Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Apr. 2018 - 8 Sa 422/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0410.8Sa422.17.00
bei uns veröffentlicht am10.04.2018

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23. August 2017 - 11 Ca 3344/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Probezeitkündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Die Beklagte betreibt eine Fachklinik für Neurologie und bietet medizinisch-berufliche Rehabilitationsmaßnahmen an. Diese beinhalten auch die Durchführung von Berufsausbildungsverhältnissen, deren Ziel die Erlangung eines anerkannten Ausbildungsabschlusses ist. Die Ausbildungsvergütung wird in diesen Fällen durch die Agentur für Arbeit geleistet, mit der die Beklagte die Ausbildungszeit abstimmt. Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat.

3

Die am 1990 geborene Klägerin hat aufgrund einer neurologischen Schädigung, die auf einen Behandlungsfehler aus dem Jahr 2013 zurückzuführen ist, einen Grad der Behinderung (GdB) von 100. Im Zeitraum 20. Juli 2015 bis 9. Oktober 2015 nahm sie an einer Berufsfindungsmaßnahme bei der Beklagten teil. Im unmittelbaren Anschluss - vom 12. Oktober 2015 bis 3. Juli 2016 - absolvierte die Klägerin eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme bei der Beklagten. Unter dem 4. Juli 2016 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Ausbildung der Klägerin zur Kauffrau für Büromanagement (Bl. 15 d.A.). Laut diesem Ausbildungsvertrag beträgt die Probezeit vier Monate. Die Ausbildungsvergütung wurde durch die Agentur für Arbeit geleistet.

4

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 (Bl. 17 d.A.) wandte sich die Agentur für Arbeit an die Klägerin und teilte mit, dass beabsichtigt sei, die Bewilligung der Förderungsmaßnahmen bezüglich ihrer Ausbildung aufzuheben. Grund seien von der Beklagten mitgeteilte „massive Probleme in der Zusammenarbeit“; zudem habe die Klägerin ärztliche Vorgaben einzuhalten. Mit der Antragstellung zur Förderung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben habe sich die Klägerin zur Mitwirkung in der Ausbildung verpflichtet.

5

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2016 (Bl. 16 d.A.) kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis „ordentlich – innerhalb der Probezeit – mit gesetzlicher Frist zum 25. Oktober 2016“. Das Kündigungsschreiben wurde der Klägerin am 5. Oktober 2016 übergeben.

6

Die Beklagte informierte das Integrationsamt mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 über die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses (Bl. 157 d.A.). Seine vorherige Zustimmung zur Kündigung hatte sie nicht eingeholt. Der Betriebsrat der Beklagten erklärte mit Schreiben vom 25. Oktober 2016 (Bl. 156 d.A.) gegenüber der Beklagten, „nicht für Belange von Frau A. zuständig“ zu sein.

7

Der von der Klägerin mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 angerufene Schlichtungsausschuss der Industrie- und Handelskammer K. (IHK) fällte am 16. November 2016 einen Spruch (Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses), den die Beklagte nicht anerkannte. Hierüber informierte die IHK die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit am 28. November 2016 zugegangenem Schreiben vom 24. November 2016 (Bl. 30 d.A.).

8

Mit ihrer am 21. Oktober 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 3. November 2016 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung vom 5. Oktober 2016 gewandt.

9

Sie hat vorgetragen,
die mit dem Ausbildungsvertrag vom 4. Juli 2016 getroffene Probezeitvereinbarung sei unwirksam; jedenfalls verhalte sich die Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn sie das Ausbildungsverhältnis unter Berufung auf die vereinbarte Probezeit ordentlich kündige. Die Parteien hätten im Rahmen der unmittelbar vor Beginn der Ausbildung stattgefundenen Berufsfindungs- und insbesondere aufgrund der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme umfassend Gelegenheit gehabt, sich gegenseitig zu prüfen und festzustellen, ob sich die Ausbildung realisieren lasse. Zwischen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und dem Ausbildungsverhältnis bestehe sachlich und fachlich ein so enger Zusammenhang, dass die Vereinbarung einer über die einmonatige Mindestprobezeit hinausgehenden Probezeit unzulässig sei.

10

Die Unwirksamkeit der Kündigung folge zudem daraus, dass der Betriebsrat vor Kündigungsausspruch nicht angehört worden sei. Überdies fehle es an der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamts. Die Kündigung sei außerdem unwirksam, weil sie gegen das Maßregelverbot verstoße. Sie habe sich über Mängel der Ausbildung und medizinischen Betreuung beschwert. Hierauf habe die Beklagte mit der Kündigung reagiert.

11

Die Klägerin hat beantragt,

12

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 5. Oktober 2016 nicht aufgelöst ist.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat vorgetragen,
eine Anrechnung der Zeiten von vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses durchgeführten Maßnahmen scheide aus. Die (zwingende) Probezeit im Ausbildungsverhältnis diene der Erprobung im konkreten Ausbildungsverhältnis mit den entsprechenden, spezifischen Rechten und Pflichten. Dieser Zweck könne durch andere Vertragsverhältnisse nicht erreicht werden.

16

Der Betriebsrat sei für die Klägerin nach § 36 Satz 2 SGB IX (a.F.) nicht zuständig. Auch die Einholung der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung sei nicht erforderlich gewesen, da das Ausbildungsverhältnis mit der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine sechs Monate bestanden habe.

