Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. August 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, 8 O 112/11 (KfH), wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das am 21. August 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, 8 O 112/11 (KfH), unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 263.197,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000 Euro seit dem 14. September 2011 und aus 253.197,13 Euro seit dem 16. Februar 2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.380,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 775,64 Euro seit dem 14. September 2011 und aus 2.605,15 Euro seit dem 16. Februar 2013 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

4. Das Urteil, sowie das angegriffene Urteil des Landgerichts Saarbrücken, ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz wegen Nichtabnahme von Schaumwein, die Beklagte im Wege der Widerklage Schadensersatz aufgrund Nicht-Verkehrsfähigkeit der Ware.

Der Kläger, Inhaber der Wortmarken „Castle of Dracula“ und „Marsecco“ betreibt – zumindest auch – einen Weinhandel. Die Beklagte vertreibt vor allem den von ihrer Muttergesellschaft in Frankreich hergestellten Champagner, aber auch verschiedene Weine.

Mit Vertriebsvertrag vom 18. April 2007 gewährte der Kläger der Rechtsvorgängerin der Beklagten unter anderem das alleinige Recht, das Produkt „Castle of Dracula – Marsecco“, einen in Italien hergestellten Perlwein, zu vertreiben. Der Vertrag wurde für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2009 fest geschlossen. Es wurde vereinbart, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten jährlich 150.000 Flaschen zu einem Preis von 3,75 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer ab Werk in Italien abnimmt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Blatt 79 f. d.A. Bezug genommen. Mit 2. Nachtrag vom 14. März 2008 (Bl. 82 d.A.) vereinbarten der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Laufzeitverlängerung des Vertrages auf drei Jahre und legten die Abnahmemengen wie folgt fest: im ersten Vertragsjahr 75.000 Flaschen, im zweiten Jahr 100.000 Flaschen und im dritten Jahr 125.000 Flaschen.

Der Kläger lieferte insgesamt 100.000 Flaschen, welche die Beklagte auch bezahlte. Jedenfalls ca. 60.000 Flaschen im Wert von 248.125,44 Euro befinden sich noch bei der Beklagten.

Mit Schreiben vom 20. November 2009 (Bl. 149 f. d.A.) kündigte die Beklagte den Vertriebsvertrag. Sie sehe sich außerstande, die Restmenge von 125.000 Flaschen noch abzunehmen. Die Parteien vereinbarten in der Folge eine Vertragsverlängerung bis zum 30. April 2011 und eine Abnahme der Restmenge bis dahin. In ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2009 führte die Beklagte unter anderem aus (Bl. 113 d.A.):

„Wir haben Ihr Schreiben vom … erhalten und werden auf der Basis einer Vertragsverlängerung bis zum 30.04.2011 die restlichen Verkäufe von Castle of Dracula abwickeln. (…) Die Restbestände planen wir bis Ende April 2011 folgendermaßen abzunehmen: …“

Unter Verweis auf die gesetzeswidrige Etikettierung der Ware forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 22. April 2010 auf, die noch bei ihr befindlichen Flaschen, welche unter unbehebbaren Mängeln litten, zurückzunehmen. Sie sehe sich nicht mehr in der Lage den Vertrag fortzuführen (Bl. 19 ff. d.A.). Nach weiterem Schriftwechsel erwirkte die Klägerin hinsichtlich der gerügten Mängel der Etikettierung unter dem 13. Juli 2010 eine Ausnahmegenehmigung der Stadt (Bl. 23 ff. d.A.). Die Beklagte nahm daraufhin den Vertrieb des Produkts wieder auf.

Am 2. August 2010 untersuchte das Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz (LSGV) bei der Beklagten einen Teil der vom Kläger gelieferten Flaschen. Neben den Kennzeichnungsmängeln, bezüglich deren die Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, beanstandete das LSGV die Bezeichnung „Marsecco“. Hierin sei der Wortteil „secco“ enthalten. Dieser sei als Geschmacksangabe für einen italienischen Perlwein IGT delle Venezie zugelassen, wenn der Restzuckergehalt zwischen 0 und 15 g/Liter liege. Da der Restzuckergehalt des vom Kläger vertriebenen Perlweins bei 32 g/Liter liege, sei die Bezeichnung „Marsecco“ irreführend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 93 ff. d.A. Bezug genommen. Hieran anknüpfend wurde die Beklagte durch Schreiben der Landwirtschaftskammer (LWK) vom 23. August 2010 dahingehend belehrt, dass das Inverkehrbringen von Erzeugnissen mit irreführender Bezeichnung nach § 25 Abs. 1 WeinG unzulässig sei.

Unter Verweis auf diese Belehrung teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27. August 2010 mit, ein weiteres Festhalten am Vertrag sei für sie unzumutbar. Der Kläger wurde aufgefordert, den noch bei ihr lagernden Bestand binnen vier Wochen abzuholen.

Nach der Bitte des Klägers, die LWK möge ihre Rechtsauffassung überprüfen, teilte diese mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 (Bl. 31 d.A.) mit, ihr vorheriges Schreiben sei nicht als Verkaufsverbot zu verstehen. Einem Abverkauf der an Lager befindlichen Ware stehe aus Sicht der Weinüberwachung nichts entgegen. Der Kläger leitete dieses Schreiben an die Beklagte weiter und forderte sie auf, ihrer Abnahmepflicht sofort nachzukommen.

In der Folge verhandelte die Beklagte mit der LWK, der sie u.a. mitteilte, es gehe ihr um die zuverlässige Klärung der Frage, ob sie die bei ihr lagernden Bestände mit der Bezeichnung „Marsecco“ in den Verkehr bringen dürfe. Nach Beteiligung des Ministeriums für Wirtschaft und Wissenschaft als übergeordneter Behörde erließ die LWK am 20. Dezember 2010 ein Verkaufsverbot hinsichtlich der bei der Beklagten lagernden Flaschen aufgrund deren irreführender Bezeichnung (Bl. 35 f. d.A.). Die Beklagte teilte dem Kläger mit, sie werde hiergegen keinen Widerspruch einlegen und forderte zur Abholung der Ware auf.

Der Kläger seinerseits legte gegen das Verkaufsverbot Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht des Saarlandes, die LWK zu verpflichten, den Verkauf der Falschen zu dulden. Das Verwaltungsgericht wies den Eilantrag wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis ab. Sein Widerspruch habe aufschiebende Wirkung, so dass das Verkaufsverbot dem Vertrieb nicht entgegenstehe.

Ein auf Anzeige der LWK gegen den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurde mit Schreiben vom 11. November 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 151 f. d.A. Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe bis zum 30. April 2010 in mehreren zeitlich befristeten Partien 125.000 Flaschen abzunehmen gehabt. Er ist der Ansicht, die Bezeichnung als „Marsecco“ sei nicht irreführend. Die Kündigungen seien schon aufgrund fehlender Abmahnung wirkungslos. Eine Abmahnung sei auch nicht entbehrlich gewesen, da die gerügten Mängel hätten abgestellt werden können.

Der Kläger machte im Wege der Teilklage den entgangenen Gewinn für 4.762 Flaschen geltend (Differenz zwischen Einkaufspreis von 1,65 Euro, mit Schriftsatz vom 28. November 2011 korrigiert auf 1,63 Euro, und Verkaufspreis von 3,75 Euro) und hat mit der, der Beklagten am 13. September 2011 zugestellten Klage beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.000 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab 01.05.2010

sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 Euro nebst 5 Prozent Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Wege der Widerklage machte die Beklagte die Erstattung des Kaufpreises für den Perlwein sowie Lagerkosten ab September 2010 von monatlich 405 Euro geltend und hat beantragt,

1. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 248.125,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. August 2010 zu zahlen;

2. den Kläger des Weiteren zu verurteilen, an die Beklagte 8.910,00 Euro und ab dem 1. Juli 2012 405,00 Euro je abgelaufenem Monat zu zahlen.

Die Beklagte ist der Ansicht, auf die Ausnahmegenehmigung könne sich der Kläger nicht berufen, da diese von einer unzuständigen Behörde erteilt worden sei. Im Übrigen sei sie mittlerweile abgelaufen.

Der Kläger hat hinsichtlich der Widerklageforderung die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit am 21. August 2012 verkündetem Urteil (Bl. 175 ff. d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Saarbrücken der Klage in Höhe von 8.500,17 Euro stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Kündigungen der Beklagten seien jedenfalls aufgrund fehlender Abmahnung unwirksam. Dem Kläger seien jedoch Aufwendungen in Höhe von nach § 287 ZPO geschätzten 15% der Preisdifferenz anzurechnen. Etwaige Gewährleistungsansprüche der Beklagten seien verjährt. Mangels Verstoß gegen das Irreführungsverbot und aufgrund fehlender Schutzgesetzeigenschaft scheide auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 25 WeinG bzw. der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation für Wein aus.

Gegen dieses ihm am 24. August 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 23. September 2012 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. November 2012 mit am 24. November 2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Auch die Beklagte hat gegen dieses ihr am 27. August 2012 zugestellte Urteil mit am 25. September 2012 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. November 2012 mit am Vortag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, die Kürzung seines Anspruchs um ersparte Aufwendungen sei eine Überraschungsentscheidung. Zudem seien Generalunkosten bei der Berechnung des entgangenen Gewinns nicht abzuziehen. Sein Aufwand habe sich auf das Übersenden der Rechnungen an die Beklagte und die Begleichung der Rechnungen des Lieferanten in Italien beschränkt. Aufwand, wie im 2. Nachtrag festgehalten, sei – wenn überhaupt – nur zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Parteien entstanden, danach nicht mehr. Musterware habe die Beklagte auf eigene Kosten eingesetzt.

Hinsichtlich der Zinsen habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Beklagte Grund und Höhe der Zinsen nicht bestritten habe. Zumindest sei Verzug ab ernsthafter und endgültiger Abnahmeverweigerung der Beklagten eingetreten.

Da es sich um einen Exklusiv-Vertriebsvertrag gehandelt habe, liege auch ein Dauerschuldverhältnis vor. Um sich hiervon zu lösen, habe die Beklagte treuwidrig Kündigungsgründe zu schaffen versucht.

Der Kläger hat bezüglich der Erstberufung zunächst angekündigt, er werde beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2010 zu zahlen, abzüglich zuerkannter 8.500,17 Euro nebst Zinsen seit dem 14. September 2011.

Er hat die Klage auf den entgangenen Gewinn bezüglich sämtlicher nicht abgenommener 125.000 Flaschen erweitert. Insoweit legt er einen Einkaufspreis von 1,63 Euro zugrunde.

Mit dem der Beklagten am 15. Februar 2013 zugestelltem Schriftsatz beantragt der Kläger klageerweiternd zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 253.197,13 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab 01.09.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.198,24 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie

1. das Urteil des LG Saarbrücken – Az. 8 O 112/11 (KfH) – vom 21. August 2012 aufzuheben;

2. die Klage abzuweisen;

3. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 248,125,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. August 2010 zu zahlen;

4. den Kläger des Weiteren zu verurteilen, an die Beklagte 8.910,00 Euro und ab dem 1. Juli 2012 405,00 Euro je abgelaufenem Monat zu zahlen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht Saarbrücken sei zu Unrecht von einem Dauerschuldverhältnis ausgegangen. Es handele sich um einen Sukzessivlieferungsvertrag in Form eines Ratenlieferungsvertrags. Dieser sei nicht durch Kündigung, sondern durch Rücktritt beendet worden. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung sei nicht erforderlich gewesen, da der Kläger das für die Vertragsabwicklung notwendige gegenseitige Vertrauen nachhaltig zerstört habe. Er habe an die Beklagte nicht verkehrsfähig etikettierte Ware geliefert. In einer Zeitspanne von fast drei Monaten bis zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung sei die Beklagte nicht lieferfähig gewesen. Aufgrund des Verstoßes des Klägers gegen § 241 Abs. 2 BGB habe die Beklagte nach § 324 BGB vom Vertrag zurücktreten können. Das Landgericht habe den Vertrauensverlust auf Seiten der Beklagten nicht berücksichtigt.

Bei der Berechnung der Aufwendungen habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger hierzu darlegungs- und beweispflichtig ist. Eine unbegründete Schätzung werde dem Sachverhalt nicht gerecht. Ausweislich des 2. Nachtrags vom 14. März 2008 habe der Kläger durchaus Mitwirkungspflichten an dem Geschäft und ihm dadurch entstehende weitere Kosten. Der Kläger habe regelmäßig Kunden der Beklagten besucht und sei öfter am damaligen Sitz der Beklagten in gewesen. Musterwaren seien von ihm eingesetzt worden. Der Zinsanspruch vor dem 14. September 2011 werde bestritten.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger einen Einkaufspreis von 1,63 Euro pro Flasche gezahlt habe.

Bezüglich der Widerklageforderung ist die Beklagte der Ansicht, § 25 WeinG sei anwendbar. Die Etikettierung mit „Marsecco“ verstoße gegen das Verbot zum Schutz vor Täuschung nach Art. 118x VO (EG) Nr. 1234/2007 und § 25 WeinG. Diese Normen seien auch Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift des Landgerichts Saarbrücken vom 7. August 2012, des Senats vom 23.Oktober 2013 sowie das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 21. August 2012 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet, die zulässige Zweitberufung der Beklagten dagegen unbegründet.

I. Die zulässige Erstberufung des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Tatsachen, die der Senat gemäß den §§ 529, 531 ZPO seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, rechtfertigen eine dem Kläger rechtlich vorteilhaftere Entscheidung, § 513 ZPO.

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB zusteht. Dieser ist entgegen der Ansicht des Landgerichts jedoch nicht infolge ersparter Aufwendungen zu kürzen.

1. Die Klageerweiterung des Klägers ist zulässig.

Auf den vorliegenden Fall der Klageerweiterung ist die Vorschrift des § 533 ZPO nicht anwendbar. In den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO bedarf es in der Berufungsinstanz weder der Einwilligung des Gegners noch der Sachdienlichkeit, da § 525 ZPO auf diese Privilegierung der Klageänderung ebenfalls verweist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 – VII ZR 138/04 -, juris, Absatz-Nr. 25; Oberheim, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 533 Rn. 13). Die zugrunde zu legenden Tatsachen sind mit denen der ersten Instanz im Sinne von § 533 Nr. 2 ZPO identisch, so dass auch § 531 Abs. 2 ZPO der Zulässigkeit nicht entgegensteht. Der Sachverhalt, welcher der erweiterten Klage zugrunde liegt, deckt sich mit dem in erster Instanz festgestellten, da es sich dort lediglich um eine Teilklage gehandelt hat. Das streitige Rechtsverhältnis aus dem der Kläger seine Ansprüche geltend macht, ist das gleiche.

Auf die eigentliche Klageänderung findet § 531 Abs. 2 ZPO keine Anwendung, da es sich dabei nicht um ein Angriffsmittel, sondern um den Angriff selbst handelt (vgl. Oberheim, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 531 Rn. 3).

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht abgenommener Flaschen aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB in Höhe der nach Klage und Klageerweiterung beantragten 263.197,13 Euro.

a. Das Landgericht Saarbrücken hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte aus dem Exklusiv-Vertriebsvertrag vom 18. April 2007 in Verbindung mit dem 2. Nachtrag vom 14. März 2008 (Bl. 82 d.A.) eine Pflicht zur Abnahme von noch restlichen 125.000 Flaschen trifft. Hiergegen trägt die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung auch nichts Dezidiertes vor.

b. Die Pflicht zur Abnahme der vorgenannten Menge ist nicht infolge Kündigung nach § 314 BGB entfallen (1.). Selbst wenn man, der Rechtsansicht der Beklagten folgend, die Rücktrittsvorschriften des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts anwenden will, folgt hieraus kein anderes Ergebnis (2.).

(1.) Die Beklagte konnte sich nicht wirksam durch Kündigung vom Vertriebsvertrag lösen.

(a.) Zutreffend ist das Landgericht Saarbrücken vom Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses ausgegangen, so dass der Beklagten nur eine Loslösung durch eine Kündigung aus wichtigem Grund, § 314 Abs. 1 BGB möglich ist.

Ein solches Schuldverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass der Umfang der vertragstypischen Hauptleistung erst mit Hilfe der Zeit quantifizierbar ist. Das typische Risiko der Parteien, die ein Dauerschuldverhältnis eingegangen sind, liegt demnach in der fehlenden Überschaubarkeit des letztlich geschuldeten Leistungsumfangs sowie der Umstände der Leistungserbringung (vgl. Gaier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 314 Rn. 5).

Nicht zu den Dauerschuldverhältnissen zählen daher Lieferverträge nur dann, wenn zwar sukzessiv geleistet wird, der Umfang der Lieferung aber von vornherein feststeht, sog. Ratenlieferungsvertrag. Wurde die zu liefernde (Gesamt-)Menge jedoch nicht schon bei Vertragsschluss vereinbart, sondern entwickelt sich diese erst im Laufe der Vertragsbeziehung, liegt ein Dauerschuldverhältnis vor. Der Umfang der zu erbringenden Leistung richtet sich nach dem Bedarf des Vertragspartners, so dass der andere Vertragspartner auf Anforderung ständig liefern können muss (vgl. Weth, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 314 Rn. 10).

Hiernach liegt ein Dauerschuldverhältnis vor.

Zutreffend verweist das Landgericht Saarbrücken auf die nicht feststehende Abnahmemenge. Es wurde lediglich eine Mindestabnahme vereinbart. Die Beklagte hatte die Möglichkeit auch ein größeres Kontingent Flaschen beim Kläger zu ordern. Eine feste Vertragsdauer war nicht vereinbart. Diese wurde vielmehr zunächst auf zwei, später auf drei Jahre, jedoch mit Verlängerungsklausel festgelegt. Der Umstand, dass die Beklagte die Rechte erhielt, die Produkte „exklusiv“ (Bl. 79 d.A.) in Deutschland zu vertreiben, zeigt auch das bei Dauerschuldverhältnissen in der Regel vorliegende persönliche Vertrauensmoment.

Für eine Loslösung vom Vertrag durch Kündigung spricht auch, dass es nicht im Interesse der Parteien liegen dürfte, auch die zuvor störungsfrei erbrachten Leistungen rückabzuwickeln, was aber im Falle des Rücktritts zu erfolgen hätte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. Februar 1985 – VIII ZR 15/84 -, NJW 1986, S. 124, 126; BGH, Urteil vom 23. Februar 1972 – VIII ZR 115/70 -, NJW 1972, S. 827).

(b.) Eine wirksame Kündigung liegt nicht vor.

In den Schreiben der Beklagten vom 20. November 2009 (Bl. 149 f. d.A.), 22. April 2010 (Bl. 19 f. d.A.) und vom 27. August 2010 (Bl. 26 f. d.A.) liegt zwar die Erklärung einer Kündigung, da sich aus diesen jeweils der Wille der Beklagten zur Lösung vom Vertrag entnehmen lässt. Unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes, fehlt es jedoch stets an der erforderlichen Abmahnung.

Nach § 314 Abs. 1 BGB kann jeder Vertragsteil eines Dauerschuldverhältnisses den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Besteht der wichtige Grund jedoch in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, § 314 Abs. 2 BGB.

Der Schuldner soll hierdurch eine letzte Chance erhalten, um zu einem vertragsgemäßen Verhalten zurückzukehren. Gleichzeitig liegt der Regelung die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, dass Pflichtverletzungen im Regelfall erst nach erfolgloser Abhilfefrist und Abmahnung als wichtiger Grund qualifizierbar sind (vgl. Gaier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 314 Rn. 15).

Die vermeintliche Pflichtverletzung des Klägers liegt in der Lieferung nicht verkehrsfähiger Ware und damit in einem Verstoß gegen § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB. Daher war die Beklagte zu einer Abmahnung verpflichtet. Diese war auch nicht entbehrlich.

Hinsichtlich der Kündigung vom 20. November 2009 fehlt es, wie das Landgericht Saarbrücken zutreffend festgestellt hat, bereits am Vorliegen eines wichtigen Grundes. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten auch nicht.

Bezüglich der Kündigung vom 22. April 2010 war eine Abmahnung erforderlich. Wie das Landgericht Saarbrücken zutreffend ausführt, zeigt der Umstand der später erteilten Ausnahmegenehmigung, dass die gerügten Verstöße bezüglich der Etikettierung behebbar waren, bzw. nicht dazu führen mussten, dass die Beklagte die Ware nicht weiterverkaufen konnte. Nach Inaugenscheinnahme einer Flasche im Termin vor dem Landgericht, stellte dieses auch fest, eine Umetikettierung sei möglich. Hieran zu Zweifeln besteht auch aus Sicht des Senats, der ebenfalls im Termin die Flasche samt Etikettierung in Augenschein nahm, kein Anlass, zumal die gerügten Etikettierungsmängel in der Ausnahmegenehmigung der Stadt Hamburg vom 13. Juli 2010 (Bl. 23 ff. d.A.) jeweils als „geringfügig“ eingestuft wurden.

