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| Die Klägerinnen und ihr Streithelfer wenden sich - in unterschiedlichem Umfang - gegen Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 30.01.2009. Betroffen sind die Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands (Tagesordnungspunkt [TOP] 3) sowie des Aufsichtsrats (TOP 4) für das Geschäftsjahr 2007/2008, die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (TOP 5) sowie die Vergütung des ersten Aufsichtsrats der Beklagten (TOP 6). |
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| 1. Die Klägerinnen und ihr Streithelfer (Bl. 98) sind mindestens seit der Einberufung der Hauptversammlung zum 30.01.2009 Aktionäre der Beklagten. Die Klägerinnen haben an der Hauptversammlung am 30.01.2009 teilgenommen und gegen die von ihnen angefochtenen Beschlüsse Widerspruch (II B.2, S. 24) eingelegt. |
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| 2. Die Beklagte ist eine börsennotierte Gesellschaft in der Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). |
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| a) Nach § 22 der Satzung der Beklagten in der Fassung vom 25.01.2008 (Bl. 479 ff.) reicht ihr Geschäftsjahr jeweils vom 01.08. bis zum 31.07. des folgenden Kalenderjahres. Der Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist in § 2 wie folgt umschrieben: |
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| „§ 2 Gegenstand des Unternehmens |
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| (1) Gegenstand des Unternehmens ist die Leitung von Unternehmen und die Verwaltung von Beteiligungen an Unternehmen, die insbesondere in folgenden Geschäftsfeldern tätig sind: |
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- Entwicklung, Konstruktion, Herstellung und Vertrieb von Fahrzeugen, Motoren aller Art und anderen technischen Erzeugnissen sowie von Teilen und Baugruppen für die genannten Produkte; |
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- Beratung auf dem Gebiet der Entwicklung und Fertigung, insbesondere im Bereich des Fahrzeug- und Motorenbaus; |
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- Beratung und Entwicklung der Datenverarbeitung sowie die Erstellung und der Vertrieb von Erzeugnissen der Datenverarbeitung; |
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- Vermarktung von Waren unter Nutzung von Markenrechten; |
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- Erbringen von Finanzdienstleistungen. |
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| Die Tätigkeit des Unternehmens umfasst insbesondere den Erwerb, das Halten und Verwalten sowie die Veräußerung von Beteiligungen an solchen Unternehmen, deren Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung sowie deren Unterstützung und Beratung einschließlich der Übernahme von Dienstleistungen für diese Unternehmen. |
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| (2) Die Gesellschaft kann in den genannten Geschäftsfeldern auch selbst tätig werden. Dies gilt nicht für genehmigungsbedürftige Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen. |
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| (3) Die Gesellschaft ist berechtigt, alle Geschäfte vorzunehmen und alle Maßnahmen zu ergreifen, die mit dem Zweck des Unternehmens zusammenhängen oder ihm unmittelbar oder mittelbar förderlich erscheinen. Sie kann dazu auch im In- und Ausland Zweigniederlassungen errichten, andere Unternehmen gründen, erwerben oder sich an solchen Unternehmen beteiligen.“ |
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| b) Die Beklagte ist durch Umwandlung der Dr. Ing. h.c. F. P Aktiengesellschaft entstanden, die am 13.11.2007 im Handelsregister eingetragen wurde. Bis zur Umwandlung betrieb die Beklagte ein Unternehmen zur Herstellung von Sportwagen unmittelbar. Der Gegenstand des Unternehmens war in § 2 der Satzung vom 25.06.2007 (Bl. 465 ff.) wie folgt umschrieben: |
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| „§ 2 Gegenstand des Unternehmens |
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| (1) Gegenstand des Unternehmens sind |
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- die Herstellung und der Vertrieb von Fahrzeugen und Motoren aller Art sowie von Teilen und Baugruppen für solche und andere technische Erzeugnisse; |
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- die Durchführung von Entwicklungsarbeiten und Konstruktionen, insbesondere im Bereich des Fahrzeug- und Motorenbaus; |
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- die Beratung auf dem Gebiet der Entwicklung und Fertigung, insbesondere im Bereich des Fahrzeug- und Motorenbaus; |
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- die Beratung und Entwicklung der Datenverarbeitung sowie die Erstellung und der Vertreib von Erzeugnissen der Datenverarbeitung; |
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- die Vermarktung von Waren unter Nutzung von Markenrechten, insbesondere von solchen mit dem Bestandteil „P“ sowie |
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- alle sonstigen Tätigkeiten, die damit in technischer oder wirtschaftlicher Beziehung stehen, einschließlich der Verwertung von gewerblichen Schutzrechten. |
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| (2) Die Gesellschaft ist zur Förderung des Geschäftszwecks, im In- und Ausland andere Unternehmen aller Art zu erwerben oder zu pachten, sich an ihnen in jeder Form zu beteiligen oder ihre Vertretung zu übernehmen, Zweigniederlassungen zu errichten sowie Interessengemeinschafts- und ähnliche Verträge abzuschließen.“ |
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| Im Zuge der Umwandlung wurde ihr operativer Geschäftsbetrieb auf die P Vermögensverwaltungs AG ausgegliedert, die ihrerseits in Dr. Ing. h.c. F. P Aktiengesellschaft (P) umfirmierte und bis zur streitgegenständlichen Hauptversammlung eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten war. Das Grundkapital der Beklagten beträgt 175 Mio. Euro; es ist in je 87,5 Mio. Stamm- und Vorzugsaktien unterteilt. Die Stammaktien wurden zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 ausschließlich von den Familien P und Pi gehalten. |
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| c) Seit 1991 war Herr Dr. W (W) Mitglied des Vorstands der Beklagten; im Jahr 1993 wurde er zum Vorsitzenden des Vorstands bestellt. 1996 trat Herr H (H) in den Vorstand der Beklagten ein. Bis zur Umwandlung waren neben W und H vier weitere Mitglieder des Vorstands der Beklagten bestellt. |
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| aa) Vor der Umwandlung hatte der Aufsichtsrat der Beklagten W zuletzt am 15.11.2006 bis zum 30.09.2012 zum Vorstand bestellt. Am 19.12.2006 wurde ein entsprechender Anstellungsvertrag geschlossen, in dem die Vergütung bis zu diesem Zeitpunkt geregelt wurde. |
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| bb) Im Zuge der Umwandlung wurden W und H sowohl zu Mitgliedern des Vorstands der Beklagten als auch der P bestellt. Im Hinblick auf die beabsichtigte Umwandlung beschloss der zuständige Präsidialausschuss des Aufsichtsrats der Beklagten am 24.07.2007, die Vergütung des W künftig zwischen der Beklagten und der P aufzuteilen. Um den 05.09.2007 wurden entsprechende Anstellungsverträge mit den beiden Gesellschaften geschlossen, die gegenüber dem Anstellungsvertrag vom 19.12.2006 keine Änderungen in Bezug auf die Vergütungshöhe enthielten. Die übrigen Mitglieder des Vorstands der Beklagten wechselten dagegen in den Vorstand der P, ohne dass Neuregelungen in Bezug auf ihre Anstellungsverträge getroffen wurden. |
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| d) Die Bezüge des Vorstands der Beklagten betrugen im Geschäftsjahr 2007/2008 insgesamt 143,5 Mio. Euro; davon waren 139,5 Mio. Euro erfolgsabhängig. |
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| aa) Der Geschäftsbericht der Beklagten für dieses Geschäftsjahr (II B.1) führt dazu auf Seite 19 aus: |
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| Die Vergütung des Vorstands enthält als Elemente feste und variable Bezüge. Ferner bestehen Zusagen für den Fall der Mandatsbeendigung in Form von Ruhegeldzusagen. Nähere Einzelheiten sind im Konzernanhang unter Anmerkung [38] 'Bezüge des Aufsichtsrats und des Vorstands' angegeben.“ |
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| Die Anmerkung auf Seite 194 des Geschäftsberichts lautet wie folgt: |
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| „[38] Bezüge des Aufsichtsrats und des Vorstands |
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| Die Bezüge des Vorstandes bestehen aus einer Grundvergütung und einem vom Ergebnis abhängigen variablen Teil. Die Bezüge des Vorstandes sind ausschließlich kurzfristig fällig und betrugen für das Geschäftsjahr 2007/08 143,5 Mio. EUR (Vorjahr: 112,7 Mio. EUR). Hierin enthalten sind erfolgsbezogene Komponenten in Höhe von 139,5 Mio. EUR (Vorjahr: 107,3 Mio. EUR). Dabei sind jeweils zeitanteilig auch die Vergütungen der vier Vorstände berücksichtigt, deren Anstellungsverträge am 13. November 2007 auf die P Aktiengesellschaft übergegangen sind. Darüber hinaus wurden den Pensionsrückstellungen für aktive Mitglieder des Vorstands TEUR 3.298 (Vorjahr: TEUR 2.824) zugeführt. …“ |
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| bb) In der auf Seite 28 ff. des Geschäftsberichts (II B.1) abgedruckten „Entsprechenserklärung“ gem. § 161 Satz 1 AktG wird ausgeführt, dass den Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) in den maßgeblichen Fassungen grundsätzlich mit im Einzelnen erwähnten Ausnahmen entsprochen werde. So werde u.a. von einer Umsetzung der neuen Empfehlungen in Ziffer 4.2.3 Absatz 4 und der darauf aufbauenden Empfehlung in Absatz 5 DCGK zur Offenlegung der Gesamtvergütung jedes einzelnen Vorstandsmitglieds abgesehen; wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Erklärung Bezug genommen. |
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| cc) Die Hauptversammlung der Beklagten hat im Jahr 2007 beschlossen, die Vergütung der einzelnen Mitglieder des Vorstands nicht zu veröffentlichen. Das Handelsblatt meldete am 27.11.2008 (I K.4), dass W „dem Vernehmen“ nach als erfolgsabhängige Vergütung im Geschäftsjahr 2007/2008 mit ca. 77,4 Mio. Euro rund 0,9 % des Vorsteuerergebnisses von 8,6 Mrd. Euro erhalten habe. |
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| dd) W erklärte zu seiner Vergütung auf der Hauptversammlung vom 30.01.2009 (II B.3, S. 91 f.): |
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| „Es ist in der Tat richtig, ich werde gut bezahlt. Das liegt ganz einfach an der Tatsache, dass mein Gehalt ebenso wie das meiner Vorstandskollegen an das Ergebnis gekoppelt ist. Diese Vergütungsregel hat der Aufsichtsrat getroffen, weil ich persönlich 1994 bei der damals anstehenden Kapitalerhöhung mit meinem Privatvermögen gehaftet habe. Das war kein leichter Schritt, da es dem Unternehmen damals, wer sich daran erinnert, wirklich nicht gut ging. Aber ich habe als Unternehmer gehandelt und nicht als Manager. …“ |
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| Der Aufsichtsratsvorsitzende teilte in der Hauptversammlung vom 30.01.2009 zur Zusammensetzung und Berechnung der Vorstandsvergütungen folgendes mit (II B.3, S. 92 f.): |
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| „Bei der Gesamtvergütung des SE-Vorstands ist die variable Komponente an das Ergebnis der Geschäftstätigkeit auf Konzernebene geknüpft, ist also eine betriebswirtschaftliche Ergebnisgröße. Umsatz oder Anzahl verkaufter Automobile sind nicht entscheidend. Eine Deckelung der Vergütung ist nicht vorgesehen. Sie hatten ja bereits selbst auf die Historie der Vergütung hingewiesen. Die aktuelle Vorstandsvergütung kann nicht losgelöst von der Vergütungssituation der Vergangenheit betrachtet werden. … Rechtliche Grundlage für die Vergütungsregelung sind die Vorstandsverträge. Die variablen Vergütungsbestandteile knüpfen an Ergebnisgrößen, nicht aber an Umsatz oder Anzahl der verkauften Automobile an. …“ |
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| e) Das Konzernergebnis der Beklagten stieg im Geschäftsjahr 2007/2008 gegenüber dem Vorjahr um 46% vor Steuern bzw. 51% nach Steuern an. Dieser Anstieg beruhte vor allen Dingen auf Sondereinflüssen im Zusammenhang mit dem Aufbau der Beteiligung der Beklagten an der V AG (V). Ausweislich des Geschäftsberichts der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 (II B.1, S. 17) erzielte der Konzern der Beklagten in diesem Geschäftsjahr ein Vorsteuerergebnis von 8,569 Mrd. Euro, wovon nur rund 1,0 Mrd. Euro aus dem operativen Geschäft, aber 6,834 Mrd. Euro aus Derivatgeschäften stammten. |
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| 3. Die Beklagte hatte bereits 2005 mit dem Aufbau einer Beteiligung an V begonnen. |
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| a) Neben dem unmittelbaren Erwerb von V-Aktien schloss die Beklagte dazu Derivatgeschäfte (Kurssicherungsgeschäfte) ab. Dabei handelte es sich um auf Barausgleich gerichtete („cash settled“) Optionsgeschäfte. |
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| b) Nachdem der Kurs der V-Stammaktie Mitte Oktober 2008 zunächst von über 200 Euro auf gut 400 Euro gestiegen, anschließend aber wieder unter 200 Euro gefallen war (vgl. Kursentwicklung II B.8, Bl. 725, BB.7), gab die Beklagte in einer Pressemitteilung am 26.10.2008 (II B.6) folgendes bekannt: |
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| „Aufgrund der dramatischen Verwerfungen auf den Finanzmärkten hat sich die P Automobil Holding SE, S., am Wochenende entschlossen, ihre Aktien und Kurssicherungspositionen im Zusammenhang mit der Übernahme der V AG, W., offen zu legen. |
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| Demnach hält die P SE am Ende der vergangenen Woche 42,6 Prozent der V Stammaktien sowie zusätzlich 31,5 Prozent cash gesettelte Optionen auf V Stammaktien zur Kurssicherung, was in der Summe einen Betrag von 74,1 Prozent ergibt. Bei Auflösung dieser cash gesettelten Optionen erhält P die Differenz zwischen dem dann aktuellen V Kurs und dem darunter liegenden Absicherungskurs (dem sogenannten "Strike") ausbezahlt. Die V Papiere werden zum jeweils aktuellen Kurs gekauft. Zielsetzung ist, sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, im Jahr 2009 auf 75 Prozent aufzustocken und damit den Weg für einen Beherrschungsvertrag frei zu machen. An dem Fahrplan, noch im November/Dezember 2008 die 50 Prozent Hürde bei V zu nehmen, wird unverändert festgehalten. |
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| P hat sich zu dieser Bekanntgabe entschlossen, nachdem offenkundig geworden ist, dass deutlich mehr Shortpositionen im Markt sind als erwartet. Die Offenlegung soll deshalb den sogenannten Shortsellern - also Finanzinstituten, die auf einen fallenden V Kurs gewettet haben oder noch wetten - Gelegenheit geben, ihre Positionen in Ruhe und ohne größeres Risiko aufzulösen. |
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| Hinzu kommt, dass nach Presseberichten vom Wochenende die EU Kommission schon in überschaubarer Zukunft die von der Bundesregierung geplante Neuauflage des V-Gesetzes als europarechtswidrig einstufen wird. Es ist zu erwarten, dass in der Folge eine erneute Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht wird. Auch die Tatsache, dass sich die P Eigentümerfamilien P und Pi geschlossen und uneingeschränkt hinter das Vorgehen der P SE Vorstände Dr. W und H stellen, bestärkte den jetzt erfolgten Schritt zur Offenlegung. Wie berichtet, haben sich vergangene Woche die Familien eindeutig für eine Beherrschung des V konzerns durch P ausgesprochen.“ |
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| c) Nach dieser Pressemitteilung stieg der Kurs der V-Stammaktie weiter stark an und erreichte am 28.10.2008 gut 1.000 Euro (vgl. Kursentwicklung II B.8, Bl. 725, BB.7). In einer Pressemitteilung erklärte die Beklagte am 29.10.2008 (II K.5): |
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| „… Um weitere Kursturbulenzen und daraus resultierende Folgen für die beteiligten Akteure zu vermeiden, beabsichtigt die P SE - je nach Marktlage - Kurssicherungsgeschäfte in Höhe von bis zu fünf Prozent der V-Stammaktien aufzulösen. Das kann dazu führen, dass sich die Liquidität der V-Stammaktie erhöht. |
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| Die P SE weist jegliche Verantwortung für diese Marktverwerfungen und die daraus resultierenden Risiken zurück, in die sich die Leerverkäufer selbst gebracht haben. P stellt klar, dass die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zu jeder Zeit beachtet wurden. P war während dieser Kursbewegungen nicht im Markt aktiv. …“ |
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| 4. In der Hauptversammlung der Beklagten am 30.01.2009 wurden die angefochtenen Beschlüsse jeweils einstimmig gefasst, dabei wurde über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat jeweils blockweise abgestimmt, wobei sich die Beschlüsse sowohl auf die bis zum 13.11.2007 amtierenden Organmitglieder der Aktiengesellschaft als auch auf die ab diesem Zeitpunkt amtierenden Organmitglieder der SE bezogen (II B.2, S. 15 ff.). |
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| a) Die Einberufung der Hauptversammlung war am 11.12.2008 nebst Tagesordnung und Beschlussvorschlägen im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht worden. Der Geschäftsbericht zum Geschäftsjahr 2007/2008 (II B.1) lag vor der Hauptversammlung zur Einsicht aus und konnte von den Aktionären kostenlos angefordert oder von der Homepage der Beklagten herunter geladen werden. |
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| b) Neben der notariellen Niederschrift (II B.2) lies die Beklagte ein stenografisches Wortprotokoll der Hauptversammlung anfertigen (II B.3). Zu Beginn der Hauptversammlung legte der Versammlungsleiter allerdings fest, dass Bild- und Tonaufzeichnungen im Versammlungsraum nicht gestattet seien. |
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| c) Im Anschluss an den Bericht des W zum Geschäftsjahr 2007/2008 und zu den Gegenständen der Tagesordnung, in dem dieser auch auf die Beteiligung an V und die in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Optionsgeschäfte einging (II B.3, S. 30 ff.), wurde eine über sieben Stunden andauernde Generaldebatte durchgeführt. |
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| aa) Der Vertreter der Klägerinnen in der Hauptversammlung, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Ziffer 2), stellte eine Vielzahl von Fragen und erklärte überdies, er mache sich „alle Fragen andere[r] Aktionäre, die heute gestellt worden sind,“ zu eigen (II B.3, S. 166; II B.2, S. 11). Gegen Ende der Generaldebatte gab der Versammlungsleiter bekannt, dass die Aktionäre und Aktionärsvertreter Gelegenheit hätten, die gestellten und ihrer Meinung nach nicht beantworteten Fragen zur Niederschrift des Notars zu erklären (II B.2, S. 12). |
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| bb) Auf die anschließende Frage des Versammlungsleiters, ob noch eine Wortmeldung gewünscht werde, meldete sich zwar niemand. Der Vertreter der Klägerinnen und der Aktionärsvertreter B, dieser zugleich für den Aktionärsvertreter L, übergaben dem Notar aber schriftliche Fragenkataloge bzw. handschriftliche Notizen und erklärten ihm mündlich, dass die in Anlage 2 der notariellen Niederschrift dargestellten Fragen nicht beantwortet seien. Dabei machte sich der Vertreter der Klägerinnen neben den vorgenannten Fragen ausdrücklich auch die Fragen des Aktionärsvertreters Dr. Y zu eigen, zu deren Erläuterung er ergänzende Unterlagen übergab (II B.2, S. 12 i.V.m. Anlage 2). |
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| cc) Im Einzelnen gilt zu den hier streitgegenständlichen, in ihrer Bezifferung der Klageerwiderung folgenden Fragen: |
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| Der Vertreter der Klägerinnen stellte in der Hauptversammlung folgende Fragen, die sich auf die Vorgänge im Oktober 2008 um die Optionsgeschäfte der Beklagten und die Kursentwicklung der V-Stammaktie bezogen (II B.3, S. 237): |
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„An welchem Tag im Oktober hatten Sie erstmals Kenntnis vom Short-Squeeze überhaupt?“ |
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„Haben Sie erkannt, dass Ihre Mitteilung vom 26. Oktober geeignet war, Beruhigung in die Märkte zu bringen oder vielmehr Beunruhigung in die Märkte zu bringen?“ |
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„Für wie naiv - ich frage das jetzt ganz drastisch - halten Sie uns und für wie naiv halten Sie in diesem Zusammenhang die BaFin?“ |
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„Aber ich will Sie noch einmal ganz konkret fragen: Was haben Sie wann in diesem Zusammenhang der BaFin gemeldet?“ |
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| Zur selben Thematik fragte der Aktionärsvertreter L (II B.3, S. 131 und 216): |
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„Wieso erfolgte die Mitteilung vom 26.10.2008 gerade zu einem Zeitpunkt, als der Kurs sich fast halbiert hatte und nicht schon wenige Wochen zuvor als bereits ein erster Short-Squeeze stattgefunden hatte?“ |
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„Was waren die konkreten neuen Informationen, die zu Ihrer Mitteilung führten? Nennen Sie bitte auch die Quelle und den Tag der Kenntnisnahme.“ |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete auf die Fragen des Aktionärsvertreters L (II B.3, S. 208 und 246): |
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| „Im Oktober 2008 wurde für uns offenkundig, dass im Markt deutlich mehr Short- Positionen im Hinblick auf V-Stammaktien bestehen mussten, als von uns erwartet. Angesichts dessen gelangten wir am 26.10.2008 zu der Überzeugung, dass die unverzügliche Offenlegung des Anteilsbesitzes von P in Höhe von 42,6 Prozent der V-Stammaktien sowie der zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf V-Stammaktien bestehenden Cash gesettelten Aktienoptionen in Höhe von 31,5 Prozent der V-Stammaktien notwendig war, um den offenkundig in großer Zahl vorhandenen Leerverkäufern Gelegenheit zu geben, ihre Positionen in V-Stammaktien in Ruhe und ohne größeres Risiko aufzulösen.“ |
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| „Wir hielten es für sachgerecht, in diesem Zeitpunkt auch die Absichten im Hinblick auf den weiteren Beteiligungsaufbau bei V und den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit V festzulegen und zu kommunizieren. Daraufhin entschieden wir, eine Erhöhung der V-Beteiligung im Jahr 2009 auf 75 Prozent der Stammaktien als Grundvoraussetzung für einen Beherrschungsvertrag anzustreben und diese Absicht gleichzeitig mit der Offenlegung der gehaltenen V-Stammaktien und der auf V-Stammaktien bezogenen Cash-gesettelten Optionen zu kommunizieren.“ |
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| Auf die Fragen des Vertreters der Klägerinnen antwortete er (II B.3, S. 244): |
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| „Natürlich haben wir auch nach unserer Bekanntgabe am 26.10.2008 die Märkte sorgfältig beobachtet. Wie aber bereits dargelegt, war die Kursentwicklung der V- Stammaktie für uns völlig überraschend. Wir haben bereits am 27.10.2008 von uns aus mit der BaFin Kontakt aufgenommen.“ |
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| Ebenfalls im Zusammenhang mit der Kursentwicklung der V-Stammaktie erklärte der Vorstand der Beklagten außerdem (II B.3, S. 230 f.): |
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| „Erfolgte die anteilige Auflösung der Call-Optionen am 29.10.2008 auf Anweisung oder in Absprache mit der BaFin? Warum wurde dies nicht bereits am 26.10.2008 bekannt gegeben? Wie viel Call-Optionen wurden bereits aufgelöst? Und wie viele Stammaktien wurden damit frei? Welcher Gewinn wurde damit erzielt? |
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| Wir haben am 27. Oktober 2008 Kontakt mit der BaFin aufgenommen. Die BaFin wurde dabei über die beabsichtigten Maßnahmen informiert. Eine Anweisung hierfür gab es nicht. Der Umfang der Kurssicherungsgeschäfte in V-Stammaktien wurde in dem Zeitraum vom 29. Oktober 2008 bis zum 30. November 2008 von rund 31,5% auf rund 28,1 % der V-Stammaktien reduziert. Auch danach gab es keine Veränderungen im Bestand der cash gesettelten Optionen.“ |
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| „Wir haben permanent die Kursentwicklung der V-Aktie überwacht und auch analysiert.“ |
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| Bereits in seiner Rede zum abgelaufenen Geschäftsjahr hatte W in diesem Zusammenhang erklärt (II B.3, S. 31): |
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| „Im Oktober 2008 allerdings waren auffällige Kursbewegungen bei der V-Stammaktie zu beobachten, wobei der Kurs in der Spitze bis auf 400 Euro anstieg, um sich dann innerhalb einer Woche wieder zu halbieren. Weder unsere Kurssicherungsgeschäfte noch die Fundamentaldaten von V oder die Entwicklung des DAX konnten dafür eine Erklärung liefern. Damit war offenkundig, dass im Markt deutlich mehr Leerverkäufe erfolgt sein mussten, als wir dies erwartet hatten.“ |
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| Der Vertreter der Klägerinnen fragte (II B.3, S. 249): |
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| „Gibt es einen V-Tiefstkurs, ab dem P technisch insolvent wäre, und wo liegt er? Ich bin sicher, dass es irgendwelche Korridore gibt, die hier von Bedeutung sein können, zumindest in einer theoretischen Ebene.“ |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete darauf (II B.3, S. 251): |
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| „Wir haben im Endeffekt zugrunde gelegt, als wir diese Struktur aufgebaut haben, dass wir einen Strike festgelegt haben, der die finanzielle Kraft von P nicht überfordert, wenn es einigermaßen vernünftig weiterläuft. Selbst in der Krise - Sie haben ja gesehen, dass es uns im Moment nicht so stark beeinflusst wie andere Automobilhersteller - ist es so, dass diese Strikes so gewählt wurden, dass P sie zahlen kann. Das ist unabhängig vom jeweiligen V-Kurs. Das ist die Struktur dieser Cash-gesettelten Optionen. Deswegen haben wir sie auch abgeschlossen, um einfach eine saubere Kalkulationsbasis zu finden.“ |
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| Auf die Frage, bei welchen Tiefstpreisen von V-Aktien P in Schwierigkeiten komme, antwortete der Vorstand der Beklagten (II B.3, S. 244 und 252): |
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| „Wenn der Kurs von V unter den durchschnittlichen Kaufpreis absinkt, müssen Abschreibungen vorgenommen werden. Bei einem Eigenkapital im Konzern von 16,8 Mrd. Euro und einem Equity-Buchwert von 8,1 Mrd. Euro, glaube ich, beantwortet sich diese Frage von alleine.“ |
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| „Diese Strikes wurden so gewählt, dass P die zahlen kann. Und das ist unabhängig vom jeweiligen V-Kurs.“ |
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| Der Aktionärsvertreter B fragte (II B.3, S. 179 und 61): |
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| „Haben sich Vorstand und Aufsichtsrat bereits vor dem Einstieg bei V konsequent mit der Möglichkeit einer Beteiligung mit einfacher bzw. qualifizierter Mehrheit beschäftigt und mit Absicherungsgeschäften diese Handlungsoption eröffnet? Wenn ja, wann wurden entsprechende Planungen vom Vorstand begonnen, wann wurden entsprechende Beschlüsse vom Vorstand bzw. vom Aufsichtsrat gefasst?“ |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete (II B.3, S. 231): |
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| „Selbstverständlich haben sich Vorstand und Aufsichtsrat vor dem Einstieg mit allen möglichen Optionen eines Beteiligungserwerbs bei V auseinandergesetzt. Die Kurssicherungsgeschäfte sollten die Voraussetzung dafür schaffen, dass P eventuelle Beteiligungsaufstockungen bei V zu wirtschaftlich abgesicherten Konditionen durchführen konnte. Wir wollten verhindern, dass sich in der Zukunft unternehmerisch als sinnvoll betrachtete Beteiligungserhöhungen wegen etwaiger zwischenzeitlich eingetretener Kurssteigerungen der V-Aktie nicht realisieren lassen würden.“ |
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| Auf die Frage, wann die Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats zu den Kurssicherungsgeschäften gewesen seien und ob sich Vorstand und Aufsichtsrat vor dem Einstieg mit Sicherungsgeschäften beschäftigt haben, antwortete der Vorstand der Beklagten (II B.3, S. 138 und 227): |
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| „Die Organe der Gesellschaft haben alle nach Satzung und Geschäftsordnung erforderlichen Beschlüsse gefasst. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu Einzelheiten nicht äußern.“ |
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| Außerdem erklärte der Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung am 30.01.2009 folgendes: |
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| „Alle erforderlichen Organbeschlüsse zur Kurssicherungsstrategie sind zeitgerecht und ordnungsgemäß gefasst worden.“ (II B.3, S. 224) |
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| „Wir haben, wie auch schon erwähnt, die Absicherungsgeschäfte in 2005/2006 begonnen“ (II B.3, S. 227). |
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| „Im Geschäftsjahr 2007/2008 hat sich der Vorstand fortlaufend mit dem V-Engagement befasst. Am 03.03.2008 haben wir entschieden, die Mehrheit am stimmberechtigten Kapital von V zu erwerben. Am 26.10.2008 entschied der Vorstand, eine Erhöhung der Beteiligung im Jahr 2009 auf 75 % als Grundvoraussetzung für einen Beherrschungsvertrag anzustreben“ (II B 3, S. 205). |
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| „Eine solche Absprache hat es selbstverständlich nicht gegeben. Die außerordentliche Aufsichtsratssitzung am 20.10.2008 diente vielmehr der Klärung der weiteren Strategie der P SE insbesondere in Bezug auf die Beteiligung an der V AG. In dieser Sitzung bestätigte der Aufsichtsrat, dass er uneingeschränkt hinter der Arbeit des Vorstands steht. Nachdem sich Aufsichtsrat und die Angehörigen der Familienstämme so ausdrücklich hinter den P-Vorstand gestellt und für eine Beherrschung von V ausgesprochen hatten, entschied der Vorstand am 26.10.2008, eine Erhöhung der V-Beteiligung im Jahr 2009 auf 75% der Stammaktien als Grundvoraussetzung für einen Beherrschungsvertrag anzustreben und diese Absicht gleichzeitig mit der Offenlegung der physischen und synthetischen Position der P SE in V Stammaktien zu kommunizieren. Die Beschlussfassung erfolgte auch vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission nach Agenturmeldungen vom 25. und 26.10.2008 angekündigt hatte, die von der Bundesregierung geplante Novellierung des V-Gesetzes nicht hinnehmen zu wollen.“ (II B.3, S. 222) |
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| Der Aktionärsvertreter B (II B.3, S. 62, 180) und der Vertreter der Klägerinnen (II B.3, S. 171) fragten: |
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„Ist es wahr, dass P Put-Optionen oder Put ähnliche Instrumente auf V-Stammaktien direkt oder indirekt begeben oder verkauft hat?“ |
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„Wenn ja, nennen Sie bitte die Zeitpunkte, Erlöse, Anzahl und die jeweiligen Ausübungsschwellen.“ |
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| H antwortete zunächst (II B.3, S. 139): |
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| „Wir haben uns zu Einzelheiten unserer Optionsstrategie im Unternehmensinteresse bisher nicht geäußert und wollen dies, …, auch weiterhin nicht tun. Bitte haben Sie dafür Verständnis.“ |
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| Er ergänzte später (II B.3, S. 232): |
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| „Die Kurssicherungsstrategie umfasst sowohl den Erwerb von Call-Optionen als auch den Verkauf von Put-Optionen, um die aus dem Kauf der Call-Optionen resultierenden Kosten zu reduzieren. Zu weiteren Einzelheiten - auch das haben wir schon gesagt - wollen wir uns im Unternehmensinteresse nicht äußern.“ |
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| Der Aktionärsvertreter B fragte (II B.3, S. 63, 181): |
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| „Welche Risiken bestehen für P, wenn der Aktienkurs von V unter den Ausübungspreis der Puts fallen sollte? Was ist das Risiko, was ist das Volumen?" |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete zunächst (II B.3, S. 139 f.): |
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| „Durch die Kurssicherungsgeschäfte nehmen wir an der Kursentwicklung der V-Aktie teil. Bedenken Sie, dass wir damit den Kurs für den Erwerb der V-Aktien abgesichert und damit eindeutig für uns kalkulierbar gemacht haben. Für die Absicherung sind marktübliche Konditionen vereinbart worden.“ |
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| Nach Wiederholung der Frage lautete die Antwort (II B.3, S. 225, 228 und 234): |
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| „Ein fallender Börsenkurs der V-Stammaktie kann dazu führen, dass in der Bilanz der P SE im Hinblick auf den fortlaufend durchzuführenden so genannten Werthaltigkeitstest gegebenenfalls außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden müssen. Die Wertminderung würde ertragswirksam erfasst, soweit der erzielbare Betrag für die V-Stammaktie den bis dahin bestehenden Buchwert unterschreitet.“ |
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| „Ein fallender Börsenkurs könnte zudem dazu führen, dass die P SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten. Wirtschaftlich relevant würde dies für uns allerdings erst dann, wenn der Börsenkurs den insgesamt als Strike zugrunde liegenden Kurs unterschreitet. Wir halten das Risiko, dass es dazu kommt, für sehr gering.“ |
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| Bei einem steigenden Börsenkurs der V-Stammaktie steigt die Marktbewertung der im Aktivvermögen der P SE gehaltenen V-Stammaktien entsprechend. Sofern der Börsenkurs der V-Stammaktie zu einem bestimmten Abrechnungsstichtag gestiegen ist, steht P aus den betreffenden Kurssicherungsgeschäften ein Anspruch auf Zahlung dieses Barausgleiches in Höhe des Differenzbetrages zu.“ |
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| Der Aktionärsvertreter B fragte (II B.3, S. 63): |
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| „Wenn der V-Kurs am 27.10.2008 nicht so stark gestiegen wäre, sondern bereits unter 200 Euro oder 100 Euro gefallen wäre, welche Auswirkungen hätte dies für P und welche Auswirkungen, Herr H, hätte dies für Ihren Jahresabschluss? Hätte P bei diesen Szenarien die Finanzmittel, die Finanzierung gehabt, um alle aufgrund der Put-Optionen andienbaren Aktien zu übernehmen? Gerade das war ja das Gegenargument für Herrn K von der D.“ |
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| Darauf wurde geantwortet (II B.3, S. 140): |
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| „Wir bewerten die Aktienoptionen in unserer Bilanz zum jeweiligen Marktwert. Insofern haben die Kursentwicklungen der V-Aktie natürlich Einfluss auf den Jahresabschluss. Bei einem Kurs von 200 Euro ergibt sich keine wesentliche Auswirkung auf unser Ergebnis.“ |
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| Später wurde die Frage vom Vertreter der Klägerinnen (II B.3, S. 171 f.) und vom Aktionärsvertreter B (II B.3, S. 181) wie folgt wiederholt: |
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| „Wenn der V-Kurs am 27.10.2008 nicht stark gestiegen wäre, sondern seitdem ständig unter 200 Euro, 150 Euro bzw. 100 Euro gelegen hätte, welche Auswirkungen hätte dies für P und die Bilanz haben können? Hätte P bei diesen drei Szenarien jeweils die Mittel gehabt, um alle aufgrund Put-Optionen annehmbaren Aktien zu übernehmen, bzw. entsprechend Wertausgleich zu leisten?“ |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete darauf wie schon oben bei Frage 5 (II B.3, S. 225, 228). |
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| Im Übrigen gab der Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung auch folgende Erklärungen ab (II B.3, S. 251 f.): |
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| „Wir haben im Endeffekt zugrunde gelegt, als wir diese Struktur aufgebaut haben, dass wir einen Strike festgelegt haben, der die finanzielle Kraft von P nicht überfordert, wenn es einigermaßen vernünftig weiterläuft. Selbst in der Krise haben Sie ja gesehen, dass es uns im Moment nicht so stark beeinflusst wie das bei anderen Automobilherstellern der Fall ist. Diese Strikes wurden so gewählt, dass P sie zahlen kann und das ist unabhängig vom jeweiligen V-Kurs.“ |
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| und (II B.3, S. 234 [ähnlich schon Bl. 228]): |
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| „Sofern der Börsenkurs der V-Stammaktien zu einem bestimmen Abrechnungsstichtag im Vergleich zum Börsenkurs an dem jeweils vorhergehenden Abrechnungsstichtag gestiegen ist, steht P aus den betreffenden Kurssicherungsgeschäften ein Anspruch auf Zahlung eines Barausgleichs in Höhe dieses Differenzbetrages zu. Ein fallender Börsenkurs würde dazu führen, dass die P SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten. Wirtschaftlich relevant würde dies allerdings erst dann, wenn der Börsenkurs den insgesamt als Strikepreis zugrunde liegenden Preis unterschreitet. Wir halten das Risiko, dass es dazu kommt, wie schon erwähnt, für sehr gering.“ |
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| Als unbeantwortet gab der Aktionärsvertreter B zu Protokoll (II B.2, Anlage 2, S. 5): |
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| „Wenn der Aktienkurs der V-Aktien unter 200 Euro fällt, welche Auswirkungen ergeben sich auf den Jahresabschluss?“ |
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| Der Aktionärsvertreter B fragte (II B.3, S. 63, 182), teilweise übereinstimmend mit dem Vertreter der Klägerinnen (II B.3, S. 173): |
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„Mit welchen Banken hat P Absicherungsgeschäfte im Hinblick auf V-Aktien geschlossen?“ |
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„Sind Leihgebühren Teil der wirtschaftlichen Regelungen?“ |
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„Bestehen Risiken aufgrund mangelnder finanzieller Stabilität der Gegenpartei?“ |
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„Nennen Sie uns einfach die fünf größten.“ |
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| Darauf wurde geantwortet: |
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| „Wir haben schon gesagt, dass wir unsere Vertragspartner im Unternehmensinteresse nicht offen legen wollen. Wir haben keinerlei Geschäfte getätigt. Diese Risiken sehen wir nicht " (II B.3, S. 226) |
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| „Wir haben keinen Anlass zu der Annahme, dass unsere Ansprüche aus den Kurssicherungsgeschäften nicht vertragsgemäß erfüllt werden.“ (II B.3, S. 234) |
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| Im Übrigen erklärte der Vorstand der Beklagten (II B.3, S. 198): |
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| „Wir haben cash gesettelte Optionen abgeschlossen, die auf Barausgleich ausgerichtet sind und mit denen P an den Veränderungen des V-Kurses teilnimmt. Vielleicht lassen Sie mich das noch einmal deutlich machen, weil die Frage wiederholt hochgekommen ist, an den Währungssicherungsgeschäften, wie wir es dort machen. Ähnlich haben wir es auch mit den cash gesettelten Optionen auf V gemacht. Wir planen unsere Unternehmensstruktur langfristig durch und wollen die Umsätze, die wir haben, zu einem gewissen Prozentsatz in den jeweiligen Währungen absichern. Dafür nehmen wir einen Budgetkurs, den wir reinrechnen, und mit diesem Budgetkurs haben wir die Möglichkeit, langfristig sicher das Unternehmen mit Gewinnen zu führen. Sehen wir jetzt die Möglichkeit, unsere Währungsgeschäfte besser als diesen Budgetkurs, den wir in unseren Büchern haben, abzusichern, dann machen wir hier Termingeschäfte oder, wenn es über ein Jahr hinausgeht, im Wesentlichen Optionsgeschäfte. Mit dieser Struktur sichern wir uns die Differenz zwischen Budgetkurs, der schon zu Gewinnen führt, dann zu einem zusätzlichen Gewinnpolster für P. Das heißt, wir schaffen und verbessern unsere Kalkulationsbasis. Da steckt kein großes Geheimnis dahinter, wie das immer wieder herumgespielt wird. Das ist vielmehr im Endeffekt eine klare, saubere betriebswirtschaftliche Analyse. Das Gleiche haben wir auch gemacht. All diese Dinge sind zu finanzieren. Und das Risiko, das wir über ein Jahr hinaus haben, besteht in der Optionsprämie, die dann verloren ist, wenn der Kurs anders kommt. Aber wann haben wir die Optionsprämie verloren? Wenn der Kurs für unsere Richtung besser läuft. Wir haben dann die Möglichkeit, zu besseren Kursen das abzuschließen und damit die Verluste, die wir aus der Prämie haben, eigentlich über bessere Kurse, die wir absichern, auszugleichen und den Gewinn sogar noch weiter zu erhöhen. Wir haben dafür gewisse Strukturen entwickelt - mit Compoundstrukturen. Das heißt, wir gehen nicht in die volle Optionsprämie, sondern gehen erst einmal vorsichtig herein und machen eine Option auf eine Option, und mit diesem Betrag können wir auch variieren und spielen und das Risiko für uns weiter reduzieren.“ |
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| Der Aktionärsvertreter B fragte (II B.3, S. 64): |
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| „Welche Auswirkungen auf die Bilanz entstehen, wenn der Wert der Call-Optionen durch fallende Kurse der V-Stammaktie sinkt bzw. die Call-Optionen im Laufe des Geschäftsjahres zu Preisen ausgeübt werden, die unterhalb des letzten Bilanzansatz lagen und dafür entsprechende Aktien erworben werden?“ |
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| Darauf wurde zunächst wie folgt geantwortet (II B.3, S. 141): |
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| „Es ist zutreffend und leider nicht zu vermeiden, dass wir auf unsere Gewinne Steuern zahlen müssen. Die Call-Optionen dienen der Absicherung des Erwerbs von V-Aktien. Wir beobachten die entsprechende Marktentwicklung. Ein Absinken der Marktkurse hat aber eine negative Auswirkung auf unsere Gewinn- und Verlustrechnung. Der Wert der Call-Optionen sinkt entsprechend. Im Extremfall wäre die Call-Option wertlos.“ |
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| Auf die wiederholte Frage des Aktionärsvertreters B (II B.3, S. 183) wurde geantwortet (II B.3, S. 228): |
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| „Ein fallender Börsenkurs der V-Stammaktie kann dazu führen, dass in der Bilanz der P SE im Hinblick auf die fortlaufend durchzuführenden so genannten Werthaltigkeitstests gegebenenfalls außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden müssen. Die Wertminderung würde ertragswirksam erfasst, soweit der erzielbare Betrag für die V-Stammaktie den bis dahin bestehenden Buchwert unterschreitet. |
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| Ein fallender Börsenkurs könnte zudem dazu führen, dass die P SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten.“ |
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| Als nicht beantwortet gab der Aktionärsvertreter B zu Protokoll (II B.2, Anlage 2, S. 6): |
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| „Welche Auswirkungen entstehen, wenn der Wert der Call-Optionen infolge eines fallenden V-Stammaktienkurses sinkt?“ |
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| Der Aktionärsvertreter B (II B.3, S. 63) und der Vertreter der Klägerinnen (II B.3, S. 172) fragten: |
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| „Welcher Dollarkurs bzw. welcher Kurs der V-Stammaktien wäre nach aktueller Einschätzung des Vorstandes geeignet, existenzgefährdende Risiken für P zu begründen?“ |
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| Darauf wurde zunächst geantwortet (II B.3, S. 140): |
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| „Gehen Sie davon aus, dass wir entweder entsprechende Absicherungen haben oder Marktentwicklungen täglich sehr sorgfältig betrachten und, wenn erforderlich, auch entsprechende Entscheidungen treffen, dass eine existenzgefährdende Situation niemals eintritt. Unsere Sicherungssysteme haben sich in den letzten Jahren hervorragend bewährt und wir verfeinern sie kontinuierlich.“ |
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| Später wurde die Antwort wie folgt ergänzt (II B.3, S. 225 bzw. 229): |
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| „Die Geschäfte in Dollar sind durch Währungssicherung abgesichert. Der aktuelle V-Kurs ist weit davon entfernt, sich für P nachteilig auszuwirken. Unsere Erwerbe von V-Stammaktien erfolgten zu Kursen, die deutlich unter den Jahresendkursen zum 31.07.2008 lagen.“ |
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| „Da wir unser US-Geschäft bis 2013 abgesichert haben, stellt sich diese Frage nicht.“ |
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| Der Aktionärsvertreter L fragte wiederholt (II B.3, S. 131, 215): |
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| „Welche Laufzeiten haben diese Call- und Put-Optionen bzw. Derivate? Inwieweit sind Verlängerungsrechte eingeräumt?“ |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete zunächst wie folgt (II B.3, S. 207): |
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| „Wir haben das jetzt schon mehrmals gesagt. Wir wollen uns im Unternehmensinteresse zu Einzelheiten der Absicherungsstrategie nicht weiter äußern.“ |
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| Er ergänzte (II B.3, S. 246): |
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| „Es handelt sich, wie bereits mehrfach erläutert, um Optionen, die ausschließlich auf Barausgleich ausgerichtet sind. Mit diesen nehmen wir an den Veränderungen des V-Aktienkurses wirtschaftlich teil. Nähere Einzelheiten wollen wir dazu nicht offen legen.“ |
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| Der Aktionärsvertreter L fragte (II B.3, S. 133, 217): |
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| „Wie hoch wären insgesamt die Kosten und Verluste, wenn P zum heutigen Tage alle Währungsgeschäfte bezogen auf den Dollar glatt stellen würde? Falls in der Kürze der Zeit keine exakte Antwort möglich sein sollte, reicht mir notfalls ein auf 50 Mio. Euro gerundeter Betrag.“ |
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| Er bekam zur Antwort (II B.3, S. 209): |
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| „Wir schließen Währungssicherungsgeschäfte zur Absicherung unseres operativen Geschäfts. Die Frage einer Glattstellung stellt sich demzufolge nicht. Ich hatte es Ihnen auch schon erläutert. Wir fahren im Endeffekt unsere Strategie gegenüber dem Budgetkurs und wollen nicht im Endeffekt den Markt schlagen. Uns ist es wichtig, dass wir ein zusätzliches Polster gegenüber unserer Budgetplanung haben, und dort liegen wir sehr gut im Geschäft.“ |
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| Zu Währungssicherungsgeschäften erklärte der Vorstand der Beklagten zudem (II B.3, S. 223): |
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| „Bei den Währungsgeschäften handelt es sich um Devisen-Termingeschäfte und Optionen. Da diese Geschäfte mit Grundgeschäften — das heißt, Verkäufen von Fahrzeugen — hinterlegt sind, resultieren hieraus keine Risiken. Ein Absatzrückgang kann entweder durch Verlängerung dieser Geschäfte oder durch Verfall der Verlängerung der Optionen aufgefangen werden.“ |
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| Der Vertreter der Klägerinnen fragte (II B.3, S. 167): |
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„Sagen Sie uns bitte auch, was mit P passiert, wenn Sie mangels Bankenfinanzierung die Position nicht weiterrollen können.“ |
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„Wie hoch waren die tatsächlichen Kosten und Barabflüsse für den Aufbau und das Weiterrollen der V-Hedge-Positionen?“ |
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„Wie hoch sind die Kosten eines Weiterrollens pro Monat?“ |
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„Und um wie viel wird das nach einer Refinanzierung teurer?“ |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete hierauf (II B.3, S. 221): |
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| „Wie bereits mehrfach erläutert, wollen wir uns zu weiteren Einzelheiten unserer Kurssicherungsstrategie nicht weiter äußern.“ |
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| Im Übrigen erklärte der Vorstand der Beklagten (II B.3, S. 234): |
|
| „Sofern der Börsenkurs der V-Stammaktien zu einem bestimmten Abrechnungsstichtag im Vergleich zum Börsenkurs an dem jeweils vorhergehenden Abrechnungsstichtag gestiegen ist, steht P aus den betreffenden Kurssicherungsgeschäften ein Anspruch auf Zahlung eines Barausgleichs in Höhe dieses Differenzbetrags zu. Ein fallender Börsenkurs würde dazu führen, dass die P SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten." |
|
| cc) Wegen der in der Hauptversammlung gestellten bzw. als unbeantwortet zu Protokoll gegebenen Fragen und den in der Hauptversammlung erteilten Antworten wird auf das stenografische Wortprotokoll (II B.3) sowie die notarielle Niederschrift und deren Anlage 2 (II B.2) verwiesen. |
|
| Wegen weiterer Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts wird auf den berichtigten Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. |
|
| Die Klägerinnen wenden sich mit ihren am 02.03.2010 eingegangenen Klagen (Bl. 1, 27) in unterschiedlichem Umfang gegen die in der Hauptversammlung der Beklagten am 30.01.2009 gefassten Beschlüsse. |
|
