Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Juni 2015 - 8 Sa 642/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0625.8SA642.14.0A
25.06.2015

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Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.10.2014, Az.: 2 Ca 1630/14, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Klägerin (geboren 1959, verheiratet) war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger seit dem 15. Juli 1984 zuletzt als Debitorenverwalterin mit einem Bruttomonatsverdienst von 1.583,34 EUR tägig. Die Beklagte betreibt eine Hotelkette mit etwa 43 Hotelbetrieben und mehreren Hundert Arbeitnehmern. Die Klägerin war im Hotel W.-R. eingesetzt - in dem jedenfalls bis Ende März 2014 noch kein Betriebsrat gebildet war.

3

Zwischen der Beklagten als Pächterin und dem Verpächter der Hotelimmobilie in W. kam es zu einem Streit über Sanierungsmaßnahmen, insbesondere im Bereich des Brandschutzes. Im Rahmen der Sitzung eines Führungszirkels am 30. Januar 2014 erklärte einer der Beklagtengeschäftsführer dem Hoteldirektor des Hotels W., Herrn S., das Hotel solle weiter betrieben werden; es würde aber ein eingeleiteter Druck auf den Eigentümer nunmehr erhöht, damit die Investitionen getätigt würden oder wenigstens die Pacht auf ein marktübliches Niveau komme. Eine sofortige Kündigung des Pachtvertrages ließe sich aus rechtlichen Gründen wohl nicht schnell umsetzen. Unter dem 26. März 2014 kündigte die Beklagte den Pachtvertrag außerordentlich mit einer selbstgesetzten Räumungsfrist bis 10. April 2014. In einer Presseinformation der Beklagten vom 27. März 2014 (Bl. 68 d. A.) heißt es:

4

"Die Geschäftsführung … gibt bekannt, dass der Standort in W. aufgegeben werden muss.
...
Wir bedauern diesen Schritt für unsere Gäste und Mitarbeiter sehr. Der Standort W. inmitten der reizvollen Landschaft des Siebengebirges kann auch in Zukunft ein erfolgreicher Platz für ein Resort-Hotel sein. Wir werden alles daran setzen, unsere Mitarbeiter in W. in anderen Hotels unterzubringen und Kündigungen zu vermeiden."

5

Unter dem Datum des 26. März 2014 wurden ein von einem Geschäftsführer sowie der Personaldirektorin der Beklagten, Frau F., unterschriebenes Anschreiben sowie eine Massenentlassungsanzeige (Bl. 49 ff. d .A.) gefertigt. Auszugsweise heißt es dort:

6

"3 Angaben zu den Entlassungen

7

31 Es sollen entlassen werden:

8

Angestellte: m/w gesamt 51,
Auszubildende: m/w gesamt 19,
Summe: 70

9

davon am Datum: ab 28.03.2014

10

32 Entlassungsgründe:

11

- betriebsbedingte Kündigungen aufgrund der Einstellung des Betriebs, da das Pachtobjekt nicht mehr zum Betrieb eines Hotels geeignet ist. Der Pachtvertrag wurde daher am 26.03.2014 fristlos gekündigt mit Auslauf- und Räumungsfrist zum 10.04.2014.

12

33 Vorgesehene Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer:

13

Es werden aufgrund der vollständigen Stilllegung des Hotels alle AN betriebsbedingt gekündigt. Im Betrieb bleiben keine Arbeitsplätze erhalten. Lediglich die Kü. des Hoteldirektors erfolgt nicht, da dieser arbeitsvertraglich neben der Leitung des Hotels W. - bereits derzeit und weiterhin - zur Leitung des Hotels in B. N. verpflichtet ist."

14

Am 27. März 2014 fand eine außerordentliche Mitarbeiterversammlung unter Beteiligung des Bereichsleiters Operations und der Personaldirektorin als Vertreter der Geschäftsführung der Beklagten statt. Ob bei der Veranstaltung Erklärungen in Bezug auf Zuständigkeiten des Herrn S. als Hoteldirektor erfolgten, ist zwischen den Parteien streitig.

15

Mit Schreiben vom 27. März 2014 (Bl. 16 d. A.), der Klägerin zugegangen am 28. März 2014, kündigte der Hoteldirektor das Arbeitsverhältnis fristgemäß. Die Kündigung wurde wie folgt unterzeichnet: "i. V. R. S., Hoteldirektor". Die Klägerin wies die Kündigungserklärung mit Schreiben vom 3. April 2014 (Bl. 17 f. d. A.), zugestellt am selben Tag per Boten, wegen fehlender Originalvollmacht zurück.

16

In der von der Beklagten vorgelegten Handlungsvollmacht (Bl. 56 ff. d. A.) für Herrn S. heißt es:

17

"10. Der /die Hoteldirektor/in ist berechtigt, alle Ausgaben zu tätigen, soweit sie sich im Rahmen des durch die Geschäftsführung genehmigten Jahresbudgets halten.

18

Über das Budget hinausgehende Ausgaben bzw. die nachfolgend aufgelisteten Handlungen oder Rechtsgeschäfte bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Geschäftsführung:

19


g) Abschluss, Änderung, Kündigung und Aufhebung von Anstellungsverträgen bei Überschreitung der budgetierten Kennziffer oder mit Jahresbezügen von mehr als € 39.000,- oder mit Gewinn- oder Umsatzbeteiligung oder mit einer Pensionszusage sowie Gehaltserhöhungen, die diese Grenze überschreiten, und Gehaltserhöhungen dieses höher bezahlten Personals….

20


i) Zusage oder Gewährung von Abfindungen über € 2.500,- bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses;

21


k) Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die außerhalb des normalen Geschäftsbetriebes liegen und nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind;
…"

22

Mit der am 17. April 2014 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung.

23

Unter dem 27. Juni 2014 hat die Beklagte eine vorsorgliche Änderungskündigung (Bl. 69 d. A.) zur Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen ausgesprochen, über deren Rechtmäßigkeit die Parteien in einem gesonderten Verfahren streiten.

24

Die Klägerin hat vorgetragen:

25

Den Mitarbeitern sei weder durch Aushang noch in sonstiger Weise mitgeteilt worden, dass der erst unlängst als Hoteldirektor in W. eingesetzte Herr S. berechtigt sein solle, Kündigungen auszusprechen. Ausweislich der vorgelegten Handlungsvollmacht habe Herr S. Rechtshandlungen nur "im normalen Geschäftsbetrieb" bzw. "von untergeordneter Bedeutung" vornehmen dürfen und somit gar keine Befugnis zur Kündigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse gehabt. Mit den klaren Grenzen der Handlungsvollmacht sei nicht vereinbar, dass die Beklagte sich darauf berufe, Hoteldirektoren bei ihr hätten stets die Befugnisse von Betriebs- und Personalleitern. Dass Hoteldirektoren generell eine Kündigungsvollmacht hätten, sei der Belegschaft auch nicht mitgeteilt worden. Im Hotelbetrieb W. sei eine Mitarbeiterin mit der Stellenbezeichnung "Manager Account & Human Resources" beschäftigt worden. Im Übrigen behandle die Beklagte Personalangelegenheiten zentral aus ihrer Personalabteilung in K., wo auch die Personaldirektorin geschäftsansässig sei. Herr S. sei gegenüber den Mitarbeitern vor Ort zu keinem Zeitpunkt als "Personalleiter" oder "Personaldirektor" aufgetreten. Die vorgelegte Handlungsvollmacht sei den Mitarbeitern nicht bekannt gemacht worden. Im Rahmen der Mitarbeiterversammlung habe der verantwortliche Bereichsleiter lediglich erklärt, dass das Hotel geschlossen und in den kommenden Tagen Kündigungen ausgesprochen würden. Es sei die Weisung ergangen, sich bei allen Fragen zur Kündigung und Weiterbeschäftigung an anderen Standorten mit der Personalleiterin Frau F. in Verbindung zu setzen.

26

Bei den unter dem 27. März 2014 ausgesprochen Kündigungen handle es sich um bloße Vorratskündigungen. Auch nach Ausspruch der Kündigungserklärungen habe es noch Verhandlungen mit dem Eigentümer der Hotelimmobilie über eine Fortsetzung des Betriebs gegeben. Am 24. Juni 2014 beispielsweise habe die Beklagte gegenüber dem neu gebildeten Betriebsrat erklärt, dass eine Wiedereröffnung durch die Beklagte als Betreiber nicht erfolgen werde. Das schließe eine Fortführung im Wege des sog. Managementbetriebs nicht aus.

27

Die Beklagte hätte ihr eine Weiterbeschäftigung in einem der anderen Hotels anbieten und eine Versetzung vornehmen bzw. erforderlichenfalls eine Änderungskündigung aussprechen müssen. Tatsächlich habe die Beklagte auch eine Vielzahl der zuvor in W. beschäftigten Arbeitnehmer in anderen Häusern weiterbeschäftigt. Auch der Anstellungsvertrag sehe eine Möglichkeit zur Zuweisung einer anderen Tätigkeit bzw. eines anderen Arbeitsorts bei entsprechender Zustimmung vor. Zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs seien bei der Beklagten in ihren rund 43 Häusern weit über 70 Stellen ausgeschrieben gewesen - unter anderem auch solche, die sie, die Klägerin, habe einnehmen können bzw. zuvor bereits eingenommen habe. Etwa am 31. März 2014 seien in der hauseigenen Stellenbörse noch 24 Druckseiten mit freien Stellen für u.a. Frontoffice-Manager, Empfangssekretärin, Junior Sous-Chef, Commis de Range, F&B Assistant, Salesmanager, Reservierungsmitarbeiter, Koch, Bar-/ Servicemitarbeiter und Mitarbeiter Housekeeping veröffentlicht gewesen (Auszug S. 3 von 24 im Schriftsatz vom 23. September 2014, Bl. 74 d. A.). Darüber hinaus könne sie, die Klägerin, in zahlreichen Häusern der Beklagten als Empfangssekretärin beschäftigt werden. Die insoweit in der Stellenbörse für die Zeit vom 13. Juni bis 23. Juni 2014 aufgeführten Stellen seien vor Ausspruch der Kündigung frei gewesen, so die Klägerin noch mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2014.

28

Im Konsultationsverfahren gegenüber dem neu konstituierten Betriebsrat sei am 10. Juni 2014 noch eine Anlage, datiert vom 19. Februar 2014, in Bezug auf die geplante Versetzung von 21 Mitarbeitern an andere Standorte vorgelegt worden.

29

Eine Sozialauswahl hätte zumindest bei der Frage durchgeführt werden müssen, welcher Alternativarbeitsplatz wem zur Verfügung gestellt würde.

30

Es sei keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erfolgt. Insbesondere sei in der Anzeige unrichtig ausgeführt, dass keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestünde. Entgegen der Auflage im Bescheid der Agentur für Arbeit vom 13. Mai 2014 zur Massenentlassungsanzeige habe die Beklagte die Mitarbeiter nicht über den Inhalt des Bescheids informiert.

31

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

32

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten, datiert auf den 27.03.2014, nicht aufgelöst wird bzw. aufgelöst worden ist,

33

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht auf sonstige Art und Weise aufgelöst werden wird bzw. aufgelöst worden ist,

34

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerpartei ein qualifiziertes Zwischen-zeugnis zu erteilen, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt, mindestens die Leistungsbewertung "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" ausweist und auch im Übrigen dieser Leistungsbewertung entspricht,

35

4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerpartei zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

36

Die Beklagte hat beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Die Beklagte hat vorgetragen:

39

Es sei bei ihr üblich und der Belegschaft bekannt, dass alle Arbeitsverträge im Hotel W. vom jeweiligen Hoteldirektor unterzeichnet würden. Entsprechendes gelte in der Regel für Kündigungen. Es sei nicht glaubhaft, dass die Mitarbeiter davon ausgegangen sein sollten, dass die Hoteldirektoren zur Arbeitsvertragsunterzeichnung befugt seien, ihnen jedoch für den Kündigungsausspruch als actus contrarius die Befugnis fehle. Die Hoteldirektoren würden als Betriebs- und Personalleiter beschäftigt und übernähmen Arbeitgeberfunktion in betrieblichen und personellen Angelegenheiten. Dies gelte auch für Herrn S.. Zudem sei üblich und in der Belegschaft bekannt, dass jedem Hoteldirektor eine umfassende Vollmacht i.S.d. § 54 HGB erteilt werde und dieser daher auch zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt sei. Eine Abstimmungsbedürftigkeit gelte erst bei Arbeitsverhältnissen mit Bezügen über 39.000,00 EUR jährlich, was nur etwa 5% der Fälle ausmache. Unerheblich sei, ob in der Zentrale noch eine Personaldirektorin eingesetzt sei und ob im örtlichen Betrieb der Hoteldirektor zusätzlich als Personal- oder Betriebsleiter bezeichnet werde. Bei der Betriebsversammlung am 27. März 2014 hätten der Bereichsleiter Operations und die Personaldirektorin ausdrücklich klargestellt, dass Herr S. als Hoteldirektor der vor Ort im Zusammenhang mit der anstehenden Betriebsschließung verantwortliche Ansprechpartner für die Mitarbeiter sei. Ferner sei der Ausspruch der Kündigungen ausdrücklich angekündigt worden.

40

Mit der Schließung des Hotels in W. sei die vertragsgemäße Beschäftigungsmöglichkeit dauerhaft entfallen. Sie, die Beklagte, habe sich Ende März entschieden, das Pachtverhältnis zu beenden und den Hotelbetrieb zum Ende des Pachtverhältnisses einzustellen. Mit Beendigung des Pachtverhältnisses sei die Stilllegung des Hotelbetriebs einhergegangen. Ab 10. April 2014 habe kein Hotelbetrieb mehr stattgefunden. Zudem seien die Arbeitsverhältnisse der gesamten Hotelbelegschaft - bis auf den Hoteldirektor - noch im März 2014 gekündigt worden. Man habe weder einen Folgevertrag abgeschlossen noch sei derartiges für die Zukunft beabsichtigt.

41

Eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung im Unternehmen habe nicht bestanden. Freie oder freiwerdende Arbeitsplätze, auf denen die Klägerpartei hätte eingesetzt werden können, hätten zum Zeitpunkt der Kündigung nicht bestanden. Konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten seien von der Klägerin auch gar nicht vorgetragen worden. Ein pauschaler Verweis der Klägerin auf die Ablichtung eines Auszugs der Stellenbörse reiche nicht aus, zumal dieser den der Beklagten übermittelten Abschriften nicht beigefügt gewesen sei. Es stimme auch nicht, dass die im Juni 2014 vorgelegte Aufstellung anderweitiger Stellen schon am 19. Februar 2014 erstellt gewesen sei. In Bezug auf einen Managementbetrieb müsse beachtet werden, dass hierin keine Anstellung durch sie, sondern einen Dritten erfolge.

42

Die Durchführung einer Sozialauswahl sei wegen des allgemeinen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit entbehrlich gewesen.

43

Wie sich aus dem Bescheid der Agentur für Arbeit N. vom 13. Mai 2014 ergebe, sei die Massenentlassungsanzeige dort noch am 26. März 2014 eingegangen.

44

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15. Oktober 2014 der Klage in Bezug auf den Kündigungsschutzantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung sei aus mehreren Gründen rechtsunwirksam. Zunächst sei die Kündigung mangels Vollmachtsvorlage durch den Hoteldirektor Herrn S. nach § 174 S. 1 BGB unwirksam. Die Klägerin sei auch nicht nach § 174 S. 2 BGB vorab über eine Vollmacht des Hoteldirektors in Kenntnis gesetzt worden. Ein Hoteldirektor sei nicht generell mit Kündigungsbefugnissen versehen. Die Berufsbildbeschreibung für Hoteldirektoren der Bundesagentur für Arbeit umfasse keine generellen Kündigungskompetenzen, sondern nur das Personalwesen i.S.v. "Verantwortung für Personen, Mitarbeiter/innen anleiten und führen". Umfassende Befugnisse für Hoteldirektoren seien nicht mit der ausdifferenzierten Handlungsvollmacht für Herrn S. in Einklang zu bringen. Zudem habe die Beklagte auch nicht vorgebracht, die Befugnisse gem. Handlungsvollmacht den Arbeitnehmern des Hotels erläutert zu haben. Aus der Erteilung von Personalanweisungen und der Unterzeichnung von Arbeitsverträgen lasse sich nicht auf eine Kündigungsbefugnis schließen. Die Beklagte habe den Ausspruch einer Mehrzahl von Kündigungen durch den Dienstvorgänger des Hoteldirektors nicht näher erläutert. Zudem fehle es insoweit an Personenidentität. Soweit die Beklagte anführe, auf der Mitarbeiterversammlung am 27. März 2014 sei darauf hingewiesen worden, der Hoteldirektor sei "der vor Ort im Zusammenhang mit der anstehenden Betriebsschließung verantwortliche Ansprechpartner für die Mitarbeiter", handle es sich nur um die Bestimmung eines kommunikativen Partners vor Ort, nicht dagegen um die Delegation elementarer Rechtshandlungen. Die besondere Ortsrepräsentanz der Geschäftsleitung durch zwei abteilungsleitende Kräfte habe zudem unmissverständlich signalisiert, dass die wirklich maßgeblichen Schritte allein aus der Zentrale folgten.