Auch vor der Kündigung am 27. August 2010 wäre die Beklagte zu einer Abmahnung verpflichtet gewesen.

Diesbezüglich rügte die Beklagte die irreführende Bezeichnung „Marsecco“. Dies ist bereits, wie noch ausgeführt wird, nicht zutreffend. Unabhängig hiervon stellt das Landgericht Saarbrücken jedoch auch insoweit darauf ab, dass dem Kläger eine Änderung der Etiketten für die Zukunft möglich gewesen wäre. Eine Hinführung zu vertragsgerechtem Verhalten, hätte somit Erfolg haben können. Gerade weil dieser vermeintliche Mangel zuvor keine Rolle spielte, vielmehr die Vertragsbeziehung schon über einen längeren Zeitraum durchgeführt wurde, folgt aus der gebotenen Interessenabwägung kein Recht der Beklagten, sich sofort vom Vertrag zu lösen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht Saarbrücken auch die Vertrauensgesichtspunkte adäquat berücksichtigt.

Ein Vertrauensverlust auf Seiten der Beklagten lag jedenfalls nicht in einem Maße vor, der eine Abmahnung entbehrlich machte.

Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, dass er nach der Beanstandung der Etiketten infolge der Kontrolle am 28. April 2010 erst am 13. Juli 2010 die Ausnahmegenehmigung vorlegte. Zum einen hat der Kläger diese Ausnahmegenehmigung entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht erst am 13. Juli, sondern bereits am 28. Juni 2010 beantragt, was sich aus der Ausnahmegenehmigung ergibt (Bl. 23 d.A.). Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Etikettierungsmängel, die sie im Kündigungsschreiben vom 22. April 2010 anführte, zuvor gegenüber dem Kläger gerügt hat. Dem Kläger ist daher einerseits eine gewisse Zeitspanne zur Reaktion zuzubilligen und andererseits das Recht, die erstmals mit der Kündigung vorgebrachte Beanstandung seinerseits überprüfen zu lassen. Dies hat er durch Beauftragung des Labors Dialab getan.

Ausweislich der Ausnahmegenehmigung der Stadt Hamburg lag die vom Kläger hiernach beauftragte Untersuchung durch das Handelslabor Dialab jedoch erst am 21. Juni 2010 vor (vgl. Bl. 23 d.A.). Die hierauf folgende Beantragung der Ausnahmegenehmigung am 28. Juni 2010 ist durchaus rechtzeitig erfolgt.

Schließlich hat die Stadt Hamburg die seitens der Beklagten gerügten Mängel an der Etikettierung sämtlich als „geringfügig“ eingestuft, was dem Recht auf sofortige fristlose Kündigung ohne Abmahnung ebenfalls entgegensteht.

Ein derartiger Vertrauensverlust auf Seiten der Beklagten, welcher dieser das Recht zur sofortigen fristlosen Kündigung zubilligen würde, liegt nicht vor.

Zum Zeitpunkt der Kündigung am 27. August 2010 lag das Belehrungsschreiben der LWK vom 23. August 2010 (Bl. 28 d.A.) vor. Dieses enthält keine Aussage dazu, ob die bei der Beklagten lagernde Ware noch verkauft werden darf. Unter Berücksichtigung des bei Dauerschuldverhältnissen gebotenen persönlichen Vertrauens wäre es geboten gewesen, dass die Parteien einvernehmlich eine Klärung hierzu herbeiführen. Die LWK hatte dann auch zunächst mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 (Bl. 31 d.A.) klargestellt, ihr vormaliges Schreiben sei nicht als Verkaufsverbot zu verstehen.

Dem Kläger kann auch kein bewusster Verstoß gegen seine Lieferpflichten vorgeworfen werden. Auch die Beklagte hatte die Etikettierung mit „Marsecco“ lange Zeit nicht beanstandet. Auch seitens der Stadt, die die Ausnahmegenehmigung erteilte, erfolgte keine Beanstandung. Wie gerade der vorliegende Rechtsstreit zeigt, wird die Frage der Irreführung aufgrund dieser Bezeichnung unterschiedlich beantwortet. Bei dieser Sachlage rechtfertigt eine – unterstellte – Pflichtverletzung kein sofortiges Kündigungsrecht.

Bezüglich künftiger Lieferungen hätte der Kläger auch eine andere Etikettierung wählen können, so dass eine Abmahnung durchaus Sinn gemacht hätte.

Die Beklagte kann dem Kläger auch keinen Vertrauensbruch mit Blick auf dessen Gesamtverhalten und die Lieferbeanstandungen vorwerfen.

Soweit sie auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung abstellt, verfängt dies schon aus zeitlichen Gründen nicht. Erst mit Schreiben vom 5. Januar 2011 (Bl. 96 d.A.) wurde seitens der Behörden in angeregt, den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorzulegen. Diese hat mit Schreiben vom 11. November 2011 das Ermittlungsverfahren eingestellt. Zu beiden Zeitpunkten waren die Kündigungen der Beklagten jedoch schon ausgesprochen. Eine mögliche strafrechtliche Sanktion eines Verkaufs wurde zuvor nicht thematisiert. Nach Vorlage des Schreibens der LWK vom 4. Oktober 2010, in welchem diese klarstellt, kein Verkaufsverbot ausgesprochen zu haben, hätte man der Beklagten auch kein vorsätzliches Verhalten vorwerfen können.

Eine Abmahnung bzw. Fristsetzung war auch nicht nach §§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 BGB entbehrlich.

Entsprechend § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB bedarf es keiner Abmahnung bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche können bei Interessenwegfall oder auch offensichtlicher Zwecklosigkeit einer Abhilfefrist oder Abmahnung angenommen werden. Letzteres ist der Fall, wenn durch die Pflichtverletzung eine irreparable Störung der Vertrauensbasis gegeben ist, die auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann (vgl. Gaier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 314 Rn. 17 mwN).

Derartiges liegt nach obigen Ausführungen nicht vor. Vielmehr zeigt der Ablauf, dass durch einvernehmliches Parteihandeln eine ordnungsgemäße Abwicklung der Vertragsbeziehung nicht ausgeschlossen gewesen wäre.

(2.) Selbst wenn man der Ansicht der Beklagten folgt und kein Dauerschuldverhältnis annimmt, ändert sich nichts. Im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, dem Kläger das Recht zur Nacherfüllung einzuräumen, § 439 BGB. Eine Ausnahme nach § 440 BGB liegt aus den vorgenannten Gründen nicht vor.

c. Die nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB erforderliche Fristsetzung liegt im Schreiben des klägerischen Bevollmächtigten vom 6. Oktober 2010 (Bl. 29 f. d.A.). Bezüglich der Wirksamkeit dieser Fristsetzung wird auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (UA Seite 14/15) Bezug genommen. Diese werden in der Berufung nicht angegriffen.

d. Einen Schaden kann der Kläger in Höhe von insgesamt 263.197,13 Euro geltend machen.

(1.) Der Berechnung des entgangenen Gewinns, § 252 BGB, ist ein Einkaufspreis von 1,63 Euro zu Grunde zu legen.

Zwar hat das Landgericht Saarbrücken seiner Berechnung den zunächst seitens des Klägers genannten Einkaufspreis von 1,65 Euro zu Grunde gelegt. Dennoch liegt insoweit kein neuer Sachvortrag im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO vor. Der Kläger hat bereits erstinstanzlich im Schriftsatz vom 28. November 2011 (Bl. 112 d.A.) nach Vorlage der Rechnung des italienischen Lieferanten vorgetragen, dass sich hieraus ein Einkaufspreis von 1,63 Euro pro Flasche ergibt und der entgangene Gewinn pro Flasche somit 2,12 Euro betrage. Dies hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 21. Juli 2012 (Bl. 145 d.A.) lediglich insoweit bestritten, als dass der entgangene Gewinn so nicht berechnet werden könne. Der eigentliche Einkaufspreis von 1,63 Euro wurde nicht bestritten, nur die Höhe des entgangenen Gewinns von 2,12 Euro, da noch Kosten des Klägers zu berücksichtigen seien.

Zwar hat der Kläger in der Klageschrift noch andere Zahlen genannt. Dort (Bl. 3 d.A.) führt er einen Einkaufspreis von 1,65 Euro und einen entgangenen Gewinn pro Flasche von 2,10 Euro auf. Bei bestehenden Zweifeln wäre es Pflicht des Landgerichts gewesen, dies aufzuklären. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass lediglich eine Teilklage erhoben wurde. Das Landgericht Saarbrücken hätte den Kläger für diesen Fall auffordern müssen klarzustellen, ausgehend von welchem Gesamtbetrag er den Teilbetrag von 10.000 Euro geltend macht.

Insoweit besteht auch keine Bindung des Senats an die Feststellungen des Landgerichts nach § 529 Abs. 1 ZPO.

Ein Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden. Diese Bindung entfällt aber, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen. Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen, aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 – VI ZR 230/03 -, juris, Absatz-Nr. 16 mwN).

Derartige Anhaltspunkte folgen vorliegend aus den divergierenden Angaben des Klägers. Dessen zuletzt genannten Zahlen decken sich jedoch mit der vorgelegten Rechnung (Bl. 131 d.A.). Auch hat die Beklagte wie ausgeführt die geänderte Zahl bezüglich des Einkaufspreises erstinstanzlich nicht bestritten.

Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist lediglich die Berechnung des Klägers aus der Klageschrift angeführt (UA Seite 5). Im Rahmen der Berechnung (UA Seite 16) wird der spätere Sachvortrag nicht erwähnt. Damit liegen keine entgegengesetzten Feststellungen im angefochtenen Urteil vor.

Das erstmalige Bestreiten des Einkaufspreises durch die Beklagte in zweiter Instanz (Bl. 352 d.A.) ist nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Nach Vorlage der Rechnung in erster Instanz und entsprechendem Sachvortrag des Klägers hätte sie dies bereits bestreiten können. Anhaltspunkte, die diese Nachlässigkeit beseitigen, liegen nicht vor.

Hiernach ergibt sich folgende Berechnung:

125.000 Flaschen x 2,12 Euro = 265.000 Euro.

Hiervon ist der „Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1.802,87 Euro“ (Bl. 329 d.A.) abzuziehen, den der Kläger selbst in Abzug bringt. Hieran ist das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO gebunden.

Dem Kläger steht somit eine Gesamtforderung in Höhe von 263.197,13 Euro zu.

(2.) Der Kläger muss sich entgegen der Ansicht des Landgerichts Saarbrücken hiervon keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen.

Nach §§ 249, 252 BGB kann der Kläger seinen entgangenen Gewinn als Schaden geltend machen. Die Rechtsfolge des § 252 BGB ist der Ersatz des entgangenen Güterzuwachses durch Herstellung des Zustands, der bestehen würde, wenn das zum Ersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre (vgl. Rüßmann, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 252 Rn. 4). Daher kann ein Verkäufer von dem Käufer, der die Ware vertragswidrig nicht abnimmt, als entgangenen Gewinn den Unterschied zwischen Vertragspreis und billigerem Einkaufspreis verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 – VIII ZR 45/88 -, NJW 1989, S. 1669 f.).

Dabei sind jedoch die ohne das schädigende Ereignis angefallene Aufwendungen, die infolgedessen jedoch unterbleiben, bei der Berechnung des entgangenen Gewinns im Wege der Vorteilsausgleichung abzuziehen. Das Gericht hat bei hinreichenden Anhaltspunkten, die von Amts wegen zu prüfen sind, die Höhe der Aufwendungen gemäß § 287 ZPO zu schätzen (vgl. Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 252 Rn. 12).

Der Kläger hat jedoch infolge der Nichtabnahme von 125.000 Flaschen keine Kosten erspart.

Zu den Kosten, die sich der Geschädigte nicht in Ansatz bringen lassen muss gehören die sog. fixen Kosten (Generalunkosten). Dies sind jene Kosten, die mit der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft, der Unterhaltung der Be- und Vertriebsanlagen sowie mit der Betriebsführung und der Verwaltung zusammenhängen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 – VIII ZR 45/88 -, NJW 1989, S. 1669, 1670).

Daher zählen die von der Beklagten angeführten Kosten für die Pflege des Internetauftritts nicht zu den ersparten Aufwendungen. Die Homepage hält der Kläger unabhängig von konkreten Lieferungen an die Beklagte vor.

Vorliegend muss sich der Kläger auch keine weiteren Aufwendungen anspruchsmindernd anrechnen lassen.

Zu Recht hat das Landgericht Saarbrücken keine Transportkosten berücksichtigt, da diese nicht gesondert angefallen wären. Im angegriffenen Urteil fehlen jedoch Ausführungen dazu, welche anderen Aufwendungen mit pauschal 15% abgezogen wurden. Zwar ist eine Schätzung nach § 287 ZPO möglich. Es fehlt in vorliegendem Fall jedoch an einer tauglichen Schätzgrundlage.

Die Beklagte hat insoweit auf den 2. Nachtrag und die dort niedergelegte Pflicht des Klägers zur Tragung der Schulungskosten und der Presseclippings verwiesen. Zudem hat sie in ihrem Schriftsatz vom 2. Januar 2013 (Bl. 300 d.A.) auf Kosten des Klägers für die Teilnahme an Kundenveranstaltungen, Teilnahme an Tagungen des Verkaufsteams der Beklagten, Musterwareneinsatz bei eigenen Verkostungen etc. abgestellt. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, solche Veranstaltungen hätten im hier streitgegenständlichen Zeitraum der Vertragsbeziehung nicht mehr stattgefunden und die Beklagte habe Musterwaren auf eigene Kosten eingesetzt habe. Dies ist zwischen den Parteien streitig.

Für das Vorliegen abzugsfähiger Spezialunkosten trägt jedoch der ersatzpflichtige Käufer die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2001 – III ZR 361/99 -, NJW-RR 2001, S. 985, 986; Helling, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl. 2008, § 252 Rn. 28).

Bereits dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen. Sie hat lediglich pauschal zu möglichen Aufwendungen vorgetragen, jedoch keinerlei konkrete Angaben gemacht. Ihr als Vertragspartnerin wäre es durchaus möglich gewesen, substantiiert zu durchgeführten und noch durchzuführenden Schulungs- oder Verkaufsveranstaltungen vorzutragen. Auch der abstrakte Verweis auf die vertraglichen Mitwirkungspflichten des Klägers aus dem 2. Nachtrag genügt nicht. Die Beklagte hätte auch insoweit konkret auf die Vertragsbeziehung bezogen zu Tätigkeiten des Klägers, die er sich infolge der Nichtabnahme der Beklagten ersparte, vortragen müssen.

e. Dem Kläger stehen gemäß § 291 BGB, §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 253 Abs. 1 ZPO, § 187 BGB analog Zinsen erst ab Rechtshängigkeit der jeweils geltend gemachten Teilbeträge zu. Das Landgericht Saarbrücken hat zutreffend darauf abgestellt, dass ein früherer Verzugsbeginn nicht gegeben ist.

Der Kläger kann nicht darauf abstellen, dass der Zinsbeginn, der in der Klageschrift genannt wurde, seitens der Beklagten nicht bestritten worden sei, da der Kläger selbst diesen nicht schlüssig dargelegt hatte. In der Klageschrift fehlten jegliche Ausführungen hierzu.

Auf die Verweigerung der Abnahme der Flaschen kann sich der Kläger ebenfalls nicht stützen. Entscheidend ist, wann die Beklagte mit der Zahlung des klagegegenständlichen Schadensersatzbetrages in Verzug kam, nicht mit der Ausgangspflicht, der Abnahme der Kaufsache.

Schließlich liegt im Schreiben des Klägers vom 6. Oktober 2010 (Bl. 29 d.A.) keine Mahnung im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB.

Eine solche setzt eine eindeutige und bestimmte Leistungsaufforderung voraus. Eine Fristsetzung für die Leistung ist nicht notwendig. Der Gläubiger muss jedoch – für den Schuldner erkennbar – klar zum Ausdruck bringen, dass er die Vornahme der geschuldeten Leistung verlangt (vgl. Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 286 Rn. 48). Dies ergibt sich aus vorgenanntem Schreiben nicht. Zwar beziffert der Kläger seinen entgangenen Gewinn. Jedoch wird die Beklagte alternativ zur Erfüllung des Vertriebsvertrages bzw. zur Zahlung aufgefordert. Primär ging es dem Kläger daher um Vertragserfüllung. Es fehlt somit an einer eindeutigen Zahlungsaufforderung.

Daher kann der Kläger aus 10.000 Euro Zinsen ab dem 14. September 2011, aus 253.197,13 Euro seit dem 16. Februar 2013 verlangen.

f. Nach § 280 Abs. 1 BGB kann der Kläger auch die nicht anrechenbare anwaltliche Geschäftsgebühr geltend machen. Dabei erfolgt jedoch keine Aufspaltung in die Gebühr aus dem zunächst geltend gemachten Teilbetrag von 10.000 Euro und dem später klageerweiternd geltend gemachten Betrag von 253.197,13 Euro. Dies würde dem degressiven Verlauf der anwaltlichen Gebührentabelle – die hier noch in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 anzuwenden ist – nicht gerecht.

Dem Kläger steht daher eine 1,3 Geschäftsgebühr (2.821 Euro) aus dem beantragten Gesamtwert von 263.197,13 Euro, zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zu, mithin 3.380,79 Euro.

Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB, §§ 263, 253 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB analog. Aus dem mit der Klage geltend gemachten Betrag von 775,64 Euro sind daher Zinsen ab Klagezustellung, bezüglich des Restbetrages ab Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes zuzusprechen, § 261 Abs. 2 ZPO.

II. Die zulässige Zweitberufung der Beklagten ist unbegründet. Dieser stehen die mit der Widerklage verfolgten Ansprüche nicht zu.

1. Die Beklagte hat keinen durchsetzbaren Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB.

Kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen steht die Einrede der Verjährung entgegen, § 214 BGB. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Saarbrücken, die mit der Berufung der Beklagten nicht angegriffen werden, wird Bezug genommen.

2. Die Beklagte hat auch keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 118x der Verordnung (EG) 1234/2007, Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG.

Hiernach darf die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht geeignet sein, den Käufer irrezuführen, insbesondere nicht über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung etc.

a. Durch die vorgenannten Vorschriften wird das nationale Irreführungsverbot aus § 25 WeinG verdrängt (so Rathke/Boch, Weinrecht, 2012, § 25 WeinG Rn. 7; Boch, Weingesetz, 2. Aufl., 2013, § 25 Rn. 1). Die Vorschrift des § 25 Abs. 1 WeinG entspricht jedoch inhaltlich den gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverboten; es gilt ein einheitlicher Irreführungsbegriff (vgl. Rathke/Boch, a.a.O. Rn. 89). Daher ergäbe sich auch bei dessen Anwendung kein anderes Ergebnis, da mangels Irreführung bzw. falscher Angaben kein Verstoß gegen ein etwaiges Schutzgesetz vorliegt (b.). Überdies fehlt es am Verschulden (c.). Die Frage der Schutzgesetzeigenschaft der genannten Normen kann daher offen bleiben (d.).

b. Der Kläger hat kein – unterstelltes – Schutzgesetz verletzt. Die Bezeichnung „Marsecco“ ist nicht irreführend.

(1.) Maßgebend für die Frage, ob eine Angabe irreführend, d.h. zur Täuschung geeignet ist, ist der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Weinkonsument (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – I ZR 45/07 -, juris, Absatz-Nr. 30). Abzustellen ist auf den gelegentlichen Weinkäufer, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat (vgl. Rathke/Boch, a.a.O. Rn. 22; Boch, a.a.O., Rn. 2).

Dieser wird entgegen der Ansicht der Beklagten aus dem Wortbestandteil „secco“ nicht darauf schließen, dass das streitgegenständliche Produkt einen Zuckergehalt nur in der Höhe aufweist, der eine solche Bezeichnung in Italien zuließe.

(2.) Vorliegend wurde die Bezeichnung „secco“ nicht als Geschmacksangabe verwendet, sondern ist Teil der Produktbezeichnung.

Zwar ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass nach italienischem Recht Perlwein mit der Bezeichnung „secco“ nur einen Zuckergehalt bis 15 Gramm pro Liter aufweisen darf, was das streitgegenständliche Produkt überschreitet. Für fakultative Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse enthält Art. 64 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 Vorgaben, wonach für bestimmte Zuckergehalte bestimmte Bezeichnungen vorgesehen sind. Zutreffend weist das Landgericht Saarbrücken darauf hin, dass Art. 64 Abs. 4 u.a. für Perlwein mitliedstaatliche Regelungen für verbindlich erklärt.

Der Kläger verwendet vorliegend jedoch keine Geschmacksangabe. Lediglich der Produktname enthält diesen Bestandteil. Zwar steht die Eintragung dieser Produktbezeichnung als Marke der Irreführung des Begriffs „Marsecco“ nicht entgegen (vgl. Rathke/Boch, a.a.O. Rn. 109). Jedoch genügt die Feststellung, dass ein in der Marke enthaltenes Wort mit der Bezeichnung des Erzeugnisses verwechselt werden kann, zur Bejahung der Irreführung nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Januar 1999 – C-303/97 -, juris, Rn. 38). Der aufmerksame Verbraucher wird aus dem Wortbestandteil „secco“ nicht ohne weiteres darauf schließen, dass der Name zugleich auch die Geschmacksrichtung angibt.