| Die Klageerhebung ist am 01.04.2009 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Der Streithelfer der Klägerinnen ist dem Rechtsstreit am 04.05.2010 auf deren Seite beigetreten und hat sich ihren Anträgen teilweise angeschlossen (Bl. 102). Der Streithelfer der Beklagten ist dem Rechtsstreit am 20.04.2010 auf deren Seite beigetreten (Bl. 83). Die Beklagte hat ihren ursprünglichen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention des Streithelfers der Klägerin zurück genommen (Bl. 463). |
|
| Zur Begründung der Klagen wurde in erster Instanz im Wesentlichen vorgetragen: |
|
| Die Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4) seien bereits nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig, jedenfalls aber nach § 243 AktG anfechtbar, weil beide Organe bei der Regelung der Vorstandsvergütung schwerwiegend gegen aktienrechtliche Vorschriften verstoßen hätten (Bl. 4, 11). |
|
| Die erfolgsabhängige Vergütung des Vorstands der Beklagten beruhe weitgehend lediglich auf Buchgewinnen aus den Derivatgeschäften betreffend V-Stammaktien (Bl. 4, 9); jedenfalls nicht auf nachhaltigen Gewinnen (Bl. 288). Die weitere Entwicklung habe gezeigt, dass die riskanten Kurssicherungsgeschäfte gescheitert seien; die Beklagte habe Ende März 2009 kurz vor der Insolvenz gestanden (Bl. 285, 287, 446). |
|
| Die unangemessene, ungedeckelte Vergütung sei „im Jahr 2007 in einem Zeitpunkt erneut formell bestätigt“ worden, als bereits bekannt gewesen sei, dass die Buchgewinne im Wesentlichen auf den Derivatgeschäften beruhten (Bl. 293). Angesichts der Unterzeichnung der neuen Anstellungsverträge des W und des H mit der P einerseits und der Beklagten andererseits am 05.09.2007 müsse die unangemessene Vergütung im Geschäftsjahr 2007/2008 durch den Aufsichtsrat festgesetzt worden sein (Bl. 492). Dabei habe es sich nicht nur um einen formalen Akt gehandelt, weil die bestehenden Anstellungsverträge von W und H durch den Ausgliederungs- und Übernahmevertrag auf die P übertragen wurden, so dass mit der Beklagten keine Anstellungsverträge mehr bestanden (Bl. 492 f.). Jedenfalls habe der Aufsichtsrat bei dem Neuabschluss der Anstellungsverträge mit der Beklagten nicht unreflektiert die alten Vergütungsregelungen übernehmen dürfen, sondern sei gehalten gewesen, diese an den Maßstäben der §§ 87, 292 AktG, 138 BGB neu zu messen (Bl. 493). |
|
| Die Regelung der Vergütung des Vorstands verstoße - jedenfalls in Bezug auf W - gegen § 292 AktG, da sie keine übliche Tantiemeregelung, sondern einen Teilgewinnabführungsvertrag darstelle, der ohne die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung abgeschlossen worden sei (Bl. 4 f.). Die Gewinnbeteiligung des Vorstands der Beklagten sei nicht als Vorstandsvergütung anzusehen; W habe - wie er selbst betont habe -, die erfolgsabhängige Vergütung anstelle von Stammaktien als Gegenleistung für die Mitübernahme des Unternehmerrisikos durch die Übernahme der persönlichen Haftung erhalten (Bl. 286, 290 f.). |
|
| Die Vergütung der Vorstandsmitglieder W und H verstoße jedenfalls gegen § 87 AktG, weil sie evident nicht marktüblich sei (Bl. 6, 294) bzw. keinem Drittvergleich standhalte (Bl. 446). Die Haftungsübernahme von W Anfang der 1990er Jahre könne zur Rechtfertigung der Angemessenheit der aktuellen Bezüge nicht mehr angeführt werden (Bl. 294). Unüblich und unangemessen sei die Vorstandsvergütung jedenfalls, weil sie Fehlanreize setze, indem sie nicht nur auf das operative Ergebnis abstelle (Bl. 8 f.) und weil eine Obergrenze fehle (Bl. 8). Da die Vergütung weit über anderen Managergehältern gelegen habe, habe sie in dieser Höhe auch nicht gezahlt werden müssen, um W und H zu halten (Bl. 294). |
|
| Bereits in der Klagschrift bezeichnete die Klägerin Ziffer 1) die Vorstandsvergütung als sittenwidrig (Bl. 6). Später verwies sie dazu auf Meinungsäußerungen von Politikern, wonach die „uferlose“ Vergütung von W gegen die soziale Marktwirtschaft bzw. die öffentliche Ordnung verstoße (Bl. 290 f., I K.17, I K.18). Die Sittenwidrigkeit der Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 ergäbe sich unter dem Aspekt der Äquivalenzstörung (Bl. 296). Das Missverhältnis zwischen der W gewährten Vergütung und der von ihm erbrachten Leistung zeige sich anhand eines Vergleichs mit den Vergütungen der Vorstandsvorsitzender anderer Großunternehmen (Bl. 296). Zu demselben Ergebnis sei der Rechtswissenschaftler U. H. S. am 05.06.2009 im Magazin „Wirtschaftswoche“ gelangt (Bl. 297, I K.20). |
|
| Schließlich sei im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung gegen § 161 AktG verstoßen worden (Bl. 10). Entgegen der Erklärung von Vorstand und Aufsichtsrat zum DCGK habe die Festsetzung der variablen Vergütung Nr. 4.2.3 Absatz 1 Satz 4 und 5 sowie Absatz 2 Satz 3 DCGK verletzt (Bl. 10, 297). Die fehlende Deckelung der Vergütung verstoße zudem gegen Nr. 4.2.3 Absatz 3 Satz 4 DCGK (Bl. 297). |
|
| In ihrer Replik vom 19.08.2009 und weiteren Schriftsätzen führte die Klägerin aus, dass im Übrigen ein grober Pflichtverstoß des Aufsichtsrats in der Auszahlung der sittenwidrigen Vorstandsvergütung im Geschäftsjahr 2007/2008 bzw. in der Unterlassung der Rückforderung der in den Vorjahren ausgezahlten Vergütung zu sehen sei (Bl. 298, 493). Umgekehrt habe der Vorstand gegen seine Pflicht verstoßen, Ansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats zu prüfen und durchzusetzen (Bl. 298). |
|
| Jedenfalls sei der Aufsichtsrat verpflichtet gewesen, die Vergütung im Geschäftsjahr 2007/2008 herabzusetzen. Dies gelte unabhängig von § 87 Abs. 2 AktG unter dem Aspekt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil sich die Bemessungsgrundlage der variablen Vergütung in unvorhergesehener Weise erhöht habe (Bl. 495). |
|
| Die vorgenannten Beschlüsse sowie diejenigen über die Wahl (TOP 5) und Vergütung (TOP 6) des Aufsichtsrats seien zudem anfechtbar, weil in der Hauptversammlung von Aktionären verlangte Auskünfte zu Unrecht nicht erteilt worden seien (Bl. 35, 63). |
|
| Die Beklagte habe im Rahmen ihrer Derivatgeschäfte mit V-Stammaktien heimlich eine marktbeherrschende Stellung aufgebaut (Bl. 34). Durch die Mitteilung der Beklagten vom 26.10.2008 sei ein rasanter Kursanstieg der V-Aktie ausgelöst worden, weil die Beklagte dort mitgeteilt habe, dass sie sich bereits 74,1% der V Stämme gesichert habe und beabsichtige, die Dreiviertelmehrheit bei V zu erwerben (Bl. 32). Aus Marktmanipulationen der Beklagten könnten sich existenzbedrohende Schadensersatzverpflichtungen ergeben (Bl. 34, 317); am 25.01.2010 sei in den USA eine Klage gegen die Beklagte eingereicht worden (Bl. 452, II K33). In ihrer Replik vom 20.08.2009 und weiteren Schriftsätzen behauptete die Klägerin Ziffer 2) darüber hinaus, die Beklagte habe schon im Februar 2008 einen Beherrschungsvertrag mit V abschließen wollen, dies aber nicht mitgeteilt (Bl. 310, II K.24, II K.25). Außerdem rügte sie dort, der Vorstand habe die Geschäfte nicht durch eine ausreichende und fristenkongruente Finanzierung abgesichert (Bl. 307, 317); bereits wenige Wochen nach der Hauptversammlung habe die Beklagte im März 2009 vor der Insolvenz gerettet werden müssen (Bl. 448). |
|
| Die verlangten Auskünfte seien zur sachgemäßen Beurteilung der anstehenden Beschlussfassung über die Verwendung des Gewinns (TOP 2) für Ausschüttungen oder als Rücklage für Risiken aus den Derivatgeschäften erforderlich (Bl. 35). Erforderlich seien die Auskünfte angesichts der Manipulationsvorwürfe und der damit verbundenen Risiken für die Beklagte auch für den Beschluss über die Entlastung der Vorstandsmitglieder (TOP 3) (Bl. 37); in ihrer Replik wies die Klägerin Ziffer 2) ergänzend auf die Relevanz für die Entscheidung über die Entlastung des Aufsichtsrats (TOP 4) hin (Bl. 316). Angesichts der engen Verflechtung mit V und der Bedeutung der Buchgewinne aus den Derivatgeschäften für die erfolgsbezogene Vergütung des Aufsichtsrats (Bl. 39) sowie des Umstands, dass die zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder dem Gremium bereits zum Zeitpunkt der fraglichen Vorfälle angehörten und ihrer Aufsichtspflicht möglicherweise nicht nachgekommen seien (Bl. 318), seien die Auskünfte schließlich für die sachgemäße Beurteilung der Neuwahl des Aufsichtsrats (TOP 5) und des Beschlusses über die Vergütung des Aufsichtsrats (TOP 6) erforderlich. |
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| Die von der Klägerin Ziffer 2) gestellten Fragen bzw. die von anderen Aktionären gestellten Fragen, die sich die Klägerin Ziffer 2) zu eigen gemacht habe, seien nicht im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang beantwortet worden (Bl. 40). |
|
| Da die Fragen nur in der Vergangenheit getätigte Optionsgeschäfte beträfen, sei eine gewichtige Beeinträchtigung des Gesellschaftsinteresses nicht erkennbar (Bl. 48). Die pauschale Behauptung von Nachteilen genüge nicht (Bl. 500). Die Beklagte könne sich zudem nicht darauf berufen, dass der Aufbau der Derivatgeschäfte einen speziellen „Wettbewerbsvorteil“ begründe, da sie nach § 15a Abs. 3 Satz 2 WpHG ohnehin alle Geschäfte mit V-Aktien offen legen müsse, weil W und H sowie Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten auch im Aufsichtsrat von V vertreten gewesen seien (Bl. 319, 502). In diesem Zusammenhang trug die Klägerin Ziffer 2) in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug vor, dass die Aufsichtsratsmitglieder FP und WP über Absprachen mit anderen Familienmitgliedern 86,94% bzw. 87,82% der Stimmrechte der Beklagten kontrollierten (Bl. 502). In diesem Zusammenhang rügte sie außerdem, dass die Derivatgeschäfte des Vorstands der Beklagten nicht von dem in der für das Geschäftsjahr 2007/2008 maßgeblichen Fassung der Satzung der Beklagten definierten Unternehmensgegenstand abgedeckt gewesen seien (Bl. 503). Jedenfalls dürfe sich die Beklagte nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrechtrecht berufen, wenn sie damit pflichtwidriges Fehlverhalten vor der Hauptversammlung verdecke; die Aufklärung von Pflichtverletzungen der Verwaltung liege im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft (Bl. 321, 499). |
|
| Die Klägerinnen und ihr Streithelfer haben in erster Instanz beantragt (Bl. 2, 28, 102, 462 f.), auszusprechen, |
|
| 1. dass der unter TOP 3 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Entlastung des Vorstands der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/08 unwirksam ist bzw. hilfsweise festzustellen, festgestellt, dass der unter TOP 3 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Entlastung des Vorstands der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 nichtig ist. |
|
| Die Klägerinnen haben weiter beantragt (Bl. 2, 28, 462), auszusprechen, |
|
| 2. dass der unter TOP 4 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Entlastung des Aufsichtsrats der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 unwirksam ist bzw. hilfsweise festzustellen, dass der unter TOP 4 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Entlastung des Aufsichtsrats der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 nichtig ist. |
|
| Die Klägerin Ziffer 2) hat außerdem beantragt (Bl. 28, 462), auszusprechen, |
|
| 3. dass der unter TOP 5 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern unwirksam ist bzw. hilfsweise festzustellen, dass der unter TOP 5 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern nichtig ist; |
|
| 4. dass der unter TOP 6 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Vergütung des ersten Aufsichtsrats der Beklagten unwirksam ist bzw. hilfsweise festzustellen, dass der unter TOP 6 gefasste Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung am 30.01.2009 über die Vergütung des ersten Aufsichtsrats der Beklagten nichtig ist. |
|
| Die Beklagte hat beantragt (Bl. 106, 155, 463), |
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| Zur Begründung ihres Klagabweisungsantrags hat die Beklagte in erster Instanz im Wesentlichen vorgetragen: |
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| Die vom Aufsichtsrat festgesetzte Vorstandsvergütung sei rechtmäßig. Jedenfalls könnten die Entlastungsbeschlüsse nicht wegen Unangemessenheit der Vorstandsvergütung angefochten werden (Bl. 108). |
|
| Die Beklagte werde sich zu Spekulationen über die Höhe der Vergütung des W nicht äußern, da die Hauptversammlung der Beklagten 2007 beschlossen habe, die Vorstandsvergütungen nicht offen zu legen (Bl. 121, 436). |
|
| Soweit die Klägerin Ziffer 1) erstmals mit ihrer Replik konkrete Pflichtverletzungen der zu entlastenden Organe vorgetragen habe, seien ihre Anfechtungsrügen jedenfalls verfristet (Bl. 412, 422 ff.). Dies gelte insbesondere für die erst ab der Replik erhobenen Vorwürfe, es seien pflichtwidrig Vergütungen ausbezahlt bzw. keine Regressforderungen geltend gemacht (Bl. 423) bzw. die Vorstandsvergütung sei nicht angepasst (Bl. 514) worden. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang die Rüge des jeweils beanstandeten Organhandelns (Bl. 516). |
|
| Die vor dem Ablauf der Anfechtungsfrist vorgebrachte Rüge, die Vorstandsvergütung sei rechtswidrig geregelt worden, greife nicht durch (Bl. 509). Entscheidend sei nicht, ob die Vorstandsvergütung angemessen sei, sondern ob Aufsichtsrat bzw. Vorstand im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung eindeutige und schwerwiegende Pflichtverletzungen zur Last fielen (Bl. 511). Hieran fehle es. |
|
| Hinsichtlich der Vergütung von W könnten die Entlastungsbeschlüsse schon deshalb nicht angefochten werden, weil der materielle Inhalt der zu Grunde liegenden Vergütungsregelung bereits vor dem Geschäftsjahr 2007/2008 festgelegt worden sei (Bl. 121, 124). Über die weitere Bestellung von W sei schon am 15.11.2006 entschieden und am 19.12.2006 der entsprechende Anstellungvertrag unterzeichnet worden (Bl. 415 f.). Im Geschäftjahr 2007/2008 sei die Vergütungsregelung nicht inhaltlich geändert, sondern lediglich die Vergütungslast zwischen der Beklagten und der P aufgeteilt worden (Bl. 416). |
|
| Die vertraglich zugesagte Vergütung habe der Aufsichtsrat später weder verweigern noch zurückfordern können (Bl. 413). Auch im Fall der Vereinbarung einer i.S.v. § 87 AktG unangemessenen Vergütung habe der Vorstand die Auszahlung der vereinbarten Vergütung verlangen können (Bl. 425). Im Übrigen sei der Aufsichtsrat an der Auszahlung der Vorstandsvergütung gar nicht beteiligt gewesen (Bl. 428); warum der Aufsichtsrat gerade im Geschäftsjahr 2007/2008 zur Rückforderung gezahlter Vergütung gehalten gewesen sein soll, obwohl etwaige Rückforderungsansprüche erst nach Ablauf von fünf Jahren verjährten, sei unklar (Bl. 431). |
|
| Die Vorstandsvergütung verstoße jedenfalls nicht gegen § 87 AktG (Bl. 415). Maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit sei der Zeitpunkt ihrer Festsetzung. Die Regelung der Vorstandsvergütung sei von Anfang an darauf ausgelegt gewesen, die Vorstände in besonderem Maß an den Chancen und Risiken der künftigen geschäftlichen Entwicklung der Beklagten partizipieren zu lassen (Bl. 109). Dabei komme dem Aufsichtsrat ein weites Ermessen zu, dessen Grenzen dieser nicht überschritten habe (Bl. 132). Ohne die außerordentlichen Leistungen von W sei der Erfolg der Beklagten seit 1994 nicht denkbar; der Anstieg der Vorstandsbezüge spiegele nur den kontinuierlichen und außergewöhnlichen Erfolg der Beklagten wieder (Bl. 120). Insbesondere sei dem Aufsichtsrat nicht vorzuwerfen, dass die variable Vergütung nicht an das operative Geschäft geknüpft sei; die Verantwortung des Vorstands erstrecke sich auf die gesamte Geschäftstätigkeit, zu der auch der Beteiligungserwerb und Finanzgeschäfte zählten (Bl. 134). Die im Geschäftsjahr 2007/2008 aus Derivatgeschäften erzielten Erträge beruhten nicht auf Buchgewinnen, sondern überwiegend auf Ausgleichszahlungen (Bl. 112). Jedenfalls rechtfertige die außergewöhnliche Leistung des Vorstands eine überdurchschnittliche Vergütung (Bl. 135). § 87 AktG verzichte bewusst auf eine absolute Obergrenze (Bl. 131, 417); die Festlegung einer solchen sei deshalb nicht geboten gewesen (Bl. 136). |
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| Die Vorstandsvergütung sei auch nicht nach § 87 Abs. 2 AktG herabzusetzen gewesen (Bl. 429). Es mangele schon an einer wesentlichen Verschlechterung der Lage der Beklagten im Geschäftsjahr 2007/2008 (Bl. 429). Jedenfalls habe sich eine Anpassungsmöglichkeit weder aus dem Text der Anstellungsverträge noch im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben (Bl. 517); insoweit habe es schon an einer planwidrigen Regelungslücke gefehlt, da eine Obergrenze nicht gewollt gewesen sei und die Ergebnissteigerung durch die Derivatgeschäfte dem in der Literatur diskutierten Fall der Erträge aus der Auflösung stiller Reserven nicht vergleichbar seien (Bl. 517). |
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| Die Vorstandsvergütung sei auch nicht sittenwidrig. Dies sei schon deshalb ausgeschlossen, weil sich die variable Vergütung nach dem Geschäftsergebnis der Beklagten richte (Bl. 426). Maßgeblich für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei im Übrigen nur der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Bl. 426). Selbst wenn die Vorstandsvergütung sittenwidrig wäre, fehle es jedenfalls an einem schwerwiegenden Pflichtenverstoß des Aufsichtsrats, weil ein im Jahr 2005 eingeholtes Rechtsgutachten bestätigt habe, dass die Vergütungsvereinbarung trotz der seinerzeit schon angestiegenen Gewinnbeteiligung nicht entgegen § 87 Abs. 1 AktG unangemessen sei (Bl. 419). |
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| § 292 AktG sei nicht berührt, da unter die Ausnahmeregelung des § 292 Abs. 2 AktG jedwede Tantiemenregelung zugunsten von Vorstandsmitgliedern falle (Bl. 127, 418). Allein die Höhe der Gewinnbeteiligung eröffne die Anwendung des § 292 AktG nicht. Jedenfalls fehle es an der Eindeutigkeit eines etwaigen Verstoßes (Bl. 129). |
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| Gegen § 161 AktG sei nicht verstoßen worden. Von Nr. 4.2.3 Absatz 1 Satz 5 DCGK sei schon deshalb nicht abgewichen worden, weil die Vorstandsvergütung nicht unangemessen sei (Bl. 419). Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 4 DCGK enthalte keine Empfehlung, sondern gebe nur die Gesetzeslage nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG wieder (Bl. 419). Bei der von der Klägerin angesprochenen Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 2 DCGK handele es sich nur um eine Anregung, von der ohne Offenlegung abgewichen werden könne. (Bl. 140). Von dem Gebot der Angemessenheit der Vergütungsbestandteile nach Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 DCGK sei nicht abgewichen worden (Bl. 141). Nr. 4.2.3 Absatz 3 Satz 4 DCGK, sei hier nicht einschlägig, weil diese Empfehlung sich nur auf variable Vergütungskomponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter beziehe (Bl. 141, 420). |
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| Im Übrigen fehle es an der Eindeutigkeit etwaiger Pflichtverletzungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 (Bl. 432 f.) bzw. an einem Hinwegsetzen der Hauptversammlung über eine eindeutige Rechtslage (Bl. 518). Auf spätere Vorgänge, etwa im Rahmen der Refinanzierung der Beklagten im März 2009 oder auf Zeitungsveröffentlichungen ab diesem Zeitpunkt könne sich die Klägerin Ziffer 1) nicht berufen (Bl. 413, 435). |
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| Da die Vorstandsmitglieder bei der Vereinbarung ihrer Vergütung nicht als Gesellschaftsorgane handelten, könnten etwaige Rechtsverstöße hierbei die Anfechtung ihrer Entlastung in keinem Fall begründen. |
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| Die Beschlüsse seien auch nicht wegen Verletzung von Auskunftsrechten anfechtbar (Bl. 159). |
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| Die Klägerin Ziffer 2) habe ihr Auskunfts- und Anfechtungsrecht durch verbotene Tonaufzeichnungen in der Hauptversammlung verwirkt (Bl. 173 f., 376 f., 521). |
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| In Bezug auf mehrere Fragen habe die Klägerin Ziffer 2) zudem ihr Anfechtungsrecht verwirkt, weil sie die gerügten Fragen nicht als unbeantwortet zu Protokoll des Notars gegeben habe (Bl. 173, 175, 378). Die Fragen des Aktionärsvertreters B habe sich die Beklagte Ziffer 2) „ins Blaue hinein“ zu eigen gemacht; dies sei unzulässig (Bl. 378). |
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| Die Beklagte habe im Übrigen die gestellten Fragen beantwortet, soweit dies zur sachgerechten Beurteilung der Tagesordnungspunkte erforderlich gewesen sei und kein Auskunftsverweigerungsrecht bestanden habe (Bl. 167, 379). |
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| Für die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern und die Vergütung des Aufsichtsrats seien die Fragen irrelevant (Bl. 189 f., 383 f.). Die Beantwortung von Fragen zu Details der Derivatgeschäfte sei nicht erforderlich gewesen, um einem durchschnittlichen Aktionär die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob der Aufsichtsrat hätte einschreiten müssen, und ob ihm vor diesem Hintergrund Entlastung zu erteilen ist (Bl. 383). |
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| Zur Entscheidung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007/2008 seien die Vorgänge im Oktober 2008 irrelevant (Bl. 186). Die erteilten Auskünfte über die Risiken der Derivatgeschäfte und die Auswirkungen von Änderungen des V-Kurses genügten für einen durchschnittlichen Aktionär, um über die Entlastung des Vorstands zu entscheiden (Bl. 381 f.) Im Übrigen lege die Klägerin Ziffer 2) nicht dar, auf welcher rechtlichen Grundlage der Vorwurf des pflichtwidrigen Verhaltens beruhen soll (Bl. 186). Die Beklagte habe den Markt nicht durch Derivatgeschäfte manipuliert; die BaFin habe keine Anhaltspunkte für Marktmanipulationen gefunden (Bl. 368 ff.). |
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| Der Vorstand der Beklagten habe erklärt, dass er die Wahrscheinlichkeit von Verlusten aus den Derivatgeschäften für sehr gering halte und dass ein möglicher Verlust jedenfalls durch das Eigenkapital der Beklagten gedeckt wäre (Bl. 181). Der Geschäftsbericht 2007/2008 habe zudem die Nominalvolumina und die Restlaufzeiten der Derivatgeschäfte zum Anfang und zum Ende des Geschäftsjahres sowie die hieraus stammenden Aufwände und Erträge dargelegt; außerdem seien dort die mit den Kurssicherungsgeschäften verbundenen Risiken in Form des „Value-at-risk“ dargestellt worden (Bl. 525). |
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| Über Einzelheiten der Derivatgeschäfte müsse jedenfalls deshalb keine Auskunft gegeben werden, weil die Erläuterung von Umständen, welche die Aktionäre aufgrund ihrer Komplexität in der Hauptversammlung nicht für ihre Entscheidung verwenden können, nicht erforderlich sei (Bl. 185, 525). Dies gelte insbesondere für die Fragen nach den Ausübungsschwellen der Derivatgeschäfte und der „technischen Insolvenz“ der Beklagten (Bl. 526) sowie das Geschehen, wenn die Beklagte die Derivatgeschäfte mangels Bankenfinanzierung nicht „weiterrollen“ könne (Bl. 527). |
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| Hinsichtlich sämtlicher Fragen zu den Details der Optionsstrategie sowie der getätigten Derivatgeschäfte stehe der Beklagten schließlich ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG zu (Bl. 190, 527). Die beim Erwerb von Wertpapieren verfolgte Strategie stelle ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar; es handele sich um ein spezielles Know-How der Beklagten beim Beteiligungsaufbau (Bl. 529). Würden Einzelheiten der Derivatgeschäfte bekannt, könne man auf der Grundlage der getätigten Geschäfte jederzeit exakt kalkulieren, wie sich Veränderungen des Börsenkurses für V-Stammaktien auf das Ergebnis der Beklagten auswirkten und so Rückschlüsse auf die jeweilige zukünftige wirtschaftliche Position der Beklagten gezogen werden (Bl. 193, 384, 529). Marktteilnehmer könnten mithilfe der Informationen versuchen, die Geschäftsstrategie der Beklagten zu vereiteln, indem sie gegen sie spekulieren (Bl. 193 f., 462, 528). Die fraglichen Informationen seien auch im Unternehmen der Beklagten als Geschäftsgeheimnis behandelt worden (Bl. 461). Im Übrigen bestünde die Gefahr, dass potentielle Vertragspartner der Beklagten wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht oder nur noch zu schlechteren Konditionen mit ihr kontrahierten (Bl. 193); dies gelte insbesondere im Fall der Spekulation über Insolvenzszenarien (Bl. 529) bzw. im Fall der Bekanntgabe der Geschäftspartner der Derivatgeschäfte. Demgegenüber könne sich die Klägerin Ziffer 2) nicht auf das Interesse an der Aufdeckung von Missständen berufen. Zum einen sei eine solche Rückausnahme schon nicht anzuerkennen (Bl. 531); jedenfalls dann nicht, wenn es um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gehe (Bl. 532). Zum anderen habe die Klägerin Ziffer 2) keine Umstände dargetan, die den Schluss auf ein Fehlverhalten des Vorstands nahe legten (Bl. 194, 534 ff.); dabei bedürfe es zumindest eines hinreichenden Tatverdachts im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Bl. 534). Dieser könne sich weder aus der Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren noch aus Ermittlungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder aus Presseäußerungen ergeben (Bl. 535). Schließlich sei die Beklagte nicht nach § 15a Abs. 3 Satz 2 WpHG verpflichtet, Details über ihre Kurssicherungsgeschäfte offen zu legen (Bl. 384 ff.). |
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| Zu bedenken sei, dass sowohl in Bezug auf die Erforderlichkeit der begehrten Auskünfte als auch in Bezug auf das Bestehen von Auskunftsverweigerungsrechten auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 abzustellen sei (Bl. 366). Schon aus diesem Grund seien die von Klägerseite vorgelegten Zeitungsartikel aus jüngeren Zeiträumen unerheblich (Bl. 366); entsprechendes gelte für Äußerungen des Aufsichtsratsmitglied FP vom Mai 2009 (Bl. 383). Dass die Beklagte durch die Derivatgeschäfte in ihrer Existenz nicht gefährdet worden sei, belege der Umstand, dass sie trotz Rückgang des Kurses der V-Stammaktie auf circa 80 Euro ihre Derivatgeschäfte im Wesentlichen auflösen bzw. weiter veräußern konnte (Bl. 365, 367). Der Vorstand der Beklagten habe daher am 30.01.2009 keinen Anlass gehabt, über etwaige existenzgefährdende Risiken zu informieren (Bl. 376). |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. |
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| Durch Urteil vom 28.05.2010 hat das Landgericht die Klagen abgewiesen (Bl. 544 ff.). |
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| 1. Die Entlastungsbeschlüsse seien nur anfechtbar, wenn die Hauptversammlung die Entlastung erteilt habe, obwohl die Hauptversammlung einen eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß eines Organmitglieds erkannt hat oder hätte erkennen müssen. |
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| a) Ein aus der maßgeblichen Sicht der Hauptversammlung eindeutiger und schwerwiegender Rechtsverstoß des Aufsichtsrats im Geschäftsjahr 2007/2008 sei indessen nicht dargetan. |
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| aa) Insbesondere habe der Aufsichtsrat im Geschäftsjahr 2007/2008 nicht gegen das Gebot verstoßen, nur angemessene Vorstandsbezüge festzusetzen. |
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| (1) Das vorgenannte Gebot beziehe sich nur auf die Vergütungsfestsetzung. Die Entscheidungen in Bezug auf die Regelung der Vergütung des Vorstandsvorsitzenden W seien indessen nicht im Geschäftsjahr 2007/2008 getroffen worden. Die Vergütungsregelungen stammten aus dem Anstellungsvertrag des Jahres 2006, der aus Anlass der Umwandlung inhaltlich nicht geändert worden sei. Der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats habe lediglich die Aufteilung der Vergütungslast zwischen der Beklagten und ihrer künftigen Tochtergesellschaft beschlossen; dieser Beschluss sei zudem vor Beginn des Geschäftsjahres 2007/2008 gefasst worden. Zwar seien in Umsetzung dieses Beschlusses im Geschäftsjahr 2007/2008 neue Anstellungsverträge mit W abgeschlossen worden, dies sei der Hauptversammlung aber weder bekannt noch für sie erkennbar gewesen. |
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| (2) In Bezug auf das weitere Vorstandmitglied H fehle es ebenfalls zumindest an der notwendigen Kenntnis der Hauptversammlung. |
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| (3) In Bezug auf die vier Vorstandsmitglieder, die von der Beklagten zu deren Tochtergesellschaft wechselten, seien im Geschäftsjahr 2007/2008 keine Vergütungsregelungen mit der Beklagten getroffen worden. |
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| bb) Dem Aufsichtsrat sei auch nicht vorzuwerfen, er habe im Geschäftsjahr 2007/2008 die Vergütung des Vorstands in sittenwidriger Weise festgesetzt. |
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| cc) Des Weiteren sei dem Aufsichtsrat nicht vorzuwerfen, er habe Vergütungsvereinbarungen mit dem Vorstand ohne Einholung der nach § 292 AktG erforderlichen Zustimmung der Hauptversammlung getroffen. Nach § 292 Abs. 2 AktG sei ein Vertrag über die Gewinnbeteiligung eines Vorstandsmitglieds im Übrigen nicht als Teilgewinnabführungsvertrag anzusehen. Jedenfalls habe sich der Aufsichtsrat insoweit nicht über eine eindeutige Rechtslage hinweggesetzt. |
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| dd) Die Entlastung des Aufsichtsrats sei auch nicht deshalb anfechtbar, weil die „Entsprechenserklärung“ nach § 161 Satz 1 AktG Abweichungen der Praxis der Beklagten zur Vorstandsvergütung von wesentlichen Empfehlungen des DCGK nicht offengelegt habe. Eine Abweichung von Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 2 und 3 DCGK müsse nicht offen gelegt werden, da es sich dabei nur um Anregungen bzw. um die Wiedergabe gesetzlicher Regelungen handele. Von der Empfehlung in Nr. 4.3.2 Absatz 3 Satz 4 DCGK sei nicht abgewichen worden, da sich diese nur auf langfristige Komponenten mit Anreiz- und Risikocharakter beziehe, welche die Beklagte aber nicht mit ihren Vorständen vereinbart habe. |
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| ee) Dass der Aufsichtsrat im Geschäftsjahr 2007/2008 pflichtwidrig die nach den Vorstandsverträgen zu berechnende Vergütung im Hinblick auf die besonderen Gewinne aus den Optionsgeschäften oder im Hinblick auf die Lage der Gesellschaft nicht herabgesetzt bzw. ihre Auszahlung verhindert habe, hätten die Klägerinnen nicht rechtzeitig vorgetragen. Im Übrigen ergebe sich aus ihrem Vortrag kein eindeutiger und schwerwiegender Rechtsverstoß des Aufsichtsrats, da die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 AktG alter Fassung nicht erfüllt gewesen seien und die Rechtslage in Bezug auf die Möglichkeit bzw. Pflicht zur Herabsetzung variabler Vergütungsanteile bei erheblicher Erhöhung der Bezugsgröße infolge unerwarteter Ergebnisanteile nicht eindeutig gewesen sei. Jedenfalls sei für die Hauptversammlung nicht erkennbar gewesen, dass der Aufsichtsrat die Auszahlung der Vergütung hätte verhindern müssen. |
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| ff) Verfristet sei schließlich der Vorwurf, der Aufsichtsrat habe es versäumt, im Geschäftsjahr 2007/2008 oder zuvor überhöht ausgezahlte Vergütungen zurück zu fordern. Jedenfalls fehle es an der Eindeutigkeit eines entsprechenden Rückforderungsanspruchs. |
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| b) Dementsprechend habe die Hauptversammlung dem Vorstand nicht die Entlastung verweigern müssen, weil dieser sich in Bezug auf die Regelung seiner Vergütung im Geschäftsjahr 2007/2008 pflichtwidrig verhalten habe. Im Übrigen fehle es an einem eindeutigen und schwerwiegenden Rechtsverstoß, weil ungeklärt sei, ob den Vorstand insoweit eine Pflicht treffe, auf die Einhaltung des § 87 Abs. 1 AktG zu achten oder hinzuwirken. Der Vorwurf, der Vorstand habe es versäumt, Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats durchzusetzen, sei jedenfalls nicht innerhalb der Anfechtungsfrist vorgebracht worden. |
|
| 2. Die Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand bzw. Aufsichtsrat sowie über die Wahl der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat und über die Vergütung des ersten Aufsichtsrats der Beklagten seien auch nicht wegen der Verletzung von Auskunftspflichten anfechtbar. |
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| a) Offen bleiben könne, ob die Klägerin Ziffer 2) ihre Auskunfts- und Anfechtungsrechte wegen unzulässiger Tonaufnahmen in der Hauptversammlung verwirkt habe. |
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| b) Die Beklagte könne der Klägerin Ziffer 2) zwar nicht entgegen halten, sie würde in unzulässiger Weise Fragen „nachschieben“. |
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| aa) Die Klägerin Ziffer 2) könne sich auch die Fragen anderer Aktionäre zu eigen machen, selbst wenn diese von ihrem Vertreter in der Hauptversammlung nicht als unbeantwortet zu Protokoll gerügt worden seien. |
|
| bb) Die vom Versammlungsleiter eröffnete Gelegenheit, unbeantwortete Fragen zur Niederschrift des Notars zu erklären, habe weder der Klärung gedient, ob Fragen übersehen wurden, noch hätten diese Fragen angesichts ihrer Protokollierung nach Schluss der Generaldebatte noch beantwortet werden sollen. |
|
| c) Die von der Klägerin Ziffer 2) angeführten 12 Fragen seien aber jedenfalls in der Hauptversammlung hinreichend beantwortet worden, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich waren und der Beklagten kein Auskunftsverweigerungsrecht zustand. |
|
| aa) Frage 1 sei in einem für die Information der Aktionäre als Grundlage für die Beschlussfassung erforderlichen Umfang beantwortet worden, soweit es sich nicht - wie im Fall der Unterfrage 1.3 - um eine rein rhetorische Frage gehandelt habe. |
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| bb) Entsprechendes gelte für Frage 2. Diese sei durch die Antwort, dass die Ausübungsschwellen (Strikes) so gewählt wurden, dass sie unabhängig vom Kurs der V-Aktie bezahlt werden können, beantwortet worden. Die Mitteilung rein theoretischer Überlegungen sei nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls habe die Beklagte solche Auskünfte aus den zu Frage 4 angeführten Gründen verweigern können, weil sie Rückschlüsse auf an anderer Stelle zu Recht verweigerte Informationen über Details der Optionsgeschäfte, insbesondere zu den Strikes ermöglicht hätten. |
|
| cc) Auch Frage 3 sei mit der Nennung von Datum und Anlass des Vorstandsbeschlusses vom 26.10.2008 sowie der Billigung des Ziels der Dreiviertelmehrheit durch den Aufsichtsrat am 20.10.2008 hinreichend beantwortet worden. Die genauen Daten von Vorstands- oder Aufsichtsratssitzungen in früheren Geschäftsjahren seien nicht erforderlich gewesen. Ob die Klägerin Ziffer 2) den Antworten Glauben schenke, sei unerheblich. Die Richtigkeit der erteilten Auskunft habe sie nicht bestritten. |
|
| dd) Hinsichtlich Frage 4 sei zwar die allgemeine Antwort zur Veräußerung von Put-Optionen oder ähnlichen Instrumenten auf V-Stammaktien unstreitig erteilt, nicht aber die ergänzende Frage nach den Einzelheiten solcher Geschäfte, insbesondere nach den Strikes beantwortet worden. Ob die Auskunft über diese Einzelheiten erforderlich war, könne allerdings dahinstehen. Jedenfalls habe sich die Beklagte insoweit zu Recht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Dazu genüge, dass die Beklagte mögliche Nachteile nicht unerheblicher Art plausibel dargelegt habe, indem sie ausführte, dass die Bekanntgabe der Einzelheiten der Optionsgeschäfte Rückschlüsse auf den Einfluss von Kursbewegungen der V-Aktie auf das Ergebnis und damit die geschäftliche oder wirtschaftliche Lage der Beklagten zulasse; zum einen könnten Konkurrenten Einblicke in die interne Kalkulation bzw. die geschäftliche Strategie der Beklagten bzw. der P erlangen, zum anderen könnten Dritte die Informationen zu Spekulationen gegen die Beklagte auf dem Kapitalmarkt nutzen. Demgegenüber könne sich die Klägerin Ziffer 2) nicht darauf berufen, dass die Information der Aufklärung etwaiger Pflichtwidrigkeiten der Organe der Beklagten diene, da sich aus ihrem Vortrag keine hinreichenden objektiven Anhaltspunkte für den Verdacht pflichtwidrigen Handelns ergäben. Schließlich seien Nachteile der Beklagten durch die Auskunftserteilung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil diese nach den Vorschriften über „Director’s Dealings“ ohnehin hätten veröffentlicht werden müssen, da die Derivatgeschäfte mangels Eröffnung ihres persönlichen Anwendungsbereichs nicht mitteilungspflichtig gewesen seien. Aus dem von der Klägerin Ziffer 2) in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz behaupteten Konsortialvertrag ergebe sich nichts Anderes. |
|
| ee) Frage 5 sei in Bezug auf die Art der Risiken aus den Put-Optionen beantwortet worden. In Bezug auf das Volumen der Risiken müsse die Frage nicht beantwortet werden, weil diese von der Kursentwicklung abhingen; jedenfalls könne sich die Beklagte insoweit aus den zu Frage 4 angeführten Gründen auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen, weil eine - ohnehin nur hypothetische - Antwort davon abhinge, welche Strikes vereinbart waren. |
|
| ff) Frage 6 sei jedenfalls hinreichend beantwortet worden, weil der Vorstand erklärt habe, dass die Strikes nach seiner Einschätzung unabhängig vom jeweiligen Kurs der V-Aktie gezahlt werden könnten, was Kurse unter 200 Euro mit einschließe. Dabei sei auch die unter II B.3, S. 251 protokollierte Auskunft mit einzubeziehen. |
|
| gg) Hinsichtlich Frage 7 seien die Unterfragen 7.2 und 7.3 hinreichend beantwortet. Unterfrage 7.2 sei durch den Hinweis beantwortet worden, dass Optionsgeschäfte auf Barausgleich abgeschlossen wurden, bei denen keine Leihgebühren wie bei Leerverkäufen, sondern nur Optionsprämien anfallen. Unterfrage 7.3 sei im Ergebnis verneint worden. Zu Unterfragen 7.1 und 7.4 habe sich die Beklagte zu Recht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen, indem sie plausibel dargelegt habe, dass die Namhaftmachung der an den Derivatgeschäften beteiligten Banken gegen das in diesem Zusammenhang übliche Diskretionsinteresse verstoße und damit ihre Kontrahierungsfähigkeit beschädigen könne. Ein Solvenzrisiko der jeweiligen Geschäftspartner habe der Vorstand verneint; die Überprüfung dieser Einschätzung durch die Aktionäre sei nicht erforderlich gewesen. |
|
| hh) Frage 8 sei durch den Hinweis auf einen ergebniswirksamen Abschreibungsbedarf bei fallenden Kursen der V-Aktie sowohl in der Gewinn- und Verlustrechnung als auch in der Bilanz hinreichend beantwortet worden. Die technischen Einzelheiten der Verbuchung seien nicht relevant. |
|
| ii) Frage 9 sei durch die Auskunft des Vorstands, nach seiner aktuellen Einschätzung bestünden keine existenzgefährdenden Risiken, beantwortet worden. |
|
| jj) Die Antwort auf die mit Frage 10 verlangten Informationen über Laufzeiten und Verlängerungsrechte der Optionen bzw. Derivate habe die Beklagte zu Recht aus den zu Frage 4 angeführten Gründen verweigert. |
|
| kk) Frage 11 sei hinsichtlich des Zwecks der Währungssicherungsgeschäfte beantwortet worden. In Bezug auf die Glattstellung handele es sich um eine rein hypothetische Frage, auf welche die Beklagte nicht antworten musste. Der Vortrag der Klägerin Ziffer 2), eine entsprechende Antwort sei zur Aufklärung verdeckter Risiken geeignet, sei nicht nachvollziehbar. Auf die Relevanz einer entsprechenden Antwort für die Entscheidung über die Gewinnverwendung komme es nicht an, weil dieser Beschluss nicht angefochten worden sei. |
|
| ll) Frage 12 sei zwar nicht beantwortet worden, die Beklagte könne sich insoweit aber aus den zu Frage 4 angeführten Gründen auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. |
|
| 3. Auf Antrag der Beklagten (Bl. 652 ff.) hat das Landgericht mit Beschluss vom 14.07.2010 (Bl. 660 ff.) die tatbestandlichen Feststellungen auf Seite 52 Absatz 2 Satz 1 des angefochtenen Urteils (juris Rn. 236) geringfügig berichtigt. |
|
| Dabei wurde die auf die von der Klägerin Ziffer 2) im Rechtsstreit vorgebrachten Fragen bezogene Feststellung „denn sie wurden bis auf eine Ausnahme unstreitig entweder vom Vertreter der Klägerin zu 2 oder von anderen Aktionärsvertretern als unbeantwortet zu Protokoll gegeben“ durch die Wendung „soweit sie entweder vom Vertreter der Klägerin zu 2 oder von anderen Aktionärsvertretern als unbeantwortet zu Protokoll gegeben wurde“ ersetzt (Bl. 669). |
|
| Der weitergehende Antrag, den Tatbestand auch auf Seite 6 in Satz 2 des ersten Absatzes unter Buchstabe c) (juris Rn. 24) zu berichtigen, wurde zurückgewiesen (Bl. 668). |
|
| Die Klägerin Ziffer 1) hat gegen das ihr am 02.06.2010 zugestellte (Bl. 629) Urteil am 09.06.2010 Berufung eingelegt (Bl. 635 f.) und diese am 18.08.2010 (Bl. 803 ff.) begründet. Die Klägerin Ziffer 2) hat gegen das ihr am 02.06.2010 zugestellte (Bl. 629) Urteil am 10.06.2010 Berufung eingelegt (Bl. 641) und diese am 18.08.2010 (Bl. 684 ff.) begründet. Beiden Klägerinnen war die Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.08.2010 verlängert worden (Bl. 669, 671, 683). Der Streithelfer der Klägerinnen hat erklärt, dass er sich am Berufungsverfahren nicht beteiligen werde (Bl. 673). |
|
| Zur Begründung ihrer Berufungen bringen die Klägerinnen im Wesentlichen vor: |
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| Die Klägerin Ziffer 1) rügt, das Landgericht habe verkannt, dass die angefochtenen Entlastungsbeschlüsse wegen der Unangemessenheit der Vergütung des Vorstands mangelhaft seien. |
|
| Das Landgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt bzw. den Parteivortrag im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung falsch dargestellt. |
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| Insbesondere habe das Landgericht versäumt, nach § 142 ZPO die Vorlage des Anstellungsvertrages von W (Bl. 812, 820, 824 ff.) sowie sonstiger Zusagen, Regelungen und Vereinbarungen zu den erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteilen einschließlich etwaiger Begleitschreiben seit dem Jahr 1994 (Bl. 821, 827) anzuordnen. Die Vorlage dieser Unterlagen sei zum einen zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage der erfolgsabhängigen Vergütung des W (Bl. 812, 824) und zum anderen zur Klärung des Bestehens eines Teilgewinnabführungsvertrages (Bl. 820, 824, 833) erforderlich. Schon aus diesem Grund sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurück zu verweisen (Bl. 827). |
|
| Zudem habe das Landgericht den klägerischen Vortrag zu den Entwicklungen nach der Hauptversammlung am 30.01.2009 nicht zur Prüfung der Angemessenheit der Vorstandsvergütung herangezogen (Bl. 808 f., 815). Die Vorgänge nach der Hauptversammlung könnten als Beweisanzeichen dafür zu werten sein, dass objektiv schon zum Zeitpunkt der Hauptversammlung schwere Versäumnisse der Geschäftsführung zu verzeichnen waren (Bl. 815). |
|
| Soweit das Gericht auf Seite 46 (juris Rn. 215) der angefochtenen Entscheidung ausgeführt habe, die Ergebnisbeiträge beruhten zum überwiegenden Teil auf tatsächlich erhaltenen Ausgleichszahlungen der Derivatgeschäfte, widerspreche dies dem klägerischen Vortrag; entgegen der Begründung des Landgerichts lasse sich dies dem Geschäftsbericht 2007/2008 der Beklagten nicht entnehmen (Bl. 814). Im Übrigen gebe der Tatbestand der angefochtenen Entscheidung den klägerischen Vortrag zum Anstellungsvertrag des W nicht vollständig und richtig wieder, da er die Ausführungen auf Seite 6 f. des Schriftsatzes vom 19.08.2009 verschweige (Bl. 809). |
|
| Obwohl die Einzelheiten der erfolgsabhängigen Vergütung des Vorstands der Beklagten nicht unstreitig seien, sei davon auszugehen, dass sich die W im Jahr 1994 erteilte Zusage - naturgemäß - ausschließlich auf die Erträge in der Kraftfahrzeugproduktion beziehe, nicht aber auf Erträge aus Derivatgeschäften (Bl. 811). |
|
| Das Landgericht setze sich mit dem klägerischen Vortrag zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung nicht hinreichend auseinander. |
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| Zu Unrecht habe das Landgericht die Rüge der Sittenwidrigkeit der Vorstandsvergütung als verfristet zurückgewiesen. Aus § 241 Nr. 4 AktG folge, dass es sich bei der Frage der Sittenwidrigkeit um einen Nichtigkeitgrund handele, dessen Vorbringen nicht an die Frist des § 246 Abs. 1 AktG gebunden sei (Bl. 812, 818, 840). Im Übrigen habe bereits der Verweis auf § 87 AktG in der Klageschrift dem Gericht Anlass zur Überprüfung auch in Bezug auf die Sittenwidrigkeit der Vergütung gegeben. Das Landgericht sei gehalten gewesen, alle in der Klageschrift vorgetragenen Lebenssachverhalte umfassend zu prüfen (Bl. 817). |
|
| Bereits in der Klageschrift sei außerdem vorgetragen worden, dass die Vergütung des Vorstands der Beklagten unangemessen sei, weil sie zum einen nicht der Lage der Gesellschaft entspreche, nachdem sie auf der Grundlage von Buchgewinnen errechnet worden sei, und zum anderen, weil sie einem horizontalen Vergleich mit anderen Vorstandsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften nicht standhalte; insoweit verwies die Klägerin Ziffer 1) auf I K.19 (Bl. 812). Ergänzend legt die Klägerin Ziffer 1) eine Studie der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) und der Technischen Universität (TU) München vom 30.07.2010 zur Vergütung von Vorständen vor (BK 1.1). |
|
| Die Sittenwidrigkeit der Vergütung sei von Amts wegen zu prüfen (Bl. 818). Dabei dürfe man nicht nur auf die Situation bei der Festsetzung der Vergütung abstellen; vielmehr sei eine Einzelfallbetrachtung geboten, die dem Umstand Rechnung trage, dass sich rechtliche und tatsächliche Umstände im Lauf der Zeit änderten (Bl. 843). Im Übrigen habe die Vergütung von W auch in den letzten Jahren weit über den Grenzen gelegen, die nach den Kriterien der Rechtsprechung die Annahme einer schweren Äquivalenzstörung rechtfertigten (Bl. 844). |
|
| Da die Beklagte den klägerischen Vortrag zur Unangemessenheit bzw. Sittenwidrigkeit der Vorstandsvergütung nicht hinreichend bestritten habe, sei er in den unstreitigen Tatbestand aufzunehmen; der Hinweis der Beklagten auf ein von ihr nicht vorgelegtes Rechtsgutachten genüge nicht (Bl. 813). |
|
| Daraus folge die Mangelhaftigkeit der Entlastungsbeschlüsse. |
|
| Eine Entlastung des Aufsichtsrats scheide aus, weil er die Auszahlung der unangemessenen Vergütung an W nicht habe zulassen dürfen (Bl. 827). Angesichts der Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung habe für die Zahlung im Entlastungszeitraum kein Rechtsgrund bestanden (Bl. 844). Im Übrigen hätten Vorstand und Aufsichtsrat nicht beachtet, dass W die Vergütung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht habe annehmen dürfen (Bl. 850). Hinsichtlich der Verhinderung der Vergütungsauszahlung - und auch hinsichtlich des Unterlassens der Vergütungsanpassung - habe das Landgericht die Anforderungen an die klägerische Darlegungslast überspannt (Bl. 819). |
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| Zudem habe der Aufsichtsrat schon bei der Festsetzung der Vergütung dafür Sorge tragen müssen, dass die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstands und zur Lage der Gesellschaft stehen (Bl. 827). Das Landgericht habe es versäumt, sich eingehend mit dem aktienrechtlichen Meinungsstand zu den Anforderungen an eine angemessene Abfindung auseinanderzusetzen (Bl. 828). Der Umstand, dass § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG in seiner aktuellen Fassung erst seit dem 05.08.2009 gelte, spreche nicht dagegen, vom Aufsichtsrat auch schon vor diesem Zeitpunkt eine Berücksichtigung der sonst üblichen Vergütung zu verlangen (Bl. 829). Jedenfalls sei das Kriterium der Marktüblichkeit zur Konkretisierung des Angemessenheitsangebots anerkannt (Bl. 832). |
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| Weiterhin habe der Aufsichtsrat eine angemessene Herabsetzung der Vergütung herbeiführen müssen, als sich später die Verhältnisse der Gesellschaft wesentlich verschlechterten (Bl. 827, 832). Die am 30.01.2009 bestehenden und bekannten Risiken hätten die Beklagte schon wenige Wochen später an den Rand der Insolvenz geführt. Falls der Aufsichtsrat seiner Verpflichtung aus § 91 Abs. 2 AktG zur Einrichtung eines Überwachungssystems nachgekommen sei, habe er dies erkannt oder erkennen müssen (Bl. 832). Jedenfalls hätten Vorstand und Aufsichtsrat pflichtwidrig ihre bei Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB bestehenden Gestaltungsrechte nicht ausgeübt; in diesem Zusammenhang verwies die Klägerin Ziffer 1) darauf, dass sich die der Vergütungsberechnung zugrunde liegenden Gewinne nicht hätten realisieren lassen (Bl. 850). |
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| Im Übrigen fordere das Landgericht zu Unrecht die Erkennbarkeit von Pflichtverletzungen der zu Entlastenden für die Teilnehmer der Hauptversammlung (Bl. 822). Hinsichtlich der unterlassenen Rückforderung der Vergütung ergebe sich die Erkennbarkeit jedenfalls aus den von mehreren Aktionären zu diesem Punkt in der Hauptversammlung gestellten Fragen (Bl. 818). |
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| Darüber hinaus habe das Landgericht verkannt, dass die Zahlungen an W aus zwei unterschiedlichen Komponenten bestünden. Neben die übliche Vorstandsvergütung trete eine Teilgewinnabführung; dies folge schon aus dem Umstand, dass die Zahlungen weit über den Vergütungen anderer Vorstände bei vergleichbaren Unternehmen lägen (Bl. 819 f.). Außerdem habe es das Landgericht unterlassen, zwischen dem Entgelt für die Tätigkeit von W einerseits und der Gegenleistung für seine Übernahme der persönlichen Haftung im Jahr 1994 andererseits zu differenzieren (Bl. 834, 836). Die Vergütungsvereinbarung mit W unterfalle nicht der Ausnahmeregelung des § 292 Abs. 2 AktG (Bl. 833). Der Verstoß gegen das Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft durch die Nichtbeteiligung der Hauptversammlung habe nach § 241 Nr. 3 AktG die Nichtigkeit zur Folge (Bl. 837). |
