Oberlandesgericht Köln Urteil, 24. Feb. 2016 - 2 U 87/15
Tenor
I.
Der Kläger ist des gegen die Beklagten zu 3) bis 5) eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig, nachdem er seine Berufung insoweit mit Schriftsätzen vom 22.6.2015, 29.6.2015 sowie vom 7.7.2015 zurückgenommen hat.
Die Beklagte zu 3) ist des eingelegten Rechtsmittel der Berufung verlustig, nachdem sie ihre Berufung mit Schriftsatz vom 1.7.2015 zurückgenommen hat.
II.
Auf die Berufungen des Klägers sowie der Beklagten zu 8) wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen des Klägers sowie der Beklagten zu 1), 6) und 7) das am 28.4.2015 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagten zu 1), 6) und 7) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 470.005,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 1.11.2013 zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) bis 5) umfänglich und im Verhältnis zu den Beklagten zu 1), zu 6) und 7) in Höhe eines Betrages von 267.489,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 1.11.2013 erledigt hat.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
1.
Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger 48 % und die Beklagten zu 1) bis 7) als Gesamtschuldner 52 % zu tragen.
Von den dem Kläger im erstinstanzlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten haben die Beklagten zu 1) bis 7) als Gesamtschuldner 52 % zu tragen.
Die der Beklagten zu 8) im erstinstanzlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten hat der Kläger zu tragen.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
2.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 48 %, die Beklagten zu 1), 3) bis 7) als Gesamtschuldner 5 % und die Beklagten zu 1), 3), 6) und 7) als Gesamtschuldner weitere 47 % zu tragen.
Von den dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten haben die Beklagten zu 1), 3) bis 7) als Gesamtschuldner 5 % und die Beklagten zu 1), 3), 6) und 7) als Gesamtschuldner weitere 47 % zu tragen.
Die der Beklagten zu 8) im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten hat der Kläger zu tragen.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
IV.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die jeweilige Zwangsvollstreckung der jeweils vollstreckenden Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO)
3I.
4Der Kläger macht als Sachwalter im Insolvenzverfahren der J Immobilien AG Ansprüche auf Rückgewähr bzw. Rückzahlung von Beraterhonoraren geltend.
5Bei der J Immobilien AG (nachfolgend Insolvenzschuldnerin), eine Immobilien- und Infrastrukturgesellschaft, die sich durch Bankdarlehen sowie eine Wandelanleihe und eine von ihr selbst emittierte nachrangige Hybridanleihe finanziert hatte, zeichneten sich Anfang des Jahres 2013 finanzielle Schwierigkeiten ab. Dies lag insbesondere an der anstehenden Fälligkeit großvolumiger Bankdarlehen sowie an der drohenden Ausübung einer sog. "Put-Option" der Gläubiger einer Wandelanleihe im Nominalwert von 400 Millionen € im März 2013.
6Deshalb beschloss der damalige Vorstand der Insolvenzschuldnerin die Erarbeitung einer „neuen, ganzheitlichen Finanzierungsstrategie“ für das Unternehmen. Diese Strategie sollte zeitnah umgesetzt werden. Es sollte der Versuch der finanziellen Sanierung des Unternehmens außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens unternommen werden („außergerichtliche Restrukturierung“). Die Gläubiger der Insolvenzschuldnerin ließen sich in fünf Gruppierungen einteilen: die Gläubiger des "Bilateralen Kredits" (Volumen 100 Millionen Euro), die Gläubiger des "T I" (Volumen 1,35 Milliarden Euro), die Gläubiger des "T II" (Volumen 1,047 Milliarden Euro), die Gläubiger der "Wandelanleihe" (Volumen 400 Millionen Euro) sowie die Gläubiger der "Hybridanleihe" (Volumen 400 Millionen Euro). Aufgrund der finanziellen Situation der Insolvenzschuldnerin waren die Zinszahlungen auf die Hybridanleihe etwa zwei Jahre vor dem späteren Insolvenzverfahren zurückgestellt worden. Die diesbezüglichen Anleihebedingungen der Insolvenzschuldnerin (Bl. 168 ff. d. A.) sahen die Möglichkeit einer solchen Stundung ausdrücklich vor.
7In einer Pressemitteilung vom 8.5.2013 (Bl. 209 d. A.) teilte die Insolvenzschuldnerin das Konzernergebnis des 1. Quartals 2013 mit einem Minus von 45,1 Mio. € mit; die Umsatzerlöse waren um 31 Mio. € auf 93,9 Mio. € gesunken. Die Verschuldung betrug 4,2 Mrd. €, der Verschuldensgrad 72 %. Zudem wurde in der Mitteilung auf die Notwendigkeit einer umfassenden Finanzrestrukturierung hingewiesen. Der Wert der nachrangigen Hybridanleihen betrug zu diesem Zeitpunkt nur noch rund 13 % des Nominalwertes; später – Ende Mai 2013 - sank er unter 10 % (vgl. Anlage 9, Bl. 215 d. A.). In der vorgenannten Pressemitteilung heißt es weiterhin u. a. (Bl. 209 d. A.):
8„Angesichts externer Herausforderungen, der anstehenden Fälligkeit großvolumiger Bankdarlehen und der wahrscheinlichen Ausübung einer Put Option durch Wandelanleiheinhaber (Nominalwert 400 Mio. Euro) im März 2014 hatte der J Vorstand Ende März 2013 angekündigt, eine alle Kapitalschichten umfassende neue Finanzierungsstrategie zu entwickeln. .... Die Entwicklung dieser Finanzierungsstrategie wird derzeit durch den Vorstand weiter vorangetrieben und soll in den nächsten Wochen mit allen relevanten Stakeholdern von J abgestimmt werden.“
9Im Hinblick auf die vorgesehene Sanierung wandte sich der damalige Vorstand der J an die Gläubiger und bat um die Bildung von Gläubigerausschüssen. Entsprechend teilte die Insolvenzschuldnerin in ihrer Presseerklärung vom 28.5.2013 mit (Bl. 212 d. A.):
10„Wie in unseren jüngsten Mitteilungen vom 27. März und 8. Mai 2013 erläutert wurde, hat der Vorstand der J Immobilien AG ... beschlossen, im besten Interesse des Unternehmens und seiner Stakeholder eine gesamthafte Finanzierungsstrategie auszuarbeiten. Das Unternehmen beabsichtigt, unverzüglich Gespräche mit den Gläubigern aufzunehmen, um bei der jährlichen Hauptversammlung im August 2013 ein Finanzierungskonzept vorstellen zu können, das breite Unterstützung findet.
11Das Unternehmen bittet die Investoren der folgenden Fazilitäten / Wertpapiere, sich über Gläubigerausschüsse der folgenden Gläubigerklassen zu organisieren ....“
12Bei den Beklagten zu 1) bis 7) handelt es sich um wesentliche Gläubiger der Hybridanleihe. Diese schlossen sich entsprechend der Aufforderung der Insolvenzschuldnerin mit einer weiteren Gläubigerin der Hybridanleihe, der I, in einem Gläubigerausschuss zusammen (sog. „Ad Hoc Komitee“). Dieses "Ad Hoc Komitee" konnte für die Gläubiger der Hybridanleihe Beschlüsse fassen, weil die dortigen Gläubiger über 50% der Forderungen der Hybridanleihe hielten.
13Da die Hybridgläubiger ihre Teilnahme an dem Sanierungsversuch von der Übernahme der Kosten für die von ihnen beauftragten externen Berater abhängig machten, sagte der Vorstand der Insolvenzschuldnerin – was nunmehr von dem Kläger bestritten wird - in einer Telefonkonferenz vom 28.5.2013 mit den Gläubigern der relevanten Finanzierungsinstrumente, dem "Ad Hoc Komitee", eine Kostenübernahme für einen Rechts- und einen Finanzierungsberater zu. Das Ad Hoc Komitee hatte ihrerseits – was von dem Kläger bestritten wird – bereits am 10.5.2013 – so Ziffer 7 der nachstehend näher aufgezeigten Vereinbarung vom 4.7.2013 – die Beklagte zu 8) als Rechtsberater und zu einem nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt das Unternehmen M & Co. Limited als Finanzberater beauftragt.
14Die J stellte am 31.5.2013 in einem Präsenzmeeting ihr Sanierungskonzept den Gläubigern vor. Das angedachte Sanierungskonzept sah eine Umwandlung der Verbindlichkeiten in Eigenkapital der Insolvenzschuldnerin vor (sog. „Debt-to-Equity-Swap“). Hierzu war eine Zustimmung der Gläubiger der Hybridanleihe erforderlich. In der Presseerklärung der Insolvenzschuldnerin von diesem Tage heißt es hierzu u. a. (Bl. 213 d. A.):
15„Die J Immobilien AG hat die am 27. März 2013 angekündigte Entwicklung einer ganzheitlichen Finanzierungsstrategie – mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung im Interesse aller Stakehoder – weiter vorangetrieben. Ergebnis der bisherigen Prüfung ist, dass die J ihre bestehenden Verbindlichkeiten um bis zu EUR 1,35 Milliarden sowie um weitere EUR 400 Millionen (Hybridanleihe) reduzieren muss, um ihre Verschuldungs- und Zinsdeckungsgrad auf ein marktübliches Niveau zu bringen und somit wieder nachhaltig kapitalmarktfähig zu werden. .....
16....
17Der aktuelle Refinanzierungsplan sieht für die einzelnen Kreditgeber insbesondere eine Sachkapitalerhöhung gegen Einlage von Bankkrediten (T I) sowie Wandel- und Hybridanleihen (Debt/Equity-Swap) entsprechend dem Rang der jeweiligen Kreditgeber in der Kapitalstruktur vor. In Vorbereitung hierauf sind ..... eine Restrukturierung der Hybridanleihe unter Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes von 2009 geplant.“
18Die Insolvenzschuldnerin, die Beklagten sowie die I unterzeichneten in der Zeit vom 5.7.2015 bis zum 11.7.2013 ein Vertragswerk (dem sog. „Legal Fee Assumption Agreement“), datiert auf den 4.7.2013 (Bl. 217 ff. d. A.), in dem es unter anderem - frei übersetzt - heißt (Bl. 218 f. d. A.):
19„1. ..... die Komiteemitglieder .. haben sich in einem Ad Hoc Komitee (das Ad Hoc Komitee) von Hybridgläubigern formiert, um auf dieser Basis einem Prozess beizutreten und in diesem mitzuwirken, der darauf abzielt, eine Einigung zwischen den Gläubigern der Hybridanleihe und der J hinsichtlich der Restrukturierung der Hybridanleihe im Zusammenhang mit einer konsensualen finanziellen Restrukturierung der Verpflichtungen der J ... zu erreichen (die Ersuchte Arbeit). Das Ad Hoc Komitee hat I2 zum Rechtsberater in Bezug auf die Ersuchte Arbeit bestellt. ...“
20.....
213. I2 ist durch das Ad Hoc Komitee beauftragt worden, als anwaltlicher Berater in dieser Zeit für das Ad Hoc Komitee im gemeinsamen Interesse der Anleihegläubiger tätig zu werden (das Mandat). J erklärt sich einverstanden, nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung das Honorar, die Ausgabe und Auslagen, die I2 in Verbindung mit dem Auftrag entstehen, einschließlich für an das Ad Hoc Komitee am oder nach dem 10. Mai 2013 geleistete Arbeit oder erbrachte Dienstleistungen in Verbindung mit dem Auftrag zu übernehmen und zu zahlen mit Ausnahme der geltenden Umsatzsteuer (Umsatzsteuergesetz) oder vergleichbarer ausländischer Steuern einer anderen Rechtsordnung (VAT).“
22.....
23„6. Im Falle der Erweiterung des Arbeitsumfangs wird die Honorarvereinbarung auch auf jede Erweiterung erstreckt, sofern die J einer solchen Erweiterung schriftlich zugestimmt hat.“
24„7. J verpflichtet sich – bis zum rechtlich zulässigen Maß – die Verpflichtung gegenüber dem Ad Hoc Komitee durch direkte Zahlung an I2 zu begleichen, für Honorarforderungen aus der Vereinbarung zwischen dem Ad Hoc Komitee und I2 für rechtliche Beratung ab dem 10.05.2013 (Beginn der Beauftragung), die wie folgt im Auftragsschreiben (Auftragsschreiben) festgehalten wurden: Die Honorare werden auf Stundenbasis entsprechend der jeweilige Rate berechnet. Die Rate von I2 für die jeweilige Person, die für diesen Auftrag tätig wird hängt von dem Level der Berufserfahrung der jeweiligen Person und dessen Position innerhalb von I2 ab. ......“
25Eine Mandatsbeziehung zwischen der Beklagten zu 8) und der Insolvenzschuldnerin sollte ungeachtet der Kostenübernahme nicht entstehen. Vielmehr war lediglich das "Ad Hoc Komitee" Mandantin der Beklagten zu 8). Dazu bestimmte Ziffer 4) des "Legal Fee Assumption Agreement" frei übersetzt:
26„4. Ungeachtet der Tatsache, dass J das Honorar für die Beratungsleistung von I2 gegenüber dem Ad Hoc Komitee zahlt, ist einzig das Ad Hoc Komitee Mandant von I2. I2 wird ausschließlich im Interesse des Ad Hoc Komitees und nicht für J tätig. Dementsprechend entsteht keine Mandatsbeziehung zu J und I2 schuldet J keine Sorgfaltspflicht. Im Verhältnis zwischen J und I2 und im Verhältnis zwischen J und dem Ad Hoc Komitee sollen als Folge dieser Vereinbarung keine Leistungen erbracht werden oder als erbracht gelten.
27Sämtliche Tätigkeiten, die durch I2 ausgeübt werden, sind vertrauliche und werden durch alle anwendbaren Privilegien, insbesondere das Anwaltsgeheimnis, geschützt und nichts in dieser Vereinbarung soll als Verzicht eines solchen Privilegs oder als Verzicht auf die Vertraulichkeit zwischen I2 und dem Ad Hoc Komitee ausgelegt werden.“
28Zu der Abwicklung der von der Insolvenzschuldnerin übernommenen Zahlungen sah das "Legal Fee Assumption Agreement" in Ziffer 10) - frei übersetzt - die folgende Regelung vor (Bl. 220 d. A.):
29"I2 wird im Allgemeinen, sofern nicht anderes vereinbart, J Kopien zukommen lassen der (i) ursprünglichen Rechnung(en) für den Zeitraum 10. Mai 2013 bis 25. Juni 2013 (die Ursprungsrechnung), (ii) Zwischenrechnung(en) über Gebühren und Auslagen alle zwei Wochen (oder regelmäßiger, sofern angemessen) innerhalb einer Frist von vierzehn (14) Kalendertagen nach Fertigstellung der für das Ad Hoc Komitee erbrachten Leistungen. B Management LP (der Ad Hoc Komitee Vertreter) soll der J bestätigen, dass die Anwaltsleistungen von I2 gemäß den Bestimmungen mit diesem Legal Fee Assumption Agreement erbracht worden sind. ..................
30Jede Rechnung an das Ad Hoc Komitee wird eine Aufschlüsselung über die Berufungsträger und angefallenen Stunden beinhalten sowie eine Beschreibung der in Rechnung gestellten Leistungen von I2 (zum Schutze der Anwalts-Mandanten-Beziehung und zum Schutz der Arbeitsergebnisse in anonymisierter Form) und eine Übersicht über die angefallenen Auslagen."
31Unter dem 11.7.2013 schloss die Beklagte zu 8) mit den Beklagten zu 1) bis 7) sowie der I eine Vereinbarung („Engagement of I2 LLP as Counsel to Ad Hoc Commitee of Holders of Subordinated Perpetual Securities issued by J Immobilien AG“), mit der sie – was von dem Kläger bestritten wird (Bl. 398 d. A.) - auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber den Mitgliedern des Ad Hoc Komitees verzichtete (Bl. 233 ff. d. A.).
32Die Berufungsbeklagte zu 8) und das Unternehmen M & Co. Limited berieten und vertraten das "Ad Hoc Komitee" bei dem Versuch der finanziellen Restrukturierung der Insolvenzschuldnerin zu Sanierungszwecken. Es wurden Meetings und Verhandlungsgespräche durchgeführt, in denen über verschiedene Angebote zu einer Sanierung der Insolvenzschuldnerin bzw. zu der späteren Ausgestaltung der Beteiligung der Gläubiger an der sanierten J Immobilien AG verhandelt wurde.
33Unter dem 11.7.2013 stellte die Beklagte zu 8) für die in der Zeit vom 10.5.2013 bis zum 30.6.2013 erbrachten Leistungen ein Honorar in Höhe von 353.514,87 € in Rechnung (Bl. 485, 723 ff. d. A.). Am 19.7.2013 erstellte sie eine weitere Rechnung über ihre Leistungen für den Zeitraum 1.7.2013 bis 15.7.2013 in Höhe von 183.980,35 € (Bl. 740 ff. d. A.). Die Richtigkeit der in beiden Rechnungen gestellten Leistungen wurde durch die Beklagte zu 1) bestätigt. Die Insolvenzschuldnerin zahlte auf das Beratungshonorar jeweils an die Beklagte zu 8) am 23.7.2013 einen Vorschuss in Höhe von 150.000,00 €, am 24.7.2013 in Höhe von 353.514,87 € sowie am 30.7.2013 in Höhe von 183.180,35 €. Am 30.7.2013 erteilte die Beklagte zu 8) eine 3. Rechnung für ihre Leistungen in der Zeit vom 16.7.2013 bis 29.7.2013 in Höhe von 119.124,66 € (Bl. 748 ff. d. A.), am 7.8.2013 dann eine 4. Rechnung für Leistungen vom 30.7. bis 31.7.2013 in Höhe von 183.126,05 € (Bl. 754 ff. d. A.) und am 8.8.2013 eine 5. Rechnung über – den bereits überwiesenen Vorschuss – in Höhe von 150.000,00 € (Bl. 762 d. A.). Eine 6. Rechnung über Leistungen bis 11.8.2013 erteilte die Beklagte zu 8) am 16.8.2013 über einen Betrag von 23.128,79 € (Bl. 758 d.A.).
34Mit Presseerklärung vom 12.8.2013 (Bl. 216 d. A.) zeigte die J einen Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals der Gesellschaft an.
35Am 13.8.2013 unterzeichneten die Insolvenzschuldnerin eine Vereinbarung („Financial Fee Assumption Agreement“), in der diese sich verpflichtete gegenüber der M & Co. Ltd., das von den Mitgliedern des Ad Hoc Komitees geschuldete Beratungshonorar zu bezahlen (Bl. 252 ff. d. A.). Auf diese Vereinbarung zahlte die Insolvenzschuldnerin am 15.8.2013 einen Betrag von 50.000,00 € an die M & Co. Ltd.
36Der von den Beteiligten unternommene Versuch der außergerichtlichen Restrukturierung der Insolvenzschuldnerin zur Abwendung des Insolvenzverfahrens scheiterte letztlich, da eine Einigung mit den beteiligten Gläubigergruppen über die Einzelheiten des Sanierungsplans nicht erreicht werden konnte. Am 20.8.2013 ging der Insolvenzeigenantrag der Schuldnerin, gestützt auf eine Überschuldung, beim Amtsgericht Bonn ein. Die Insolvenzschuldnerin beantragte die Anordnung der Eigenverwaltung sowie die Anordnung des Schutzschirmverfahrens (Bl. 290 ff. d. A.). Mit Beschluss vom 1.11.2013 ordnete das Amtsgericht Bonn (99 IN 153/13) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie die Eigenverwaltung an und bestellte den Kläger als Sachwalter.
37Im Termin vom 20.3.2014 wurde von den Gläubigern und Aktionäre der von der Insolvenzschuldnerin erstellte Insolvenzplan, der eine Quote von 60 % für nicht nachrangige Gläubiger und eine Quote von 0 % für nachrangige Gläubiger vorsah, angenommen. Dem Kläger ist auf Seite 129 des Insolvenzplans das Recht vorbehalten,
38„bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens Rechtsstreite, die eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand haben, anhängig zu machen und anhängige Rechtsstreite, die eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand haben, auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortzuführen (§ 259 Abs. 3 InsO).“
39Nach Rechtskraft des Insolvenzplans wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 15.9.2014 das Insolvenzverfahren aufgehoben.
40Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die gezahlten Honorare und Vorschüsse in Höhe von insgesamt 687.495,22 € an die Beklagte zu 8) und in Höhe von weiteren 50.000,00 € an die Fa. M seien an die Insolvenzschuldnerin zurückzuführen. Er hat unter den Gesichtspunkten der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) und der Unentgeltlichkeit (§ 134 InsO) die insolvenzrechtliche Anfechtung der zugrundeliegenden Vereinbarungen erklärt. Er ist weiter der Ansicht gewesen, die Honorarübernahmeerklärung seitens der Insolvenzschuldnerin verstoße als unzulässige Finanzierungshilfe gegen § 71a Abs. 1 S. 1 AktG und sei deshalb nichtig.
41Der Kläger hat beantragt,
421.
43die Beklagten zu 1) bis 8) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 687.495,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. seit dem 1.11.2013 zu zahlen;
442.
45die Beklagten zu 1) bis 7) darüber hinaus als Gesamtschuldner zu verurteilen, einen weiteren Betrag in Höhe von 50.000,00 € über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. seit dem 1.11.2013 zu zahlen.
46Die Beklagten zu 1) bis 8) haben beantragen,
47die Klage abzuweisen.
48Sie haben geltend gemacht, die Voraussetzungen für eine insolvenzrechtliche Anfechtung seien nicht erfüllt. Die Übernahme der Kosten eines außergerichtlichen Restrukturierungsversuchs einschließlich der externen Beratungskosten der Gläubiger durch das zu sanierende Unternehmen sei üblich. Die an einer Restrukturierung mitwirkenden Gläubiger benötigten externen Sachverstand, um die Situation des restrukturierenden Unternehmens zu verstehen und Vorschläge für eine nachhaltige Restrukturierung machen zu können. Die Beklagten zu 1) bis 7) hätten einzig und allein aufgrund der zugesicherten Kostenübernahme die Beklagte zu 8) mandatiert. Es habe kein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten der Insolvenzschuldnerin vorgelegen. Die Kostenübernahme sei weder im Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin zu der Beklagten zu 8), noch im Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin zu den Beklagten zu 1) bis 7) unentgeltlich erfolgt. Eine Nichtigkeit gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG liege weder tatbestandlich, noch nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift vor. Es handele sich nicht um eine Finanzierungshilfe.
49Die Beklagten haben zudem behauptet, der damalige Restrukturierungsvorstand der Insolvenzschuldnerin, Herr A, habe dem Managing Director von B Management, einem Gläubiger der Gruppe des T I, Herrn Q, zugesagt, keine Ansprüche gegen die Beklagten und/oder das Unternehmen M wegen der gezahlten Beratungsauslagen geltend zu machen, sofern die Beklagte zu 1) keine Einwendungen gegen den Insolvenzplan erhebe. Der Kläger habe diese Zusicherung des Vorstandsmitglieds gekannt und habe sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Im Vertrauen auf diese Zusage habe die Beklagte zu 1) keine Einwendungen gegen den Insolvenzplan erhoben und diesem zugestimmt, um einen „Schlussstrich“ unter die Angelegenheit zu ziehen.
50Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 28.4.2015 in Verbindung mit dem Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 15.6.2015 mit Ausnahme der geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Dem Kläger stünde gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des von der Insolvenzschuldnerin gezahlten Rechtsanwaltshonorars aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB zu. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen angeführt, dass das Legal Fee Assumption Agreement vom 4.7.2013, auf dessen Grundlage die Insolvenzschuldnerin die Honorarforderungen bezahlte, sittenwidrig und mit den Grundsätzen von Treu und Glauben aus § 242 BGB nicht zu vereinbaren sei. Die darin enthaltenen Vereinbarungen stellten eine krass einseitige, unangemessene Benachteiligung zum Nachteil der Insolvenzschuldnerin dar, weil das Vertragswerk sie einseitig mit Zahlungspflichten belaste, ohne ihr im Gegenzug ausreichende Rechte einzuräumen. Der Insolvenzschuldnerin seien weder Gegenrechte, noch Gestaltungsrechte oder Kontrollrechte eingeräumt worden, so dass sie der Willkür der anderen Beteiligten ausgeliefert gewesen sei. Die krasse Benachteiligung der Insolvenzschuldnerin erschöpfe sich nicht allein in dem Umstand, dass sie Beratungsleistungen bezahlen sollte, die das Ad Hoc Komitee erhalten sollte; darüber hinaus habe sie auch keine ausreichenden Möglichkeiten gehabt zu kontrollieren und nachzuprüfen, ob und in welchem Umfang I2 LLP die Beratungsleistungen tatsächlich an das "Ad Hoc Komitee" erbracht hatte.
51Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
52Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagten zu 1), 3), 6) bis 8) jeweils form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet. Die Berufung des Klägers hat sich zunächst gegen die Beklagten zu 1), sowie 3) bis 8) gerichtet. Nachdem die Beklagte zu 2) am 27.5.2015 einen Betrag von 147.100,80 € nebst Zinsen, die Beklagte zu 3) am 25. bzw. 27.6.2015 einen Betrag von 51.425,54 € nebst Zinsen, die Beklagte zu 4) am 9.6./30.6.2015 einen Betrag von 47.833,94 € nebst Zinsen und die Beklagte zu 5) am 9.6.2015 einen Betrag von 21.129,24 € nebst Zinsen gezahlt haben, hat der Kläger den Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von insgesamt 267.489,52 € nebst anteiliger Zinsen, nämlich in Höhe 249.354,52 € nebst Zinsen hinsichtlich des Antrages zu 1. und in Höhe von 18.135 € nebst Zinsen hinsichtlich des Antrages zu 2., für teilweise erledigt erklärt. Die Berufung gegen die Beklagten zu 3), 4) und 5) hat der Kläger mit den Schriftsätzen vom 22.6.2015, 29.6.2015 und 7.7.2015 zurückgenommen. Die Beklagte zu 3) hat ihre Berufung ebenfalls mit Schriftsatz vom 1.7.2015 zurückgenommen.