(3.) Dies deshalb, da der Weinkonsument aus der Bezeichnung „Marsecco“ nicht auf den Zuckergehalt schließen, sondern beim Lesen der Produktbezeichnung an „Prosecco“ denken wird.

Der Produktname „Marsecco“ ist ein an die Bezeichnung „Prosecco“ angelehnter Phantasiename, wobei „Mar“ für die verwendete Traubensorte „Marzemino“ steht. Auch die vom Senat in Augenschein genommene Flasche ist denjenigen, in welchen in Deutschland gemeinhin schlagwortartig als „Prosecco“ bezeichnete italienische Perlweine abgefüllt sind, ähnlich. Daher wird der aufmerksame Weinkonsument bei Wahrnehmung der Etikettenbezeichnung den Zusammenhang mit einem „Prosecco“ herstellen. Der Name Prosecco war jedoch der Name einer weißen Rebsorte und ist nunmehr eine geschützte Herkunftsbezeichnung (vgl. Verordnung (EG) Nr. 1166/2009 DER KOMMISSION vom 30. November 2009). Ihren Namen hat die Rebsorte von einem gleichnamigen Dorf. Mit dem italienischen Adjektiv secco (trocken) hat der Name nichts zu tun (so Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Prosecco#cite_note-1, abgerufen am 11. November 2013).

Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, ein Verbraucher assoziiere mit dem Wortbestandteil „secco“ eine trockene Geschmacksbezeichnung.

Überdies hat sich in Deutschland das Wort "Secco" in den letzten Jahrzehnten zu einer allgemeinen Kurzbezeichnung für Perlwein entwickelt, so dass in der Verwendung des Begriffs "Secco" auch keine Irreführung der Verbraucher dahingehend gesehen werden kann, dass das vorliegend betroffene Erzeugnis aus der in Italien angebauten, früher so bezeichneten, Rebsorte "Prosecco" hergestellt worden sei (so VG Trier, Urteil vom 20. Januar 2010 – 5 K 650/09.TR –, juris, Absatz-Nr. 27). Dieser allgemeine Sprachgebrauch kann auch ein Kriterium zur Beurteilung der Irreführung sein (vgl. Boch, a.a.O. Rn. 3). Wenn aber schon keine Herkunft mit der Bezeichnung assoziiert wird, dann erst Recht kein bestimmter Maximalzuckergehalt.

Anders zu entscheiden, würde die Frage aufwerfen, ob nicht eine Vielzahl von „Proseccos“ ebenfalls eine irreführende Bezeichnung tragen, da deren Restzuckergehalt über 15 g/Liter liegt. Der beschriebene durchschnittliche Weinkonsument wird nicht wissen, dass die Bezeichnung „Prosecco“ ursprünglich die Traube bezeichnete und nunmehr auf eine geschützte Herkunftsbezeichnung verweist. Folgerichtig wäre auch bei derartigen Produktbezeichnungen das Wortbestandteil „secco“ als irreführend anzusehen, was jedoch nicht ernsthaft angenommen werden kann.

(4.) Schließlich wird der aufmerksame Weinkonsument in Deutschland, zum Vertrieb auf dem inländischen Markt ist das Produkt vorgesehen, aus dem Wortbestandteil „secco“ nicht auf die in Italien geltenden Grenzen für den entsprechenden Restzuckergehalt schließen.

Zwar kann nach Art. 64 Abs. 4 der Verordnung (EG) 607/2009 jeder Mitgliedstaat die Bedingungen für die Angabe des Zuckergehalts regeln. Der deutsche Verbraucher wird jedoch auch bezüglich des in Italien hergestellten Produkts nicht zwingend darauf schließen, dass sich der Wortteil „secco“ auf die dortigen Regelungen, sondern auf die inländischen bezieht.

Dies gerade deshalb, da auch hierzulande eine Geschmacksbezeichnung mit „trocken“ bzw. „sec“ zulässig ist. Schaumweine dürfen in Deutschland derartige Geschmacksangaben tragen, wenn sie einen Restzuckergehalt von 17-35 g/Liter enthalten (vgl. Warning, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrechtshandbuch, Stand: November 2002, II. F. Rn. 267b). Der Restzuckergehalt des streitgegenständlichen Schaumweins liegt nach der Feststellung der Landwirtschaftskammer vom 20. Dezember 2010 (Bl. 35 d.A.) bei 32 g/Liter. In Deutschland dürfte das Produkt daher die Geschmacksangabe „trocken“ tragen. Daher muss ein inländischer Konsument aus der Etikettierung, bei welcher lediglich der Name als ein Wortbestandteil auf „trocken“ hindeutet, nicht darauf schließen, dass das Produkt die insoweit in Italien geltenden Grenzwerte einhält. Einem zwar aufmerksamen, aber nur gelegentlichen Weinkäufer, der über gewisse Elementarkenntnisse verfügt, aber kein Weinkenner ist (hierauf ist abzustellen; vgl. Boch, a.a.O. Rn. 2) werden ohnedies derartige Zuckergehaltsangaben nicht bekannt sein.

Eine Irreführung bezüglich des Wortbestandteils „secco“ liegt daher nicht vor. Eine Irreführung hinsichtlich geographischer Angaben ist weder ersichtlich, noch von den Parteien vorgetragen.

c. Überdies hat der Kläger nicht schuldhaft gehandelt.

Anhaltspunkte für vorsätzliches Handeln, d.h. eine Kenntnis des Klägers von der möglichen Irreführung der Bezeichnung „Marsecco“ liegen nicht vor. Ihm kann auch kein Fahrlässigkeitsvorwurf, § 276 Abs. 2 BGB, gemacht werden.

Dass der Kläger hätte damit rechnen müssen, dass die Bezeichnung des Produkts irreführend ist, ist bereits durch den Verfahrensablauf widerlegt.

Hieraus wird deutlich, dass die Beurteilung der Zulässigkeit der Bezeichnung divergierte. So sah die Stadt Hamburg, welche bezüglich anderer Etikettierungsmängel eine Ausnahmegenehmigung erteilte, hierin offensichtlich keinen Grund zur Beanstandung. Auch die Landwirtschaftskammer weist in ihrem Schreiben vom 28. Oktober 2010 (Bl. 39 d.A.) an das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft darauf hin, in einer Besprechung habe „letztlich nicht geklärt“ werden können, ob die Bezeichnung „Marsecco“ irreführend sei. Daher wurde die übergeordnete Behörde um Prüfung gebeten. Diese kam dann zur Einschätzung der Irreführung. Wenn jedoch weder maßgebende Behörden, noch die Beklagte über einen langen Zeitraum keinen Anlass zur Beanstandung der Etikettierung sehen, kann dem Kläger kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden.

Gerade die Beklagte ging selbst zunächst nicht von einer irreführenden Bezeichnung aus. Im Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. April 2010 (Bl. 19 d.A.) sieht sie in der Angabe „Marsecco“ eine Phantasiebezeichnung. Warum demgegenüber der Kläger auf eine Unzulässigkeit hätte schließen müssen, ist nicht ersichtlich.

Selbst wenn man eine objektive Verletzung des Schutzgesetzes unterstellt, könnte hieraus nicht auf ein fahrlässiges Handeln des Klägers geschlossen werden.

Es ist zwar anerkannt, dass im Falle der objektiven Verletzung eines Schutzgesetzes der Schädiger in der Regel Umstände darlegen und beweisen muss, die geeignet sind, die Annahme eines Verschuldens auszuräumen. Das gilt aber nur, wenn das Schutzgesetz das geforderte Verhalten bereits so konkret umschreibt, dass mit der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Schluss auf einen subjektiven Schuldvorwurf naheliegt. Beschränkt sich das Schutzgesetz dagegen darauf, einen bestimmten Verletzungserfolg zu verbieten, so löst die bloße Verwirklichung einer solchen Verbotsnorm keine Indizwirkung in Bezug auf das Verschulden aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1991 – VI ZR 171/91 -, NJW 1992, S. 1039, 1042).

Dies ist hier der Fall. Die genannten Normen verbieten lediglich allgemein eine irreführende bzw. falsche Etikettierung. Konkrete Verhaltensanforderungen, an welche eine Indizwirkung anknüpfen könnte, fehlen.

d. Mangels Verletzung der einschlägigen Vorschriften und mangels Verschuldens kann im Ergebnis offen bleiben, ob den europarechtlichen Normen Schutzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt. Dem Verweis des Landgerichts Saarbrücken auf die fehlende Schutzwürdigkeit des Händlers, könnte das Gebot effektiver Sanktionierung von Verstößen gegen gemeinschaftsrechtliche Normen (vgl. hierzu Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 823 Rn. 391 ff.) und deren Eigenschaft als Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – I ZR 45/07 -, juris, Absatz-Nr. 14 aE) entgegenstehen. Die Frage bedarf jedoch vorliegend keiner Entscheidung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Dabei war auch zugunsten des Klägers eine Abwendungsbefugnis auszusprechen. Zwar ist dieser in der Hauptsache nicht beschwert. Jedoch steht die Vorschrift des § 713 ZPO dem nicht entgegen, da sich der Kläger einer Revision der Beklagten anschließen kann. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Wert der Beschwer 20.000 Euro übersteigt (vgl. Ackermann, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 554 Rn. 5; Herget, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 713 Rn. 3).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 252 Entgangener Gewinn


Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrschei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 214 Wirkung der Verjährung


(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern. (2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden i

Zivilprozessordnung - ZPO | § 261 Rechtshängigkeit


(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. (2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung ge

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(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. (2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 440 Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz


Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 324 Rücktritt wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2


Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 138/04 Verkündet am:
8. Dezember 2005
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In der Vereinbarung eines Bauherrn mit einem Architekten, für diesen eine Berufshaftpflichtversicherung
abzuschließen, deren Kosten der Architekt an ihn zu
zahlen hat, liegt kein stillschweigender Ausschluss der Haftung des Architekten
für Planungsmängel.

a) Die mit der Berufung vorgenommene Erweiterung des Klageantrags gemäß
§ 264 Nr. 2 ZPO wegen einer weitergehenden Schlussrechnungsforderung
ist keine Klageänderung im Sinne des § 533 ZPO (im Anschluss an BGH, Urteil
vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295).

b) Bei der Entscheidung über die Klageerweiterung hat das Berufungsgericht
den gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag der Parteien zu berücksichtigen.
Auch neuer Vortrag der Parteien ist jedenfalls insoweit zu berücksichtigen
, als er die Klageerweiterung betrifft.
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04 - KG
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter
Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. Mai 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage im Umfang ihrer Erweiterung als unzulässig abgewiesen und die Aufrechnung der Beklagten mit Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen worden ist. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die beklagte Bundesrepublik Deutschland (künftig: Beklagte) hatte den Kläger mit Architektenleistungen für den Umbau eines Gebäudes und für zwei Erweiterungsbauten beauftragt. In den betreffenden Verträgen wurde folgendes vereinbart: "Haftpflichtversicherungsvertrag Der Auftraggeber schließt eine projektbezogene Haftpflichtversicherung zugunsten und zu Lasten des Auftragnehmers ab. Inhalt der Haftpflichtversicherung ist u.a. die Mitversicherung fehlerhafter Kosten - und Massenermittlung. Die Deckungssummen der Haftpflichtversicherung (die dreimal während der Objektausführung zur Verfügung stehen) betragen: … Haftpflichtprämie des Auftragnehmers Die Versicherungsprämie aus dem Versicherungsvertrag zwischen Auftraggeber und führendem Versicherer beträgt 0,28 % aus der Summe der Projektkosten (einschließlich MwSt.) zuzüglich geltender Versicherungssteuer. Die Beteiligung des Auftragnehmers an der Versicherungsprämie beträgt somit voraussichtlich 0,28 % seiner Honorarsumme (einschließlich MwSt.) zuzüglich geltender Versicherungssteuer und wird anteilig mit den Abschlagszahlungen bzw. der Honorarschlussrechnung als Erstattung an den Auftraggeber verrechnet."
2
Der Kläger hat Honorar in Höhe von 36.204,07 € und Zinsen für die mit Schlussrechnung von Ende Dezember 2002 abgerechneten, für den Erweiterungsbau II erbrachten Architektenleistungen und in Höhe eines Teilbetrages von 100.000 € für die mit Teilschlussrechnung von Februar 2003 abgerechneten , für den Altbau erbrachten Architektenleistungen geltend gemacht. Das Landgericht hat den Klageanträgen im Wesentlichen stattgegeben.
3
Mit der Berufung verfolgt der Kläger über die Verurteilung hinausgehende Zinsansprüche und im Rahmen einer Klageerweiterung den abschließenden Teilbetrag von 426.450,66 € als Vergütung der für den Altbau erbrachten Architektenleistungen. Seine Berufung hatte nur wegen eines Teils der Zinsansprüche Erfolg. Die Berufung der Beklagten, die ihre im ersten Rechtszug zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche wegen Planungsmängeln wei- terverfolgt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat offengelassen , ob die Architektenleistungen des Klägers mangelhaft waren. Aus der Vereinbarung der Parteien über den Abschluss eines Versicherungsvertrages und der Prämienzahlung des Klägers an die Beklagte folge, dass die Beklagte einen etwaigen Schaden gegenüber dem Versicherer geltend zu machen habe und Ansprüche gegen den Kläger ausgeschlossen seien.
4
Das Berufungsgericht hat die Revision wegen dieser Frage und der Frage der Zulässigkeit der Klageerweiterung im zweiten Rechtszug zugelassen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter. Die Anschlussrevision des Klägers richtet sich gegen die Abweisung der erweiterten Klage.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten ist zum Teil zulässig. In diesem Umfang hat sie Erfolg. Die Anschlussrevision des Klägers ist zulässig und begründet. Soweit die Rechtsmittel Erfolg haben, führen sie zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
A. Revision der Beklagten

I.

7
Die Revision der Beklagten ist unzulässig, soweit sie sich gegen die vom Berufungsgericht zuerkannten Zinsansprüche des Klägers wendet.
8
1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger 2.278,91 € als Verzugszinsen zugesprochen. Es hat die Revision zugunsten der Beklagten wegen der Auswirkungen der Verpflichtung zur Übernahme der anteiligen Versicherungskosten durch den Kläger auf den Schadensersatzanspruch zugelassen. Damit hat es die Zulassung auf die Frage beschränkt, ob durch die Vertragsgestaltung der Parteien Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger wegen Planungsmängeln ausgeschlossen sind. Den Streit der Parteien darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Verzugszinsen bezüglich seines Vergütungsanspruchs zusteht, wollte es nicht in der Revision überprüfen lassen.
9
2. Eine Beschränkung mit diesem Inhalt ist zulässig.
10
Die Revisionszulassung darf nicht auf bestimmte Rechtsfragen beschränkt werden. Es ist möglich, die Revision hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zuzulassen, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urteil vom 13. Januar 2005 - VII ZR 28/04, BauR 2005, 749 = ZfBR 2005, 363 = NZBau 2005, 280).
11
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung ist möglich. Die Beklagte könnte ihre Revision auf die Ansprüche des Klägers aus Verzug mit der ihm zustehenden Vergütung oder auf die Abweisung ihrer Gewährleistungsansprüche , mit denen sie die Aufrechnung erklärt hat, beschränken.

II.

12
Im Umfang der Zulassung hat die Revision der Beklagten Erfolg.
13
1. Das Berufungsgericht lässt offen, ob die von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Planungsmängeln begründet sind. Etwaige Ansprüche gegen den Kläger seien ausgeschlossen. Die Beklagte habe als Versicherungsnehmerin eine Berufshaftpflichtversicherung zugunsten des Klägers abgeschlossen und ihn verpflichtet, die anteiligen Versicherungsprämien an sie zu zahlen. So habe der Bundesgerichtshof in der mietvertraglichen Verpflichtung des Wohnungsmieters, die (anteiligen) Kosten der Gebäudeversicherung des Wohnungseigentümers zu zahlen, die stillschweigende Beschränkung seiner Haftung für die Verursachung der Brandschäden auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gesehen. Auch hier gebiete es die Interessenlage der Parteien, dass die Beklagte diesbezüglich den Schaden gegenüber dem Versicherer geltend zu machen habe und Ansprüche gegen den Kläger ausgeschlossen seien.
14
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
15
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des § 7 des Architektenvertrages verkennt den Zweck der Haftpflichtversicherung, weil das Trennungsprinzip nicht beachtet worden ist. Danach wird die Haftpflichtfrage grundsätzlich abschließend und mit Bindungswirkung für den nachfolgenden Deckungsprozess im Haftpflichtprozess zwischen dem haftpflichtversicherten Schädiger und dem Geschädigten entschieden, während die Frage, ob Versicherungsschutz besteht, im Deckungsprozess zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1992 - IV ZR 314/91, BGHZ 119, 276, 278 f; BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02, VersR 2004, 590 unter III 1; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 149 Rdn. 24 ff.).
16
Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten als Versicherungsnehmerin könne ebenso wie dem Kläger als Mitversichertem ein eigener Anspruch gegen den Versicherer auf Entschädigung auch dann zustehen, wenn die Parteien Ansprüche der Beklagten wegen Planungsmängeln des Klägers ausgeschlossen haben sollten, trifft nicht zu. Der vom Berufungsgericht angenommene Haftungsausschluss macht die Haftpflichtversicherung sinnlos.
17
Ohne die Annahme eines solchen Ausschlusses ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der von der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch von der von ihr zugunsten des Klägers abgeschlossenen Versicherung mit der Folge umfasst, dass der Kläger als Mitversicherter nach Maßgabe der §§ 75, 149 VVG und den vertraglichen Vereinbarungen Anspruch auf Deckungsschutz hat. Ergäbe sich dagegen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung des Architektenvertrages ein Ausschluss der Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger, so wäre eine Inanspruchnahme des Klägers durch die Beklagte im Schadensfall ausgeschlossen. Bestände aber kein Haftpflichtanspruch der Beklagten gegen den Kläger, gäbe es weder für die Beklagte als Versicherungsnehmerin noch für den Kläger als Mitversichertem einen Anspruch auf Versicherungsschutz in Form der Entschädigung für einen Haftpflichtschaden.
18
Zu Unrecht vergleicht das Berufungsgericht den vorliegenden Fall mit den Sachverhalten, die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 13. Dezember 1995 - VIII ZR 41/95, BGHZ 131, 288 und vom 29. Oktober 1956 - II ZR 64/56, BGHZ 22, 109 zugrunde lagen. Dort deckten die jeweiligen Versicherungen als reine Sachversicherungen das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Sache, hingegen nicht das Haftpflichtrisiko des Schädigers. Das Berufungsgericht hat zudem übersehen, dass der Bundesgerichtshof das Problem des Regresses des Gebäudeversicherers gegen den Mieter anders als in BGHZ 131, 288 nicht mehr haftungsrechtlich, sondern durch eine Auslegung des Versicherungsvertrags löst (BGH, Urteil vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393). Hier dagegen besteht das Interesse der Beklagten als Bauherrin eines Großbauvorhabens lediglich darin, dass ihre am Bauvorhaben beteiligten Vertragspartner gegen die von ihnen zu verantwortenden Schäden hinreichend haftpflichtversichert sind. Dazu dienen die an die Beklagte zu zahlenden anteiligen Prämien der jeweiligen Vertragspartner. Die Interessen des Klägers sind durch die zu seinen Gunsten als Mitversicherten geschlossene, objektbezogene Haftpflichtversicherung gewahrt; sein Haftpflichtrisiko ist damit gedeckt. Wer den Anspruch auf Versicherungsschutz gegen den Haftpflichtversicherer geltend machen kann, ist im Deckungsprozess zu entscheiden.
19
3. Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit , den Ansprüchen der Beklagten, die das Landgericht in der Sache verneint hat, im Einzelnen nachzugehen.
B. Anschlussrevision des Klägers

I.

20
Das Berufungsgericht hält die Klageerweiterung in Höhe von 426.450,66 € wegen der weitergehenden Forderung des Klägers aus der Teilschlussrechnung für unzulässig. Es führt aus, gemäß § 533 Nr. 2 ZPO sei eine Klageänderung, zu der auch die Klageerweiterung zähle, nur zulässig, wenn diese auf Tatsachen gestützt werden könne, die das Berufungsgericht in seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil die im ersten Rechtszug bereits vorgetragenen und zur Begründung des erweiterten Klageantrags auch geeigneten Tatsachen der Entscheidung über die Berufung ohne die Klageerweiterung nicht ohnehin zugrunde zu legen seien. Unerheblich sei es insoweit, ob die von der Beklagten eingereichte Schlussrechnungsprüfung und der hieraufhin erfolgte Vortrag des Klägers gemäß § 529 ZPO zuzulassen wären, wenn der Kläger die Klage bereits in der ersten Instanz erweitert hätte. Denn eine Klageerweiterung gemäß § 533 ZPO könne nur dann zulässig sein, wenn hierüber entschieden werden könne, ohne dass weitere Tatsachen dargelegt werden, die ohne die Klageerweiterung nicht hätten vorgetragen werden müssen.

