftig so zu arbeiten, dass Rückstände oder Verfahrensbestände des eingetretenen Ausmaßes vermieden und die Erledigungszahlen gesteigert werden, stellt keine derartige konkrete sach- oder verfahrensbezogene Weisung und daher keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.1987, RiZ (R) 4/87, juris Rn. 16).
89 
Die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers wird daher durch beide Bescheide nicht beeinträchtigt.
90 
c) Ob der Bescheid vom 26.01.2012 und der diesen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 aus anderen Gründen als wegen der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit fehlerhaft sind, ist nicht Prüfungsgegenstand im richterdienstgerichtlichen Verfahren, sondern allein von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden. Nicht von den Richterdienstgerichten, sondern von den Verwaltungsgerichten ist daher etwa zu klären,
91 
- ob der Vorhalt und die Ermahnung im Bescheid vom 26.01.2012 sachlich gerechtfertigt sind und die für beide Maßnahmen gegebene Begründung im Tatsächlichen zutrifft,
- ob die dem Antragsteller vorgehaltenen Durchschnittszahlen zutreffend ermittelt worden sind, im konkreten Einzelfall einen geeigneten Maßstab für die Bewertung der Ordnungsmäßigkeit der Ausführung seiner Amtsgeschäfte darstellen und ob dieser Maßstab richtig angewendet worden ist, und
- ob die getroffenen dienstaufsichtlichen Maßnahmen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen.
92 
All dies sind Fragen, die die sachliche Richtigkeit und allgemeine Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 26.01.2012 und 20.04.2012 betreffen, nicht aber die Frage, ob die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt ist. Sie sind daher allein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären (vgl. speziell zu Vorhalt und Ermahnung gem. § 26 Abs. 2 DRiG: BGH, Urteile vom 16.09.1987, RiZ (Z) 5/87, Rn. 70; vom 05.10.2005 - RiZ (R) 5/04, juris Rn. 26; vom 08.11.2006, RiZ (R) 2/05, juris Rn. 25).
93 
Die vom Antragsteller erhobenen Einwände,
94 
- die ihm vorgehaltenen Durchschnittszahlen seien falsch ermittelt worden, nicht valide und nicht aussagekräftig,
- der von der Präsidentin des Oberlandesgerichts zugebilligte Toleranzspielraum sei nicht ausreichend bestimmt,
95 
sind daher für das Prüfungsverfahren irrelevant. Auch die Frage, ob dem Antragsteller vor dem Erlass des Bescheids vom 26.01.2012 ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist, betrifft allein die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids, nicht aber die Frage der Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit und ist daher im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu klären.
96 
Soweit der Antragsteller meint, die von ihm behaupteten Fehler bei der Sachverhaltserfassung seien der Prüfungsbefugnis der Richterdienstgerichte allenfalls bei einem fahrlässigen, nicht aber bei einem vorsätzlichen Handeln der Dienstaufsicht entzogen, steht seine Auffassung in eindeutigem Widerspruch zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.
97 
d) Keinen Erfolg hat der Antragsteller mit seiner Rüge, der Bescheid vom 26.01.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 seien willkürlich und stellten deshalb eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar.
98 
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein der Verstoß einer Dienstaufsichtsmaßnahme gegen das allgemeine Willkürverbot einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen kann, was der BGH - Dienstgericht des Bundes - bislang offengelassen hat (BGH, Urteil vom 08.11.2006 – RiZ (R) 2/05, juris Rn. 26), denn ein solcher Verstoß kommt vorliegend nicht in Betracht. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Bescheide seien ohne eine ausreichende Tatsachengrundlage und unter Verletzung rechtlichen Gehörs getroffen worden, geht es allein um Fragen der sachlichen Richtigkeit und allgemeinen Rechtmäßigkeit der Bescheide, die allein von den Verwaltungsgerichten zu klären sind. Sonstige Gesichtspunkte, die für einen Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot sprechen könnten, hat der Antragsteller weder vorgebracht noch sind solche ersichtlich.
99 
Aus diesen Gründen hat das Dienstgericht den Prüfungsantrag gemäß § 63 Nr. 4 f LRiStAG in Verbindung mit § 26 Abs. 3 DRiG zu Recht zurückgewiesen, so dass die Berufung des Antragstellers – auch, soweit dieser den Prüfungsantrag nach § 63 Nr. 4 f LRiStAG durch seine Antragsformulierungen in den zuletzt gestellten Anträgen Ziff. 1 bis 4 näher konkretisiert hat – als unbegründet zurückzuweisen ist.
C.
100 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 79 Abs. 1 LRiStAG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Revisionszulassung auf § 79 Abs. 2 LRiStAG i. V. m. § 80 DRiG.

Tenor

Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 17. April 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Richter am Oberlandesgericht K.     .

2

Mit Verfügung vom 8. Juni 2011 ordnete die Präsidentin des Oberlandesgerichts eine Sonderprüfung der Verfahren an, die der Antragsteller bei seinem Wechsel in den 9. Zivilsenat im 4. Zivilsenat zurückgelassen hatte. Die Sonderprüfung wurde durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts durchgeführt, der hinsichtlich 48 hinterlassener Verfahren tabellarische Einzelberichte erstellte. Am 12. Oktober 2011 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts folgende Verfügung:

"Verfügung vom 12.10.2011:

1. Vermerk:

Nach einem Hinweis des Vorsitzenden des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts K.       auf eine hohe Zahl unzureichend bearbeiteter Verfahren in dem Respiziat 4 d (ROLG S.            ) hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts K.       mit Verfügung vom 08.06.2011 eine Sonderprüfung angeordnet, die inzwischen stattgefunden hat. Dabei wurde festgestellt, dass ROLG S.               in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum 4. Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat. Die Einzelergebnisse wurden von Vizepräsident des Oberlandesgericht S.     für 48 gravierende Fälle dokumentiert.

In dem Zeitraum von 2008 - 2010 hat ROLG S.            lediglich zum Abschluss gebracht:

        

U-Verfahren

W-Verfahren

2008   

43    

23    

2009   

58    

22    

2010   

48    

34    

Diese Erledigungsleistung entsprach nur etwa 68 % der von den Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichts K.       in dem genannten Zeitraum durchschnittlich erledigten Verfahren. Der Bestand an anhängigen Verfahren im Respiziat des ROLG S.               wuchs deshalb um 67 % von 76 offenen Verfahren zum Ende des Jahres 2008 auf 127 offene Verfahren zum Ende 2010 an.

Auch nach seinem Wechsel in den 9. Zivilsenat zum April 2011 gelingt es ROLG S.            nicht, in quantitativer Hinsicht auch nur annähernd durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Dies hat zur Folge, dass im Respiziat des Richters im 9. Zivilsenat zwischen April und Oktober 2011 ein Zuwachs von 32 im Bestand an anhängigen U-Verfahren zu verzeichnen ist. Der Zuschreibung von 31 U-, 15 W- und 6 AR-Sachen steht in dem Zeitraum 01.04 - 10.11.2011 eine Erledigung von 9 U-, 11 W- und 4 AR-Sachen gegenüber.

Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K.     und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt. Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem damit die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken.

Es ist beabsichtigt, dem Richter im Rahmen der Dienstaufsicht der Präsidentin des Oberlandesgerichts die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat mit Urteil vom 08.11.2006 - RiZ(R) 2/05 - (NJW-RR 2007, 281 m.w.N.) bekräftigt, dass die Dienstaufsicht gemäß § 26 DRiG die Befugnis umfasst, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und ihn zu unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, soweit nicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird (§ 26 Abs. 1 und 2 DRiG). Ein solcher Vorhalt und eine solche Ermahnung stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Anders ist dies nur zu werten, wenn dem Richter indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (st. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1987 - RiZ(R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom 5. Oktober 2005 - RiZ(R) 5/04 - NJW 2006, 692 f.). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr zielen Vorhalt und Ermahnung im vorliegenden Fall darauf, den Richter zu einem Erledigungspensum anzuhalten, das so im Durchschnitt aller Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts erbracht wird.