53Der Kläger vertritt die Ansicht, dass der geltend gemachte Zinsanspruch wegen unentgeltlicher Leistung aus § 143 InsO folge. Allein die Bereitschaft der Beklagten zur Mitwirkung bei der Restrukturierung sei keine ausreichende Gegenleistung gewesen. Ausgehend von dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, die Beklagte zu 8) sei erst aufgrund der Zahlungszusage der Insolvenzschuldnerin beauftragt worden, sei die Beklagte zu 8) über den Zeitraum bis zum 11.7.2013 unentgeltlich in eigener Sache tätig geworden. In diesem Zeitraum habe die Beklagte zu 8) keine Beratung der Ad Hoc Mitglieder vorgenommen, sondern eigene Akquisearbeit. Zudem greift der Kläger die in Rechnung gestellten Tätigkeiten sowie die geltend gemachte Vergütung dem Grund und der Höhe nach an. Im Übrigen verteidigt der Kläger das landgerichtliche Urteil unter zusammenfassender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
54Der Kläger beantragt,
55das Urteil des Landgerichts Bonn vom 28.04.2015 - 7 O 233/14 - abzuändern und den Tenor hinsichtlich der Beklagten zu 1), 6) bis 8) wie folgt neu zu fassen:
561.
57Die Beklagte zu 1), 6) bis 8) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 438.140,70 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 1.11.2013 zu zahlen.
582.
59Die Beklagten 1), 6) und 7) werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 31.865 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 1.11.2013 zu zahlen.
603.
61Im Übrigen ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
62Die Beklagten zu 1), 6) bis 8) haben der Teilerledigungserklärung des Klägers widersprochen und beantragen,
631.
64Unter Abänderung des am 28.4.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Bonn (7 O 233/14) wird die Klage gegen die Beklagten zu 1), 6) bis 8) vollumfänglich abgewiesen.
652.
66Die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
67Die Beklagten zu 1), 6) bis 8) machen geltend, dass das Legal Fee Assumption Agreement entgegen der Auffassung des Landgerichts keineswegs sittenwidrig sei und berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt. Sie behaupten, die Übernahme von Beraterhonoraren entspreche gängiger Sanierungspraxis. Ferner seien die abgerechneten Leistungen erbracht worden, wobei die Stundensätze vergleichbar seien mit denen von Sanierungsberatern in den USA. Die Insolvenzschuldnerin habe im Übrigen auch ausreichende Kontrollrechte erhalten. Zudem sind die Beklagten der Auffassung, es sei weder eine verwerfliche Ausnutzung einer etwaigen Unterlegenheit der Insolvenzschuldnerin noch eine Anfechtbarkeit gegeben. Sie rügen schließlich die fehlende Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich etwaiger Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB. Die Ermächtigung sei ausschließlich auf die Insolvenzanfechtung als Anspruchsgrundlage beschränkt. Schließlich berufen sich die Beklagten darauf, die Beklagte zu 8) sei bereits am 10.5.2013 durch die Mitglieder des Ad Hoc Komitees beauftragt worden.
68Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien des Rechtsstreits wird auf den Inhalt der der erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Akten 7 O 237/14 Landgericht Bonn = 2 U 87/15 Oberlandesgericht Köln Bezug genommen.
69II.
70Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1), 6) und 7) ist zurückzuweisen, während die Berufung der Beklagten zu 8) in der Sache durchgreift.
71Die Berufung des Klägers ist ebenfalls zulässig und hat in der Sache Erfolg, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 1), 6) und 7) richtet; die weitergehende Berufung unterliegt der Zurückweisung. Zudem war auf Antrag des Klägers im Hinblick auf die mittlerweile erfolgten Zahlungen die teilweise Erledigung des Rechtsstreits festzustellen.
721. Berufung der Beklagten zu 1), 6) bis 8)
73a) Aktivlegitimation
74Der Angriffe der Berufung der Beklagten gegen den Fortbestand der Aktivlegitimation des Klägers greifen nicht durch.
75Der Kläger als Sachwalter ist auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiterhin berechtigt, einen bereits rechtshängigen Insolvenzanfechtungsprozess fortzusetzen. § 259 Abs. 3 S. 1 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter und über die Verweisung in § 280 InsO auch dem Sachwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Insolvenzplanes vorgesehen ist. Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spezifisches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Durchbrechung dieses Grundsatzes wird ausnahmsweise durch § 259 Abs. 3 InsO aufgrund einer Entscheidung der Gläubiger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten (vgl. nur BGH, Urt. v. 8.11.2009, IX ZR 206/08, NZI 2010, 99; Urt. v. 11.4.2013, IX ZR 122/12, DZWIR 2013, 437; Kreft/Haas, InsO, 7. Auflage 2014, § 259 Rn. 6; Uhlenbruck/Lüer/Streit, InsO, 14. Auflage 2015, § 259 Rn. 17).
76Die am 6.8.2014 eingereichte Klage wurde den Beklagten vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 15.9.2014 zugestellt, da die Beklagten bereits am 27.8.2014 bzw. 1.9.2014 durch ihre jeweiligen Prozessbevollmächtigte die Rechtsverteidigung angezeigt haben. Der Insolvenzplan seinerseits enthält auf Seite 129 ausdrücklich eine Regelung, die den Kläger weiterhin berechtigt, Insolvenzanfechtungsansprüche geltend zu machen. Davon gehen im Übrigen auch die Beklagten aus.
77Inwieweit der Kläger zusätzlich (inzidenter) weiterhin die erforderliche Prozessführungsbefugnis besitzt, auch andere Ansprüche, insbesondere Bereicherungsansprüche zu verfolgen, bedarf hier aufgrund der nachfolgenden Ausführungen, keiner weiteren Klärung durch den Senat.
78b) Anspruch gegen die Beklagten zu 1), 6) und 7)
79In der Sache steht dem Kläger gegenüber den Beklagten zu 1), 6) und 7) ein Rückgewähranspruch gem. § 143 Abs. 1 InsO i.V.m. § 134 InsO zu. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht insoweit der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Die hiergegen von den Beklagten zu 1), 6) und 7) mit der Berufung erhobenen Angriffe rechtfertigen – im Ergebnis - keine andere Beurteilung.
80Auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts sowie des eigenen Vorbringen der Beklagten liegen im Verhältnis zu den jetzigen Beklagten zu 1), 6) und 7) – und den erstinstanzlichen Beklagten zu 2) bis 5) - die Voraussetzungen einer wirksamen Insolvenzanfechtung der – so die Beklagten – bereits am 28.5.2013 im Rahmen der Telefonkonferenz gegenüber dem Ad Hoc Komitee erfolgten mündlichen Zusage bzw. der in den Vereinbarungen vom 4.7.2013 (betreffend die Honoraransprüche der Beklagten zu 8) bzw. vom 13.8.2013 (betreffend die Honoraransprüche der Fa. M) enthaltenen Verpflichtungen der Insolvenzschuldnerin zur Übernahme der den Hybridgläubiger entstehenden Beratungskosten vor.
81Bei dieser seitens der Insolvenzschuldnerin gegenüber dem Ad Hoc Komitee abgegebenen Honorarübernahmeverpflichtung handelt es sich um einen Fall der berechtigenden Erfüllungs-/Schuldübernahme (Staudinger/Jagmann, BGB, Bearb. 2015, § 329 Rn. 2, 6, 8), da hier der Leistungsempfänger aufgrund einer zusätzlich mit ihm getroffenen Absprache ein eigenes Forderungsrecht erhielt. Insoweit ist hinsichtlich der Anfechtbarkeit zwischen dem Verhältnis zu dem Versprechensempfänger, hier den Beklagten zu 1) bis 7), und dem Leistungsempfänger, hier der Beklagte zu 8) bzw. – was indes nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist – der Fa. M zu differenzieren.
82Hiervon ausgehend besteht ein entsprechender Rückgewähranspruch gegenüber den Mitgliedern des Ad Hoc Komitees:
83aa) Objektive Gläubigerbenachteiligung
84Die gemäß § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderlichen objektive Gläubigerbenachteiligung ist gegeben, wobei für einen Anfechtung nach § 134 InsO eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, WM 2009, 1750; Urt. v. 17.3.2011 – IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824; Urt. v. 29.9.2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979; Urt. v. 8.11.2012 – IX ZR 77/11, BeckRS 2012, 23763).
85Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess – hier der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat - ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183; Urt. v. 8.11.2012 – IX ZR 77/11, BeckRS 2012, 23763). Daher kommt es nicht darauf an, ob die Gläubiger bereits zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung benachteiligt worden sind. Ebenfalls muss der eingetretene weitere Umstand nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Vielmehr reicht es aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung mit verursacht wurde (vgl. (BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 146/11, ZIP 2020, 1183; Urt. v. 8.11.2012 – IX ZR 77/11, BeckRS 2012, 23763).
86Hiervon ausgehend führt die von der Insolvenzschuldnerin eingegangene Honorarübernahmeverpflichtung zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Aufgrund dieser Erklärung übernahm die Insolvenzschuldnerin eine erhebliche Zahlungsverpflichtung. Hierdurch und mit der hieraus sich ergebenden Verpflichtung zur Erfüllung trat eine Verminderung des Aktivvermögens ein.
87bb) Anfechtung gem. § 134 Abs. 1 InsO
88Zudem sind die Voraussetzungen einer Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO erfüllt.
89Gemäß dieser Vorschrift ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, sofern sie nicht früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist. Diese Regelung will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Verfügungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit. Unentgeltlich ist danach eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2010, IX ZR 199/10, NZI 2011, 107; Uhlenbruck/Ede/Hirte, 14. Aufl. 2015, § 134 Rdn. 18, 25; jeweils m. w. Nachw.).
90(1) Leistung
91Eine Leistung der Insolvenzschuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urt. v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316; Beschl. v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484), sondern auch des Leistungsbegriffs (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2012 – IX ZR 77/11, BeckRS 2012, 23763). Dementsprechend ist der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen. Erfasst werden nicht nur Verfügungen, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte. Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183; Urt. v. 8.11.2012 – IX ZR 77/11, BeckRS 2012, 23763). Unter Beachtung dieser vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze, die der Senat folgt, stellen die von der Insolvenzschuldnerin eingegangenen Verpflichtungen zur Übernahme der Beratungskosten Leistungen im Sinne der Regelung des § 134 InsO dar.
92(2) Unentgeltlichkeit
93Die für das Ad Hoc Komitee erbrachten Leistungen erfolgten unentgeltlich. Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung, sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (st. Rspr. z.B. BGH, Urt. v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, WM 2008, 1412; Urt. v. 8.11.2012 – IX ZR 77/11, BeckRS 2012, 23763). Die Erfüllung oder Übernahme einer fremden Schuld, ohne dass hierzu eine eigene Verpflichtung besteht, stellt eine unentgeltliche Leistung dar, wenn hierfür keine Gegenleistung erbracht wird (Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand Nov. 2015, § 134 Rdn. 60 f.; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, 14. Auflage 2015, § 134 Rdn. 17).
94Bei der Beurteilung, ob eine Leistung des Schuldner unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO kann es hier dahinstehen, ob im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) bis zu 7) ein Zwei-Personen-Verhältnis oder unter Einbeziehung der Beklagten zu 8) bzw. der Fa. M ein Drei-Personen-Verhältnis vorliegt und damit für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit die insoweit maßgeblichen Grundsätze heranzuziehen sind. Denn die Mitglieder des Ad Hoc Komitees haben weder an ihre Berater noch an die Insolvenzschuldnerin eine Gegenleistung erbracht.
95Dass die Hybridgläubiger Gegenleistungen an die Beklagte zu 8) und/oder an die Fa. M erbracht haben, wird von den Parteien nicht geltend gemacht. Entgegen der Auffassung der Berufung der Beklagten zu 1), 6) und 7) fehlt es ebenfalls an einer Gegenleistung des Ad Hoc Komitees für die von der Insolvenzschuldnerin übernommene Zahlungsverpflichtung. Die von dem Hybridgläubiger erklärte Bereitschaft, an der außergerichtlichen Restrukturierung der J AG mitzuwirken, stellt keine Gegenleistung dar, die die Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 InsO entfallen ließe. Für die Annahme der Entgeltlichkeit ist zwar nicht erforderlich, dass eine gleichwertige Gegenleistung durch den Anfechtungsgegner erbracht worden ist. Es muss sich jedoch zumindest um eine Leistung handeln, die dem aufgegebenen Vermögenswert des Insolvenzschuldners entspricht (vgl. hierzu Uhlenbruck/Ede/Hirte, 14. Aufl. 2015, § 134 Rdn. 27 f.).
96Dies war hier nicht der Fall. Als Gegenleistung für die Übernahme der Beraterhonorare hatten sich die Hybridgläubiger nicht zu konkreten Mitwirkungshandlungen an der geplanten Sanierung verpflichtet. Vielmehr waren der Umfang und der Inhalt etwaiger Mitwirkungspflichten überhaupt nicht festgehalten. Insbesondere bestand für die Gläubiger keine Pflicht, zu einem bestimmten Sanierungskonzept die Zustimmung zu erteilen. Sie haben auch keine Zusage erteilt, dem Umtausch der Anleihen in Eigenkapital und damit dem angestrebten debt-to-equity-swap überhaupt zuzustimmen. Entsprechend sah weder die von den Beklagten vorgetragene mündliche Vereinbarung anlässlich der Telekonferenz noch die später unterzeichneten Vereinbarungen vom 4.7.2013 bzw. 13.8.2013 eine diesbezügliche Gegenleistung vor. Vielmehr ist in der schriftlichen Vereinbarung vom 4.7.2013 ausdrücklich geregelt, dass als Folge der Vereinbarung – und damit der Zahlungsverpflichtung der Insolvenzschuldnerin – keine Leistungen im Verhältnis zwischen den Hybridgläubiger und der J AG erbracht werden sollten. Die Teilnahme der Gläubiger an der Restrukturierung und die Zustimmung zu einem außergerichtlichen Sanierungskonzept lagen damit in deren ausschließlichen Entscheidungsermessen, ohne dass die Insolvenzschuldnerin in irgendeiner Weise die Möglichkeit hatte, als Gegenleistung für die Übernahme der nicht unerheblichen Beratungshonorare Ansprüche an die Gläubiger zustellen.
97Letztlich bestand nur eine bloße Hoffnung der J AG, dass die Mitglieder des Ad Hoc Komitees wegen der zugesagten Übernahme der Beraterhonorare sich loyal verhalten würden. Eine solche einseitige Vorstellung der Insolvenzschuldnerin begründet weder einen angemessenen Vermögenszuwachs, noch kann die gegenüber den Beklagten zu 1) bis 7) bestehende Erwartung aus deren Sicht als ausreichende vermögenswerte Aufwendung bewertet werden. Eine vom Leistenden mit der Zuwendung verbundene Erwartung eines künftigen gefälligen Verhaltens des Empfängers führt zumindest wegen der fehlenden rechtlichen Abhängigkeit zur Leistung nicht zur Bewertung der Zuwendung als entgeltlich (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1990, IX ZR 29/90, NJW 1991, 562; OLG Hamm, Urt. v. 13.11.2001, 27 U 96/02, ZIP 2002, 313; Kreft/Thole, InsO. 7. Auflage 2014. § 134 Rdn. 9; MünchKommInsO/Kayser, 3. Auflage 2013, § 134 Rdn. 23 m.w.Nachw.).
98Die Teilnahme an der Restrukturierung lag zudem in dem vorrangigen Interesse der Hybridgläubiger, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit einem Totalverlust ihrer Anleihen, die dem Zeitpunkt der Sanierungsbemühung der Schuldnerin noch einen Nominalwert von ca. 40 Mio. € hatten, rechnen mussten. Demgegenüber bot sich für Gläubiger in dem außergerichtliche Verfahren mit der angedachten Umwandlung der Hybridanleihe in Eigenkapital die Möglichkeit, im Rahmen der Verhandlungen über die Erteilung einer Zustimmung hierzu ihre eigenen Interessen zu verfolgen, nämlich – worauf sich auch die Beklagten berufen - den Erhalt eines „Wertes“ an der sanierten Gesellschaft für die vollständige Umwandlung der Hybridanleihe.
99cc) Anfechtung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO
100Hinsichtlich der am 13.8.2013 erfolgten Übernahme der bestehenden Zahlungsverpflichtungen der Mitglieder des Ad Hoc Komitees gegenüber der Fa. M liegen zudem die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Der Abschluss dieser Vereinbarung erfolgte im letzten Monat vor der am 20.8.2013 erfolgten Insolvenzantragstellung. Zudem handelte es sich aus den bereits dargestellten Erwägungen um eine inkongruente Leistung, da die Hybridgläubiger gegen die Insolvenzschuldnerin keinen Befreiungsanspruch besaßen.
101dd) Umfang des Rückgewähranspruchs
102Da die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung vorliegen, sind die Beklagten zu 1), 6) und 7) gemäß § 143 Abs. 1 InsO zur Rückgewähr des Erlangten in Natur an die Insolvenzmasse verpflichtet. Soweit die Mitglieder des Ad Hoc Komitees durch die Zahlungen seitens der Insolvenzschuldnerin von ihren Verbindlichkeiten gegenüber den Beratern befreit wurden, haben sie nunmehr der Insolvenzmasse die unstreitig gezahlten Geldbeträge zurück zu gewähren.
103ee) Verwirkung/Verzicht
104Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, der Kläger als Sachwalter habe das Insolvenzanfechtungsrecht verwirkt bzw. auf die Geltendmachung einer Insolvenzanfechtung wirksam verzichtet.
105Soweit mit Schriftsatz vom 7.10.2014 behauptet wird, der Kläger habe über den seinerzeitigen Restrukturierungsvorstand A zugesagt, keine Anfechtungsklage wegen der Übernahme der Beraterkosten zu erheben, sofern der Insolvenzplan nicht behindert, sondern unterstützt würde; bzw. der Kläger habe eine entsprechende Zusage des Zeugen A gekannt und sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt, so dass ihm das Handeln des Zeugen A zuzurechnen sei, ist dieses Vorbringen – wie der Senat mit den Parteien erörtert hat - bereits unsubstantiiert. Es fehlt jeder Vortrag dazu, zu welchem Zeitpunkt der Kläger auf welche Weise von der nicht näher dargelegten Zusage erfahren haben sollte und wie seine Einverständniserklärung erfolgt wäre. Insofern würde die Vernehmung der von den Beklagten hierzu benannten Zeugen auf eine unzulässige Ausforschung hinausgelaufen. Es müssten die wesentlichen Tatsachen zu der behaupteten Kenntnis sowie der angeblichen Einverständniserklärung erst in unzulässiger Weise von Amts wegen ermittelt werden.
106Zudem wäre eine entsprechende Zusage des Klägers als Sachwalter insolvenzzweckwidrig und damit nichtig. Die hiermit verbundene einseitige Bevorzugung bestimmter Gläubiger würde dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zuwiderlaufen (vgl. hierzu auch K. Schmidt/Sternal, InsO, 19. Auflage 2015, § 80 Rn. 34).
107c) Rückgewähr-/Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte zu 8)
108Der Kläger kann gegen die Beklagte zu 8) weder einen Rückgewähr- noch einen Rückforderungsanspruch geltend machen.
109aa) Rückgewähranspruch, § 143 Abs. 1 InsO
110Eine Rückgewähr gem. § 143 Abs. 1 InsO scheidet aus, da weder die unter dem 4.7.2013 mit der Beklagten zu 8) getroffene Zahlungsvereinbarung noch die auf der Grundlage dieser Vereinbarungen erfolgten Zahlungen der Insolvenzschuldnerin im Verhältnis zu der Beklagte zu 8) anfechtbar sind.
111Die Voraussetzungen einer Anfechtung gem. § 134 Abs. 1 InsO scheidet aus. Bei der Vereinbarung v.4.7.2013 handelte es sich – wie vorstehend erörtert – um eine berechtigende Erfüllungs-/Schuldübernahme, durch die einerseits die Beklagten zu 1) bis 7) einen Anspruch auf Befreiung von den Verbindlichkeiten gegenüber ihren Beratern erhielten und anderseits die Beklagte zu 8) einen eigenen Zahlungsanspruch gegenüber der Insolvenzschuldnerin erwarb. Richtiger Anfechtungsgegner bei einer solchen Absprache ist grundsätzlich der Dritte, dessen Schuld getilgt wird und der durch die Leistung des Insolvenzschuldners frei wird, hier also das Ad Hoc Komitee (vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand Nov. 2015, § 134 Rdn. 60). Eine – wie hier geltend gemachte – zusätzliche Anfechtung gegenüber dem Leistungsempfänger kommt nur in Betracht, wenn das Verhältnis zwischen ihm und dem leistenden Insolvenzschuldner unentgeltlich ist. Erbringt der Leistungsempfänger (Gläubiger des Dritten) eine Gegenleistung für die Leistung des Insolvenzschuldners, so liegt Entgeltlichkeit vor. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass die Gegenleistung an den späteren Insolvenzschuldner selbst erfolgt. Entscheidend ist, ob der Empfänger überhaupt eine Gegenleistung für die erhaltene Zuwendung zu erbringen hat (z.B. BGH, Urt. v. 19.11.2009, IX ZR 9/08, ZIP 2010, 36; Urt. v. 5.6.2008, IX ZR 163/07, ZIP 2008, 1385; Urt. v. 16.11.2007, IX ZR 194, 04, BGHZ 184, 228; Senat, Beschl. v. 1.6.2004, 2 U 19/04, ZInsO 2004, 871; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand Nov. 2015, § 134 Rdn. 61 mit umfangreichen weiteren Nachweisen in Fn. 201).
112Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu 8) aus. Denn die Beklagte zu 8) war unstreitig verpflichtet, an die Mitglieder des Ad Hoc Komitees eine Gegenleistung in Form einer rechtlichen Beratung zu erbringen. Entsprechende Leistungen sind auch erbracht worden. So heißt es in dem für den Senat bindenden Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils, dass die Beklagte zu 8) und das Unternehmen M & Co. Limited das Ad Hoc Komitee berieten und bei dem dann durchgeführten Versuch der finanziellen Restrukturierung der Insolvenzschuldnerin zu Sanierungszwecken vertraten. Dass abweichend hiervon eine rechtliche Beratung des Ad Hoc Komitees durch die Beklagte zu 8) nicht bzw. nicht in dem geltend gemachten Umfang erfolgt ist, wird seitens des für einen Anspruch gem. § 143 Abs.1 i.V.m. § 134 Abs. 1 InsO darlegungs- und beweispflichtigen Klägers weder konkret aufgezeigt noch unter Beweis gestellt.
113Die Voraussetzungen eines anderen Anfechtungsgrundes liegen nicht vor. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung werden von dem Kläger nicht ausreichend dargelegt. Es fehlt schon an einem konkreten Vortrag zu einem eventuellen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin. Insbesondere werden keine Indizien aufgezeigt, die einen entsprechenden Rückschluss hierauf erlauben würden. So sind konkrete Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit bzw. eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu dem jeweils maßgeblichen Zeitpunkt nicht ersichtlich. Der später eingereichte Insolvenzantrag ist auch auf diese Eröffnungsgründe nicht gestützt worden, sondern auf eine Überschuldung der Insolvenzschuldnerin.
114Eine Anfechtung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheidet auch hinsichtlich der in dem letzten Monat erfolgten Zahlungen aus, da diese ihre Rechtsgrundlage in der außerhalb der Monatsfrist abgeschlossenen und nicht anfechtbaren Vereinbarung vom 4.7.2013 haben und damit kongruent sind.
115bb) Rückforderungsanspruch, §§ 812 ff. BGB
116Entgegen der Annahme des Landgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 8) auch kein Rückforderungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
117aaa) Wegen Nichtigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB
118Es kann hier dahinstehen, ob bei einer unterstellten Nichtigkeit der Vereinbarung vom 4.7.2013 eine Rückabwicklung wegen eines Mangels im Deckungsverhältnis ausschließlich in dem Verhältnis zur den Beklagten zu 1) bis 7) erfolgen muss (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 75. Auflage 2016, § 812 Rn. 58). Die unter dem 4.7.2013 abgeschlossene Vereinbarung (Legal Fee Assumption Agreement) ist bereits nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
119Allerdings scheitert die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon an dem von ihnen angenommenen Vorrang der §§ 129 ff. InsO. An diesem Ansatz ist zwar richtig, dass bei Rechtshandlungen, deren Inhalt und Zweck im Wesentlichen darin besteht, die Gläubiger zu benachteiligen, die Sondervorschriften der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung grundsätzlich abschließend regeln, unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger geschützt werden. Die allgemeine Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB kommt daneben nur zur Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist – wenn z.B. die Gläubigergefährdung mit einer Täuschungsabsicht oder einem Schädigungsvorsatz einhergeht (vgl. etwa BGH, Urt. v. 19.3.1998, IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 138 Rdn. 86).
120Das Landgericht hat die Annahme der Sittenwidrigkeit des Legal Fee Assumption Agreement nicht auf seine gläubigerbenachteiligende Wirkung, sondern darauf gestützt, dass es die Insolvenzschuldnerin, die über keinerlei Kontrollmöglichkeiten verfügt habe, rechtlos gestellt und so krass einseitig und ungemessen benachteiligt habe. Dieser Gesichtspunkt ist für eine Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. InsO bedeutungslos und wird deshalb von diesen Vorschriften auch nicht vorrangig und abschließend geregelt.
121Die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB liegen indes nicht vor. Allein die Übernahme der Zahlungsverpflichtung eines Dritten begründet noch keine Sittenwidrigkeit, wie bereits aus der gesetzlichen Wertung der §§ 328, 329 BGB folgt. Das Gesetz sieht die Möglichkeit von drittbegünstigenden Verträgen vor. Auch die konkrete Übernahme der Zahlungsverpflichtung ist nicht sittenwidrig. Denn die Insolvenzschuldnerin hatte ein anerkennenswertes Interesse an der Mitwirkung der Hybridgläubiger an dem geplanten „debt to equity swap“. Vor diesem Hintergrund verstößt es auf jeden Fall - unabhängig von den von den Beklagten angeführten, für § 138 Abs. 1 BGB aber wohl unerheblichen Usancen in den Vereinigten Staaten – nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn die Mitglieder des Ad Hoc Komitee ihre grundsätzliche Bereitschaft, die Umwandlung der Anleihe in Eigenkapital zu erwägen, von einer Übernahme der Beratungskosten abhängig machten.