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| Des Weiteren seien die Entlastungsbeschlüsse auch wegen unrichtiger bzw. unvollständiger Organerklärungen gemäß § 161 AktG anfechtbar (Bl. 838). In diesem Zusammenhang könne dahinstehen, wann die dem Vorstand gewährte Vergütung festgesetzt wurde, weil Nr. 4.2.3 Absatz 1 DCGK auf die „zugesagte oder gewährte“ Vergütung abstelle (Bl. 838). Die Argumentation des Landgerichts, dass das Verschweigen der Abweichung von DCGK Empfehlungen, die lediglich die Gesetzeslage wiedergeben, nicht zur Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses führe, schaffe in unzulässiger Weise rechtsfreie Räume (Bl. 839). |
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| Schließlich scheide die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auch deshalb aus, weil die „Transaktionsstruktur zur Übernahme von V sowie die Bemessungsgrundlage für die Vergütung nicht mehr dem Gesellschaftszweck entsprochen habe“ (Bl. 851). Das Landgericht habe verkannt, dass der Erwerb der V-Beteiligung kein nach der im Geschäftsjahr 2007/2008 geltenden Satzung der Beklagten zulässiges Hilfsgeschäft gewesen sei (Bl. 851). Bei der Übernahme einer Gesellschaft, die um ein Vielfaches größer ist, wie im Fall der Übernahme von V durch die Beklagte, handele es sich sicher nicht um ein Hilfsgeschäft (Bl. 852). Die Übernahme von V durch die Beklagte sei allein schon wegen der Größenordnungen nicht mehr vom Satzungszweck gedeckt gewesen (Bl. 852). |
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| Ergänzend verweist die Klägerin Ziffer 1) auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen sowie auf dasjenige der Klägerin Ziffer 2) in beiden Rechtszügen (Bl. 806). |
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| Die Klägerin Ziffer 2) rügt, das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, die Beklagte habe ausreichend Auskunft erteilt bzw. zu Unrecht ein Auskunftsverweigerungsrecht der Beklagten bejaht. Die Beklagte habe die verlangten Auskünfte zu Unrecht nicht, nicht vollständig oder sachlich unzutreffend erteilt. Im Übrigen macht sie Verfahrensmängel im ersten Rechtszug geltend. |
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| Soweit das Landgericht die Erforderlichkeit des Auskunftserteilung verneint habe, habe es verkannt, dass das die Auskunftsrechte der Aktionäre beschneidende Erfordernis der Erforderlichkeit gegen die Vorgaben der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.07.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (Aktionärsrechterichtlinie) verstoße (Bl. 1015 ff.). |
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| Jedenfalls seien die Auskünfte auf die von der Klägerin Ziffer 2) in der Klageschrift angeführten (Bl. 695) Fragen zur Beurteilung des satzungs- und gesetzestreuen Verhaltens der Organe der Gesellschaft und insbesondere zur Beurteilung der Lage der Gesellschaft erforderlich gewesen (Bl. 746, 748). Dies gelte insbesondere angesichts der existenzbedrohenden Lage der Beklagten (Bl. 746), die bereits zum Jahresabschluss 2007/2008 bestanden habe (Bl. 733, 736, 747). |
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| Das Auseinanderreißen der Fragen durch das Landgericht sei nicht statthaft (Bl. 752). Dabei verkenne das Landgericht den Sachzusammenhang der begehrten Auskünfte, die allesamt die von der Beklagten eingegangenen Risiken im Zusammenhang mit dem gescheiterten Versuch zur Übernahme von V hinterfragten (Bl. 1021 f.). |
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| Die Beklagte habe die vorgenannten Fragen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht ausreichend beantwortet (Bl. 750 ff.). |
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| Auf die Fragen Nr. 1, 8 und 9 habe die Beklagte nicht die vom Landgericht angenommenen bzw. entgegen der Auffassung des Landgerichts gar keine Auskunft erteilt. |
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| Die Beantwortung von Frage 1 sei zur Beurteilung der Gesetzes- und Satzungstreue der Organe der Beklagten erforderlich (Bl. 752). |
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| Die vom Landgericht unterstellte Antwort zu Unterfrage 1.1 sei tatsächlich nicht erteilt worden, sondern stelle eine Wertung des Gerichts dar (Bl. 754). Zu Unrecht habe das Landgericht unterstellt, die Beklagte habe erklärt, die Kursanstiege vom 15.10.2008 und 16.10.2008 aktuell wahrgenommen zu haben. Da die Frage kein Datum vorgegeben habe, habe die Beklagte nicht einfach ein Datum bestätigen können (Bl. 752). Die Angabe des konkreten Datums, sei aber für die Beurteilung, ob dem Vorstand ein Gesetzesverstoß wegen Verletzung der Kapitalmarktpublizitätspflichten vorzuwerfen ist, unerlässlich (Bl. 754). Die Interpretation der Antwort unter Bezugnahme auf eine andere Erklärung sei jedenfalls nur zulässig, wenn dort ein konkretes Datum angegeben sei (Bl. 1026). Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft (Bl. 1027). |
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| Die Antwort der Beklagten zu Unterfrage 1.2 sei sachlich unzutreffend gewesen. Da die Kurse der V-Stammaktie Mitte Oktober 2008 bereits wieder gesunken waren, habe die Mitteilung der Beklagten vom 26.10.2008 objektiv die Märkte nicht beruhigt, sondern einen erneuten Kursanstieg ausgelöst. Die Auffassung des Landgerichts, auf die Berechtigung der Annahme des Vorstands der Beklagten komme es nicht an, ermögliche der Beklagten anstelle der Auskunftsverweigerung eine objektiv unrichtige Auskunft zu erteilen (Bl. 755). |
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| Durch die von der Beklagten zu Frage 8 erteilte Auskunft sei die gestellte Frage nicht beantwortet worden; die erteilte Auskunft stelle im Verhältnis zur Frage ein Aliud dar (Bl. 756). Die Frage habe darauf abgezielt, wie hoch der Wertberichtigungsbedarf bei Abfall des Kurses der V-Stammaktie im Höchstfall sein könne und ob dieser Wertberichtigungsbedarf zu einer die Existenz des Unternehmens gefährdenden Unterbilanz bzw. Überschuldung führen könne; gefragt worden sei ausschließlich nach den Wertansätzen der Vermögens- und Schuldposten (Bl. 756). Die allgemeinen Ausführungen der Beklagten zu den Auswirkungen fallender Kurse auf die Gewinn- und Verlustrechnung stellten keine ausreichende Antwort dar (Bl. 758). Zwar könnten auch weitere Auskünfte der Beklagten herangezogen werden (Bl. 759). Allerdings habe die Beklagte mit diesen Auskünften sachlich unzutreffend suggeriert, es drohten auch im „worst case“ keine existenziellen Risiken, da die sonstigen Forderungen und Vermögenswerte der Beklagten, auf denen ihr Eigenkapital beruhte, im Wesentlichen aus derivativen Finanzinstrumenten, darunter den fraglichen Aktienoptionen, bestanden hätten (Bl. 759). |
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| Frage 9 sei entgegen der Auffassung des Landgerichts überhaupt nicht beantwortet worden; im Übrigen habe sich die Beklagte insoweit in Widersprüche verwickelt (Bl. 760). Die Frage habe insbesondere darauf abgezielt, ob die Beklagte, eine dem Umfang der Risiken angemessene Risikofrüherkennung im Sinne von § 91 Abs. 2 AktG implementiert habe (Bl. 760). Die Beklagte habe nicht beantwortet, welcher konkrete Dollarkurs bzw. welcher konkrete Kurs der V-Stammaktie geeignet wäre, existenzgefährdende Risiken für die Beklagte zu begründen (Bl. 761). Diese Information sei für die Aktionäre erforderlich gewesen, um durch eigene Beurteilung der Marktentwicklung entscheiden zu können, ob sie ihre Aktien halten oder veräußern sollten (Bl. 761). Zudem habe sich die Beklagte widersprüchlich erklärt. Zum einen habe sie auf die Rückfrage der Klägerin Ziffer 2) erklärt, die Geschäfte in US-Dollar seien durch Währungssicherungsgeschäfte abgesichert, zum anderen habe sie auf Frage 11 hin erklärt, ihre Währungssicherungsgeschäfte dienten nur der Absicherung ihres operativen Geschäfts (Bl. 762). Die Bemerkung des Landgerichts, die Richtigkeit der Einschätzung des Vorstands, es bestünden keine existenzgefährdenden Risiken, könne dahinstehen, verkenne, dass die Auskünfte sachlich zutreffen müssten (Bl. 762 f.). |
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| Soweit das Landgericht eine ausreichende Beantwortung der Fragen 3 und 11 angenommen habe, habe es verkannt, dass nach § 131 Abs. 2 Satz 1 AktG die Auskünfte vollständig und sachlich zutreffend erteilt werden müssten. |
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| Frage 3 sei von der Beklagten nicht vollständig und zudem sachlich unzutreffend beantwortet worden (Bl. 764). Entgegen der Darstellung des Landgerichts habe die Klägerin Ziffer 2) vorgetragen, dass die erteilte Auskunft unrichtig sei (Bl. 764). Die Antwort, die Strategie zur Erhöhung der Beteiligung bis zur Möglichkeit des Abschlusses eines Beherrschungsvertrages sei erst am 26.10.2008 beschlossen worden sei sachlich unzutreffend. Dies folge aus dem in der Zeitung „Die Welt“ am 12.05.2009 veröffentlichten Interview des Vorsitzenden des Aufsichtsrats von V, FP, „Die Entscheidung Ps, seine Anteile an V auf 75 Prozent zu erhöhen, sei am Ende des ersten Halbjahres 2008 gefallen“ (Bl. 766, BK 2.42). Das Bestreiten der sachlichen Richtigkeit der Antwort stelle weder einen Wechsel der Angriffsrichtung dar noch sei es verspätet. Zweck der Auskunft sei die Beurteilung des pflichtgemäßen Organhandelns gewesen; dazu sei in der Klagschrift nur zu rügen gewesen, welche Auskunft nicht, unvollständig oder unrichtig erteilt wurde (Bl. 1030). Im Übrigen sei zu dem Presseartikel vom 12.05.2009 schon in der Replik im ersten Rechtszug vorgetragen worden (Bl. 1030). |
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| Frage 11 sei nicht beantwortet worden; das Landgericht habe die Widersprüchlichkeit der insoweit erteilten Auskünfte im Verhältnis zu anderen Auskünften verkannt (Bl. 767). Die Frage habe insbesondere auf die Implementierung einer angemessenen Risikofrüherkennung i.S.v. § 91 Abs. 2 AktG abgezielt und sei - mit Blick auf die Erforderlichkeit etwaiger Rückstellungen - auch für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über die Vergütung des Aufsichtsrats erforderlich gewesen (Bl. 768). Die von der Beklagten erteilte Antwort, sie schließe Währungssicherungsgeschäfte zur Absicherung ihres operativen Geschäftes, widerspreche ihrer Antwort auf Frage 9 (Bl. 768, 762). |
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| Das Landgericht habe zudem zu Unrecht das Bestehen von Auskunftsverweigerungsrechten der Beklagten angenommen, dies gelte insbesondere für die Fragen 2, 4, 5, 6, 7, 10 und 12 (Bl. 770 ff.). Die Voraussetzungen des von der Beklagten in Anspruch genommenen Auskunftsverweigerungsrechts nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG seien nicht erfüllt. |
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| Die genannten Fragen seien zunächst nicht hinreichend beantwortet worden. |
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| Hinsichtlich Frage 2 habe das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung - im Gegensatz zur Entscheidung im parallel geführten Auskunftserzwingungsverfahren - schon zu Unrecht angenommen, die Frage sei beantwortet worden (Bl. 772). Nehme man mit dem Landgericht an, es sei die Auskunft erteilt worden, die Strikes seien so gewählt worden, dass sie unabhängig vom Kurs der V-Aktie bezahlt werden könnten, sei dies dahin zu verstehen, dass es keinen V-Tiefstkurs gebe, ab dem die Beklagte „technisch insolvent“ wäre. Eine solche Auskunft sei indessen sachlich unzutreffend, da der Beklagten wohl jedenfalls bei einem Kurs von 0 Euro die Insolvenz drohte (Bl. 773). Entgegen der Auffassung des Landgericht sei die Frage nicht lediglich hypothetisch, da der Vorstand der Beklagten gemäß § 91 Abs. 2 AktG die Pflicht habe, geeignete Maßnahmen zur Risikofrüherkennung zu treffen. Dazu gehöre auch die Festlegung eines Grenzwertes für den Kurs der V-Stammaktie (Bl. 774). Hätte die Beklagte, wie vom Landgericht angenommen, erklärt, dass den Fall eines „unvernünftigen“ Kursverlaufs der V-Aktie keine Szenarien entwickelt, läge bereits darin ein schwerwiegender Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten der Organe, der zur Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse berechtige (Bl. 774). Die Ausführungen auf Seite 177 des Geschäftsberichts der Beklagten 2007/2008 (II B.1) stellten entgegen der Auffassung des Landgerichts keine ausreichende Risikobewertung des Vorstands dar (Bl. 775). |
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| Frage 4 sei jedenfalls in Bezug auf die Einzelheiten (Zeitpunkte, Erlöse, Anzahl und Ausübungsschwellen) nicht beantwortet worden (Bl. 777). |
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| Hinsichtlich Frage 5 habe die Beklagte jedenfalls die entscheidende Auskunft zum Volumen und daraus folgend zur Höhe des Risikos aus den begebenen Put-Optionen verweigert (Bl. 778). |
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| Die auf Frage 6 erteilte Auskunft habe diese Frage nicht beantwortet. Soweit das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung - abweichend von der Entscheidung des Landgerichts im parallel geführten Auskunftserzwingungsverfahren - angenommen habe, die Auskunft, dass die Beklagte die Strikes unabhängig vom jeweiligen V-Kurs zahlen könne, schließe Kurse unter 200, 150 bzw. 100 Euro ein, widerspreche es seinen Ausführungen zu Frage 2, wo es festgestellt habe, die Beklagte habe nicht erklärt, was bei einem Kurs von 0 Euro geschehen würde (Bl. 779). |
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| Frage 10 nach Laufzeiten und Verlängerungsrechten der Call- bzw. Put-Optionen sei wiederum nicht beantwortet worden (Bl. 780). |
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| Gleiches gelte für Frage 7 nach den Geschäftspartnern, mit denen die Beklagte die Derivatgeschäfte abgeschlossen habe (Bl. 782). |
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| Schließlich habe sich die Beklagte zu Frage 12 auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. |
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| Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne sich die Beklagte nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG berufen (Bl. 783 ff.). |
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| Es fehle bereits an einem objektiven Nachteil. |
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| Durch die Preisgabe von Kalkulationsgrundlagen zu Finanztransaktionen könne der Beklagten nur dann ein Nachteil entstehen, wenn diese Geschäfte zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens noch nicht abgeschlossen waren (Bl. 783). Die Klägerin Ziffer 2) habe bereits in der Klagschrift die Auffassung vertreten, dass die Geschäfte abgeschlossen seien (Bl. 783). |
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| Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, inwiefern die Benennung der fünf wichtigsten Geschäftspartner der Beklagten zum Nachteil gereichen solle. Deren Nennung alleine könne jedenfalls keine finanziellen Nachteile bewirken; der Vortrag der Beklagten, dass potentielle Vertragspartner im Fall der Auskunftserteilung nicht mehr oder nur noch zu schlechteren Konditionen zum Abschluss mit der Beklagten bereit wären, stelle eine „Angabe ins Blaue hinein“ dar (Bl. 784). |
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| Schließlich bewirkten Auskünfte über die bilanziellen Auswirkungen des Scheiterns einer Verlängerung von Krediten, die fortlaufenden Kosten und die Liquiditätsabflüsse aus dem Aufbau der Beteiligung keinen Nachteil für die Beklagte, weil sie diese Daten im Jahresabschluss zum 31.07.2009 ohnehin offen legen müsse (Bl. 785). |
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| Jedenfalls überwiege im Rahmen einer Abwägung das Aufklärungsinteresse, da Tatsachen vorlägen, die objektiv geeignet seien, den hinreichenden Verdacht eines schwerwiegenden, die Gesellschaft schädigenden oder gefährdenden Versagens der Verwaltung zu begründen (Bl. 788, 1024). Dazu verwies die Klägerin Ziffer 2) insbesondere auf ihre Darstellung der „Chronologie der gescheiterten Übernahme der V AG“ bzw. des „Scheitern[s] der Übernahme der V AG“ (vgl. Bl. 700 ff.). Dieser Vortrag belege den Verdacht eines Verstoßes der Geschäftsleitung der Beklagten gegen Kapitalmarktvorschriften, namentlich der Kursmanipulation und der unerlaubten Weitergabe von Insiderinformationen (Bl. 788). Im Übrigen indiziere die Abberufung von W und H am 23.07.2009 sowie die Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren, dass schon am 30.01.2009 schwere Verstöße bei der Geschäftsführung zu verzeichnen gewesen seien (Bl. 789 f.). |
|
| Im Übrigen bestehe kein Auskunftsverweigerungsrecht, soweit die Beklagte aufgrund kapitalmarktrechtlicher Vorschriften zur Offenlegung von Umständen verpflichtet sei (Bl. 790). Die stimmberechtigten Anteilsverhältnisse der Beklagten, deren Inhaber zugleich Leitungsfunktionen bei V bekleideten, wodurch Informationspflichten nach § 15a WpHG ausgelöst würden, könnten von der Klägerin Ziffer 2) nicht abschließend beurteilt werden (Bl. 790 f.). Aus dem Positivkatalog veröffentlichungspflichtiger Insiderinformationen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ergäbe sich jedenfalls eine Vielzahl möglicher Verstöße gegen Publizitätspflichten, die entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten (Bl 791). Zumindest komme angesichts der Widersprüche in den Veröffentlichungen der Beklagten zu ihrer Strategie der Erweiterung ihrer Beteiligung an V ein Verstoß in Gestalt der Irreführung der Öffentlichkeit in Betracht (Bl 792). Schließlich habe die drohende Insolvenz eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dargestellt; dass die Insolvenz der Beklagten gedroht habe, schließt die Klägerin Ziffer 2) insbesondere aus dem im Geschäftsbericht 2008/2009 der Beklagten (II B.1) auf S. 243 wieder gegebenen Hinweis des Konzernabschlussprüfers auf die Gefahr, dass sich „erneut eine kritische Liquiditätssituation“ bei der Beklagten ergeben könne, wenn die Schritte zu ihrer Zusammenführung mit der V AG nicht wie geplant erfolgten (Bl. 793, 685, BK 2.1). |
|
| Die Klägerin Ziffer 2) ist schließlich der Auffassung, dass die im Rahmen ihrer Berufungsbegründung dargestellten Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung wesentliche Mängel im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO seien, die zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits führen müssten (vgl. Bl. 795). Nach einer Zurückverweisung sei eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich (vgl. Bl. 796). |
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| Am 24.09.2010 veröffentlichte die Beklagte im elektronischen Bundesanzeiger folgende Mitteilung: (BK 1.2, Bl. 1009): |
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| „Veröffentlichung nach § 37q Abs. 2 Satz 1 WpHG |
|
| Die [BaFin] hat festgestellt, dass der Konzernzwischenlagebericht für das Geschäftsjahr 2008/2009 zum verkürzten Konzernabschluss zum Abschlussstichtag 31.01.2009 der [Beklagten] gemäß § 37q Abs. 1 WpHG fehlerhaft ist: |
|
| Die [Beklagte] hat im Konzernzwischenlagebericht für das Geschäftsjahr 2008/2009 nicht über das Liquiditätsrisiko berichtet, das aus der Notwendigkeit der kurzfristigen Liquiditätssicherung resultierte. Am Abschlussstichtag konkretisierte sich dieses Liquiditätsrisiko in der Notwendigkeit der Verlängerung einer ausgeschöpften und im März 2009 auslaufenden Kreditlinie in Höhe von 10 Mrd. Euro. |
|
| Die mangelnde Darstellung dieses Liquiditätsrisikos verstößt gegen §§ 37y, 37w Abs. 4 Satz 1 WpHG, wonach im Konzernzwischenlagebericht im Halbjahresfinanzbericht die wesentlichen Risiken für die dem Berichtszeitraum folgenden 6 Monate des Geschäftsjahres zu beschreiben sind.“ |
|
| Mit Schriftsatz vom 26.10.2010 beantragte die Klägerin Ziffer 1) die Beiziehung bzw. die Anordnung der Vorlage der Unterlagen der BaFin, die dieser Veröffentlichung zugrunde lagen, hilfsweise die Anordnung des Ruhens des Verfahrens bis zur Erteilung von Auskünften, welche die Klägerin Ziffer 1) bei der BaFin beantragt hat, sowie die Anordnung der Vorlage von Unterlagen der Beklagten, welche der BaFin im Zusammenhang mit der Prüfung vorgelegt wurden, die zu der vorgenannten Veröffentlichung führte (Bl. 1000). |
|
| Die BaFin habe festgestellt, dass die Rechnungslegung der Beklagten fehlerhaft gewesen sei, weil sie nicht im erforderlichen Umfang über die bestehenden Liquiditätsrisiken informiert habe (Bl. 1001). Diese Frage sei auch Gegenstand mehrerer Beiträge von Aktionären im Verlauf der Hauptversammlung am 30.01.2009 gewesen (Bl. 1001). Die Klägerin habe in der Hauptversammlung ausdrücklich nach dem Liquiditätsrisiko der Beklagten gefragt, indem sie mit Unterfrage 12.1 Auskunft darüber begehrte, „was mit P [passiere], wenn [P] mangels Bankenfinanzierung die Position nicht weiterrollen [könne]“ (Bl. 1002; II B.3, S. 167); die klägerseits begehrten Auskünfte hätten sich allesamt um bestandsgefährdende Risiken gedreht, deren Offenlegung die Rechnungslegungsvorschriften - insbesondere § 37w Abs. 4 WpHG und § 342 Abs. 2 HGB i.V.m. dem Deutschen Rechnungslegungsstandard Nr. 16 - bezweckten (Bl. 1004). |
|
| Der Beklagten habe daher kein Auskunftsverweigerungsrecht zugestanden (Bl. 1001). Zum einen habe die BaFin festgestellt, dass die Beklagte nach kapitalmarktrechtlichen Vorschriften verpflichtet gewesen sei, Auskünfte zu ihren Liquiditätsrisiken zu erteilen, zum anderen könne sie sich angesichts ihrer Pflichtverletzung nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen (Bl. 1003, 1005). Der Vortrag der Beklagten zu ihrer Liquiditätslage Anfang 2009 sei durch die Feststellungen der BaFin widerlegt worden (Bl. 1007, 1014). |
|
| Die Klägerin Ziffer 2) sieht sich durch die vorgenannten Feststellungen der BaFin in ihrer Annahme bestätigte, dass die Organe der Beklagten Sorgfaltspflichtverletzungen begangen hätten, indem sie „Hazard-Entscheidungen“ trafen, welche den Fortbestand des Unternehmens gefährdeten; dies sei zentraler Gegenstand des Verfahrens (Bl. 1012). Sämtliche klägerseits verlangten Auskünfte dienten der Hinterfragung der von der Beklagten im Zusammenhang mit der gescheiterten Übernahme von V eingegangenen Risiken, die zu der fehlenden kurzfristigen Liquiditätssicherung geführt hätten (Bl. 1022). Zu den Feststellungen der BaFin könne erst im Berufungsverfahren vorgetragen werden, da sie bei Klageerhebung noch nicht bekannt gewesen seien (Bl. 1013). Auf entsprechende Fragen in der Hauptversammlung am 30.01.2009 habe die Beklagte genau das Gegenteil behauptet, weshalb eine Entlastung auch aufgrund unrichtiger Beantwortung von Fragen ausscheide (Bl. 1013). |
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| Die Klägerin Ziffer 2) meint schließlich, dass über ihre Berufung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entschieden werden könne, bevor die klägerseits begehrten Unterlagen in den Rechtsstreit einbezogen worden seien, dies gelte zum einen für die Anstellungsverträge des Vorstands und zum anderen für die Unterlagen der BaFin, die der Veröffentlichung vom 24.09.2010 zugrundeliegen (Bl. 1059). |
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| Ergänzend verweist die Klägerin Ziffer 2) auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen sowie auf dasjenige der Klägerin Ziffer 1) in beiden Rechtszügen (Bl. 688, 1014). |
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| Die Klägerinnen beantragen (Bl. 684, 803, 1059), |
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| das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.05.2010, Az. 31 O 56/09 KfH, aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, |
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| die vorgenannte Entscheidung abzuändern und den von ihnen in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben. |
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| Die Beklagte beantragt (Bl. 866, 1059), |
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| die Berufungen zurück zu weisen. |
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| Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Landgerichts (Bl. 870). Dazu bringt sie in ihrer fristgerecht eingegangenen Erwiderung im Wesentlichen vor: |
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| Die Berufung der Klägerin Ziffer 1) sei jedenfalls zurückzuweisen, da das Landgericht die auf Gesetzes- oder Satzungsverstöße im Zusammenhang mit der Vergütung des Vorstands gestützte Klage zu Recht abgewiesen habe. |
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| Die angefochtene Entscheidung beruhe nicht auf Rechtsverletzungen (Bl. 873 ff.). |
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| Einen schwerwiegenden und eindeutigen Verstoß des Aufsichtsrats gegen § 87 Abs. 1 AktG habe das Landgericht zu Recht verneint, weil keine Pflichtverletzungen des Aufsichtsrats im Entlastungszeitraum dargetan seien. Die Klägerin Ziffer 1) habe im ersten Rechtszug selbst erklärt, sie wisse nicht, wann der Aufsichtsrat die maßgeblichen Entscheidungen über die Festsetzung der Vorstandsvergütung getroffen habe; dennoch hätten weder sie noch andere Aktionäre in der Hauptversammlung danach gefragt. Der Hauptversammlung sei damit nicht erkennbar gewesen, dass der Aufsichtsrats im Entlastungszeitraum eine Vergütungsentscheidung getroffen habe (Bl. 878). Jedenfalls fehle einem etwaigen Verstoß mangels objektiver Maßstäbe in Rechtsprechung und Literatur die nötige Eindeutigkeit (Bl. 878). |
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| Ein Verstoß des Vorstands gegen § 87 Abs. 1 AktG sei schon deshalb ausgeschlossen, weil er der Gesellschaft bei Abschluss des Anstellungsvertrages als Dritter gegenüberstehe (Bl. 879). Selbst wenn man insoweit anderer Auffassung wäre, fehle es jedenfalls an der nötigen Eindeutigkeit eines Verstoßes (Bl. 880). |
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| Soweit sich die Klägerin Ziffer 1) erstmals in ihrer Replik nicht nur auf die Regelung der Vorstandsvergütung, sondern auf pflichtwidrige Unterlassungen im Entlastungszeitraum berufen habe, sei ihr Vortrag verfristet (Bl. 880). Jedenfalls seien die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 AktG angesichts des positiven Ergebnisses der Beklagten im Geschäftsjahr 2007/2008 nicht erfüllt (Bl. 881). |
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| Die von der Klägerin Ziffer 1) in ihrer Klageschrift nur beiläufig erwähnte Sittenwidrigkeit könne allenfalls den Anstellungsvertrag betreffen. Aus diesem habe sich jedoch nicht die konkrete Höhe der Vergütung, sondern nur die abstrakte Berechnungsmethode ergeben. Anhaltspunkte dafür, dass letztere zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts sittenwidrig gewesen sei, lägen nicht vor (Bl. 883). |
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| § 292 Abs. 2 AktG sei bei Gewinnbeteiligungen von Vorstandsmitgliedern unabhängig von ihrem Umfang und ihrer Üblichkeit erfüllt; andernfalls käme es zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit (Bl. 884). |
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| Schließlich gehe die Berufung der Klägerin Ziffer 1) auf das Eingreifen von Nichtigkeitsgründen fehl. Die Entlastungsbeschlüsse seien im Hinblick auf § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG ihrem Inhalt nach nicht sittenwidrig (Bl. 885). Dem gegenüber könne man angesichts von § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG auch nicht einwenden, durch den Beschluss würden anfechtungsberechtigte Personen sittenwidrig geschädigt (Bl. 886). |
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| Es bestünden auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Landgerichts (Bl. 887 ff.). |
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| Das Landgericht sei weder gehalten noch befugt gewesen, die Vorlage des Anstellungsvertrags von W anzuordnen. Es fehle sowohl an einem Beweisantritt der Klägerin Ziffer 1), der sich hierauf beziehe, als auch an der Bezeichnung der durch die Urkunde zu beweisenden Tatsachen (Bl. 889). Jedenfalls sei eine entsprechende Vorlageanordnung auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet gewesen (Bl. 889). Die Rechtswidrigkeit der Entlastungsbeschlüsse könne im Übrigen schon deshalb nicht aus dem Inhalt des Anstellungsvertrags von W folgen, weil dieser den Hauptversammlungsteilnehmern nicht bekannt gewesen sei (Bl. 889 f.). |
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| Die Rüge der Klägerin Ziffer 1), das Landgericht habe zu Unrecht streitiges Beklagtenvorbringen als unstreitig wiedergegeben, sei als verfristeter Tatbestandsberichtigungsantrag anzusehen, der als Berufungsrüge schon nicht statthaft sei (Bl. 890). |
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| Fehl gehe der Einwand der Klägerin Ziffer 1), sie unterliege einem strukturellen Informationsdefizit. Zum einen habe sie in der Hauptversammlung am 30.01.2009 die Möglichkeit gehabt, entsprechende Fragen zu stellen (Bl. 892). Zum anderen habe die Klägerin Ziffer 1) im Verfahren den Vortrag der Beklagten zu Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder nicht bestritten; die Erklärung, sich nicht äußern zu wollen, stelle kein Bestreiten mit Nichtwissen dar. Ein nachträgliches Bestreiten in der Berufungsinstanz unterläge jedenfalls den Beschränkungen der §§ 530, 531 ZPO (Bl. 894). |
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| Der neu erscheinende Vortrag der Klägerin Ziffer 1) zur „V-Strategie im Allgemeinen“ bzw. zur „Situation nach der Hauptversammlung“ sei schon deshalb nicht zuzulassen, weil die Klägerin Ziffer 1) in ihrer Berufungsbegründung entgegen § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO keine Gründe hierfür vorgetragen habe. Jedenfalls bestreitet die Beklagte den entsprechenden Vortrag (vgl. dazu im Einzelnen Bl. 895 bis 897). |
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| Die Berufung der Klägerin Ziffer 2) sei ebenfalls zurückzuweisen, weil das Landgericht zu Recht festgestellt habe, dass die geltend gemachten Informationsmängel nicht bestünden (Bl. 900 ff.). |
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| Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Beklagte alle von der Klägerin Ziffer 2) gerügten Fragen beantwortet habe, soweit dies zur Beurteilung der Tagesordnung erforderlich gewesen sei (Bl. 912 ff.). |
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| Bei Frage 1 habe das Landgericht die Erklärungen des Vorstands zutreffend unter Berücksichtigung der vorausgehenden Rede des Vorstandsvorsitzenden interpretiert (Bl. 913). |
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| Die auf Unterfrage 1.2 erteilte Antwort sei nicht unwahr; die Wertung der Klägerin Ziffer 2), die Mitteilung der Beklagten vom 26.10.2008 sei zur Beruhigung der Märkte nicht geeignet gewesen, sei falsch (Bl. 915). Die tatsächliche Entwicklung sei für den Vorstand der Beklagten nicht vorhersehbar gewesen, weil er keine Informationen über den genauen Umfang der offenen Positionen von Leerverkäufern hatte (Bl. 915). |
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| Die Mitteilung vom 29.10.2008 sei ausschließlich wegen der völlig unerwarteten Kursturbulenzen nach dem 26.10.2008 erfolgt (Bl. 915). Selbst wenn man annähme, der Vorstand der Beklagten hätte für seine Mitteilung vom 26.10.2008 einen anderen Zeitpunkt wählen sollen, belege dies nicht, dass er die Auslösung eines Short-Squeeze beabsichtigt habe (Bl. 916). |
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| Die Rüge der Klägerin Ziffer 2), Frage 2 sei nur dann ordnungsgemäß beantwortet worden, wenn auch ein Kurs der V-Aktie von 0 Euro für die Beklagte kein Risiko dargestellt hätte, zeige, dass die Frage ausschließlich auf ein Durchrechnen theoretischer Szenarien abziele (Bl. 917). Informationen über rein hypothetische Szenarien seien indessen nicht erforderlich (Bl. 917). Für einen objektiv denkenden Aktionär reiche die Information aus, dass die Vorstandsmitglieder und die Abschlussprüfer keine unvertretbaren Risiken sahen; ein theoretischer Tiefstkurs hätte im Übrigen nichts darüber ausgesagt, wie wahrscheinlich sein Eintritt sei (Bl. 918). |
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| Auf eine unrichtige Beantwortung von Frage 3 könne sich die Klägerin Ziffer 2) nicht stützen, da sie bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist nur deren unvollständige Beantwortung gerügt und mit der Behauptung, die Entscheidung über den Erwerb der Dreiviertelmehrheit sei schon vor dem 26.10.2008 gefallen, nach Ablauf der Anfechtungsfrist ihre Angriffsrichtung geändert habe (Bl. 921). |
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| Zu Frage 4 sei eine Auskunftspflichtverletzung zutreffend verneint worden. |
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| Die Auskunft über Details der Derivatgeschäfte sei schon nicht erforderlich gewesen, weil es für einen objektiv urteilenden Aktionär ausgereicht habe, zu wissen, dass nach der Einschätzung des Vorstands im Rahmen der realistischerweise zu erwartenden Kursentwicklungen der V-Stammaktie keine existenzgefährdenden Risiken bestanden (Bl. 924). Im Übrigen sei den Aktionären eine Risikoabschätzung anhand des im Geschäftsbericht 2007/2008 dargestellten Value-at-risk-Werts möglich gewesen (Bl. 924). |
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| Das Landgericht habe im Übrigen zu Recht festgestellt, dass die Beklagte die Auskunft über Details der Derivatgeschäfte verweigern konnte, weil Konkurrenten oder Finanzinvestoren diese Informationen zum Nachteil der Beklagten hätten nutzen können (Bl. 905). Es habe die konkrete Gefahr bestanden, dass die Absicht der Beklagten, ihre Beteiligung an V zu wirtschaftlich gesicherten Konditionen auszuweiten, vereitelt worden wäre (Bl. 919) bzw. dass Spekulanten durch den Versuch der Manipulation des Kurses der V-Stammaktie die Beklagte in Schwierigkeiten bringen (Bl. 942). |
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| Demgegenüber habe die Klägerin Ziffer 2) keine hinreichenden Anhaltspunkte für Marktmanipulationen vorgetragen; Ermittlungen der BaFin oder der Staatsanwaltschaft belegten die entsprechenden Behauptungen schon deshalb nicht, weil diese Behörden jeder Strafanzeige nachgehen müssten (Bl. 906). Die vorgelegten Presseberichte enthielten lediglich subjektive Wertungen des jeweiligen Autors (Bl. 907). |
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| Durch die Derivatgeschäfte sei der Vorstand der Beklagten auch keine existenzgefährdenden Risiken eingegangen. Aus den Geschäften resultiere unter Berücksichtigung aller mit diesen verbundenen Kosten und Aufwendungen einschließlich des im Geschäftsjahr 2008/2009 angefallenen Abschreibungsaufwands insgesamt ein positiver Ergebnisbeitrag, was durch die testierten Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2005/2006 bis 2008/2009 belegt werde (Bl. 908). Bei verständiger Würdigung des vorangeschrittenen Verhandlungsstandes hätten am 30.01.2009 im Übrigen keine ernsthaften Zweifel am erfolgreichen Abschluss der Kreditverhandlungen der Beklagten bestanden; tatsächlich sei der Beklagten am 24.03.2009 eine bereits ein Jahr zuvor eingeräumte Kreditlinie über 10 Mrd. Euro verlängert worden (Bl. 909, 946). Die Beklagte habe jederzeit über hinreichend Liquidität verfügt, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen (Bl. 910). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 907 ff., 942 ff.) Bezug genommen. |
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| Aus dem Verweis der Klägerin Ziffer 2) auf den Emittentenleitfaden der BaFin ergäben sich keine objektiven Anhaltspunkt für konkrete Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Pflichten; jedenfalls sei die Beklagte ihren kapitalmarktrechtlichen Pflichten nach § 15 WpHG bzw. §§ 21 ff. WpHG nachgekommen, insbesondere durch die von der Klägerin Ziffer 2) selbst in ihrer Berufungsbegründung angeführten Pressemitteilungen, die inhaltlich korrekt gewesen seien (Bl. 907). |
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| Soweit Frage 5 auf die Angabe eines konkreten Risikoumfangs gerichtet gewesen sei, habe schon nicht beantwortet werden können und als hypothetische Frage jedenfalls nicht beantwortet werden müssen. Im Übrigen habe die Auskunftserteilung wegen der Möglichkeit von Rückschlüssen auf Einzelheiten der Derivatgeschäfte verweigert werden dürfen (Bl. 925). |
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| Ähnliches gelte für Frage 6, die zudem durch in ähnlichem Zusammenhang - namentlich auf Frage 2 hin - erteilte Auskünfte und die Darstellung möglicher Auswirkungen eines sinkenden V-Kurses auf die Bilanz bereits hinreichend beantwortet worden sei (Bl. 926). Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) seien keine Widersprüche in der Argumentation des Landgerichts festzustellen (Bl. 927). |
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| Die Klägerin Ziffer 2) rüge zu Unrecht, dass die Frage nach den fünf größten Banken, mit denen die Beklagte Derivatgeschäfte abgeschlossen habe, nicht beantwortet worden sei. Das Informationsbedürfnis eines objektiv denkenden Aktionärs sei bereits durch die Erklärung des Vorstands befriedigt, es bestünden keine Risiken in Bezug auf die finanzielle Stabilität der Geschäftspartner; ein pauschaler Verweis auf die Finanzmarktkrise könne dies nicht in Frage stellen (Bl. 927). Im Übrigen habe ein durchschnittlicher Aktionär in den Hauptversammlung weder anhand der Auskunft ein etwaiges Insolvenzrisiko ermitteln können noch sei es Aufgabe der Aktionäre, anstelle des Vorstands das Insolvenzrisiko von Geschäftspartnern zu überprüfen (Bl. 927). Jedenfalls stehe der Beklagten ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Dass die Missachtung der im Wirtschaftleben üblichen Diskretion zu einer Beeinträchtigung der Kontrahierungsfähigkeit der Gesellschaft führen könne, die ihr als wesentlicher Nachteil nicht zugemutet werden dürfe, sei in der Rechtsprechung anerkannt (Bl. 928). Im Übrigen sei die Verweigerung der Auskunft auch deshalb gerechtfertigt, weil die Auskunftserteilung das Risiko erhöhe, dass Personen, die gegen die Beklagte spekulieren wollen, Details der Derivatgeschäfte erfahren könnten (Bl. 928). |
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| Auf Frage 8 sei in der Hauptversammlung nicht nur die Auswirkung eines fallenden V-Kurses auf die Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch auf die Bilanz erläutert worden; welche Bilanzposten im Einzelnen betroffen seien, spiele aus Sicht eines objektiven Aktionärs keine Rolle (Bl. 929). Auf eine nicht im Wortlaut der Frage zum Ausdruck kommende weitergehende Zielsetzung könne sich die Klägerin Ziffer 2) nicht berufen (Bl. 930). Frage 8 sei demnach auch ohne Berücksichtigung der auf Seite 244 des stenografischen Wortprotokolls wiedergegebenen Erklärung des Vorstands hinreichend beantwortet; im Übrigen verkenne die Klägerin Ziffer 2), dass der Wertansatz der V-Beteiligung in der Bilanz der Beklagten nicht auf dem Börsenkurs, sondern auf Fundamentaldaten beruhe (Bl. 931). |
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| Zur Beantwortung von Frage 9 habe die Mitteilung der Einschätzung des Vorstands ausgereicht (Bl. 932). Bestanden danach keine existenzgefährdenden Risiken, seien hypothetische worst-case-Szenarien nicht zu entwickeln gewesen (Bl. 932). Diese seien für einen Durchschnittsaktionär zur Beurteilung der Tagesordnung auch nicht erforderlich gewesen, weil die begehrte Auskunft nichts über die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Szenarien ausgesagt hätte (Bl. 932). Schließlich sei die Erforderlichkeit der Auskunftserteilung nur in Bezug auf die Gegenstände der Tagesordnung zu beurteilen, nicht aber in Bezug auf Desinvestitionsentscheidungen der Aktionäre (Bl. 932). Die erteilte Auskunft sei nicht widersprüchlich; der Vorstand der Beklagten habe weder Währungssicherungsgeschäfte in Bezug auf die Derivatgeschäfte abgeschlossen noch dieses behauptet (Bl. 933). |
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| Die Erforderlichkeit der Beantwortung von Frage 10 sei schon nicht dargetan, jedenfalls bestehe in Bezug auf Details der Derivatgeschäfte ein Auskunftsverweigerungsrecht (Bl. 934). |
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| Frage 11 sei durch die Erklärung des Vorstands hinreichend beantwortet, dass die Währungssicherungsgeschäfte der Beklagten der Absicherung des operativen Geschäfts im Dollarraum dienten und daher mit Fahrzeugverkäufen hinterlegt seien, weshalb daraus letztlich kein Risiko resultiere. Die Frage der Glattstellung ziele damit auf ein rein theoretisches Szenario ab, hypothetische Berechnungen seien nicht erforderlich (Bl. 934). |
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| Zu Frage 12 stehe der Beklagten jedenfalls ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, weil die Angabe der Kosten, wie sie die Klägerin Ziffer 2) verlange, Rückschlüsse auf die Konditionen der Derivatgeschäfte zugelassen hätte (Bl. 935). Im Übrigen hätten die Aktionäre den Ausführungen des Vorstands zur Bankenfinanzierung entnehmen können, dass der Vorstand am 30.01.2009 davon ausging, dass der Kredit über 10 Mrd. Euro zeitgerecht refinanziert werden könne (Bl. 935, 909). Das Szenario, dass die Derivatgeschäfte mangels Bankenfinanzierung nicht „weitergerollt“ werden können, sei deshalb rein hypothetisch gewesen (Bl. 935 f.). |
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| Die Beklagte hat auf die Repliken der Klägerinnen am 01.11.2010 in einer abschließenden Duplik erwidert (Bl. 1046 ff.). Dabei wies sie darauf hin, dass der Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung am 30.01.2009 nach dem stenografischen Wortprotokoll auf Frage des Aktionärsvertreters L über das Auslaufen der Kreditlinie im März 2009 Auskunft erteilt habe (Bl. 1048, II B.3, S. 124 und 200). Im übrigen stellte die Beklagte klar, dass der Konzernzwischenlagebericht zum 31.01.2009 erst am 31.03.2009 zu veröffentlichen war (Bl. 1046); daraus folge, dass die BaFin zu Unrecht die Verletzung einer Offenlegungspflicht angenommen habe, weil die Refinanzierung am 31.03.2009 bereits gesichert gewesen sei (Bl. 1049). |
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| Wegen des übrigen Vortrags der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf die Berufungsbegründungen der Klägerinnen und ihre Repliken vom 26.10.2010, auf die Berufungserwiderung der Beklagten und ihre Duplik vom 01.11.2010 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2010 (Bl. 1057 ff.) verwiesen. |
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| Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind zurückzuweisen, da sie in der Sache keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. |
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| Auf die in der Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) organisierte Beklagte finden nach Artikel 9 Abs. 1 c) ii) der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 08.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-VO) grundsätzlich die Bestimmungen des AktG Anwendung. Soweit im Folgenden ohne weitere Erläuterungen die Bestimmungen des AktG angeführt werden, beruht dies auf der vorgenannten Verweisung. |
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| Zu Recht hat das Landgericht zunächst die Klage gegen die Entlastungsbeschlüsse abgewiesen, soweit sie auf Verstöße der zu Entlastenden gegen Gesetz oder Satzung jenseits von Auskunftspflichtverletzungen (zu letzteren unten II.) gestützt wurde, insbesondere soweit sich die Klägerin Ziffer 1) gegenüber den Entlastungsbeschlüssen auf Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Vergütung des Vorstands der Beklagten berief (dazu unten 2. und 3.). |
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| 1. Dabei hat das Landgericht zunächst die Anforderungen an die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses zutreffend festgestellt. |
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| a) Nicht jeder gesetzes- oder satzungswidrige Vorfall begründet die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses, stattdessen muss der Rechtsverstoß mit dem Entlasteten und dem Entlastungszeitraum in Zusammenhang stehen und bestimmten Anforderungen an Schwere, Eindeutigkeit und Erkennbarkeit erfüllen. |
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| aa) Da die Entlastungsentscheidung grundsätzlich im Ermessen der Gesellschafter liegt, die auch die zugrunde liegenden Tatsachen zu beurteilen haben, ist ein Entlastungsbeschluss nicht schon deshalb fehlerhaft, weil es Gründe gegeben hätte, die Entlastung zu verweigern. |
|
| Anfechtbar ist ein Entlastungsbeschluss nur bei eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes- und Satzungsverstößen der zu Entlastenden (BGHZ 153, 47 [juris Rn. 15]; BGH, AG 2010, 79 m.w.N.). An einem hinreichend eindeutigen Rechtsverstoß fehlt es, wenn sich der zu Entlastende nicht über eine zweifelsfreie Rechtslage hinweggesetzt hat, sondern sein Verhalten nach maßgeblichen Stimmen in der Literatur zulässig war und die Rechtslage nicht ober- oder höchstrichterlich geklärt ist (OLG München, ZIP 2008, 1237 [juris Rn. 52 f.]; bestätigt durch BGH, AG 2010, 79). |
|
| bb) Dabei muss die den Rechtsverstoß begründende Handlung des zu Entlastenden Gegenstand der Entlastung sein (BGHZ 153, 47 [juris Rn. 15]). |
|
| (1) Der Entlastungsbeschluss bezieht sich angesichts § 120 Abs. 3 Satz 1 AktG regelmäßig auf das abgelaufene Geschäftsjahr, über das in der Hauptversammlung Rechnung gelegt wird (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 120 Rn. 18; Reger in Bürgers/Körber, AktG, § 120 Rn. 10; Mülbert in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 120 Rn. 94; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 120 Rn. 34). Die hier angefochtenen Entlastungsbeschlüsse waren ausschließlich auf das Geschäftsjahr 2007/2008 bezogen (vgl. II B.2 S. 15 f.). |
|
| (2) Nicht gestützt werden kann die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses auf Handlungen in früheren Zeiträumen, für die bereits Entlastung erteilt worden ist (LG Frankfurt/Main, AG 2005, 51, 52; Reger in Bürgers/Körber, AktG, § 120 Rn. 19). Daraus folgt hier, dass sich die zur Begründung der Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse angeführten Rechtsverstöße grundsätzlich im Geschäftsjahr 2007/2008 ereignet haben müssen; |
|
| cc) Zu Recht hat das Landgericht darüber hinaus gefordert, dass die zur Begründung der Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse angeführten Rechtsverstöße von den Teilnehmern der Hauptversammlung erkannt wurden oder von ihnen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen hätten erkannt werden müssen (OLG Köln, NZG 2009, 1110 [juris Rn. 22]; OLG Frankfurt, AG 2007, 26 [juris Rn. 18]). |
|
| (1) Diese Auffassung wird von der Literatur geteilt (Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 120 Rn. 49; Mülbert in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 120 Rn. 121 [dort zum nachträglichen Bekanntwerden von Rechtsverstößen]; zustimmend zur Entscheidung des OLG Köln Litzenberger, NZG 2010, 854, 855; Lorenz, NZG 2009, 1138, 1139; Blasche, EWiR 2010, 105). Fehl geht daher der Einwand der Klägerin Ziffer 1), diese Einschränkung lasse sich der Fachliteratur nicht entnehmen. Die Literatur weist stattdessen ausdrücklich darauf hin, dass eine Beschlussanfechtung nicht auf Rechtsverstöße gestützt werden kann, die im Anfechtungsprozess erst aufgeklärt und bewiesen werden sollen (Hoffmann in Spindler/Stilz, 2. Aufl., § 120 Rn. 49). |
|
| (2) Die vorgenannte Einschränkung folgt im Übrigen ohne Weiteres aus der Begründung der Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen wegen schwerwiegender und eindeutiger Rechtsverstöße der zu Entlastenden durch die Rechtsprechung. |
|
| (2.1) Grundlage der Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses ist nicht der Rechtsverstoß des zu Entlastenden, sondern die Treuepflichtwidrigkeit der den Entlastungsbeschluss tragenden Mehrheit der Hauptversammlungsteilnehmer (Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 120 Rn. 49; Litzenberger, NZG 2010, 854, 855). Die Rechtsprechung leitet die Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen bei Rechtsverstößen der zu Entlastenden aus der Treuepflicht ab (vgl. BGHZ 153, 47 [juris Rn. 15]). |
|
| (2.2) Eine treuwidrige Überschreitung des ihr bei der Entlastungsentscheidung zukommenden Ermessens ist der Hauptversammlungsmehrheit aber nur vorzuwerfen, wenn sie die fraglichen Rechtsverstöße kannte oder diese für sie zumindest erkennbar waren (OLG Köln, NZG 2009, 1110 [juris Rn. 22]; Litzenberger, NZG 2010, 854, 855). Sind den Teilnehmern der Hauptversammlung Rechtsverstöße aufgrund von Informationspflichtverletzungen nicht erkennbar, mag dies zwar die Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses aus anderem Grund rechtfertigen; dies hat das Landgericht aber bedacht (juris Rn. 174). |
|
| b) Entscheidende Voraussetzung für die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse wegen Gesetzes- oder Satzungsverstößen in Zusammenhang mit der Vergütung des Vorstands der Beklagten ist daher die Darlegung von - den Teilnehmern der Hauptversammlung am 30.01.2009 zumindest erkennbaren - Handlungen des Aufsichtsrats bzw. des Vorstands im Geschäftsjahr 2007/2008, durch welche die Organe die ihnen aus Gesetz oder Satzung obliegenden Pflichten eindeutig und schwerwiegend verletzt haben. |
|
| c) Nicht ausreichend ist demgegenüber die allgemeine Darlegung von rechtswidrigen Umständen, etwa der Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit der Regelung der Vergütung des Vorstands. Dies haben die Klägerinnen trotz der ausdrücklichen Hinweise in der angefochtenen Entscheidung (juris Rn. 174 und 199) verkannt. |
|
| 2. Zutreffend hat das Landgericht vor diesem Hintergrund festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anfechtung des Beschlusses über die Entlastung des Aufsichtsrats der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 wegen Gesetzes- oder Satzungsverstößen des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Vergütung des Vorstands nicht dargetan sind. |
|
| a) Die klägerseits gerügten Handlungen des Aufsichtsrats betreffen schon nicht den Entlastungszeitraum (dazu unten aa)), sind verfristet (dazu unten bb)) oder stellen keine Pflichtverletzungen dar (dazu unten cc)). |