II.

21
Die Anschlussrevision ist zulässig.
22
Der Kläger ist durch den als unzulässig abgewiesenen erweiterten Teil der Klage beschwert. Das Berufungsgericht hat die Revision zu seinen Gunsten zugelassen. Die Frage, ob darüber hinaus mit Rücksicht auf die Abhängigkeit der Anschlussrevision von der Hauptrevision noch ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Haupt- und dem der Anschlussrevision bestehen muss, hat der Bundesgerichtshof bislang nicht abschließend entschieden. Dies bedarf auch jetzt keiner Entscheidung, weil ein entsprechender Zusammenhang besteht. Denn die Zulassung der Hauptrevision betrifft Gegenrechte, die im Wege der Aufrechnung gegen den gesamten, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht streitigen Vergütungsanspruch des Klägers gerichtet waren. Bei dieser Sachlage bestimmt der gesamte Vergütungsanspruch den maßgeblichen Streitstoff (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2005 - VII ZR 28/04, BauR 2005, 749 = ZfBR 2005, 363 = NZBau 2005, 280). Daran ändert nichts, dass der Vergütungsanspruch und die Gegenrechte ihre Grundlage in unterschiedlichen Verträgen haben.

III.

23
Die Anschlussrevision ist begründet.
24
Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die Klageerweiterung in Höhe von 426.450,66 € für unzulässig. Die mit der Berufung vorgenommene Erweiterung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 ZPO wegen einer weitergehenden Schlussrechnungsforderung ist keine Klageänderung im Sinne des § 533 ZPO.
25
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295), die dem Berufungsgericht ersichtlich noch nicht bekannt war, knüpft § 533 ZPO in seinem Einleitungssatz an den allgemeinen Begriff der Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO an, wonach eine objektive Klageänderung dann gegeben ist, wenn sich der Streitgegenstand verändert, insbesondere wenn bei gleich bleibendem oder geändertem Klagegrund ein anderer Klageantrag gestellt wird. Handelt es sich dagegen um eine Antragsänderung, die den Bestimmungen des § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO unterfällt, so ist sie kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als eine Klageänderung anzusehen. Auf eine solche Modifizierung des Klageantrags finden daher diejenigen Vorschriften, welche die Zulässigkeit der Klageänderung regeln, keine Anwendung. Dies gilt auch für § 533 ZPO. Die unbeschränkte Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht nicht nur dem Zweck der Vorschrift, der die prozessökonomische und endgültige Erledigung des Streitstoffs zwischen den Parteien fördern soll; auch § 533 ZPO steht einer Anwendung des § 264 ZPO auf das Berufungsverfahren weder nach den Intentionen des Gesetzgebers noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen.
26
Bei der Entscheidung über den modifizierten Klageantrag ist das Berufungsgericht folglich nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO an die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag getroffenen Feststellungen gebunden, sondern darf auf den gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag zurückgreifen. Hinsichtlich des neuen Vortrags in der Berufung zu dem neuen Antrag ist § 531 Abs. 2 ZPO anwendbar (BGH, Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295). In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob neuer Vortrag der Parteien im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 ZPO). Jedenfalls soweit neuer Vortrag den unbeschränkt zulässigen erweiterten Klageantrag betrifft, beruht er nicht auf Nachlässigkeit.
27
2. a) Nach diesen Grundsätzen ist die Klageerweiterung des Klägers zulässig ; § 533 ZPO steht ihr nicht entgegen. Der Kläger hat seinen Honoraranspruch aus der im ersten Rechtszug vorgelegten Teilschlussrechnung im zweiten Rechtszug in voller Höhe geltend gemacht. Damit hat er gemäß § 264 Nr. 2 ZPO bei unverändertem Klagegrund seinen Klageantrag lediglich quantitativ erweitert (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 264 Rdn. 3 a).
28
b) Der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Vortrag des Klägers ist nach §§ 529, 531 ZPO zuzulassen, und zwar unabhängig davon, ob er von ihm in erster Instanz gehalten worden ist oder nicht.
29
3. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zum Anspruch selbst getroffen. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt ihm Gelegenheit, den erweiterten Anspruch des Klägers der Sache nach zu prüfen. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 27.08.2003 - 23 O 67/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 18.05.2004 - 27 U 374/03 -

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 230/03 Verkündet am:
8. Juni 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 1 Nr. 1

a) Befaßt sich ein vom erstinstanzlichen Gericht eingeholtes Gutachten eines Sachverständigen
nicht mit allen entscheidungserheblichen Punkten, hat das Berufungsgericht
von Amts wegen auf eine Vervollständigung des Gutachtens hinzuwirken.

b) Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der
Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich aus einer
fehlerhaften Rechtsanwendung ergeben.

c) Einem erstmals in zweiter Instanz gestellten Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen
gemäß §§ 402, 397 ZPO hat das Berufungsgericht stattzugeben, wenn
er entscheidungserhebliche Gesichtspunkte betrifft, die das Gericht des ersten
Rechtszugs aufgrund einer fehlerhaften Beurteilung der Rechtslage übersehen
hat.
BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 31. Oktober 1991 geltend, bei dem der Beklagte zu 1 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten PKW auf den von der Klägerin gesteuerten PKW aufgefahren ist. Die volle Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Klägerin erlitt ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Die Beklagte zu 2 zahlte deshalb vorprozessual ein Schmerzensgeld von 2.800 DM.
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagten auch für die von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden einzustehen haben, soweit diese über den 31. Dezember 1991 hinaus andauerten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Beschwerden seien insgesamt unfallbedingt. Sie hat ein angemessenes Schmerzensgeld, Ersatz ihres materiellen Schadens in Höhe von 46.826,09 DM sowie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten hinsichtlich aller weiteren Schäden aus dem Unfall gefordert. Das Landgericht hat der Klägerin über den vorprozessual bezahlten Betrag hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 613,55 € nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin unter Beibehaltung der Anträge im übrigen über die gezahlten und erstinstanzlich zuerkannten Beträge hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 16.000 DM begehrt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus der Berufungsinstanz weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Klägerin durch den Unfall verletzt wurde und ihre Beschwerden bis Dezember 1991 unfallbedingt waren. Sie habe jedoch nicht bewiesen, daß der Unfall auch Ursache ihrer Beschwerden nach Dezember 1991 sei. Das Landgericht habe zwar nicht berücksichtigt, daß diese Frage nach § 287 Abs. 1 ZPO zu beurteilen sei. Auch nach diesem Beweismaß lasse sich aber eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß
der Unfall ursächlich für die Beschwerden gewesen sei, nicht feststellen. Als Ursache der Beschwerden komme auch eine degenerative Veränderung der Wirbelsäule in Betracht. Die unspezifischen Beschwerden der Klägerin könnten im Zusammenhang mit einer Halswirbelsäulenverletzung auftreten, ließen jedoch nicht hinreichend sicher auf eine solche Verletzung schließen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Unfall ursächlich für die Beschwerden gewesen sei, ergebe sich aus dem Gutachten nicht. Die erstmals mit der Berufungsbegründung beantragte Ladung des Sachverständigen sei nicht geboten gewesen. Das Gutachten sei widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend. Das Landgericht habe daher zu einer Ladung des Sachverständigen von Amts wegen keinen Anlaß gehabt. Unterlasse eine Partei es, in erster Instanz die Anhörung des Sachverständigen zu beantragen, könne sie das wegen § 531 Abs. 2 ZPO nicht in der Berufung nachholen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Allerdings beanstandet die Revision ohne Erfolg, das Berufungsurteil genüge nicht den Anforderungen an die Sachverhaltsdarstellung im Berufungsurteil nach neuem Recht (§ 26 Nr. 5 EGZPO; § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
a) Hiernach bedarf es keines förmlichen Tatbestandes. An dessen Stelle muß das Berufungsurteil jedoch auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug nehmen und eine Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen enthalten. Ohne solche ausreichenden tatbestandlichen Darstellungen fehlt dem Berufungsurteil die für die revisionsrechtliche Nachprüfung
nach den §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche Beurteilungsgrundlage. Gleiches gilt für tatbestandliche Darstellungen, die derart widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sind, daß sie die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. BGHZ 156, 97, 99; BGH, Urteile vom 7. November 2003 - V ZR 141/03 - WM 2004, 894, 895 und vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290, 1291). In diesen Fällen ist das Berufungsurteil grundsätzlich von Amts wegen aufzuheben (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - NJW 2004, 1389, 1390 m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; BGH, Urteil vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - BGHReport 2004, 474, 475; vgl. zum früheren Recht Senatsurteil BGHZ 73, 248). Von einer Aufhebung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich die notwendigen tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung hinreichend deutlich aus den Urteilsgründen ergeben. Diese Grundätze gelten auch für ein Berufungsurteil, das - wie im Streitfall - die Revision nicht zuläßt, aber der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - VersR 2004, 259, 260).
b) Das angefochtene Urteil genügt diesen Anforderungen. Es enthält zwar keine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil. Eine solche war aber entbehrlich, weil die tatsächlichen Feststellungen erster Instanz neben den Änderungen und Ergänzu ngen im Berufungsurteil ausreichend wiedergegeben werden. Eine ausdrückliche Bezugnahme ist nicht zwingend erforderlich. § 540 ZPO soll die Berufungsgerichte von Schreibarbeit entlasten und erlaubt dazu eine Bezugnahme ohne eine eigene Darstellung zu verbieten (vgl. Begründung der Beschlüsse des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124; wie hier Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 540 Rdn. 1; a.A. Meyer-Seitz in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform, 2002, § 540 Rdn. 6). Die Möglichkeit revisionsrechtlicher Überprüfung wird im Streitfall nicht beeinträchtigt.
2. Die Revision beanstandet aber mit Erfolg, daß das Berufungsgericht gegen §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO verstoßen hat. Das Landgericht hatte seiner Entscheidung wie schon seinem Beweisbeschluß § 286 ZPO statt § 287 ZPO und damit das falsche Beweismaß zugrunde gelegt. Das vom Landgericht eingeholte Gutachten enthält zu der entscheidungserheblichen Frage, ob der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den andauernden Beschwerden der Klägerin überwiegend wahrscheinlich ist, keine Angaben. Es war daher unvollständig. Das Berufungsgericht hat das erkannt, hat aber das Gutachten dennoch seiner Entscheidung zugrunde gelegt (s.u. zu a)). Eine Ergänzung durch weitere Begutachtung oder durch eine Anhörung des Sachverständigen war bei fehlerfreier Rechtsanwendung bereits in erster Instanz erforderlich, ist aber unterblieben. Der Verstoß des Landgerichts gegen § 287 ZPO begründete Zweifel an der Richtigkeit seiner Feststellungen zur Kausalität gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die eine Vervollständigung des Gutachtens durch das Berufungsgericht von Amts wegen erforderten (§ 411 Abs. 3 ZPO; s.u. zu b)). Der entsprechende Antrag der Klägerin in der Berufungsbegründung war nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen (s.u. zu c)). Im einzelnen:
a) Das Berufungsgericht geht im Ansatzpunkt ohne Rechtsfehler davon aus, daß die Frage, ob die nach Dezember 1991 noch vorhandenen Beschwerden der Klägerin auf dem Unfall oder dem unfallbedingten HWSSchleudertrauma beruhten, unter Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO zu beantworten ist. Diese Frage nach dem Umfang des eingetretenen Schadens ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Der Tatrichter unterliegt insoweit nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, sondern ist nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st.Rspr., vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00 - VersR 2002, 200, 201; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474,
476; vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - VersR 2004, 118, 119). Zwar kann er auch die haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von dem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. An das zur Überzeugungsbildung erforderliche Beweismaß werden aber geringere Anforderungen gestellt. Es genügt je nach Lage des Einzelfalles eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit (vgl. Senatsurteile BGHZ 149, 63, 66; vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - aaO; vom 22. September 1992 - VI ZR 293/91 - VersR 1993, 55, 56; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO). Gleichwohl konnte das Berufungsgericht auf der Grundlage des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens die haftungsausfüllende Kausalität nicht ohne weitere Sachaufklärung verneinen. Das interdisziplinäre Gutachten der Sachverständigen befaßt sich nicht mit der Frage, ob eine nach § 287 ZPO ausreichende (überwiegende) Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs besteht , sondern ausschließlich mit der naturwissenschaftlichen Nachweisbarkeit des Ursachenzusammenhangs. Die Sachverständigen waren, worauf die Revision zutreffend hinweist, im Beweisbeschluß des Landgerichts auch nur hierzu befragt worden. Die hierdurch bedingte Unvollständigkeit des Gutachtens kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen, weil sie auf der fehlerhaften Anwendung des Beweismaßes durch das Landgericht beruht.
b) Unter diesen Umständen beanstandet die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO verstoßen hat, weil es keine Vervollständigung des Gutachtens veranlaßt hat. aa) Das interdisziplinäre Gutachten der Sachverständigen befaßt sich - wie bereits erwähnt - nicht mit der für § 287 ZPO ausreichenden (überwiegenden ) Wahrscheinlichkeit, sondern mit der naturwissenschaftlichen Beweisbarkeit des Ursachenzusammenhangs.
bb) Das Berufungsgericht durfte die auf Grund dieses Gutachtens getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen. Zwar ist ein Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 ZPO grundsätzlich an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden. Diese Bindung entfällt aber, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO). (1) Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. Meyer-Seitz aaO, § 529 Rdn. 20; MünchKomm-ZPO/Aktualisierungsband -Rimmelspacher, 2. Auflage, § 529 Rdn. 11 f.; Musielak/Ball, ZPO, 3. Auflage, § 529 Rdn. 9 f.; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 529 Rdn. 3; Rimmelspacher , NJW-Sonderheft zum 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, 11, 15; derselbe, NJW 2002, 1897, 1900 f.). Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen, aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann , ZPO, 62. Aufl., § 529 Rdn. 4; Meyer-Seitz, aaO, Rdn. 20 f., 26; Musielak /Ball, aaO, Rdn. 9 f.; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, Rdn. 2; Begründung der Beschlüsse des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 123), aber auch aus Fehlern, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 -; BGH, Urteile vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - WM 2004, 845, 846; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - je zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 14/4722, S. 100; MünchKommZPO/Aktualisierungsband -Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 12; Rimmelspacher, NJW-
Sonderheft aaO, 11, 15; derselbe, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Wurden Tatsachenfeststellungen auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen, kann auch die Unvollständigkeit des Gutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen wecken (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - NJW 2003, 3480, 3481; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 18; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 9). Hiernach begründeten im Streitfall konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Vollständigkeit der Feststellungen: Das angefochtene Urteil zeigt die Verkennung der Rechtslage durch das Landgericht und die darauf beruhende Verkürzung der Beweiserhebung auf. Das Berufungsgericht führt dazu ohne Rechtsfehler aus, das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, daß § 287 ZPO geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung stelle. Die Unvollständigkeit der Begutachtung ergibt sich hieraus unmittelbar. (2) Das hätte beim Berufungsgericht Zweifel an der Vollständigkeit und an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts zur Kausalität wecken müssen. Solche Zweifel sind bereits dann begründet , wenn aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - aaO und vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - zum Abdruck in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Auflage, § 529 Rdn. 3; Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 29; vgl. Begründung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124; geringere Anforderungen : MünchKommZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher, aaO, § 529
Rdn. 21; derselbe, NJW 2002, 1897, 1902 f. und NJW-Sonderheft aaO, 11, 16; vgl. auch BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluß vom 12. Juni 2003 - 1 BvR 2285/02 - NJW 2003, 2524; kritisch Greger NJW 2003, 2882, 2883). Die Anforderungen dürfen nicht überspannt werden. Es genügt, wenn das Berufungsgericht aufgrund konkreter Anhaltspunkte in einer rational nachvollziehbaren Weise zu "vernünftigen“ Zweifeln kommt, das heißt, zu Bedenken, die so gewichtig sind, daß sie nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden können (vgl. Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 29; Begründung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124). Diese Voraussetzungen sind hier zu bejahen. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Landgericht bei Anwendung des § 287 ZPO zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die zahlreich vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen wie auch das Gutachten halten nämlich zum Teil einen Ursachenzusammenhang mit dem Unfall für möglich oder wahrscheinlich. (3) Eine ergänzende Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht war nach allem erforderlich. Eine erneute Prüfung und Entscheidung ist immer geboten , wenn - wie im Streitfall - die konkrete Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses besteht (so auch BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - aaO 847, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 28; Begründung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 124). Die Verpflichtung zu ergänzenden Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO) ergibt sich hier aus dem Umstand, daß ein unvollständiges Gutachten keine Entscheidungsgrundlage sein kann (st.Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 2001 - VI ZR 408/99 - VersR 2001, 783 und vom 27. März 2001 - VI ZR 18/00 - VersR 2001, 859, 860 - jeweils m.w.N.). Ein Antrag der Klägerin war daher nicht erforderlich. Zudem lag hier ein solcher Antrag auf Anhörung des Sachverständigen vor.

c) Unter diesen Umständen rügt die Revision auch mit Erfolg, daß die beantragte Anhörung des Sachverständigen unterblieben ist. Die Zurückweisung dieses Antrags beruht auf einer fehlerhaften Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Verweigerung der Zulassung neuen Vortrags kann vom Revisionsgericht überprüft werden (vgl. BGHZ 12, 49, 52; BGH, Urteil vom 9. März 1981 - VIII ZR 38/80 - NJW 1981, 2255; Meyer-Seitz, aaO, § 531 Rdn. 26; MünchKommZPO /Aktualisierungsband-Rimmelspacher, aaO, § 530 Rdn. 34; Musielak /Ball, aaO, § 531 Rdn. 23, 25; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 531 Rdn. 37). Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel u.a. dann zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. aa) Wie ausgeführt hat das Eingangsgericht den hier anzuwendenden Beweismaßstab verkannt. Das Berufungsgericht hat zwar erkannt, daß die haftungsausfüllende Kausalität nach § 287 ZPO zu beurteilen war. Es mußte aber auch neue Angriffsmittel, die auf eine Abklärung nach dem bisher nicht berücksichtigten Beweismaßstab für die Kausalität abzielten, zulassen. bb) Angriffs- und Verteidigungsmittel sind alle zur Begründung des Sachantrages oder zur Verteidigung dagegen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen und Einreden, sämtliches Bestreiten und alle Beweisanträge (vgl. Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 14, § 530 Rdn. 11; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 531 Rdn. 22; Drossart, Bauprozessrecht 2004, 4, 6; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428). Hierzu zählt auch der Antrag einer Partei auf Anhörung eines Sachverständigen (§§ 402, 397 ZPO).
Der Antrag der Klägerin auf Anhörung des Sachverständigen wurde erstmals in zweiter Instanz gestellt, war mithin neu. In der Berufungsbegründung hatte die Klägerin zu der von ihr behaupteten überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Kausalität des Unfalls für die geltend gemachten Beschwerden die Anhörung des Sachverständigen beantragt. Dies genügte den Anforderungen an einen Antrag gemäß den §§ 402, 397 ZPO. Eine Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, muß nicht die Fragen, die sie an den Sachverständigen richten will, im voraus konkret formulieren. Ausreichend ist, wenn sie angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926, 927 m.w.N.). cc) Die objektiv fehlerhafte Rechtsansicht des Landgerichts hat den erstinstanzlichen Sachvortrag der Klägerin beeinflußt und ist (mit-)ursächlich dafür geworden, daß sich hier Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert hat (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03 -, z.V.b.; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - Umdr. S. 9, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Die fehlerhafte Rechtsauffassung des Landgerichts zum Beweismaß (§ 286 ZPO statt § 287 ZPO) hat dazu beigetragen, daß der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen erst in der Berufungsinstanz gestellt wurde. Zudem macht die Revision mit Recht geltend, die Klägerin sei dem gleichen Rechtsirrtum unterlegen wie das Landgericht; dieser habe sich in der eingeschränkten Begutachtung ausgewirkt und sei objektiv geeignet gewesen, die Klägerin im ersten Rechtszug von einem Antrag auf Anhörung zur Frage der überwiegenden Wahrscheinlichkeit abzuhalten. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin den Antrag aus anderen, von der rechtlichen Fehleinschätzung unabhängigen Gründen zurückgehalten hätte, liegen nicht vor.
3. Das Berufungsurteil stellt sich schließlich nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht in eigener Würdigung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis gekommen ist, auch nach den gemäß § 287 ZPO geringeren Anforderungen an die Überzeugungsbildung habe die Klägerin im Ergebnis den ihr obliegenden Nachweis nicht geführt. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht. Diese Feststellung ist auf der Grundlage des Gutachtens rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Das Gutachten enthält, wie ausgeführt, zur Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs keine Aussage. Zu Feststellungen hierzu hätte es daher eigener Sachkunde des Gerichts bedurft, die es im Urteil hätte darlegen müssen. Auch im Rahmen der freien Überzeugungsbildung nach § 287 ZPO darf der Tatrichter nämlich, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er eine entsprechende Sachkunde ausweist (vgl. Senatsurteile vom 22. Dezember 1987 - VI ZR 6/87 - VersR 1988, 466, 467; vom 14. Februar 1995 - VI ZR 106/94 - VersR 1995, 681, 682; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - VersR 2001, 1547, 1548). Unter demselben Mangel leiden die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts, in denen es dem zeitlichen Ablauf des Auftretens der Beschwerden maßgebliche Bedeutung für die Prüfung der haftungsausfüllenden Kausalität beimißt. Die
Revision beanstandet zu Recht, das Berufungsgericht habe ohne sachverständige Beratung keine medizinischen Rückschlüsse aus dem Krankheitsverlauf ziehen dürfen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 361/99
Verkündet am:
1. März 2001
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
Bei der Berechnung des entgangenen Gewinns muß sich der Verkäufer
(hier: Lieferung von Essen an städtische Schulen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages
), dessen Ware vom Käufer vertragswidrig nicht abgenommen
wird, auf den Vertragspreis grundsätzlich nur die besonderen Aufwendungen
, die sogenannten Spezialunkosten, die die Ausführung der Bestellung
des Käufers erfordern, anrechnen lassen. Die Generalunkosten
hingegen scheiden als Element der Schadensberechnung regelmäßig aus
(Anschluß an BGHZ 107, 67, 69).
BGH, Urteil vom 1. März 2001 - III ZR 361/99 - OLG Dresden
LG Bautzen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. November 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger versorgte entsprechend einem am 23. Februar 1993 geschlossenen Vertrag Kindereinrichtungen und Schulen der beklagten Stadt mit Mittagessen und übernahm damit verbundene Dienste. Die Beklagte kündigte den Vertrag fristlos zum 31. Juli 1996 und verweigerte ab dem 1. August 1996 die Abnahme der Essenlieferungen sowie deren Bezahlung. Durch rechtskräftiges Urteil vom 31. Januar 1997 stellte das Landgericht Bautzen fest, daß die Kündigung der Beklagten den von den Parteien geschlossenen Vertrag nicht zum 31. Juli 1996 beendet habe; der Vertrag bestehe bis zum 31. Juli 1998 fort. Die Beklagte habe dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden, der ihm aus der nicht vertragsgemäßen Kündigung entstehe, zu ersetzen.
Der Kläger fordert von der Beklagten Ersatz des Gewinns, der ihm in der Zeit vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1998 durch den unberechtigt abgelehnten Essensbezug entgangen sein soll.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 97.634,08 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des entgangenen Gewinns; dieser ergebe sich aus der Differenz zwischen dem Umsatz und den aufzuwendenden Kosten. Der Umsatz könne aufgrund des im Berufungsrechtszug nicht mehr angegriffenen Gutachtens des Sachverständigen R. festgestellt werden. Bis auf den Personalkostenanteil streitig geblieben seien aber die anzurechnenden Kosten. Diese seien auch nicht im Wege der Schätzung bezifferbar. Die Beweisaufnahme habe hierzu keine konkreten Anknüpfungstatsachen erbracht. Soweit die Angaben der Beklagten zugrunde zu legen seien, führe dies nicht zu einem positiven Rechnungsergebnis zugunsten des Klägers.