17

Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen das Maßregelverbot unwirksam. Grund für die Kündigung sei die fehlende Compliance der Klägerin gewesen.

18

Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23. August 2017 (Bl. 167 - 171 d.A.) Bezug genommen.

19

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23. August 2017 die Klage abgewiesen. Es habe sich um eine Probezeitkündigung gehandelt; eine Anrechnung der vorhergehenden Qualifizierungsmaßnahmen scheide nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus. Die Anhörung des Betriebsrats sei ebenso wenig erforderlich gewesen wie die Zustimmung des Integrationsamts. Einen Verstoß gegen das Maßregelverbot habe die Klägerin nicht dargelegt. Zur weiteren Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 bis 13 dieses Urteils (Bl. 171 - 178 d.A.) verwiesen.

20

Gegen das ihr am 7. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 28. September 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 7. November 2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

21

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass nach der absolvierten Berufsfindungs- sowie insbesondere der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme noch eine weitere viermonatige Probezeit für das sich anschließende Ausbildungsverhältnis habe vereinbart werden können. Die erfolgreiche Durchführung der vorgenannten Maßnahmen führe zwar nicht in der Weise zu einer Anrechnung auf die Probezeit, die sie gänzlich entfallen ließe. Sie dürfe jedoch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks die Mindestfrist von einem Monat nicht übersteigen; ansonsten liege eine unangemessene Benachteiligung des Auszubildenden iSv. § 307 Abs. 1 BGB vor. Die Berufung der Beklagten auf die die gesetzliche Mindestfrist überschreitende Probezeit sei rechtsmissbräuchlich. Zwischen den Qualifizierungsmaßnahmen und der sich anschließenden Ausbildung bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang, der sie im Ergebnis als ein Berufsausbildungsverhältnis erscheinen lasse. Gerade die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme sei insbesondere zum Ende hin der tatsächlichen Berufsausbildung nahezu identisch ausgestaltet gewesen.

22

Vor diesem Hintergrund sei die Zustimmung des Integrationsamts nach § 85 SGB IX (a.F.) erforderlich gewesen, da auch insoweit jedenfalls die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme auf die Wartezeit anzurechnen sei.

23

Die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich auch aus der fehlenden Betriebsratsanhörung. § 36 Satz 2 SGB IX (a.F.) finde auf sie, die Klägerin, keine Anwendung, weil sie keine Rehabilitandin, sondern Auszubildende sei. Darüber hinaus sei § 36 Satz 2 SGB IX (a.F.) wegen Verstoßes gegen die Richtlinie 2000/78/EG nicht anwendbar. Schwerbehinderte Menschen, die eine Ausbildung in einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation absolvieren, würden gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen, die in derartigen Einrichtungen eine „normale“ Ausbildung absolvieren diskriminiert, wenn der Betriebsrat mit seinen weitergehenden Mitbestimmungsrechten für sie nicht zuständig sei.

24

Schließlich sei die Kündigung unwirksam, weil sie gegen § 612 a BGB verstoße. Im Rahmen ihrer Anhörung bei der Agentur für Arbeit sei ihr von dem zuständigen Sachbearbeiter mitgeteilt worden, dass die Kündigung insbesondere auf eine Leistungsschwäche im Fach Mathematik gestützt worden sei. Diese Behauptung der Beklagten sei haltlos, was sie habe nachweisen können. Tatsächlich habe sie sich wiederholt über Ausbildungsdefizite und Mängel in der Therapie beschwert. So sei ihr vor Beginn der Ausbildung der Vertrag nicht vorgelegt worden, dieser sei erst im Entwurf am 8. August 2016 per Fax an ihre Heimatadresse gesandt worden. Weiterhin habe sie beanstandet, dass ihre Ausbildung bereits am 4. Juli 2016 (und nicht wie für die anderen Auszubildenden am 1. August 2016) begonnen habe, zumal vor dem 1. August 2016 im Grunde genommen keine Ausbildung stattgefunden habe. Schließlich hätten sich die Auszubildenden zusammengetan und im Namen eines Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr eine Beschwerde an den Ausbildungsberater der Handwerkskammer, die bis zum Beginn des Ausbildungsjahres 2016 für die Ausbildung von Kaufleuten bei der Beklagten zuständig war, gerichtet. Als „Retourkutsche“ habe die Beklagte ihr gekündigt und sie wegen angeblicher Leistungsschwäche im Fach Mathematik bei der Agentur für Arbeit „angeschwärzt“.

25

Die Klägerin beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23. August 2017 - 11 Ca 3344/16 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 5. Oktober 2016 nicht aufgelöst ist.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien die Berufsfindungsmaßnahme und die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme als „andere Vertragsverhältnisse“ nicht auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Die vorbereitenden Qualifizierungsmaßnahmen unterschieden sich hinsichtlich Zweck, Zielsetzung, Arbeitszeit, Inhalt und vertraglicher Rechte und Pflichten von der tatsächlichen Berufsausbildung. Es treffe nicht zu, dass im Rahmen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bereits wesentliche Ausbildungsinhalte vermittelt würden; auch stellten sich die Maßnahmen seit Beginn der Zusammenarbeit nicht als Einheit dar.

30

Vor diesem Hintergrund sei die Zustimmung des Integrationsamts mangels Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nicht erforderlich gewesen.