|
| aa) Die in der Klageschrift gerügte Regelung der Vorstandsvergütung betrifft nicht den Entlastungszeitraum. |
|
| Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Vergütung des Vorstands nicht im Geschäftsjahr 2007/2008 geregelt wurde. An die Regelung der Vergütung knüpfen indessen sowohl der in der Klageschrift erhobene Vorwurf der Regelung einer übermäßigen Vergütung (Bl. 4, 6) als auch der dort geltend gemachte Vorwurf der Regelung einer Vergütung unter Missachtung der Kompetenzen der Hauptversammlung (Bl. 4, 11) an. Die Handlung, durch welche der zu entlastende Aufsichtsrat einen Gesetzes- oder Satzungsverstoß begangen haben soll, liegt damit nicht im Entlastungszeitraum, sondern im vorangehenden Geschäftsjahr, für das bereits Entlastung erteilt wurde. |
|
| (1) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt (juris Rn. 182), dass die Bezüge der Mitglieder des Vorstands im Allgemeinen durch Vereinbarung zwischen diesen und der Gesellschaft im Anstellungsvertrag geregelt werden, wobei die Gesellschaft insoweit nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG vom Aufsichtsrat bzw. von einem nach § 107 Abs. 3 AktG in der Fassung bis 04.08.2009 gebildeten Ausschuss vertreten wird. Besonders bedeutsam für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Handelns des Aufsichtsrats bei der Vereinbarung der Vergütung des Vorstands ist die Beschlussfassung des Organs bzw. seines Ausschusses, da dort die Entscheidung über die Höhe der Vergütung getroffen wird.Dies folgt aus dem Umstand, dass die Entscheidung des Aufsichtsrat bzw. seines Ausschuss über die Höhe der Vergütung durch die sie tragende Mehrheit, den Vorsitzenden oder einen Dritten umgesetzt werden kann, indem diese einen entsprechenden Vertrag mit dem betroffenen Vorstandsmitglied abschließen (Mertens/Cahn in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 84 Rn. 50; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 84 Rn. 37). |
|
| (2) Hier wurde die Vergütung des Vorstands der Beklagten nicht im Entlastungszeitraum geregelt, sondern bereits vor Beginn des Geschäftsjahres 2007/2008. |
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| (2.1) Dies gilt jedenfalls für W, dessen Vergütung - vor allen Dingen hinsichtlich der variablen Vergütungsbestandteile - im Zentrum der klägerischen Vorwürfe steht. |
|
| (2.1.1) Nach dem - auch in der Berufung nicht bestrittenen - Vortrag der Beklagten wurde W bereits am 15.11.2006 für den Zeitraum bis zum 30.09.2012 zum Vorsitzenden des Vorstands bestellt; ein entsprechender Anstellungsvertrag, der auch die Regelung der Vergütung enthält, wurde am 19.12.2006 geschlossen (Bl. 415 f., 877). |
|
| (2.1.2) Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass im Geschäftsjahr 2007/2008 ein neuer Anstellungsvertrag zwischen W und der Beklagten abgeschlossen wurde. |
|
| Das Landgericht hat zutreffend - und ohne dass dies in der Berufung angegriffen worden wäre - festgestellt (juris Rn. 185 ff.), dass der Abschluss des Anstellungsvertrags am 05.09.2007 nicht mit einer inhaltlichen Änderung der Vergütungsvereinbarung von Ende 2006 verbunden war. Dies folgt aus dem - klägerseits nicht bestrittenen - Vortrag der Beklagten, dass der Beschluss des Präsidialausschusses des Aufsichtsrats vom 24.07.2007 keine Änderung der Vergütungshöhe zum Gegenstand hatte, sondern lediglich die konzerninterne Verteilung der Vergütungslast betraf. |
|
| Wäre ein Neuabschluss des Anstellungsvertrages durch das Auslaufen des bestehenden Vertrages veranlasst gewesen, könnte dem Aufsichtsrat zwar die Pflicht zugekommen sein, in diesem Zusammenhang die Angemessenheit der Vergütung neu zu prüfen. Dies war hier aber nicht der Fall, da der Ende 2006 geschlossene Vertrag noch bis zum Ende der Bestellung am 30.09.2012 weiterlief. |
|
| Anlass für die vorgenommenen Änderungen war lediglich die vorangegangene Umstrukturierung, in deren Rahmen das operative Geschäft der Beklagten auf die P ausgelagert worden war; W war im Zuge dieser Umstrukturierung - ebenso wie H - sowohl zum Vorstand der Beklagten als auch der P bestellt worden. Dabei bestand der Anstellungsvertrag von W vom 19.12.2006 angesichts der identitätswahrenden Wirkung des Rechtsformwechsels der Beklagten fort. Selbst wenn der Anstellungsvertrag entsprechend der klägerischen Unterstellung (Bl. 492) im Zuge der Ausgliederung auf die P übertragen worden wäre, würde nichts Anderes gelten, weil er dann jedenfalls im Verhältnis zu P fortbestanden und im Wege eines Konzernanstellungsvertrages die Vergütungsansprüche von W geregelt hätte (zur Zulässigkeit von Konzernanstellungsverträgen vgl. Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 84 Rn. 39 sowie Thüsing in Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 4 Rn. 67 f., die von Letztgenanntem geäußerten Bedenken greifen jedenfalls nicht im hier einschlägigen Fall der Anstellung bei einer Tochtergesellschaft). |
|
| (2.1.3) Selbst wenn man im Abschluss des Anstellungsvertrages zwischen W und der Beklagten am 05.09.2007 eine Festsetzung der Vorstandsvergütung durch den Aufsichtsrat sehen wollte, könnte man hierauf die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses für das Geschäftsjahr 2007/2008 nicht stützen. Es fehlte jedenfalls an der gebotenen Erkennbarkeit einer Pflichtverletzung des Aufsichtsrats für die Hauptversammlung (dazu oben 1. a) cc)). |
|
| Das Landgericht hat zutreffend festgestellt (juris Rn. 188), dass der Hauptversammlung am 30.01.2009 weder bekannt noch für sie erkennbar war, dass im Geschäftsjahr 2007/2008 die Vorstandsvergütung geregelt wurde, insbesondere dass am 05.09.2007 ein Anstellungsvertrag zwischen W und der Beklagten abgeschlossen wurde. Zu Recht sieht dies die Beklagte (Bl. 878) durch den Vortrag der Klägerin Ziffer 1) bestätigt, sie wisse nicht, wann der Aufsichtsrat die maßgeblichen Entscheidungen über die Festsetzung der Vorstandsvergütung getroffen habe. Umstände, aus denen die Teilnehmer der Hauptversammlung am 30.01.2009 auf den Beschluss des Präsidialausschusses vom 24.07.2007 bzw. seine Umsetzung am 05.09.2007 schließen konnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. |
|
| Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass die Unkenntnis der Teilnehmer der Hauptversammlung auf Informationspflichtverletzungen beruhte. Soweit die Klägerinnen ihr Informationsdefizit als Aktionäre beklagen, ist ihnen entgegen zu halten, dass sie die Möglichkeit der Stellung entsprechender Fragen in der Hauptversammlung nach § 131 Abs. 1 AktG nicht genutzt haben. Fehl geht demgegenüber der pauschale Einwand der Klägerin Ziffer 1), mehrere Aktionäre hätten in der Hauptversammlung am 30.01.2009 den Komplex „Vorstandsvergütung“ angesprochen (Bl. 818). Trotz des ausdrücklichen Hinweises des Landgerichts (juris Rn. 189), die Klägerinnen hätten in dieser Hinsicht keine Informationspflichtverletzung behauptet, hat die Klägerin Ziffer 1) auch im Berufungsverfahren weder im Einzelnen dargetan, dass durch Wortbeiträge in der Hauptversammlung der Vertragsschluss vom 05.09.2007 erkennbar wurde, noch dass hierüber aufgrund der Frage eines Aktionärs hätte Auskunft erteilt werden müssen. |
|
| (2.2) Mangels Erkennbarkeit einer Vergütungsregelung im Entlastungszeitraum für die Teilnehmer der Hauptversammlung am 30.01.2009 können sich die Klägerinnen zur Rechtfertigung der Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse auch nicht auf die Regelung der Vergütung von H berufen. |
|
| (2.3) Zur Regelung der Vergütung der übrigen, zur P gewechselten Mitglieder des Vorstands der Beklagten hat das Landgericht zutreffend - und wiederum ohne dass dies in der Berufung angegriffen worden wäre - festgestellt, dass der Vortrag der Beklagten, im Geschäftsjahr 2007/2008 habe es keine Vergütungsregelung gegeben (juris Rn. 191), nicht bestritten wurde. |
|
| bb) Zwar wurden klägerseits im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens auch auf die Vorstandsvergütung bezogene Pflichtverletzungen des Aufsichtsrats im Entlastungszeitraum gerügt, diese sind aber nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht innerhalb der Anfechtungsfrist vorgetragen wurden. |
|
| (1) Nachdem die Klägerin Ziffer 1) in ihrer innerhalb der Anfechtungsfrist eingegangenen Klageschrift (Bl. 1 ff.) lediglich die Regelung der Vorstandsvergütung, also ein aktives Tun, gerügt hatte (Bl. 4, 6, 11), das nicht in den Entlastungszeitraum fällt (dazu oben aa)), stützte sie erst in ihrer nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingereichten Replik ihre Klage ergänzend auf Unterlassungen des Aufsichtsrats im Geschäftsjahr 2007/2008 (Bl. 298). |
|
| (1.1) Zum einen rügte sie, der Aufsichtsrat habe es unterlassen, die Auszahlung der Vergütung an den Vorstand zu verhindern (Bl. 298, 493). |
|
| (1.1.1) In ihrer Replik stellte die Klägerin Ziffer 2) neben der Regelung, auch auf die Auszahlung der aus ihrer Sicht rechts- bzw. sittenwidrigen Vergütung ab (Bl. 298). |
|
| Dem entspricht im Tatsächlichen in Bezug auf die vorgeworfene Handlung der in der Berufungsbegründung ergänzte Vortrag, die erfolgsabhängige Vergütung des Vorstands sei richtigerweise nicht aus dem erzielten Gesamtergebnis, sondern lediglich aus dem Ergebnis des operativen Geschäfts geschuldet gewesen (Bl. 811), was auf die Auffassung schließen lässt, die Vergütung sei jedenfalls nicht in der ausgezahlten Höhe geschuldet gewesen. |
|
| (1.2.2) Dieser Vortrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Mitglieder des Aufsichtsrats an den tatsächlichen Auszahlungsvorgängen nicht mitwirkten (Bl. 425). |
|
| Zu Recht hat das Landgericht in der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug (Bl. 458) darauf hingewiesen, dass es nicht auf den technischen Vorgang der Vergütungsauszahlung ankomme. Fehl geht vor diesem Hintergrund der Vorwurf der Klägerin Ziffer 1), das Landgericht habe die Vortragsanforderungen überspannt (Bl. 819). |
|
| Dem weiteren Vortrag der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 493) ist indessen zu entnehmen, dass sie dem Aufsichtsrat zum Vorwurf macht, nicht auf die Herstellung eines aus ihrer Sicht rechtmäßigen Zustands hingewirkt zu haben. Damit rügt sie bei verständiger Würdigung nicht den technischen Vorgang der Auszahlung der Vergütung oder eine vorgeschaltete Freigabeentscheidung des Aufsichtsrats als Plichtverletzung, sondern wirft diesem vor, die Auszahlung einer aus ihrer Sicht rechts- bzw. sittenwidrigen Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 bzw. für das Geschäftsjahr 2006/2007 (Bl. 493) nicht verhindert zu haben. |
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| (1.2) Des Weiteren rügte die Klägerin Ziffer 1), der Aufsichtsrat habe es unterlassen, die Vergütung des Vorstands „anzupassen“, um einen aus ihrer Sicht rechtmäßigen Zustand herzustellen bzw. einer Verpflichtung aus § 87 Abs. 2 AktG Rechnung zu tragen (Bl. 298, 494 f.). Sie berief sich insoweit also auf das Unterlassen einer Abänderung der Vergütungsregelung - jedenfalls in Bezug auf die variablen Vergütungsbestandteile - durch Beschränkung oder Herabsetzung der Vergütung. |
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| In diesem Zusammenhang ist auch die Erklärung der Klägerin Ziffer 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu sehen, der Aufsichtsrat hätte sich nach Vorlage des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2007/2008 mit den Auswirkungen des Ergebnisanstiegs auf die variable Vergütung des Vorstands befassen müssen. Damit macht die Klägerin Ziffer 2) der Sache nach ebenfalls geltend, der Aufsichtsrat habe die variable Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 wegen des Ergebnisanstiegs anpassen müssen. |
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| (1.3) Schließlich rügte die Klägerin Ziffer 1), der Aufsichtsrat habe es unterlassen, Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen geltend zu machen bzw. die in der Vergangenheit aus ihrer Sicht zu Unrecht geleistete Vergütung zurückzufordern (Bl. 298, 494). |
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| (2) Dieser Vortrag ist jedoch in diesem Verfahren unbeachtlich, weil er nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG gehalten wurde. |
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| (2.1) Es genügt nicht, dass innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG Klage erhoben wird. Der Kläger muss innerhalb der vorgenannten Frist auch die Gründe, auf welche die Anfechtung gestützt wird, in den Rechtsstreit einführen; zumindest muss er sie innerhalb der Frist in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern darlegen (BGHZ 120, 141 [juris Rn. 42] m.w.N.; BGH, ZIP 2005, 706 [juris Rn. 17]; BGH, NZG 2010, 618 [juris Rn. 3]; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 246 Rn. 26 m.w.N.). |
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| (2.2) Im Fall der Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses gehört zu dem wesentlichen tatsächlichen Kern des Vorbringens die Benennung der konkreten Handlungen bzw. Unterlassungen der zu Entlastenden, aus welchen der Anfechtungskläger die nach seiner Auffassung die Anfechtung begründenden Gesetzes- oder Satzungsverstöße ableitet. |
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| (2.2.1) Wie bereits dargestellt (dazu oben 1. c)), genügt für die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses nicht die allgemeine Darlegung von gesetzeswidrigen Umständen, etwa der Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit der Regelung der Vergütung des Vorstands. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung einer konkreten Verhaltensweise, durch welche die zu Entlastenden die ihnen aus Gesetz oder Satzung obliegenden Pflichten verletzt haben sollen. |
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| (2.2.2) Knüpft der Kläger dabei nach Ablauf der Anfechtungsfrist an ein anderes Verhalten der zu Entlastenden an als zuvor, etwa indem er anstelle eines positiven Tuns nunmehr auf ein späteres Unterlassen abstellt, wechselt er den wesentlichen tatsächlichen Kern seines Vortrags aus, wenn die Änderung des Vortrags nicht lediglich einen rechtlichen Gesichtspunkt betrifft, sondern den der Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt. In diesem Fall ist der neue Vortrag nach § 246 Abs. 1 AktG verfristet (OLG München, NZG 2001, 616 [juris Rn. 50]). |
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| Um eine Änderung des wesentlichen Tatsachenkerns durch Abstellen auf einen anderen Lebenssachverhalt handelt es sich jedenfalls, wenn - wie hier - das erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist gerügte Verhalten (dazu oben (1)) einerseits und das zuvor gerügte Verhalten (Regelung der Vergütung) andererseits völlig unterschiedlichen Zeiträumen zuzuordnen sind (dazu oben aa)). |
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| (2.2.3) Fehl geht die Rüge der Klägerin Ziffer 1), das Landgericht habe den Streitgegenstand der aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage verkannt (Bl. 816 f.). Zwar hat der Bundesgerichtshof in der von der Klägerin Ziffer 1) in der Berufungsbegründung zitierten (Bl. 817) Entscheidung die Auffassung vertreten, die gesamten der Entstehung des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegenden Umstände stellten einen einheitlichen Lebenssachverhalt dar (BGHZ 152, 1 [juris Rn. 14]), so dass man auf erste Sicht annehmen könnte, es genüge, innerhalb der Anfechtungsfrist den angefochtenen Beschluss zu bezeichnen. Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof aber klargestellt, dass aus seiner vorgenannten Entscheidung nicht zu schließen sei, der Anfechtungskläger dürfe jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen; stattdessen hat er die hier vertretene Auffassung bestätigt, dass der maßgebliche Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten will, innerhalb der Anfechtungsfrist vorzutragen ist (BGH, ZIP 2005, 706 [juris Rn. 17]; BGH, AG 2006, 501 [juris Rn. 18]; BGH, AG 2005, 613 [juris Rn. 17]; Dörr in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 246 Rn. 20; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 246 Rn. 12). |
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| (2.3) Demgegenüber können sich die Klägerinnen nicht darauf berufen, dass die Missachtung der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG die Beachtung von Nichtigkeitsgründen nicht ausschließt (Bl. 818, 840). Nichtigkeitsgründe sind hier nicht ersichtlich. |
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| (2.3.1) Zwar findet § 241 AktG auch auf Entlastungsbeschlüsse Anwendung. Die geringe rechtliche Bedeutung des Entlastungsbeschlusses schließt aber regelmäßig aus, einen Entlastungsbeschluss nach § 241 Nr. 3 oder 4 AktG als nichtig anzusehen (Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 120 Rn. 43). Dem klägerischen Vortrag ist nicht zu entnehmen, warum die in der Hauptversammlung am 30.01.2009 gefassten Entlastungsbeschlüsse als solche sittenwidrig bzw. nicht mit dem Wesen der Aktiengesellschaft oder gläubigerschützenden Vorschriften vereinbar wären. |
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| (2.3.2) Zutreffend weist die Beklagte darauf hin (Bl. 885), dass die Entlastungserteilung als solche nicht sittenwidrig sein kann, weil sie in § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG gesetzlich vorgesehen ist. Wenn die Entlastung nicht treuwidrig erteilt wurde, kann der Entlastungsbeschluss erst Recht nicht sittenwidrig sein. Demgegenüber können sich die Klägerinnen nicht darauf berufen, die Sittenwidrigkeit der Entlastungserteilung folge aus einem Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegenüber den zu Entlastenden; ein solcher Verzicht ist mit der bloßen Entlastungsentscheidung nach § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG gerade nicht verbunden. |
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| (2.3.3) Sittenwidrig bzw. nicht mit dem Wesen der Aktiengesellschaft oder gläubigerschützenden Vorschriften vereinbar sind nach dem klägerischen Vortrag allenfalls die Handlungen der zu Entlastenden, welche aus dortiger Sicht als schwerwiegende und eindeutige Pflichtverletzungen der Entlastungserteilung entgegen stehen, etwa die Regelung einer rechts- bzw. sittenwidrigen Vergütung oder die Gewährung einer Gewinnbeteiligung ohne die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung (Bl. 818, 837, 840). Dies genügt indessen nicht, um die Entlastungsbeschlüsse selbst als sittenwidrig anzusehen. |
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| cc) Wenngleich es insoweit nicht schon an der rechtzeitigen Darlegung einer geeigneten Handlung im Entlastungszeitraum fehlt, bleibt auch die Berufung der Klägerin Ziffer 1) auf einen Verstoß gegen § 161 AktG im Ergebnis ohne Erfolg. |
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| (1) Dieser Vortrag der Klägerin Ziffer 1) ist nicht schon verfristet, weil er bereits in der Klageschrift gehalten wurde (Bl. 10). Da die „Entsprechenserklärung“ von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten in dem der Hauptversammlung am 30.01.2009 vorgelegten Geschäftsbericht 2007/2008 (II B.1) auf Seite 28 ff. enthalten ist, fehlt es auch nicht an der erforderlichen Verbindung mit dem Entlastungszeitraum. |
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| (2) Das Landgericht hat aber die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse mangels relevanter Abweichungen der Praxis der Beklagten betreffend die Vorstandsvergütung von Empfehlungen des DCGK in der „Entsprechenserklärung“ zutreffend verneint (juris Rn. 206 ff.). |
|
| Zu Recht hat das Landgericht bei der Überprüfung der Richtigkeit der „Entsprechenserklärungen“ auf die Fassung des DCGK vom 14.06.2007 abgestellt, die für das fragliche Geschäftsjahr 2007/2008 maßgeblich war. Die Folgefassung vom 06.06.2008 entspricht in der hier einschlägigen Nr. 4 der Fassung vom 14.06.2007; den geringfügigen Ergänzungen in Nr. 4.2.2 Absatz 1 sowie Änderungen in Nr. 4.2.3 Absatz 4 und 5 kommt hier - auch nach der Auffassung der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 838) - keine Bedeutung zu. |
|
| Zwar ist die Unrichtigkeit der gemäß § 161 AktG vom Vorstand und Aufsichtsrat abzugebenden „Entsprechenserklärungen“ grundsätzlich geeignet, die Anfechtbarkeit eines Entlastungsbeschlusses zu begründen. Ist die „Entsprechenserklärung“ in einem nicht unwesentlichen Punkt unrichtig oder wird sie bei einer später eintretenden Abweichung von den DCGK-Empfehlungen in einem solchen Punkt nicht umgehend berichtigt, liegt darin ein Gesetzesverstoß, der dennoch gefasste Entlastungsbeschlüsse anfechtbar macht (BGHZ 180, 9 [juris Rn. 19]; BGHZ 182, 272 [juris Rn. 16]). Eine Unrichtigkeit der im Geschäftsbericht 2007/2008 der Beklagten wiedergegebenen „Entsprechenserklärungen“ von Vorstand und Aufsichtsrat ist aber nicht hinreichend dargetan. |
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| (2.1) Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse von vornherein nicht auf ein Abweichen der Praxis der Beklagten von Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 DCGK gestützt werden kann; bei dieser Bestimmung handelt es sich um keine Empfehlung im Sinne von § 161 Satz 1 AktG. |
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| (2.1.1) Das Offenlegungsgebot des § 161 Satz 1 AktG, aus dem die Rechtsprechung im Zusammenhang mit unrichtigen „Entsprechenserklärungen“ einen entlastungsrelevanten Gesetzesverstoß ableitet, knüpft ausdrücklich nur an die bekannt gemachten „Empfehlungen“ des DCGK an (Begründung Regierungsentwurf, BT Drs. 14 8769 S. 21 rechte Spalte; Lutter in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 161 Rn. 35; Sester in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 161 Rn. 32; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 161 Rn. 13). |
|
| Die schon aufgrund ihrer Bezifferung mit „Nr. 1“ zum Inhalt des DCGK zählende Präambel stellt indessen klar, dass nicht alle im Text des DCGK enthaltenen Bestimmungen eine „Empfehlung“ darstellen, die - über § 161 AktG - eine Verpflichtung zur Offenlegung einer Abweichung nach sich zieht. Danach sind solche Empfehlungen eindeutig durch die Verwendung des Wortes „soll“ gekennzeichnet (Nr. 1 Absatz 11 Satz 1 DCGK; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 161 Rn. 3; Lutter in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 161 Rn. 35; Sester in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 161 Rn. 32; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 161 Rn. 13). |
|
| Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 DCGK lautet indessen: „Sämtliche Vergütungsbestandteile müssen für sich und insgesamt angemessen sein.“ Fehlt danach die Kennzeichnung durch das Wort „soll“, liegt keine Empfehlung im Sinne von § 161 Satz 1 AktG vor. Vielmehr handelt es sich um einen bloßen Hinweis auf das geltende Gesetzesrecht, das von den Unternehmen zu beachten ist (vgl. Nr. 1 Absatz 11 Satz 6 DCGK), in diesem Fall um einen Hinweis auf § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG. Abweichungen hiervon vermögen jedenfalls nicht die Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses wegen Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht des § 161 AktG zu begründen (Begründung Regierungsentwurf, BT Drs. 14/8769 S. 21 rechte Spalte; Semler in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 161 Rn. 55). |
|
| (2.1.2) Die hiergegen von der Klägerin Ziffer 1) in der Berufungsbegründung erhobenen Einwände gehen fehl. |
|
| Zu Unrecht beklagt die Klägerin Ziffer 1), dass durch die Rechtsauffassung des Landgerichts eine Rechtsschutzlücke entstehe, weil die Gesellschaft „nur bei Zusage einer gegen den Kodex und das Gesetz verstoßenden Vergütung erklärungspflichtig wäre“, nicht aber bei deren (Aus-)Zahlung (Bl. 839). Dieser Einwand verkennt, dass ein Verstoß gegen § 161 AktG hier nicht deshalb ausscheidet, weil die Vergütung des Vorstands nicht im Geschäftsjahr 2007/2008 - auf das sich die im Geschäftsbericht 2007/2008 wieder gegebene „Entsprechenserklärung“ bezieht - geregelt wurde, sondern schon zu einem früheren Zeitpunkt (dazu oben aa)). Entscheidend ist vielmehr, dass das Angemessenheitsgebot in Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 DCGK, von dem nach Auffassung der Klägerin Ziffer 1) abgewichen wurde, keine Empfehlung des DCGK darstellt, sondern lediglich die Wiedergabe der ohnehin geltenden Gesetzeslage (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG). |
|
| Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 1) folgt auch aus der Bezugnahme von Nr. 4.2.3 Absatz 1 auf die Vergütung, die „im Hinblick auf die Vorstandstätigkeit zugesagt oder im Geschäftsjahr gewährt“ wurde, nichts Anderes. Selbst wenn sich das Angemessenheitsgebot in Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 DCGK mittels der von der Klägerin Ziffer 1) vertretenen Auslegung nicht nur auf die Festsetzung der Vergütung, sondern auch auf ihre Auszahlung bezöge, änderte dies nichts an dem Umstand, dass eine Abweichung von Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 nicht nach § 161 Satz 1 AktG offen zu legen wäre, so dass die Behauptung, im Entlastungszeitraum sei eine unangemessene Vergütung ausgezahlt worden, auch in diesem Fall nicht geeignet ist, einen Verstoß gegen § 161 AktG zu begründen. |
|
| Im Übrigen folgt aus der vom Landgericht vertretenen und hier geteilten Rechtsauffassung nicht, dass ein Verstoß gegen das Gebot der Festsetzung einer angemessenen Vergütung in § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG sanktionslos bliebe. Zur Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses kann ein solcher Verstoß indessen grundsätzlich nur angeführt werden, wenn die unangemessene Vergütung im Entlastungszeitraum geregelt wurde (dazu oben aa)). |
|
| (2.2) In Bezug auf die weiteren, von der Klägerin Ziffer 1) zwar in erster Instanz gerügten, aber in der Berufungsbegründung nicht erneut angeführten Abweichungen der Praxis der Beklagten von Nr. 4 DCGK hat das Landgericht einen Verstoß gegen § 161 AktG, der die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse begründen könnte, ebenfalls zutreffend verneint. |
|
| (2.2.1) Dies gilt zunächst für die von der Klägerin Ziffer 1) gerügte Abweichung von Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 2 DCGK (Bl. 10). |
|
| Nach dieser Vorschrift „sollten [die variablen Vergütungsbestandteile] einmalige sowie jährlich wiederkehrende, an den geschäftlichen Erfolg gebundene Komponenten und auch Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter enthalten.“ |
|
| Dahinstehen kann, ob hiervon durch die Orientierung der variablen Vergütung des Vorstands am Gesamtergebnis des Konzerns (II B.3, S. 92) anstelle einer Beschränkung auf das operative Ergebnis abgewichen wurde (Bl. 10). Eine etwaige Abweichung von dieser Vorschrift war jedenfalls nicht nach § 161 Satz 1 AktG offenzulegen, da es sich bei der Vorschrift um keine „Empfehlung“ handelt. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes „sollte“, das im Gegensatz zum Wort „soll“ zum Ausdruck bringt, dass es sich um keine „Empfehlung“, sondern um eine hiervon zu unterscheidende „Anregung“ handelt (Nr. 1 Absatz 11 Satz 1 DCGK), von der ohne Offenlegung abgewichen werden darf (Begründung Regierungsentwurf, BT Drs. 14/8769 S. 21 rechte Spalte; Sester in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 161 Rn. 32; Semler in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 161 Rn. 145; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 161 Rn. 13). |
|
| (2.2.2) Gleiches gilt im Ergebnis für die von der Klägerin Ziffer 1) gerügte Abweichung von Nr. 4.2.3 Absatz 3 Satz 4 DCGK, wonach für außerordentliche, nicht vorhergesehene Entwicklungen eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbart werden soll (Bl. 10, 297). |
|
| Zwar handelt es sich bei der genannten Vorschrift des DCGK angesichts der Verwendung des Wortes „soll“ um eine Empfehlung im Sinne von § 161 Satz 1 AktG. |
|
| Die Empfehlung der Deckelung der variablen Vorstandsvergütung in Nr. 4.2.3 Absatz 3 Satz 4 DCGK bezieht sich aber ausweislich der systematischen Stellung der Vorschrift nur auf variable Vergütungskomponenten im Sinne der Nr. 4.2.3 Absatz 3. Nr. 4.2.3 Absatz 3 betrifft indessen nach seinem Satz 1 nur Vergütungskomponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter wie beispielsweise Aktienoptionen, nicht dagegen die erfolgsabhängige Vergütung des Vorstands im Allgemeinen (Kort in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 87 Rn. 97). Dies führt das Landgericht zu Recht auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zurück, die im Zuge der öffentlichen und fachlichen Diskussion über die Begrenzung von Aktienoptionen eingefügt wurde (Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, DCGK, 3. Aufl., Rn. 755 ff., 757). Zutreffend - und ohne dass dies mit der Berufung angegriffen worden wäre - hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte solche variable Vergütungskomponenten nicht mit ihren Vorständen vereinbart hatte (juris Rn. 210). |
|
| (2.2.3) Eine Abweichung von den seitens der Klägerin Ziffer 1) ohne tatsächlichen Vortrag nur ziffernmäßig gerügten (Bl. 10) Bestimmungen der Nr. 4.2.2 Absatz 1 DGCK (Beratungs- und Überprüfungspflicht) sowie Nr. 4.2.3 Absatz 4 und 5 DCGK (Leistungszusagen für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Vorstandstätigkeit) ist weder dargetan noch ersichtlich. In ihrem weiteren Vortrag beschränkte sich die Klägerin Ziffer 1) auf die Rüge der Abweichung von Nr. 4.2.3 Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 4 DCGK (Bl. 297). |
|
| b) Unerheblich ist vor diesem Hintergrund, ob die Vergütung des Vorstands der Beklagten bei ihrer Regelung Ende 2006 unangemessen bzw. rechts- oder sittenwidrig war oder ob sie dies später wurde. |
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| aa) Zu Recht ist das Landgericht nicht der klägerischen Auffassung gefolgt, die Regelung der Vorstandsvergütung bedürfe der Mitwirkung der Hauptversammlung. |
|
| Die Vereinbarung der variablen Vergütung der Vorstandsmitglieder stellt keinen Teilgewinnabführungsvertrag dar, der als Unternehmensvertrag nach §§ 292 Abs. 1 Nr. 2, 293 Abs. 1 Satz 1 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten bedürfte. Die Festsetzung der Vergütung des Vorstands obliegt nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG dem Aufsichtsrat (Mertens/Cahn in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 4; Kort in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 87 Rn 19 f.). Eine Mitwirkung der Hauptversammlung ist - auch im Fall der Gewährung einer Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft durch Vereinbarung variabler Vergütungsbestandteile - nicht geboten, da hier die Ausnahmebestimmung des § 292 Abs. 2 Variante 1 AktG eingreift, die im Gegensatz zum früheren Recht auf quantitative Voraussetzungen verzichtet. Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 833 f.) hat das Landgericht dabei den Willen des Gesetzgebers nicht verkannt. |
|
| (1) Aus der Formulierung der Gesetzesbegründung (Kropff, AktG 1965, S. 379, zitiert Bl. 834), die „Hauptversammlung [könne] nicht mit allen im Wirtschaftsleben üblichen Formen der Gewinnbeteiligung befasst werden; unbedeutende Gewinnabführungen [müssten] zustimmungsfrei bleiben“, folgt nicht, dass die Ausnahmeregelung des § 292 Abs. 2 Variante 1 AktG nur für „gewöhnliche“ und „unbedeutende“ Gewinnbeteiligungen des Vorstands gilt. Soweit die Literatur von „üblichen Verträgen“ (Altmeppen in Münchener Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 292 Rn. 78) bzw. „üblichen Formen einer Gewinnbeteiligung“ (Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 292 Rn. 30) spricht, wird ebenfalls nur die Üblichkeit erfolgsabhängiger Vergütungsvereinbarungen bei Vorständen festgestellt, ohne die Reichweite der Ausnahmevorschrift des § 292 Abs. 2 Variante 1 AktG deshalb auf Vergütungsvereinbarungen beschränken zu wollen, die das - wie auch immer bestimmte - Maß des „Üblichen“ nicht übersteigen. Neben der vom Landgericht zutreffend zitierten Literatur (Koppensteiner in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 292 Rn. 56) stellen dies auch von der Klägerin Ziffer 1) selbst angeführte Fundstellen klar, indem sie ausdrücklich eine quantitative Abgrenzung ablehnen (Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 292 Rn. 33). Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Bestimmung ausdrücklich Abgrenzungsschwierigkeiten durch quantitative Merkmale vermeiden wollte. Die Gesetzesbegründung kritisiert, dass das geltende Recht in seinem Bemühen um eine quantitative Abgrenzung eine Fülle von Streitfragen verursacht habe; das neue Recht solle demgegenüber durch die „Ausnahme bestimmter Verträge“ - also durch eine qualitative anstelle der quantitativen Abgrenzung - die bisherigen Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden (Kropff, AktG 1965, S. 379, zitiert Bl. 834; ebenso Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 292 Rn. 33; Koppensteiner in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 292 Rn. 56). |
|
| (2) Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 836 f.) ist bei der variablen Vergütung des Vorstands - insbesondere von W - auch nicht zwischen einer dienstvertraglichen Gewinnbeteiligung einerseits und einer Teilgewinnabführung andererseits zu differenzieren. Einer solchen Unterscheidung nach den Motiven der Gewinnbeteiligung wäre mit der ausweislich der Gesetzesbegründung gewünschten Reduzierung von Abgrenzungsschwierigkeiten (Kropff, AktG 1965, S. 379, zitiert Bl. 834) unvereinbar. Unerheblich ist vor diesem Hintergrund auch, ob die Vereinbarung zur variablen Vergütung von W für den Anstellungsvertrag eines Vorstands angesichts ihrer Hintergründe in den 1990er Jahren typisch oder atypisch ist. |
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| (3) Fehl geht schließlich der von der Klägerin Ziffer 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 03.11.2010 erhobene Einwand, die Gewinnbeteiligung des Vorstands der Beklagten sei nicht auf den Gewinn aus dem laufenden Geschäftsbetrieb beschränkt gewesen. Die Wendung des „laufenden Geschäftsverkehrs“ bezieht sich nur auf Variante 2 von § 292 Abs. 2 AktG. |
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| bb) Die von Klägerseite weiter aufgeworfenen Fragen zur Vereinbarkeit der Vorstandsvergütung mit § 87 AktG bzw. § 138 BGB sind in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. |
|
| (1) Zu Recht hat das Landgericht allerdings festgestellt, dass sich das Angemessenheitsgebot des § 87 Abs. 1 AktG, der hier in der bis zum 04.08.2009 geltenden Fassung anzuwenden ist, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vergütungsfestsetzung bezieht. Entscheidend für die Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung sind daher im Ausgangspunkt nur die Umstände im Zeitpunkt der Regelung der Vergütung. |
|
| (1.1) Bedenkt man, dass sich die absolute Höhe der Vergütung wesentlich erst durch die Entwicklung des Ergebnisses der Beklagten nach der Regelung der Vergütung bestimmt hat, dürfte für die Rechtmäßigkeit der Vergütung in erster Linie von Bedeutung sein, ob aus dem Angemessenheitsgebot des § 87 Abs. 1 AktG eine Pflicht des Aufsichtsrats zur Deckelung der variablen Bezüge bzw. zur Begrenzung der Bemessungsgrundlage der variablen Bezüge auf das operative oder – wie auch immer bestimmte – nachhaltige Ergebnis folgte. |
|
| (1.2) Selbst wenn man solche Pflichten bejahen würde, stellte sich weiter die Frage, ob ein Verstoß des Aufsichtsrats hiergegen eine hinreichend eindeutige Pflichtverletzung wäre, da eine Deckelungspflicht für das alte Recht im Wesentlichen nur für Aktienoptionen angenommen (vgl. Kort in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 87 Rn. 205; Thüsing, ZGR 2003, 457, 486; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214; 235; Hefermehl/Spindler in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 87 Rn. 30) und ein ausdrückliches Gebot zur Orientierung der Vergütungsstruktur am nachhaltigen Erfolg der Gesellschaft erst im Zuge der Neufassung des § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG zum 05.08.2009 in den Gesetzestext aufgenommen wurde (vgl. Begründung Ausschussempfehlung, BT-Drs. 16/13433, S. 10; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 87 Rn. 4c). |
|
| (2) Bei der Feststellung der Sittenwidrigkeit der Vergütung hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen (juris Rn. 196), dass sich die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts grundsätzlich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seiner Vornahme richtet (BGHZ 107, 96 [juris Rn. 17]; Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 138 Rn. 9; Sack in Staudinger, BGB, 2003, § 138 Rn. 79). Die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts wegen nachträglicher Änderungen wird auch in der von der Klägerin Ziffer 1) angeführten Kommentarliteratur (vgl. Bl. 843: Armbrüster in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 138 Rn. 133) nur für Änderungen im Bereich der Wertanschauungen vertreten (vgl. Armbrüster in Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 138 Rn. 135 f.). Nachträgliche Änderungen im tatsächlichen Bereich - wie hier durch die Erhöhung des Ergebnisses, aus dem die variable Vergütung errechnet wird - können danach allenfalls zu einem Leistungsverweigerungsrecht unter dem Aspekt von Treu und Glauben führen (vgl. Sack in Staudinger, BGB, 2003, § 138 Rn. 83). |
|
| (3) Schließlich erscheint zweifelhaft, ob die Anfechtung darauf gestützt werden kann, der Aufsichtsrat habe es unterlassen, die ursprünglich geregelte Vergütung wegen nachträglicher Änderungen anzupassen. |
|
| (3.1) Ob gegen eine aus § 87 Abs. 2 AktG in der maßgeblichen Fassung bis zum 04.08.2009 folgende Änderungspflicht hinreichend eindeutig verstoßen wurde, ist fraglich, weil maßgebliche Stimmen bislang die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht als erfüllt ansahen, solange die Gesellschaft noch Gewinne ausschüttet (LG Duisburg, BB 1971, 145; Hefermehl in Geßler/Hefermehl, AktG, § 87 Rn. 12; Spindler in Münchener Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 87; Weisner/Kölling, NZG 2003, 465, 466; a.A. jüngst Thüsing in Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 6 Rn. 31). |
|
| (3.2) Soweit in der Literatur (vgl. Peltzer in Festschrift Lutter, 571, 583 ff.) die Auffassung vertreten wird, variable Vergütungsvereinbarungen könnten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 242, 157 BGB) bzw. wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einschränkend auszulegen oder anzupassen sein, wären die Voraussetzungen dieser Rechtsinstitute im Einzelnen darzulegen, insbesondere ein entsprechender hypothetischer Parteiwille bzw. die Unvorhersehbarkeit einer Änderung der Verhältnisse (vgl. dazu BGH, NJW 1981, 1668 [juris Rn. 10]; Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 313 Rn. 23). Das Landgericht hat hier jedenfalls angesichts unterschiedlicher Auffassungen im Schrifttum (vgl. die Annahme eines abschließenden Charakters des § 87 Abs. 2 AktG durch Spindler in Münchener Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 72) zu Recht Zweifel an der hinreichenden Eindeutigkeit einer Pflichtverletzung geäußert (juris Rn. 215). |
|
| c) Fehl geht vor diesem Hintergrund die Rüge von Verfahrensfehlern der ersten Instanz durch die Klägerin Ziffer 1). |
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| aa) Zu Unrecht rügen die Klägerinnen, dass das Landgericht davon abgesehen habe, die Vorlage der Anstellungsverträge der Mitglieder des Vorstands der Beklagten und damit zusammenhängender Unterlagen anzuordnen (Bl. 812, 820, 826, 833, 1059); dem diesbezüglich von der Klägerin Ziffer 1) in der Berufungsbegründung gestellten Antrag (Bl. 821) ist nicht zu entsprechen. |
|
| (1) Zwar kann das Gericht nach § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Allein die Bezugnahme einer Partei auf bestimmte Unterlagen genügt aber nicht, um eine entsprechende Anordnung zu erlassen. |
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| (2) Die Vorlage von Urkunden nach § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf jedenfalls nicht unabhängig von einem entscheidungserheblichen Vortrag zum Zweck der Ausforschung angeordnet werden (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 865 [juris Rn. 30]; BGH, NJW-RR 2007, 1393 [juris Rn. 10]; Wagner in Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl., § 142 Rn. 1; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 142 Rn. 9). |
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| Da die auf den Gesamtkomplex „Vorstandsvergütung“ gestützte Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse schon mangels eines Verstoßes gegen § 161 AktG (dazu oben a) cc)) sowie mangels rechtzeitigen Vortrags einer geeigneten Handlung, durch welche der Aufsichtsrat seine Pflichten im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung im Entlastungszeitraum schwerwiegend und eindeutig verletzt haben könnte (dazu oben a) aa) und bb)), keine Aussicht auf Erfolg hat, kommt es auf die Einzelheiten der Regelung der erfolgsabhängigen Vergütung des Vorstands im Anstellungsvertrag für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Eine Vorlageanordnung liefe deshalb auf eine unzulässige Ausforschung hinaus. |
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| (3) Die von der Klägerin Ziffer 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochenen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen (Bl. 1059) führen zu keinem anderen Ergebnis. Weder gebietet der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs eine Auseinandersetzung mit Tatsachen, die für die Entscheidungsfindung unerheblich sind (vgl. BVerfGE 70, 288 [juris Rn. 18]; Schmahl in Schmidt-Bleibtreu, GG, 11. Aufl., Art. 103 Rn. 11 [S. 2115 unten]), noch ist es von Verfassungs wegen zu beanstanden, wenn das Gericht auf einen unzulässigen Ausforschungsantrag nicht eingeht (vgl. BVerfGE 70, 288 [juris Rn. 18]). |
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| bb) Zu Unrecht rügt die Klägerin Ziffer 1) außerdem Fehler im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung. |
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| (1) § 313 Abs. 2 ZPO beschränkt den Tatbestand auf eine knappe Darstellung des wesentlichen Inhalts der vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel. Daraus folgt, dass das Gericht nicht gehalten ist, sämtlichen - aus der Sicht einer Partei relevanten - Sachverhalt in den Tatbestand aufzunehmen, sondern jedenfalls auf diejenigen Umstände verzichten kann, auf die es seine Entscheidung nicht stützt. Das Landgericht war daher nicht verpflichtet, den klägerischen Vortrag zur weiteren Entwicklung nach dem 30.01.2009 in den Urteilstatbestand aufzunehmen (Bl. 809). Ebenso wenig musste das Landgericht den von ihm zu Recht als nicht entscheidungserheblich eingestuften Vortrag der Klägerin Ziffer 1) zum Inhalt des Anstellungsvertrags von W auf Seite 6 f. der Klageschrift im Tatbestand wiedergeben (Bl. 809). |
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| (2) Fehl geht die Rüge, die Feststellung des Landgerichts auf Seite 46 der angefochtenen Entscheidung (juris Rn. 215), die Ergebnisbeiträge des Geschäftsjahres 2007/2008 beruhten zum überwiegenden Teil auf tatsächlichen Ausgleichszahlungen, widerspreche dem klägerischen Vortrag (Bl. 814). |
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| (2.1) Das Landgericht hat an der genannten Stelle ausdrücklich festgestellt, die Klägerin Ziffer 1) habe vorgetragen, dass es sich bei den Ergebnisbeiträgen aus den Derivatgeschäften „ausschließlich um Buchgewinne ohne jeden Mittelzufluss“ gehandelt habe. Es legte lediglich im Folgenden dar, dass es aufgrund des Vortrags der Beklagten sowie der Angaben im Geschäftsbericht der Beklagten 2007/2008 und im geprüften Jahresabschluss davon ausgehe, dass die Ergebnisbeiträge entgegen dem klägerischen Vortrag zum überwiegenden Teil nicht aus bloßen Wertsteigerungen der verbuchten Aktien oder Optionen zum Abschlussstichtag resultierten, sondern aus tatsächlich erhaltenen Ausgleichszahlungen, die der Beklagten aufgrund der auf Barausgleich gerichteten Optionen zustanden (juris Rn. 215). |
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| (2.2) Ob diese Auffassung des Landgerichts zutrifft, ist im Berufungsverfahren nicht zu entscheiden, da sie für die Entscheidung des Rechtsstreits aus den eingangs genannten Gründen nicht erheblich ist. |
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| 3. Zutreffend hat das Landgericht schließlich festgestellt, dass der Beschluss über die Entlastung des Vorstands der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 nicht wegen Pflichtverletzungen des Vorstands anfechtbar ist. |
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| a) Hinsichtlich des von der Klägerin Ziffer 1) auch im Fall des Vorstands gerügten Verstoßes gegen § 161 AktG kann auf die Ausführungen zum Aufsichtsrat (dazu oben 2. a) cc)) verwiesen werden. |
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| b) Schwerwiegende und eindeutige Pflichtverletzungen des Vorstands im Zusammenhang mit der Regelung seiner Vergütung, die eine Anfechtung des Entlastungsbeschlusses rechtfertigen könnten, sind nicht dargetan. |
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| aa) Insoweit fehlt es wiederum bereits an der Darlegung einer geeigneten Handlung des Vorstands im Entlastungszeitraum. Zwar schloss W am 05.09.2007 mit der Beklagten einen neuen Anstellungsvertrag; damit war aber keine inhaltliche Änderung der bereits Ende 2006 getroffenen Vergütungsvereinbarung verbunden (dazu oben 2. a) aa) (2) (2.1)). |
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| bb) Im Übrigen fehlte es etwaigen Pflichtverletzungen des Vorstands bei der Regelung seiner Vergütung jedenfalls an der erforderlichen Eindeutigkeit, weil in Rechtsprechung und Literatur ungeklärt ist, ob den Vorstand im Rahmen des Aushandelns bzw. der Vereinbarung seiner Vergütung eine Rechtspflicht zur Beachtung der Angemessenheitsvorgabe des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG bzw. anderer Rechtsvorschriften trifft. |
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| (1) Gegen eine solche Pflichtenstellung spricht, dass nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 1, 112 Satz 1 AktG für die Gesellschaft in diesem Bereich nicht der Vorstand, sondern der Aufsichtsrat handelt (Mertens/Cahn in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 5; Seibt in Schmidt/Lutter, AktG, § 87 Rn. 9; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 87 Rn. 8). |
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| (2) In der Literatur wird zwar die Auffassung vertreten, der Vorstand sei der Gesellschaft gegenüber auch dort verpflichtet, für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu sorgen, wo er nicht für diese als Organ handelt, sondern ihr als Vertragspartner wie ein Dritter gegenüber tritt (Peltzer in Festschrift Lutter, 574, 578; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 1. Aufl., § 87 Rn. 29; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 87 Rn. 58; Spindler in Münchner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 78). Die Rechtsprechung hat aber angesichts der in § 87 Abs. 1 AktG geregelten ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Vergütungsfestsetzung eine Vermögensbetreuungspflicht des Vorstands in Bezug auf Entscheidungen, die seine Vergütung betreffen, verneint (BGHSt 50, 331 [Juris Rn. 80]). |
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| (3) Der dargestellte Streit ist hier nicht zu entscheiden. Allein aus seiner Existenz folgt, dass es einem etwaigen Pflichtenverstoß des Vorstands in Bezug auf die Regelung seiner Vergütung an der nötigen Eindeutigkeit fehlte (dazu oben 1. a) aa)). Angesichts der ungeklärten Rechtslage und maßgeblicher Stimmen in der Literatur, die eine Pflichtenstellung des Vorstands ablehnen, kann nicht festgestellt werden, dass der Vorstand sich über eine zweifelsfreie Rechtslage hinweggesetzt hätte. |
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| c) Etwaige Gesetzes- oder Satzungsverstöße des Vorstands bei der Annahme seiner Vergütung im Entlastungszeitraum bzw. durch Unterlassen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Aufsichtsrat wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung sind jedenfalls wegen Verfristung des entsprechenden klägerischen Vortrags unbeachtlich. |
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| aa) Nachdem die Klägerin Ziffer 1) in ihrer innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG eingegangenen Klageschrift nur die Regelung der Vorstandsvergütung gerügt hatte (Bl. 4, 11), stellte sie in ihrer Berufungsbegründung erstmals auch auf die Annahme bzw. Einforderung der Vergütung durch W im Entlastungszeitraum ab. Damit hat sie indessen durch Berufung auf einen anderen Lebenssachverhalt nach Ablauf der Anfechtungsfrist den wesentlichen tatsächlichen Kern ihres Vortrags verändert mit der Folge, dass hierüber nicht zu entscheiden ist (dazu oben 2. a) bb) (2)). |
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| bb) Gleiches gilt für den Vorwurf, der Vorstand habe es pflichtwidrig unterlassen, Schadensersatzansprüche gegen den Aufsichtsrat wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung geltend zu machen. Dieser Vorwurf wurde erst in der nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingegangenen Replik erhoben (Bl. 298). |
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| 4. Rein vorsorglich ist schließlich festzustellen, dass die gegen die Entlastungsbeschlüsse gerichteten Anfechtungsklagen auch dann nicht durchdringen würden, wenn man anstelle der vom Landgericht geprüften Gesetzes- und Satzungsverstöße der Verwaltung im Zusammenhang mit der Vergütung des Vorstands auf andere Gesetzes- bzw. Satzungsverstöße der Organe der Beklagten jenseits von Auskunftspflichtverletzungen (dazu unten II.) abstellen wollte, die im Berufungsvortrag der Klägerinnen anklingen. |
