Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Apr. 2018 - L 8 SO 69/17 B ER

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2018:0424.L8SO69.17BER.00
24.04.2018

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. November 2017 geändert und der Antrag der Antragstellerin auch im Übrigen abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander Kosten in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der die Beschwerde führende überörtliche Sozialhilfeträger (im Folgenden: Ag.) wendet sich gegen die Verpflichtung durch das Sozialgericht, für die Antragstellerin vorläufig, längstens bis zum 27. Juni 2018, Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) in Form der Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer im Umfang von sieben Stunden je Unterrichtstag zu erbringen.

2

Die am ... 2005 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ast.) besuchte zunächst ab April 2006 eine Kindertagesstätte und dann einen Regelkindergarten und wurde mit dem Schuljahr 2012/2013 nach Zurückstellung um ein Jahr eingeschult. Das Landesschulamt des Landes Sachsen-Anhalt stellte für die Ast. für die Zeit ihres Besuches der Grundschule - ohne Schulassistenz - einen sonderpädagogischen Förderbedarf zunächst mit dem Schwerpunkt "körperliche und motorische Entwicklung" und schließlich mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" fest. Die Ast. erhält seit Oktober 2011 Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets für heilpädagogische Maßnahmen.

3

Am 10. August 2017 erfolgte die Aufnahme der Ast. in die Evangelische Gesamtschule "P. M.", eine staatlich anerkannte Ersatzschule in W. mit einem integrativen Ansatz (im Folgenden: "integrierte Gesamtschule").

4

Ein Grad der Behinderung (GdB) ist bei der Ast. nicht festgestellt worden; nach ihren Angaben, um eine Stigmatisierung zu vermeiden.

5

Bei der Ast. wurden im Rahmen der Untersuchung im Kinderzentrum des Krankenhauses St. E. und St. B. am 4. Juli 2008 nach dem Arztbericht vom 15. Juli 2008 die Diagnosen einer motorischen Entwicklungsverzögerung, einer nicht näher bezeichneten Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache und der Verdacht auf eine kombinierte Entwicklungsverzögerung gestellt. Eine besondere Stärke sei ihr ausdauerndes und konzentriertes Mitarbeitsverhalten in Anforderungssituationen. Im Vergleich zu der Voruntersuchung hätten sich erfreuliche Entwicklungsfortschritte gezeigt. In dem Arztbrief dieser Einrichtung vom 20. Januar 2010 wird als Diagnose noch die "kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung mit Schwerpunkt in der motorischen und sprachlichen Entwicklung" genannt und die Weiterführung der Frühförderung empfohlen.

6

In der amtsärztlichen Stellungnahme der Schulärztin V. vom 4. November 2008 wird der Ast. nach einer ambulanten Untersuchung eine stark verzögerte Sprachentwicklung attestiert. Ohne intensive Förderung und Therapie drohe eine wesentliche körperliche Behinderung. Erforderlich seien weiter ambulante Logopädie und Frühförderung mit zusätzlich einer Fördereinheit wöchentlich. Die Physiotherapie solle fortgesetzt werden. Der Facharzt für Kinderheilkunde Dipl.-Med. L. bestätigte in der amtsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 28. Oktober 2010 eine ohne ausreichende Förderung drohende wesentliche körperliche Behinderung der Ast. Ergänzend zu Ergotherapie, Krankengymnastik und Logopädie als kassenfinanzierte Leistungen werde die Aufstockung auf zwei Einheiten der Frühförderung pro Woche befürwortet. Frau V. erstellte auch die amtsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage vom 8. März 2013 mit dem Ergebnis einer Befürwortung einer ambulanten heilpädagogischen Förderung und Betreuung der Ast. nach der Schule.

7

Im Rahmen der Beschulung wurde ausweislich der sonderpädagogischen Kurzeinschätzung des Förderlehrers N. als Anlage zur Fortschreibung des sonderpädagogischen Förderbedarfs für das Schuljahr März 2015/2016 vom 12. März 2015 während der Grundschulzeit ein Nachteilsausgleich genutzt und die Schuleingangsphase ausgeschöpft. Insbesondere wurde es der Ast. ermöglicht, mündlich Fragen zu beantworten, deren schriftliche Beantwortung gefordert war. Im Sozialisationsprozess sei erreicht worden, dass die Ast. ein anerkanntes Mitglied des Klassenverbandes sei und schnell Freundschaften geknüpft habe. Sie benötige für das Erschließen neuer Lerninhalte ein kleinschrittiges Vorgehen sowie viele Übungs- und Wiederholungsphasen. Konzentration, Ausdauer und Aufmerksamkeit ließen im Tagesverlauf rasch nach. Das Erlernen der Kulturtechniken sei für die Ast. mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Insbesondere die fehlende Mengenvorstellungskraft, eingeschränkte Wahrnehmungsleistungen im auditiven und visuellen Bereich (bedingt durch eine starke Entwicklungsverzögerung und motorische Beeinträchtigungen) erschwerten zusätzlich das Erlernen klassenadäquater Lerninhalte im mathematischen Bereich und in Deutsch. Daher empfehle es sich, auch um die grundsätzlich vorhandene Lernmotivation zu erhalten, die Ast. in den Fächern Deutsch und Mathematik untercurricular zu unterrichten. In allen weiteren Fächern sollte der Nachteilsausgleich greifen, um der Ast. das Erreichen des Klassenzieles zu ermöglichen.

8

Mit Bescheid vom 26. März 2015 stellte das Landesschulamt für das Schuljahr 2015/2016 (die dritte Klasse im vierten Schulbesuchsjahr) einen weiterhin bestehenden sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich "Lernen" fest. Dem im Schreiben des Landesschulamtes vom 12. Mai 2016 mitgeteilten Ergebnis der schulpsychologischen Diagnostik ist zu entnehmen, der sonderpädagogische Förderbedarf im Bereich Lernen sei auf Grund ausbleibender Lernerfolge festgeschrieben worden. Die Ast. lerne nach einem individuellen Lernplan zieldifferent im Klassenverband. Zusätzliche schulische Unterstützung bekomme sie im Rahmen des Förderunterrichts. Sie komme aus einem behüteten Elternhaus und erfahre dort auch umfassende weiterführende Unterstützung hinsichtlich ihrer Lernschwierigkeiten. Außerschulisch erhalte sie zudem einmal wöchentlich eine intensive Matheförderung. Einen Ausgleich finde die Ast. u.a. durch sportliche Betätigung in Leichtathletik-Verein in der Freizeit. Trotz all dieser individuellen Maßnahmen und Unterstützungsformen seien die Lernerfolge aber auch im Rahmen der individuellen Möglichkeiten der Ast. sehr gering. Die Ast. habe das Lesen erlernt, lese eher mechanisch und erfasse den Sinn des Gelesenen kaum. Den Zahlenraum bis 10 habe sie sich sicher erarbeitet. In der schulpsychologischen Überprüfung am 23. Februar 2016 sei die Ast. im Kontakt sehr freundlich und kontaktfreudig gewesen und habe viel Freude an der Bearbeitung der Aufgaben gehabt. Obwohl sie stets bemüht gewesen sei, eine Lösung zu finden, sei sie doch recht schnell an ihre Leistungsgrenze gelangt. Die Überprüfung der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit habe ein Gesamtergebnis im weit unterdurchschnittlichen Bereich ergeben, das entsprechend der internationalen statischen Klassifikation der Krankheiten im Bereich einer leichten Intelligenzminderung im Sinne einer leichten geistigen Behinderung (F70) liege. Die Ast. könne entsprechend ihren allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten den Anforderungen der Grundschule nicht gerecht werden. Selbst auf der Grundlage der bereits seit dem dritten Schuljahr modifizierten Leistungsanforderungen im Sinne des Förderschwerpunktes Lernen habe die Ast. kaum Fortschritte in der individuellen Lernentwicklung erzielen können und scheine in ihren Leistungen und Möglichkeiten zu stagnieren. Es werde eine Anpassung des Förderschwerpunktes Lernen zu Gunsten des Förderschwerpunktes geistige Entwicklung nahegelegt. So könne gewährleistet werden, dass die Ast. ihren individuellen Anforderungen entsprechend gefördert werde und Erfolgserlebnisse erfahre und somit auch ihre derzeitige positive Einstellung zur Schule weiterhin behalten werde. Im Übrigen wird bezüglich der Einzelheiten auf Blatt A 117 bis A 120 der Verwaltungsakten verwiesen.