II.


Die Begründung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
Der Kläger kann von der Beklagten als Schadensersatz wegen Nichterfüllung den Unterschied zwischen seinem Interesse an der Vertragserfüllung und der von ihm ersparten Gegenleistung verlangen. Da er selbst Hersteller der an die Beklagte zu liefernden Essen gewesen ist, steht ihm als entgangener Gewinn (§ 252 Satz 1 BGB) der Unterschied zwischen Vertrags- und Her-
stellungspreis zu (vgl. BGHZ 107, 67, 69; RG JW 1919, 445 f; RGZ 60, 346, 347).
1. Den Vertragspreis hat das Berufungsgericht in Höhe von 433.456,73 DM jährlich festgestellt. Es handelt sich dabei um den von dem Sachverständigen R. (S. 5 des Gutachtens vom 30. Mai 1998) ermittelten (Netto-)Umsatz - ohne die Einnahmen aus den Lieferungen an das Gymnasium der Beklagten -, den der Kläger im Jahre 1995 erzielt hat und voraussichtlich jährlich während der Zeit des von der Beklagten unberechtigt verweigerten Bezugs (1. August 1996 - 31. Juli 1998 = zwei Jahre) weiter vereinnahmt hätte. Das wird von den Parteien nicht mehr in Zweifel gezogen.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber den Anspruch auf den entgangenen Gewinn daran scheitern lassen, daß der Kläger den Herstellungspreis , d.h. seine auf den Vertragspreis anzurechnenden Selbstkosten, nicht dargetan bzw. nicht bewiesen habe.

a) Der Herstellungspreis steht allerdings nicht, wie die Revision meint, bereits aufgrund eines Geständnisses der Beklagten fest.
Ein Geständnis im Sinne des § 288 ZPO ist die Erklärung einer Prozeßpartei , daß die von der Gegenseite behaupteten Tatsachen wahr sind. Es ist an keinen bestimmten Wortlaut gebunden und kann auch in der Ä ußerung liegen, daß Ausführungen des Gegners nicht bestritten werden sollen. Die Erklärung, eine Tatsache werde nicht bestritten, hat jedoch zunächst nur einen negativen Inhalt. Zur Umdeutung in ein positives Zugeständnis bedarf es deswegen weiterer Umstände, die einen solchen Schluß nahelegen. Ob die Prozeßhandlung
einer Partei die gesetzlichen Voraussetzungen eines Geständnisses erfüllt, kann vom Revisionsgericht selbst und auch erstmalig geprüft werden (BGH, Urteile vom 6. November 1961 - VII ZR 120/60 - JZ 1962, 252; vom 7. März 1983 - VIII ZR 331/81 - NJW 1983, 1496, 1497 = MDR 1983, 661; vom 7. Juli 1994 - IX ZR 115/93 - MDR 1995, 90; vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97 - NJW 1999, 579, 580; vgl. auch Stein/Jonas/Leipold, ZPO 21. Aufl. 1996 § 288 Rn. 10).
Die Beklagte hat die vom Kläger vorgetragenen Selbstkosten in ihrem Schriftsatz vom 10. Dezember 1997 nicht im Sinne des § 288 ZPO zugestanden. Sie hat dort der Schadensberechnung des Klägers eine eigene entgegengestellt. Ausgehend von einem Umsatz, der unter dem vom Kläger behaupteten gelegen hat, hat sie unter Berücksichtigung der vom Kläger - allerdings auf einen höheren Umsatz - angesetzten Kosten (Wareneinsatz, Personal, sonstige Betriebskosten, Abschreibung) einen Gewinn von jährlich 9.217,15 DM ermittelt und einen Anspruch des Klägers in Höhe von 18.434,30 DM (= 9.217,15 DM x 2 Jahre) "als gegeben" angesehen. Aus dieser Erklärung ergibt sich schon wegen der abweichenden Bezugsgröße nicht hinreichend sicher, daß die Beklagte die vom Kläger genannten Selbstkosten nicht bloß hingenommen hat, sondern bindend gegen sich hat gelten lassen wollen. Es kommt hinzu, daß die Beklagte unter Verweisung auf den vorgenannten Schriftsatz vom 10. Dezember 1997 mit Schriftsatz vom selben Tag angeboten hat, den Rechtsstreit durch Zahlung von 20.000 DM vergleichsweise zu erledigen. Das unterstreicht die Vorläufigkeit ihrer Schadensberechnung.
Entsprechendes gilt für die - auf die vorgenannten Schriftsätze vom 10. Dezember 1997 folgende - Erklärung des Prozeßbevollmächtigten der Be-
klagten in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 1997, er bestreite den vom Kläger in der "Ermittlung Schadensersatz" angegebenen Umsatz in Höhe von 400.090,43 DM; die übrigen Zahlenangaben bestreite er nicht. Auch darin kann mangels besonderer Umstände ein über das bloße Nichtbestreitenwollen hinausgehender Geständniswille nicht gesehen werden.

b) Zur Ermittlung des dem Kläger entgangenen Gewinns sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von dem - in der Zeit vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1998 voraussichtlich erlösten - Vertragspreis ("Umsatz") in Höhe von 433.456,73 DM (jährlich) unstreitig als Herstellungspreis abzuziehen:
- 31,5 % Personalkosten (= 136.538,86 DM jährlich) und - Kfz-Kosten in Höhe von 11.000 DM jährlich.
Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner den Wareneinsatz mit 54,7 % (= 237.100,83 DM jährlich) in Abzug gebracht (aa). Die uneingeschränkte Berücksichtigung von Abschreibungen, Wasser-, Strom- und Heizungskosten (bb) sowie den Betrag von jährlich 11.000 DM übersteigender Kfz-Kosten (cc) begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Weitere - konkret benannte - Abzugsposten sind nicht im Streit.
aa) Wareneinsatz
Sachverständig beraten hat das Berufungsgericht einen Wareneinsatz in Höhe von 54,7 % des "Umsatzes" (= 237.100,83 DM) festgestellt. Das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Die Revisionserwiderung nimmt die Abrundung von 54,77 % (S. 5 des Gutachtens des Sachverständigen R. vom 21. Dezember 1998) auf 54,7 % hin.
Die Revision wendet ein, das Berufungsgericht habe bei der Feststellung des Wareneinsatzes Vorbringen des Klägers übergangen, das Anlaß zu weiterer Sachaufklärung gegeben habe. Der Kläger habe behauptet, für die Lieferung an Dritte "ca. 1.000 Essen pro Tag" hinzugekauft zu haben. Das erkläre den hohen Wareneinsatz bezogen auf das gesamte Unternehmen. Die Zukäufe ergäben sich aus den Unterlagen, die dem Sachverständigen übergeben worden seien.
Das Berufungsgericht hat den Gesichtspunkt der Zukäufe indes nicht übersehen. Es hat im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen R. erwogen, daß sich unter Berücksichtigung von Wareneinkäufen für Drittlieferungen der Prozentsatz des Wareneinsatzes im Verhältnis zur Beklagten ändern könnte. Das habe aber nicht "verifiziert", d.h. nicht festgestellt, werden können. Damit hat sich das Berufungsgericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens gehalten.
Der Kläger hat die Höhe des bei den Lieferungen an die Beklagte üblichen Wareneinsatzes nicht mitgeteilt. Dem Sachverständigen hat allein eine Kostenartberechnung vorgelegen, die eine Zuordnung der Kosten zu den Kunden nicht ermöglicht hat. Die von der Revision herangezogene Behauptung des Klägers, 1995 seien "ca. 1.000 Essen pro Tag" hinzugekauft worden, hilft allein nicht weiter. Solange der Preis dieser Essen nicht bekannt ist, kann der Betrag, um den der Wareneinsatz wegen der Zukäufe zu bereinigen wäre, nicht abgeschätzt werden. Die von der Revision angeführte Bezugnahme auf
die "dem Sachverständigen übergebenen Unterlagen", womit die an anderer Stelle erwähnten "15 Ordner mit Unterlagen zum Geschäftsjahr 1995" gemeint sein könnten, ist zu unbestimmt.
bb) Strom, Wasser, Heizung, Abschreibung
Das Berufungsgericht hat gemeint, der Kläger müsse sich auch die Kosten für Strom, Wasser und Heizung sowie die Abschreibungen anrechnen lassen. Hierzu habe es nur die Angaben der Beklagten zugrunde legen können, da der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht genügend vorgetragen habe.
Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Das Berufungsgericht hätte die vorgenannten - vom Kläger bestrittenen - Kosten nicht ohne weiteres dem Herstellungspreis zurechnen, sondern - wie die Revision zu Recht rügt - zwischen fixen Kosten und Spezialunkosten unterscheiden müssen.
Bei der Berechnung des entgangenen Gewinns muß sich der Verkäufer, dessen Ware vom Käufer vertragswidrig nicht abgenommen wird, auf den Vertragspreis grundsätzlich nur die besonderen Aufwendungen, die sogenannten Spezialunkosten, die die Ausführung der Bestellung des Käufers erforderten, anrechnen lassen. Die Generalunkosten hingegen scheiden als Element der Schadensberechnung regelmäßig aus, weil sie anfallen, einerlei ob es zur Vertragserfüllung kommt oder nicht (BGHZ 107, 67, 69 f). Eine Ausnahme hiervon kommt in Betracht, wenn der vertragsgemäße Bezug durch den Käufer zusätzliche Investitionen des Verkäufers im Bereich der fixen Kosten erfordert
hätte; darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit - wie auch sonst für vom Verkäufer ersparte Spezialunkosten - der Käufer (BGHZ aaO S. 69).
Den Kläger belastende Strom-, Wasser- und Heizungskosten sowie Abschreibungen (vgl. RG JW 1936, 797, 798) können demnach nur dann schadensmindernd berücksichtigt werden, wenn sie gerade durch die Lieferungen an die Beklagte verursacht worden wären. Entsprechendes hat die Beklagte, die - was das Berufungsgericht verkannt hat - insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, nicht behauptet. Sie hat allgemein auf die Kosten für Strom, Wasser und Heizung sowie auf Abschreibungen abgehoben und dafür - vom Kläger bestrittene - 3,3 % (Strom, Wasser, Heizung) und 5,2 % (Abschreibungen ) des Umsatzes angesetzt. Das vermag einen Abzug wegen ersparter Spezialunkosten nicht zu rechtfertigen. Bei den im Betrieb des Klägers angefallenen Kosten für Strom, Wasser und Heizung sowie bei den Abschreibungen auf das Anlagevermögen dürfte es sich vielmehr überwiegend um - nicht abzugsfähige - fixe Kosten gehandelt haben. Nach den Feststellungen des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen landgerichtlichen Urteils hat der Wegfall der Essenlieferungen an von der Beklagten unterhaltene Kindereinrichtungen und Schulen dazu geführt, daß "lediglich die Kessel und Töpfe weniger gefüllt" gewesen sind.
Das Berufungsgericht wird im Laufe des weiteren Verfahrens zu klären haben, ob und in welchem Umfang die Strom-, Wasser- und Heizungskosten sowie die Abschreibungen als Spezialunkosten zu dem vom Vertragspreis abzuziehenden Herstellungspreis zu zählen sind.
cc) Kfz-Kosten
Der Kläger läßt sich für Kfz-Kosten einen Abzug von 11.000 DM jährlich gefallen. Das Berufungsgericht hat gemeint, mangels weiterer Darlegungen von seiten des Klägers müßten die von der Beklagten behaupteten höheren Kfz-Kosten (5,8 % des Umsatzes = 25.140,49 DM jährlich) zugrunde gelegt werden.
Damit hat das Berufungsgericht wiederum die Darlegungs- und Beweislast nicht richtig gesehen. Die für den höheren Herstellungspreis beweisbelastete Beklagte hätte - den entgangenen Gewinn mindernde - höhere Kfz-Kosten darlegen müssen. Denn der Kläger hat bestritten, daß die jährlichen KfzKosten 11.000 DM überstiegen hätten.
Das Berufungsgericht hat ferner, was die Revision zu Recht rügt, das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einbezogen. Der Unternehmensberater Dr. S. hat als Zeuge ausgesagt, die vom Kläger angegebenen Kfz-Kosten (11.000 DM in zwei J ahren) seien nicht anteilmäßig angesetzt, sondern aufgrund der Anzahl der notwendigen Fahrten ermittelt worden. Damit - und mit der die Angaben des Klägers, allerdings bezogen auf ein Jahr, offenbar für schlüssig haltenden Auffassung des Sachverständigen - hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen; es hätte nicht einfach der pauschalen Schätzung der Beklagten (5,8 % des Umsatzes) folgen dürfen.
Unter Berücksichtigung der vorbeschriebenen Beweislastverteilung wird im weiteren Verfahren zu klären sein, ob der Kläger, über den zugestandenen
Betrag (11.000 DM jährlich) hinaus, Kfz-Kosten - als Spezialunkosten - gehabt hätte.
Rinne Wurm Schlick Kapsa Galke

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 45/07 Verkündet am:
30. April 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lorch Premium II
UWG § 4 Nr. 11; EG-WeinMO 1999 Art. 47, Art. 48; EG-WeinBezV Art. 6 Abs. 1

a) Bei den Weinbezeichnungsvorschriften der EG-Weinmarktordnung und der
EG-Weinbezeichnungsverordnung handelt es sich um gesetzliche Vorschriften
im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der
Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