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| a) Dies gilt zunächst für die Behauptung, „die Transaktionsstruktur zur Übernahme der V AG sowie die Bemessungsgrundlage für die Vergütung [hätten] nicht mehr dem Gesellschaftszweck der Beklagten [entsprochen]“ (Bl. 851). |
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| aa) Diesem Vortrag lässt sich - auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen (Bl. 851 bis 853) - schon keine konkrete Handlung des Aufsichtsrats entnehmen, die einen schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstellen könnte. Selbst wenn man den Vortrag dahin verstehen wollte, die Hauptversammlung am 30.01.2009 habe dem Aufsichtsrat keine Entlastung für das Geschäftsjahr 2007/2008 erteilen dürfen, weil dieser durch seine Mitwirkung am Erwerb von V-Stammaktien bzw. hierauf bezogenen Derivaten schwerwiegend und eindeutig die ihm nach Gesetz und Satzung obliegenden Pflichten verletzt habe, da diese Geschäfte - insbesondere wegen der mit ihnen verbundenen Risiken - den in der Satzung bestimmten Unternehmensgegenstand überschritten hätten, würde im Ergebnis nichts Anderes gelten. |
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| bb) Eine solche Rüge wäre schon verfristet, weil sie nicht innerhalb der Anfechtungsfrist erhoben wurde; dazu hätte ein entsprechender Anfechtungsgrund bereits in den Klageschriften zumindest seinem wesentlichen Tatsachenkern nach geltend gemacht werden müssen (vgl. oben 2. a) bb) (2) (2.1)). |
|
| (1) Die Klageschrift der Klägerin Ziffer 1) genügt diesen Anforderungen indessen nicht. Entgegen der Bezugnahme der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 851) findet sich eine entsprechende Rüge nicht schon auf Seite 9 der Klageschrift (Bl. 9). Dort begründete die Klägerin Ziffer 1) lediglich im Rahmen der von ihr zur Rechtfertigung der Anfechtung geltend gemachten Regelung einer unangemessenen Vorstandsvergütung deren Unangemessenheit mit dem abstrakten Hinweis, eine nicht auf das operative Ergebnis beschränkte erfolgsabhängige Vergütung setze für den Vorstand Fehlanreize (Bl. 8 bis 10). |
|
| (2) Auch die Klägerin Ziffer 2) hat die Überschreitung des Unternehmensgegenstands durch den Erwerb von V-Stammaktien bzw. hierauf bezogenen Derivaten nicht schon im Rahmen der Klageschrift geltend gemacht. |
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| (2.1) In ihrer Klageschrift hat die Klägerin Ziffer 2) ihre Anfechtungsklage auf die Verletzung von Auskunftspflichten durch die unzureichende Beantwortung von Fragen in der Hauptversammlung am 30.01.2009 gestützt (Bl. 63). Die Vorgänge, die diesen Fragen zugrunde lagen, stellen demgegenüber einen anderen Lebenssachverhalt dar (dazu oben 2. a) bb) (2) (2.2) (2.2.2)). |
|
| (2.2) Zwar hat die Klägerin Ziffer 2) in ihrer Klageschrift unter der Überschrift „Hintergrund des Verfahrens und Fragegegenstand“ (Bl. 31 bis 35) die Derivatgeschäfte der Beklagten in Bezug auf V-Stammaktien erwähnt. Dabei stellte sie aber nicht auf die Überschreitung des Unternehmensgegenstands oder auf die Begründung von existenzgefährdenden Risken durch den Abschluss der Derivatgeschäfte im Entlastungszeitraum ab. Sie erläuterte vielmehr nur pauschal, dass sich die von ihr gerügten Fragen im Wesentlichen um die Übernahme von V durch die Beklagte, die Finanzstruktur der Kurs- und Währungssicherungsgeschäfte und die daraus entstandenen Risiken für die Beklagte sowie die Ereignisse, die zu dem Ergebnissprung bei der Beklagten im Geschäftsjahr 2007/2008 führten, „drehten“ (Bl. 34). Aus den weiteren Ausführungen ergibt sich, dass die Klägerin Ziffer 2) dabei mit dem Begriff der „Risiken“ nicht die Risiken aus den im Entlastungszeitraum abgeschlossenen Derivatgeschäften meinte, sondern Risiken betreffend Schadensersatzansprüche Dritter wegen der Beklagten vorgeworfener „Marktmanipulationen“ (Bl. 34). |
|
| (2.3) Die bloße Erwähnung des Erwerbs von V-Stammaktien und hierauf bezogener Derivatgeschäfte in der Klageschrift kann indessen nicht genügen, um eine Beschlussanfechtung wegen eines Satzungsverstoßes in Gestalt der Überschreitung des Unternehmensgegenstandes seinem wesentlichen Tatsachenkern nach geltend zu machen. Dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei um einen lang andauernden und vielschichtigen Sachverhaltskomplex handelt. Andernfalls ginge die Begrenzungsfunktion der Anfechtungsfrist ins Leere, weil die globale Bezugnahme auf solche Sachverhalte es ermöglichen würde, die Anfechtung - zumindest bei einem Entlastungsbeschluss - im weiteren Verfahren auf nahezu jedwede Pflichtverletzung zu stützen. |
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| (3) Auf die Begründung von existenzgefährdenden Risiken durch die Derivatgeschäfte berief sich die Klägerin Ziffer 2) erstmals in ihrer Replik im ersten Rechtszug (Bl. 306 ff.). Soweit die Klägerin Ziffer 2) nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 01.03.2010 die Überschreitung der Satzung durch Derivatgeschäfte auf V-Stammaktien rügte, stellte sie im Übrigen ausdrücklich klar, dass sie damit keine Anfechtungsgründe nachschieben, sondern lediglich der Behauptung der Beklagten entgegnen wolle, die Einzelheiten der Derivatgeschäfte seien Geschäftsgeheimnisse (Bl. 503). |
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| cc) Der Vorwurf der Überschreitung des Unternehmensgegenstands geht auch in der Sache fehl. |
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| (1) Der Erwerb von V-Stammaktien (Beteiligungserwerb) sowie hierauf gerichteten Derivaten (Kurssicherungs- oder Derivatgeschäfte) durch die Beklagte war von dem in ihrer Satzung niedergelegten Unternehmensgegenstand gedeckt. Dies gilt nicht nur dann, wenn man die auf eine Holdinggesellschaft ausgelegte Fassung vom 25.01.2008 zugrunde legt, sondern auch dann, wenn man auf die Fassung vom 25.06.2007 abstellt. |
|
| (2) Dem lässt sich klägerseits nicht entgegen halten, dass das Ergebnis aus den Derivatgeschäften im Geschäftsjahr 2007/2008 das operative Ergebnis der Beklagten übertraf oder dass die Übernahme eines größeren Unternehmens („David schluckt Goliath“) nicht mehr als Hilfsgeschäft bezeichnet werden könne (Bl. 851 ff.). |
|
| (2.1) Bereits § 2 Abs. 2 der Satzung in der Fassung vom 25.06.2007 lässt den Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen des Automobilsektors zu. Eine Beschränkung auf Unternehmen, die - nach Bilanz- oder Ergebniskennzahlen - im Verhältnis zur Beklagten „kleiner“ sind, lässt sich der Regelung nicht entnehmen. |
|
| (2.2) Zu überlegen ist allenfalls, ob die Beklagte auch in der geschehenen Weise mit Derivaten auf V-Stammaktien Geschäfte machen durfte. Diese klägerseits kritisierten „Finanzmarktgeschäfte“ (Bl. 852) stehen indessen im Zusammenhang mit dem zulässigen Erwerb der Beteiligung an V; sie bilden im Verhältnis zum Beteiligungserwerb ein Hilfsgeschäft. Auch nach dem Vortrag der Klägerinnen dienten diese „Kurssicherungsgeschäfte“ der Absicherung des geplanten Beteiligungserwerbs (Bl. 32). Dem stehen der Umfang dieser Geschäfte und ihre Auswirkungen auf die Bilanz bzw. die Gewinn- und Verlustrechnung der Beklagten nicht entgegen. Maßgeblich für die Einordnung als Hilfsgeschäft ist nicht der Umfang, sondern die Funktion (BGH, ZIP 2000, 1162 [juris Rn. 9]). |
|
| (2.3) Dem kann nicht das mit den Derivatgeschäften verbundene Risiko entgegen gehalten werden. Zwar kann der Unternehmensgegenstand berührt sein, wo die Risikostruktur des Unternehmens verändert wird (vgl. Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 82 Rn. 30; Mertens/Cahn in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 82 Rn. 33). Eine strukturelle Änderung war mit den Derivatgeschäften - mögen sie auch riskant gewesen sein - aber nicht verbunden. Eine Änderung der Risikostruktur wäre nur dann festzustellen, wenn die geplante neue Unternehmensstruktur ein wesentlich anderes Risiko aufwiese als die bisherige. Dies trifft hier jedoch nicht zu, weil nicht ersichtlich ist, dass das Risiko der Geschäftstätigkeit von V sich wesentlich von demjenigen der Geschäftstätigkeit der P unterscheidet. Die Derivatgeschäfte sind dabei nicht zu berücksichtigen, da sie kein auf Dauer angelegtes neues Geschäftsfeld der Beklagten bilden, sondern lediglich der Erreichung des Ziels der Übernahme von V dienen sollten. |
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| b) Die Ausführungen der Klägerin Ziffer 2), zentraler Gegenstand des Verfahrens seien die von den Organen der Beklagten getroffenen „Hazard-Entscheidungen“, welche den Fortbestand des Unternehmens gefährdeten (Bl. 1012), führen zu keinem anderen Ergebnis.. |
|
| aa) Eine Berufung auf schwerwiegende Gesetzes- oder Satzungsverstöße in Gestalt des Abschlusses riskanter Geschäfte wäre schon verfristet. Allein durch die Erwähnung des Erwerbs von V-Stammaktien und hierauf bezogener Derivate in den Klageschriften wurde ein Anfechtungsgrund des Inhalts „Rechtsverstoß durch den Abschluss riskanter Geschäfte“ nicht seinem wesentlichen Tatsachenkern nach eingeführt (dazu oben a) bb)). |
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| bb) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, gegen welche Bestimmungen in Gesetz oder Satzung der Abschluss der Derivatgeschäfte wegen des mit ihnen verbundenen Risikos schwerwiegend und eindeutig verstoßen haben soll. Ein generelles Verbot der Durchführung risikobehafteter Geschäfte ist weder dem Gesetz noch der Satzung der Beklagten zu entnehmen. Eine Überschreitung des Unternehmensgegenstands durch Änderung der Risikostruktur des Unternehmens war mit den Derivatgeschäften nicht verbunden (dazu oben a) cc) (2) (2.3)). |
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| cc) Soweit die Klägerinnen aus Liquiditätsschwierigkeiten der Beklagten im Jahr 2009 darauf schließen wollen, dass die von der Beklagten im Entlastungszeitraum getätigten Derivatgeschäfte existenzgefährdende Risiken begründeten, haben sie jedenfalls keine eindeutige Pflichtverletzung dargelegt. Ihr Vortrag reicht schon nicht zur Feststellung des begründeten Verdachts der Verursachung existenzieller Risiken durch Derivatgeschäfte (vgl. dazu näher unten II. 3. d) cc) (2) (2.2) (2.2.3)). Das Liquiditätsrisiko, das in der Veröffentlichung vom 24.09.2010 (BK 1.2, Bl. 1009) angesprochen wird, lässt keinen Rückschluss auf die mit dem Abschluss der Derivatgeschäfte von den Organen der Beklagten eingegangenen Risiken zu. Dieses Liquiditätsrisiko folgt aus dem Umstand, dass im März 2009 eine von der Beklagte ausgeschöpfte Kreditlinie in Höhe von 10 Mrd. Euro auslief (BK 1.2, Bl. 1009); damit ist es jedoch von dem Risiko der Derivatgeschäfte zu unterscheiden. |
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| c) Auch die im Berufungsverfahren angesprochene Verletzung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften lässt die für das Geschäftsjahr 2007/2008 erteilte Entlastung nicht treuwidrig erscheinen. |
|
| aa) Der pauschalen Berufung auf Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten in der Berufungsbegründung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 792) ist schon im Hinblick auf ihre fehlende Substantiierung nicht weiter nachzugehen. |
|
| bb) Die von der Klägerin Ziffer 2) in ihrer Klageschrift unter der Überschrift „Hintergrund des Verfahrens und der gestellten Fragen“ erwähnten „Marktmanipulationen“ (Bl. 34) vermögen eine Entlastungsanfechtung ebenfalls nicht zu tragen. Zum einen berichtete die Klägerin Ziffer 2) insoweit nur über Vorwürfe Dritter gegen die Beklagte. Zum anderen diente dieser Vortrag lediglich zur Darlegung des Hintergrunds - also zur Begründung der Erforderlichkeit - der in der Klageschrift als unzureichend beantwortet gerügten Fragen; gestützt wurde die Anfechtung demgegenüber auf Auskunftspflichtverletzungen (Bl. 35, 63). Gegen den nachträglichen Rückgriff auf diesen Vortrag zur Ausfüllung des pauschalen Vorwurfs des Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften im Berufungsverfahren dürfte daher schon sprechen, dass nachträglich die Angriffsrichtung der Klage geändert würde. |
|
| cc) Jedenfalls sind der Entlastungserteilung entgegenstehende Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften nicht hinreichend dargetan. |
|
| (1) Der in der Klagschrift erwähnte Vorwurf Dritter, die Beklagte habe „heimlich eine marktbeherrschende Stellung“ in Bezug auf V-Stammaktien aufgebaut (Bl. 34), begründet keinen hinreichend eindeutigen (dazu oben 1. a) aa)) Verstoß gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften, da entsprechende Rechtsvorschriften derzeit erst rechtspolitisch diskutiert werden (vgl. § 25a WpHG-E in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, Diskussionsentwurf des BMF vom 03.05.2010, abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/ nn_1940/ DE/ BMF__Startseite/ Service/ Downloads; dazu Fleischer, NZG 2010, 846 ff.). |
|
| (2) Nicht zu überzeugen vermag der Vorwurf der Klägerin Ziffer 2), die Beklagte habe die Kapitalmarktteilnehmer durch Widersprüche in ihren Veröffentlichungenbezüglich der Strategie der Erweiterung der Beteiligung an V irregeführt (Bl. 792). Weder ist ersichtlich, zu welcher noch nicht veröffentlichten - aber veröffentlichungspflichtigen - Insiderinformation die Veröffentlichungen der Beklagten in Widerspruch stehen sollten noch lassen sich Widersprüche in den von der Klägerin Ziffer 2) aufgeführten Mitteilungen betreffend den Aufbau der Beteiligung der Beklagten an V (Bl. 703 ff.) feststellen. Die Abweichungen zwischen den zu verschiedenen Zeiten mitgeteilten Zielen lassen sich ohne weiteres durch eine Anpassung an veränderte Umstände erklären. |
|
| (3) Soweit sich die Ausführungen der Klägerin Ziffer 2) in ihrer Klageschrift auf Vorgänge nach dem 31.07.2008 beziehen, insbesondere auf Vorgänge im Oktober 2008, handelt es sich um Vorgänge außerhalb des Geschäftsjahres 2007/2008 (Bl. 33). Verhalten, das gegen Gesetz oder Satzung verstößt, begründet die Entlastungsanfechtung jedoch grundsätzlich nur, wenn es Gegenstand des angegriffenen Entlastungsbeschlusses ist (BGHZ 153, 47 [juris Rn. 15]); Gegenstand der Entlastung war hier indessen nur das Geschäftsjahr 2007/2008 (dazu oben 1. a) bb)). Im Übrigen haben die Klägerinnen auch insoweit keine hinreichend eindeutigen Pflichtverletzungen dargelegt. Ihr Vortrag genügt schon nicht zur Feststellung des begründeten Verdachts einer Pflichtverletzung (vgl. dazu näher unten II. 3. d) cc) (2) (2.2) (2.2.1) und (2.2.4)). Zwar hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Verletzung der Auskunftspflicht (dazu unten II. 3. c) aa) (2) (2.3)) Zeugenbeweis angeboten für die Tatsache, dass die Beklagte sich zum Erwerb einer Dreiviertelmehrheit an V nicht erst am 26.10.2008, sondern bereits im ersten Halbjahr 2008 entschieden habe. Selbst wenn dies zuträfe, ließe die Erwähnung der Mitteilung der Beklagten vom 26.10.2008 in der Klagschrift aber keine Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten aus diesem Grund erkennen. Zu überlegen wäre allenfalls, ob die Organe der Beklagte in diesem Fall kapitalmarktrechtliche Pflichten verletzt haben, weil sie bereits im ersten Halbjahr ihre Entscheidung hätten offen legen müssen. Ein darin möglicherweise liegender Anfechtungsgrund kann im Berufungsverfahren jedoch nicht mehr nachgeschoben werden, da sein wesentlicher Tatsachenkern nicht schon in der Klageschrift enthalten war (dazu oben 2. a) bb) (2)). Die Behauptung, dass die Organe der Beklagten im ersten Halbjahr 2008 eine Entscheidung zum Erwerb einer Dreiviertelmehrheit getroffen, diese aber nicht offen gelegt hätten, erhob die Klägerin Ziffer 2) erst in ihrer nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingegangenen Replik im ersten Rechtszug (Bl. 310). |
|
| (4) Die Klägerinnen können sich schließlich nicht auf die Feststellungen der BaFin berufen, wonach die Organe der Beklagten in ihrem Konzernzwischenlagebericht zum 31.01.2009 unter Verstoß gegen kapitalmarktrechtliche Pflichten nicht über das mit dem Auslaufen der Kreditlinie im März 2009 verbundene Liquiditätsrisiko berichtet haben. Abgesehen davon, dass der Entlastungszeitraum davon nicht betroffen ist (dazu oben (3)), ist dieser erst im Berufungsverfahren geltend gemachte Anfechtungsgrund jedenfalls verfristet. Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass die Feststellungen der BaFin erst nach der Klageerhebung bekannt geworden sind (Bl. 1013). Die Erkennbarkeit der Anfechtungsgründe für den Anfechtungskläger ist für den Ablauf der Anfechtungsfrist ohne Belang. Bei der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG handelt es sich um eine Ausschlussfrist (vgl. Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 246 Rn. 21 m.w.N.), die nicht an die Erkennbarkeit der Anfechtungsgründe für den Kläger, sondern - aus Gründen der Rechtssicherheit - ausschließlich an objektive Umstände anknüpft. |
|
| d) Soweit die Klägerinnen im Berufungsverfahren die Möglichkeit in den Raum stellen, der Vorstand der Beklagten habe kein den Anforderungen des § 91 Abs. 2 AktG entsprechendes Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystem eingerichtet (Bl. 832, 1013), fehlt es schon an der Behauptung eines Pflichtverstoßes, weil die Klägerinnen lediglich feststellen, der Vorstand könne nicht entlastet werden, „falls“ die Beklagte kein entsprechendes Überwachungssystem hatte (Bl. 832, 1013). Sähe man den klägerischen Vortrag nicht schon deshalb als unbeachtlich an, wäre er jedenfalls verfristet, weil die Anfechtung damit auf einen völlig neuen Lebenssachverhalt gestützt würde (dazu oben 2. a) bb) (2) und 4. a) bb)). |
|
| e) Schließlich dringt auch der pauschale Vorwurf nicht durch, aus der späteren Entwicklung folge, dass schon zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 sonstige „schwere Versäumnisse der Geschäftsführung zu verzeichnen gewesen“ seien (Bl. 815). Dieser pauschalen Rüge lässt sich bereits kein konkreter Gesetzes- oder Satzungsverstoß entnehmen, welcher der Entlastungserteilung entgegen stehen sollte. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die nachträglichen Umstände, aus denen die Klägerin Ziffer 1) auf solche Versäumnisse schließt, den Teilnehmern der Hauptversammlung entweder erkennbar oder infolge von Informationspflichtverletzungen unbekannt gewesen wären. |
|
| Zu Recht hat das Landgericht auch die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse sowie der Beschlüsse über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern und die Vergütung des ersten Aufsichtsrats wegen der Verletzung von Auskunftspflichten verneint. |
|
| 1. Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang definierten Anfechtungsvoraussetzungen (juris Rn. 227) sind nicht zu beanstanden. |
|
| a) Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit dies zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. |
|
| b) Ein Hauptversammlungsbeschluss ist anfechtbar, wenn die von einem Aktionär in der Hauptversammlung verlangte und zu diesem Tagesordnungspunkt erforderliche Auskunft nicht erteilt worden ist, obwohl der Vorstand zur Verweigerung der Auskunft nicht berechtigt war (BGHZ 160, 385 [juris Rn. 8 und 10]; OLG Stuttgart, NZG 2004, 966 [juris Rn. 40]; OLG München, BB 2002, 112 [juris Rn. 37]). |
|
| aa) Entscheidend ist dabei, ob die Erteilung der begehrten Auskunft zur Beurteilung des Tagesordnungspunkts, zu dem der angefochtene Beschluss gefasst wurde, erforderlich war. |
|
| (1) Maßgeblich ist demnach hier die Erforderlichkeit der begehrten Auskünfte in Bezug auf die von der Klägerin Ziffer 2) angefochtenen Beschlüsse über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern und die Aufsichtsratsvergütung sowie über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. |
|
| (2) Dahinstehen kann demgegenüber die Erforderlichkeit der begehrten Auskünfte in Bezug auf den in der Hauptversammlung am 30.01.2009 unter TOP 2 gefassten Beschluss über die Gewinnverwendung, der nicht angefochten wurde. |
|
| bb) Maßstab für die Erforderlichkeit einer Auskunft im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ist die Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement benötigt (BGHZ 160, 385 [juris Rn. 9]; BGHZ 180, 9 [juris Rn. 39]; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 12). |
|
| (1) Dadurch wird der Auskunftsanspruch des Aktionärs sowohl in quantitativer und qualitativer Hinsicht als auch in Bezug auf seinen Detaillierungsgrad begrenzt (BGHZ 180, 9 [juris Rn. 39]). Nicht jede marginale Information ist in diesem Sinne zur Beurteilung eines Beschlussgegenstandes erforderlich; vielmehr muss eine gewisse Maßgeblichkeitsschwelle überschritten sein (Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 28; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 36; ähnlich Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 144 [„wesentliches Element für die Beurteilung“]; ebenso Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 27; Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 243 Rn. 250 [Ausscheiden „unerheblicher“ Informationen]). |
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| (2.1) Werden Auskünfte vorenthalten, die aus Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussgegenstands erforderlich sind, liegt darin zugleich ein relevanter Verstoß gegen das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht, ohne dass es darauf ankäme, ob der tatsächliche Inhalt der in der Hauptversammlung verweigerten und später eventuell erteilten Auskunft einen objektiv urteilenden Aktionär von der Zustimmung zu der Beschlussvorlage abgehalten hätte (BGHZ 160, 385 [juris Rn. 14]; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 243 Rn. 47; Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 243 Rn. 251; Hüffer in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 243 Rn. 38; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 557). |
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| (2.2) Unerheblich ist deshalb hier, ob die Mehrheit der stimmberechtigten Stammaktionäre bei ordnungsgemäßer Erteilung der Auskunft in gleicher Weise abgestimmt hätte, wie am 30.01.2009 geschehen. |
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| (2.3) Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Auskunft begehrende Aktionär zum Kreis der stimmberechtigten Stammaktionäre zählte. Das Auskunftsrecht des § 131 AktG steht auch den Vorzugsaktionären zu (Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 13; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 85; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 3). Unerheblich ist zudem, ob die als unbeantwortet gerügten Fragen von der Klägerin Ziffer 2) oder von anderen Aktionären gestellt wurden; auf die Verletzung des Auskunftsrechts des § 131 AktG kann sich im Rahmen der Beschlussanfechtung nicht nur derjenige Aktionär berufen, der die Auskunft in der Hauptversammlung begehrt hatte, sondern jeder Aktionär, der gegen die Beschlussfassung zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt Widerspruch zu Protokoll erklärt hat (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 381; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 558). |
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| (3) Wird - wie hier im Fall der Anfechtung der unter TOP 3 und 4 gefassten Beschlüsse - die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses auf die Verletzung von Informationspflichten gestützt, gilt grundsätzlich nichts Anderes. Die für die Anfechtung der Entlastung wegen inhaltlicher Mängel im Hinblick auf ihre nach § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG beschränkte Wirkung bzw. auf das der Hauptversammlung bei der Entlastungsentscheidung zustehende Ermessen geltenden erhöhten Anforderungen, namentlich das Erfordernis eines eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoßes eines Organmitglieds, finden keine Anwendung (BGHZ 160, 385 [juris Rn. 10]). Das Auskunftsbegehren des Aktionärs muss jedoch auf Vorgänge von einigem Gewicht gerichtet sein, die für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Vorstands von Bedeutung sind (BGHZ 160, 385 [juris Rn. 10]; Hoffmann in Spindler/Stilz, 2. Aufl., § 120 Rn. 48; Reger in Bürgers/Körber, AktG, § 120 Rn. 19; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 98). |
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| cc) Fehl gehen demgegenüber die Rügen der Klägerinnen in Bezug auf die rechtlichen Maßstäbe der Erforderlichkeit. |
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| (1) Dies gilt zunächst für den klägerischen Einwand, das den Auskunftsanspruch des Aktionärs einschränkende Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ sei hier wegen europarechtlicher Vorgaben unbeachtlich. |
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| (1.1) Zwar hat nach Artikel 9 Abs. 1 Satz 1 der Aktionärsrechterichtlinie jeder Aktionär das Recht, „Fragen zu Punkten der Tagesordnung der Hauptversammlung“ zu stellen, und die Gesellschaft nach Satz 2 die korrespondierende Pflicht, die „an sie gestellten Fragen“ zu beantworten. Daraus folgt aber nicht notwendig, dass die Richtlinie der Gesellschaft eine Auskunftspflicht schon bei jedwedem Sachzusammenhang zwischen einer Frage und einem Tagesordnungspunkt auferlegt. Zu überlegen wäre allenfalls etwa, ob die Auskunft danach nicht mehr mangels Überschreitens einer Maßgeblichkeitsschwelle verweigert werden kann (vgl. dazu Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 128). |
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| (1.2) Diese Frage ist allerdings hier nicht zu entscheiden. |
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| (1.2.1) Dies gilt zum einen, weil für die Beurteilung der Anfechtbarkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 abzustellen ist. |
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| Dies folgt aus dem Umstand, dass das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG nur in der Hauptversammlung ausgeübt werden kann, sowie aus dem Prüfungsgegenstand im Beschlussanfechtungsverfahren. Zu klären ist hier nach § 243 Abs. 1 AktG, ob Gesetz oder Satzung verletzt wurden, indem Auskünfte in der Hauptversammlung am 30.01.2009 zu Unrecht nicht erteilt wurden (vgl. Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 508; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 150; dazu auch unten 3. d) cc) (1) (1.3) (1.3.2)). |
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| Am 30.01.2009 war die Umsetzungsfrist der Aktionärsrechterichtlinie indessen noch nicht abgelaufen. Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 1018) ist vor Ablauf der Umsetzungsfrist eine richtlinienkonforme Auslegung zwar bei Generalklauseln möglich, die auf eine Ausfüllung durch Richterrecht ausgelegt sind (BGHZ 138, 55 [juris Rn. 46 f.] für § 1 UWG), aber nicht geboten (Remien in Schultze/Zuleeg, Europarecht, § 14 Rn. 33 m.w.N.; für eine richtlinienkonforme Auslegung des § 131 AktG erst ab Ende der Umsetzungsfrist der Aktionärsrechterichtlinie ausdrücklich auch Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 121). Bei dem zwar auslegungsfähigen, aber nicht ausfüllungsbedürftigen Begriff der „Erforderlichkeit“ in § 131 Abs. 1 AktG erscheint zudem schon die Zulässigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung vor Ablauf der Umsetzungsfrist fraglich. |
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| (1.2.2) Zum anderen wirkt sich die Frage der richtlinienkonformen Auslegung des § 131 AktG jedenfalls im Anfechtungsprozess nicht aus. Selbst wenn kraft europarechtlicher Vorgaben das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit künftig unbeachtlich wäre, gelangte man jedenfalls durch das von der Aktionärsrechterichtlinie unberührte Merkmal der Wesentlichkeit in § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG regelmäßig zum selben Ergebnis (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 557). Auf die Nichterteilung von Auskünften, die für die Beschlussfassung nicht erforderlich waren, wird man eine Beschlussanfechtung weiterhin nicht stützen können. |
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| (2) Zu Unrecht wendet sich die Klägerin Ziffer 2) außerdem gegen die differenzierte Betrachtung der Erforderlichkeit der einzelnen Fragen durch das Landgericht. Der pauschale Einwand der Klägerin Ziffer 2), das Landgericht habe die Fragen durch die Übernahme der von der Beklagten vorgeschlagenen Untergliederung in Unterfragen „auseinander gerissen“ (Bl. 752), greift nicht durch. Dass die Untergliederung der Fragen deren Inhalt verfälschen würde, ist weder ersichtlich noch dargetan; die Untergliederung dient lediglich der Strukturierung des Streitstoffs. Allein durch ein allen Fragen gemeinsames Motiv (Bl. 1021 f.) werden die auf unterschiedliche Gegenstände bezogenen Fragen im Übrigen nicht dergestalt verklammert, dass die Erforderlichkeit der einen die Erforderlichkeit aller übrigen nach sich zöge. |
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| (3) Schließlich kann sich die Klägerin Ziffer 2) nicht darauf berufen, die Darlegungslast betreffend die Erforderlichkeit der Auskunftserteilung liege bei der Beklagten. Obwohl das von den Klägerinnen angeführte strukturelle Informationsdefizit grundsätzlich alle Aktionäre in gleicher Weise betrifft, obliegt die Darlegung der Erforderlichkeit der begehrten Auskunft grundsätzlich dem Aktionär (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 156 f.). Der von der BaFin festgestellte Verstoß der Beklagten gegen die Verpflichtung zur Offenlegung des mit dem Auslaufen der Kreditlinie im März 2009 verbundenen Liquiditätsrisikos (BK 1.2, Bl. 1009) vermag daran nichts zu ändern, weil dieses Liquiditätsrisiko nicht Gegenstand der gerügten Fragen war (dazu im einzelnen unten 3.). |
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| c) Die Anfechtung eines Beschlusses wegen Verletzung des Auskunftsrechts des § 131 AktG kann nicht nur darauf gestützt werden, dass die Erteilung einer Auskunft zu Unrecht verweigert wurde, sondern auch darauf, dass sie zwar erteilt wurde, die erteilte Auskunft aber unrichtig ist (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 150; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 541; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 378; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 98). § 131 Abs. 2 Satz 1 AktG verlangt, dass die Auskunft den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechend hat. Daraus folgt, dass eine vollständige und sachlich zutreffende Auskunft beansprucht werden kann (Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 53 und § 132 Rn. 8; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 246; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 265). |
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| 2. Zu Recht hat das Landgericht die Anfechtung der Klägerin Ziffer 2) nicht schon an allgemeinen, der Verletzung des Auskunftsrechts aus § 131 AktG vorgelagerten Fragen scheitern lassen. |
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| a) Dahinstehen kann, ob sich die Klägerin Ziffer 2) die Fragen anderer Aktionäre „ins Blaue hinein“ zu eigen gemacht hat (Bl. 378). Das Anfechtungsrecht der Klägerin Ziffer 2) hängt nicht davon ab, ob sie die Fragen, auf deren Nicht- bzw. Falschbeantwortung sie sich beruft, selbst gestellt hat (dazu oben 1. b) aa) (2) (2.3)). |
|
| b) Zutreffend hat das Landgericht im Übrigen festgestellt (juris Rn. 231 ff.), dass es nicht darauf ankommt, ob die von der Klägerin Ziffer 2) als nicht bzw. falsch beantwortet gerügten Fragen zu Protokoll gegeben wurden. |
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| aa) Zwar gewährt § 131 Abs. 5 AktG dem Aktionär, dem in der Hauptversammlung eine Auskunft verweigert wird, einen Anspruch auf Aufnahme seiner Frage in die Niederschrift. Macht er hiervon keinen Gebrauch, verliert er sein Auskunftsrecht aber nicht; die Protokollierung der Frage dient nur der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 520; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 43; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 96; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 86). |
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| bb) Zwar kann der Geltendmachung der Verletzung des Auskunftsrechts des § 131 AktG im Wege der Anfechtungsklage das Verbot widersprüchlichen Verhaltens entgegen stehen (vgl. Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 394 ff.). Das Landgericht hat aber zu Recht festgestellt, dass solche Umstände hier nicht dargetan sind (juris Rn. 233 ff.). |
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| (1) In der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Landgerichts Mainz (LG Mainz, AG 1988, 169 [II Z.19]) war der Auskunft begehrende Aktionär aufgefordert worden, seine Fragen zu diktieren, weil Unklarheit darüber bestand, welche Fragen bereits beantwortet waren und welche nicht. Die spätere Berufung auf eine dabei nicht genannte Frage wurde ihm verwehrt, weil er durch ihre Nichterwähnung beim Diktat stillschweigend auf ihre Beantwortung verzichtet habe. |
|
| (2) Demgegenüber hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass in der Hauptversammlung am 30.01.2009 keine vergleichbare Situation festzustellen war. Soweit der Versammlungsleiter in der Hauptversammlung am 30.01.2009 Gelegenheit gab, zwar gestellte, aber aus Sicht der Aktionäre nicht beantwortete Fragen zur Niederschrift des Notars zu erklären (II B.2 S. 12; II B.3, S. 252), geschah dies nicht, weil Unklarheit darüber bestanden hätte, welche Fragen noch nicht beantwortet waren und versehentlich übergangene Fragen noch beantwortet werden sollten. Dies belegt der im stenografischen Wortprotokoll der Beklagten (II B.3, S. 252) wiedergegebene Ablauf. Danach gab der Versammlungsleiter erst „nach Schluss der Debatte Gelegenheit“, Fragen zu Protokoll zu geben. Daraus folgt angesichts des Umstands, dass nach einer kurzen Pause unmittelbar das Abstimmungsverfahren folgte (II B.3, S. 253), dass die Erteilung von Antworten in der Hauptversammlung nicht mehr beabsichtigt war. Dass die Debatte möglicherweise wiedereröffnet werden sollte, ist nicht ersichtlich. |
|
| cc) Nicht zu entscheiden ist deshalb, ob die Fragen 1, 5.2, 7.2, 7.3, 7.4, 11 und 12.1 von der Klägerin Ziffer 2) oder von anderen Aktionären als unbeantwortet zu Protokoll gegeben wurden (Bl. 655). |
|
| c) Der Einwand der Beklagten, die Klägerin Ziffer 2) habe ihr Auskunfts- und Anfechtungsrecht verwirkt, weil sie in der Hauptversammlung verbotene Tonaufzeichnungen gefertigt habe (Bl. 173 f., 376 f., 521), greift im Ergebnis nicht durch. |
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| aa) Zwar stellen Tonaufzeichnungen in der Hauptversammlung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Versammlungsteilnehmer dar (BGH, NJW 1994, 3094 [juris Rn. 25]); der Versammlungsleiter hatte hier Ton- und Bildaufzeichnungen zu Beginn der Versammlung ausdrücklich untersagt (Bl. 174). Daraus folgt aber keine Verwirkung der Rechte der Klägerin Ziffer 2). Zwar mag die Verwertung heimlicher Tonaufnahmen als Beweismittel im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen sein (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 286 Rn. 15b). Die materielle Berechtigung bleibt davon aber unberührt. |
|
| bb) Der auf § 242 BGB gestützte Einwand der unzulässigen Rechtsausübung setzte voraus, dass das geltend gemachte Recht selbst durch ein gesetzeswidriges Verhalten erworben wurde (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 242 Rn. 43). Die heimlichen Tonaufnahmen begründen jedoch das Auskunfts- und Anfechtungsrecht nicht, sondern erleichtern nur dessen Ausübung in einem Anfechtungsprozess bzw. einem Auskunfterzwingungsverfahren. |
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| 3. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die von der Klägerin Ziffer 2) angeführten Fragen in der Hauptversammlung am 30.01.2009 ausreichend beantwortet wurden, soweit ihre Auskunft nicht verweigert werden durfte. Fehl geht demgegenüber die Berufung der Klägerin Ziffer 2) auf die unrichtige Beantwortung einzelner Fragen. |
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| a) Zu Frage 1, die aus insgesamt 6 Unterfragen besteht und mit dem Kursausschlag der V-Stammaktie im Oktober 2008 zusammenhängt, hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass sie ausreichend beantwortet wurde. Demgegenüber kann die Klägerin Ziffer 2) nicht einwenden, dass die erteilten Auskünfte sachlich nicht zuträfen. |
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| aa) Auf die Nichtbeantwortung von Unterfrage 1.3, „für wie naiv“ der Vorstand der Beklagten die Aktionäre und die BaFin halte, kann die Beschlussanfechtung nicht gestützt werden. Hier fehlt es schon an einem Auskunftsverlangen im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die Äußerung stellt keine Frage dar, sondern eine Bewertung der bisherigen Wortbeiträge des Vorstands durch den Fragesteller. |
|
| bb) Unterfrage 1.4, was die Beklagte wann der BaFin gemeldet habe, wurde vom Vorstand der Beklagten hinreichend beantwortet. |
|
| (1) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Vorstand der Beklagten erklärt hat, er habe „bereits am 27.10.2008 von [sich] aus mit der BaFin Kontakt aufgenommen“; der Inhalt der Mitteilung der Beklagten an die BaFin habe sich aus Sicht eines verständigen Aktionärs zweifelsfrei auf die in der nachfolgenden Pressemitteilung der Beklagten vom 29.10.2008 angekündigten Maßnahmen bezogen, also auf die teilweise Auflösung der Derivatgeschäfte (juris Rn. 265). |
|
| (2) Die Klägerin Ziffer 2) setzt sich in ihrer Berufungsbegründung nicht im Einzelnen mit den vorgenannten Feststellungen des Landgerichts auseinander (Bl. 750 bis 756); diese lassen unabhängig davon keine Fehler erkennen. |
|
| (2.1) Das genaue Datum der Mitteilung der Beklagten an die BaFin (27.10.2008) konnte ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär unmittelbar der Antwort des Vorstands auf die Frage des Vertreters der Klägerin Ziffer 2) entnehmen (II B.3, S. 244). |
|
| (2.2) Zwar enthielt diese unmittelbare Antwort keine ausdrücklichen Angaben zum Inhalt der Mitteilung der Beklagten an die BaFin. Dies bedeutet aber nicht, dass dieser Teilaspekt der Frage unbeantwortet geblieben wäre. Legt man die in diesem Zusammenhang gemachten Erklärungen des Vorstands der Beklagten aus, wurde die Frage auch insoweit beantwortet. |
|
| (2.2.1)Obwohl es sich nicht um eine Willens-, sondern um eine Wissenserklärungen handelt, sind Auskunftsbegehren und Auskunftserteilung im Sinne von § 131 AktG in analoger Anwendung der Vorschriften für Willenserklärungen auszulegen. Dies gilt für das Auskunftsverlangen des Aktionärs (Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 20; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 26; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 249). Für die Antwort des Vorstands kann nichts Anderes gelten (ausdrücklich Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 73). |
|
| (2.2.2)Bei der Auslegung der erteilten Auskunft sind nicht nur diejenigen Erklärungen zu berücksichtigen, die unmittelbar auf die Beantwortung des Auskunftsverlangens gerichtet waren, sondern auch frühere Wortbeiträge des Vorstands in der Hauptversammlung. Dies muss jedenfalls insoweit gelten, als sie einen erkennbaren Bezug zu der betreffenden Frage aufweisen. Die Möglichkeit des Rückgriffs auf frühere Äußerungen folgt aus dem Umstand, dass die zeitliche Abfolge der Auskunftserteilung der Dispositionsfreiheit des Vorstands unterliegt. Dieser kann insbesondere inhaltsgleiche oder ähnliche Fragen in einer Antwort zusammenfassen; unerheblich ist, ob die erteilte Antwort der korrespondierenden Frage bzw. dem fragenden Aktionär richtig zugeordnet wird (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 76; Siems in Spindler/Stilz, 3. Aufl., § 131 Rn. 66; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 50; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 107). |
|
| (2.2.3) Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht zu Recht angenommen, der Vorstand der Beklagten habe erklärt, er habe der BaFin am 27.10.2008 die zwei Tage später in der Pressemitteilung der Beklagten veröffentlichte Absicht mitgeteilt, Teile der Derivatgeschäfte aufzulösen. |
|
| Im Rahmen seiner unmittelbar dem Vertreter der Klägerin Ziffer 2) erteilten Auskunft nahm der Vorstand der Beklagten durch die Worte „wie bereits dargelegt, war die Kursentwicklung der V-Stammaktie für uns völlig überraschend.“ (II B.3, S. 244) auf frühere Erklärungen Bezug. Dabei konnte und musste ein objektiver Durchschnittsaktionär erkennen, dass sich die Bezugnahme auf die früheren Erklärungen im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Kursentwicklung der V-Stammaktie im Oktober 2008 erstreckte. Insoweit hatte der Vorstand auf die Frage, ob die anteilige Auflösung der Call-Optionen am 29.10.2008 auf Anweisung oder in Absprache mit der BaFin erfolgt sei (II B.3, S. 230), geantwortet, er habe „am 27.10.2008 Kontakt mit der BaFin aufgenommen. Die BaFin wurde dabei über die beabsichtigten Maßnahmen informiert. Eine Anweisung hierfür gab es nicht“ (II B.3, S. 231). |
|
| Dem konnte und musste ein objektiver Durchschnittsaktionär entnehmen, dass die Beklagte die BaFin über die am 29.10.2008 öffentlich angekündigte Auflösung ihrer Optionen vorab informiert hat. Dies folgt jedenfalls aus der weiteren Erklärung „eine Anweisung hierfür gab es nicht“, die auf die Frage Bezug nahm, ob die Beklagte zur Auflösung ihrer Optionen von der BaFin angewiesen worden war, und damit einen Zusammenhang zwischen den „beabsichtigen Maßnahmen“ und der Auflösung der Optionen herstellte. |
|
| cc) Das Landgericht hat außerdem zutreffend festgestellt, dass die Unterfrage 1.1, an welchem Tag im Oktober der Vorstand der Beklagten erstmals Kenntnis vom „Short-Squeeze“ gehabt habe, hinreichend beantwortet wurde (juris Rn. 265). |
|
| (1) Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) hat das Landgericht nicht festgestellt, der Vorstand der Beklagten habe ausdrücklich erklärt, dass er die Kursanstiege der V-Stammaktie vom 15.10.2008 und 16.10.2008 aktuell wahrgenommen und sich aufgrund dieser Wahrnehmung sowie weiterer Überlegungen am 26.10.2008 zur Veröffentlichung des Umfangs der Beteiligung der Beklagten und ihrer weiteren Absichten in Bezug auf den Beteiligungserwerb entschlossen habe. Die entsprechenden Annahmen des Landgerichts beruhen vielmehr auf einer zulässigen und gebotenen (dazu oben bb) (2) (2.2) (2.2.1)) Auslegung der dem stenografischen Wortprotokoll (II B.3) entnommenen Wortbeiträge des Vorstands. Die Richtigkeit des stenografischen Wortprotokolls wird von der Klägerin Ziffer 2) ausdrücklich nicht bestritten (Bl. 1027); sie beruft sich im Gegenteil in ihrer Berufungsbegründung selbst hierauf (Bl. 753). Auf den klägerischen Beweisantritt zur Auskunftserteilung in der Hauptversammlung am 30.01.2009 (Bl. 796) ist daher nicht einzugehen. |
|
| (2) Die Auslegung der Erklärungen des Vorstands durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. |
|
| (2.1) Dazu ist zunächst festzustellen, dass der Vorstand der Beklagten auf Unterfrage 1.1 unmittelbar geantwortet hat, für ihn sei „im Oktober […] offenkundig [geworden], dass im Markt deutlich mehr Short-Positionen im Hinblick auf V-Stammaktien bestehen mussten, als von [ihm] erwartet“ (II B.3, S. 208 und 246). Die Klägerin Ziffer 2) rügt demgegenüber zu Unrecht, der Vorstand der Beklagten habe den - ausdrücklich gefragten - genauen Tag dieser Erkenntnis nennen müssen (Bl. 754). |
|
| Dahinstehen kann, ob die Auskunft über das genaue Datum der Kenntniserlangung im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlich war. Insoweit hat das Landgericht jedenfalls zu Recht auf frühere Antworten des Vorstands verwiesen, durch welche diese Frage bereits in dem Sinne beantwortet wurde, dass der Vorstand am 16.10.2008 zu dem Schluss gelangt ist, dass ein Short-Squeeze vorliege. Mit Short-Squeeze meinen die Parteien in diesem Fall übereinstimmend die Angebotsknappheit („squeeze“) der V-Stammaktie aufgrund einer großen Anzahl zuvor durchgeführter Leerverkäufe („shorts“). |
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| (2.1.1) Das Landgericht hat zunächst auf die Erklärung des Vorstands Bezug genommen, er habe die Kursentwicklung der V-Stammaktie „permanent überwacht und auch analysiert“ (II B.3, S. 152). Dem entnahm das Landgericht zutreffend im Wege der Auslegung die Erklärung, der Vorstand habe den Kursanstieg am 16.10.2008 aktuell wahrgenommen. Wer ständig die Entwicklung eines bestimmten Aktienkurses überwacht, nimmt Kursanstiege wie denjenigen vom 16.10.2008 aktuell wahr. |
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| (2.1.2) Dass der Vorstand der Beklagten aus den außergewöhnlichen Kursanstiegen am 16.10.2008 auf einen Short-Squeeze geschlossen hat, hatte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten bereits im Rahmen seiner Rede zum abgelaufenen Geschäftsjahr erklärt (II B.3, S. 8 ff.). |
|
| Dort hatte er mitgeteilt, dass - aus seiner Sicht - durch den Anstieg des Kurses der V-Stammaktie auf 400 Euro und seinen anschließenden Abfall „offenkundig [war], dass im Markt deutlich mehr Leerverkäufe erfolgt sein mussten, als [er] dies erwartet“ hatte (II B.3, S. 31). Unerheblich ist, dass er dabei kein genaues Datum nannte. Entscheidend ist allein, ob ein objektiver Durchschnittsaktionär anhand der Angaben des Vorstands in der Lage war, den Zeitpunkt hinreichend zu identifizieren. |
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| Dies ist hier zu bejahen. Auf einen Schlusskurs von knapp 400 Euro war die V-Stammaktie ausweislich der Kursübersicht der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 725) bzw. der Beklagten (BB 7) am 16.10.2008 angestiegen. Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass im XETRA-Handel an mehreren Tagen im Oktober 2008 ein Kurs von 400 Euro erreicht wurde. Zwar verzeichnet die von der Klägerin Ziffer 2) vorgelegte Kursübersicht (Bl. 725) bereits am 07.10.2008 einen Kurs von 452 Euro. Dabei handelt es sich aber nicht um einen Tagesschlusskurs, sondern um einen Tageshöchstkurs. Aus der Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs im Zeitpunkt der Hauptversammlung waren indessen nicht die Höchst- und Tiefstkurse, sondern die Schlusskurse von Bedeutung. Dass mit der Bezugnahme auf den Kurs von 400 Euro nicht der Höchstkurs vom 07.10.2008, sondern der Schlusskurs vom 16.10.2008 gemeint war, war dem objektiven Durchschnittsaktionär jedenfalls aufgrund der weiteren Erklärung erkennbar, dass sich der Kurs danach „innerhalb einer Woche wieder [halbierte]“ (II B.3, S. 31). Ein solcher Kursverlauf ergibt sich nur bei Betrachtung der Schlusskurse vom 16.10.2008 zum 24.10.2008, nicht aber aus dem Vergleich des Höchstkurses am 07.10.2008 mit den Tiefstkursen bis zum 14.10.2008, die nach den klägerseits vorgelegten Kursdaten (Bl. 725) knapp unter oder sogar über 300 Euro lagen. Dass der Schlusskurs der V-Stammaktie gerade ab Mitte Oktober 2008 binnen einer Woche von 400 auf gut 200 Euro gefallen war, war einem objektiven Durchschnittsaktionär am 30.01.2009 - rund drei Monate nach der ungewöhnlichen Kursentwicklung im Oktober 2008 - auch bekannt. |
|
| (2.1.3) Der Heranziehung der beiden vorgenannten Erklärungen des Vorstands lässt sich nicht entgegen halten, dass sie nicht unmittelbar und ausdrücklich als Antworten auf die Frage erteilt wurden, deren Nichtbeantwortung die Klägerin Ziffer 2) rügt. Insoweit ist wiederum darauf zu verweisen, dass bei der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung auch frühere Wortbeiträge des Vorstands in der Hauptversammlung zu berücksichtigen sind, zumindest soweit sie - wie hier - einen erkennbaren Bezug zu der betreffenden Frage aufweisen (dazu oben bb) (2) (2.2) (2.2.2)). Im Übrigen ist zu bedenken, dass eine der Hauptversammlung bereits erteilte Auskunft nicht nochmals erteilt zu werden braucht (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 147; Kersting, Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 402; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 70). |
|
| (3) Auf die sachliche Unrichtigkeit der so verstandenen Auskunft hat sich die Klägerin Ziffer 2) nicht berufen. In ihrer Replik im zweiten Rechtszug hat sie lediglich „Zweifel“ an der Richtigkeit geäußert (Bl. 1027). Selbst wenn man darin die Behauptung der Unrichtigkeit der Auskunft sehen wollte, wäre keine Auskunftspflichtverletzung festzustellen. Zur Begründung der von ihr angeführten Zweifel beruft sich die Klägerin Ziffer 2) auf eine Mitteilung der N-Bank vom 25.09.2008 (Bl. 1028, BK 2.51), in der darüber spekuliert wurde, der Anstieg des Kurses der V-Stammaktie beruhe auf Derivatgeschäften („man vermute einen derivatebedingten Anstieg“). Abgesehen davon, dass Spekulationen Dritter nichts über den Kenntnisstand der Beklagten aussagen, wäre die Auskunft der Beklagten selbst dann nicht unrichtig, wenn sie schon vor Oktober 2008 aufgrund dieser Spekulationen die Existenz eines Short-Squeeze hätte erkennen können. Die Auskunft bezog sich nämlich - entsprechend der Fragestellung - nicht auf Vermutungen, sondern auf die Erlangung positiver Kenntnis. |
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| dd) Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Feststellung des Landgerichts, dass damit zugleich Unterfragen 1.5 und 1.6 beantwortet wurden. |
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| (1) Erklärt der Vorstand, für ihn sei das Vorliegen eines Short-Squeeze durch den Kursanstieg der V-Stammaktie am 16.10.2008 offenkundig geworden (dazu oben cc)), und teilt er weiter mit - wie hier in unmittelbarer Beantwortung der gerügten Frage -, er sei „angesichts dessen […] am 26.10.2008 zu der Überzeugung [gelangt], dass die unverzügliche Offenlegung des Anteilsbesitzes von P […] sowie der zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf V-Stammaktien bestehenden cash-gesettelten Aktienoptionen […] notwendig war“, ist damit - bei zulässiger und gebotener Auslegung dieser Erklärung aus der Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs (dazu oben bb) (2) (2.2) (2.2.1)) - erklärt worden, dass die Zwischenzeit - hier also etwa 10 Tage - zur Überzeugungsbildung benötigt wurde. Damit ist die Frage nach dem Grund der Verzögerung („wieso?“) beantwortet. |
