Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 27. Nov. 2018 - 7 U 100/17

bei uns veröffentlicht am27.11.2018

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.06.2017, Az. 324 O 352/16, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Berufungskläger und Beklagten (im Folgenden: Beklagten) wenden sich gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung der erneuten Veröffentlichung und / oder der erneuten Verbreitung des Filmmaterials, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Berufungsbeklagten und Klägerin (im Folgenden: Klägerin) betriebenen Klinik aufgenommen wurde, wie in der Sendung „Team ... – Reporter Undercover“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom ... geschehen, und zur Zahlung von diesbezüglich entstandenen vorgerichtlichen Abmahnkosten.

2

Für den Sachverhalt wird zunächst gemäß § 540 Abs.1 S.1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Ergänzend sei hinzugefügt, dass der A Konzern, nachdem er 49,9 % der Anteile an der D Kliniken GmbH übernommen hatte, einen Stellenabbau von 391 Vollzeitstellen, davon 53 im ärztlichen Bereich, angekündigt und jedenfalls in Teilen auch umgesetzt hat. Auf einer Betriebsversammlung am 06.05.2015 wurde das Thema des Stellenabbaus und der Überstunden erörtert. Für die Einzelheiten wird auf die als Anlage Bk 6 eingereichten Unterlagen Bezug genommen. Auch die Mitarbeiter der Klägerin beschweren sich gegenüber der als Pflegepraktikantin tätigen Redakteurin der Beklagten zu 2) in dem Beitrag über Personalmangel und die damit einhergehenden Belastungen. Dass es im Betrieb der Klägerin Überstunden und Überlastungsanzeigen gegeben hat, ist unstreitig – streitig ist indes die Anzahl der geplanten Überstunden. Zum Thema Reinigung und Hygiene teilte die Klägerin in Reaktion auf den verfahrensgegenständlichen Beitrag am Tag nach der Erstausstrahlung des inkriminierten Beitrags mit, dass sich die Klinik im Zeitpunkt der B-Recherche gerade mitten im Integrationsprozess nach der Übernahme durch A befunden habe und dass es im Bereich Reinigung klaren Nachholbedarf gegeben habe. Das Reinigungssystem sei komplett umgestellt worden, diese Umstellung sei noch nicht vollumfänglich und gut gelungen. Insoweit wird auf die als Anlage Bk 13 zur Akte gereichte „Stellungnahme zur B-Berichterstattung vom ...“ Bezug genommen. Das W’er Gesundheitsamt kontrollierte die D Klinik 2015 insgesamt acht Mal, der Leiter des Amts sagte gegenüber der Presse, dass sich die Hygiene-Mängel durchs ganze Haus zögen und vor allem auf Personalmangel zurückzuführen seien (vgl. Anlage Bk 23, dort Seite 2 Zwischenüberschrift „Gesundheitsamt nicht überrascht“). Nach Übernahme durch den A Konzern wurden zwei Erwachsenen-Intensivstationen zu einer zusammengelegt, was zu einer Reduktion der vorhandenen Betten führte. Zum Thema minderwertiges Material in Bezug auf die von der Klägerin verwandten Handschuhe erklärte der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Presse, dass sich dies mit einer „fehlerhaften Charge“ erklären lasse (vgl. Anlage Bk 14, dort Seite 2, 2. Absatz). Die Berichterstattung der Beklagten hat viele Reaktionen, u.a. der Stadt W als Mehrheitseigner hervorgerufen. Für die Einzelheiten der Reaktion der Stadt W wird auf die als Anlage Bk 12 zur Akte gereichte Pressemitteilung Bezug genommen.

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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Anfertigung und Verbreitung des streitgegenständlichen Filmmaterials in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin eingreife und dieses verletze. Aus der vorzunehmenden Abwägung mit der Meinungs- und Rundfunkfreiheit der Beklagten folge, dass das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin überwiege. Zugunsten der Klägerin streite, dass das Bildmaterial unter Verletzung des Hausrechts der Klägerin, mithin rechtswidrig beschafft worden sei. Die Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin wiege vergleichsweise schwer. Es würden bisweilen Verhältnisse im Betrieb der Klägerin öffentlich angeprangert, obwohl sie keinen Einzelfall darstellten. Das Filmmaterial entstamme in großen Teilen Bereichen der Klinik, deren Zugang nur für einen abgegrenzten Personenkreis vorgesehen sei, so Aufenthaltsräume, Schockräume, Patientenzimmer. Die Klägerin könne sich zwar nicht selbst auf die jeweiligen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Patienten berufen, diesen zugrunde liegenden Umstände seien im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung dennoch zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, da sie den Eingriff in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht erschwerten. Die Eingriffe in die genannten Rechtsgüter Dritter seien dem öffentlichen Ansehen der Klägerin insbesondere aus der Sicht bisheriger sowie potentieller Patienten in erheblichem Maße abträglich. Im Rahmen der Abwägung sei andererseits zu berücksichtigen, dass die rechtswidrige Informationsbeschaffung nicht ausschließlich in einer Sphäre der Klägerin erfolgte, die einer besonderen Vertraulichkeit unterlag. Überdies bestehe im Allgemeinen ein berechtigtes Informationsinteresse an den Zuständen und Abläufen in deutschen Kliniken, namentlich an der Frage, ob auch vor dem Hintergrund vorgenommener Einsparungen eine adäquate Versorgung der Patienten gewährleistet sei. Angesichts der Warnungen der Landesärztekammer H. (Anlagen Bk3) sowie weiterer Presseberichte über den geplanten Stellenabbau (Anlagen Bk2 und Bk4 gelte dies insbesondere in Bezug auf die Klägerin. Die Annahme eines eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses sei nicht auf die Aufdeckung von rechtswidrigen Verhaltensweisen beschränkt. Es müsse sich jedoch um Vorgänge handeln, die sich für die Allgemeinheit, zumindest aber für einen erheblichen Teil derselben, als so einschneidend darstellten, dass deren öffentliche Behandlung als wesentlich angesehen werde. An dem in Rede stehenden Filmmaterial bestehe indes kein öffentliches Informationsinteresse, das die durch seine rechtswidrige Beschaffung entstandenen Nachteile eindeutig überwiege.

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In der Situation, in der sich zunächst zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den Schockräumen der Klinik befanden, sei kein Patient konkret gefährdet worden. Die Bemerkung eines Arztes, man müsse der Leitstelle mitteilen, man könne die Patienten mangels Pflegepersonals nicht aufnehmen, sei ironisch zu verstehen. Hinsichtlich der behaupteten – streitigen - Zahl von 700 Überstunden hätten die Beklagten der ihnen obliegenden Beweislast nicht genügt. Es sei im Übrigen weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die Überstundenzahl so gravierend wäre, dass sie sich beispielsweise spürbar auf die Betreuung der Patienten ausgewirkt hätte. Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzkräfte sei nach der Übernahme der Klinikleitung durch die Klägerin drastisch reduziert worden, sei prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Hinsichtlich der Äußerung, dass Pflegekräfte Reinigungsarbeiten übernähmen, sei nicht auszuschließen, dass es sich um Einzelfälle, die auf ein besonderes großes Reinlichkeitsempfinden oder ein übersteigertes Pflichtbewusstsein einzelner Pflegekräfte zurückzuführen seien, handele. Hinsichtlich der gezeigten angebissenen Wurst könne ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen Einzelfall handele, der keine zwingenden Rückschlüsse auf allgemeine Missstände im Bereich der Hygiene in der Klinik zulasse. Hinsichtlich der Aufnahme von verschmutzen Liegen mit befleckten Laken fehle es an substantiierten Vortrag der Beklagten dazu, wo die in Rede stehenden Aufnahmen angefertigt worden seien, ob jener Bereich öffentlich zugänglich gewesen sei und wie lange sich die gezeigten Liegen dort befunden haben sollen. Soweit in der Berichterstattung zu sehen ist, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau E anweist, eine Liege ohne Desinfizierung für einen weiteren Patienten zu verwenden, sei hierin unstreitig ein Fehlverhalten der betreffenden Person zu sehen. Dafür, dass sich hierin jedoch ein genereller, über die konkrete Situation hinausgehender Missstand in der Klinik der Klägerin manifestiert habe, bestünden indes keine Anhaltspunkte. Hinsichtlich der Äußerung, dass die von der Klägerin verwendeten Handschuhe minderwertig seien, hätten die Beklagten ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Gleiches gelte in Bezug auf die Äußerung, dass die in der Klinik der Klägerin zum Zwecke der Blutentnahme verwendeten Butterfly-Nadeln minderwertig und unpraktisch in der Handhabung seien. Soweit in der Berichterstattung unter Verweis auf einen Aushang im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte geäußert wird, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, sei davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um eine repräsentative Zahl handele. Es sei auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die in Rede stehenden Probenidentitätsfehler zu einer konkreten Gefährdung von Patienten geführt hätten. Hinsichtlich der Situation, in der eine Notfallpatientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen angekündigt werde, sei prozessual davon auszugehen, dass zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Ausstattung und Organisation der Klink eine Gefährdung für die Gesundheit oder das Leben der Patientin bestanden habe. Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass mehrere Frühgeborene in der Klinik der Klägerin mit MRSA-Keimen infiziert worden seien, sei zu beachten, dass weder ein Kind hierdurch konkret gefährdet worden sei noch dass ein Zusammenhang des aufgetretenen Keimbefalls mit etwaigen Hygienemängeln habe festgestellt werden können. Der Umstand, dass einige Patienten jedenfalls vorübergehend auf Fluren der Klinik liegen, dürfte in Kliniken keinen Einzelfall darstellen.

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Gegen dieses Urteil, das ihnen am 03.07.2017 zugestellt worden ist, haben die Beklagten mit einem am 21.07.2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 04.10.2017 mit einem am 04.10.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

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Zur Begründung tragen die Beklagten vor, dass das Landgericht nahezu ihren gesamten Tatsachenvortrag übergangen habe, die Interessenabwägung berücksichtige einseitig die Belange der Klägerin. Der Zweck der Berichterstattung liege darin, über Kosteneinsparungen in deutschen Krankenhäusern und deren Folgen zu informieren, ein Thema, welches die Öffentlichkeit per se wesentlich berühre. Dies gelte umso mehr im Hinblick auf die Klinik der Klägerin, die sich überwiegend in öffentlicher Hand befinde. Sie hätten Missstände von erheblichem Gewicht aufgedeckt. Auf der anderen Seite wiege der Eingriff in das Hausrecht der Klägerin nicht besonders schwer, da die zentrale Notaufnahme eines Krankenhauses keinen wegen seiner Vertraulichkeit besonders geschützten Bereich darstelle; es hätte dort eine Vielzahl von Personen Zutritt.

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Es könne nicht darauf abgestellt werden, dass es sich bei den Verhältnissen in der Klinik der Klägerin nicht um einen Einzelfall handele. Es wäre mit Art. 5 GG nicht vereinbar, wenn die Presse über weit verbreitete Missstände nicht mehr berichten dürfte. Die Argumentation des Landgerichts missachte des Weiteren, dass das BVerfG entschieden habe (NJW 2005, 883ff.), dass betroffene Unternehmen persönliche Rechte ihrer Mitarbeiter nicht als eigenes Recht geltend machen könnten. Auch sei – wovon das Landgericht aber ausginge – eine konkrete Gefährdung von Patienten für die Annahme eines Missstands nicht erforderlich. Das Landgericht lasse die erforderliche Gesamtschau aller Umstände vermissen und beschränke sich auf die Würdigung einzelner Umstände. Hierzu führen die Beklagten aus, dass hinsichtlich der Situation, in der zwei Schwerverletzte zur Behandlung in den Schockräumen angekündigt werden, der erhebliche Missstand darin bestehe, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, zwei voll funktionsfähige Schockräume gleichzeitig bereitzustellen. In Bezug auf die tatsächliche Anzahl der eingeplanten Überstunden meinen die Beklagten, dass es gemäß § 193 StGB analog zu einer Rückumkehr der Darlegungs- und Beweislast komme, die sodann die Klägerin treffe. Auch hinsichtlich der behaupteten Reduzierung der Arbeitszeiten der Putzkräfte läge die Darlegungs- und Beweislast in analoger Anwendung des § 193 StGB bei der Klägerin. Gleiches gelte in Bezug auf die Frage, ob dreckige Liegen in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Krankenhauses vorgehalten würden. Das Landgericht verkenne zudem, dass es nicht erforderlich sei, dass die aufgezeigten Missstände genereller Art seien. Auch Umstände, die einen Einzelfall darstellten, könnten geeignet sein, aufgrund ihrer Schwere einen Missstand von erheblichem Gewicht zu begründen. Die Anweisung einer Pflegekraft, eine Liege ohne Desinfizierung zu benutzen, sei Ausdruck eines strukturellen Problems. Im Hinblick auf die gerissenen Handschuhe meinen die Beklagten, dass es unstreitig sei, dass die Handschuhe mehrfach beim Überstreifen gerissen seien. Dies belege auch das Filmmaterial. Auch hier käme es – wie auch in Bezug auf die verwendeten Butterflynadeln - nach § 193 StGB analog zu einer Rückumkehr der Beweislast. Hinsichtlich der Butterflynadeln sei im Übrigen gar nicht deren Minderwertigkeit behauptet worden, es sei vielmehr berichtet worden, dass diese unpraktisch in der Handhabung seien. Das Landgericht überspanne die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag. In Bezug auf die Probenidentitätsfehler tragen die Beklagten vor, dass auch dann, wenn es sich um eine Momentaufnahme handele, es sich gleichwohl um einen Missstand von erheblichem Gewicht handele, der im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu berücksichtigen sei. Zu der Situation der Einlieferung einer Schlaganfallpatientin tragen die Beklagten vor, dass nicht maßgeblich sei, ob eine Schädigung der Patientin eingetreten sei, sondern dass die Patientin aufgrund mangelnder Kapazitäten, die nicht zuletzt auf die durch Kosteneinsparungen zusammengelegten Intensivstationen zurückzuführen seien, um ein Haar nicht hätte angemessen versorgt werden können. Wenn die Patientin angemessen versorgt hätte werden können, dann auf Kosten anderer Patienten (Anhalten einer OP). Soweit Patienten auf Fluren versorgt werden, könne es kein Argument sein, ob ein Missstand einen Einzelfall darstelle oder nicht, vielmehr bedürfe es unabhängig von dieser Einordnung der Beurteilung, ob und inwieweit der darstellte Mangel für sich genommen oder in der Gesamtschau mit den übrigen Umständen einen Missstand darstelle, dessen Aufdeckung für die Öffentlichkeit einer derart große Rolle spiele, dass das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiege. Das sei hier der Fall.

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Die Beklagten beantragen,

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das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.06.2017, 324 O 352/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zutreffend habe das Landgericht begründet, dass die Berichterstattung keinen Missstand von erheblichem Gewicht aufzeige. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag trägt die Klägerin vor, dass das Filmmaterial nicht belege, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, zwei vollfunktionsfähige Schockräume gleichzeitig bereit zu stellen. Beide Schockräume wären in der in der Reportage gezeigten Situation einsatzbereit gewesen, und Personal, sofern erforderlich, wäre woanders abgezogen worden. Soweit behauptet werde, Putzarbeiten seien von Pflegekräften übernommen worden, so sei dies falsch. Nur eine Pflegekraft, Frau F, habe aus eigenem Antrieb die Station umgeräumt. Hinsichtlich der Versorgung der angekündigten Schlaganfallpatientin trägt die Klägerin vor, dass alles daran gesetzt worden sei, die Patientin bestmöglich zu versorgen. Der Schockraum sei vorsichtshalber vorbereitet worden, bis sicher gewesen sei, dass die Patientin auf die Intensivstation umgeleitet werden konnte. Schnelles Handeln sei gefragt gewesen, dem seien die Mitarbeiter nachgekommen. Das Landgericht sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass den Beklagten gemäß § 186 StGB analog die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Überstundenanzahl von 700 treffe. Sie, die Klägerin, sei nicht gehalten gewesen, auf den vor Ausstrahlung übersandten Fragekatalog zu antworten. Im Übrigen schütze die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB analog nicht die rechtswidrige Informationsbeschaffung.

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Anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen“ (VI ZR 396/16) sei den Beklagten die rechtswidrige Informationsbeschaffung selbst anzulasten. Daher bleibe es bei den Prüfungsmaßstäben des Bundesverfassungsgerichts aus der Wallraff-Entscheidung (NJW 1984, 1741ff.). Außerdem würden im vorliegenden Fall – anders als in der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs - auch sensible Daten und Informationen zu den Patienten, Besuchern und Mitarbeitern gezeigt. Auch gebe es im vorliegenden Fall keine Abweichung zwischen öffentlicher Selbstdarstellung und den tatsächlichen Verhältnissen.

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Zudem sei zu berücksichtigen, dass insbesondere über die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals mit anderen Mitteln hätte berichtet werden können. Die Beklagten würden über Informationen wie eine Power-Point-Präsentation von einer Betriebsversammlung verfügen, sie stünden in engen Austausch mit ver.di sowie dem Betriebsrat der Klägerin. Außerdem hätten ihnen nach eigenen Angaben Informanten Informationen zugespielt. Eine öffentliche Diskussion über die Arbeitsbelastung in Krankenhäusern und die Personalsituation hätte auch anders angestoßen werden können.

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Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2018 Bezug genommen.

II.

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Die Berufung ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie ist auch in der Sache begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten nicht zu.

A)

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Der Klägerin steht gegen die Beklagten aus §§ 1004 Abs.1 S.2 analog, 823 Abs.1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs.1, 19 Abs.3 GG kein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der verfahrensgegenständlichen Filmaufnahmen zu.

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1. Zwar greift die Anfertigung und Verbreitung des Filmmaterials im Rahmen der Sendung vom 11.01.2016 in das geschützte Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Denn zu den persönlichkeitsrechtlichen Grundlagen jeder unternehmerischen Betätigung gehört ein Mindestmaß an Vertrauensschutz (BGHZ 80, 25, 32; BGH, NJW 1981, 1366, 1368). Wie im vorliegenden Fall geschehen, wird das Mindestmaß des gebotenen Vertrauensschutzes beeinträchtigt, wenn ein Journalist als vermeintlich loyaler Mitarbeiter des Unternehmens tätig wird, es in Wahrheit aber ausspioniert, um die erlangten Informationen zu publizieren (OLG Hamm, Urteil vom 21. Juli 2004 – 3 U 116/04 –, Rn. 24, juris; vgl. Wenzel/ Burkhardt, Kap. 5 Rn. 152 und Kap. 10 Rn. 23). Gegen den Willen des Unternehmens erfolgen derartige heimliche Filmaufnahmen nicht nur dann, wenn sie ausdrücklich verboten sind, vielmehr bedarf umgekehrt das Fertigen von Aufnahmen zu journalistischen Zwecken einer diesbezüglichen Erlaubnis, selbst wenn der Zutritt zu den Räumen an sich gestattet ist und auch im konkreten Fall gestattet wurde, denn eine allgemeine Nutzungsgestattung erfasst nur den bestimmungsgemäßen Benutzungszweck. Das Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen zu journalistischen Zwecken wäre nur dann bei Vorliegen einer ausdrücklichen Erlaubnis der Klägerin zulässig. Ob daneben noch ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt, kann dahinstehen, weil sowohl das Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb sog. offene Haftungstatbestände sind und für die Frage der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs die gleichen Abwägungsgrundsätze gelten.

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2. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist aber nicht rechtswidrig. Das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Rundfunkfreiheit überwiegen das Interesse der Klägerin am Schutz ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts.

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Das allgemeine Persönlichkeitsrecht stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interesse sind im vorliegenden Fall die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht in der sog. „Wallraff-Entscheidung (Beschluss vom 15.01.1984, 1 BvR 272/81) aufgestellt hat, maßgebend. Danach kommt es zum einen auf den Zweck der Veröffentlichung an: Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt. Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird, in Fällen der vorliegenden Art also die Veröffentlichung einer durch Täuschung widerrechtlich beschafften und zu einem Angriff gegen den Getäuschten verwendeten Information - nicht etwa nur die Verbreitung einer wertenden Äußerung. Ein solches Mittel indiziert in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich eines anderen, namentlich dann, wenn dieser wegen seiner Vertraulichkeit geschützt ist; darüber hinaus gerät es in einen schwerwiegenden Widerspruch mit der Unverbrüchlichkeit des Rechts, einer Grundvoraussetzung der Rechtsordnung. Bei dieser Sachlage hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die (tatsächliche) Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 1984 – 1 BvR 272/81 –, BVerfGE 66, 116-151, Rn. 57).

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Dies bedeutet nicht, dass ein derartiges, die Nachteile eines Rechtsbruchs eindeutig überragendes Informationsinteresse zwingend voraussetzt, dass durch die widerrechtlich beschaffte Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart werden, die ihrerseits rechtswidrig sind. Das Bundesverfassungsgericht selbst formuliert, dass „in der Regel“ die Bedeutung der rechtswidrig beschafften Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung die Nachteile nicht eindeutig überwiegt, welche der Rechtsbruch nach sich ziehen muss, wenn die widerrechtlich beschafften Informationen (nur) Zustände oder Verhaltensweisen offenbaren, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind. Die Funktion der Presse ist nicht auf die Aufdeckung von Straftaten oder Rechtsbrüchen beschränkt, sie nimmt auch insoweit eine wichtige Aufgabe wahr, als sie die Bevölkerung über Themen von allgemeinen Interesse informiert (BGH, Urteil v. 10.04.2018, VI ZR 396/16, Absatz Nr. 31).

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Im vorliegenden Fall ergibt die Abwägung aller relevanten Umstände, dass hinsichtlich der Verbreitung der von den Beklagten in Person ihrer Reporterin E rechtswidrig hergestellten Bildaufnahme ein eindeutig die Nachteile des Rechtsbruchs überwiegendes, überragendes öffentliches Informationsinteresse bestand.

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a) Der Abwägung ist als für die Klägerin streitendes Argument die Art der Erlangung der Information voranzustellen. Teile der Aufnahmen konnten nur erfolgen, weil sich eine Mitarbeiterin der Beklagten zu 2) durch Vortäuschen, sie wolle ein Pflegepraktikum machen, den Zugang zu diesen Räumen erschlichen hat. Auch andere Aufnahmen im öffentlich zugänglichen Bereich wurden erst durch das Vortäuschen, nur eine Pflegepraktikantin zu sein, ermöglicht, so die aus Anlass von Gesprächen mit Patienten und Gesprächen mit anderen Mitarbeitern erstellten Aufnahmen. Zu würdigen ist aber auch, dass die Aufnahmen darüber hinaus in Bereichen gemacht wurden, zu denen die Allgemeinheit Zutritt hat, wie die Flure, der Wartebereich oder auch die Patientenzimmer. Hier wiegt der Eingriff weniger schwer als bei Aufnahmen, die in einem Bereich, zu dem Unbefugte keinen Zutritt haben, gefertigt werden. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch bei den Aufnahmen von in der Öffentlichkeit unzugänglichen Bereichen ein gesteigertes Geheimhaltungsinteresse der Klägerin nicht betroffen ist, es werden keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin offenbart. In die Abwägung ist ebenfalls mit einzustellen, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Beklagten oder ihrer Mitarbeiterin vorliegt. Der Tatbestand des § 123 StGB ist nicht erfüllt, weil dies ein Überschreiten der gegenständlichen Grenze des geschützten Raums gegen den Willen des Berechtigten voraussetzt, sodass ein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis des Hausrechtsinhabers den Tatbestand ausschließt, und zwar selbst dann, wenn es durch Täuschung (über Motiv oder Absichten) erschlichen ist (BGH NJW 1997, 1560 Rn. 14 in Juris; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 123 Rn. 16 f. und 23; LK-Lilie, StGB, 12. Aufl., § 123 Rn. 50; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 123 Rn. 121).

