Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 13. Juli 2011 - 1 U 32/08 - 9

bei uns veröffentlicht am13.07.2011

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.12.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 2 O 77/05 – wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin nimmt den Beklagten, bei dem es sich um ihren ehemaligen Pflegevater handelt, wegen behaupteten sexuellen Missbrauchs an ihr zwischen Herbst 2001 im Herbst 2002 auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für materielle und immaterielle Zukunftsschäden in Anspruch.

Die am … 1989 geborene Klägerin war seit ihrem fünften Lebensjahr in einer Wohngruppe im H. J. Haus in B. untergebracht gewesen. Hintergrund dieser Unterbringung war der Umstand, dass die Mutter der Klägerin sich wegen einer schweren fortschreitenden Krankheit (Lateralsklerose) nicht mehr um sie kümmern und auch ihr Vater, der Zeuge H. J. S., wegen seiner Berufstätigkeit nicht mehr ausreichend Zeit für sie erübrigen konnte. Im Jahr 1997 wurde bei der Klägerin gutachterlich eine Lernbehinderung und eine Entwicklungsverzögerung attestiert, infolge derer sie auf die Sonderschule L in D. wechselte. Bei der Klägerin setzte früh die Pubertät ein, im Alter von 9-10 Jahren hatte sie ihre erste Menstruation. Etwa ab dem Alter von 10 ½ Jahren nahm die Klägerin sexuelle Kontakte zu einem damals fast fünfzehnjährigen Jungen aus ihrer Wohngruppe auf, wobei es auch zum freiwilligen Geschlechtsverkehr mit diesen Jungen mit dem Namen D. kam. Bei der Klägerin traten bereits früh erhebliche Verhaltensauffälligkeiten auf; sie log und zeigte aggressive und autoaggressive Verhaltensweisen, wenn ihr etwas nicht passte.

Am 21.7.2001 wurde die Klägerin mit Einwilligung ihres Vaters in den Haushalt des Beklagten und seiner Ehefrau, der Zeugin K., als Pflegekind aufgenommen. Etwa ab November 2001 kam es zu ersten Konflikten in der Pflegefamilie. Wegen der näheren Einzelheiten und des weiteren Verlaufs des Aufenthalts der Klägerin in der Familie des Beklagten wird auf die Darstellung im Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) auf Seiten 7 – 10, Bl. 375 – 377 der BA 21 Js 461/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, Bezug genommen.

Im Frühsommer 2002 wurde die Klägerin an ihrer Schule Opfer eines sexuellen Missbrauchs durch den Mitschüler M. W.. Dieser hat die Tat, bei der er die damals dreizehnjährige Klägerin hinter ein Klavier führte und ihr mit der Hand zunächst in die Hose an die Scheide fasste und sodann vor ihr bis zur Ejakulation onanierte, eingeräumt und wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Homburg vom 5.1.2004 – 14 Ds 33/03 (22 Js 477/03) rechtskräftig verurteilt.

Im Dezember 2002 griff die Klägerin dem Beklagten von hinten über der Hose an das Geschlechtsteil. Der Beklagte und seine Ehefrau beendeten daraufhin das Pflegeverhältnis zu der Klägerin. Die Klägerin befand sich ab diesem Zeitpunkt in der Obhut ihres leiblichen Vaters.

Im Januar 2003 wurde gegen den Beklagten unter dem Aktenzeichen 21 Js 461/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs zum Nachteil der Klägerin eingeleitet. Ausgangspunkt für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens war eine entsprechende Anzeige des Vaters der Klägerin vom 22.1.2003, der vorausgegangen war, dass die Klägerin zunächst ihrer Patentante, der Zeugin Frau K. gegenüber, und später, am 7.1.2003, auch der Zeugin Frau R. vom Jugendamt gegenüber entsprechende Mißbrauchsvorwürfe geäußert hatte.

Die Klägerin wurde im Folgenden mehrfach von unterschiedlichen Personen wegen der streitgegenständlichen Vorwürfe befragt beziehungsweise vernommen, u.a. am 21.1.2003 von der Psychologin S. M., am 22.1.2003 von der Polizeibeamtin A., am 30.1.2003 von der Polizeibeamtin G. und am 24.6.2003 von der Sachverständigen Dr. R.-J..

Mit dem oben bereits angeführten Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) wurde der Beklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in einem Fall sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, in allen vier Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, begangen jeweils zum Nachteil der Klägerin, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision des Beklagten wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.11.2004 als unbegründet verworfen. Auch ein Wiederaufnahmeantrag des Beklagten wurde durch Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 27.6.2005 verworfen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten wurde durch Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 10.11.2005 als unbegründet verworfen.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf die im Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) näher konkretisierten vier Taten behauptet, zwischen Herbst 2001 im Herbst 2002 sei es zu sexuellen Übergriffen des Beklagten ihr gegenüber gekommen. Sie hat behauptet, sie leide seit diesen Vorfällen an krampfartigen Ohnmachtanfällen. Diese seien auf die Taten des Beklagten zurückzuführen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, welches den Betrag von 20.000 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.12.2004 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden für die zwischen Herbst 2001 und Herbst 2002 erlittenen sexuellen Übergriffe zu ersetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die ihm vorgeworfenen Taten bestritten und geltend gemacht, das im Strafverfahren eingeholte Glaubhaftigkeitsgutachten der Sachverständigen Dr. R.-J. vom 21.8.2003, in welchem die Aussagen der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit als glaubhaft eingeschätzt wurden, leide unter einer Vielzahl methodischer Fehler und halte sich nicht an die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.7.1999 – 1 StR 618/98 - aufgestellten Kriterien für ein Glaubhaftigkeitsgutachten, weshalb dieses Gutachten gerichtlich nicht verwertbar sei.

Bezüglich der im Urteil des Landgerichts vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) unter Ziffer III.2, auf Seite 11, Bl. 379 der BA 21 Js 461/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken geschilderten Tat hat der Beklagte behauptet, er habe ein Alibi für den Tatzeitraum.

Das Landgericht hat die Klage nach persönlicher Anhörung beider Parteien sowie einer ergänzenden Zeugenvernehmung abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung, Bl. 418 ff. GA, wird auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken ist der Klägerin am 14.12.2007 zugestellt worden, Bl. 449 GA. Mit am 14.1.2008 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, ihr für die Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Sie hat in der Begründung des Prozesskostenhilfeantrages geltend gemacht, dass das erstinstanzliche Urteil auf einer Rechtsverletzung beruhe, weil das Landgericht es unterlassen habe, die angebotenen Beweismittel auszuschöpfen, insbesondere ein Gutachten zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin einzuholen. Vorliegend sei entscheidend zu berücksichtigen, dass in dem vorausgegangenen Strafverfahren eine Minderbegabung der Klägerin festgestellt worden sei und aufgrund dessen an die Beurteilung der Glaubwürdigkeit beziehungsweise der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage besondere Anforderungen gestellt werden müssten. Die Frage der Glaubhaftigkeit lasse sich vorliegend nicht mit der bloßen Aufdeckung von Widersprüchen abschließend entscheiden. Soweit das Landgericht nach ausführlicher kritischer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen der Strafkammer sowie dem dort zugrunde gelegten Sachverständigengutachten zu der Auffassung gelangt sei, dass insoweit beachtliche Mängel vorliegen, habe sich das Landgericht damit nicht begnügen dürfen. Vielmehr sei eine erneute Begutachtung unter Berücksichtigung der Mängel anzuordnen gewesen. Auch habe eine Parteivernehmung – die anders als die Parteianhörung förmliches Beweismittel sei – stattfinden müssen.

Mit Beschluss vom 18.3.2008, Bl. 463/464 GA, der der Klägerin am 26.3.2008 zugestellt worden ist, Bl. 465 GA, wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens bewilligt.

Mit am 9.4.2008 eingegangen Schriftsatz hat die Klägerin unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Prozesskostenhilfeantrag Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Einlegung der Berufung als auch für deren Begründung begehrt, Bl. 467 ff. GA.

Weiterhin beantragt die Klägerin,

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.12.2007, Az. 2 O 77/05, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen,

1. an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, welches den Betrag von 20.000 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.12.2004 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden für die zwischen Herbst 2001 und Herbst 2002 erlittenen sexuellen Übergriffe zu ersetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er macht geltend, ein Verstoß gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung liege nicht vor. Dass das Landgericht dem Beweisangebot auf Einholung eines weiteren Glaubhaftigkeitgutachtens nicht gefolgt sei, stelle keine Überschreitung des pflichtgemäßen Ermessens des Landgerichts dar. Hilfsweise beruft sich der Beklagte darauf, dass auch die Einholung eines solchen weiteren Gutachtens zu dem Ergebnis führe, dass es zwischen Herbst 2001 und Herbst 2002 zu keinen sexuellen Übergriffen des Beklagten gegenüber der Klägerin gekommen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 8.7.2009, Bl. 554 ff. GA, und vom 25.5.2011, Bl. 906 ff. GA, Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 3.9.2008, Bl. 512/513 GA. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 8.7.2009, Bl. 554 ff. GA und vom 25.5.2011, Bl. 906 ff. GA sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. S. vom 1.4.2010, Bl. 611 ff. GA, Bezug genommen. Die Akten 21 Js 461/03 und 22 Js 477/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken sind beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

B.

Dem Rechtsmittel der Klägerin bleibt der Erfolg versagt. Die Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere sind die in §§ 517, 520 ZPO bestimmten Fristen für die Einlegung und Begründung der Berufung gewahrt. Denn die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist sind erfüllt, §§ 233, 234, 236 ZPO. Die Klägerin war ohne ihr Verschulden gehindert, die Notfrist für die Einlegung der Berufung, § 517 S. 2 ZPO, zu wahren, weil sie ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe das Rechtsmittel nicht hat einlegen beziehungsweise das Rechtsmittelverfahren nicht hat durchführen können. Sie hat auch innerhalb der im Gesetz bestimmten Frist von zwei Wochen nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe die versäumte Prozesshandlung nachgeholt.

II.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.

Das Urteil des Landgerichts vom 15.1.2009 beruht weder auf einem Rechtsfehler, § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine der Klägerin günstigere Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Recht dahin erkannt, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 847 BGB a.F., § 176 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB a.F., § 176 Abs. 1 StGB, 174 Abs. 1 Nr. 1 a, Nr. 2 StGB a.F. für die vor dem 31.7.2002 behaupteten sexuellen Missbrauchshandlungen bzw. nach §§ 825, 253 Abs. 2 BGB n.F. für die nach dem 31.7.2002 geltend gemachten Missbrauchshandlungen zusteht.

1.

Voraussetzung für die in Rede stehenden Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche ist jeweils die Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der sexuellen Selbstbestimmung der Klägerin durch den Beklagten. Der Beklagte hat die ihm vorgeworfenen Taten bestritten. Der Nachweis des Haftungsgrundes unterliegt den strengen Anforderungen des Vollbeweises (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 8.7.2008 - VI ZR 274/07, zitiert nach Juris m.w.N.). Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit", sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, a.a.O.; BGH, Urteile vom 9.5.1989 - VI ZR 268/88, vom 28.1.2003 - VI ZR 139/02 sowie vom 18.4.1977 - VIII ZR 286/75; alle zitiert nach Juris).

2.

Das Landgericht hat sich in Anbetracht der Tatsache, dass die Klägerin sich für die behaupteten Tatvorwürfe primär auf das strafgerichtliche Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) gestützt hat und ausgehend von dem Grundsatz, dass ein strafgerichtliches Urteil für den Zivilprozess zwar keine Bindungswirkung entfaltet, § 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO, gleichwohl aber die in einem Strafurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Zivilprozess im Wege des Urkundenbeweises als Beweismittel verwertet werden können (OLG Zweibrücken, Urteil vom 1.7.2010 - 4 U 7/10;KG, Urteil vom 25.1.2006, - 11 U 15/04; beide zitiert nach Juris, m.w.N.) und bei einer Identität des den Gegenstand des Zivilprozesses und des Strafverfahrens bildenden Sachverhalts der Zivilrichter das rechtskräftige Strafurteil nicht unberücksichtigt lassen darf, sondern gehalten ist, sich mit den Feststellungen auseinander zusetzen, die für seine Beweiswürdigung relevant sind (BGH, Beschluss vom 16.3.2005 – IV ZR 140/04, zitiert nach Juris; OLG Zweibrücken, a.aO.), zunächst intensiv und umfassend mit den Feststellungen des Strafurteils des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) und dem in diesem Verfahren eingeholten aussagepsychologischen Gutachten der Sachverständigen Frau Dr. R.-J. vom 21.8.2003 auseinandergesetzt und ist auf der Grundlage einer ausgewogenen Überprüfung zu der Erkenntnis gelangt, dass die im Strafurteil getroffenen Feststellungen zu den Tatvorwürfen nicht ausreichen, um unter Anwendung der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.7.1999 – 1 StR 618/98 entwickelten Rechtsprechung die zu bildende Nullhypothese zu Gunsten der Klägerin als widerlegt anzusehen.

Dieser Beurteilung, gegen die die Berufung auch nichts beanstandet, tritt der Senat vollinhaltlich bei und nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug. Hinzuzufügen ist dem lediglich noch, dass die vom Senat ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme die vom Landgericht angenommenen gravierenden methodischen Mängel des im Strafverfahren eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen Frau Dr. R.-J. vom 21.8.2003 nachhaltig bestätigt hat. Der vom Senat beauftragte Sachverständige Herr Prof. Dr. S. hat zu diesem Gesichtspunkt in seinem Gutachten vom 1.4.2010 auf Seite 238, Bl. 848 GA, ausgeführt:

„Die vom Landgericht diesbezüglich festgestellten Mängel und daraus abgeleiteten Fehleinschätzungen können aus unserer sachverständigen Sicht vollumfänglich bestätigt werden. Das Gutachten von Frau Dr. R.-J. beinhaltet gravierende methodische Mängel: Die Erhebung der biografischen - und der Sexualanamnese sind unzulänglich, es wurde kein Abgleich zwischen den Angaben von Frau S. und den vorliegenden fremdanamnestischen Befunden vorgenommen, es wurde kein Aussagevergleich zwischen dem habituellen Aussageverhalten und den aus der Exploration abgeleiteten Einschränkungen vorgenommen, es wurde keine solide merkmalsorientierte aussagepsychologische Begutachtung unter strenger Zugrundelegung der Nullhypothese durchgeführt, eine detaillierte Betrachtung von suggestiven Einflüssen fand nicht statt, dies speziell auch im Hinblick auf die während der Begutachtung noch durchgeführte Traumatherapie mit einem für Kinder und Jugendliche nicht anerkannten Verfahren.“

Diese Beurteilung des Sachverständigen macht sich der Senat zu Eigen. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen begründen könnten, sieht der Senat nicht. Der Feststellung des Sachverständigen steht insbesondere nicht entgegen, dass der vierte Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 28.9.2004, Bl. 861 ff. GA, keine Veranlassung gesehen hat, die Verurteilung des Beklagten aufgrund vermeintlich fehlerhafter Beweiserhebung aufzuheben, sondern die Revision des Beklagten durch Beschluss vom 16.11.2004, Bl. 866 GA, als unbegründet verworfen hat. Zwar hat der Generalbundesanwalt, wie die Klägerin zutreffend in ihrem Schriftsatz vom 18.8.2010, Bl. 855, 860 GA, anführt, sich in seiner Stellungnahme vom 28.9.2004 auch durchaus eingehend mit der Beweiswürdigung des Landgerichts in dessen Urteil vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) befasst. Zu der Sachverständigen Frau Dr. R.-J. heißt es in der Stellungnahme des Generalbundesanwalts jedoch nur, dass Zweifel an ihrer Sachkunde oder den angewandten Untersuchungsmethoden nicht bestehen, solche trage die Revision selbst nicht vor. Eine ausführliche und eingehende Auseinandersetzung gerade auch mit den Untersuchungsmethoden der Sachverständigen Frau Dr. R.-J. hat demnach von Seiten des Generalbundesanwalts nicht stattgefunden, jedenfalls ergibt sich dies aus der angeführten Stellungnahme nicht.