9

In dem Jahreszeugnis für die dritte Klasse der Grundschule vom 24. Juni 2016 wird die Ast. als gut gelaunte und sehr willensstarke Schülerin beschrieben. Auch von Misserfolgen lasse sie sich nicht entmutigen. Das Halten von Ordnung stelle immer noch eine Herausforderung dar. Nicht immer halte sich die Ast. an die Regeln des Schulalltages und müsse daran erinnert oder ermahnt werden. Ihre Aufmerksamkeit im Unterricht sei schwankend. Eine Logik erkenne sie beim Übertragen des Erlernten auf neue Sachverhalte meist nicht. Die Ast. solle manchmal mehr Ausdauer und Eigeninitiative zeigen und sich nicht so häufig auf Hilfe verlassen. Die Ast. nehme zieldifferent am gemeinschaftlichen Unterricht teil und steige in den nächsthöheren Schuljahrgang auf. Die Benotung erfolgte in sämtlichen Fächern für den gemeinsamen Unterricht unterhalb der curricularen Anforderungen auf der Grundlage eines individuellen Lehrplanes mit "i.B." (individuelle Bewertung). Zu den Bemerkungen und den Zensuren wird im Übrigen auf Blatt A 121 bis 122 der Verwaltungsakten Bezug genommen.

10

Dem Arztbericht des Kinderzentrums am Krankenhauses St. E. und St. B. vom 18. August 2016 ist als Diagnose eine leichte Intelligenzminderung ohne oder mit geringfügiger Verhaltensstörung (F 70.0 G) zu entnehmen. Den Eltern sei der Wechsel in eine Förderschule für geistig behinderte Kinder empfohlen worden. Zu diesem Zeitpunkt erhielt die Ast. wöchentlich zwei Stunden Förderunterricht und jeweils einmal heilpädagogische Förderung, Dyskalkuliebehandlung sowie Logopädie mit einer geplanten Ergotherapie. Der logopädische Befund sei nicht ganz konsistent und teilweise leicht beeinträchtigt. In der Zusammenfassung habe die Ast. in den einzelnen Subtests der psychologischen Leistungsdiagnostik Werte im leicht bis weit unterdurchschnittlichen Bereich ihrer Altersklasse erzielt. Der Gesamtwert aus den im Ergebnis nicht wesentlich voneinander abweichenden sprachfreien und sprachgebundenen Tests befinde sich im Bereich der leichten geistigen Behinderung. Die aktuellen Werte stimmten mit denjenigen der Vorbefunde überein. Es bestehe eine regelgerechte motorische Entwicklung ohne spezifische Therapieindikation. Im längeren Intervall werde eine erfreuliche sprachliche Entwicklung gesehen. Im Übrigen wird bezüglich der Einzelheiten auf Blatt A 123 bis A 126 der Verwaltungsakten verwiesen. In einem Arztbrief des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Dipl.-Med. A. vom 17. November 2016 wird eine Beschulung der Ast. in einer integrativen Schule mit einer Inklusionsbetreuung empfohlen. Es sei eine Unterforderung der Ast. bei einer weiterführenden Beschulung in einer Förderschule möglich.

11

Das Landesschulamt teilte mit Bescheid vom 8. März 2017 für die von den Eltern der Ast. gewünschte Beschulung im Gemeinsamen Unterricht an einer Sekundarschule einen weiterhin bestehenden Sonderförderbedarf der Ast. im Schuljahr 2017/2018 mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" mit. Die weitere Beschulung erfolge ab dem genannten Schuljahr in der Sekundarschule des Schulbezirkes und die Förderung orientiere sich an einem Individualplan unterhalb der curricularen Vorgabe der Sekundarschule.

12

Am 23. Juni 2017 beantragte die Ast. bei dem Landkreis W. (im Folgenden: "Landkreis") die Bewilligung von Leistungen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung in Form einer Schulassistenz. Es bestehe bei ihr ein über die pädagogische Förderung hinausgehender Bedarf. Um ihr den Übergang und den Alltag in der neuen Schule und dem neuen sozialen Umfeld sowie die Teilnahme am gemeinsamen Unterricht so optimal wie möglich zu gestalten, halte sie es für dringend erforderlich, ihr einen Schulbegleiter an die Seite zu stellen. Dieser solle ihr Begleitungs- und Orientierungshilfen im neuen Schulalltag und der neuen Umgebung geben, ihr bei der Arbeitsorganisation behilflich sein, ihr Hilfe bei praktischen Verrichtungen und bei der Verwendung von Arbeitsmaterialien geben, ihre Arbeitshaltung aufbauen/stabilisieren (Arbeitsschritte kleinteilig aufbereiten), die Kommunikation und Interaktion mit den Mitschülern fördern, die Kommunikation zwischen ihr, ihren Lehrern und ihren Eltern zu unterstützen sowie ihre Teilhabe am Klassengeschehen, ihre Integration in die Klassen- und Schulgemeinschaft unterstützen.

13

Unter dem 21. Juni 2017 teilte die integrierte Gesamtschule dem Landkreis durch die dortige Förderlehrerin, die vom Sozialgericht als Zeugin vernommene M. R., und die Schulleiterin mit, die Klassen würden an der Schule heterogen, d.h. auch mit Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, zusammengestellt. In diesem Rahmen hätten die Lehrkräfte eine große Bandbreite der Leistungsfähigkeit zu betreuen. Es sei nach dortiger Meinung sinnvoll, der Ast. "für die nächste Zeit" einen Integrationshelfer zur Seite zu stellen. Die Schule arbeite nach einem Ganztagsschulkonzept. Der Vormittagsunterricht gehe in der Regel von 7.45 bis 14.20 Uhr. Danach schließe sich der Nachmittagsunterricht an. Für die Ast. sei, wie für alle anderen Kinder, alles neu. Sie komme in eine neue Klasse und müsse sich in diese sozial integrieren. Der Fachunterricht erfolge im Blockunterricht (90 Minuten) mit jeweils wechselnden Fachlehrern. Des Weiteren sei die dortige Situation derzeit sehr beengt. Alle diese Faktoren erforderten ihres Erachtens eine individuelle Begleitung und Betreuung.

14

Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 teilte das Landesschulamt dem Landkreis mit, durch die Schule und das Landesschulamt seien die infrage kommenden Unterstützungsmöglichkeiten geprüft worden. Aus Sicht der Schule und nach Rücksprache mit dem Schulleiter sei ein Schulbegleiter für die Ast. nicht (Hervorhebung durch das Landesschulamt) notwendig.

15

Der Rehabilitationspädagogische Fachdienst verneinte durch die Gutachterin Dipl.-Soz. Arb. (FH) S. unter dem 14. Juli 2017 einen konkreten Bedarf für die von der Ast. beantragte Leistung.

16

Mit Bescheid vom 24. Juli 2017 lehnte der Landkreis im Namen des Ag. den Antrag auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zu einer angemessenen Schulbildung durch eine Schulassistenz ab, da ein konkreter Bedarf für die beantragte Leistung nicht erkennbar sei.

17

Die Ast. hat am 7. September 2017 bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, den Ag. zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen der Eingliederungshilfe in Form einer Schulassistenz zu gewähren. Mit ihrem am 17. November 2017 bei dem Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Ast. folgende Anträge gestellt:

18

"Der Antragsgegner wird im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters für den Zeitraum des Schuljahres 2017/2018 während der Schulzeit montags bis freitags jeweils von 7:30 Uhr bis 14:30 Uhr in allen Fächern zu gewähren.

19

Hilfsweise wird beantragt:

20

Der Antragsgegner wird im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters für den Zeitraum des Schuljahres 2017/2018 für die Schulfächer Mathematik, Deutsch, Hauswirtschaft, Religion, Geschichte, Biologie und Geografie zu gewähren."