45

Die Kündigung stelle sich weiter wegen fehlender sozialer Rechtfertigung i.S.v. § 1 Abs. 2, Abs. 1 KSchG als rechtsunwirksam dar. Es sei bereits fraglich, ob tatsächlich ein Beschäftigungsbedürfnis der Beklagten gegenüber der Klägerpartei am Standort W. zum Zeitpunkt des Kündigungszuganges endgültig und absehbar dauerhaft in Wegfall geraten sei. Die Kündigung sei jedenfalls unverhältnismäßig, da die Beklagte im Rahmen des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG vorrangig eine Änderungskündigung hätte aussprechen müssen. Die Beklagte hätte sich bereits auf den Vortrag in der Klageschrift, es seien zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung 70 Stellen ausgeschrieben gewesen, zu den Stellen in der Stellenbörse zum Ende des Monats März 2014 erklären müssen. Zudem habe die Klägerin ergänzend mit Schriftsatz vom 23. September 2013 exemplarisch noch mehrere zum 31. März 2014 intern annoncierte Stellen aufgeführt, wozu die Beklagte in eigens nachgelassener Frist hätte substantiiert erwidern müssen. Allein das pauschale Bestreiten zumutbarer Weiterbeschäftigungen sei unzureichend. Bei unterbliebener Übermittlung der exemplarisch eingereichten Ablichtung der Stellenbörse hätte die Beklagte sich im Rahmen der prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO die benötigten Informationen ggf. selbstrecherchierend zu beschaffen gehabt. Spätestens aus der Änderungskündigung vom 27. Juni 2014 ergebe sich, dass sukzessive immer wieder freie Stellen vorhanden gewesen seien.

46

Die am 26. März 2014 bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingegangene Massenentlassungsanzeige sei nach § 17 Abs. 3 S. 2 und 4 KSchG fehlerhaft, da die Muss-Angabe des "Zeitraums, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen" im Sinne eines nach Kalendertagen oder Zeitphasen klar abgegrenzten Zeitrahmens fehle. In der Anzeige heiße es ohne erkennbares Ende der Maßnahme "ab 28.03.2014". Dass hierdurch für die befasste Behörde eine gewisse Unsicherheit entstanden sei, lasse sich jedenfalls nicht von vornherein ausschließen. Es handle sich der objektiven Erscheinung nach um eine bloße Vorratsanzeige, die mit dem Zweck des § 17 KSchG nicht in Einklang stehe.

47

Die zu 2. erhobene allgemeine Feststellungsklage sei dann nicht zur Entscheidung angefallen. Die Klageanträge zu 3. und 4. seien mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig.

48

Das Urteil ist der Beklagten am 29. Oktober 2014 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen mit einem am 28. November 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit Beschluss vom 16. Dezember 2014 bis zum 02. März 2015 durch am 02. März 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag begründet.

49

Die Beklagte trägt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Begründung ihrer Berufung vor:

50

Das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung in formeller und materieller Hinsicht verkannt.

51

Die Zurückweisung der Kündigungserklärung durch die Klägerin wegen fehlender Vollmachtsurkunde sei nicht möglich gewesen, da die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung gem. § 174 S. 2 BGB von der Vertretungsbefugnis des Hoteldirektors in Kenntnis gesetzt worden sei. Da eine Abstimmungsbedürftigkeit des Hoteldirektors bei Kündigungen nach der Handlungsvollmacht erst bei Arbeitsverhältnissen mit Bezügen über 39.000,00 EUR jährlich bestehe, habe der Hoteldirektor auf Grund der Gehaltsstrukturen in einem Hotel ohne weiteres eine Kündigungsbefugnis für mindestens für 95 % der Belegschaft. Dass die rechtlichen Befugnisse mit der Position des Hoteldirektors verbunden seien, ergebe sich unter anderem aus dem Umstand, dass Arbeitsverhältnisse regelmäßig durch den jeweiligen Hoteldirektor begründet und auch beendet worden seien. Ob in der Zentrale noch eine Personaldirektorin eingesetzt sei und ob im örtlichen Betrieb der Hoteldirektor zusätzlich als Personal- oder Betriebsleiter bezeichnet werde, sei unerheblich. Maßgeblich sei lediglich, dass mit seiner Stellung bekanntermaßen die ausgeübten Kündigungsrechte einhergingen. Spätestens durch die Mitarbeiterversammlung am 27. März 2014 sei die Klägerin von der Kündigungsbefugnis des Hoteldirektors in Kenntnis gesetzt worden.

52

Der Betrieb sei zum 10. April 2014 stillgelegt und dies in der Presseerklärung öffentlich gemacht worden. Das Hotel sei geräumt und kein Personal über diesen Termin hinaus beschäftigt worden. Für sie sei auch ein Managementbetrieb keine Option gewesen. Lediglich der Betriebsrat habe einen Managementbetrieb vorgeschlagen.

53

Unternehmensweit habe für die Klägerin keine freie oder frei werdende Beschäftigungsmöglichkeit auf einer zumutbaren Arbeitsstelle bestanden. Die insoweit darlegungsbelastete Klägerin habe keinen entsprechenden konkreten freien Arbeitsplatz benannt, auf dem sie hätte eingesetzt werden können.

54

Mit der Angabe in der Massenentlassungsanzeige, die Entlassungen erfolgten „ab 28.03.2014" sei der Entlassungszeitraum hinreichend bestimmbar angegeben und eingegrenzt worden. Ein Endzeitpunkt für den beabsichtigten Ausspruch der Kündigungen sei angesichts der gesetzlichen Laufzeit der Massenentlassungsanzeige nach § 18 Abs. 4 KSchG, wonach Entlassungen nur innerhalb von 90 Tagen nach Erstattung der Anzeige vorgenommen werden könnten, nicht erforderlich. Aufgrund unterschiedlicher Kündigungsfristen würde für die Agentur für Arbeit bei der lediglich gebotenen Angabe des Kündigungszeitpunktes ohnehin eine weitere Eingrenzung des Zeitraums die Planungssicherheit nicht erhöhen.

55

Die Beklagte beantragt:

56

Das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15. Oktober 2014, Az.: 2 Ca 1630/14, wird abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

57

Die Klägerin beantragt:

58

die Berufung zurückzuweisen.

59

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 11. Mai 2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird. Sie führt aus, die Berufung sei bereits unzulässig. Die Beklagte setze sich allenfalls in groben Ansätzen mit dem umfassend begründeten Urteil des Arbeitsgerichts auseinander. Ergänzend zu ihrem Vorbringen in der ersten Instanz führt sie aus, das Hotel sei nicht geräumt worden, sondern hätte jederzeit wiedereröffnet werden können. Noch bis Ende August 2014 seien mit der Eigentümerin des Hotels im Rahmen eines Mediationsverfahrens Verhandlungen über die Fortsetzung des Hotelbetriebs geführt worden. Inzwischen sei das Hotel durch einen anderen Betreiber einer Hotelkette wiedereröffnet worden.

60

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

61

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

62

Die Berufungsbegründung genügt noch den Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. Die Beklagte hat sich in ausreichender Weise mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt.

63

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Regelung des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11 juris). Das Arbeitsgericht hat die Unwirksamkeit der Kündigung auf drei tragende Gründe gestützt. In Bezug auf die festgestellte Unwirksamkeit der Kündigung nach § 174 S. 1 BGB geht es um die Frage, ob die Klägerin über eine Vollmacht des Hoteldirektors i.S.d. § 174 S. 2 BGB informiert worden war. Das Arbeitsgericht hat dies in Bezug auf die von der Beklagten angeführten Umstände verneint. Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung ausgeführt, dass bei der Sachlage auf eine Kenntnis der Klägerin zu schließen sei. Bei der festgestellten Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG geht es um die Frage, ob durch die Beklagte vorrangig eine Änderungskündigung auszusprechen war. Während das Arbeitsgericht angenommen hat, die Beklagte habe sich nicht pauschal auf eine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit berufen dürfen, vertritt die Beklagte in der Berufungsbegründung die Auffassung, konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten seien von der darlegungsbelasteten Klägerin nicht vorgetragen worden. Bei der festgestellten Unwirksamkeit der Kündigung nach § 17 KSchG hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Angabe, dass ab einem bestimmten Datum die Kündigungen ausgesprochen würden, sei nicht die gebotene Angabe eines Zeitraums. Die Beklagte hat sich in der Berufungsbegründung mit dieser Auslegung auseinander gesetzt und begründet, weshalb das Gesetz nicht die Angabe eines Endzeitpunktes verlange. Die Beklagte hat sich somit mit ihrem Vorbringen ausreichend mit den drei tragenden Gründen des Urteils auseinander gesetzt.

B.

64

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 27. März 2014 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Die Kündigung vom 27. März 2014 ist nach § 174 S. 1 BGB mangels Vorlage einer auf den Hoteldirektor ausgestellten Vollmachtsurkunde unwirksam. Darüber hinaus ist die Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, da sie wegen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten unverhältnismäßig war.

I.

65

Die Kündigung vom 27. März 2014 ist bereits nach § 174 S. 1 BGB unwirksam. Sie scheitert an der fehlenden Vorlage einer auf den Hoteldirektor ausgestellten Vollmachtsurkunde. Die Beklagte hat die Klägerin von einem Kündigungsrecht des Hoteldirektors auch nicht i.S.d. § 174 S. 2 BGB zuvor ausreichend in Kenntnis gesetzt.

66

1. Nach § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 S. 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 20, juris).

67

2. Die Voraussetzungen des § 174 S. 1 BGB sind vorliegend erfüllt. Die Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung. Eine Vollmachtsurkunde wurde nicht vorgelegt. Die Klägerin hat die am 28. März 2014 zugegangene Kündigung durch Schreiben vom 3. April 2014, am selben Tag per Boten überbracht, wegen fehlender Vorlage der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen. Damit wurde die Kündigungserklärung innerhalb von einer Woche - die Wochenfrist hätte am 4. April 2014 geendet - zurückgewiesen. Für die Frage, ob eine Zurückweisung i.S.d. § 174 S. 1 BGB unverzüglich erfolgt ist, gelten die zu § 121 BGB aufgestellten Grundsätze entsprechend. Die Zurückweisung muss daher nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung des Rates eines Rechtskundigen darüber einzuräumen, ob er das einseitige Rechtsgeschäft wegen fehlender Bevollmächtigung zurückweisen soll. Innerhalb welcher Zeitspanne der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Bevollmächtigung zurückweisen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach diesen Grundsätzen nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich (BAG 08. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 32 f., juris). Im vorliegenden Fall ist die unter einer Woche liegende Zeit als angemessene Überlegungsfrist sowie Frist zur Einholung von Rechtsrat anzusehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen.

68

3. Die Zurückweisung der Kündigung war nicht gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin ist durch die Beklagte von der Bevollmächtigung des Hoteldirektors zur Erklärung von Kündigungen nicht in Kenntnis gesetzt worden.

69

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften (§ 180 S. 1 BGB). Hat der Vertreter Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss. Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen. Das Inkenntnissetzen nach § 174 S. 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23).

70

b) Zunächst hat die Beklagte Herrn S. mit der Ernennung zum Hoteldirektor nicht in eine Stellung berufen, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden zu sein pflegt.

71

Ein In-Kenntnis-Setzen i.S.d. § 174 S. 2 BGB liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - z.B. durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 567/13 - Rn. 20, juris).

72

(1) Die Beklagte hat Herrn S. als Hoteldirektor eingesetzt. Der Zuständigkeitsbereich eines Hoteldirektors umfasst nicht üblicherweise eine Kündigungsbefugnis. Wie vom Arbeitsgericht ausführlich dargelegt, kann die Befugnis in Personalsachen auch lediglich im Sinne einer "Verantwortung für Personen, Mitarbeiter/innen anleiten und führen" bestehen. Zudem geht es hier um die Position als Hoteldirektor eines Hotels, das Teil einer von der Arbeitgeberin betriebenen Hotelkette ist. Bei der Beklagten ist auch noch eine Personaldirektorin eingesetzt. Bei dieser Konstellation hat Herr S. als Hoteldirektor jedenfalls keine Stellung inne, bei der er zwingend sämtliche Personalangelegenheiten in eigener Verantwortung erledigt und die mit einem Kündigungsrecht verbunden zu sein pflegt. Neben der Verantwortung für die betrieblichen Abläufe kann dem Hoteldirektor in einem solchen Fall, was die Personalangelegenheiten angeht, auch lediglich der Einsatz des Personals und ggf. das Ergreifen arbeitsrechtlicher Maßnahmen unterhalb der Schwelle zur Durchführung von Kündigungen obliegen. Damit muss nicht auch die Berechtigung zum Ausspruch von Kündigungen verbunden sein.

73

Auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, wie der Unterzeichnung von Arbeitsverträgen, ergibt sich nicht, dass die Hoteldirektoren bei der Beklagten generell oder konkret Herr S. eine Stellung einnahmen, die üblicherweise mit der Kündigungsvollmacht verbunden ist. Aus der Unterzeichnung von Arbeitsverträgen ergibt sich nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 36, juris). Dass durchaus zwischen Einstellungs- und Entlassungsbefugnis zu unterscheiden ist in dem Sinne, dass die beiden Befugnisse vielfach nicht zusammenfallen, zeigt das Gesetz selbst. Während nach § 14 Abs. 2 KSchG schon derjenige leitender Angestellter ist, der entweder zur Einstellung oder zur Entlassung berechtigt ist, verlangt § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG für den Begriff des leitenden Angestellten, dass er sowohl Einstellungs- als auch Entlassungsbefugnis hat (vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - Rn. 16, juris). Soweit die Beklagte sich weiter darauf beruft, dass Arbeitsverhältnisse regelmäßig durch den jeweiligen Hoteldirektor auch beendet worden seien, hat sie nicht substantiiert, in welchen Fällen solche Beendigungen durch Hoteldirektoren allgemein oder insbesondere durch Herrn S. erfolgt seien. Sie hat auch nicht dargelegt, dass die Mitarbeiter, einschließlich der Klägerin, hiervon Kenntnis erlangt hätten.

74

(2) Die Beklagte beruft sich auch ohne Erfolg darauf, die Hoteldirektoren würden bei ihr als Betriebs- und Personalleiter beschäftigt, sie übernähmen die Arbeitgeberfunktion in betrieblichen und personellen Angelegenheiten.

75

Unabhängig davon, ob die Beklagte Herrn S. tatsächlich in die Stellung des Personalleiters berufen hat, hat sie jedenfalls nicht dargelegt, dass sie den Kläger davon in Kenntnis gesetzt hat, dass Herr S. diese Funktion einnahm. Die bloße Übertragung der Funktion reicht nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Ein Inkenntnissetzen i.S.d. § 174 Satz 2 BGB verlangt begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der den zunächst rein inneren Vorgang öffentlich macht (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 25, juris).

76

(3) Die Beklagte hat Herrn S. auch sonst nicht in eine Stellung berufen, mit der das Kündigungsrecht üblicherweise verbunden zu sein pflegt.

77

Insbesondere ist Herr S. nicht zum Generalbevollmächtigen bestellt und den Mitarbeitern dies zur Kenntnis gegeben worden. Die von der Beklagten vorgelegte Handlungsvollmacht i.S.d. § 54 Abs. 1 HGB sieht eine ausdifferenzierte Regelung in Bezug auf die eigenverantwortliche Erledigung von Geschäften durch den Hoteldirektor vor und insbesondere auch Einschränkungen in Bezug auf seine Kündigungsbefugnis. So bedarf er der schriftlichen Zustimmung der Geschäftsführung bei Abschluss, Änderung, Kündigung und Aufhebung von Anstellungsverträgen bei Überschreitung der budgetierten Kennziffer oder mit Jahresbezügen von mehr als EUR 39.000,00. Die Erteilung der vorliegenden Handlungsvollmacht reicht nicht aus, um die geforderte besondere Stellung des Herrn S. zu begründen, zumal die Beklagte auch nicht ausgeführt hat, dass die Handlungsvollmacht der Klägerin bekannt gemacht worden sei.