Lediglich ergänzend ist noch hinzuzufügen, dass der Senat in seiner auf die Ausführungen von Herrn Prof. Dr. S. gestützten Einschätzung zu den methodischen Mängeln des Gutachtens der Sachverständigen Frau Dr. R.-J. auch durch das seitens des Beklagten vorgelegte Privatgutachten des Herrn Dr. R2 vom 11.9.2006, Bl. 187 ff. GA, bekräftigt wird. Dieses Privatgutachten war als urkundlich belegter, qualifizierter Parteivortrag zu verwerten (BGH, NJW 1993, 2382/3) und durfte in die Beweiswürdigung des Senats gemäß § 286 ZPO mit einfließen (Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 4 U 129/08 - 42, 4 U 129/08, zitiert nach Juris). Schon Herr Dr. R2 hatte in seiner gutachterlichen Stellungnahme unter Ziffer 6, auf Seiten 35 – 40, Bl. 221 ff. GA, eine Vielzahl von methodischen Mängeln in der Begutachtung der Sachverständigen Frau Dr. R.-J. aufgezeigt. Insbesondere hatte auch er bereits eine unzureichende Sexualanamnese, eine äußerst dürftige merkmalsorientierte aussagepsychologische Analyse der Aussagen und eine unzureichende Berücksichtigung suggestiver Einflüsse auf die Klägerin bemängelt. Rückblickend stützt daher das Privatgutachten von Herrn Dr. R2 die Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen und somit auch die Einschätzung des Senats.

Der Senat ist daher - ebenso wie das erstinstanzliche Gericht – nicht schon aufgrund der urkundlichen Verwertung des Strafurteils des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) mit der für eine Verurteilung erforderlichen hinreichenden Gewissheit davon überzeugt, dass der Beklagte die Klägerin mehrfach sexuell missbraucht hat.

3.

Die Klägerin hat die dem Beklagten vorgeworfenen sexuellen Missbrauchshandlungen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme, insbesondere der vor dem Senat durchgeführten (erneuten) persönlichen Anhörung der Parteien sowie des ergänzend eingeholten aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. S., auch nicht anderweit zur Überzeugung des Senats zu beweisen vermocht. Das Ergebnis der vor dem Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt vielmehr das Ergebnis der landgerichtlichen Entscheidung.

a.

Das Landgericht hat nach der Feststellung, dass die im Strafverfahren getroffene Entscheidung und das dort eingeholte Sachverständigengutachten nicht als Grundlage für seine Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO geeignet sind, in einem zweiten Schritt der Beweiswürdigung die persönlichen Angaben der Klägerin in deren Parteianhörung eingehend ausgewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die weitgehend nur pauschal gehaltenen Angaben der Klägerin zu den Tatvorwürfen zugleich eine Vielzahl von Ungereimtheiten und Widersprüchen aufwiesen und deshalb nicht geeignet waren, den Nachweis für die behaupteten sexuellen Missbrauchshandlungen zu erbringen. Den Antrag auf Parteivernehmung der Klägerin nach § 448 ZPO hat das Landgericht wegen Fehlens der gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung zurückgewiesen. Dem bereits in erster Instanz gestellten Beweisantrag auf Einholung eines (weiteren) Glaubhaftigkeitsgutachtens ist das Landgericht mit der Erwägung nicht nachgegangen, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Partei oder eines Zeugen zum Wesen der richterlichen Rechtsfindung gehöre und der Tatrichter daher auch in schwierigen Fällen berechtigt und verpflichtet sei, den Beweiswert einer Aussage selbst zu würdigen und er dabei im Allgemeinen nicht auf sachverständige Hilfe angewiesen sei.

b.

Die hiergegen mit der Berufung geltend gemachten Einwände bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

aa.

Soweit die Klägerin sich in erster Linie dagegen wendet, dass das Landgericht es unterlassen hat, ein (weiteres), von ihr beantragtes Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen, muss nicht abschließend entschieden werden, ob das Übergehen dieses Beweisantrages einen Verfahrensfehler begründet. Das vom Senat in der Berufungsinstanz eingeholte aussagepsychologische Gutachten des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. S. hat nicht zum Nachweis geführt, dass die Behauptungen der Klägerin zu den sexuellen Missbrauchshandlungen des Beklagten mit hoher Wahrscheinlichkeit wahr sind. Selbst wenn man daher einen Verfahrensfehler des Landgerichts unterstellt, rechtfertigt dieser nicht eine für die Klägerin günstigere Entscheidung.

aaa.

Aussagepsychologische Gutachten (Glaubhaftigkeitsgutachten) werden in der derzeitigen Gerichtspraxis insbesondere in Strafverfahren eingeholt. Der Bundesgerichtshof hat in der bereits oben zitierten grundlegenden Entscheidung vom 30.7.1999 – 1 StR 618/98 - ein bestimmtes methodisches Grundprinzip vorgegeben, nach dem eine solche aussagepsychologische Begutachtung stattzufinden hat. Dieses methodische Grundprinzip besteht darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage) solange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der Sachverständige nimmt daher bei der Begutachtung zunächst an, die Aussage sei unwahr (so genannte Nullhypothese). Zur Prüfung dieser Annahme hat er weitere Hypothesen zu bilden. Ergibt seine Prüfstrategie, dass die Unwahrheitshypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen und es gilt dann die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt (BGH, Urteil vom 30.7.1999 – 1 StR 618/98, zitiert nach Juris).

Die Frage, ob ein solches Gutachten im Strafverfahren eingeholt werden muss, ist allerdings stets eine Frage des Einzelfalls, denn grundsätzlich gilt wie im Zivilprozess auch im Strafprozess, dass sich das Gericht bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit einer Zeugenaussage nicht sachverständiger Hilfe bedienen muss. Dies gilt auch für die Aussagen eines kindlichen oder jugendlichen Zeugen, der Opfer an ihm begangener Sexualdelikte geworden ist (BGH, Urteil vom 27.1.2005 - 3 StR 431/04 und BGH, Beschluss vom 22.6.2000 - 5 StR 209/00; beide zitiert nach Juris). Die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens wird von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs allerdings dann als geboten gesehen, wenn der Sachverhalt oder die Person des Zeugen solche Besonderheiten aufweist, dass Zweifel daran aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständen ausreicht (st.Rspr.; BGH, Beschluss vom 25. 4. 2006 - 1 StR 579/05 und BGH, Beschluss vom 22.6.2000 - 5 StR 209/00; beide zitiert nach Juris).

bbb.

Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derartige aussagepsychologische Gutachten auch im Zivilverfahren einzuholen sind, ist bislang höchstrichterlich nicht nachhaltig geklärt. Der Senat zieht allerdings aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.6.2003 – VI ZR 327/02 – die Schlussfolgerung, dass die Einholung eines solchen Glaubhaftigkeitsgutachtens auch im Zivilverfahren grundsätzlich statthaft ist und die Zurückweisung eines derartigen Beweisantrages unter denselben Prämissen steht, wie im Strafverfahren, d.h. im Einzelfall die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens auch im Zivilverfahren geboten ist. Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung zu der Einholung einer aussagepsychologischen Begutachtung im Zivilprozess an sich nur ausgeführt, dass ein solches dann nicht eingeholt werden muss, wenn die Behauptungen des Prozessgegners nur bestritten werden und daher keine auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben des Bestreitenden vorliegen, die auf ihre inhaltliche Konsistenz, ihre Folgerichtigkeit oder sonstige situationsbezogene Einzigartigkeit hin überprüft werden könnten (BGH, Beschluss vom 24.6.2003 – VI ZR 327/02, zitiert nach Juris). Dieser Fall liegt hier aber nicht vor, denn die Klägerin hat ganz konkrete Angaben zu den Tatvorwürfen gegenüber dem Beklagten gemacht, die einer aussagepsychologischen Begutachtung zugänglich sind. Im übrigen hat der Bundesgerichtshof in der gleichen Entscheidung aber zugleich allgemein ausgeführt, dass für die Beurteilung der Eignung eines Beweismittels im Zivilprozess die gleichen Anforderungen gestellt werden wie im Strafprozess und daher auch im Zivilverfahren der Tatrichter einen Beweisantritt in Anlehnung an § 244 Abs. 3 StPO ablehnen darf, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist. Wenn ein Beweismittel - in der angesprochenen Entscheidung der Einsatz eines freiwilligen Lügendetektortests - aus tatsächlichen, wissenschaftlich belegten Gründen als für die Beweisführung im Strafprozess ungeeignet angesehen wird, gelte dies in gleicher Weise auch für die Beweisführung im Zivilprozess (BGH, Beschluss vom 24.6.2003 – VI ZR 327/02, zitiert nach Juris). Aus diesen Erwägungen lässt sich aus Sicht des Senats nun ohne weiteres der Umkehrschluss ziehen, dass dann, wenn ein Beweismittel aus tatsächlichen, wissenschaftlich belegten Gründen für die Beweisführung im Strafprozess als geeignet angesehen wird, dies grundsätzlich auch für den Zivilprozess gilt. Wie eingangs dieses Abschnitts ausgeführt ist die Einholung aussagepsychologischer Gutachten im Strafverfahren ein grundsätzlich anerkanntes Beweismittel, so dass die Einholung eines solchen Gutachtens grundsätzlich auch in einem vom Sachverhalt her gleichgelagerten Zivilverfahren statthaft ist und ein entsprechender Beweisantrag nicht schlechterdings mit dem Argument abgelehnt werden kann, die Würdigung der Aussage einer Partei oder eines Zeugen obliege nur dem Gericht. Denn diese grundsätzlich zutreffende Erwägung gilt auch für den Strafprozess (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 18.8.2009 – 1 StR 155/09, zitiert nach Juris); gleichwohl ist die Einholung von Glaubhaftigkeitsgutachten nach der oben angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geboten, wenn der Sachverhalt oder die Person des Zeugen solche Besonderheiten aufweist, dass Zweifel daran aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständen ausreicht (BGH, Beschluss vom 25.4.2006 - 1 StR 579/05 und BGH, Beschluss vom 22.6.2000 - 5 StR 209/00; beide zitiert nach Juris). Diese Rechtsprechung lässt sich aus Sicht des Senats ohne weiteres auch auf den Zivilprozess übertragen.

ccc.

Die vorstehenden Überlegungen und die Tatsache, dass bei der Klägerin unstreitig eine unterdurchschnittliche Intelligenz vorliegt und sie bereits seit früher Kindheit erhebliche psychologische Auffälligkeiten gezeigt hat, waren Anlass für den Senat, gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs. ZPO dem Beweisantrag auf Einholung eines (neuen) Glaubhaftigkeitsgutachtens in der Berufungsinstanz stattzugeben. Der vom Senat beauftragte Sachverständige Herr Prof. Dr. S. hat zur Beantwortung der im Beweisbeschluss vom 3.9.2008 gestellten Fragen in Bezug auf die Klägerin und deren Angaben zu den Tatvorwürfen eine

- Persönlichkeitsanalyse

- kriterienorientierte Aussagenanalyse

- Entwicklungsanalyse der Aussage

- Konstanzanalyse

- Motivanalyse

durchgeführt und die hierauf aufbauende Aussagenanalyse unter Anwendung der vom Bundesgerichtshof in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 – aufgestellten methodischen Grundsätze durchgeführt, Seite 201/202, Bl. 811/812 GA. Als Nullhypothese ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass die Aussagen der Klägerin nicht erlebnisbegründet sind, anders ausgedrückt, dass die Klägerin ihre spezifischen Aussagen aufgrund ihrer Persönlichkeit und den Entstehungsbedingungen der Aussage auch ohne eigenen Erlebnishintergrund hätte machen können. Diese Nullhypothese hat der Sachverständige an folgenden weiteren Hypothesen überprüft:

- Konfabulationshypothese: bei den Aussagen handelt es sich um ein reines Fantasieprodukt;

- Wahrnehmungsübertragungshypothese: bei den Aussagen handelt es sich um Inhalte, die Klägerin auf andere Weise – durch Filme, Bücher Zeitschriften - erworben und auf die Person des Beklagten übertragen hat;

- Übertragungshypothese: die Klägerin hat die von ihr geschilderten sexuellen Übergriffe so erlebt, allerdings mit einer anderen Person als der des Beklagten;

- Instruktionshypothese: die Klägerin wurde von einer anderen Person gezielt instruiert, eine Falschaussage zu tätigen;

- Suggestionshypothese: die Aussage ist das Ergebnis häufiger und subjektiver Beeinflussungen im Vorfeld oder auch während der Begutachtung beziehungsweise Anzeigenerstattung bei der Polizei.

Lediglich zur Instruktionshypothese hat der Sachverständige ausgeführt, dass sich aus der Aktenlage und der Exploration der Klägerin keine Hinweise dafür ergeben, dass die Aussage auf einer bewussten Instruierung beruhen könnte, so dass der Sachverständige diese Prüfungshypothese als unwahrscheinlich zurückgewiesen hat, Seite 233, Bl. 843 GA. Bezüglich der übrigen Prüfhypothesen (Konfabulationshypothese, Übertragungshypothese und Suggestionshypothese) ist der Sachverständige demgegenüber zu dem Ergebnis gelangt, dass diese nicht verworfen werden können, Seiten 233, 235, 236, Bl. 843 – 846 GA. Der Sachverständige hat daher als Gesamtergebnis seiner Begutachtung festgehalten, dass die Nullhypothese nicht länger zurückgewiesen werden kann und dies bedeutet, dass die von der Klägerin gemachten Aussagen zu den seitens des Beklagten an ihr vorgenommenen sexuellen Handlungen als nicht ergebnisbegründet angesehen werden müssen und demnach nicht als glaubhaft einzuschätzen sind, Seite 237, Bl. 847 GA.

ddd.

Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Die von der Klägerin gegen das Sachverständigengutachten erhobenen Einwände hält der Senat insgesamt nicht für durchgreifend:

(1)

Zu den Vorwürfen der Klägerin, der Sachverständige habe - ohne entsprechende Belegstellen anzuführen – angegeben, dass die Klägerin im Verlauf ihrer dargestellten Vernehmungen und Explorationen zahlreichen Suggestionen ausgesetzt gewesen sei, er sei auch nicht hinreichend darauf eingegangen, dass sie tatsächlich suggestiven Antwortvorschlägen regelmäßig nicht gefolgt sei, sondern hiervon unabhängig die jeweiligen Fragen eigenständig beantwortet habe, ist zunächst auszuführen, dass es zwar richtig ist, dass der Sachverständige in seinem Gutachten keine Belegstellen (Beispiele) für Suggestivfragen aufgeführt hat. Gleichwohl sind diese Ausführungen richtig. Der Senat nimmt insoweit erneut Bezug auf das Privatgutachten des Herrn Dr. R2 vom 11.9.2006, Bl. 187 ff. GA., in dem dieser eine Vielzahl konkreter, aus den vorgelegten Urkunden und beigezogenen Strafakten unmittelbar nachvollziehbare Beispiele für Suggestivfragen der Sachverständigen Dr. R.-J., Bl. 190 – 192 GA, und der Polizeibeamtin G., Bl. 201 GA, aufgeführt hat; ferner hat er auch bei der Psychologin M., Bl. 200 GA, und der Polizeibeamtin A., Bl. 201 GA, konkrete Suggestivfragen festgestellt. Zu dem Einwand, der Sachverständige Herr Prof. Dr. S. habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie suggestiven Antwortvorschlägen regelmäßig nicht gefolgt sei, hat der Sachverständige Herr Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18.5.2011 gerade den von dem Klägervertreter selbst in seinem Schriftsatz vom 18.8.2010 erwähnten Auszug aus der Exploration der Sachverständigen Dr. R.-J. als Beleg dafür angeführt um zu zeigen, dass die Klägerin durchaus auf Suggestionen reagiert, wenn auch nicht immer, vgl. Bl. 896 GA. Im Übrigen hat der Sachverständige Herr Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18.5.2011, Bl. 896 GA zu diesem Einwand der Klägerin ferner überzeugend ausgeführt, es sei irrig zu glauben, abgewiesene Suggestionen seien wirkungslos. Diese könnten nachwirken und bei späteren Gelegenheiten Aufnahme in die Aussagen finden.

(2)

Ebenfalls nicht mit Erfolg kann sich die Klägerin darauf berufen, der Sachverständige habe unter dem Prüfungspunkt „Aussageverhalten“ nicht hinreichend thematisiert, dass die Klägerin durchgängig Fragen zu Ereignissen mit sexuellem Inhalt mit auffallender Zurückhaltung beantworte, woraus folge, dass einsilbige Antworten bzw. stereotype Handlungsschilderungen als Ausweichverhalten interpretiert werden könnten, so dass diese Art des Aussageverhaltens also der üblichen Erzählweise der Klägerin in Bezug auf ihre sexuellen Erlebnisse entspreche und daher unter Berücksichtigung des kindlichen Alters der Klägerin nur eine oberflächliche, rudimentäre Schilderung der streitgegenständlichen Missbrauchshandlungen des Beklagten zu erwarten gewesen sei.