31

Eine Anhörung des Betriebsrats sei nach § 36 SGB IX (a.F.) entbehrlich, da sie (die Beklagte) - unstreitig - Leistungen als Einrichtung der beruflichen Rehabilitation ausführe und die Klägerin, von der Agentur für Arbeit gefördert, hieran teilgenommen habe. Ein Verstoß gegen europäisches Recht liege nicht vor, da für behinderte Menschen bzw. Rehabilitanden besondere Vertretungen vorgesehen seien.

32

Die Kündigung verstoße auch nicht gegen das Maßregelverbot. Sie, die Beklagte, habe eine ordnungsgemäße Ausbildung, sowohl fachlich wie auch therapeutisch gewährleistet. Die Kündigung sei keine „Retourkutsche“ für etwaige Beschwerden gewesen, sondern wegen fehlender Compliance der Klägerin ausgesprochen worden.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

34

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

B.

35

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist im angefochtenen Urteil zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 5. Oktober 2016 aufgelöst worden ist.

I.

36

Die Klage ist zulässig. Die nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Anrufung eines bestehenden Schlichtungsausschusses ist eine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung für arbeitsgerichtliche Klagen in Ausbildungsstreitigkeiten. Nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG muss der Klage die Verhandlung vor dem Ausschuss vorangegangen sein. Der Mangel der Nichtanrufung des Schlichtungsausschusses kann jedoch nach Klageeinreichung geheilt werden, wenn das Schlichtungsverfahren nachgeholt wird. Die Klage wird dann nachträglich zulässig (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 24).

37

So lag es hier. Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss der IHK war zwar bei Klageerhebung noch nicht durchgeführt worden. Nachdem der Spruch des Schlichtungsausschusses vom 16. November 2016, der seitens der Beklagten nicht anerkannt wurde, war es aber im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung beim Arbeitsgericht abgeschlossen und die Klage damit zulässig geworden.

II.

38

Die Klage ist unbegründet. Das Ausbildungsverhältnis wurde infolge der innerhalb der wirksam vereinbarten Probezeit erklärten Kündigung der Beklagten aufgelöst.

39

1. Nach § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die streitgegenständliche Kündigung wurde formgerecht während der im Berufsausbildungsvertrag vom 4. Juli 2016 vereinbarten viermonatigen Probezeit erklärt. Die Zeiten, in denen die Klägerin bei der Beklagten zuvor zunächst die Berufsfindungs- und anschließend die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme absolvierte, finden keine Anrechnung auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis.

40

a) Nach § 20 Satz 1 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Eine Anrechnung von Zeiten, in denen zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bereits ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sieht § 20 BBiG nicht vor. Die Vorschrift knüpft allein an den rechtlichen Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Demnach stehen nach der vom Arbeitsgericht zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses derselben Parteien vor Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses weder der Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis entgegen, noch findet eine Anrechnung auf die gemäß § 20 Satz 1 BBiG zu vereinbarende Probezeit statt(so BAG 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 15 ff. mwN).

41

Dies ergibt sich, so der Sechste Senat in der zitierten Entscheidung, aus dem klaren Wortlaut des § 20 Satz 1 BBiG und dem Zweck der Probezeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechte und Pflichten in anderen Vertragsverhältnissen. Die Probezeit soll beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG möglich. Andere Vertragsverhältnisse weichen hiervon ab (BAG 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 17).

42

Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Rechtsverhältnisse hat der Gesetzgeber auch für Zeiten, die im Rahmen einer der Berufsausbildung vorgelagerten, gesetzlich vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahme zurückgelegt wurden, von einer Anrechnung auf die Probezeit abgesehen. Dies gilt auch hinsichtlich der vorliegend in Rede stehenden Qualifikationsmaßnahmen. Den Parteien des Ausbildungsvertrages steht es für die Berücksichtigung vorangegangener Zeiten frei, die Probezeit unter Berücksichtigung der Mindestprobezeit von einem Monat gemäß § 20 Abs. 2 BBiG kürzestmöglich zu vereinbaren(vgl. BAG 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 24 für die Einstiegsqualifizierung gemäß § 54a SGB III). Eine anderweitige Vereinbarung wäre gemäß § 25 BBiG nichtig. Sie würde eine Abweichung zuungunsten des Auszubildenden darstellen, denn die Probezeit liegt gerade auch in seinem Interesse (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39).

43

b) Ausgehend hiervon scheidet auch vorliegend die Anrechnung der durch die Klägerin zuvor bei der Beklagten absolvierten Maßnahmen aus.

44

aa) Dies gilt sowohl für die Berufsfindungsmaßnahme als auch für die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. Hinsichtlich der Berufsfindungsmaßnahme ergibt sich dies bereits daraus, dass diese - unstreitig - dazu dient, zunächst überhaupt einen in Betracht kommenden (Ausbildungs-)Beruf zu finden. Es gilt aber auch hinsichtlich der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (§ 33 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX a.F. (§ 49 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX n.F.) i.V.m. § 51 SGB III), auf die die Klägerin schwerpunktmäßig abhebt. Dabei konnte die zwischen den Parteien streitigen Fragen der Inhalte und tatsächlichen Ausgestaltung der Maßnahme im Einzelnen dahinstehen. Denn es handelt sich auch insoweit um unterschiedliche Vertragsverhältnisse. Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ist rechtlich, auch wenn sie inhaltliche Überschneidungen mit einer späteren Ausbildung aufweisen mag, kein Ausbildungsverhältnis. Ihre Anrechnung ist - ebenso wie bei den vom Bundesarbeitsgericht ausdrücklich erwähnten Qualifizierungsmaßnahmen (BAG 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 24) - gesetzlich ausdrücklich nicht vorgesehen.