2. Diese Verfügung wurde ROLG S.              bei einer Besprechung am 18.10.2011 in den Räumen des Oberlandesgerichts K.               inhaltlich eröffnet und ausgehändigt. Dem Richter wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 04.11.2011 gesetzt."

3

Am 26. Januar 2012 erließ die Präsidentin des Oberlandesgerichts einen Bescheid, der einen Vorhalt und eine Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG enthält. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens RiZ (R) 2/15.

4

Gegen den Vermerk vom 12. Oktober 2011 legte der Antragsteller am 24. Februar 2012 erfolglos Widerspruch ein.

5

Der Antragsteller hat beim Dienstgericht für Richter beantragt festzustellen, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K.      vom 12. Oktober 2011 und dessen Übergabe am 18. Oktober 2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 6. März 2012 unzulässig sind. Das Dienstgericht hat festgestellt, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K.      vom 12. Oktober 2011 und dessen Übergabe am 18. Oktober 2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 6. März 2012 insoweit unzulässig seien, als dem Antragsteller vorgeworfen werde, die ihm zugeschriebenen Verfahren trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht bearbeitet zu haben. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen.

6

Die Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart zurückgewiesen. Der Prüfungsantrag sei zwar nicht gemäß § 44a VwGO unzulässig, weil die Verfahrenshandlung unmittelbare Rechtswirkung zu Lasten des Antragstellers entfalte. Er sei aber unbegründet, weil der Antragsteller durch den Vermerk und seine Aushändigung nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt werde.

7

Dagegen richtet sich die Revision des Antragstellers.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg.

9

I. Der Prüfungsantrag ist unzulässig. Gegen Verfahrenshandlungen, die eine Maßnahme der Dienstaufsicht vorbereiten, ist ein Prüfungsverfahren nicht zulässig, es sei denn, die Verfahrenshandlungen enthalten eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer. Bei dem Vermerk vom 12. Oktober 2011 und seiner Bekanntgabe an den Antragsteller handelt es sich um eine Verfahrenshandlung zur Vorbereitung einer Maßnahme der Dienstaufsicht, die keine selbständige, im Verhältnis zum abschließenden Bescheid vom 26. Januar 2012 andersartige Beschwer enthält.

10

1. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Prüfungsverfahren nach § 63 Nr. 4 Buchst. f BW-LRiStAG i.V.m. § 26 Abs. 3 DRiG ist zulässig, wenn eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 19; Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 16; Urteil vom 15. November 2007 - RiZ (R) 4/07, NJW 2008, 1448 Rn. 24) und nachvollziehbar dargelegt ist, dass diese Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 19; Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 16; Urteil vom 20. Januar 2011 - RiZ (R) 1/10, NJW-RR 2011, 700 Rn. 22; Urteil vom 3. November 2004 - RiZ (R) 2/03, NJW 2005, 905 mwN).

11

Der Begriff der Maßnahme der Dienstaufsicht ist entsprechend dem auf einen umfassenden Rechtsschutz der richterlichen Unabhängigkeit gerichteten Zweck des § 26 Abs. 3 DRiG weit auszulegen. Es genügt bereits eine Einflussnahme, die sich lediglich mittelbar auf die rechtsprechende Tätigkeit des Richters auswirkt oder darauf abzielt. Erforderlich ist jedoch, dass sich das Verhalten einer dienstaufsichtführenden Stelle bei objektiver Betrachtung gegen einen bestimmten Richter oder eine bestimmte Gruppe von Richtern wendet, es also zu einem konkreten Konfliktfall zwischen der Justizverwaltung und dem Richter oder bestimmten Richtern gekommen ist bzw. ein konkreter Bezug zur Tätigkeit eines Richters besteht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 20; Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 17 mwN).

12

2. Das Prüfungsverfahren findet aber nicht gegen Verfahrenshandlungen statt, die eine Maßnahme der Dienstaufsicht vorbereiten, es sei denn, die Verfahrenshandlungen enthalten eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer.

13

a) Entsprechend § 44a Satz 1 VwGO, auf dessen Bedeutung für das Revisionsverfahren der Senat die Parteien vor der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte, können Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Als Ausnahme davon unterliegen Verfahrenshandlungen entsprechend § 44a Satz 2 VwGO einer isolierten Anfechtung, wenn sie in Rechtspositionen eingreifen und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 21; Urteil vom 22. Juli 1980 - RiZ(R) 2/80, NJW 1981, 1100, 1101; BVerwG, NJW 2012, 792 Rn. 32). § 44a Satz 1 VwGO ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. Damit soll verhindert werden, dass die Gerichte mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen ist und noch offen ist, ob die Betroffenen überhaupt durch das Ergebnis des Verfahrens in ihren Rechten betroffen sind (vgl. BVerwG, NJW 1982, 120; NJW 1979, 177 zum Verwaltungsverfahren). Davon macht § 44a Satz 2 VwGO eine Ausnahme für die Fälle, in denen Beteiligte schon durch die Verfahrenshandlung endgültig in Rechten betroffen werden und dem Gebot eines effektiven Rechtsschutzes durch Rechtsbehelfe hinsichtlich der abschließenden Entscheidung in der Hauptsache nicht genügt würde (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 44a Rn. 2 und 8 mwN).

14

b) Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor den Richterdienstgerichten. Das Dienstgericht des Bundes hat bereits entschieden, dass es kein Prüfungsverfahren gegen Vorermittlungen für ein Disziplinarverfahren gibt (BGH, Urteil vom 22. Juli 1980 - RiZ (R) 2/80, NJW 1981, 1100, 1101). Mit Vorermittlungen wird noch nicht in die Rechtsstellung des Richters eingegriffen. Sie bereiten nur eine Entscheidung des Dienstvorgesetzten vor, die - wenn sie nicht auf Einstellung des Verfahrens lautet - als Eingriff in die Rechtsstellung des Richters durch Disziplinarverfügung dienstgerichtlicher Kontrolle unterliegt oder in dem Antrag an das Dienstgericht besteht, das förmliche Disziplinarverfahren zu eröffnen. Ausnahmen sind denkbar, wenn ein Dienstvorgesetzter Vorermittlungen vorschützt oder missbraucht, um den betroffenen Richter in seiner der Unabhängigkeitsgarantie (Art. 97 Abs. 1 GG) unterstehenden Tätigkeit zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 22. Juli 1980 - RiZ (R) 2/80, NJW 1981, 1100, 1101).

15

c) Entsprechendes gilt auch für die mit der Gelegenheit zur Stellungnahme verbundene Eröffnung des Dienstvorgesetzten, er beabsichtige eine dienstaufsichtsrechtliche Maßnahme gegen einen Richter. Es handelt sich um eine Verfahrenshandlung, die die Entscheidung des Dienstvorgesetzten vorbereitet, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht ergriffen wird, und dem betroffenen Richter rechtliches Gehör gewährt. Ein Bedarf, bereits dagegen Rechtsschutzmöglichkeiten vor den Richterdienstgerichten zu eröffnen, besteht nicht. Es steht noch nicht fest, ob der Dienstvorgesetzte die Maßnahme trifft oder aufgrund der Stellungnahme des Richters oder aus anderen Gründen davon absieht. Dem Rechtsschutzbedürfnis des betroffenen Richters ist genügt, wenn er die endgültige Entscheidung des Dienstvorgesetzten vor den Dienstgerichten zur Überprüfung stellen kann.