b) Zur Bezeichnung eines Weines dürfen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII
Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 auch Angaben über die Qualität des
Weines verwendet werden, die nicht ausdrücklich vorgeschrieben (Art. 47
Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999) oder freigestellt
(Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999) sind,
sofern sie nicht nach Art. 48 EG-WeinMO 1999 und Art. 6 Abs. 1 EGWeinBezV
irreführend sind.
BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 45/07 - OLG Zweibrücken
LG Landau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 1. Februar 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der Schutzverband Deutscher Wein e.V., will der Beklagten, der Weinkellerei Lorch, die Verwendung der Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ bei der Etikettierung von - im Sinne des Weinbezeichnungsrechts - Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (Qualitätswein b.A.) verbieten lassen.
2
Die Beklagte vertreibt seit 1992 vier verschiedene Qualitätsweine des bestimmten Anbaugebietes Pfalz als Flaschenwein. Das Hauptetikett und das Rückenetikett der Flaschen tragen jeweils den hervorgehobenen Schriftzug „LORCH PREMIUM“. Auf dem Rückenetikett befand sich bis Mitte 1996 außerdem in deutlich kleinerer Schrift die Angabe „LINIE PRESTIGE“.
3
Der Kläger ist der Ansicht, die Verwendung dieser Bezeichnungen verstoße gegen das Weinbezeichnungsrecht und sei wettbewerbswidrig. Es handele sich um unzulässige Qualitätsangaben, die irreführend seien, weil sie den Eindruck einer Qualität hervorriefen, die die Weine tatsächlich nicht hätten.
4
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein b.A. die Angaben „... PREMIUM“ und „... LINIE PRESTIGE“ zu verwenden, insbesondere wie aus folgenden Abbildungen ersichtlich:
5
Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, die Bezeichnungen stellten lediglich eine zulässige betriebsinterne Bewertung der von ihr vertriebenen Weine dar, die nicht irreführend sei, da es sich tatsächlich um hochwertige Weine handele.
6
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers verboten, in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein b.A. die Bezeichnung „... PREMIUM“ zu verwenden. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers haben zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 86/97, GRUR 2000, 727 = WRP 2000, 628 - Lorch Premium I).
7
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nunmehr mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird (OLG Zweibrücken OLG-Rep 2007, 451). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Beklagten zur Bezeichnung ihrer Qualitätsweine b.A. verwendeten Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ seien nach dem Weinbezeichnungsrecht zulässig und nicht wettbewerbswidrig. Es hat hierzu ausgeführt:
9
Die Frage, ob die Beklagte diese Bezeichnungen für die von ihr vertriebenen Qualitätsweine b.A. verwenden dürfe, sei nach der mittlerweile in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (EG-WeinMO 1999) zu beurteilen.
10
Die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen seien allerdings weder als obligatorische Angaben nach Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 noch als fakultative Angaben nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 zulässig. Sie könnten auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Marke (Anhang VII Abschn. F EG-WeinMO 1999) zugelassen werden, da der Antrag der Beklagten, die Bezeichnungen als Marke einzutragen , rechtskräftig abgelehnt worden sei und auch kein Markenschutz kraft Verkehrsgeltung bestehe.
11
Die Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ seien aber als fakultative „sonstige Angaben“ bzw. „andere Bezeichnungen“ i.S. von Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 zulässig. Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Weinkonsument sehe darin keine objektive Einstufung der beworbenen Weine im Sinne der in Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 normierten Angaben , sondern lediglich eine betriebsinterne Einstufung der Weine innerhalb der Produktpalette der Beklagten.
12
Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die beanstandeten Bezeichnungen irreführend i.S. von Art. 48 EG-WeinMO 1999 seien, weil sie die hervorgerufenen Erwartungen der Verbraucher enttäuschten. Die Beklagte habe näher ausgeführt, worin die besondere Qualität der Weine bestehe, die die verliehenen Bezeichnungen rechtfertige und habe damit ihrer prozessualen Erklärungspflicht genügt. Der Senat habe über die Behauptung des Klägers, diese http://www.juris.de/jportal/portal/t/3dx/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=224&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300412007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3dx/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=224&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300412007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ge1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306242000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - Ausführungen der Beklagten seien unrichtig, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Kläger habe den zur Beauftragung des Sachverständigen angeforderten Auslagenvorschuss jedoch nicht einbezahlt, so dass die Beweisaufnahme unterblieben sei.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der vom Kläger erhobene Unterlassungsanspruch ist nicht begründet , weil die von der Beklagten in der Etikettierung ihrer Qualitätsweine b.A. verwendeten Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ nicht gegen das geltende Weinbezeichnungsrecht verstoßen und daher auch nicht wettbewerbswidrig sind.
14
1. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch des Klägers besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war und nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechtslage noch wettbewerbswidrig ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2008 - I ZR 95/05, GRUR 2008, 1014 Tz. 19 = WRP 2008, 1335 - Amlodipin). Das Verhalten der Beklagten ist nach § 3 UWG wettbewerbswidrig, wenn die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ gegen die geltenden Weinbezeichnungsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften verstoßen (vgl. BGH GRUR 2000, 727, 728 - Lorch Premium I; BGH, Urt. v. 10.8.2000 - I ZR 126/98, GRUR 2001, 73, 74 = WRP 2000, 1284 - Stich den Buben). Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um gesetzliche Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 Rdn. 4.42).
15
2. Im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits sind die - unter anderem das Weinbezeichnungsrecht enthaltende - Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. Nr. L 179 vom 14.7.1999, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 (ABl. Nr. L 299, S. 1; nachfolgend : EG-Weinmarktordnung - EG-WeinMO 1999) und die Verordnung (EG) Nr. 753/2002 der Kommission vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates hinsichtlich der Beschreibung , der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. Nr. L 118 vom 4.5.2002, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1471/2007 der Kommission vom 13. Dezember 2007 (ABl. Nr. L 329, S. 9; nachfolgend: EG-Weinbezeichnungsverordnung - EG-WeinBezV) in Kraft getreten. Sie sind für die rechtliche Beurteilung der von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen maßgeblich.
16
Zwar ist nach Erlass des Berufungsurteils die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates vom 29. April 2008 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 148 vom 6.6.2008, S. 1) in Kraft getreten, die die bisherige EG-Weinmarktordnung aufhebt und eine neue EG-Weinmarktordnung schafft. Die das Bezeichnungsrecht regelnden Bestimmungen in Titel V Kapitel II der bisherigen EG-Weinmarktordnung gelten nach Art. 128 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 jedoch so lange fort, bis die entsprechenden Bestimmungen in Titel III Kapitel III bis IV der neuen EG-Weinmarktordnung Anwendung finden. Die neuen Bezeichnungsvorschriften gelten nach Art. 129 Abs. 2 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 aber erst ab 1. August 2009, sofern im Wege einer nach dem Verfahren gemäß Art. 113 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 zu erlassenden Verordnung nichts anderes festgelegt wird.
17
3. Die von der Beklagten zur Bezeichnung ihrer Qualitätsweine b.A. verwendeten Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ sind nach Art. 47 EG-WeinMO 1999 grundsätzlich zulässig (dazu a). Sie verstoßen nicht gegen das Irreführungsverbot der Art. 48 EG-WeinMO 1999, Art. 6 EGWeinBezV (dazu b) und verletzen auch keinen nach Art. 24 EG-WeinBezV geschützten traditionellen Begriff (dazu c).
18
a) Die ab dem 1. August 2000 geltende EG-Weinmarktordnung (Art. 82 Abs. 2 EG-WeinMO 1999) und die ab dem 1. August 2003 geltende EG-Weinbezeichnungsverordnung (Art. 49 Abs. 2 EG-WeinBezV) haben das bis dahin gültige Weinbezeichnungsrecht grundlegend verändert. Sie haben das früher geltende Verbotsprinzip, nach dem zur Bezeichnung von Wein nur bestimmte, näher bezeichnete Angaben vorgeschrieben oder erlaubt und alle anderen Angaben verboten waren, durch das Missbrauchsprinzip ersetzt (vgl. H.-J. Koch, Weinrecht, Loseblatt-Kommentar, 4. Aufl., Stand: Mai 2008, Bezeichnungsrecht 3.2.2 und 3.2.3; Hieronimi, WRP 2000, 458, 459 f.). Die für die Bezeichnung von Wein - auch in der Etikettierung - nach Art. 47 i.V. mit Anhang VII EGWeinMO 1999 geltenden Regeln sehen seitdem nicht nur - wie bisher - die obligatorische Verwendung bestimmter Angaben (Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999) und die fakultative Verwendung bestimmter anderer Angaben unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999) vor, sondern erlauben darüber hinaus die fakultative Verwendung sonstiger - nicht näher bezeichneter - Angaben , einschließlich von Informationen, die für die Verbraucher nützlich sein können (Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999). Unter bestimmten Voraussetzungen ist es ferner weiterhin zulässig, eine Bezeichnung , die sich auf einen Wein bezieht, durch Marken zu ergänzen (Anhang VII Abschn. F EG-WeinMO 1999).
19
Die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen sind zwar weder als die Bezeichnung der Weine ergänzende Marken zulässig (dazu aa), noch zählen sie zu den bestimmten Angaben, deren Verwendung vorgeschrieben oder freigestellt ist (dazu bb); sie sind jedoch als sonstige Angaben erlaubt (dazu cc).
20
aa) Die Beklagte darf die Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ nicht als die Bezeichnung ihrer Weine ergänzende Marken verwenden , weil diese Bezeichnungen nicht als Marken i.S. von Anhang VII Abschn. F EG-WeinMO 1999 geschützt sind (vgl. BGH GRUR 2000, 727, 728 - Lorch Premium I). Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anträge der Beklagten zurückgewiesen, die Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LORCH LINIE PRESTIGE“ als Wortmarken für „Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete“ einzutragen. Die dagegen gerichteten Beschwerden der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 4.8.2004 - 26 W (pat) 155/01 und 26 W (pat) 132/01, juris). Die Zeichen haben auch nicht durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben.
21
bb) Die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen zählen nicht zu den in der EG-Weinmarktordnung und der EG-Weinbezeichnungsverordnung ausdrücklich aufgeführten Angaben, deren Verwendung nach Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999 vorgeschrieben oder nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anlage VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 freigestellt ist. Insbesondere gehören sie nicht zu den in diesen Bestimmungen genannten traditionellen Begriffen.
22
(1) Zu den obligatorischen Angaben bei der Etikettierung eines Qualitätsweins b.A. zählt gemäß Anhang VII Abschn. A Nr. 1 lit. a EG-WeinMO 1999 die Verkehrsbezeichnung des Erzeugnisses. Diese besteht nach Anhang VII Abschn. A Nr. 2 lit. c zweiter Spiegelstrich vierter Unterspiegelstrich EGWeinMO 1999 unter anderem aus einem „traditionellen spezifischen Begriff“ nach einem noch festzulegenden Verzeichnis oder mehreren dieser Begriffe, wenn die Bestimmungen des betreffenden Mitgliedstaats dies vorsehen. Diese traditionellen spezifischen Begriffe sind für Deutschland nach Art. 29 Abs. 1 lit. b EG-WeinBezV die Angaben „Qualitätswein“ und „Prädikatswein“ bzw. „Qualitätswein mit Prädikat“ (bis 1. August 2009), letztere beiden Angaben ergänzt durch die Begriffe „Kabinett“, „Spätlese“, „Auslese“, „Beerenauslese“, „Trockenbeerenauslese“ oder „Eiswein“ (vgl. § 20 WeinG). Die Begriffe „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“ gehören nicht dazu.
23
(2) Zu den fakultativen Angaben bei der Etikettierung eines Qualitätswein b.A. rechnen nach Anhang VII Abschn. B Nr. 1 lit. b fünfter Spiegelstrich EGWeinMO 1999 „ergänzende traditionelle Begriffe“ nach den vom Erzeugermitgliedstaat vorgesehenen Modalitäten. Ein ergänzender traditioneller Begriff im Sinne dieser Bestimmung ist nach Art. 23 EG-WeinBezV ein für solche Weine in den Erzeugermitgliedstaaten herkömmlicherweise verwendeter Begriff, der sich insbesondere auf ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung oder auf Qualität, Farbe oder Art des Weins oder einen Ort oder ein historisches Ereignis im Zusammenhang mit der Geschichte dieses Weins bezieht und in den Rechtsvorschriften der Erzeugermitgliedstaaten über die Bezeichnung und Aufmachung von Qualitätsweinen b.A. in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet definiert ist. Hierzu gehören für Deutschland beispielsweise die Angaben „Classic“ und „Selection“ (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 WeinG, §§ 32a, 32b WeinVO), nicht dagegen die Begriffe „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“.
24
cc) Die Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ sind aber nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 grundsätzlich als fakultative - nicht näher bezeichnete - „sonstige“ bzw. „andere“ Angaben erlaubt.
25
(1) Die Regeln für die Bezeichnung von Wein umfassen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c EG-WeinMO 1999 insbesondere Bestimmungen über die fakultative Verwendung sonstiger Angaben, einschließlich von Informationen, die für die Verbraucher nützlich sein können. Die Etikettierung von - unter anderem - Qualitätswein b.A. kann nach Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 durch andere Angaben ergänzt werden. Unter den sonstigen bzw. anderen Angaben im Sinne dieser Bestimmungen sind nach der dem Art. 47 und dem Anhang VII EG-WeinMO 1999 zugrunde liegenden Systematik sämtliche Angaben zu verstehen , die nicht bereits den in Art. 47 Abs. 2 lit. a und b, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 ausdrücklich genannten, gesetzlich geregelten Angaben zuzurechnen sind (vgl. H.-J. Koch aaO Bezeichnungsrecht 4.2.2.1). Da die Bezeichnungen „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“ - wie vorstehend unter II 3 a bb ausgeführt - nicht zu diesen bestimmten Angaben zählen, handelt es sich dabei um sonstige bzw. andere Angaben i.S. von Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999.
26
(2) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Begriffe „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“ nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck einer besonderen Qualität des damit bezeichneten Weines vermitteln. Zu den in Art. 47 Abs. 2 lit. a und b, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 gesetzlich geregelten Angaben zählen zwar auch Bezeichnungen, die - wie insbesondere die „traditionellen Begriffe“ - die Weinqualität betreffen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine abschließende Regelung des Sachbereichs „Qualitätsangaben“ , die eine Sperrwirkung für andere Qualitätsangaben entfalten wür- de (vgl. zur Bezeichnung „Réserve“ bzw. „Reserve“ BVerwG GRUR 2006, 865 Tz. 21; vgl. weiter OVG Rheinland-Pfalz ZLR 2003, 449 m. Anm. H.-J. Koch zur Geschmacksangabe „feinherb“ und OVG Rheinland-Pfalz ZLR 2005, 636 m. Anm. H.-J. Koch zur Rebsortenangabe „Pinot“ sowie H.-J. Koch aaO Bezeichnungsrecht 4.2.2.2). Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (vgl. EuGH, Urt. v. 13.3.2008 - C-285/06, Slg. 2008, I-1501 = GRUR 2008, 528 Tz. 20 ff. - Heinrich Stefan Schneider/Land Rheinland-Pfalz u.a., dazu Anm. H.-J. Koch, ZLR 2008, 347) dürfen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 grundsätzlich auch solche sonstigen bzw. anderen Angaben zur Bezeichnung eines Weines verwendet werden, die sich auf ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung oder - wie hier - auf die Qualität des Weines beziehen.
27
(3) Der Umstand, dass für einen Qualitätsschaumwein b.A. oder einen Qualitätsschaumwein nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VIII Abschn. E Nr. 8 EG-WeinMO 1999 die Angabe eines Begriffs „betreffend eine gehobene Qualität“ zulässig ist und zur Ergänzung der Angabe „Qualitätsschaumwein“ nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VIII Abschn. E Nr. 11 EG-WeinMO 1999 die Begriffe „Premium“ oder „Reserve“ verwendet werden dürfen, lässt entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf schließen, dass derartige Bezeichnungen für einen Qualitätswein gleichfalls nur bei einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung erlaubt und mangels einer solchen Regelung verboten sind. Ein solcher Umkehrschluss verbietet sich, da die Bezeichnung von Schaumwein (Anhang VIII EG-WeinMO 1999) und die Bezeichnung anderer Erzeugnisse (Anhang VII EG-WeinMO 1999) sich nach jeweils eigenen Regeln richten.
28
b) Die gemäß Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EGWeinMO 1999 grundsätzlich zulässigen „sonstigen“ bzw. „anderen“ Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ verstoßen nicht gegen das Irreführungsverbot nach Art. 48 EG-WeinMO 1999, Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV. Die Bezeichnung von Wein darf nach Art. 48 EG-WeinMO 1999 nicht falsch oder geeignet sein, Verwechslungen oder eine Irreführung der Personen, an die sie sich richtet, hervorzurufen. Die Ergänzung der Etikettierung von Wein durch sonstige bzw. andere Angaben ist nach Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV nur zulässig , sofern nicht die Gefahr besteht, dass diese Angaben die Personen irreführen , für die sie bestimmt sind, insbesondere hinsichtlich der vorgeschriebenen Angaben gemäß Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999 und der fakultativen Angaben gemäß Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999.
29
aa) „Sonstige“ bzw. „andere“ Angaben sind danach insbesondere dann unzulässig, wenn die Gefahr besteht, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie mit den in Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 gesetzlich geregelten Angaben verwechseln (vgl. EuGH GRUR 2008, 528 Tz. 20 ff. - Heinrich Stefan Schneider/Land Rheinland-Pfalz u.a.) oder, was dem gleichsteht, irrtümlich annehmen, es handele sich dabei um - tatsächlich nicht existierende - gesetzlich geregelte Angaben (vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1981 - 56/80, Slg. 1981, 583 = GRUR 1981, 430 Tz. 20 = WRP 1981, 378 - Schloßdoktor /Klosterdoktor; BGH GRUR 2000, 727, 728 - Lorch Premium I; Hieronimi, WRP 2000, 458, 466; vgl. aber auch BVerwG GRUR-RR 2009, 58 Tz. 33). Eine erkennbar subjektive, betriebsinterne Bewertung eines Weines ist demgegenüber grundsätzlich zulässig (vgl. H.-J. Koch aaO Bezeichnungsrecht 4.2.2.2 und Zusatz-Informationen 4.1; Hieronimi, WRP 2000, 458, 467).
30
Das Berufungsgericht hat angenommen, ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Weinkonsument (vgl. EuGH, Urt. v. 28.1.1999 - C 303/97, Slg. 1999, 513 Tz. 38 = WRP 1999, 307, 311 - Kessler Hochge- wächs) sehe in den Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ keine objektive Einstufung der beworbenen Weine im Sinne der in Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 normierten Angaben, sondern lediglich eine betriebsinterne Einstufung der Weine innerhalb der Produktpalette der Beklagten. Die Bezeichnung „PREMIUM“ vermittle zwar den Eindruck einer erhöhten Qualität, erwecke aber wegen der Verbindung mit dem Herstellernamen „LORCH“ nicht den Eindruck einer (neuen) objektiven Qualitätsbezeichnung. Die Angabe „LORCH PREMIUM“ rufe beim Verbraucher allein die Erwartung hervor, dass dieser Wein nach der subjektiven Einschätzung der Beklagten besonders gelungen sei und gegenüber den anderen Weinen ihres Hauses herausrage. Die der Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ auf dem Rückenetikett hinzugefügte Angabe „LINIE PRESTIGE“ hebe gleichfalls nur einen Wein gegenüber anderen Weinen der Beklagten hervor; der unter dieser Angabe aufgedruckte Hinweis „Genießen Sie diese ausgewählten Weine unseres Hauses“ verdeutliche dies. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.
31
(1) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beurteilung des Berufungsgerichts sei schon deshalb rechtlich verfehlt, weil sie der Feststellung im ersten Berufungsurteil widerspreche, bei den Bezeichnungen „PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ handele es sich um allgemeine Qualitätseinstufungen. Diese vom Senat in der Entscheidung „Lorch Premium I“ gebilligte Feststellung des Berufungsgerichts besagt nicht, dass die genannten Bezeichnungen den Eindruck gesetzlich geregelter Qualitätseinstufungen erwecken, sondern nur, dass sie die allgemeine Vorstellung einer besonderen Qualität vermitteln.
32
(2) Soweit die Revision geltend macht, der Umstand allein, dass der Bezeichnung „PREMIUM“ im Streitfall der Herstellername „LORCH“ vorangestellt sei, rechtfertige es nicht, in der Gesamtbezeichnung „LORCH PREMIUM“ eine ausschließlich hausinterne Bewertung zu sehen, ersetzt sie die tatrichterliche Beurteilung lediglich durch ihre eigene, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Auch wenn der Verbraucher die Kombination von Herstellernamen und gesetzlicher Qualitätsstufe kennt (vgl. zu den Kombinationen „Erben Kabinett“, „Erben Spätlese“ und „Erben Auslese“ EuGH, Urt. v. 26.9.1995 - C-456/93, Slg. 1995, 1737 = GRUR Int. 1999, 345 = WRP 1999, 307 - Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V./Privatkellerei Franz Wilhelm Langguth Erben GmbH & Co. KG), besagt dies nicht, dass er bei jeder und insbesondere bei der hier zu beurteilenden Kombination eines Herstellernamens mit einer Qualitätsangabe annimmt, bei der Qualitätsangabe handele es sich um eine gesetzlich normierte Qualitätseinstufung.
33
(3) Da die Klage sich nicht gegen die Verwendung der Angabe „PREMIUM“ in Alleinstellung, sondern allein gegen deren Verwendung in Kombination mit dem vorangestellten Herstellernamen „LORCH“ richtet, ist es auch ohne Belang , ob sich die Bezeichnung „Premium“ - wie die Revision geltend macht - nach dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Vorbringen des Klägers in den letzten Jahrzehnten zu einer eigenständigen Qualitätskategorie für die Bezeichnung von Lebensmitteln und insbesondere Getränken entwickelt hat. Die Frage, inwieweit die isolierte Verwendung der Angabe „PREMIUM“ zur Bezeichnung eines Weines irreführend sein kann, steht im vorliegenden Rechtsstreit nicht zur Entscheidung.
34
(4) Da die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffenen Bezeichnungen nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts als betriebsinterne Einstufung im Sinne eines Eigenlobs verstehen, liegt entgegen der Ansicht der Revision auch kein irreführender Hinweis auf eine tatsächlich nicht verliehene Auszeichnung vor, die im Rahmen eines von den Mitgliedstaaten oder Drittländern erlaubten Wettbewerbs nach Abschluss eines objektiven Verfahrens erteilt wurde (Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 lit. b dritter Spiegelstrich EG-WeinMO 1999, Art. 21 EG-WeinBezV).
35
bb) Die „sonstigen“ bzw. „anderen“ Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ sind, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auch nicht deshalb irreführend i.S. von Art. 48 Abs. 1 EG-WeinMO 1999, Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV, weil sie die hervorgerufenen Erwartungen der Verbraucher enttäuschten.
36
Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts rufen diese Angaben zwar die Erwartung einer erhöhten Qualität der damit bezeichneten Weine hervor; durch die Verbindung mit dem Herstellernamen erwecken sie jedoch nicht den Eindruck objektiver Qualitätsbezeichnungen, sondern lediglich die Vorstellung, dass die mit diesen Bezeichnungen versehenen Weine nach der subjektiven Einschätzung der Beklagten innerhalb ihrer Produktpalette herausragen (vgl. oben II 3 b aa). Die von der Beklagten mit „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ bezeichneten Weine enttäuschen diese Qualitätserwartungen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.
37
Die Beklagte hat danach näher ausgeführt, worin die besondere Qualität der Weine besteht, die die verliehenen Bezeichnungen rechtfertigt. Sie hat hierzu vorgetragen, sie verwende für die betreffenden Weine ausschließlich Trauben einer bestimmten Erzeugergemeinschaft und nur Trauben mit den höchsten Mostgewichten. Die Weine seien zu 100% jahrgangs- und rebsortenrein sowie nicht gesüßt. Sie stufe prädikatsgeeignete Partien herab. Die Weine seien geschmacklich überdurchschnittlich gut und hätten bei Weinprämierungen der Landwirtschaftskammer verschiedene (im Einzelnen genannte) Auszeichnungen erhalten. Darüber hinaus habe sie weitere (im Einzelnen dargestellte) Maßnahmen ergriffen, um eine besondere Qualität der Weine herbeizuführen. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger, der die Beweislast für die Irreführung trägt, insofern beweisfällig geblieben ist. Er hat zwar diese Ausführungen der Beklagten als unzutreffend bezeichnet, aber nicht den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens über deren behauptete Unrichtigkeit eingezahlt.
38
Die unter den angegriffenen Bezeichnungen vertriebenen Weine genügen demnach einem von der Beklagten selbst gesetzten gehobenen Qualitätsstandard und erfüllen damit die Erwartungen der Verbraucher. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revision haben keinen Erfolg. Sie beruhen letztlich alle auf der Annahme, der Verbraucher erwarte, dass ein mit „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ bezeichneter Wein einer bestimmten gesetzlich definierten Qualitätsstufe entspreche oder an einer bestimmten Stelle innerhalb des herkömmlichen deutschen Qualitätsstufensystems einzuordnen sei. Diese Annahme widerspricht jedoch den rechtsfehlerfrei getroffenen tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Verbraucher mit den Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ nur die allgemeine Erwartung einer besonderen Qualität der damit bezeichneten Weine innerhalb der Produktpalette der Beklagten verbindet.
39
c) Entgegen der Ansicht der Revision stellt sich die Verwendung der Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ nicht als eine nach Art. 24 Abs. 2 lit. a EGWeinBezV widerrechtliche Aneignung oder Nachahmung eines geschützten traditionellen Begriffs oder eine Anspielung auf einen solchen dar.
40
aa) Die Bestimmung des Art. 24 EG-WeinBezV regelt den Schutz der traditionellen Begriffe. Zu ihnen zählen nach Art. 24 Abs. 1 EG-WeinBezV sowohl die traditionellen spezifischen Begriffe gemäß Art. 29 EG-WeinBezV als auch die ergänzenden traditionellen Begriffe gemäß Art. 23 EG-WeinBezV (vgl. oben unter II 3 a bb). Nach Art. 24 Abs. 2 EG-WeinBezV sind die in Anhang III EG-WeinBezV aufgeführten traditionellen Begriffe den Weinen vorbehalten, mit denen sie verbunden sind; sie sind nach Art. 24 Abs. 2 lit. a EG-WeinBezV gegen widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung geschützt.
41
In Anhang III EG-WeinBezV ist unter „Bulgarien“ die Bezeichnung „Премиум (premium)“ als ergänzender traditioneller Begriff für alle betroffenen Weine der Weinkategorie „Tafelwein mit geografischer Angabe“ in der Sprache „Bulgarisch“ aufgeführt. Dieser Begriff ist nach Erlass des Berufungsurteils aufgrund des Beitritts Bulgariens zur Europäischen Union durch Verordnung (EG) Nr. 382/2007 zur Änderung der EG-Weinbezeichnungsverordnung vom 4. April 2007 (ABl. Nr. L 95 v. 5.4.2007, S. 12) in Anhang III EG-WeinBezV aufgenommen worden.
42
Es kann dahinstehen, ob die Bezeichnung „Premium“ - wie die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat - auch in Österreich als traditioneller Begriff geschützt ist. Da diese Bezeichnung nicht in Anhang III EG-WeinBezV unter „Österreich“ als traditioneller Begriff aufgeführt ist, genießt sie jedenfalls keinen Schutz gemäß Art. 24 EG-WeinBezV.
43
bb) Die Bezeichnung „Премиум (premium)“ gewährt bereits keinen Schutz in Bezug auf die Bezeichnung von Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete.
44
Die im Anhang III EG-WeinBezV aufgeführten traditionellen Begriffe sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowohl in Bezug auf Weine der gleichen Kategorie oder Kategorien, die aus demselben Erzeugermitgliedstaat wie dieser traditionelle Begriff stammen, als auch in Bezug auf Weine der gleichen Kategorie oder Kategorien, die aus anderen Erzeugermitgliedstaaten stammen, geschützt (EuGH GRUR 2008, 528 Tz. 58 - Heinrich Stefan Schneider/Land Rheinland-Pfalz u.a.).
Die Bezeichnung „Премиум (premium)“ genießt daher Schutz nicht nur
45
in Bezug auf bulgarische, sondern auch in Bezug auf deutsche Weine. Dieser Schutz gilt aber allein im Hinblick auf Weine der gleichen Kategorie(n). Bei Qualitätsweinen bestimmter Anbaugebiete einerseits und Tafelweinen mit geografischer Angabe andererseits handelt es sich nach Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 3 lit. d EG-WeinBezV um unterschiedliche Weinkategorien. Die allein im Hinblick auf die Weinkategorie „Tafelwein mit geografischer Angabe“ geschützte Bezeichnung „Премиум (premium)“ gewährt daher keinen Schutz gegen die Bezeichnung von Qualitätsweinen bestimmter Anbaugebiete.
46
cc) Die Verwendung der Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ stellt zudem weder eine Aneignung oder Nachahmung des Begriffs „Премиум (premium)“ noch eine Anspielung auf diesen Begriff dar.
47
(1) Der Schutz eines traditionellen Begriffs gilt nach Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 2 EG-WeinBezV nur für die Sprache, in der er in Anhang III EG-WeinBezV aufgeführt ist. Der Begriff „Премиум (premium)“ ist im Anhang III EG-WeinBezV in der Sprache „Bulgarisch“ aufgeführt. Er ist nur in bulgarischer Sprache und kyrillischen Schriftzeichen geschützt. Dies ergibt sich daraus, dass die ergänzenden traditionellen Begriffe, die gemäß Anhang VII Abschn. D Nr. 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich EG-WeinMO 1999 in der Etikettierung nur in einer der Amtssprachen des Mitgliedstaates anzugeben sind, in dessen Hoheitsgebiet die Herstellung erfolgt ist; nur bei Erzeugnissen mit Ursprung in Griechenland, Bulgarien und Zypern können sie nach Anhang VII Abschn. D Nr. 1 Abs. 3 EGWeinMO 1999 in einer oder mehreren Amtssprachen der Gemeinschaft wiederholt werden. Diese Regelung ist erkennbar der Grund dafür, dass in Anhang III EG-WeinBezV die in griechischer und bulgarischer Sprache und in griechischen und kyrillischen Schriftzeichen angegebenen traditionellen Begriffe durch einen Klammerzusatz in einer anderen Amtssprache der Gemeinschaft und in lateinischen Buchstaben wiederholt werden. Dies soll ersichtlich allein Verständnisschwierigkeiten verhindern, die andernfalls wegen der in der Gemeinschaft verhältnismäßig geringen Verbreitung der griechischen und der kyrillischen Schrift bestünden, und führt daher nicht dazu, dass die in Klammern angegebene Übersetzung des traditionellen Begriffs als solche geschützt ist (vgl. BVerwG GRUR 2006, 865 Tz. 26).
48
(2) Eine Nachahmung eines traditionellen Begriffs oder eine Anspielung auf einen solchen i.S. des Art. 24 Abs. 2 lit. a EG-WeinBezV kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften allerdings auch dann vorliegen, wenn dieser Begriff in eine andere Sprache als diejenige übersetzt wird, in der er in Anhang III EG-WeinBezV angegeben ist, sofern die Übersetzung geeignet ist, zu Verwechslungen oder zu einer Irreführung der Personen zu führen, an die sie sich richtet; es ist Sache des nationalen Gerichts , zu prüfen, ob dies in dem bei ihm anhängigen Verfahren der Fall ist (EuGH GRUR 2008, 528 Tz. 58 - Heinrich Stefan Schneider/Land RheinlandPfalz u.a.; vgl. auch BVerwG GRUR-RR 2009, 58 Tz. 26 ff., dazu Ullmann, jurisPR-WettbR 10/2008 Anm. 1 sowie OVG Rheinland-Pfalz WRP 2009, 93, 95 f., dazu Anm. H.-J. Koch, DDW 2008, 6).
49
Der in der beanstandeten Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ enthaltene Begriff „PREMIUM“ stimmt zwar mit der Übersetzung des bulgarischen Wortes „Премиум“ in die deutsche Sprache überein. Dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet, bei den angesprochenen Personen Verwechslungen oder Irreführungen hervorzurufen. Da insoweit keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, kann der Senat diese Frage selbst beurteilen. Es kann nach der Lebenserfahrung ausgeschlossen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnten, bei dem zur Bezeichnung eines deutschen Qualitätsweins b.A. verwendeten Begriff „Premium“ handele es sich um eine Übersetzung des für bulgarische Tafelweine mit geografischer Angabe geschützten ergänzenden traditionellen Begriffs „Премиум“, weshalb der damit gekennzeichnete deutsche Qualitätswein b.A. die Anforderungen erfülle, die nach den Rechtsvorschriften Bulgariens an einen in dieser Weise bezeichneten Wein zu stellen sind (vgl. Art. 23 und Art. 24 Abs. 5 lit. a EG-WeinBezV; vgl. auch BVerwG GRUR-RR 2009, 58 Tz. 30).
50
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist in Urlaub und kann Büscher daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 30.04.1996 - HKO 5/96 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 01.02.2007 - 4 U 58/00 -