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Auch eine Verletzung der §§ 201, 201a StGB ist nicht zu Lasten der Beklagten im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung einzustellen, weil eine etwaige Verletzung der Persönlichkeitsrechte, insbesondere des Rechts am eigenen Bild, der auf den Videoaufnahmen abgebildeten Mitarbeiter der Klägerin, nicht berücksichtigt werden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung NJW 2005, 883 die vom OLG Hamm offengelassene Frage, ob das Unternehmen das Persönlichkeitsrecht seiner Mitarbeiter geltend machen kann, dahingehend entschieden, dass das Unternehmen ein derartiges persönliches Recht seiner Arbeitnehmer nicht als eigenes geltend machen kann. Im Übrigen ist eine mögliche Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten der auf den Filmaufnahmen abgebildeten Mitarbeiter durch die Anonymisierung mittels Verpixelung und Verzerrung der Stimmen weitestgehend ausgeschlossen. Der Eingriff in das eigene Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin ist auch nicht dadurch signifikant erschwert, dass Patienten anhand ihrer Kleidung, ihres Aufenthaltsorts innerhalb der Klinik und der preisgegebenen Informationen zu ihrer Krankengeschichte identifizierbar sein mögen, was sich negativ auf das Ansehen der Klägerin auswirken könnte. Denn es handelt sich insoweit aufgrund der vorgenommenen weitreichenden Verpixelungen und Verzerrungen der Stimmen um eine jedenfalls nur eingeschränkte Erkennbarkeit mit der Folge, dass allenfalls eine geringfügige Auswirkung auf das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auszumachen ist.

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b) Im Rahmen der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Filmaufnahmen die Zuschauer zutreffend informieren. Die Klägerin macht zwar zu einzelnen Wortbeiträgen deren Unwahrheit geltend, so etwa in Bezug auf die behauptete Anzahl an geplanten Überstunden im Monat Mai 2015, in Bezug auf die Reduzierung der Stundenzahlen der Putzkräfte sowie im Hinblick auf das eingesetzte Arbeitsmaterial. Die Filmaufnahmen selbst jedoch – die im vorliegenden Fall streitgegenständlich sind – informieren den Zuschauer unstreitig zutreffend. Diese transportieren keine unwahren Tatsachenbehauptungen, sondern geben die tatsächlichen Verhältnisse im Klinikum der Klägerin wieder.

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c) Mit den Filmaufnahmen wird ein Zweck verfolgt, der für die Öffentlichkeit von überragender Bedeutung ist. Es geht um die Frage, was die von der Klägerin umgesetzten und auch öffentlich bekanntgegebenen Kosteneinsparungen für den Krankenhausbetrieb konkret bedeuten, welche Auswirkungen sie auf Hygiene, die Personalsituation und die Arbeitsmittel haben. Betroffen sind davon die Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit der Menschen. Dieser Zweck begründet ein derart überragendes Informationsinteresse, dass ausnahmsweise die Veröffentlichung der rechtswidrig beschafften Information zulässig ist, ohne dass rechtswidrige Zustände offenbart werden müssen.

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Bei der Beurteilung der Frage, ob ein derartiges überragendes Informationsinteresse begründet ist, ist eine Gesamtbeurteilung der Filmaufnahmen vorzunehmen. Es ist nicht entscheidend auf die einzelne Szene abzustellen und zu fragen, ob diese Szene für sich betrachtet einen Missstand von erheblichem Gewicht aufdeckt. Maßgeblich ist vielmehr der Zustand im Klinikum der Klägerin wie er insgesamt aus den Aufnahmen ersichtlich wird. Daraus ergibt sich ein Gesamtbild, das das überragende Informationsinteresse begründet und wie folgt zu umschreiben ist: Die Klägerin ist zu 49,9% an einem ansonsten in städtischer Hand liegendem Krankenhaus beteiligt. Nach ihrer Beteiligung kündigte die Klägerin Einsparungen durch Personalabbau und Prozessoptimierung an. Dadurch sollte die Klinik bereits ein Jahr nach der Übernahme „schwarze Zahlen“ schreiben unter dem Motto „Mit weniger Leuten mehr Leistung“, ohne dass die medizinische Versorgung leidet. Die Filmaufnahmen der Beklagten zeigen die Auswirkungen dieser Maßnahmen im Klinikalltag.

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So wird Personal nur für einen Schockraum bereitgehalten mit der Folge, dass dann, wenn ein zweiter Schockraum benötigt wird, Personal fehlt. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob Personal ggf. von einer anderen Stelle hätte abgezogen werden können, denn dann würde es an dieser Stelle fehlen. Der Missstand besteht nicht erst dann, wenn ein anderer Patient konkret gefährdet wird. Der Missstand besteht darin, dass aufgrund der Personaleinsparungen bereits die gleichzeitige Ankunft von zwei Schwerverletzen zu personellen Problemen führt. Dass dies der Fall ist, ist letztlich unstreitig und auch unabhängig von der Frage, ob die Bemerkung des Arztes, man müsse die Leitstelle anrufen, ironisch gemeint ist oder nicht. Denn auch wenn der Arzt hier in spöttischer Art und Weise die Situation beschreiben will und damit zugleich zum Ausdruck bringen will, dass die Meldung an die Leitstelle natürlich nicht die Lösung sein kann, so macht die Bemerkung gleichwohl deutlich, dass das Schockraum-Team vor einem personellen Problem steht.

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Die für die Klägerin tätigen Pflegekräfte beschweren sich gegenüber der als Praktikantin tätigen Redakteurin über die Arbeitsbedingungen. Sie beklagen den Stress, den sie auf die Sparmaßnahmen zurückführen. Unstreitig plant die Klägerin Überstunden ein. Dabei kommt es hier nicht auf die genaue Anzahl an. Entscheidend ist die Frage, ob ein Missstand von erheblichem Gewicht vorliegt, der in den Filmaufnahmen aufgegriffen wird. Deshalb ist hier entscheidend, dass es sich um eine signifikante Zahl an Überstunden handelt, die die Klägerin bewusst einplant. Und das ist unstreitig der Fall, auch wenn die Zahl – wie die Klägerin vorträgt – um mehr als 30% von der im Beitrag genannten Zahl von 700 Überstunden abweichen sollte (ca. 210 Überstunden weniger, verbleiben immer noch ca. 500). Dass die Überstunden ein ständiges Thema im Betrieb der Klägerin sind, ergibt sich zudem aus den Äußerungen der Mitarbeiter im Beitrag selbst sowie aus den als Anlagen Bk6 - Bk9 eingereichten Auszügen der Powerpointpräsentation aus der Betriebsversammlung.

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Auch soweit es um die Putzkräfte geht, kommt es nicht auf die im Beitrag geäußerte Aussage an, die Stundenzahl der Putzkräfte sei nach der Übernahme der Klinikleitung durch die Klägerin reduziert worden. Von Bedeutung ist, dass sich aus den Filmaufnahmen Mängel in der Hygiene ergeben, so z.B. Staub und Blutflecken sowie eine angebissene Wurstscheibe auf dem Fußboden. Außerdem ergibt sich aus der Anlage Bk23, dass der Leiter des W’er Gesundheitsamts gegenüber der Presse geäußert hat, dass sich Hygienemängel durch das gesamte Haus zögen. So gab die Klägerin in ihrer Pressemitteilung schließlich auch selbst an, dass es im Bereich Reinigung Nachholbedarf gebe, dass die vorgenommene Umstellung im Reinigungsprozess noch nicht gut gelungen sei (Anlage Bk 13).

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Zum Thema Liegen ist in erster Linie darauf abzustellen, dass die Anweisung einer Pflegekraft, eine nicht desinfizierte Liege für einen weiteren Patienten zu benutzen, einen derartig großen Missstand darstellt, dass selbst dann, wenn es sich um einen Einzelfall handeln sollte, ein überragendes Informationsinteresse besteht.

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Hinsichtlich der Probenidentitätsfehler ist entscheidend, dass es den im Beitrag gezeigten Aushang gegeben hat. Es hat also ein Problem mit den Proben aus der ZNA gegeben und dieses war immerhin so dringend, dass die Mitarbeiter mit einem Aushang darauf hingewiesen wurden. Dieses ist der Missstand, so dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob es sich bei den 70% um eine repräsentative Zahl handelt – was die Berichterstattung im Übrigen auch nicht für sich in Anspruch nimmt.

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In der Situation der Ankündigung der Einlieferung einer Schlaganfallpatientin zeigt sich, welche Auswirkung die Einsparung einer Intensivstation im Klinikalltag haben kann und hier konkret hat. Alle beteiligten Pfleger und Ärzte sind der Meinung, dass die Patientin am besten auf der Intensivstation versorgt werden könnte. Um ihre Gesundheit und eventuell ihr Leben nicht zu gefährden, sind zwar alle Beteiligten bemüht, eine möglichst gleichwertige Versorgung im Schockraum sicherstellen. Hierbei handelt es sich aber um eine Notlösung. Der Missstand ist nicht, ob das Leben dieser Patientin gefährdet wurde oder nicht, sondern, dass aufgrund der Einsparungen der Klägerin, die sich auch in der Zusammenlegung der Intensivstationen zeigt, eben eine Notlösung gewählt werden musste.

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Auch die Versorgung der Patienten auf den Fluren zeigt, dass es höheren Bedarf an Patientenbetten gibt, als die Klägerin bereithält. Insoweit sind die Aufnahmen relevant für die Frage, ob die Einsparungen der Klägerin negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben. Selbst wenn auch vor der Übernahme durch die Klägerin eine ähnliche Situation geherrscht haben sollte, so würde immer noch deutlich, dass es keine Kapazitäten gibt, die eingespart werden könnten.

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Aus den Aufnahmen wird insgesamt deutlich, unter welchem Stress und zeitlicher Anspannung insbesondere die Pflegekräfte stehen. An den Aufgaben, die die Redakteurin als Pflegepraktikantin übernehmen sollte, zeigt sich, dass die Pflege auf die Hilfe von derartigen Praktikanten angewiesen ist. Sobald eine Patientin mehr Zeit als üblich beansprucht (Frau mit Schlaganfall bittet um Wasser), können die angestellten Pflegekräfte diesen Aufwand mangels Zeit nicht leisten.

36

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich bereits, dass in der Klinik der Klägerin ein Missstand von erheblichem Gewicht bestand, der ein deutlich überragendes Informationsinteresse begründet. Auf die Fragen, ob verdreckte Liegen auf öffentlichen Fluren stehen und worauf die reißenden Handschuhe sowie die beim Blutabnehmen platzenden Venen zurückzuführen sind, kommt es insoweit nicht mehr entscheidungserheblich an. Das überragende Informationsinteresse besteht auch unabhängig von diesen Fragen. Gleiches gilt in Bezug auf die MRSA-Keime auf der Frühchenstation, mit denen sich im Übrigen weder die Filmaufnahmen noch die Berichterstattung befassen.

37

d) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es in anderen Kliniken doch ähnlich zugehe. Denn diesem Einwand stehen die Umstände entgegen, dass die Klägerin ihre Einsparungs- und Umstrukturierungspolitik in zeitlicher Nähe zur Erstellung der Filmaufnahmen öffentlich bekanntgegeben hat. An der Klinik der Klägerin besteht darüber hinaus auch deshalb ein besonderes öffentliches Interesse, weil der Staat mit 50,1% beteiligt ist. Eine unzulässige Anprangerung käme dann in Betracht, wenn die Beklagten die gewerblichen Tätigkeiten der Klägerin ohne jeden sachlichen Anlass in der geschehenen Weise herausgestellt hätten. Das ist aus den genannten Gründen indes nicht der Fall.

38

e) Schließlich kommt es im vorliegenden Fall auf die Frage, ob es mildere Mittel als die heimlichen Filmaufnahmen gegeben hätte, nicht entscheidungserheblich an. Denn es mag zutreffend sein, dass den Beklagten andere Informationsquellen zur Verfügung standen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um objektive Angaben, sondern insbesondere um solche von Betroffenen oder Interessenvertretern. Allein anhand dieser Quellen könnte sich der Zuschauer kein eigenes, tatsachenbasiertes Urteil bilden. Insofern kommt im vorliegenden Fall dem Gesichtspunkt der Authentizität des Filmmaterials besondere Bedeutung zu.

B)

39

Mangels rechtswidrigen Eingriffs in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin kann diese auch nicht von den Beklagten gemäß §§ 823 Abs.1, 249 Abs.2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs.1, 19 Abs. 3 BGB die Erstattung der vorgerichtlich für die Abmahnung der Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen.

C)

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegt § 709 S.1, 2 ZPO zugrunde.

41

Die Revision war gemäß § 543 Abs.2 ZPO nicht zuzulassen.

42

Der Schriftsatz der Klägerin vom 09.10.2018 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 27. Nov. 2018 - 7 U 100/17

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Tenor

I. Die Beklagten werden jeweils verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

das Filmmaterial, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Klink aufgenommen wurde, erneut – wie in der Sendung „T. W. –R. U.“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom 11.01.2016 geschehen – zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 18.06.2016 zu zahlen.

III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 18.06.2016 zu zahlen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils zur Hälfte zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer I gegen die jeweiligen Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 40.000 EUR, hinsichtlich Ziffern II und III. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf 80.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer TV-Berichterstattung, die von der Beklagten zu 2) produziert und von der Beklagten zu 1) ausgestrahlt wurde, sowie über die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten der Klägerin.

2

Die Klägerin betreibt die H. Dr. H. S. K. in W. (im Folgenden: Klinik der Klägerin). Seit Mai 2014 befinden sich 49,9% der Anteile der Klinik in der Hand der H. K. GmbH – im Übrigen liegen diese bei der Stadt W. (vgl. Anlage BK1).

3

Die Beklagte zu 1) ist die Sendeverantwortliche des deutschlandweit ausgestrahlten TV-Senders „R.“. Die Beklagte zu 2) ist eine Produktionsfirma, die unter anderem für die Beklagte zu 1) das Format „T. W. –R. U.“ produziert, und eine 100%ige Tochter der Beklagten zu 1).

4

Am 11.01.2016 strahlte die Beklagte zu 1) die von der Beklagten zu 2) produzierte Folge des o.g. Formats mit dem Titel „P. s. G.“ aus, deren Ziel es sein sollte, über katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern zu berichten. Beispielhaft wird hierfür eingangs behauptet, dass in deutschen Krankenhäusern allgemein ein schlechter Personalschlüssel vorherrsche. Die vermeintlichen Missstände sollten exemplarisch anhand dreier Kliniken dargestellt werden, unter anderem der Klinik der Klägerin. Über diese wird in dem Beitrag (Anlage K2) zwischen Minute 30:14 und 58:10 berichtet. Hierbei werden schwerpunktmäßig verschiedene Filmaufnahmen aus den Räumlichkeiten der Klinik gezeigt, die eine Reporterin der Beklagten zu 2) – die Reporterin P. O. – im Rahmen eines achttägigen Pflegepraktikums im Mai 2015 in der Klinik angefertigt hat. Die Vertreter der Klägerin hatte sie bei Abschluss des Praktikumsvertrags über ihre Absichten, als – verdeckte – Reporterin Aufnahmen in den Räumlichkeiten der Klinik anzufertigen, nicht aufgeklärt, sodass dies in der Folge ohne Einwilligung der Klägerin geschah. Für die Anfertigung der Aufnahmen verwendete die Reporterin eine versteckte Kamera, um heimlich – von der Klägerin und den gefilmten Personen unbemerkt – die inkriminierten Film- und Tonaufnahmen aufzeichnen zu können. Hierunter befinden sich beispielsweise heimliche Mitschnitte von Gesprächen der Reporterin mit Patienten sowie mit dem Klinikpersonal. Die Patienten werden zum Teil in ihren Zimmern und auf den Fluren der Klinik gezeigt, mitunter auch im Rahmen laufender Behandlungen und Interaktionen mit Ärzten und Pflegern. Teilweise ist auch die Bekleidung der Patienten zu erkennen, und es wird die Krankengeschichte einzelner Patienten erörtert. Die heimlich gefilmten Personen werden jeweils im Gesicht verpixelt und mit verzerrter Stimme dargestellt.

5

Als Ursache der vermeintlichen Missstände in der Klinik werden in der streitgegenständlichen Berichterstattung insbesondere vorgenommene Einsparungen der Klägerin bei Personal und Ausstattung zum Zwecke der Gewinnmaximierung benannt. Allgemein hätten diese zur Folge, dass in der Klinik, und insbesondere in deren Zentralen Notaufnahme (im Folgenden: ZNA), ein akuter Personalmangel herrsche, infolge dessen einige Mitarbeiter der Klägerin aufgrund hoher Arbeitsbelastung gestresst seien und mitunter wenig Zeit für eine adäquate Versorgung der einzelnen Patienten zur Verfügung stehe. Überdies sei die ZNA insgesamt stark ausgelastet.

6

Darüber hinaus sollen unter Bezugnahme auf einzelne, filmisch festgehaltene Situationen als Folgen der Einsparungen dargestellt werden, die nach Ansicht des Beklagten konkrete Missstände sind:

7

- Ab Minute 31:05 (an dieser Stelle und im Folgenden jeweils bezogen auf den Zeitstempel des Videomitschnitts in Anlage K2) wird eine Situation dargestellt, in der zwei schwerverletzte Patienten angekündigt werden, die sich auf dem Weg zu den beiden „Schockräumen“ der Klinik befinden, in denen eine Erstversorgung stattfinden soll. Da in der Szene jedoch nur Personal – Ärzte und Pfleger – für einen der Schockräume anwesend ist, wird versucht, weiteres Personal für den zweiten Schockraum aufzutreiben. Ein anwesender Arzt merkt sodann gegenüber einer Pflegerin an, dass man in der Leitstelle anrufen und mitteilen müsse, man könne wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht beide Patienten aufnehmen. Nachdem der Ausgang dieser Situation zunächst offen bleibt, wird gegen Ende der Berichterstattung über die Klinik der Klägerin darüber aufgeklärt, dass zunächst nur einer der angekündigten Patienten eintraf und der andere Patient erst wesentlich später eingeliefert wurde.

8

- Ab Minute 40:47 wird unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet, dass in der ZNA im Mai 2015 mit 700 Überstunden geplant worden sei.

9

- Ab Minute 43:45 wird die Behauptung aufgestellt, dass nach der Übernahme der Klinik durch die Klägerin die Arbeitsstundenzahl der Putzkräfte drastisch reduziert worden und die Folgen der Sparmaßnahmen in der Klinik auch sichtbar seien. Beispielsweise habe eine Kollegin der Reporterin Frau O. hinter Betten eine angebissene Wurst entdeckt, die dort tagelang liegen geblieben sei.

10

- Ab Minute 44:09 wird die Behauptung aufgestellt, dass im Krankenhausflur vor der ZNA, der für jedermann zugänglich sei, oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden.

11

- Ab Minute 44:53 wird die Behauptung aufgestellt, dass die Pfleger in der Klinik trotz permanenter Unterbesetzung zusätzlich noch Reinigungsarbeiten übernehmen sollten.

12

- Ab Minute 45:30 ist zu sehen, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweist, eine Liege erneut zu verwenden, obwohl diese noch nicht desinfiziert war.

13

- Ab Minute 46:05 wird zunächst ein Pfleger oder ein Arzt und anschließend eine heimlich gefilmte Pflegekraft gezeigt, die sich jeweils einen Einweghandschuh überziehen, der hierbei reißt. Es wird behauptet, dass die in der Klinik verwendeten Handschuhe minderwertig seien. Diese seien so dünn, dass sie häufig schon beim Überziehen reißen würden.

14

Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin wird das konkrete Produkt am Markt in mindestens dreistelligen Millionenstückzahlen vertrieben und in verschiedenen Krankenhäusern innerhalb und außerhalb der H.- K. seit vielen Jahren verwendet.

15

- Ab Minute 46:30 behauptet eine Pflegekraft, sie habe mit den von der Klägerin zur Blutentnahme eingesetzten „Butterfly-Nadeln“ schon etwa 20 Venen zum Platzen gebracht. Sodann wird behauptet, dass die Nadeln in der Handhabe unpraktisch seien und daher insbesondere bei älteren Patienten die Venen zum Platzen bringen würden. Schließlich wird behauptet, dass die Klägerin schlechte Nadeln verwende.

16

Die eingesetzten Nadeln, die von einem namhaften, weltweit führenden Hersteller stammen, sind indes nicht generell minderwertig. Sie weisen dieselbe Dicke auf wie die zuvor in der Klinik eingesetzten Nadeln. Lediglich die Schlauchlänge, die jedoch keine Auswirkungen auf die Gefahr einer platzenden Vene hat, ist etwas kürzer.

17

- Ab Minute 51:07 wird ein Informationszettel eingeblendet, der im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte aushing. Auf diesen Bezug nehmend wird die Behauptung aufgestellt, dass 70% aller Identitätsfehler der Klinik – Fehler, die auf Verwechslungen von Urin- oder Blutproben beruhen – aus der ZNA stammten, was nach der zitierten Meinung einer Pflegekraft auf den Zeitdruck des dort eingesetzten Pflegepersonals zurückzuführen sei.

18

Bezogen auf den gesamten Zeitraum Januar-Oktober 2015 entfielen jedoch lediglich 9,5% der Identitätsfehler der Klinik auf die ZNA. Die dortige Fehlerquote beträgt durchschnittlich 0,025% und ist seit dem Jahr 2012 kontinuierlich verbessert worden.

19

- Ab Minute 52:08 wird eine Situation dargestellt, in der eine Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden soll, da auf der Intensivstation im Zeitpunkt der Ankündigung der Patientin zunächst kein Bett frei war. Auf der Intensivstation hätte insbesondere für eine eventuelle Beatmung der Patientin eine bessere technische Ausstattung bereitgestanden, wohingegen für eine entsprechende Behandlung im Schockraum ein Anästhesist hinzugezogen werden müsste. Tatsächlich konnte die Patientin bei Eintreffen auf die Intensivstation umgeleitet werden. Der Schockraum war indes vorsorglich für sie vorbereitet und die Hinzuziehung eines Anästhesisten veranlasst worden.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Berichterstattung wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

21

Nach Ausstrahlung des streitgegenständlichen Beitrags mahnte die Klägerin die Beklagten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2016 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (vgl. Anlagen K9 und K10). Daraufhin erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung der Kammer vom 12.04.2016 (Az.: 324 O 96/16, Anlage K11), mit welcher den Beklagten entsprechend des vorliegenden Tenors zu Ziff. I unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel die Veröffentlichung und Verbreitung des inkriminierten Filmmaterials untersagt wurde. Die Beklagten haben die einstweilige Verfügung der Kammer nicht als endgültige Regelung anerkannt, sondern beantragt, die Klägerin zur Erhebung der Hauptsacheklage aufzufordern, wie mit Beschluss der Kammer vom 09.05.2016 (vgl. Anlage K12) sodann geschehen. Dem ist die Klägerin mit der vorliegenden Klageschrift nachgekommen, die den Beklagten am 17.06.2016 zugestellt wurde.

22

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe betreffend das inkriminierte Filmmaterial ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu. Das gesamte Videomaterial aus den Räumlichkeiten ihrer Klinik sei rechtswidrig erlangt worden, nämlich durch die Reporterin Frau O. unter Verletzung ihrer vertraglichen Nebenpflichten aus dem Praktikumsvertrag. In dem heimlichen Filmen ohne ihre, der Klägerin, Einwilligung liege eine Verletzung ihres Hausrechts, welches ihr die Befugnis verleihe, im Einzelfall zu bestimmen, wie das Betreten und die Nutzung ihrer Räumlichkeiten gestattet werde und ob beziehungsweise wo Filmaufnahmen zugelassen werden. Überdies stelle das heimliche Filmen von Klinikpersonal und Patienten eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches der Gefilmten durch Bildaufnahmen gem. § 201a StGB dar, das heimliche Anfertigen von Tonaufnahmen ohne Einwilligung der Betroffenen begründe zudem eine Verletzung der Vertraulichkeit ihres Wortes gem. § 201 Abs. 1 und 2 StGB.