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| (2) Benötigte der Vorstand der Beklagten den zwischen der Kenntniserlangung vom Short-Squeeze am 16.10.2008 und der Veröffentlichung der Mitteilung am 26.10.2008 liegenden Zeitraum von etwa 10 Tagen, um sich von der Notwendigkeit der am 26.10.2008 abgegebenen Mitteilung zu überzeugen, liegt darin bei verständiger Würdigung die Erklärung, dass in der Zwischenzeit keine wesentlichen neuen Informationen hinzu kamen, die für die Mitteilung vom 26.10.2008 ursächlich waren. Wird das Hinzutreten neuer Informationen in diesem Sinne verneint, können sie indessen weder bezeichnet werden noch ist die Angabe ihrer Quelle oder des Tags der Kenntnisnahme möglich. |
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| ee) Schließlich rügt die Klägerin Ziffer 2) zu Unrecht die Feststellung des Landgerichts, Unterfrage 1.2, ob der Vorstand der Beklagten „erkannt [habe], dass [seine] Mitteilung vom 26.10.2008 geeignet gewesen sei, Beruhigung oder vielmehr Beunruhigung in die Märkte zu bringen“, sei ordnungsgemäß beantwortet worden. |
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| (1) Das Landgericht hat zutreffend durch Auslegung der Antwort des Vorstands auf die Frage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Ziffer 2) festgestellt (juris Rn. 265), dass die Frage in dem Sinne beantwortet wurde, der Vorstand sei davon ausgegangen, die Mitteilung der Beklagten vom 26.10.2008 werde die Märkte beruhigen. Dies schloss das Landgericht zu Recht aus der Erklärung des Vorstands, er habe „auch nach [seiner] Bekanntgabe am 26.10.2008 die Märkte sorgfältig beobachtet“; dabei sei die Kursentwicklung der V-Stammaktie für ihn „völlig überraschend“ gewesen (II B.3, S. 244). Die Verwendung des Wortes „überraschend“ macht dem objektiven Durchschnittsaktionär hinreichend deutlich, dass der Vorstand der Beklagten bei Veröffentlichung seiner Mitteilung am 26.10.2008 annahm, der Kurs der V-Stammaktie werde sich draufhin anders entwickeln, als dies später geschah. |
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| (2) Dem kann die Klägerin Ziffer 2) nicht entgegen halten, Unterfrage 1.2 sei jedenfalls deshalb unzureichend beantwortet worden, weil die so verstandene Antwort sachlich unzutreffend gewesen sei (Bl. 755). Zwar weist die Klägerin Ziffer 2) im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass § 131 Abs. 1 AktG eine sachlich richtige Antwort gebietet (dazu oben 1. c)). Die erteilte Antwort war aber nicht unrichtig. Die Klägerin Ziffer 2) hat zwar behauptet, die Einschätzung des Vorstands betreffend die Wirkung der Pressemitteilung vom 26.10.2008 sei objektiv falsch gewesen; daraus ergibt sich aber nicht die Unrichtigkeit der vom Vorstand erteilten Antwort. |
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| (2.1) Die Klägerin Ziffer 2) trägt in der Berufungsbegründung vor, die Auskunft sei „objektiv unrichtig“ erteilt worden (Bl. 755). Dies schließt sie aus dem Umstand, dass - nach ihrer Auffassung (anders die Beklagte Bl. 915) -, die Pressemitteilung vom 26.10.2008 objektiv nicht geeignet gewesen sei, die Märkte zu beruhigen. Letzteres folgert die Klägerin Ziffer 2) in ihrer Berufungsbegründung aus dem Umstand, dass es nach dem 26.10.2008 erneut zu einem wesentlichen Anstieg des Kurses der V-Stammaktie kam (Bl. 755), am 28.10.2008 sogar bis auf knapp 1.000 Euro (Bl. 725, BB 7). |
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| (2.2) Auf die Frage, ob die Pressemitteilung vom 26.10.2008 objektiv zur Beruhigung der Märkte geeignet war, kommt es indessen nicht an. Der Vorstand der Beklagten hat im Rahmen seiner Auskunftserteilung nicht behauptet, dass die Mitteilung objektiv zur Marktberuhigung geeignet gewesen sei, sondern - durch die Verwendung des Wortes „überrascht“ - lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er subjektiv von einer solchen Eignung ausging. |
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| (2.3) Diese subjektive Einschätzung mag zwar objektiv falsch gewesen sein. Dies ist aber hier nicht entscheidend. Gefragt war lediglich nach der subjektiven Einschätzung des Vorstands. Dies ergibt die gebotene Auslegung der Fragestellung aus objektiver Sicht. Durch die Formulierung „Haben Sie erkannt …?“ war die Frage erkennbar nicht auf die objektive Sachlage, sondern auf die Perspektive des Vorstands zum damaligen Zeitpunkt gerichtet. |
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| ff) Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob die Erteilung von Auskünften auf Frage 1 im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlich war, obwohl es sich um Vorgänge außerhalb des Entlastungszeitraums handelte. |
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| b) Die auf die Angabe eines Tiefstkurses der V-Stammaktie, bei dem die Beklagte „technisch insolvent“ wäre, abzielende Frage 2 wurde jedenfalls insoweit vollständig und sachlich zutreffend beantwortet, als dies erforderlich war. |
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| aa) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt (juris Rn. 275), dass die Frage, ob ein Tiefstkurs der V-Stammaktie existiere, der zur „technischen Insolvenz“ der Beklagten führe, durch die Erklärung, ein solcher Kurs existiere grundsätzlich nicht, hinreichend beantwortet worden sei. Auf den von der Klägerin Ziffer 2) als unbeantwortet gerügten (Bl. 774) zweiten Teil der Frage, wo dieser Kurs liege, war folgerichtig nicht zu antworten. |
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| (1) Zu Recht hat das Landgericht die unmittelbar auf die Frage erteilte Auskunft (II B.3, S. 251) dahin ausgelegt, dass der Vorstand eine Insolvenz der Beklagten infolge eines Absinkens des Kurses der V-Stammaktie grundsätzlich ausschloss. Der Vorstand hatte erklärt, die Ausübungspreise (Strikes) seien so festgelegt worden, dass die finanzielle Kraft der Beklagten nicht überfordert werde. Wird die Beklagte finanziell nicht überfordert, besteht grundsätzlich keine Insolvenzgefahr. |
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| (2) Demgegenüber kann sich die Klägerin Ziffer 2) nicht darauf berufen (Bl. 772), dass eine andere Kammer des Landgerichts Stuttgart in dem parallel geführten Auskunftserzwingungsverfahren die Auffassung vertreten hat, die vorgenannte Auskunft beantworte Frage 2 nicht (Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 28.05.2010 zu 32 O 14/09 KfH, S. 13). Zum einen ist das Gericht, das über die Anfechtung eines Beschlusses wegen der Verletzung des Auskunftsrechts zu entscheiden hat, nicht an die Entscheidungen des Gerichts im Auskunftserzwingungsverfahren gebunden (BGHZ 86, 1 [juris Rn. 24]). Zum anderen wurde die abweichende Auffassung im Auskunftserzwingungsverfahren nicht begründet. Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass das Gericht im Auskunftserzwingungsverfahren im Ergebnis ebenfalls eine Verletzung des Auskunftsanspruchs verneinte, weil es der Beklagten ein Auskunftsverweigerungsrecht zubilligte (dazu unten cc)). |
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| bb) Die Klägerin Ziffer 2) kann ihre Beschlussanfechtung auch nicht darauf stützen, die erteilte Antwort sei sachlich unzutreffend gewesen. |
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| (1) Die erteilte Antwort wäre selbst dann nicht sachlich unzutreffend, wenn die Beklagte im Fall des Absinkens des Kurses der V-Stammaktie auf 0 Euro insolvent geworden wäre (Bl. 773). |
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| (1.1) Die erteilte Antwort war ausdrücklich auf den Fall beschränkt worden, dass „es einigermaßen vernünftig weiterläuft“ (II B.3, S. 251). Dahinstehen kann, welche Annahmen der Vorstand der Beklagten mit dieser Einschränkung im Einzelnen verbunden hat. Ein Absinken des Kurses der V-Stammaktie auf 0 Euro wird man sicherlich nicht mehr als „vernünftigen Verlauf“ ansehen können. |
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| (1.2) Die Unrichtigkeit der erteilten Auskunft kann auch nicht auf eine etwaige Irreführung der Aktionäre durch die Erklärungen des Vorstands gestützt werden (Bl. 759). |
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| (1.2.1) Durch die ausdrückliche Beschränkung der Antwort auf einen „vernünftigen Verlauf“ hat der Vorstand der Beklagten nicht suggeriert, das Risiko einer Insolvenz der Beklagten bestehe nicht. |
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| (1.2.2) Berücksichtigt man die weiteren Erklärungen des Vorstands der Beklagten, ergibt sich nichts Anderes. So hatte der Vorstand an anderer Stelle zwar im Zusammenhang mit der Feststellung, die Strikes seien so gewählt worden, dass die Beklagte sie auch finanzieren könne, erklärt, er halte das Risiko, „dass der Börsenkurs insgesamt den als Strikepreis zugrunde liegenden Preis unterschreitet […] für sehr gering“ (II B.3, S. 234); ausgeschlossen hat er dieses Risiko damit aber nicht. Soweit der Vorstand auf die Frage, bei welchen Tiefstpreisen von V-Aktien P „in Schwierigkeiten“ komme, im Zusammenhang mit einem etwaigen Abschreibungsbedarf auf das Eigenkapital der Beklagten hinwies und erklärte, damit „beantworte sich diese Frage von alleine“ (II B.3, S. 244), erweckte er ebenfalls nicht den Eindruck, es bestehe kein Risiko. Die Wendung, die Frage beantworte sich von alleine, ist aus Sicht eines objektiven Durchschnittsaktionärs lediglich dahin zu verstehen, dass die Möglichkeit, einen etwaigen Abschreibungsbedarf zu kompensieren, naturgemäß von der Höhe des Eigenkapitals abhängt. |
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| (2) Der Beschränkung der Antwort auf den Fall eines „vernünftigen Verlaufs der Dinge“ lässt sich nicht entgegenhalten, dass die erteilte Auskunft insoweit unvollständig gewesen wäre, als nicht zu dem Fall eines „unvernünftigen Verlaufs“ Stellung genommen wurde, insbesondere zur Situation bei einem V-Kurs von 0 Euro. |
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| (2.1) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt (juris Rn. 276), dass der Vorstand der Beklagten nicht verpflichtet war, die Frage auch für den Fall eines Absinkens des Kurses der V-Stammaktie auf 0 Euro zu beantworten. |
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| (2.1.1) Die Erteilung von Auskünften zu theoretischen Szenarien ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär diese Informationen nicht benötigte (zu diesem Maßstab oben 1. a) bb)). Ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär benötigt für die Entscheidung, ob sich die Verwaltung kaufmännisch vernünftig verhalten hat oder unvertretbare Risiken eingegangen ist, zwar gegebenenfalls Informationen über die Auswirkungen von künftig ungewissen Ereignissen, deren Eintritt hinreichend wahrscheinlich ist, nicht aber über die Auswirkungen von zwar theoretisch denkbaren, aber höchst unwahrscheinlichen Ereignissen. |
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| (2.1.2) Eine Auskunft über die Auswirkungen eines V-Kurses von 0 Euro war deshalb nicht erforderlich. Zwar war zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 nicht auszuschließen, dass der Kurs der V-Stammaktie sinken würde; das Erreichen eines Kursniveaus nahe 0 Euro war aber in höchstem Maße unwahrscheinlich. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die Beklagte sei nach dem 30.01.2009 in Liquiditätsschwierigkeiten geraten (Bl. 1029). Diese Schwierigkeiten beruhten jedenfalls nicht darauf, dass der Kurs der V-Stammaktie auf 0 Euro sank. |
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| (2.2) Auch kann die Klägerin Ziffer 2) nicht einwenden, der Vorstand habe gegen seine in § 91 Abs. 2 AktG statuierte Pflicht verstoßen, ein Überwachungssystem zur Früherkennung von Risiken für den Fortbestand der Gesellschaft einzurichten, wenn er für den Fall eines V-Kurses von 0 Euro kein Szenario entwickelt habe (Bl. 774). |
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| (2.2.1) Zwar lässt sich nicht bestreiten, dass ein „unvernünftiger Verlauf“ der Dinge nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Das Landgericht hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vorstand nicht gehalten ist, jedes Risiko der von ihm getätigten Geschäfte auszuschließen. Aus § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG lässt sich vielmehr schließen, dass der Vorstand im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungen auch Risiken eingehen darf, wenn er vernünftiger Weise annehmen kann, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. |
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| (2.2.2) Drohte der Beklagten das Risiko der Insolvenz, wenn sich der Kurs der V-Stammaktie nicht vernünftig entwickelt, gebot § 91 Abs. 2 AktG zudem nicht die Entwicklung eines Szenarios für den Fall einer solchen Kursentwicklung. Vielmehr hatte der Vorstand in diesem Fall sicherzustellen, dass der Kurs ständig überwacht wird, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können. |
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| cc) Im Übrigen konnte die Beklagte die Auskunft darüber, bei welchem Kurs der V-Stammaktie ihr die Insolvenz drohe, verweigern. |
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| (1) Zwar hat sich die Beklagte bei ihrer Antwort in der Hauptversammlung nicht ausdrücklich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen (II B.3, S. 251). Die Annahme eines Auskunftsverweigerungsrechts setzt aber nicht voraus, dass sich der Vorstand in der Hauptversammlung ausdrücklich darauf beruft oder die Gründe hierfür darlegt (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 290; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 36). |
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| (2) Dabei hat das Landgericht zu Recht nicht darauf abgestellt, dass der Beklagten bereits angesichts der drohenden Geschäftsschädigung infolge einer Diskussion von Insolvenzszenarien in der Hauptversammlung (Bl. 214) ein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 131 Abs. 3 Satz Nr. 1 AktG zustehen könne (juris Rn. 277).Zwar erscheint es im Allgemeinen nicht ausgeschlossen, dass die Diskussion von Insolvenzszenarien in der Hauptversammlung geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil in Gestalt einer Reduzierung ihrer Kreditwürdigkeit zuzufügen. Hier handelte es sich aber um Szenarien, die nach dem eigenen Vortrag der Beklagten höchst unwahrscheinlich waren und nur dann eingetreten wären, wenn sich der Kurs der V-Stammaktie jenseits eines „vernünftigen Verlaufs“ entwickelt hätte. Eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit einer Gesellschaft aufgrund einer Diskussion über völlig unwahrscheinliche Sachverhalte erscheint eher fernliegend. |
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| (3) Das Landgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht ein Auskunftsverweigerungsrecht angenommen, weil der Beklagten durch die Offenlegung des Kurses der V-Stammaktie, bei dem sie insolvent würde, ein erheblicher Nachteil drohte (juris Rn. 277). |
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| (3.1) Zum einen hätte die Angabe eines V-Kurses, bei dem die Beklagte insolvent würde, Rückschlüsse auf die mit Unterfrage 4.2 begehrten Einzelheiten der Derivatgeschäfte ermöglicht, etwa auf die dort festgelegten Strikes. Die Auskunft hierüber durfte die Beklagte aber nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern (dazu unten d) cc)). |
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| (3.2) Zum anderen ist hinreichend plausibilisiert, dass der Beklagten durch die Offenlegung eines ihre Insolvenz begründenden V-Tiefstkurses in der Hauptversammlung ein nicht unerheblicher Nachteil im Sinne von § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG drohte. Wissen die Kapitalmarktteilnehmer, dass ein Hauptaktionär von V bei einem bestimmten Kurs der V-Stammaktie insolvent würde, könnten sie dieses Wissen gezielt einsetzen, um am Kapitalmarkt gegen diesen zu spekulieren. Eine kapitalmarktrechtliche Pflicht der Beklagten, den ihre Insolvenz begründenden Kurs der V-Stammaktie zu veröffentlichen, oder ein überwiegendes Gesellschaftsinteresse an der Erteilung der Auskunft zur Aufklärung von Pflichtverletzungen des Vorstands ist demgegenüber nicht ersichtlich (dazu näher unten d) cc) (2) und (3)). |
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| c) Auf Frage 3 wurde hinreichend Auskunft erteilt. Fehl geht demgegenüber die Rüge der Klägerin Ziffer 2), die Frage sei sachlich unzutreffend beantwortet worden. |
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| aa) Die Klägerin Ziffer 2) hat in der Berufung ihren Vorwurf der unvollständigen Auskunfterteilung um den der unrichtigen Auskunfterteilung ergänzt. |
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| (1) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Vorstand der Beklagten Frage 3, die auf die „Beschäftigung“ von Vorstand und Aufsichtsrat mit der „Möglichkeit“ einer Beteiligung mit einfacher bzw. qualifizierter Mehrheit „bereits vor dem Einstieg bei der V AG“ sowie die Eröffnung dieser Handlungsoptionen durch Absicherungsgeschäfte und etwaige Details zu Planungen und Organbeschlüssen gerichtet war, in der Hauptversammlung am 30.01.2009 beantwortet habe, soweit dies zur Beurteilung der Tagesordnung erforderlich gewesen sei (juris Rn. 294). |
|
| (1.1) Dabei bezog sich das Landgericht zum einen auf die Erklärung des Vorstands, die Absicherungsgeschäfte seien schon im Jahr 2005/2006 begonnen worden (II B.3, S. 227). Genauere Angaben zu den Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen im Geschäftsjahr 2005/2006 seien für die Beurteilung der Entlastung des Vorstands im Geschäftsjahr 2007/2008 nicht erforderlich. |
|
| (1.2) Zum anderen verwies das Landgericht auf die Erklärung des Vorstands, er habe am 26.10.2008 entschieden, eine Erhöhung der Beteiligung im Jahr 2009 auf 75% als Grundvoraussetzung für einen Beherrschungsvertrag anzustreben (II B.3, S. 205), sowie die Information über die Sitzung des Aufsichtsrats am 20.10.2008, die dem letztgenannten Beschluss vorausging (II B.3, S. 222). Ob die Klägerin Ziffer 2) diesen Angaben Glauben schenke, sei unerheblich, da sie jedenfalls nicht behauptet habe, dass die erteilten Auskünfte unrichtig seien. |
|
| (2) Hiergegen wendet sich die Klägerin Ziffer 2) in ihrer Berufungsbegründung (Bl. 764 ff., 796). Dabei rügt sie sowohl die unvollständige Erteilung der Auskunft als auch ihre sachliche Unrichtigkeit (Bl. 764). |
|
| (2.1) Während die Unvollständigkeit der erteilten Auskunft nicht nochmals näher begründet wird, verweist die Klägerin Ziffer 2) zum Vorwurf der sachlichen Unrichtigkeit der erteilten Auskunft auf den Widerspruch zwischen der Erklärung des Vorstands, er habe sich am 26.10.2008 zum Erwerb einer Dreiviertelmehrheit an V entschlossen (II B.3, S. 205), und der in einem Presseartikel („Die Welt“ vom 12.05.2009, BK 2.42) wieder gegebenen Äußerung des Mitglieds des Aufsichtsrats der Beklagten, FP, „die Entscheidung Ps, seine Anteile an V auf 75% zu erhöhen, sei am Ende des ersten Halbjahres 2008“ gefallen, also knapp vier Monate früher. |
|
| (2.2) In diesem Zusammenhang wendet sich die Klägerin Ziffer 2) gegen die Annahme des Landgerichts, sie habe die Richtigkeit der erteilten Auskunft nicht bestritten und verweist darauf, sie habe bereits in ihrer Replik in erster Instanz vorgetragen, FP habe bestätigt, dass die „Absicht, über 75% zu gehen bereits im ersten Halbjahr 2008 gefasst wurde“ (Bl. 767, 310, 1030). |
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| (2.3) Für die Tatsache, dass die Beklagte bereits im ersten Halbjahr 2008 die Entscheidung zur Übernahme einer Dreiviertelmehrheit an V beschlossen habe, hat die Klägerin Ziffer 2) in ihrer Berufungsbegründung Beweis angeboten durch Zeugenvernehmung des FP, des Journalisten A. und „der Verantwortlichen der Redaktion Wirtschaft bei der Zeitung 'Die Welt'“ (Bl. 796). |
|
| bb) Der in der Berufungsbegründung nicht mehr vertiefte ursprüngliche Einwand der Klägerin Ziffer 2), die erforderliche Auskunft sei nicht vollständig erteilt worden, ist unbegründet. Dies gilt auch dann, wenn man - anders als das Landgericht - die von der Klägerin Ziffer 2) als sachlich unzutreffend gerügte Erklärung des Vorstands, er habe sich am 26.10.2008 zum Erwerb der Dreiviertelmehrheit bei V entschieden (II B.3, S. 205), nicht berücksichtigt. |
|
| (1.1) Der Umfang der für die Vollständigkeit der Auskunft des Vorstands erforderlichen Angaben bestimmt sich nach dem Gegenstand der Frage. |
|
| (1.1.1) Je pauschaler eine Frage gestellt wird, desto weniger konkret muss die Antwort darauf ausfallen (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 249; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 21; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 73). Der maßgebliche Gegenstand der Frage ist dabei in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung aus der Sicht eines objektiven Empfängers zu bestimmen (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 26; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 20; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 249; dazu auch oben a) bb) (2) (2.2) (2.2.1)). |
|
| (1.1.2) Hier umfasste die Frage (II B.3, S. 61/179) zwar den Zeitpunkt von Beschlüssen des Vorstands und des Aufsichtsrats („wann“), nicht aber deren genauen Inhalt. Gefragt war zudem nicht nach Entscheidungen der Organe, sondern nach der „konsequenten“ Beschäftigung mit „Möglichkeiten“ des Beteiligungserwerbs. |
|
| (1.1.3) Zu beachten ist vor allen Dingen, dass sich Frage 3 durch die Wendung „bereits vor dem Einstieg bei V“ in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitraum vor September 2005 beschränkte. |
|
| Der „Einstieg bei V“ meint aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers den Erwerb von V-Stammaktien durch die Beklagte, der nach der Darstellung der Klägerin Ziffer 2) im September 2005 begann (Bl. 702). Der spätere Ausbau der Beteiligung der Beklagten an V auf 50,76% am 05.01.2009 (Bl. 708) kann demgegenüber schon nach dem Wortsinn nicht als „Einstieg“ verstanden werden. Dass die Klägerin Ziffer 2) selbst nicht erst den Erwerb der Mehrheit Ende 2008, sondern bereits den Beginn des Aufbaus der Beteiligung der Beklagten an V als „Einstieg“ ansah, zeigt ihre Mutmaßung, Vorstand und Aufsichtsrat hätten sich bereits „vor dem Einstieg bei V“ auf eine Mehrheitsübernahme geeinigt, den Kapitalmarkt aber mithilfe [der komplexen Struktur der Derivatgeschäfte] über diesen Entschluss im Unklaren“ gelassen. Die Klägerin Ziffer 2) verortet den „Einstieg“ bei V damit selbst vor Beginn der auf V-Stammaktien bezogenen Derivatgeschäfte der Beklagten im Jahr 2005/2006. |
|
| Unbeachtlich ist, dass die Klägerin Ziffer 2) inzwischen die zeitliche Reichweite von Frage 3 offenbar umfassender versteht, nachdem sie in der Berufungsbegründung als Hintergrund der Frage auch den Verdacht pflichtwidriger Handlungen im Jahr 2008 anführte, wobei sie darauf abstellte, der Vorstand habe gegen kapitalmarktrechtliche Informationspflichten verstoßen, indem er vor Bekanntgabe seiner Entscheidung zum Ausbau der Beteiligung die Absicht zum Erwerb einer Dreiviertelmehrheit dementierte, obwohl er bereits den Abschluss eines Beherrschungsvertrages geplant habe (Bl. 764 f.). Ob sich Frage 3 nach dem inneren Willen des Fragestellers möglicherweise auch auf Vorgänge nach September 2005 erstrecken sollte, ist unerheblich, da dieser Wille angesichts der ausdrücklichen Beschränkung auf den Zeitraum „vor dem Einstieg bei V“ jedenfalls nicht objektiv erkennbar war. |
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| (1.2) Für die Beurteilung der hier angefochtenen Beschlüsse betreffend die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007/2008 waren keine über die gegebene Antwort hinausgehenden Auskünfte über Einzelheiten von Vorstands- bzw. Aufsichtsratsbeschlüssen erforderlich; nicht geboten war jedenfalls die Erteilung von Auskünften über Entscheidungen betreffend den Erwerb der Dreiviertelmehrheit im Jahr 2008. |
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| (1.2.1) Angesichts der zeitlichen Beschränkung der Frage auf den Zeitraum „vor dem Einstieg bei V“ erscheint die Erforderlichkeit einer Auskunfterteilung insgesamt fraglich. |
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| Zwar kann aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs (dazu oben 1. b) bb)) für die Beurteilung der Entlastung von Bedeutung sein, ob dem zu Entlastenden ein Gesetzes- oder Satzungsverstoß vorzuwerfen ist. Dies gilt aber grundsätzlich nur in Bezug auf Vorgänge, die sich auf den Entlastungszeitraum beziehen (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 53; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 190; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 206). Frage 3 stellt demgegenüber angesichts ihrer zeitlichen Beschränkung (dazu oben (1.1) (1.1.3)) auf Vorgänge ab, die sich lange vor dem Geschäftsjahr 2007/2008 ereignet haben. |
|
| Zwar kann im Einzelfall auch eine Auskunft in Bezug auf Vorgänge erforderlich sein, die Geschehnisse vor dem Entlastungszeitraum betreffen; dies setzt aber voraus, dass diese Geschehnisse in den Entlastungszeitraum hinein fortwirken (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 53; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 206 i.V.m. 150). Diese Voraussetzung ist hier nicht schon deshalb erfüllt, weil der im September 2005 begonnene Beteiligungserwerb im Geschäftsjahr 2007/2008 fortgesetzt wurde und auch im Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 noch nicht abgeschlossen war. Dieser Umstand mag Auskünfte über den Beteiligungserwerb auch insoweit erforderlich machen, als dieser schon vor Beginn des Geschäftsjahres 2007/2008 stattfand. Er rechtfertigt aber nicht die Erforderlichkeit von Auskünften betreffend Vorüberlegungen vor Beginn des Beteiligungserwerbs. |
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| (1.2.2) Selbst wenn man im Hinblick auf die Fortsetzung des Aufbaus der Beteiligung im Entlastungszeitraum die Erforderlichkeit von Auskünften zu solchen Vorüberlegungen bejahte, wäre aus der Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs allenfalls von Interesse, „ob“ Vorstand und Aufsichtsrat sich „vor dem Einstieg bei V“ mit allen möglichen Optionen des Beteiligungserwerbs auseinandergesetzt haben. Dies hat der Vorstand der Beklagten auf Frage 3 hin ausdrücklich bejaht (II B.3, S. 231). |
|
| Der genaue Zeitpunkt eines entsprechenden Organbeschlusses ist demgegenüber aus Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs unerheblich. Dies gilt nicht nur, weil eine solche Auseinandersetzung im Zweifel nicht in Form eines Organbeschlusses erfolgt ist, sondern auch, weil sie sich im Zweifel nicht an einem bestimmten Datum festmachen lässt. Selbst wenn man annähme, der objektiv urteilende Durchschnittsaktionär müsse zur Beurteilung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2007/2008 wissen, „ob der Einstieg der Beklagten bei V und der schrittweise Aufbau der V-Mehrheitsbeteiligung einer vom Vorstand verbindlich festgelegten und vom Aufsichtsrat gebilligten Gesamtstrategie“ folgte oder ob „die Beklagte vielmehr als Getriebene ihrer hochriskanten Kurssicherungsgeschäfte handelte“ (Bl. 46), bedurfte es dazu keiner Auskunft zu den Daten einzelner Organbeschlüsse, sondern lediglich der Auskunft, „ob“ vor dem Einstieg alle Optionen durchdacht wurden oder nicht. Diese Auskunft wurde indessen erteilt. |
|
| Aus dem Inhalt der erteilten Auskunft, wonach „Vorstand und Aufsichtsrat [sich] vor dem Einstieg [bei V] mit allen möglichen Optionen eines Beteiligungserwerbs bei V auseinandergesetzt“ haben (II B.3, S. 231), folgt auch - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 294) - ohne weiteres, dass sich die Organe hinreichend „konsequent“ mit den Möglichkeiten eines Erwerbs der einfachen bzw. qualifizierten Mehrheit beschäftigt haben. |
|
| Auskünfte über Entscheidungen, die nach dem Einstieg bei V im September 2005 fielen, waren zur Beantwortung der Frage angesichts ihrer zeitlichen Beschränkung in keinem Fall erforderlich. |
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| (1.2.3) Entsprechendes gilt im Ergebnis, soweit Frage 3 darauf abstellt, ob „mit Absicherungsgeschäften diese Handlungsoptionen eröffnet wurden“. |
|
| Diese Frage lässt sich sich schon ihrem Inhalt nach nicht durch die Nennung der Daten von Organbeschlüssen beantworten. Durch die Erklärung, „die Derivatgeschäfte sollten die Voraussetzung dafür schaffen, dass P eventuelle Beteiligungsaufstockungen bei V zu wirtschaftlich abgesicherten Konditionen durchführen konnte“ (II B.3, S. 231), wurde auch dieser Aspekt der Frage vollständig beantwortet. |
|
| Zu überlegen ist allenfalls, ob insoweit noch die Angabe erforderlich war, zu welchem Zeitpunkt mit den Derivatgeschäften begonnen wurde. Dazu hat das Landgericht aber zutreffend darauf hingewiesen, dass der Vorstand der Beklagten diese Auskunft zuvor schon auf eine andere Frage hin erteilt hatte (II B.3, S. 227). Dass ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär das genaue Datum wissen müsste, zu dem 2005/2006 das erste Optionsgeschäft auf V-Stammaktien abgeschlossen wurde, um über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2007/2008 entscheiden zu können, ist nicht ersichtlich. |
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| (1.3) Waren demnach Auskünfte, die über die auf Seite 231 des stenografischen Wortprotokolls (II B.3) notierten Antworten hinausgehen, nicht zur Beurteilung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich, ist nicht ersichtlich, inwiefern solche Auskünfte zur Beurteilung der Neuwahl der zu entlastenden Aufsichtsratsmitglieder erforderlich gewesen sein sollten. Erst Recht erschließt sich nicht, woraus die Erforderlichkeit entsprechender Auskünfte zur Beurteilung der Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder folgen soll. |
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| cc) Der Einwand, die Auskunft des Vorstands, er habe am 26.10.2008 entschieden, eine Dreiviertelmehrheit bei V zu erwerben (II B.3, S. 205), sei sachlich unrichtig, greift ebenfalls nicht durch. Ob diese Erklärung sachlich richtig war, ist in diesem Verfahren nicht zu klären. |
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| (1) Zu Recht wendet die Beklagte ein (Bl. 921 f.), dass der Vortrag der Klägerin Ziffer 2) insoweit schon aus formalen Gründen nicht zu berücksichtigen ist. |
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| (1.1) Die Unrichtigkeit der Erklärung des Vorstands, er habe sich zum Erwerb der Dreiviertelmehrheit an der Beklagten erst am 26.10.2008 entschlossen, hat die Klägerin Ziffer 2) nicht schon in ihrer innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG eingegangenen Klageschrift, sondern frühestens in ihrer danach eingegangenen Replik gerügt. |
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| (1.1.1) In ihrer Klageschrift rügte die Klägerin Ziffer 2) zunächst nur die „unzureichende“ Beantwortung der Frage 3 durch die auf Seiten 138/227 und auf Seite 231 des stenografischen Wortprotokolls (II B.3) wieder gegebenen Erklärungen des Vorstands (Bl. 45). Es sei nach Zeitpunkt und Inhalt der Entscheidungen des Vorstands und Aufsichtsrats zu einer Beteiligung mit einfacher bzw. qualifizierter Mehrheit bei V gefragt worden. Diese Information sei „von Bedeutung, um Vorwürfe zu prüfen, Vorstand und Aufsichtsrat hätten sich bereits vor dem Einstieg bei V auf eine Mehrheitsübernahme geeinigt und den Kapitalmarkt mit Hilfe der Put-Call-Strukturen darüber bewusst im Unklaren gelassen bzw. […] in die Irre geführt“ (Bl. 45). |
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| (1.1.2) Erst in ihrer Replik erklärte die Klägerin Ziffer 2), es hätten sich „Anhaltspunkte ergeben, dass die Beklagte bereits lange vor dem 26.10.2008 den Abschluss eines Beherrschungsvertrages beabsichtigte, wodurch der Verdacht einer Marktmanipulation erhärtet“ werde (Bl. 306). Auch FP habe bestätigt, „dass diese Absicht über 75% zu gehen bereits im ersten Halbjahr 2008 gefasst“ worden sei, weshalb die BaFin ihre Ermittlungen wieder aufgenommen habe (Bl. 310). In Bezug auf Frage 3 rügte die Klägerin Ziffer 2) allerdings nur, dass sich die Beklagte nicht konkret dazu geäußert habe, ob, wann und in welcher Weise sich ihre Organe „vor dem Einstieg mit der Übernahme einer einfachen bzw. qualifizierten Mehrheit von V“ „konsequent“ beschäftigt hätten (Bl. 326). Diese Fragen seien unter anderem deshalb von Bedeutung, weil der Vorstand der Beklagten bis in das Jahr 2008 hinein immer wieder bestritten habe, eine Mehrheitsbeteiligung an V anzustreben (Bl. 327, 451 i.V.m. II K.31). |
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| (1.2) Indem sie ihre Anfechtungsklage ergänzend auf die sachliche Unrichtigkeit der Auskunft des Vorstands stützte, er habe am 26.10.2008 entschieden, eine Dreiviertelmehrheit an V zu erwerben (II B.3, S. 205), hat die Klägerin Ziffer 2) nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG die Angriffsrichtung und den wesentlichen tatsächlichen Kern ihres Vorbringens geändert (dazu oben I. 2. a) bb) (2)). |
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| (1.2.1) In der Klageschrift leitete die Klägerin Ziffer 2) die Verletzung des Auskunftsrechts in Bezug auf Frage 3 lediglich aus den auf Seite 138 bzw. 227 einerseits und Seite 231 des stenografischen Wortprotokolls (II B.3) andererseits protokollierten Erklärungen des Vorstands ab, welche aus ihrer Sicht die Frage nicht vollständig beantworteten. Die in ihrer Berufungsbegründung geltend gemachte sachliche Unrichtigkeit der erteilten Auskunft stützt sie dagegen auf die auf Seite 205 des stenografischen Wortprotokolls (II B.3) wiedergegebene Erklärung des Vorstands, er habe sich am 26.10.2008 zum Erwerb der Dreiviertelmehrheit an V entschieden. |
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| (1.2.2) Damit hat die Klägerin Ziffer 2) nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht nur die als unzureichend gerügte Antwort, sondern die Frage ausgetauscht, auf die sie die geltend gemachte Auskunftspflichtverletzung stützt. |
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| Der Kläger muss innerhalb der Anfechtungsfrist die Fragen im Einzelnen bezeichnen, auf deren unzureichende Beantwortung er die Beschlussanfechtung stützt (BGHZ 180, 9 [juris Rn. 34]). |
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| Macht der Kläger nicht nur geltend, eine Frage sei nicht beantwortet worden, sondern rügt er, die erteilte Antwort sei unrichtig, muss er die Antwort, die er für unrichtig hält, ebenfalls vor Ablauf der Anfechtungsfrist vortragen. Jedenfalls kann er die Unrichtigkeit der Auskunftserteilung nicht nach Ablauf der Anfechtungsfrist aus einer Antwort ableiten, die gar nicht auf die innerhalb der Anfechtungsfrist als unzureichend beantwortet gerügte Frage, sondern auf eine andere Frage hin erteilt wurde. Andernfalls könnte der Kläger nach Ablauf der Anfechtungsfrist im Ergebnis die von ihm als unzureichend beantwortet gerügte Frage austauschen. |
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| Hier wurde die von der Klägerin Ziffer 2) nach Ablauf der Anfechtungsfrist als sachlich unrichtig gerügte Antwort des Vorstands auf Seite 205 des stenografischen Wortprotokolls nicht als Auskunft auf die vom Aktionärsvertreter B gestellt Frage 3 (II B.3, S. 61/179) erteilt, sondern - was schon aus der Wiederholung der Frage vor der Antworterteilung folgt - als Antwort auf die davon zu unterscheidende Frage, „wann … der Vorstand seit 2004 Beschlüsse zur möglichen bzw. konkreten Übernahme einer einfachen bzw. einer qualifizierten Mehrheit sowie zur Umsetzung von Absicherungsgeschäften gefasst“ habe (II B.3, S. 205). Diese andere Frage geht auf den Aktionärsvertreter L zurück, der bat, zu „erläutern, wann und mit welchen Inhalten P - also Vorstand und Aufsichtsrat - entschieden [habe], bei V einzusteigen, wann und mit welchen Mitteln die Beteiligung aufzustocken und schließlich wann die Mehrheit mit 75% an V zu übernehmen“, wobei die Daten der Organbefassungen bzw. Beschlussgegenstände seit 2004 genannt werden sollten (II B.3, S. 129). |
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| (1.2.3) Ein objektiver Zusammenhang zu Frage 3, der es rechtfertigte, die als unrichtig gerügte Auskunft als Antwort auf Frage 3 anzusehen, besteht nicht. |
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| Die Erklärung des Vorstands auf Seite 205 des stenografischen Wortprotokolls kann schon deshalb nicht als Konkretisierung der vom Vorstand unmittelbar auf Frage 3 erteilten Auskünfte (II B.3, S. 138/227 und 231) verstanden werden, weil sie vor der ergänzenden Antwort auf Frage 3 erteilt wurde, die auf Seite 231 des stenografischen Wortprotokolls wiedergegeben ist. Im Übrigen betraf Frage 3 nicht die Entscheidung zum Erwerb einer einfachen bzw. qualifizierten Mehrheit, sondern die „konsequente“ Beschäftigung mit „Möglichkeiten“ einer solchen Beteiligung. |
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| Vor allen Dingen betraf die Frage des Aktionärsvertreters L (II B.3, S. 129/205) einen völlig anderen Zeitraum als Frage 3. Während der Aktionärsvertreter L ausdrücklich alle „Entscheidungen“ seit dem Jahr 2004 bis zur Hauptversammlung am 30.01.2009 erfragte, bezog sich die von der Klägerin Ziffer 2) in ihrer Klageschrift als unzureichend beantwortet gerügte, ursprünglich vom Aktionärsvertreter B gestellte Frage 3 auf die Befassung mit Beteiligungsmöglichkeiten „bereits vor dem Einstieg bei V“ (II B.3, S. 61/179), also auf den Zeitraum vor September 2005 (dazu oben bb) (1) (1.1) (1.1.3)). |
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| Dem kann nicht entgegen gehalten werden, die Beklagte habe durch ihren Verweis (Bl. 206 f.) auf die Erklärung des Vorstands auf Seite 205 des stenografischen Wortprotokolls (II B.3) einen Zusammenhang zu Frage 3 hergestellt. Die Beklagte bezeichnete die Erklärung nicht als Antwort auf Frage 3, sondern meinte nur, sie sei „ebenfalls zu berücksichtigen“. Abgesehen davon, dass diese subjektive Einschätzung nicht nachträglich einen objektiven Zusammenhang begründen kann, diente der Hinweis der Beklagten erkennbar nur dazu, zu demonstrieren, dass der Vorstand der Beklagten im Zusammenhang mit dem Aufbau der Beteiligung an V nicht jegliche Detailangaben verweigert habe. |
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| (1.3) Fehl geht demgegenüber die Berufung der Klägerin Ziffer 2) auf die Berücksichtigung nachträglicher Geschehensabläufe durch den Bundesgerichtshof (Bl. 1032). Damit wurde nicht das Nachschieben von Anfechtungsgründen eröffnet, sondern lediglich die Begründung des Verdachts einer Pflichtverletzung ermöglicht, aus der ein das Auskunftsverweigerungsrecht der Gesellschaft im Einzelfall hinderndes Aufklärungsinteresse folgen kann (BGHZ 86, 1 [juris Rn. 49 bis 52]; näher dazu unten d) cc) (2) (2.2)). |
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| (2) Selbst wenn man allein aufgrund der nachträglichen Bezugnahme der Beklagten auf die Erklärung des Vorstands zu seiner Entscheidung am 26.10.2008 den Vortrag der Klägerin Ziffer 2) hierzu berücksichtigen wollte, ergäbe sich daraus jedenfalls nicht, dass Frage 3 unrichtig beantwortet worden wäre. |
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| (2.1) Frage 3 begehrt Auskunft darüber, ob sich der Vorstand der Beklagten bereits vor dem Einstieg bei V, also vor September 2005 (dazu oben bb) (1) (1.1) (1.1.3)), „konsequent“ mit der Möglichkeit des Erwerbs einer Dreiviertelmehrheit bei V befasst hat. Selbst wenn man annähme, dass dies auch die Frage umfasst, ob über den Erwerb einer Dreiviertelmehrheit entschieden wurde, wäre die Frage jedenfalls auf den Zeitraum vor September 2005 beschränkt. Würde man die Erklärung des Vorstands, er habe sich am 26.10.2008 zum Erwerb der Dreiviertelmehrheit bei V entschieden (II B.3, S. 205), wegen der nachträglichen Bezugnahme der Beklagten hierauf als Antwort auf diese Frage ansehen, so wäre sie gleichsam mit „Nein“ beantwortet worden: Indem der Vorstand erklärte, die Entscheidung sei erst im Oktober 2008 gefallen, hat er mitgeteilt, dass er sich vor dem Einstieg bei V im September 2005 noch nicht dazu entschlossen habe. |
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| (2.2) Für die Richtigkeit dieser Antwort kommt es indessen nicht darauf an, wann genau im Zeitraum nach September 2005 die Entscheidung über den Erwerb der Dreiviertelmehrheit bei V getroffen wurde. |
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| Die Erklärung des Vorstands wäre als Antwort auf die so verstandene Frage selbst dann richtig, wenn die Entscheidung zum Erwerb der Dreiviertelmehrheit - entsprechend den Presseveröffentlichungen über Äußerungen FPs - schon am Ende des ersten Halbjahres 2008 gefallen wäre: Auch in diesem Fall wäre sie jedenfalls nicht vor September 2005 getroffen worden. |
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| Dass die Erklärung des Vorstands, die Entscheidung sei am 26.10.2008 gefallen, die - auf den Zeitraum vor September 2005 beschränkte - Frage 3 sachlich unzutreffend beantwortet habe, weil die Entscheidung tatsächlich schon vor September 2005 gefallen sei, hat die Klägerin Ziffer 2) dagegen nicht behauptet. Zwar hat sie in der Klageschrift über entsprechende Vorwürfe Dritter berichtet (Bl. 46). In ihrer Berufungsbegründung - und in ähnlicher Weise schon in ihrer Replik im ersten Rechtszug - leitet sie die sachliche Unrichtigkeit der Erklärung, die Entscheidung sei am 26.10.2008 gefallen, aber ausschließlich aus ihrem Widerspruch zu den Äußerungen FPs ab (Bl. 766, 310), denen keine Entscheidung vor September 2005 zu entnehmen ist. Auch ihr Beweisantritt (Bl. 796) ist nur darauf gerichtet, dass die Entscheidung über den Erwerb der Dreiviertelmehrheit „im ersten Halbjahr 2008“ gefallen sei. |
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| (2.3) Ob die Frage des Aktionärsvertreters L, auf welche sich die auf Seite 205 des stenografischen Wortprotokolls (II B.3) wiedergegebene Antwort des Vorstands bezog, durch diese Erklärung sachlich unzutreffend beantwortet wurde, ist nicht zu entscheiden, da sich die Klägerin Ziffer 2) auf die fehlerhafte Beantwortung dieser Frage nicht innerhalb der Anfechtungsfrist berufen hat (vgl. BGHZ 180, 9 [juris Rn. 34]; näher dazu oben (1) (1.2)). |
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| d) Frage 4 betreffend die Existenz von Put-Optionen auf V-Stammaktien und deren Details wurde zwar hinsichtlich Unterfrage 4.2 nicht beantwortet, die Beklagte kann sich insoweit aber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. |
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| aa) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 305), wurde Unterfrage 4.1 durch die Auskunft hinreichend beantwortet, es existierten auch Put-Optionen (II B.3, S. 224). |
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| (1) Diese Feststellung wird von der Klägerin Ziffer 2) in der Berufung nicht angegriffen. Sie rügt dort lediglich die Nichterteilung von Auskünften zu Zeitpunkten, Erlösen, Anzahl und Ausübungsschwellen der Put-Optionen (Bl. 777), also die Nichtbeantwortung von Unterfrage 4.2. |
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| (2) Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 1033) steht der Vortrag der Beklagten in der Berufungserwiderung (Bl. 945), sie habe keine „Put-Optionen auf V-Stammaktien“ erworben, hierzu nicht in Widerspruch. Die Beklagte hat damit lediglich klargestellt, dass die von ihr erworbenen Optionen nur auf Barausgleich gerichtet waren; darauf hatte der Vorstand der Beklagten bereits in der Hauptversammlung hingewiesen (II B.3, S. 251). |
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| bb) Ob die Beantwortung von Unterfrage 4.2 aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs (dazu oben 1. b) bb)) zur Beurteilung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2007/2008 sowie zur Beurteilung der Neuwahl bzw. der Vergütung des Aufsichtsrats erforderlich war, hat das Landgericht zu Recht offen gelassen (juris Rn. 306). |
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| cc) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 307), war die Beklagte zur Beantwortung von Unterfrage 4.2 jedenfalls nicht verpflichtet, weil ihr ein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG zukam. |
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| (1) Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Erteilung der mit Unterfrage 4.2 begehrten Auskünfte zu den Details der Optionsgeschäfte nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet war, der Beklagten einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. |
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| Ausreichend zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG ist jede Beeinträchtigung der Interessen der Gesellschaft, ohne dass deren wirtschaftlicher Umfang im Einzelfall messbar sein müsste (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 291; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 297; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 99). Dabei genügt allerdings nicht jede Interessenbeeinträchtigung, sondern nur eine solche, die ins Gewicht fällt und nicht nur geringfügig ist (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 291; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 297; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 99; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 24). Dahinstehen kann, ob diese Beeinträchtigung sich zwingend mit der Auskunftserteilung verwirklicht; es genügt, dass die Auskunftserteilung - gegebenenfalls in Verbindung mit der Weiterleitung der Informationen an Dritte - konkret geeignet ist, die Beeinträchtigung hervorzurufen (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 291; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 297; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 99; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 40; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 66). |
|
| Zur Beurteilung dieser Voraussetzungen ist nicht auf die subjektive Einschätzung des Vorstands, sondern auf die objektive Perspektive eines vernünftigen Kaufmanns abzustellen (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 295; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 299; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 99). Die vorgenannten Voraussetzungen sind zwar von der Gesellschaft darzulegen, aber nicht zu beweisen; es genügt eine Plausibilisierung (BGHZ 119, 1 [juris Rn. 22]; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 301; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 511; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 102; Reger in Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rn. 20; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 24; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 35). Dabei reicht es in der Regel aus, wenn die Darlegung der Gesellschaft anhand abstrakter, branchentypischer Erwägungen plausibilisiert wird (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 102 unter Berufung auf OLG Frankfurt, BB 1981, 712, 713 [Offenlegung stiller Reserven]). Zutreffend hat das Landgericht (juris Rn. 307) in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Anforderungen an die Darlegung und Plausibilisierung nicht so hoch gesetzt werden dürfen, dass die Gesellschaft die Informationen, die sie an sich zurück halten dürfte, preisgeben müsste, um ihr Auskunftsverweigerungsrecht zu begründen (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 510). |
|
| Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 783 ff.) genügt der Vortrag der Beklagte diesen Voraussetzungen. |
|
| (1.1) Nicht ausreichen dürfte allerdings die Behauptung der Beklagten, ihr entstehe durch die Offenlegung der Details der Derivatgeschäfte ein Nachteil, weil sie damit ihr spezielles „Know-How“ im Bereich des Beteiligungsaufbaus preisgeben müsste, für dessen Bereitstellung Dritte „erhebliche Summen“ an externe Berater zahlen würden (Bl. 529).Zum einen lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen, inwieweit die Derivatgeschäfte der Beklagten auf V-Stammaktien auf einem besonderen, nur der Beklagten verfügbaren Fachwissen beruhen.Zum anderen entstünde der Beklagten dadurch, dass Dritte dieses Fachwissen kostenlos nutzen könnten, kein Nachteil. Anderes würde nur gelten, wenn die Beklagte beabsichtigte, das von ihr behauptete Fachwissen selbst Dritten gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen, weil diese „Geschäftschance“ dann nicht mehr genutzt werden könnte. Dass die Beklagte solches beabsichtigt, ist aber weder dargetan noch ersichtlich. |
|
| (1.2) Zu überlegen ist dagegen, ob der Beklagten durch die Erteilung von Auskünften über die in Unterfrage 4.2 genannten Details der Derivatgeschäfte ein Nachteil entstünde, weil ihre Wettbewerber dann in der Lage wären, Einblick in ihre interne Kalkulation zu nehmen und diese Erkenntnisse im Wettbewerb gegen sie zu nutzen (Bl. 193).Zwar hat das Landgericht den entsprechenden Vortrag der Beklagten im Zusammenhang mit weiteren Umständen für nachvollziehbar erachtet (juris Rn. 309). Allein der schlagwortartige Hinweis darauf, dass die begehrte Auskunft Wettbewerbern die Orientierung erleichtern und die interne Kalkulation der Gesellschaft aufdecken könne, genügt aber nicht (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 304).Zwar könnten Dritte hier aus der Gegenüberstellung von Volumen, Laufzeiten und Strikes der Derivatgeschäfte einerseits und dem Kurs der V-Stammaktie andererseits auf den Umfang etwaiger Ausgleichsverpflichtungen der Beklagten aus diesen Geschäften und damit auf ihre wirtschaftliche Lage schlußfolgern. Allein dieser Umstand dürfte aber noch keine Auskunftsverweigerung rechtfertigen, da die Gesellschaft andernfalls in weitem Umfang die Auskunft auf Fragen zu wirtschaftlichen Risiken verweigern könnte. |
|