Es ist zwar durchaus zutreffend, dass die Klägerin sich in der Exploration des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. S. generell kurz gefasst hat, wenn es um sexuelle Themen ging, das betrifft auch den unstreitig tatsächlich stattgefundenen sexuellen Missbrauch durch den M. W. und den frühen Geschlechtsverkehr im Alter von 10 ½ Jahren mit dem Wohngruppenmitbewohner D.. Dass die Klägerin allerdings durchgängig bei ihren Aussagen in Bezug auf sexuelle Themen eine Erzählweise an den Tag legt, die durch einsilbige Antworten beziehungsweise stereotype Handlungsschilderungen geprägt ist, kann nicht festgestellt werden, denn die von der Klägerin seinerzeit im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen M. W. gemachte Aussage weist – worauf schon das Landgericht zutreffend im angefochtenen Urteil abgestellt hat – diese qualitativen Mängel nicht auf. Die dortige Aussage vom 6.3.2003 enthält zahlreiche Details, Verknüpfungen zu Randgeschehen, den eigenen Empfindungen der Klägerin und der Motivation des Täters. Der Senat nimmt insoweit auf das Aussageprotokoll in der beigezogenen Ermittlungsakte 22 Js 477/03, Bl. 18 ff. BA, Bezug. Der Sachverständige Herr Prof. Dr. S. hat daher zu Recht ausgeführt, dass den Aussagen der Klägerin im Hinblick auf die dem Beklagten zur Last gelegten Tathandlungen weitgehend die Konkretheit und Detaillierung fehlt, während dies bei anderen Aussagen, wenn es sich um erlebnisbegründete Wahrnehmungen wie bei M. W. handelt, nicht der Fall ist.

(3)

Zuletzt trägt auch der Einwand der Klägerin nicht, der Umstand, dass die Klägerin in verschiedenen Vernehmungen unterschiedliche Tatorte genannt habe, im Hinblick auf die Vielzahl der vom Beklagten über einen längeren Zeitraum begangenen Taten zwangsläufig dazu führe, eine strenge Konsistenz (gemeint ist wohl: Konstanz) ihrer Aussage verneinen zu müssen.

Der Sachverständige Herr Prof. Dr. S. hat hierzu zunächst in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 18.5.2011 überzeugend ausgeführt, dass das Vorliegen einer Aussagekonstanz eine elementare Voraussetzung dafür sei, dass eine Aussage als glaubhaft beurteilt werden könne. Die hier zu fordernde Aussagekonstanz sei jedoch bei der Klägerin nicht gegeben und zwar nicht nur im Hinblick auf die im Gutachten behandelten Örtlichkeiten und Kernhandlungen, sondern auch im Hinblick auf weitere Fragen, z.B. ob sie Angst vor dem Beklagten hatte oder nicht, ob sie Mißfallen gegenüber dem Beklagten geäußert hat oder nicht, Bl. 897/898 GA. Ergänzend hierzu hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung erläutert, dass es aus gedächtnispsychologischer Sicht vergessensanfällige Aspekte gebe, wie z.B. die Schätzung der Häufigkeit von bestimmten Vorkommnissen oder auch der Wortlaut oder der Inhalt von Gesprächen, so dass bestimmte Abweichungen im Aussageinhalt bei der Durchführung einer Konstanzanalyse durchaus wahrscheinlich und annehmbar seien. Zu erwarten sei jedoch eine Aussagekonstanz zum Kerngeschehen, konkret beispielsweise zur eigenen Beteiligung, zur Körperhaltung und zu den Tatörtlichkeiten. Die Klägerin sei - auch unter Berücksichtigung ihres unterdurchschnittlichen Gesamt – IQ - in ihrer Aussagetüchtigkeit insoweit nicht eingeschränkt gewesen, gleichwohl seien bei ihren Aussagen zum Kerngeschehen erhebliche Widersprüche zu erkennen gewesen. Dies führe dazu, dass der Aussage der Klägerin ein wichtiges Glaubhaftigkeitsmerkmal fehle. Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen folgt der Senat.

eee.

Der Senat ist zuletzt nicht nur aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen, sondern auch unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der vor dem Senat durchgeführten persönlichen Anhörung der Klägerin nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass die von der Klägerin behaupteten sexuellen Missbrauchshandlungen stattgefunden haben.

Auch in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat hat die Klägerin die behaupteten sexuellen Missbrauchshandlungen durch den Beklagten weitgehend nur pauschal dargestellt. Zwar hat sie verschiedene Missbrauchshandlungen und auch Orte, an denen diese stattgefunden haben sollen, näher beschrieben, Bl. 558 – 563 GA. Die Beschreibungen erfolgten aber weitgehend ohne nähere Detailschilderungen und ohne jeglichen Bezug zu einer konkreten Situation beziehungsweise zum Alltag in der Pflegefamilie. Wie schon vor dem Landgericht konnte die Klägerin bei keinem der von ihr geschilderten pauschalen Vorfälle ein Randgeschehen schildern, etwa aus welcher Situation heraus es zu einem solchen Missbrauchsfall gekommen ist, wie sie sich konkret dabei gefühlt hat und wie ein solcher Vorfall endete. Zumindest zu Einzelnen der behaupteten Missbrauchshandlungen wäre zu erwarten gewesen, dass der Klägerin eine annähernd situative Einordnung möglich ist und eine anschauliche Wiedergabe der Geschehnisse erfolgt. Zu der im strafrechtlichen Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2004 – 5 25/03 IV (21 Js 461/03) unter Ziffer III.2, auf Seite 11, Bl. 379 der BA 21 Js 461/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken geschilderten Tat, die die Einzige ist, bei der die Klägerin in der Vergangenheit eine konkrete zeitliche Verbindung zu einem Alltagsgeschehen der Familie (Arztbesuch der Ehefrau des Beklagten zum Tatzeitpunkt) gezogen hatte, hat die Klägerin schlicht erklärt, sie könne sich hieran nicht mehr erinnern. Diese qualitativen Mängel in den Angaben der Klägerin zum Tatgeschehen sprechen gegen die Annahme, dass es sich um erlebnisbegründete und damit wahre Schilderungen handelt.

In der Aussage der Klägerin vor dem Senat sind darüberhinaus erneut – wie auch bereits vor dem Landgericht - erhebliche inhaltliche Abweichungen zu ihren früheren Vernehmungen festzustellen. So hat die Klägerin zu der Frage, wann die Übergriffe zum ersten Mal begonnen haben sollen, in ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt, es seien schon einige Monate vergangen, bis es zu derartigen Vorfällen gekommen sei, Bl. 557 GA. In ihrer Aussage vor dem Landgericht hatte die Klägerin demgegenüber noch erklärt, die Missbrauchshandlungen durch den Beklagten hätten zwei Wochen, nachdem sie in die Pflegefamilie aufgenommen worden sei, angefangen. Gerade die erste Missbrauchshandlung stellt jedoch ein so einprägsames Erlebnis in der Entwicklungsgeschichte der behaupteten Missbrauchshandlungen dar, dass für den Senat nicht nachvollziehbar ist, wie es zu diesem Widerspruch kommt. Inkonstanzen zeigen sich ferner in Bezug auf ihre persönlichen Empfindungen. Während sie vor dem Senat angegeben hat, sie habe die Verhaltensweisen des Beklagten aus Angst einfach hingenommen, Bl. 558 GA, hatte sie in der polizeilichen Erstbefragung vom 22.1.2003 der Polizeibeamtin A. seinerzeit noch mitgeteilt, sie habe keine Angst vor dem Beklagten gehabt, weil dieser sie auch immer beschützt habe (Bl. 5 der BA 21 Js 461/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken). Zu den Tatörtlichkeiten hat die Klägerin in ihrer Aussage vor dem Senat lediglich pauschal angegeben, die Tathandlungen hätten in ihrem Zimmer, in der Scheune und im Badezimmer stattgefunden. Bezüglich der Tatörtlichkeit Badezimmer hat bereits das Landgericht zutreffend auf die Ungereimtheit aufmerksam gemacht, dass diese Tatörtlichkeit und die in diesem Zusammenhang beschriebene sexuelle Missbrauchshandlung - der Beklagte soll die am Unterkörper unbekleidete Klägerin mit einem Waschlappen gewaschen haben, als diese auf dem Bidet saß - von der Klägerin erstmals in der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht erwähnt worden ist. Auch für den Senat ist es wenig nachvollziehbar, dass die Klägerin hiervon erst nach einem Zeitablauf von mehr als fünf Jahren berichtet, nicht jedoch bei den zeitlich näheren Befragungen im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Bezüglich der übrigen Tatörtlichkeiten hatte die Klägerin ihr Zimmer und auch die Scheune zwar bereits in früheren Vernehmungen erwähnt. In der Exploration des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. S. hatte die Klägerin darüber hinaus aber noch den Flur als weiteren Tatort genannt (Seite 149 des Gutachtens, Bl. 759 GA); in der polizeilichen Erstbefragung vom 22.1.2003 durch die Polizeibeamtin A. hatte die Klägerin neben ihrem Zimmer und der Scheune (Hütte) zusätzlich noch die Küche und das Wohnzimmer als Tatörtlichkeiten genannt (Bl. 5 a der BA 21 Js 461/03 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken). Da sich diese inhaltlichen Abweichungen gerade auf die zum Kerngeschehen gehörenden Tatörtlichkeiten beziehen, bezüglich derer unter Berücksichtigung der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. eine Aussagekonstanz zu erwarten gewesen wäre, begründen diese aufgetretenen Inkonstanzen valide Zweifel gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin.

bb.

Auch mit ihrer weiteren Rüge gegen die landgerichtliche Entscheidung, das Landgericht habe die Klägerin verfahrensfehlerhaft nicht als Partei vernommen, dringt die Klägerin nicht durch.

Eine Vernehmung der Klägerin nach § 447 ZPO als Partei kam schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte einer solchen Parteivernehmung erstinstanzlich widersprochen hatte.

Für eine Vernehmung des Beklagten als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO war und ist kein Raum, weil gerade nicht - wie nach gefestigter Rechtsprechung erforderlich - bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihrer Sachdarstellung spricht.

Die Berufung der Klägerin erweist sich nach alldem als unbegründet.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 546 Begriff der Rechtsverletzung


Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

Zivilprozessordnung - ZPO | § 448 Vernehmung von Amts wegen


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 447 Vernehmung der beweispflichtigen Partei auf Antrag


Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 825 Bestimmung zu sexuellen Handlungen


Wer einen anderen durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt, ist ihm zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Wer einen anderen durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt, ist ihm zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 139/02 Verkündet am:
28. Januar 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Allein der Umstand, daß sich ein Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung
("Harmlosigkeitsgrenze") ereignet hat, schließt die tatrichterliche
Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO von seiner Ursächlichkeit für eine HWSVerletzung
nicht aus.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Am 25. März 1992 fuhr der Beklagte zu 1 gegen 9.30 Uhr mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw auf den von dem Kläger geführten , in einem Kreuzungsbereich verkehrsbedingt haltenden Pkw auf. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Der Kläger begab sich am Nachmittag des Unfalltages in ärztliche Behandlung. Der Facharzt für Chirurgie Dr. S. diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma. Er legte eine Cervicalstütze an und verordnete Spasmolytika. Die Weiterbehandlung erfolgte durch Dr. R., der eine sogenannte Schanz’sche Krawatte anpaßte und schmerzlindernde Medikamente verordnete. In der Folgezeit litt der Kläger zunehmend unter einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sowie unter vegetativen Symptomen wie häufig auftretendem Schwindel, Sehstörungen in Form von Schleiersehen und plötzlichem Auftreten von Übelkeit. Am 6. Dezember 1993 erlitt er
einen weiteren Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Pkw frontal mit einem vor ihm ins Schleudern geratenen Fahrzeug kollidierte. Eine wegen anhaltender Beschwerden vorgenommene klinische und radiologische Untersuchung in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. ergab den Verdacht einer Ruptur der Ligamenta alaria im Bereich des Segments C1/C2. Dieser Verdacht wurde von dem Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. H. des Rehabilitationskrankenhauses K.-L. aufgrund einer am 4. Mai 1994 durchgeführten Untersuchung einschließlich Computer- und Kernspintomographie der Halswirbelsäule bestätigt. Aufgrund dieser Diagnose wurde am 13. Juni 1995 in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. eine dorsale Probefusion des Segments C1/C2 vorgenommen, die laut Behandlungsbericht zu einer Besserung der Beschwerden führte. Im Hinblick darauf erfolgte am 8. Mai 1996 im Rehabilitationskrankenhaus K.-L. die endgültige operative Fusion. Der Kläger hat vorgetragen, aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 habe er nach wie vor Beschwerden, u.a. dauernde Spannungsschmerzen im Bereich von Nacken und Schulter, Kopfschmerzen, Mißempfindungen am linken Arm und Taubheitsgefühle am linken Oberschenkel. Zeitweilig trete ein Zittern auf. Die Sehkraft seines linken Auges habe nachgelassen. Darüber hinaus leide er unter Konzentrationsschwierigkeiten. Der Kläger hat – über den vorgerichtlich erhaltenen Betrag von 4.300 DM hinaus - ein angemessenes Schmerzensgeld (Vorstellung: weitere 30.000 DM) sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden begehrt. Das Landgericht hat ihm ein weiteres Schmerzensgeld von 3.700 DM zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dem Feststellungsbegehren entsprochen und die Beklagten verurteilt, an den Kläger über den bereits gezahlten Betrag von !" # $% '& (*),+%-. 0/'12 3 4 57698 : 2 3 ; 2.198,56
DM) zu zahlen. Dagegen wenden die Beklagten sich mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, der Kläger habe bei dem Unfall am 25. März 1992 eine HWS-Distorsion nach Erdmann I erlitten. Zwar sei nicht bewiesen, daß hierbei das Ligamentum alare links gerissen sei, doch seien die durch diese Diagnose veranlaßte Probefusion und die endgültige Fusion der Segmente C1/C2 gleichwohl eine adäquate Folge des Unfalls. Der Kläger leide aufgrund des Unfalls und der Fusion der Segmente C1/C2 unter Einschränkungen der Beweglichkeit sowie einer Fehlhaltung und dadurch bedingten häufigen Schmerzen im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich sowie unter gelegentlichem Schwindel und Übelkeit, Tinnitus und einer Verschlechterung des Sehvermögens. Die Bewegungseinschränkungen seien gutachterlich festgestellt, die – nicht meßbaren – Schmerzen sowie Schwindel und Übelkeit habe keiner der Sachverständigen in Zweifel gezogen. Die Beeinträchtigungen seien nur aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 erklärbar, da Vorerkrankungen nicht festgestellt seien und der Unfall vom 6. Dezember 1993 nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung geführt habe. Auch habe der Kläger glaubhaft angegeben, daß alle Beeinträchtigungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 25. März 1992 und der Fusion am 8. Mai 1996 entstanden seien. Ebenso wie die Sachverständigen habe das Gericht den Eindruck, daß der Kläger sich um eine wahrheitsgemäße Schilderung der Abläufe und Beeinträchtigungen bemüht habe und nicht etwa eine vorzeitige Versorgung ohne Arbeit erstrebe. Die Revision
sei zuzulassen, weil die Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu § 287 ZPO grundsätzliche Bedeutung habe.

II.