21

Ein Anordnungsanspruch für ihre Betreuung durch einen Schulbegleiter ergebe sich daraus, dass sie an einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung leide, die dazu führe, dass sie zum Beispiel während des Unterrichts Hilfe zum Verstehen der Aufgabenstellung benötige. Die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen seien hilfreich, jedoch nicht ausreichend in der Schule vor Ort. Dieses könne durch eine Lehrkraft nicht gewährleistet werden. Ein Schulbegleiter sei als Maßnahme auch geeignet, ihre Entwicklungsverzögerungen zu verringern, um eine Besserung im Sprachbereich und im mathematischen Bereich zu erreichen. Zudem erleichtere ihr diese Betreuung den Schulstart in der neuen Schulform und begünstige ihre Motivation am Lernen, da sie dann nicht überfordert wäre. Mit dem Schulbegleiter würde die Kommunikation zwischen ihr, der Schule und dem Elternhaus sowie die Interaktion mit den Mitschülern unterstützt. Zu den Aufgaben des Schulbegleiters solle es gehören, für sie die Abläufe im schulischen Alltag überschaubar und einschätzbar zu gestalten und ihre Arbeitshaltung aufzubauen/zu festigen. Das bedeute konkret, Arbeitsanweisungen zu verdeutlichen, kleinschrittig aufzubereiten, mehrmals zu wiederholen und in "einfache" Sprache zu übersetzen, ihr bei der Arbeitsorganisation zu helfen, Strukturierungshilfen und visuelle Unterstützung bei der Abarbeitung der Aufgaben zu geben, ihre Konzentration und Ausdauer zu fokussieren, sie zu motivieren sowie stereotype Handlungssequenzen zu unterbrechen. Er solle als Mittler und zu ihrer Integration in die Klassen- und Schulgemeinschaft, auch während der Pausen, fungieren, ihre soziale Teilhabe ermöglichen und ihr in Krisensituationen (Auszeiten) begleitend zur Seite stehen. Es handele sich insbesondere um Hilfe in lebenspraktischen Angelegenheiten und im Unterricht, die nicht durch eine Lehrkraft abgedeckt werden könnten. Sie hat sich unter anderem auf die Empfehlungen von Dipl.-Med. A. unter dem 17. November 2016 und 11. September 2017 (letztere ohne Unterschrift), der die Bereitstellung eines Integrationshelfers für eine Eingewöhnungszeit von sechs Monaten bzw. in der zweiten Empfehlung von mindestens einem Jahr und eine zusätzliche Begleitung für die Wegstrecken zur Schule für notwendig erachtet hat, und eine Empfehlung ihrer Ergotherapeutin K. gestützt. Zu der von der Schulleiterin, der Klassenleiterin - der Zeugin L. S. - und der Zeugin R. unterzeichneten Einschätzung vom 13. September 2017 wird auf Blatt 98 bis 100 Bd. I der Gerichtsakten verwiesen.

22

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juli 2017, den die Ast. insbesondere auf eine Empfehlung ihrer Dyskalkulietherapeutin vom 22. August 2017 stützte, wies der Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2017 als unbegründet zurück. Die Ast. gehöre zum Personenkreis des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und habe somit Anspruch auf Eingliederungshilfe. Ihre Defizite im sprachlichen und motorischen Bereich könnten nicht durch den Einsatz eines Integrationshelfers behoben werden und seien zudem medizinische Leistungen in der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. So seien bezüglich der Sprachstörungen logopädische Maßnahmen bzw. hinsichtlich der Erkrankungen im motorischen Bereich ergotherapeutische Leistungen angezeigt. Die dargestellten Einschränkungen im Bereich der Sprache, der Wahrnehmung, des Lesens und Schreibens sowie der Weiterentwicklung der mathematischen Kompetenzen der Ast. fielen in den Aufgabenbereich der pädagogischen Arbeit der Schule und stellten somit keinen Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe dar. Ein sozialhilferechtlich relevanter Bedarf habe unter Berücksichtigung der Einschätzungen des Landesschulamtes und des rehabilitationspädagogischen Fachdienstes nicht festgestellt werden können. Hiergegen hat die Ast. Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben (S 10 SO 51/17).

23

Der Ag. hat im erstinstanzlichen Verfahren seinen auf Ablehnung des Antrags gerichteten Antrag im Wesentlichen auf Einschätzung der Gutachterin der Sozialagentur Sachsen-Anhalt Dipl.-Med. S. vom 17. November 2017 gestützt, die ausgeführt hat, eine wesentliche Hörminderung mit Sprachentwicklungsstörung im Sinne des § 53 SGB XII habe bei der Ast. nicht gesichert werden können. Ein GdB sei nicht festgestellt worden. Die Aussage der HNO-Ärztin, die Ast. könne bei weiterer Förderung einen Hauptschulabschluss erreichen, stehe im Widerspruch zu der Aussage des sozialpsychologischen Dienstes. Es gehöre nicht zum Aufgabenbereich eines Integrationshelfers, nachweisliche Defizite des Kindes auszugleichen. Diese Aufgaben gehörten in den bildungspädagogischen Bereich und zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit. Im Übrigen wird zu den Einzelheiten auf Blatt 229 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

24

Das Sozialgericht hat in der nichtöffentlichen Sitzung am 18. Oktober 2017 Frau S. und R. als Zeuginnen vernommen. Zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf Blatt 168 bis 170 Bd. I der Gerichtsakten verwiesen.

25

Das Sozialgericht hat nachfolgend Befundberichte eingeholt. Dipl.-Med. A. hat unter dem 30. Oktober 2017 im Wesentlichen auf seine bereits zur Akte gelangten Befunde verwiesen. Die Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. S. hat unter dem 10. November 2017 weiterhin bestehende Defizite einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung mit einer Sprachentwicklungsstörung bei einer Verbesserung gegenüber den Vorbefunden mitgeteilt. Sie halte es für notwendig, dass die Ast. neben der häuslichen Förderung bei bestehendem Unterstützungsbedarf in der Schule integrierende, fördernde Assistenzleistungen erhalte. Es sollte während der gesamten Unterrichtszeit eine individuelle Betreuung ermöglicht werden. Auf Grund der bisher erzielten Erfolge bestehe die berechtigte Hoffnung, die Ast. einen Regelabschluss (Hauptschulabschluss) erreichen zu lassen. Damit würde sie in der Lage sein, später eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausführen zu können. Das Kinderzentrum des Krankenhauses St. E. und St. B. hat unter dem 30. Oktober 2017 eine letzte Vorstellung der Ast. in der Einrichtung im Juni 2016 mitgeteilt. Die kognitive Gesamtbefähigung der Ast. befinde sich im leicht und weit unterdurchschnittlichen Bereich ihrer Altersklasse, im Bereich einer leichten geistigen Behinderung. Den Anforderungen einer Regelbeschulung sei sie nicht gewachsen. Es bedürfe einer angepassten, untercurricularen Beschulung und Benotung und im schulischen Alltag einer kontinuierlichen beaufsichtigenden Situation. Der Besuch einer Förderschule für Kinder mit einer geistigen Behinderung könne diese Anforderungen erfüllen. Bei einer integrativen Beschulung bedürfe es eines Integrationshelfers. Zu den Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 194 bis 196, 201 bis 203 und 214 bis 218 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