16

Eine solche vorbereitende Verfahrenshandlung liegt hier vor. Mit der Übergabe des Vermerks vom 12. Oktober 2011 eröffnete die Präsidentin des Oberlandesgerichts dem Antragsteller, wie sich schon aus seinem Wortlaut ergibt, dass sie dienstrechtliche Maßnahmen beabsichtige, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme dazu. Dafür, dass mit dem Vermerk weitergehende Zwecke verfolgt wurden, besteht angesichts seines klaren Wortlauts kein Anhaltspunkt.

17

d) Wie in den Fällen des § 44a Satz 2 VwGO ist von den genannten Grundsätzen auch bei vorbereitenden Verfahrenshandlungen vor einer Maßnahme der Dienstaufsicht eine Ausnahme zu machen, wenn bereits die Verfahrenshandlung eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthält, die in die Unabhängigkeit des Richters eingreifen kann und bei der Rechtsbehelfe gegen die abschließende Sachentscheidung nicht genügen. Eine selbständige Beschwer kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Wirkung der Verfahrenshandlung über die Maßnahme hinausgeht, wegen derer das Verfahren geführt wird. Das kann etwa Berichtsanforderungen betreffen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2004 - RiZ (R) 5/03, juris Rn. 31).

18

aa) Entgegen der Auffassung des Dienstgerichtshofs enthält der Vermerk vom 12. Oktober 2011 keine im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung selbständige und andersartige Beschwer.

19

Als Verfahrenshandlung auf dem Weg zu einer Entscheidung über eine Maßnahme der Dienstaufsicht sind die Aussagen nicht schon deshalb selbständig angreifbar oder haben selbständige Rechtswirkungen zu seinen Lasten, weil der Antragsteller behauptet, sie beeinträchtigten ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer muss zumindest schlüssig vorgetragen oder erkennbar, nicht nur behauptet sein. Dass schon durch die Mitteilung, Maßnahmen der Dienstaufsicht würden ins Auge gefasst, "Vorwirkungen" auf die Unabhängigkeit vorliegen können, weil der Richter sein Verhalten entsprechend einrichten könnte, genügt für sich nicht (vgl. zu Vorwirkungen als Maßnahme auch BGH, Urteil vom 4. März 2015 - RiZ (R) 4/14, NVwZ-RR 2015, 826 Rn. 23). Die behauptete verhaltenssteuernde Wirkung der Mitteilung und Bitte um Stellungnahme steht in der Wirkung der endgültigen Maßnahme gleich und wird damit von dem Ausschluss der selbständigen Anfechtbarkeit von Vorbereitungsmaßnahmen erfasst.

20

bb) Eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer liegt entgegen der Auffassung des Dienstgerichtshofs auch nicht mit einzelnen Formulierungen des Vermerks vom 12. Oktober 2011 deshalb vor, weil diese im endgültigen Bescheid inhaltlich nicht mehr enthalten sind. Dass eine Verfahrenshandlung nicht selbständig anfechtbar ist, bezieht sich nicht nur auf die Vornahme der Verfahrenshandlung, also hier die Einleitung des Verfahrens und die Gelegenheit zur Stellungnahme, sondern auch auf den Inhalt der beabsichtigten Maßnahme, hier also den beabsichtigten Inhalt von Vorhalt und Ermahnung. Daher sind einzelne Formulierungen des Vermerks, mit dem die Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben werden soll, nicht selbständig anfechtbar, soweit sie Vorhalte oder Ermahnungen ankündigen. Wenn diese im endgültigen Bescheid weggefallen sind, gibt es keinen Anlass für Rechtsschutz durch die Richterdienstgerichte. Soweit sie im endgültigen Bescheid wiederholt werden oder darauf Bezug genommen wird, kann dies mit dem Rechtsbehelf gegen den endgültigen Bescheid geltend gemacht werden. Die Ausführungen im Vermerk, der Antragsteller habe das Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren und ihr Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt, haben im Hinblick auf die beabsichtigten Vorhalte keine selbständige Bedeutung, enthalten insbesondere keine eigenständige Beschwer.

21

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 DRiG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Mayen     

      

Drescher     

      

Menges

      

Koch     

      

Gericke     

      

Tenor

Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 17. April 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Dienstgerichtshof für Richter zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Richter am Oberlandesgericht K.    .

2

Mit Vermerk vom 12. Oktober 2011 teilte die Präsidentin des Oberlandesgerichts dem Antragsteller mit, dass sie beabsichtige, ihm im Rahmen der Dienstaufsicht die ordnungswidrige Art der Ausführung seiner Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.

3

Am 26. Januar 2012 erließ sie den folgenden, dem Antragsteller zugestellten Bescheid:

"Vorhalt und Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG:

Sehr geehrter Herr S.          ,

die richterliche Unabhängigkeit verbietet nach ganz herrschender und auch von mir geteilter Ansicht für Richter die Festlegung von Arbeitszeiten. Der von einem Richter geschuldete Einsatz ist deshalb nach dem durchschnittlichen Erledigungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.09.1982 - 2 B 12/82 - NJW 1983, 62 - juris Rn. 3 a.E.). Das Durchschnittspensum unterschreiten Sie seit Jahren ganz erheblich und jenseits aller großzügig zu bemessender Toleranzbereiche. Im Jahre 2011 erledigten Sie sogar weniger Verfahren als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtagsrichterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspricht.

        U-Verfahren

                 

Erledigungen

Offene Verfahren

Überjährige
Verfahren

2008   

ROLG S.

43    

76    

23    

        

OLG gesamt   

74,7         

61,9         

9,5       

2009   

ROLG S.

58    

98    

23    

        

OLG gesamt

71,2         

66,0         

15,7         

2010   

ROLG S.

48    

127     

60    

        

OLG gesamt

71,4         

64,4         

17,7         

2011   

ROLG S.

37    

88    

22    

        

OLG gesamt

74,6         

61,6         

14,3         

Quelle:

Eingänge, Offene und überjährige Verfahren 2008 - 2010: Erledigungsstatistik des OLG

Eingänge 2011 und Erledigungen 2008 - 2011: Hades Zivil

Nach § 26 Abs. 2 DRiG halte ich Ihnen deshalb die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vor und ermahne Sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte.

Die von Ihrem Bevollmächtigten nach Ablauf der Ihnen gewährten Stellungnahmefrist beantragte weitere Fristverlängerung lehne ich ab. Ich hatte Ihnen die beabsichtigte Maßnahme der Dienstaufsicht und deren Begründung bereits am 18.10.2011 erläutert und Ihnen eine auf Ihr Gesuch verlängerte Stellungnahmefrist bis zum 20.01.2012 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist von einem Vierteljahr hatten Sie ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Dabei ist zu sehen, dass Sie den Grund der Maßnahme, d.h. Ihre unterdurchschnittliche Erledigungsleistung, nicht in Abrede gestellt, sondern in Ihrer Überlastungsanzeige vom 31.10.2011 ausdrücklich eingeräumt haben, schon seit 2002 am OLG als Berichterstatter in der Regel statistisch zu weniger Verfahrenserledigungen beigetragen zu haben, als der Durchschnitt der Kolleginnen und Kollegen. Auch haben Sie die Ihnen eröffnete Möglichkeit, dem Präsidium in der Präsidiumssitzung vom 16.12.2011 zu der Problematik Rede und Antwort zu stehen, nicht genutzt, da das Präsidium Ihrem Bevollmächtigten aus Rechtsgründen die Teilnahme an der Präsidiumssitzung nicht gestattet hat.

Eine Beeinträchtigung ihrer richterlichen Unabhängigkeit ist mit dieser Maßnahme der Dienstaufsicht nicht verbunden. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht das Recht, Richtern die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und sie zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass die monatelange Nichtbearbeitung von Teilbereichen eines richterlichen Dezernats ebenso beanstandet werden kann wie ein unbefriedigendes Arbeitspensum eines Richters (vgl. BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 22.09.1998 - RiZ 2/97 - DRiZ 1999, 141 <144> m.w.N.; stRspr.; vgl. auch Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 26 Rn. 24 a.E.)."