23

An dem illegal erlangten Material bestehe auch kein überragendes berechtigtes öffentliches Interesse, welches ausnahmsweise seine Ausstrahlung rechtfertige. Die heimlichen Filmaufnahmen stellten keinerlei erhebliche Missstände dar, insbesondere sei ihnen nicht zu entnehmen, dass die Gesundheit oder das Leben von Patienten gefährdet worden wären. Der in der Berichterstattung dargestellte Stellenabbau in der Klinik (vgl. Anlagen BK2-BK4) sowie die dortige – branchenübliche – Personalsituation (vgl. Anlagen BK18 und BK19) seien im Grundsatz bereits bekannt gewesen, sodass es insoweit keiner Undercover-Recherche bedurft hätte. Insbesondere bestehe kein berechtigtes öffentliches Berichterstattungsinteresse bezüglich der heimlichen Bildaufnahmen von Patienten. Wenngleich diese unter Verpixelung ihrer Gesichter und Verzerrung ihrer Stimmen gezeigt würden, seien sie anhand ihrer zum Teil dargelegten Krankengeschichte und der sichtbaren Räumlichkeiten, in denen sie sich befänden, sowie der getragenen Kleidung im Rechtssinne erkennbar. Durch die Darstellung der Patienten in hilfloser Lage, wodurch deren Privat- und Intimsphäre verletzt werde, würden auch ihre, der Klägerin, berechtigten Interessen erheblich verletzt, da zu erwarten sei, dass das Vertrauen der Patienten in ihre Klinik gestört werde und sich eine Vielzahl der Patienten von dieser abwenden werde. Auch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter sei durch die heimlichen Aufnahmen am Arbeitsplatz erheblich gestört worden.

24

Zu den dargestellten Situationen trägt die Klägerin im Einzelnen vor:

25

- In der Situation, in der sich zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, habe keine Gefährdung eines Patienten durch die Organisation oder etwaige Missstände in der Klinik vorgelegen, zumal die angekündigten Patienten letztlich unstreitig nicht zeitgleich eingetroffen seien und die zeitgleiche Benutzung beider Schockräume mithin nicht erforderlich geworden sei. Das benötigte Personal hätte erforderlichenfalls an anderer Stelle vorübergehend abgezogen werden können. Die Bemerkung des Arztes, man müsse der Leitstelle mitteilen, man könne die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen, sei ersichtlich ironisch gemeint gewesen.

26

- Soweit unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet werde, dass die Klinik im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant habe, sei diese Zahl unzutreffend. Die tatsächlich im Monat Mai 2015 überplanten Überstunden würden sich lediglich auf 392,7 Stunden belaufen. Diese seien in den Folgemonaten wieder abgebaut worden und darauf zurückzuführen, dass in den Monat drei gesetzliche Feiertage gefallen seien. Derartige Schwankungen aufgrund von Feiertagen seien nicht unüblich.

27

- Die Äußerung, die Stundenzahl der Putzfrauen sei nach Übernahme der Klinik durch sie, die Klägerin, drastisch reduziert worden, nimmt die Klägerin in Abrede. Die Arbeitszeiten der Reinigungskräfte seien seit 2014 unverändert: täglich von 06:00 bis 11:00 Uhr und von 13:00 bis 17:00 Uhr. Insbesondere, dass eine Wurst mehrere Tage in einer Ecke gelegen haben soll, sei bei den gegebenen Reinigungszeiten nicht nachvollziehbar.

28

- Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass im Krankenhausflur vor der ZNA oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, trägt die Klägerin vor, dass im Falle einer Beschmutzung der Liegen diese umgehend aus dem Patientenumfeld entfernt und zur Aufbereitung auf einen Verbindungsflur – einen Parallelflur, der nicht öffentlich zugänglich sei (vgl. Anlage K4) – verbracht würden. Nach der Reinigung und Desinfektion würden die Liegen abgedeckt.

29

- Hinsichtlich der Äußerung, dass Pfleger Reinigungsarbeiten übernehmen müssten, trägt die Klägerin vor, dass das Pflegepersonal gemäß der Arbeitsanweisung nur die Reinigung der medizinischen Geräte nach ihrer Benutzung übernehme, was einem üblichen Ablauf in einer Klinik entspräche. Im Übrigen werde die Reinigung durch das Reinigungspersonal übernommen. Das Vorbringen der Beklagten, dass insbesondere die Pflegekraft Frau D. in der Vergangenheit Reinigungsarbeiten übernommen habe, sei insoweit zutreffend, als diese einmal aus eigenem Antrieb eine Station umgeräumt habe, wodurch sie jedoch ihren Dienstvorgaben zuwider gehandelt habe.

30

- Soweit in der Berichterstattung gezeigt werde, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweise, eine Liege ohne Desinfektion erneut zu verwenden, handele es sich um ein einzelnes Fehlverhalten einer Pflegekraft, die in dieser Situation gegen die strikten Vorgaben der Klägerin gehandelt habe.

31

- Für die in der Berichterstattung behauptete Minderwertigkeit der in der Klinik verwendeten Einweghandschuhe bestünden keine Anhaltspunkte. Diese würden seit vielen Jahren ohne auffällige Komplikationen verwendet. Trotz der hohen Stückzahl der eingesetzten Handschuhe habe es in der Vergangenheit keine auffällige Anzahl an Beschwerden gegeben.

32

- Die Behauptung einer Pflegekraft, die in der Klinik verwendeten Butterfly-Nadeln seien minderwertig, insbesondere unpraktisch in der Handhabe, weshalb sie häufiger als andere Nadeln Venen zum Platzen bringen würden, nimmt die Klägerin in Abrede. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe es auch keine ständigen Wechsel der Medizinprodukte gegeben, sondern nur eine, mit der Übernahme der Klinik durch die H. verbundene Umstellung. Demnach sei auch nicht nachvollziehbar, was die Klägerin zudem bestreitet, dass nach dem Vorbringen der Beklagten eine mangelnde Routine des Pflegepersonals im Umgang mit den Medizinprodukten zu regelmäßigen Verletzungen bei Patienten geführt haben soll.

33

- Hinsichtlich der Behauptung, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, verweist die Klägerin darauf, dass die genannte Quote jedenfalls bezogen auf den Zeitraum Januar-Oktober 2015 – unstreitig – unzutreffend und die durchschnittliche Fehlerquote in der ZNA insgesamt äußerst gering sei.

34

- Soweit in der Berichterstattung dargestellt werde, dass eine Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden solle, da auf der Intensivstation kein Bett frei gewesen sei, trägt die Klägerin vor, dass auch in dieser Situation das Leben oder die Gesundheit der Patientin zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen seien. Der Schockraum sei – insoweit unstreitig – nur vorsichtshalber vorbereitet worden, bis festgestanden habe, dass die Patientin doch auf die Intensivstation habe umgeleitet werden können.

35

Den Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten berechnet die Klägerin ausgehend von einem Gesamtgegenstandswert von 80.000. Unter Zugrundelegung dieses Gegenstandswerts macht sie für die anwaltlichen Abmahnschreiben insgesamt eine 0,65-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (866,45 EUR) nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR geltend, die sie jeweils hälftig von den Beklagten erstattet begehrt.

36

Die Klägerin beantragt,

37

I. die Beklagten jeweils zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,

38

das Filmmaterial, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Klink aufgenommen wurde, erneut – wie in der Sendung „T. W. –R. U.“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom 11.01.2016 geschehen – zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.

39

II. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

III. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

Die Beklagten beantragen,

42

die Klage abzuweisen.

43

Sie sind der Auffassung, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Insbesondere verletzte die inkriminierte Berichterstattung nicht das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin, da jene Missstände von gravierendem Gewicht aufdecke, aufgrund derer eine Gefährdung der Gesundheit und unter Umständen sogar des Lebens von Menschen gegeben sei. Demgegenüber sei der Eingriff in die Rechte der Klägerin gering, da insbesondere die gefilmten Bereiche überwiegend der Öffentlichkeit zugänglich seien und keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden.

44

Die Klägerin könne sich allenfalls auf die Verletzung ihres Hausrechts berufen, nicht hingegen auf angebliche Verstöße gegen §§ 201a, 201 Abs. 1 und 2 StGB, da insoweit nicht ihre eigenen Rechtsgüter verletzt seien. Der Eingriff in das Hausrecht wiege nur gering, da das Gelände einer sehr großen Anzahl von Personen zugänglich sei, insbesondere Mitarbeitern und Besuchern.

45

Auch die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen sei vom Schutz der Meinungs- bzw. Pressefreiheit erfasst. Nach der Rechtsprechung unter anderem des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts könne nicht nur die Aufdeckung rechtswidriger Zustände oder Verhaltensweisen die Veröffentlichung von heimlich angefertigten Filmaufnahmen rechtfertigen, sondern ein überwiegendes Informationsinteresse auch an der Aufdeckung sonstiger Missstände von erheblichem Gewicht bestehen.

46

Vorliegend decke die inkriminierte Berichterstattung erhebliche Missstände auf. Sie weise auf die Personalnot insbesondere in der ZNA hin und zeige, dass auch Einsparungen bei Reinigungskräften oder Arbeitsmitteln zu erheblichen Einschränkungen der medizinischen Versorgung und mithin zu einer Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Patienten führten.

47

Überdies begründeten die dargestellten Missstände auch ein rechtswidriges Verhalten der Klägerin. Namentlich die Personalnot und die bestehenden Hygienemängel könnten im Extremfall zu einer (fahrlässigen) Körperverletzung oder einer (fahrlässigen) Tötung führen. Die Hygienemängel stellten zudem einen Verstoß gegen geltende (Hygiene-)Verordnungen dar. Die dargestellten Zustände begründeten ferner einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Hessisches Krankenhausgesetz (HKHG), wonach ein Patient mit seiner Aufnahme im Krankenhaus Anspruch auf eine angemessene Behandlung hat. Hiernach habe jeder Patient Anspruch auf das ungestörte vertrauensvolle Gespräch mit den für die Betreuung verantwortlichen Personen. Hierzu stehe es im Widerspruch, wenn die Klägerin auf den Gängen Behandlungen vornehmen lasse. Schließlich verstoße die Klägerin durch ihre Personalpolitik gegen ihre Fürsorgepflichten gegenüber ihren Mitarbeitern.

48

Zu den in Rede stehenden potentiellen Missständen tragen die Beklagten im Einzelnen vor:

49

- Die Situation, in der sich zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, zeige, dass das Personal der ZNA schon bei der Ankündigung von zwei Notfallpatienten massiv überfordert sei. Die Bemerkung des Arztes man müsse der Leitstelle mitteilen, die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen zu können, sei keineswegs ironisch zu verstehen.

50

- Soweit in der Berichterstattung unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet werde, dass die Klinik im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant habe, bestreiten die Beklagten das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin mit Nichtwissen. Die Zahl von 700 eingeplanten Überstunden im Mai 2015 ergebe sich zudem aus der beigebrachten anonymisierten eidesstattlichen Versicherung eines Informanten der Beklagten (Anlage BK5). Entsprechende Angaben habe der nicht näher benannte Informant zudem gegenüber mehreren Zeugen gemacht. Die massive Personalnot sei auch Thema auf einer Betriebsversammlung der Klägerin im Mai 2015 gewesen, wie sich aus der dort gezeigten Powerpoint-Präsentation und den Auszügen aus dieser ergäbe. Wegen ihres Inhalts wird auf die Anlagen BK6-BK9 Bezug genommen. Zudem habe die Personalnot zu einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen geführt, was sich aus dem Anlagenkonvolut BK10 ergäbe.

51

- Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzfrauen sei nach Übernahme der Klinik durch die Klägerin drastisch reduziert worden, wird das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin zu den Arbeitszeiten der Reinigungskräfte mit Nichtwissen bestritten. Der namentlich nicht genannte Informant der Beklagten habe drei Zeugen gegenüber angegeben, dass das Pflegepersonal Reinigungsarbeiten übernehme, und ab mittags auf den Stationen, einschließlich der ZNA, keine Reinigungskräfte mehr zur Verfügung stünden. Die angebissene Wurst habe wie in der Berichterstattung dargestellt über mehrere Tage an der gezeigten Stelle gelegen.

52

- Bezüglich der Behauptung, dass im Krankenhausflur vor der ZNA oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, tragen die Beklagten vor, dass in dem Beitrag auch blutbefleckte Betten auf einem öffentlich zugänglichen Flur zu sehen seien. Der auf Anlage K4 zu sehende Flur sei augenscheinlich nicht derselbe Flur wie der in der Berichterstattung zu sehende. Zudem sei auch der von der Klägerin genannte Verbindungsflur öffentlich zugänglich. Das Vorbringen der Klägerin, dass die Liegen in dem von ihr beschriebenen Bereich aufbereitet würden und dieser nicht mit Patientenwegen kollidiere, wird von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten. Jedenfalls sei sowohl dem inkriminierten Beitrag als auch dem Foto aus Anlage K4 zu entnehmen, dass die Klägerin benutzte und gereinigte Liegen unmittelbar nebeneinander lagere. Hierbei sei es unmöglich sicherzustellen, dass keine Übertragung von Keimen auf die gereinigten Liegen stattfinde.

53

- Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass Pfleger auch Reinigungsarbeiten übernehmen müssten, tragen die Beklagten vor, dass ihr Informant dies wiederum drei Zeugen gegenüber berichtet habe. Auch die Zeugin Frau D. habe als Pflegekraft häufiger Reinigungsarbeiten übernommen.

54

- Hinsichtlich der in der Berichterstattung behaupteten Minderwertigkeit der in der Klinik verwendeten Einweghandschuhe tragen die Beklagten vor, dass neben der im Beitrag zu sehenden Krankenschwester auch der Zeugin D. mehrfach Handschuhe bei der Benutzung gerissen seien.

55

- Soweit in der Berichterstattung eine Pflegekraft behaupte, die in der Klinik verwendeten Butterfly-Nadeln seien minderwertig, insbesondere unpraktisch in der Handhabe, tragen die Beklagten vor, es sei regelmäßig zu einer Verletzung von Patienten aufgrund der schlechten Handhabbarkeit der Butterflynadeln und der mangelnden Routine des Personals durch ständige Wechsel der Medizinprodukte gekommen. Exemplarisch sei dies bereits in dem inkriminierten Beitrag zu sehen. Dass es, wie von der Klägerin behauptet, lediglich zu einer Umstellung im Zuge der Übernahme der Klinik gekommen sei, wird von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten.

56

- Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, verweisen die Beklagten auf das in der Berichterstattung erkennbare Datum des Informationszettels (05.03.2015). Das Vorbringen der Klägerin zum Zeitraum Januar-Oktober 2015 sei insoweit nicht aussagekräftig, beziehungsweise stehe den Angaben des Informationszettels nicht entgegen. Die dort genannte Zahl werde auch auf keinen bestimmten Zeitraum bezogen.

57

- Die in der Berichterstattung dargestellten Situation, in welcher eine Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden solle, zeige, dass es bei der Versorgung von Notfallpatienten durch die Klägerin regelmäßig zu Engpässen komme.

58

Darüber hinaus verweisen die Beklagten auf verschiedene Berichterstattungen, ausweislich derer auf der Frühgeborenenstation der Klägerin neun Frühgeborene mit einem MRSA-Keim infiziert worden seien. Wegen der Einzelheiten der Berichterstattungen wird auf Anlagenkonvolut BK30 Bezug genommen.

59

Das erhebliche öffentliche Informationsinteresse an dem inkriminierten Filmmaterial und an den hierdurch aufgedeckten Missständen werde zudem durch die öffentlichen Reaktionen auf die streitgegenständliche Berichterstattung, unter anderem durch die Stadt W., die H. K. GmbH, Zuschauer der Sendung und die Presse bestätigt. Insoweit wird auf die Anlagen BK12-BK29 verwiesen.

60

Mit dem Unterlassungsanspruch entfalle nach Auffassung der Beklagten auch der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

61

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

62

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

63

Der Klägerin steht die geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG gegen die Beklagten zu, denn die angegriffene Berichterstattung verletzt bei fortbestehender Wiederholungsgefahr ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht.

1.

64

Die Anfertigung und die vorliegende Verbreitung des streitgegenständlichen Filmmaterials im Rahmen der Sendung vom 11.01.2016 stellten einen Eingriff in die Rechte der Klägerin, namentlich in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht dar. Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt die Klägerin auch davor, dass in der räumlichen Sphäre, die ihrem Hausrecht unterliegt und nicht allgemein zugänglich ist, gegen ihren Willen heimlich Filmaufnahmen gefertigt und diese anschließend verbreitet werden (vgl. OLG Stuttgart, AfP 2015, 450, Tz. 104; KG NJW 2000, 2210, Tz. 4). Gegen den Willen des Unternehmens erfolgen derartige heimliche Filmaufnahmen nicht nur dann, wenn sie ausdrücklich verboten sind, vielmehr bedarf umgekehrt das Fertigen von Aufnahmen zu journalistischen Zwecken einer diesbezüglichen Erlaubnis, selbst wenn der Zutritt zu den Räumen an sich gestattet ist und auch im konkreten Fall gestattet wurde (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 106; KG, a.a.O., Tz. 5), denn eine allgemeine Nutzungsgestattung erfasst nur den bestimmungsgemäßen Benutzungszweck (KG, ebenda). Dass die generelle Gestattung des Zutritts zu einem räumlich geschützten Bereich durch bestimmte Nutzungszwecke beschränkt sein kann, ohne dass dies ausdrücklich ausgesprochen sein müsste, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2006, 1054, Tz. 8 f.). Erst recht gilt dies, wenn der Zutritt zu der geschützten räumlichen Sphäre erschlichen wird, insbesondere, wenn ein Journalist als vermeintlich loyaler Mitarbeiter des Unternehmens tätig wird und ihm in dieser Eigenschaft der Zutritt gestattet wird, er aber in Wahrheit Informationen erlangen will, um diese dann zu publizieren (OLG Hamm, OLGR 2004, 345, Tz. 25). Nach diesen Maßstäben liegt in Gestalt der Anfertigung der heimlichen durch die als Praktikantin in die Klinik der Klägerin eingeschleuste Reporterin Frau O. sowie in der erfolgten Ausstrahlung des Filmmaterials ein Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin vor. Ob daneben noch ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt, kann dahinstehen, da sowohl das Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb sog. offene Haftungstatbestände sind und für die Frage der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs die gleichen Abwägungsgrundsätze gelten (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 104).

2.

65

Durch den dargelegten Eingriff wird das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch verletzt. Dies folgt aus der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin einerseits und der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungs- und Rundfunkfreiheit der Beklagten andererseits.

a)

66

Für die Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen gelten nach der sog. „Wallraff-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE, Beschl. v. 15.01.1984, 1 BvR 272/81 = BVerfGE 66, 116-151 - Günter Wallraff, juris Rn. 57 ff.) folgende Grundsätze:

67

Im Rahmen der Abwägung kommt es zum einen auf den Zweck der streitgegenständlichen Veröffentlichung an. Den Grundrechten der Meinungs- und Rundfunkfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Veröffentlichung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigener Ziele handelt, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage. Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird. Handelt es sich um die Veröffentlichung einer Information, die durch Täuschung widerrechtlich beschafft und zu einem Angriff gegen den Getäuschten verwendet wurde, so indiziert dies in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich des anderen, namentlich dann, wenn dieser wegen seiner Vertraulichkeit geschützt ist. Darüber hinaus gerät dieses Mittel in einen schwerwiegenden Widerspruch mit der Unverbrüchlichkeit des Rechts, einer Grundvoraussetzung der Rechtsordnung. Bei dieser Sachlage aber hat die Veröffentlichung – so das Bundesverfassungsgericht – grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Dies wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (BVerfG, a.a.O., Tz. 57 vgl. auch BGH NJW 782, Tz. 20 f. - Innenminister unter Druck; OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 117 ff.). Diese Grundsätze sind auch vorliegend im Rahmen der Abwägung zugrunde zu legen. Darauf, ob die Klägerin selbst sich ebenfalls – wie es in dem der Wallraff-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall war – auf die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann, kommt es insoweit nicht an (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 119 f.).

b)

68

Nach den dargelegten Grundsätzen überwiegen vorliegend die geschützten Interessen der Klägerin. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist namentlich Folgendes zu berücksichtigen:

aa)

69

Zugunsten der Klägerin streitet vorliegend, dass die Beklagte zu 2) sich das streitgegenständliche Bildmaterial durch Täuschung der Klägerin und unter Verletzung ihres Hausrechts, mithin in rechtswidriger Weise beschafft hat. Die für die Beklagte zu 2) tätige Journalistin Frau O., deren Verhalten sich die Beklagten zurechnen lassen müssen, hat sich den Zugang zu den Räumlichkeiten der Klinik der Klägerin dadurch eröffnet, dass sie vorgetäuscht hat, (lediglich) als Praktikantin in der Klinik arbeiten zu wollen. Indes hat sie vorsätzlich verschleiert, dass sie tatsächlich Videoaufnahmen für die streitgegenständliche, gegen die Klägerin gerichtete Berichterstattung fertigen wollte. Hierdurch hat sie das Hausrecht der Klägerin verletzt und mithin rechtswidrig gehandelt, denn dass die Klägerin mit einer Anfertigung von heimlichen Filmaufnahmen zum Zwecke der später ausgestrahlten Reportage nicht einverstanden war, lag sowohl für die Journalistin Frau O. als auch für die Beklagten auf der Hand. Ein Rechtfertigungsgrund für das genannte Vorgehen lag nicht vor. Insbesondere scheidet eine Rechtfertigung wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen analog § 193 StGB aus, da die Grundrechte der Meinungs-, Rundfunk- und Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG nicht die rechtswidrige Informationsbeschaffung schützen (BVerfG, a.a.O., Tz. 54).

70

Des Weiteren ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass die Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts vergleichsweise schwer wiegt. Das in Rede stehende Videomaterial dient zuvorderst dazu, die in der streitgegenständlichen Berichterstattung angeprangerten Zustände in der Klinik der Klägerin und die damit erhobenen Vorwürfe ihr gegenüber zu stützen und zu veranschaulichen beziehungsweise zu visualisieren. Die Intensität dieses Eingriffs in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht wird zusätzlich dadurch bestimmt, dass bisweilen Verhältnisse im Betrieb der Klägerin öffentlich angeprangert werden, obwohl sie keinen Einzelfall darstellen, sondern die Arbeitsverhältnisse in anderen Kliniken in ähnlicher Weise zu Kritik Anlass geben (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urt. v. 19.05.2015, Az.: 7 U 6/15). Dies trifft namentlich auf den in der Berichterstattung vielfach betonten „Stress“ der Mitarbeiter, die angespannte Personallage im Allgemeinen sowie die hohe Auslastung der Klinik zu, wie sich bereits aus der weiteren Berichterstattung bezüglich zweier anderer Kliniken ergibt. Schon in der Einleitung des streitgegenständlichen Beitrags heißt es, dass der Personalschlüssel in deutschen Kliniken grundsätzlich schlecht sei. Überdies entstammt das inkriminierte Filmmaterial in großen Teilen Bereichen der Klinik, deren Zugang nur für einen abgegrenzten Personenkreis vorgesehen ist. Dies gilt beispielsweise für die Aufenthaltsräume des Klinikpersonals, die „Schockräume“, aber auch für die gezeigten Patientenzimmer, die für den allgemeinen Publikumsverkehr zwar faktisch zugänglich sein mögen, ein Zutritt durch unbeteiligte, den dortigen Patienten fremde Personen im Grundsatz jedoch zumindest unüblich und in der Regel von den jeweiligen Patienten unerwünscht sein dürfte.

71

Wenngleich sich die Klägerin auf die jeweiligen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der heimlich gefilmten Patienten, Besucher und Mitarbeiter oder auf insoweit gegebene Verletzungen von §§ 201 Abs. 1 und 2, 201a StGB nicht unmittelbar selbst berufen kann, sind die diesen zugrunde liegenden Umstände im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung dennoch zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, da sie den Eingriff in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht erschweren. Insbesondere die Mitschnitte, in denen Patienten in hilfsbedürftigem Zustand, in laufender Behandlung oder im Gespräch mit der Praktikantin Frau O. sowie Ärzten und Pflegepersonal zu sehen sind, stellen einen schweren Eingriff in die nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre der Patienten dar. Soweit die Aufnahmen aus den Krankenzimmern der Patienten stammen, ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich hierbei für die jeweiligen Patienten im Grundsatz um einen nach Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Bereich handelt (vgl. BVerfG, NJW 2005, 3295, Tz. 2 f.). Trotz der vorgenommenen Verpixelung der Gesichter und der Verzerrung ihrer Stimmen sind mehrere Patienten anhand der von ihnen getragenen Kleidung, ihres jeweiligen Aufenthaltsorts innerhalb der Klinik sowie anhand der preisgegebenen Informationen zu ihrer jeweiligen Krankengeschichte identifizierbar. Der heimliche Tonmitschnitt von Gesprächen mit den Patienten stellt zudem einen Eingriff in die gesetzlich geschützte (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und von der Klägerin grundsätzlich zu wahrende Vertraulichkeit von Patienteninformationen dar.