Die Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe bei dem Unfall vom 25. März 1992 eine HWS-Distorsion "nach Erdmann I" erlitten, läßt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Frage, ob sich der Kläger bei dem Unfall überhaupt eine Verletzung zugezogen hat, die haftungsbegründende Kausalität betrifft. Es hat, ohne § 286 ZPO in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu erwähnen, erkennbar den Regelungsgehalt dieser Vorschrift berücksichtigt , wonach der Nachweis des Haftungsgrundes den strengen Anforderungen des Vollbeweises unterliegt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196; Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 – VersR 1968, 850, 851; vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – VersR 1975, 540, 541 und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 – VersR 1987, 310, jeweils m.w.N.). Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewißheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" , sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (st. Rspr., vgl. BGHZ 53, 245, 256; BGH, Urteil vom 18. April 1977 – VIII 286/75 – VersR 1977, 721 und Se-
natsurteil vom 9. Mai 1989 – VI ZR 268/88 – VersR 1989, 758, 759). Diese Überzeugung hat das Berufungsgericht hier - ebenso wie schon das Landgericht - auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K. gewonnen. Dessen Beurteilung gründet sich u.a. auf den Befund des erstbehandelnden Arztes Dr. S., der den Kläger am Unfalltag untersucht und dabei u.a. Röntgenaufnahmen und Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule vorgenommen hat. Dr. S. hat ausweislich seines Berichtes eine äußerlich unauffällige, frei bewegliche endgradig schmerzhafte Halswirbelsäule sowie einen leichten Stauchungsschmerz diagnostiziert und darüber hinaus angegeben, der 6. und 7. Halswirbelkörper seien deutlich druckschmerzhaft. Wie der Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten ausgeführt hat, sind ähnliche Befunde in der Folgezeit auch von anderen Ärzten erhoben worden. Sie werden entgegen der Auffassung der Revision in ihrem Kern auch nicht durch die Ausführungen des Orthopäden Dr. P. in Frage gestellt, der in seinem für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten vom 13. April 1993 einerseits zwar ein „echtes Schleudertrauma“ verneint, andererseits aber ebenso wie Dr. K. eine HWS-Distorsion Grad I bejaht hat. Aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen hat, daß die Angaben des Klägers insgesamt glaubhaft erscheinen, zumal die von ihm geklagten Beschwerden von keinem der Sachverständigen letztlich in Zweifel gezogen worden sind. Bei dieser Sachlage konnte es nach freier Überzeugung zu dem Ergebnis kommen, daß der Verkehrsunfall vom 25. März 1992 bei dem Kläger eine HWSDistorsion im Sinne einer Körperverletzung ausgelöst hat. Insbesondere war das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet, hinsichtlich des Umfangs der Beschädigun-
gen der beteiligten Fahrzeuge und der sich daraus ergebenden kollisionsbe- dingten Geschwindigkeitsänderung ein Sachverständigengutachten einzuholen und sodann mittels eines biomechanischen Gutachtens der Frage nachzugehen , ob der Unfall geeignet war, eine HWS-Distorsion hervorzurufen. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (OLG Hamm, NZV 2001, 468, 469; OLG Celle, OLG-Report 2002, 81; OLG Frankfurt, NZV 2002, 120). Die von der Revision herangezogene Auffassung, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die im Bereich zwischen 4 und 10 km/h anzusetzen sei ("Harmlosigkeitsgrenze"), eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen sei (vgl. OLG Hamm, NJW 2000, 878, 879, OLG Hamm, r+s 2000, 502; 503; OLG Hamm, DAR 2001, 361; OLG Hamm, NZV 2001, 303; KG, VersR 2001, 597 f.; OLG Hamm, r+s 2002, 111 f.; vgl. auch KG, KG-Report 2001, 163, 164), stößt in Rechtsprechung und Schrifttum zunehmend auf Kritik (vgl. OLG Celle, aaO, OLG Frankfurt, aaO; vgl. auch OLG Bamberg, NZV 2001, 470; Kuhn, DAR 2001, 344, 345 ff. m.w.N.) und wird insbesondere aus orthopädischer Sicht in Zweifel gezogen (Castro/Becke, ZfS 2002, 365, 366). Gegen die schematische Annahme einer solchen "Harmlosigkeitsgrenze" spricht auch, daß die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u.a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeuginsassen Bedeutung beizumessen sein kann (vgl. Mazzotti /Castro, NZV 2002, 499, 500 m.w.N.). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts erfolgte im Streitfall die Kollision, als der Kläger mit schräg nach rechts oben gewendetem Kopf nach oben blickte, um einen Blick auf die Lichtzeichenanlage zu werfen. Gesicherte medizinische Erkenntnisse zu der Frage, ob und in welcher Weise derartige
Muskelanspannungen und Kopfdrehungen die Entstehung einer HWS- Distorsion beeinflussen können, sind bisher nicht bekannt (vgl. OLG Hamm, NZV 2002, 322, 324; Castro/Becke, ZfS 2002, 365) und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, in welcher Weise ein Gutachten über die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zu einer weiteren Aufklärung des Geschehensablaufs beitragen könnte, nachdem das Berufungsgericht aufgrund eingehender medizinischer Begutachtung und ausführlicher Anhörung des Klägers in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen hat, daß durch den Unfall eine Körperverletzung des Klägers verursacht worden ist. 2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts, wonach die von dem Kläger geklagten Beschwerden – mit Ausnahme der behaupteten Konzentrationsstörungen und der geltend gemachten verminderten geistigen Leistungsfähigkeit – auf den Verkehrsunfall vom 25. März 1992 zurückzuführen sind. Mit dem Nachweis, daß der Unfall zu einer HWS-Distorsion und damit zu einer Körperverletzung des Klägers geführt hat, steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Klägers ursächlich ist, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter also nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196 und Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 -, vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 -, jeweils aaO und m.w.N.). Zwar kann der Tatrichter auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbil-
dung gestellt. Hier genügt, je nach Lage des Einzelfalles, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (ausführlich dazu Senatsurteil vom 7. Juli 1970 – VI ZR 233/69 – VersR 1970, 924, 926 f.). Diesen Grundsätzen, die in der Rechtsprechung seit langem geklärt sind (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 137, 142 ff. und vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98 – VersR 2000, 372 f.) und die im Streitfall - anders als das Berufungsgericht meint - keiner Weiterentwicklung bedürfen, wird das angefochtene Urteil entgegen der Auffassung der Revision gerecht. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei aufgrund der von ihm als glaubhaft erachteten Angaben des Klägers und der in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umstände des Falles die Überzeugung gewonnen, daß die im angefochtenen Urteil festgestellten Beschwerden des Klägers auf den Unfall zurückzuführen sind. Es ist davon ausgegangen, daß zwar die Ergebnisse der Sachverständigengutachten für sich allein nicht zum Beweis der Kausalität genügen, die Ursächlichkeit aber gleichwohl nachgewiesen sei. Dabei hat es in zulässiger Weise berücksichtigt, daß die Beeinträchtigungen, soweit sie nicht meßbar sind, von keinem der Sachverständigen in Zweifel gezogen worden seien und deren übereinstimmender Eindruck sei, daß der Kläger versuche , seine Beschwerden objektiv darzustellen. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht neben dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden vor allem dem Umstand Bedeutung beigemessen hat, daß Vorerkrankungen als etwaige Ursachen bei allen Untersuchungen nicht festgestellt worden sind. Entgegen der Auffassung der Revision war es dem Berufungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO nicht verwehrt, im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Feststellung zu gelangen, daß als einzig realistische Ursache für die Beschwerden des Klägers der Unfall vom 25. März 1992 in Betracht kommt (vgl. auch OLG Karlsruhe, NZV 2001, 511 f. mit NA-Beschluß des Senats vom 8. Mai 2001
- VI ZR 314/00). Den nachfolgenden Unfall vom 6. Dezember 1993 konnte das Berufungsgericht als Ursache ausschließen, weil dieser nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Gesundheitszustands geführt hat (zur Kausalität von zwei zeitlich einander folgenden Unfällen bei Eintritt eines Dauerschadens vgl. Senatsurteil vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – VersR 2002, 200 f.). Auch eine psychische Fehlverarbeitung scheidet nach Überzeugung des Berufungsgerichts als Ursache der Beschwerden aus. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden des Klägers nicht entgegen, daß diese nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch auf die im Rahmen der ärztlichen Behandlung vorgenommene Fusion des Segments C1/C2 zurückzuführen sind. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Fusion eine adäquate Folge des Unfalls ist, denn sie wurde vorgenommen , weil sich der Kläger wegen seiner nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden in ärztliche Behandlung begeben hat, in deren Verlauf eine Ruptur der Ligamenta alaria diagnostiziert wurde. Auf die Frage, ob diese Diagnose zutraf und deshalb eine Fusion des Segments C1/C2 indiziert war, kommt es nicht an, da der Schädiger dem Geschädigten grundsätzlich für den gesamten durch seine pflichtwidrige Handlung verursachten Schaden und somit auch für etwaige Folgeschäden einzustehen hat, sofern diese in adäquatem Kausalzusammenhang mit der Erstschädigung stehen. Der notwendige haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang fehlt nur dann, wenn sich bei der Zweitschädigung nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht hat, dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen war und deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang besteht. Ist das der Fall, kann von dem Erstschädiger billigerweise nicht mehr verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Fol-
gen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 – VI ZR 37/88 – VersR 1988, 1273, 1274 und vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – aaO, S. 201, jeweils m.w.N.). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn wie im Streitfall im Rahmen einer unfallbedingten ärztlichen Behandlung die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden möglicherweise unzutreffend diagnostiziert und deshalb eventuell falsch behandelt worden sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Beklagte wurde durch Urteil der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. Oktober 2006 in dem Verfahren 7125 Js 20029/04 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und schweren Menschenhandels jeweils zum Nachteil der Klägerin (geahndet mit Einzelstrafen von zweimal 4 Jahren und 6 Monaten und von 3 Jahren) und wegen weiterer Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren und 10 Monaten verurteilt; zudem hat die Strafkammer seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Dieses Urteil ist nach erfolgloser Revision des Beklagten seit dem 17. Mai 2007 rechtskräftig.

2

Die Klägerin nimmt den Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 20.000,00 € in Anspruch und hat dazu - gestützt auf die Feststellungen in den Fällen 5, 6 und 7 des oben genannten Strafurteils - geltend gemacht, dass der Beklagte sie im Jahre 2004 mehrfach vergewaltigt und außerdem genötigt habe, für ihn der Prostitution nachzugehen.

3

Der Beklagte hat hiergegen im Wesentlichen vorgebracht, dass er im Strafprozess wegen der hier streitgegenständlichen Vorwürfe zu Unrecht auf Grund einer Falschaussage der dort als Zeugin vernommenen Klägerin verurteilt worden sei. Soweit es zwischen den Parteien zum Geschlechtsverkehr gekommen war, sei dies mit ausdrücklichem Einverständnis der Klägerin und ohne Gewalt und Drohungen geschehen. Die Klägerin habe sich aus eigenem Antrieb und ohne sein Zutun zwecks Finanzierung ihrer Drogensucht prostituiert; er habe daraus keinen finanziellen Vorteil gezogen.

4

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2009 die Sach- und Rechtslage mit den geladenen Parteien erörtert, die Akten der Staatsanwaltschaft Landau in der Pfalz im Verfahren 7125 Js 20029/04 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und danach abschließend verhandelt. Mit Urteil vom 9. Dezember 2009, auf das zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und wegen der Begründung Bezug genommen wird, hat das erstinstanzliche Gericht der Schmerzensgeldklage in der begehrten Höhe von 20.000,00 € stattgegeben. Ihre Entscheidung hat die Zivilkammer unter anderem damit begründet, dass sie auf Grund des Inhalts der beigezogenen Strafakte und des darin enthaltenen rechtskräftigen Urteils keinen Zweifel an der Richtigkeit des Tatsachenvorbringens der Klägerin hinsichtlich der Vergewaltigungen und des Zwanges zur Prostitutionsausübung in einer Bar in L... habe.

5

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht angebrachten Berufung.

6

Er beanstandet, dass das erstinstanzliche Gericht sich für seine Überzeugungsbildung ausschließlich auf das gegen ihn ergangene Strafurteil gestützt und die von ihm benannten Zeugen nicht vernommen habe. Ferner habe das erstinstanzliche Gericht es zu Unrecht unterlassen, ein Glaubwürdigkeitsgutachten betreffend die klägerischen Angaben zu dem behaupteten Tatgeschehen einzuholen. Darüber hinaus sei der Umstand, dass die Klägerin in dem gegen ihn geführten Strafverfahren die einzige Zeugin für das eigentliche Tatgeschehen gewesen sei, nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Verwertung des Strafurteils im Wege des Urkundenbeweises sei im vorliegenden Fall untunlich gewesen. Auf dieser falschen Beweiswürdigung beruhe das Urteil des Landgerichts.

7

Der Beklagte beantragt,

8

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 18. April 2010.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst den dazu eingereichten Anlagen verwiesen.

13

Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft Landau in der Pfalz im Verfahren 7125 Js 20029/04 - jetzt geführt unter dem Aktenzeichen 5329 Js 41248/09 StA Frankenthal/Pfalz - zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, insbesondere das darin enthaltene Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 24. November 2006 in 2 KLs 1618304/05 gegen H...A... B... und O... I... R... wegen Vergewaltigung in 4 Fällen und schweren Menschenhandels jeweils zum Nachteil der Klägerin sowie den Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. März 2010 betreffend die Ablehnung des Antrags des Beklagten auf Wiederaufnahme des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens.

II.

14

Die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende und somit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB, §§ 177 StGB, 180 b, 181 StGB a.F. zugesprochen.

1.

15

Zunächst begegnet es unter den tatsächlichen Begleitumständen des vorliegenden Verfahrens keinen rechtlichen Bedenken, dass die Klägerin den Rechtsstreit ohne Offenbarung ihrer ladungsfähigen Anschrift führt. Zwar bestehen in einem solchen Fall grundsätzlich Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 ZPO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO (BGH NJW-RR 2004, 1503 m.w.N.). Anders liegen die Dinge jedoch, wenn die klagende Partei im Einzelfall triftige Gründe für die Vorenthaltung ihrer Adresse anführen kann (BGH NJW-RR 2004 a.a.O.). So verhält es sich hier, weil die Klägerin aufgrund ihrer Angaben als Belastungszeugin im Strafprozess nach Einschätzung der zuständigen Behörden weiterhin Repressalien aus dem Umfeld des Beklagten befürchten muss und sich deshalb im Zeugenschutzprogramm befindet. Das begründet ihr schutzwürdiges Interesse an der Führung des Prozesses aus dem Verborgenen.

2.

16

In der Sache ist der Senat - ebenso wie das erstinstanzliche Gericht - aufgrund der urkundlichen Verwertung des Strafurteils des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. Oktober 2006, Aktenzeichen 7125 Js 20029/04, mit der für eine Verurteilung erforderlichen persönlichen Gewissheit davon überzeugt, dass der Beklagte die Klägerin mehrfach vergewaltigt und sie auch zur Prostitution gezwungen hat. In Anbetracht der im Strafurteil im Einzelnen beschriebenen Art und Weise der Begehung der Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Klägerin ist ein Schmerzensgeld in der ausgeurteilten Höhe angemessen, wogegen der Beklagte mit seinem Rechtsmittel auch keine Einwendungen vorbringt.

17

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist es zulässig, dass sich ein Zivilgericht zum Zwecke seiner eigenen Überzeugungsbildung, ob sich ein bestimmtes Geschehen zugetragen hat, auf ein dazu ergangenes Strafurteil stützt.

18

Dem steht nicht entgegen, dass die in einem strafrichterlichen Urteil enthaltenen Feststellungen von Tatsachen für die zu derselben Frage erkennenden Zivilgerichte grundsätzlich nicht bindend sind (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., §14 EGZPO Rdnr. 2). Der im Regierungsentwurf des 1. Justizmodernisierungsgesetzes enthaltene § 415 a ZPO, wonach rechtskräftige Strafurteile den vollen Beweis der darin für erwiesen erachteten Tatsachen erbringen sollten, wurde nicht zum Gesetz. Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil können aber im Rahmen der eigenen freien Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung des Zivilrichters im Sinne von § 286 Abs. 1 ZPO Berücksichtigung finden, wobei das Urteil, wenn eine Partei sich zu Beweiszwecken darauf beruft, im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 415, 417 ZPO zu verwerten ist (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 286 Rdnrn. 27, 29; Senat MDR 2009, 1242 m.w.N.). Allerdings darf der Zivilrichter die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen nicht ungeprüft übernehmen; er hat vielmehr die in der Beweisurkunde dargelegten Feststellungen einer eigenen kritischen Überprüfung zu unterziehen (vgl. BGH WM 1973, 560, 561).

19

Bei der unter Beachtung dieser Grundsätze vorgenommenen Würdigung des Urteils der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. Oktober 2006, namentlich der zu den Fällen 5, 6 und 7 getroffenen Feststellungen, hat der Senat keine vernünftigen Zweifel daran (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass sich das Tatgeschehen zum Nachteil der Klägerin so ereignet hat, wie es diese als Geschädigte im Strafprozess geschildert hat.