4

Gegen den Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein, den die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2012 zurückwies.

5

Der Antragsteller hat beim Dienstgericht für Richter beantragt festzustellen, dass der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 26. Januar 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20. April 2012 unzulässig sind. Das Dienstgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart zurückgewiesen. Das Anhalten zu vermehrten Erledigungen sei mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar. Dem Richter werde nicht nahegelegt, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben, und auf ihn auch kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt. Dagegen richtet sich die Revision des Antragstellers.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Dienstgerichtshofs und zur Zurückverweisung.

7

I. Der Prüfungsantrag ist zulässig. Der Antragsteller hat einen Prüfungsantrag nach § 63 Nr. 4 Buchst. f BW-LRiStAG i.V.m. § 26 Abs. 3 DRiG gestellt.

8

Soweit der konkret gestellte Antrag nicht nur dahin geht, die Unzulässigkeit des Bescheids oder einzelner Formulierungen festzustellen, sondern weitergehende Formulierungen zur Tatsachengrundlage bzw. dem Zweck des Bescheids enthält, ist er zwar unzulässig. Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 BW-LRiStAG stellt das Gericht im Prüfungsverfahren die Unzulässigkeit der Maßnahme fest oder weist den Antrag zurück. Die zu weitreichenden Formulierungen führen aber nicht zur Unzulässigkeit des gesamten Antrags. Nach § 88 VwGO ist das Gericht nicht an die Fassung der Anträge gebunden, und das Rechtsschutzziel, auf das es allein ankommt, lässt sich den Anträgen entnehmen, abgesehen davon, dass mit dem zweiten Hilfsantrag auch ein Antrag ohne über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Formulierung gestellt ist.

9

II. Die Zurückweisung der Berufung durch den Dienstgerichtshof hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung hätte der Dienstgerichtshof den Prüfungsantrag nicht für unbegründet erachten dürfen.

10

1. Nach § 26 Abs. 1 DRiG untersteht der Richter einer Dienstaufsicht nur, soweit dadurch seine Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird. Der Rechtsweg zu den Dienstgerichten findet statt, wenn ein Richter behauptet, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige. Die Prüfungsbefugnis der Dienstgerichte ist aus diesem Grund sowohl hinsichtlich des Anfechtungsgegenstandes (auf Maßnahmen der Dienstaufsicht) als auch hinsichtlich des Anfechtungsgrundes (auf Beeinträchtigungen der richterlichen Unabhängigkeit) beschränkt. Die weitergehende Rechtmäßigkeitskontrolle von Maßnahmen der Dienstaufsicht obliegt den Verwaltungsgerichten. Die beschränkte Prüfungsbefugnis unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, NVwZ 2016, 764 Rn. 93).

11

2. Das gilt auch für Maßnahmen der Dienstaufsicht, die sich auf das Arbeitspensum eines Richters beziehen.

12

a) Auch die Arbeitsleistung des Richters in quantitativer Hinsicht unterliegt der Dienstaufsicht und ist ihr nicht von vornherein entzogen. Das folgt schon aus § 26 Abs. 2 DRiG. Danach umfasst die Dienstaufsicht ausdrücklich auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

13

Der angefochtene Bescheid enthält einen solchen Vorhalt. Dem Antragsteller wird nach der Auslegung des Dienstgerichtshofs vorgehalten, dass seine Erledigungszahlen deutlich hinter denjenigen anderer am Oberlandesgericht K.        tätiger Richter zurückbleiben, und die Zahl seiner überjährigen Verfahren den Durchschnittswert der beim Oberlandesgericht K.      tätigen Richter deutlich übersteigt. An diese Auslegung des Tatrichters ist das Dienstgericht des Bundes als Revisionsgericht grundsätzlich gebunden. Die tatrichterliche Würdigung einer Äußerung oder Erklärung ist nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ob wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen wurde, oder ob sie sonst auf Rechtsfehlern beruht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 4/13, juris Rn. 18; Urteil vom 4. März 2015 - RiZ (R) 4/14, NVwZ-RR 2015, 826 Rn. 25).

14

Mit diesem Vorhalt wird dem Antragsteller eine quantitativ unbefriedigende Arbeitsleistung vorgehalten und nicht nur ein statistischer Zahlenvergleich gemacht. Der Bescheid weist der Statistik allerdings einen besonderen Stellenwert zu. Er bezieht sich nicht nur für den geschuldeten Einsatz auf ein durchschnittliches Erledigungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter, sondern listet daran anschließend Erledigungszahlen, offene Verfahren und überjährige Verfahren auf. Seinem Sinn nach geht er aber darüber hinaus. Er hält dem Antragsteller eine ungenügende Erledigung und damit eine ungenügende quantitative Arbeitsleistung vor. Im Bescheid kommt das trotz des Hinweises auf ein Durchschnittspensum und der Aufnahme der Tabelle mit Erledigungszahlen auch dadurch zum Ausdruck, dass von einem unbefriedigenden Arbeitspensum gesprochen wird und davon, dass der Antragsteller weniger erledigt habe, als dies der durchschnittlichen Leistung eines Halbtagsrichters/einer Halbtagsrichterin entsprochen habe.

15

Zusammen mit der Tabelle, in der die Zahl der offenen und der "überjährigen" Verfahren festgehalten ist, wird damit zum Ausdruck gebracht, dass der Antragsteller eine quantitativ unzureichende Arbeitsleistung erbringt, so dass im Verhältnis zu anderen Richterinnen und Richtern deutlich mehr offene Verfahren und damit Arbeitsreste und Rückstände entstanden sind.

16

b) Der Vorhalt und das Anhalten zu einer unverzögerten Erledigung beeinträchtigt den Antragsteller grundsätzlich nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit.

17

aa) Wegen einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ist allein die eigentliche Rechtsfindung der Dienstaufsicht vollständig entzogen. Eine Maßnahme der Dienstaufsicht ist wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit unzulässig, wenn sie in diesem Bereich auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter entscheiden oder verfahren soll; insoweit muss sich die Dienstaufsicht auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten (BVerfG, NVwZ 2016, 764 Rn. 76; BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83, BGHZ 90, 41, 43 f.). Dabei ist im Interesse eines wirksamen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit eine großzügige Grenzziehung geboten und sind deshalb alle der Rechtsfindung auch nur mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen in diesen dienstaufsichtsfreien Raum einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 - RiZ (R) 7/84, BGHZ 93, 238, 243 mwN). Der Versuch, den Richter in seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigender Weise zu einer bestimmten Art der Erledigung zu veranlassen, wäre mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1977 - RiZ (R) 1/77, BGHZ 69, 309, 313).

18

Dagegen ist die richterliche Unabhängigkeit nicht schon allein dann beeinträchtigt, wenn der Richter unmittelbar oder mittelbar mit dem Vorhalt zu einer Änderung seiner Arbeitsweise veranlasst wird. Das Gesetz geht in § 26 Abs. 1 DRiG selbst davon aus, dass die richterliche Amtstätigkeit in Teilbereichen der Dienstaufsicht zugänglich ist, und gibt den dienstaufsichtführenden Stellen in § 26 Abs. 2 DRiG ausdrücklich die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung von Amtsgeschäften vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer und unverzögerter Erledigung zu ermahnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes unterliegt daher die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 - RiZ (R) 7/84, BGHZ 93, 238, 244 mwN).