72

Die Eingriffe in die genannten Rechtsgüter Dritter sind dem öffentlichen Ansehen der Klägerin insbesondere aus der Sicht bisheriger sowie potentieller Patienten in erheblichem Maße abträglich. Für diese steht jeweils zu befürchten, dass auf die dargestellte Weise auch in ihre geschützten Rechtsgüter eingegriffen worden ist beziehungsweise zukünftig eingegriffen werden könnte, da die Berichterstattung einen zuverlässigen Schutz vor gleichgelagerten Eingriffen in den Räumlichkeiten der Klinik der Klägerin fraglich erscheinen lässt. Namentlich der Schutz der die Patienten jeweils betreffenden sensiblen Daten und Informationen, insbesondere zu ihrer Krankheitsgeschichte, wird von Patienten im Allgemeinen als besonderes wichtig erachtet. Gleichermaßen wird der Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch mit Blick auf die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes der Personen, die in den Räumlichkeiten der Klinik heimlich gefilmt und deren Gespräche mitgeschnitten wurden, insbesondere der Mitarbeiter der Klägerin, weiter erschwert.

bb)

73

Im Rahmen der Abwägung ist andererseits zu berücksichtigen, dass die rechtswidrige Informationsbeschaffung nicht ausschließlich in einer Sphäre der Klägerin erfolgte, die einer besonderen Vertraulichkeit oder einem gesteigerten Geheimnisschutz unterlag, sondern zum Teil beispielsweise auch auf den Fluren der Klinik. Überdies besteht im Allgemeinen ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse an den Zuständen und Abläufen in deutschen Kliniken und namentlich an der Frage, ob auch vor dem Hintergrund vorgenommener Einsparungen eine adäquate Versorgung der Patienten gewährleistet ist. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Klinik der Klägerin, deren Einsparungen vor allem im Bereich des Personals ausweislich der Anlagen BK2-BK4 Gegenstand des öffentlichen Diskurses waren, in dessen Rahmen zudem die Pressesprecherin der Klägerin bekundet hat, dass die Qualität der Patientenversorgung hierunter nicht leiden werde.

cc)

74

Nach den oben (unter a)) dargelegten Maßstäben fällt die Abwägung jedoch vorliegend zugunsten der geschützten Interessen der Klägerin aus. An dem in Rede stehenden Filmmaterial bestand kein öffentliches Informationsinteresse, das die durch seine rechtswidrige Beschaffung entstandenen Nachteile eindeutig überwiegt.

75

Zwar kommt ein eindeutig überwiegendes öffentliches Informationsinteresse, demgegenüber die Nachteile aus einer rechtswidrigen Informationsbeschaffung zurückzutreten haben, nicht nur dann in Betracht, wenn durch die Berichterstattung rechtswidrige Verhaltensweisen offenbart werden. Dies lässt sich insbesondere nicht der „Wallraff-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 66, 116-151) entnehmen. Nach den dort aufgestellten Grundsätzen ist allein maßgeblich, ob die Bedeutung der rechtswidrig erlangten Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich festgestellt, dass in der Regel – von der es auch Ausnahmen gibt – von einem solchen eindeutigen Überwiegen nicht ausgegangen werden könne, wenn durch die widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart werden, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind, da dies darauf hindeute, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt (BVerfG, a.a.O., juris Tz. 57; LG Stuttgart, Urt. v. 9.10.2014, Az.: 11 O 15/14, BeckRS 2014, 23571). Die Annahme eines eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses ist daher nicht auf die Aufdeckung von rechtswidrigen Verhaltensweisen beschränkt. Es kann auch hinsichtlich sonstiger Fehlentwicklungen und Missstände von erheblichem Gewicht gegeben sein, die nicht ausdrücklich verboten sind, sondern die Formen des Rechts für sich in Anspruch nehmen können (OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2004, Az.: 3 U 77/04, juris Tz. 48, f. Czernik, GRUR 2012, 457, 460). Es muss sich jedoch um Vorgänge handeln, die sich für die Allgemeinheit, zumindest aber für einen erheblichen Teil derselben, als so einschneidend darstellen, dass deren öffentliche Behandlung als wesentlich angesehen wird (Czernik, ebenda LG Stuttgart, ebenda).

76

Nach den genannten Maßstäben genügt das streitgegenständliche Filmmaterial nicht der Anforderung, Fehlentwicklungen oder Missstände von ausreichend erheblichem Gewicht aufzudecken. Wenngleich die Berichterstattung durchaus kritik- und verbesserungswürdige Umstände in der Klinik der Klägerin aufzeigen mag, vermögen die dargestellten Umstände weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtschau derartige erhebliche Missstände zu begründen.

77

Im Einzelnen gilt hinsichtlich der in Rede stehenden vermeintlichen Missstände folgendes:

(1)

78

In der Situation, in der sich zunächst zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, wurde kein Patient durch die – offenkundig angespannte – Personalsituation in der ZNA konkret gefährdet. Da die beiden Patienten letztlich zeitversetzt eintrafen, war das vorhandene Personal in der ZNA nicht konkret überfordert. Vielmehr konnte die erforderliche Betreuung der Patienten durch sukzessive Behandlung gewährleistet werden. Prozessual ist davon auszugehen, dass erforderlichenfalls auch eine zeitgleiche Behandlung beider Patienten – durch vorübergehenden Abzug weiteren Personals an anderer Stelle – hätte ermöglicht werden können. Dass hierdurch möglicherweise andere Patienten gefährdet worden wären, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Anmerkung des Arztes, man müsse in der Leitstelle anrufen und mitteilen, man könne die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen, ironisch zu verstehen. Auch die angesprochene Pflegekraft hat dies offenkundig so aufgefasst, indem sie hierauf nachfragt, wie die Situation denn tatsächlich gelöst werden soll („Ja, aber wie machen wir das denn jetzt?“).

(2)

79

Mit Blick auf die Äußerung, dass im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant worden sei, ist zu berücksichtigen, dass im Klinikbereich allgemein – wie auch in vielen anderen Berufszweigen – und nicht nur in der Klinik der Klägerin Überstunden, speziell im Bereich der ZNA, nicht unüblich sind. Die in Rede stehende Zahl von 700 Überstunden im Monat Mai 2015 ist indes streitig. Insoweit sind die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet. Im Ausgangspunkt trägt zwar derjenige die Darlegungs- und Beweislast für die Anknüpfungspunkte, der sich gegen die Äußerung wendet. Entgegen dieser im Zivilprozess grundsätzlich geltenden Regel, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, dessen tatbestandliche Voraussetzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, muss nach der ins Zivilrecht transformierten Beweislastregel des § 186 StGB derjenige, der Behauptungen aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder sonst wie seinen sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen, im Streitfalle ihre Richtigkeit beweisen (Soehring, Presserecht, 5. Aufl., § 30 Rn 24, Prinz/ Peters Medienrecht 1999, Rn 381). Die Beklagten haben der ihr obliegenden Beweislast nicht genügt. Der bloße Verweis auf die Angaben eines vermeintlichen – namentlich nicht genannten – Informanten in einer eidesstattlichen Versicherung sowie gegenüber Zeugen vom Hörensagen ist insoweit nicht ausreichend. Denn es ist bereits nicht substantiiert vorgetragen worden, worauf der vermeintliche Informant die von ihm schlicht behauptete Zahl von 700 Überstunden stützen will. Allein der Umstand, dass der genannte Informant seit einer nicht näher benannten Anzahl von Jahren (vgl. Anlage BK5) in verantwortlicher Position in der Klinik der Klägerin arbeiten und insoweit über einen guten Einblick in die Unternehmensabläufe verfügen soll, ist ebenfalls unzureichend. Die beigebrachten Auszüge aus einer Powerpoint-Präsentation (Anlage BK6-BK9) sind mit Blick auf die konkret in Rede stehende Überstundenzahl nicht ergiebig. Im Übrigen bliebe mangels Sachvortrags zudem offen, auf wie viele Mitarbeiter die Überstundenzahl entfallen würde, sodass eine zuverlässige Bewertung ihres Ausmaßes und ihrer Erheblichkeit nicht möglich wäre. Unabhängig von der tatsächlichen Zahl der eingeplanten Überstunden ist ferner weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass diese so gravierend wäre, dass sie sich beispielsweise spürbar auf die Betreuung der Patienten ausgewirkt hätte.

(3)

80

Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzkräfte sei nach der Übernahme der Klinikleitung durch die Klägerin drastisch reduziert worden, ist prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Die auch diesbezüglich für die Wahrheit der streitigen Äußerung darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben ihrer Beweislast insoweit nicht genügt. Dem substantiierten Vortrag der Klägerin zu den seit 2014 unveränderten Arbeitszeiten der Reinigungskräfte sind die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Das Bestreiten des entsprechenden klägerischen Vortrags mit Nichtwissen ist insoweit nicht ausreicht. Auch die Angaben des vermeintlichen, namentlich nicht genannten Informanten gegenüber Zeugen vom Hörensagen (vgl. o.), dass das Pflegepersonal Reinigungsarbeiten übernehme, und ab mittags auf den Stationen, einschließlich der ZNA, keine Reinigungskräfte mehr zur Verfügung stünden, stellt keinen substantiierten Sachvortrag darüber dar, ob und inwieweit die Stundenzahl der Putzkräfte tatsächlich reduziert worden ist.

81

Auch die – im Kern unstreitig wahre – Äußerung, dass Pflegekräfte Reinigungsarbeiten übernähmen, ist hinsichtlich der streitigen Reduzierung der Arbeitsstunden der Reinigungskräfte sowie etwaiger sichtbarer Folgen hiervon weder ergiebig, noch stellt sie für sich genommen einen erheblichen Missstand dar. Denn es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, wie häufig, in welchem Umfang und durch welche Pflegekräfte dies im Einzelnen geschehen (sein) soll. Nicht ausschließbar handelt es sich insoweit um Einzelfälle, die auf ein besonders großes Reinlichkeitsempfinden oder ein übersteigertes Pflichtbewusstsein einzelner Pflegekräfte zurückzuführen sind. Unstreitig liegt dem jedenfalls keine Arbeitsanweisung seitens der Klägerin zugrunde.

82

Die Äußerung, dass eine angebissene Wurst tagelang hinter einem Bett gelegen habe, ist zwar prozessual als wahr zu behandeln und stellt einen Hygienemangel dar, der in einer Klinik nicht vorkommen darf. Jedoch ist zum einen weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, wo die Wurst gelegen haben soll – neben einem Patientenzimmer wären beispielsweise auch ein Bettenlager oder andere, nicht für Patienten oder die Öffentlichkeit zugängliche Bereiche denkbar – und mithin, welcher Bereich der Klinik nicht ordnungsgemäß gereinigt worden sein soll. Zum anderen kann insoweit nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen Einzelfall handelte, der keine zwingenden Rückschlüsse auf allgemeine Missstände im Bereich der Hygiene in der Klinik zulässt.

(4)

83

Hinsichtlich der Äußerung, dass im Krankenhausflur vor der ZNA, der für jedermann zugänglich sei, oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Betriebs der ZNA zwangsläufig Liegen benutzt und zum Zwecke der Reinigung gegebenenfalls an einen dafür vorgesehenen Ort verbracht werden müssen. Für die Aufbereitung der benutzten Liegen hat die Klägerin einen bestimmten Bereich vorgesehen. Die Liegen werden – wovon prozessual auszugehen ist – nach Benutzung umgehend aus dem Patientenumfeld entfernt und zur Aufbereitung an einen anderen Ort verbracht. Nach dem Reinigen werden die desinfizierten Liegen zudem abgedeckt, wie auch aus dem Lichtbild in Anlage K4 ersichtlich ist. Zwischen den Parteien ist indes streitig, ob der betreffende Bereich, in dem die Liegen aufbereitet werden, öffentlich zugänglich ist. Sofern die Beklagten hieraus einen Missstand herleiten wollen, sind sie diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass der betreffende Flurbereich nicht öffentlich zugänglich sei und auch nicht mit Patientenwegen kollidiere. Dem sind die Beklagten lediglich durch Bestreiten dieses Vortrags mit Nichtwissen entgegengetreten, wodurch sie ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt haben. Selbst wenn, wie die Beklagten behaupten, der betreffende, aus Anlage K4 ersichtliche Bereich der Klinik nicht mit dem in der streitgegenständlichen Berichterstattung in diesem Zusammenhang gezeigten Bereich übereinstimmen sollte, wäre dies vorliegend ohne Belang. Denn es fehlt an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wo die in Rede stehenden Aufnahmen ansonsten angefertigt worden sein sollen, ob jener Bereich öffentlich zugänglich ist, und gegebenenfalls wie lange die gezeigten Liegen sich dort befunden haben sollen.

84

Soweit die Beklagten behaupten, dass es trotz der Abdeckung desinfizierter Liegen zu einer Übertragung von „Keimen“ von benutzten auf die gereinigten Liegen kommen könnte, ist dies nicht substantiiert. Es ist nicht ersichtlich, wie die Keime trotz der Abdeckungen auf die gereinigten Liegen gelangen sollen, zumal benutzte und gereinigte Liegen – soweit aus der Berichterstattung erkennbar – nicht in direktem Kontakt zueinander positioniert waren.

(5)

85

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung zu sehen ist, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweist, eine Liege ohne Desinfizierung für einen weiteren Patienten zu verwenden, ist hierin unstreitig ein Fehlverhalten der betreffenden Pflegerin zu sehen. Dafür, dass sich hierin jedoch ein genereller, über die konkrete Situation hinausgehender Missstand in der Klinik der Klägerin manifestiert hat, bestehen indes keine Anhaltspunkte. Unstreitig handelte die gezeigte Pflegekraft den Anweisungen der Klägerin zuwider. Nicht ausschließbar handelte es sich hierbei um einen Einzelfall. Dafür, dass ein entsprechendes Fehlverhalten häufiger – gegebenenfalls auch durch andere Mitarbeiter der Klägerin – vorkommt, bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte.

(6)

86

Bezüglich der Darstellung der in der Klinik der Klägerin verwendeten Handschuhe und der Äußerung, dass diese minderwertig seien und dem Pflegepersonal häufig schon beim Überstreifen reißen würden, ist zu berücksichtigen, dass prozessual nicht von einer allgemeinen Minderwertigkeit der Handschuhe ausgegangen werden kann. Die Beklagten haben auch insoweit ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Unstreitig kommen diese auch in anderen Kliniken in äußerst hoher Stückzahl zum Einsatz. Über die in den streitgegenständlichen Filmaufnahmen zu sehende Sequenz hinaus sollen auch der Zeugin D. mehrfach Handschuhe bei der Benutzung gerissen sein. Es fehlt jedoch schon an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wie häufig dies geschehen sein soll. Dass darüber hinaus auch weiteren Angestellten in der Klinik der Klägerin die Handschuhe gerissen wären, geschweige denn mit einer gewissen Häufigkeit, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, ebenso wenig, dass die Handschuhe darüber hinaus für eine Benutzung ungeeignet wären. Allein die Tatsache, dass es sich nach der weiteren Äußerung in der streitgegenständlichen Berichterstattung um „dünnere“ Handschuhe handeln soll, spricht nicht zwingend für eine generelle Minderwertigkeit der Handschuhe. Es ist nicht erkennbar, dass dünnere Handschuhe – abhängig von dem jeweils benutzten Material – nicht gleichermaßen belastbar sein können wie dickere Handschuhe.

(7)

87

Betreffend die Äußerung einer Pflegekraft, dass die in der Klinik der Klägerin zum Zwecke der Blutentnahme verwendeten Butterfly-Nadeln minderwertig und unpraktisch in der Handhabe seien, und diese daher häufiger als andere Nadeln Venen zum Platzen bringen würden, ist hinsichtlich der behaupteten Minderwertigkeit der Nadeln prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Unstreitig sind die verwendeten Nadeln nicht generell minderwertig. Diese weisen zudem dieselbe Dicke auf wie die vormals in der Klinik verwendeten Nadeln, lediglich der Schlauch ist nunmehr etwas kürzer, wobei dieser im Grundsatz keinen Einfluss auf die Gefahr einer platzenden Vene hat. Zwischen den Parteien ist indes streitig, ob und gegebenenfalls wie häufig in der Klinik zuletzt die eingesetzten Medizinprodukte – namentlich die in Rede stehenden Nadeln – gewechselt worden sind. Entgegen dem Vortrag der – auch insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten ist prozessual davon auszugehen, dass diese lediglich einmal, im Zuge einer mit der Übernahme der Klinik durch die Klägerin verbundenen Umstellung gewechselt worden sind. Das schlichte Bestreiten mit Nichtwissen des entsprechenden Vortrags der Klägerin durch die Beklagten ist insoweit nicht ausreichend. Es fehlt zudem an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wie viele Pflegekräfte oder Ärzte unter der behaupteten mangelnden Routine mit den Butterfly-Nadeln leiden sollen, und inwieweit die Fälle geplatzter Venen häufiger als bei anderen, beispielsweise den zuvor verwendeten Nadeln, sein sollen.

(8)

88

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung unter Verweis auf einen Aushang (aus März 2015) im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte geäußert wird, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um eine repräsentative Zahl handelt. Zwar ist aufgrund der aus Anlage BK14 ersichtlichen Angaben eines Arztes der Klinik gegenüber dem „W.er Kurier“ zugrunde zu legen, dass im März 2015 die genannte Quote von 70% zutreffend war. Über den Zeitraum Januar bis Oktober 2015 belief sich der Anteil der Probenidentitätsfehler der ZNA im Schnitt jedoch lediglich auf 9,5%, was unter dem krankenhausüblichen Durchschnitt lag. Demnach ist davon auszugehen, dass es sich bei dem stark erhöhten Anteil im März 2015 lediglich um eine Momentaufnahme handelte. Überdies enthält der bloße Anteil an den gesamten in der Klinik aufgetretenen Probenidentitätsfehlern keinerlei Aussage über die zugrunde liegenden absoluten Zahlen. Schließlich ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die in Rede stehenden – und mithin denknotwendig bemerkten – Probenidentitätsfehler im Einzelfall zu einer konkreten Gefährdung von Patienten geführt hätten.

(9)

89

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung dargestellt wird, wie eine Notfallpatientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen angekündigt wird, ist prozessual davon auszugehen, dass zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Ausstattung und Organisation der Klinik eine Gefährdung für die Gesundheit oder das Leben der Patientin bestand. Letztlich konnte die Patientin auf die Intensivstation umgeleitet und dort bestmöglich versorgt werden. Auch für den Fall, dass dies mangels freier Betten auf der Intensivstation nicht möglich gewesen wäre – wobei schon fraglich ist, ob der Klägerin eine hohe Auslastung ihrer Zimmer überhaupt vorgeworfen werden könnte –, ist nicht erkennbar, dass ihre hilfsweise Erstversorgung in dem vorsorglich vorbereiteten Schockraum hinter der auf der Intensivstation zurückgeblieben wäre. Insbesondere wäre erforderlichenfalls zur optimalen Versorgung der Patientin im Falle ihrer Beatmung ein Anästhesist hinzugezogen worden.

(10)

90

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass ausweislich der Berichterstattung in Anlagenkonvolut BK30 mehrere Frühgeborene in der Klinik der Klägerin mit MRSA-Keimen infiziert worden sind, ist zu beachten, dass zum einen keines der Kinder hierdurch konkret gesundheitlich beeinträchtigt worden ist. Zum anderen konnte ausweislich der dpa-Pressemitteilung (ebenfalls Anlagenkonvolut BK30) und der dort zitierten Aussage des W.er Gesundheitsdezernenten kein Zusammenhang des aufgetretenen Keimbefalls mit etwaigen Hygienemängeln in der Klinik festgestellt werden.

(11)

91

Mit Blick auf den Umstand, dass einige Patienten, wie aus der streitgegenständlichen Berichterstattung auch zu sehen ist, jedenfalls vorübergehend auf den Fluren der Klinik liegen und mitunter auch dort behandelt werden – insbesondere in Form der Durchführung von EKGs und Blutentnahmen –, liegt zwar hingegen ein Missstand vor, der offenkundig auf die hohe Auslastung der Klinik zurückzuführen ist, der jedoch in Kliniken kein Einzelfall darstellen dürfte.

92

Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände sind im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung jedoch nach den maßgeblichen – oben (unter a)) dargestellten – Kriterien im Ergebnis weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau Fehlentwicklungen oder Missstände von erheblichem Gewicht in der Klinik der Klägerin erkennbar, die die Berichterstattung rechtfertigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die zugrunde zu legenden Umstände mit der Auffassung der Beklagten im Einzelfall einen Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Pflichten der Klägerin zu begründen vermögen. Der bloße Wunsch nach Illustration von verbesserungswürdigen Zuständen, die die Beklagten kritisieren mögen, und die Rolle der Beklagten als „Wachhund der Öffentlichkeit“ (vgl. BVerlG, NJW 2006, 2835, 2836) begründen kein überragendes Berichterstattungsinteresse, das die Verbreitung des rechtswidrig erlangten Materials rechtfertigen würde.

3.

93

Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert. Es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweilige Verfügung der Kammer wurde nicht als endgültige Regelung anerkannt, und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.

II.

94

Der Klägerin steht gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach gem. § 823 Abs. 1 BGB zu, insbesondere haben die Beklagten das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch schuldhaft verletzt.

95

Der Höhe nach ist der jeweils geltend gemachte Erstattungsanspruch ebenfalls begründet. Der insgesamt – mit Blick auf beide Beklagte – in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 80.000 EUR ist gerechtfertigt und entspricht dem Streitwertgefüge der in Hamburg mit Pressesachen befassten Gerichte. Der – dem Grunde nach nicht zu beanstandende – Ansatz einer 0,65-Geschäftsgebühr für das Abmahnschreiben sowie einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR ergibt einen Gesamtbetrag von 886,45 EUR, sodass der Anspruch gegen die Beklagten in jeweils hälftiger Höhe begründet ist.

96

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

97

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 sowie aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3, 4 ZPO.

98

Der nachgelassene Schriftsatz der Vertreterin der Klägerin vom 18.04.2017 sowie der weitere, nicht nachgelassene, Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 04.05.2017 boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

Tenor

I. Die Beklagten werden jeweils verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

das Filmmaterial, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Klink aufgenommen wurde, erneut – wie in der Sendung „T. W. –R. U.“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom 11.01.2016 geschehen – zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 18.06.2016 zu zahlen.

III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 18.06.2016 zu zahlen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils zur Hälfte zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer I gegen die jeweiligen Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 40.000 EUR, hinsichtlich Ziffern II und III. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf 80.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer TV-Berichterstattung, die von der Beklagten zu 2) produziert und von der Beklagten zu 1) ausgestrahlt wurde, sowie über die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten der Klägerin.

2

Die Klägerin betreibt die H. Dr. H. S. K. in W. (im Folgenden: Klinik der Klägerin). Seit Mai 2014 befinden sich 49,9% der Anteile der Klinik in der Hand der H. K. GmbH – im Übrigen liegen diese bei der Stadt W. (vgl. Anlage BK1).

3

Die Beklagte zu 1) ist die Sendeverantwortliche des deutschlandweit ausgestrahlten TV-Senders „R.“. Die Beklagte zu 2) ist eine Produktionsfirma, die unter anderem für die Beklagte zu 1) das Format „T. W. –R. U.“ produziert, und eine 100%ige Tochter der Beklagten zu 1).