122Für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit verbleibt deshalb allenfalls die auch von der Kammer in den Vordergrund gestellte Tatsache, dass die Insolvenzschuldnerin keine Möglichkeit hatte, die Berechtigung des in Rechnung gestellten Honorars zu überprüfen. Das lag aber letztlich in der Natur der Sache: Die Beratungsleistungen sollten, was auch dem legitimen Zweck der Vereinbarung entsprach, ausschließlich für das Ad Hoc Komitee erbracht werden, die J selbst konnte die Leistungserbringung also gar nicht überprüfen, sondern musste insoweit der Prüfung durch das Komitee (bzw. die B Management LP als dessen „Representative“) vertrauen. Das wäre aber auch nicht anders gewesen, wenn die J sich nur zu einer Erstattung der zunächst vom Ad Hoc Komitee bezahlten Rechnungen verpflichtet hätte. Es ist im Geschäftsverkehr (wie allgemein im Leben) auch keine Seltenheit, dass man auf die Redlichkeit seinem Geschäftspartner vertraut - oder vertrauen muss. Dies gilt gerade für Beraterhonorare, die - wie hier - nach Stunden abgerechnet werden. Im Übrigen bestand auch kein Grund zu der Annahme, dass das Ad Hoc Komitee und/oder die I2 LLP vorgehabt hätten, der Insolvenzschuldnerin nicht oder für andere Zwecke erbrachte Leistungen „unterzuschieben“. Dass die J sich auf ein entsprechendes „Restrisiko“ eingelassen hat, begründet noch nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit.
123Die Insolvenzschuldnerin war und ist zudem - wie auch ihr eigenes Prozessverhalten in dem Parallelverfahren zeigt - keineswegs rechtlos. Denn die „Freigabe“ der Gebührenforderungen durch die B Management LP war letztlich nur ein Kontrollinstrument, um die Berechtigung der geltend gemachten Honorarforderungen sicherzustellen. Der J ist damit aber nicht die Möglichkeit abgeschnitten, ihrer Inanspruchnahme - sei es durch die I2 LLP oder deren Rechtsnachfolgerin, sei es durch die Mitglieder des Ad Hoc Komitee - den Einwand fehlender Leistungserbringung entgegen zu halten. Dem entspricht es, dass sie im Rahmen des Parallelverfahrens u.a. den Einwand erhoben hat, die der Klageforderung zu Grunde liegenden Leistungen seien von dem Legal Fee Assumption Agreement gar nicht erfasst oder überhöht.
124Schließlich ist auch in der fehlenden Begrenzung der übernommenen Honorarforderungen in der Höhe nichts Anstößiges zu erkennen. Die Beratungstätigkeit, deren Kosten die Insolvenzschuldnerin übernommen hat, war in der Sache durch den allseits anerkannten Zweck (Beratung zur Umwandlung der Hybridanleihe in Eigenkapital der J) begrenzt. Die dabei möglicherweise anfallenden Gebühren waren zwar ganz erheblich; im Verhältnis zum Nennwert der Anleihe bzw. dem Nominalwert und dem möglichen Risiko der Gläubiger waren die Honorarforderungen nicht im Sinne von § 138 BGB unverhältnismäßig, zumal die Insolvenzschuldnerin die Möglichkeit hatte, die Vereinbarung zu kündigen und damit weitere Zahlungsverpflichtungen zu beenden
125bb) Wegen Verstoß gegen § 71a Abs. 1 S. 1 AktG
126Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt das Legal Fee Assumption Agreement nicht gegen § 71a Abs. 1 S. 1 AktG. Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat. Die Vorschrift, die in Zusammenhang mit dem in § 71 AktG geregelten grundsätzlichen Verbot des Erwerbs eigener Aktien zu sehen ist, betrifft die die Problematik des sogenannten „Leveraged Buyout“. Dabei handelt es sich um fremdfinanzierte Unternehmenskäufe, im Rahmen derer das Vermögen der Zielgesellschaft zur Finanzierung der Übernahme oder zu deren Besicherung in Anspruch genommen wird. Im Unterschied zum Fall des § 71 AktG erwirbt die AG in den Fällen des § 71a Abs. 1 AktG zwar nicht selbst eigene Aktien, sie wird aber durch die finanzielle Unterstützung des Erwerbs Dritter mit vergleichbaren wirtschaftlichen Folgen belastet. Auch hier wird das Grundkapital nicht mehr von den Aktionären zur Verfügung gestellt, sondern von der Gesellschaft finanziert (vgl. etwa MünchKommAktG/Oechsler, 3. Aufl. 2008, § 71a Rdn. 1 f., 3).
127So liegt der Fall hier aber nicht. Die Übernahme des Beratungshonorars sollte die Mitglieder das Ad Hoc Komitee zwar für eine Kapitalübernahme gewogen stimmen, damit sollte aber keineswegs die erforderliche Finanzierung der Anteilsübernahme selbst erfolgen. Die Beklagten weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass eine mögliche Beteiligung der Gläubiger schon längst - nämlich durch den Erwerb der Hybridanleihe - finanziert war. Wenn diese entsprechend den Vorstellungen der Insolvenzschuldnerin in Eigenkapital umgewandelt worden wäre, hätte es keiner weiteren Finanzierung - erst recht keiner durch die klamme Insolvenzschuldnerin - mehr bedurft.
128Dementsprechend handelt es sich auch nicht um eine so genannte „Break-fee-Vereinbarung.“ Gegenstand einer solchen Vereinbarung ist die Erstattung der (Beratungs-und Due-Diligence-)Kosten des Übernahmeversuchs durch die Zielgesellschaft, falls dieser nachträglich scheitern sollte (vgl. MünchKommAktG/Oechsler, 3. Auflage 2008, § 71a Rdn. 29). Maßgeblich ist dabei weniger, dass die Vereinbarung unbedingt und nicht nur für den Fall des Scheiterns getroffen wurde, sondern vor allem dass es nicht darum geht, einem Bieter eine Sicherheit zu stellen, die diesem die Refinanzierung der Übernahme erleichtert, sondern dass die J bereits vorhandenen Gläubigern im Rahmen der in ihrem eigenen Interesse stattfindenden Restrukturierungsmaßnahmen Kosten erstattet. Insofern greift der Gedanke des Kapital – und Vermögensschutzes nicht (vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 1; Sieger/Hasselbach, BB 2004, 60).
129Ebenso wenig handelt es sich um einen so genannten Einbringungsvertrag, mit dem die AG Verpflichtungen in Form von Garantie-oder Gewährleistungszusagen zu Gunsten solcher Aktionäre eingegangen wäre, die ihre Aktien gegen Beteiligungen an der AG tauschen sollen (vgl. hierzu MünchKomm/AktG-Oechsler, 3. Auflage 2008, § 71a Rdn. 30; Sieger/Hasselbach, BB 2004, 60). Vorliegend ging es weder um die Erbringung einer Sicherheitsleistung, noch um die Absicherung eines möglichen Wertverlustes, sondern nur um die Erstattung von Rechtsberatungskosten.
130cc) Wegen nicht erbrachter Leistungen in der Zeit vom 10.5.2013 – 11.7.2013
131Schließlich kann sich der Kläger im Verhältnis zu der Beklagten zu 8) nicht auf ein Rückforderungsrecht hinsichtlich der für den Zeitraum bis zum 11.7.2013 erbrachten Honorarzahlungen in Höhe von 353.514,87 € berufen. Offen bleiben kann es hierbei, ob – wofür die Regelung in Ziffer 7 der Vereinbarung vom 4.7.2013 spricht und wovon nunmehr auch die Beklagten ausgehen – die Beratungsfirma bereits am 10.5.2013 oder – so die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren unter Hinweis der „Beauftragung aufgrund der Zusage der Honorarübernahme und nunmehr der Kläger – die Beklagten zu 8) zu einem späteren Zeitpunkt beauftragt worden ist. Sollte die Auftragserteilung tatsächlich erst mit der Vereinbarung vom 4.7.2013 erfolgt sein, schließt dies eine wirksame Erstattung der bereits zuvor seitens der Beklagten zu 8) getätigten Aufwendungen nicht aus. Denn die Vertragsparteien haben eine entsprechende Zahlungsverpflichtung hinsichtlich der ab dem 10.5.2013 vorgenommenen Tätigkeit ausdrücklich vereinbart. Dass und in welchem Umfang tatsächlich in dem Zeitraum vom 10.5.2013 bis 11.7.2013 keine rechtliche Beratung des Ad Hoc Komitees erfolgt ist, wird seitens des für einen Anspruch gem. §§ 812 ff. BGB darlegungs- und beweispflichtigen Klägers weder konkret aufgezeigt noch unter Beweis gestellt.
1322. Berufung des Klägers
133Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Berufung des Klägers im Verhältnis zu den Beklagten zu 1), 6) und 7) Erfolg hat. Insoweit sind die Beklagten wegen des bestehenden Rückgewähranspruchs verpflichtet, seit Insolvenzeröffnung am 1.1.2013 zusätzlich Prozesszinsen nach § 143 Abs. 1 S. 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB zu entrichten.
1343. Feststellung der Teilerledigung
135Auf den Antrag des Klägers ist, da die Beklagten der Teilerledigungserklärung widersprochen haben, zudem festzustellen, dass der Rechtsstreits sich teilweise im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) bis 7) erledigt hat. Wie der Senat vorstehend erörtert hat, war die ursprüngliche Klage insoweit zulässig und begründet. Diese ist, da der Kläger insoweit von einer gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) bis 7) abgerückt ist, in Höhe der seitens der Beklagten zu 2) bis 5) erfolgten Teilzahlungen erledigt. Hinsichtlich der Beklagten zu 8) konnte keine Teilerledigung festgestellt werden, da insoweit – wie vorstehend aufgezeigt – die ursprüngliche Klage bereits unbegründet war.
1364.
137Die Ausführungen der Parteien in den nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsätze vom 13.1.2016, bei Gericht eingegangen am 18.1.2016, sowie vom 10.2.2016 rechtfertigen keine von den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung abweichende Beurteilung durch den Senat. Neues tatsächliche Vorbringen konnte gem. §§ 525, 296a ZPO keine Berücksichtigung mehr finden. Insoweit bestand auch keine Veranlassung, die ordnungsgemäß geschlossene mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, was auch von den Parteien nicht beantragt worden ist. Der Sach- und Streitstand ist umfassend in der mündlichen Verhandlung durch den Senat erörtert worden. Zudem hatte die Parteien hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Die rechtlichen Ausführungen hat der Senat bei seiner Entscheidung umfassend berücksichtigt.
138III.
139Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 516 Abs. 3 ZPO.
140Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
141Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist. Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen, insbesondere zu einer Anfechtung nach § 134 InsO, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im Übrigen beruht die Beurteilung des Streitfalles nur auf einer Würdigung des Vorbringens zu den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls.
142IV.
143Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
144Berufung des Klägers: 75.166,41 €
145(Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten von 737.495,22 € ab dem
14601.11.2013 bis 27.05./09.06.2015 = rd. 20 Monate x ca. 5 %
147= 61.457,92 € + Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten von 470.005,70 €
148ab dem 09.06.2015 = rd. 7 Monate x ca. 5 % = 13.708,50 €)
149Berufung der Beklagten zu 1), 3), 6)-7) 737.495,22 €
150Berufung der Beklagten zu 8) 687.495,22 €
151insgesamt (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG entsprechend)737.495,22 €
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlöschen die Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Der Schuldner erhält das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen.
(2) Die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung bleiben unberührt.
(3) Einen anhängigen Rechtsstreit, der die Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, kann der Verwalter auch nach der Aufhebung des Verfahrens fortführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen ist. In diesem Fall wird der Rechtsstreit für Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Plan keine abweichende Regelung getroffen wird.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat, ist nichtig. Dies gilt nicht für Rechtsgeschäfte im Rahmen der laufenden Geschäfte von Kreditinstituten, von Finanzdienstleistungsinstituten oder von Wertpapierinstituten sowie für die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder für die Leistung einer Sicherheit zum Zweck des Erwerbs von Aktien durch Arbeitnehmer der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens; auch in diesen Fällen ist das Rechtsgeschäft jedoch nichtig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb nicht bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf. Satz 1 gilt zudem nicht für Rechtsgeschäfte bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291).
(2) Nichtig ist ferner ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und einem anderen, nach dem dieser berechtigt oder verpflichtet sein soll, Aktien der Gesellschaft für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens zu erwerben, soweit der Erwerb durch die Gesellschaft gegen § 71 Abs. 1 oder 2 verstoßen würde.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 687.495,22 Euro zu zahlen;
2. die Beklagten zu 1) bis 7) werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 50.000,00 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger macht als Insolvenzverwalter Ansprüche auf Rückzahlung von Anwaltshonorar geltend.
3Bei der J AG (Insolvenzschuldnerin) zeichneten sich Anfang des Jahres 2013 finanzielle Schwierigkeiten ab. Dies lag insbesondere an der anstehenden Fälligkeit großvolumiger Bankdarlehen sowie an der drohenden Ausübung einer sog. "Put-Option" der Gläubiger einer Wandelanleihe im Nominalwert von 400 Millionen Euro im März 2014. Deshalb beschloss der damalige Vorstand der Insolvenzschuldnerin die Erarbeitung einer neuen, ganzheitlichen Finanzierungsstrategie für das Unternehmen unter Hinzuziehung eines großen rechtlichen und wirtschaftlichen Beraterstabes. Es sollte der Versuch der finanziellen Sanierung des Unternehmens außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens unternommen werden („außergerichtliche Restrukturierung“). Die Gläubiger der Insolvenzschuldnerin ließen sich in fünf Gruppierungen einteilen: Die Gläubiger des "Bilateralen Kredits" (Volumen 100 Millionen Euro), des "T I" (Volumen 1,35 Milliarden Euro), des "T II" (Volumen 1,047 Milliarden Euro), der "Wandelanleihe" (Volumen 400 Millionen Euro) und der "Hybridanleihe" (Volumen 400 Millionen Euro). Aufgrund der finanziellen Situation der Insolvenzschuldnerin waren die Zinszahlungen auf die Hybridanleihe etwa zwei Jahre vor dem späteren Insolvenzverfahren zurückgestellt worden. Die Anleihebedingungen der Insolvenzschuldnerin sahen die Möglichkeit dieser Stundung ausdrücklich vor.
4Im Mai 2013 wurde dann ein Sanierungskonzept erstellt. Dieses sah vor, dass die Forderungen der Gläubiger in Eigenkapital der Insolvenzschuldnerin umgewandelt werden sollten (sog. „Debt-to-Equity-Swap“). Dafür war u. a. die Zustimmung der Gläubiger der Hybridanleihe erforderlich, weil dieser Vorgang für die Gläubiger einen Verzicht auf ihre Forderungen aus der Anleihe bedeutet hätte. Bei den Beklagten zu 1) bis 7) handelt es sich um die wesentlichen Gläubiger der Hybridanleihe. Auf Aufforderung der Insolvenzschuldnerin schlossen sich die Beklagten zu 1) bis 7) zum Zwecke der Sanierung in einem Gläubigerausschuss zusammen (sog. „Ad-Hoc Komitee“). Das "Ad-Hoc Komitee" konnte für die Gläubiger der Wandelanleihe Beschlüsse fassen, weil die dortigen Gläubiger über 50% der Forderungen der Wandelanleihe hielten. Der Vorstand der Insolvenzschuldnerin sagte dem "Ad-Hoc Komitee" zu, dessen Auslagen zu übernehmen. Dies sollte insbesondere die Ausgaben des Komitees für externe Berater einschließen. Auf diese Weise sollte die Mitwirkung des "Ad-Hoc Komitees" an der erfolgreichen Umsetzung der außergerichtlichen Finanzierungsstrategie sichergestellt werden. Die Übernahme der Kosten des "Ad-Hoc Komitees" durch die Insolvenzschuldnerin wurde in einem Vertragswerk festgeschrieben (sog. „Legal Fee Assumption Agreement“, Bl. ### d. A.). Zum Zeitpunkt der Zusage der Kostenübernahme notierte die Hybridanleihe noch mit über 10% ihres Nominalwertes. Die Gläubiger sollten im Rahmen der angestrebten finanziellen Sanierung auf diese Forderungen verzichten und dann in einer auszuhandelnden Weise an der sanierten Gesellschaft beteiligt werden. Auf der Grundlage der Honorarübernahmeerklärung wurden zwei Firmen als Berater für das Ad-Hoc Komitee tätig, und zwar die Beklagte zu 8) (Q2 LLP) als Rechtsberater und das Unternehmen M & Co. Limited als Finanzierungsberater.
5In Ziffer 3) des "Legal Fee Assumption Agreement" vom 04.07.2013 hieß es zu der Kostenübernahme übersetzt (vgl. Bl. #, ### d. A.):
6„3. (...) J erklärt sich einverstanden, nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung das Honorar, den Aufwand und die Auslagen von Q2 in Verbindung mit der Beratung des Ad-Hoc Komitees zu zahlen. (…).“
7Eine Mandatsbeziehung zwischen der Beklagten zu 8) und der Insolvenzschuldnerin sollte ungeachtet der Kostenübernahme nicht entstehen. Vielmehr sollte lediglich das "Ad-Hoc Komitee" Mandantin der Beklagten zu 8) sein. Dazu bestimmte Ziffer 4) Abs. 1 des "Legal Fee Assumption Agreement" übersetzt:
8„4. Ungeachtet der Tatsache, dass J das Honorar für die Beratungsleistungen von Q2 gegenüber dem Ad-Hoc Komitee zahlt, ist einzig das Ad-Hoc Komitee Mandant von Q2. Q2 wird ausschließlich im Interesse des Ad-Hoc Komitees und nicht für J tätig. Dementsprechend entsteht keine Mandatsbeziehung zu J und Q2 schuldet J keine Fürsorgepflicht. Im Verhältnis zwischen J und Q2 und im Verhältnis zwischen J und dem Ad-Hoc Komitee sind als Folge dieser Vereinbarung keine Leistungen zu erbringen. (...).“
9Ziffer 4) der Honorarübernahmevereinbarung sah weiter vor, dass die von der Beklagten zu 8) zu erbringenden Tätigkeiten dem Anwaltsgeheimnis unterfallen sollten. Gegenüber der J AG sollten die Tätigkeiten der Beklagten zu 8) nicht einzeln aufgeschlüsselt werden müssen. Dazu bestimmte Ziffer 4) Abs. 2 des "Legal Fee Assumption Agreement" übersetzt (Bl. ### d. A.):
10"4. (...) Sämtliche Tätigkeiten, die durch Q2 ausgeübt werden, sind vertrauliche und werden durch alle anwendbaren Privilegien, insbesondere das Anwaltsgeheimnis, geschützt und nichts in dieser Vereinbarung soll als Verzicht eines solchen Privilegs oder als Verzicht auf die Vertraulichkeit zwischen Q2 und dem Ad-Hoc Komitee ausgelegt werden."
11Zu der Abwicklung der von der Insolvenzschuldnerin übernommenen Zahlungen sah das "Legal Fee Assumption Agreement" in Ziffer 10) übersetzt die folgende Regelung vor (Bl. ### d. A.):
12"10. (...) B LP als Sprecher des Ad-Hoc Komitees hat der J zu bestätigen, dass die durch Q2 fakturierten Leistungen in Übereinstimmung mit dem Legal Fee Assumption Agreement erbracht worden sind. (...) J ist verpflichtet, innerhalb von sieben Tagen nach Rechnungstellung und Zugang einer Kopie sowie einer Bestätigung des Sprechers des Ad-Hoc Komittees Zahlung zu leisten. (...)."
13Die Beklagte zu 8) und das Unternehmen M & Co. Limited berieten und vertraten das "Ad-Hoc Komitee" bei dem dann durchgeführten Versuch der finanziellen Restrukturierung der Insolvenzschuldnerin zu Sanierungszwecken. Es wurden Meetings und Verhandlungsgespräche durchgeführt, in denen über verschiedene Angebote zu einer Sanierung der Insolvenzschuldnerin bzw. zu der späteren Ausgestaltung der Beteiligung der Gläubiger an der sanierten J AG verhandelt wurde. Die Insolvenzschuldnerin zahlte auf die Kosten der Beratungsleistungen zunächst einen Vorschuss i. H. v. 150.000,00 Euro. Sie zahlte später an M & Co. Limited ein Honorar i. H. v. 50.000,00 Euro und an die Beklagte zu 8) ein Honorar von insgesamt 687.495,22 Euro. In der Summe zahlte die Insolvenzschuldnerin also 737.495,22 Euro, deren Rückzahlung der Kläger begehrt. Der von den Beteiligten unternommene Versuch der außergerichtlichen Restrukturierung der Insolvenzschuldnerin zur Abwendung des Insolvenzverfahrens scheiterte letztlich. Die beteiligten Gläubigergruppen konnten sich nicht einigen.
14Der Kläger ist der Rechtsauffassung, die gezahlten Honorare i. H. v. 687.495,22 Euro und i. H. v. weiteren 50.000,00 Euro seien an die Insolvenzschuldnerin zurückzuführen. Er hat unter den Gesichtspunkten der Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) und der Unentgeltlichkeit (§ 134 InsO) die insolvenzrechtliche Anfechtung der zugrundeliegenden Vereinbarungen erklärt. Er meint weiter, die Honorarübernahmeerklärung seitens der Insolvenzschuldnerin verstoße als unzulässige Finanzierungshilfe gegen § 71a Abs. 1 S. 1 AktG und sei deshalb nichtig.
15Der Kläger beantragt,
161. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 687.495,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. seit dem 01. November 2013 zu zahlen;
172. die Beklagten zu 1) bis 7) darüber hinaus als Gesamtschuldner zu verurteilen, einen weiteren Betrag in Höhe von 50.000,00 Euro über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. seit dem 01. November 2013 zu zahlen.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Sie sind der Ansicht, die Voraussetzungen für eine insolvenzrechtliche Anfechtung seien nicht erfüllt. Die Übernahme der Kosten eines außergerichtlichen Restrukturierungsversuchs einschließlich der externen Beratungskosten durch das zu sanierende Unternehmen sei üblich. Es habe kein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten der Insolvenzschuldnerin vorgelegen. Die Kostenübernahme sei weder im Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin zu der Beklagten zu 8), noch im Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und den Beklagten zu 1) bis 7) unentgeltlich erfolgt. Eine Nichtigkeit gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG liege weder tatbestandlich, noch nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift vor. Es handele sich gar nicht um eine Finanzierungshilfe. Die Beklagten behaupten, der Kläger habe die Rückforderung, die er nun geltend macht, seinerzeit ausgeschlossen. Der damalige Restrukturierungsvorstand der Insolvenzschuldnerin, Herr A, habe dem N Director von N2, einem Gläubiger der Gruppes des T I, Herrn Q, zugesagt, keine Ansprüche gegen die Beklagten und/oder das Unternehmen M wegen der gezahlten Beratungsauslagen geltend zu machen, sofern die Beklagte zu 1) keine Einwendungen gegen den Insolvenzplan erhebe. Der Kläger habe diese Zusicherung des Vorstandsmitglieds gekannt und er habe sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt.
21Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Klage ist bis auf die Zinsforderungen begründet.
24Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des von der Insolvenzschuldnerin gezahlten Rechtsanwaltshonorars i. H. v. 687.495,22 Euro aus § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB.
25Gegen die Beklagten zu 1) bis 7) hat der Kläger darüber hinaus einen Anspruch auf Rückzahlung von weiteren 50.000,00 Euro ebenfalls aus § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB.
26Die Beklagten wurden durch die seitens der Insolvenzschuldnerin geleisteten Zahlungen ohne rechtlichen Grund bereichert. Die Beklagte zu 8) erlangte den Anspruch auf Auszahlung des von der J AG gezahlten Rechtsanwaltshonorars i. H. v. 687.495,22 Euro. Die Beklagten zu 1) bis 7) - das sog. "Ad-Hoc Komitee" erlangte insoweit die Befreiung von einer Verbindlichkeit in dieser Höhe. Denn sie waren die Mandanten der Beklagten zu 8) und erhielten deren Rechtsberatungsleistungen, ohne den entsprechenden Honorarforderungen ausgesetzt gewesen zu sein. Die Beklagten zu 1) bis 7) erlangten darüber hinaus die Befreiung von einer weiteren Verbindlichkeit i. H. v. 50.000,00 Euro. Denn sie erhielten auch die Finanzberatungsleistungen des Unternehmens M & Co. Limited, dessen Honorarforderung ebenfalls von der Insolvenzschuldnerin beglichen wurde.
27Diese Bereicherung der Beklagten ist ohne einen rechtlichen Grund eingetreten. Dies gilt unabhängig von den seitens des Klägers hier geltend gemachten, insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbeständen. Denn das "Legal Fee Assumption Agreement" vom 04.07.2013 (Bl. ### d. A.), auf dessen Grundlage die Insolvenzschuldnerin die Honorarforderungen bezahlte, ist nichtig. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Regelungen in dieser Honorarübernahmevereinbarung rechtlich unwirksam sind. Denn das "Legal Fee Assumption Agreement" verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB. Es ist sittenwidrig und mit den Grundsätzen von Treu und Glauben aus § 242 BGB nicht zu vereinbaren.
28Gem. § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Nach der Rechtsprechung ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (RG 80, 221; BGH 10, 232; 69, 297; NJW 04, 2668/70, BAG NZA 06, 1354). In dem hier zu entscheidenden Fall - ebenso wie in dem Parallelrechtsstreit LG Bonn Akz. 7 O 237/14 - ergibt sich die Sittenwidrigkeit konkret aus einem Verstoß gegen die der Rechtsordnung immanenten, rechtsethischen Werte und Prinzipien. Der Inhalt der Vereinbarungen des "Legal Fee Assumption Agreement" als solcher ist sittenwidrig und mit grundlegenden Wertungen der Rechtsordnung unvereinbar. Der objektive Inhalt der vertraglichen Regelungen verletzt Wertmaßstäbe, die in der Rechtsordnung selbst angelegt sind. Derartige Rechtsgeschäfte kann die Rechtsordnung auch bei Gutgläubigkeit der Parteien nicht als verbindlich anerkennen (Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 138 Rn. 7).