26

Das Sozialgericht hat den Ag. mit Beschluss vom 27. November 2017 verpflichtet, der Ast. vorläufig bis zu einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zur Beendigung des Schuljahres am 27. Juni 2018, Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer im Umfang von sieben Stunden je Unterrichtstag zu übernehmen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung habe in der Hauptsache Erfolg. Der Anordnungsanspruch sei glaubhaft gemacht worden. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII seien erfüllt, weil bei der Ast. eine Behinderung im Sinne einer geistigen Leistungsstörung vorliege, die auch wesentlich sei. Nach der hier unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) notwendigen wertenden Betrachtungsweise sei maßgebend, dass auch die Teilnahme am angemessenen Unterricht in einer weiterführenden Schule essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn sei. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe in der "Orientierungshilfe für die Feststellungen der Träger der Sozialhilfe zur Ermittlung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB XII i.V.m. der EinglHV" vom 24. November 2009 seien hier neben dem im Rahmen der psychometrischen Feststellung festgestellten IQ der Ast. von 61 erhebliche Einschränkungen der Anpassungsfähigkeiten im Bereich der Kommunikation mit den Mitschülerinnen und Mitschülern und im Bereich der sozialen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten zu berücksichtigen. Bei der Schulbegleitung handele es sich um eine Hilfe im Sinne des § 12 Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) zur angemessenen Schulbildung, die nicht den eng auf die Unterrichtsgestaltung selbst zu begrenzenden Kernbereich pädagogischer Tätigkeit berühre, wenn die Schulbegleitung die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrkräfte nur absichere ("begleitet"). Die Ast. benötige hier im Unterricht zusätzliche Hinweise und wiederholte Erklärungen/Erläuterungen in "einfacher Sprache" und Hilfestellung, um Struktur in ihrer Arbeitsweise insbesondere bei der Bearbeitung von Arbeitsblättern zu bekommen. Das Gericht stütze sich insoweit maßgebend auf die Ausführungen der Zeugin R ... Die Schulbegleitung werde daher benötigt, um die Aufmerksamkeit der Ast. auf die gerade zu erledigenden Aufgaben zu lenken, sie im Vorfeld zu unterstützen, die erforderlichen Arbeitsunterlagen bereitzulegen und diese entsprechend dem angepassten Lernziel zu benutzen. Hier überwögen die unterstützenden Hilfen. Die Eingliederungshilfe in Form eines Integrationshelfers sei geeignet, diese Schwierigkeiten zu überwinden, indem dieser die notwendigen Hilfeleistungen übernehme. Darüber hinaus könne die Ast. bei Anwesenheit eines Integrationshelfers die für sie vorgesehenen Unterrichtsmaterialien verwenden und so ihre Unterrichtsaufgaben bewältigen. Sobald ihre Aufmerksamkeit und Konzentration nachließen, könne ein Integrationshelfer die Ast. motivieren und so dazu anhalten, Lernerfolge zu erzielen. Er könne bei überraschenden abweichenden Situationen der Ast. Erklärungen geben und ihr bei der Bewältigung helfen. Die Eingliederungshilfe durch einen Integrationshelfer sei auch im Umfang von insgesamt sieben Stunden pro Unterrichtstag erforderlich. Nur durch die ständige Betreuung und Unterstützung durch einen Integrationshelfer werde der Ast. der Schulbesuch ermöglicht und erleichtert. Die auftretenden Probleme ergäben sich in allen Unterrichtsfächern. Mit Hilfe eines Integrationshelfers könne die Ast. am Unterricht teilnehmen und Lernfortschritte erzielen. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass sie die Eingliederungshilfe zurzeit benötige. Die Befristung ergebe sich daraus, dass noch nicht feststehe, wie lange bzw. in welchem Umfang die Ast. längerfristig unterstützende Hilfe durch einen Integrationshelfer benötige.

27

Gegen den ihm am 29. November 2017 zugestellten Beschluss hat der Ag. am 21. Dezember 2017 Beschwerde bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.

28

In Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts übernimmt der Landkreis im Namen des Ag. seit dem 4. Januar 2018 vorläufig die Kosten eines Integrationshelfers durch einen gemeinnützigen Leistungserbringer, mit dem eine Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII besteht (Mitteilung des Landkreises vom 14. Dezember 2017), für Januar 2018 in Höhe von 2.134,47 EUR, für Februar 2018 in Höhe von 1.359,37 EUR.

29

Zur Begründung des Rechtsmittels hat der Ag. ausgeführt, sowohl das Landesschulamt als auch der rehabilitationspädagogische Fachdienst seien zu dem Ergebnis gelangt, dass es eines Integrationshelfers hier nicht bedürfe. Soweit das Sozialgericht meine, dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit nicht berührt sei, berücksichtige es nicht, dass hier oft ein paralleler Unterricht für die Ast. stattfinde. Lasse die Aufmerksamkeit der Ast. nach, könne auch ein Integrationshelfer keine Abhilfe schaffen. Nicht zuletzt spreche auch die Tatsache, dass die Ast. vor ihrem Schulwechsel keinen Integrationshelfer benötigt habe, dafür, dass gerade keine für den Integrationshelfer typische Unterstützung benötigt werde. Das Sozialgericht habe zwar eine Zeugenbefragung von Mitarbeitern der Schule durchgeführt, jedoch nicht die Befragung des eigenen Gutachters - des Ag. - und des Gutachters des Landesschulamtes vorgenommen, was vor dem Hintergrund der Abgrenzung zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit unerlässlich gewesen sei. Ein vollständiges Bild habe dadurch nicht entstehen können.

30

Der Ag. beantragt ausdrücklich,

31

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. November 2017 aufzuheben.

32

Die Ast. beantragt,

33

die Beschwerde zurückzuweisen.

34

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Dem Einsatz ihrer Eltern sei es zu verdanken, dass sie vor dem Schulwechsel die benötigte Hilfe erhalten habe. Auf Grund der Anforderungen der neuen Schule, der räumlichen Entfernung und des Schulweges sei dies nunmehr nicht mehr möglich, sodass die Hilfe, anders als bisher, durch einen "geschulten Schulbegleiter" zu leisten sei. Sie hat den für sie erstellten Individualplan, ein Protokoll über ein Auswertungsgespräch Schulbegleitung und das Halbjahreszeugnis für das Schuljahr 2017/2018 übersandt. Sie - die Ast. - habe nun mehr Freude am Unterricht und sei stolz auf ihre Arbeit und kontaktfähiger. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 288 bis 289, 290 und 291 bis 292 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

35

Das Landesschulamt hat zu der Anfrage des Senats unter dem 14. Februar 2018 mitgeteilt, die Ast. sei auf Grund der Entscheidung ihrer Erziehungsberechtigten in die integrierte Gesamtschule aufgenommen worden. Eine Zuweisung sei bei Schulen in freier Trägerschaft rechtlich nicht statthaft, da diese sich ihre Schülerinnen und Schüler selbst aussuchen dürften. Die Schule habe die Ast. entsprechend dem festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts zu beschulen. Die Beschulung erfolge untercurricular nach den Rahmenrichtlinien der Förderschule für Lernbehinderte. Damit seien die Leistungen der Ast. in allen Lernbereichen, in denen ein entsprechende Erfordernis bestehe, entsprechend der individuellen Leistungsfähigkeit und Leistungsentwicklung zu bewerten, die nicht in Bezug zu den Leistungen der Schülerinnen und Schüler, welche entsprechend dem regulären Curriculum beschult würden, gesetzt werden könnten. Der Erwerb eines anerkannten Schulabschlusses sei möglich, wenn zuvor der sonderpädagogische Förderbedarf aufgehoben worden sei und die Schülerin bzw. der Schüler den leistungsmäßigen Anforderungen des entsprechenden Ausbildungsganges genüge. Aufgabe eines Integrationshelfers sei die Unterstützung der Schülerin bzw. des Schülers bei den äußeren Bedingungen des Schulalltages. Bei der Beschulung im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts mit dem Schwerpunkt "Lernen" könne derartiges ohne Unterstützung bewältigt werden. Die Aufbereitung des Unterrichtsstoffes dürfe nicht in der Hand des Integrationshelfers liegen, da es Aufgabe der Lehrkräfte der besuchten Schule sei. Dabei habe die Schule auch über entsprechendes Personal mit der Ausbildung zur Förderschullehrerin bzw. zum Förderschullehrer zu verfügen, welches die Fachlehrer dabei unterstütze. Bei einer inhaltlichen Unterstützung der Schülerin bzw. des Schülers wären die erzielten Leistungen nicht vergleichbar. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 274 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.

II.

37

Die Beschwerde des Ag. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. November 2017 ist zulässig und begründet.

38

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da sie nicht nach § 172 Abs. 3 SGG ausgeschlossen ist. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).

39

Die Ast. hat keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung des Ag., ihr längstens bis zum 27. Juni 2018 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer im Umfang von sieben Stunden je Unterrichtstag zu erbringen.

40

Es ist davon auszugehen, dass das Sozialgericht eine Leistung nur ab der Beschlussfassung, d.h. nicht ab dem Beginn des Schuljahres (10. August 2017), ab Eingang des ursprünglichen Antrags bei Gericht (7. September 2017) oder des geänderten Antrags (17. November 2017) zugesprochen hat, sodass die Entscheidung des Sozialgerichts für den Zeitraum bis zum 27. November 2017 als Ablehnung einer einstweiligen Anordnung auszulegen ist.