4

Am 11.01.2016 strahlte die Beklagte zu 1) die von der Beklagten zu 2) produzierte Folge des o.g. Formats mit dem Titel „P. s. G.“ aus, deren Ziel es sein sollte, über katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern zu berichten. Beispielhaft wird hierfür eingangs behauptet, dass in deutschen Krankenhäusern allgemein ein schlechter Personalschlüssel vorherrsche. Die vermeintlichen Missstände sollten exemplarisch anhand dreier Kliniken dargestellt werden, unter anderem der Klinik der Klägerin. Über diese wird in dem Beitrag (Anlage K2) zwischen Minute 30:14 und 58:10 berichtet. Hierbei werden schwerpunktmäßig verschiedene Filmaufnahmen aus den Räumlichkeiten der Klinik gezeigt, die eine Reporterin der Beklagten zu 2) – die Reporterin P. O. – im Rahmen eines achttägigen Pflegepraktikums im Mai 2015 in der Klinik angefertigt hat. Die Vertreter der Klägerin hatte sie bei Abschluss des Praktikumsvertrags über ihre Absichten, als – verdeckte – Reporterin Aufnahmen in den Räumlichkeiten der Klinik anzufertigen, nicht aufgeklärt, sodass dies in der Folge ohne Einwilligung der Klägerin geschah. Für die Anfertigung der Aufnahmen verwendete die Reporterin eine versteckte Kamera, um heimlich – von der Klägerin und den gefilmten Personen unbemerkt – die inkriminierten Film- und Tonaufnahmen aufzeichnen zu können. Hierunter befinden sich beispielsweise heimliche Mitschnitte von Gesprächen der Reporterin mit Patienten sowie mit dem Klinikpersonal. Die Patienten werden zum Teil in ihren Zimmern und auf den Fluren der Klinik gezeigt, mitunter auch im Rahmen laufender Behandlungen und Interaktionen mit Ärzten und Pflegern. Teilweise ist auch die Bekleidung der Patienten zu erkennen, und es wird die Krankengeschichte einzelner Patienten erörtert. Die heimlich gefilmten Personen werden jeweils im Gesicht verpixelt und mit verzerrter Stimme dargestellt.

5

Als Ursache der vermeintlichen Missstände in der Klinik werden in der streitgegenständlichen Berichterstattung insbesondere vorgenommene Einsparungen der Klägerin bei Personal und Ausstattung zum Zwecke der Gewinnmaximierung benannt. Allgemein hätten diese zur Folge, dass in der Klinik, und insbesondere in deren Zentralen Notaufnahme (im Folgenden: ZNA), ein akuter Personalmangel herrsche, infolge dessen einige Mitarbeiter der Klägerin aufgrund hoher Arbeitsbelastung gestresst seien und mitunter wenig Zeit für eine adäquate Versorgung der einzelnen Patienten zur Verfügung stehe. Überdies sei die ZNA insgesamt stark ausgelastet.

6

Darüber hinaus sollen unter Bezugnahme auf einzelne, filmisch festgehaltene Situationen als Folgen der Einsparungen dargestellt werden, die nach Ansicht des Beklagten konkrete Missstände sind:

7

- Ab Minute 31:05 (an dieser Stelle und im Folgenden jeweils bezogen auf den Zeitstempel des Videomitschnitts in Anlage K2) wird eine Situation dargestellt, in der zwei schwerverletzte Patienten angekündigt werden, die sich auf dem Weg zu den beiden „Schockräumen“ der Klinik befinden, in denen eine Erstversorgung stattfinden soll. Da in der Szene jedoch nur Personal – Ärzte und Pfleger – für einen der Schockräume anwesend ist, wird versucht, weiteres Personal für den zweiten Schockraum aufzutreiben. Ein anwesender Arzt merkt sodann gegenüber einer Pflegerin an, dass man in der Leitstelle anrufen und mitteilen müsse, man könne wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht beide Patienten aufnehmen. Nachdem der Ausgang dieser Situation zunächst offen bleibt, wird gegen Ende der Berichterstattung über die Klinik der Klägerin darüber aufgeklärt, dass zunächst nur einer der angekündigten Patienten eintraf und der andere Patient erst wesentlich später eingeliefert wurde.

8

- Ab Minute 40:47 wird unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet, dass in der ZNA im Mai 2015 mit 700 Überstunden geplant worden sei.

9

- Ab Minute 43:45 wird die Behauptung aufgestellt, dass nach der Übernahme der Klinik durch die Klägerin die Arbeitsstundenzahl der Putzkräfte drastisch reduziert worden und die Folgen der Sparmaßnahmen in der Klinik auch sichtbar seien. Beispielsweise habe eine Kollegin der Reporterin Frau O. hinter Betten eine angebissene Wurst entdeckt, die dort tagelang liegen geblieben sei.

10

- Ab Minute 44:09 wird die Behauptung aufgestellt, dass im Krankenhausflur vor der ZNA, der für jedermann zugänglich sei, oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden.

11

- Ab Minute 44:53 wird die Behauptung aufgestellt, dass die Pfleger in der Klinik trotz permanenter Unterbesetzung zusätzlich noch Reinigungsarbeiten übernehmen sollten.

12

- Ab Minute 45:30 ist zu sehen, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweist, eine Liege erneut zu verwenden, obwohl diese noch nicht desinfiziert war.

13

- Ab Minute 46:05 wird zunächst ein Pfleger oder ein Arzt und anschließend eine heimlich gefilmte Pflegekraft gezeigt, die sich jeweils einen Einweghandschuh überziehen, der hierbei reißt. Es wird behauptet, dass die in der Klinik verwendeten Handschuhe minderwertig seien. Diese seien so dünn, dass sie häufig schon beim Überziehen reißen würden.

14

Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin wird das konkrete Produkt am Markt in mindestens dreistelligen Millionenstückzahlen vertrieben und in verschiedenen Krankenhäusern innerhalb und außerhalb der H.- K. seit vielen Jahren verwendet.

15

- Ab Minute 46:30 behauptet eine Pflegekraft, sie habe mit den von der Klägerin zur Blutentnahme eingesetzten „Butterfly-Nadeln“ schon etwa 20 Venen zum Platzen gebracht. Sodann wird behauptet, dass die Nadeln in der Handhabe unpraktisch seien und daher insbesondere bei älteren Patienten die Venen zum Platzen bringen würden. Schließlich wird behauptet, dass die Klägerin schlechte Nadeln verwende.

16

Die eingesetzten Nadeln, die von einem namhaften, weltweit führenden Hersteller stammen, sind indes nicht generell minderwertig. Sie weisen dieselbe Dicke auf wie die zuvor in der Klinik eingesetzten Nadeln. Lediglich die Schlauchlänge, die jedoch keine Auswirkungen auf die Gefahr einer platzenden Vene hat, ist etwas kürzer.

17

- Ab Minute 51:07 wird ein Informationszettel eingeblendet, der im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte aushing. Auf diesen Bezug nehmend wird die Behauptung aufgestellt, dass 70% aller Identitätsfehler der Klinik – Fehler, die auf Verwechslungen von Urin- oder Blutproben beruhen – aus der ZNA stammten, was nach der zitierten Meinung einer Pflegekraft auf den Zeitdruck des dort eingesetzten Pflegepersonals zurückzuführen sei.

18

Bezogen auf den gesamten Zeitraum Januar-Oktober 2015 entfielen jedoch lediglich 9,5% der Identitätsfehler der Klinik auf die ZNA. Die dortige Fehlerquote beträgt durchschnittlich 0,025% und ist seit dem Jahr 2012 kontinuierlich verbessert worden.

19

- Ab Minute 52:08 wird eine Situation dargestellt, in der eine Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden soll, da auf der Intensivstation im Zeitpunkt der Ankündigung der Patientin zunächst kein Bett frei war. Auf der Intensivstation hätte insbesondere für eine eventuelle Beatmung der Patientin eine bessere technische Ausstattung bereitgestanden, wohingegen für eine entsprechende Behandlung im Schockraum ein Anästhesist hinzugezogen werden müsste. Tatsächlich konnte die Patientin bei Eintreffen auf die Intensivstation umgeleitet werden. Der Schockraum war indes vorsorglich für sie vorbereitet und die Hinzuziehung eines Anästhesisten veranlasst worden.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Berichterstattung wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

21

Nach Ausstrahlung des streitgegenständlichen Beitrags mahnte die Klägerin die Beklagten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2016 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (vgl. Anlagen K9 und K10). Daraufhin erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung der Kammer vom 12.04.2016 (Az.: 324 O 96/16, Anlage K11), mit welcher den Beklagten entsprechend des vorliegenden Tenors zu Ziff. I unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel die Veröffentlichung und Verbreitung des inkriminierten Filmmaterials untersagt wurde. Die Beklagten haben die einstweilige Verfügung der Kammer nicht als endgültige Regelung anerkannt, sondern beantragt, die Klägerin zur Erhebung der Hauptsacheklage aufzufordern, wie mit Beschluss der Kammer vom 09.05.2016 (vgl. Anlage K12) sodann geschehen. Dem ist die Klägerin mit der vorliegenden Klageschrift nachgekommen, die den Beklagten am 17.06.2016 zugestellt wurde.

22

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe betreffend das inkriminierte Filmmaterial ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu. Das gesamte Videomaterial aus den Räumlichkeiten ihrer Klinik sei rechtswidrig erlangt worden, nämlich durch die Reporterin Frau O. unter Verletzung ihrer vertraglichen Nebenpflichten aus dem Praktikumsvertrag. In dem heimlichen Filmen ohne ihre, der Klägerin, Einwilligung liege eine Verletzung ihres Hausrechts, welches ihr die Befugnis verleihe, im Einzelfall zu bestimmen, wie das Betreten und die Nutzung ihrer Räumlichkeiten gestattet werde und ob beziehungsweise wo Filmaufnahmen zugelassen werden. Überdies stelle das heimliche Filmen von Klinikpersonal und Patienten eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches der Gefilmten durch Bildaufnahmen gem. § 201a StGB dar, das heimliche Anfertigen von Tonaufnahmen ohne Einwilligung der Betroffenen begründe zudem eine Verletzung der Vertraulichkeit ihres Wortes gem. § 201 Abs. 1 und 2 StGB.

23

An dem illegal erlangten Material bestehe auch kein überragendes berechtigtes öffentliches Interesse, welches ausnahmsweise seine Ausstrahlung rechtfertige. Die heimlichen Filmaufnahmen stellten keinerlei erhebliche Missstände dar, insbesondere sei ihnen nicht zu entnehmen, dass die Gesundheit oder das Leben von Patienten gefährdet worden wären. Der in der Berichterstattung dargestellte Stellenabbau in der Klinik (vgl. Anlagen BK2-BK4) sowie die dortige – branchenübliche – Personalsituation (vgl. Anlagen BK18 und BK19) seien im Grundsatz bereits bekannt gewesen, sodass es insoweit keiner Undercover-Recherche bedurft hätte. Insbesondere bestehe kein berechtigtes öffentliches Berichterstattungsinteresse bezüglich der heimlichen Bildaufnahmen von Patienten. Wenngleich diese unter Verpixelung ihrer Gesichter und Verzerrung ihrer Stimmen gezeigt würden, seien sie anhand ihrer zum Teil dargelegten Krankengeschichte und der sichtbaren Räumlichkeiten, in denen sie sich befänden, sowie der getragenen Kleidung im Rechtssinne erkennbar. Durch die Darstellung der Patienten in hilfloser Lage, wodurch deren Privat- und Intimsphäre verletzt werde, würden auch ihre, der Klägerin, berechtigten Interessen erheblich verletzt, da zu erwarten sei, dass das Vertrauen der Patienten in ihre Klinik gestört werde und sich eine Vielzahl der Patienten von dieser abwenden werde. Auch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter sei durch die heimlichen Aufnahmen am Arbeitsplatz erheblich gestört worden.

24

Zu den dargestellten Situationen trägt die Klägerin im Einzelnen vor:

25

- In der Situation, in der sich zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, habe keine Gefährdung eines Patienten durch die Organisation oder etwaige Missstände in der Klinik vorgelegen, zumal die angekündigten Patienten letztlich unstreitig nicht zeitgleich eingetroffen seien und die zeitgleiche Benutzung beider Schockräume mithin nicht erforderlich geworden sei. Das benötigte Personal hätte erforderlichenfalls an anderer Stelle vorübergehend abgezogen werden können. Die Bemerkung des Arztes, man müsse der Leitstelle mitteilen, man könne die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen, sei ersichtlich ironisch gemeint gewesen.

26

- Soweit unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet werde, dass die Klinik im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant habe, sei diese Zahl unzutreffend. Die tatsächlich im Monat Mai 2015 überplanten Überstunden würden sich lediglich auf 392,7 Stunden belaufen. Diese seien in den Folgemonaten wieder abgebaut worden und darauf zurückzuführen, dass in den Monat drei gesetzliche Feiertage gefallen seien. Derartige Schwankungen aufgrund von Feiertagen seien nicht unüblich.

27

- Die Äußerung, die Stundenzahl der Putzfrauen sei nach Übernahme der Klinik durch sie, die Klägerin, drastisch reduziert worden, nimmt die Klägerin in Abrede. Die Arbeitszeiten der Reinigungskräfte seien seit 2014 unverändert: täglich von 06:00 bis 11:00 Uhr und von 13:00 bis 17:00 Uhr. Insbesondere, dass eine Wurst mehrere Tage in einer Ecke gelegen haben soll, sei bei den gegebenen Reinigungszeiten nicht nachvollziehbar.

28

- Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass im Krankenhausflur vor der ZNA oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, trägt die Klägerin vor, dass im Falle einer Beschmutzung der Liegen diese umgehend aus dem Patientenumfeld entfernt und zur Aufbereitung auf einen Verbindungsflur – einen Parallelflur, der nicht öffentlich zugänglich sei (vgl. Anlage K4) – verbracht würden. Nach der Reinigung und Desinfektion würden die Liegen abgedeckt.

29

- Hinsichtlich der Äußerung, dass Pfleger Reinigungsarbeiten übernehmen müssten, trägt die Klägerin vor, dass das Pflegepersonal gemäß der Arbeitsanweisung nur die Reinigung der medizinischen Geräte nach ihrer Benutzung übernehme, was einem üblichen Ablauf in einer Klinik entspräche. Im Übrigen werde die Reinigung durch das Reinigungspersonal übernommen. Das Vorbringen der Beklagten, dass insbesondere die Pflegekraft Frau D. in der Vergangenheit Reinigungsarbeiten übernommen habe, sei insoweit zutreffend, als diese einmal aus eigenem Antrieb eine Station umgeräumt habe, wodurch sie jedoch ihren Dienstvorgaben zuwider gehandelt habe.

30

- Soweit in der Berichterstattung gezeigt werde, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweise, eine Liege ohne Desinfektion erneut zu verwenden, handele es sich um ein einzelnes Fehlverhalten einer Pflegekraft, die in dieser Situation gegen die strikten Vorgaben der Klägerin gehandelt habe.

31

- Für die in der Berichterstattung behauptete Minderwertigkeit der in der Klinik verwendeten Einweghandschuhe bestünden keine Anhaltspunkte. Diese würden seit vielen Jahren ohne auffällige Komplikationen verwendet. Trotz der hohen Stückzahl der eingesetzten Handschuhe habe es in der Vergangenheit keine auffällige Anzahl an Beschwerden gegeben.

32

- Die Behauptung einer Pflegekraft, die in der Klinik verwendeten Butterfly-Nadeln seien minderwertig, insbesondere unpraktisch in der Handhabe, weshalb sie häufiger als andere Nadeln Venen zum Platzen bringen würden, nimmt die Klägerin in Abrede. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe es auch keine ständigen Wechsel der Medizinprodukte gegeben, sondern nur eine, mit der Übernahme der Klinik durch die H. verbundene Umstellung. Demnach sei auch nicht nachvollziehbar, was die Klägerin zudem bestreitet, dass nach dem Vorbringen der Beklagten eine mangelnde Routine des Pflegepersonals im Umgang mit den Medizinprodukten zu regelmäßigen Verletzungen bei Patienten geführt haben soll.

33

- Hinsichtlich der Behauptung, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, verweist die Klägerin darauf, dass die genannte Quote jedenfalls bezogen auf den Zeitraum Januar-Oktober 2015 – unstreitig – unzutreffend und die durchschnittliche Fehlerquote in der ZNA insgesamt äußerst gering sei.

34

- Soweit in der Berichterstattung dargestellt werde, dass eine Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden solle, da auf der Intensivstation kein Bett frei gewesen sei, trägt die Klägerin vor, dass auch in dieser Situation das Leben oder die Gesundheit der Patientin zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen seien. Der Schockraum sei – insoweit unstreitig – nur vorsichtshalber vorbereitet worden, bis festgestanden habe, dass die Patientin doch auf die Intensivstation habe umgeleitet werden können.

35

Den Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten berechnet die Klägerin ausgehend von einem Gesamtgegenstandswert von 80.000. Unter Zugrundelegung dieses Gegenstandswerts macht sie für die anwaltlichen Abmahnschreiben insgesamt eine 0,65-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (866,45 EUR) nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR geltend, die sie jeweils hälftig von den Beklagten erstattet begehrt.

36

Die Klägerin beantragt,

37

I. die Beklagten jeweils zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,

38

das Filmmaterial, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Klink aufgenommen wurde, erneut – wie in der Sendung „T. W. –R. U.“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom 11.01.2016 geschehen – zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.

39

II. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

III. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

Die Beklagten beantragen,

42

die Klage abzuweisen.

43

Sie sind der Auffassung, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Insbesondere verletzte die inkriminierte Berichterstattung nicht das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin, da jene Missstände von gravierendem Gewicht aufdecke, aufgrund derer eine Gefährdung der Gesundheit und unter Umständen sogar des Lebens von Menschen gegeben sei. Demgegenüber sei der Eingriff in die Rechte der Klägerin gering, da insbesondere die gefilmten Bereiche überwiegend der Öffentlichkeit zugänglich seien und keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden.

44

Die Klägerin könne sich allenfalls auf die Verletzung ihres Hausrechts berufen, nicht hingegen auf angebliche Verstöße gegen §§ 201a, 201 Abs. 1 und 2 StGB, da insoweit nicht ihre eigenen Rechtsgüter verletzt seien. Der Eingriff in das Hausrecht wiege nur gering, da das Gelände einer sehr großen Anzahl von Personen zugänglich sei, insbesondere Mitarbeitern und Besuchern.

45

Auch die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen sei vom Schutz der Meinungs- bzw. Pressefreiheit erfasst. Nach der Rechtsprechung unter anderem des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts könne nicht nur die Aufdeckung rechtswidriger Zustände oder Verhaltensweisen die Veröffentlichung von heimlich angefertigten Filmaufnahmen rechtfertigen, sondern ein überwiegendes Informationsinteresse auch an der Aufdeckung sonstiger Missstände von erheblichem Gewicht bestehen.

46

Vorliegend decke die inkriminierte Berichterstattung erhebliche Missstände auf. Sie weise auf die Personalnot insbesondere in der ZNA hin und zeige, dass auch Einsparungen bei Reinigungskräften oder Arbeitsmitteln zu erheblichen Einschränkungen der medizinischen Versorgung und mithin zu einer Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Patienten führten.

47

Überdies begründeten die dargestellten Missstände auch ein rechtswidriges Verhalten der Klägerin. Namentlich die Personalnot und die bestehenden Hygienemängel könnten im Extremfall zu einer (fahrlässigen) Körperverletzung oder einer (fahrlässigen) Tötung führen. Die Hygienemängel stellten zudem einen Verstoß gegen geltende (Hygiene-)Verordnungen dar. Die dargestellten Zustände begründeten ferner einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Hessisches Krankenhausgesetz (HKHG), wonach ein Patient mit seiner Aufnahme im Krankenhaus Anspruch auf eine angemessene Behandlung hat. Hiernach habe jeder Patient Anspruch auf das ungestörte vertrauensvolle Gespräch mit den für die Betreuung verantwortlichen Personen. Hierzu stehe es im Widerspruch, wenn die Klägerin auf den Gängen Behandlungen vornehmen lasse. Schließlich verstoße die Klägerin durch ihre Personalpolitik gegen ihre Fürsorgepflichten gegenüber ihren Mitarbeitern.

48

Zu den in Rede stehenden potentiellen Missständen tragen die Beklagten im Einzelnen vor:

49

- Die Situation, in der sich zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, zeige, dass das Personal der ZNA schon bei der Ankündigung von zwei Notfallpatienten massiv überfordert sei. Die Bemerkung des Arztes man müsse der Leitstelle mitteilen, die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen zu können, sei keineswegs ironisch zu verstehen.

50

- Soweit in der Berichterstattung unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet werde, dass die Klinik im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant habe, bestreiten die Beklagten das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin mit Nichtwissen. Die Zahl von 700 eingeplanten Überstunden im Mai 2015 ergebe sich zudem aus der beigebrachten anonymisierten eidesstattlichen Versicherung eines Informanten der Beklagten (Anlage BK5). Entsprechende Angaben habe der nicht näher benannte Informant zudem gegenüber mehreren Zeugen gemacht. Die massive Personalnot sei auch Thema auf einer Betriebsversammlung der Klägerin im Mai 2015 gewesen, wie sich aus der dort gezeigten Powerpoint-Präsentation und den Auszügen aus dieser ergäbe. Wegen ihres Inhalts wird auf die Anlagen BK6-BK9 Bezug genommen. Zudem habe die Personalnot zu einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen geführt, was sich aus dem Anlagenkonvolut BK10 ergäbe.

51

- Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzfrauen sei nach Übernahme der Klinik durch die Klägerin drastisch reduziert worden, wird das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin zu den Arbeitszeiten der Reinigungskräfte mit Nichtwissen bestritten. Der namentlich nicht genannte Informant der Beklagten habe drei Zeugen gegenüber angegeben, dass das Pflegepersonal Reinigungsarbeiten übernehme, und ab mittags auf den Stationen, einschließlich der ZNA, keine Reinigungskräfte mehr zur Verfügung stünden. Die angebissene Wurst habe wie in der Berichterstattung dargestellt über mehrere Tage an der gezeigten Stelle gelegen.

52

- Bezüglich der Behauptung, dass im Krankenhausflur vor der ZNA oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, tragen die Beklagten vor, dass in dem Beitrag auch blutbefleckte Betten auf einem öffentlich zugänglichen Flur zu sehen seien. Der auf Anlage K4 zu sehende Flur sei augenscheinlich nicht derselbe Flur wie der in der Berichterstattung zu sehende. Zudem sei auch der von der Klägerin genannte Verbindungsflur öffentlich zugänglich. Das Vorbringen der Klägerin, dass die Liegen in dem von ihr beschriebenen Bereich aufbereitet würden und dieser nicht mit Patientenwegen kollidiere, wird von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten. Jedenfalls sei sowohl dem inkriminierten Beitrag als auch dem Foto aus Anlage K4 zu entnehmen, dass die Klägerin benutzte und gereinigte Liegen unmittelbar nebeneinander lagere. Hierbei sei es unmöglich sicherzustellen, dass keine Übertragung von Keimen auf die gereinigten Liegen stattfinde.

53

- Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass Pfleger auch Reinigungsarbeiten übernehmen müssten, tragen die Beklagten vor, dass ihr Informant dies wiederum drei Zeugen gegenüber berichtet habe. Auch die Zeugin Frau D. habe als Pflegekraft häufiger Reinigungsarbeiten übernommen.

54

- Hinsichtlich der in der Berichterstattung behaupteten Minderwertigkeit der in der Klinik verwendeten Einweghandschuhe tragen die Beklagten vor, dass neben der im Beitrag zu sehenden Krankenschwester auch der Zeugin D. mehrfach Handschuhe bei der Benutzung gerissen seien.

55

- Soweit in der Berichterstattung eine Pflegekraft behaupte, die in der Klinik verwendeten Butterfly-Nadeln seien minderwertig, insbesondere unpraktisch in der Handhabe, tragen die Beklagten vor, es sei regelmäßig zu einer Verletzung von Patienten aufgrund der schlechten Handhabbarkeit der Butterflynadeln und der mangelnden Routine des Personals durch ständige Wechsel der Medizinprodukte gekommen. Exemplarisch sei dies bereits in dem inkriminierten Beitrag zu sehen. Dass es, wie von der Klägerin behauptet, lediglich zu einer Umstellung im Zuge der Übernahme der Klinik gekommen sei, wird von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten.

56

- Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, verweisen die Beklagten auf das in der Berichterstattung erkennbare Datum des Informationszettels (05.03.2015). Das Vorbringen der Klägerin zum Zeitraum Januar-Oktober 2015 sei insoweit nicht aussagekräftig, beziehungsweise stehe den Angaben des Informationszettels nicht entgegen. Die dort genannte Zahl werde auch auf keinen bestimmten Zeitraum bezogen.

57

- Die in der Berichterstattung dargestellten Situation, in welcher eine Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden solle, zeige, dass es bei der Versorgung von Notfallpatienten durch die Klägerin regelmäßig zu Engpässen komme.

58

Darüber hinaus verweisen die Beklagten auf verschiedene Berichterstattungen, ausweislich derer auf der Frühgeborenenstation der Klägerin neun Frühgeborene mit einem MRSA-Keim infiziert worden seien. Wegen der Einzelheiten der Berichterstattungen wird auf Anlagenkonvolut BK30 Bezug genommen.