29Die Anstößigkeit und Verwerflichkeit im Sinne einer Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB ergibt sich hier aus einer Gesamtschau und dem Zusammenspiel der in den Ziffern 3), 4) und 10) des "Legal Fee Assumption Agreement" vom 04.07.2013 getroffenen Vereinbarungen. Diese Vereinbarungen stellten eine krass einseitige, unangemessene Benachteiligung zum Nachteil der Insolvenzschuldnerin, der J AG dar. Denn das Vertragswerk belastete die Insolvenzschuldnerin einseitig mit Zahlungspflichten, ohne ihr im Gegenzug ausreichende Rechte einzuräumen. Der Insolvenzschuldnerin wurden weder Gegenrechte, noch Gestaltungsrechte oder Kontrollrechte eingeräumt. Sie wurde vielmehr der Willkür der anderen Akteure, namentlich der Willkür des sog. "Ad-Hoc Komitees" (Beklagte zu 1) bis 7)) und der Willkür der Beklagten zu 8) ausgeliefert. Hierauf haben die Prozessbevollmächtigten der Insolvenzschuldnerin in dem Parallelrechtsstreit LG Bonn Akz. 7 O 237/14 zu Recht hingewiesen, wenngleich sie den entscheidenden Gesichtspunkt dort nicht in den rechtlichen Kontext des § 138 Abs. 1 BGB eingeordnet haben.
30Die Insolvenzschuldnerin wurde durch die genannten Regelungen der Honorarübernahmevereinbarung in einer sittenwidrigen Art und Weise rechtlos gestellt, die in ihren Auswirkungen einem unzulässigen Vertrag zulasten Dritter gleichkam. Ein derartiges Rechtsgeschäft verstößt gegen die Grundsätze der herrschenden Rechtsordnung und kann innerhalb dieser Rechtsordnung keine rechtlichen Wirkungen entfalten. Zwar handelte es sich um keinen echten Vertrag zulasten Dritter, der in der Rechtsordnung per se keine Existenzberechtigung gehabt hätte. Denn die Insolvenzschuldnerin war ja an dem Abschluss der Honorarübernahmevereinbarung als Vertragspartnerin beteiligt. Das vorliegende Rechtsgeschäft kam in seinen Rechtswirkungen aber einem solchen, verbotenen Vertrag zulasten Dritter gleich und kann deshalb ebenso wenig von der Rechtsordnung anerkannt werden.
31Denn auf der einen Seite sah Ziffer 3) der Honorarübernahmevereinbarung vor, dass die Insolvenzschuldnerin das gesamte Honorar der Beklagten zu 8) für die Beratung des "Ad-Hoc Komitee" (Beklagte zu 1) bis 7)) nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung zu zahlen hatte. Auf der anderen Seite wurde die Insolvenzschuldnerin rechtlos gestellt. Denn laut Ziffer 4) Abs. 1 der Honorarübernahmevereinbarung sollte eine Mandatsbeziehung ausschließlich im Verhältnis zwischen dem "Ad-Hoc Komitee" und der Beklagten zu 8) entstehen. Die Insolvenzschuldnerin wurde außen vor gelassen. Ihr sollte ausdrücklich keine Fürsorgepflicht zugute kommen. Leistungen sollten ihr gegenüber nicht erbracht werden. Die krasse Benachteiligung der J AG erschöpfte sich indes nicht allein in dem Umstand, dass sie hier Beratungsleistungen bezahlen sollte, die ein anderer erhalten sollte, nämlich das "Ad-Hoc Komitee". Denn darüber hinaus hatte die Insolvenzschuldnerin keine ausreichenden Möglichkeiten, zu kontrollieren und nachzuprüfen, ob und in welchem Umfang die Beklagte zu 8) die Beratungsleistungen tatsächlich an die Beklagten zu 1) bis 7) erbracht hatte. Denn nach Ziffer 10) des "Legal Fee Assumption Agreement" sollte die J AG auf eine bloße formlose Mitteilung der Beklagten zu 1) (B LP) hin verpflichtet sein, die seitens der Beklagten zu 8) gegenüber dem "Ad-Hoc Komitee" abgerechneten Leistungen zu bezahlen. Die diesbezüglich später von der Beklagten zu 1) gegenüber der Insolvenzschuldnerin abgegebenen Erklärungen beschränkten sich auf zweizeilige E-Mail Nachrichten. Dies ist der Kammer bekannt aus dem Parallelverfahren LG Bonn Akz. 7 O 237/14, dort Bl. ### d. A. und Bl. ### d. A.. Die Insolvenzschuldnerin sollte durch die Honorarübernahmevereinbarung verpflichtet sein, praktisch auf Zuruf Honorarforderungen zu bezahlen, deren Höhe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts noch gar nicht bestimmt war. Die späteren Zahlungsaufforderungen der Beklagten zu 1) waren nichtssagend. Die J AG hatte keinerlei Kontrollmöglichkeiten. Sie sollte hier blind auf die Richtigkeit der vorgelegten Daten vertrauen, ohne den Grund und die Höhe der Abrechnungen nachprüfen zu können. So wurde die Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts der Gefahr einer willkürlichen Behandlung durch die anderen Beteiligten ausgesetzt. Diese Gefahr begründet mit die Sittenwidrigkeit des "Legal Fee Assumption Agreement" - und zwar unabhängig davon, ob der Umfang der Beratungsleistungen dann später tatsächlich willkürlich festgelegt wurde. Denn entscheidend für die Frage der Sittenwidrigkeit ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
32Die fehlenden Kontrollmöglichkeiten der Insolvenzschuldnerin sind auch der Regelung in Ziffer 4) Abs. 2 der Honorarübernahmevereinbarung geschuldet, wonach sämtliche Tätigkeiten der Beklagten zu 8) vertraulich sein sollten und uneingeschränkt durch das Anwaltsgeheimnis geschützt werden sollten. Die Vertraulichkeit in dem Verhältnis zwischen den Beklagten zu 1) bis 7) einerseits und der Beklagten zu 8) andererseits mag für sich genommen berechtigt sein. Diese Vertraulichkeit kann aber keine derartige, unangemessene Benachteiligung der Insolvenzschuldnerin rechtfertigen.
33Die geltend gemachten Zinsansprüche stehen dem Kläger nicht zu.
34Der Kläger verlangt Zinsen aufgrund einer verschärften Haftung der Beklagten gem. § 819 Abs. 1 BGB, vgl. Bl. ## d. A. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB sind aber nicht erfüllt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten den Mangel des rechtlichen Grundes bereits am 01.11.2013 kannten. Der Klageantrag zu 2) ist in Bezug auf die Zinsforderung ohnehin untauglich, weil ihm keine bestimmte Zinshöhe zu entnehmen ist.
35Der nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 07.04.2015 gab keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung oder zu einer anderen Entscheidung. Denn dieser Schriftsatz enthielt keinen neuen, entscheidungserheblichen Sachvortrag.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
37Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
38Der Streitwert wird auf 737.495,22 EUR festgesetzt.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlöschen die Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Der Schuldner erhält das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen.
(2) Die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung bleiben unberührt.
(3) Einen anhängigen Rechtsstreit, der die Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, kann der Verwalter auch nach der Aufhebung des Verfahrens fortführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen ist. In diesem Fall wird der Rechtsstreit für Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Plan keine abweichende Regelung getroffen wird.
Nur der Sachwalter kann die Haftung nach den §§ 92 und 93 für die Insolvenzmasse geltend machen und Rechtshandlungen nach den §§ 129 bis 147 anfechten.
(1) Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlöschen die Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Der Schuldner erhält das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen.
(2) Die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung bleiben unberührt.
(3) Einen anhängigen Rechtsstreit, der die Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, kann der Verwalter auch nach der Aufhebung des Verfahrens fortführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen ist. In diesem Fall wird der Rechtsstreit für Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Plan keine abweichende Regelung getroffen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger wurde in dem auf den Eigenantrag vom 25. Juni 2007 durch das Amtsgericht Dresden am 16. Juli 2007 über das Vermögen der B. GmbH eröffneten Insolvenzverfahren zum Verwalter bestellt. In der Gläubigerversammlung vom 6. September 2007 bestätigten die Gläubiger einen Insolvenzplan, der keine Regelung zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters enthält. Das Amtsgericht Dresden hob durch Beschluss vom 28. September 2007 das Insolvenzverfahren auf; zugleich wurde der Kläger ermächtigt, Anfechtungsansprüche im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.
- 2
- der Mit am 19. November 2007 eingereichten und am 12. Dezember 2007 zugestellten Klage verlangt der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten Zahlung in Höhe von 15.000 €. Das Landgericht hat die Kla- ge unter Berufung auf eine fehlende Prozessführungsbefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Sprungrevision bleibt ohne Erfolg.
I.
- 4
- Das Landgericht hat ausgeführt, die Klage sei als unzulässig abzuweisen , weil dem Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Prozessführungsbefugnis fehle, eine Anfechtungsklage zu erheben. § 259 Abs. 3 InsO eröffne die Möglichkeit einer fortgesetzten Prozessstandschaft des Insolvenzverwalters lediglich für den Fall, dass bereits ein Rechtsstreit über die Insolvenzanfechtung anhängig und die Prozessführungsbefugnis im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehen sei. Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die durch den Beschluss des Amtsgerichts ausgesprochene Ermächtigung verleihe keine weiterführenden Rechte. Die Anordnung sei unwirksam, weil die Prozessführungsbefugnis nicht ohne Rechtsgrundlage verliehen werden könne. In die gesetzlichen Vorgaben des § 259 Abs. 1, 3 Satz 1 InsO könnten die Gerichte nicht eingreifen, weil die Befugnisse der Parteien kraft Amtes nach der Systematik des Zivilverfahrensrechts durch die objektive materielle und formelle Rechtsordnung vorgegeben seien.
- 5
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.
- 6
- 1. Dem Kläger fehlte nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels Anwendbarkeit des § 259 Abs. 3 InsO die Prozessführungsbefugnis, einen neuen Anfechtungsprozess rechtshängig zu machen.
- 7
- a) Die Ausübung des Anfechtungsrechts ist im Regelinsolvenzverfahren ausschließlich dem Insolvenzverwalter überantwortet, weil der Erfolg der Anfechtung der seiner Verwaltung und Verfügung unterliegenden (§ 80 InsO) Insolvenzmasse zugute kommt. Die Anfechtungsbefugnis des Verwalters geht als Bestandteil seiner allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit der rechtskräftigen Beendigung des Insolvenzverfahrens, gleich ob sie auf einer Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) oder Einstellung (§ 215 InsO) beruht, unter (BGHZ 83, 102 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 210). Darum entfällt mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens neben der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis zugleich die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters (BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f). Eine von dem Insolvenzverwalter noch in Ausübung seines Amts rechtshängig gemachte Anfechtungsklage erledigt sich mit der Beendigung des Verfahrens (MünchKomm /Kirchhof, aaO § 129 Rn. 225; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 129 Rn. 6; ebenso BT-Drucks. 12/2443 S. 214).
- 8
- b) Wird das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO), jedoch eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1, 2 InsO), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen. Da der Anfechtungsanspruch ein Masseaktivum darstellt, kommt auch insoweit die Anordnung einer Nachtragsverteilung in Betracht. Gegebenenfalls ist der Insolvenzverwalter legi- timiert, einen Anfechtungsprozess erst nach vollzogener Schlussverteilung einzuleiten (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 211; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 85; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 129 Rn. 25; vgl. ferner BGHZ 83, 102, 103; BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 aaO).
- 9
- Ermächtigung Die des Insolvenzgerichts, der Insolvenzverwalter dürfe nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens Anfechtungsansprüche gerichtlich oder außergerichtlich geltend machen, bedeutet nicht die Anordnung einer Nachtragsverteilung. Eine solche ist im Insolvenzplanverfahren nicht vorgesehen. Für den Fall, dass ein Konkursverfahren nicht durch eine Schlussverteilung mit möglicher Nachtragsverteilung (§§ 149 ff KO), sondern durch einen Zwangsvergleich (§§ 173 ff KO) beendet worden ist, hat der Bundesgerichtshof lediglich ein Recht des Insolvenzverwalters zur Fortführung eines anhängigen Anfechtungsprozesses in Betracht gezogen und dies auch nur dann, wenn der Zwangsvergleich den Anfechtungsprozess erwähnt (BGHZ 83, 102, 104). Diesen Rechtsgedanken hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung für das Insolvenzplanverfahren mit der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO aufgenommen. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kann nicht auf den Rechtsgedanken einer "Nachtragsverteilung" zurückgegriffen werden.
- 10
- c) § 259 Abs. 3 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist. Mit Hilfe dieser Regelung soll abweichend vom früheren Rechtszustand vermieden werden, dass sich der Anfechtungsprozess mit der Aufhebung des Verfahrens erledigt und der Anfechtungsgegner aus diesem Grund den gegen ihn eingeleiteten Rechtsstreit zu verschleppen sucht (BT-Drucks. 12/2443 S. 214). Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spezifi- sches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Durchbrechung dieses Grundsatzes wird ausnahmsweise durch § 259 Abs. 3 InsO auf Grund einer Entscheidung der Gläubiger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten (Otte in Kübler/ Prütting/Bork, aaO § 259 Rn. 11). Der Vorbehalt nach § 259 Abs. 3 InsO ermöglicht dem Verwalter, noch im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung auf der Grundlage erst jetzt bekannt gewordener Tatsachen Anfechtungsklage zu erheben (BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005 - IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39, 40 f Rn. 11). Die auf einen noch nicht beendeten (BT-Drucks. 12/2443 S. 214), "anhängigen Rechtsstreit" zugeschnittene Regelung erlaubt aber nicht, eine Anfechtungsklage erst nach Aufhebung des Verfahrens zu erheben (HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 85 a.E.; FKInsO /Jaffé, 5. Aufl. § 259 Rn. 19 ff; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 259 Rn. 21; Otte in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 259 Rn. 11). Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden, schließt das Gesetz eine Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für neue, erst anhängig zu machende Anfechtungsklagen schlechthin aus (vgl. BGHZ 175, 86, 89 f Rn. 10). Angesichts ihres Ausnahmecharakters kann die Vorschrift auf andere als schwebende Verfahren nicht analog angewendet werden (FK-InsO/Jaffé InsO 5. Aufl. § 259 Rn. 21; Uhlenbruck/Lüer, aaO § 259 Rn. 20).
- 11
- d) Mit Rücksicht auf dieses eindeutige Auslegungsergebnis kommt die Regelung des § 259 Abs. 3 InsO auf den von dem Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtshängig gemachten Anfechtungsprozess bereits im Ansatz nicht zur Anwendung. Neben dem unabdingbaren Merkmal eines anhängigen Rechtsstreits (vgl. BGHZ 175, 86, 90 Rn. 10) fehlt es auch an dem von § 259 Abs. 3 InsO vorausgesetzten Vorbehalt im Insolvenzplan (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, aaO S. 40 ff). Das Landgericht hat im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausdrücklich ausgeführt, dass der Plan zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters keine Regelung enthält. Diese tatbestandliche Feststellung (§ 314 ZPO) ist mangels eines von dem Kläger gestellten Tatbestandberichtigungsantrags für das Revisionsverfahren bindend (BGH, Urt. v. 5. Februar 2009 - IX ZR 78/07, WM 2009, 662, 663 Rn. 13). Soweit der Kläger geltend macht, der Erlös aus Anfechtungsprozessen sei bereits in die Insolvenzquote eingeflossen, wird damit nicht vorgetragen, dass die Notwendigkeit, weitere Anfechtungsprozesse zu führen, in dem Insolvenzplan offen gelegt wurde.
- 12
- 2. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers kann nicht aus dem - nach dem Klägervorbringen einer ständigen Praxis entsprechenden - Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28. September 2007 hergeleitet werden.
- 13
- a) Zwar ist der Kläger nach dem Inhalt dieses Beschlusses zur gerichtlichen Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen ermächtigt worden. Diese Entscheidung ist jedoch insoweit nichtig und darum nicht geeignet, für die Beurteilung der Prozessführungsbefugnis des Klägers in vorliegendem Rechtsstreit eine Bindungswirkung zu entfalten. Eine Anordnung, welche eine Behörde innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises trifft, darf aus Gründen der Rechtssicherheit in ihrer Wirksamkeit nicht allein deshalb in Frage gestellt werden , weil sie mit dem materiellen Recht nicht im Einklang steht. Jedoch ist ihr wegen Nichtigkeit jede Rechtswirkung zu versagen, wenn die getroffene Maßnahme jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGHZ 33, 195, 201; 41, 303, 309; 121, 98, 101; 142, 51, 57 f; 172, 278, 282 Rn. 15; BGH, Urt. v. 20. März 2008 - IX ZR 2/07, WM 2008, 838, 839 Rn. 8; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl.
- 14
- b) Materiellrechtliche Fehler bei der gerichtlichen Anordnung einer Pflegschaft führen nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit der Maßnahme (BGHZ 33, 195, 201; 41, 303, 309). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Gericht kraft gesetzlicher Regelung grundsätzlich zur Bestellung eines Pflegers berufen ist und mithin ein bloßer Rechtsanwendungsfehler nicht ohne weiteres über die Rechtswidrigkeit hinaus zur Nichtigkeit der Maßnahme führt. Demgegenüber wird die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach Verfahrensaufhebung an zwei nicht in die gerichtliche Zuständigkeit fallende Voraussetzungen geknüpft, nämlich die Anhängigkeit eines Anfechtungsprozesses und eine von den Gläubigern beschlossene Klausel in dem Insolvenzplan über die Fortführung des Prozesses. Wenn die Ermächtigung im Insolvenzplan für die Fortsetzung eines Rechtsstreits über eine Insolvenzanfechtung (§ 259 Abs. 3 InsO) nicht besteht oder den konkreten Anfechtungsprozess nicht erfasst, entfällt das Anfechtungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 2008 - II ZR 26/07, WM 2008, 1615, 1617 Rn. 15). Dem Insolvenzverwalter ist die Fortsetzung eines anhängigen Verfahrens also nur auf der Grundlage eines Beschlusses der Gläubiger gestattet. Danach ist das Gericht in die Entscheidung, ob ein anhängiger , eine Insolvenzanfechtung betreffender Rechtsstreit fortgeführt werden darf, nach dem im Wortlaut des § 259 Abs. 3 InsO zum Ausdruck gekommenen eindeutigen Willen des Gesetzgebers gar nicht eingebunden. Räumt das Gericht dem Insolvenzverwalter gleichwohl die Befugnis zur Geltendmachung von Anfechtungsklagen ein, handelt es sich, weil das Gericht unter keinen wie auch immer gearteten Umständen mit der Sache befasst sein kann, um einen Fall der absoluten Unzuständigkeit, der zur Nichtigkeit der Anordnung führt (vgl.
- 15
- 3. Die Nichtigkeit der Ermächtigung über die Verfahrensfortsetzung berührt nicht die Wirksamkeit des zugleich ergangenen Beschlusses über die Verfahrensaufhebung.
- 16
- Da ein Hoheitsakt die Vermutung der Richtigkeit und Gültigkeit für sich hat, ordnet § 44 Abs. 4 VwVfG abweichend von § 139 BGB an, dass die teilweise Nichtigkeit einen Hoheitsakt nicht im Ganzen ergreift, sondern vielmehr Teilnichtigkeit die Regel ist. Die Nichtigkeit des gesamten Hoheitsakts ist damit die Ausnahme und tritt nur ein, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Hoheitsakt ohne ihn nicht erlassen hätte (BT-Drucks. 7/910 S. 65). Maßgeblich für diese Bewertung ist nicht der hypothetische Wille der Behörde oder der für sie handelnden Amtsträger, sondern der mutmaßliche Wille einer sachgemäß entscheidenden Behörde (Kopp/Ramsauer, aaO § 44 Rn. 61; Knack, VwVfG 8. Aufl. Rn. 55). Diese Grundsätze sind auf den hier zu beurteilenden Fall einer Anordnung des Insolvenzgerichts zu übertragen. Hatte das Insolvenzgericht nach der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO das Insolvenzverfahren aufzuheben, so wird die Gültigkeit dieser Anordnung durch die Erteilung einer nichtigen Ermächtigung, von der bei ordnungsgemäßem Vorgehen aus Rechtsgründen abzusehen war, nicht beeinträchtigt.
Gehrlein Grupp
Vorinstanz:
LG Erfurt, Entscheidung vom 30.09.2008 - 3 O 1801/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 26. Juli 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 22. Oktober 2009 über das Vermögen der P. GmbH & Co. KG (nachfolgend : Schuldnerin) am 1. Januar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Die Schuldnerin belieferte die Beklagte im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung mit Ware. Jener standen nach Maßgabe einer Konditionenvereinbarung umsatzabhängige Provisionen gegen die Schuldnerin zu. Gegen Kaufpreisforderungen der Schuldnerin über 125.835,37 € rechnete die Beklagte am 3. Dezember 2009 mit Provisionsforderungen in entsprechender Höhe auf.
- 3
- Das Amtsgericht hat das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin nach Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans durch Beschluss vom 5. Juli 2010 mit Wirkung zum 3. Juli 2010 aufgehoben. Der Insolvenzplan ermächtigt den Insolvenzverwalter, "anhängige Rechtsstreitigkeiten, die eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand haben, auch nach Aufhebung des Verfahrens fortzuführen".
- 4
- Mit der am 28. Mai 2010 eingereichten und am 22. Juli 2010 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 125.835,37 € in Anspruch. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht dem Begehren stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger mache keinen insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch, sondern den ursprünglichen Kaufpreisoder Werklieferungsanspruch der Schuldnerin geltend. Er sei zur Verfolgung des Anspruchs befugt, weil er nach dem Inhalt des Insolvenzplans ermächtigt sei, anhängige Rechtsstreitigkeiten, die eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand haben, fortzuführen. Da die Klageforderung nur dann keinen Bestand habe , wenn die von der Beklagten erklärte Verrechnung wirksam sei, kämen hinsichtlich der Aufrechnung nur anfechtungsrechtliche Gesichtspunkte in Betracht. Der Rechtsstreit habe daher im Sinne von § 259 Abs. 3 InsO eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand. Die Aufrechnung sei hier gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 130 InsO unwirksam.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist bereits unzulässig. Wäre sie als allgemeine Leistungsklage anzusehen, fehlte dem Kläger mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens die aus § 80 Abs. 1 InsO herrührende Klagebefugnis. Ist die Klage als Anfechtungsklage anzusehen, ist der Kläger auch nicht gemäß § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO prozessführungsbefugt, weil die vorliegende Klage erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhoben wurde.
- 8
- 1. Die zuletzt genannte Vorschrift verleiht dem Insolvenzverwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist. Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spezifisches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Durchbrechung dieses Grundsatzes wird ausnahmsweise durch § 259 Abs. 3 InsO aufgrund einer Entscheidung der Gläubi- ger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten. Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden, schließt das Gesetz eine Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für neue, erst anhängig zu machende Anfechtungsklagen schlechthin aus (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 206/08, WM 2010, 136 Rn. 10).
- 9
- 2. Die am 28. Mai 2010 eingereichte Klage wurde der Beklagten am 22. Juli 2010 zugestellt. Da das Insolvenzverfahren durch Beschluss vom 5. Juli 2010 aufgehoben worden war, konnte durch die spätere Zustellung die gemäß § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO für den Zeitpunkt der Aufhebung verlangte Rechtshängigkeit nicht begründet werden.
- 10
- a) Der Verwalter kann nach dem Wortlaut der Regelung einen "anhängigen Rechtsstreit", der eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, auf der Grundlage des Insolvenzplans auch nach Aufhebung des Verfahrens fortsetzen. Bereits zur Auslegung des § 240 ZPO hat der Senat erkannt, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei eine Unterbrechung nur stattfindet, wenn ein durch Klagezustellung bewirktes rechtshängiges Verfahren vorliegt (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2008 - IX ZB 232/08, WM 2009, 332 Rn. 9). Sowohl im Rahmen des § 240 ZPO als auch den darauf bezogenen konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Vorschriften wird Rechtshängigkeit vorausgesetzt (BGH, aaO).
- 11
- b) Auf diesem Verständnis beruht auch die hier maßgebliche Regelung des § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO. Ein "anhängiger Rechtsstreit" im Sinne dieser Vorschrift scheidet aus, wenn - wie im Streitfall - zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung lediglich eine Anfechtungsklage eingereicht, aber noch nicht zuge- stellt ist. Durch die Verbindung des Tatbestandsmerkmals "anhängig" mit dem Begriff "Rechtsstreit" wird unmissverständlich verdeutlicht, dass eine Fortführung nur für eine im Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung bereits zugestellte Anfechtungsklage in Betracht kommt (zutreffend Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 50 ff). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 85, 86 InsO zugrunde, die "anhängig" im Sinne von "rechtshängig" begreifen. In Übereinstimmung hiermit ist auch der Senat davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter spätestens im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung Anfechtungsklage zu erheben hat und nur einen bereits rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen kann (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO).
- 12
- c) Der Beschluss über die Aufhebung des Verfahrens zum 3. Juli2010 wurde im Streitfall am 5. Juli 2010 erlassen und öffentlich bekannt gemacht. Die Aufhebung ist jedenfalls mit der Beschlussfassung am 5. Juli 2010 wirksam geworden (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - IX ZB 229/07, BGHZ 186, 223 Rn. 5 ff) und damit vor Klageerhebung.
- 13
- Die Aufhebung unterliegt, wenn die Entscheidung von einem Richter getroffen wurde, gemäß § 6 Abs. 1 InsO nicht der Beschwerde (MünchKommInsO /Huber, 2. Aufl., § 258 Rn. 19; HK-InsO/Flessner, 6. Aufl., § 258 Rn. 9; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl., § 258 Rn. 2; HmbKomm-InsO/Thies, 4. Aufl., § 258 Rn. 20). Ergeht die Entscheidung - wie im Streitfall - durch einen Rechtspfleger , ist zwar nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RpflG die befristete Erinnerung eröffnet (MünchKomm-InsO/Huber, aaO Rn. 20; Uhlenbruck/Lüer, aaO; HKInsO /Flessner, aaO; HmbKomm-InsO/Thies, aaO). Gleichwohl ist ebenso wie bei einer Entscheidung durch den Richter auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufhebung abzustellen, weil der Erinnerung, wie der Beschwerde ge- mäß § 570 Abs. 1 ZPO, keine aufschiebende Wirkung zukommt (BGH, Urteil vom 13. Januar 1975 - VII ZR 220/73, NJW 1975, 692; MünchKommInsO /Ganter, aaO § 6 Rn. 51; im Ergebnis ebenso MünchKomm-Inso/Huber, aaO). Bei dieser Sachlage ist die Regelung des § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO vorliegend nicht einschlägig, weil die Anfechtungsklage der Beklagten erst nach Verfahrensaufhebung zugestellt wurde. § 167 ZPO ist insofern nicht einschlägig.
III.