| (1.3) Ein Nachteil von erheblichem Gewicht drohte der Beklagten allerdings bei Offenlegung der mit Unterfrage 4.2 begehrten Informationen angesichts der konkreten Gefahr der Nutzung dieser Informationen am Kapitalmarkt. |
|
| (1.3.1) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt (juris Rn. 309), dass die Beklagte hinreichend dargelegt und plausibilisiert habe, dass Kapitalmarktteilnehmer die mit Unterfrage 4.2 begehrten Informationen nutzen könnten, um durch Spekulationen gegen die Beklagte deren mit den Derivatgeschäften verfolgte Strategie zu vereiteln (Bl. 193, 529, 923, 942). Demgegenüber kann die Klägerin Ziffer 2) nicht pauschal einwenden, der Beklagten habe aus der Offenlegung kein Nachteil gedroht (Bl. 784). Die Beklagte hat plausibel dargelegt, dass sie die Derivatgeschäfte tätigte, um eine Ausweitung ihrer Beteiligung bei V zu wirtschaftlich abgesicherten Konditionen zu ermöglichen (Bl. 528). |
|
| Dabei hat sie nachvollziehbar und überzeugend darauf hingewiesen, dass insbesondere die Offenlegung der Strikes, also der im Rahmen der Derivatgeschäfte festgelegten Ausübungspreise, den Kapitalmarktteilnehmern Rückschlüsse auf die interne Bewertung der V-Stammaktie durch die Beklagte ermöglicht hätte (Bl. 529). Wäre diese interne Bewertung der Beklagten anderen Kapitalmarktteilnehmern bekannt geworden, hätten sie aus der Entwicklung des Kurses der V-Stammaktie darauf schließen können, wann die Beklagte V-Stammaktien oder darauf bezogene Derivate kaufen oder verkaufen wird. Dieses Wissen hätte es anderen Kapitalmarktteilnehmern ermöglicht, sich entweder als „Trittbrettfahrer“ an die Strategie der Beklagten anzuhängen oder umgekehrt gegen die Beklagte zu spekulieren (Bl. 529). Dass in beiden Fällen der Kurs der V-Stammaktie erheblich beeinflusst worden wäre, belegt die Kursentwicklung nach den Mitteilungen der Beklagten im Oktober 2008 (Bl. 923 f.). Dass bei einer spekulationsbedingten Beeinflussung des Kurses der V-Stammaktie die konkrete Gefahr der Vereitelung der Pläne der Beklagten bestand, ihre Beteiligung an V zu wirtschaftlich gesicherten Konditionen auszubauen (Bl. 919), und wirtschaftliche Schäden durch Barausgleichspflichten im Rahmen der Derivatgeschäfte drohten (Bl. 942), erscheint stichhaltig. Nähere Darlegungen zu den konkreten Auswirkungen bestimmter Entwicklungen des V-Kurses können der Beklagten in diesem Zusammenhang nicht abverlangt werden, da sie ansonsten gezwungen würde, Detailinformationen, die sie grundsätzlich geheimhalten darf, offenzulegen. |
|
| Auch durch die Offenlegung anderer Details der Derivatgeschäfte drohten der Beklagten erheblich Nachteile. So hätten Kapitalmarkteilnehmer beispielsweise zu Lasten der Beklagten Rückschlüsse auf die Nachfrage nach V-Stammaktien zu bestimmten Zeitpunkten ziehen können, wenn die Laufzeiten der Derivatgeschäfte und ihr Umfang offenbart würden; entsprechendes gilt für die Offenlegung ihrer Erlöse, die Rückschlüsse auf die übrigen Punkte zugelassen hätten. |
|
| (1.3.2) Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings der Einwand der Klägerin Ziffer 2), Nachteile für die Beklagten seien nicht mehr zu befürchten, wenn die Derivatgeschäfte abgeschlossen sind (Bl. 783). |
|
| Zu Unrecht rügt die Beklagte in diesem Zusammenhang (Bl. 942), der klägerische Einwand sei nicht nachvollziehbar. Ist ein Derivatgeschäft „abgeschlossen“ im Sinne von abgewickelt, drohen daraus keine Barausgleichspflichten wegen spekulativ bedingten Entwicklungen des V-Kurses mehr. Sind alle Derivatgeschäfte abgewickelt, droht grundsätzlich keine Beeinträchtigung der mit ihnen verbundenen Absicherungsstrategie mehr. Abgewickelt ist ein Derivatgeschäft vor diesem Hintergrund, wenn die vereinbarte Laufzeit abgelaufen ist oder die Option von der Beklagten - zu einem festen Preis - an Dritte veräußert wurde. |
|
| Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Nachteil der Beklagten ausgeschlossen werden kann, weil die Derivatgeschäfte abgewickelt sind, ist indessen nicht der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren, sondern der Zeitpunkt des Auskunftsverlangens in der Hauptversammlung am 30.01.2009 (vgl. Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 40 [„ex-ante-Prognose“]). Dies gesteht die Klägerin Ziffer 2) selbst zu (Bl. 783). Die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Hauptversammlung folgt aus dem Umstand, dass das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG nur in der Hauptversammlung ausgeübt werden kann, sowie aus dem Prüfungsgegenstand im Beschlussanfechtungsverfahren. Zu klären ist hier nach § 243 Abs. 1 AktG, ob Gesetz oder Satzung verletzt wurden, indem Auskünfte in der Hauptversammlung am 30.01.2009 zu Unrecht nicht erteilt wurden. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist nicht die Frage, ob der Vorstand der Beklagten die Auskunftserteilung aktuell verweigern darf, sondern ob er sie am 30.01.2009 verweigern durfte (vgl. Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 508; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 150). |
|
| Unerheblich ist damit, ob die Derivatgeschäfte der Beklagten auf V-Stammaktien zwischenzeitlich im Wesentlichen abgewickelt sind (Bl. 44, 783). Am 30.01.2009 waren sie dies jedenfalls noch nicht. |
|
| Soweit die Beklagte die Derivatgeschäfte als abgewickelt bezeichnet hat, weil die „Optionsstruktur bis auf 3% der Kurssicherungsgeschäfte auf V-Stammaktien veräußert bzw. teilaufgelöst“ worden sei (Bl. 367), bezog sich dies erkennbar nicht auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009, sondern auf den Zeitpunkt des Vortrags im gerichtlichen Verfahren Ende 2009. Demgegenüber kann sich die Klägerin Ziffer 2) nicht darauf berufen, sie könne nicht wissen, inwieweit die Derivatgeschäfte der Beklagten abgewickelt seien. Selbst wenn man der Beklagten insoweit eine sekundäre Darlegungslast aufbürden wollte, hätte sie dieser jedenfalls genügt. Aus dem Vortrag der Beklagten, dass am 14.08.2009 „ein wesentliche[r] Teil der Kurssicherungsgeschäfte auf V.-Aktien“ an die C Holding LLC veräußert wurde, folgt, dass die Derivatgeschäfte am 30.01.2009 zu einem wesentlichen Teil noch nicht abgewickelt waren; dies hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung nochmals klargestellt (Bl. 946). Die Klägerin Ziffer 2) hat diesen Vortrag nicht in Frage gestellt. Sie hat vielmehr selbst behauptet, die Beklagte habe im Sommer 2009 ihre Derivate veräußert (Bl. 734). |
|
| Dabei ist nicht zwischen Call-Optionen und Put-Optionen zu differenzieren, weil die Offenlegung der Details aus beiden Formen von Optionsgeschäften Rückschlüsse auf die interne Bewertung der V-Stammaktie durch die Beklagte zulassen. |
|
| (2) Zwar kann das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten im Einzelfall durch ein Aufklärungsinteresse überwogen werden. Die Voraussetzungen hierfür sind aber - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 310 ff.) - nicht dargetan. |
|
| (2.1) Die Befugnis zur Auskunftsverweigerung darf kein Mittel des Vorstands sein, eigenes pflichtwidriges Fehlverhalten vor der Hauptversammlung zu verbergen und sich dadurch der Verantwortung zu entziehen. Daher kann eine Offenlegung von Informationen trotz damit für die Gesellschaft verbundener Nachteile geboten sein, wenn das Interesse an der Aufklärung von Pflichtwidrigkeiten überwiegt (BGHZ 86, 1 [juris Rn. 49]). |
|
| (2.1.1) Die von der Beklagten hiergegen erhobenen Einwände, namentlich ihr Hinweis auf die Einführung des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 AktG (Bl. 531 f.), hat das Landgericht zu Recht zurückgewiesen (juris Rn. 310). Dass im Rahmen der Abwägung der Vor- und Nachteile der Auskunftserteilung für die Gesellschaft das Interesse an der Aufdeckung von Pflichtverletzungen des Vorstands das Interesse an der Vermeidung der damit einhergehenden Nachteile überwiegen kann, ist in der aktuellen Kommentarliteratur anerkannt (Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 27; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 294; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 300; ausdrücklich auch der von der Beklagten angeführte Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 100). Die nach Einführung des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 AktG ergangene Rechtsprechung hat ein überwiegendes Aufklärungsinteresse ebenfalls für möglich erachtet (OLG Düsseldorf, WM 1991, 148 [juris Rn. 112]; BGHZ 180, 9 [juris Rn. 43]). |
|
| (2.1.2) Für die Annahme eines überwiegenden Aufklärungsinteresses genügt jedoch nicht schon die bloße Behauptung eines Fehlverhaltens (BGHZ 86, 1 [juris Rn. 50]), die Darlegung unbelegter Vermutungen (OLG Düsseldorf, WM 1991, 2148 [juris Rn. 112]) oder eines subjektiven Verdachts (BGHZ 180, 9 [juris Rn. 43]). Um zu verhindern, dass das gesetzliche Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstands unterlaufen wird, müssen Tatsachen vorliegen, die objektiv geeignet sind, den hinreichenden Verdacht eines schwerwiegenden, die Gesellschaft schädigenden oder gefährdenden Versagens der Verwaltung zu begründen (BGHZ 86, 1 [juris Rn. 50]). |
|
| (2.1.3) Ein das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft überwiegendes Aufklärungsinteresse in Bezug auf die mit Unterfrage 4.2 begehrten Informationen ist im Übrigen nur dann anzunehmen, wenn zur Aufklärung der Pflichtverletzung, derer der Vorstand verdächtigt wird, gerade die Information über die erfragten Details der Derivatgeschäfte geeignet und erforderlich ist. Würde ein begründeter Verdacht in Bezug auf eine beliebige Pflichtverletzung das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft in Bezug auf sämtliche Informationen zurückdrängen, drohte das Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstands zum Schaden der Gesellschaft unterlaufen zu werden. |
|
| (2.2) Solche Pflichtverletzungen sind - auch bei der nach der Rechtsprechung (vgl. BGHZ 86,1 [juris Rn. 52]) gebotenen Berücksichtigung der Ereignisse nach dem 30.01.2009 - nicht hinreichend dargetan. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin Ziffer 2) insoweit darauf, sie habe nicht nur einen subjektiven Verdacht gehegt, sondern eine Vielzahl von Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt (Bl. 1024). Auf die Beweisantritte kommt es nicht an; die klägerseits vorgebrachten Tatsachen tragen schon die Schlussfolgerung auf schwerwiegende Pflichtverletzungen des Vorstands nicht, die ein Aufklärungsinteresse gerade in Bezug auf die Details der Derivatgeschäfte begründen könnten. |
|
| (2.2.1) Der Umstand, dass W und H am 23.07.2009 als Mitglieder des Vorstands der Beklagten abberufen wurden (Bl. 789), lässt nicht darauf schließen, dass sie im Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 schwere Versäumnisse begangen hatten.Ein solcher Schluss wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Bestellung von W und H gemäß § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG wegen Pflichtverletzungen oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung widerrufen worden wäre.Dies ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Klägerin Ziffer 2) hat in ihrer „Chronologie der Ereignisse“ die Abberufung von W und H am 23.07.2009 selbst als „Rücktritt“ bezeichnet (Bl. 728). Ein solcher Rücktritt lässt sich auch durch Meinungsverschiedenheiten im Verhältnis zu den Mitgliedern des Aufsichtsrats oder bedeutenden Aktionärsgruppen erklären. |
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| (2.2.2) Indem die Klägerin Ziffer 2) auf Ermittlungen der BaFin wegen des Verdachts der Marktmanipulation (Bl. 321, II K.26) bzw. staatsanwaltschaftliche Ermittlungen oder zivilrechtliche Klagen (Bl. 34, 317) verwies, hat sie den oben genannten Anforderungen nicht genügt. |
|
| Der Verweis auf die Existenz eines Ermittlungsverfahrens kann schon deshalb nicht genügen, weil die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens regelmäßig keinen begründeten Verdacht voraussetzt, sondern ein bloßer Anfangsverdacht genügt. Erst Recht kann sich die Klägerin Ziffer 2) vor diesem Hintergrund nicht auf zivilrechtliche Klagen berufen. |
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| Selbst wenn man dennoch allein die Existenz der vorgenannten Klage- bzw. Ermittlungsverfahren zur Begründung eines Aufklärungsinteresses genügen lassen wollte, folgte daraus nicht, dass das Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung der Details der Derivatgeschäfte zurücktreten müsste. Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, dass sich aus den angeführten Verfahren kein Aufklärungsinteresse in Bezug auf die Details der Derivatgeschäfte der Beklagten ergeben kann. Gegenstand der Ermittlungsverfahren war nach dem Vortrag der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 321, II K.26) der Verdacht der Marktmanipulation durch Verschweigen bzw. Abstreiten der Absicht, eine Dreiviertelmehrheit an V zu erwerben sowie der Verdacht der Weitergabe von Insiderinformationen (Bl. 788); entsprechendes gilt für die angeführten zivilrechtlichen Klagen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre daraus allenfalls ein Aufklärungsinteresse in Bezug auf die mit Fragen 1 und 3 begehrten Auskünfte abzuleiten, nicht aber in Bezug auf die mit Unterfrage 4.2 begehrte umfassende Offenlegung der Details der Derivatgeschäfte. |
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| (2.2.3) Die Behauptung der Klägerin Ziffer 2), der Vorstand der Beklagten habe durch den Abschluss der Derivatgeschäfte existenzgefährdende Risiken für die Beklagte geschaffen oder sei hierdurch sonst unvertretbare Risiken eingegangen, greift ebenfalls nicht durch. Die von der Klägerin Ziffer 2) insoweit angestellten Schlussfolgerungen tragen sich entweder schon selbst nicht oder sind jedenfalls durch die Erläuterungen der Beklagten widerlegt. |
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| Soweit die Klägerin Ziffer 2) die Derivatgeschäfte schon im ersten Rechtszug als „gewagteste Spekulation“ (Bl. 306) bzw. in ihrer Berufungsbegründung als „undurchsichtige Finanzmachenschaften“ (Bl. 685) bezeichnet hat, beschränkt sie sich auf subjektive Wertungen, die nicht durch Tatsachen unterlegt sind. Allein aus dem Risiko der Entstehung einer Barausgleichspflicht bei ungünstiger Entwicklung des V-Kurses folgt nicht, dass die Derivatgeschäfte die Existenz der Beklagten gefährdet oder sonst unvertretbare Risiken begründet hätten. |
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| Um eine nicht durch hinreichenden Tatsachenvortrag unterlegte Wertung handelt es sich auch bei der Behauptung der Klägerin Ziffer 2), die Beklagte sei bereits zum Abschluss des Geschäftsjahres 2007/2008 kaum noch zahlungsfähig gewesen. Zur Begründung verweist die Klägerin Ziffer 2) auf die Ausführungen auf Seite 35 des Geschäftsberichts 2007/2008 (II B.1), wonach die Nettoliquidität der Beklagten auf minus 3,077 Mrd. Euro gesunken sei (Bl. 709, 733). Aus einer negativen Nettoliquidität kann indessen nicht auf eine Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden, weil bei dieser Rechengröße nicht nur die fälligen Verbindlichkeiten, sondern sämtliche Finanzschulden von den liquiden Mitteln abgesetzt werden; die liquiden Mittel (Bruttoliquidität) betrugen dagegen ausweislich derselben Passage des Geschäftsberichts 11,393 Mrd. Euro. Soweit die Klägerin Ziffer 2) in diesem Zusammenhang rügt (Bl. 718), die Beklagte habe einen negativen Cash-Flow i.H.v. 3,060 Mrd. Euro erwirtschaftet, hat diese zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei dem von der Klägerin Ziffer 2) genannten Wert nicht um den Cash-Flow, sondern um den - notwendig negativen - Mittelabfluss für Investitionen handele (Bl. 945; II B.1 S. 35 und 124). |
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| Ein begründeter Verdacht der Verursachung existenzbedrohender Risiken durch die Derivatgeschäfte folgt auch nicht aus der Behauptung der Klägerin Ziffer 2), die Beklagte habe sich bereits wenige Wochen nach der Hauptversammlung am 30.01.2009 Ende März 2009 in einer „bedrohlichen Liquiditätslage“ befunden (Bl. 321). Zwar benötigte die Beklagte im März 2009 einen Kredit über 10 Mrd. Euro. Dabei handelte es sich aber um die Verlängerung einer bereits im März 2008 gewährten Kreditlinie, deren Mittel die Beklagte sowohl für allgemeine Geschäftszwecke als auch für den Erwerb von V-Stammaktien nutzen konnte. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der Kreditbedarf durch die Realisierung von Risiken aus Derivatgeschäften verursacht worden wäre. Die Beklagte kann sich deshalb auch nicht auf die Feststellungen der BaFin berufen, die der Veröffentlichung vom 24.09.2010 (BK 1.2, Bl. 1009) zugrunde lagen. Selbst wenn man annähme, das Unterlassen eines Hinweises auf das mit dem Auslaufen der Kreditlinie Ende März 2009 verbundene Liquiditätsrisiko im Konzernzwischenlagebericht zum 31.01.2009 begründe den Verdacht eines schwerwiegenden, die Gesellschaft schädigenden Versagens der Verwaltung zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009, folgte daraus jedenfalls kein Aufklärungsinteresse in Bezug auf die Details der Derivatgeschäfte, sondern allenfalls ein Aufklärungsinteresse in Bezug auf die Finanzierung der Beklagten. Ebenso fehl geht die Berufung auf die im Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers des Konzernabschlusses der Beklagten für das Geschäftsjahr 2008/2009 (BK 2.44) enthaltene Wendung „sollten die Schritte zur Zusammenführung [mit V] und damit auch die Entschuldung [der Beklagten] nicht wie geplant erfolgen, könnte sich bis Ende des Jahres 2009 erneut eine kritische Liquiditätssituation bei der [Beklagten], ergeben, die den Fortbestand des Unternehmens und des Konzerns gefährden könnte“. Sie betraf in gleicher Weise nicht das Risiko der Derivate, sondern das davon zu unterscheidende Risiko der Nichtverlängerung der Kreditlinie. |
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| Demgegenüber vermag die Klägerin Ziffer 2) durch den Hinweis auf die Verluste, die im Geschäftsjahr 2008/2009 im Zuge einer bilanziellen Abwertung der Derivatgeschäfte realisiert wurden (Bl. 735), keinen Zusammenhang zwischen Liquiditätsbedarf und Derivatgeschäften zu belegen. Die Beklagte hat in ihrer Berufungserwiderung erläutert, dass die Wertberichtigung durch die bilanzrechtlich gebotene Orientierung an dem Erlös verursacht wurde, der für Teile der Derivatgeschäfte im August 2009 tatsächlich erzielt wurde. Weiter hat sie unter Verweis auf die testierten Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 2005/2006 bis 2008/2009 dargelegt, dass sie aus den Derivatgeschäften unter Berücksichtigung aller damit verbundenen Kosten und Aufwendungen sowie unter Einschluss des im Geschäftsjahr 2008/2009 entstandenen Abschreibungsaufwands insgesamt einen Gewinn in Höhe von rund 8,23 Mrd. Euro erzielt habe (Bl. 908). Auch die Berufung der Klägerin Ziffer 2) auf die Liquiditätsentwicklung der Beklagten seit dem Geschäftsjahr 2004/2005 greift nicht durch. Dies gilt insbesondere für ihren Vortrag, die Liquiditätsausstattung der Beklagten sei nach Beginn der Übernahmeaktivitäten „dramatisch abgesackt“ mit der Folge, dass die Banken nur noch restriktiv Kredite an die Beklagte vergeben hätten (Bl. 733). Allein aus dem Umstand, dass die Liquidität dritten Grades (Current Ratio) ab dem Geschäftsjahr 2005/2006 unter die Rechengröße 2,0 fiel, folgt nicht, dass die Kreditwürdigkeit der Beklagten beeinträchtigt wurde. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass jedenfalls die Gewährung der Kreditlinie von 10 Mrd. Euro im März 2008 und deren Verlängerung im März 2009 gegen eine restriktive Kreditvergabe durch die Banken spricht (Bl. 909). Im Übrigen hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie gegenwärtig bei Ansatz des aktuellen Börsenwerts ihrer Beteiligung an V in Höhe von 12 Mrd. Euro, einer Bewertung ihrer Beteiligung an der P entsprechend der mit V im November 2009 geschlossenen Grundlagenvereinbarung in Höhe von 3,9 Mrd. Euro sowie einer konsolidierten Nettoverschuldung in Höhe von 6,1 Mrd. Euro über eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote von über 50% verfüge (Bl. 948 f.). |
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| Auch mit ihrem weiteren Vorbringen hat die Klägerin Ziffer 2) keine Umstände dargetan, aus denen der begründete Verdacht abzuleiten wäre, der Vorstand sei durch die Derivatgeschäfte unvertretbare Risiken eingegangen. Dem Abschluss von Put-Optionsgeschäften kann nicht entgegen gehalten werden, sie seien zum Aufbau einer Beteiligung an V gar nicht geeignet gewesen (Bl. 716). Die Beklagte hat - wie schon der Vorstand in der Hauptversammlung am 30.01.2009 (II B.3, S. 198) - darauf hingewiesen, dass die Derivatgeschäfte nicht zum Kauf oder Verkauf von V-Stammaktien berechtigten, sondern nur auf Barausgleich gerichtet waren (Bl. 945). Die Derivatgeschäfte dienten also nicht dazu, das Recht auf Kauf oder Verkauf von Aktien zu einem bestimmten Preis zu sichern, sondern sollten die Möglichkeit zum Kauf von V-Stammaktien absichern, indem Mehrkosten durch steigende Kurse mittels Ansprüchen auf Barausgleich aus Derivatgeschäften kompensiert werden konnten (Bl. 945). Durch den Verkauf von Put-Optionen sollten dabei die aus dem Kauf von Call-Optionen resultierenden Kosten reduziert werden (II B.3, S. 232). Dass der operative Gewinn der Beklagten durch die Kosten der Fremdfinanzierung der Derivatgeschäfte „aufgezehrt“ worden wäre (Bl. 709), hat die Klägerin Ziffer 2) nicht belegt. Soweit sie dazu auf Presseartikel verweist (BK 2.20, BK 2.30, Bl. 710), nimmt sie lediglich auf Spekulationen über den Liquiditätsbedarf der Beklagten Bezug, die ihrerseits nicht durch Tatsachen belegt sind. Dahin stehen kann, ob die Beklagte bei einem Verfall des V-Stammaktienkurses „wirtschaftlich ruiniert“ wäre (Bl. 722). Dass ein Unternehmen bei Totalverlust einer wesentlichen Beteiligung in seiner Existenz gefährdet wird, bedeutet nicht, dass der Beteiligungserwerb pflichtwidrig gewesen wäre. Aus dem Vergleich zwischen der Bewertung der Beteiligung der Beklagten an V in ihrer Bilanz zum 31.07.2008 in Höhe von 8,1 Mrd. Euro und der Summe der Ergebnisbeiträge der V-Beteiligung in den Geschäftsjahren 2005/2006 bis 2007/2008 (Bl. 714) lässt sich im Übrigen nicht schließen, dass die Beklagte für den Erwerb der V-Beteiligung zwar gut 8 Mrd. Euro aufwenden musste, aber nur rund 2,4 Mrd. Euro erlöst hat. Dies gilt schon deshalb, weil die Beteiligung an V nicht zu Anschaffungskosten angesetzt wurde, sondern mit ihrem fundamentalanalytisch ermittelten Wert (Bl. 944: „At-Equity-Wert“). |
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| Der Vortrag der Klägerin Ziffer 2), die Beklagte werde durch V „übernommen“ (Bl. 699) bzw. sie verliere ihre „Eigenständigkeit“ (Bl. 712), lässt ebenfalls keine Pflichtverletzungen des Vorstands der Beklagten durch Abschluss der Derivatgeschäfte erkennen. Vielmehr bringt die Klägerin Ziffer 2) damit lediglich ihre subjektive Bewertung der geplanten Verschmelzung der Beklagten mit V zum Ausdruck. |
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| Selbst wenn man unterstellte, die Beklagte sei in Folge der Derivatgeschäfte in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, folgte daraus im Übrigen nicht ohne Weiteres, dass der Abschluss dieser Geschäfte durch den Vorstand bis zum 30.01.2009 pflichtwidrig gewesen wäre. Die Klägerin Ziffer 2) nennt selbst eine Vielzahl von Ursachen, welche für die spätere Entwicklung verantwortlich sein können. Neben der Finanzmarktkrise Ende 2008 (Bl. 48, 707, II K.13 S. 6, II K.14 S. 3) sind dabei insbesondere Spekulationen über die Entwicklung des Kurses der V-Aktie durch Hedgefonds (II K.9), Gegengeschäfte der Banken (II K.13, S. 5) sowie die Auswirkungen von Leerverkäufen und Analystenbewertungen (Bl. 726) zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund erscheint hier generell zweifelhaft, ob aus der späteren Entwicklung auf Pflichtverletzungen bei Abschluss der Derivatgeschäfte geschlossen werden kann. |
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| (2.2.4) Auch aus den von der Klägerin Ziffer 2) vorgelegten Presseveröffentlichungen ergibt sich kein hinreichender Verdacht von Pflichtverletzungen, welche ein Aufklärungsinteresse in Bezug auf die mit Unterfrage 4.2 begehrten Details der Derivatgeschäfte begründeten könnte. |
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| Das in der FAZ vom 08.11.2008 (II K.7, Bl. 48) veröffentlichte Interview mit dem Geschäftsführer der Investmentfondsgesellschaft D K ist dazu schon deshalb nicht geeignet, weil dort lediglich die Vorwürfe erhoben werden, die Gegenstand der oben (dazu oben (2.2.2)) genannten Klagen und Ermittlungsverfahren sind. Tatsachen, welche die erhobenen Vorwürfe stützten, lassen sich dem Interview zudem nicht entnehmen. Soweit Herr K der Beklagten vorwirft, den Kurs der V-Stammaktie durch „Cornern“ bewusst nach oben getrieben zu haben, weil sie die Kursentwicklung, die auf ihre Mitteilung vom 26.10.2008 folgte, vorhergesehen und beabsichtigt habe, beschränkt er sich auf die Äußerung eines subjektiven Verdachts, den er nicht durch objektive Umstände untermauert. Allein die ungewöhnliche Kursentwicklung Ende Oktober 2008 vermag die erhobenen Vorwürfe angesichts der Vielzahl möglicher Ursachen nicht zu belegen. |
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| Entsprechendes gilt für die übrigen von der Klägerin Ziffer 2) vorgelegten Presseartikel (vgl. beispielsweise II K.9, II K.13, II K.14, II K.16, II K.17, II K.21, II K.25, II K.26, II K.27, II K.32, II K.33), die sich entweder auf nicht durch konkrete Tatsachen gestützte Spekulationen oder auf Verweise auf die oben (dazu oben (2.2.2)) genannten Klage- bzw. Ermittlungsverfahren beschränken. |
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| (2.2.5) Schließlich ergibt sich ein begründeter Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen des Vorstands durch den Abschluss der Derivatgeschäfte, der ein Aufklärungsinteresse in Bezug auf deren Details rechtfertigen könnte, auch nicht aus einer von der Klägerin Ziffer 2) in diesem Zusammenhang angeführten (Bl. 503) Überschreitung des Unternehmensgegenstandes (dazu näher oben I. 4. a) cc)). |
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| (2.3) Selbst wenn man zugunsten der Klägerinnen unterstellen wollte, es lägen Tatsachen vor, die objektiv geeignet sind, den hinreichenden Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen des Vorstands zu begründen, hätte das in diesem Fall festzustellende Aufklärungsinteresse das Geheimhaltungsinteresse nicht überwogen. Die gebotene Abwägung der widerstreitenden Interessen (vgl. dazu BGHZ 86, 1 [juris Rn. 48 f.]) ergäbe vielmehr, dass das Geheimhaltungsinteresse in Bezug auf die Details der Derivatgeschäfte jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 überwog. |
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| (2.3.1) Die Nachteile aus der Nutzung der Informationen über die Details der Derivatgeschäfte durch andere Kapitalmarktteilnehmer (dazu oben (1) (1.3) (1.3.1)) wären zu den Vorteilen einer Aufklärung etwaiger Pflichtverletzungen am 30.01.2009 außer Verhältnis gestanden. Gerade wenn der Vorstand der Beklagten durch den Abschluss der Derivatgeschäfte erhebliche Risiken eingegangen wäre, bestand bei öffentlichem Bekanntwerden der Details dieser Geschäfte die konkrete Gefahr erheblicher Schäden für die Gesellschaft durch die Realisierung dieser Risiken und das Scheitern der Kurssicherungsstrategie infolge einer spekulativen Beeinflussung des V-Kurses (dazu oben (1) (1.3) (1.3.1)). |
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| (2.3.2) Demgegenüber fällt der Vorteil einer Aufklärung etwaiger Pflichtverletzungen in der Hauptversammlung am 30.01.2009 nicht wesentlich ins Gewicht. Zwar hätte in diesem Fall dem Vorstand die Entlastung verweigert werden können. Angesichts der durch § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG beschränkten Wirkung der Entlastungserteilung scheint dieser Umstand aber nur von geringer Bedeutung. Die Aufklärung etwaiger Pflichtwidrigkeiten nach Abschluss der Derivatgeschäfte ist durch die Verweigerung der Auskunftserteilung in der Hauptversammlung am 30.01.2009 im Übrigen nicht ausgeschlossen. |
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| (3) Die Klägerinnen können dem Auskunftsverweigerungsrecht der Beklagten nicht entgegen halten, dass diese die mit Unterfrage 4.2 begehrten Informationen ohnehin hätte veröffentlichen müssen (Bl. 790, 319). |
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| (3.1) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt (juris Rn. 316), dass die Details der Derivatgeschäfte insbesondere nicht nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 Satz 2 und 3 WpHG i.V.m. § 10 Nr. 5 und 6 WpAIV der BaFin und an V mitzuteilen sowie von V nach § 15a Abs. 4 Satz 1 WpHG zu veröffentlichen waren. |
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| (3.1.1) Die Voraussetzungen der Mitteilungspflicht nach § 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG sind nicht erfüllt. § 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG begründet eine Pflicht zur Mitteilung von eigenen Geschäften mit V-Aktien und hierauf bezogenen Derivaten im Ausgangspunkt nur für Personen, die bei V Führungsaufgaben wahrnehmen. Dahinstehen kann insoweit, dass Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten zugleich Mitglieder des Aufsichtsrats von V waren. Die Derivatgeschäfte auf V-Stammaktien wurden von der Beklagten getätigt. |
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| (3.1.2) Die Erweiterungen der Vorschrift durch § 15a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3 WpHG ändern daran im Ergebnis nichts. |
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| § 15a Abs. 1 Satz 2 WpHG erstreckt die Mitteilungspflicht auf Personen, die mit einer Person, welche beim Emittenten Führungsaufgaben wahrnimmt, in einer engen Beziehung stehen. § 15a Abs. 3 Satz 2 stellt klar, dass auch juristische Personen als Personen im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 2 WpHG gelten. § 15a Abs. 3 Satz 3 WpHG bestimmt, dass unter den Begriff der juristischen Person im Sinne von § 15a Abs. 3 Satz 2 WpHG „auch juristische Personen, Gesellschaften und Einrichtungen [fallen], die direkt oder indirekt von einer Person im Sinne des Absatzes 2 oder des Satzes 1 kontrolliert werden, die zugunsten einer solchen Person gegründet wurden oder deren wirtschaftliche Interessen denen einer solchen Person entsprechen“. |
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| Zwar könnte man argumentieren, dass der Wortlaut der vorgenannten Bestimmungen die Mitteilungspflicht auch auf die Derivatgeschäfte der Beklagten erstrecke, weil - bis zu seinem Ausscheiden - ihr vormaliger Vorstandsvorsitzender W sowie seit 24.04.2008 der Vorsitzende ihres Aufsichtsrats, WP, und bereits seit 2002 das Mitglied ihres Aufsichtsrats, FP, zugleich Mitglieder des Aufsichtsrats von V sind bzw. waren und damit sowohl bei der Beklagten als auch bei V Führungsaufgaben wahrgenommen haben. Der Wortlaut ist aber erkennbar zu weit gefasst. Dies zeigt schon der Umstand, dass er auch Geschäfte des Emittenten in eigenen Aktien erfasst, was offensichtlich nicht gewollt ist (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15a Rn. 55; Heinrich in Kölner Kommentar, WpHG, § 15a Rn. 47). Der Wortlaut der Vorschriften ist deshalb teleologisch zu reduzieren. |
|
| Die Erweiterung der Mitteilungspflicht diente der Umsetzung von Artikel 1 Nr. 2 d) der Richtlinie 2004/72/EG der Kommission vom 29.04.2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates. Sie bezweckte lediglich den Schutz vor einer Umgehung der Mitteilungspflicht des § 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG durch die Zwischenschaltung von Vermögensverwaltungs- und Holdinggesellschaften (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15a Rn. 56; Heinrich in Kölner Kommentar, WpHG, § 15a Rn. 45; BaFin, Emittentenleitfaden 2009, S. 87). Daraus folgt, dass § 15a Abs. 3 WpHG - im hier interessierenden Zusammenhang - nur anzuwenden ist, wenn die Person, die beim Emittenten Führungsaufgaben wahrnimmt, an der juristischen Person, welche die Geschäfte tätigt, in der Weise beteiligt ist, dass sie die Möglichkeit hat, deren Entscheidungen maßgeblich zu beeinflussen oder sich durch die Geschäfte einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15a Rn. 56; Heinrich in Kölner Kommentar, WpHG, § 15a Rn. 48; BaFin, Emittentenleitfaden 2009, S. 87). Dies setzt nach der Auffassung der BaFin voraus, dass die Person, die beim Emittenten Führungsaufgaben wahrnimmt, an der juristischen Person, welche die Geschäfte tätigt, mit mehr als 50% beteiligt ist, mindestens 50% der Stimmrechte hält oder ihr mindestens 50% der Gewinne zugerechnet werden (BaFin, Emittentenleitfaden 2009, S. 87). Diese Auffassung ist in der Fachliteratur anerkannt (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15a Rn. 56; Heinrich in Kölner Kommentar, WpHG, § 15a Rn. 48). Die hiergegen von der Klägerin Ziffer 2) erhobenen Einwände (Bl. 791) greifen nicht durch. Aus dem Umstand, dass die europäischen Richtlinien, auf denen § 15a WpHG beruht, generell die Sicherheit des Kapitalmarkts durch Schaffung von Transparenz bezwecken, folgt nicht, dass § 15a Abs. 3 WpHG losgelöst vom konkreten Zweck dieser Einzelvorschrift allein nach seinem erkennbar zu weit gefassten Wortlaut anzuwenden wäre. |
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| Die danach bestehenden Voraussetzungen für eine Erstreckung der Mitteilungspflicht auf Derivatgeschäfte der Beklagten bezüglich V-Aktien sind nicht dargetan. |
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| Dass W als Aktionär an der Beklagten beteiligt war, ist nicht vorgetragen. Wollte man im Hinblick auf seine erfolgsbezogenen Vergütungsbestandteile annehmen, ihm sei ein Teil des Gewinns der Beklagten „zuzurechnen“, so liegt dieser Anteil selbst nach dem klägerischen Vortrag mit knapp 1% weit unter der zu fordernden Schwelle. |
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| WP und FP sind zwar als Aktionäre an der Beklagten beteiligt und halten als Stammaktionäre auch Stimmrechte an der Beklagten. Die Beklagte hat dazu aber vorgetragen, dass der Anteil der Beteiligung und der Stimmrechte jeweils unter 50% liege (Bl. 386). Wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 316), wurde dies klägerseits nicht bestritten. Stattdessen hat die Klägerin Ziffer 2) lediglich unter Verweis auf Seite 190 des Geschäftsberichts der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 (II K.35, II B.1, S. 190) behauptet, WP und FP würden 87,82% bzw. 86,94% der Stimmrechte der Beklagten zugerechnet, und daraus geschlossen, dass diese jeweils die Beklagte im Sinne von § 15a Abs. 3 WpHG kontrollierten (Bl. 502). Dieser Einwand dringt jedoch nicht durch. |
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| Er ist nach § 531 Abs. 1 ZPO schon aus formalen Gründen nicht zu berücksichtigen, da er vom Landgericht zu Recht zurückgewiesen wurde, weil er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vorgebracht wurde. |
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| Selbst wenn man darüber hinwegsähe, ergäbe sich nichts Anderes. Grundlage der auf Seite 190 des Geschäftsberichts der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007/2008 (II K.35, II B.1) erläuterten wechselseitigen Zurechnung von Stimmrechten unter den Mitgliedern der Familien P und Pi ist § 22 Abs. 2 WpHG. Danach werden - zum Zweck der Begründung von Meldepflichten bei Veränderung des Stimmrechtsanteils nach § 21 WpHG - einem Aktionär die Stimmrechte eines anderen zugerechnet, wenn dieser sein Verhalten in Bezug auf die Gesellschaft aufgrund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt. Daraus lässt sich indessen lediglich schließen, dass der in Bezug genommene Konsortialvertrag eine Stimmbindungsvereinbarung unter den Familienmitgliedern enthält, die eine Stimmenbündelung bewirkt. Durch nichts belegt ist dagegen die Schlussfolgerung der Klägerin Ziffer 2), WP und FP „kontrollierten“ - gemeinsam oder je einzeln - die Beklagte. Eine Stimmenbündelung ermöglicht es den einzelnen Beteiligten grundsätzlich nicht, ihre Entscheidungen in der Gesellschaft durchzusetzen, sondern allenfalls die Durchsetzung der Entscheidungen anderer gegen ihren Willen zu verhindern. Gegen die Schlussfolgerung der Klägerin Ziffer 2) spricht im Übrigen auch, dass die Beklagte ansonsten parallel von 13 Einzelpersonen „kontrolliert“ würde, denen auf Seite 190 des Geschäftsberichts 2007/2008 Stimmrechte nach § 22 Abs. 2 WpHG zugerechnet werden. |
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| (3.1.3) Zu Recht hat das Landgericht vor diesem Hintergrund festgestellt, dass der Vortrag der Klägerin Ziffer 2) jedenfalls nicht erkennen lässt, dass der von § 15a Abs. 3 WpHG bezweckte Umgehungsschutz berührt wäre, weil nicht ersichtlich ist, dass der Abschluss der Derivatgeschäfte namens der Beklagten der Umgehung einer Mitteilungspflicht für Derivatgeschäfte von WP bzw. FP dienen sollten. |
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| (3.2) Eine Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung der mit Unterfrage 4.2 begehrten Details der Derivatgeschäfte ergab sich auch nicht aus anderen kapitalmarktrechtlichen Vorschriften. |
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| (3.2.1) Durch ihren pauschalen Verweis (Bl. 791 f.) auf den Abschnitt „Katalog veröffentlichungspflichtiger Insiderinformationen“ im Emittentenleitfaden der BaFin (BaFin, Emittentenleitfaden 2009, S. 55 f.) hat die Klägerin Ziffer 2) nicht dargetan, dass die mit Unterfrage 4.2 begehrten Details der Optionsgeschäfte nach kapitalmarktrechtlichen Vorschriften veröffentlichungspflichtig gewesen wären mit der weiteren Folge, dass sich die Beklagte insoweit auf kein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG berufen könnte. Eine Veröffentlichungspflicht der Beklagten kann sich aus § 15 WpHG grundsätzlich nur in Bezug auf eine Insiderinformation ergeben, welche die Beklagte selbst betrifft. Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin Ziffer 2) dahin verstehen wollte, der Aufbau der Beteiligung bei V sei im Sinne des vorgenannten Katalogs als „Erwerb von wesentlichen Beteiligungen“ eine Insidertatsache oder die behaupteten Zahlungsschwierigkeiten am Ende des Geschäftsjahres 2007/2008 (Bl. 733) stellten eine „bevorstehende Zahlungseinstellung“ im Sinne des Katalogs dar (Bl. 793), hätte sich allenfalls eine Pflicht zur Veröffentlichung des Beteiligungserwerbs oder der bevorstehenden Zahlungseinstellung ergeben, nicht aber zur Veröffentlichung der Details der Derivatgeschäfte. |
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| (3.2.2) Wollte man den Vortrag der Klägerin Ziffer 2) dahin verstehen, dass der Vorstand der Beklagten Gesetzesverstöße in Gestalt der Nichterfüllung von Ad-Hoc-Mitteilungspflichten der Beklagten aus § 15 WpHG begangen habe, ließe sich daraus jedenfalls kein Aufklärungsinteresse in Bezug auf die mit Unterfrage 4.2 begehrten Details der Derivatgeschäfte ableiten, hinter dem das Interesse der Gesellschaft an der Vermeidung von Nachteilen durch eine solche Offenlegung im Rahmen einer Abwägung zurücktreten müsste (dazu oben (2)). |
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| (3.2.3) Aus den Feststellungen der BaFin, die zu der Veröffentlichung vom 24.09.2010 (BK 1.2, Bl. 1009) führten, folgt entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 1005) nichts Anderes. Danach war die Beklagte aufgrund von §§ 37y, 37w Abs. 4 Satz 1 WpHG zwar zur Offenlegung wesentlicher Risiken verpflichtet. Diese Offenlegungspflicht bezieht sich aber nicht auf die Risiken aus den Derivatgeschäften, sondern auf die Risiken aus dem Auslaufen der Kreditlinie der Beklagten im März 2009. Selbst wenn man unterstellte, dass die Beklagte auch für ihre Derivatgeschäfte Liquidität benötigte, handelt es sich dabei um unterschiedliche Risiken. Demgegenüber lässt sich nicht einwenden, dass sich die gerügten Fragen insgesamt um existenzgefährdende Umstände „drehten“ (Bl. 1004). Entscheidend für die Reichweite einer Frage ist nicht die zugrunde liegende Motivation des Fragestellers, sondern der erkennbare Gegenstand der Frage (näher dazu unten h) aa) (2) (2.2)). |
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| (3.3) Die Beklagte war schließlich nicht aufgrund von allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften (Bl. 785) zur Veröffentlichung der mit Unterfrage 4.2 begehrten Details der Optionsgeschäfte verpflichtet. Eine solche Verpflichtung lässt sich den Vorgaben zur Bilanzgliederung (§ 266 HGB), zur Erläuterung von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 284 f. HGB) oder zum Inhalt des Lageberichts (§ 289 HGB) nicht entnehmen. |
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| e) Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren festgestellt, dass Frage 5 nach den Risiken eines Absinkens des Kurses der V-Stammaktie unter den in den Put-Optionsgeschäften festgelegten Ausübungspreis vollständig beantwortet wurde, soweit die Beklagte dazu verpflichtet war (juris Rn. 329 f.). |
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| aa) Soweit die Frage auf die Mitteilung der Art der Risiken im Fall eines Absinkens des Kurses der V-Stammaktie unter die in den Derivatgeschäften festgelegten Strikes gerichtet war, wurde sie durch die Erklärung des Vorstands, es könnten ertragswirksame Abschreibungen erforderlich werden bzw. Ausgleichszahlungen zu leisten sein (II B.3, S. 225), beantwortet. |
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| bb) Fehl geht demgegenüber der Einwand der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 778), die erteilte Auskunft sei unzureichend, weil Informationen zum Umfang der Risiken verweigert wurden. |
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| (1) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 330), war eine Bezifferung des Risikoumfangs schon deshalb nicht erforderlich, weil dies objektiv nicht möglich war. Es liegt auf der Hand, dass der Umfang notwendiger Abschreibungen bzw. das Ausmaß von Ausgleichszahlungen davon abhängt, in welchem Ausmaß der Kurs der V-Stammaktie unter die festgelegten Strikes sinkt. Die künftige Kursentwicklung der V-Stammaktie stand indessen am 30.01.2009 noch nicht fest. |
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| (2) Zu überlegen wäre allenfalls, ob der Vorstand verpflichtet war, den Abschreibungsaufwand bzw. die Höhe der Ausgleichszahlungen für eine Vielzahl denkbarer Kurse zu beziffern. Dies ist jedoch im Ergebnis zu verneinen. |
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| (2.1) Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs war die Bezifferung des bei einer Vielzahl denkbarer Kurse jeweils entstehenden Aufwands zur Beurteilung der Entlastung der Verwaltungsorgane und der übrigen angefochtenen Beschlussgegenstände nicht erforderlich. Diese Angaben waren ohne weitere Informationen über die künftige Entwicklung des Kurses der V-Stammaktie für eine sinnvolle Abschätzung der mit den Derivatgeschäften verbundenen Risiken schon nicht geeignet. |
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| Zwar lässt sich einem Fragesteller nicht ohne Weiteres entgegen halten, er könne eine bestimmte Information nicht beanspruchen, weil er nicht zugleich eine weitere Information erbeten habe (so allerdings LG München I, AG 1987, 185, 189 mit Zustimmung Reuter, DB 1988, 2615, 2616); in diesem Fall ist eine Rückfragepflicht des Vorstands in Betracht zu ziehen, um dem Fragesteller die Erweiterung seiner Frage zu ermöglichen (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 104). Anderes kann aber gelten, wenn eine Information dem objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär auch bei Erweiterung seiner Fragestellung keine sinnvolle Beurteilung eines Tagesordnungspunkts ermöglicht, weil die weitere Information nicht erteilt werden kann oder darf. |
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| Davon ist zumindest hier auszugehen, weil die für eine sinnvolle Risikoabschätzung benötigten weiteren Informationen über die künftige Entwicklung des V-Kurses weder dem objektiven Durchschnittsaktionär in der Hauptversammlung am 30.01.2009 selbst zu Verfügung standen noch von diesem bei dem insoweit ebenfalls auf Spekulationen angewiesenen Vorstand der Beklagten erfragt werden konnten; dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund, dass für den Umfang etwaiger Ausgleichszahlungen oder eines etwaigen Abschreibungsbedarfs nicht nur die allgemeine kurz-, mittel- oder langfristige Kursentwicklung maßgeblich ist, sondern der Kurs zu bestimmten, in den Derivatgeschäften festgelegten Zeitpunkten. Wären in dieser Situation Abschreibungs- und Ausgleichsbelastungen für verschiedene denkbare V-Kurse in den Raum gestellt worden, hätte der objektiv urteilende Durchschnittsaktionär daraus nicht nur keine sinnvollen Rückschlüsse auf die mit den Derivatgeschäften verbundenen Risiken ziehen können. Je nachdem, welche V-Kurse der Vorstand für seine Bezifferung gewählt hätte, hätte sogar die Gefahr bestanden, dass ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär beim Versuch einer Risikoabschätzung in die Irre geführt wird (vgl. dazu auch unten l) aa) (1) (1.3), l) aa) (2) (2.2) (2.2.3) und l) aa) (3) (3.2)). |
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| (2.2) Zudem hätte der Vorstand die Erteilung solcher Auskünfte nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern können. Sowohl eine Bezifferung des Abschreibungsaufwands bei Annahme eines bestimmten V-Kurses wie auch der in diesem Fall zu leistenden Ausgleichszahlungen hätte Rückschlüsse auf die Höhe des in den Derivatgeschäften der Beklagten festgelegten Ausübungspreises erlaubt, dessen Offenlegung die Beklagte verweigern durfte (dazu oben d) cc)). |
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| f) Ähnliches gilt für die Beantwortung von Frage 6, die auf die Auswirkungen für die Beklagte und deren Jahresabschluss gerichtet war, falls der V-Kurs am 27.10.2008 nicht gestiegen, sondern unter 200 Euro oder 100 Euro gefallen wäre. |
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| aa) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass Frage 6 ausreichend beantwortet wurde (juris Rn. 347). |
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| (1) Mit seiner unmittelbaren Antwort auf Frage 6 hat der Vorstand der Beklagten erklärt, dass bei einer anderen Entwicklung des V-Kurses andere Wertansätze für die Optionen in der Bilanz der Beklagten in Betracht gekommen wären, indem er auf die Bewertung zum jeweiligen Marktpreis verwies, der - wie die Aktionäre unter anderem der Antwort auf Frage 5 entnehmen konnten (II B.3, S. 225) - durch die Entwicklung des V-Kurses bestimmt wird. Dabei stellte der Vorstand zugleich klar, dass ein Verharren des Kurses im Bereich von 200 Euro keine wesentliche Auswirkung auf das Ergebnis der Beklagten gehabt hätte (II B.3, S. 140). |
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| (2) Sofern man die Frage dahin verstünde, dass der Vorstand nicht nur über die Auswirkungen der Kursentwicklung auf die bilanzielle Bewertung der Optionen Auskunft geben sollte, sondern auch über eine Beeinflussung des Ergebnisses durch die Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen aus den Optionsgeschäften, wurde dieser Aspekt der Frage jedenfalls durch die Antwort auf Frage 2 hinreichend abgedeckt. Dort hatte der Vorstand erklärt, die Strikes seien so festgelegt worden, dass die finanzielle Kraft der Beklagten nicht überfordert werde (II B.3, S. 251; dazu oben b) aa) (1)). |
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| bb) Fehl geht demgegenüber der Einwand, die Frage sei insoweit nicht beantwortet worden, als die Auswirkungen auf die Beklagte bei Absinken des V-Kurses unter 200 Euro oder unter 100 Euro nicht beschrieben worden seien (Bl. 779). |
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| (1) Aus der unmittelbar auf Frage 6 erteilten Auskunft, ein V-Kurs von 200 Euro hätte hinsichtlich der bilanziellen Wertansätze der Optionen keine wesentlichen Auswirkungen auf das Ergebnis der Beklagten gehabt (II B.3, S. 140), konnten die Aktionäre im Umkehrschluss entnehmen, dass bei einem Absinken des V-Kurses unter diese Schwelle ein ergebniswirksamer Abschreibungsbedarf hätte entstehen können. |
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| (2) Ähnliches gilt in Bezug auf die im Rahmen der Beantwortung von Frage 2 erteilte Auskunft betreffend Ausgleichsverpflichtungen infolge einer Unterschreitung der festgelegten Ausübungspreise durch den V-Kurs. |
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| (2.1) Insoweit hatte der Vorstand seine Antwort, die Beklagte werde finanziell nicht überfordert, ausdrücklich auf den Fall beschränkt, dass „es einigermaßen vernünftig weiterläuft“ (II B.3, S. 251). Dem konnten die Aktionäre wiederum im Umkehrschluss entnehmen, dass bei einem „unvernünftigen“ Kursverlauf eine finanzielle Überforderung der Beklagten durch Ausgleichsverpflichtungen aus den Derivatgeschäften nicht ausgeschlossen war. |
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| (2.2) Daraus folgt jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs, dass bei einem V-Kurs von unter 200 Euro Ausgleichsverpflichtungen drohten. Einen V-Kurs von 200 Euro, wie er im September und Oktober 2008 mehrfach erreicht wurde, wird man zwar noch zum „vernünftigen Verlauf“ rechnen müssen. Umgekehrt wird man den von der Klägerin Ziffer 2) im Rahmen von Frage 2 angeführten Kurs von 0 Euro aber nicht mehr zum „vernünftigen Verlauf“ rechnen dürfen (dazu oben b) bb) (1) (1.1)). Bedenkt man, dass der Vorstand Ergebnisbelastungen durch bilanzielle Wertberichtigungen nur für einen V-Kurs von mindestens 200 Euro ausgeschlossen hatte (II B.3, S. 140), mussten die Aktionäre auch in Bezug auf Ausgleichspflichten ab einem Kursniveau von unter 200 Euro mit Belastungen rechnen. |
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| (3) Dass die vorgenannten Antworten - ergebniswirksamer Abschreibungsbedarf und mögliche finanzielle Überforderung der Beklagten durch Ausgleichsverpflichtungen bei V-Kurs unter 200 Euro - sachlich unzutreffend gewesen wären, ist weder dargetan noch ersichtlich. |