59

Das erhebliche öffentliche Informationsinteresse an dem inkriminierten Filmmaterial und an den hierdurch aufgedeckten Missständen werde zudem durch die öffentlichen Reaktionen auf die streitgegenständliche Berichterstattung, unter anderem durch die Stadt W., die H. K. GmbH, Zuschauer der Sendung und die Presse bestätigt. Insoweit wird auf die Anlagen BK12-BK29 verwiesen.

60

Mit dem Unterlassungsanspruch entfalle nach Auffassung der Beklagten auch der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

61

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

62

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

63

Der Klägerin steht die geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG gegen die Beklagten zu, denn die angegriffene Berichterstattung verletzt bei fortbestehender Wiederholungsgefahr ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht.

1.

64

Die Anfertigung und die vorliegende Verbreitung des streitgegenständlichen Filmmaterials im Rahmen der Sendung vom 11.01.2016 stellten einen Eingriff in die Rechte der Klägerin, namentlich in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht dar. Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt die Klägerin auch davor, dass in der räumlichen Sphäre, die ihrem Hausrecht unterliegt und nicht allgemein zugänglich ist, gegen ihren Willen heimlich Filmaufnahmen gefertigt und diese anschließend verbreitet werden (vgl. OLG Stuttgart, AfP 2015, 450, Tz. 104; KG NJW 2000, 2210, Tz. 4). Gegen den Willen des Unternehmens erfolgen derartige heimliche Filmaufnahmen nicht nur dann, wenn sie ausdrücklich verboten sind, vielmehr bedarf umgekehrt das Fertigen von Aufnahmen zu journalistischen Zwecken einer diesbezüglichen Erlaubnis, selbst wenn der Zutritt zu den Räumen an sich gestattet ist und auch im konkreten Fall gestattet wurde (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 106; KG, a.a.O., Tz. 5), denn eine allgemeine Nutzungsgestattung erfasst nur den bestimmungsgemäßen Benutzungszweck (KG, ebenda). Dass die generelle Gestattung des Zutritts zu einem räumlich geschützten Bereich durch bestimmte Nutzungszwecke beschränkt sein kann, ohne dass dies ausdrücklich ausgesprochen sein müsste, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2006, 1054, Tz. 8 f.). Erst recht gilt dies, wenn der Zutritt zu der geschützten räumlichen Sphäre erschlichen wird, insbesondere, wenn ein Journalist als vermeintlich loyaler Mitarbeiter des Unternehmens tätig wird und ihm in dieser Eigenschaft der Zutritt gestattet wird, er aber in Wahrheit Informationen erlangen will, um diese dann zu publizieren (OLG Hamm, OLGR 2004, 345, Tz. 25). Nach diesen Maßstäben liegt in Gestalt der Anfertigung der heimlichen durch die als Praktikantin in die Klinik der Klägerin eingeschleuste Reporterin Frau O. sowie in der erfolgten Ausstrahlung des Filmmaterials ein Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin vor. Ob daneben noch ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt, kann dahinstehen, da sowohl das Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb sog. offene Haftungstatbestände sind und für die Frage der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs die gleichen Abwägungsgrundsätze gelten (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 104).

2.

65

Durch den dargelegten Eingriff wird das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch verletzt. Dies folgt aus der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin einerseits und der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungs- und Rundfunkfreiheit der Beklagten andererseits.

a)

66

Für die Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen gelten nach der sog. „Wallraff-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE, Beschl. v. 15.01.1984, 1 BvR 272/81 = BVerfGE 66, 116-151 - Günter Wallraff, juris Rn. 57 ff.) folgende Grundsätze:

67

Im Rahmen der Abwägung kommt es zum einen auf den Zweck der streitgegenständlichen Veröffentlichung an. Den Grundrechten der Meinungs- und Rundfunkfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Veröffentlichung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigener Ziele handelt, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage. Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird. Handelt es sich um die Veröffentlichung einer Information, die durch Täuschung widerrechtlich beschafft und zu einem Angriff gegen den Getäuschten verwendet wurde, so indiziert dies in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich des anderen, namentlich dann, wenn dieser wegen seiner Vertraulichkeit geschützt ist. Darüber hinaus gerät dieses Mittel in einen schwerwiegenden Widerspruch mit der Unverbrüchlichkeit des Rechts, einer Grundvoraussetzung der Rechtsordnung. Bei dieser Sachlage aber hat die Veröffentlichung – so das Bundesverfassungsgericht – grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Dies wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (BVerfG, a.a.O., Tz. 57 vgl. auch BGH NJW 782, Tz. 20 f. - Innenminister unter Druck; OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 117 ff.). Diese Grundsätze sind auch vorliegend im Rahmen der Abwägung zugrunde zu legen. Darauf, ob die Klägerin selbst sich ebenfalls – wie es in dem der Wallraff-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall war – auf die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann, kommt es insoweit nicht an (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 119 f.).

b)

68

Nach den dargelegten Grundsätzen überwiegen vorliegend die geschützten Interessen der Klägerin. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist namentlich Folgendes zu berücksichtigen:

aa)

69

Zugunsten der Klägerin streitet vorliegend, dass die Beklagte zu 2) sich das streitgegenständliche Bildmaterial durch Täuschung der Klägerin und unter Verletzung ihres Hausrechts, mithin in rechtswidriger Weise beschafft hat. Die für die Beklagte zu 2) tätige Journalistin Frau O., deren Verhalten sich die Beklagten zurechnen lassen müssen, hat sich den Zugang zu den Räumlichkeiten der Klinik der Klägerin dadurch eröffnet, dass sie vorgetäuscht hat, (lediglich) als Praktikantin in der Klinik arbeiten zu wollen. Indes hat sie vorsätzlich verschleiert, dass sie tatsächlich Videoaufnahmen für die streitgegenständliche, gegen die Klägerin gerichtete Berichterstattung fertigen wollte. Hierdurch hat sie das Hausrecht der Klägerin verletzt und mithin rechtswidrig gehandelt, denn dass die Klägerin mit einer Anfertigung von heimlichen Filmaufnahmen zum Zwecke der später ausgestrahlten Reportage nicht einverstanden war, lag sowohl für die Journalistin Frau O. als auch für die Beklagten auf der Hand. Ein Rechtfertigungsgrund für das genannte Vorgehen lag nicht vor. Insbesondere scheidet eine Rechtfertigung wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen analog § 193 StGB aus, da die Grundrechte der Meinungs-, Rundfunk- und Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG nicht die rechtswidrige Informationsbeschaffung schützen (BVerfG, a.a.O., Tz. 54).

70

Des Weiteren ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass die Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts vergleichsweise schwer wiegt. Das in Rede stehende Videomaterial dient zuvorderst dazu, die in der streitgegenständlichen Berichterstattung angeprangerten Zustände in der Klinik der Klägerin und die damit erhobenen Vorwürfe ihr gegenüber zu stützen und zu veranschaulichen beziehungsweise zu visualisieren. Die Intensität dieses Eingriffs in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht wird zusätzlich dadurch bestimmt, dass bisweilen Verhältnisse im Betrieb der Klägerin öffentlich angeprangert werden, obwohl sie keinen Einzelfall darstellen, sondern die Arbeitsverhältnisse in anderen Kliniken in ähnlicher Weise zu Kritik Anlass geben (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urt. v. 19.05.2015, Az.: 7 U 6/15). Dies trifft namentlich auf den in der Berichterstattung vielfach betonten „Stress“ der Mitarbeiter, die angespannte Personallage im Allgemeinen sowie die hohe Auslastung der Klinik zu, wie sich bereits aus der weiteren Berichterstattung bezüglich zweier anderer Kliniken ergibt. Schon in der Einleitung des streitgegenständlichen Beitrags heißt es, dass der Personalschlüssel in deutschen Kliniken grundsätzlich schlecht sei. Überdies entstammt das inkriminierte Filmmaterial in großen Teilen Bereichen der Klinik, deren Zugang nur für einen abgegrenzten Personenkreis vorgesehen ist. Dies gilt beispielsweise für die Aufenthaltsräume des Klinikpersonals, die „Schockräume“, aber auch für die gezeigten Patientenzimmer, die für den allgemeinen Publikumsverkehr zwar faktisch zugänglich sein mögen, ein Zutritt durch unbeteiligte, den dortigen Patienten fremde Personen im Grundsatz jedoch zumindest unüblich und in der Regel von den jeweiligen Patienten unerwünscht sein dürfte.

71

Wenngleich sich die Klägerin auf die jeweiligen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der heimlich gefilmten Patienten, Besucher und Mitarbeiter oder auf insoweit gegebene Verletzungen von §§ 201 Abs. 1 und 2, 201a StGB nicht unmittelbar selbst berufen kann, sind die diesen zugrunde liegenden Umstände im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung dennoch zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, da sie den Eingriff in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht erschweren. Insbesondere die Mitschnitte, in denen Patienten in hilfsbedürftigem Zustand, in laufender Behandlung oder im Gespräch mit der Praktikantin Frau O. sowie Ärzten und Pflegepersonal zu sehen sind, stellen einen schweren Eingriff in die nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre der Patienten dar. Soweit die Aufnahmen aus den Krankenzimmern der Patienten stammen, ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich hierbei für die jeweiligen Patienten im Grundsatz um einen nach Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Bereich handelt (vgl. BVerfG, NJW 2005, 3295, Tz. 2 f.). Trotz der vorgenommenen Verpixelung der Gesichter und der Verzerrung ihrer Stimmen sind mehrere Patienten anhand der von ihnen getragenen Kleidung, ihres jeweiligen Aufenthaltsorts innerhalb der Klinik sowie anhand der preisgegebenen Informationen zu ihrer jeweiligen Krankengeschichte identifizierbar. Der heimliche Tonmitschnitt von Gesprächen mit den Patienten stellt zudem einen Eingriff in die gesetzlich geschützte (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und von der Klägerin grundsätzlich zu wahrende Vertraulichkeit von Patienteninformationen dar.

72

Die Eingriffe in die genannten Rechtsgüter Dritter sind dem öffentlichen Ansehen der Klägerin insbesondere aus der Sicht bisheriger sowie potentieller Patienten in erheblichem Maße abträglich. Für diese steht jeweils zu befürchten, dass auf die dargestellte Weise auch in ihre geschützten Rechtsgüter eingegriffen worden ist beziehungsweise zukünftig eingegriffen werden könnte, da die Berichterstattung einen zuverlässigen Schutz vor gleichgelagerten Eingriffen in den Räumlichkeiten der Klinik der Klägerin fraglich erscheinen lässt. Namentlich der Schutz der die Patienten jeweils betreffenden sensiblen Daten und Informationen, insbesondere zu ihrer Krankheitsgeschichte, wird von Patienten im Allgemeinen als besonderes wichtig erachtet. Gleichermaßen wird der Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch mit Blick auf die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes der Personen, die in den Räumlichkeiten der Klinik heimlich gefilmt und deren Gespräche mitgeschnitten wurden, insbesondere der Mitarbeiter der Klägerin, weiter erschwert.

bb)

73

Im Rahmen der Abwägung ist andererseits zu berücksichtigen, dass die rechtswidrige Informationsbeschaffung nicht ausschließlich in einer Sphäre der Klägerin erfolgte, die einer besonderen Vertraulichkeit oder einem gesteigerten Geheimnisschutz unterlag, sondern zum Teil beispielsweise auch auf den Fluren der Klinik. Überdies besteht im Allgemeinen ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse an den Zuständen und Abläufen in deutschen Kliniken und namentlich an der Frage, ob auch vor dem Hintergrund vorgenommener Einsparungen eine adäquate Versorgung der Patienten gewährleistet ist. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Klinik der Klägerin, deren Einsparungen vor allem im Bereich des Personals ausweislich der Anlagen BK2-BK4 Gegenstand des öffentlichen Diskurses waren, in dessen Rahmen zudem die Pressesprecherin der Klägerin bekundet hat, dass die Qualität der Patientenversorgung hierunter nicht leiden werde.

cc)

74

Nach den oben (unter a)) dargelegten Maßstäben fällt die Abwägung jedoch vorliegend zugunsten der geschützten Interessen der Klägerin aus. An dem in Rede stehenden Filmmaterial bestand kein öffentliches Informationsinteresse, das die durch seine rechtswidrige Beschaffung entstandenen Nachteile eindeutig überwiegt.

75

Zwar kommt ein eindeutig überwiegendes öffentliches Informationsinteresse, demgegenüber die Nachteile aus einer rechtswidrigen Informationsbeschaffung zurückzutreten haben, nicht nur dann in Betracht, wenn durch die Berichterstattung rechtswidrige Verhaltensweisen offenbart werden. Dies lässt sich insbesondere nicht der „Wallraff-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 66, 116-151) entnehmen. Nach den dort aufgestellten Grundsätzen ist allein maßgeblich, ob die Bedeutung der rechtswidrig erlangten Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich festgestellt, dass in der Regel – von der es auch Ausnahmen gibt – von einem solchen eindeutigen Überwiegen nicht ausgegangen werden könne, wenn durch die widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart werden, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind, da dies darauf hindeute, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt (BVerfG, a.a.O., juris Tz. 57; LG Stuttgart, Urt. v. 9.10.2014, Az.: 11 O 15/14, BeckRS 2014, 23571). Die Annahme eines eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses ist daher nicht auf die Aufdeckung von rechtswidrigen Verhaltensweisen beschränkt. Es kann auch hinsichtlich sonstiger Fehlentwicklungen und Missstände von erheblichem Gewicht gegeben sein, die nicht ausdrücklich verboten sind, sondern die Formen des Rechts für sich in Anspruch nehmen können (OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2004, Az.: 3 U 77/04, juris Tz. 48, f. Czernik, GRUR 2012, 457, 460). Es muss sich jedoch um Vorgänge handeln, die sich für die Allgemeinheit, zumindest aber für einen erheblichen Teil derselben, als so einschneidend darstellen, dass deren öffentliche Behandlung als wesentlich angesehen wird (Czernik, ebenda LG Stuttgart, ebenda).

76

Nach den genannten Maßstäben genügt das streitgegenständliche Filmmaterial nicht der Anforderung, Fehlentwicklungen oder Missstände von ausreichend erheblichem Gewicht aufzudecken. Wenngleich die Berichterstattung durchaus kritik- und verbesserungswürdige Umstände in der Klinik der Klägerin aufzeigen mag, vermögen die dargestellten Umstände weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtschau derartige erhebliche Missstände zu begründen.

77

Im Einzelnen gilt hinsichtlich der in Rede stehenden vermeintlichen Missstände folgendes:

(1)

78

In der Situation, in der sich zunächst zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, wurde kein Patient durch die – offenkundig angespannte – Personalsituation in der ZNA konkret gefährdet. Da die beiden Patienten letztlich zeitversetzt eintrafen, war das vorhandene Personal in der ZNA nicht konkret überfordert. Vielmehr konnte die erforderliche Betreuung der Patienten durch sukzessive Behandlung gewährleistet werden. Prozessual ist davon auszugehen, dass erforderlichenfalls auch eine zeitgleiche Behandlung beider Patienten – durch vorübergehenden Abzug weiteren Personals an anderer Stelle – hätte ermöglicht werden können. Dass hierdurch möglicherweise andere Patienten gefährdet worden wären, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Anmerkung des Arztes, man müsse in der Leitstelle anrufen und mitteilen, man könne die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen, ironisch zu verstehen. Auch die angesprochene Pflegekraft hat dies offenkundig so aufgefasst, indem sie hierauf nachfragt, wie die Situation denn tatsächlich gelöst werden soll („Ja, aber wie machen wir das denn jetzt?“).

(2)

79

Mit Blick auf die Äußerung, dass im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant worden sei, ist zu berücksichtigen, dass im Klinikbereich allgemein – wie auch in vielen anderen Berufszweigen – und nicht nur in der Klinik der Klägerin Überstunden, speziell im Bereich der ZNA, nicht unüblich sind. Die in Rede stehende Zahl von 700 Überstunden im Monat Mai 2015 ist indes streitig. Insoweit sind die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet. Im Ausgangspunkt trägt zwar derjenige die Darlegungs- und Beweislast für die Anknüpfungspunkte, der sich gegen die Äußerung wendet. Entgegen dieser im Zivilprozess grundsätzlich geltenden Regel, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, dessen tatbestandliche Voraussetzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, muss nach der ins Zivilrecht transformierten Beweislastregel des § 186 StGB derjenige, der Behauptungen aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder sonst wie seinen sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen, im Streitfalle ihre Richtigkeit beweisen (Soehring, Presserecht, 5. Aufl., § 30 Rn 24, Prinz/ Peters Medienrecht 1999, Rn 381). Die Beklagten haben der ihr obliegenden Beweislast nicht genügt. Der bloße Verweis auf die Angaben eines vermeintlichen – namentlich nicht genannten – Informanten in einer eidesstattlichen Versicherung sowie gegenüber Zeugen vom Hörensagen ist insoweit nicht ausreichend. Denn es ist bereits nicht substantiiert vorgetragen worden, worauf der vermeintliche Informant die von ihm schlicht behauptete Zahl von 700 Überstunden stützen will. Allein der Umstand, dass der genannte Informant seit einer nicht näher benannten Anzahl von Jahren (vgl. Anlage BK5) in verantwortlicher Position in der Klinik der Klägerin arbeiten und insoweit über einen guten Einblick in die Unternehmensabläufe verfügen soll, ist ebenfalls unzureichend. Die beigebrachten Auszüge aus einer Powerpoint-Präsentation (Anlage BK6-BK9) sind mit Blick auf die konkret in Rede stehende Überstundenzahl nicht ergiebig. Im Übrigen bliebe mangels Sachvortrags zudem offen, auf wie viele Mitarbeiter die Überstundenzahl entfallen würde, sodass eine zuverlässige Bewertung ihres Ausmaßes und ihrer Erheblichkeit nicht möglich wäre. Unabhängig von der tatsächlichen Zahl der eingeplanten Überstunden ist ferner weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass diese so gravierend wäre, dass sie sich beispielsweise spürbar auf die Betreuung der Patienten ausgewirkt hätte.

(3)

80

Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzkräfte sei nach der Übernahme der Klinikleitung durch die Klägerin drastisch reduziert worden, ist prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Die auch diesbezüglich für die Wahrheit der streitigen Äußerung darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben ihrer Beweislast insoweit nicht genügt. Dem substantiierten Vortrag der Klägerin zu den seit 2014 unveränderten Arbeitszeiten der Reinigungskräfte sind die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Das Bestreiten des entsprechenden klägerischen Vortrags mit Nichtwissen ist insoweit nicht ausreicht. Auch die Angaben des vermeintlichen, namentlich nicht genannten Informanten gegenüber Zeugen vom Hörensagen (vgl. o.), dass das Pflegepersonal Reinigungsarbeiten übernehme, und ab mittags auf den Stationen, einschließlich der ZNA, keine Reinigungskräfte mehr zur Verfügung stünden, stellt keinen substantiierten Sachvortrag darüber dar, ob und inwieweit die Stundenzahl der Putzkräfte tatsächlich reduziert worden ist.

81

Auch die – im Kern unstreitig wahre – Äußerung, dass Pflegekräfte Reinigungsarbeiten übernähmen, ist hinsichtlich der streitigen Reduzierung der Arbeitsstunden der Reinigungskräfte sowie etwaiger sichtbarer Folgen hiervon weder ergiebig, noch stellt sie für sich genommen einen erheblichen Missstand dar. Denn es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, wie häufig, in welchem Umfang und durch welche Pflegekräfte dies im Einzelnen geschehen (sein) soll. Nicht ausschließbar handelt es sich insoweit um Einzelfälle, die auf ein besonders großes Reinlichkeitsempfinden oder ein übersteigertes Pflichtbewusstsein einzelner Pflegekräfte zurückzuführen sind. Unstreitig liegt dem jedenfalls keine Arbeitsanweisung seitens der Klägerin zugrunde.

82

Die Äußerung, dass eine angebissene Wurst tagelang hinter einem Bett gelegen habe, ist zwar prozessual als wahr zu behandeln und stellt einen Hygienemangel dar, der in einer Klinik nicht vorkommen darf. Jedoch ist zum einen weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, wo die Wurst gelegen haben soll – neben einem Patientenzimmer wären beispielsweise auch ein Bettenlager oder andere, nicht für Patienten oder die Öffentlichkeit zugängliche Bereiche denkbar – und mithin, welcher Bereich der Klinik nicht ordnungsgemäß gereinigt worden sein soll. Zum anderen kann insoweit nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen Einzelfall handelte, der keine zwingenden Rückschlüsse auf allgemeine Missstände im Bereich der Hygiene in der Klinik zulässt.

(4)

83

Hinsichtlich der Äußerung, dass im Krankenhausflur vor der ZNA, der für jedermann zugänglich sei, oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Betriebs der ZNA zwangsläufig Liegen benutzt und zum Zwecke der Reinigung gegebenenfalls an einen dafür vorgesehenen Ort verbracht werden müssen. Für die Aufbereitung der benutzten Liegen hat die Klägerin einen bestimmten Bereich vorgesehen. Die Liegen werden – wovon prozessual auszugehen ist – nach Benutzung umgehend aus dem Patientenumfeld entfernt und zur Aufbereitung an einen anderen Ort verbracht. Nach dem Reinigen werden die desinfizierten Liegen zudem abgedeckt, wie auch aus dem Lichtbild in Anlage K4 ersichtlich ist. Zwischen den Parteien ist indes streitig, ob der betreffende Bereich, in dem die Liegen aufbereitet werden, öffentlich zugänglich ist. Sofern die Beklagten hieraus einen Missstand herleiten wollen, sind sie diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass der betreffende Flurbereich nicht öffentlich zugänglich sei und auch nicht mit Patientenwegen kollidiere. Dem sind die Beklagten lediglich durch Bestreiten dieses Vortrags mit Nichtwissen entgegengetreten, wodurch sie ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt haben. Selbst wenn, wie die Beklagten behaupten, der betreffende, aus Anlage K4 ersichtliche Bereich der Klinik nicht mit dem in der streitgegenständlichen Berichterstattung in diesem Zusammenhang gezeigten Bereich übereinstimmen sollte, wäre dies vorliegend ohne Belang. Denn es fehlt an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wo die in Rede stehenden Aufnahmen ansonsten angefertigt worden sein sollen, ob jener Bereich öffentlich zugänglich ist, und gegebenenfalls wie lange die gezeigten Liegen sich dort befunden haben sollen.

84

Soweit die Beklagten behaupten, dass es trotz der Abdeckung desinfizierter Liegen zu einer Übertragung von „Keimen“ von benutzten auf die gereinigten Liegen kommen könnte, ist dies nicht substantiiert. Es ist nicht ersichtlich, wie die Keime trotz der Abdeckungen auf die gereinigten Liegen gelangen sollen, zumal benutzte und gereinigte Liegen – soweit aus der Berichterstattung erkennbar – nicht in direktem Kontakt zueinander positioniert waren.

(5)

85

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung zu sehen ist, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweist, eine Liege ohne Desinfizierung für einen weiteren Patienten zu verwenden, ist hierin unstreitig ein Fehlverhalten der betreffenden Pflegerin zu sehen. Dafür, dass sich hierin jedoch ein genereller, über die konkrete Situation hinausgehender Missstand in der Klinik der Klägerin manifestiert hat, bestehen indes keine Anhaltspunkte. Unstreitig handelte die gezeigte Pflegekraft den Anweisungen der Klägerin zuwider. Nicht ausschließbar handelte es sich hierbei um einen Einzelfall. Dafür, dass ein entsprechendes Fehlverhalten häufiger – gegebenenfalls auch durch andere Mitarbeiter der Klägerin – vorkommt, bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte.