78

c) Die Klägerin ist auch sonst nicht ausdrücklich oder konkludent über eine Bevollmächtigung des Hoteldirektors zur Kündigung in Kenntnis gesetzt worden.

79

(1) Insbesondere reicht hierzu nicht aus, dass nach den Ausführungen der Beklagten bei der Betriebsversammlung am 27. März 2014 der Bereichsleiter Operations und die Personaldirektorin ausdrücklich klargestellt haben sollen, dass Herr S. als Hoteldirektor der vor Ort im Zusammenhang mit der anstehenden Betriebsschließung verantwortliche Ansprechpartner für die Mitarbeiter sei und dass der Ausspruch der Kündigungen angekündigt worden sei. Die Bezeichnung als Ansprechpartner beinhaltet nicht mehr als die Benennung einer Kontaktperson. Eine solche Aussage wäre für die Mitarbeiter so zu verstehen gewesen, dass sie sich mit den vielfältigen Problemen - seien sie gewichtig oder geringfügig - anlässlich der angekündigten Betriebsschließung zunächst an Herrn S. wenden sollten. Darin liegt keine Mitteilung, dass relevante Entscheidungen durch Herrn S. vor Ort getroffen werden. Insbesondere liegt darin nicht die Bevollmächtigungsmitteilung in Bezug auf Kündigungen. Wie das Arbeitsgericht zu Recht weiter ausführt, hat die besondere Ortsrepräsentanz der Geschäftsleitung durch zwei abteilungsleitende Kräfte zudem unmissverständlich signalisiert, dass die wirklich maßgeblichen Schritte allein aus der Zentrale folgten.

80

(2) Eine In-Kenntnis-Setzung ergibt sich auch nicht aus dem Vertretungszusatz "i.V.”, mit dem der Hoteldirektor das Kündigungsschreiben unterzeichnet hat. Das In-Kenntnis-Setzen i.S.d. § 174 S. 2 BGB setzt eine entsprechende Information über die Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber und nicht einen Hinweis des Vertreters auf seine Vertreterstellung voraus. Dafür sieht das Gesetz gerade die Vorlage der Vollmachtsurkunde vor (BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, juris). Dass die Klägerin nach Erhalt der auf der Betriebsversammlung angekündigten Kündigung mutmaßen konnte, dass der Hoteldirektor bevollmächtigt worden sein könnte, in Umsetzung der angekündigten Betriebsschließung die Kündigungen auszusprechen, reicht nach § 174 S. 2 BGB gerade nicht. § 174 S. 2 BGB verlangt keine Nachforschungen vom Erklärungsempfänger über die Bevollmächtigung des Erklärenden sondern ein Inkenntnissetzen vor Zugang der Kündigung. In den Motiven zum BGB wird zur Begründung der Regelung ausgeführt, wenn jemand ein einseitiges Rechtsgeschäft, z. B. eine Kündigung gegenüber einem Beteiligten als Bevollmächtigter im Namen eines anderen vornehme, ohne sich über die erteilte Vollmacht auszuweisen, gerate der Beteiligte insofern in eine ungünstige Lage, als er keine Gewissheit darüber habe, ob das Rechtsgeschäft von einem wirklich Bevollmächtigten ausgehe und der Vertretene dasselbe gegen bzw. für sich gelten lassen müsse (vgl. dazu BAG 06. Februar 1997 - 2 AZR 128/96 -, Rn. 20, juris).

II.

81

Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass bei Ausspruch der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung werde wegen Betriebsstilllegung entfallen, ist die Kündigung dennoch nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Es wäre der Beklagten möglich gewesen, die Klägerin anderweitig zu beschäftigen.

82

1. Eine Kündigung ist nur dann i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigungskündigung zu entsprechen. Das Merkmal der „Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio-Prinzip), aus dem sich ergibt, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine sowohl diesem als auch ihm selbst objektiv mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten Bedingungen, anbieten muss (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22). Es ist dann anstelle der Beendigungskündigung ggf. eine entsprechende Änderungskündigung auszusprechen (BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, juris). Diese in § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. b, S. 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22, juris).

83

2. Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weiter gehenden Prüfung, ob dem Arbeitnehmer die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich macht. Eine ggf. erforderliche Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben, z.B. bei einer völlig unterwertigen Beschäftigung (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22, juris). Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht. Es mag gute Gründe geben (z.B. lange Bindung an den Arbeitgeber), warum sich ein Arbeitnehmer mit den schlechteren Arbeitsbedingungen arrangieren will (vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, juris). Eine Weiterbeschäftigung hat auch dann vorrangig zu erfolgen, wenn sie erst nach einer Einarbeitung des Arbeitnehmers auf einer freien Stelle, gegebenenfalls erst nach einer dem Arbeitnehmer anzubietenden zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme möglich ist (BAG 05. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15, juris).

84

3. Für das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich diese Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht in Betracht kam (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22; BAG 06. November 1997 - 2 AZR 253/97 - Rn. 41, jeweils juris).

85

4. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass mildere Mittel, insbesondere eine Änderungskündigung mit dem Angebot einer Weiterbeschäftigung in einem anderen Hotel der Beklagten, nicht in Betracht gekommen seien.

86

Die Klägerin hat vorgetragen, dass eine Beschäftigung in einem anderen Hotel der Beklagten möglich sei. So hat sich die Klägerin bereits in der Klageschrift darauf berufen, dass die Beklagte 43 Hotelbetriebe führe, in denen bereits zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung mehr als 70 Stellen ausgeschrieben gewesen seien, dabei auch solche, die sie, die Klägerin, einnehmen könne bzw. auf denen sie bereits zuvor gearbeitet habe. Ergänzend hat die Klägerin später exemplarisch noch mehrere zum 31. März 2014 intern von der Beklagen annoncierte Stellen benannt. So hat sie sich auf in der hauseigenen Stellenbörse ausgewiesene freie Stellen für u.a. Frontoffice-Manager, Empfangssekretärin, Junior Sous-Chef, Commis de Range, F&B Assistant, Salesmanager, Reservierungsmitarbeiter, Koch, Bar-/ Servicemitarbeiter und Mitarbeiter Housekeeping berufen. Darüber hinaus hat die Klägerin noch mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2014 zahlreiche Häuser der Beklagten aufgelistet, in denen sie als Empfangssekretärin hätte beschäftigt werden können. Sie hat sich darauf berufen, dass die in der Stellenbörse für die Zeit vom 13. Juni bis 23. Juni 2014 aufgeführten Stellen bereits vor Ausspruch der Kündigung frei gewesen seien.

87

a) Damit hat die Klägerin zunächst auf zahlreiche offene Stellen in der Stellenbörse verwiesen, ohne dass die Beklagte die Existenz ausgeschriebener Stellen bestritten hätte. Bereits dieser Umstand legt nahe, dass die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung Anlass hatte, diverse Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen und im Rahmen ihrer Initiativlast zwecks Vermeidung einer Beendigungskündigung anzubieten. Zu Recht verweist das Arbeitsgericht auch darauf, dass sich insoweit auch aus der vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung vom 27. Juni 2014 ergibt, dass offenbar sukzessive immer wieder Angebotsmöglichkeiten für Tätigkeiten auf freien Stellen unternehmensweit vorhanden waren.

88

b) Spätestens mit Schriftsatz vom 23. September 2014 hat die Klägerin jedenfalls hinreichend konkret zu anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten vorgetragen. Damit kommt es auf die weiteren mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2014 benannten Stellen nicht mehr an. Demgegenüber hat sich die Beklagte sowohl in der ersten Instanz als auch in der Berufungsbegründung darauf beschränkt, pauschal darauf zu verweisen, es gebe keine freie oder freiwerdende Beschäftigungsmöglichkeit, die Klägerin habe keinen konkreten freien Arbeitsplatz benannt. Das ist unzureichend. Die Beklagte hat sich mit den von der Klägerin benannten Stellen inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht, weshalb die von der Klägerin benannten Arbeitsplätze nicht geeignet oder nicht frei sein sollten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Weiterbeschäftigung auch dann vorrangig zu erfolgen hat, wenn sie erst nach einer Einarbeitung des Arbeitnehmers auf einer freien Stelle, gegebenenfalls erst nach einer dem Arbeitnehmer anzubietenden zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme möglich ist (BAG 05. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15, juris). Die Beklagte ist damit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Ihr Vortrag war für die Klägerin nicht weiter einlassungsfähig.

III.

89

Auf die vom Arbeitsgericht erörterte Frage, ob die Massenentlassungsanzeige unwirksam ist, weil sie bei der nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG gebotenen Angabe des "Zeitraums, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen" ohne Nennung eines klar abgegrenzten Zeitrahmens lediglich lautet "ab 28.03.2014", kommt es nicht mehr an.

C.

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

91

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

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(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und wenig

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(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäfti

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 177 Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht


(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. (2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Gene

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 174 Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten


Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 18 Entlassungssperre


(1) Entlassungen, die nach § 17 anzuzeigen sind, werden vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit nur mit deren Zustimmung wirksam; die Zustimmung kann auch rückwirkend bis zum Tage der Antragstellung erteilt werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 180 Einseitiges Rechtsgeschäft


Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsges

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 14 Angestellte in leitender Stellung


(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht 1. in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,2. in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Ge

Handelsgesetzbuch - HGB | § 54


(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so

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(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Entlassungen, die nach § 17 anzuzeigen sind, werden vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit nur mit deren Zustimmung wirksam; die Zustimmung kann auch rückwirkend bis zum Tage der Antragstellung erteilt werden.

(2) Die Agentur für Arbeit kann im Einzelfall bestimmen, daß die Entlassungen nicht vor Ablauf von längstens zwei Monaten nach Eingang der Anzeige wirksam werden.

(3) (weggefallen)

(4) Soweit die Entlassungen nicht innerhalb von 90 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem sie nach den Absätzen 1 und 2 zulässig sind, durchgeführt werden, bedarf es unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 einer erneuten Anzeige.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. November 2009 - 6 Sa 18/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 17. Dezember 2008 - 4 Ca 1090 b/08 - als unzulässig verworfen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Die 1952 geborene Klägerin und die Beklagte verbindet ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt die Klägerin als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Der kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbare Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) gewährt Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, mit ihnen einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen. Einen solchen Anspruch sieht auch der zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossene Tarifvertrag „Arbeitszeit für Schleswig-Holstein“ (TV-ArbZ SH) vor.

3

Mit Schreiben vom 17. März 2008, das der Beklagten am 26. März 2008 zuging, forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, mit ihr einen Altersteilzeitarbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 zu schließen.

4

Die Klägerin hat die Rechtsauffassung vertreten, die ablehnende Entscheidung der Beklagten diskriminiere sie wegen ihres Alters. Die Tarifvertragsparteien, die an den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden seien, hätten den ihnen von Verfassungs wegen zustehenden Regelungsspielraum überschritten. Es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, den Beschäftigten der Stadt Kiel, nicht aber den Beschäftigten in den Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit unter den TV-ArbZ SH spezifizierten Bedingungen zu gewähren.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags in Form des Teilzeitmodells in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 anzunehmen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht gewesen, sie sei berechtigt, Altersteilzeitanträge von Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, aus Kostengründen abzulehnen. Das ihr zustehende Ermessen habe sie fehlerfrei ausgeübt.

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, da bereits die Berufung unzulässig gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen; denn die Berufungsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

9

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung (BAG 27. Juli 2010 -  1 AZR 186/09  - Rn. 17, NZA 2010, 1446). Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 10, BAGE 121, 18). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung verworfen wird(vgl. BAG 15. August 2002 -  2 AZR 473/01  - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (vgl. BAG 9. Juli 2003 -  10 AZR 615/02  - zu 1 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 37).

10

2. Die Berufungsbegründungsschrift genügt nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat sich nicht in ausreichender Weise mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts, auf die es seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat, auseinandergesetzt.

11

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar(BAG 10. Februar 2005 -  6 AZR 183/04  - zu 2 a der Gründe, EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 40). Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (BAG 28. Mai 2009 -  2 AZR 223/08  - Rn. 14, AP ZPO § 520 Nr. 2). Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird(vgl. BAG 11. März 1998 - 2 AZR 497/97 - zu I der Gründe, BAGE 88, 171). Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG 6. März 2003 2 AZR 596/02  - zu II 1 a der Gründe, BAGE 105, 200). Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein (BAG 8. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 30, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 6). Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden; doch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (BAG 10. Februar 2005 -  6 AZR 183/04  - zu 2 a der Gründe, aaO ; 16. Juni 2004 - 5 AZR 529/03 - zu II 2 b der Gründe, EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 3; 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, aaO). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 25. April 2007 -  6 AZR 436/05  - Rn. 14, BAGE 122, 190).

12

b) An diesem Maßstab gemessen, hat die Klägerin die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht ausreichend begründet. Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil mit § 2 Abs. 1 TV ATZ(Seite 6 des Urteils) und § 7 TV-ArbZ SH(Seite 8 des Urteils) zwei Anspruchsgrundlagen in Betracht gezogen und deren Voraussetzungen im Ergebnis verneint.

13

aa) Zu § 2 Abs. 1 TV ATZ hat das Arbeitsgericht im Einzelnen ausgeführt, die Beklagte habe das ihr von den Tarifvertragsparteien eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die von der Beklagten angeführten wirtschaftlichen Gründe rechtfertigten die Ablehnung des von der Klägerin unter dem 17. März 2008 gestellten Antrags. Eine Diskriminierung der Beschäftigten, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, liege nicht vor, da diese nicht benachteiligt würden. Die Tarifbestimmung begünstige ältere Arbeitnehmer, ohne jüngere zu benachteiligen. Ausweislich der Präambel des Tarifvertrags solle älteren Beschäftigten ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Tarifvertragsparteien verfolgten mit den Regelungen des TV ATZ arbeitsmarktpolitische Ziele und beschränkten die Begünstigung deshalb auf Arbeitnehmer, für die der gesetzliche Ruhestand alsbald anstehe.

14

Die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin enthält keine argumentative Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen. Soweit die Klägerin auf Seite 1 der Berufungsbegründung ausführt, ihr Anspruch ergebe sich aus § 2 des Arbeitsvertrags, paraphrasiert sie im Folgenden die Tarifnorm des § 2 TV ATZ und rügt „die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes“. Zudem „beruft (sie) sich auch auf das AGG, das jede Diskriminierung aus Altersgründen verbietet“. Hierbei handelt es sich um eine formelhafte Wendung, auf die die Klägerin in ähnlicher Form bereits in der Klageschrift vom 31. Mai 2008 zurückgegriffen hat. Dort hat sie die Ansicht vertreten, in der Regelung liege eine „rechtswidrige Diskriminierung aus Altersgründen, die mit Europa-, Verfassungs- und Bundesrecht unvereinbar“ sei. Die Klägerin legt weder dar, aus welchem Grund sie den Gleichbehandlungsgrundsatz für verletzt erachtet, noch, aufgrund welcher Umstände sie sich auf welche Vorschriften des AGG zur Stützung der Rechtsbehauptung, ihr stehe ein Anspruch auf Abschluss des begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrags zu, berufen will. Der pauschale Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Vorschriften des AGG ersetzt nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit der die angefochtene Entscheidung tragenden Erwägung des Arbeitsgerichts, es liege keine Ungleichbehandlung zulasten der jüngeren, sondern eine - diskriminierungsrechtlich gerechtfertigte - Begünstigung älterer Arbeitnehmer vor. Auf das weitere Argument des Arbeitsgerichts, die unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen sei aufgrund arbeitsmarktpolitischer Erwägungen der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt, geht die Klägerin nicht ein.

15

bb) Auch hinsichtlich der zweiten von dem Arbeitsgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlage, der Regelung des § 7 TV-ArbZ SH, fehlt es an einer der Form des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Berufungsbegründung. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, es sei Sache der Tarifvertragsparteien, die Gruppe derer zu bestimmen, auf die das zur Verfügung stehende arbeitsmarktpolitische Instrumentarium angewendet werde. Eine Diskriminierung sei nicht ersichtlich, da im Bereich der Krankenpflege keine erhebliche Arbeitslosigkeit bestehe. Angesichts dessen habe kein Bedarf zur Förderung von Arbeitslosen und Jugendlichen bestanden.