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| cc) Demgegenüber kann die Klägerin Ziffer 2) nicht einwenden, Frage 6 sei jedenfalls insoweit unvollständig beantwortet worden, als die Auswirkungen eines V-Kurses unter 200 Euro nicht beziffert wurden, etwa durch Angabe des konkreten Abschreibungsaufwands und der konkreten Ausgleichsverpflichtungen bei einem V-Kurs von 100 Euro oder von 0 Euro. Insoweit war die Beklagte nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet, weil die Offenlegung dieser Informationen Rückschlüsse auf die Höhe der in den Derivatgeschäften der Beklagten festgelegten Strikes erlaubt hätten, deren Offenlegung die Beklagte verweigern durfte (dazu oben d) cc)). |
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| g) Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Landgerichts, die auf die Identität der Vertragspartner der Derivatgeschäfte, deren finanzielle Stabilität und etwaige Leihgebühren gerichtete Frage 7 sei hinreichend beantwortet worden. |
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| aa) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Frage nach dem Anfall von Leihgebühren jedenfalls durch die zur Beantwortung anderer Fragen erteilte Auskunft, bei den Derivatgeschäften habe es sich um Optionsgeschäfte gehandelt, die auf Barausgleich gerichtet waren (II B.3, S. 198), mit „Nein“ beantwortet wurde (juris Rn. 369). Wer keine Optionsgeschäfte tätigt, durch die er sich zum Kauf oder Verkauf von Aktien verpflichtet, hat keine Veranlassung, sich diese Aktien im Wege der „Leihe“ zu verschaffen und dafür Leihgebühren aufzuwenden. Die Klägerin Ziffer 2) hat die Feststellungen des Landgerichts in diesem Punkt auch nicht angegriffen. |
|
| bb) Die Feststellung des Landgerichts, die auf das Bestehen von Risiken wegen „mangelnder finanzieller Stabilität der Gegenpartei“ der Derivatgeschäfte gerichtete Unterfrage 7.3 sei beantwortet worden (juris Rn. 370), wird von der Klägerin Ziffer 2) im Berufungsverfahren ebenfalls nicht angegriffen. Diese auf ein „Ja“ oder ein „Nein“ gerichtete Frage hat der Vorstand der Beklagten erkennbar verneint, indem er erklärte, er habe keinen Anlass zu der Annahme, dass die Ansprüche der Beklagten aus den Derivatgeschäften nicht vertragsgemäß erfüllt werden (II B.3, S. 234), bzw. dass er „diese Risiken“ nicht sehe (II B.3, S. 226). |
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| cc) Zur Identifizierung der Vertragspartner der Derivatgeschäfte war der Vorstand der Beklagten nicht verpflichtet. Unterfrage 7.1 sowie Unterfrage 7.4, welche die erstgenannte insoweit beschränkte, als nur „die fünf Größten“ genannt werden sollten, waren entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 782, 784) nicht zu beantworten. |
|
| (1) Dabei erscheint bereits zweifelhaft, ob die Beantwortung von Unterfragen 7.1 und 7.4 überhaupt erforderlich war.Zwar können Informationen über „Risiken aufgrund mangelnder finanzieller Stabilität“ der Geschäftspartner der - schon im Geschäftsjahr 2007/2008 abgeschlossenen - Derivatgeschäfte für die Beurteilung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2007/2008 sowie die Entscheidung über die Neuwahl damals amtierender Aufsichtsratsmitglieder von Bedeutung sein. Detailinformationen sind dabei aber grundsätzlich nur insoweit erforderlich, als sie ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär benötigt, um beurteilen zu können, ob die Verwaltung sich kaufmännisch vernünftig verhalten hat (BGHZ 180, 9 [juris Rn. 41]); Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Wiederwahl von Organmitgliedern. Insoweit dürfte hier bereits die vom Vorstand auf Unterfrage 7.3 hin erteilte Auskunft (dazu oben bb)) genügt haben. |
|
| (2) Jedenfalls hat das Landgericht zutreffend festgestellt (juris Rn. 371), dass die Beklagte die Auskunft über die Identität der Vertragspartner ihrer Derivatgeschäfte nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern durfte, weil das Diskretionsinteresse der Beklagten den Nutzen einer Auskunftserteilung überwog. |
|
| (2.1) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, die Beklagte habe hinreichend dargelegt und plausibilisiert (zu den Anforderungen vgl. oben d) cc) (1)), dass ihr durch die Offenlegung der Identität bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung ein nicht unerheblicher Nachteil drohte, weil ein Verstoß gegen das im Zusammenhang mit Derivatgeschäften übliche Diskretionsinteresse ihre Kontrahierungsfähigkeit in diesem Bereich beeinträchtigt hätte (juris Rn. 371). |
|
| (2.2) Fehl geht der Einwand der Klägerin Ziffer 2), durch die Benennung ihrer Vertragspartner wäre nicht der Beklagten (Bl. 784), sondern allenfalls ihren Geschäftspartnern ein finanzieller Nachteil entstanden (Bl. 1036). Ausreichend zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG ist jede Beeinträchtigung der Interessen der Gesellschaft, ohne dass deren wirtschaftlicher Umfang im Einzelfall messbar sein müsste (Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 291; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 297; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 99). Der von etwaigen Nachteilen ihrer Geschäftspartner zu unterscheidende eigene Nachteil der Beklagten liegt hier in der Beeinträchtigung ihrer Kontrahierungsfähigkeit. |
|
| (2.3) Zu Unrecht beanstandet die Klägerin Ziffer 2), die Beklagte habe eine Beeinträchtigung ihrer Kontrahierungsfähigkeit „ins Blaue hinein“ behauptet (Bl. 784). |
|
| (2.3.1) Die Beeinträchtigung der Kontrahierungsfähigkeit der Gesellschaft wegen Offenlegung von Informationen unter Verstoß gegen „ungeschriebene Diskretionsgesetze“ im Wirtschaftsverkehr ist als hinreichender Nachteil im Sinne von § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG anerkannt (OLG Frankfurt, WM 1997, 1704 [juris Rn. 34]; insoweit aufrechterhalten durch BGHZ 180, 9 [juris Rn. 41]; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 101; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 298). |
|
| (2.3.2) Dass in diesem Fall ein entsprechendes Diskretionsinteresse bestand, folgt aus den von der Beklagten in anderem Zusammenhang (vgl. dazu oben d) cc) (1) (1.3) (1.3.1)) plausibilisierten Gefahren einer Nutzung von Informationen über die Derivatgeschäfte durch andere Kapitalmarktteilnehmer. |
|
| Wäre vor Abwicklung der Derivatgeschäfte offen gelegt worden, wer Vertragspartner war, hätte angesichts des Volumens der Geschäfte und der Bedeutung der Entwicklung des Kurses der V-Stammaktie für die Entstehung von Barausgleichspflichten zugunsten bzw. zulasten der Vertragspartner die erhebliche Gefahr bestanden, dass die Bewertung des Vertragspartners oder seines Konzerns durch Dritte, etwa durch Börsenteilnehmer, wesentlich durch die Entwicklung des V-Kurses beeinflusst worden wäre. Dementsprechend erscheint die Annahme eines Diskretionsinteresses der Vertragspartner hier plausibel. |
|
| Dahinstehen kann, ob dieses Diskretionsinteresse zwischenzeitlich entfallen ist. Jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 (dazu oben d) cc) (1) (1.3) (1.3.2) ) bestand es noch fort, so dass seine Verletzung durch Auskunftserteilung in der Hauptversammlung Nachteile für die Kontrahierungsfähigkeit der Beklagten zur Folge gehabt hätte. |
|
| Demgegenüber kann die Klägerin Ziffer 2) nicht einwenden (Bl. 1035, BK 2.53), dass die Beklagte die Identität der Banken, die ihr im März 2009 Kredit gewährten, veröffentlicht hat. Die Beklagte hat kein allgemeines Diskretionsinteresse in Bezug auf Geschäfte mit Banken behauptet, sondern lediglich ein Diskretionsinteresse in Bezug auf die Derivatgeschäfte betreffend V-Stammaktien. |
|
| (2.3.3) Dass in Bezug auf die Identität der Vertragspartner der Derivatgeschäfte ein das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten überwiegendes Aufklärungsinteresse bestünde (dazu oben d) cc) (2)), oder dass die Beklagte aufgrund kapitalmarktrechtlicher oder sonstiger Vorschriften (dazu oben d) cc) (3)) ohnehin verpflichtet gewesen wäre, die Identität ihrer Vertragspartner offen zu legen, ist weder dargetan noch ersichtlich. |
|
| (3) Nicht zu entscheiden ist vor diesem Hintergrund, ob die Beklagte ihr Auskunftsverweigerungsrecht aus § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG ergänzend darauf stützen könnte (Bl. 928), dass ihr bei Offenlegung der Identität der Vertragspartner ihrer Derivatgeschäfte ein erheblicher Nachteil gedroht habe, weil hierdurch das Risiko erhöht worden wäre, dass Kapitalmarktteilnehmer die Details der Derivatgeschäfte in Erfahrung bringen und durch deren Nutzung zu Spekulationen gegen die Beklagte ihre mit den Optionsgeschäften verfolgte Strategie vereiteln (dazu oben d) cc) (1) (1.3)). |
|
| h) Zu Recht hat das Landgericht auch eine hinreichende Beantwortung von Frage 8 angenommen, mit der nach den bilanziellen Auswirkungen gefragt wurde, die ein Sinken des Werts der Call-Optionen durch fallende V-Kurse bzw. die Ausübung der Optionen zu Preisen unterhalb der letzten Bilanzansätze mit sich brächten. |
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| aa) Der Vorstand der Beklagten hat die bilanziellen Auswirkungen der in der Frage beschriebenen Szenarien ausreichend erläutert. |
|
| (1) Bereits in seiner ersten Antwort auf die Frage hat der Vorstand erklärt, dass „ein Absinken der Marktkurse … eine negative Auswirkung auf [die] Gewinn- und Verlustrechnung [habe]. Der Wert der Call-Optionen [sinke] entsprechend. Im Extremfall wäre die Call-Option wertlos“ (II B.3, S. 141). Demgegenüber kann die Klägerin Ziffer 2) nicht einwenden, es sei nur zu den Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung, nicht aber zu den bilanziellen Auswirkungen Auskunft erteilt worden (Bl. 756 f.). Damit verkennt sie, dass die Auskunft ausdrücklich die Bewertung der Optionen ansprach. Der Hinweis auf die Gewinn- und Verlustrechnung trug lediglich dem Umstand Rechnung, dass sich ein Absinken des Wertes unter den Buchwert auf das Ergebnis auswirken kann.In seiner ergänzenden Antwort nach Wiederholung der Frage hat der Vorstand dies nochmals klargestellt, indem er erläuterte, dass ein Absinken des Kurses der V-Stammaktie dazu führen könne, dass im Rahmen von Werthaltigkeitstests außerplanmäßige Abschreibungen durchgeführt werden müssten und diese Wertminderungen ergebniswirksam werden könnten (II B.3, S. 228). In Bezug auf das in der Frage weiter angesprochene Szenario erklärte der Vorstand außerdem, dass ein fallender V-Kurs dazu führen könne, dass die Beklagte aus den Optionsgeschäften - die nicht das Recht zum Kauf von Aktien gewährten, sondern nur auf Barausgleich gerichtet waren - Ausgleich leisten müsse (II B.3, S. 228). |
|
| (2) Fehl geht der Einwand der Klägerin Ziffer 2), der Vorstand der Beklagten habe nicht erläutert, welche Bilanzpositionen im Einzelnen betroffen gewesen seien (Bl. 757). |
|
| (2.1) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob diese Detailinformationen aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs zur Beurteilung der Entlastung der Verwaltung bzw. zur Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern oder zur Festsetzung der Vergütung des Aufsichtsrats erforderlich gewesen wären. |
|
| (2.2) Jedenfalls verkennt die Klägerin Ziffer 2), dass sich die Anforderungen an den Detaillierungsgrad einer Auskunft nicht nach dem inneren Willen oder der Motivation des Fragestellers richten, sondern nach dem objektiv erkennbaren Gegenstand der Frage. |
|
| (2.2.1) Dabei gilt, dass eine pauschale Frage auch pauschal beantwortet werden darf (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 249; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 131 Rn. 21; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 73). Der maßgebliche Gegenstand der Frage ist dazu in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung aus der Sicht eines objektiven Empfängers zu bestimmen (Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 26; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 20; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 249). |
|
| (2.2.2) Die Klägerin hat indessen selbst eingeräumt, dass sich der Wortlaut von Frage 8 allgemein auf Risiken der Derivatgeschäfte bezog, die damit hinterfragt werden sollten (Bl. 1037). Dementsprechend bezog sich Frage 8 aus Sicht eines objektiven Empfängers auf die bilanziellen Auswirkungen der geschilderten Situationen im Allgemeinen. Hätte der Fragesteller darüber Auskunft erhalten wollen, welche Bilanzpositionen im Einzelnen wie betroffen wären, hätte er dies im Rahmen einer Nachfrage zum Ausdruck bringen können und müssen.Daraus mag zwar eine Obliegenheit des Aktionärs folgen, seine Fragen sorgfältig zu formulieren; eine gesetzlich nicht vorgesehene Begründungspflicht wird damit aber entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 1036) nicht geschaffen. |
|
| bb) Vor diesem Hintergrund vermag auch der weitere Einwand der Klägerin Ziffer 2) nicht durchzudringen, die erteilte Auskunft beantworte die Frage nicht, weil diese darauf „zielte“, „wie hoch der Wertberichtigungsbedarf bei Abfall des Kurses der [V-Stammaktie] im Höchstfall sein [könne] und ob dieser Wertberichtigungsbedarf zu einer die Existenz des Unternehmens gefährdenden Unterbilanz - Überschuldung führen“ könne (Bl. 756). Dahinstehen kann, ob der Fragestellung durch den Aktionärsvertreter B (II B.3, S. 64/183) diese Motive zugrundelagen. In dem allgemein gehaltenen Wortlaut von Frage 8 kommen diese Motive jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers nicht zum Ausdruck, so dass der Vorstand der Beklagten hierauf bei seiner Antwort nicht eingehen musste (dazu oben aa) (3) (3.2)). |
|
| cc) Schließlich kann sich die Klägerin Ziffer 2) nicht darauf berufen, der Vorstand der Beklagten habe Frage 8 sachlich unzutreffend beantwortet, indem er suggeriert habe, es drohten keine existenziellen Risiken, obwohl die sonstigen Forderungen und Vermögenswerte der Beklagten, auf denen ihr Eigenkapital beruhe, im Wesentlichen gerade aus den Derivaten bestanden hätten (Bl. 759). |
|
| (1) Dem steht schon entgegen, dass die von der Klägerin Ziffer 2) angeführte Auskunft des Vorstands, „wenn der Kurs von V unter den durchschnittlichen Kaufpreis [absinke], [müssten] Abschreibungen vorgenommen werden. Bei einem Eigenkapital im Konzern von 16,8 Mrd. Euro und einem Equity-Buchwert von 8,1 Mrd. Euro, …, [beantworte] sich diese Frage von selbst“ (II B.3, S. 244) gar nicht auf Frage 8 erteilt wurde.Dies ergibt sich aus der Voranstellung der Frage „Bei welchen Tiefstpreisen von V-Aktien kommt P in Schwierigkeiten?“ (II B.3, S. 244) vor die von der Klägerin Ziffer 2) in ihrer Berufungsbegründung gerügte Erklärung des Vorstands. Auf die unrichtige Beantwortung der Frage, bei welchen Tiefstpreisen von V-Aktien die Beklagte in Schwierigkeiten komme, kann sich die Klägerin Ziffer 2) aber nicht berufen, da sie die unzureichende Beantwortung dieser Frage nicht bereits in ihrer Klageschrift und damit nicht vor Ablauf der Anfechtungsfrist gerügt hat (dazu oben c) cc) (1) (1.2)). |
|
| (2) Jedenfalls hätte ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär den aus Sicht der Klägerin Ziffer 2) für die Beantwortung von Frage heranzuziehenden (Bl. 759) Hinweis des Vorstands auf das Eigenkapital der Beklagten (II B.3, S. 244) nicht dahin verstanden, dass der Beklagten auch im „worst case“ der vollständigen Abschreibung der Derivate keine existenziellen Risiken drohten. |
|
| (2.1) Soweit die Klägerin Ziffer 2) der Erklärung des Vorstands eine solche Bedeutung beimisst, interpretiert sie den Verweis auf das Eigenkapital der Beklagten in Verbindung mit der Wendung, „die Frage beantworte sich von alleine“, offenbar dahin, der Vorstand habe behauptet, das Eigenkapital reiche „in jedem Fall“ aus, um einen Abschreibungsbedarf im Bereich der Derivate infolge eines sinkenden V-Kurses zu kompensieren. |
|
| (2.2) Dieser Inhalt kommt der Erklärung aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers aber nicht zu. Die Erklärung enthält gerade keine Aussage darüber, ob das Eigenkapital zur Kompensation jedweden Abschreibungsbedarfs in der Lage ist, sondern beschränkt sich auf einen Verweis auf die Höhe der entsprechenden Bilanzpositionen und überlässt die Bewertung den Aktionären. Weitere Ausführungen waren auch nicht erforderlich. Wie die Beklagte zu Recht anmerkt, droht jeder Gesellschaft im Fall des Totalverlusts ihres wesentlichen Anlagevermögens durch Wertberichtigungen eine bilanzielle Überschuldung (Bl. 931). |
|
| (3) Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund der weitere Vorwurf der Klägerin Ziffer 2), das Eigenkapital sei zur Kompensation des aus einem Absturz der V-Aktie resultierenden Abschreibungsbedarfs nicht in der Lage (Bl. 759). |
|
| i) Entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 760) ist Frage 9, mit der die Angabe eines Dollarkurses bzw. eines V-Kurses begehrt wurde, der existenzgefährdende Risiken für die Beklagte begründen könne, weder unbeantwortet geblieben, noch hat sich der Vorstand der Beklagten bei der Beantwortung dieser Frage in Widersprüche verwickelt. |
|
| aa) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt (juris Rn. 395), dass der Vorstand der Beklagten diese Frage hinreichend beantwortet hat, indem er erklärte, die Aktionäre könnten davon ausgehen, dass entweder entsprechende Absicherungen getroffen worden seien oder die Marktentwicklung täglich sehr sorgfältig beobachtet und erforderlichenfalls eingegriffen würde, so „dass eine existenzgefährdende Situation niemals eintritt“ (II B.3, S. 140). Damit hat der Vorstand konkludent erklärt, dass die Entwicklung des Dollarkurses und des V-Kurses nach seiner Einschätzung keine existenzgefährdenden Risiken für die Beklagte begründen könnten. |
|
| (1) Dem kann die Klägerin Ziffer 2) nicht entgegen halten, der Vorstand der Beklagten habe nicht darüber Auskunft erteilt, welche konkreten Kurse des US-Dollar bzw. der V-Stammaktie die Existenz der Beklagten gefährden könnten (Bl. 761). Erklärt der Vorstand, es gäbe - wegen der von ihm getroffenen Sicherungsmaßnahmen - keine existenzgefährdenden Risiken, kann er folgerichtig keine Szenarien beschreiben, welche die Existenz der Gesellschaft in Frage stellen würden. |
|
| (2) Zu Unrecht kritisiert die Klägerin Ziffer 2) in diesem Zusammenhang (Bl. 762 f.) die Bemerkung des Landgerichts (juris Rn 395), es könne dahinstehen, ob die Einschätzung des Vorstands richtig gewesen sei, weil es sich dabei um kein Problem der ordnungsgemäßen Beantwortung der Frage handele.Das Landgericht hat in der Sache zutreffend festgestellt, dass der Vorstand der Beklagten Frage 9 schon dadurch hinreichend beantwortet hat, dass er das Bestehen existenzgefährdender Risiken aus seiner Sicht verneinte. |
|
| (2.1) Die hiergegen gerichtete Kritik der Klägerin Ziffer 2) verkennt, dass die Frage ausdrücklich nicht auf das objektive Bestehen von Risiken gerichtet, sondern auf die „aktuelle Einschätzung des Vorstands“ beschränkt war. Wer fragt, bei welchen Annahmen nach Einschätzung des Befragten Risiken bestehen, erhält ausreichend und zutreffend Antwort, wenn der Gefragte daraufhin seine Einschätzung mitteilt, Risiken bestünden nicht. |
|
| (2.2) Ob diese Einschätzung vor dem Hintergrund der vom Vorstand der Beklagten getroffenen Sicherungsmaßnahmen objektiv richtig war, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Sachlich unzutreffend wäre die Erklärung des Vorstands nicht schon dann, wenn entgegen seiner subjektiven Einschätzung objektiv existenzgefährdende Risiken bestanden, sondern nur, wenn er entgegen seiner Behauptung in der Hauptversammlung subjektiv vom Bestehen existenzgefährdender Risiken ausgegangen wäre (vgl. dazu oben a) ee) (2)). Dies ist indessen weder dargetan noch ersichtlich. |
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| (2.3) Eine Beschränkung des Auskunftsrechts des Aktionärs ist damit entgegen der Auffassung der Klägerin Ziffer 2) (Bl. 1037) nicht verbunden. Hätte sie anstelle der subjektiven Einschätzung des Vorstands eine objektive Auskunft erhalten wollen, hätte sie ihre Frage entsprechend anders formulieren müssen. |
|
| (3) Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob die Angabe konkreter Kurse von US-Dollar bzw. V-Stammaktien, bei denen die Existenz der Beklagten gefährdet sein könnte, überhaupt erforderlich war. |
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| bb) Nicht einwenden kann die Klägerin Ziffer 2), Frage 9 habe insbesondere darauf abgezielt, ob die Beklagte eine dem Umfang der Risiken angemessene Risikofrüherkennung im Sinne des § 91 Abs. 2 AktG implementiert hatte (Bl. 760). |
|
| (1) Dahinstehen kann, ob der Vorstand der Beklagten dazu verpflichtet gewesen wäre, nähere Einzelheiten über die von ihm erwähnten Absicherungen bzw. Marktbeobachtungen zu erläutern, um einem objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Verwaltung dem Gebot der Risikovorsorge hinreichend entsprochen hat. |
|
| (2) Der Gegenstand der Frage ließ jedenfalls aus objektiver Sicht nicht erkennen, dass der Fragesteller nähere Informationen über die Einzelheiten des Risikovorsorgesystems der Beklagten wissen wollte. Frage 9 bezog sich nur allgemein auf „existenzgefährdende Kurse“. Hätte der Fragesteller darüber Auskunft begehrt, wie die Sicherungen beschaffen sind, wegen derer der Vorstand eine Existenzgefährdung ausschließt, hätte er dies im Rahmen einer Nachfrage zum Ausdruck bringen können und müssen (vgl. dazu oben h) aa) (2) (2.2)). |
|
| (3) Zu beachten ist im Übrigen, dass der Vorstand in Bezug auf die Einzelheiten der Währungsabsicherung im weiteren Verlauf der Debatte ergänzend Auskunft erteilte, indem er zum einen erklärte, „die Geschäfte in Dollar [seien] durch Währungssicherung abgesichert“ und zum anderen mitteilte, der aktuelle V-Kurs sei „weit davon entfernt, sich für [die Beklagte] nachteilig auszuwirken, [weil der Erwerb von V-Stammaktien] zu Kursen [erfolgt sei], die deutlich unter den Jahresendkursen zum 31.07.2008 lagen“ (II B.3, S. 225). |
|
| cc) Zu Unrecht rügt die Klägerin Ziffer 2) schließlich, die auf Frage 9 erteilte Auskunft sei sachlich unzutreffend, weil sie der zu Frage 11 erteilten Auskunft widerspreche (Bl. 762). Die ergänzende Auskunft des Vorstands auf Frage 9, „die Geschäfte in Dollar [seien] durch Währungssicherung abgesichert“ (II B.3, S. 225), steht zu der auf Frage 11 erteilten Auskunft, die Beklagte schließe „Währungssicherungsgeschäfte zur Absicherung [ihres] operativen Geschäfts“ (II B.3, S. 209), nicht in Widerspruch. |
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| (1) Der von der Klägerin Ziffer 2) behauptete Widerspruch (Bl. 762, 769) ergäbe sich nur dann, wenn man die Auskunft auf Frage 9 dahin verstünde, die Währungssicherungsgeschäfte sicherten nicht nur das operative Geschäft der Beklagten, sondern auch ihre Derivatgeschäfte. Dies hat der Vorstand der Beklagten jedoch nicht behauptet. |
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| (2) Die Beklagte hat in der Berufungserwiderung klargestellt, dass ihre Derivatgeschäfte nicht durch Währungssicherungsgeschäfte abgesichert wurden (Bl. 933). Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs hat der Vorstand in der Hauptversammlung am 30.01.2009 durch seine Erklärung, „die Geschäfte in Dollar [seien] durch Währungssicherung abgesichert“ (II B.3, S. 225) nichts anderes erklärt, insbesondere hat er nicht behauptet, die Währungssicherungsgeschäfte erstreckten sich auf die Derivatgeschäfte. |
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| (3) Die Aussage erstreckte sich aus Sicht eines objektiven Empfängers auch nicht deshalb auf die Derivatgeschäfte, weil diese Gegenstand der Frage gewesen wären. Die Frage bezog sich vielmehr allgemein auf Risiken infolge der Entwicklung des US-Dollar einerseits - also auch auf Absatzrisiken am US-Markt im operativen Bereich - und auf Risiken infolge der Entwicklung der V-Stammaktie andererseits (II B.3, S. 225). |
|
| j) Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht auch keine Verletzung des Auskunftsrechts in Bezug auf Frage 10 festgestellt hat, mit der nach den Laufzeiten der Optionsgeschäfte gefragt wurde. |
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| aa) Nicht zu entscheiden ist, ob die Erteilung von Auskünften in Bezug auf die Laufzeiten der Optionsgeschäfte sowie etwaige Verlängerungsrechte zur Beurteilung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2007/2008 bzw. für die Neuwahl des Aufsichtsrats oder die Festsetzung seiner Vergütung erforderlich war. |
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| bb) Jedenfalls hat das Landgericht zu Recht festgestellt (juris Rn. 405), dass die Beklagte die Erteilung von Auskünften über die Laufzeiten der Optionen nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern durfte. Wie bereits festgestellt wurde, hat die Beklagte hinreichend dargelegt und plausibilisiert, dass ihr durch die Offenlegung von Details der Derivatgeschäfte - darunter der Laufzeiten und infolgedessen auch etwaiger Laufzeitverlängerungen - nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung ein nicht unerheblicher Nachteil drohte (dazu oben d) cc) (1) (1.3)). Umstände, die das daraus folgende Auskunftsverweigerungsrecht negieren könnten, sind dagegen nicht hinreichend dargetan (dazu oben d) cc) (2) und (3)). |
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| k) Zutreffend hat das Landgericht auch die Verletzung der Auskunftspflicht in Bezug auf Frage 11 verneint (juris Rn. 415), die auf die Mitteilung der Kosten und Verluste im Fall der „Glattstellung“ aller Dollar-Währungsgeschäfte auf den Tag der Hauptversammlung gerichtet war. |
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| aa) Der Vorstand der Beklagten hat die Frage ausreichend beantwortet, indem er darauf verwies, dass sich die Frage einer Glattstellung der Dollar-Währungsgeschäfte nicht stelle (II B.3, S. 209). |
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| (1) Erforderlich war die Frage allenfalls zur Abschätzung von Risiken aus Währungsgeschäften (Bl. 57) im Rahmen der Beurteilung der Entlastung der Verwaltung. Auf die Erforderlichkeit der Auskunft zur Entscheidung über die Gewinnverwendung (Bl. 57) kann sich die Klägerin Ziffer 2) dagegen nicht berufen, weil der entsprechende Beschluss nicht angefochten wurde. Unerheblich ist auch, dass die Klägerin Ziffer 2) in ihrer Berufungsbegründung erklärte, die Frage habe darauf abgezielt, ob den Pflichten aus § 91 Abs. 2 AktG genügt worden sei; jedenfalls folgt daraus nicht, dass der Vorstand verpflichtet gewesen wäre, die Maßnahmen der Beklagten zur Absicherung von Währungsrisiken über die Informationen hinaus zu erläutern, die er bereits zuvor in der Hauptversammlung erteilt hatte (II B.3, S. 198 f.). |
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| (2) Durch seinen Hinweis auf die Währungssicherungsgeschäfte der Beklagten hat der Vorstand die Existenz von Währungsrisiken jedoch konkludent verneint. Der Vorstand erklärte, dass die Beklagte zur Absicherung ihres operativen Geschäfts Währungssicherungsgeschäfte abschließe (II B.3, S. 209). Wie das Landgericht zutreffend feststellte, bezog er sich dabei auf die Erläuterungen zu diesen Geschäften, die er bereits zuvor abgegeben hatte (II B.3, S. 198 f.). Daraus folgte aus Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs, dass sich die Beklagte mittelfristig durch den Abschluss von Termin- bzw. Optionsgeschäften gegen eine ihr ungünstige Entwicklung der Währungskurse abgesichert hatte, um eine gesicherte Kalkulationsbasis zu erhalten. |
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| (3) Eine Auskunft zu den Verlusten und Kosten, die bei einer „Glattstellung“ aller Währungsgeschäfte auf den Tag der Hauptversammlung realisiert würden, war vor diesem Hintergrund aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs zur Beurteilung der Frage, ob der Vorstand kaufmännisch vernünftig gehandelt habe, nicht erforderlich. Hatte sich die Beklagte mittelfristig abgesichert, handelte es sich bei dem Szenario der Glattstellung auf den Tag der Hauptversammlung um ein rein theoretisches Ereignis, dessen Eintritt in höchstem Maße unwahrscheinlich war (vgl. dazu oben b) bb) (2) (2.1) (2.1.1)). |
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| bb) Fehl geht demgegenüber der Einwand der Klägerin Ziffer 2), Frage 11 sei sachlich unzutreffend beantwortet worden. Die Klägerin Ziffer 2) stützt ihren Einwand auf die Annahme, die Antwort auf Frage 11 widerspreche den zu Frage 9 erteilten Auskünften. Diese Annahme beruht indessen auf einem individuellen Fehlverständnis der Klägerin Ziffer 2); aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs ist kein Widerspruch festzustellen (dazu oben i) cc)). |
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| l) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht schließlich festgestellt, dass Frage 12 nicht zu beantworten war, mit der zum einen Auskunft begehrte wurde über die Folgen, wenn die Beklagte die Derivate mangels Bankenfinanzierung nicht „weiterrollen“ könne (Unterfrage 12.1), und zum anderen über „tatsächliche Kosten und Barabflüsse für den Aufbau und das Weiterrollen der V-Hedge-Positionen“ (Unterfrage 12.2), die monatlichen Kosten eines „Weiterrollens“ (Unterfrage 12.3) sowie die Verteuerung des „Weiterrollens“ nach einer Refinanzierung (Unterfrage 12.4). |
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| aa) Die Beantwortung von Unterfragen 12.1 bis 12.4 war aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs schon nicht erforderlich, um die Entlastung der Verwaltung bzw. die Neuwahl des Aufsichtsrats und dessen Vergütung beurteilen zu können. |
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| (1) Eine abstrakte Darstellung der mit Unterfrage 12.1 angesprochenen Auswirkungen der Unmöglichkeit des „Weiterrollens“ der Optionen war nicht geboten, weil den Aktionären hierüber bereits durch frühere Wortbeiträge des Vorstands hinreichend Auskunft erteilt worden war (dazu oben a) bb) (2) (2.2) (2.2.2.)). |
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| (1.1) Einem objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär war aufgrund der vom Vorstand bereits erteilten Auskünfte zum Inhalt der Derivatgeschäfte klar (II B.3, S. 234), dass sich beim Auslaufen der Optionen je nach dem Verhältnis des aktuellen Kurses der V-Stammaktie zu den festgelegten Strikes entweder ein Anspruch auf Erhalt des Differenzbetrags oder eine entsprechende Ausgleichspflicht ergab. Die in Frage 12.1 unterstellte Unmöglichkeit des „Weiterrollens“ (rolling), also der Verlängerung der Optionen nach Fälligkeit über das ursprünglich vereinbarte Laufzeitende hinaus, hätte demnach bedeutet, dass sich die Ausgleichsansprüche oder -verpflichtungen der Beklagten zum Ende der Laufzeit der Optionen realisiert hätten. |
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| (1.2) Eine konkretere Auskunft musste der Vorstand der Beklagten nicht erteilen.Eine solche Auskunft wäre ihm auch gar nicht möglich gewesen, weil die konkreten Auswirkungen des in der Frage unterstellten Szenarios wesentlich vom Kurs der V-Stammaktie bei Auslaufen der Optionen abhingen, den er am 30.01.2009 notwendig noch nicht kennen konnte. |
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| (1.3) Dem lässt sich nicht entgegen halten, der Vorstand hätte die Auswirkungen einer Vielzahl denkbarer V-Kurse beschreiben können; dies war aus der maßgeblichen Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs nicht erforderlich (dazu oben e) bb) (2) (2.1)). |
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| (2) Auch die mit Unterfragen 12.2 und 12.3 begehrten Informationen über die Kosten der Derivatgeschäfte waren zur Entscheidung über die Gegenstände der angefochtenen Beschlüsse nicht erforderlich. |
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| (2.1) Auf die Bedeutung der Informationen für den Tagesordnungspunkt „Gewinnverwendung“ kann sich die Klägerin Ziffer 2) schon deshalb nicht berufen (Bl. 59), weil dieser Beschlussgegenstand nicht angefochten wurde. |
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| (2.2) Die Klägerin Ziffer 2) kann sich auch nicht auf die Erforderlichkeit der Informationen zur Beurteilung der Entlastung der Verwaltung berufen, indem sie darauf verweist, dass diese eine Risikoabschätzung ermöglichen sollten (Bl. 345). Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Durchschnittsaktionärs waren die mit Unterfragen 12.2 und 12.3 begehrten Informationen über die Kosten der Derivatgeschäfte nicht nur nicht erforderlich, sondern schon gar nicht geeignet, um die Risiken der Derivatgeschäfte abzuschätzen. |
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| (2.2.2) Allein die Information über den mit einem Geschäft verbundenen Aufwand ermöglicht noch keine Risikoabschätzung; das aus einem Geschäft zu erzielende Ergebnis setzt sich aus Aufwand und Ertrag zusammen. Die Beklagte hat die Kosten deshalb zu Recht als einen von mehreren Faktoren bezeichnet, der in eine Risikobewertung einfließen muss (Bl. 240). Darüber hinaus bedarf es allerdings Informationen über die mit dem Geschäft verbundenen Erträge. (vgl. LG München I, AG 1987, 185, 189). Die isolierte Darstellung der Kosten ermöglicht demgegenüber nicht nur keine sinnvolle Risikoabschätzung, sondern erscheint sogar geeignet, den objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär beim Versuch einer Risikoabschätzung in die Irre zu führen. |
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| (2.2.3) Zwar entfällt die Erforderlichkeit einer begehrten Information grundsätzlich nicht schon deshalb, weil der Fragesteller nicht zugleich eine weitere Information begehrt. Anderes kann aber gelten, wenn eine Information dem objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär auch bei Erweiterung seiner Fragestellung keine sinnvolle Beurteilung eines Tagesordnungspunkts ermöglicht, weil die dazu benötigte weitere Information nicht erteilt werden kann oder darf (vgl. oben e) bb) (2) (2.1)). Dies ist hier in Bezug auf die Informationen über die Kosten der Derivatgeschäfte anzunehmen, weil Informationen über die Erträge der Derivatgeschäfte am 30.01.2009 nicht erteilt werden konnten bzw. durften. |
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| Zutreffend hat die Beklagte (Bl. 240) darauf hingewiesen, dass der mit den Derivatgeschäften verbundene Ertrag zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.01.2009 noch gar nicht feststand, da aus den noch nicht abgewickelten Derivatgeschäften noch Barausgleichspflichten zulasten oder zugunsten der Beklagten resultieren konnten. Deren Umfang hing von der künftigen Entwicklung des V-Kurses zu den in den Derivatgeschäften festgelegten Zeitpunkten ab. Diese Entwicklung war weder dem objektiven Durchschnittsaktionär noch dem Vorstand der Beklagten am 30.01.2009 bekannt. Selbst wenn die Frage auf den künftigen Aufwand bzw. die künftigen Erträge erstreckt worden wäre, hätte der Vorstand der Beklagten dazu also keine Auskunft erteilen können (vgl. oben e) bb) (2) (2.1)). |
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| Der Vorstand der Beklagten war auch nicht verpflichtet, den künftig noch anfallenden Aufwand bzw. Ertrag in Abhängigkeit von der Entwicklung des Kurses der V-Stammaktie zu prognostizieren; solche Prognosen hätten Rückschlüsse auf die in den Derivatgeschäften festgelegten Ausübungspreise ermöglicht, deren Offenlegung die Beklagte nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern durfte und auch verweigert hat (dazu oben d) cc) und unten bb)). |
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| War weder eine sinnvolle Risikoabschätzung auf der Grundlage isolierter Auskünfte über die bislang angefallenen Kosten der Derivatgeschäfte noch eine Erweiterung der Fragestellung auf die Erträge der Derivatgeschäfte möglich, benötigte ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär jedenfalls angesichts der Gefahr der Irreführung durch unvollständige Informationen die mit Unterfrage 12.2 und 12.3 erbetenen Informationen nicht zur Entscheidung über die Entlastung. |
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| (3) Nicht erforderlich war schließlich die Beantwortung von Unterfrage 12.4. |
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| (3.1) Ob und in welchem Umfang der Beklagten bei einer Refinanzierung des im März 2009 auslaufenden Kredits Mehrkosten für das „Weiterrollen“ der Optionen entstanden wären, hängt von den Konditionen der Kreditverlängerung ab. Diese konnte der Vorstand der Beklagten am 30.01.2009 noch nicht kennen. |
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| (3.2) Dem lässt sich nicht entgegen halten, der Vorstand hätte die Auswirkungen einer Vielzahl denkbarer Konditionen darstellen können. Die Mitteilung einer Vielzahl von Beträgen in Abhängigkeit verschiedener denkbarer Kreditkonditionen hätte dem objektiv urteilenden Durchschnittsaktionär ohne Informationen über die Wahrscheinlichkeit der Vereinbarung dieser Konditionen ebensowenig eine sinnvolle Risikoabschätzung ermöglicht wie die Bezifferung der Auswirkungen einer Vielzahl denkbarer V-Kurse (dazu oben (1) (1.3) und e) bb) (2) (2.1)). |
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| bb) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (juris Rn. 434), hat sich der Vorstand der Beklagten jedenfalls zu Recht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG berufen. |
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| (1) Oben (dazu oben d) cc)) wurde bereits festgestellt, dass der Vorstand der Beklagten nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG die Auskunft zu den mit Unterfrage 4.2 begehrten Details der Derivatgeschäfte, namentlich zu den Strikes und Laufzeiten, verweigern durfte, weil im Fall der Offenlegung dieser Informationen die konkrete Gefahr bestand, dass Kapitalmarktteilnehmer die von der Beklagten mit den Optionsgeschäften bezweckte Kurssicherungsstrategie vereiteln. Dieses Auskunftsverweigerungsrecht erstreckt sich grundsätzlich auch auf die mit Frage 12 begehrten Informationen, da deren Offenlegung Rückschlüsse auf die zu Unterfrage 4.2 begehrten Informationen zugelassen hätte. Besteht die konkrete Gefahr, dass aus der Offenlegung einer Information Rückschlüsse auf eine geheimhaltungsbedürftige andere Information gezogen werden, muss das Auskunftsverweigerungsrecht auch für diese Information gelten. |
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| (1.1) Die mit Unterfrage 12.1 begehrten Auskünfte über die Folgen eines Auslaufens der Optionen mangels „Weiterrollens“ hätten jedenfalls dann Rückschlüsse auf nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG zu Recht verweigerte Informationen ermöglicht, wenn sie - über die abstrakte Beschreibung der Funktionsweise der Derivatgeschäfte hinaus (dazu oben aa) (1) (1.1)) - konkret beziffert worden wären. Da sich Ausgleichsansprüche bzw. Ausgleichsverpflichtungen mangels „Weiterrollens“ am Ende der Laufzeit je nach Verhältnis von festgelegtem Strike und Kurs der V-Stammaktie realisiert hätten, bestand im Fall der Bezifferung der Folgen des Auslaufens die konkrete Gefahr, dass Rückschlüsse auf die Laufzeiten und Strikes gezogen werden. |
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| (1.2) Gleiches gilt für die Offenlegung der mit Unterfrage 12.2 begehrten Informationen über „Kosten und Barabflüsse“ der Derivatgeschäfte sowie die mit Unterfrage 12.3 begehrten Auskünfte über die monatlichen Kosten des „Weiterrollens“. |
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| (1.2.1) Soweit mit „Barabflüssen“ die Verpflichtungen der Beklagten zu Ausgleichszahlungen in Bezug auf die Differenz zwischen V-Kurs und festgelegten Strikes bei Laufzeitende erfasst werden, drohten Rückschlüsse auf Strikes und Laufzeit der Derivate. Die Gefahr von Rückschlüssen bestand indessen auch, soweit mit „Kosten“ die von der Beklagten für den Abschluss der Derivatgeschäfte bezahlten Prämien gemeint waren, die sich in Abhängigkeit von Laufzeit, Strikes und Prognosen zum V-Kurs bei Laufzeitende bestimmen und damit Rückschlüsse auf diese Parameter ermöglichen. Auch die begehrten Auskünfte über die monatlichen Kosten des „Weiterrollens“ lassen Rückschlüsse auf die Details der Optionsgeschäfte zu; die monatlichen Kosten für die Verlängerung der Optionen bestimmen sich entsprechend der ursprünglichen Optionsprämie in Abhängigkeit von weiterer Laufzeiten, Strikes und Prognosen zum V-Kurs bei Ende des Verlängerungszeitraums und ermöglichen dementsprechend ähnlich wie die ursprüngliche Optionsprämie selbst Rückschlüsse auf diese Parameter. |
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| (1.2.2) Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass die Gefahr von Rückschlüssen bei Angabe von Globalbeträgen geringer gewesen wäre. Zum einen war Unterfrage 12.3 ausdrücklich auf eine Bezifferung der „monatlichen“ Kosten gerichtet, so dass ihre Beantwortung grundsätzlich eine differenzierende Betrachtung verlangte. Zum anderen hätte jedenfalls die - aus Sicht eines objektiven Durchschnittsaktionärs für eine sinnvolle Risikoabschätzung und damit zur Begründung der Erforderlichkeit der Auskunft nötige (dazu oben aa) (2) (2.2) (2.2.3)) - Mitteilung der künftigen Aufwands- bzw. Ertragserwartungen einschließlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten Rückschlüsse auf weitere Laufzeiten, Strikes und Prognosen zum V-Kurs bei Laufzeitende ermöglicht. |
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| (1.3) Besteht die konkrete Gefahr von Rückschlüssen auf geheimhaltungsbedürftige Details der Derivatgeschäfte durch die Offenlegung der monatlichen Kosten des „Weiterrollens“ auf Unterfrage 12.3 hin, besteht diese Gefahr auch in Bezug auf die mit Unterfrage 12.4 begehrte Information über die Mehrkosten im Fall der Refinanzierung, da über die Mehrkosten nicht ohne Offenlegung des Ausgangsbetrags Auskunft erteilt werden kann. |
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| (2) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Beklagte die begehrten Auskünfte ohnehin hätte erteilen müssen. |
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| (2.1) Zunächst ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte über die „bilanziellen Auswirkungen einer scheiternden Prolongation von Kreditfazilitäten und nach den fortlaufenden Kosten und Liquiditätsabflüssen aus dem Aufbau der Beteiligung - einschließlich der Kurssicherungsgeschäfte - an [V]“ ohnehin im nachfolgenden Jahresabschluss zum 31.07.2009 Auskunft erteilen musste (Bl. 785). |
|
| (2.1.1) Im Hinblick auf die Folgen des Scheiterns eines „Weiterrollens“ mangels Kreditfinanzierung ist schon nicht dargetan, dass der Fall der Unmöglichkeit der Verlängerung der Laufzeiten der Optionen mangels Kreditfinanzierung nach der Hauptversammlung am 30.01.2009 tatsächlich eintrat. Die der Beklagten gewährte Kreditlinie über 10 Mrd. Euro wurde jedenfalls am 24.03.2009 verlängert (Bl. 909, BB.3). Ob dies von vornherein sicher feststand oder nicht (Bl. 1039), bedarf hier keiner Prüfung. |
|
| (2.1.2) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die „fortlaufenden Kosten und Liquiditätsabflüsse“ in ihrem Jahresabschluss zum 31.07.2009 in einem Detaillierungsgrad hätte offenlegen müssen, welcher den in der Hauptversammlung gestellten Fragen entspricht. |
|
| (2.1.3) Schließlich ist zu beachten, dass die Beklagte zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses per 31.07.2009 erst zu dem in § 325 Abs. 1 Satz 2 HGB genannten Zeitpunkt verpflichtet war. Die konkrete Gefahr der Entstehung von Nachteilen durch eine Offenlegung am 30.01.2009 entfällt nicht im Hinblick auf eine etwaige Offenlegungspflicht nach dem 31.07.2009. Maßgeblich für die Beurteilung etwaiger Nachteile ist ausschließlich der Zeitpunkt der Hauptversammlung (dazu oben d) cc) (1) (1.3) (1.3.2)). |
|
| (2.2) Aus den Feststellungen der BaFin, die der Veröffentlichung vom 24.09.2010 (BK 1.2, Bl. 1009) zugrunde liegen, folgt nichts Anderes. |
|
| (2.2.1) Die BaFin hat nur festgestellt, dass die Beklagte am 31.01.2009 verpflichtet war, in ihrem Konzernzwischenlagebericht über das aus dem Auslaufen einer Kreditlinie über 10 Mrd. Euro im März 2009 folgende Liquiditätsrisiko zu berichten. |
|
| (2.2.2) Daraus folgt aber nicht, dass die Beklagte die mit Unterfragen 12.1 bis 12.4 begehrten Informationen hätte erteilen müssen. Die mit dem Auslaufen der Kreditlinie verbundenen Liquiditätsrisiken mögen Motiv für die Stellung von Frage 12 gewesen sein (Bl. 1004, 1038). Sie waren aber nicht Gegenstand der Frage (zu dieser Unterscheidung vgl. oben h) aa) (2) (2.2)). Gegenstand der Frage waren vielmehr die Kosten der Derivatgeschäfte. Hinsichtlich Unterfragen 12.2 bis 12.4 folgt dies schon aus dem Wortlaut der Fragen; bei Unterfrage 12.4 spielte das Auslaufen der Kreditlinie der Beklagten allenfalls mittelbar eine Rolle, weil hier die Mehrkosten im Fall einer Refinanzierung angesprochen wurden. Zwar lässt sich Unterfrage 12.1 angesichts ihrer allgemeinen Formulierung nicht eindeutig entnehmen, dass nur die Kosten der Derivatgeschäfte Gegenstand der Frage sind. Aus objektiver Sicht folgt dies aber aus dem Kontext der weiteren Unterfragen, auf dessen Maßgeblichkeit sich die Klägerinnen im Zuge ihrer Kritik an der Untergliederung der Fragen selbst berufen haben (Bl. 752). |
|
| (3) Ein das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten überwiegendes Aufklärungsinteresse ist weder dargetan noch ersichtlich. Das Unterlassen der Offenlegung des aus dem Auslaufen der Kreditlinie folgenden Liquiditätsrisikos zum 31.01.2009 mag zwar eine Pflichtverletzung des Vorstands darstellen, aus der sich ein Aufklärungsinteresse der Gesellschaft ableiten lässt. Dieses Aufklärungsinteresse ist aber nicht auf die mit Frage 12 begehrten Informationen gerichtet (vgl. dazu oben d) cc) (2) (2.1) (2.1.3) und (2.2) (2.2.3)).Auch im Übrigen begründen die von der Klägerin Ziffer 2) angeführten Umstände (Bl. 59, 345, 788, 700 ff.) keinen hinreichenden Verdacht eines schwerwiegenden, die Gesellschaft schädigenden oder gefährdenden Versagens der Verwaltung, aus dem ein überwiegendes Aufklärungsinteresse abzuleiten wäre (dazu oben d) cc) (2)). |
|
| 4. Den im Schriftsatz vom 26.10.2010 gestellten Anträgen der Klägerin Ziffer 1) (Bl. 1000) ist nicht zu entsprechen. |
|
| a) Anordnungen nach §§ 142 Abs. 1 Satz 1, 432 Abs. 1 und 251 Satz 1 ZPO wären allenfalls geboten, wenn die Unterlagen betreffend das Verfahren der BaFin, das der Veröffentlichung vom 24.09.2010 (BK 1.2, Bl. 1009) vorausging und auf das sich die Vorlageanordnungen beziehen bzw. deren Beschaffung und Auswertung ein Ruhen des Verfahrens dienen sollte, entscheidungserheblich wären (zu § 142 ZPO vgl. oben I. 2. c) aa) (2)). |
|
| b) Auf die Frage, ob es die Beklagte bzw. ihre Organe im Konzernzwischenlagebericht zum 31.01.2009 pflichtwidrig unterlassen haben, auf die aus dem Auslaufen der Kreditlinie im März 2009 folgenden Liquiditätsrisiken hinzuweisen, kommt es in diesem Verfahren aber nicht an. |
|
| aa) Eine solche Pflichtverletzung vermag die Entlastungsanfechtung schon aus formalen Gründen nicht zu rechtfertigen (dazu oben B. I. 4. c) cc) (4)). |
|
| bb) Sie steht auch nicht der Annahme eines Auskunftsverweigerungsrechts der Beklagten in Bezug auf die in diesem Verfahren gerügten Fragen von Aktionären in der Hauptversammlung am 30.01.2009 entgegen, weil daraus weder ein überwiegendes Aufklärungsinteresse in Bezug auf die mit Frage 4 begehrten Informationen über die Details der Derivatgeschäfte (dazu oben 3. d) cc) (2) (2.2) (2.2.3)) noch in Bezug auf die mit Frage 12 begehrten Informationen über ihre Kosten (dazu oben 3. l) bb) (3) (3.2)) folgt. |
|
| cc) Ob sich alle in diesem Verfahren gerügten Fragen um existenzgefährdende Risiken „drehten“ (Bl. 1004), also durch die Sorge um solche Risiken motiviert waren, kann dahinstehen, da die Motive der Fragesteller für den Umfang der Auskunftspflicht der Gesellschaft grundsätzlich ohne Bedeutung sind (dazu oben h) aa) (2) (2.2)). |
|
| c) Die von der Klägerin Ziffer 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochenen „verfassungsrechtlichen Gewährleistungen“ (Bl. 1059) führen zu keinem anderen Ergebnis (vgl. oben I. 2. c) aa) (3)). |
|
| Den Klägerinnen war in der mündlichen Verhandlung am 03.11.2010 kein Recht zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 01.11.2010 nachzulassen. |
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| Ein Schriftsatzrecht nach § 283 ZPO kann nur in Bezug auf solche Schriftsätze beansprucht werden, die entscheidungserhebliche neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten (Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 283 Rn. 2a). Dies trifft auf den Beklagtenschriftsatz vom 01.11.2010 indessen nicht zu. Soweit die Beklagte dort über die Erwiderung auf die in den Repliken der Klägerinnen vertretenen Rechtsauffassungen hinaus neuen Vortrag gehalten hat, beschränkte sie sich auf den Hinweis, dass der Vorstand über das mit dem Auslaufen der Kreditlinie im März 2009 verbundene Liquiditätsrisiko in der Hauptversammlung Auskunft erteilt habe (Bl. 1048), und die Klarstellung, dass der Konzernzwischenlagebericht zum 31.01.2009 erst am 31.03.2009 zu veröffentlichen gewesen sei (Bl. 1049). Daraus folgerte sie, dass die BaFin zu Unrecht eine Pflichtverletzung festgestellt habe (Bl. 1049). Auf diese Umstände kommt es indessen hier nicht an, da schon die Frage, ob es die Beklagte bzw. ihre Organe im Konzernzwischenlagebericht zum 31.01.2009 pflichtwidrig unterlassen haben, auf das mit dem Auslaufen der Kreditlinie im März 2009 verbundene Liquiditätsrisiko hinzuweisen, nicht entscheidungserheblich ist (dazu oben II. 4. b)). |
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| 2. Die Revision ist nicht zuzulassen. Revisionszulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung beruht - soweit sie nicht auf den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls gründet, die nach dem eigenen Vortrag der Klägerinnen singulär sind - auf gesicherter Rechtsprechung. |
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