20

Die in dem Strafurteil hierzu getroffenen Feststellungen beruhen auf einer ausführlichen und eingehenden Würdigung aller erhobenen Beweise, die rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Beweisüberlegungen der Strafkammer rechtfertigen aus rationalen Gründen den Schluss, dass das im Strafurteil festgestellte Geschehen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Insbesondere ist den Urteilsausführungen zu entnehmen, dass sich die Strafkammer bewusst war, dass wegen des Vorliegens der Konstellation "Aussage gegen Aussage" besonders hohe Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung zu stellen waren (vgl. BGHSt 44, 153, 158 f.; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13, 23; jew. m.w.N.). Die Urteilsgründe lassen, wie in einem solchen Fall geboten, erkennen, dass die Strafkammer alle Umstände, die ihre Entscheidung beeinflussen konnten, berücksichtigt und in ihre Überlegungen einbezogen hat. Die erforderliche Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ist im Strafurteil erfolgt. Die Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat eine umfassende Analyse hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Angaben der von ihr als Opferzeugin vernommenen Klägerin vorgenommen und sich dabei an den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für die Erstellung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens durch einen Sachverständigen orientiert. Dabei hat die Strafkammer die Aussage der jetzigen Klägerin nach ihrer logischen Konsistenz, nach ihrem quantitativen und qualitativen Detailreichtum und nach ihrer Konstanz während der mehrfachen Vernehmungen bei der Polizei und in der Hauptverhandlung überprüft. Anhand dieser Überprüfung hatte die Strafkammer wegen des in der Aussage vorhandenen Grades an Detaillierung, an Differenziertheit, an Komplexität, an Originalität und an psychologischer Stimmigkeit keine Zweifel daran, dass die den Beklagten belastenden Angaben auf ein von der Klägerin tatsächlich erlebtes Geschehen zurückgingen. Auch die Aussagegenese und die Erforschung möglicher Motive für eine Falschbeschuldigung gaben für die Strafkammer keine Anhaltspunkte für irgendwelche Bedenken an dem Wahrheitsgehalt der belastenden Aussage. Die einzelnen Prüfungsschritte sind in dem Strafurteil sorgfältig und ausführlich dargelegt. Das gefundene Beweisergebnis ist deshalb auch für den erkennenden Senat ohne Einschränkungen plausibel und lässt nicht besorgen, dass die im vollen Strengbeweisverfahren gemäß § 244 Abs. 2 StPO getroffenen Feststellungen zum Tatgeschehen unrichtig sein könnten.

21

Dass die Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz besonders hohe Anforderungen an ihre Überzeugbildung hinsichtlich der Führung des Tatnachweises gestellt hat, wird auch durch den Umstand belegt, dass sie den Beklagten von dem weiteren Anklagevorwurf der Vergewaltigung einer anderen Frau in zwei Fällen frei sprach. Dies hat die Strafkammer u.a. damit begründet, dass sie sich in diesen beiden Fällen nicht die für eine Verurteilung unabdingbare sichere Überzeugung von der gewaltsamen Erzwingung des Geschlechtsverkehrs habe verschaffen können. Zwar würden die Umstände für eine Täterschaft des Beklagten sprechen, aber wegen verbleibender geringfügiger Restzweifel aufgrund der Aussageentstehung, der Aussagegenese und der nicht gegebenen Aussagekonstanz müsse der Beklagte insoweit freigesprochen werden. Trotz dieses Teilfreispruchs hatte die Strafkammer aber keine Zweifel daran, dass der Beklagte sich auch zum Nachteil dieser Frau wegen Menschenhandels gemäß § 180 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. strafbar gemacht hatte.

22

Im Übrigen hat die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz die Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin in Richtung auf den Beklagten auch durch ein weiteres von der Klägerin geschildertes Tatgeschehen bestätigt gefunden, in welchem sie O... I... R... und ihrem früheren Freund H... A... B..., der wiederum mit dem Beklagten befreundet ist, vorwarf, sie in N... in der Zeit von 26. Dezember 2003 bis zum 6. Januar 2004 mehrfach vergewaltigt und gegen ihren Willen zur Prostitution gezwungen zu haben. Die Strafkammer hatte nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere nach Vernehmung von O... I... R... und H... A... B... als Zeugen, nach Inaugenscheinnahme einer Tonbandaufzeichnung eines Gespräches zwischen den Ehefrauen der damaligen Beschuldigten sowie nach Vernehmung von zwei Zeugen, die der Klägerin gegen ihren Willen als Freier zugeführt wurden, keinen Zweifel daran, dass auch das von Klägerin berichtete Geschehen in N... auf tatsächlich Erlebtem beruhte.

23

Mit dieser Einschätzung lag die Strafkammer richtig: O... I... R... und H... A... B... wurden in der Folgezeit durch Urteil der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Ellwangen vom 24. November 2006 - 2 KLS 16 Js 18304/05 - wegen Vergewaltigung in 4 Fällen und schweren Menschenhandels jeweils zum Nachteil der Klägerin schuldig gesprochen. Auch die Strafkammer des Landgerichts Ellwangen kam nach einer umfassenden Analyse der Bekundungen der als Zeugin vernommenen Klägerin zu der sicheren Überzeugung, dass deren Angaben, die durch zahlreiche weitere Beweismittel bestätigt wurden, der Wahrheit entsprachen.

24

Auch dieser Umstand spricht sonach für den hohen Beweiswert des urkundlich verwerteten Urteils der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in Pfalz.

25

Im Übrigen legt der Beklagte in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht substantiiert dar, auf Grund welcher konkreter Angriffspunkte den von der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz getroffenen Feststellungen nicht gefolgt werden könne. Die Argumentation des Beklagten zielt allein darauf ab, dass beim Nachweis von ihm behaupteter Indizien daraus die Schlussfolgerung gezogen werden müsse, es habe keine Vergewaltigung und keinen Zwang zur Prostitutionsausübung gegeben. Damit nimmt er für sich in Anspruch, dass ausschließlich seine Sicht der Dinge und deren Bewertung der Wahrheit entsprechen. Das läuft auf den Versuch hinaus, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen durch das Gericht zu setzen.

3.

26

Das erstinstanzliche Gericht hat im Ergebnis zu Recht von einer weitergehenden Beweisaufnahme abgesehen.

27

a) Die Zivilkammer war nicht verpflichtet, ein Gutachten über die persönliche Glaubwürdigkeit der im Strafverfahren als Zeugin vernommenen Klägerin oder über die inhaltliche Glaubhaftigkeit von deren Angaben einzuholen. Die Beurteilung dieser Fragen ist ureigenste richterliche Aufgabe. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände, etwa bei Auffälligkeiten im Aussageverhalten oder bei Besonderheiten in der Person des Zeugen, muss sich das zur Entscheidung berufene Gericht sachverständiger Unterstützung bedienen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 244 Rdnr. 74 m.w.N.). Eine solche Fallkonstellation ist hier erkennbar nicht gegeben und wird von dem Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit auch nicht substantiiert dargetan. Auch die Strafkammer hatte - ohne dass dies in der Revisionsinstanz beanstandet wurde - keinen Anlass für die Einholung von sachverständigem Rat zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Geschädigten.

28

b) Ebenso wenig besteht Anlass, die vom Beklagten im Berufungsverfahren erneut benannten Zeugen zu vernehmen.

29

Die Ablehnung von Beweisanträgen ist in der ZPO nicht geregelt. Es ist aber anerkannt, dass sich die Ablehnung von Beweisanträgen an den Regeln des § 244 StPO zu orientieren hat (vgl. BGHZ 121, 266; BGHZ 53, 245, 259; BGH VersR 2008, 382; BVerfG NJW 1992, 1875, 1877 und NJW 1993, 254, 255). Daher kann - wie im Strafverfahren - ein Beweisantrag u.a. abgelehnt werden, wenn die zu beweisende Tatsache als wahr unterstellt und die Entscheidung in der Sache von ihrer Wahrheit oder Unwahrheit nicht berührt wird. Unter Beweis gestellte Indiztatsachen können als wahr unterstellt werden, wenn das Gericht deren Beweiskraft verneint. Die als "wahr unterstellten" Tatsachen sind in diesen Fällen in Wahrheit nichts anderes als nicht mehr beweiserhebliche Tatsachen, also Tatsachen, deren Wahrheit nunmehr dahingestellt bleiben kann (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 284 Rdnr. 79). Dies bedeutet, dass in der Ablehnung der Beweisaufnahme über eine Indiztatsache (mittelbare Tatsache) wegen Bedeutungslosigkeit auch zugleich eine Wahrunterstellung enthalten ist (Wieczorek/Schütze/Arens, ZPO, 3. Aufl., § 284 Rdnr. 99). Der Indizbeweis kann daher abgelehnt werden, wenn die behauptete und unter Beweis gestellte Hilfstatsache, auch wenn man deren Richtigkeit unterstellt, weder allein noch in Verbindung mit weiteren Indizien und mit dem übrigen Prozessstoff einen hinreichend sicheren Schluss auf die zu beweisende Haupttatsache zulässt. Dementsprechend können Beweisanträge über Indiztatsachen, aus denen sich zum Beispiel die Unglaubwürdigkeit eines Zeugen oder einer Partei ergeben soll, abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst für den Fall der Erweislichkeit der Indiztatsachen hieraus keinen Schluss auf die Unglaubwürdigkeit der Auskunftsperson ziehen will (vgl. Stein/Jonas/Leipold aaO § 284 Rdnr. 74). Aus tatsächlichen Gründen sind Indiztatsachen bedeutungslos, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Sachzusammenhangs selbst im Falle ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen können, weil sie nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulassen und das Gericht unter Berücksichtigung des Prozessstoffes in seiner Gesamtheit den möglichen Schluss nicht ziehen will (Meyer/Goßner aaO § 244 Rdnr. 56).

30

So liegt der Fall hier.

31

Die Vernehmung der von dem Beklagten benannten Zeugen A... M..., J... G..., W... W..., A.. M..., A... R... und E... F... über die in deren Wissen gestellten mittelbaren Tatsachen (z.B. Verhalten der Klägerin während der Hin- und Rückfahrt mit dem Beklagten nach T... oder ihr Verhalten danach), mit denen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin zum eigentlichen Tatgeschehen (Vergewaltigungen und die Zwangsprostitution) in Frage gestellt werden soll, ist abzulehnen, weil die jeweiligen Beweisbehauptungen auch im Fall ihres Erwiesenseins die Überzeugung des Senats von der Richtigkeit des Klagevorbringens zum deliktischen Kerngeschehen nicht erschüttern könnten. Dies gilt auch bei einer Gesamtabwägung aller mittelbaren Tatsachen, die die benannten Zeugen bestätigen sollen. Die Indiztatsachen sind deshalb bedeutungslos, weil sie nur mögliche, aber nicht zwingende Schlüsse zulassen und der Senat es für falsch hielte, den von dem Beklagten gewünschten Schluss auf eine Falschbelastung durch die Klägerin zu ziehen. Hierfür ist ausschlaggebend, dass im vorliegenden Fall den beiden strafgerichtlichen Erkenntnissen (Urteil der 2. Großen Strafkammer des LG Ellwangen vom 24. November 2006 - 2 KLs 16 Js 18304/05 und Urteil der 1. Großen Strafkammer des LG Landau in der Pfalz vom 5. Oktober 2006 - 7125 Js 20029/04), die jeweils einer revisionsgerichtlichen Überprüfung Stand hielten, wegen ihrer besonderen Qualität ein sehr hoher Beweiswert zuzusprechen ist, so dass die angeführten Indiztatsachen weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit geeignet wären, die Überzeugungskraft der im Strafverfahren getroffenen Tatsachenfeststellungen zu erschüttern oder gar zu widerlegen.

32

Die vom Beklagten benannten Zeugen D... U... und W... S... sind nicht zu hören, da das für diese Zeugen benannte Beweisthema bereits widersprüchlich und damit nicht hinreichend bestimmt ist. Im Schriftsatz vom 10. November 2009 erklärt der Beklagte, die Klägerin habe seinen Rat, sich in der Bar nicht zu prostituieren, nicht angenommen. Er, der Beklagte, habe die Klägerin nicht zur Prostitution gezwungen. Dies habe sie freiwillig und aus eigenem Antrieb zur Finanzierung ihrer Heroinsucht getan. Dem gegenüber wird im Schriftsatz vom 12. November 2009 vorgetragen, dass die beiden Zeugen D... U... und W... S... bestätigen könnten, dass die Klägerin in der Bar nur als Kellnerin und nicht als Prostituierte gearbeitet habe und der Beklagte deshalb auch niemals ihr "Freier" gewesen sei.

33

Auch die Vernehmung der Zeugin I... F... zu der pauschalen Behauptung, dass der Beklagte kein Zuhälter sei, ist abzulehnen, da auch dieses Beweisthema zu unbestimmt ist. Die Zeugin könnte aus eigenem Wissen allenfalls bekunden, dass sie selbst keine dahingehenden Erkenntnisse habe. Das besagt für die Richtigkeit der Beweisbehauptung indes nichts.

34

c) Eine Vernehmung des Beklagten als Partei nach § 447 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil er nicht "beweispflichtig" im Sinne der Vorschrift ist; unabhängig davon hat die Klägerin einer Parteivernehmung des Beklagten bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2008 widersprochen.

35

d) Für eine Vernehmung des Beklagten als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO ist kein Raum, weil gerade nicht - wie nach gefestigter Rechtsprechung erforderlich - bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seiner Sachdarstellung spricht.

36

Der Beklagte musste auch nicht, ohne dass deshalb sein Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) oder sein Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt wären, von dem Senat von Amts wegen gemäß § 141 ZPO formlos als Partei gehört werden.

37

Denn der Zivilprozess wird durch das Prinzip der Parteifreiheit und der Parteiverantwortung beherrscht. Dies kommt in dem Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz zum Ausdruck, der den Zivilprozess prägt und nach dem allein die Parteien den Streitstoff in den Prozess einführen, über seine Feststellungsbedürftigkeit entscheiden und grundsätzlich auch seine Feststellung ermöglichen. Eine verfahrensrechtliche Gleichstellung der Parteien eines Zivilprozesses verlangt nicht, dass die Partei, die keinen Beweis für ihren Vortrag betreffend eines sich nur zwischen den Parteien abgelaufen Geschehens anzubieten vermag, von Amts wegen informatorisch angehört wird, sondern nur, dass diesbezügliche Anträge nicht abgelehnt werden. Durch eine zwingend von Amts wegen durchzuführende Anhörung oder Vernehmung der sich in Beweisnot befindenden Partei würde diese gegenüber ihrem Gegner mit Blick auf dessen Obliegenheit zur Stellung eines Beweisantrages begünstigt (vgl. BVerfG NJW 2008, 2170).

38

Der Beklagte hat (jedenfalls im Berufungsverfahren) einen solchen Antrag nicht gestellt. Sein Prozessbevollmächtigter hat in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20. Mai 2010 ausdrücklich erklärt, dass die Nichtvernehmung der benannten Zeugen und die Nichteinholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens die Angriffspunkte der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil darstellen würden.

39

Eine formlose Parteianhörung des Beklagten von Amts wegen war auch deswegen nicht geboten, weil er bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht die Möglichkeit hatte, durch eine Wortmeldung nach § 137 Abs. 4 ZPO seine Version des Geschehens darzulegen. Trotz der vom erstinstanzlich Gericht beschlossenen Beiziehung der Akten des Strafverfahrens 7125 Js 20029/04 hat der Beklagte von seinem Recht nach § 137 Abs. 4 ZPO keinen Gebrauch gemacht, sondern streitig verhandelt (vgl. BVerfG NJW 2008, 2170, 2171). Ferner ist zu berücksichtigen, dass in der vom erstinstanzlichen Gericht und vom Senat verwerteten Beweisurkunde nicht nur die Aussage der Klägerin, sondern auch eine ausführliche Darstellung der Einlassung des Beklagten und deren Bewertung vorhanden ist. Der Umstand, dass das Strafgericht _ nach der Überzeugung des erkennenden Senates mit Recht _ dieser Einlassung nicht gefolgt war, nötigt nicht dazu, den Beklagten vor dem Senat von Amts wegen zu hören. Dessen ungeachtet hätte es dem im Strafvollzug befindlichen Beklagten frei gestanden, bei der Vollzugsbehörde rechtzeitig einen Antrag auf die Ermöglichung seiner Teilnahme an der Sitzung zu stellen und er wäre dann auch auf einen entsprechenden Antrag hin im Termin zu Wort gekommen. Nachdem sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, weil sich der Senat davon keine weitere Aufklärung des Sachverhalts versprach, bestand andererseits keine Verpflichtung des Gerichts, von sich aus in diese Richtung tätig zu werden (vgl. BSG, Beschluss vom 31.10.2005, B 7a AL 14/05 B, zitiert nach juris).