19

bb) Der Vorhalt von Rückständen oder Arbeitsresten und die (auch) hierauf bezogene Ermahnung, die übertragenen Aufgaben fortan ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, stellen nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes daher grundsätzlich noch keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422; Urteil vom 3. November 2004 - RiZ (R) 5/03, juris Rn. 34; Urteil vom 8. November 2006 - RiZ (R) 2/05,NJW-RR 2007, 281 Rn. 21; Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35). Darin liegt weder eine irgendwie geartete Einflussnahme auf den Inhalt der zu treffenden Entscheidungen noch sonst der Versuch, den Richter anzuhalten, sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben. Ebenso wenig bedeutet die Aufforderung, geringere Rückstände auflaufen zu lassen, für sich allein den Versuch, den Richter in seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigender Weise zu einer bestimmten Art der Erledigung zu veranlassen. Damit wird der Richter zwar aufgefordert, seine Arbeitsweise zu ändern, aber nicht, in einem bestimmten Sinn zu entscheiden oder sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben.

20

Es geht vielmehr um eine der Dienstaufsicht unterliegende Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs der Amtsgeschäfte des Richters. Rückstände sind gleichbedeutend mit Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse. Dem entgegenzuwirken, ist eine legitime Aufgabe der Justizverwaltungen (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420). Dabei darf auch Einfluss auf die Arbeitsweise eines Richters genommen werden und er angehalten werden, seine Arbeitsweise so zu gestalten, dass keine Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422; Urteil vom 8. November 2006 - RiZ (R) 2/05, NJW-RR 2007, 281 Rn. 19).

21

cc) Allerdings gibt es eine Grenze, von der an einem Richter mit Rücksicht auf seine von Verfassungs wegen geschützte Unabhängigkeit Rückstände von der Dienstaufsicht nicht zur Last gelegt werden dürfen. Diese Grenze steht in Frage, wo eine Erledigung der Eingänge in sachgerechter Weise nicht mehr möglich ist. Würde der Richter gleichwohl wegen der entstehenden Rückstände dienstaufsichtlichen Maßnahmen ausgesetzt, so würde er zu einer Arbeitsweise gedrängt, bei der die Erledigung um ihrer selbst willen im Vordergrund stünde. Ein dahin wirkender Erledigungsdruck liefe auf die Aufforderung zu einer sachwidrigen Bearbeitung hinaus und wäre mit dem Rechtsprechungsauftrag des Richters nicht zu vereinbaren. Eine dienstaufsichtliche Maßnahme, von der ein solcher Druck ausginge, wäre wegen Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit unzulässig (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420).

22

Die hiernach von der Dienstaufsicht zu respektierende Grenze bestimmt das Dienstgericht des Bundes in ständiger Rechtsprechung eigenständig mit Blick auf den Schutz der richterlichen Unabhängigkeit nicht - wie der Antragsteller für richtig hält - nach den subjektiven Vorstellungen des einzelnen Richters, sondern im Vergleich zu anderen Richtern. Das dienstaufsichtliche Eingreifen wegen vorhandener Rückstände und der mit einem Vorhalt verbundene Erledigungsdruck ist dann eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit, wenn dem Richter damit indirekt ein Pensum abverlangt wird, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422; Urteil vom 3. November 2004 - RiZ (R) 5/03, juris Rn. 34; Urteil vom 5. Oktober 2005 - RiZ (R) 5/04, NJW 2006, 692 Rn. 21; Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35).

23

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, welche Arbeitsleistung dem Richter in allgemein dienstrechtlicher Hinsicht zumutbar ist. Von der Grenze, ab der der Vorhalt von Rückständen und unzureichender Erledigung die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt, unterscheidet das Dienstgericht des Bundes die Frage, ob dem Richter mehr abverlangt wird, als er dienstrechtlich schuldet, als Frage der Richtigkeit des Vorhalts (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420). Wird er an Maßstäben gemessen, die etwa im Vergleich zum übrigen öffentlichen Dienst und der dortigen Arbeitszeit überzogen sind, ist eine dienstaufsichtsrechtliche Maßnahme möglicherweise sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420) und darf aus diesem Grund nicht getroffen werden (vgl. BVerfG, NJW 2012, 2334 Rn. 17 f.). Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ist damit aber nicht, jedenfalls nicht notwendig, verbunden. Die Grenze der Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ist vielmehr erst überschritten, wenn ein Arbeitsanfall in Frage steht, welcher allgemein, also auch von anderen Richtern, nicht sachgerecht bewältigt werden könnte (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420).

24

Diese Grundsätze gelten für Beurteilungen und für ausdrücklich als solche bezeichnete Maßnahmen der Dienstaufsicht gleichermaßen. Auch dienstliche Beurteilungen sind Maßnahmen der Dienstaufsicht (BGH, Urteil vom 16. März 2005 - RiZ (R) 2/04, BGHZ 162, 333, 338). Das Dienstgericht des Bundes hat deshalb auch bei Vorhalten einzelner verzögert erledigter Verfahren oder bestimmter Verfahrensweisen (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005 - RiZ (R) 5/04, NJW 2006, 692 Rn. 21.; Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35) oder beim Vorhalt unzureichender Arbeitsleistung aufgrund der Erledigungs- und Arbeitsrestezahlen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2004 - RiZ (R) 5/03, juris Rn. 34) die Grenze für die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dort gezogen, wo der geforderte Arbeitsanfall auch von anderen Richtern nicht sachgerecht bewältigt werden kann.

25

In dem so vorgenommenen Vergleich liegt auch nicht deshalb eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit, weil dem Richter entweder strukturelle Langsamkeit oder überdurchschnittliche Sorgfalt zum Vorwurf gemacht und damit keine Verletzung von Dienstpflichten vorgeworfen würde (so Wittreck, NJW 2012, 3287, 3290). Dass dem Richter mit einem Vergleich mit der Erledigung anderer Richter in der Sache mittelbar nur entweder strukturelle Langsamkeit oder überdurchschnittliche Sorgfalt "vorgeworfen" werden würden, verkennt schon im Ausgangspunkt, dass auch andere Ursachen hinter einer weit unterdurchschnittlichen Arbeitsleistung liegen können. Die in dem Vorhalt von Rückständen und der Ermahnung zu unverzögerter Erledigung enthaltene Aufforderung, die Arbeitsweise zu ändern, bedeutet nicht, in einem bestimmten Sinn zu entscheiden oder sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben. Vielmehr ist dabei auch zu berücksichtigen, dass Rückstände gleichbedeutend mit Unzuträglichkeiten in der Laufzeit der Prozesse sind. Dem entgegenzuwirken, ist aber eine legitime Aufgabe der Justizverwaltungen (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420). Die richterliche Unabhängigkeit schützt das Interesse der Parteien an einer sachgerechten, unbeeinflussten Entscheidung, nicht eine bestimmte Arbeitsweise des Richters, soweit diese zu Unzuträglichkeiten der Verfahrensabwicklung im Dezernat des Richters führt. Das Interesse der Parteien an einer sachgerechten Erledigung beinhaltet auch das Interesse an einer zügigen, unverzögerten Entscheidung und an einer entsprechenden Arbeitsweise des Richters.

26

Wenn die Leistung aus Gründen der "strukturellen Langsamkeit" in dem Sinn, dass die Menschen unterschiedlich leistungsfähig sind und deshalb nicht jeder die Durchschnittsleistung erbringen kann, nicht erbracht werden kann, und dies vorgehalten wird, beeinträchtigt der Vorhalt die richterliche Unabhängigkeit nicht. Für die Frage, ob die Maßnahmen der Dienstaufsicht als Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit zu werten sind, kommt es nicht auf die individuelle Belastbarkeit des Richters an, sondern - wie oben ausgeführt - darauf, ob ihm ein Arbeitspensum abverlangt wurde, das sich allgemein nicht mehr sachgerecht hätte erledigen lassen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 40). Ob dem Richter mehr abverlangt wird, als er dienstrechtlich schuldet, ist eine Frage der Richtigkeit des Vorhalts (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420), die aufgrund der Beschränkung des Anfechtungsgrunds im Prüfungsverfahren auf die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit nicht von den Dienstgerichten, sondern den Verwaltungsgerichten zu entscheiden ist.