16

Dieser Urteilsbegründung setzt die Klägerin auf Seite 2 der Berufungsbegründung den pauschalen Hinweis entgegen, die Tarifvertragsparteien hätten ihre Regelungsbefugnis überschritten. Damit wird die Klägerin ihrer Begründungsobliegenheit nicht gerecht. Ihre ohne nähere Erläuterung aufgestellte Behauptung, „Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung sind nicht ersichtlich“ (Seite 3 der Berufungsbegründung), ist nicht auf die Erwägungen, die das erstinstanzliche Gericht zur Klageabweisung bewogen haben, zugeschnitten. Das Arbeitsgericht hat auf die mit der Einführung von Altersteilzeit verfolgten arbeitsmarktpolitischen Zwecke abgestellt und ist davon ausgegangen, es bestehe angesichts der Arbeitsmarktlage kein Bedürfnis, Mitarbeitern in Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit zu eröffnen. Mit diesen sowohl rechtlichen als auch tatsächlichen Argumenten des Arbeitsgerichts befasst sich die Klägerin nicht. Sie erhebt weder Verfahrensrügen, noch stellt sie die rechtlichen Folgerungen des Arbeitsgerichts infrage. Wenn sie auf Seite 3 der Berufungsbegründung ohne nähere Erklärung auf eine Gleichstellung von Altenpflegern und Krankenpflegern im Krankenpflegegesetz verweist, steht dies mit den maßgebenden Tarifbestimmungen in keinem erkennbaren Zusammenhang.

17

C. Die Klägerin hat als Revisionsführerin die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Kranzusch    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 10. Februar 2010 - 13 Sa 68/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer am Ende der Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses erklärten Kündigung.

2

Der 1991 geborene Kläger schloss, vertreten durch seine Eltern, mit der Beklagten am 17. Juni 2008 einen Vertrag über eine am 1. August 2008 beginnende Ausbildung zur „Fachkraft für Lagerlogistik“. Im Ausbildungsvertrag war eine Probezeit von drei Monaten vereinbart, ferner die Geltung des Tarifvertrags für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD) vom 13. September 2005. Als Ausbildender (Ausbildungsbetrieb) war das „Materialdepot N“ angegeben. Unterschrieben war der Ausbildungsvertrag über der Zeile „Der Ausbildende (Betrieb)“ hinter der maschinenschriftlichen Angabe „Bw-Dienstleistungszentrum E“ von einem Beschäftigten dieses Zentrums, dessen Unterschrift nicht leserlich ist. In der Folgezeit erhielt der Kläger sämtliche Unterlagen und Informationen über das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum E.

3

Durch Organisationsbefehl des Bundesministeriums der Verteidigung vom 3. April 2008 wurde das Materialdepot N zum 30. September 2008 aufgelöst. Durch Befehl vom 14. August 2008 wurde das Materiallager N errichtet und dieses ab dem 1. Oktober 2008 dem Materialdepot Er unterstellt. Unverändert blieb das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum E personalbearbeitende Stelle für die in N tätigen Beschäftigten.

4

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 beteiligte der Kommandant des Materialdepots Er den dort gebildeten Personalrat bezüglich der gegenüber dem Kläger beabsichtigten Kündigung innerhalb der Probezeit. Der Personalrat stimmte dieser nach seiner ordentlichen Sitzung vom 30. Oktober 2008 noch am selben Tag zu.

5

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008, dem letzten Tag der Probezeit, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis. Das Schreiben war unter dem Briefkopf „Bundeswehr-Dienstleistungszentrum E - der Leiter“ vom Leiter dieses Zentrums, M, unterzeichnet und „An den Auszubildenden Ma K, gesetzlich vertreten durch die Eltern F und Ka K“ adressiert. Ihm lag keine Kündigungsvollmacht bei. Es wurde per Boten am 31. Oktober 2008, einem Freitag, um 8:30 Uhr in den gemeinsamen Briefkasten der Familie K eingeworfen, nachdem trotz mehrmaligen Läutens niemand geöffnet hatte. Der Kläger war an diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt. Seine Eltern befanden sich nach seinen Angaben auf Reisen. Der Kläger nahm das Schreiben tatsächlich erst am 2. November 2008 zur Kenntnis. Noch am selben Tag informierte er hierüber telefonisch seine Mutter. Dieser lag nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub das Kündigungsschreiben am Montag, dem 3. November 2008, vor.

6

Gemäß Ziff. 3.2.5 des Erlasses des Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. September 1996 (VMBl. 1996 S. 382 ff.) obliegen die Personalangelegenheiten der Angestellten der Vergütungsgruppen X bis Vc, Kr I bis VI sowie der Auszubildenden den Standortverwaltungen (StOV) für ihren Zuständigkeitsbereich. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Ortsbehörden der Territorialen Wehrverwaltung der Bundeswehr als Standortverwaltungen bezeichnet. Aufgrund der Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. November 2007 wurden diese Behörden ab dem 1. Januar 2007 nach der Zusammenfassung ihrer Aufgaben mit denen der Truppenverwaltung, Rechnungsführer und Zahlstellen in „Bundeswehr-Dienstleistungszentrum (Bw-DLZ)“ umbenannt. Diese Zentren sind unverändert Ortsbehörden innerhalb der Territorialen Wehrverwaltung. Die Umbenennung wurde im Internet auf der Homepage der Bundeswehr bekannt gemacht.

7

Mit Schreiben vom 12. November 2008, das der Beklagten am Donnerstag, dem 13. November 2008, zuging und dem keine Originalvollmacht beigefügt war, rügte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die fehlende Vertretungsmacht gemäß § 180 BGB und wies die Kündigung gemäß § 174 BGB zurück.

8

Der vom Kläger am 21. November 2008 angerufene Schlichtungsausschuss entschied durch Spruch vom 21. Januar 2009, dass die Kündigung unwirksam sei und das Ausbildungsverhältnis fortbestehe. Die Beklagte erkannte den Spruch nicht an. Mit seiner am 3. Februar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen, zuletzt nur noch gegen die Beklagte gerichteten Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 31. Oktober 2008 und verfolgt - wie er in der Revision klargestellt hat im Wege des uneigentlichen Hilfsantrags - Zahlungs- und Schadenersatzansprüche.

9

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei nicht innerhalb der Probezeit zugegangen, da sie nicht an seine gesetzlichen Vertreter, sondern an ihn selbst adressiert gewesen sei. Darüber hinaus sei die Kündigung aus formalen Gründen unwirksam, da der Ausbildungsvertrag mit dem Materialdepot N geschlossen worden sei, die Kündigung jedoch vom Bundeswehr-Dienstleistungszentrum E stamme. Selbst wenn es eine Bevollmächtigung gegeben habe, hätte dem Kündigungsschreiben eine Vollmachtsurkunde im Original beigefügt werden müssen. Die Veröffentlichung im Ministerialblatt des Bundesministeriums der Verteidigung reiche für die Bekanntmachung des Vertretungsverhältnisses nicht aus, zumal nicht die darin genannte Standortverwaltung gekündigt habe. Die Zurückweisung des Kündigungsschreibens sei rechtzeitig und ordnungsgemäß erfolgt. Schließlich verstoße die Kündigung gegen Treu und Glauben. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, seine Eltern vor Ausspruch der Kündigung zu informieren, um dem Erziehungsgedanken des Berufsausbildungsverhältnisses Genüge zu tun.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 31. Oktober 2008 nicht beendet worden ist;

        

2.    

im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.547,56 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB in im Einzelnen aufgeführter gestaffelter Höhe zu zahlen sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm sämtlichen durch die Kündigung vom 31. Oktober 2008 entstandenen und in Zukunft entstehenden materiellen Schaden zu erstatten.

11

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass das Kündigungsschreiben noch am letzten Tag der Probezeit zugegangen sei. Es sei korrekt adressiert gewesen. Die Rüge nach § 174 BGB sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Vertretungsverhältnisse bekannt gemacht worden seien. Die Umbenennung der Standortverwaltungen sei ebenfalls wirksam und ausreichend bekannt gemacht worden. Ohnehin sei die Zurückweisung verspätet erfolgt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Kündigung der Beklagten vom 31. Oktober 2008 habe das Ausbildungsverhältnis in der Probezeit beendet.

14

I. Der Kläger ist im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens volljährig geworden. Die Vorinstanzen haben zu Recht den Rechtsstreit ohne Unterbrechung fortgesetzt. Mit Eintritt der Volljährigkeit ist der Kläger prozessfähig geworden. Der Rechtsstreit ist in der Lage, in der er sich bei Eintritt der Volljährigkeit befand, gemäß § 241 Abs. 1 ZPO auf den Kläger übergegangen. Die von seinen Eltern erteilte Prozessvollmacht ist wirksam geblieben (vgl. BAG 17. September 2009 - 6 AZR 369/08 - Rn. 12, BAGE 132, 125).

15

II. Der Kläger hat innerhalb von zwei Wochen nach dem Spruch des Schlichtungsausschusses vom 21. Januar 2009 Klage erhoben (§ 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG).

16

III. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten ist den gesetzlichen Vertretern des Klägers noch am letzten Tag der Probezeit am 31. Oktober 2008 zugegangen. Sie ist auch weder gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam noch treuwidrig iSv. § 242 BGB. Der zuständige Personalrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden. Das Ausbildungsverhältnis der Parteien ist deshalb durch die entfristete ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31. Oktober 2008 gemäß § 22 Abs. 1 BBiG mit diesem Tag beendet worden.

17

1. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Kündigungsschreiben vom 31. Oktober 2008 sei den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern noch innerhalb der im Ausbildungsvertrag im Einklang mit § 3 Abs. 1 TVAöD - Besonderer Teil BBiG vereinbarten Probezeit zugegangen, ist rechtsfehlerfrei.

18

a) Die Kündigung musste gegenüber den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern erklärt werden. Eine Ermächtigung des Klägers iSd. § 113 BGB, ein Dienstverhältnis einzugehen, die zu einer entsprechenden Teilgeschäftsfähigkeit geführt hätte, lag nicht vor. Es kann deshalb dahinstehen, ob Berufsausbildungsverträge überhaupt unter diese Vorschrift fallen (ablehnend ErfK/Preis 11. Aufl. § 113 BGB Rn. 2; Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 113 Rn. 2; Staudinger/Singer/Benedict [2004] § 131 Rn. 5; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 10 Rn. 23; Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 10 Rn. 14; bejahend BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 18, BAGE 125, 285; Munk in Braun/Mühlhausen/Munk/Stück § 3 Rn. 50 ff.).

19

b) Eine gegenüber einem nach § 106 BGB in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkten Minderjährigen abgegebene schriftliche Willenserklärung geht zu und wird gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1 BGB wirksam, wenn sie mit dem erkennbaren Willen abgegeben worden ist, dass sie seinen gesetzlichen Vertreter erreicht, und wenn sie tatsächlich in den Herrschaftsbereich des Vertreters gelangt. Sie muss mit Willen des Erklärenden in Richtung auf den gesetzlichen Vertreter in den Verkehr gelangt sein und der Erklärende muss damit gerechnet haben können und gerechnet haben, sie werde - und sei es auf Umwegen - den von ihm bestimmten Empfänger erreichen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 794/09 - Rn. 24 f., 35, AP BGB § 131 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 131 Nr. 1 für den Zugang bei einem Geschäftsunfähigen).

20

aa) Nach diesen Grundsätzen ist das Kündigungsschreiben der Beklagten noch am 31. Oktober 2008 zugegangen. Das Schreiben war für die Eltern des Klägers als dessen gesetzliche Vertreter bestimmt und ist mit dem entsprechenden Willen der Zuleitung an sie von der Beklagten den Boten übergeben worden und damit in den Verkehr gelangt.

21

(1) Die Beklagte wollte die Kündigungserklärung gegenüber den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern abgeben. Das ergab sich eindeutig aus der Anrede des Kündigungsschreibens, die „Sehr geehrte Frau und Herr K“ lautet, sowie aus der Formulierung im ersten Absatz dieses Schreibens „hiermit kündige ich das mit Ihrem Sohn … begründete Berufsausbildungsverhältnis“. Auch aus der für die Übergabe durch Boten vorbereiteten Empfangsbescheinigung ergab sich der Wille der Beklagten, die Kündigungserklärung an die Eltern des Klägers zu richten. Diese war für die Eltern des Klägers - nachfolgend handelnd als gesetzliche Vertreter - bestimmt. Mit ihr sollte bescheinigt werden, dass die Eltern die Kündigungserklärung des Ausbildungsverhältnisses ihres Sohnes erhalten haben. Sie sollte von ihnen unterzeichnet werden.

22

(2) Die Boten, denen der Zugangswille der Beklagten jedenfalls aufgrund der vorbereiteten Empfangsbescheinigung bekannt war, sollten das Schreiben den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern zuleiten. Weil sie niemanden angetroffen haben, haben sie den Brief in den gemeinsamen Hausbriefkasten der Familie des Klägers eingeworfen. Mit dem Einwurf in den Briefkasten hatte das Kündigungsschreiben die gesetzlichen Vertreter des Klägers als von der Beklagten bestimmte Empfänger erreicht: Es war dadurch in den Machtbereich der Eltern des Klägers gelangt.

23

Der Kläger erhebt keine Verfahrensrüge gegen die auf die entsprechende Feststellung des Arbeitsgerichts gestützte Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Kündigungsschreiben sei am 31. Oktober 2008 bereits gegen 8:30 Uhr, also vor der üblichen Postzustellzeit, in den Briefkasten eingeworfen worden. Damit bestand für die Eltern des Klägers unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am 31. Oktober 2008 die Möglichkeit, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Ungeachtet ihrer Ortsabwesenheit ist das Kündigungsschreiben ihnen als gesetzlichen Vertretern des Klägers deshalb noch am 31. Oktober 2008 zugegangen (vgl. st. Rspr., zuletzt BAG 9. Juni 2011 - 6 AZR 687/09 - Rn. 9, EzA BGB 2002 § 130 Nr. 6). Unerheblich ist insoweit der Einwand des Klägers, nur ein Elternteil, nämlich seine Mutter, habe tatsächlich Kenntnis von dem Kündigungsschreiben erlangt. Ohnehin genügt gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB für den Empfang von Willenserklärungen die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Deshalb ist jeder Elternteil zur Entgegennahme der Kündigung berechtigt (Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 11).

24

bb) Die Ansicht des Klägers, die von der Beklagten gewählte Anschrift sei als Adressierung an ihn selbst zu verstehen, weswegen der Einwurf in den Hausbriefkasten nicht zum Zugang der Kündigung am 31. Oktober 2008 geführt habe, überzeugt nicht. Ein Kündigungsschreiben, das an den Auszubildenden, gesetzlich vertreten durch seine Eltern adressiert ist, lässt den Willen des Ausbildenden, dass das Kündigungsschreiben die Eltern des Minderjährigen als dessen gesetzliche Vertreter erreichen soll, noch hinreichend erkennen. Die Beklagte hat damit die Eltern des Klägers in ihrer Eigenschaft als dessen gesetzliche Vertreter iSv. § 1626 Abs. 1 iVm. § 1629 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB angeschrieben. Entsprechend dieser gesetzlichen Konstruktion ist im Übrigen auch der Ausbildungsvertrag geschlossen und das Aktivrubrum in der Klageschrift gefasst worden (für eine derartige Adressierung auch: Schrader in Schaub/Koch/Neef/Schrader/Vogelsang Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch 9. Aufl. § 33 Rn. 9).

25

cc) Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass bei der von der Beklagten gewählten Adressierung der Erklärende bei postalischer Übermittlung ein gewisses Zustellrisiko trägt. Hat der Minderjährige - etwa weil er eine Einliegerwohnung im elterlichen Haus bewohnt - einen eigenen, deutlich als solchen gekennzeichneten Briefkasten und wirft der Postzusteller ein entsprechend adressiertes, per Post übersandtes Kündigungsschreiben in diesen und nicht in den Briefkasten der Eltern ein, geht das Kündigungsschreiben erst zu, wenn es der Minderjährige den Eltern übergibt. Die Zusteller der Post sind gemäß § 2 Nr. 4 Satz 2 der Post-Universaldienstleistungsverordnung(PUDLV) gehalten, eine Sendung „an der in der Anschrift genannten Wohn- oder Geschäftsadresse durch Einwurf in eine für den Empfänger bestimmte … Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen oder durch persönliche Aushändigung an den Empfänger“ zuzustellen. Es ist nicht auszuschließen, dass bei einer Adressierung, wie sie die Beklagte gewählt hat, das Schreiben in den Briefkasten des Minderjährigen eingeworfen wird. Will der Ausbildende dieses Risiko vermeiden, muss er das Kündigungsschreiben an die Eltern als gesetzliche Vertreter des Auszubildenden adressieren.