45

bb) Da es sich bei den vorgelagerten Qualifizierungsmaßnahmen um andere Vertragsverhältnisse iSd. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt, ist es auch unerheblich, ob zwischen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und der späteren Ausbildung (oder zwischen den Maßnahmen insgesamt) ein enger sachlicher und fachlicher Zusammenhang bestand.

46

Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beginnt selbst bei mehreren Ausbildungsverhältnissen zwischen denselben Parteien jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. Insoweit (und nur in diesem Fall) ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 29 ff.). Diese Frage stellt sich aber - anders als die Klägerin meint - nur bei der Vereinbarung von mehreren Ausbildungsverhältnissen. Denn der Zweck der obligatorischen Probezeit nach § 20 Abs. 1 BBiG kann nur unter den Bedingungen eines Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG erfüllt werden(BAG 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 17).

47

c) Hiernach erfolgte die Kündigung vom 5. Oktober 2016 während der im Berufsausbildungsvertrag vom 4. Juli 2016 wirksam vereinbarten Probezeit von vier Monaten.

48

aa) Bei der Probezeitvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 4. Juli 2016 handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Hiervon ist das Arbeitsgericht ausgegangen, ohne dass die Parteien dem entgegengetreten sind. Darüber hinaus begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des auf einem Formular der IHK K. erstellten Vertrags eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 17). Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39).

49

Damit unterliegt die Probezeitregelung hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus ist jedoch regelmäßig auch dann nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 37, 40).

50

bb) Vorliegend sieht der Formularausbildungsvertrag vom 4. Juli 2016 eine Probezeit von vier Monaten vor. Dies ist, wie das Arbeitsgericht zu Recht festhält, auch vor dem Hintergrund, dass hiermit die gesetzliche Höchstdauer ausgeschöpft wurde, nicht zu beanstanden. Die Zeiten der vorangehenden Maßnahmen sind aus den genannten Gründen unbeachtlich. Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin liegt nicht vor.

51

d) Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit der Berufung auf die vereinbarte Probezeit rechtsmissbräuchlich iSd § 242 BGB handeln würde, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat lediglich von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht.

52

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat musste vor Ausspruch der Kündigung nicht beteiligt werden.

53

a) Die Klägerin ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend und ausführlich begründet, Rehabilitandin im Sinne des § 36 SGB IX a.F. (§ 52 SGB IX n.F.), weil das Ausbildungsverhältnis als geförderte Rehabilitationsleistung im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. (§ 49 Abs. 3 Nr. 5 SGB IX n.F.) durchgeführt wurde. Damit ist der Betriebsrat für die Klägerin nicht zuständig (vgl. BAG 16. April 2003 - 7 ABR 27/02 - Rn. 20 f., BAGE 106, 57).

54

b) Die europarechtlichen Bedenken, die die Klägerin im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG äußert, greifen nicht durch. Eine Diskriminierung von im Rahmen ihrer beruflichen Rehabilitation bei einem Leistungsträger wie der Beklagten tätigen Auszubildenden im Verhältnis zu in einem derartigen Betrieb tätigen „normalen“ Auszubildenden findet nicht statt. Sie befinden sich mit Blick auf ihre betriebsverfassungsrechtliche Stellung, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt, nicht in einer vergleichbaren Situation (vgl. zur Frage der Wahlberechtigung BAG 26. Januar 1994 - 7 ABR 13/92 - Rn. 28, BAGE 75, 312). Sie sind nicht in den Betrieb eingegliedert, vielmehr ist ihre Ausbildung ist selbst (Teil des) Betriebszweck(s). Daher unterscheidet sich, anders als die Klägerin meint, auch ihr Verhältnis zum Betriebsrat, den sie nach der zitierten Rechtsprechung nicht mitwählen, von dem „normaler“ Auszubildender im Betrieb.

55

3. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich auch nicht aus der nicht eingeholten Zustimmung des Integrationsamts. Da das Ausbildungsverhältnis weniger als sechs Monate bestand, war das Integrationsamt nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX a.F. (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX n.F.) nicht gemäß § 85 SGB IX a.F. (§ 168 SGB IX n.F.) zu beteiligen.

56

Der Sonderkündigungsschutz gemäß § 85 SGB IX a.F. (§ 168 SGB IX n.F.) gilt auch für Auszubildende. Insofern enthält § 90 SGB Abs. 1 Nr. 1 SGB IX a.F. (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX n.F.) hinsichtlich der Voraussetzung des sechsmonatigen Bestandes eines Arbeitsverhältnisses keine für das Ausbildungsverhältnis abweichende Regelung. Die Zeiten der vorangehenden Maßnahmen sind nach den vorstehenden Ausführungen unbeachtlich.

57

4. Schließlich verstößt die Kündigung nicht gegen das Maßregelverbot gemäß § 612 a BGB. Diese Regelung findet auch auf eine Kündigung während der Probezeit im Ausbildungsverhältnis Anwendung (ErfK/Schlachter, 18. Aufl., § 22 BBiG Rn. 2).

58

a) § 612 a BGB bestimmt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht deshalb benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Es ist jedoch nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 35 mwN).

59

Für das Vorliegen einer Maßregelung iSv. § 612 a BGB trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. In Betracht kommt diesbezüglich jedoch eine Beweiserleichterung durch Anscheinsbeweis, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und der Rechtsausübung besteht. Dies gilt etwa dann, wenn insoweit ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist (vgl. ErfK/Preis, 18. Aufl., § 612 a BGB Rn. 22).