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 45/07 Verkündet am:
30. April 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lorch Premium II
UWG § 4 Nr. 11; EG-WeinMO 1999 Art. 47, Art. 48; EG-WeinBezV Art. 6 Abs. 1

a) Bei den Weinbezeichnungsvorschriften der EG-Weinmarktordnung und der
EG-Weinbezeichnungsverordnung handelt es sich um gesetzliche Vorschriften
im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der
Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

b) Zur Bezeichnung eines Weines dürfen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII
Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 auch Angaben über die Qualität des
Weines verwendet werden, die nicht ausdrücklich vorgeschrieben (Art. 47
Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999) oder freigestellt
(Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999) sind,
sofern sie nicht nach Art. 48 EG-WeinMO 1999 und Art. 6 Abs. 1 EGWeinBezV
irreführend sind.
BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 45/07 - OLG Zweibrücken
LG Landau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 1. Februar 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der Schutzverband Deutscher Wein e.V., will der Beklagten, der Weinkellerei Lorch, die Verwendung der Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ bei der Etikettierung von - im Sinne des Weinbezeichnungsrechts - Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (Qualitätswein b.A.) verbieten lassen.
2
Die Beklagte vertreibt seit 1992 vier verschiedene Qualitätsweine des bestimmten Anbaugebietes Pfalz als Flaschenwein. Das Hauptetikett und das Rückenetikett der Flaschen tragen jeweils den hervorgehobenen Schriftzug „LORCH PREMIUM“. Auf dem Rückenetikett befand sich bis Mitte 1996 außerdem in deutlich kleinerer Schrift die Angabe „LINIE PRESTIGE“.
3
Der Kläger ist der Ansicht, die Verwendung dieser Bezeichnungen verstoße gegen das Weinbezeichnungsrecht und sei wettbewerbswidrig. Es handele sich um unzulässige Qualitätsangaben, die irreführend seien, weil sie den Eindruck einer Qualität hervorriefen, die die Weine tatsächlich nicht hätten.
4
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein b.A. die Angaben „... PREMIUM“ und „... LINIE PRESTIGE“ zu verwenden, insbesondere wie aus folgenden Abbildungen ersichtlich:
5
Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, die Bezeichnungen stellten lediglich eine zulässige betriebsinterne Bewertung der von ihr vertriebenen Weine dar, die nicht irreführend sei, da es sich tatsächlich um hochwertige Weine handele.
6
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers verboten, in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein b.A. die Bezeichnung „... PREMIUM“ zu verwenden. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers haben zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 86/97, GRUR 2000, 727 = WRP 2000, 628 - Lorch Premium I).
7
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nunmehr mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird (OLG Zweibrücken OLG-Rep 2007, 451). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Beklagten zur Bezeichnung ihrer Qualitätsweine b.A. verwendeten Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ seien nach dem Weinbezeichnungsrecht zulässig und nicht wettbewerbswidrig. Es hat hierzu ausgeführt:
9
Die Frage, ob die Beklagte diese Bezeichnungen für die von ihr vertriebenen Qualitätsweine b.A. verwenden dürfe, sei nach der mittlerweile in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (EG-WeinMO 1999) zu beurteilen.
10
Die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen seien allerdings weder als obligatorische Angaben nach Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 noch als fakultative Angaben nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 zulässig. Sie könnten auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Marke (Anhang VII Abschn. F EG-WeinMO 1999) zugelassen werden, da der Antrag der Beklagten, die Bezeichnungen als Marke einzutragen , rechtskräftig abgelehnt worden sei und auch kein Markenschutz kraft Verkehrsgeltung bestehe.
11
Die Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ seien aber als fakultative „sonstige Angaben“ bzw. „andere Bezeichnungen“ i.S. von Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 zulässig. Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Weinkonsument sehe darin keine objektive Einstufung der beworbenen Weine im Sinne der in Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 normierten Angaben , sondern lediglich eine betriebsinterne Einstufung der Weine innerhalb der Produktpalette der Beklagten.
12
Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die beanstandeten Bezeichnungen irreführend i.S. von Art. 48 EG-WeinMO 1999 seien, weil sie die hervorgerufenen Erwartungen der Verbraucher enttäuschten. Die Beklagte habe näher ausgeführt, worin die besondere Qualität der Weine bestehe, die die verliehenen Bezeichnungen rechtfertige und habe damit ihrer prozessualen Erklärungspflicht genügt. Der Senat habe über die Behauptung des Klägers, diese http://www.juris.de/jportal/portal/t/3dx/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=224&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300412007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3dx/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=224&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300412007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ge1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306242000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - Ausführungen der Beklagten seien unrichtig, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Kläger habe den zur Beauftragung des Sachverständigen angeforderten Auslagenvorschuss jedoch nicht einbezahlt, so dass die Beweisaufnahme unterblieben sei.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der vom Kläger erhobene Unterlassungsanspruch ist nicht begründet , weil die von der Beklagten in der Etikettierung ihrer Qualitätsweine b.A. verwendeten Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ nicht gegen das geltende Weinbezeichnungsrecht verstoßen und daher auch nicht wettbewerbswidrig sind.
14
1. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch des Klägers besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war und nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechtslage noch wettbewerbswidrig ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2008 - I ZR 95/05, GRUR 2008, 1014 Tz. 19 = WRP 2008, 1335 - Amlodipin). Das Verhalten der Beklagten ist nach § 3 UWG wettbewerbswidrig, wenn die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ gegen die geltenden Weinbezeichnungsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften verstoßen (vgl. BGH GRUR 2000, 727, 728 - Lorch Premium I; BGH, Urt. v. 10.8.2000 - I ZR 126/98, GRUR 2001, 73, 74 = WRP 2000, 1284 - Stich den Buben). Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um gesetzliche Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 Rdn. 4.42).
15
2. Im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits sind die - unter anderem das Weinbezeichnungsrecht enthaltende - Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. Nr. L 179 vom 14.7.1999, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 (ABl. Nr. L 299, S. 1; nachfolgend : EG-Weinmarktordnung - EG-WeinMO 1999) und die Verordnung (EG) Nr. 753/2002 der Kommission vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates hinsichtlich der Beschreibung , der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. Nr. L 118 vom 4.5.2002, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1471/2007 der Kommission vom 13. Dezember 2007 (ABl. Nr. L 329, S. 9; nachfolgend: EG-Weinbezeichnungsverordnung - EG-WeinBezV) in Kraft getreten. Sie sind für die rechtliche Beurteilung der von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen maßgeblich.
16
Zwar ist nach Erlass des Berufungsurteils die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates vom 29. April 2008 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 148 vom 6.6.2008, S. 1) in Kraft getreten, die die bisherige EG-Weinmarktordnung aufhebt und eine neue EG-Weinmarktordnung schafft. Die das Bezeichnungsrecht regelnden Bestimmungen in Titel V Kapitel II der bisherigen EG-Weinmarktordnung gelten nach Art. 128 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 jedoch so lange fort, bis die entsprechenden Bestimmungen in Titel III Kapitel III bis IV der neuen EG-Weinmarktordnung Anwendung finden. Die neuen Bezeichnungsvorschriften gelten nach Art. 129 Abs. 2 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 aber erst ab 1. August 2009, sofern im Wege einer nach dem Verfahren gemäß Art. 113 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 zu erlassenden Verordnung nichts anderes festgelegt wird.
17
3. Die von der Beklagten zur Bezeichnung ihrer Qualitätsweine b.A. verwendeten Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ sind nach Art. 47 EG-WeinMO 1999 grundsätzlich zulässig (dazu a). Sie verstoßen nicht gegen das Irreführungsverbot der Art. 48 EG-WeinMO 1999, Art. 6 EGWeinBezV (dazu b) und verletzen auch keinen nach Art. 24 EG-WeinBezV geschützten traditionellen Begriff (dazu c).
18
a) Die ab dem 1. August 2000 geltende EG-Weinmarktordnung (Art. 82 Abs. 2 EG-WeinMO 1999) und die ab dem 1. August 2003 geltende EG-Weinbezeichnungsverordnung (Art. 49 Abs. 2 EG-WeinBezV) haben das bis dahin gültige Weinbezeichnungsrecht grundlegend verändert. Sie haben das früher geltende Verbotsprinzip, nach dem zur Bezeichnung von Wein nur bestimmte, näher bezeichnete Angaben vorgeschrieben oder erlaubt und alle anderen Angaben verboten waren, durch das Missbrauchsprinzip ersetzt (vgl. H.-J. Koch, Weinrecht, Loseblatt-Kommentar, 4. Aufl., Stand: Mai 2008, Bezeichnungsrecht 3.2.2 und 3.2.3; Hieronimi, WRP 2000, 458, 459 f.). Die für die Bezeichnung von Wein - auch in der Etikettierung - nach Art. 47 i.V. mit Anhang VII EGWeinMO 1999 geltenden Regeln sehen seitdem nicht nur - wie bisher - die obligatorische Verwendung bestimmter Angaben (Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999) und die fakultative Verwendung bestimmter anderer Angaben unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999) vor, sondern erlauben darüber hinaus die fakultative Verwendung sonstiger - nicht näher bezeichneter - Angaben , einschließlich von Informationen, die für die Verbraucher nützlich sein können (Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999). Unter bestimmten Voraussetzungen ist es ferner weiterhin zulässig, eine Bezeichnung , die sich auf einen Wein bezieht, durch Marken zu ergänzen (Anhang VII Abschn. F EG-WeinMO 1999).
19
Die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen sind zwar weder als die Bezeichnung der Weine ergänzende Marken zulässig (dazu aa), noch zählen sie zu den bestimmten Angaben, deren Verwendung vorgeschrieben oder freigestellt ist (dazu bb); sie sind jedoch als sonstige Angaben erlaubt (dazu cc).
20
aa) Die Beklagte darf die Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ nicht als die Bezeichnung ihrer Weine ergänzende Marken verwenden , weil diese Bezeichnungen nicht als Marken i.S. von Anhang VII Abschn. F EG-WeinMO 1999 geschützt sind (vgl. BGH GRUR 2000, 727, 728 - Lorch Premium I). Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anträge der Beklagten zurückgewiesen, die Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LORCH LINIE PRESTIGE“ als Wortmarken für „Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete“ einzutragen. Die dagegen gerichteten Beschwerden der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 4.8.2004 - 26 W (pat) 155/01 und 26 W (pat) 132/01, juris). Die Zeichen haben auch nicht durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben.
21
bb) Die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen zählen nicht zu den in der EG-Weinmarktordnung und der EG-Weinbezeichnungsverordnung ausdrücklich aufgeführten Angaben, deren Verwendung nach Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999 vorgeschrieben oder nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anlage VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 freigestellt ist. Insbesondere gehören sie nicht zu den in diesen Bestimmungen genannten traditionellen Begriffen.
22
(1) Zu den obligatorischen Angaben bei der Etikettierung eines Qualitätsweins b.A. zählt gemäß Anhang VII Abschn. A Nr. 1 lit. a EG-WeinMO 1999 die Verkehrsbezeichnung des Erzeugnisses. Diese besteht nach Anhang VII Abschn. A Nr. 2 lit. c zweiter Spiegelstrich vierter Unterspiegelstrich EGWeinMO 1999 unter anderem aus einem „traditionellen spezifischen Begriff“ nach einem noch festzulegenden Verzeichnis oder mehreren dieser Begriffe, wenn die Bestimmungen des betreffenden Mitgliedstaats dies vorsehen. Diese traditionellen spezifischen Begriffe sind für Deutschland nach Art. 29 Abs. 1 lit. b EG-WeinBezV die Angaben „Qualitätswein“ und „Prädikatswein“ bzw. „Qualitätswein mit Prädikat“ (bis 1. August 2009), letztere beiden Angaben ergänzt durch die Begriffe „Kabinett“, „Spätlese“, „Auslese“, „Beerenauslese“, „Trockenbeerenauslese“ oder „Eiswein“ (vgl. § 20 WeinG). Die Begriffe „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“ gehören nicht dazu.
23
(2) Zu den fakultativen Angaben bei der Etikettierung eines Qualitätswein b.A. rechnen nach Anhang VII Abschn. B Nr. 1 lit. b fünfter Spiegelstrich EGWeinMO 1999 „ergänzende traditionelle Begriffe“ nach den vom Erzeugermitgliedstaat vorgesehenen Modalitäten. Ein ergänzender traditioneller Begriff im Sinne dieser Bestimmung ist nach Art. 23 EG-WeinBezV ein für solche Weine in den Erzeugermitgliedstaaten herkömmlicherweise verwendeter Begriff, der sich insbesondere auf ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung oder auf Qualität, Farbe oder Art des Weins oder einen Ort oder ein historisches Ereignis im Zusammenhang mit der Geschichte dieses Weins bezieht und in den Rechtsvorschriften der Erzeugermitgliedstaaten über die Bezeichnung und Aufmachung von Qualitätsweinen b.A. in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet definiert ist. Hierzu gehören für Deutschland beispielsweise die Angaben „Classic“ und „Selection“ (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 WeinG, §§ 32a, 32b WeinVO), nicht dagegen die Begriffe „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“.
24
cc) Die Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ sind aber nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 grundsätzlich als fakultative - nicht näher bezeichnete - „sonstige“ bzw. „andere“ Angaben erlaubt.
25
(1) Die Regeln für die Bezeichnung von Wein umfassen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c EG-WeinMO 1999 insbesondere Bestimmungen über die fakultative Verwendung sonstiger Angaben, einschließlich von Informationen, die für die Verbraucher nützlich sein können. Die Etikettierung von - unter anderem - Qualitätswein b.A. kann nach Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 durch andere Angaben ergänzt werden. Unter den sonstigen bzw. anderen Angaben im Sinne dieser Bestimmungen sind nach der dem Art. 47 und dem Anhang VII EG-WeinMO 1999 zugrunde liegenden Systematik sämtliche Angaben zu verstehen , die nicht bereits den in Art. 47 Abs. 2 lit. a und b, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 ausdrücklich genannten, gesetzlich geregelten Angaben zuzurechnen sind (vgl. H.-J. Koch aaO Bezeichnungsrecht 4.2.2.1). Da die Bezeichnungen „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“ - wie vorstehend unter II 3 a bb ausgeführt - nicht zu diesen bestimmten Angaben zählen, handelt es sich dabei um sonstige bzw. andere Angaben i.S. von Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999.
26
(2) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Begriffe „(LORCH) PREMIUM“ und „(LINIE) PRESTIGE“ nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck einer besonderen Qualität des damit bezeichneten Weines vermitteln. Zu den in Art. 47 Abs. 2 lit. a und b, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 gesetzlich geregelten Angaben zählen zwar auch Bezeichnungen, die - wie insbesondere die „traditionellen Begriffe“ - die Weinqualität betreffen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine abschließende Regelung des Sachbereichs „Qualitätsangaben“ , die eine Sperrwirkung für andere Qualitätsangaben entfalten wür- de (vgl. zur Bezeichnung „Réserve“ bzw. „Reserve“ BVerwG GRUR 2006, 865 Tz. 21; vgl. weiter OVG Rheinland-Pfalz ZLR 2003, 449 m. Anm. H.-J. Koch zur Geschmacksangabe „feinherb“ und OVG Rheinland-Pfalz ZLR 2005, 636 m. Anm. H.-J. Koch zur Rebsortenangabe „Pinot“ sowie H.-J. Koch aaO Bezeichnungsrecht 4.2.2.2). Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (vgl. EuGH, Urt. v. 13.3.2008 - C-285/06, Slg. 2008, I-1501 = GRUR 2008, 528 Tz. 20 ff. - Heinrich Stefan Schneider/Land Rheinland-Pfalz u.a., dazu Anm. H.-J. Koch, ZLR 2008, 347) dürfen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 grundsätzlich auch solche sonstigen bzw. anderen Angaben zur Bezeichnung eines Weines verwendet werden, die sich auf ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung oder - wie hier - auf die Qualität des Weines beziehen.
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(3) Der Umstand, dass für einen Qualitätsschaumwein b.A. oder einen Qualitätsschaumwein nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VIII Abschn. E Nr. 8 EG-WeinMO 1999 die Angabe eines Begriffs „betreffend eine gehobene Qualität“ zulässig ist und zur Ergänzung der Angabe „Qualitätsschaumwein“ nach Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VIII Abschn. E Nr. 11 EG-WeinMO 1999 die Begriffe „Premium“ oder „Reserve“ verwendet werden dürfen, lässt entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf schließen, dass derartige Bezeichnungen für einen Qualitätswein gleichfalls nur bei einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung erlaubt und mangels einer solchen Regelung verboten sind. Ein solcher Umkehrschluss verbietet sich, da die Bezeichnung von Schaumwein (Anhang VIII EG-WeinMO 1999) und die Bezeichnung anderer Erzeugnisse (Anhang VII EG-WeinMO 1999) sich nach jeweils eigenen Regeln richten.