41

Auch nach Maßgabe einer solchen Einschränkung ist dem Senat nicht klar, in welcher Weise der Beschluss des Sozialgerichts zielgenau umgesetzt werden sollte. Dem steht nicht entgegen, dass laufend vorläufige Leistungen auf der Grundlage der einstweiligen Anordnung erbracht werden. Der Begriff des Integrationshelfers ist - wie auch der Begriff der Schulassistenz oder des Schulbegleiters - nicht gesetzlich definiert. Üblicherweise verfügt das mit den Aufgaben eines Integrationshelfers betraute Hilfspersonal nicht über die Qualifikationen, die für die Umsetzung der von der Ast. in den Blick genommenen Aufgaben erforderlich sind, wenn das Sozialgericht dem Antrag der Ast. in vollem Umfang hat entsprechen wollen. Insbesondere ist nicht erkennbar, wie nicht pädagogisch geschultes Personal zwischen der Ast., der Schule und dem Elternhaus der Ast. vermitteln könnte. Insofern wäre eine Konkretisierung durch das Sozialgericht erforderlich gewesen, welche Aufgaben ein Integrationshelfer hier vorläufig hat übernehmen sollen. Der Senat kann insoweit nur innerhalb des vom Sozialgericht gesteckten Rahmens entscheiden, darf also im Rahmen der nur von dem Ag. geführten Beschwerde in einer eigenen Entscheidung nicht darüber hinausgehen.

42

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.

43

Ein Anordnungsanspruch für die begehrte Regelungsanordnung vom 27. November 2017 bis zum 27. Juni 2018 besteht nicht.

44

Im vorliegenden Verfahren sind verschiedene rechtliche Voraussetzungen der streitigen Leistungen zu einer angemessenen Schulbildung bezogen auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2017 und ab dem 1. Januar 2018 zu berücksichtigen. Insoweit gilt einerseits § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Verbindung mit § 12 EinglHV. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII umfasst nach § 12 EinglHV auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (Nr. 1), Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (Nr. 2), Hilfe zum Besuch einer Realschule, eines Gymnasiums, einer Fachoberschule oder einer Ausbildungsstätte, deren Ausbildungsabschluss dem einer der oben genannten Schulen gleichgestellt ist, oder, soweit im Einzelfalle der Besuch einer solchen Schule oder Ausbildungsstätte nicht zumutbar ist, sonstige Hilfe zur Vermittlung einer entsprechenden Schulbildung; die Hilfe wird nur gewährt, wenn nach den Fähigkeiten und den Leistungen des behinderten Menschen zu erwarten ist, dass er das Bildungsziel erreichen wird (Nr. 3).

45

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 sind in § 5 Nr. 4 SGB IX (in der Fassung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) vom 23. Dezember 2016, BGBl. I, S. 3234) die Leistungen zur Teilhabe an Bildung gesondert aufgenommen worden. Diese werden in dem - nur den § 75 SGB IX enthaltenden - Zwölften Kapitel des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) in der Fassung des BTHG dahingehend konkretisiert, dass zur Teilhabe an Bildung unterstützende Leistungen erbracht werden, die erforderlich sind, damit Menschen mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können. Die Leistungen umfassen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift insbesondere Hilfen zur Schulbildung, insbesondere im Rahmen der Schulpflicht einschließlich der Vorbereitung hierzu. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII und § 12 EinglHV gelten insoweit auch ab dem 1. Januar 2018 ergänzend weiter.

46

Der Ag. ist Rehabilitationsträger im Sinne der vorgenannten Regelungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX, ab dem 1. Januar 2018 in der Fassung des BTHG). Der Ag. ist sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

47

Der Einsatz von Einkommen und Vermögen der Eltern ist für die beantragten Hilfen nicht zu prüfen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB XII).

48

Der Senat geht nach eingehender Auseinandersetzung mit den vorliegenden ärztlichen Einschätzungen bei summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Ast. zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, d.h. sie die Voraussetzungen für die Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 EinglHV erfüllt.

49

Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. den §§ 1ff. EinglHV erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, d.h. insoweit steht dem Sozialhilfeträger ein Ermessen zu.

50

Eine Behinderung der Ast. im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist bisher nicht anerkannt. Da die Ast. hier auf dieser Norm fußende Ansprüche verfolgt, ist nicht nachvollziehbar, dass die verwaltungsmäßige Feststellung der Voraussetzungen im Sinne des § 2 SGB IX andererseits als stigmatisierend empfunden werden könnte. Der Senat ist hier berufen, genau diese Feststellung zu ersetzen und darüber hinausgehend einen besonders erheblichen Grad der Behinderung der Ast. zu prüfen. Allerdings entbindet auch ein anerkannter GdB von mehr als 50 nicht von einer Feststellung der über die Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hinausgehenden erheblichen Beeinträchtigung der Teilhabefähigkeit (vgl. z.B. Scheider in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII Kommentar, 19. Aufl. 2015, § 53 SGB XII, RdNr. 24).

51

Die Ast. erfüllt nicht die Voraussetzungen der besonders geregelten Beispiele der körperlich oder seelisch wesentlich behinderten Menschen im Sinne der §§ 1 und 3 EinglHV. Die Ast. ist nicht körperlich oder seelisch behindert im Sinne dieser Vorschriften. Bei der Ast. liegen keine körperlichen Gebrechen im Sinne des § 1 Nr. 1 bis Nr. 6 EinglHV vor. In Betracht käme nur eine wesentliche Behinderung im Sinne des § 1 Nr. 6 EinglHV. Danach ist eine Person mit erheblichen Stimmstörungen oder die stark stammelt, stark stottert oder deren Sprache stark unartikuliert ist, wesentlich in ihrer Teilhabe im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII eingeschränkt. Das ist für die Ast. hier nicht belegt. Vielmehr nimmt sie seit dem Jahr 2008 an einer logopädischen Behandlung teil, die nach den Feststellungen des Kinderzentrums vom 18. August 2016 eher eine Stärke als eine Schwäche im Fähigkeitsprofil der Ast. begründet hat. Eine seelische wesentliche Behinderung im Sinne des § 3 EinglHV ist bei der Ast. zu keinem Zeitpunkt angesprochen worden.

52

Die Ast. gehört bei summarischer Prüfung möglicherweise zu den geistig wesentlich behinderten Menschen im Sinne des § 2 EinglHV. Geistig wesentlich behindert im Sinne dieser Vorschrift sind Personen, die infolge einer Schwäche ihrer geistigen Kräfte in erheblichem Umfang in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt sind. Nach dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) konkretisierten Maßstab, den das Bundessozialgericht (BSG) sich zu Eigen gemacht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 1995 - 5 C 21/93 -, juris, RdNr. 13ff.; BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris, RdNr. 18ff.) ist nicht maßgebend, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind, und in welchem Umfang ein bestimmtes Funktionsdefizit vorliegt. Vielmehr kommt es im Kontext der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung darauf, ob die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme am Unterricht in einer Schule entgegenstehen, weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen werden können. Die Wesentlichkeit ist insoweit wertend an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft auszurichten, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat.

53

Bei der Ast. liegt eine leichte Intelligenzminderung mit der Folge einer leichten geistigen Behinderung vor, die allerdings nach den Feststellungen insbesondere in dem Bericht über die schulpsychologischen Überprüfung am 23. Februar 2016 unter Berücksichtigung der allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten der Ast. dazu führt, dass sie sogar im Rahmen der seit dem dritten Schuljahr modifizierten Leistungsanforderungen im Sinne des Förderschwerpunktes Lernen kaum Fortschritte in der individuellen Lernentwicklung hat erzielen können. Gleichzeitig wurde es für möglich gehalten, dass die Ast. im Rahmen des Förderschwerpunktes geistige Entwicklung noch Potential ausschöpfen könne und Erfolge würde realisieren können. Ob auch die Wahrnehmungsstörung der Ast. die Kriterien einer wesentlichen geistigen Behinderung erfüllen könnte oder der Sinneswahrnehmung zuzuordnen ist, kann vor diesem Hintergrund hier offen bleiben. Der Senat sieht insgesamt weiteren Aufklärungsbedarf, um auszuschließen, dass die hier genannten Beeinträchtigungen der Lernentwicklung ausschließlich einem Erkrankungsbild zuzuordnen sind. Der nun angegebene Umfang der Lernbeeinträchtigung der Ast. lässt sich nicht vollständig mit dem ärztlicherseits deutlich gesetzten Schwerpunkt auf die (frühere) sprachliche Entwicklungsbeeinträchtigung der Ast. vereinbaren. Gerade die Betonung der durch Unterstützung noch zu verwirklichenden Lernerfolge legt nahe, dass die Feststellungen zu dieser Fragestellung noch nicht hinreichend belastbar sind.