60

b) Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen kann von einem Verstoß gegen das Maßregelverbot vorliegend nicht ausgegangen werden.

61

Soweit die Klägerin meint, der Verstoß gegen das Maßregelverbot ergebe sich daraus, dass die Beklagte sie gegenüber der Agentur für Arbeit wegen einer - tatsächlich nicht bestehenden - Leistungsschwäche im Fach Mathematik „angeschwärzt“ habe, ergibt sich schon aus dem Schreiben der Agentur für Arbeit vom 4. Oktober 2016 (Bl. 17 d.A.), dass dies jedenfalls nicht der der tragende Grund für die Kündigung war. Insoweit wird nämlich auf von der Beklagten angeführte „massive Probleme in der Zusammenarbeit“ und das Nichteinhalten ärztlicher Vorgaben Bezug genommen. Etwaige (Schlecht-)Leistungen werden nicht thematisiert. Auch wenn diese im Rahmen der Anhörung der Klägerin eine Rolle gespielt haben sollten, hat die Klägerin weder dargetan noch unter Beweis gestellt, dass die - angebliche - Leistungsschwäche in Mathematik der tragende Grund für die Kündigung gewesen sei.

62

Auch soweit die Klägerin auf von ihr vorgetragenen wiederholte Beschwerden über die Durchführung der Ausbildung und Beanstandungen von Versäumnissen und Defiziten im therapeutischen Bereich verweist, legt sie - worauf sowohl die Gegenseite als auch das Arbeitsgericht hingewiesen haben - nicht dar, dass diese Beschwerden und Beanstandungen den tragenden Grund für die Kündigung dargestellt hätten. Beweiserleichterungen nach obigen Voraussetzungen kommen ebenfalls nicht in Betracht, da sich enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Kündigung aus dem Vortrag der Klägerin nicht ergibt. Die- zeitlich konkret benannte - verspätete Übersendung des Ausbildungsvertrags am 8. August 2016 erfolgte fast zwei Monate vor dem Ausspruch der Kündigung. Entsprechendes gilt für die - streitige - unzureichende Ausbildung während des ersten Ausbildungsmonats (Juli 2016).

63

Die weiteren von der Klägerin aufgeführten Beschwerden bleiben zeitlich unbestimmt bzw. erfolgten - nach ihrem eigenen Vortrag - im Namen eines anderen Auszubildenden. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die im Namen einer anderen Person erhobene Beschwerde den tragenden Grund für die Kündigung der Klägerin dargestellt haben soll. Soweit die Klägerin für den (nicht näher konkretisierten) Zeitpunkt und den (nicht näher beschriebenen) Inhalt dieser im Namen eines anderen Auszubildenden erhobenen Beschwerde Zeugen benannt hat, war dieser Beweisantritt darüber hinaus auch unbeachtlich. Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 368/13 - Rn. 23, BAGE 151, 170).

C.

64

Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

65

Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 33 Pflichten der Personensorgeberechtigten


Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauft

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 85 Klagerecht der Verbände


Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selb

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 25 Unabdingbarkeit


Eine Vereinbarung, die zuungunsten Auszubildender von den Vorschriften dieses Teils des Gesetzes abweicht, ist nichtig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 373 Beweisantritt


Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 22 Kündigung


(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. (2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden 1. aus einem wichtigen Grund ohne Ein

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 90 Aufgabe der Eingliederungshilfe


(1) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. D

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 111 Änderung von Vorschriften


(1) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften andere Gerichte, Behörden oder Stellen zur Entscheidung oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind, treten an ihre Stelle die Arbeitsgerichte. Dies gilt nicht für Seemannsämter, soweit sie zur vorläufig

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 49 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Verordnungsermächtigung


(1) Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustel

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 51 Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen


(1) Die Agentur für Arbeit kann förderungsberechtigte junge Menschen durch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen fördern, um sie auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorzubereiten oder, wenn die Aufnahme einer Berufsausbildung wegen in ihrer Perso

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 14 Berufsausbildung


(1) Ausbildende haben 1. dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, und die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 54a Einstiegsqualifizierung


(1) Arbeitgeber, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung durchführen, können durch Zuschüsse in Höhe der von ihnen mit der oder dem Auszubildenden vereinbarten Vergütung zuzüglich des pauschalierten Anteils am durchschnittlichen Gesamtsozialver

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 13 Verhalten während der Berufsausbildung


Auszubildende haben sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Sie sind insbesondere verpflichtet,1.die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfä

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 52 Rechtsstellung der Teilnehmenden


Werden Leistungen in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, werden die Teilnehmenden nicht in den Betrieb der Einrichtungen eingegliedert. Sie sind keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes und wählen zu ihrer Mitw

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 20 Probezeit


Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 36 Rehabilitationsdienste und -einrichtungen


(1) Die Rehabilitationsträger wirken gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hin, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Anzahl und Qualität zu

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 173 Ausnahmen


(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten nicht für schwerbehinderte Menschen,1.deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht oder2.die auf Stellen im Sinne d

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 168 Erfordernis der Zustimmung


Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Feb. 2015 - 6 AZR 845/13

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

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(1) Die Rehabilitationsträger wirken gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hin, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Anzahl und Qualität zur Verfügung stehen. Dabei achten die Rehabilitationsträger darauf, dass für eine ausreichende Anzahl von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen. Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden beteiligt.