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b) Die gemäß Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EGWeinMO 1999 grundsätzlich zulässigen „sonstigen“ bzw. „anderen“ Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ verstoßen nicht gegen das Irreführungsverbot nach Art. 48 EG-WeinMO 1999, Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV. Die Bezeichnung von Wein darf nach Art. 48 EG-WeinMO 1999 nicht falsch oder geeignet sein, Verwechslungen oder eine Irreführung der Personen, an die sie sich richtet, hervorzurufen. Die Ergänzung der Etikettierung von Wein durch sonstige bzw. andere Angaben ist nach Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV nur zulässig , sofern nicht die Gefahr besteht, dass diese Angaben die Personen irreführen , für die sie bestimmt sind, insbesondere hinsichtlich der vorgeschriebenen Angaben gemäß Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999 und der fakultativen Angaben gemäß Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999.
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aa) „Sonstige“ bzw. „andere“ Angaben sind danach insbesondere dann unzulässig, wenn die Gefahr besteht, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie mit den in Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 gesetzlich geregelten Angaben verwechseln (vgl. EuGH GRUR 2008, 528 Tz. 20 ff. - Heinrich Stefan Schneider/Land Rheinland-Pfalz u.a.) oder, was dem gleichsteht, irrtümlich annehmen, es handele sich dabei um - tatsächlich nicht existierende - gesetzlich geregelte Angaben (vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1981 - 56/80, Slg. 1981, 583 = GRUR 1981, 430 Tz. 20 = WRP 1981, 378 - Schloßdoktor /Klosterdoktor; BGH GRUR 2000, 727, 728 - Lorch Premium I; Hieronimi, WRP 2000, 458, 466; vgl. aber auch BVerwG GRUR-RR 2009, 58 Tz. 33). Eine erkennbar subjektive, betriebsinterne Bewertung eines Weines ist demgegenüber grundsätzlich zulässig (vgl. H.-J. Koch aaO Bezeichnungsrecht 4.2.2.2 und Zusatz-Informationen 4.1; Hieronimi, WRP 2000, 458, 467).
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Das Berufungsgericht hat angenommen, ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Weinkonsument (vgl. EuGH, Urt. v. 28.1.1999 - C 303/97, Slg. 1999, 513 Tz. 38 = WRP 1999, 307, 311 - Kessler Hochge- wächs) sehe in den Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ keine objektive Einstufung der beworbenen Weine im Sinne der in Anhang VII Abschn. A Nr. 1 und B Nr. 1 EG-WeinMO 1999 normierten Angaben, sondern lediglich eine betriebsinterne Einstufung der Weine innerhalb der Produktpalette der Beklagten. Die Bezeichnung „PREMIUM“ vermittle zwar den Eindruck einer erhöhten Qualität, erwecke aber wegen der Verbindung mit dem Herstellernamen „LORCH“ nicht den Eindruck einer (neuen) objektiven Qualitätsbezeichnung. Die Angabe „LORCH PREMIUM“ rufe beim Verbraucher allein die Erwartung hervor, dass dieser Wein nach der subjektiven Einschätzung der Beklagten besonders gelungen sei und gegenüber den anderen Weinen ihres Hauses herausrage. Die der Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ auf dem Rückenetikett hinzugefügte Angabe „LINIE PRESTIGE“ hebe gleichfalls nur einen Wein gegenüber anderen Weinen der Beklagten hervor; der unter dieser Angabe aufgedruckte Hinweis „Genießen Sie diese ausgewählten Weine unseres Hauses“ verdeutliche dies. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.
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(1) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beurteilung des Berufungsgerichts sei schon deshalb rechtlich verfehlt, weil sie der Feststellung im ersten Berufungsurteil widerspreche, bei den Bezeichnungen „PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ handele es sich um allgemeine Qualitätseinstufungen. Diese vom Senat in der Entscheidung „Lorch Premium I“ gebilligte Feststellung des Berufungsgerichts besagt nicht, dass die genannten Bezeichnungen den Eindruck gesetzlich geregelter Qualitätseinstufungen erwecken, sondern nur, dass sie die allgemeine Vorstellung einer besonderen Qualität vermitteln.
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(2) Soweit die Revision geltend macht, der Umstand allein, dass der Bezeichnung „PREMIUM“ im Streitfall der Herstellername „LORCH“ vorangestellt sei, rechtfertige es nicht, in der Gesamtbezeichnung „LORCH PREMIUM“ eine ausschließlich hausinterne Bewertung zu sehen, ersetzt sie die tatrichterliche Beurteilung lediglich durch ihre eigene, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Auch wenn der Verbraucher die Kombination von Herstellernamen und gesetzlicher Qualitätsstufe kennt (vgl. zu den Kombinationen „Erben Kabinett“, „Erben Spätlese“ und „Erben Auslese“ EuGH, Urt. v. 26.9.1995 - C-456/93, Slg. 1995, 1737 = GRUR Int. 1999, 345 = WRP 1999, 307 - Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V./Privatkellerei Franz Wilhelm Langguth Erben GmbH & Co. KG), besagt dies nicht, dass er bei jeder und insbesondere bei der hier zu beurteilenden Kombination eines Herstellernamens mit einer Qualitätsangabe annimmt, bei der Qualitätsangabe handele es sich um eine gesetzlich normierte Qualitätseinstufung.
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(3) Da die Klage sich nicht gegen die Verwendung der Angabe „PREMIUM“ in Alleinstellung, sondern allein gegen deren Verwendung in Kombination mit dem vorangestellten Herstellernamen „LORCH“ richtet, ist es auch ohne Belang , ob sich die Bezeichnung „Premium“ - wie die Revision geltend macht - nach dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Vorbringen des Klägers in den letzten Jahrzehnten zu einer eigenständigen Qualitätskategorie für die Bezeichnung von Lebensmitteln und insbesondere Getränken entwickelt hat. Die Frage, inwieweit die isolierte Verwendung der Angabe „PREMIUM“ zur Bezeichnung eines Weines irreführend sein kann, steht im vorliegenden Rechtsstreit nicht zur Entscheidung.
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(4) Da die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffenen Bezeichnungen nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts als betriebsinterne Einstufung im Sinne eines Eigenlobs verstehen, liegt entgegen der Ansicht der Revision auch kein irreführender Hinweis auf eine tatsächlich nicht verliehene Auszeichnung vor, die im Rahmen eines von den Mitgliedstaaten oder Drittländern erlaubten Wettbewerbs nach Abschluss eines objektiven Verfahrens erteilt wurde (Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 lit. b dritter Spiegelstrich EG-WeinMO 1999, Art. 21 EG-WeinBezV).
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bb) Die „sonstigen“ bzw. „anderen“ Angaben „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ sind, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auch nicht deshalb irreführend i.S. von Art. 48 Abs. 1 EG-WeinMO 1999, Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV, weil sie die hervorgerufenen Erwartungen der Verbraucher enttäuschten.
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Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts rufen diese Angaben zwar die Erwartung einer erhöhten Qualität der damit bezeichneten Weine hervor; durch die Verbindung mit dem Herstellernamen erwecken sie jedoch nicht den Eindruck objektiver Qualitätsbezeichnungen, sondern lediglich die Vorstellung, dass die mit diesen Bezeichnungen versehenen Weine nach der subjektiven Einschätzung der Beklagten innerhalb ihrer Produktpalette herausragen (vgl. oben II 3 b aa). Die von der Beklagten mit „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ bezeichneten Weine enttäuschen diese Qualitätserwartungen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.
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Die Beklagte hat danach näher ausgeführt, worin die besondere Qualität der Weine besteht, die die verliehenen Bezeichnungen rechtfertigt. Sie hat hierzu vorgetragen, sie verwende für die betreffenden Weine ausschließlich Trauben einer bestimmten Erzeugergemeinschaft und nur Trauben mit den höchsten Mostgewichten. Die Weine seien zu 100% jahrgangs- und rebsortenrein sowie nicht gesüßt. Sie stufe prädikatsgeeignete Partien herab. Die Weine seien geschmacklich überdurchschnittlich gut und hätten bei Weinprämierungen der Landwirtschaftskammer verschiedene (im Einzelnen genannte) Auszeichnungen erhalten. Darüber hinaus habe sie weitere (im Einzelnen dargestellte) Maßnahmen ergriffen, um eine besondere Qualität der Weine herbeizuführen. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger, der die Beweislast für die Irreführung trägt, insofern beweisfällig geblieben ist. Er hat zwar diese Ausführungen der Beklagten als unzutreffend bezeichnet, aber nicht den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens über deren behauptete Unrichtigkeit eingezahlt.
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Die unter den angegriffenen Bezeichnungen vertriebenen Weine genügen demnach einem von der Beklagten selbst gesetzten gehobenen Qualitätsstandard und erfüllen damit die Erwartungen der Verbraucher. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revision haben keinen Erfolg. Sie beruhen letztlich alle auf der Annahme, der Verbraucher erwarte, dass ein mit „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ bezeichneter Wein einer bestimmten gesetzlich definierten Qualitätsstufe entspreche oder an einer bestimmten Stelle innerhalb des herkömmlichen deutschen Qualitätsstufensystems einzuordnen sei. Diese Annahme widerspricht jedoch den rechtsfehlerfrei getroffenen tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Verbraucher mit den Bezeichnungen „LORCH PREMIUM“ und „LINIE PRESTIGE“ nur die allgemeine Erwartung einer besonderen Qualität der damit bezeichneten Weine innerhalb der Produktpalette der Beklagten verbindet.
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c) Entgegen der Ansicht der Revision stellt sich die Verwendung der Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ nicht als eine nach Art. 24 Abs. 2 lit. a EGWeinBezV widerrechtliche Aneignung oder Nachahmung eines geschützten traditionellen Begriffs oder eine Anspielung auf einen solchen dar.
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aa) Die Bestimmung des Art. 24 EG-WeinBezV regelt den Schutz der traditionellen Begriffe. Zu ihnen zählen nach Art. 24 Abs. 1 EG-WeinBezV sowohl die traditionellen spezifischen Begriffe gemäß Art. 29 EG-WeinBezV als auch die ergänzenden traditionellen Begriffe gemäß Art. 23 EG-WeinBezV (vgl. oben unter II 3 a bb). Nach Art. 24 Abs. 2 EG-WeinBezV sind die in Anhang III EG-WeinBezV aufgeführten traditionellen Begriffe den Weinen vorbehalten, mit denen sie verbunden sind; sie sind nach Art. 24 Abs. 2 lit. a EG-WeinBezV gegen widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung geschützt.
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In Anhang III EG-WeinBezV ist unter „Bulgarien“ die Bezeichnung „Премиум (premium)“ als ergänzender traditioneller Begriff für alle betroffenen Weine der Weinkategorie „Tafelwein mit geografischer Angabe“ in der Sprache „Bulgarisch“ aufgeführt. Dieser Begriff ist nach Erlass des Berufungsurteils aufgrund des Beitritts Bulgariens zur Europäischen Union durch Verordnung (EG) Nr. 382/2007 zur Änderung der EG-Weinbezeichnungsverordnung vom 4. April 2007 (ABl. Nr. L 95 v. 5.4.2007, S. 12) in Anhang III EG-WeinBezV aufgenommen worden.
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Es kann dahinstehen, ob die Bezeichnung „Premium“ - wie die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat - auch in Österreich als traditioneller Begriff geschützt ist. Da diese Bezeichnung nicht in Anhang III EG-WeinBezV unter „Österreich“ als traditioneller Begriff aufgeführt ist, genießt sie jedenfalls keinen Schutz gemäß Art. 24 EG-WeinBezV.
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bb) Die Bezeichnung „Премиум (premium)“ gewährt bereits keinen Schutz in Bezug auf die Bezeichnung von Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete.
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Die im Anhang III EG-WeinBezV aufgeführten traditionellen Begriffe sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowohl in Bezug auf Weine der gleichen Kategorie oder Kategorien, die aus demselben Erzeugermitgliedstaat wie dieser traditionelle Begriff stammen, als auch in Bezug auf Weine der gleichen Kategorie oder Kategorien, die aus anderen Erzeugermitgliedstaaten stammen, geschützt (EuGH GRUR 2008, 528 Tz. 58 - Heinrich Stefan Schneider/Land Rheinland-Pfalz u.a.).
Die Bezeichnung „Премиум (premium)“ genießt daher Schutz nicht nur
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in Bezug auf bulgarische, sondern auch in Bezug auf deutsche Weine. Dieser Schutz gilt aber allein im Hinblick auf Weine der gleichen Kategorie(n). Bei Qualitätsweinen bestimmter Anbaugebiete einerseits und Tafelweinen mit geografischer Angabe andererseits handelt es sich nach Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 3 lit. d EG-WeinBezV um unterschiedliche Weinkategorien. Die allein im Hinblick auf die Weinkategorie „Tafelwein mit geografischer Angabe“ geschützte Bezeichnung „Премиум (premium)“ gewährt daher keinen Schutz gegen die Bezeichnung von Qualitätsweinen bestimmter Anbaugebiete.
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cc) Die Verwendung der Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ stellt zudem weder eine Aneignung oder Nachahmung des Begriffs „Премиум (premium)“ noch eine Anspielung auf diesen Begriff dar.
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(1) Der Schutz eines traditionellen Begriffs gilt nach Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 2 EG-WeinBezV nur für die Sprache, in der er in Anhang III EG-WeinBezV aufgeführt ist. Der Begriff „Премиум (premium)“ ist im Anhang III EG-WeinBezV in der Sprache „Bulgarisch“ aufgeführt. Er ist nur in bulgarischer Sprache und kyrillischen Schriftzeichen geschützt. Dies ergibt sich daraus, dass die ergänzenden traditionellen Begriffe, die gemäß Anhang VII Abschn. D Nr. 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich EG-WeinMO 1999 in der Etikettierung nur in einer der Amtssprachen des Mitgliedstaates anzugeben sind, in dessen Hoheitsgebiet die Herstellung erfolgt ist; nur bei Erzeugnissen mit Ursprung in Griechenland, Bulgarien und Zypern können sie nach Anhang VII Abschn. D Nr. 1 Abs. 3 EGWeinMO 1999 in einer oder mehreren Amtssprachen der Gemeinschaft wiederholt werden. Diese Regelung ist erkennbar der Grund dafür, dass in Anhang III EG-WeinBezV die in griechischer und bulgarischer Sprache und in griechischen und kyrillischen Schriftzeichen angegebenen traditionellen Begriffe durch einen Klammerzusatz in einer anderen Amtssprache der Gemeinschaft und in lateinischen Buchstaben wiederholt werden. Dies soll ersichtlich allein Verständnisschwierigkeiten verhindern, die andernfalls wegen der in der Gemeinschaft verhältnismäßig geringen Verbreitung der griechischen und der kyrillischen Schrift bestünden, und führt daher nicht dazu, dass die in Klammern angegebene Übersetzung des traditionellen Begriffs als solche geschützt ist (vgl. BVerwG GRUR 2006, 865 Tz. 26).
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(2) Eine Nachahmung eines traditionellen Begriffs oder eine Anspielung auf einen solchen i.S. des Art. 24 Abs. 2 lit. a EG-WeinBezV kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften allerdings auch dann vorliegen, wenn dieser Begriff in eine andere Sprache als diejenige übersetzt wird, in der er in Anhang III EG-WeinBezV angegeben ist, sofern die Übersetzung geeignet ist, zu Verwechslungen oder zu einer Irreführung der Personen zu führen, an die sie sich richtet; es ist Sache des nationalen Gerichts , zu prüfen, ob dies in dem bei ihm anhängigen Verfahren der Fall ist (EuGH GRUR 2008, 528 Tz. 58 - Heinrich Stefan Schneider/Land RheinlandPfalz u.a.; vgl. auch BVerwG GRUR-RR 2009, 58 Tz. 26 ff., dazu Ullmann, jurisPR-WettbR 10/2008 Anm. 1 sowie OVG Rheinland-Pfalz WRP 2009, 93, 95 f., dazu Anm. H.-J. Koch, DDW 2008, 6).
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Der in der beanstandeten Bezeichnung „LORCH PREMIUM“ enthaltene Begriff „PREMIUM“ stimmt zwar mit der Übersetzung des bulgarischen Wortes „Премиум“ in die deutsche Sprache überein. Dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet, bei den angesprochenen Personen Verwechslungen oder Irreführungen hervorzurufen. Da insoweit keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, kann der Senat diese Frage selbst beurteilen. Es kann nach der Lebenserfahrung ausgeschlossen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnten, bei dem zur Bezeichnung eines deutschen Qualitätsweins b.A. verwendeten Begriff „Premium“ handele es sich um eine Übersetzung des für bulgarische Tafelweine mit geografischer Angabe geschützten ergänzenden traditionellen Begriffs „Премиум“, weshalb der damit gekennzeichnete deutsche Qualitätswein b.A. die Anforderungen erfülle, die nach den Rechtsvorschriften Bulgariens an einen in dieser Weise bezeichneten Wein zu stellen sind (vgl. Art. 23 und Art. 24 Abs. 5 lit. a EG-WeinBezV; vgl. auch BVerwG GRUR-RR 2009, 58 Tz. 30).
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III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist in Urlaub und kann Büscher daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 30.04.1996 - HKO 5/96 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 01.02.2007 - 4 U 58/00 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.