26

2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB verneint.

27

a) Ohne ausdrückliche Problematisierung hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, die Beklagte habe das Zurückweisungsschreiben des Klägers vom 12. November 2008, dem keine Originalvollmacht beilag, nicht ihrerseits unverzüglich zurückgewiesen. Auch das Zurückweisungsschreiben nach § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft iSd. § 174 BGB. Liegt diesem Schreiben keine Originalvollmacht bei, kann die Zurückweisungserklärung vom Kündigenden nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen werden. Die Zurückweisungserklärung ist dann unwirksam (KR/Friedrich 9. Aufl. § 13 KSchG Rn. 349; Nies NZM 1998, 221, 222). Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit aber erst in der Berufungsbegründung und damit nicht unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB Gebrauch gemacht.

28

b) Dagegen begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe den Kläger bzw. seine Eltern über die Kündigungsbefugnis des Leiters des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums E iSd. § 174 Satz 2 BGB ausreichend in Kenntnis gesetzt, rechtlichen Bedenken. Das gilt auch dann, wenn durch die Umbenennung der Standortverwaltungen nur eine Namens- und keine Organisationsänderung erfolgt ist, wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist und wogegen die Revision keine Angriffe erhebt. Dann würden zwar die den Leitern der Standortverwaltungen erteilten (Innen-)Vollmachten nunmehr zugunsten der Leiter der Dienstleistungszentren fortbestehen (vgl. für die Gesamtrechtsnachfolge Frey Rechtsnachfolge in Vollmachtnehmer- und Vollmachtgeberstellungen S. 61, 63, 81). Es ist aber fraglich, ob diese Vollmacht ausreichend bekannt gemacht worden ist.

29

aa) Zwar genügt grundsätzlich die öffentliche Bekanntmachung der Kündigungsbefugnis für ein Inkenntnissetzen von der Kündigungsbefugnis (BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Es erscheint aber bereits nicht unproblematisch, ob eine derart komplizierte, zutiefst ausdifferenzierte Regelung wie der Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. September 1996 noch den Anforderungen des Inkenntnissetzens nach § 174 Satz 2 BGB genügt, das ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vollmachtsurkunde sein muss(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 174 Nr. 6; zweifelnd bereits für umfangreiche Geschäftsverteilungspläne von Behörden Schmiegel/Yalçin ZTR 2011, 395, 403). Jedenfalls verlangt der Erlass nach Inkrafttreten des TVöD Nachforschungen darüber, für welchen Personenkreis noch welche Kündigungsbefugnisse bestehen. Die unter Ziff. 3.2 des Erlasses genannten Vergütungs- bzw. Lohngruppen existieren nicht mehr, die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten ist aufgegeben. Darüber hinaus müsste der Empfänger einer Kündigungserklärung durch Nachforschungen ermitteln, welche der zahlreichen im Erlass vom 9. September 1996 genannten kündigungsbefugten Behörden für ihn im Jahr 1996 zuständig gewesen wäre, ob diese Behörde im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung noch besteht und welche Bezeichnung sie jetzt führt. Derartige Nachforschungen soll § 174 BGB gerade vermeiden(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 -aaO).

30

bb) Diesen Bedenken lässt sich entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts auch nicht damit begegnen, dass der Leiter des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums E in eine Stellung berufen sei, die üblicherweise mit Kündigungsvollmacht ausgestattet ist. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist erst genügt, wenn der Erklärungsempfänger auch von der konkreten Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Erforderlich ist insoweit ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Erklärungsempfängers. Dafür reicht es aus, diesen aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 26, EzA BGB 2002 § 174 Nr. 6). Ein derartiges Handeln der Beklagten ist hier jedoch nicht festgestellt.

31

c) Letztlich kann dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger bzw. seine Eltern hinreichend von der Kündigungsbefugnis des Leiters des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums in Kenntnis gesetzt hat. Auch wenn dies nicht der Fall war, ist die Kündigung der Beklagten nicht nach § 174 BGB unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe die Kündigung nicht unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen.

32

aa) Für die Frage, ob eine Zurückweisung iSd. § 174 Satz 1 BGB unverzüglich erfolgt ist, gelten die zu § 121 BGB aufgestellten Grundsätze entsprechend. Die Zurückweisung muss daher nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung des Rates eines Rechtskundigen darüber einzuräumen, ob er das einseitige Rechtsgeschäft wegen fehlender Bevollmächtigung zurückweisen soll. Innerhalb welcher Zeitspanne der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Bevollmächtigung zurückweisen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (st. Rspr. seit BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

33

bb) Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach diesen Grundsätzen nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB(vgl. BAG 5. April 2001 - 2 AZR 159/00 - AP BGB § 626 Nr. 171 = EzA BGB § 626 nF Nr. 187: sieben Arbeitstage nicht mehr unverzüglich; BAG 14. April 201 1- 6 AZR 727/09 - Rn. 21, EzA BGB 2002 § 174 Nr. 6 und 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2: fünf Arbeitstage noch unverzüglich; vgl. auch Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 123 Rn. 33; KR/Friedrich 9. Aufl. § 13 KSchG Rn. 344). Die Frist beginnt mit der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung und der fehlenden Vorlegung der Vollmachtsurkunde (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB; OLG München 4. August 1995 - 21 U 5934/94 - NJW-RR 1997, 904). Der die Kündigung Erklärende hat ein berechtigtes Interesse daran, alsbald zu erfahren, ob die Wirksamkeit der Kündigung unter formalen Gesichtspunkten in Frage gestellt wird. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen die Möglichkeit einer Nachkündigung an eine Frist gebunden ist. Da die Rüge des § 174 BGB entgegen der Ansicht des Klägers keinerlei Nachforschungen über die wirklichen Vertretungs- und Vollmachtsverhältnisse und auch keinen schwierigen Abwägungsprozess erfordert(vgl. Schmiegel/Yalçin ZTR 2011, 395, 398; MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 6), sondern rein formal und routinemäßig lediglich an das Fehlen der Vollmachtsurkunde knüpft, ist eine Zeitspanne von einer Woche unter normalen Umständen ausreichend, um die Entscheidung über die Zurückweisung nach § 174 BGB zu treffen.

34

cc) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Kündigung erst mit einem bei der Beklagten am 13. November 2008 eingegangenen Schreiben zurückgewiesen. Das war nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag der Mutter des Klägers am Montag, dem 3. November 2008, das Kündigungsschreiben tatsächlich vor. Diese Feststellungen hat der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen, so dass sie den Senat binden.

35

(1) Der Kläger hat in seiner Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, die zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Zugangsfrage geführt hat und auf die er in der Revisionsbegründung Bezug genommen hat, gerügt, das Landesarbeitsgericht habe mit der Feststellung, die Mutter des Klägers habe am 3. November 2008 das Kündigungsschreiben zur Kenntnis genommen, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Tatsächlich habe seine Mutter erst am 6. oder 7. November 2008 nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub unmittelbare eigene Kenntnis dieses Schreibens erlangt. Das Landesarbeitsgericht hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass es vom unstreitigen Sachvortrag abweichende Tatsachen zugrunde legen wolle.

36

(2) Diese im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobene Gehörsrüge ist aufgrund ihrer Inbezugnahme in der Revisionsbegründung im Revisionsverfahren als Verfahrensrüge zu behandeln (vgl. BFH 12. Dezember 2000 - VIII R 36/99 - BFH/NV 2001, 789; BSG 15. Juli 1993 - 1 RK 29/92 - SozR 3-5428 § 4 Nr. 5; BVerwG 31. Mai 1983 - 4 C 20.83 - NJW 1984, 140, jeweils für die wegen eines Verfahrensfehlers zugelassene Revision).

37

Die begründete Nichtzulassungsbeschwerde hat gemäß § 72a Abs. 6 Satz 1 ArbGG die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens als Revisionsverfahren zur Folge. Bei positiver Zulassungsentscheidung gilt die Revision von Gesetzes wegen als schon eingelegt. Zur Begründung einer vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision kann gemäß § 72a Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden. Entspricht diese den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung und wird auf sie innerhalb der Zweimonatsfrist des § 72a Abs. 6 Satz 3 iVm. § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG Bezug genommen, ist die Revision ausreichend begründet(st. Rspr. seit BAG 8. Mai 2008 - 1 ABR 56/06 - Rn. 6 ff., BAGE 126, 339). Vor diesem rechtlichen Hintergrund genügt es für die Erhebung einer Verfahrensrüge im Revisionsverfahren, auf eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobene Gehörsrüge zu verweisen, zumal sich die Anforderungen beider Rügen entsprechen (BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, 19, BAGE 128, 13). Darauf, ob die Revision gerade wegen des mit der Gehörsrüge gerügten Verfahrensfehlers oder überhaupt aufgrund einer Gehörsrüge zugelassen worden ist, kommt es nach dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Verfahrensrecht nicht an. Es wäre eine unnütze Förmelei, vom Beschwerdeführer nach der Zulassung der Revision in deren Begründung die inhaltliche Wiederholung seines Vorbringens aus dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu verlangen.

38

(3) Die Verfahrensrüge hat jedoch keinen Erfolg. Sie genügt den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO nicht.

39

(a) Wird mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, das Landesarbeitsgericht habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen sei, muss der Revisionskläger konkret darlegen, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(st. Rspr. zuletzt BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Wird gerügt, das Berufungsgericht habe Vortrag übergangen, muss im Einzelnen unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang nach Seitenzahl dargestellt werden, wo der übergangene Vortrag zu finden ist (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145, 150 f.).

40

(b) Versteht man das Vorbringen des Klägers dahin, dass er geltend machen will, das Landesarbeitsgericht habe den vom Kläger als unstreitig angesehenen Vortrag zu dem Zeitpunkt, in dem seine Mutter vom Kündigungsschreiben tatsächlich Kenntnis erlangt hat, übergangen, fehlt es an einer hinreichend konkreten Darlegung, welcher Tatsachenvortrag des Klägers übergangen worden sein soll.

41

(c) Wertet man das Vorbringen des Klägers als Rüge, das Landesarbeitsgericht habe ihn darauf hinweisen müssen, dass es vom 3. November 2008 als Zeitpunkt der Kenntniserlangung ausgehe, fehlt es an einer Darlegung, welchen konkreten tatsächlichen Vortrag er gehalten hätte, um das Landesarbeitsgericht davon zu überzeugen, dass dieser Zeitpunkt unzutreffend sei. Derartiger Vortrag wäre erforderlich gewesen, weil der Kläger in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 24. März 2009 vorgetragen hatte, seine Mutter habe das Kündigungsschreiben am 3. oder 4. November 2008 erstmals tatsächlich gesehen. Erst in der Berufungserwiderung hatte der Kläger geltend gemacht, seine Mutter habe die Kündigungserklärung erst „am Ende der Woche“ erhalten. Angesichts dieses widersprüchlichen Vortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen genügt die bloße Darlegung, der Kläger hätte „diese Sachlage“ „nochmals“ eingehend dargelegt, wenn er vom Landesarbeitsgericht auf dessen Auffassung hingewiesen worden wäre, den Anforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge nicht. Erforderlich wäre vielmehr Vortrag gewesen, wie der Kläger die Widersprüchlichkeit seines Vortrags erklären und plausibel hätte machen wollen, dass der spätere Zeitpunkt der Wahrheit entspreche.

42

(4) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Zurückweisung der Kündigung sei angesichts der zwischen dem 3. und dem 13. November 2008 liegenden Zeitspanne nicht mehr unverzüglich erfolgt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass für das Verstreichen einer Zeit von merklich mehr als einer Woche kein Anlass erkennbar sei. Besondere Umstände, die eine derart lange Zeitspanne noch als unverzüglich erscheinen lassen könnten, habe der Kläger nicht vorgetragen.

43

3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Kündigung nicht gegen § 242 BGB verstößt, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass das Berufsbildungsrecht auch bei minderjährigen Auszubildenden kein klärendes Gespräch mit den erziehungsberechtigten Eltern vor Erklärung einer Kündigung gemäß § 22 Abs. 1 BBiG in der Probezeit verlangt. Während der Probezeit des § 20 BBiG gilt grundsätzlich Kündigungsfreiheit. Die Kündigungsgründe müssen nicht einmal mit der Berufsausbildung zusammenhängen (BAG 8. März 1977 - 4 AZR 700/75 - EzB BBiG § 15 Abs. 1 Nr. 5). Für die Wirksamkeit der Kündigung ein vorheriges Gespräch mit den Eltern des minderjährigen Auszubildenden zu fordern, in dem der Ausbildende seine Kündigungsgründe anführen und mit den Eltern erörtern müsste, ob und inwieweit diesen Gründen entgegengesteuert werden könnte, steht mit dem Zweck der Kündigungsfreiheit in der gesetzlichen Probezeit nicht im Einklang. Sieht der Ausbildende im Vorfeld der Kündigung von einem solchen Gespräch ab, handelt er nicht treuwidrig, auch wenn ein solches Gespräch unter Umständen sinnvoll sein mag.

44

4. Gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, vor Erklärung der Kündigung sei der zuständige Personalrat ordnungsgemäß angehört worden, richten sich keine Revisionsangriffe. Sie lässt auch keine Rechtsfehler erkennen.

45

IV. Da der Kläger mit seinem Hauptantrag nicht obsiegt hat, sind die Anträge auf Zahlung von Annahmeverzugsausbildungsvergütung und Schadenersatz nicht zur Entscheidung angefallen.

46

V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Uwe Zabel    

        

    Matiaske    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Mai 2013 - 17 Sa 1708/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte stellt Baumaschinen her. Sie beschäftigte etwa 720 Mitarbeiter. Der im Jahr 1975 geborene Kläger war bei ihr seit Februar 2004 als Materialbesteller im Fertigungslager und in der Endmontage beschäftigt.

3

Am 29. März 2012 schlossen die Beklagte und der in ihrem Betrieb gewählte Betriebsrat einen Interessenausgleich. Danach war eine Personalreduzierung in der Größenordnung der zugleich erstellten Namensliste vorgesehen. Die Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer - ua. der des Klägers - waren in einer Anlage aufgeführt.

4

Mit Schreiben vom 2. April 2012 zeigte die Beklagte der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 156 Mitarbeitern an. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. April 2012 zum 31. Juli 2012. Das Kündigungsschreiben war von dem Prokuristen und Personalleiter K mit dem Zusatz „ppa“, von dem Personalsachbearbeiter G mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Laut Handelsregister war Herr K Gesamtprokurist der Beklagten und zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt.

5

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 2. Mai 2012 wies der Kläger die Kündigung „mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners“ zurück. Das Schreiben ging noch am selben Tag per Telefax bei der Beklagten ein.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, die Stellung von Herrn K als Personalleiter sei ihm nicht bekannt gewesen. Zwar sei er „eine Art Chef“. Welche Aufgaben er im Unternehmen erfülle, sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen. Dem Interessenausgleich vom März 2012 liege auf Seiten des Betriebsrats kein wirksamer Beschluss zugrunde. Im Übrigen seien Interessenausgleich und Namensliste nicht fest miteinander verbunden gewesen. Sein Arbeitsplatz sei nicht entfallen. Zumindest habe die Beklagte ihn anderweitig beschäftigen können. Außerdem habe sie vor Abschluss des Interessenausgleichs noch keine unternehmerische Entscheidung getroffen, die einen Rückgang des Beschäftigungsbedarfs zur Folge habe. Nach seiner Entlassung seien in seiner Abteilung überdies mindestens zehn Leiharbeitnehmer eingesetzt worden. Die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft. Die Kündigung habe im Übrigen noch vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG den Machtbereich der Beklagten verlassen. Die Massenentlassungsanzeige sei nicht ordnungsgemäß erfolgt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. April 2012 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Materialbesteller weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger gehe ins Leere. Herr K als einer der beiden Unterzeichner sei ihr Personalleiter. Sie habe ihn in eine Stelle berufen, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden sei. Den Kläger habe sie davon in Kenntnis gesetzt. Interessenausgleich und Namensliste bildeten eine formgültige Gesamturkunde. Der Kläger habe deren Vermutungswirkung nicht widerlegt. Im Arbeitsbereich des Klägers habe sie keine Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Massenentlassungsanzeige sei inhaltlich korrekt und der Bundesagentur nicht nur per Telefax, sondern auch im Original - per Boten - zugeleitet worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Es hat angenommen, der Kläger habe die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB mit rechtlichem Erfolg zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 27. April 2012 nicht als unwirksam ansehen. Ob sie wirksam ist, steht noch nicht fest.