54

Hier ist indes die kausale Verknüpfung zwischen der Betreuung der Ast. durch eine dauernd im Unterricht anwesende weitere Person und der Ausschöpfung des vorgenannten Entwicklungspotentials zur Umsetzung der Eingliederungsziele im Sinne der § 54 SGB XII, § 75 SGB XII i.d.F. des BTHG und § 12 EinglHV nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar. Insoweit würde ein Schulabschluss der Ast. nach den Ausführungen des Landesschulamtes in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2018 u.a. die nicht in dem Einflussbereich der Ast. liegende Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs erfordern. Beeinträchtigungen der Ast. in der Wahrnehmung der Schulpflicht, zu deren Abwendungen Eingliederungshilfe zu leisten ist, sind hier aktuell nicht hinreichend gesichert. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Zeitraum der Eingewöhnung der Ast. in dem hier nach der Entscheidung des Sozialgerichts allein maßgebenden Zeitraum ab dem 27. November 2017 bereits weitgehend abgeschlossen gewesen ist.

55

Die dem Antrag von der Ast. selbst beigelegte Zielrichtung der begehrten Hilfe unterscheidet sich in Bezug auf die unter dem 21. Juni 2017 formulierten Einsatzgebiete eines Assistenten im Vergleich zu dem Vorbringen im Verfahren der einstweiligen Anordnung deutlich und wäre insbesondere nicht mit derselben Qualifikation eines Assistenten abzudecken (einmal einfache Hilfen z.B. zur Orientierung innerhalb des Gebäudes, einmal Unterstützung der Interaktion zwischen Schule und Elternhaus).

56

Die schließlich von der Ast. im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens genannten Auslöser der Notwendigkeit einer Schulassistenz sind im Wesentlichen nicht durch Leistungen für eine angemessene Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe zu beseitigen. Hierzu gehört insbesondere die (temporäre) besondere bauliche oder räumliche Situation einer Ersatzschule mit integrativem Ansatz. Entsprechende Besonderheiten der Gebäudesituation einer Ersatzschule sind nicht durch Mittel der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII auszugleichen.

57

Für den Kontakt zwischen Schule und Eltern besteht kein Anknüpfungspunkt an einen allein der Ast. zuzuordnenden Anspruch auf Eingliederungshilfe.

58

Die Vermittlung von Lerninhalten im Rahmen der Aufgabenbearbeitung gehört zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der in der Abgrenzung der Sphären von Schulträger und Eingliederungshilfe allein den Bereich des Schulträgers betrifft (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 22. März 2012, a.a.O., RdNr. 21). Hilfestellungen in der Aufgabenbearbeitung, z.B. durch eine "visuelle Unterstützung bei der Abarbeitung von Aufgaben", sind nicht durch die Eingliederungshilfe abzudecken. Die Regelungen des Schulrechts über Nachteilsausgleiche und vergleichbare Maßnahmen sind insoweit dem Sozialhilferecht vorgelagert und werden nicht durch einen besonderen schulischen Leistungsmaßstab mit dem Zweck, einen möglichst hohen Schulabschluss zu ermöglichen, modifiziert.

59

Die Sicherstellung der als maßgebendes Ziel der Eingliederungshilfe verbleibenden Anwesenheit zur Wahrnehmung der Schulpflicht und eines grundlegenden Lernerfolgs im Rahmen des sonderpädagogischen Förderbedarfs allein durch eine 1:1-Betreuung durch eine weitere Person neben dem Lehrpersonal wird durch den vorliegenden Akteninhalt nicht belegt. Insoweit ist das Ergebnis einer Vernehmung von Personen des Lehrkörpers der betreffenden Schule als Zeugen (oder bei rechtlicher Zuordnung im Sinne der ZPO als sachverständige Zeugen oder in Bezug auf einzelne Einlassungen als Sachverständige), die institutionell oder persönlich durch die begehrte Leistung auch entlastet werden, von vornherein nur in dem Sinne eingeschränkt verwertbar, dass ein Beweis hierdurch nicht geführt werden kann. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Zeugin R. den Antrag bei dem Landkreis als eigenen Antrag formuliert hat. Der Senat legt seiner Einschätzung deshalb im Wesentlichen die Feststellungen in der schulpsychologischen Überprüfung am 23. Februar 2016 zugrunde, die keinen Bezug zu weiteren Leistungen hatte. Für eine im Vergleich zu dieser Einschätzung nachfolgende wesentliche Veränderung des Erkrankungsbildes der Ast. ergeben sich aus der Akte keine belastbaren Anhaltspunkte. Dass der Ast. eine zielgerechte Beschulung allein durch eine Motivation durch eine 1:1-Betreuung ermöglicht werden könnte, ist nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit erkennbar.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

61

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 SGG.


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Nur unter besonderen Umständen kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 12 Vorbereitung für die Aufnahme einer Tätigkeit und Vereinbarung


(1) Die erforderlichen Vorbereitungen für die Aufnahme einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 3 Satz 2 und 3 können insbesondere Maßnahmen umfassen, die geeignet und angemessen sind, Einschränkungen der Leistungsberechtigten aufgrund einer vollen Erwerbsmi

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 75 Leistungen zur Teilhabe an Bildung


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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ge

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(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Das Gericht kann, auch wenn der Anspruch oder der Arrestgrund nicht glaubhaft gemacht ist, den Arrest anordnen, sofern wegen der dem Gegner drohenden Nachteile Sicherheit geleistet wird. Es kann die Anordnung des Arrestes von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, selbst wenn der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft gemacht sind.

In dem Arrestbefehl ist ein Geldbetrag festzustellen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird.

(1) Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe.

(2) Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch Endurteil auszusprechen.

Auf die Vollziehung des Arrestes sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll.

(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, so beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate.

(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

Nur unter besonderen Umständen kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

(1) Zur Teilhabe an Bildung werden unterstützende Leistungen erbracht, die erforderlich sind, damit Menschen mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können.

(2) Die Leistungen umfassen insbesondere

1.
Hilfen zur Schulbildung, insbesondere im Rahmen der Schulpflicht einschließlich der Vorbereitung hierzu,
2.
Hilfen zur schulischen Berufsausbildung,
3.
Hilfen zur Hochschulbildung und
4.
Hilfen zur schulischen und hochschulischen beruflichen Weiterbildung.
Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 erbringen ihre Leistungen unter den Voraussetzungen und im Umfang der Bestimmungen des Siebten Buches als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.

(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten für die Fortführung einer Maßnahme ("Montessori-Therapie") in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006.

2

Die 1998 geborene Klägerin litt an einer rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche und wurde deshalb vom Beklagten ab Mitte 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit Ende Juli 2005 durch die Übernahme von Kosten für eine (nicht ärztlich verordnete) "Montessori-Einzeltherapie" gefördert. Auch nach Einschulung der Klägerin in die Regelschule übernahm der Beklagte die Kosten einer Stunde "Montessori-Einzeltherapie" pro Woche für die Zeit vom 19.9. bis 31.12.2005, lehnte jedoch die Kostenübernahme für die Fortführung der Maßnahme ab 1.1.2006 mit der Begründung ab, dass Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nur für begleitende Hilfen in Betracht komme, während pädagogische Maßnahmen wie die durchgeführte Montessori-Therapie in den Verantwortungsbereich der Schule fielen (Bescheid vom 30.9.2005; Widerspruchsbescheid vom 13.4.2006). Die Kosten der in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführten Therapiestunden haben daraufhin die Eltern der Klägerin getragen.