40

e) Eine Vernehmung der Klägerin als Partei nach § 445 Abs. 1 ZPO scheidet aus, da der Beklagte (jedenfalls im Berufungsverfahren) einen darauf gerichteten Antrag gerade nicht (mehr) gestellt hat. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 20. Mai 2010 auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, dass man sich hiervon nichts verspreche, weil davon auszugehen sei, dass die Klägerin bei einer Parteivernehmung durch den Senat ihre früheren Angaben wiederholen werde.

4.

41

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

42

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 140/04
vom
16. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Zur Bedeutung einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung bei der
Erbunwürdigkeit gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
BGH, Beschluß vom 16. März 2005 - IV ZR 140/04 - OLG München
LG Landshut
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 16. März 2005

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. März 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Streitwert: 41.422,91 €

Gründe:


Die Beschwerde hat nicht aufzuzeigen vermocht, daß das Berufungsurteil auf den von ihr geltend gemachten Zulassungsgründen beruht.
1. Zu Recht rügt sie allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei bereits wegen der bindenden Wirkung seiner rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung für erbunwürdig zu erklären. Eine Bindung des Zivilrichters an strafgerichtliche Urteile ist mit der das Zivilprozeßrecht beherrschenden freien Beweiswürdigung nicht vereinbar

(Stein/Jonas/Schlosser, ZPO 22. Aufl. § 14 EGZPO Rdn. 3). Aus diesem Grund setzt § 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO anderslautende landesrechtliche Prozeßvorschriften außer Kraft. Der Zivilrichter muß sich seine Überzeugung grundsätzlich selbst bilden und ist regelmäßig auch nicht an einzelne Tatsachenfeststellungen eines Strafurteils gebunden. Allerdings darf er bei engem rechtlichen und sachlichen Zusammenhang von Zivilund Strafverfahren rechtskräftige Strafurteile nicht völlig unberücksichtigt lassen, er ist vielmehr gehalten, sich mit den Feststellungen auseinanderzusetzen , die für seine eigene Beweiswürdigung relevant sind (BGH, Urteil vom 27. September 1988 - XI ZR 8/88 - BGHR EGZPO § 14 Abs. 2 Nr. 1 Strafurteil 1; BAG, Urteil vom 22. Januar 1998 - 2 AZR 455/97 - NJW 1999, 82 unter II 2 b). Die freie Tatsachenprüfung findet ihre Grenze nur, soweit Existenz und Inhalt eines Strafurteils Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs bilden (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1982 - IVb ZR 576/80 - NJW 1983, 230 unter 2 zu § 581 ZPO; siehe ferner etwa §§ 8, 9 StrEntschG).
Letzteres ist bei strafgerichtlichen Verurteilunge n wegen der als Gründe für eine Erbunwürdigkeit in § 2339 Abs. 1 Nr. 1-4 BGB bezeichneten Handlungen nicht der Fall; nach einhelliger zutreffender Auffassung scheidet eine Bindungswirkung aus (Staudinger/Olshausen, [2004] BGB § 2339 Rdn. 28; Soergel/Damrau, BGB 13. Aufl. § 2339 Rdn. 2; Deutscher Erbrechtskommentar/Stiewe, BGB § 2339 Rdn. 2; Weimar, MDR 1962, 633, 634). Gründe für eine andere Beurteilung bei der Erbunwürdigkeit wegen Urkundenfälschung sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

2. Trotz dieser vom Berufungsgericht abweichend vo n der geltenden Rechtslage behandelten prozeßrechtlichen Frage kommt eine Zulassung der Revision nicht in Betracht. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich ; es kann ausgeschlossen werden, daß das Berufungsgericht bei Verneinung der Bindungswirkung und ausdrücklicher Berücksichtigung des Berufungsvorbringens anders entschieden hätte (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - NJW 2003, 3205; Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - MDR 2003, 647 und vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 101/02 - NJW 2003, 831).
Das Landgericht hat unter gebotener Einbeziehung d es Strafverfahrens (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1988 aaO) und insbesondere unter zulässiger urkundsbeweislicher Verwertung einzelner Beweisergebnisse (vgl. BAG aaO) wie der erstatteten Schriftgutachten nach entsprechenden ausführlichen Hinweisen aufgrund umfassender Beweiswürdigung rechts- und verfahrensfehlerfrei sich die Überzeugung von der Täterschaft des Beklagten verschafft. Das Berufungsgericht billigt ausweislich seines Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 19. März 2003 diese Beurteilung des Landgerichts. Im Lichte dieses Beschlusses ist auch der Satz in den Gründen des Berufungsurteils zu sehen , wonach das Landgericht den Beklagten zu Recht für erbunwürdig erklärt hat. Beweisaufnahme, Beweiswürdigung und Beweisergebnis hat die Berufung nicht wirksam anzugreifen vermocht. Ihr dagegen gerichtetes Vorbringen ist - wie dies bereits im vorangegangenen Wiederaufnahmeverfahren angenommen worden ist - unerheblich. Den Beweisangeboten war nicht nachzugehen. Insbesondere geben die vorgelegten Privatgutachten S. und P. bereits in Ermangelung ausreichender Untersuchungsgrundlagen keinen Anlaß, an den überzeugend begründe-

ten Untersuchungsergebnissen der im Strafverfahren herangezogenen Sachverständigen zu zweifeln. Deren Anhörung hat der Beklagte trotz entsprechender Hinweise des Landgerichts indes nicht beantragt. Das Berufungsvorbringen beschränkt sich im Kern auf ein schlichtes Bestreiten , die Testamente verfaßt zu haben. Das reicht aber angesichts der vom Landgericht umfassend gewürdigten Umstände und Beweisergebnisse in Verbindung mit den Einlassungen des Beklagten im Strafverfahren nicht aus. Es kann daher ausgeschlossen werden, daß das Berufungsgericht im Ergebnis anders als geschehen entschieden hätte.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

5 StR 209/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2000

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. September 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit einer Verfahrensrüge zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache.
Gegenstand der Verurteilung sind Taten zum Nachteil zweier Söhne des Angeklagten sowie der Tochter seines Bruders. Die Kinder waren zu den Tatzeiten zwischen fünf und acht Jahre alt. Die Jugendschutzkammer durfte den Antrag der Verteidigung, zur Frage der „Glaubwürdigkeit und Zeugentauglichkeit” der drei betroffenen Kinder ein „jugendpsychologisches bzw. jugendpsychiatrisches Gutachten” einzuholen, hier nicht unter Berufung auf eigene Sachkunde ablehnen.
Die Würdigung von Zeugenaussagen gehört zwar zum Wesen richterlicher Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anvertraut. Das gilt nicht nur bei erwachsenen Zeugen, sondern regelmäßig auch für die Aussage eines Kindes oder eines jugendlichen Zeugen, der Opfer eines an ihm begangenen Sexualdelikts ist. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist aber dann geboten, wenn der zur Aburteilung stehende Sachverhalt ausnahmsweise solche Besonderheiten aufweist, daß Zweifel daran aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständen ausreicht (st. Rspr.; BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 – Glaubwürdigkeitsgutachten 2 m.w.N.).
Solche Besonderheiten liegen hier vor. Sie finden sich insbesondere in der intensiven, teilweise suggestiven Befragung der drei Kinder durch die Ehefrau des Angeklagten, seinen Bruder und dessen Ehefrau (UA S. 14). Dies gilt zumal angesichts des geringen Alters der betroffenen Zeugen und des beträchtlichen zeitlichen Abstands von mehr als einem Jahr zwischen den letzten Taten und deren Offenbarung, im Blick auf die Offenbarungssituation – Erwischtwerden der Kinder beim „Doktorspiel” – und schließlich auch unter Berücksichtigung der Verwendung der kindlichen Aussagen durch die Ehefrau des Angeklagten im Sorgerechtsstreit. Es kommen noch hinzu im Urteil abgehandelte Besonderheiten im Aussageverhalten des jüngeren Sohnes des Angeklagten (UA S. 15 f.) und seiner Nichte (UA S. 17 f.).
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände durfte sich die Jugendschutzkammer die Beurteilung der Glaubhaftigkeit und Zuverlässigkeit der den Schuldspruch tragenden Angaben der kindlichen Zeugen hier ohne Zuziehung eines Sachverständigen, zumal nach entsprechender Antragstellung unter Hinweis auf jene Besonderheiten, nicht zutrauen. Die Kammer hat auch keine besonders signifikanten Begleitumstände ermittelt und in den Urteilsgründen belegt, welche die Beiziehung eines Sachverständigen mög- licherweise hätte erübrigen können. Hierzu hätte es zunächst schon einer näheren, genauen Schilderung der Offenbarungssituation und des Inhalts der anschließenden Angaben der Kinder vor Einsetzen der Befragungen bedurft; insoweit trifft das Landgericht nur eher pauschale Feststellungen, aus denen es dann freilich weitgehende Folgerungen ableitet (vgl. UA S. 11, 14). Zudem läßt die Annahme des Landgerichts, eine suggestive Befragung der Kinder könne „allenfalls zu einer Intensivierung” ihrer Schilderungen geführt haben, weshalb die Aburteilung jeweils nur eines Falles der angegebenen Sexualpraktiken unbedenklich sei (UA S. 14 f.), befürchten, daß in diesem Zusammenhang die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen worden ist, die Kinder könnten fremde Erlebnisse, die sie beobachtet oder von denen sie sonst erfahren haben, als eigene dargestellt haben. Gerade daher wären auch zum Informationsaustausch zwischen den Kindern über die Taten nähere Feststellungen zu erwarten gewesen, auch zur – für die letzten beiden Fälle bislang sehr pauschal geschilderten – Beobachtung einzelner Taten durch nicht betroffene Kinder, die gegebenenfalls nach den Begleitumständen auch kritisch zu hinterfragen wäre. Schließlich sind zum Unterlassen einer früheren Tatoffenbarung bei der Nichte – im Gegensatz zu den Söhnen (UA S. 11) – gar keine näheren Überlegungen angestellt worden. Zum persönlichen Kontakt des Angeklagten zu den Kindern nach der Trennung von der Familie unmittelbar nach Tatende fehlt es ebenfalls an Feststellungen.
Die Sache bedarf umfassender neuer tatrichterlicher Überprüfung, naheliegend unter Heranziehung eines mit der Auswertung möglicher suggestiver Beeinflussungen besonders erfahrenen jugendpsychologischen Sachverständigen. Der neue Tatrichter wird auch den von der Revision aufgezeigten Hinweisen auf Mißbrauchsanschuldigungen des Angeklagten gegen seinen Bruder vor Aufdeckung der Taten durch die Kinder näher nachzugehen und sie zu bewerten haben. Bereits im angefochtenen Urteil sind entsprechende „Andeutungen” des Angeklagten vor dem Aufdeckungszeit- punkt festgestellt, indes kaum folgerichtig vollständig ausgewertet worden (UA S. 13).
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 579/05
vom
2. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
hier: Antrag des Verteidigers auf Pauschvergütung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. April 2007 beschlossen:
Der Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt H. aus B. auf Festsetzung einer Pauschvergütung für das Revisionsverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

1
Für die Tätigkeit des Antragstellers im Revisionsverfahren kommt die Festsetzung einer Pauschvergütung gemäß § 42 Abs. 1 Satz 5 RVG nicht in Betracht. Die umfangreiche Revisionsbegründung, auf die der Antragsteller sich zur Begründung seines Antrages stützt, wurde nicht von ihm, sondern von einem weiteren Wahlverteidiger des Freigesprochenen gefertigt. Die von dem Antragsteller allein vorgenommene Revisionseinlegung rechtfertigt eine über die gesetzlichen Gebühren (bis 1.162,50 € gemäß Nr. 4130, 4131 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG) hinausgehende Vergütung nicht. Insbesondere kann keine Rede davon sein, dass diese Gebühren - wie von § 42 Abs. 1 Satz 1 RVG vorausgesetzt - hier angesichts eines besonderen Umfangs oder einer besonderen Schwierigkeit der von dem Antragsteller entfalteten Tätigkeit unzumutbar wären. Nack Boetticher Kolz Hebenstreit Elf
5 StR 209/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2000

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. September 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit einer Verfahrensrüge zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache.
Gegenstand der Verurteilung sind Taten zum Nachteil zweier Söhne des Angeklagten sowie der Tochter seines Bruders. Die Kinder waren zu den Tatzeiten zwischen fünf und acht Jahre alt. Die Jugendschutzkammer durfte den Antrag der Verteidigung, zur Frage der „Glaubwürdigkeit und Zeugentauglichkeit” der drei betroffenen Kinder ein „jugendpsychologisches bzw. jugendpsychiatrisches Gutachten” einzuholen, hier nicht unter Berufung auf eigene Sachkunde ablehnen.
Die Würdigung von Zeugenaussagen gehört zwar zum Wesen richterlicher Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anvertraut. Das gilt nicht nur bei erwachsenen Zeugen, sondern regelmäßig auch für die Aussage eines Kindes oder eines jugendlichen Zeugen, der Opfer eines an ihm begangenen Sexualdelikts ist. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist aber dann geboten, wenn der zur Aburteilung stehende Sachverhalt ausnahmsweise solche Besonderheiten aufweist, daß Zweifel daran aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständen ausreicht (st. Rspr.; BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 – Glaubwürdigkeitsgutachten 2 m.w.N.).
Solche Besonderheiten liegen hier vor. Sie finden sich insbesondere in der intensiven, teilweise suggestiven Befragung der drei Kinder durch die Ehefrau des Angeklagten, seinen Bruder und dessen Ehefrau (UA S. 14). Dies gilt zumal angesichts des geringen Alters der betroffenen Zeugen und des beträchtlichen zeitlichen Abstands von mehr als einem Jahr zwischen den letzten Taten und deren Offenbarung, im Blick auf die Offenbarungssituation – Erwischtwerden der Kinder beim „Doktorspiel” – und schließlich auch unter Berücksichtigung der Verwendung der kindlichen Aussagen durch die Ehefrau des Angeklagten im Sorgerechtsstreit. Es kommen noch hinzu im Urteil abgehandelte Besonderheiten im Aussageverhalten des jüngeren Sohnes des Angeklagten (UA S. 15 f.) und seiner Nichte (UA S. 17 f.).
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände durfte sich die Jugendschutzkammer die Beurteilung der Glaubhaftigkeit und Zuverlässigkeit der den Schuldspruch tragenden Angaben der kindlichen Zeugen hier ohne Zuziehung eines Sachverständigen, zumal nach entsprechender Antragstellung unter Hinweis auf jene Besonderheiten, nicht zutrauen. Die Kammer hat auch keine besonders signifikanten Begleitumstände ermittelt und in den Urteilsgründen belegt, welche die Beiziehung eines Sachverständigen mög- licherweise hätte erübrigen können. Hierzu hätte es zunächst schon einer näheren, genauen Schilderung der Offenbarungssituation und des Inhalts der anschließenden Angaben der Kinder vor Einsetzen der Befragungen bedurft; insoweit trifft das Landgericht nur eher pauschale Feststellungen, aus denen es dann freilich weitgehende Folgerungen ableitet (vgl. UA S. 11, 14). Zudem läßt die Annahme des Landgerichts, eine suggestive Befragung der Kinder könne „allenfalls zu einer Intensivierung” ihrer Schilderungen geführt haben, weshalb die Aburteilung jeweils nur eines Falles der angegebenen Sexualpraktiken unbedenklich sei (UA S. 14 f.), befürchten, daß in diesem Zusammenhang die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen worden ist, die Kinder könnten fremde Erlebnisse, die sie beobachtet oder von denen sie sonst erfahren haben, als eigene dargestellt haben. Gerade daher wären auch zum Informationsaustausch zwischen den Kindern über die Taten nähere Feststellungen zu erwarten gewesen, auch zur – für die letzten beiden Fälle bislang sehr pauschal geschilderten – Beobachtung einzelner Taten durch nicht betroffene Kinder, die gegebenenfalls nach den Begleitumständen auch kritisch zu hinterfragen wäre. Schließlich sind zum Unterlassen einer früheren Tatoffenbarung bei der Nichte – im Gegensatz zu den Söhnen (UA S. 11) – gar keine näheren Überlegungen angestellt worden. Zum persönlichen Kontakt des Angeklagten zu den Kindern nach der Trennung von der Familie unmittelbar nach Tatende fehlt es ebenfalls an Feststellungen.
Die Sache bedarf umfassender neuer tatrichterlicher Überprüfung, naheliegend unter Heranziehung eines mit der Auswertung möglicher suggestiver Beeinflussungen besonders erfahrenen jugendpsychologischen Sachverständigen. Der neue Tatrichter wird auch den von der Revision aufgezeigten Hinweisen auf Mißbrauchsanschuldigungen des Angeklagten gegen seinen Bruder vor Aufdeckung der Taten durch die Kinder näher nachzugehen und sie zu bewerten haben. Bereits im angefochtenen Urteil sind entsprechende „Andeutungen” des Angeklagten vor dem Aufdeckungszeit- punkt festgestellt, indes kaum folgerichtig vollständig ausgewertet worden (UA S. 13).
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 327/02
vom
24. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Durch die Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist auch für
das Zivilverfahren höchstrichterlich geklärt, daß die polygraphische Untersuchung
(Lügendetektor) mittels Kontrollfragen und - jedenfalls dann, wenn der Beweisführer
zum Zeitpunkt des Tests bereits von den Ermittlungsergebnissen Kenntnis
hatte - auch mittels Tatwissenstests ein völlig ungeeignetes Beweismittel ist.

b) Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten
) ist nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Untersuchten, sondern die
Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen. Daher
muß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden, wenn der Beweisführer die
Behauptungen des Prozeßgegners nur bestreitet.
BGH, Beschluß vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02 - LG Paderborn
OLG Hamm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2003 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 26.000

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Vater, wegen vorgeworfener sexueller Mißbrauchshandlungen auf Schmerzensgeld und Feststellung einer Ersatzpflicht für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus diesen Taten in Anspruch. Sie behauptet, von dem Beklagten in der Zeit zwischen 1985 und 1997, beginnend mit ihrem 5. Lebensjahr, in einer Vielzahl von Fällen sexuell mißbraucht worden zu sein. Nach ihrem Auszug aus dem von der Familie bewohnten Einfamilienhaus erstattete sie im August 1997 Strafanzeige. In dem daraufhin durchgeführten Strafverfahren wurde der Beklagte durch Urteil vom 1. September 1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die von der Klägerin behaupteten Taten bestritten und ein physiopsychologisches Gutachten vom 8. März 1999 vorgelegt, das unter Verwendung eines Polygraphen (Lügendetektor) erstellt wurde und aus dem sich seine Unschuld ergebe. Das Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 40.000 DM zugesprochen sowie eine Einstandspflicht des Beklagten für sämtliche durch die Taten verursachten materiellen und immateriellen Schäden festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Anträgen des Beklagten auf Einholung eines Polygraphentests sowie auf Vernehmung der Dipl.-Psychologin K. zum Zweck der Erläuterung des mit seinem Einverständnis durchgeführten Polygraphentests hat es nicht entsprochen, weil aus polygraphischen Untersuchungsmethoden keine hinreichend zuverlässigen Schlüsse auf den Wahrheitsgehalt einer Antwort gezogen werden könnten.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Grund für die Zulassung der Revision aufzeigt (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 1. Der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO liegt ebensowenig vor wie der des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt.1 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die für die Lösung des Streitfalls maßgeblichen Fragen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden. Nach der Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichthofs ist die polygraphische Untersuchung mittels Kontrollfragentests und – jedenfalls im
Zeitpunkt der Hauptverhandlung - des Tatwissenstests als völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO zu bewerten (vgl. BGHSt 44, 308 und BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 - 3 StR 460/98 - NStZ-RR 2000, 35). Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, das Kontrollfragenverfahren sei ungeeignet, weil es sich nicht um eine in den maßgebenden Fachkreisen allgemein und zweifelsfrei als richtig und zuverlässig eingestufte Methode handele. Ihm komme deshalb keinerlei Beweiswert zu. Das Funktionieren des Tatwissensverfahrens setze zwingend voraus, daß vor dessen Durchführung dem Beschuldigten als Antworten vorgeschlagene Tatdetails nicht bekannt geworden seien, weil andernfalls die ausschlaggebenden Orientierungsreaktionen auch bei einem Nichttäter zu erwarten seien. Daraus folge, daß diese Untersuchungsmethode im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 Alt. 4 StPO völlig ungeeignet sei, wenn der Beschuldigte bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt habe (vgl. BGHSt 44, 308, 319 ff., 327 f.). Aufgrund dieser Entscheidungen ist auch für das Zivilverfahren für die hier vorliegende Fallkonstellation höchstrichterlich geklärt, daß es sich bei dem von dem Beklagten vorgelegten freiwilligen Lügendetektortest um ein völlig ungeeignetes Beweismittel handelt, so daß der Tatrichter einem Antrag auf Einholung eines solchen Tests oder auf Vernehmung der Person, die mit Einverständnis des Beklagten bereits einen solchen Test durchgeführt hatte, nicht nachkommen mußte, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Tests nach Abschluß des Strafverfahrens bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt hatte. Auch im Zivilverfahren kann der Tatrichter einen Beweisantritt aus beweisrechtlichen Gründen ablehnen. Er kann sich dabei an die das Ergebnis jahrzehntelanger Rechtsprechung enthaltende Vorschrift des § 244 Abs. 3
StPO anlehnen. Danach darf er einen Beweisantrag u.a. dann ablehnen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist, wobei bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet allerdings größte Zurückhaltung geboten ist (vgl. BGHZ 53, 245, 259 f.; Senatsurteil vom 16. September 1986 – VI ZR 128/85 – VersR 1987, 70, 71; BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3720). Nachdem die Strafsenate des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage von drei wissenschaftlichen Gutachten zu der psychophysiologischen Aussagebeurteilung diese Untersuchungsmethode als völlig ungeeignet eingestuft haben, ist nicht ersichtlich, warum man im Zivilverfahren zu einem anderen Ergebnis kommen sollte. Im Zivilprozeß werden an die Eignung eines Beweismittels die gleichen Anforderungen gestellt wie im Strafprozeß. Wenn ein Beweismittel aus tatsächlichen, wissenschaftlich belegten Gründen als für die Beweisführung im Strafprozeß ungeeignet angesehen wird, gilt dies demgemäß in gleicher Weise für die Beweisführung im Zivilprozeß. Die Nichtzulassungsbeschwerde vermag auch keine neuen Erkenntnisse aufzuzeigen, die die 1998 und 1999 ergangenen Entscheidungen der Strafsenate des Bundesgerichtshofs in Frage stellen könnten. Insbesondere wurde das vom Beklagten vorgelegte wissenschaftliche Gutachten der Sachverständigen U. und K. bereits bei jenen Entscheidungen berücksichtigt, weil es für das Strafverfahren BGHSt 44, 308 erstellt worden ist, welches als grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage anzusehen ist (vgl. die im damaligen Verfahren vorgelegten Gutachten in Praxis der Rechtspsychologie, 9, Sonderheft, Juli 1999).
b) Auch soweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozeß anspricht (vgl. dazu EGMR, NJW 1995, 1413, 1414; BVerfG, Beschlüsse vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 156 und vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, 2532), sind die im Hinblick auf den hier vorliegenden Sachverhalt maßgeblichen Gesichtspunkte höchstrichterlich geklärt. Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit,
daß der Partei, die keinen Zeugen zur Verfügung hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung in den Prozeß persönlich einzubringen, so ist dem grundsätzlich Genüge getan, wenn diese Partei - wie hier geschehen - nach § 141 ZPO angehört wird. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozeßgegners zu geben (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, aaO; BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - VersR 1999, 994, 995).
c) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Frage, ob der Tatrichter, welcher den von einer Partei gestellten Antrag auf Einholung eines psychophysiologischen Glaubhaftigkeitsgutachtens für ungeeignet hält, zumindest ein traditionelles psychologisches Glaubhaftigkeitsgutachten einholen muß, läßt sich anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls ohne weiteres beantworten. Danach ist Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten) nicht die Frage nach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Untersuchten im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft. Es geht vielmehr um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl. BGHSt 45, 164, 167). Daraus folgt, daß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden kann und muß, wenn – wie hier – die Behauptungen des Prozeßgegners nur bestritten werden. In diesem Fall liegen keine auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben des Beklagten vor, die auf ihre inhaltliche Konsistenz, ihre Folgerichtigkeit oder sonstige situationsbezogene Einzigartigkeit hin überprüft werden könnten (vgl. dazu BGHSt 45, 164, 167 ff.; vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht Bre-
men - Senat für Familiensachen, Beschluß vom 28. Mai 2001 - 5 UF 70/00 - Streit 2001, 122 ff.). 2. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
a) Insoweit ist zunächst eine Zulassung nicht aus dem Gesichtspunkt einer Divergenz wegen unterschiedlicher Entscheidungen zur Beweistauglichkeit polygraphischer Untersuchungen gegeben. Wie dargelegt entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auch für eine Untersuchung mit Einverständnis bzw. auf Antrag des Beklagten gilt. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde auf gegenteilige Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte hinweist, scheidet eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz schon deswegen aus, weil diese Entscheidungen vor den grundlegenden Entscheidungen der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ergangen sind.
b) Hinsichtlich der von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten vermeintlichen Fehler des Berufungsgerichts weist der erkennende Senat noch auf folgendes hin: Die Würdigung des aussagepsychologischen Gutachtens und die Zurückweisung der methodischen Einwände des Beklagten gegen dieses Gutachten durch das Berufungsgericht sind nicht zu beanstanden. Dieses hat sich an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen orientiert und ausführlich begründet , warum das vorliegende Gutachten diesen Anforderungen genügt. Hinzuweisen ist darauf, daß aussagepsychologische Gutachten zwar die geforderten inhaltlichen Kriterien erfüllen, aber nicht einheitlich einer bestimmten Prüfstrategie folgen und einen einheitlichen Aufbau haben müssen (vgl. BGHSt
45, 164, 167 ff. und BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f.).
c) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde im übrigen das Berufungsurteil angreift, werden Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufgezeigt. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 327/02
vom
24. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Durch die Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist auch für
das Zivilverfahren höchstrichterlich geklärt, daß die polygraphische Untersuchung
(Lügendetektor) mittels Kontrollfragen und - jedenfalls dann, wenn der Beweisführer
zum Zeitpunkt des Tests bereits von den Ermittlungsergebnissen Kenntnis
hatte - auch mittels Tatwissenstests ein völlig ungeeignetes Beweismittel ist.

b) Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten
) ist nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Untersuchten, sondern die
Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen. Daher
muß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden, wenn der Beweisführer die
Behauptungen des Prozeßgegners nur bestreitet.
BGH, Beschluß vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02 - LG Paderborn
OLG Hamm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2003 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 26.000