11

I. Die Kündigung vom 27. April 2012 ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger sie nach § 174 Satz 1 BGB berechtigterweise hätte zurückweisen können.

12

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Folge der Zurückweisung iSd. § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen einer Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts; eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 37; 20. September 2006 - 6 AZR 82/06  - Rn. 33 , BAGE 119, 311 ). Die äußeren Voraussetzungen einer Zurückweisung liegen vor.

13

a) Dem Kündigungsschreiben war keine Originalvollmacht beigefügt.

14

b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Kläger habe die Kündigung aus diesem Grund, und zwar mit Blick auf beide Unterzeichner, nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen.

15

aa) Zwar heißt es in dem Schreiben vom 2. Mai 2012 nur, die Kündigung werde mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung „des Unterzeichners“ - nicht „der Unterzeichner“ - zurückgewiesen. Dem weiteren Inhalt des Schreibens hat das Landesarbeitsgericht aber in nicht zu beanstandender Weise entnommen, der Kläger habe die Vertretung der Beklagten bei Kündigungsausspruch ersichtlich unter allen Gesichtspunkten rügen wollen. Es gebe keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Rüge sich auf einen der Unterzeichner habe beschränken sollen. Dies erscheint naheliegend, zumal anderenfalls offen geblieben wäre, mit Blick auf welchen der beiden Unterzeichner die Rüge hätte erhoben sein sollen.

16

bb) Ohne Erfolg rügt die Beklagte erstmalig in der Revisionsinstanz, das Schreiben des Klägers vom 2. Mai 2012 sei nicht mit einer vollen Unterschrift, sondern allenfalls mit einer Paraphe versehen gewesen. Die Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB bedarf keiner bestimmten Form. Das Fehlen einer vollständigen Unterschrift könnte daher nur dann von Bedeutung sein, wenn es darauf schließen ließe, eine zurechenbare Willenserklärung, die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB zurückzuweisen, sei (noch) gar nicht beabsichtigt gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat - für den Senat bindend - ein anderes Verständnis des Schreibens zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Rüge der Beklagten ist unzulässig. Der Schriftzug am Ende des der Beklagten zugegangenen Schreibens ist nicht aktenkundig. Die Beklagte beruft sich insoweit auf neuen Tatsachenvortrag.

17

c) Die Zurückweisung ist unverzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB erfolgt. Die Kündigung ist dem Kläger am Freitag, dem 27. April 2012, seine Zurückweisung ist der Beklagten am 2. Mai 2012 zugegangen. Dazwischen lagen nicht mehr als fünf Tage, einschließlich eines Wochenendes und des Feiertags am 1. Mai.

18

2. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber demjenigen, gegenüber dem das einseitige Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, die Bevollmächtigung (vorher) mitgeteilt hatte.

19

a) § 174 BGB dient dazu, bei einseitigen Rechtsgeschäften klare Verhältnisse zu schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit darüber hat, dass der Erklärende tatsächlich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung deshalb zurechnen lassen muss ( BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23, BAGE 137, 347; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92  - zu II 2 a der Gründe). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 20. September 2006 -  6 AZR 82/06  - Rn. 46 , 52, BAGE 119, 311 ). Gewissheit können eine Vollmachtsurkunde oder ein In-Kenntnis-Setzen schaffen. Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 Satz 2 BGB muss ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage einer Vollmachtsurkunde sein(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; vgl. auch BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96  - zu II 3 b bb der Gründe).

20

b) Ein In-Kenntnis-Setzen in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist (st. Rspr. seit 30. Mai 1972 BAG -  2 AZR 298/71  - BAGE 24, 273 ; vgl. zuletzt BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 25, BAGE 137, 347). Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 20. August 1997 - 2 AZR 518/96  - zu II 3 b bb der Gründe). Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92  - zu II 2 a der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07  - Rn. 11 , 14).

21

c) Kündigt ein Prokurist, kann die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB selbst dann ausgeschlossen sein, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 27, BAGE 137, 347). Ist die Prokura bereits länger als fünfzehn Tage im Handelsregister eingetragen, wird die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Erklärungsempfänger so behandeln lassen, als ob er die länger als fünfzehn Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91  -). Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber ist in diesen Fällen aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 28, aaO).

22

3. Danach war eine Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger nicht deshalb gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil der Unterzeichner K zum Prokuristen der Beklagten bestellt war. Laut Handelsregister hatte er lediglich Gesamtprokura zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen. Der weitere Unterzeichner des Kündigungsschreibens hatte als Sachbearbeiter keine entsprechende Stellung inne.

23

4. Nach den bisherigen Feststellungen kann dagegen die Zurückweisung der Kündigung deshalb ausgeschlossen gewesen sein, weil Herr K auch in die Stellung des Personalleiters berufen und der Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt worden war.

24

a) Eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 Satz 2 BGB scheidet, auch dann aus, wenn der kündigende Personalleiter zugleich (Gesamt-)Prokurist ist und die im Handelsregister publizierte Prokura sein - alleiniges - Handeln nicht deckt. Es genügt, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der - ihm bekannten - Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss. Ob der Personalleiter zugleich eine ausreichende Vertretungsmacht als (Gesamt-)Prokurist besitzt, ist grundsätzlich ohne Belang.

25

b) Etwas anderes gilt im Streitfall nicht deshalb, weil - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - für den Kläger nicht ersichtlich gewesen wäre, dass Herr K in seiner Funktion als Personalleiter nicht an die Einschränkungen der Prokura gebunden war, oder weil der Kläger hätte annehmen müssen, Herr K handle allein in seiner Funktion als Prokurist.

26

aa) Ist der Arbeitnehmer über die Person des Personalleiters hinreichend in Kenntnis gesetzt, muss er allein aus dessen Stellung folgern, dieser habe im Verhältnis zur Belegschaft alleinige Vertretungsmacht zum Ausspruch von Kündigungen (vgl. BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 der Gründe). Die entsprechende Befugnis eines Personalleiters wird dadurch, dass er zugleich zum Gesamtprokuristen bestellt ist, nicht begrenzt. Für die unbeschränkte Vertretungsmacht eines Personalleiters zur Erklärung von Kündigungen spielt es keine Rolle, ob er in seiner Funktion als Gesamtprokurist - ansonsten - nur zur gemeinsamen Vertretung mit einem anderen Prokuristen oder einem gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers befugt ist. Der Kläger hatte damit objektiv keinen Anlass, an der uneingeschränkten Befugnis von Herrn K zum Ausspruch von Kündigungen zu zweifeln.

27

bb) Aus dem Umstand, dass Herr K das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz „ppa“ unterzeichnete, folgt nichts anderes.

28

(1) Nach § 51 HGB hat ein Prokurist in der Weise zu zeichnen, dass er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügt. Der Zusatz soll klarstellen, dass der Erklärende als Prokurist für den Inhaber handelt (BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - zu B II 1 b und 2 b dd der Gründe; MünchKommHGB/Krebs 3. Aufl. § 51 Rn. 1; Oetker/Schubert HGB 3. Aufl. § 51 Rn. 1; Staub/Joost HGB 5. Aufl. § 51 Rn. 1). Für die Gesamtprokura gelten insoweit keine Besonderheiten (Staub/Joost aaO Rn. 8). Der Gesamtprokurist zeichnet selbst dann mit dem gewöhnlichen Prokurazusatz, wenn er allein mit interner Zustimmung des anderen Gesamtprokuristen handelt (Staub/Joost aaO). So kann ein Gesamtprokurist ein Aktivgeschäft für den Inhaber allein vornehmen, wenn der andere Gesamtprokurist ihn zum Handeln für sie beide hinsichtlich bestimmter Geschäfte ermächtigt hat (MünchKommHGB/Krebs aaO § 48 Rn. 98; Oetker/Schubert aaO § 48 Rn. 69; Staub/Joost aaO § 48 Rn. 115; allgemein für Gesamtvertreter BGH 25. November 1985 - II ZR 115/85 -; 12. Dezember 1960 - II ZR 255/59 - zu II der Gründe, BGHZ 34, 27). Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Handeln nachträglich durch den anderen Gesamtprokuristen genehmigt wird (vgl. nur MünchKommHGB/Krebs aaO § 48 Rn. 97 mwN; allgemein zur Gesamtvertretung RG 18. Februar 1921 - III 354/20 - RGZ 101, 342). Herr K kann deshalb auch bei einem Handeln als Gesamtprokurist eine alleinige Vertretungsbefugnis zum Ausspruch von Kündigungen aufgrund interner Bevollmächtigung in Anspruch genommen haben.

29

(2) Wirksame Stellvertretung setzt überdies nicht voraus, dass der Vertreter klarstellt, aufgrund welcher ihm rechtsgeschäftlich verliehenen Bevollmächtigung er für den Vertretenen auftritt. Nach § 164 Abs. 1 und Abs. 2 BGB muss er lediglich im Namen des Vertretenen und im Rahmen der ihm zustehenden Vertretungsmacht handeln. Es bedarf keines Hinweises auf die maßgebliche Bevollmächtigung. § 174 BGB eröffnet die Möglichkeit der Zurückweisung nur dann, wenn weder eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird noch der Erklärungsempfänger zuvor von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden ist.

30

II. Ob die Zurückweisung der Kündigung vom 27. April 2012 wegen der Stellung von Herrn K als Personalleiter nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen war, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat bislang - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger davon in Kenntnis gesetzt worden war, dass Herr K die Stellung des Personalleiters innehatte. Sollte das der Fall gewesen sein, wäre die Kündigung nicht nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam.

31

III. Der Senat kann nicht aus anderen Gründen abschließend entscheiden.

32

1. Das Landesarbeitsgericht hat bisher weder geprüft, ob die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, noch, ob die Wochenfrist zur Stellungnahme des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gewahrt und vor Ausspruch der Kündigung eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet worden ist. Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Eine Unwirksamkeit der Kündigung aus einem dieser Gründe folgt nicht schon aus dem bislang festgestellten Sachverhalt oder dem eigenen Vorbringen der Beklagten.

33

2. Eine mögliche Unwirksamkeit der Kündigung nach § 180 Satz 1 BGB hat der Kläger im Rechtsstreit nicht geltend gemacht.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juli 2012 - 15 Sa 759/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Textilindustrie. Sie hat in J/Tschechische Republik eine unselbständige Betriebsstätte, in der sie Verbandstoffe herstellt. Die Endfertigung der Stoffe einschließlich Verpackung und Versand erfolgte an ihrem Sitz in W/Nordrhein-Westfalen. Die 1965 geborene Klägerin war seit Januar 1984 bei der Beklagten am Standort W als Textilarbeiterin beschäftigt. Zuletzt war sie als Vorarbeiterin gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.474,57 Euro tätig.

3

Im Juni 2011 beschloss die Beklagte, die Produktion in W zum 31. Januar 2012 vollständig einzustellen und funktionstüchtige Maschinen nach J zu verbringen. Die Abteilungen Großversand, Warenannahme, Lager und Qualitätssicherung sollten zum 30. Juni 2012 geschlossen werden. Der kaufmännische Bereich - bestehend aus Finanzbuchhaltung, Lohnabrechnung, Ein- und Verkauf - sollte in W verbleiben.

4

Am 27. Juni 2011 zeigte die Beklagte der zuständigen Agentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 15 Arbeitnehmern an. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011, das der Klägerin am selben Tag zuging, kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Januar 2012. Daneben kündigte sie - bis auf zwei Ausnahmen - die Arbeitsverhältnisse der übrigen in W eingesetzten gewerblichen Arbeitnehmer. Die beiden nicht gekündigten Produktionsmitarbeiter beschäftigte sie bis zum 30. Juni 2012 weiter.

5

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigung sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten durchaus - jedenfalls in J - bestanden. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Spätestens nach einer Einarbeitungszeit von sechs Wochen sei sie in der Lage gewesen, die im gewerblichen Bereich noch anfallenden Arbeiten zu erledigen. Zudem fehle es an einer wirksamen Massenentlassungsanzeige.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrags als Vorarbeiterin bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Sie sei durch die Entscheidung zur Stilllegung der Produktion am Standort W bedingt. Die organisatorische Maßnahme habe sich im Kündigungszeitpunkt bereits greifbar abgezeichnet und sei termingerecht umgesetzt worden. Damit seien die bisherigen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin weggefallen. Eine Verpflichtung, diese in der Betriebsstätte J weiterzubeschäftigen, habe nicht bestanden. Abgesehen von der Unzumutbarkeit eines entsprechenden Änderungsangebots ergebe sich aus dem Kündigungsschutzgesetz keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf einem anderen - freien - Arbeitsplatz in einem ausländischen Betrieb oder Betriebsteil weiterzubeschäftigen. Die soziale Auswahl sei nicht zu beanstanden. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erfolgt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren unverändert weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung vom 28. Juni 2011 mit Ablauf des 31. Januar 2012 aufgelöst worden.

10

I. Die Kündigung ist nicht nach § 17 Abs. 2, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - angenommen, die Beklagte habe vor Zugang der Kündigung eine wirksame Massenentlassungsanzeige erstattet. Diese Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ihrem unstreitigen Vorbringen zufolge hat die Beklagte am 27. Juni 2011 gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formblatts schriftlich die Entlassung von 15 Arbeitnehmern angezeigt. Die Anzeige enthält die nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erforderlichen Pflichtangaben. Der Beifügung einer Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG bedurfte es nicht. Ein Betriebsrat war bei der Beklagten nicht gebildet.

11

II. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Sie ist iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt.

12

1. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.

13

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 33; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - aaO).

14

b) Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 19; 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - Rn. 22). Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf objektive Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240). Allerdings muss eine der entsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeiten führende Entscheidung nicht sicher prognostiziert werden (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO).

15

c) Daran gemessen lagen im Kündigungszeitpunkt Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vor.

16

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe im Juni 2011 den Entschluss gefasst, ihre Produktionstätigkeit am Standort W Ende Januar 2012 auf Dauer einzustellen und die „Endfertigung“ ihrer Verbandstoffe künftig in ihrer tschechischen Betriebsstätte durchführen zu lassen. Ihre Entscheidung habe sie den Planungen entsprechend auch umgesetzt. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an.

17

bb) Im Kündigungszeitpunkt war danach die Prognose gerechtfertigt, im Umfang entsprechender personeller Überkapazitäten werde das Beschäftigungsbedürfnis für Mitarbeiter im Produktionsbereich am Standort W mit Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist entfallen (zur Produktionsverlagerung ins Ausland: vgl. BAG 18. September 19972 AZR 657/96 - Rn. 12 ff.; zur Schließung von Dienststellen/Standorten bei gleichzeitiger Konzentration von Aufgaben an einem anderen Standort: siehe BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 31). Zum wesentlichen Inhalt der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gehört die Freiheit zur Gestaltung der betrieblichen Organisation. Sie umfasst auch die Festlegung, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Ziele verfolgt werden. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber insoweit eine „bessere“ oder „richtigere“ Betriebs- oder Unternehmensstruktur vorzuschreiben (vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 21; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31).

18

cc) Für eine getroffene und - wie im Streitfall - durchgeführte Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Es oblag deshalb der Klägerin, die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Entscheidung der Beklagten offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 26 mwN). Dies ist ihr nicht gelungen. Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe vor der Produktionsverlagerung mit den in W beschäftigten Arbeitnehmern über eine Absenkung der Vergütung verhandeln müssen. Das ist kein beachtlicher Einwand. Das Unterlassen entsprechender Bemühungen führt nicht dazu, dass die Entscheidung der Beklagten rechtsmissbräuchlich wäre, zumal es ihr nicht nur um eine Einsparung von Lohnkosten ging, sondern auch um eine Reduzierung von Transportkosten.

19

dd) Der Umstand, dass die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit im Bereich der „Endfertigung“ nicht vollständig aufgegeben hat, steht der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nicht entgegen.