(2) Nehmen Rehabilitationsträger zur Ausführung von Leistungen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in Anspruch, erfolgt die Auswahl danach, wer die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt. Dabei werden Rehabilitationsdienste und -einrichtungen freier oder gemeinnütziger Träger entsprechend ihrer Bedeutung für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und die Vielfalt der Träger gewahrt sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit beachtet. § 51 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 ist anzuwenden.

(3) Rehabilitationsträger können nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften Rehabilitationsdienste oder -einrichtungen fördern, wenn dies zweckmäßig ist und die Arbeit dieser Dienste oder Einrichtungen in anderer Weise nicht sichergestellt werden kann.

(4) Rehabilitationsdienste und -einrichtungen mit gleicher Aufgabenstellung sollen Arbeitsgemeinschaften bilden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

(1) Die Rehabilitationsträger wirken gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hin, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Anzahl und Qualität zur Verfügung stehen. Dabei achten die Rehabilitationsträger darauf, dass für eine ausreichende Anzahl von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen. Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden beteiligt.

(2) Nehmen Rehabilitationsträger zur Ausführung von Leistungen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in Anspruch, erfolgt die Auswahl danach, wer die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt. Dabei werden Rehabilitationsdienste und -einrichtungen freier oder gemeinnütziger Träger entsprechend ihrer Bedeutung für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und die Vielfalt der Träger gewahrt sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit beachtet. § 51 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 ist anzuwenden.

(3) Rehabilitationsträger können nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften Rehabilitationsdienste oder -einrichtungen fördern, wenn dies zweckmäßig ist und die Arbeit dieser Dienste oder Einrichtungen in anderer Weise nicht sichergestellt werden kann.

(4) Rehabilitationsdienste und -einrichtungen mit gleicher Aufgabenstellung sollen Arbeitsgemeinschaften bilden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften andere Gerichte, Behörden oder Stellen zur Entscheidung oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind, treten an ihre Stelle die Arbeitsgerichte. Dies gilt nicht für Seemannsämter, soweit sie zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen zuständig sind.

(2) Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis können im Bereich des Handwerks die Handwerksinnungen, im übrigen die zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes Ausschüsse bilden, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören müssen. Der Ausschuß hat die Parteien mündlich zu hören. Wird der von ihm gefällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. § 9 Abs. 5 gilt entsprechend. Der Klage muß in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuß vorangegangen sein. Aus Vergleichen, die vor dem Ausschuß geschlossen sind, und aus Sprüchen des Ausschusses, die von beiden Seiten anerkannt sind, findet die Zwangsvollstreckung statt. Die §§ 107 und 109 gelten entsprechend.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. April 2013 - 2 Sa 490/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses sowie über davon abhängige Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der 1989 geborene Kläger nahm zum 1. August 2010 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der beklagten Bank auf. Die Ausbildungszeit sollte zum 31. Januar 2013 enden.

3

Am 11. Februar 2011 und am 30. März 2011 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig und nahm am Berufsschulunterricht nicht teil. Er besuchte an diesen Tagen eine Spielhalle, wo er mehrere Zahlungen mit seiner EC-Karte vornahm und dabei sein Konto überzog.

4

Am 20. Juni 2011 war er mit dem Bankkaufmann S in der Filiale der Beklagten in G tätig. Der Kläger zählte an diesem Tag das sich in den Nachttresor-Kassetten befindliche Geld mit einer Zählmaschine. Dabei war Herr S nicht anwesend. Es ist ungeklärt, ob die Bündelung der Geldscheine nach der Zählung durch den Kläger oder Herrn S erfolgte. Im späteren Verlauf des Tages schweißte Herr S die Geldbündel zur Weiterleitung an die Landeszentralbank ein. Die Zentralbank stellte einen Kassenfehlbestand von 500,00 Euro in Form von zehn fehlenden 50-Euro-Scheinen fest. Hiervon erlangte die Beklagte am 28. Juni 2011 Kenntnis.

5

Die Beklagte bat den Kläger zu einem Personalgespräch am 30. Juni 2011. Diesen Termin nahm der Kläger aus persönlichen Gründen nicht wahr. Es wurde daraufhin eine Verlegung auf den 4. Juli 2011 vereinbart, obwohl dem Kläger ab diesem Tag für zwei Wochen Urlaub bewilligt worden war. Am 3. Juli 2011 sagte der Kläger den Termin ab, weil er kurzfristig am nächsten Tag noch in den Urlaub fliege. Das Gespräch fand schließlich am 21. Juli 2011 statt. Dem Kläger wurden die beabsichtigten Gesprächsthemen vorher nicht mitgeteilt. An dem Treffen nahmen das Vorstandsmitglied Si, der Ausbildungsleiter K sowie der Kläger teil.