- 14
- Das angefochtene Urteil ist, weil sich die Revision als begründet erweist, gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellteSachver- hältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung mit der Maßgabe zurückweisen, dass die Klage unzulässig ist.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.07.2011 - 6 O 10074/10 -
OLG München, Entscheidung vom 17.04.2012 - 5 U 3216/11 -
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 9. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger wurde mit Beschluss vom 6. März 2006 zum vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt, mit Beschluss vom 1. September 2006 zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bestellt.
- 2
- Während des Eröffnungsverfahrens führte der Schuldner seine Gaststätte mit Brauerei fort. Zu diesem Zweck wurde von ihm Bier gebraut, wodurch zu Gunsten der beklagten Bundesrepublik Deutschland Biersteuer entstand. Mit Bescheiden vom 23. Mai, 7. Juni, 7. Juli, 2. August und 28. August 2006 setzte die Beklagte diese in Höhe von insgesamt 930,60 € gegenüber dem Kläger für den Schuldner fest. Mit jeweiligem Bescheid vom gleichen Datum wurde zur Sicherung des Biersteueraufkommens die Beschlagnahme des Bieres angeordnet und dem Schuldner verboten, über das Bier zu verfügen. Da zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Ausschank des Bieres erforderlich war, zahlte der Kläger zur Abwendung der Beschlagnahme die geltend gemachte Biersteuer unter dem Vorbehalt der Insolvenzanfechtung. Am 14. August 2006 erstattete die Beklagte einen Betrag von 186,99 € an den Kläger.
- 3
- Mit der Klage begehrt der Insolvenzverwalter die Rückerstattung der restlichen Zahlungen in Höhe von 743,61 € im Wege der Insolvenzanfechtung.
- 4
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat sie das Landgericht abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anfechtungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist begründet. Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat gemeint, das hergestellte Bier habe der Sachhaftung für die Biersteuer gemäß § 76 AO unterlegen, weshalb die Beklagte zur abgesonderten Befriedigung nach § 51 Nr. 4 InsO berechtigt gewesen sei. Die Herstellung des Bieres stelle keine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO dar. Die damit verbundenen Handlungen seien dem Schuldner zuzurechnen. Mit der Herstellung des Bieres entstehe die Biersteuer gemäß § 7 Abs. 2 BiersteuerG und die Sachhaftung gemäß § 76 AO. Dies rechtfertige es, im Bierbrauen eine Rechtshandlung des Schuldners zu sehen.
- 7
- Hierdurch seien die Insolvenzgläubiger aber nicht benachteiligt worden, weil aus dem Schuldnervermögen nichts weggeben worden sei. Das Bier sei bereits mit der Sachhaftung belastet entstanden. Zwar sei das Bier womöglich aus bereits im Vermögen des Schuldners verhandenen Grundstoffen hergestellt worden. Damit könnten mittelbar Teile des Schuldnervermögens mit der Sachhaftung belastet worden sein. Das fertige Produkt Bier habe aber einen wesentlich höheren Wert als die hierzu verwendeten Zutaten. Durch die Erzeugung des Bieres sei demgemäß das Schuldnervermögen gemehrt, nicht gemindert worden. Lediglich die Mehrung des Vermögens sei durch die Biersteuer geringer ausgefallen.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Zahlung der Biersteuer an die Beklagte ist anfechtbar.
- 9
- 1. Die Zahlung der Biersteuer durch den Kläger oder durch den Schuldner mit Zustimmung des Klägers war eine Rechtshandlung, durch die der Beklagten als Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO) die Befriedigung ihrer Forderung auf Zahlung von Biersteuer gewährt wurde. Der Beklagten war zu dieser Zeit der Eröffnungsantrag bekannt, denn sie hat ihre Bescheide an den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter gerichtet. Damit liegen bereits die Vorausset- zungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO vor. Ob daneben im Hinblick auf die angeordnete Beschlagnahme des Bieres und das Veräußerungsverbot eine inkongruente Deckung und damit auch die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind, kann deshalb dahinstehen.
- 10
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht an der für jede Anfechtung gemäß § 129 InsO erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung.
- 11
- a) Da der Schuldner das Bier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohne Erlaubnis zur Herstellung unter Steueraussetzung braute, entstand die Biersteuer gemäß § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 2 BiersteuerG mit der Herstellung und war gemäß § 9 Abs. 2 BiersteuerG sofort fällig. Entsprechend wurde die Steuer jeweils durch das Hauptzollamt festgesetzt. Außerdem unterlag das Bier mit dem Beginn des Produktionsvorganges der Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 51 Nr. 4 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht an dem Bier zugestanden hätte (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 51 Rn. 246, 249). Darüber hinaus hat das Hauptzollamt gemäß § 76 Abs. 3 AO das gebraute Bier jeweils mit Beschlag belegt und dem Kläger verboten, über das Bier zu verfügen.
- 12
- Durch die Zahlung der Biersteuer erreichte der Kläger, dass die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 3 AO erlosch und er nach der jeweils erfolgten Aufhebung der Beschlagnahme über das Bier verfügen und es in der Gastwirtschaft ausgeschenkt werden konnte. Die Deckung von Absonderungsrechten ist jedoch insoweit nicht anfechtbar, als der Empfänger aus dem Absonderungsgegenstand hätte Befriedigung erlangen können (BGHZ 138, 291, 306 f; 157, 350, 353; BGH, Urt. v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, ZIP 2000, 898; v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, ZIP 2002, 2182, 2183 f; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809; v. 9. November 2006 - IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35, 36 Rn. 8; v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, ZIP 2008, 131 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 61).
- 13
- b) Die Entstehung der Sachhaftung des Bieres für die Biersteuer gemäß § 76 AO war durch den Insolvenzantrag, die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung und die Untersagung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nicht gehindert.
- 14
- aa) Die Rückschlagsperre des § 88 InsO steht der Entstehung der Sachhaftung nicht entgegen, weil die gesetzliche Wirkung des § 76 Abs. 2 AO an einen rein tatsächlichen Vorgang anknüpft und einer Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht gleichsteht (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 51 Rn. 251; Jaeger/Henckel, InsO § 51 Rn. 62; FK-InsO/Imberger, 5. Aufl. § 51 Rn. 67; HKInsO /Lohmann, aaO § 51 Rn. 52; Bähr/Smid, InVO 2000, 401, 403).
- 15
- bb) Die Beschlagnahme, die der Finanzbehörde gemäß § 76 Abs. 3 AO gestattet ist, wird für die Entstehung der Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO nicht vorausgesetzt (Jaeger/Henckel aaO; MünchKomm-InsO/Ganter aaO Rn. 244, 248; HK-InsO/Lohmann, aaO). Deshalb wirkt sich nicht aus, dass mit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß Nr. 4 des Beschlusses vom 6. März 2006 Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen waren, gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO untersagt beziehungsweise eingestellt worden sind.
- 16
- Auch cc) der Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO verhinderte das Entstehen der Sachhaftung nicht. Selbst wenn man mit dem Kläger annehmen wollte, der Schuldner habe selbst keine wirksamen Verfügungen treffen und somit auch kein Absonderungsrecht begründen können, weshalb auch das Brauen von Bier durch den Schuldner nicht zum Entstehen der Sachhaftung habe führen können, wäre das Entstehen der Sachhaftung nicht verhindert worden; denn der Kläger hat als vorläufiger Insolvenzverwalter nach eigenem Vortrag das Unternehmen fortgeführt und dem Brauen des Bieres zugestimmt, der Schuldner also insoweit wirksam - nämlich mit Zustimmung des Klägers - verfügt.
- 17
- dd) Die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 1 AO entsteht ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter an der verbrauchssteuerpflichtigen Ware. Daraus folgt, dass die Sachhaftung privaten Rechten Dritter vorgeht, die Beklagte wegen der hierdurch gesicherten Biersteuerforderung also die Stellung eines erstrangigen öffentlich -rechtlichen Pfandgläubigers hatte. Etwaige dem Erwerb dieses Rechts entgegenstehende Rechte Dritter waren gemäß § 76 Abs. 1 AO nachrangig (vgl. Pahlke/Koenig/Intemann, AO 2. Aufl. § 76 Rn. 9; Beermann/Gosch/Jatzke, AO § 76 Rn. 2; Klein/Rüsken, AO 9. Aufl. § 76 Rn. 1; FK-InsO/Imberger, aaO § 51 Rn. 67; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 51 Rn. 39).
- 18
- ergibt Zwar sich aus der Sachhaftung kein Vorrecht der gesicherten Steuerschuld im Insolvenzverfahren; diese ist eine einfache Insolvenzforderung. Die auf § 76 AO beruhende Sachhaftung bewirkt aber den Erwerb einer erstrangigen dinglichen Pfandberechtigung, die ein entsprechendes Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 4 InsO begründet (Bähr/Smid, aaO S. 407).
- 19
- c) Die Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO ist aber ihrerseits in anfechtbarer Weise entstanden. Es fehlt insoweit auch nicht an der objektiven Gläubigerbenachteiligung , § 129 Abs. 1 InsO.
- 20
- aa) Das Brauen von Bier stellt eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO dar.
- 21
- Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen. Rechtshandlung ist jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann (BGHZ 170, 196, 199 f Rn. 10; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 98/03, WM 2004, 666, 667; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 7; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 10). Zu den Rechtshandlungen zählen daher nicht nur Willenserklärungen als Bestandteil von Rechtsgeschäften aller Art und rechtsgeschäftähnliche Handlungen, sondern auch Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst, wie das Einbringen einer Sache, das zu einem Vermieterpfandrecht führt (BGHZ 170, 196, 200 Rn. 10; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 7).
- 22
- Als Rechtshandlung kommt danach jedes Geschäft in Betracht, das zum (anfechtbaren) Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, ZIP 2009, 186, 187 Rn. 12; HK-InsO/ Kayser, aaO § 96 Rn. 32).
- 23
- Deshalb stellt auch das Brauen von Bier eine solche Rechtshandlung dar, weil es mit dem Beginn des Herstellungsvorganges die Sachhaftung für die Biersteuer zum Entstehen bringt, wodurch das Schuldnervermögen belastet wird.
- 24
- bb) Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt vor.
- 25
- Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat (BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489 mit zahlreichen Nachweisen; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1007, 1011 Rn. 20), wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGHZ 124, 76, 78 f; 170, 276, 280 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 37).
- 26
- Durch das Brauen des Bieres und die dadurch entstandene Sachhaftung für die Biersteuer ist das Schuldnervermögen mit einer dinglichen Haftung für eine einfache Insolvenzforderung belastet worden. Dadurch haben sich die Befriedigungsmöglichkeiten der anderen Insolvenzgläubiger verschlechtert. Daran ändert sich nichts dadurch, dass sich durch dieselbe Handlung die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt; eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist im Insolvenzanfechtungsrecht nicht zulässig. Vielmehr muss für die Zwecke des Anfechtungsrechts das Entstehen der Sachhaftung und damit des Absonderungsrechts der Beklagten zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger isoliert betrachtet werden.
- 27
- (1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung isoliert mit Bezug auf die konkret bewirkte Minderung des Aktivvermögens oder der Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523).
- 28
- Eine Saldierung mit der durch den Brauvorgang einhergehenden Wertschöpfung widerspräche dem Schutz der Insolvenzmasse. Denn weder durch das Entstehen der Biersteuer, die selbst eine einfache Insolvenzforderung darstellt , noch durch die Begründung der Sachhaftung ergibt sich für die Insolvenzmasse ein ausgleichender Vorteil.
- 29
- (2) Angefochten und im Interesse der Gläubigergesamtheit nach § 143 Abs. 1 InsO rückgängig zu machen ist genau genommen nicht die Rechtshandlung selbst, sondern deren gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht wird. Mit der Anfechtung wird nicht ein Handlungsunrecht sanktioniert. Angefochten wird vielmehr allein die durch die Rechtshandlung ausgelöste Rechtswirkung, die gläubigerbenachteiligend ist (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 6). Entscheidende Frage ist deshalb, ob die konkrete gläubigerbenachteiligende Wirkung Bestand haben soll (BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 aaO).
- 30
- Demgemäß (3) hat der Senat zur Anfechtung der Aufrechnungslage schon unter Geltung der Konkursordnung entschieden, dass nicht das die Aufrechnung letztlich ermöglichende Geschäft, also etwa der Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Gläubiger, Gegenstand der Anfechtung ist; zum Schutz der Insolvenzmasse muss vielmehr als anfechtbare Rechtshandlung isoliert die Herstellung der Aufrechnungslage verstanden werden (BGHZ 147, 233, 236).
- 31
- Diese Rechtsfolge gilt erst Recht im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung , weil § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Aufrechnung umfassend für unzulässig erklärt, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523). Ist aber die Herstellung der Aufrechnungslage allein anfechtbar, nicht nur zusammen mit dem zugrunde liegenden Vertragsschluss , können auch nur diejenigen Vorteile Berücksichtigung finden, die unmittelbar durch die Herstellung der Aufrechnungslage für die Insolvenzmasse entstanden sind (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 aaO).
- 32
- Die der Anfechtung unterliegende Handlung bestimmt zwar den Urheber und die Verantwortlichkeit, welche die Anfechtungsvorschriften voraussetzen. Zurückzugewähren ist aber nur der beim Gläubiger eingetretene Erfolg, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Damit können auch einzelne, abtrennbare Wirkungen sogar einer einheitlichen Rechtshandlung erfasst werden; deren Rückgewähr darf nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare Rechtsfolgen ausgelöst habe, mögen diese auch - ohne Zutun des Anfechtungsgegners - die Masse erhöht haben. Einen Rechtsgrundsatz, dass mehrere von einer Rechtshandlung verursachte Wirkungen nur insgesamt oder gar nicht anfechtbar seien, gibt es auch für solche Folgen nicht, die im Kausalverlauf ferner liegen als nähere, unanfechtbare Folgen (BGHZ 147, 233, 236).
- 33
- Der Abschluss eines Vertrages, der dem Anfechtungsgegner die Aufrechnung ermöglicht, muss deshalb selbst nicht angefochten werden. Angefochten wird lediglich die Herbeiführung der Rechtsfolge, die von Gesetzes wegen gemäß § 387 BGB eintritt. Rückabzuwickeln ist deshalb nicht der Kaufvertrag ; aus ihm darf aber die entstandene Kaufpreisforderung des Schuldners nicht im Wege der Aufrechnung zur Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners verwendet werden (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 aaO).
- 34
- (4) Beim Vermieterpfandrecht hat der Senat die der Anfechtung zugrunde zu legende Rechtshandlung im Einbringen der Sache gesehen, das zum Entstehen des Vermieterpfandrechts geführt hat (BGHZ 170, 196, 199 f Rn. 10 f). Rückabzuwickeln wäre auch hier bei Anfechtbarkeit nicht die Rechtshandlung als solche, also der Einbringungsvorgang, sondern die sich von Gesetzes wegen hieraus ergebende Rechtswirkung, nämlich das Entstehen des Vermieterpfandrechts gemäß § 562 Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 170, 196, 199 ff Rn. 9 ff).
- 35
- (5) Dies ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 140 Abs. 1 InsO. Eine Rechtshandlung gilt danach als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Auch diesen Grundsatz hatte die Rechtsprechung schon zum früheren Recht entwickelt. Die Rechtswirkungen im anfechtungsrechtlichen Sinne treten ein, wenn eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste (Begründung zu § 159 des Regierungsentwurfs einer InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 166) oder - anders ausgedrückt - sobald die Rechtshandlung die Gläubigerbenachteiligung bewirkt hat (vgl. BGHZ 156, 350, 357; 170, 196, 201 Rn. 13 m.w.N.).
- 36
- Ist aber danach maßgeblich auf die eingetretene Rechtswirkung abzustellen , die die Benachteiligung der Gläubigergesamtheit zur Folge hat, kann ein Vorteilsausgleich mit sämtlichen anderen Wirkungen der Rechtshandlung nicht vorgenommen werden. Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens (hier: Entstehung der Sachhaftung) oder der Vermehrung der Passiva zu beurteilen (BGHZ 174, 228, 234 Rn. 18). Deshalb sind nur solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die konkret angefochtene Rechtswirkung anknüpfen.
- 37
- Da jedoch mit der Entstehung der Sachhaftung selbst für die Masse keine anderweitige Mehrung des Aktivvermögens oder Minderung der Passiva verbunden war, ist die durch die Sachhaftung eingetretene Gläubigerbenachteiligung nicht ausgeglichen worden.
- 38
- cc) Auch die übrigen Voraussetzungen der Deckungsanfechtung liegen vor.
- 39
- (1) Durch die nach § 76 Abs. 1 AO entstandene Sachhaftung wurde der Beklagten eine Sicherung ihres Anspruchs auf Zahlung von Biersteuer gewährt, § 130 Abs. 1 Satz 1 InsO.
- 40
- (2) Ob es sich bei dem Entstehen der Sachhaftung um eine kongruente oder inkongruente Deckung handelte, kann wiederum dahinstehen.
- 41
- schon Da die strengeren Voraussetzungen der Anfechtung der kongruenten Deckung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO erfüllt sind, kommt es auf das Vorliegen einer Inkongruenz nicht an. Der Brauvorgang, der zur Entstehung der Sachhaftung führte, wurde nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen. Der Beklagten war zur Zeit der Handlung der Eröffnungsantrag bekannt. Sie hat ihre gegen den Schuldner gerichteten Bescheide dem vorläufigen Insolvenzverwalter übersandt.
- 42
- d) Der Anfechtung steht schließlich nicht entgegen, dass der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter der Rechtshandlung des Schuldners zugestimmt hat (vgl. BGHZ 161, 315, 317 ff; 165, 283, 285 ff). Einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand hat der Kläger schon deswegen nicht geschaffen, weil er die Zahlung der Biersteuer unter Hinweis auf die beabsichtigte spätere Anfechtung vorgenommen hat (BGHZ 161, 315, 321).
RiBGH Dr. Pape kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben. Fischer Kayser
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 09.10.2007 - 3 C 2130/07 -
LG Regensburg, Entscheidung vom 06.05.2008 - 2 S 262/07 (3) -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. K. (fortan: Schuldnerin).
- 2
- Am 18. Juni 2003 stellte der Beklagte, gestützt auf Steuerforderungen in Höhe von 70.839,78 €, einen ersten Insolvenzantrag gegen die Schuldnerin. Daraufhin beauftragte diese einen Rechtsanwalt, mit ihren Gläubigern zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens über eine einverständliche Schuldenbereinigung zu verhandeln. Im Rahmen dieses Auftrages vereinbarte der Rechtsanwalt namens der Schuldnerin mit dem Beklagten, dass bei sofortiger Zahlung eines Teilbetrages von 30.000 € auf die offene Steuerschuld der Insolvenzantrag zurückgenommen werde. Die Schuldnerin war nicht in der Lage, diesen Teilbetrag zu zahlen. Deswegen bat sie ihren Lebensgefährten, ihr das Geld zur Verfügung zu stellen. Entsprechend der zunächst mündlich, am 15. September und 22. Oktober 2003 auch schriftlich getroffenen Vereinbarung überwies der Lebensgefährte das Geld auf ein Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts , damit dieser es an den Beklagten weiterleite. Das Geld ging beim Beklagten am 17. September 2003 ein. Dieser erklärte daraufhin am 19. September 2003 den Insolvenzantrag für erledigt.
- 3
- Am 20. Oktober 2004 stellte der Beklagte wegen Abgabenrückständen in Höhe von 115.361,61 € erneut Insolvenzantrag. Am 3. Mai 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger focht die Zahlung an den Beklagten wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung (§ 133 Abs. 1 InsO) an.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Rückgewähranspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist begründet. Der Rechtsstreit ist in der Sache jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif.
I.
- 6
- Das Oberlandesgericht hat angenommen, der vom Lebensgefährten darlehensweise zur Verfügung gestellte Betrag sei nicht aus dem Schuldnervermögen geleistet, weswegen die nach § 133 Abs. 1 InsO erklärte Anfechtung in Ermangelung einer Rechtshandlung zulasten des Schuldnervermögens ins Leere gehe. Zwar gehöre der Anspruch des Insolvenzschuldners aus einem Darlehensvertrag trotz des vereinbarten Zwecks, den Kreditbetrag nur an einen bestimmten Gläubiger auszuzahlen, grundsätzlich zur Insolvenzmasse; das gelte jedoch nicht, wenn der Zweckbindung ein treuhänderischer Charakter zukomme. Dies sei im Verhältnis von Schuldnerin, Lebensgefährten und Rechtsanwalt der Fall: Es habe hinsichtlich des auf das Fremdgeldkonto überwiesenen Geldbetrages ein Treuhandverhältnis nicht nur zwischen dem Rechtsanwalt und der Schuldnerin, sondern auch zwischen dem Rechtsanwalt und dem Lebensgefährten bestanden.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Zutreffend gehen Land- und Oberlandesgericht davon aus, dass nach § 129 Abs. 1 InsO jede Anfechtung eine Rechtshandlung voraussetzt, welche die späteren Insolvenzgläubiger benachteiligt. Eine solche objektive Gläubigerbenachteiligung tritt ein, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten. Dies kann geschehen durch eine Verringerung des Aktivvermögens oder durch eine Vermehrung der Passiva (BGH, Urteil vom 11. No- http://www.juris.de/jportal/portal/t/4yuk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR286600994BJNE015001160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - vember 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 78 f; vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 80 f; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 18).
- 9
- 2. Das Aktivvermögen der Schuldnerin wurde entgegen der Annahme der Vorinstanzen durch die Zahlung an den Beklagten gläubigerbenachteiligend verkürzt.
- 10
- Die a) nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte müssen nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 14 mwN). Um eine derartige mittelbare Zuwendung handelt es sich auch hier. Die Schuldnerin hatte gegen den Lebensgefährten zwar keinen Anspruch auf Abschluss des Darlehensvertrages. Die mittelbare Zuwendung konnte aber nur infolge und nach Einräumung des von der Schuldnerin erbetenen Kredits bewirkt werden. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen des Lebensgefährten herrührende Zahlungsfluss ist deshalb der Schuldnerin zuzurechnen (vgl. BGH, aaO). So hat auch der Beklagte die über das Fremdgeldkonto des eingeschalteten Rechtsanwalts erfolgte Zahlung des Lebensgefährten als Leistung der Schuldnerin in Erfüllung der im Ratenzahlungsvergleich vereinbarten Bedingungen verstanden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/4yuk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314882003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 -
- 11
- anfechtungsrechtlicher In Wertung kann eine solche Direktzahlung grundsätzlich nicht anders behandelt werden als wenn Geldmittel, auf die der Schuldner keinen Anspruch hatte, ihm durch ein neu gewährtes Darlehen zunächst überlassen und sodann zur Deckung von Verbindlichkeiten verwendet werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Mai 2003, BGHZ 155, 75, 81 f; vom 6. Oktober 2009, aaO). Für die Anfechtbarkeit reicht es aus, dass der Gegenwert für das, was über die Mittelsperson an den Gläubiger gelangt ist, aus dem Vermögen des Leistenden stammt (BGH, Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 25). Die objektive Gläubigerbenachteiligung bei der Direktauszahlung des Kredits liegt gerade darin, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen der Schuldnerin gelangt beziehungsweise nicht dort für den Zugriff der Gläubigergesamtheit verblieben sind. Denn was einem Gläubiger zugewendet wird, kann für die Befriedigung der anderen nicht eingesetzt werden (vgl. Raebel, FS Ganter , 2010, S. 339, 342 f).
- 12
- Die gegen die Annahme eines Darlehensvertrages und damit einer mittelbaren Zuwendung gerichtete Gegenrüge der Revisionserwiderung, mit der eine Verletzung des § 286 ZPO geltend gemacht wird, greift nicht durch. Der Beklagte gesteht selbst zu, dass der Lebensgefährte die im Streit stehende Summe der Schuldnerin nach der zwischen beiden getroffenen Abrede zur Verfügung stellen und diese sie später zurückzahlen sollte. Damit sind diejenigen gegenseitigen Pflichten vereinbart gewesen, die für einen zinslosen Darlehensvertrag gemäß § 488 BGB wesentlich sind.
- 13
- b) Der Lebensgefährte der Schuldnerin hat den Geldbetrag nicht unmittelbar an den Beklagten, sondern auf das Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts überwiesen. Er hatte mit der Schuldnerin als Verwendungszweck vereinbart, dass die Darlehensvaluta an den Beklagten auf die beste- http://www.juris.de/jportal/portal/t/2m24/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE106802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2om4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE106802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2om4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE106802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - henden Steuerschulden der Schuldnerin gezahlt werden sollte. Mit der Zahlung sollte der Beklagte bewegt werden, den Insolvenzantrag zurückzunehmen. Diese Abreden stellen die objektive Gläubigerbenachteiligung nicht in Frage.
- 14
- aa) Allerdings gehören Forderungen des Schuldners, die nicht der Vollstreckung unterliegen, grundsätzlich nicht zur Insolvenzmasse, § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO. Vereinbarte Zweckbindungen können gemäß § 851 Abs. 1 ZPO die Unpfändbarkeit der sie betreffenden Forderungen bewirken. Ob diese Rechtsfolge ganz allgemein oder nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eintritt , dass der Zweckbindung treuhänderischer Charakter zukommt, hat der Senat bisher offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 195/00, NZI 2001, 539, 540) und braucht auch hier nicht entschieden zu werden. Durch die Leistung der Schuldnerin ist die Masse nämlich selbst dann verkürzt worden, wenn der Anspruch aus dem Darlehen infolge der Zweckbindung zunächst unpfändbar war.
- 15
- Der Senat hat bereits entschieden, dass die Unpfändbarkeit einer Forderung nicht in jedem Fall zur Massefreiheit führt. Dies gilt insbesondere für Schuldbefreiungsansprüche. Sie gehören, obwohl sie nur an den Drittgläubiger abgetreten werden können (§ 399 Fall 1 BGB) und deshalb gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar sind, zur Insolvenzmasse. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Befreiungsgläubigers wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen in die Masse fallenden Zahlungsanspruch in Höhe der zu tilgenden Schuld um. Die aus der Unabtretbarkeit folgende Unpfändbarkeit des Befreiungsanspruchs dient nicht dem Schutz des Schuldners. Der Anspruch hat auch nicht zum Ziel, dem Drittgläubiger eine insolvenzfeste haftungsrechtliche Zuweisung zu verschaffen. Deshalb muss der Vermögenswert dieses Anspruchs im Falle der Insolvenz desjenigen, dem der Befreiungsan- spruch zusteht, der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001, aaO S. 540).