27

Der Vorhalt unterdurchschnittlicher Erledigungen ist auch nicht notwendig ein Mittel, unzulässige Einzelweisungen zur "strafferen" Verhandlungsführung, zum Verzicht auf Beweisaufnahmen u. a. m. zu vermeiden und dennoch im Ergebnis Einfluss auf die Rechtsprechung des Richters zu nehmen, weil dem betroffenen Richter nur die Möglichkeiten bleiben, schlicht mehr zu arbeiten, um im Ergebnis durchschnittlich produktiv zu sein, und seine wöchentliche Arbeitszeit unzulässig zu steigern, oder unsorgfältig zu arbeiten (so Wittreck NJW 2012, 3287, 3291). Der Vergleich mit den Erledigungszahlen anderer zeigt, dass eine vergleichbare tatsächliche Belastung von anderen Richtern ohne Zuhilfenahme pflichtwidriger Praktiken bewältigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 421).

28

c) Die Feststellung des Dienstgerichtshofs, dem Antragsteller werde auch nicht indirekt ein Pensum abverlangt, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt, ist aber in einem entscheidenden Punkt nicht rechtsfehlerfrei getroffen.

29

aa) Der Dienstgerichtshof hat diese Feststellung nicht nur auf die deutlich höheren durchschnittlichen Erledigungszahlen und die deutlich niedrigere durchschnittliche Zahl der offenen bzw. überjährigen Verfahren der anderen Richter am Oberlandesgericht gestützt, sondern auch auf die anderer Richter im selben Senat und auf die eigenen Angaben des Antragstellers in seiner Überlastungsanzeige vom 31. Oktober 2011 an die Senatskollegen. Damit liegt es auch eher fern, dass das von anderen Richtern zu Leistende hier deshalb niedriger anzusetzen ist, weil in den Senaten, denen der Antragsteller angehört, besondere Zuständigkeiten bestehen, die eine geringere Erledigungszahl bedingen. Solche Spezialzuständigkeiten sind aber auch nicht behauptet. Vielmehr verweist der Antragsteller selbst darauf, dass er weniger als andere Richter erledigt, ohne dass er diesen ein pflichtwidriges Verhalten unterstellt.

30

Dem Antragsteller wurde dabei nach den Feststellungen des Dienstgerichtshofs keineswegs - was auch nicht zulässig wäre - nur eine Abweichung von Durchschnittswerten vorgehalten, sondern dass er deutlich weniger Verfahren als andere Richter erledigt, erheblich mehr offene Verfahren und erheblich mehr überjährige Verfahren hat, also seine Arbeitsleistung, gemessen am Pensum, das andere Richter erledigen, erheblich geringer ist.

31

Dass der Dienstgerichtshof für die Bestimmung, ob dem Antragsteller ein Pensum abverlangt wird, das sich auch von anderen Richtern nicht sachgerecht erledigen lässt, auf die durchschnittlichen Erledigungszahlen anderer Richter abgestellt hat, ist für sich allein nicht rechtsfehlerhaft. Allerdings darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass diese Zahlen nur angeben können, was andere Richter tatsächlich erledigen. Eine Zahl über die durchschnittliche Erledigung bildet schon nicht ab, ob die Erledigungszahl mit dem dienstrechtlich geschuldeten Mindesteinsatz oder mit einem überobligationsmäßigen Einsatz erreicht wird. Erst recht lässt sich daraus allein nicht entnehmen, ob die erledigten Verfahren sachgerecht erledigt worden sind. Die tatsächlichen Erledigungszahlen können daher nur einen Anhalt für das Arbeitspensum geben, das sich sachgerecht erledigen lässt, wenn zudem festgestellt werden kann, dass diese Erledigungen sachgerecht erreicht werden. Schon wegen der unterschiedlichen Zuschnitte von Dezernaten und der unterschiedlichen Arbeitsweisen in verschiedenen Spruchkörpern eines Gerichts wird sich daraus kein Punktwert, sondern allenfalls eine ungefähre Größe bestimmen lassen.

32

bb) Zu Unrecht hat sich der Dienstgerichtshof vor allem gehindert gesehen zu überprüfen, ob die Angaben in dem angefochtenen Bescheid darüber, was von anderen Richtern des Oberlandesgerichts K.      erledigt wird, zutreffen.

33

Nach der Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes ist im richterdienstgerichtlichen Verfahren zwar der Frage nicht nachzugehen, ob der angefochtene Bescheid aus anderen Gründen als wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit, etwa wegen sachlicher Unrichtigkeit, fehlerhaft ist (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422; Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff.; ebenso BVerwGE 67, 222, 223 ff.). Hierüber ist vielmehr gegebenenfalls vom Verwaltungsgericht zu befinden. Dazu gehört auch die Frage, zu welcher Arbeitsleistung der Antragsteller dienstrechtlich verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 4/87, NJW 1988, 419, 420), und ob es zutrifft, dass seine Arbeitsleistung unterdurchschnittlich und damit quantitativ unbefriedigend ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005 - RiZ (R) 5/04, NJW 2006, 692 Rn. 26; Urteil vom 3. November 2004 - RiZ (R) 5/03, juris Rn. 36; Urteil vom 14. April 1997 - RiZ (R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 468; Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 5/87, NJW 1988, 421, 422; Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff.; ebenso BVerwGE 67, 222, 223 ff.).

34

Die Zuständigkeit der Dienstgerichte ist dagegen betroffen, wenn zu ermitteln ist, ob der Vorhalt die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Ob dem Richter mit dem Vorhalt indirekt ein Pensum abverlangt wird, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt, ist daher von den Dienstgerichten zu ermitteln und festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2006 - RiZ (R) 2/05, NJW-RR 2007, 281 Rn. 28; Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 35 ff.). Soweit zur Ermittlung dieses Pensums, das sich von anderen Richtern nicht sachgerecht erledigen lässt, unter anderem - wie hier - Durchschnittszahlen der tatsächlichen Erledigungsquote, zu den offenen Verfahren und den überjährigen Verfahren anderer Richter herangezogen werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 38), ist die Prüfungsbefugnis der Dienstgerichte eröffnet. Der Dienstgerichtshof hätte daher den Einwendungen des Antragstellers, diese Zahlen seien nicht zutreffend ermittelt und ihre Ermittlung leide unter methodischen Mängeln, etwa weil es unterschiedliche Zählweisen bei den verschiedenen Senaten gebe, nachgehen müssen.

35

Dass sich dieser Rechtsfehler auf die Entscheidung ausgewirkt hat, kann revisionsrechtlich nicht ausgeschlossen werden. Zwar ist die tatsächliche durchschnittliche Erledigungsquote und die Zahl der nicht erledigten bzw. überjährigen Verfahren anderer Richter des Oberlandesgerichts K.      nur ein Gesichtspunkt, den der Dienstgerichtshof zur Bestimmung dessen, was andere Richter sachgerecht erledigen, herangezogen hat. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Ermittlung der Durchschnittszahlen darauf Auswirkungen hat, selbst wenn die angegebenen Durchschnittszahlen eine erheblich höhere Arbeitsleistung anderer Richter als des Antragstellers ausweisen.

36

3. Im weiteren Verfahren wird ggf. zu berücksichtigen sein, dass den in die Berechnung eingeflossenen Zahlen zu Erledigungen und Rückständen gleiche Eingangszahlen zugrunde liegen, dass bei der Ermittlung auf Richter vergleichbarer Position abzustellen ist (vgl. BVerfG, NJW 2012, 2334 Rn. 17) und dass Durchschnittszahlen für das, was sich von anderen Richtern sachgerecht erledigen lässt, entgegen dem Eindruck, den der angefochtene Bescheid erweckt, nur ein Anhaltspunkt sein können. Zur Feststellung, was sich von anderen Richtern vergleichbarer Position sachgerecht erledigen lässt, kann der Dienstgerichtshof darüber hinaus ggf. auch auf eigene Erfahrung zurückgreifen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09, juris Rn. 38).