(6)

86

Bezüglich der Darstellung der in der Klinik der Klägerin verwendeten Handschuhe und der Äußerung, dass diese minderwertig seien und dem Pflegepersonal häufig schon beim Überstreifen reißen würden, ist zu berücksichtigen, dass prozessual nicht von einer allgemeinen Minderwertigkeit der Handschuhe ausgegangen werden kann. Die Beklagten haben auch insoweit ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Unstreitig kommen diese auch in anderen Kliniken in äußerst hoher Stückzahl zum Einsatz. Über die in den streitgegenständlichen Filmaufnahmen zu sehende Sequenz hinaus sollen auch der Zeugin D. mehrfach Handschuhe bei der Benutzung gerissen sein. Es fehlt jedoch schon an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wie häufig dies geschehen sein soll. Dass darüber hinaus auch weiteren Angestellten in der Klinik der Klägerin die Handschuhe gerissen wären, geschweige denn mit einer gewissen Häufigkeit, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, ebenso wenig, dass die Handschuhe darüber hinaus für eine Benutzung ungeeignet wären. Allein die Tatsache, dass es sich nach der weiteren Äußerung in der streitgegenständlichen Berichterstattung um „dünnere“ Handschuhe handeln soll, spricht nicht zwingend für eine generelle Minderwertigkeit der Handschuhe. Es ist nicht erkennbar, dass dünnere Handschuhe – abhängig von dem jeweils benutzten Material – nicht gleichermaßen belastbar sein können wie dickere Handschuhe.

(7)

87

Betreffend die Äußerung einer Pflegekraft, dass die in der Klinik der Klägerin zum Zwecke der Blutentnahme verwendeten Butterfly-Nadeln minderwertig und unpraktisch in der Handhabe seien, und diese daher häufiger als andere Nadeln Venen zum Platzen bringen würden, ist hinsichtlich der behaupteten Minderwertigkeit der Nadeln prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Unstreitig sind die verwendeten Nadeln nicht generell minderwertig. Diese weisen zudem dieselbe Dicke auf wie die vormals in der Klinik verwendeten Nadeln, lediglich der Schlauch ist nunmehr etwas kürzer, wobei dieser im Grundsatz keinen Einfluss auf die Gefahr einer platzenden Vene hat. Zwischen den Parteien ist indes streitig, ob und gegebenenfalls wie häufig in der Klinik zuletzt die eingesetzten Medizinprodukte – namentlich die in Rede stehenden Nadeln – gewechselt worden sind. Entgegen dem Vortrag der – auch insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten ist prozessual davon auszugehen, dass diese lediglich einmal, im Zuge einer mit der Übernahme der Klinik durch die Klägerin verbundenen Umstellung gewechselt worden sind. Das schlichte Bestreiten mit Nichtwissen des entsprechenden Vortrags der Klägerin durch die Beklagten ist insoweit nicht ausreichend. Es fehlt zudem an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wie viele Pflegekräfte oder Ärzte unter der behaupteten mangelnden Routine mit den Butterfly-Nadeln leiden sollen, und inwieweit die Fälle geplatzter Venen häufiger als bei anderen, beispielsweise den zuvor verwendeten Nadeln, sein sollen.

(8)

88

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung unter Verweis auf einen Aushang (aus März 2015) im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte geäußert wird, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um eine repräsentative Zahl handelt. Zwar ist aufgrund der aus Anlage BK14 ersichtlichen Angaben eines Arztes der Klinik gegenüber dem „W.er Kurier“ zugrunde zu legen, dass im März 2015 die genannte Quote von 70% zutreffend war. Über den Zeitraum Januar bis Oktober 2015 belief sich der Anteil der Probenidentitätsfehler der ZNA im Schnitt jedoch lediglich auf 9,5%, was unter dem krankenhausüblichen Durchschnitt lag. Demnach ist davon auszugehen, dass es sich bei dem stark erhöhten Anteil im März 2015 lediglich um eine Momentaufnahme handelte. Überdies enthält der bloße Anteil an den gesamten in der Klinik aufgetretenen Probenidentitätsfehlern keinerlei Aussage über die zugrunde liegenden absoluten Zahlen. Schließlich ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die in Rede stehenden – und mithin denknotwendig bemerkten – Probenidentitätsfehler im Einzelfall zu einer konkreten Gefährdung von Patienten geführt hätten.

(9)

89

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung dargestellt wird, wie eine Notfallpatientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen angekündigt wird, ist prozessual davon auszugehen, dass zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Ausstattung und Organisation der Klinik eine Gefährdung für die Gesundheit oder das Leben der Patientin bestand. Letztlich konnte die Patientin auf die Intensivstation umgeleitet und dort bestmöglich versorgt werden. Auch für den Fall, dass dies mangels freier Betten auf der Intensivstation nicht möglich gewesen wäre – wobei schon fraglich ist, ob der Klägerin eine hohe Auslastung ihrer Zimmer überhaupt vorgeworfen werden könnte –, ist nicht erkennbar, dass ihre hilfsweise Erstversorgung in dem vorsorglich vorbereiteten Schockraum hinter der auf der Intensivstation zurückgeblieben wäre. Insbesondere wäre erforderlichenfalls zur optimalen Versorgung der Patientin im Falle ihrer Beatmung ein Anästhesist hinzugezogen worden.

(10)

90

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass ausweislich der Berichterstattung in Anlagenkonvolut BK30 mehrere Frühgeborene in der Klinik der Klägerin mit MRSA-Keimen infiziert worden sind, ist zu beachten, dass zum einen keines der Kinder hierdurch konkret gesundheitlich beeinträchtigt worden ist. Zum anderen konnte ausweislich der dpa-Pressemitteilung (ebenfalls Anlagenkonvolut BK30) und der dort zitierten Aussage des W.er Gesundheitsdezernenten kein Zusammenhang des aufgetretenen Keimbefalls mit etwaigen Hygienemängeln in der Klinik festgestellt werden.

(11)

91

Mit Blick auf den Umstand, dass einige Patienten, wie aus der streitgegenständlichen Berichterstattung auch zu sehen ist, jedenfalls vorübergehend auf den Fluren der Klinik liegen und mitunter auch dort behandelt werden – insbesondere in Form der Durchführung von EKGs und Blutentnahmen –, liegt zwar hingegen ein Missstand vor, der offenkundig auf die hohe Auslastung der Klinik zurückzuführen ist, der jedoch in Kliniken kein Einzelfall darstellen dürfte.

92

Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände sind im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung jedoch nach den maßgeblichen – oben (unter a)) dargestellten – Kriterien im Ergebnis weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau Fehlentwicklungen oder Missstände von erheblichem Gewicht in der Klinik der Klägerin erkennbar, die die Berichterstattung rechtfertigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die zugrunde zu legenden Umstände mit der Auffassung der Beklagten im Einzelfall einen Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Pflichten der Klägerin zu begründen vermögen. Der bloße Wunsch nach Illustration von verbesserungswürdigen Zuständen, die die Beklagten kritisieren mögen, und die Rolle der Beklagten als „Wachhund der Öffentlichkeit“ (vgl. BVerlG, NJW 2006, 2835, 2836) begründen kein überragendes Berichterstattungsinteresse, das die Verbreitung des rechtswidrig erlangten Materials rechtfertigen würde.

3.

93

Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert. Es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweilige Verfügung der Kammer wurde nicht als endgültige Regelung anerkannt, und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.

II.

94

Der Klägerin steht gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach gem. § 823 Abs. 1 BGB zu, insbesondere haben die Beklagten das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch schuldhaft verletzt.

95

Der Höhe nach ist der jeweils geltend gemachte Erstattungsanspruch ebenfalls begründet. Der insgesamt – mit Blick auf beide Beklagte – in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 80.000 EUR ist gerechtfertigt und entspricht dem Streitwertgefüge der in Hamburg mit Pressesachen befassten Gerichte. Der – dem Grunde nach nicht zu beanstandende – Ansatz einer 0,65-Geschäftsgebühr für das Abmahnschreiben sowie einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR ergibt einen Gesamtbetrag von 886,45 EUR, sodass der Anspruch gegen die Beklagten in jeweils hälftiger Höhe begründet ist.

96

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

97

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 sowie aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3, 4 ZPO.

98

Der nachgelassene Schriftsatz der Vertreterin der Klägerin vom 18.04.2017 sowie der weitere, nicht nachgelassene, Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 04.05.2017 boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 396/16 Verkündet am:
10. April 2018
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 1, Art. 10 Abs. 1

a) Maßgeblich für die Ermittlung des Informationsgehalts einer Filmberichterstattung
ist der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen
und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist unter Berücksichtigung
der Eigengesetzlichkeiten des Übermittlungsmediums auf den
Gesamtgehalt der Berichterstattung abzustellen. Das Bild darf in seiner Bedeutung
für eine Erweiterung des Aussagegehalts über das gesprochene
Wort hinaus nicht überinterpretiert werden. Für eine texterweiternde
oder - einengende Sinngebung bedarf es einer deutlich in diese Richtung
weisenden besonderen Heraushebung des Bildes als eigenständigen Informationsträgers.

b) Die Verbreitung nicht genehmigter Filmaufnahmen über Betriebsinterna, zu
denen auch die Produktionsbedingungen gehören, stellt grundsätzlich einen
betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
dar.

c) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen ist
vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.
ECLI:DE:BGH:2018:100418UVIZR396.16.0


d) Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung verwertet, kommt es bei der Abwägung des von der Presse verfolgten Informationsinteresses der Öffentlichkeit und ihres Rechts auf Meinungsfreiheit mit den Interessen des Betroffenen maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel an, mit dem der Zweck verfolgt wird.
e) Zur Abwägung in einer Fallgestaltung, in der sich der Publizierende die Informationen nicht selbst durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft hat, um sie anschließend zu verwerten, sondern aus dem erkannten Rechtsbruch lediglich Nutzen gezogen hat. BGH, Urteil vom 10. April 2018 - VI ZR 396/16 - OLG Hamburg LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch, die Richterin Dr. Roloff sowie den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 19. Juli 2016 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Dezember 2013 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die beklagte Rundfunkanstalt auf Unterlassung der Verbreitung von Filmaufnahmen in Anspruch.
2
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, zu der sich elf ökologisch arbeitende Betriebe, die Ackerbau und Hühnerhaltung betreiben, zusammengeschlossen haben. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Vermarktung der von den Betrieben erzeugten Produkte als Bio-Produkte. In den Nächten vom 11./12. Mai und 12./13. Mai 2012 drang der "Tierschutzaktivist" F., der Vorstandsvorsitzende einer Tierschutzorganisation, in die Hühnerställe von zwei der in der Klägerin zusammengeschlossenen Betriebe ein und fertigte dort Filmaufnahmen. Den Aufnahmen ist zu entnehmen, dass sie zur Nachtzeit erstellt wurden. Herr F. überließ die Aufnahmen der Beklagten, die sie am 3. September 2012 in der Reihe ARD Exklusiv unter dem Titel "Wie billig kann Bio sein?" und am 18. September 2012 im Rahmen der Sendung "FAKT" unter dem Titel "Biologische Tierhaltung und ihre Schattenseiten" ausstrahlte. In der Sendung vom 3. September 2012 wurde unter voller Namensnennung u.a. wie folgt berichtet: "Bio ist heute ein Milliardengeschäft. Die Angebote sind allgegenwärtig. Mit dem Einstieg der Discounter und Supermärkte wurde vieles billiger. Aber dieses neue Bio ist anders als das ursprüngliche. Es hat Schattenseiten. Der Boom und seine Folgen. Unterwegs mit versteckter Kamera im Supermarkt. Bio-Lebensmittel gibt es inzwischen überall günstig zu kaufen. Das Angebot ist vielfältig: Obst, Gemüse, Eier und Fleischwaren. Doch oft steht hinter diesen Bio-Produkten erschreckende Tierhaltung… … Wir sind verabredet mit C.A. Er ist gelernter Agraringenieur aus Österreich und hat bei einem Discounter als Qualitätsmanager gearbeitet. Er kennt die Branche und weiß, wie es in den Betrieben zugeht. Als er merkt, dass das Bio-Business mit seinen Grundsätzen nicht im Einklang steht, schmeißt er hin. In einem Buch hat er mit dem Verhalten der Lebensmittelkonzerne im Bio-Bereich abgerechnet. Seine Position - der Einstieg der großen Discounter und Supermärkte hat ein neues Bio geschaffen, das mit den ursprünglichen Idealen der Bio-Pioniere nicht mehr viel gemein hat. 'Man muss natürlich klar sehen, dass der Einstieg der großen Lebensmittelkonzerne auch dazu geführt hat, dass Bio heute in aller Munde ist, das heißt Bio ist ein Begriff, natürlich auch ein großer Marketing-Begriff und auf der anderen Seite hat der Einstieg der großen Konzerne eben auch zu einer Veränderung der Bedingungen in der ökologischen Landwirtschaft geführt. Dieser Zwang des Wachsens und Weichens, dieser Druck auf die Bauern, immer größer zu werden, immer größere Mengen zu möglichst geringen Preisen bereitstellen zu müssen, also alles, was Sie aus der konventionellen Landwirtschaft kennen, wirkt jetzt auch im Bio-Bereich.' … Doch Bio boomt inzwischen weiter. Immer neue Tieranlagen werden aus dem Boden gestampft. Am Ortsrand von G. tief in Mecklenburg-Vorpommern, sollen Eier produziert werden. Doch in der 100-Seelen-Gemeinde formiert sich Widerstand. Hier sind Gegner der Anlage auf dem Weg zum künftigen Standort. Einige hatten anfangs gar nichts einzuwenden, weil sie selbst Bio-Anhänger sind. Als der Antragsteller in seiner öffentlichen Sitzung seine Pläne vorstellt, wächst der Protest. Vor allem wegen der geplanten Dimensionen. 'Wenn ich jetzt sehe, dass hier knappe 15.000 Hühner auf dieser begrenzten Fläche gehalten werden, dann ist das für mich irgendwo eine richtige Mogelpackung. Das ist für mich eigentlich immer noch unfassbar. Es wird uns Massentierhaltung als Glück verkauft.' 'Das hat hier nichts mehr mit dem Bild ehemaliger Landwirtschaft zu tun, das sind Hochsicherheitstrakte und die wissen auch warum sie da niemanden mehr hineinlassen.' Der Streit in der ländlichen Idylle ist voll entbrannt. Gut 2/3 der Bewohner von G. haben eine Erklärung gegen die Anlage unterzeichnet. Sie legen sich mit einem starken Gegner an, der Erzeugergemeinschaft F., gegründet 2003, Geschäftsführer F. B. Der Mann kommt aus der konventionellen Hühnerbranche. Nun herrscht er über ein Imperium von inzwischen 300.000 Bio-Legehennen. Immer neue Stallanlagen sind in Planung. Auf zu seinem Firmensitz, wir hatten F. B. telefonisch um einen Termin gebeten , doch hatte er nicht reagiert. Als wir spontan anfragen, erklärt er sich zum Interview bereit und stellt zunächst klar, über welche Produktionsmengen wir bei der Erzeugergemeinschaft sprechen. 'Da gehen Tagesmengen von 120.000 Eiern an ein Zentrallager. Das kann eine Farm, die 1.000 oder 5.000 Hühner hat, überhaupt nicht realisieren.' Die Erzeugergemeinschaft F. deckt bis zu 15 % der gesamten BioEierproduktion in Deutschland ab. Diese Eier kann man unter anderem bei REWE und Edeka oder von Alnatura kaufen. Früher gab es sie bei Aldi. Vor allem bei den großen also. 'Der Lieferant muss gewährleisten, dass er ein Qualitätskonzept hat, damit mit unserer Handelsmarke, ob sie jetzt Alnatura, ob sie Biokost oder ob sie REWE Bio heißt, ist egal. Da muss eine Sicherheit hinter stecken, dass unsere Marke bestehen bleibt, dass sie von keinem Skandal betroffen wird.' Doch wie werden so viele Bio-Eier produziert? Der Blick hinter die Kulissen der Legehennenhaltung zeigt die Zustände in zwei bereits vorhandenen Anlagen der Erzeugergemeinschaft. Viele Tiere sind in einem bemitleidenswerten Zustand. Ein Elend, das man gemeinhin der konventionellen Massentierhaltung zuschreibt. Die Massenware Bio scheint auch auf Kosten der Kreatur zu entstehen. 'Das ist ja katastrophal und die scheinen ja länger da zu liegen als gerade eben gestorben oder so.' 'Ne, guck Dir mal die lebendigen an, die lebenden an, das ist ja oh Gott … Das ist der Wahnsinn.' 'Ist das Bio?' 'Das ist Bio.' 'Das ist Bio-Haltung?' Zurück auf dem Gutshof des Geschäftsführers der Erzeugergemeinschaft F., F. B. Er versucht, die Aufnahmen zu analysieren. 'Ich sehe hier Hühner, die vom Hintern her nicht gut befiedert sind. Aber ich sehe auch nur einen Ausschnitt an Hühnern, also ich weiß, dass unsere Hühner so nicht aussehen.' Luftlinie ca. 500 m entfernt vor vier Monaten. Hier sieht man das GPS-Signal der Tierschützer. Es zeigt deren Standort an einem der Ställe der Erzeugergemeinschaft. Und die Aufnahmen sind auch aus dieser Anlage, F. B. hat sie gerade gesehen. Wie war das nochmal? 'Also ich weiß, dass unsere Hühner so nicht aussehen.' 'Definitiv?' 'Ja und wir können in die Ställe gehen, können uns das angucken, das werden Sie da nicht finden.' ... Wohl gemerkt, wir gehen wieder durch einen Bio-Betrieb. Insgesamt fast 20.000 Hühner leben hier. Sie sind in Einheiten von 3.000 Tieren unterteilt, nur getrennt durch Türen. Hier wird es unzweifelhaft klar, Bio ist inzwischen Massenware. ... … Zurück in der anderen Bio-Welt. Gegen 7.00 Uhr morgens kommen die H. - Landhühner aus ihren mobilen Ställen. Die Hühner stammen von zwei Rassen ab, die seit fünf Jahrzehnten nicht mehr professionell gezüchtet wurden. Damit hat K.S. wieder ein Huhn, das beides kann. Die Hennen legen Eier, die Hähne setzen Fleisch an und sie überleben. Ein solches Ei kostet satte 60 Cent. Das Kilo Huhn fast 18 €. Das Doppelte im Vergleich zu Bio aus dem Supermarkt. So stehen sich zwei BioWelten gegenüber. Hier die Ideale der Bio-Pioniere, dort das neue Bio-Business und das ist in der Regel billig. 'Das arbeitet nach dem industriellen Prinzip, nach dem Prinzip Rationalisieren möglichst billig. Das ist so in den Köpfen der Industrie und des Handels einfach drin, die können gar nicht anders. Das hat dazu geführt, dass es größere Strukturen gibt, auch in Bio, sei es in Deutschland, sei es im Ausland, die eben dann auch in der Lage sind, solche Mengen zur Verfügung zu stellen, eine bundesweit tätige Handelsgruppe zu beliefern. Da hat sich dann Groß-Bio entwickelt.' Dieses neue Billig-Bio hat Schattenseiten. Dahinter steht offenbar häufig nicht artgerechte Tierhaltung. Gute Lebensmittel werden in Deutschland entsorgt, während in anderen Ländern die Ressourcen dauerhaft verschwendet werden und trotzdem verstößt das, was wir gefunden haben, erst einmal nicht gegen die EU-Bio-Richtlinien. Doch klar ist, wer das nicht will, muss tiefer in die Tasche greifen, denn Qualität und Ethik haben ihren Preis."
3
In der Sendung vom 18. September 2012 wird unter voller Namensnennung u.a. wie folgt berichtet: "Wir hatten F. B., den Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft F., auch mit Bildern aus seinem Stall konfrontiert. F. B., Erzeugergemeinschaft F.: 'Ich sehe hier Hühner, die vom Hintern her nicht gut befiedert sind. Aber ich sehe auch nur einen Ausschnitt an Hühnern. Also, ich weiß, dass unsere Hühner so nicht aussehen.' Doch auch hier ist die Beleglage unzweifelhaft: Die GPS-Angaben passen eindeutig zur Anlage von F. B. und die Aufnahmen stammen aus dem Mai dieses Jahres. Die Bio-Eier und das Bio-Schweinefleisch bekommt der Kunde vor allem im Discounter oder im Supermarkt - bei Edeka, REWE und Co. Zertifiziert sind diese Produkte auch, vom Verband Biopark, in dem sowohl der Schweinehalter R. S. als auch die Erzeugergemeinschaft Mitglied sind. In einer Stellungnahme von Biopark zu unserem Film steht kein Wort darüber, ob die Bilder mit ihren Richtlinien einer artgerechten Tierhaltung übereinstimmen. Zu den Aufnahmen aus der Legehennenhaltung heißt es gar, dass die gezeigten Bilder mindestens zwei Jahre alt seien oder gar nicht zu dem Betrieb gehörten. Wir fragen den Biopark-Geschäftsführer G. M., wie der Verband zu einer solchen Behauptung kommt. G. M., Biopark: 'Das weiß ich von meinem Nachbarn. Weil genau im Oktober 2010 diese Bilder gemacht wurden.' Das stimmt nicht. Hier dokumentieren die Tierschützer die Lokalzeitung an einem Tag der Aufnahmen - Mai 2012. Und danach folgt ungeschnitten der Gang in den Stall, aus dem die Aufnahmen stammen. Doch das interessiert G. M. offenbar gar nicht, denn er will sich mit den Vorwürfen grundsätzlich nicht befassen - mit einer skurrilen Begründung: G. M., Biopark: 'Diese extremen Bilder sind nicht aktuell. Aktuell ist für mich die letzten drei Wochen.' ... Eine Aussage, die nicht dafür spricht, dass dieser Verband die Vorwürfe aufklären will. Landwirtschaftsminister T. B. betont uns gegenüber, dass er genau das vorhat und notfalls hart durchgreifen wird. Doch auch er hat bisher vor allem die Argumente der kritisierten Tierhalter und des Verbandes Biopark übernommen.
T. B., Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommern: Frage: 'Der Verband hat in einer Stellungnahme behauptet, dass wir bei den Legehennen zwei Jahre alte Bilder zeigen. Das stimmt nicht. Wie kann der Verband das tun?' 'Das müssen Sie mit dem Verband klären, das ist nicht meine Aufgabe.' Frage: 'Sie haben das am Anfang des Interviews auch gesagt.' Wir spulen zurück und tatsächlich gibt der Minister die Behauptung des Verbands Biopark wieder: T. B., Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommern: 'Ich bin natürlich erschüttert, dass diese Bilder erstens zwei Jahre alt sind.' Nach dem Interview kommt erstaunlicherweise der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft F., F. B., vorbei. Man kennt sich. Die Branche und die Politik werden an der Frage nicht vorbeikommen, wie billig kann Bio sein."
4
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, in Bezug auf die Klägerin im Einzelnen näher bezeichnete Bildaufnahmen zu verbreiten, die auf dem umfriedeten Betriebsgelände in der Dorfstraße 2 in Fi. und/oder auf dem Betriebsgelände der Farm E. in G. angefertigt worden sind und verpackte Waren, Hühner in der Stallanlage, die ein unvollständiges Federkleid haben, eine umzäunte Auslauffläche und die Innenaufnahme eines Hühnerstalls zeigen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungsausspruch um die Worte ergänzt wird: "Wie in der Sendung 'Wie billig kann Bio sein?' am 3. September 2012 und 18. September 2012 geschehen". Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der erneuten Verbreitung der beanstandeten Bildaufnahmen aus § 1004 Abs. 1 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem allgemeinen Unternehmerpersönlichkeitsrecht zu. Die Klägerin müsse es nicht dulden, dass Bildaufnahmen, die nicht für die Öffentlichkeit zugängliche Teile des Betriebsgeländes eines ihr angehörenden Betriebs zeigten, veröffentlicht würden. Sie habe weder in die Veröffentlichung eingewilligt noch bestehe ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an einer Verbreitung der Bilder. Die Bildaufnahmen seien unter Verletzung des Hausrechts der Klägerin zustande gekommen. Sie ließen deutlich erkennen, dass sie zu Zeiten und an Orten angefertigt worden seien, zu bzw. an denen sich keine Besucher des Betriebs in diesem aufhielten. Die Beklagte habe Bilder aus Bereichen gezeigt, von denen die Klägerin als Inhaberin des Hausrechts erkennbar nicht wolle, dass sie der Öffentlichkeit gezeigt würden. Da sich die Beklagte die Bilder nicht durch einen von ihr selbst begangenen Rechtsbruch verschafft habe, sei eine Veröffentlichung der Bilder zwar zulässig, wenn ihnen ein so hoher Öffentlichkeitswert zukäme, dass das öffentliche Interesse an ihrer Kenntnisnahme das Interesse der Klägerin an der Integrität ihrer Betriebssphäre übersteige. Dies wäre der Fall, wenn die Veröffentlichung erforderlich wäre, um einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse bestehe, zu offenbaren. Am Vorliegen eines solchen Missstands fehle es aber. Die Bilder seien im Zusammenhang mit einer Berichterstattung darüber veröffentlicht worden, dass der Verbraucher nicht davon ausgehen dürfe, dass Geflügelprodukte, die als "Bio-Produkte" angeboten würden und nach der Gesetzeslage auch als solche angeboten werden dürften, nicht ohne weiteres aus Anlagen stammten, in denen alle mit einer Massentierhaltung verbundenen Nachteile für die Tiere vermieden würden. Das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an einer Information über diesen Sachverhalt rechtfertige es nicht, unerlaubt entstandene Bildmaterialien zu veröffentlichen, wenn den Tierhaltern ein Rechtsbruch nicht vorzuwerfen sei und - wie in dem angegriffenen Beitrag - auch gar nicht vorgeworfen werden solle. Der Klägerin werde in dem Beitrag nicht vorgeworfen, dass sie ihre Geflügelprodukte zu Unrecht oder unter Täuschung der Verbraucher als "Bio-Produkte" auf den Markt bringe. Die Kritik gehe vielmehr dahin, dass es das Gesetz zulasse, Produkte als "Bio-Produkte" auf den Markt zu bringen, obwohl die Tiere, von denen sie stammten, auf eine Art und Weise gehalten würden, die der Normalverbraucher mit dem Begriff "Bio" eher nicht verbinde, und dass Tierhalter, die eine artgerechtere Haltung ihrer Tiere erstrebten, dadurch gegenüber anderen Tierhaltern wirtschaftlich benachteiligt würden.