- 16
- Auch der Anspruch eines Schuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung, den Kreditbetrag einer bestimmten Person zuzuwenden, kann zur Insolvenzmasse gehören. In der Auszahlung des zweckgebundenen Kredits an den Begünstigten hat der Senat eine objektive Gläubigerbenachteiligung gesehen, wenn dadurch sichergestellt werden sollte, dass mit dem Kreditbetrag ein Darlehen des Begünstigten bei der die Zahlung vermittelnden Bank getilgt wurde. Dem Begünstigten ist dabei keine über diesen Zweck hinausgehende insolvenzfeste Sicherung verschafft worden (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001, aaO).
- 17
- bb) Ähnlich liegt auch der Streitfall. Mit der Überweisung des Kreditbetrages durch den Lebensgefährten auf das Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts, dem sowohl von der Schuldnerin wie auch dem Lebensgefährten das Geld treuhänderisch anvertraut worden war, sollte die geplante Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Beklagten abgesichert werden. Sowohl die Zweckbindung wie auch die Treuhandabreden sollten mithin dem Beklagten nicht ein veräußerungshinderndes Recht gemäß § 771 ZPO, ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1996 - IX ZR 151/95, NJW 1996, 1543) oder eine insolvenzfeste Sicherung verschaffen. Das Interesse von Schuldnerin und Lebensgefährten, dass das Geld an den Beklagten ausgezahlt wird und bei ihm verblieb, war spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weggefallen. Auf die Zweckvereinbarung kann es deswegen anfechtungsrechtlich nicht mehr ankommen. Das Interesse des Beklagten, gerade wegen der Insolvenz der Schuldnerin die Teilzahlung behalten zu dürfen , ist nicht schützenswert. Denn wenn die Teilzahlung der Schuldnerin mas- sefrei wäre, würde der Beklagte gegenüber den anderen Gläubigern bevorzugt. Das würde dem im Insolvenzrecht geltenden Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ebenso widersprechen wie eine schuldbefreiende Drittzahlung an einen Insolvenzgläubiger auf Kosten der Masse, der eine Erfüllungsübernahme zugrunde liegt (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 27).
- 18
- Der Beklagte kann aus dem Darlehensvertrag für sich keine Rechtfertigung für die bevorzugte Gläubigerbefriedigung herleiten. Der Lebensgefährte hätte, um das angestrebte Ziel zu erreichen, sich gegenüber der Schuldnerin auch verpflichten können, sie von der Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten zu befreien. Dann hätte der Beklagte nach § 329 BGB allenfalls einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Lebensgefährten gehabt, nicht jedoch ein Ausoder Absonderungsrecht an dem Anspruch auf Auszahlung des Darlehens, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 16. September 1993 - IX ZR 255/92, NJW 1994, 49, 50 f). Demgegenüber haben der Lebensgefährte und die Schuldnerin die Gläubigerbefriedigung noc h nicht einmal zum Vertragsinhalt gemacht, diese war nur Geschäftsgrundlage. Dann aber gibt es noch weniger einen Grund, den Beklagten gegenüber den anderen Gläubigern zu bevorzugen.
- 19
- Zudem wäre ein Schuldner, wenn die Zahlung des Mittlers hier nicht anfechtbar wäre, regelmäßig in der Lage, eigene Vermögenswerte einem Einzelgläubiger unanfechtbar zu übertragen, indem er lediglich eine Zwischenperson einschaltet, für die von dieser zu erbringende Leistung als Zweckbindung die Befriedigung des von ihm ausgewählten Gläubigers vereinbart und die Auszahlung über ein Fremdgeldkonto eines von Schuldner und Zahlungsmittler beauftragten Treuhänders vornehmen lässt. Damit könnte die Durchsetzung von Rückgewähransprüchen, wie sie durch die Anfechtungsvorschriften begründet sind, weitgehend unterlaufen werden (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001, aaO S. 540).
III.
- 20
- Das Berufungsurteil kann wegen dieses Rechtsfehlers keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), muss sie an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 ZPO). Land- und Berufungsgericht haben - auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung getroffen.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 28.07.2006 - 3 O 397/05 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 25.07.2008 - 14 U 165/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 8. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Dezember 2006 auf einen Gläubigerantrag vom 13. September 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin hatte ihre Kundenforderungen mit Verträgen vom 8. Mai 1996 (Buchstaben L bis Z) und vom 16. Februar 2004 (Buchstaben A bis
K) im Wege der Globalzession an die S. V. zur Sicherung von deren Ansprüchen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung abgetreten. Am 20. September 2006 vereinbarte die Schuldnerin mit der Beklagten zur Erfüllung eines Vergütungsanspruchs, welcher der Beklagten gegen die Schuldnerin zustand, die Abtretung einer Werklohnforderung der Schuldnerin gegen das Straßenbauamt P. in Höhe eines Teilbetrags von 75.500 €. Das Straßenbauamt zahlte auf eine entsprechende Abtretungsanzeige am 26. Oktober 2006 an die Beklagte einen Betrag von 58.000 €.
- 2
- Der Kläger hat die Abtretung und die Zahlung an die Beklagte angefochten und verlangt von der Beklagten die Erstattung des vereinnahmten Betrags zur Masse. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat Erfolg. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte keinen insolvenzanfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch, weil es an der hierfür erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Die Zahlung des Straßenbauamtes habe das den Gläubigern der Schuldnerin haftende Vermögen nicht verkürzt, weil die Forderung aufgrund der Globalzession der S. V. zugestanden habe. Die Forderung sei durch die Zahlung an die Beklagte auch nicht erloschen, weil die Ermächtigung der Schuldnerin, an einen Dritten zu leisten, mangels Verfügungsbefugnis der Schuldnerin nicht wirksam gewesen sei.
II.
- 5
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Der Insolvenzanfechtung unterliegen gemäß § 129 Abs. 1 InsO nur Rechtshandlungen, welche die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, WM 2011, 371 Rn. 12; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, WM 2011, 803 Rn. 8; jeweils mwN).
- 7
- 2. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Insolvenzgläubiger der Schuldnerin wurden durch die Zahlung des Straßenbauamts an die Beklagte benachteiligt, weil dadurch die Forderung gegen das Straßenbauamt aus dem Werkvertrag mit der Schuldnerin erlosch.
- 8
- a) Inhaberin der Forderung, auf welche das Straßenbauamt zahlte, war zwar aufgrund der Globalzession die S. V. . Die spätere Abtretung an die Beklagte vermochte daran mangels Verfügungsberechtigung der Schuldnerin nichts zu ändern. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schließt dies eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger der Schuldnerin aber nicht aus. Bei der Globalzession handelte es sich um eine Sicherungsabtretung. In der Insolvenz der Schuldnerin war die S. deshalb gemäß § 51 Nr. 1, § 50 Abs. 1 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Das Recht zur Einziehung oder anderweitigen Verwertung steht jedoch ausschließlich dem Insolvenzverwalter zu (§ 166 Abs. 2 InsO), solange er die Forderung nicht dem Sicherungsgläubiger zur Verwertung überlässt (§ 170 Abs. 2 InsO). Das der Insolvenzmasse zustehende Recht verkörpert einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert (BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233, 239; vom 2. Juni 2005 - IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651, 1652; vom 9. Februar 2006 - IX ZR 121/03, ZIP 2006, 818 Rn. 16; entsprechend für den Fall einer Sicherungsübereignung: BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370, 2372; vom 29. März 2007 - IX ZR 27/06, ZIP 2007, 1126 Rn. 26).
- 9
- b) Dieser Vermögenswert entging der Masse, weil das Straßenbauamt durch die Zahlung an die Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts von seiner Leistungspflicht frei wurde. Wird eine abgetretene Forderung von dem ursprünglichen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, muss der Erstzessionar eine Leistung, die der Schuldner nach der erneuten Abtretung an den Dritten bewirkt, gegen sich gelten lassen, es sei denn, dass der Schuldner die Abtretung bei der Leistung kennt (§ 408 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dass das Straßenbauamt zum Zeitpunkt der Zahlung an die Beklagte von der Sicherungszession an die S. gewusst habe, ist weder festgestellt noch von der hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten vorgetragen. Auch im Verhältnis zur Schuldnerin wurde das Straßenbauamt frei, weil jene ihm die - unwirksame - Abtretung der Forderung an die Beklagte angezeigt hatte (§ 409 Abs. 1 Satz 1 BGB ).
III.
- 10
- Das Berufungsurteil beruht danach auf einem Rechtsfehler (§ 562 Abs. 1 ZPO). Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig; vielmehr ist die Klage in vollem Umfange begründet (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Kläger kann die Zahlung an die Beklagte als inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO anfechten und von ihr Rückgewähr der erlangten Zahlung nach § 143 Abs. 1 InsO verlangen.
- 11
- 1. Die gläubigerbenachteiligende Zahlung des Straßenbauamts verschaffte der Beklagten eine Befriedigung, die sie nicht in der Art zu beanspruchen hatte. Aus ihrem Werkvertrag mit der Schuldnerin hatte sie keinen Anspruch auf eine Direktzahlung durch das Straßenbauamt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2348; vom 9. Januar 2003 - IX ZR 85/02, WM 2003, 398, 400; vom 21. April 2005 - IX ZR 24/04, WM 2005, 1033, 1034; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, ZIP 2008, 2324 Rn. 13). Auch die Abtretung der gegen das Straßenbauamt gerichteten Forderung an die Beklagte scheidet als kongruenzbegründender Schuldgrund für die Zahlung aus, weil sie wegen der zeitlich vorgehenden Globalzession an die S. ins Leere ging und zudem vom Kläger als inkongruente Deckung nach § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO wirksam angefochten wurde.
- 12
- Ein Anspruch der Beklagten auf die Abtretung der Forderung ergab sich insbesondere nicht aus § 648a BGB in der hier noch anwendbaren, bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung (Art. 229 § 19 Abs. 1 EGBGB). Diese Vorschrift gab dem Unternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht, jedoch keinen durchsetzbaren Anspruch auf Gewährung einer Sicherheit (BGH, Urteil vom 9. November 2000 - VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24, 28). Sie begründet nicht die Kongruenz einer nachträglichen Vereinbarung über die Abtretung einer Werklohnforderung des Hauptunternehmers gegen den Bauherrn an den Subunternehmer (BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 299/00, WM 2005, 804, 806; vom 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162 Rn. 8).
- 13
- 2. Die Zahlung erfolgte nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Weiteres setzt die Anfechtbarkeit nach § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht voraus.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 08.07.2008 - 3 O 317/07 -
OLG Jena, Entscheidung vom 01.04.2009 - 7 U 662/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
- 8
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
- 13
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 14
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 15
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
- 17
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
- 18
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
- 19
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
- 20
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
- 21
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 22
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 23
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
- 24
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
- 25
- Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 26
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
- 27
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 28
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
- 29
- a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
- 30
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
- 31
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
- 32
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 33
- Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 34
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
- 35
- Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
- 36
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).
III.
- 37
- Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist seit 2001 Eigentümerin mehrerer Grundstücke in P. und vermietete diese mit Vertrag vom 6./7. Oktober 2004 an die K. V. GmbH. Diese war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH weiter, die dort ein Warenhaus und ein Parkhaus betrieb. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen vierten Nachtrag zu dem Mietvertrag trat die A. AG, vormals K. -Q. AG, anstelle der K. V. GmbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts E. vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist am 1. Dezember 2011 während des Revisionsverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle der Beklagte zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. V. GmbH vermietet hatten; weitere Gesellschaften gibt es in K. , L. , M. und W. . Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die J. GmbH. Diese schloss am 4. Dezember 2001 mit der Schuldnerin , damals noch firmierend als K. -Q. AG, einen Mietverschaffungsund Einstandspflichtvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der J. GmbH dafür einzustehen, dass die Mieterin sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Am 25. Mai 2005 war Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin Dr. M. , der zuvor seit Mai 2004 ihr Aufsichtsratsvorsitzender war. Er war seit 2001 zugleich an der Klägerin wie auch an den vier Schwestergesellschaften beteiligt, an der Klägerin mit 11 v.H.
- 6
- Der Mietzins gemäß § 4 des Mietvertrages vom 6./7. Oktober 2004 sowie § 3 des ersten Nachtrags betrug jährlich, zahlbar in zwölf gleichen Monatsbeträgen , 7.413.700 € brutto. Daneben waren monatliche Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 18.598,67 € brutto zu entrichten. Für September 2009 bis Dezember 2009 zahlten die K. W. GmbH und die A. AG jeweils verspätet Teilbeträge, welche die Klägerin zunächst auf Nebenkosten, Verzugszinsen und Kosten verrechnete. Die der Höhe nach unstreitigen offenen Differenzbeträge macht die Klägerin geltend, nämlich nach einer Teilrücknahme in erster Instanz für September 390.245,79 €, für Oktober 433.896,93 €, für November 432.497,35 € und für Dezember 396.372,05 €, insgesamt 1.653.012,22 € zuzüglich Zinsen.
- 7
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- und der Vorsatzanfechtung geltend. Der Eintritt der Schuldnerin sei eine unentgeltliche Leistung gewesen, die allein den Zweck verfolgt habe, der Klägerin eine ihr ansonsten nicht zustehende Sonderbehandlung für den Fall der sich abzeichnenden Insolvenz der Schuldnerin zu verschaffen. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sei der Klägerin bekannt gewesen, weil insbesondere Dr. M. als Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin deren finanzielle Lage gekannt habe.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
- 9
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Urkundsprozess weiter.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 2011, 1974 veröffentlicht ist, hat gemeint, die Klage sei im Urkundenprozess statthaft. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Mietzinsanspruch zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung vom 29./30. September 2008 sei weder nach § 134 Abs. 1 InsO noch nach § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar.
- 12
- Im Hinblick auf eine Anfechtbarkeit nach § 134 Abs. 1 InsO sei bereits zweifelhaft, ob eine vermögensmindernde Verhaltensweise der Schuldnerin vorliege, denn diese habe bereits aufgrund ihrer Einstandspflicht nach dem Mietverschaffungsvertrag für die Zahlung des Mietzinses gehaftet. Indem sie durch den vierten Nachtrag selbst in die Stellung der Mieterin eingerückt sei, hätten sich ihre Verbindlichkeiten nicht erhöht. Außerdem sei die Schuldnerin zugleich in die Rechte der Mieterin aus dem Mietvertrag eingetreten mit der Folge, dass sie selbst das Recht auf Gebrauchsüberlassung und zur Weitervermietung erworben habe. Jedenfalls sei die Leistung des Eintritts in den Mietvertrag nicht unentgeltlich gewesen, denn als Gegenleistung habe die Klägerin die Pflicht zur Einräumung des Besitzes an der Mietsache und die Erfüllung aller anderen Leistungspflichten aus dem Mietvertrag übernommen. Zugleich ha- be die Klägerin die bisherige Mieterin aus ihren bestehenden Pflichten entlassen. Die Forderungen gegen die bisherige Mieterin seien auch nicht wertlos gewesen; dies habe der Beklagte nicht konkret dargelegt, zumindest nicht mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln unter Beweis gestellt.
- 13
- Die Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO seien schon deshalb nicht erfüllt, weil es an der objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar habe der Vertragseintritt bewirkt, dass die Masse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die streitigen Mieten hafte. Darin liege aber weder eine Vermehrung der Passiva noch eine Minderung des Aktivvermögens der Schuldnerin. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise früher eine finanzschwächere Schuldnerin gehabt habe, sei unerheblich, weil dies die Zugriffsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger nicht verändert habe.
II.
- 14
- Die Revision macht demgegenüber geltend, die streitgegenständliche Vertragsübernahme aus dem September 2008 habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt, weil die Ansprüche aus der Garantiehaftung bloße Insolvenzforderungen gewesen wären, die Vertragsübernahme aber zu Masseverbindlichkeiten geführt habe. Sie ergebe sich zudem daraus, dass die vereinbarte und mit der vorliegenden Klage geforderte Miete überhöht gewesen sei und nicht dem Wert der Gegenleistung entsprochen habe. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO, zu denen das Berufungsgericht nichts festgestellt habe, sei der Rechtsstreit gegebenenfalls zurückzuverweisen.
- 15
- Es lägen auch die Voraussetzungen des § 134 InsO vor. Der Begriff der Leistung sei weit zu fassen. Diese sei auch unentgeltlich erfolgt, weil die Klägerin keine ausgleichende Gegenleistung erbracht habe; denn sie habe lediglich wie zuvor die Mietsache zur Verfügung stellen müssen. Für sie mache es keinen Unterschied, ob sie die Mietsache der Schuldnerin oder der K. V. GmbH überlasse. Darin, dass sie die K. V. GmbH aus der vertraglichen Schuld entlassen habe, liege kein Vermögensopfer , weil deren Vermögen unstreitig im Wesentlichen ohnehin nur in Forderungen gegen die Schuldnerin bestanden habe, weshalb die Entlassung derK. V. GmbH aus der Haftung keinen nennenswerten Nachteil bedeutet habe.
III.
- 16
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
- 17
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO).
- 18
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksamen Anfechtung des vierten Nachtrags zum Mietvertrag vom 6./7. Oktober 2004 auszugehen ist.
- 19
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 42 mwN).
- 20
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 21
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 22
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246, 253 f; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285 Rn. 29).
- 23
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 - IX ZR 16/06, ZIP 2007, 1326 Rn. 17; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, aaO).
- 24
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97, aaO S. 254).
- 25
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung.
- 26
- Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse vermindert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren.
- 27
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrag ebenfalls für die von der K. V. GmbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten.
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- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 43).
- 29
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungs- und Einstandspflichtvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 30
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist insolvenzanfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 31
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein tatsächlich positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen (BGH, aaO Rn. 26 f). Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen, die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, aaO Rn. 36 f mwN).
- 32
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners entnommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 33 mwN), sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung , die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung (BGH, Urteil vom 21. September 2006 - IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rn. 10, 14), sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 143 Rn. 4).
- 33
- Damit entfallen aber mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 34
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits durch § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte die Pflicht zur Zahlung einer gegebenenfalls auch überhöhten Miete.
- 35
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der J. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsund Einstandspflichtvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Mieterin sämtliche Pflichten erfüllte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen , ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 36
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint.
- 37
- a) Entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichts kann nicht schon eine Leistung der Schuldnerin verneint werden. Die Regelung des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), aber auch des Begriffes der Leistung (vgl. Schäfer in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung , § 134 Rn. 19 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 280).
- 38
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist deshalb als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 134 Rn. 6; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 134 Rn. 6; HmbKomm-InsO/Rogge, 3. Aufl., § 134 Rn. 3). Erfasst werden nicht nur, wie es der Wortlaut des § 32 KO nahezulegen schien, Verfügungen (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO Rn. 5). Schon dieser Begriff war weit ausgelegt worden und betraf nicht lediglich dingliche Rechtsänderungen, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist demnach, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert (Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 134 Rn. 33). Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall.
- 39
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegen- leistung, sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11). Leistung und Gegenleistung müssen allerdings nicht durch ein vertragliches Synallagma verknüpft sein; es genügt für die Entgeltlichkeit auch eine freiwillige Leistung. Denn nur der Empfänger einer freigiebigen Zuwendung ist nach § 134 InsO weniger schutzwürdig als derjenige, der für die erhaltene Leistung oder durch diese eine eigene Rechtsposition aufgibt (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, aaO Rn. 13).
- 40
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistungen der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach dem übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 41
- Durch den vierten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. V. GmbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, welche die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat die Klägerin sich dazu verpflichtet, ihre Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand, obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 42
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin war allerdings für die Verpflichtung der Schuldnerin vereinbart, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist aber insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Mieterin eingeräumt.
- 43
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11 mwN). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben, ebenso wie früher bereits erbrachte Gegenleistungen an Dritte (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006, aaO). Demgemäß entscheidet der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Leistung angefochten werden kann (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZIP 2010, 841 Rn. 10 f). Dies gilt auch dann, wenn diese dem Gläubiger in einem späteren Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eine abgesonderte Befriedigung vor den Insolvenzgläubigern verschafft.
IV.
- 44
- Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 30.06.2010 - 51 O 37/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 10.08.2011 - 3 U 112/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
- 8
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
- 13
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 14
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 15
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
- 17
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
- 18
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
- 19
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
- 20
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
- 21
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 22
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 23
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
- 24
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
- 25
- Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 26
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
- 27
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 28
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
- 29
- a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
- 30
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
- 31
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
- 32
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 33
- Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 34
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
- 35
- Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
- 36
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).
III.
- 37
- Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist seit 2001 Eigentümerin mehrerer Grundstücke in P. und vermietete diese mit Vertrag vom 6./7. Oktober 2004 an die K. V. GmbH. Diese war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH weiter, die dort ein Warenhaus und ein Parkhaus betrieb. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen vierten Nachtrag zu dem Mietvertrag trat die A. AG, vormals K. -Q. AG, anstelle der K. V. GmbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts E. vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist am 1. Dezember 2011 während des Revisionsverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle der Beklagte zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. V. GmbH vermietet hatten; weitere Gesellschaften gibt es in K. , L. , M. und W. . Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die J. GmbH. Diese schloss am 4. Dezember 2001 mit der Schuldnerin , damals noch firmierend als K. -Q. AG, einen Mietverschaffungsund Einstandspflichtvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der J. GmbH dafür einzustehen, dass die Mieterin sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Am 25. Mai 2005 war Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin Dr. M. , der zuvor seit Mai 2004 ihr Aufsichtsratsvorsitzender war. Er war seit 2001 zugleich an der Klägerin wie auch an den vier Schwestergesellschaften beteiligt, an der Klägerin mit 11 v.H.
- 6
- Der Mietzins gemäß § 4 des Mietvertrages vom 6./7. Oktober 2004 sowie § 3 des ersten Nachtrags betrug jährlich, zahlbar in zwölf gleichen Monatsbeträgen , 7.413.700 € brutto. Daneben waren monatliche Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 18.598,67 € brutto zu entrichten. Für September 2009 bis Dezember 2009 zahlten die K. W. GmbH und die A. AG jeweils verspätet Teilbeträge, welche die Klägerin zunächst auf Nebenkosten, Verzugszinsen und Kosten verrechnete. Die der Höhe nach unstreitigen offenen Differenzbeträge macht die Klägerin geltend, nämlich nach einer Teilrücknahme in erster Instanz für September 390.245,79 €, für Oktober 433.896,93 €, für November 432.497,35 € und für Dezember 396.372,05 €, insgesamt 1.653.012,22 € zuzüglich Zinsen.
- 7
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- und der Vorsatzanfechtung geltend. Der Eintritt der Schuldnerin sei eine unentgeltliche Leistung gewesen, die allein den Zweck verfolgt habe, der Klägerin eine ihr ansonsten nicht zustehende Sonderbehandlung für den Fall der sich abzeichnenden Insolvenz der Schuldnerin zu verschaffen. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sei der Klägerin bekannt gewesen, weil insbesondere Dr. M. als Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin deren finanzielle Lage gekannt habe.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
- 9
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Urkundsprozess weiter.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 2011, 1974 veröffentlicht ist, hat gemeint, die Klage sei im Urkundenprozess statthaft. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Mietzinsanspruch zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung vom 29./30. September 2008 sei weder nach § 134 Abs. 1 InsO noch nach § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar.
- 12
- Im Hinblick auf eine Anfechtbarkeit nach § 134 Abs. 1 InsO sei bereits zweifelhaft, ob eine vermögensmindernde Verhaltensweise der Schuldnerin vorliege, denn diese habe bereits aufgrund ihrer Einstandspflicht nach dem Mietverschaffungsvertrag für die Zahlung des Mietzinses gehaftet. Indem sie durch den vierten Nachtrag selbst in die Stellung der Mieterin eingerückt sei, hätten sich ihre Verbindlichkeiten nicht erhöht. Außerdem sei die Schuldnerin zugleich in die Rechte der Mieterin aus dem Mietvertrag eingetreten mit der Folge, dass sie selbst das Recht auf Gebrauchsüberlassung und zur Weitervermietung erworben habe. Jedenfalls sei die Leistung des Eintritts in den Mietvertrag nicht unentgeltlich gewesen, denn als Gegenleistung habe die Klägerin die Pflicht zur Einräumung des Besitzes an der Mietsache und die Erfüllung aller anderen Leistungspflichten aus dem Mietvertrag übernommen. Zugleich ha- be die Klägerin die bisherige Mieterin aus ihren bestehenden Pflichten entlassen. Die Forderungen gegen die bisherige Mieterin seien auch nicht wertlos gewesen; dies habe der Beklagte nicht konkret dargelegt, zumindest nicht mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln unter Beweis gestellt.
- 13
- Die Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO seien schon deshalb nicht erfüllt, weil es an der objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar habe der Vertragseintritt bewirkt, dass die Masse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die streitigen Mieten hafte. Darin liege aber weder eine Vermehrung der Passiva noch eine Minderung des Aktivvermögens der Schuldnerin. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise früher eine finanzschwächere Schuldnerin gehabt habe, sei unerheblich, weil dies die Zugriffsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger nicht verändert habe.
II.
- 14
- Die Revision macht demgegenüber geltend, die streitgegenständliche Vertragsübernahme aus dem September 2008 habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt, weil die Ansprüche aus der Garantiehaftung bloße Insolvenzforderungen gewesen wären, die Vertragsübernahme aber zu Masseverbindlichkeiten geführt habe. Sie ergebe sich zudem daraus, dass die vereinbarte und mit der vorliegenden Klage geforderte Miete überhöht gewesen sei und nicht dem Wert der Gegenleistung entsprochen habe. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO, zu denen das Berufungsgericht nichts festgestellt habe, sei der Rechtsstreit gegebenenfalls zurückzuverweisen.
- 15
- Es lägen auch die Voraussetzungen des § 134 InsO vor. Der Begriff der Leistung sei weit zu fassen. Diese sei auch unentgeltlich erfolgt, weil die Klägerin keine ausgleichende Gegenleistung erbracht habe; denn sie habe lediglich wie zuvor die Mietsache zur Verfügung stellen müssen. Für sie mache es keinen Unterschied, ob sie die Mietsache der Schuldnerin oder der K. V. GmbH überlasse. Darin, dass sie die K. V. GmbH aus der vertraglichen Schuld entlassen habe, liege kein Vermögensopfer , weil deren Vermögen unstreitig im Wesentlichen ohnehin nur in Forderungen gegen die Schuldnerin bestanden habe, weshalb die Entlassung derK. V. GmbH aus der Haftung keinen nennenswerten Nachteil bedeutet habe.