6

Der Kläger räumte bei der Unterredung ein, dass er den Termin am 4. Juli 2011 nicht wegen einer Flugreise abgesagt habe. Er habe vielmehr zwei Wochen in einer Gießerei gearbeitet. Es wurden sodann die Fehlzeiten des Klägers im Berufsschulunterricht sowie seine Spielhallenbesuche besprochen. Der Kläger teilte mit, dass er wegen des Glückspiels Therapiestunden bei einer Beratungsstelle besuche. Über deren Inhalt und Zielsetzung ist nichts Näheres bekannt. Die Vertreter der Beklagten sprachen den Kläger auf Kassenfehlbeträge in Filialen, in denen der Kläger eingesetzt wurde, an. Dies betraf eine Differenz iHv. 50,00 Euro am 3. Juni 2011 in der Filiale D sowie die fehlenden 500,00 Euro am 20. Juni 2011 in G. Der diesbezügliche Gesprächsverlauf ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

7

Mit Schreiben vom 22. Juli 2011 teilte die Beklagte dem bei ihr gebildeten Betriebsrat unter Nennung der Sozialdaten des Klägers mit, dass sie beabsichtige das Ausbildungsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß zu kündigen. Dem Betriebsrat wurde der Kassenfehlbetrag von 500,00 Euro am 20. Juni 2011 genannt. Da der Kläger alleine gebündelt habe und dies nicht nachkontrolliert worden sei, müsse die Beklagte „davon ausgehen, dass er die Differenz ‚verursacht‘ habe“. Im Gespräch mit Herrn Si und Herrn K habe der Kläger selbst die Höhe des Fehlbetrags genannt. Ferner habe er zugegeben, dass die Differenz in D am 3. Juni 2011 von ihm verursacht worden sei. Der Kläger habe weiterhin ausgeführt, dass er spielsüchtig sei. Zudem enthält die Betriebsratsanhörung Angaben zu den Fehlzeiten in der Berufsschule und zu der nicht genehmigten Arbeit in einer Gießerei während des Erholungsurlaubs. Insgesamt sei der Kläger für die Bank nicht mehr tragbar. Die Fortführung des Ausbildungsverhältnisses mit ihm stelle ein erhöhtes Risiko dar.

8

Der Betriebsrat stimmte der Kündigung noch mit Vermerk vom 22. Juli 2011 zu. Daraufhin kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis mit Schreiben vom 22. Juli 2011 außerordentlich fristlos zum 25. Juli 2011 und hilfsweise ordentlich zum 30. September 2011. Darin wurde die Kündigung entsprechend der Unterrichtung des Betriebsrats begründet. Die für das Ausbildungsverhältnis unverzichtbare Vertrauensbasis sei nicht mehr gegeben und könne auch nicht wieder hergestellt werden. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 25. Juli 2011 zu.

9

Mit seiner am 1. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 29. Juli 2011 hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Das von ihm mit weiterem Schreiben vom 29. Juli 2011 beantragte Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss der Industrie- und Handelskammer (IHK) T endete am 12. September 2011 ohne Einigung. Der Ausschuss fällte allerdings keinen Spruch. Er stellte lediglich das Scheitern der Verhandlungen fest. Damit sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

10

Nach Ansicht des Klägers ist die streitgegenständliche Kündigung unwirksam. Eine Verdachtskündigung sei im Ausbildungsverhältnis nicht zulässig. Eine solche widerspreche dem Zweck und Charakter der Berufsausbildung. Sie sei auch mit der besonderen Fürsorgepflicht des Ausbildenden nicht zu vereinbaren. Zudem bestehe kein hinreichender Tatverdacht. Er habe zwar entgegen der Anweisung, dass ein Auszubildender bei einem Zählvorgang durch einen Bankkaufmann kontrolliert werden müsse („Vier-Augen-Prinzip“), die Zählungen am 20. Juni 2011 in G alleine vorgenommen. Die Bündelung und das Einschweißen der Geldscheine sei jedoch durch Herrn S erfolgt. Dieser habe somit ebenso Zugriff auf das Geld gehabt wie andere Beschäftigte der Beklagten in dieser Filiale. Die Geldbestände seien nicht durchgehend gesichert gewesen. Die Beklagte habe sich auch nicht durch eine entsprechende Befragung von Herrn S einen vollständigen Überblick über die Geschehnisse verschafft.

11

Die Besprechung am 21. Juli 2011 sei keine ordnungsgemäße Anhörung gewesen. Dazu wäre die vorherige Mitteilung des beabsichtigten Gesprächsinhalts erforderlich gewesen. Die Beklagte hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass er einen Rechtsanwalt oder eine sonstige Person seines Vertrauens hinzuziehen könne. Sie stelle zudem den Gesprächsverlauf falsch dar. Er habe nicht von sich aus den Fehlbetrag von 500,00 Euro genannt. Vielmehr hätten die Vertreter der Beklagten vorher erwähnt, dass zehn 50-Euro-Scheine gefehlt hätten. Daher sei ihm der Gesamtbetrag bekannt gewesen. Im Übrigen wäre die Anhörung auch fehlerhaft, wenn er erstmals die Summe von 500,00 Euro genannt hätte, denn dann hätte die Beklagte ihn anlässlich der Begründung eines Verdachts wegen Offenbarung von Täterwissen zu einer erneuten Anhörung einladen müssen. Die bloße Fortsetzung des Gesprächs stelle keine ordnungsgemäße Anhörung bezüglich dieser neuen Verdachtstatsachen dar. Zudem habe die Beklagte bei der Anhörung gegen datenschutzrechtliche Vorgaben (§§ 4, 32 BDSG) verstoßen.