Mayen     

      

Drescher     

      

Menges

      

Koch     

      

Gericke     

      

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

Auf die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz wird der Beschluss der 2. großen Strafkammer – Jugendkammer I – des Landgerichts Koblenz vom 2. Juli 2014 aufgehoben.

Die Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mayen vom 16. Oktober 2013 wird als unbegründet verworfen.

Die Verfahren über die Beschwerde und die weitere Beschwerde sind gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Das Jugendschöffengericht Mayen sprach den Angeklagten durch Urteil vom 29. Mai 2013 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen schuldig, verwarnte ihn und erteilte ihm eine Arbeitsauflage. Während der Verteidiger und der Angeklagte unmittelbar nach der Urteilsverkündung auf Rechtsmittel verzichteten, legte die Staatsanwaltschaft, die in der Hauptverhandlung eine zur Bewährung auszusetzende Jugendstrafe beantragt hatte, am 31. Mai 2013 Berufung ein.

2

Das schriftliche Urteil, das am 11. Juni 2013 zu den Akten gelangte, wurde aufgrund Verfügung des Vorsitzenden vom 10. Juni 2013 dem Verteidiger und dem Angeklagten zusammen mit der Mitteilung über die rechtzeitige Berufungseinlegung durch die Staatsanwaltschaft formlos übersandt. Statt das Urteil aufgrund richterlicher Anordnung an die Staatsanwaltschaft zuzustellen, um die Rechtsmittelbegründungsfrist in Lauf zu setzen, leitete die Geschäftsstelle des Jugendschöffengerichts unter dem 13. Juni 2013 die Akte der Staatsanwaltschaft zu mit der Bitte um Weiterleitung zur Entscheidung über die eingelegte Berufung. Nachdem die Akten am 18. Juni 2013 dort eingegangen waren, nahm die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 25. Juni 2013, eingegangen bei dem Amtsgericht am 1. Juli 2013, die Berufung zurück. Eine Auslagenentscheidung zugunsten des Angeklagten erging nicht. Am 1. Juli 2013 erhielt das Urteil Rechtskraftvermerk.

3

Bereits mit Telefax vom 18. Juni 2013 hatte sich der Verteidiger bei dem Vorsitzenden des Schöffengerichts für die Mitteilung über die fristwahrende Berufungseinlegung bedankt, das Berufungsgericht um Abstimmung des Hauptverhandlungstermins gebeten und ausgeführt: „Die Berufung der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Rechtsfolgenausspruch richten wird, ist unbegründet, so dass sie zurückzuweisen ist“ (Bl. 95 d.A.).

4

Nach Erledigung eines Kostenfestsetzungsantrags für das erstinstanzliche Verfahren beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 10. Juli 2013, geändert mit weiterem Schreiben vom 1. August 2013, die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung für das Berufungsverfahren, und zwar der Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV-RVG von 216 € und der Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG von 20 €, zuzüglich Mehrwertsteuer, d.h. insgesamt 280,84 €. Mit Schriftsatz vom 15. August 2013 wies der Verteidiger außerdem darauf hin, dass seinem an das Amtsgericht adressierten Schriftsatz vom 18. Juni 2013 eine nach Erhalt der Benachrichtigung von der Berufungseinlegung durchgeführte Besprechung mit dem früheren Angeklagten unter Einbeziehung von dessen Mutter vorausgegangen sei.

5

Nach ablehnender Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse vom 23. August 2013 wies der Rechtspfleger des Amtsgerichts Mayen mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 den Antrag des Verteidigers auf Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung für das Berufungsverfahren zurück, weil vor Abgabe einer Berufungsbegründung durch die Staatsanwaltschaft keinerlei Veranlassung zu einem Verteidigerhandeln bestanden habe. Die allgemeine Erörterung des schriftlich abgefassten Urteils gehöre im Übrigen zu den Verteidigerkosten der ersten Instanz und löse keine Berufungsgebühr aus. Der Beschluss wurde dem Verteidiger am 9. Oktober 2013 zugestellt.

6

Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2013 legte der Verteidiger dagegen Rechtsmittel ein. Den als Erinnerung nach § 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 RVG zu wertenden Rechtsbehelf hat das Schöffengericht Mayen durch Beschluss vom 16. Oktober 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

7

Gegen den ihm am 24. Oktober 2013 zugestellten Beschluss hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom selben Tag, eingegangen am 25. Oktober 2013, Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung er insbesondere darauf hingewiesen hat, dass die vom Schöffengericht zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Koblenz 2 Ws 424/06 vom 3. Juli 2006 (NStZ 2007, 423) und des Landgerichts Koblenz 9 Qs 50/08 vom 27. August 2008 (JurBüro 2009, 198) in Festsetzungsverfahren nach § 464b StPO ergangen und auf die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung nicht übertragbar seien. Nach Zugang der Nichtabhilfeentscheidung des Schöffengerichts vom 5. November 2013 hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 15. Januar 2014 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Amtsgerichts St. Goar (Beschluss 2090 Js 51738/12 - 2 Ds vom 09.01.2014) ausgeführt, dass im Verfahren nach § 55 RVG eine Prüfung der Erstattungsfähigkeit der Gebühren nicht stattfinden dürfe. Eine solche sei nach § 46 RVG nur bei Auslagen zulässig.

8

Nach Übertragung der Entscheidung über die Beschwerde auf die Kammer durch Beschluss der Einzelrichterin vom 2. Juli 2014 hat die 2. Große Strafkammer – Jugendkammer I) des Landgerichts Koblenz durch Beschluss vom selben Tag der Beschwerde des Pflichtverteidigers stattgegeben. Sie hat die Beschlüsse des Amtsgerichts Mayen vom 1. Oktober 2013 und vom 16. Oktober 2013 aufgehoben, die dem Pflichtverteidiger aus der Staatskasse für das Berufungsverfahren zu zahlende Vergütung antragsgemäß auf 280,84 € festgesetzt und die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.

9

Gegen die ihm am 11. Juli 2014 zugestellte Entscheidung hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Koblenz mit Schreiben vom selben Tag, das der Strafkammer am 14. Juli 2014 vorlag, weitere Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist er auf den im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG ergangenen Beschluss des Kammergerichts 1 Ws 168/10 vom 19. Mai 2011 (JurBüro 2012, 471), wonach eine Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV-RVG ausscheidet, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Berufung vor deren Begründung zurückgenommen hat. Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde am 15. Juli 2014 nicht abgeholfen.

II.

10

1. Das Rechtsmittel, über das der Senat in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet, weil auch das Landgericht nicht durch den Einzelrichter entschieden hat (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 RVG), ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 1 RVG statthaft. Das Landgericht hat sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen. Die Beschwerde erfüllt auch die weiteren Zulässigkeitserfordernisse. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 7 RVG).

11

2. Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse hat auch in der Sache Erfolg.

12

Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 2 RVG). Da dem Pflichtverteidiger kein Anspruch auf Festsetzung einer Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren nach Nr. 4124 VV-RVG und der Post- und Telekommunikationspauschale für das Berufungsverfahren nach Nr. 7002 VV-RVG gegen die Staatskasse zusteht, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mayen vom 16. Oktober 2013 als unbegründet zu verwerfen.