III.
- 16
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
- 17
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO).
- 18
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksamen Anfechtung des vierten Nachtrags zum Mietvertrag vom 6./7. Oktober 2004 auszugehen ist.
- 19
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 42 mwN).
- 20
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 21
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 22
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246, 253 f; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285 Rn. 29).
- 23
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 - IX ZR 16/06, ZIP 2007, 1326 Rn. 17; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, aaO).
- 24
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97, aaO S. 254).
- 25
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung.
- 26
- Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse vermindert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren.
- 27
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrag ebenfalls für die von der K. V. GmbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten.
- 28
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 43).
- 29
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungs- und Einstandspflichtvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 30
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist insolvenzanfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 31
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein tatsächlich positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen (BGH, aaO Rn. 26 f). Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen, die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, aaO Rn. 36 f mwN).
- 32
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners entnommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 33 mwN), sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung , die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung (BGH, Urteil vom 21. September 2006 - IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rn. 10, 14), sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 143 Rn. 4).
- 33
- Damit entfallen aber mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 34
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits durch § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte die Pflicht zur Zahlung einer gegebenenfalls auch überhöhten Miete.
- 35
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der J. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsund Einstandspflichtvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Mieterin sämtliche Pflichten erfüllte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen , ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 36
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint.
- 37
- a) Entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichts kann nicht schon eine Leistung der Schuldnerin verneint werden. Die Regelung des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), aber auch des Begriffes der Leistung (vgl. Schäfer in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung , § 134 Rn. 19 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 280).
- 38
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist deshalb als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 134 Rn. 6; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 134 Rn. 6; HmbKomm-InsO/Rogge, 3. Aufl., § 134 Rn. 3). Erfasst werden nicht nur, wie es der Wortlaut des § 32 KO nahezulegen schien, Verfügungen (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO Rn. 5). Schon dieser Begriff war weit ausgelegt worden und betraf nicht lediglich dingliche Rechtsänderungen, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist demnach, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert (Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 134 Rn. 33). Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall.
- 39
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegen- leistung, sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11). Leistung und Gegenleistung müssen allerdings nicht durch ein vertragliches Synallagma verknüpft sein; es genügt für die Entgeltlichkeit auch eine freiwillige Leistung. Denn nur der Empfänger einer freigiebigen Zuwendung ist nach § 134 InsO weniger schutzwürdig als derjenige, der für die erhaltene Leistung oder durch diese eine eigene Rechtsposition aufgibt (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, aaO Rn. 13).
- 40
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistungen der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach dem übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 41
- Durch den vierten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. V. GmbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, welche die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat die Klägerin sich dazu verpflichtet, ihre Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand, obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 42
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin war allerdings für die Verpflichtung der Schuldnerin vereinbart, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist aber insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Mieterin eingeräumt.
- 43
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11 mwN). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben, ebenso wie früher bereits erbrachte Gegenleistungen an Dritte (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006, aaO). Demgemäß entscheidet der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Leistung angefochten werden kann (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZIP 2010, 841 Rn. 10 f). Dies gilt auch dann, wenn diese dem Gläubiger in einem späteren Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eine abgesonderte Befriedigung vor den Insolvenzgläubigern verschafft.
IV.
- 44
- Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 30.06.2010 - 51 O 37/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 10.08.2011 - 3 U 112/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
- 8
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
- 13
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 14
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 15
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
- 17
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
- 18
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
- 19
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
- 20
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
- 21
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 22
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 23
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
- 24
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
- 25
- Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 26
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
- 27
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 28
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
- 29
- a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
- 30
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
- 31
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
- 32
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 33
- Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 34
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
- 35
- Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
- 36
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).
III.
- 37
- Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
- 8
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
- 13
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 14
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 15
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
- 17
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
- 18
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
- 19
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
- 20
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
- 21
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 22
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 23
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
- 24
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
- 25
- Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 26
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
- 27
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 28
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
- 29
- a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
- 30
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
- 31
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
- 32
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 33
- Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 34
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
- 35
- Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
- 36
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).
III.
- 37
- Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist seit 2001 Eigentümerin mehrerer Grundstücke in P. und vermietete diese mit Vertrag vom 6./7. Oktober 2004 an die K. V. GmbH. Diese war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH weiter, die dort ein Warenhaus und ein Parkhaus betrieb. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen vierten Nachtrag zu dem Mietvertrag trat die A. AG, vormals K. -Q. AG, anstelle der K. V. GmbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts E. vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist am 1. Dezember 2011 während des Revisionsverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle der Beklagte zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. V. GmbH vermietet hatten; weitere Gesellschaften gibt es in K. , L. , M. und W. . Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die J. GmbH. Diese schloss am 4. Dezember 2001 mit der Schuldnerin , damals noch firmierend als K. -Q. AG, einen Mietverschaffungsund Einstandspflichtvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der J. GmbH dafür einzustehen, dass die Mieterin sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Am 25. Mai 2005 war Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin Dr. M. , der zuvor seit Mai 2004 ihr Aufsichtsratsvorsitzender war. Er war seit 2001 zugleich an der Klägerin wie auch an den vier Schwestergesellschaften beteiligt, an der Klägerin mit 11 v.H.
- 6
- Der Mietzins gemäß § 4 des Mietvertrages vom 6./7. Oktober 2004 sowie § 3 des ersten Nachtrags betrug jährlich, zahlbar in zwölf gleichen Monatsbeträgen , 7.413.700 € brutto. Daneben waren monatliche Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 18.598,67 € brutto zu entrichten. Für September 2009 bis Dezember 2009 zahlten die K. W. GmbH und die A. AG jeweils verspätet Teilbeträge, welche die Klägerin zunächst auf Nebenkosten, Verzugszinsen und Kosten verrechnete. Die der Höhe nach unstreitigen offenen Differenzbeträge macht die Klägerin geltend, nämlich nach einer Teilrücknahme in erster Instanz für September 390.245,79 €, für Oktober 433.896,93 €, für November 432.497,35 € und für Dezember 396.372,05 €, insgesamt 1.653.012,22 € zuzüglich Zinsen.
- 7
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- und der Vorsatzanfechtung geltend. Der Eintritt der Schuldnerin sei eine unentgeltliche Leistung gewesen, die allein den Zweck verfolgt habe, der Klägerin eine ihr ansonsten nicht zustehende Sonderbehandlung für den Fall der sich abzeichnenden Insolvenz der Schuldnerin zu verschaffen. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sei der Klägerin bekannt gewesen, weil insbesondere Dr. M. als Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin deren finanzielle Lage gekannt habe.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
- 9
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Urkundsprozess weiter.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 2011, 1974 veröffentlicht ist, hat gemeint, die Klage sei im Urkundenprozess statthaft. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Mietzinsanspruch zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung vom 29./30. September 2008 sei weder nach § 134 Abs. 1 InsO noch nach § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar.
- 12
- Im Hinblick auf eine Anfechtbarkeit nach § 134 Abs. 1 InsO sei bereits zweifelhaft, ob eine vermögensmindernde Verhaltensweise der Schuldnerin vorliege, denn diese habe bereits aufgrund ihrer Einstandspflicht nach dem Mietverschaffungsvertrag für die Zahlung des Mietzinses gehaftet. Indem sie durch den vierten Nachtrag selbst in die Stellung der Mieterin eingerückt sei, hätten sich ihre Verbindlichkeiten nicht erhöht. Außerdem sei die Schuldnerin zugleich in die Rechte der Mieterin aus dem Mietvertrag eingetreten mit der Folge, dass sie selbst das Recht auf Gebrauchsüberlassung und zur Weitervermietung erworben habe. Jedenfalls sei die Leistung des Eintritts in den Mietvertrag nicht unentgeltlich gewesen, denn als Gegenleistung habe die Klägerin die Pflicht zur Einräumung des Besitzes an der Mietsache und die Erfüllung aller anderen Leistungspflichten aus dem Mietvertrag übernommen. Zugleich ha- be die Klägerin die bisherige Mieterin aus ihren bestehenden Pflichten entlassen. Die Forderungen gegen die bisherige Mieterin seien auch nicht wertlos gewesen; dies habe der Beklagte nicht konkret dargelegt, zumindest nicht mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln unter Beweis gestellt.
- 13
- Die Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO seien schon deshalb nicht erfüllt, weil es an der objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar habe der Vertragseintritt bewirkt, dass die Masse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die streitigen Mieten hafte. Darin liege aber weder eine Vermehrung der Passiva noch eine Minderung des Aktivvermögens der Schuldnerin. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise früher eine finanzschwächere Schuldnerin gehabt habe, sei unerheblich, weil dies die Zugriffsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger nicht verändert habe.
II.
- 14
- Die Revision macht demgegenüber geltend, die streitgegenständliche Vertragsübernahme aus dem September 2008 habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt, weil die Ansprüche aus der Garantiehaftung bloße Insolvenzforderungen gewesen wären, die Vertragsübernahme aber zu Masseverbindlichkeiten geführt habe. Sie ergebe sich zudem daraus, dass die vereinbarte und mit der vorliegenden Klage geforderte Miete überhöht gewesen sei und nicht dem Wert der Gegenleistung entsprochen habe. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO, zu denen das Berufungsgericht nichts festgestellt habe, sei der Rechtsstreit gegebenenfalls zurückzuverweisen.
- 15
- Es lägen auch die Voraussetzungen des § 134 InsO vor. Der Begriff der Leistung sei weit zu fassen. Diese sei auch unentgeltlich erfolgt, weil die Klägerin keine ausgleichende Gegenleistung erbracht habe; denn sie habe lediglich wie zuvor die Mietsache zur Verfügung stellen müssen. Für sie mache es keinen Unterschied, ob sie die Mietsache der Schuldnerin oder der K. V. GmbH überlasse. Darin, dass sie die K. V. GmbH aus der vertraglichen Schuld entlassen habe, liege kein Vermögensopfer , weil deren Vermögen unstreitig im Wesentlichen ohnehin nur in Forderungen gegen die Schuldnerin bestanden habe, weshalb die Entlassung derK. V. GmbH aus der Haftung keinen nennenswerten Nachteil bedeutet habe.
III.
- 16
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
- 17
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO).
- 18
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksamen Anfechtung des vierten Nachtrags zum Mietvertrag vom 6./7. Oktober 2004 auszugehen ist.
- 19
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 42 mwN).
- 20
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 21
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 22
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246, 253 f; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285 Rn. 29).
- 23
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 - IX ZR 16/06, ZIP 2007, 1326 Rn. 17; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, aaO).
- 24
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97, aaO S. 254).
- 25
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung.
- 26
- Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse vermindert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren.
- 27
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrag ebenfalls für die von der K. V. GmbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten.
- 28
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 43).
- 29
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungs- und Einstandspflichtvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 30
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist insolvenzanfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 31
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein tatsächlich positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen (BGH, aaO Rn. 26 f). Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen, die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, aaO Rn. 36 f mwN).
- 32
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners entnommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 33 mwN), sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung , die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung (BGH, Urteil vom 21. September 2006 - IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rn. 10, 14), sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 143 Rn. 4).
- 33
- Damit entfallen aber mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 34
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits durch § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte die Pflicht zur Zahlung einer gegebenenfalls auch überhöhten Miete.
- 35
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der J. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsund Einstandspflichtvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Mieterin sämtliche Pflichten erfüllte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen , ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 36
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint.
- 37
- a) Entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichts kann nicht schon eine Leistung der Schuldnerin verneint werden. Die Regelung des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), aber auch des Begriffes der Leistung (vgl. Schäfer in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung , § 134 Rn. 19 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 280).
- 38
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist deshalb als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 134 Rn. 6; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 134 Rn. 6; HmbKomm-InsO/Rogge, 3. Aufl., § 134 Rn. 3). Erfasst werden nicht nur, wie es der Wortlaut des § 32 KO nahezulegen schien, Verfügungen (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO Rn. 5). Schon dieser Begriff war weit ausgelegt worden und betraf nicht lediglich dingliche Rechtsänderungen, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist demnach, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert (Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 134 Rn. 33). Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall.
- 39
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegen- leistung, sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11). Leistung und Gegenleistung müssen allerdings nicht durch ein vertragliches Synallagma verknüpft sein; es genügt für die Entgeltlichkeit auch eine freiwillige Leistung. Denn nur der Empfänger einer freigiebigen Zuwendung ist nach § 134 InsO weniger schutzwürdig als derjenige, der für die erhaltene Leistung oder durch diese eine eigene Rechtsposition aufgibt (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, aaO Rn. 13).
- 40
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistungen der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach dem übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 41
- Durch den vierten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. V. GmbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, welche die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat die Klägerin sich dazu verpflichtet, ihre Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand, obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 42
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin war allerdings für die Verpflichtung der Schuldnerin vereinbart, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist aber insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungs - und Einstandspflichtvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Mieterin eingeräumt.
- 43
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11 mwN). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben, ebenso wie früher bereits erbrachte Gegenleistungen an Dritte (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006, aaO). Demgemäß entscheidet der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Leistung angefochten werden kann (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZIP 2010, 841 Rn. 10 f). Dies gilt auch dann, wenn diese dem Gläubiger in einem späteren Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eine abgesonderte Befriedigung vor den Insolvenzgläubigern verschafft.
IV.
- 44
- Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 30.06.2010 - 51 O 37/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 10.08.2011 - 3 U 112/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
- 8
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
- 13
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 14
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 15
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
- 17
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
- 18
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
- 19
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
- 20
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
- 21
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 22
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 23
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
- 24
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
- 25
- Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 26
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
- 27
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 28
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
- 29
- a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
- 30
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
- 31
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
- 32
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 33
- Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 34
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
- 35
- Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
- 36
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).
III.
- 37
- Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Das Landgericht H. stellte am 19. September 2002 ein Strafverfahren wegen Verdachts der Begünstigung des Mitangeklagten M. in 38 Fällen des Anlagebetruges mit Zustimmung des Angeklagten K. und der Staatsanwaltschaft nach § 153a Abs. 2 StPO vorläufig ein. Als Voraussetzung der endgültigen Einstellung wurde K. die ratenweise Zahlung von 2.400 € an die Staatskasse auferlegt. K. überwies die beiden ersten Raten von je 400 € am 1. Oktober und 15. November 2002. Am 3. Dezember 2002 ging sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht W. ein. In der Zeit vom 5. Februar bis zum 11. März 2003 entrichtete K. die weiteren Raten der Geld- auflage an die Staatskasse und erlangte daraufhin am 20. März 2003 die endgültige Einstellung des Strafverfahrens.
- 2
- Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des K. wurde auf den gestellten Eigenantrag hin am 8. Oktober 2003 eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Im Mai 2004 focht dieser gegenüber dem beklagten Freistaat die der Einstellungsauflage gemäß erbrachten Zahlungen an. Er verlangt mit der Klage den Zahlbetrag zur Insolvenzmasse zurück.
- 3
- Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen bisherigen Sachantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist begründet.
I.
- 5
- Das Landgericht hat in seinem Berufungsurteil ausgeführt: Die Klage fordere keine unentgeltliche Leistung des Schuldners zurück. Denn das Strafverfahren gegen den Schuldner sei in Abhängi gkeit von der Auflagenerfüllung endgültig eingestellt worden. Die Leistung des Schuldners beruhe nicht auf Freigiebigkeit , sondern auf dem Druck der drohenden Fortsetzung des Strafverfahrens. Auch ein mittelbarer geldwerter Vorteil der Masse könne sich durch die Einstellung ergeben, falls sonst eine höhere Geldstrafe verhängt worden wäre.
II.
- 6
- Demgegenüber rügt die Revision fehlerhafte Rechtsanwendung, die auch darin bestehe, dass sich das Berufungsgericht mit der Vorsatzanfechtung nicht befasst habe. Der Schuldner sei nach seinem lediglich mit Nichtwissen bestrittenen Vortrag in den Tatsacheninstanzen bei Entrichtung der Geldauflage infolge von Verbindlichkeiten in Millionenhöhe - namentlich gegenüber der Stadtsparkasse B. und geschädigten Kapitalanlegern - zahlungsunfähig gewesen. Bereits im Jahre 2000 habe er deswegen die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Schuldner und der Hauptverhandlung sei der Staatsanwaltschaft des beklagten Freistaates dies bekannt gewesen. Die Ratenzahlung der Geldauflage habe dem Schuldner gerade deswegen bewilligt werden müssen, weil er zur Einmalzahlung nicht imstande gewesen sei.
III.
- 7
- Die vorgenannte Rüge der Revision greift durch.
- 9
- Es a) kann dahinstehen, ob die Verfahrenseinstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO als Rechtsgeschäft des Schuldners nach § 132 Abs. 1 InsO aufgefasst werden kann, weil sie von seiner Zustimmung abhängt. Jedenfalls sind hierdurch die Insolvenzgläubiger des angeklagten Schuldners noch nicht unmittelbar benachteiligt worden, weil dessen Vermögen erst durch die ihm auferlegten Zahlungen an die Staatskasse beeinträchtigt wurde. Vorher stand es dem Schuldner trotz seiner Zustimmung zu der vorläufigen Verfahrenseinstellung frei, ob er die auferlegten Zahlungen erbrachte. Eine neue Verbindlichkeit zu Lasten seines Vermögens war dadurch nicht begründet worden (vgl. BGHSt 28, 174, 177). Mit Recht hat das Berufungsgericht daher auch eine Anfechtung wegen kongruenter Deckung gemäß § 130 InsO ohne weitere Begründung verneint.
- 10
- Die auferlegten Zahlungen selbst waren kein einseitiges Rechtsgeschäft des Schuldners, sondern nur eine geschäftsähnliche Handlung. Diese stellten auch keine nach § 132 Abs. 2 InsO anfechtbaren Rechtshandlungen dar, weil sie keine der dort bezeichneten Folgen hatten.
- 11
- b) Den Begriff der unentgeltlichen Leistung verwendet § 134 InsO gleichbedeutend mit § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO. In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof danach eine Leistung als unentgeltlich im Sinne der §§ 32 KO, 134 InsO angesehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung des Empfängers gegenübersteht, die dem aufgegebenen Vermögenswert entspricht (BGHZ 113, 98, 101; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157; v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, WM 2006, 1731 f; v. 9. November 2006 - IX ZR 285/03, WM 2007, 708, 709 Rn. 15; v. 19. April 2007 - IX ZR 79/05, ZIP 2007, 1118, 1120 Rn. 16; v. 16. November 2007 - IX ZR 194/04, WM 2008, 173, 174 Rn. 8, z.V.b. in BGHZ; v. 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975, 976 Rn. 7). Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGHZ 113, 98, 102 f; 113, 393, 395 f; 162, 276, 280 f; BGH, Urt. v. 30. März 2006, aaO; v. 9. November 2006, aaO). Die bisherige Formel ist jedoch nur auf Austauschverträge zugeschnitten. Wie im Falle des gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs (siehe dazu BGH, Urt. v. 9. November 2006, aaO) verlangt auch die Prüfung einer Verfahrenseinstellung im Strafverfahren gegen Erfüllung einer Auflage gemäß § 153a Abs. 2 StPO eine sinngemäße Fortbildung dieses Grundsatzes.
- 12
- Im Schrifttum wird die rechtsähnliche Bewährungsauflage gemäß § 56b Abs. 2 Nr. 4 StGB teils als unentgeltliche Leistung beurteilt (Brömmekamp ZIP 2001, 951, 953), teils wird § 134 InsO als nicht anwendbar betrachtet (Ahrens NZI 2001, 456, 459).
- 13
- Die zuletzt genannte Auffassung ist im Ergebnis zutreffend. Der Angeschuldigte erreicht durch die Erfüllung der Auflage gemäß § 153a Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 5 StPO, dass seine angeklagte Straftat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann. Der Staat verzichtet damit auf die Durchsetzung seines Strafanspruchs. Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen rechtsgeschäftlich vereinbarten Leistungsaustausch, sondern um eine Rechtsfolge des gerichtlichen Einstellungsbeschlusses. Leistung und Gegenleistung müssen aber, um die Anwendung von § 134 InsO auszuschalten, nicht durch ein vertragliches Synallagma verknüpft sein (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 134 Rn. 17a; zur Einschaltung dritter Personen vgl. auch BGH, Urt. v. 16. November 2007, aaO). Es genügt für die Entgeltlichkeit auch eine freiwillige Leistung, die aufschiebende Rechtsbedingung einer Gegenleistung, hier der endgültigen Einstellung des Strafverfahrens, ist. Denn nur der Empfänger einer freigiebigen Zuwendung ist nach § 134 InsO weniger schutzwürdig als derjenige , der für die erhaltene Leistung oder durch diese eine eigene Rechtsposition aufgibt (vgl. BGHZ 41, 298, 301; 58, 240, 243; BGH, Urt. v. 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91, ZIP 1992, 1089, 1092; Prütting KTS 2005, 253, 255; HKInsO /Kreft 4. Aufl., § 134 Rn. 2).
- 14
- Zwei-Personen-Verhältnis Im hängt die Entgeltlichkeit einer Leistung auch nicht davon ab, ob ihre Gegenleistung - wie bei den meisten Austauschverträgen - dem Vermögen des Leistenden zufließt, wenn sie ihm in anderer Weise zugute kommt. Das geschieht insbesondere, wenn der leistende Schuldner Geld aufwendet, um sich eigene Rechtsgüter zu erhalten, so etwa in der Absicht, Gefahren für seine Gesundheit, seine Freiheit oder sein Eigentum durch Dienstleistungen eines Arztes oder Rechtsanwaltes abzuwenden. Im Streitfall drohte dem angeklagten Schuldner die Verurteilung in eine Freiheitsoder Geldstrafe nebst den Kosten des Strafverfahrens.
- 15
- der Bei gerichtlichen Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a Abs. 2 StPO kann auch vorausgesetzt werden, dass das Verurteilungsrisiko des Angeschuldigten und das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs auf der einen Seite mit den erteilten Einstellungsauflagen auf der anderen Seite in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Die Sachund Rechtslage ist in diesem Fall nicht anders zu beurteilen, als wenn die Verfahrenseinstellung Gegenstand eines (im Strafprozess nicht zulässigen) Vergleichsvertrages gewesen wäre, durch den die bei verständiger Würdigung des Sachverhaltes oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit über Grund und Höhe des staatlichen Strafanspruchs sowie das Interesse an seiner Durchsetzung durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden sollte.
- 16
- 2. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen von § 133 InsO nicht geprüft habe, die nach dem Vortrag des Klägers erfüllt seien.
- 17
- a) Der Kläger hat sich auf den Tatbestand der Vorsatzanfechtung nicht ausdrücklich berufen. Das schadet ihm prozessual nicht. Die Anfechtung einer Rechtshandlung muss vom Insolvenzverwalter nicht ausdrücklich als solche erklärt werden, sondern er übt das Anfechtungsrecht schon dadurch aus, dass er erkennen lässt, eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder ausgleichen zu wollen (BGHZ 135, 140, 149 ff; BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, WM 2004, 540; v. 21. Februar 2008 - IX ZR 209/06, ZIP 2008, 888, 889 Rn. 11). Die gesetzliche Vorschrift, auf welche sich die Anfechtungsklage stützt, braucht der Insolvenzverwalter in seinem Prozessvortrag nicht zu bezeichnen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Schlüssigkeitsprüfung, welche die richterliche Rechtsfindung auch dann nicht begrenzen, wenn der Kläger zwar einzelne Anfechtungsvorschriften ausdrücklich nennt, zu einem anderen Anfechtungstatbestand aber nur den Sachverhalt vorträgt (vgl. BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 - IX ZR 313/97, NJW 1999, 645; v. 16. September 1999 - IX ZR 204/98, NJW 1999, 3636, 3637 unter III. 2.).
- 18
- Der b) Kläger hat vorgetragen, dass der Schuldner bei Erfüllung der Geldauflage zugunsten des Beklagten zahlungsunfähig gewesen sei. Diese Behauptung stützte sich auf die Angaben des Schuldners im Ermittlungs- und Strafverfahren sowie auf weitere Umstände. Sie lassen nur den Schluss zu, dass der Schuldner selbst von seiner Zahlungsunfähigkeit ausging. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, so hat er sich typischerweise bei Bewir- kung einer Leistung auch die Benachteiligung seiner Gläubiger zumindest als möglich vorgestellt und in Kauf genommen, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (vgl. BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153; 167, 190, 194 f Rn.14). Jedenfalls nach Einreichung des eigenen Insolvenzantrages ist für die Annahme, der Schuldner könne bei Zahlung der weiteren Raten an die Staatskasse die gläubigerbenachteiligenden Folgen seines Handelns verdrängt und insoweit nur grob fahrlässig gehandelt haben, praktisch kein Raum mehr.
- 19
- Der Benachteiligungswille wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es dem Schuldner allein darauf angekommen sein mag, mit Erfüllung der Einstellungsauflage einer Bestrafung zu entgehen (vgl. auch Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 23). Der Strafdruck als Motiv gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen ist bei der anfechtbaren Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Einzugsstellen der Sozialversicherung geradezu die Regel (vgl. § 266a StGB), ohne dass dies dem bedingten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung entgegensteht. In der eröffneten Hauptverhandlung ergibt sich für den Schuldner bei der Erfüllung einer Einstellungsauflage insoweit nichts anderes.
- 20
- Vorsatz Der zur Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO setzt auch kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus (BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NZI 2003, 597, 598; siehe auch Kirchhof, Festschrift für Gero Fischer S. 285, 291 f, 294 f) oder irgendeine Art von Treu- oder Sittenwidrigkeit (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 25 m.w.N.). Dem Angeschuldigten werden zwar, worauf das Amtsgericht abgestellt hat, nach § 153a Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 6 StPO Teilleistungen an die Staatskasse nicht erstattet , wenn er die ihm auferlegten Geldzahlungen nicht vollständig erbracht hat. Daraus lässt sich aber für die Staatskasse nicht herleiten, dass sie auch im Falle einer Insolvenz des Angeschuldigten vor einer anfechtungsrechtlichen Rückgewähr der Auflagezahlungen an die Insolvenzmasse geschützt ist. Haben Gericht und Staatsanwaltschaft Kenntnis davon, dass eine Geldauflage zugunsten der Staatskasse die Gläubiger des Angeschuldigten benachteiligt, wenn sie erbracht wird, so darf eine solche Einstellungsauflage von vornherein nicht angeordnet werden.