3

Das Sozialgericht (SG) hat der auf Erstattung dieser Kosten in Höhe von 1181,50 Euro gerichteten Klage - weil die Maßnahme sowohl therapeutische als auch pädagogische Elemente enthalte - nur teilweise entsprochen und den Beklagten verurteilt, der Klägerin "für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren" (Urteil vom 21.10.2008). Auf die Berufungen beider Beteiligten hat das Landessozialgericht (LSG) den Beklagten unter Zurückweisung von dessen Berufung verurteilt, der Klägerin die gesamten Kosten in Höhe von 1181,50 Euro zu erstatten (Urteil vom 18.11.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Pflicht zur Übernahme der Kosten ergebe sich aus § 19 Abs 3 SGB XII iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO). Es habe sich bei der Therapie um eine heilpädagogische oder sonstige geeignete und erforderliche Maßnahme gehandelt, die der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht habe ermöglichen oder erleichtern sollen. Der Nachranggrundsatz (§ 2 Abs 1 SGB XII)stehe der Leistungspflicht nicht deshalb entgegen, weil die Montessori-Therapie auch pädagogische Elemente enthalte; sie sei nach den landesrechtlichen Vorschriften des Schulrechts nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit im Sinne des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrags zuzurechnen. Schließlich stehe der Gewährung der Eingliederungshilfe nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die Therapie bereits bezahlt hätten.

4

Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2 Abs 1 SGB XII. Nach § 15 Abs 4 Schulgesetz für Baden-Württemberg sei die Förderung behinderter Schüler Aufgabe der Schule selbst, sodass diese für Hilfen zur angemessenen Schulbildung eintrittspflichtig sei. Unzutreffend sei die Feststellung des LSG, es handele sich bei der Montessori-Therapie um eine begleitende, nicht um eine sonderpädagogische Maßnahme. Das LSG habe insoweit sowie zur Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es die Feststellungen der Therapeutin und des Sachverständigen kritiklos übernommen und sich damit ua auf die Ausführungen eines Diplom-Psychologen gestützt habe, der weder durch Habilitation noch durch Promotion eine besondere wissenschaftliche Qualifikation nachweisen könne.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin aufzuheben und das Urteil des SG unter vollständiger Abweisung der Klage abzuändern.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurück-verweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es fehlen ausreichende Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil.

9

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.4.2006 (§ 95 SGG), soweit darin die Übernahme von Kosten (1181,50 Euro) für eine in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführte Therapie (Montessori-Einzeltherapie) abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG).

10

Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere ist weder eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse (KK) noch eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe noch der Therapeutin der Klägerin erforderlich. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind Dritte nämlich (nur) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind für keinen der Bezeichneten erfüllt. Über eine unechte notwendige Beiladung war mangels Rüge im Revisionsverfahren (s zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) nicht zu befinden.

11

Eine notwendige Beiladung der KK im Hinblick auf § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) scheidet aus(vgl zur notwendigen Beiladung wegen unterlassener Weiterleitung des Antrags an den "eigentlich zuständigen" Träger der Teilhabeleistung nur BSGE 93, 283 ff RdNr 6 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Die durchgeführte Maßnahme stellt keine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX dar; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - ( vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte die durchgeführte Maßnahme ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass schon deshalb keine Zuständigkeit des Beklagten nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX eingetreten ist und eine echte notwendige - ebenso wie im Übrigen eine unechte - Beiladung der KK ausscheidet.

12

Ein Kostenerstattungsanspruch für eine vom Versicherten selbstbeschaffte Leistung des SGB V würde voraussetzen, dass diese allgemein als Sach- oder Dienstleistung hätte erbracht werden müssen. Wie das LSG zu Recht erkannt hat, liegen die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch auf Gewährung der durchgeführten Therapie im Jahre 2006 nicht vor. Nach den insoweit unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des LSG käme, weil die Therapie nicht von ärztlichen Fachkräften erbracht worden ist, allenfalls eine medizinische Dienstleistung in der Gestalt eines Heilmittels iS des § 32 SGB V(zum Heilmittelbegriff s: BSGE 88, 204, 206 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 S 229 ff; BSGE 96, 153 ff RdNr 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) in Betracht.

13

Der Heilmittelanspruch eines Versicherten (§ 11 Abs 1 Nr 4, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Nr 3 SGB V)unterliegt jedoch den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Insoweit sind neue Heilmittel grundsätzlich nur dann von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien (RL) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V über die Versorgung mit Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-RL) Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat(§ 138 SGB V). Die Beurteilung der Neuheit eines Heilmittels richtet sich unter formalen Gesichtspunkten danach, ob es nach dem Stand der Beschlüsse des GBA bei Inkrafttreten des § 138 SGB V (am 1.1.1989) Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war oder seitdem einbezogen worden ist (Bundessozialgericht SozR 3-2500 § 138 Nr 2 S 26, 28 und 31; BSGE 94, 221 ff RdNr 24 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 25). Dies trifft für die Montessori-Therapie nicht zu, wie den Heilmittel-RL zu entnehmen ist, in die sie als verordnungsfähige Leistung nicht aufgenommen wurde; sie ist mithin als mögliches Heilmittel neu. Der GBA hat demgemäß in einem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Heil- und Hilfsmittel" des Bundesausschusses vom 18.5.2005 über die Beratungen gemäß § 138 SGB V zur konduktiven Förderung nach Petö(abgerufen über das Internet am 15.5.2012 über http://www.g-ba.de/downloads/40-268-256/2005-05-18-Abschluss-Petoe.pdf ) auch ausgeführt, die Wirksamkeit der Montessori-Therapie sei in wissenschaftlichen Studien nicht eindeutig belegt (S 165). Die somit notwendige Empfehlung für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung fehlt. Zudem mangelt es an der nach § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V vorausgesetzten ärztlichen Verordnung(s dazu BSGE 73, 271 ff = SozR 3-2500 § 13 Nr 4), sodass es auf einen eventuellen indikationsbezogenen Ausschluss über § 32 Abs 1 Satz 2 SGB V in den Heilmittel-RL nicht mehr ankommt.

14

Ein Anspruch aus § 43a SGB V(in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung; Abs 2 wurde erst mit Wirkung ab 23.7.2009 eingeführt) scheidet von vornherein aus. Danach haben versicherte Kinder (nur) Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische, insbesondere auch psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Nach den insoweit unangegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG diente die Maßnahme jedoch weder der Früherkennung noch stand sie unter ärztlicher Verantwortung. Es kann dahinstehen, ob der Senat an diese Feststellung entgegen § 163 SGG deshalb nicht gebunden ist, weil sie im Rahmen der von Amts wegen zu überprüfenden Beiladungsnotwendigkeit von Bedeutung ist(s dazu nur Leitherer, aaO, § 163 RdNr 5b mwN); denn diese Feststellung des LSG ist in der Sache ohnedies nicht zu beanstanden.

15

Eine Beiladung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe als "eigentlich zuständigen" Rehabilitationsträgers iS des § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX im Hinblick auf § 14 SGB IX dürfte schon deshalb ausscheiden, weil der Beklagte auch der nach §§ 69, 85, 86 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG) vom 14.4.2005 (Gesetzblatt 376) - zur Überprüfung des Landesrechts ist der Senat entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt(vgl nur das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) - für die einzig denkbare Leistung des § 35a SGB VIII als Jugendhilfeträger zuständig sein dürfte. Einer genaueren Überprüfung, ob nach den Vorschriften der §§ 5, 6 LKJHG ausnahmsweise eine Zuständigkeit der landkreisangehörigen Gemeinden begründet worden ist, bedarf es nicht, denn auch dann wäre die Gemeinde nicht notwendig beizuladen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 6/11 -, ZFSH/SGB 2012, 33, 35 f), der sich der Senat anschließt, wäre vorliegend von einer vorrangigen Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung) auszugehen. Aufgaben, Ziele und die Leistungen richten sich nämlich ohnedies nach den Vorschriften des SGB XII (§ 35a Abs 3 SGB VIII), decken sich also (vgl zum Erfordernis der Gleichheit oder Gleichartigkeit BVerwG aaO), und bei der Klägerin liegt jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vor (dazu später). Es kann deshalb dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde und wodurch sich diese von der geistigen abgrenzt.