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Vater, wegen vorgeworfener sexueller Mißbrauchshandlungen auf Schmerzensgeld und Feststellung einer Ersatzpflicht für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus diesen Taten in Anspruch. Sie behauptet, von dem Beklagten in der Zeit zwischen 1985 und 1997, beginnend mit ihrem 5. Lebensjahr, in einer Vielzahl von Fällen sexuell mißbraucht worden zu sein. Nach ihrem Auszug aus dem von der Familie bewohnten Einfamilienhaus erstattete sie im August 1997 Strafanzeige. In dem daraufhin durchgeführten Strafverfahren wurde der Beklagte durch Urteil vom 1. September 1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die von der Klägerin behaupteten Taten bestritten und ein physiopsychologisches Gutachten vom 8. März 1999 vorgelegt, das unter Verwendung eines Polygraphen (Lügendetektor) erstellt wurde und aus dem sich seine Unschuld ergebe. Das Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 40.000 DM zugesprochen sowie eine Einstandspflicht des Beklagten für sämtliche durch die Taten verursachten materiellen und immateriellen Schäden festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Anträgen des Beklagten auf Einholung eines Polygraphentests sowie auf Vernehmung der Dipl.-Psychologin K. zum Zweck der Erläuterung des mit seinem Einverständnis durchgeführten Polygraphentests hat es nicht entsprochen, weil aus polygraphischen Untersuchungsmethoden keine hinreichend zuverlässigen Schlüsse auf den Wahrheitsgehalt einer Antwort gezogen werden könnten.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Grund für die Zulassung der Revision aufzeigt (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 1. Der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO liegt ebensowenig vor wie der des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt.1 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die für die Lösung des Streitfalls maßgeblichen Fragen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden. Nach der Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichthofs ist die polygraphische Untersuchung mittels Kontrollfragentests und – jedenfalls im
Zeitpunkt der Hauptverhandlung - des Tatwissenstests als völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO zu bewerten (vgl. BGHSt 44, 308 und BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 - 3 StR 460/98 - NStZ-RR 2000, 35). Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, das Kontrollfragenverfahren sei ungeeignet, weil es sich nicht um eine in den maßgebenden Fachkreisen allgemein und zweifelsfrei als richtig und zuverlässig eingestufte Methode handele. Ihm komme deshalb keinerlei Beweiswert zu. Das Funktionieren des Tatwissensverfahrens setze zwingend voraus, daß vor dessen Durchführung dem Beschuldigten als Antworten vorgeschlagene Tatdetails nicht bekannt geworden seien, weil andernfalls die ausschlaggebenden Orientierungsreaktionen auch bei einem Nichttäter zu erwarten seien. Daraus folge, daß diese Untersuchungsmethode im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 Alt. 4 StPO völlig ungeeignet sei, wenn der Beschuldigte bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt habe (vgl. BGHSt 44, 308, 319 ff., 327 f.). Aufgrund dieser Entscheidungen ist auch für das Zivilverfahren für die hier vorliegende Fallkonstellation höchstrichterlich geklärt, daß es sich bei dem von dem Beklagten vorgelegten freiwilligen Lügendetektortest um ein völlig ungeeignetes Beweismittel handelt, so daß der Tatrichter einem Antrag auf Einholung eines solchen Tests oder auf Vernehmung der Person, die mit Einverständnis des Beklagten bereits einen solchen Test durchgeführt hatte, nicht nachkommen mußte, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Tests nach Abschluß des Strafverfahrens bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt hatte. Auch im Zivilverfahren kann der Tatrichter einen Beweisantritt aus beweisrechtlichen Gründen ablehnen. Er kann sich dabei an die das Ergebnis jahrzehntelanger Rechtsprechung enthaltende Vorschrift des § 244 Abs. 3
StPO anlehnen. Danach darf er einen Beweisantrag u.a. dann ablehnen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist, wobei bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet allerdings größte Zurückhaltung geboten ist (vgl. BGHZ 53, 245, 259 f.; Senatsurteil vom 16. September 1986 – VI ZR 128/85 – VersR 1987, 70, 71; BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3720). Nachdem die Strafsenate des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage von drei wissenschaftlichen Gutachten zu der psychophysiologischen Aussagebeurteilung diese Untersuchungsmethode als völlig ungeeignet eingestuft haben, ist nicht ersichtlich, warum man im Zivilverfahren zu einem anderen Ergebnis kommen sollte. Im Zivilprozeß werden an die Eignung eines Beweismittels die gleichen Anforderungen gestellt wie im Strafprozeß. Wenn ein Beweismittel aus tatsächlichen, wissenschaftlich belegten Gründen als für die Beweisführung im Strafprozeß ungeeignet angesehen wird, gilt dies demgemäß in gleicher Weise für die Beweisführung im Zivilprozeß. Die Nichtzulassungsbeschwerde vermag auch keine neuen Erkenntnisse aufzuzeigen, die die 1998 und 1999 ergangenen Entscheidungen der Strafsenate des Bundesgerichtshofs in Frage stellen könnten. Insbesondere wurde das vom Beklagten vorgelegte wissenschaftliche Gutachten der Sachverständigen U. und K. bereits bei jenen Entscheidungen berücksichtigt, weil es für das Strafverfahren BGHSt 44, 308 erstellt worden ist, welches als grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage anzusehen ist (vgl. die im damaligen Verfahren vorgelegten Gutachten in Praxis der Rechtspsychologie, 9, Sonderheft, Juli 1999).
b) Auch soweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozeß anspricht (vgl. dazu EGMR, NJW 1995, 1413, 1414; BVerfG, Beschlüsse vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 156 und vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, 2532), sind die im Hinblick auf den hier vorliegenden Sachverhalt maßgeblichen Gesichtspunkte höchstrichterlich geklärt. Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit,
daß der Partei, die keinen Zeugen zur Verfügung hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung in den Prozeß persönlich einzubringen, so ist dem grundsätzlich Genüge getan, wenn diese Partei - wie hier geschehen - nach § 141 ZPO angehört wird. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozeßgegners zu geben (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, aaO; BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - VersR 1999, 994, 995).
c) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Frage, ob der Tatrichter, welcher den von einer Partei gestellten Antrag auf Einholung eines psychophysiologischen Glaubhaftigkeitsgutachtens für ungeeignet hält, zumindest ein traditionelles psychologisches Glaubhaftigkeitsgutachten einholen muß, läßt sich anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls ohne weiteres beantworten. Danach ist Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten) nicht die Frage nach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Untersuchten im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft. Es geht vielmehr um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl. BGHSt 45, 164, 167). Daraus folgt, daß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden kann und muß, wenn – wie hier – die Behauptungen des Prozeßgegners nur bestritten werden. In diesem Fall liegen keine auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben des Beklagten vor, die auf ihre inhaltliche Konsistenz, ihre Folgerichtigkeit oder sonstige situationsbezogene Einzigartigkeit hin überprüft werden könnten (vgl. dazu BGHSt 45, 164, 167 ff.; vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht Bre-
men - Senat für Familiensachen, Beschluß vom 28. Mai 2001 - 5 UF 70/00 - Streit 2001, 122 ff.). 2. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
a) Insoweit ist zunächst eine Zulassung nicht aus dem Gesichtspunkt einer Divergenz wegen unterschiedlicher Entscheidungen zur Beweistauglichkeit polygraphischer Untersuchungen gegeben. Wie dargelegt entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auch für eine Untersuchung mit Einverständnis bzw. auf Antrag des Beklagten gilt. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde auf gegenteilige Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte hinweist, scheidet eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz schon deswegen aus, weil diese Entscheidungen vor den grundlegenden Entscheidungen der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ergangen sind.
b) Hinsichtlich der von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten vermeintlichen Fehler des Berufungsgerichts weist der erkennende Senat noch auf folgendes hin: Die Würdigung des aussagepsychologischen Gutachtens und die Zurückweisung der methodischen Einwände des Beklagten gegen dieses Gutachten durch das Berufungsgericht sind nicht zu beanstanden. Dieses hat sich an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen orientiert und ausführlich begründet , warum das vorliegende Gutachten diesen Anforderungen genügt. Hinzuweisen ist darauf, daß aussagepsychologische Gutachten zwar die geforderten inhaltlichen Kriterien erfüllen, aber nicht einheitlich einer bestimmten Prüfstrategie folgen und einen einheitlichen Aufbau haben müssen (vgl. BGHSt
45, 164, 167 ff. und BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f.).
c) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde im übrigen das Berufungsurteil angreift, werden Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufgezeigt. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 155/09
vom
18. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
18. August 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 17. November 2008 werden verworfen. 2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft sowie die dem Angeklagten dadurch und durch die Revision der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenklägerin je zur Hälfte.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in fünf Fällen sowie wegen Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und zwei Wochen verurteilt und von dem Vorwurf der Vergewaltigung der Nebenklägerin aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch richten sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die die Beweiswürdigung der Strafkammer beanstandet, und die auf eine Verfahrensrüge gestützte Revision der Nebenklägerin. Beide - vom Generalbundesanwalt vertretenen - Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts begaben sich nach dem Aufenthalt in einer Gaststätte der Angeklagte, sein Bekannter M. sowie die stark alkoholisierte 14-jährige Nebenklägerin und deren Schwester zum Schlafen in das von den beiden Männern bewohnte Zimmer. Der Angeklagte und die Nebenklägerin einerseits sowie M. und die Schwester der Nebenklägerin andererseits legten sich bekleidet in jeweils eines der beiden dort befindlichen Betten und schliefen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. M. und die Schwester der Nebenklägerin führten zuvor einvernehmlich den Geschlechtsverkehr durch.
3
Den Angaben der Nebenklägerin, der Angeklagte habe seinerseits mit ihr unter Anwendung von Gewalt den Geschlechtsverkehr vollzogen, ist das Landgericht nicht gefolgt. Es hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass überhaupt sexuelle Handlungen zwischen dem - bestreitenden - Angeklagten und der Nebenklägerin stattfanden. Den Angaben der Nebenklägerin fehlten zu den näheren Umständen der behaupteten Tat die Konstanz, die Aussagegenese ergebe Rechtfertigungstendenzen. Die Nebenklägerin habe sich an jenem Abend erstmals in einer hochgradigen Trunkenheit befunden, die illusionäre Gedächtnisstörungen möglich erscheinen ließe. Nach den Angaben der Nebenklägerin zu erwartende Spermaspuren oder DNA-Spuren an den Scheiden- und Penisabstrichen seien nicht gefunden worden.
4
2. Der Freispruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
5
a) Revision der Nebenklägerin
6
Die Rüge, die Strafkammer habe rechtsfehlerhaft den Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens abgelehnt , ist nicht begründet. Die Strafkammer hat den Antrag mit der hier noch tragfähigen Begründung, selbst über die erforderliche Sachkunde zur Beurteilung der Zuverlässigkeit der Angaben der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 15 Jahre alten Zeugin zu verfügen, abgelehnt.
7
Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen ist Aufgabe des Tatgerichts. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügen, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich ist, und dass sie diese Sachkunde den beteiligten Laienrichtern vermitteln können. Dies gilt bei jugendlichen Zeugen erst recht, wenn die Berufsrichter - wie hier - zugleich Mitglieder der Jugendschutzkammer sind und über spezielle Sachkunde in der Bewertung der Glaubwürdigkeit von jugendlichen Zeugen verfügen (vgl. UA S. 54).
8
Der Revision ist zwar einzuräumen, dass die erhebliche Alkoholisierung der Nebenklägerin zum Zeitpunkt der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat sowie psychische Auffälligkeiten der Nebenklägerin die Beweiswürdigung als durchaus problematisch erscheinen ließen. Die Strafkammer hat sich dieser Problematik jedoch gestellt, wobei sie sich dort, wo es erforderlich erschien, ergänzend auf sachverständigen Rat gestützt hat. Zu den mit der Trunkenheit der Nebenklägerin einhergehenden Symptomen und sich daraus ergebenden Folgen hat sie den Sachverständigen Dr. L. , Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, sowie zur Aussagetüchtigkeit der Nebenklägerin die diese behandelnde Ärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie angehört. Unter diesen Umständen gingen die Anforderungen an die Beweiswürdigung noch nicht über das Maß hinaus, das vom Tatrichter regelmäßig verlangt wird. Diesen Anforderungen ist die Strafkammer auch - wie ihre ausführlichen Erwägungen zu den hier gegebenen Besonderheiten der Glaubwürdigkeitsprüfung belegen - noch gerecht geworden.
9
b) Revision der Staatsanwaltschaft
10
Die Freisprechung des Angeklagten hält auch sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
11
Die Würdigung der Beweise hat das Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Das Revisionsgericht hat sie regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden , weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Kann der Tatrichter vorhandene Zweifel nicht überwinden, so kann das Revisionsgericht eine solche Entscheidung nur im Hinblick auf Rechtsfehler überprüfen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH NJW 2008, 1543).
12
Einen derartigen durchgreifenden Rechtsfehler weist das angefochtene Urteil nicht auf. Das Landgericht hat eine eingehende Prüfung der den Angeklagten belastenden und entlastenden Indizien vorgenommen und diese ausdrücklich - wenn auch knapp - in ihrer Gesamtheit gewürdigt (UA S. 38, 53). Dass es sich im Ergebnis nicht von der Zuverlässigkeit der belastenden Angaben der Nebenklägerin zu überzeugen und Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermocht hat, ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
13
Die Verdachtsmomente gegen den Angeklagten gründeten sich maßgeblich auf die Aussage der Nebenklägerin. Das Landgericht hat deshalb zu Recht diese Aussage und ihre Entwicklung im Laufe des Verfahrens zentral in den Blick genommen und festgestellt, dass sie zu Einzelheiten des inkriminierten Geschehens gewechselt hat, und zwar in der Weise, dass die Nebenklägerin zunehmend einem Erwartungsdruck nachgegeben zu haben schien. Es hat zu berücksichtigen gehabt, dass sich die Nebenklägerin in dem behaupteten Tatzeitraum zum ersten Mal in einem derart starken Rauschzustand befand, dass sie nicht mehr in der Lage war, die Treppen zu dem Zimmer des Angeklagten hochzugehen, und selbst von Erinnerungslücken berichtete. Es hat zutreffend auf das Fehlen verschiedener objektiver Spuren für das Stattfinden sexueller Handlungen verwiesen, ferner darauf, dass der als glaubwürdig eingestufte Mitbewohner M. in dem benachbarten Bett von dem behaupteten Geschehen nichts bemerkt hat.
14
Diesen Umständen hat das Landgericht Beweisanzeichen gegenübergestellt , die für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin sprechen könnten. Hierbei sind weder revisionsrechtlich relevante Lücken oder Widersprüche erkennbar noch hat das Landgericht dem Angeklagten nachteilig erscheinende Indizien in ihrem Beweiswert rechtsfehlerhaft falsch bewertet. So hat die Strafkammer in Rechnung gestellt, dass es durchaus Anzeichen dafür gibt, dass die Nebenklägerin zum Kerngeschehen nicht bewusst unwahr ausgesagt hat. Sie hat auch gesehen, dass die ungewöhnliche Lage des bei der Untersuchung der Nebenklägerin aufgefundenen Tampons die Richtigkeit der Darstellung der Nebenklägerin bestätigen könnte, aber nachvollziehbar dargelegt, dass es dafür ohne weiteres andere Erklärungen geben kann als ein Eindringen des Angeklagten in die Scheide.
15
Wenn die Kammer auf dieser Grundlage die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten nicht gewinnen konnte, spricht dies nicht für übertriebene Anforderungen an die zu einer Verurteilung erforderliche Gewissheit. Vielmehr ist auch insoweit den Anforderungen an die revisionsrechtliche Nachprüfbarkeit der Beweiswürdigung genügt.
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3. Da sowohl die Revision der Staatsanwaltschaft als auch die der Nebenklägerin erfolglos geblieben sind, hat die Nebenklägerin außer der Revisionsgebühr auch die Hälfte der gerichtlichen Auslagen zu tragen. Die durch die beiden Revisionen verursachten notwendigen Auslagen des Angeklagten hat allein die Staatskasse zu tragen (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 128 m.w.N.). Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 579/05
vom
2. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
hier: Antrag des Verteidigers auf Pauschvergütung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. April 2007 beschlossen:
Der Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt H. aus B. auf Festsetzung einer Pauschvergütung für das Revisionsverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

1
Für die Tätigkeit des Antragstellers im Revisionsverfahren kommt die Festsetzung einer Pauschvergütung gemäß § 42 Abs. 1 Satz 5 RVG nicht in Betracht. Die umfangreiche Revisionsbegründung, auf die der Antragsteller sich zur Begründung seines Antrages stützt, wurde nicht von ihm, sondern von einem weiteren Wahlverteidiger des Freigesprochenen gefertigt. Die von dem Antragsteller allein vorgenommene Revisionseinlegung rechtfertigt eine über die gesetzlichen Gebühren (bis 1.162,50 € gemäß Nr. 4130, 4131 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG) hinausgehende Vergütung nicht. Insbesondere kann keine Rede davon sein, dass diese Gebühren - wie von § 42 Abs. 1 Satz 1 RVG vorausgesetzt - hier angesichts eines besonderen Umfangs oder einer besonderen Schwierigkeit der von dem Antragsteller entfalteten Tätigkeit unzumutbar wären. Nack Boetticher Kolz Hebenstreit Elf
5 StR 209/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2000

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. September 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit einer Verfahrensrüge zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache.
Gegenstand der Verurteilung sind Taten zum Nachteil zweier Söhne des Angeklagten sowie der Tochter seines Bruders. Die Kinder waren zu den Tatzeiten zwischen fünf und acht Jahre alt. Die Jugendschutzkammer durfte den Antrag der Verteidigung, zur Frage der „Glaubwürdigkeit und Zeugentauglichkeit” der drei betroffenen Kinder ein „jugendpsychologisches bzw. jugendpsychiatrisches Gutachten” einzuholen, hier nicht unter Berufung auf eigene Sachkunde ablehnen.
Die Würdigung von Zeugenaussagen gehört zwar zum Wesen richterlicher Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anvertraut. Das gilt nicht nur bei erwachsenen Zeugen, sondern regelmäßig auch für die Aussage eines Kindes oder eines jugendlichen Zeugen, der Opfer eines an ihm begangenen Sexualdelikts ist. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist aber dann geboten, wenn der zur Aburteilung stehende Sachverhalt ausnahmsweise solche Besonderheiten aufweist, daß Zweifel daran aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständen ausreicht (st. Rspr.; BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 – Glaubwürdigkeitsgutachten 2 m.w.N.).
Solche Besonderheiten liegen hier vor. Sie finden sich insbesondere in der intensiven, teilweise suggestiven Befragung der drei Kinder durch die Ehefrau des Angeklagten, seinen Bruder und dessen Ehefrau (UA S. 14). Dies gilt zumal angesichts des geringen Alters der betroffenen Zeugen und des beträchtlichen zeitlichen Abstands von mehr als einem Jahr zwischen den letzten Taten und deren Offenbarung, im Blick auf die Offenbarungssituation – Erwischtwerden der Kinder beim „Doktorspiel” – und schließlich auch unter Berücksichtigung der Verwendung der kindlichen Aussagen durch die Ehefrau des Angeklagten im Sorgerechtsstreit. Es kommen noch hinzu im Urteil abgehandelte Besonderheiten im Aussageverhalten des jüngeren Sohnes des Angeklagten (UA S. 15 f.) und seiner Nichte (UA S. 17 f.).
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände durfte sich die Jugendschutzkammer die Beurteilung der Glaubhaftigkeit und Zuverlässigkeit der den Schuldspruch tragenden Angaben der kindlichen Zeugen hier ohne Zuziehung eines Sachverständigen, zumal nach entsprechender Antragstellung unter Hinweis auf jene Besonderheiten, nicht zutrauen. Die Kammer hat auch keine besonders signifikanten Begleitumstände ermittelt und in den Urteilsgründen belegt, welche die Beiziehung eines Sachverständigen mög- licherweise hätte erübrigen können. Hierzu hätte es zunächst schon einer näheren, genauen Schilderung der Offenbarungssituation und des Inhalts der anschließenden Angaben der Kinder vor Einsetzen der Befragungen bedurft; insoweit trifft das Landgericht nur eher pauschale Feststellungen, aus denen es dann freilich weitgehende Folgerungen ableitet (vgl. UA S. 11, 14). Zudem läßt die Annahme des Landgerichts, eine suggestive Befragung der Kinder könne „allenfalls zu einer Intensivierung” ihrer Schilderungen geführt haben, weshalb die Aburteilung jeweils nur eines Falles der angegebenen Sexualpraktiken unbedenklich sei (UA S. 14 f.), befürchten, daß in diesem Zusammenhang die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen worden ist, die Kinder könnten fremde Erlebnisse, die sie beobachtet oder von denen sie sonst erfahren haben, als eigene dargestellt haben. Gerade daher wären auch zum Informationsaustausch zwischen den Kindern über die Taten nähere Feststellungen zu erwarten gewesen, auch zur – für die letzten beiden Fälle bislang sehr pauschal geschilderten – Beobachtung einzelner Taten durch nicht betroffene Kinder, die gegebenenfalls nach den Begleitumständen auch kritisch zu hinterfragen wäre. Schließlich sind zum Unterlassen einer früheren Tatoffenbarung bei der Nichte – im Gegensatz zu den Söhnen (UA S. 11) – gar keine näheren Überlegungen angestellt worden. Zum persönlichen Kontakt des Angeklagten zu den Kindern nach der Trennung von der Familie unmittelbar nach Tatende fehlt es ebenfalls an Feststellungen.
Die Sache bedarf umfassender neuer tatrichterlicher Überprüfung, naheliegend unter Heranziehung eines mit der Auswertung möglicher suggestiver Beeinflussungen besonders erfahrenen jugendpsychologischen Sachverständigen. Der neue Tatrichter wird auch den von der Revision aufgezeigten Hinweisen auf Mißbrauchsanschuldigungen des Angeklagten gegen seinen Bruder vor Aufdeckung der Taten durch die Kinder näher nachzugehen und sie zu bewerten haben. Bereits im angefochtenen Urteil sind entsprechende „Andeutungen” des Angeklagten vor dem Aufdeckungszeit- punkt festgestellt, indes kaum folgerichtig vollständig ausgewertet worden (UA S. 13).
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.