13

a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind im Verfahren nach § 464b StPO Verteidigerkosten im Revisionsverfahren für eine Tätigkeit schon vor der Begründung nicht erstattungsfähig, wenn die Staatsanwaltschaft die allein von ihr eingelegte Revision vor deren Begründung zurücknimmt. Denn für die Tätigkeit des Verteidigers besteht bei alleinigem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft eine rechtliche Notwendigkeit solange nicht, wie diese ihre Revision nicht begründet hat (Senat, Beschluss 2 Ws 424/06 vom 03.07.2006, NStZ 2007, 423; OLG Bremen NStZ 2011, 391; OLG Rostock JurBüro 2009, 541; KG, Beschluss 3 Ws 463/05 vom 13.12.2006, juris; OLG Köln Rpfleger 2003, 685; OLG Oldenburg JurBüro 2002, 531; OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 351; OLG Karlsruhe JurBüro 1996, 199; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 299). Zwar hat ein Angeklagter durchaus ein anzuerkennendes Interesse, eine anwaltliche Einschätzung der Erfolgsaussichten der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision zu erhalten. Vor Zustellung des Urteils und Begründung der Revision beschränkt sich dieses Interesse aber auf ein subjektives Beratungsbedürfnis, während hingegen objektiv eine Beratung weder erforderlich noch sinnvoll ist. Denn sachgerechte und zweckdienliche Tätigkeiten eines verständigen Verteidigers können erst dann angezeigt sein, wenn feststeht, dass die Staatsanwaltschaft das von ihr eingelegte Rechtsmittel nach näherer Überprüfung der Erfolgsaussichten überhaupt weiterverfolgt, und an Hand der Anträge und der Begründung (§ 344 StPO) das Ziel und der Umfang der Revisionsangriffe feststellbar sind. Der dann feststehende Gegenstand der Revisionsrügen ermöglicht erst eine auf den Einzelfall bezogene und das weitere Vorgehen präzisierende Beratung des Angeklagten durch seinen Verteidiger. Vor Zustellung einer Revisionsbegründung kann der Angeklagte sich mit seinem Verteidiger nur über potentielle und hypothetische Revisionsangriffe beraten und theoretisch eine bestimmte Verteidigungsstrategie entwerfen; eine diesbezügliche Tätigkeit des Verteidigers wäre nur spekulativ, also gerade nicht zweckentsprechend und sachgerecht (OLG Koblenz a.a.O.).

14

b) Nichts anderes gilt im hier vorliegenden Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG (s. dazu aa). An der Beurteilung ändert sich auch dadurch nichts, dass es sich vorliegend nicht um eine Revision, sondern eine Berufung der Staatsanwaltschaft handelt (s. dazu bb).

15

aa) Wie im Festsetzungsverfahren nach § 464b StPO sind auch im Verfahren nach § 55 RVG nur die Gebühren und Auslagen des Pflichtverteidigers erstattungsfähig, die zur Rechtsverfolgung notwendig waren (vgl. KG, Beschluss 1 Ws 168/10 vom 19.05.2011, zit. nach juris Rn. 4, JurBüro 2012, 471; zum Parallelfall der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung des Nebenklagevertreters bei alleiniger Revision der Staatsanwaltschaft vgl. OLG Koblenz, Beschluss 1 Ws 325/13 vom 03.06.2013). Entgegen der Auffassung der Jugendkammer I des Landgerichts Koblenz ist aus der Regelung des § 46 Abs. 1 RVG, wonach Auslagen, insbesondere Reisekosten, nicht vergütet werden, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren, nicht der Schluss zu ziehen, dass die Notwendigkeit der entstandenen Gebühren im Verfahren nach § 55 RVG nicht zu prüfen ist. § 46 Abs. 1 RVG entspricht der Vorgängervorschrift des § 126 Abs. 1 Satz 1 BRAGO, dessen negative Fassung beibehalten wurde. Die Vorschrift begründet eine Beweislast für die Staatskasse, dass Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich waren, d.h. im Zweifel ist die Notwendigkeit anzuerkennen (BDrucks. 15/1971 S. 200). Für die Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts hat der Gesetzgeber ersichtlich keinen Bedarf für eine Beweislastregelung gesehen, da über die Notwendigkeit der gebührenauslösenden Tätigkeit des Rechtsanwalts regelmäßig keine Zweifel bestehen, sondern die Frage der Notwendigkeit eindeutig zu beantworten ist. Dass nur die Gebühren und Auslagen des Pflichtverteidigers erstattungsfähig sind, die zur Rechtsverfolgung notwendig waren, folgt aus § 47 Abs. 1 StPO. Nach dieser Vorschrift bestimmt sich der Vergütungsanspruch nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Aus dem durch die Bestellung des Rechtsanwalts begründeten öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis ergibt sich die im Interesse der Allgemeinheit obliegende Verpflichtung, keine Gebühren durch unnötiges Verteidigungsverhalten auszulösen (KG aaO). Eine Pflichtverteidigerbeiordnung ist – worauf der Rechtspfleger des Amtsgerichts Mayen bereits zutreffend hingewiesen hat (vgl. Stellungnahme vom 28.10.2013, Bl. 131R d.A.) – stets so zu verstehen, dass nur erforderliches Verteidigerhandeln in Auftrag gegeben und vergütet wird.

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bb) Wie im Falle der Revision sind auch bei alleiniger Berufung der Staatsanwaltschaft Verteidigerkosten im Berufungsverfahren für eine Tätigkeit vor Rechtsmittelbegründung nicht erstattungsfähig, wenn die Staatsanwaltschaft die Berufung vor deren Begründung zurücknimmt. Wie nach Revisions- können auch nach Berufungseinlegung sachgerechte und zweckdienliche Tätigkeiten eines verständigen Verteidigers erst dann angezeigt sein, wenn feststeht, dass die Staatsanwaltschaft das von ihr eingelegte Rechtsmittel nach näherer Überprüfung der Erfolgsaussichten überhaupt weiterverfolgt, und an Hand der Begründung (§ 317 StPO), zu der die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist (vgl. § 320 Satz 2 StPO, Nr. 156 Abs. 1 RiStBV), das Ziel und der Umfang des Rechtsmittels feststellbar sind.

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c) Besonderheiten, die ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Da der Angeklagte und der Verteidiger das schriftliche Urteil frühestens am 12. Juni 2013 formlos übersandt erhielten, musste der Verteidiger davon ausgehen, dass das schriftliche Urteil auch der Staatsanwaltschaft nicht früher zugestellt worden war, die Berufungsbegründungsfrist deshalb frühestens am 19. Juni 2013 ablief. Die vorher erfolgte Besprechung mit dem Angeklagten und die Abfassung des Schriftsatzes vom 18. Juni 2013, in dem er über das Rechtsmittelziel der Staatsanwaltschaft nur spekulieren konnte, stellen deshalb keine erforderliche Verteidigertätigkeit dar.

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Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach in Zivilsachen bei Stellung des Zurückweisungsantrags vor Zustellung der Berufungsbegründung eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 Nr. 1 VV-RVG anfällt, nicht aber die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG (Beschluss VI ZB 21/06 vom 03.07.2007, juris), kann zu keiner abweichenden Entscheidung führen (OLG Koblenz, Beschluss 1 Ws 325/13 vom 03.06.2013). Die Gebührentatbestände für Straf- und Zivilverfahren im Vergütungsverzeichnis zum RVG sind nicht vergleichbar. Anders als für das Berufungs- oder Revisionsverfahren in Zivilsachen in den Nrn. 3200/3201 und 3206/3207 VV-RVG sieht der 4. Teil des Vergütungsverzeichnisses für die Berufung und die Revision in Strafsachen keine Differenzierung der Gebührenhöhe danach vor, ob der Auftrag vorzeitig beendigt wurde. Außerdem liegt in Strafsachen anders als in Zivilsachen im Zeitpunkt des regelmäßigen Beginns der Rechtsmitteleinlegungsfrist noch kein schriftliches Urteil vor. Rechtsmittel werden deshalb in Strafsachen häufig nur vorsorglich eingelegt und nach Zustellung des schriftlichen Urteils und Einsicht in das Hauptverhandlungsprotokoll, das erst vor der Urteilszustellung fertig gestellt sein muss (§ 273 Abs. 4 StPO), zurückgenommen. In Strafsachen ist den Beteiligten deshalb das Abwarten der Rechtsmittelbegründung zuzumuten (OLG Koblenz aaO).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.

(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

(3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.