16

Schließlich ist auch nicht die Therapeutin der Klägerin notwendig beizuladen. Zwar ist der sozialhilferechtliche Leistungserbringer iS des § 75 SGB XII - und zwar auch bei ambulanten Diensten(§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII; vgl Jaritz/Eicher, juris PraxisKommentar -SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 24)- bei einer beantragten Kostenübernahme, also einem Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl nur BSGE 102, 1 ff RdNr 25 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), notwendig beizuladen (BSG, aaO, RdNr 13 ff). Vorliegend verlangt die Klägerin jedoch nicht die Kostenübernahme durch den Beklagten im Rahmen einer Sachleistung im weiten Sinne, sondern die Erstattung der bereits beglichenen Therapiekosten als Geldleistung.

17

Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 Ausführungsgesetz Baden-Württemberg zum SGB XII vom 1.7.2004 - GBl 534; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 ZPO befugt - vgl das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) Beklagten ist § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1.1.2006 "zu Unrecht" abgelehnt hat, lässt sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Grundlage dafür ist § 19 Abs 3 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm §§ 53, 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO. Hilfen nach § 19 Abs 3 SGB XII werden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.

18

Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den in diesem Punkt unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG liegt eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung (s insoweit zur Legasthenie BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff), nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, litt; diese geistige Behinderung war auch wesentlich.

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Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus § 2 Eingliederungshilfe-VO. Er verlangt, dass infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfange die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist (vgl allgemein dazu Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 53 SGB XII RdNr 20 ff; Heinz, ZfF 2010, 79 ff). Dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme am Unterricht in einer Grundschule entgegenstehen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl BSG, Urteil vom 3.11.2011 - B 3 KR 8/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 22) bzw eine valide spätere berufliche Tätigkeit. Insoweit ist wie bei der Prüfung einer Behinderung selbst auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten an den Auswirkungen für die Eingliederung in der Gesellschaft (so wohl auch BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff). Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt.

20

Nicht abschließend entschieden werden kann indes, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie geeignet und erforderlich war, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also iS des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestand, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte. Diese allgemeine Voraussetzung konkretisierend bezeichnet § 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII(hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) als Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern.

21

Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw begleitenden, ist rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ausdrücklich anordnet, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stehen mithin grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. Zum anderen normiert § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlässt damit die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers(ähnlich bereits, wenn auch mit anderer Begründung, BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02 - juris RdNr 17 mwN; BVerwG, Urteil vom 30.4.1992 - 5 C 1/88 - NVwZ 1993, 995, 996 f).

22

Nach diesen Maßstäben kann die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein, weil sie - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berührt, ohne dass dieser genau bestimmt werden müsste. Die durchgeführte Therapie, die nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt ist, weist den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Im Rahmen eines ganzheitlichen Denkansatzes sollten unter Verwendung von unterschiedlichem Material vielfältige Bereiche ua der Wahrnehmung, des Sprachverständnisses, der Mathematik, der Geografie, der Biologie und der Umwelt (nur) durch ein zurückhaltendes Angebot von Hilfe und Unterstützung, auch durch "sensibles Beobachten", durch den Therapeuten gefördert werden (hierzu insgesamt der in der Gerichtsakte befindliche "Infobrief über die Montessori-Therapie für Fachstellen" des Montessori-Bundesverbands eV, Mengkofen; zur Zulässigkeit der Feststellung genereller Tatsachen in der Revisionsinstanz s nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 28 mwN).

23

Soweit das LSG in seiner Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigen und die Äußerungen der früheren Klassenlehrerin der Klägerin zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie wiedergegeben und verwertet sowie ausgeführt hat, dass die Therapie "nach dem Förderplan der Montessori-Therapeutin gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt" gewesen sei, reicht dies jedoch für eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie nicht aus. Erforderlich sind vielmehr konkrete Feststellungen dazu, wie die Klägerin betreut worden ist und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht - abgestellt auf den Zeitpunkt der Entscheidung (vgl nur allgemein dazu BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr 15) - auswirken sollte. Allgemein gehaltene Bewertungen der Montessori-Therapie, ihrer Ziele und Methoden, können diese Beurteilung nicht ersetzen. Da das LSG nach der Zurückverweisung der Sache die fehlenden Feststellungen nachzuholen hat, kommt es auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten nicht an. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfe wird das LSG auch die Anzahl der Therapiestunden zu überprüfen haben.

24

Schließlich wird es anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Therapeutin die Höhe der der Klägerin (bzw ihren Eltern) entstandenen und damit übernahme- und erstattungsfähigen Kosten zu ermitteln haben, wobei ohne Bedeutung ist, ob mit der Therapeutin Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII geschlossen sind und - wenn ja - welche Vergütung darin für die Therapiestunden vorgesehen war. Eine diesbezügliche rechtliche Unsicherheit kann sich nicht zu Lasten der Klägerin auswirken (vgl BSGE 102, 126 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Dies gilt umso mehr, als sich Umfang der Behandlung und Vergütung offenbar im Rahmen dessen bewegen, was vom Beklagten in der Zeit zuvor übernommen worden ist. Ob die Voraussetzungen einer Schuldverpflichtung der Klägerin bzw ihrer Eltern gegenüber der Therapeutin und der Angemessenheit der Kosten normimmanent aus §§ 53, 54 SGB XII oder aus § 9 Abs 1 SGB XII (Leistungen nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs) zu entnehmen sind, kann offen bleiben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf dies schon deshalb keiner näheren Begründung, weil nicht ersichtlich ist, dass sich in vorliegender Konstellation hieraus unterschiedliche Rechtsfragen ergäben.

25

Entgegen der Ansicht des Beklagten steht einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs 1 SGB XII (sog Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Diese Vorschrift ist, wenn andere Leistungen - wie hier - tatsächlich nicht erbracht werden, keine eigenständige Ausschlussnorm, sondern ihr kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu; ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist mithin allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (BSG, Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 21/08 R - RdNr 13; Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1; Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - RdNr 15). Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist deshalb in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts rügt, kommt es darauf unabhängig davon, inwieweit der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen darf (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO), für die Entscheidung nicht an.

26

Dem Kostenerstattungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 14 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; vgl auch zum Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - : BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19, und Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 17 mwN).

27

Ermittlungen darüber, ob die Klägerin im Falle des Klageerfolgs ihren Eltern deren Auslagen erstatten muss oder zumindest wird (vgl dazu in einer anderen Konstellation BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19), sind entbehrlich. Im Rahmen der Vermögenssorge (§ 1926 Bürgerliches Gesetzbuch)für ein achtjähriges Kind sind Vereinbarungen über eine Rückerstattung der Kosten besonderer Sozialhilfeleistungen (§ 84 Abs 2 SGB XII ist nicht anwendbar, weil § 92 Abs 1 Satz 2 SGB XII insoweit als Sonderregelung vorgeht), die die Eltern übernommen haben, weil der Sozialhilfeträger die Leistung abgelehnt hat, bei realitätsnaher Sichtweise unüblich. Unerheblich ist es auch, ob und inwieweit in der Übernahme dieser Kosten eine tatsächliche Unterhaltszahlung zu sehen sein könnte. Eine solche Prüfung würde den Zweck des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(hier in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) konterkarieren, die Eltern behinderter mit denen nichtbehinderter Kinder hinsichtlich der aus einer angemessenen Schulbildung ihrer Kinder folgenden Lasten wirtschaftlich gleichzustellen (so bereits BVerwGE 94, 127, 135 f mwN zur Vorgängervorschrift des § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 Bundessozialhilfegesetz).

28

Aus § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII ergibt sich zugleich, dass auf Leistungen weder Einkommen der Klägerin noch Einkommen ihrer Eltern anzurechnen ist; denn nach Satz 1 ist eine Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten. Eine Vermögensanrechnung unterbleibt völlig (Satz 2). Die Beschränkung auf die Kosten des Lebensunterhalts in § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII bedeutet, dass Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für die besonderen Hilfen nicht zu erstatten sind, soweit nicht integraler Bestandteil dieser Hilfen Kosten des Lebensunterhalts sind(Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 23 mwN). Dies war indes bei der durchgeführten Therapie nicht der Fall. Insoweit setzt § 92 Abs 2 SGB XII nicht voraus, dass gleichzeitig die in § 92 Abs 1 SGB XII beschriebenen Merkmale für die Hilfe für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen vorliegen(Behrend, aaO, RdNr 22 mwN).

29

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.