20

(1) Die Verlagerung der mit der „Endfertigung“ zusammenhängenden Tätigkeiten nach J ändert - unbeschadet der Frage, wie der Begriff des „Betriebes“ in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu verstehen ist - nichts daran, dass der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin als solcher ersatzlos weggefallen ist. Für diese Bewertung spricht die erhebliche räumliche Entfernung zwischen den fraglichen Standorten, die - ausgehend von der in den Vorinstanzen mitgeteilten Anschrift der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten - mehr als 800 Kilometer beträgt. Hinzu kommt, dass nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten die alte Betriebsgemeinschaft im betreffenden Arbeitsbereich tatsächlich aufgelöst worden ist (zur Betriebsverlagerung als Betriebsstilllegung: vgl. BAG 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - zu II 1 a der Gründe). Die Einstellung der Produktion in Deutschland bewirkte überdies, dass der Beklagten nach dem 31. Januar 2012 eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf der bisherigen Vertragsgrundlage nicht mehr möglich war. Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag einen bestimmten Arbeitsort nicht ausdrücklich vereinbart. Daraus folgt aber nicht, dass die Beklagte der Klägerin einseitig eine Tätigkeit in ihrer tschechischen Betriebsstätte hätte zuweisen können. Ist der Arbeitsort nicht näher bestimmt, kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auf der Grundlage seines Direktionsrechts (§ 106 GewO)allenfalls innerhalb der Grenzen des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland versetzen (zum Meinungsstand: vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 106 GewO Rn. 16). Soweit die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet sein sollte, „auch eine andere Tätigkeit in der Firma auszuüben“, kann daraus - unabhängig davon, ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder um atypische Erklärungen handelt - nicht abgeleitet werden, die Beklagte habe sich eine länderübergreifende Versetzung der Klägerin vorbehalten wollen. Für ein solches Verständnis fehlt es an Anhaltspunkten, zumal im Arbeitsvertrag als „Firma“ die Beklagte unter ihrer Anschrift in W bezeichnet ist. Die Parteien verstehen ihre Vereinbarungen selbst nicht anders.

21

(2) Die Kündigung ist nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Änderungskündigung unwirksam. Insoweit kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass zumindest ein Teil der im Bereich der „Endfertigung“ erledigten Tätigkeiten in der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten weiterhin anfällt und dort ein entsprechender zusätzlicher Arbeitskräftebedarf entstanden ist. Bei den fraglichen Stellen handelt es sich nicht um „freie“ Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG.

22

(a) Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigungskündigung zu entsprechen. Das Merkmal der „Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio-Prinzip), aus dem sich ergibt, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine sowohl diesem als auch ihm selbst objektiv mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten Bedingungen, anbieten muss (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 361). Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 20 mwN).

23

(b) Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weiter gehenden Prüfung, ob dem Arbeitnehmer die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich macht. Eine ggf. erforderliche Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben, zB bei einer völlig unterwertigen Beschäftigung. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise sogar erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar erachtet oder nicht (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15).

24

(c) Für das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich diese Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kam (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21).

25

(d) Danach hat sich die Klägerin nicht auf eine geeignete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit berufen, soweit sie die Auffassung vertreten hat, die Arbeitsplätze in W hätten bei Entwicklung eines Sanierungskonzepts erhalten werden können. Der Arbeitgeber ist in den Grenzen der Willkür frei in seiner Entscheidung, an welchem Standort er seine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten können deshalb nur im Rahmen der von ihm vorgegebenen Arbeitsorganisation Berücksichtigung finden (vgl. BAG 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 c cc der Gründe).

26

(e) Die Beklagte musste der Klägerin zur Vermeidung einer Beendigungskündigung nicht eine Weiterbeschäftigung in J anbieten.

27

Der Berücksichtigung der fraglichen Stellen steht zwar nicht deren Anforderungsprofil entgegen, wie die Beklagte gemeint hat. Diese hat sich hierfür lediglich auf sprachliche Barrieren berufen. Ihr pauschaler Vortrag lässt nicht erkennen, welche Anforderungen der Arbeitsplatz an die Sprachkenntnisse der Klägerin objektiv stellt und weshalb mögliche Hindernisse nicht innerhalb einer zumutbaren Einarbeitungszeit hätten überwunden werden können.

28

Die Beklagte brauchte der Klägerin ein entsprechendes Änderungsangebot aber deshalb nicht zu unterbreiten, weil sich die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG, den Arbeitnehmer an einem anderen - freien - Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens erstreckt. Ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber ganze Betriebe oder doch Betriebsteile ins Ausland verlagert, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass es sich bei dem Bereich „Endfertigung“ um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil handelte.

29

(aa) Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der hier aufgeworfenen Rechtsfrage noch nicht näher befasst. Sie war entweder deshalb, weil sich der Arbeitnehmer nicht auf eine Weiterbeschäftigung im Ausland berufen hatte (vgl. BAG 18. September 1997 - 2 AZR 657/96 -), oder aus anderen Gründen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 89) nicht entscheidungserheblich.

30

(bb) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland seien im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG nicht zu berücksichtigen. Als „Betrieb“ iSv. § 1 KSchG seien nur die in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen organisatorischen Einheiten bzw. Teile eines Unternehmens anzusehen (im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - und - 5 Sa 220/11 -; LAG Hamburg 11. Mai 2011 - 5 Sa 1/11 -; Bader/Bram/Bram § 1 KSchG Rn. 305; Hoffmann-Remy/Zaumseil DB 2012, 1624; Horcher FA 2010, 43, 44; aA LAG Hamburg 22. März 2011 - 1 Sa 2/11 -; SES/Schwarze § 1 Rn. 315; Gravenhorst jurisPR-ArbR 41/2012 Anm. 4; Deinert JbArbR Bd. 50 S. 77, 96; mit Einschränkungen auch HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 277; Wisskirchen DB 2007, 340, 345 f.).

31

(cc) Dies ist jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation zutreffend.

32

(aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes - sofern eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes kein anderes Ergebnis gebietet - nur auf in Deutschland gelegene Betriebe Anwendung (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 13; 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 18, BAGE 125, 274). Das ergibt die am Wortlaut, an der Systematik und der Entstehungsgeschichte sowie an Sinn und Zweck des § 23 KSchG orientierte Auslegung(im Einzelnen BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 23 ff., aaO). Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verständnis des kündigungsschutzrechtlichen Betriebsbegriffs von Verfassungs wegen nicht beanstandet (vgl. BVerfG 12. März 2009 - 1 BvR 1250/08 -).

33

(bbb) Die sich daraus ergebenden Beschränkungen des durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Bestandsschutzes sind auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 KSchG zu berücksichtigen. Die Regelung knüpft, soweit sie die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf das Unternehmen ausdehnt, an die Beschäftigung in „Betrieben“ an. Der „Unternehmensbezug“ der Weiterbeschäftigungspflicht besteht nur mittelbar, dh. vermittelt über den Betriebsbegriff. Der Begriff des „Betriebes“ in § 1 KSchG ist grundsätzlich nicht anders zu verstehen als in § 23 KSchG(st. Rspr., vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 16, BAGE 125, 274; 3. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 - Rn. 28).

34

(ccc) Für die Beschränkung der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers auf organisatorische Einheiten, die in Deutschland gelegen sind, spricht insbesondere der - bereits für die Auslegung des Betriebsbegriffs in § 23 Abs. 1 KSchG maßgebende - Gesichtspunkt, dass die Frage nach der Sozialwidrigkeit der Kündigung nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenheiten erfordert. Das betrifft - neben der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialauswahl - in besonderem Maße die in Rede stehende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ggf. eine anderweitige Beschäftigung im selben oder in einem anderen Betrieb seines Unternehmens anzubieten. Schon die Beurteilung, ob freie Beschäftigungskapazitäten in einem ausländischen Betrieb zur Verfügung stehen, kann in der Regel nicht losgelöst von den Rechtsverhältnissen der dort tätigen Arbeitnehmer beurteilt werden. Auch kann es sein, dass mehrere zur Entlassung anstehende Arbeitnehmer betriebsübergreifend um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätze konkurrieren. Bei der Prüfung, welcher Arbeitnehmer in einer solchen Situation bei der Stellenbesetzung Vorrang genießt, ist vorausgesetzt, dass gegenüber allen betroffenen Beschäftigten und dem Arbeitgeber dasselbe - deutsche - Arbeitsrecht und Kündigungsschutzrecht angewendet und durchgesetzt werden kann. Diese Voraussetzung sicherzustellen ist das Anliegen der Anknüpfung an den Begriff des „Betriebes“ in § 23 Abs. 1 KSchG(vgl. BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 16). Im Rahmen von § 1 KSchG gilt nichts anderes. Die Norm legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Anders als in einem kohärenten System kann der vom Gesetzgeber mit den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes angestrebte Ausgleich gegenläufiger Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, ggf. aber auch der Arbeitnehmer untereinander, nicht gelingen.

35

Überdies könnte sonst die Freiheit des Arbeitgebers bei der Auswahl ggf. neu einzustellender Arbeitnehmer eingeschränkt sein, ohne dass dies dem im ausländischen Betrieb geltenden Recht entsprechen müsste. Auch könnte die Verpflichtung des Arbeitgebers, freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb in die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG einzubeziehen, zulasten der Beschäftigungschancen Dritter gehen, obwohl diese uU nicht die Möglichkeit hatten, einen deutschen Arbeitnehmern vergleichbaren Bestandsschutz zu erwerben (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - zu I 2.1.2 der Gründe). Dafür, dass der deutsche Gesetzgeber solch weitreichende Auswirkungen des Kündigungsschutzes beabsichtigt hat, fehlt es an Anhaltspunkten.

36

(ddd) Die Beschränkung der Verpflichtungen aus § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSchG auf in Deutschland gelegene „Betriebe“ führt nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der jeweiligen Belegschaft. Es stellt einen maßgebenden Unterschied dar, ob ein Betrieb im Inland oder Ausland angesiedelt ist. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Feststellung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung an die Voraussetzung zu knüpfen, dass die fragliche betriebliche Organisation in der Bundesrepublik Deutschland liegt, ist nicht willkürlich (vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 32, BAGE 125, 274).

37

(eee) Im Streitfall kann dahinstehen, ob „freie“ Arbeitsplätze im Ausland dann zu berücksichtigen sind, wenn die Arbeitsverhältnisse der im ausländischen Betrieb tätigen Arbeitnehmer - etwa aufgrund einer Rechtswahl - deutschem (Kündigungs-)Recht unterliegen (die Berücksichtigung solcher Vertragsverhältnisse jedenfalls bei der Feststellung der Betriebsgröße iSd. § 23 Abs. 1 KSchG erwägend: BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 20). Ebenso kann offen bleiben, ob sich ein Arbeitnehmer dann auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland berufen kann, wenn im Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel vereinbart ist, die dem Arbeitgeber die Zuweisung einer entsprechenden Tätigkeit ermöglicht (befürwortend Horcher FA 2010, 43, 47). So liegt der Streitfall nicht. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine entsprechende Abrede. Dem Vorbringen der Parteien sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass auf die Arbeitsverhältnisse der in J tätigen Arbeitnehmer deutsches Recht zur Anwendung gelangte. Darauf, ob das individuelle Arbeitsverhältnis der Parteien im Falle seiner Fortführung im Ausland weiterhin deutschem Recht unterläge oder ob ein Statutenwechsel einträte, kommt es nicht an (zur Problematik vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 166; Deinert JbArbR Bd. 50 S. 77, 83; Junker NZA-Beil. 2012, 8, 9, 14; Pauls Betriebsverlagerung ins Ausland und Wegzugsfreiheit des Unternehmers S. 27 ff.). Ein möglicher Wechsel des Vertragsstatuts könnte zwar im Rahmen der Prüfung, ob ein Änderungsangebot ausnahmsweise entbehrlich ist, Bedeutung gewinnen. Er ist aber für sich genommen kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung, ob das Kündigungsschutzgesetz dem Arbeitgeber ggf. die Verpflichtung auferlegt, dem Arbeitnehmer im Wege der Änderungskündigung ein Angebot zur Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz in einem im Ausland gelegenen Betrieb zu unterbreiten (vgl. Hoffmann-Remy/Zaumseil DB 2012, 1624, 1625).

38

(fff) Das Ergebnis widerspricht nicht der Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts, nach der von einem - den Tatbestand der Betriebs(teil)stilllegung ausschließenden - Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a BGB auch bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auszugehen sein kann(BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 36, 45). Im entschiedenen Fall ging es um die - identitätswahrende - Verlagerung eines organisatorisch abgegrenzten Betriebsteils ins (grenznahe und überdies deutschsprachige) Ausland bei gleichzeitigem Wechsel des Betriebsinhabers. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. Weder den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem beiderseitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Aufgabenbereich der „Endfertigung“ um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil gehandelt hätte, der identitätswahrend als Ganzer nach J verlagert worden wäre.

39

(ggg) Die verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs mag - je nach den Umständen des Falls - ein anderes Ergebnis gebieten, wenn ein Arbeitgeber unweit einer Ländergrenze im In- und Ausland mehrere einheitlich gelenkte Betriebsstätten unterhält und Aufgaben im „kleinem Grenzverkehr“ von der einen in die andere Einheit verlagert (dazu Boigs jurisPR-ArbR 8/2012 Anm. 1). Auch so liegt der Streitfall nicht.

40

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - angenommen, die Klägerin sei mit Arbeitnehmern, die über den 31. Januar 2012 hinaus in W weiterbeschäftigt worden seien, nicht vergleichbar. Die Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Auf eine Sozialauswahl mit Arbeitnehmern, die in der Betriebsstätte J beschäftigt sind, hat sich die Klägerin in den Vorinstanzen nicht berufen. Im Übrigen wären in die Sozialauswahl wegen ihrer Betriebsbezogenheit jedenfalls solche Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, die im Kündigungszeitpunkt im Ausland beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnis nicht deutschem Recht unterlag.

41

III. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

42

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juli 2012 - 15 Sa 759/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Textilindustrie. Sie hat in J/Tschechische Republik eine unselbständige Betriebsstätte, in der sie Verbandstoffe herstellt. Die Endfertigung der Stoffe einschließlich Verpackung und Versand erfolgte an ihrem Sitz in W/Nordrhein-Westfalen. Die 1965 geborene Klägerin war seit Januar 1984 bei der Beklagten am Standort W als Textilarbeiterin beschäftigt. Zuletzt war sie als Vorarbeiterin gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.474,57 Euro tätig.

3

Im Juni 2011 beschloss die Beklagte, die Produktion in W zum 31. Januar 2012 vollständig einzustellen und funktionstüchtige Maschinen nach J zu verbringen. Die Abteilungen Großversand, Warenannahme, Lager und Qualitätssicherung sollten zum 30. Juni 2012 geschlossen werden. Der kaufmännische Bereich - bestehend aus Finanzbuchhaltung, Lohnabrechnung, Ein- und Verkauf - sollte in W verbleiben.

4

Am 27. Juni 2011 zeigte die Beklagte der zuständigen Agentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 15 Arbeitnehmern an. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011, das der Klägerin am selben Tag zuging, kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Januar 2012. Daneben kündigte sie - bis auf zwei Ausnahmen - die Arbeitsverhältnisse der übrigen in W eingesetzten gewerblichen Arbeitnehmer. Die beiden nicht gekündigten Produktionsmitarbeiter beschäftigte sie bis zum 30. Juni 2012 weiter.

5

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigung sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten durchaus - jedenfalls in J - bestanden. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Spätestens nach einer Einarbeitungszeit von sechs Wochen sei sie in der Lage gewesen, die im gewerblichen Bereich noch anfallenden Arbeiten zu erledigen. Zudem fehle es an einer wirksamen Massenentlassungsanzeige.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrags als Vorarbeiterin bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Sie sei durch die Entscheidung zur Stilllegung der Produktion am Standort W bedingt. Die organisatorische Maßnahme habe sich im Kündigungszeitpunkt bereits greifbar abgezeichnet und sei termingerecht umgesetzt worden. Damit seien die bisherigen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin weggefallen. Eine Verpflichtung, diese in der Betriebsstätte J weiterzubeschäftigen, habe nicht bestanden. Abgesehen von der Unzumutbarkeit eines entsprechenden Änderungsangebots ergebe sich aus dem Kündigungsschutzgesetz keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf einem anderen - freien - Arbeitsplatz in einem ausländischen Betrieb oder Betriebsteil weiterzubeschäftigen. Die soziale Auswahl sei nicht zu beanstanden. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erfolgt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren unverändert weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung vom 28. Juni 2011 mit Ablauf des 31. Januar 2012 aufgelöst worden.

10

I. Die Kündigung ist nicht nach § 17 Abs. 2, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - angenommen, die Beklagte habe vor Zugang der Kündigung eine wirksame Massenentlassungsanzeige erstattet. Diese Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ihrem unstreitigen Vorbringen zufolge hat die Beklagte am 27. Juni 2011 gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formblatts schriftlich die Entlassung von 15 Arbeitnehmern angezeigt. Die Anzeige enthält die nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erforderlichen Pflichtangaben. Der Beifügung einer Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG bedurfte es nicht. Ein Betriebsrat war bei der Beklagten nicht gebildet.