II.

6
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der beanstandeten Filmaufnahmen.
7
1. Ein Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der erneuten Verbreitung der Filmaufnahmen ergibt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 824 Abs. 1 BGB. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt, da durch die Ausstrahlung der angegriffenen Filmaufnahmen keine unwahren Tatsachenbehauptungen mitgeteilt werden.
8
a) § 824 BGB schützt die wirtschaftliche Wertschätzung von Personen und Unternehmen vor unmittelbaren Beeinträchtigungen, die durch Verbreitung unwahrer Behauptungen über sie herbeigeführt werden (Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 12; vom 12. Februar 1985 - VI ZR 225/83, AfP 1985, 117, juris Rn. 15; vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, AfP 1992, 140, juris Rn. 13; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 7). Eine solche Verbreitung kann grundsätzlich auch durch das Ausstrahlen von Filmaufnahmen erfolgen, mit denen Vorgänge oder Zustände dokumentiert werden sollen (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, AfP 1992, 140, juris Rn. 13 f.; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 12).
9
b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung transportieren die angegriffenen Filmaufnahmen keine unwahren Tatsachenbehauptungen.
10
aa) Die zutreffende Erfassung des Informationsgehalts einer Filmberichterstattung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive Absicht des Produzenten noch das subjektive Verständnis der von der Filmberichterstattung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist unter Berücksichtigung der Eigengesetzlichkeiten des Übermittlungsmediums auf den Gesamtgehalt der Berichterstattung abzustellen (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1985 - VI ZR 225/83, AfP 1985, 117, juris Rn. 17; vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, AfP 1992, 140, juris Rn. 19; vgl. allgemein zur Sinndeutung von Äußerungen: Senatsurteile vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04, AfP 2006, 65, juris Rn. 14; vom 10. Januar 2017 - VI ZR 562/15, AfP 2017, 157 Rn. 13; vom 4. April 2017 - VI ZR 123/16, AfP 2017, 316 Rn. 30; vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16, juris Rn. 20). Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass der Aussagegehalt von Fernsehberichten regelmäßig durch das Zusammenwirken von Bild und gesprochenem Wort bestimmt wird (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, AfP 1992, 140, juris Rn. 22; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85, VersR 1987, 184, juris Rn. 13 f.). Für die Berichterstattung im Fernsehen darf das Bild in seiner Bedeutung für eine Erweiterung des Aussagegehalts über das gesprochene Wort hinaus nicht überinterpretiert werden. Zwar ist es zusammen mit dem ihm zugeordneten Text Informationsträger; indes steht es in engem Bezugszusammenhang zu diesem. Im Regelfall ist seine Aufgabe zu allererst, das Gesagte "ins Bild zu setzen", so wie umgekehrt die Bildaussage durch den gesprochenen Text erklärt und durch ihn strukturiert und eingegrenzt wird. Dies entspricht auch den Seherwartungen des durchschnittlichen Fernsehzuschauers. Diese Aufgabe der Bildaussage für die Fernsehberichterstattung würde verkürzt oder gar versperrt, wenn die Auswahl der Bilder stets darauf Bedacht nehmen müsste , dass hinter ihrer Bedeutung für die bildliche Umsetzung des gesprochenen Worts nicht für ein mögliches sensibleres oder analytischeres Verständnis ein weitergehender Aussagegehalt der Bilder erscheint, der das Gesagte nicht nur bildlich umsetzt, sondern es inhaltlich in eine bestimmte Richtung weiterführt oder verändert. Für eine solche texterweiternde oder -einengende Sinngebung bedarf es einer deutlich in diese Richtung weisenden besonderen Heraushebung des Bildes als eigenständigen Informationsträger (Senatsurteil vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, AfP 1992, 140, juris Rn. 22).
11
bb) Nach diesen Grundsätzen transportieren die angegriffenen Filmaufnahmen keine falschen Tatsachenbehauptungen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, dokumentieren die beanstandeten Filmaufnahmen die vom Tierschutzaktivist F. vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisse in den Hühnerställen zutreffend. Danach hat Herr F. die Umstände in den Ställen ohne Eingriffe und Manipulationen so abgefilmt , wie sie von ihm vorgefunden wurden. Gegen diese Feststellung wendet sich die Revisionserwiderung nicht.
12
Entgegen der Auffassung der Revision entnimmt der unbefangene Zuschauer den angegriffenen Filmaufnahmen nicht die Aussage, das unvollständige Federkleid der am Hinterteil und teilweise auch am Bauch nicht befiederten Hühner sei allein auf eine nicht artgerechte Tierhaltung zurückzuführen und könne keine natürlichen Ursachen - wie etwa das Alter der Hennen oder den Vollzug des Tretakts (Geschlechtsakts) - haben. Die Filmberichterstattung trifft keine Aussage zu den Ursachen für dasunvollständige Federkleid der Hühner. Sie beschreibt und illustriert lediglich die in den Nächten vom 11./12. Mai und 12./13. Mai 2012 vorgefundenen Zustände, zu denen nicht nur die teilweise nicht vorhandene Befiederung der Hühner, sondern auch die Art ihrer Unterbringung auf engstem Raum gemeinsam mit unzähligen anderen Tieren sowie der Umstand gehören, dass sich unter ihnen - sei es auf dem Stallboden liegend , sei es von höhergelegenen Metallgittern hinunterhängend - tote Tiere befinden. Ein solches auf dem Boden liegendes Tier wird in dem Moment eingeblendet , in dem der Zustand der Tiere im gesprochenen Text als "bemitleidenswert" bewertet wird. Die Äußerung, "Die Massenware Bio scheint auch auf Kosten der Kreatur zu entstehen", wird durch die Innenaufnahme eines unzähli- ge Hühner beherbergenden Stalls und die Aufnahme eines weiteren toten, auf dem Boden liegenden, verstaubten und nur zur Hälfte befiederten Huhns bildlich umgesetzt.
13
Anders als die Revisionserwiderung meint, entnimmt der unbefangene Zuschauer den angegriffenen Bildaufnahmen auch nicht die Aussage, die Hühner würden in den Produktionsgesellschaften der Klägerin ausschließlich in dunklen Ställen ohne Tageslicht gehalten und erhielten keinerlei Auslauf. Mit den Fragen, wo sich die Hühner tagsüber aufhalten und wieviel Tageslicht und Auslauf sie erhalten, befasst sich der gesprochene Text weder ausdrücklich noch zwischen den Zeilen. Die beanstandeten Bildaufnahmen erweitern den Aussagegehalt der Filmberichterstattung über das gesprochene Wort hinaus nicht. Die Bilder stellen ersichtlich nächtliche Momentaufnahmen dar, deren Informationsgehalt sich darauf beschränkt, die im Zeitpunkt der Aufnahme gegebenen Zustände zu dokumentieren. Sie wurden für den Zuschauer erkennbar bei Dunkelheit aufgenommen und zeigen menschenleere Innen- und Außenanlagen. Ein Informationsgehalt dahingehend, dass sich die Hühner auch tagsüber im Stall aufhalten, ist ihnen nicht zu entnehmen. Dies gilt umso mehr, als in dem Fernsehbericht unmittelbar vor der Formulierung der Sätze "Doch wie werden so viele Bio-Eier produziert? Der Blick hinter die Kulissen der Legehennenhaltung zeigt die Zustände in zwei bereits vorhandenen Anlagen der Erzeugergemeinschaft" eine im Freien gelegene, umzäunte Auslauffläche gezeigt wird.
14
2. Ein Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der erneuten Verbreitung der Filmaufnahmen ergibt sich auch nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB.
15
a) Allerdings greift die Verbreitung der Bildaufnahmen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, BGHZ 206, 289 Rn. 27; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12; vom 19. Januar 2016 - VI ZR 302/15, AfP 2016, 248 Rn. 11; OLG Stuttgart, AfP 2015, 450 Rn. 117 f.). Denn die Filmaufnahmen , die eine Massentierhaltung dokumentieren und tote oder nur mit unvoll- ständigem Federkleid versehene Hühner zeigen, sind geeignet, das Ansehen und den wirtschaftlichen Ruf der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Sie stehen im klaren Widerspruch zur öffentlichen Selbstdarstellung der Klägerin, die nach den Feststellungen des Landgerichts mit "glücklichen" frei laufenden Hühnern wirbt. Zwar sind die Bilder nicht in einem eigenen Betrieb der Klägerin, sondern in Betrieben ihrer in der Rechtsform der GmbH verfassten und damit rechtlich selbstständigen Gesellschafterinnen aufgenommen worden. In den angegriffenen Beiträgen wird die Verantwortlichkeit für die dokumentierten Zustände aber vollumfänglich der Klägerin zugeschrieben; eine Differenzierung zwischen der Klägerin und den in ihr zusammengeschlossenen Betrieben wird nicht vorgenommen. Die Kritik trifft die Klägerin selbst unmittelbar (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 1980 - VI ZR 177/78, BGHZ 78, 24, 25 f., juris Rn. 45; vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16, juris Rn. 30).
16
b) Für die rechtliche Prüfung ist davon auszugehen, dass die Ausstrahlung der beanstandeten Bildaufnahmen auch das durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berührt. Die Verbreitung nicht genehmigter Filmaufnahmen über Betriebsinterna, zu denen auch die Produktionsbedingungen gehören, stellt grundsätzlich einen betriebsbezogenen Eingriff in den Gewerbebetrieb dar. Denn dadurch wird das Interesse des Unternehmensträgers betroffen, seine innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 1981 - VI ZR 162/79, BGHZ 80, 25, juris Rn. 29, 34; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 12, 14, 22; OLG Stuttgart, AfP 2015, 450, juris Rn. 122 f.; vgl. allgemein zum Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 13; BGH, Urteile vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84, juris Rn. 88 ff., 119 ff.; vom 6. Februar 2014 - I ZR 75/13 GRUR 2014, 904 Rn. 12; BVerfG NJW-RR 2004, 1710,

1712).

17
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Filmaufnahmen von einem Tierschutzaktivisten erstellt worden, der nachts ohne Erlaubnis in die Ställe von zwei der in der Klägerin zusammengeschlossenen Erzeugergesellschaften eingedrungen ist. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin, dass die Bedingungen, unter denen die von ihr als Erzeugerzusammenschluss vermarkteten Produkte hergestellt werden, auch ihrer innerbetrieblichen Sphäre zuzurechnen sind mit der Folge, dass das bildliche Festhalten dieser Umstände ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unmittelbar beeinträchtigt (vgl. zur unmittelbaren Betroffenheit: Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84, juris Rn. 91).
18
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin und ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aber nicht rechtswidrig. Das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegen das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen und ihre unternehmensbezogenen Interessen.
19
aa) Sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellen offene Tatbestände dar, deren Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (Senatsurteile vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 16; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 97; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des jeweiligen Rechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 20; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 16; vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, AfP 2017, 310 Rn. 22).
20
bb) Im Streitfall sind die unter a) und b) genannten Schutzinteressen der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Dabei ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass die beanstandeten Bildaufnahmen von einem Dritten in rechtswidriger Weise hergestellt worden sind. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Tierschutzaktivist F. nachts ohne Erlaubnis in die Ställe von zwei der in der Klägerin zusammengeschlossenen Erzeugergesellschaften eingedrungen und hat die dort vorgefundenen Zustände gefilmt. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin, dass Herr F. dabei das Hausrecht der Klägerin verletzt hat.
21
Allerdings wird auch die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen vom Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) umfasst. Andernfalls wäre die Funktion der Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit" beeinträchtigt, zu der es gehört, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 124 ff.; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 510; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, juris Rn. 20; BVerfGE 66, 116, 137 f.; EGMR, Urteile vom 16. Januar 2014 - 45192/09, AfP 2015, 320 Rn. 51 f. - Tierbefreier e.V. gegen Deutschland; vom 24. Februar 2015 - 21830/09, AfP 2016, 239 Rn. 56 f. - Haldimann u.a. gegen Schweiz). Darüber hinaus könnte die Freiheit des Informationsflusses, die gerade durch die Pressefreiheit erhalten und gesichert werden soll, leiden. Unter diesem Gesichtspunkt würde ein gänzlicher Ausschluss der Verbreitung rechtswidrig beschaffter Informationen aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG dazu führen, dass der Grundrechtsschutz von vornherein auch in Fällen entfiele, in denen es seiner bedarf (BVerfGE 66, 116, 138 f., juris Rn. 55; Senatsurteil vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 510, juris Rn. 22).
22
Um dem rechtswidrigen Einbruch in einen geschützten Bereich ausreichend Rechnung zu tragen, ist bei der Abwägung in diesen Fällen aber maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Veröffentlichung und auf das Mittel abzustellen, mit dem der Zweck verfolgt wird. Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt. Der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 GG kommt dagegen umso geringeres Gewicht zu, je mehr sich die Veröffentlichung unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut richtet und im privaten Verkehr in Verfolgung eigennütziger Ziele erfolgt (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 127 ff.; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 21; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534 Rn. 20; BVerfGE 66, 116, 138 f.).
23
Bei der Bewertung des Mittels, mit dem der Zweck derVeröffentlichung verfolgt wird, ist zu berücksichtigen, dass es im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information verschiedene Stufungen geben kann, einerseits etwa den vorsätzlichen Rechtsbruch, um die auf diese Weise verschaffte Information zu publizieren oder gegen hohes Entgelt weiterzugeben, andererseits die bloße Kenntniserlangung von einer rechtswidrig beschafften Information, bei der die Rechtswidrigkeit der Beschaffung möglicherweise auch bei Wahrung der publizistischen Sorgfaltspflicht nicht einmal erkennbar ist. In den Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Absicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, juris Rn. 21; BVerfGE 66, 116, 139; vgl. auch Senatsurteil vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 21).
24
Dieser Grundsatz kommt dagegen nicht zum Tragen, wenn dem Publizierenden die rechtswidrige Informationsbeschaffung nicht selbst anzulasten ist (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 21, 24; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, juris Rn. 25). In diesem Fall bedarf es vielmehr einer umfassenden Güterabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, wobei auch die Art der Informationsbeschaffung nicht außer Betracht bleiben darf (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311 Rn. 21, 24; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, juris Rn. 25; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534 Rn. 20 f.; BVerfGE 66, 116, 139, juris Rn. 55). Dies gilt auch dann, wenn dem Publizierenden die Rechtswidrigkeit der Informationsbeschaffung nicht verborgen geblieben ist. Denn es begründet einen nicht unerheblichen Unterschied im Unrechtsgehalt, ob der Publizierende sich die Information widerrechtlich in der Absicht verschafft, sie gegen den Betroffenen zu verwerten, oder ob er aus dem erkannten Rechtsbruch lediglich Nutzen zieht (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, juris Rn. 23). Dieser Unterschied wird auch nicht in Ansehung des Umstands bedeutungslos , dass die grundsätzliche Bereitschaft der Presse, rechtswidrig erlangte Informationen zu verwerten, Dritte zu Einbrüchen in die Vertraulichkeitssphäre ermuntern kann (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, juris Rn. 23; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 127).
25
cc) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Achtungsanspruchs und ihrer innerbetrieblichen Sphäre gegenüber dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit trotz des Umstands zurückzutreten, dass die veröffentlichten Filmaufnahmen von dem Tierschutzaktivisten F. rechtswidrig beschafft worden sind.
26
(1) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, ist vorliegend keine Fallgestaltung gegeben, in der bereits im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information von der grundsätzlichen Unzulässigkeit ihrer publizistischen Verwertung auszugehen wäre. Denn nach den getroffenen Feststellungen hat sich die Beklagte die Filmaufnahmen nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie anschließend auszustrahlen. Sie hat sich an dem von dem Tierschutzaktivisten F. begangenen Hausfriedensbruch nicht beteiligt, sondern aus dem erkannten Rechtsbruch lediglich Nutzen gezogen.
27
(2) Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass mit den beanstandeten Aufnahmen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin offenbart wurden. Der Tierschutzaktivist hat sich keinen unerlaubten Zugang zu Räumen verschafft, in denen relevante oder geheimhaltungsbedürftige Produktionsabläufe stattfanden oder geheime Dokumente oder Forschungsergebnisse verwahrt wurden. Vielmehr ist er in Ställe eingedrungen, in denen Hühner gehalten wurden. Die beanstandeten Aufnahmen dokumentieren die näheren Umstände der Hühnerhaltung. An einer näheren Information über diese Umstände hat die Öffentlichkeit aber grundsätzlich ein berechtigtes Interesse.
28
(3) Dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit kommt angesichts des mit der beanstandeten Veröffentlichung verfolgten Zwecks ein besonders hohes Gewicht zu. Mit der Ausstrahlung der rechtswidrig erlangten Filmaufnahmen hat die Beklagte einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geleistet.
29
(a) Die Filmberichterstattung setzt sich unter den Gesichtspunkten der Verbraucherinformation und der Tierhaltung kritisch mit der Massenproduktion von Bio-Erzeugnissen auseinander und zeigt die Diskrepanz zwischen den nach Vorstellung vieler Verbraucher gegebenen, von Erzeugern oder Erzeugerzusammenschlüssen wie der Klägerin suggerierten hohen ethischen Produktionsstandards einerseits und den tatsächlichen Produktionsumständen andererseits auf. Sie beleuchtet die Auswirkungen, die die Aufnahme von BioErzeugnissen in das Sortiment der Supermärkteund Discounter zur Folge hat, insbesondere den Druck auf die Erzeuger, immer größere Mengen zu möglichst geringen Preisen zu liefern, und wirft die Frage auf, wie preisgünstig BioErzeugnisse sein können. Sie legt mit Blick auf den Verbraucher dar, dass die von den Discountern und Supermärkten in großen Mengen vertriebenen BioProdukte nur durch eine Massentierhaltung erzeugt werden könnten, die sich hinsichtlich der Haltungsbedingungen nicht wesentlich von der konventionellen Produktion unterscheide und mit den Idealen der Bio-Pioniere nicht mehr viel gemein habe. Durch die bildliche Gegenüberstellung der - durch die beanstandeten Filmaufnahmen ins Bild gesetzten - "Bio-Massenproduktion" auf der einen Seite und der - auf ausladenden sattgrünen Wiesen freilaufenden - "H. Landhühner" auf der anderen Seite stellt die Beklagte dem Verbraucher zwei "Bio-Welten" vor, die sich hinsichtlich der Produktions- und Haltungsbedingungen wie auch hinsichtlich des Preises erheblich voneinander unterscheiden. Zugleich übt sie Kritik am Geschäftsgebaren der im großen Umfang im Wirtschaftsverkehr tätigen Klägerin.
30
(b) Wie bereits unter Ziffer 1. b) ausgeführt informieren die Filmaufnahmen den Zuschauer zutreffend. Sie transportieren keine unwahren Tatsachenbehauptungen , sondern geben die tatsächlichen Verhältnisse in den beiden Ställen zutreffend wieder. Sie verleihen dem gesprochenen Text dadurch Authentizität und machen ihn plastisch. Sie dokumentieren insbesondere in anschaulicher Weise, dass die tatsächlichen Umstände der Tierhaltung und Eierproduktion jedenfalls in zwei der in der Klägerin zusammengeschlossenen Erzeugergesellschaften am 12./13. Mai 2012 von der öffentlichen Selbstdarstellung der Klägerin erheblich abwichen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, die sich das Berufungsgericht zu Eigen gemacht hat, wirbt die Klägerin mit "glücklichen" freilaufenden Hühnern und hält Werbevideos mit gut befiederten Hühnern zum Abruf bereit.
31
(c) Es entspricht der Aufgabe der Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit" , sich mit den unter (a) und (b) aufgezeigten Gesichtspunkten zu befassen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Funktion der Presse ist nicht auf die Aufdeckung von Straftaten oder Rechtsbrüchen beschränkt (Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, juris Rn. 27); sie nimmt im demokratischen Rechtsstaat vielmehr auch insoweit eine wichtige Aufgabe wahr, als sie die Bevölkerung über Themen von allgemeinen Interesse informiert (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, AfP 2017, 48 Rn. 34). Hierzu gehören auch Fragen des Verbraucherschutzes (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN; EGMR, Urteil vom 24. Februar 2015 - 21830/09, AfP 2016, 239 Rn. 56, 61 - Haldimann u.a. gegen Schweiz).
32
(4) Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass ein Gewerbetreibender eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinnehmen muss und bei der Annahme eines rechtswidrigen Eingriffs grundsätzlich Zurückhaltung geboten ist, wenn eine gewerbliche Leistung durch eine wahre Berichterstattung betroffen ist (Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 25; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85, VersR 1987, 184, juris Rn. 10; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 16).
33
(5) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Herausstellung der Klägerin in der Filmberichterstattung auch nicht als unzulässige Anprangerung zu werten. Wenn sich Presse und Fernsehen mit allgemein interessierenden Vorgängen kritisch auseinandersetzen, ist es ihnen grundsätzlich gestattet, ihren Bericht durch konkrete Beispiele unter Identifikation des Kritisierten zu verdeutlichen (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 1966 - VI ZR 266/64, GRUR 1966, 633, 635 - Teppichkehrmaschine; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85, VersR 1987, 184, juris Rn. 10). Eine Anprangerung käme in Betracht, wenn die Beklagte die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin ohne jeden sachlichen Anlass in der geschehenen Weise herausgestellt hätte (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85, VersR 1987, 184, juris Rn. 12). Dies war jedoch nicht der Fall. Die Klägerin tritt nach außen als Vermarkterin von Bio-Produkten auf und nimmt für sich in Anspruch, an der Produktion von Eiern von gut befiederten, "glücklichen" freilaufenden Hühnern beteiligt zu sein und diese im Handel zu angemessenen Konditionen anzubieten. Sie muss sich eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage gefallen lassen, ob sie den von ihr öffentlich und werbewirksam erhobenen Anspruch auch erfüllt. Galke von Pentz Offenloch Roloff Klein
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.12.2013 - 324 O 400/13 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.07.2016 - 7 U 11/14 -

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt

1.
das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2.
eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt

1.
das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört oder
2.
das nach Absatz 1 Nr. 1 aufgenommene oder nach Absatz 2 Nr. 1 abgehörte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach öffentlich mitteilt.
Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen. Sie ist nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter die Vertraulichkeit des Wortes verletzt (Absätze 1 und 2).

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Die Tonträger und Abhörgeräte, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
2.
eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
3.
eine Bildaufnahme, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt,
4.
eine durch eine Tat nach den Nummern 1 bis 3 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder
5.
eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und in den Fällen der Nummern 1 und 2 dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Dies gilt unter den gleichen Voraussetzungen auch für eine Bildaufnahme von einer verstorbenen Person.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat,

1.
herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen, oder
2.
sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft.

(4) Absatz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 4 oder 5, Absatz 2 und 3 gelten nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.

(5) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.