- 21
- Für die Einstellungsauflage und ihre anfechtungsrechtliche Rückgewähr gilt die gleiche Wertung, die auch § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (vorher § 63 Nr. 3 KO) zugrunde liegt: Die Folgen strafbarer Handlungen des Schuldners sollen nicht den Insolvenzgläubigern aufgebürdet werden. Wenn deshalb Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und ähnliche Sanktionen in der Insolvenz des Schuldners nur nachrangige Insolvenzverbindlichkeiten sind, so wäre es widersprüchlich , zur Einstellung eines Strafverfahrens gezahlte Geldauflagen zum Nachteil der Masse vor einer anfechtungsrechtlichen Rückforderung besonders zu schützen.
- 22
- c) Der Beklagte wusste durch seine zuständige Behörde, die Staatsanwaltschaft , von den hohen Verbindlichkeiten, denen der Schuldner ausgesetzt war. Er hat gleichwohl die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei Entrichtung der Ratenzahlungen mit Nichtwissen bestritten. Das ist nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, soweit es sich auf die gemachten Angaben des Schuldners, den in der Klageschrift vorgetragenen Hergang zur Vernehmung der Zeugin S. in der Hauptverhandlung, den Inhalt der Ermittlungsakten und die in diesem Rechtsstreit vorgelegten Zahlungstitel gegen den Schuldner bezieht. Zulässig kann der Beklagte mit Nichtwissen lediglich bestreiten, dass er über die genannten Tatsachen hinaus keine Kenntnis davon hatte, ob die Angaben des Schuldners zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zutrafen.
- 23
- 3. Ausreichende Feststellungen dazu, ob der Beklagte durch die zuständige Staatsanwaltschaft die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu den maßgeblichen Zeitpunkten kannte, ohne zugleich greifbare Anhaltspunkte dafür zu besitzen, dass der Schuldner sich über die in dieser Lage mit einzelnen Zahlungen typischerweise einhergehende Gläubigerbenachteiligung hinweggetäuscht haben könnte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Sache ist deshalb gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, damit im wieder eröffneten Berufungsverfahren die zur Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO noch notwendige Sachaufklärung erfolgen kann. Sollte der Beklagte seine Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners in weitergehendem Umfang als bisher bestreiten, wird der Kläger dazu möglicherweise noch dartun müssen, welche Teile der von ihm in Bezug genommenen Strafak- ten des Landgerichts H. im Einzelnen der Staatsanwaltschaft die nach § 133 Abs. 1 InsO erhebliche Kenntnis vermittelt haben soll.
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 12.01.2006 - 30 C 2793/05 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 07.02.2007 - 43 S 541/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
- 2
- Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
- 3
- Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
- 4
- Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
- 5
- Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
- 8
- Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
- 13
- a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
- 14
- aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
- 15
- Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
- 17
- Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
- 18
- bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
- 19
- Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
- 20
- b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).
- 21
- aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
- 22
- bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
- 23
- Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
- 24
- Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
- 25
- Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
- 26
- cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
- 27
- Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
- 28
- 2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
- 29
- a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).
- 30
- Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
- 31
- b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
- 32
- Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
- 33
- Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
- 34
- Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
- 35
- Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
- 36
- Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).
III.
- 37
- Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte gewährte dem Ehemann der Schuldnerin am 18. Oktober 2004 ein Darlehen in Höhe von 50.000 €. Diesen Betrag leitete der Ehemann an das Finanzamt weiter, das die Zahlung mit Steuerforderungen gegen die Schuldnerin verrechnete. Anschließend entrichtete die Schuldnerin im Zeitraum von November 2004 bis Oktober 2005 ratenweise Zahlungen über 41.158,33 € an die Beklagte. Der Ehemann der Schuldnerin war während des gesamten Zahlungszeitraums zahlungsunfähig.
- 2
- Auf den Eigenantrag vom 30. November 2005 wurde über das Vermögen der Schuldnerin am 23. Januar 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
- 3
- Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung des ihr zugeflossenen Betrages sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 653,10 € in Anspruch. Die vor dem Landgericht erfolgreiche Klage hat das Oberlandesgericht auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit seiner - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Voraussetzungen des § 134 InsO seien entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gegeben. Werde der Schuldner als dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, so sei für die Frage der Unentgeltlichkeit seiner Leistung maßgeblich, ob der Leistungsempfänger durch die Zahlung eine werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliere. Die Forderung der Beklagten gegen den Ehemann der Schuldnerin sei werthaltig gewesen, weil diesem gegen die von ihrer Steuer- schuld befreite Schuldnerin jedenfalls ein Rückgriffsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zugestanden habe. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, mit Hilfe eines gegen den Ehemann erwirkten Titels dessen Erstattungsanspruch gegen die Schuldnerin pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Auf den Einwand des Klägers, ein Rückgriff gegen die Schuldnerin wäre wegen der bereits Ende November 2004 bestehenden Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ins Leere gegangen, komme es nicht an, weil der Ehemann in der Lage gewesen sei, trotz der gegebenen finanziellen Lage die fraglichen Raten tatsächlich aus dem Vermögen der Schuldnerin aufzubringen und auf diese Weise das Darlehen zurückzuführen. Im Übrigen sei dieser Einwand mangels Vorlage des seitens des Klägers angekündigten Sachverständigengutachtens unsubstantiiert.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten rechtlicher Prüfung Stand.
- 7
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der auf § 134 InsO gestützte Zahlungsanspruch unbegründet ist, falls dem Ehemann ein werthaltiger Rückgriffsanspruch gegen die Schuldnerin zustand, ihn gegenüber der Beklagten von seiner Darlehensverbindlichkeit zu befreien.
- 8
- a) Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll (BGHZ 141, 96, 99 m.w.N.). Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Bezahlt der Leistende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers, liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung, die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch des Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Leistenden nicht schutzwürdig; denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGHZ 174, 228, 231 Rn. 8; BGH, Urt. v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 194/07, ZInsO 2009, 143, 144 Rn. 14 jeweils m.w.N.).
- 9
- b) Da der Ehemann der Schuldnerin unstreitig aus wirtschaftlichen Gründen außerstande war, die Darlehensforderung der Beklagten zu begleichen, unterliegt die Zahlung der Schuldnerin auf die gegen ihren Ehemann bestehende wertlose Forderung grundsätzlich nach § 134 InsO der Anfechtung.
- 10
- Allerdings aa) ist hier die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Ehemann die von der Beklagten erhaltenen Darlehensmittel zur Begleichung gegen die Schuldnerin gerichteter Abgabenforderungen verwendet hat. Dadurch kann er gegen die Schuldnerin einen auf Geschäftsführung ohne Auftrag beruhenden Aufwendungsersatzanspruch (§§ 670, 677, 683 Satz 1 BGB) in Höhe der getilgten Forderung erworben haben (vgl. BGHZ 47, 370, 371; Bamberger /Roth/Gehrlein, BGB 2. Aufl. § 677 Rn. 13, § 683 Rn. 2). Hat das Finanzamt die Zahlungen des Ehemannes zunächst eigenmächtig, aber mit dessen nachträglicher Billigung auf Abgabenforderungen gegen die Schuldnerin verrechnet , stand dem Ehemann wegen der von ihm bewirkten Schuldbefreiung (§ 267 BGB) gegen die Schuldnerin jedenfalls ein bereicherungsrechtlicher (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) Regressanspruch zu (MünchKommBGB /Schwab, 5. Aufl. § 812 Rn. 317; Bamberger/Roth/Wendehorst, aaO § 812 Rn. 150, 156; vgl. BGHZ 106, 142, 143; BGH, Urt. v. 28. November 2003 - V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604).
- 11
- bb) Den Rückgriffsanspruch konnte die Schuldnerin entsprechend der Weisung ihres Ehemannes durch Zahlung auf die gegen ihn gerichtete Verbindlichkeit der Beklagten erfüllen (§ 787 Abs. 1 BGB; BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 147/07, ZInsO 2008, 1200 Rn. 9). In Übereinstimmung mit der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts wäre der aus § 134 InsO folgende Anfechtungsanspruch unbegründet, wenn der gegen die Schuldnerin bestehende Rückgriffsanspruch ihres Ehemannes werthaltig war und folgerichtig wegen der Möglichkeit seiner insolvenzbeständigen vollstreckungsweisen Realisierbarkeit nicht von der Wertlosigkeit der gegen ihn bestehenden Darlehensforderung der Beklagten auszugehen ist (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 134 Rn. 31a a.E.). War die Zahlungsforderung des Ehemannes gegen die Schuldnerin nach einer Pfändung seitens der Beklagten tatsächlich im Vollstreckungswege durchsetzbar, so kann der seitens der Schuldnerin in Erfüllung dieses Rückgriffsanspruchs getilgten Forderung der Beklagten die Werthaltigkeit nicht abgesprochen werden.
- 12
- 2. Der auf diesen zutreffenden Grundlagen aufbauenden weiteren rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts kann jedoch nicht gefolgt werden.
- 13
- a) Dies gilt bereits für die allein die Entscheidung tragenden Ausführungen , wonach es auf die Frage einer Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin deswegen nicht ankomme, weil es ihrem Ehemann gelungen sei, von November 2004 bis Oktober 2005 Zahlungen in Höhe der Klageforderung aus dem Vermögen der Schuldnerin an die Beklagte zu bewirken.
- 14
- Diese Erwägungen sind mit den oben angeführten Rechtsgrundsätzen unvereinbar. Hängt die Anfechtbarkeit einer Drittzahlung davon ab, ob die gegen den Forderungsschuldner gerichtete Forderung werthaltig ist und kann sich die Werthaltigkeit allein aus einer dem Forderungsschuldner gegen den Leistenden zustehenden Rückgriffsforderung ergeben, kann die Werthaltigkeit dieser Rückgriffsforderung nicht nach anderen Maßstäben als denjenigen beurteilt werden, die für die Werthaltigkeit der gegen den Forderungsschuldner gerichteten Forderung gelten. Entsprechend den insoweit maßgeblichen Grundsätzen (BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1158 Rn. 15; Urt. v. 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, z.V.b.) bestimmt sich die Werthaltigkeit der gegen die Schuldnerin gerichteten Rückgriffsforderung ebenfalls danach, ob sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung insolvenzreif, also insbesondere zahlungsfähig oder zahlungsunfähig (§ 17 InsO) war. Die Werthaltigkeit der Forderung folgt nicht aus ihrer tatsächlichen Begleichung, weil Schuldner in der Krise erfahrungsgemäß aus verschiedensten Gründen noch einzelne Gläubiger bevorzugt befriedigen (BGHZ 155, 75, 84). Vielmehr hat eine sich an der tatsächlichen Vermögenslage der Schuldnerin orientierende objektive Bewertung stattzufinden (vgl. BGHZ 113, 393, 396 f). Zwar knüpft der Anfechtungstatbestand des § 134 InsO nicht unmittelbar an die Vermögenslage des Schuldners (Jae- ger/Henckel, InsO § 134 Rn. 19), sondern die unentgeltliche Entäußerung eines Vermögenswerts an. Kommt der Vermögenslage des Schuldners im Rahmen dieses Anfechtungstatbestandes jedoch - wie im Streitfall - ausnahmsweise Bedeutung zu, kann angesichts der entscheidend auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners abstellenden Wertungsgesichtspunkte jeder Insolvenzanfechtung für die Frage der Werthaltigkeit einer gegen ihn gerichteten Forderung nur der allgemeine Maßstab der Insolvenzreife angelegt werden.
- 15
- Außerdem b) meint das Oberlandesgericht im Rahmen einer Hilfsbegründung zu Unrecht, keine Feststellungen über eine im November 2004 eingetretene Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin treffen zu müssen, weil der Vortrag des Klägers mangels Vorlage eines zum Nachweis dieser Tatsachen angekündigten Sachverständigengutachtens unsubstantiiert sei.
- 16
- Diese Auffassung geht schon deshalb fehl, weil eine Partei zwecks Substantiierung ihrer Klage regelmäßig nicht zur Vorlage eines Gutachtens verpflichtet ist. Die Partei genügt ihrer Substantiierungslast vielmehr durch Vortrag solcher Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Urt. v. 20. September 2002 - V ZR 170/01, BGHReport 2003, 38, 39; Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524, 1526 Rn. 8 f; v. 2. Juni 2008 - II ZR 121/07, WM 2008, 2133 Rn. 5 f). Hier war von dem Kläger zum 29. November 2004 ein exakter Überschuldungsbetrag von 204.924,96 € behauptet und durch Benennung eines Zeugen unter Beweis gestellt worden. Dem hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 17
- 3. Mangels Entscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht Gelegenheit, gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien Feststellungen zur finanziellen Lage der Schuldnerin ab November 2004 zu treffen. Die Beweislast für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin trägt nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Kläger (BGH, Urt. v. 30. März 2006, aaO).
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 29.03.2007 - 16 O 2706/06 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 12.12.2007 - 4 U 46/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg, Abteilung 31 B, vom 25. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Verwalterin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. AG (im Folgenden: Schuldnerin oder Insolvenzschuldnerin). Sie begehrt von der Beklagten Zahlung von 1.070,37 € aus Insolvenzanfechtung.
- 2
- Am 5. März 2004 überwies die Schuldnerin von ihrem Geschäftskonto an die Beklagte als Beitrag 2004 für zwei Kfz-Versicherungen 1.614,52 € und 1.584,92 €. Vertragspartner und Schuldner der Forderung der Beklagten war die S. GmbH & Co. KG; diese beantragte am 11. März 2004 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Der Antrag wurde am 27. Mai 2004 mangels Masse abgewiesen.
- 3
- Auf Antrag der Schuldnerin vom 21. April 2004 wurde am 1. Oktober 2004 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Fahrzeuge wurden am 29. Juni 2004 und 12. Juli 2004 abgemeldet. Die Beklagte erstattete die Prämienanteile für den Zeitraum von der Abmeldung bis zum Ende des Jahres an die Klägerin. Außerdem erstattete sie der Klägerin anteilig die Prämien für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum Zeitpunkt der Zahlung am 5. März 2004.
- 4
- Mit der Klage begehrt die Klägerin die Prämienanteile für die Zeit vom 6. März 2004 bis zum jeweiligen Abmeldedatum. Sie meint, es handele sich um eine unentgeltliche und daher nach § 134 InsO anfechtbare Leistung der Klägerin.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat ihr auf Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung. Die Zahlung der Schuldnerin ist im streitigen Umfang nicht nach § 134 InsO anfechtbar. Auch sonstige Anfechtungsmöglichkeiten sind nicht gegeben.
I.
- 7
- Berufungsgericht Das hat ausgeführt, die streitige Leistung sei nach § 134 InsO anfechtbar, weil sie unentgeltlich gewesen sei. Unentgeltlichkeit sei zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger keine ausreichende Gegenleistung zu erbringen habe. Für die Gegenleistung sei ausschließlich darauf abzustellen, ob die Forderung, die der Leistungsempfänger durch die Zahlung gegen seinen Schuldner verloren habe, werthaltig gewesen sei. Die Forderung der Beklagten gegen ihre Schuldnerin, die S. GmbH & Co. KG, sei wertlos gewesen , weil diese bereits kurz vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestanden habe, der dann mangels Masse abgewiesen worden sei.
- 8
- Dass die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Zahlung und anschließend bis zur Abmeldung der Fahrzeuge Versicherungsschutz erbracht habe, sei unerheblich.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht Stand. Das Berufungsurteil verkennt, anders als das amtsgerichtliche Urteil, die Entscheidung des Senats vom 30. März 2006 (IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957).
- 10
- 1. Die Voraussetzungen einer Schenkungsanfechtung liegen nicht vor.
- 11
- Im a) "Zwei-Personen-Verhältnis" ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Verfügenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entspricht. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Verfügende selbst einen Ausgleich für seine Verfügung erhalten hat. Maßgebend ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Denn es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957, 958 Rn. 10; v. 1. Juni 2006 - IX ZR 159/04, ZIP 2006, 1362, 1363 Rn. 10; v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, ZIP 2006, 1639 f Rn. 7; v. 9. November 2006 - IX ZR 285/03, ZIP 2006, 2391, 2392 f Rn. 15; v. 16. November 2007 - IX ZR 194/04, ZIP 2008, 125, 126 Rn. 8, z.V.b. in BGHZ 174, 228 bis 244).
- 12
- b) Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob in diesem Sinne Unentgeltlichkeit vorliegt, ist der Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegners infolge der Leistung des Schuldners, also z.B. der Erhalt der Zahlung (BGHZ 41, 17, 19; 162, 276, 281; BGH, Urt. v. 30. März 2006 aaO). Entscheidend ist grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGHZ 113, 98, 102 f; 113, 393, 396; 162, 276, 281; BGH, Urt. v. 9. November 2006 aaO).
- 13
- Hat der Leistungsempfänger bereits zu einem früheren Zeitpunkt seinem Schuldner eine Leistung erbracht, kann deshalb auf ihren damaligen objektiven Wert nicht abgestellt werden. In diesem Fall kann die Unentgeltlichkeit nur nach dem Wert der Forderung bemessen werden, die dem Zuwendungsempfänger im Zeitpunkt des Rechtserwerbs gegen seinen Schuldner zusteht. Bezahlt nämlich der Verfügende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwen- dungsempfängers, liegt dessen Gegenleistung nunmehr darin, dass er mit der Leistung, die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch seines Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Verfügenden (Zuwendenden) nicht schutzwürdig; denn er hätte ohne diese Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht mehr durchsetzen können (BGHZ 41, 298, 302; 162, 276, 280; BGH, Urt. v. 30. März 2006 aaO Rn. 11; v. 16. November 2007 aaO).
- 14
- An dieser ständigen Rechtsprechung hält der Senat uneingeschränkt fest (BGH, Urt. v. 16. November 2007 aaO S. 129 Rn. 39). Was zu gelten hat, wenn der Zuwendungsempfänger in der Insolvenz seines Schuldners eine Quote zu erwarten hätte, bedarf entgegen der Auffassung der Revision keiner Erörterung. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, die Forderung der Beklagten wegen der von ihr bereits zuvor an ihre Schuldnerin erbrachten Leistungen war unstreitig nicht werthaltig, auch eine Quote war nicht zu erwarten. Die Beklagte hat deshalb insoweit die gezahlte Prämie zu Recht anteilig an die Klägerin erstattet.
- 15
- c) Ist der Zuwendungsempfänger dagegen im Zeitpunkt des Rechtserwerbs verpflichtet, die Gegenleistung an seinen Schuldner erst noch zu erbringen , und erbringt er diese Gegenleistung anschließend vertragsgemäß tatsächlich , kann von Unentgeltlichkeit nicht die Rede sein. Die S. GmbH & Co KG mag ihren Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz für das gesamte Jahr 2004 bereits zu Beginn dieses Jahres erworben haben. Dies ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - unerheblich. Ent- scheidend ist, wann die Beklagte diese Verpflichtung erfüllt hat. Auch nach Meinung der Revisionserwiderung war aber am 5. März 2004 nicht absehbar, ob die Beklagte der Versicherungsnehmerin weiter Versicherungsschutz gewähren würde.
- 16
- Die von der Beklagten zu erbringende und tatsächlich erbrachte Gegenleistung war auch werthaltig.
- 17
- Der Zuwendungsempfänger ist hier gegenüber den Insolvenzgläubigern des Verfügenden (Zuwendenden) im Rahmen der Schenkungsanfechtung auch schutzwürdig. Daran ändert nichts der Umstand, dass die Beklagte ohne die Zahlung der Insolvenzschuldnerin nicht berechtigt gewesen wäre, den Versicherungsschutz sofort fristlos zu kündigen, weil zuvor zunächst eine Zahlungsfrist für die Folgeprämie nach § 39 VVG von mindestens zwei Wochen hätte gesetzt werden müssen. Auch für den Zeitraum, in dem die Beklagte noch nicht hätte fristlos kündigen können, liegt eine werthaltige Gegenleistung vor, auch wenn sich die Beklagte der Verpflichtung zu dieser Gegenleistung nicht mehr in rechtmäßiger Weise hätte entziehen können. Die Pflicht zur Weitererbringung ihrer Leistung in Form von Versicherungsschutz lässt die anteilige Gegenleistung der Insolvenzschuldnerin auch in diesem Zeitraum nicht zu einer unentgeltlichen Zuwendung werden.
- 18
- 2. Die Voraussetzungen einer Deckungsanfechtung nach §§ 130, 131 InsO liegen schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte nicht Insolvenzgläubigerin der Schuldnerin war. Eine Anfechtung nach § 132 Abs. 1 InsO kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei zum Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig gewesen und die Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit gekannt.
- 19
- Schließlich ist eine Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO nicht gegeben. Die vorliegende inkongruente Deckung ergibt kein Indiz für die Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil für die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin kein Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. BGHZ 157, 242, 251; BGH, Urt. v. 30. März 2006 aaO Rn. 16).
- 20
- Damit 3. war nicht die Beklagte, sondern deren Schuldnerin, die S. GmbH & Co. KG, passivlegitimiert für die Ansprüche der Klägerin. Dies gilt sowohl für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung (BGHZ 41, 298, 302; 162, 276, 280; BGH, Urt. v. 30. März 2006 aaO Rn. 10) als auch für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70, 389, 396; 162, 276, 280; BGH, Urt. v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, WM 2004, 932, 933; v. 30. März 2006 aaO Rn. 10).
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 25.01.2007 - 31b C 144/06 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 28.08.2007 - 309 S 41/07 -
Tenor
1. Auf die Berufung der Verfügungsklägerinnen wird das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 27.1.2004 geändert.
2. Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Verfügungsbeklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie in den nachfolgenden - verkleinert wiedergegebenen - Anlagen (Ast 1) zu werben.
3. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gegenstandwert des Berufungsverfahrens: 250.000 Euro.
Gründe
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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.
(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
Verpflichtet sich in einem Vertrag der eine Teil zur Befriedigung eines Gläubigers des anderen Teils, ohne die Schuld zu übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass der Gläubiger unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu fordern.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat, ist nichtig. Dies gilt nicht für Rechtsgeschäfte im Rahmen der laufenden Geschäfte von Kreditinstituten, von Finanzdienstleistungsinstituten oder von Wertpapierinstituten sowie für die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder für die Leistung einer Sicherheit zum Zweck des Erwerbs von Aktien durch Arbeitnehmer der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens; auch in diesen Fällen ist das Rechtsgeschäft jedoch nichtig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb nicht bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf. Satz 1 gilt zudem nicht für Rechtsgeschäfte bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291).
(2) Nichtig ist ferner ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und einem anderen, nach dem dieser berechtigt oder verpflichtet sein soll, Aktien der Gesellschaft für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens zu erwerben, soweit der Erwerb durch die Gesellschaft gegen § 71 Abs. 1 oder 2 verstoßen würde.
(1) Die Gesellschaft darf eigene Aktien nur erwerben,
- 1.
wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden, - 2.
wenn die Aktien Personen, die im Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen, zum Erwerb angeboten werden sollen, - 3.
wenn der Erwerb geschieht, um Aktionäre nach § 305 Abs. 2, § 320b oder nach § 29 Abs. 1, § 125 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 1, § 207 Abs. 1 Satz 1, § 313 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 327, oder § 340 Absatz 1 des Umwandlungsgesetzes abzufinden, - 4.
wenn der Erwerb unentgeltlich geschieht oder ein Kreditinstitut oder Wertpapierinstitut mit dem Erwerb eine Einkaufskommission ausführt, - 5.
durch Gesamtrechtsnachfolge, - 6.
auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals, - 7.
wenn sie ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut, ein Wertpapierinstitut oder ein Finanzunternehmen ist, aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zum Zwecke des Wertpapierhandels. Der Beschluß muß bestimmen, daß der Handelsbestand der zu diesem Zweck zu erwerbenden Aktien fünf vom Hundert des Grundkapitals am Ende jeden Tages nicht übersteigen darf; er muß den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegen. Die Ermächtigung darf höchstens fünf Jahre gelten; oder - 8.
aufgrund einer höchstens fünf Jahre geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, festlegt. Als Zweck ist der Handel in eigenen Aktien ausgeschlossen. § 53a ist auf Erwerb und Veräußerung anzuwenden. Erwerb und Veräußerung über die Börse genügen dem. Eine andere Veräußerung kann die Hauptversammlung beschließen; § 186 Abs. 3, 4 und § 193 Abs. 2 Nr. 4 sind in diesem Fall entsprechend anzuwenden. Die Hauptversammlung kann den Vorstand ermächtigen, die eigenen Aktien ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluß einzuziehen.
(2) Auf die zu den Zwecken nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 erworbenen Aktien dürfen zusammen mit anderen Aktien der Gesellschaft, welche die Gesellschaft bereits erworben hat und noch besitzt, nicht mehr als zehn vom Hundert des Grundkapitals entfallen. Dieser Erwerb ist ferner nur zulässig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4, 7 und 8 ist der Erwerb nur zulässig, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 8 hat der Vorstand die nächste Hauptversammlung über die Gründe und den Zweck des Erwerbs, über die Zahl der erworbenen Aktien und den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals, über deren Anteil am Grundkapital sowie über den Gegenwert der Aktien zu unterrichten. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 sind die Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb an die Arbeitnehmer auszugeben.
(4) Ein Verstoß gegen die Absätze 1 oder 2 macht den Erwerb eigener Aktien nicht unwirksam. Ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien ist jedoch nichtig, soweit der Erwerb gegen die Absätze 1 oder 2 verstößt.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat, ist nichtig. Dies gilt nicht für Rechtsgeschäfte im Rahmen der laufenden Geschäfte von Kreditinstituten, von Finanzdienstleistungsinstituten oder von Wertpapierinstituten sowie für die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder für die Leistung einer Sicherheit zum Zweck des Erwerbs von Aktien durch Arbeitnehmer der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens; auch in diesen Fällen ist das Rechtsgeschäft jedoch nichtig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb nicht bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf. Satz 1 gilt zudem nicht für Rechtsgeschäfte bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291).
(2) Nichtig ist ferner ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und einem anderen, nach dem dieser berechtigt oder verpflichtet sein soll, Aktien der Gesellschaft für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens zu erwerben, soweit der Erwerb durch die Gesellschaft gegen § 71 Abs. 1 oder 2 verstoßen würde.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.