11

II. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Sie ist iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt.

12

1. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.

13

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 33; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - aaO).

14

b) Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 19; 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - Rn. 22). Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf objektive Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240). Allerdings muss eine der entsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeiten führende Entscheidung nicht sicher prognostiziert werden (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO).

15

c) Daran gemessen lagen im Kündigungszeitpunkt Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vor.

16

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe im Juni 2011 den Entschluss gefasst, ihre Produktionstätigkeit am Standort W Ende Januar 2012 auf Dauer einzustellen und die „Endfertigung“ ihrer Verbandstoffe künftig in ihrer tschechischen Betriebsstätte durchführen zu lassen. Ihre Entscheidung habe sie den Planungen entsprechend auch umgesetzt. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an.

17

bb) Im Kündigungszeitpunkt war danach die Prognose gerechtfertigt, im Umfang entsprechender personeller Überkapazitäten werde das Beschäftigungsbedürfnis für Mitarbeiter im Produktionsbereich am Standort W mit Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist entfallen (zur Produktionsverlagerung ins Ausland: vgl. BAG 18. September 19972 AZR 657/96 - Rn. 12 ff.; zur Schließung von Dienststellen/Standorten bei gleichzeitiger Konzentration von Aufgaben an einem anderen Standort: siehe BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 31). Zum wesentlichen Inhalt der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gehört die Freiheit zur Gestaltung der betrieblichen Organisation. Sie umfasst auch die Festlegung, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Ziele verfolgt werden. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber insoweit eine „bessere“ oder „richtigere“ Betriebs- oder Unternehmensstruktur vorzuschreiben (vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 21; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31).

18

cc) Für eine getroffene und - wie im Streitfall - durchgeführte Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Es oblag deshalb der Klägerin, die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Entscheidung der Beklagten offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 26 mwN). Dies ist ihr nicht gelungen. Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe vor der Produktionsverlagerung mit den in W beschäftigten Arbeitnehmern über eine Absenkung der Vergütung verhandeln müssen. Das ist kein beachtlicher Einwand. Das Unterlassen entsprechender Bemühungen führt nicht dazu, dass die Entscheidung der Beklagten rechtsmissbräuchlich wäre, zumal es ihr nicht nur um eine Einsparung von Lohnkosten ging, sondern auch um eine Reduzierung von Transportkosten.

19

dd) Der Umstand, dass die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit im Bereich der „Endfertigung“ nicht vollständig aufgegeben hat, steht der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nicht entgegen.

20

(1) Die Verlagerung der mit der „Endfertigung“ zusammenhängenden Tätigkeiten nach J ändert - unbeschadet der Frage, wie der Begriff des „Betriebes“ in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu verstehen ist - nichts daran, dass der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin als solcher ersatzlos weggefallen ist. Für diese Bewertung spricht die erhebliche räumliche Entfernung zwischen den fraglichen Standorten, die - ausgehend von der in den Vorinstanzen mitgeteilten Anschrift der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten - mehr als 800 Kilometer beträgt. Hinzu kommt, dass nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten die alte Betriebsgemeinschaft im betreffenden Arbeitsbereich tatsächlich aufgelöst worden ist (zur Betriebsverlagerung als Betriebsstilllegung: vgl. BAG 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - zu II 1 a der Gründe). Die Einstellung der Produktion in Deutschland bewirkte überdies, dass der Beklagten nach dem 31. Januar 2012 eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf der bisherigen Vertragsgrundlage nicht mehr möglich war. Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag einen bestimmten Arbeitsort nicht ausdrücklich vereinbart. Daraus folgt aber nicht, dass die Beklagte der Klägerin einseitig eine Tätigkeit in ihrer tschechischen Betriebsstätte hätte zuweisen können. Ist der Arbeitsort nicht näher bestimmt, kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auf der Grundlage seines Direktionsrechts (§ 106 GewO)allenfalls innerhalb der Grenzen des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland versetzen (zum Meinungsstand: vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 106 GewO Rn. 16). Soweit die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet sein sollte, „auch eine andere Tätigkeit in der Firma auszuüben“, kann daraus - unabhängig davon, ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder um atypische Erklärungen handelt - nicht abgeleitet werden, die Beklagte habe sich eine länderübergreifende Versetzung der Klägerin vorbehalten wollen. Für ein solches Verständnis fehlt es an Anhaltspunkten, zumal im Arbeitsvertrag als „Firma“ die Beklagte unter ihrer Anschrift in W bezeichnet ist. Die Parteien verstehen ihre Vereinbarungen selbst nicht anders.

21

(2) Die Kündigung ist nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Änderungskündigung unwirksam. Insoweit kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass zumindest ein Teil der im Bereich der „Endfertigung“ erledigten Tätigkeiten in der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten weiterhin anfällt und dort ein entsprechender zusätzlicher Arbeitskräftebedarf entstanden ist. Bei den fraglichen Stellen handelt es sich nicht um „freie“ Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG.

22

(a) Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigungskündigung zu entsprechen. Das Merkmal der „Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio-Prinzip), aus dem sich ergibt, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine sowohl diesem als auch ihm selbst objektiv mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten Bedingungen, anbieten muss (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 361). Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 20 mwN).

23

(b) Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weiter gehenden Prüfung, ob dem Arbeitnehmer die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich macht. Eine ggf. erforderliche Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben, zB bei einer völlig unterwertigen Beschäftigung. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise sogar erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar erachtet oder nicht (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15).

24

(c) Für das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich diese Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kam (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21).

25

(d) Danach hat sich die Klägerin nicht auf eine geeignete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit berufen, soweit sie die Auffassung vertreten hat, die Arbeitsplätze in W hätten bei Entwicklung eines Sanierungskonzepts erhalten werden können. Der Arbeitgeber ist in den Grenzen der Willkür frei in seiner Entscheidung, an welchem Standort er seine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten können deshalb nur im Rahmen der von ihm vorgegebenen Arbeitsorganisation Berücksichtigung finden (vgl. BAG 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 c cc der Gründe).

26

(e) Die Beklagte musste der Klägerin zur Vermeidung einer Beendigungskündigung nicht eine Weiterbeschäftigung in J anbieten.

27

Der Berücksichtigung der fraglichen Stellen steht zwar nicht deren Anforderungsprofil entgegen, wie die Beklagte gemeint hat. Diese hat sich hierfür lediglich auf sprachliche Barrieren berufen. Ihr pauschaler Vortrag lässt nicht erkennen, welche Anforderungen der Arbeitsplatz an die Sprachkenntnisse der Klägerin objektiv stellt und weshalb mögliche Hindernisse nicht innerhalb einer zumutbaren Einarbeitungszeit hätten überwunden werden können.

28

Die Beklagte brauchte der Klägerin ein entsprechendes Änderungsangebot aber deshalb nicht zu unterbreiten, weil sich die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG, den Arbeitnehmer an einem anderen - freien - Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens erstreckt. Ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber ganze Betriebe oder doch Betriebsteile ins Ausland verlagert, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass es sich bei dem Bereich „Endfertigung“ um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil handelte.

29

(aa) Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der hier aufgeworfenen Rechtsfrage noch nicht näher befasst. Sie war entweder deshalb, weil sich der Arbeitnehmer nicht auf eine Weiterbeschäftigung im Ausland berufen hatte (vgl. BAG 18. September 1997 - 2 AZR 657/96 -), oder aus anderen Gründen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 89) nicht entscheidungserheblich.

30

(bb) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland seien im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG nicht zu berücksichtigen. Als „Betrieb“ iSv. § 1 KSchG seien nur die in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen organisatorischen Einheiten bzw. Teile eines Unternehmens anzusehen (im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - und - 5 Sa 220/11 -; LAG Hamburg 11. Mai 2011 - 5 Sa 1/11 -; Bader/Bram/Bram § 1 KSchG Rn. 305; Hoffmann-Remy/Zaumseil DB 2012, 1624; Horcher FA 2010, 43, 44; aA LAG Hamburg 22. März 2011 - 1 Sa 2/11 -; SES/Schwarze § 1 Rn. 315; Gravenhorst jurisPR-ArbR 41/2012 Anm. 4; Deinert JbArbR Bd. 50 S. 77, 96; mit Einschränkungen auch HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 277; Wisskirchen DB 2007, 340, 345 f.).

31

(cc) Dies ist jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation zutreffend.

32

(aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes - sofern eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes kein anderes Ergebnis gebietet - nur auf in Deutschland gelegene Betriebe Anwendung (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 13; 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 18, BAGE 125, 274). Das ergibt die am Wortlaut, an der Systematik und der Entstehungsgeschichte sowie an Sinn und Zweck des § 23 KSchG orientierte Auslegung(im Einzelnen BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 23 ff., aaO). Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verständnis des kündigungsschutzrechtlichen Betriebsbegriffs von Verfassungs wegen nicht beanstandet (vgl. BVerfG 12. März 2009 - 1 BvR 1250/08 -).

33

(bbb) Die sich daraus ergebenden Beschränkungen des durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Bestandsschutzes sind auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 KSchG zu berücksichtigen. Die Regelung knüpft, soweit sie die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf das Unternehmen ausdehnt, an die Beschäftigung in „Betrieben“ an. Der „Unternehmensbezug“ der Weiterbeschäftigungspflicht besteht nur mittelbar, dh. vermittelt über den Betriebsbegriff. Der Begriff des „Betriebes“ in § 1 KSchG ist grundsätzlich nicht anders zu verstehen als in § 23 KSchG(st. Rspr., vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 16, BAGE 125, 274; 3. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 - Rn. 28).

34

(ccc) Für die Beschränkung der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers auf organisatorische Einheiten, die in Deutschland gelegen sind, spricht insbesondere der - bereits für die Auslegung des Betriebsbegriffs in § 23 Abs. 1 KSchG maßgebende - Gesichtspunkt, dass die Frage nach der Sozialwidrigkeit der Kündigung nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenheiten erfordert. Das betrifft - neben der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialauswahl - in besonderem Maße die in Rede stehende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ggf. eine anderweitige Beschäftigung im selben oder in einem anderen Betrieb seines Unternehmens anzubieten. Schon die Beurteilung, ob freie Beschäftigungskapazitäten in einem ausländischen Betrieb zur Verfügung stehen, kann in der Regel nicht losgelöst von den Rechtsverhältnissen der dort tätigen Arbeitnehmer beurteilt werden. Auch kann es sein, dass mehrere zur Entlassung anstehende Arbeitnehmer betriebsübergreifend um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätze konkurrieren. Bei der Prüfung, welcher Arbeitnehmer in einer solchen Situation bei der Stellenbesetzung Vorrang genießt, ist vorausgesetzt, dass gegenüber allen betroffenen Beschäftigten und dem Arbeitgeber dasselbe - deutsche - Arbeitsrecht und Kündigungsschutzrecht angewendet und durchgesetzt werden kann. Diese Voraussetzung sicherzustellen ist das Anliegen der Anknüpfung an den Begriff des „Betriebes“ in § 23 Abs. 1 KSchG(vgl. BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 16). Im Rahmen von § 1 KSchG gilt nichts anderes. Die Norm legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Anders als in einem kohärenten System kann der vom Gesetzgeber mit den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes angestrebte Ausgleich gegenläufiger Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, ggf. aber auch der Arbeitnehmer untereinander, nicht gelingen.

35

Überdies könnte sonst die Freiheit des Arbeitgebers bei der Auswahl ggf. neu einzustellender Arbeitnehmer eingeschränkt sein, ohne dass dies dem im ausländischen Betrieb geltenden Recht entsprechen müsste. Auch könnte die Verpflichtung des Arbeitgebers, freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb in die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG einzubeziehen, zulasten der Beschäftigungschancen Dritter gehen, obwohl diese uU nicht die Möglichkeit hatten, einen deutschen Arbeitnehmern vergleichbaren Bestandsschutz zu erwerben (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - zu I 2.1.2 der Gründe). Dafür, dass der deutsche Gesetzgeber solch weitreichende Auswirkungen des Kündigungsschutzes beabsichtigt hat, fehlt es an Anhaltspunkten.

36

(ddd) Die Beschränkung der Verpflichtungen aus § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSchG auf in Deutschland gelegene „Betriebe“ führt nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der jeweiligen Belegschaft. Es stellt einen maßgebenden Unterschied dar, ob ein Betrieb im Inland oder Ausland angesiedelt ist. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Feststellung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung an die Voraussetzung zu knüpfen, dass die fragliche betriebliche Organisation in der Bundesrepublik Deutschland liegt, ist nicht willkürlich (vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 32, BAGE 125, 274).

37

(eee) Im Streitfall kann dahinstehen, ob „freie“ Arbeitsplätze im Ausland dann zu berücksichtigen sind, wenn die Arbeitsverhältnisse der im ausländischen Betrieb tätigen Arbeitnehmer - etwa aufgrund einer Rechtswahl - deutschem (Kündigungs-)Recht unterliegen (die Berücksichtigung solcher Vertragsverhältnisse jedenfalls bei der Feststellung der Betriebsgröße iSd. § 23 Abs. 1 KSchG erwägend: BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 20). Ebenso kann offen bleiben, ob sich ein Arbeitnehmer dann auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland berufen kann, wenn im Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel vereinbart ist, die dem Arbeitgeber die Zuweisung einer entsprechenden Tätigkeit ermöglicht (befürwortend Horcher FA 2010, 43, 47). So liegt der Streitfall nicht. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine entsprechende Abrede. Dem Vorbringen der Parteien sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass auf die Arbeitsverhältnisse der in J tätigen Arbeitnehmer deutsches Recht zur Anwendung gelangte. Darauf, ob das individuelle Arbeitsverhältnis der Parteien im Falle seiner Fortführung im Ausland weiterhin deutschem Recht unterläge oder ob ein Statutenwechsel einträte, kommt es nicht an (zur Problematik vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 166; Deinert JbArbR Bd. 50 S. 77, 83; Junker NZA-Beil. 2012, 8, 9, 14; Pauls Betriebsverlagerung ins Ausland und Wegzugsfreiheit des Unternehmers S. 27 ff.). Ein möglicher Wechsel des Vertragsstatuts könnte zwar im Rahmen der Prüfung, ob ein Änderungsangebot ausnahmsweise entbehrlich ist, Bedeutung gewinnen. Er ist aber für sich genommen kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung, ob das Kündigungsschutzgesetz dem Arbeitgeber ggf. die Verpflichtung auferlegt, dem Arbeitnehmer im Wege der Änderungskündigung ein Angebot zur Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz in einem im Ausland gelegenen Betrieb zu unterbreiten (vgl. Hoffmann-Remy/Zaumseil DB 2012, 1624, 1625).

38

(fff) Das Ergebnis widerspricht nicht der Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts, nach der von einem - den Tatbestand der Betriebs(teil)stilllegung ausschließenden - Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a BGB auch bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auszugehen sein kann(BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 36, 45). Im entschiedenen Fall ging es um die - identitätswahrende - Verlagerung eines organisatorisch abgegrenzten Betriebsteils ins (grenznahe und überdies deutschsprachige) Ausland bei gleichzeitigem Wechsel des Betriebsinhabers. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. Weder den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem beiderseitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Aufgabenbereich der „Endfertigung“ um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil gehandelt hätte, der identitätswahrend als Ganzer nach J verlagert worden wäre.

39

(ggg) Die verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs mag - je nach den Umständen des Falls - ein anderes Ergebnis gebieten, wenn ein Arbeitgeber unweit einer Ländergrenze im In- und Ausland mehrere einheitlich gelenkte Betriebsstätten unterhält und Aufgaben im „kleinem Grenzverkehr“ von der einen in die andere Einheit verlagert (dazu Boigs jurisPR-ArbR 8/2012 Anm. 1). Auch so liegt der Streitfall nicht.

40

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - angenommen, die Klägerin sei mit Arbeitnehmern, die über den 31. Januar 2012 hinaus in W weiterbeschäftigt worden seien, nicht vergleichbar. Die Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Auf eine Sozialauswahl mit Arbeitnehmern, die in der Betriebsstätte J beschäftigt sind, hat sich die Klägerin in den Vorinstanzen nicht berufen. Im Übrigen wären in die Sozialauswahl wegen ihrer Betriebsbezogenheit jedenfalls solche Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, die im Kündigungszeitpunkt im Ausland beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnis nicht deutschem Recht unterlag.

41

III. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

42

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.