12

Die Kündigung scheitere auch an dem Fehlen einer einschlägigen Abmahnung sowie an der vorzunehmenden Interessenabwägung. Bei dieser sei zu berücksichtigen, dass er kurz vor Vollendung seines ersten Ausbildungsjahres gestanden habe und das Berufsausbildungsverhältnis für ihn von existenzieller Bedeutung sei. Der in Frage stehende wirtschaftliche Schaden der Beklagten sei „überschaubar“. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Entstehen einer solch unklaren Situation bei einem Fehlbetrag maßgeblich zu verantworten habe. Wären die Vorgaben hinsichtlich des „Vier-Augen-Prinzips“ bei einem Zählvorgang und einer stringenten Kontrolle der Auszubildenden beachtet worden, wäre der Verdacht gegen ihn nicht entstanden. Durch eine konsequente Anwendung der Sicherheitsvorschriften könne die Beklagte künftig die Entstehung einer solchen Problematik ausschließen.

13

Weiterhin sei die Zwei-Wochen-Frist des § 22 Abs. 4 BBiG versäumt. Angesichts einer Kenntniserlangung von dem Fehlbetrag am 28. Juni 2011 und einem bewilligten Erholungsurlaub vom 4. Juli bis zum 18. Juli 2011 hätte die Beklagte ihn entweder noch in der Woche bis zum 1. Juli 2011 oder schriftlich anhören müssen.

14

Die Kündigung sei außerdem mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Der Anhörung sei nicht zu entnehmen, welche konkrete Handlung ihm vorgeworfen werde. Es werde nicht deutlich, dass es sich um eine Verdachtskündigung handeln solle. Zudem sei der Betriebsrat inhaltlich falsch unterrichtet worden. Er, der Kläger, habe nie erklärt, den Fehlbetrag von 50,00 Euro in D verursacht zu haben und spielsüchtig zu sein.

15

Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei unwirksam, da ein Berufsausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit nur außerordentlich gekündigt werden könne. Die Beklagte sei zur Nachzahlung der Ausbildungsvergütung iHv. monatlich 907,00 Euro für die Zeit von August 2011 bis einschließlich November 2011 sowie des anteiligen dreizehnten Monatseinkommens iHv. 1.360,50 Euro brutto verpflichtet.

16

Der Kläger hat daher zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 22. Juli 2011, zugegangen am 25. Juli 2011, nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30. September 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1. September 2011 zu zahlen;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1. Oktober 2011 zu zahlen;

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1. November 2011 zu zahlen;

        

6.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.360,50 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 22. Juli 2011 begründet. Die Verdachtskündigung eines Ausbildungsverhältnisses sei jedenfalls dann möglich, wenn dessen besonderer Charakter eine vertiefte Vertrauensbasis erfordere. Dies sei bei der Ausbildung zum Bankkaufmann der Fall. Die Voraussetzungen einer wirksamen Verdachtskündigung seien hier erfüllt. Die Anhörung des Klägers am 21. Juli 2011 sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Themen der Besprechung hätten dem Kläger vorher nicht bekannt gegeben werden müssen. Zudem habe sich der Verdacht eines Vermögensdeliktes erst im Verlauf des Gesprächs ergeben. Der Kläger habe von sich aus einen Fehlbetrag von 500,00 Euro genannt, ohne dass diese Summe oder fehlende Einzelbeträge zuvor erwähnt worden seien.

18

Es seien alle möglichen und erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen durchgeführt worden. Nachdem der Kläger im Gespräch am 21. Juli 2011 durch Preisgabe seines Täterwissens den Verdacht begründet habe, wäre eine weitere Anhörung bloße Förmelei gewesen. Der Ausbildungsleiter K habe auch Herrn S telefonisch befragt. Dieser habe mit einer E-Mail noch am 21. Juli 2011 mitgeteilt, dass der Kläger das Geld am 20. Juni 2011 sowohl gezählt als auch gebündelt habe.

19

Der begründete Verdacht der Unterschlagung von 500,00 Euro habe das erforderliche Vertrauen zu dem Kläger zerstört. Dabei sei auch die Spielsucht zu berücksichtigten, welche der Kläger am 21. Juli 2011 ausdrücklich eingeräumt habe. Deshalb habe er sich in Therapie befunden. Der Betriebsrat sei auch in diesem Punkt ordnungsgemäß unterrichtet worden.

20

Die Vorinstanzen haben die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Das Berufsausbildungsverhältnis wurde durch die Kündigung der Beklagten vom 22. Juli 2011 gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG mit ihrem Zugang am 25. Juli 2011 beendet. Mangels eines darüber hinausgehenden Bestands des Ausbildungsverhältnisses ist die Klage auch unbegründet, soweit sie sich gegen die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30. September 2011 richtet und Vergütungsansprüche für die Zeit ab dem 1. August 2011 zum Gegenstand hat.

22

I. Die Klage ist zulässig.

23

1. Die nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Verhandlung vor dem bei der IHK T gebildeten Schlichtungsausschuss ist erfolgt.

24

a) Die nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Anrufung eines bestehenden Schlichtungsausschusses ist eine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung für arbeitsgerichtliche Klagen in Ausbildungsstreitigkeiten. Nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG muss der Klage in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuss vorangegangen sein. Der Mangel der Nichtanrufung des Schlichtungsausschusses kann jedoch nach Klageeinreichung noch geheilt werden, wenn das Schlichtungsverfahren gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG nachgeholt wird. Die Klage wird dann nachträglich zulässig (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 10).

25

b) Die Parteien verhandelten vor dem Schlichtungsausschuss der IHK T am 5. September 2011. Ausweislich des Protokolls erging jedoch entgegen § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG kein Spruch. Es fand nur eine mündliche Verhandlung statt (§ 111 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Dies ist grundsätzlich unzureichend für die Erfüllung der Prozessvoraussetzung (vgl. GMP/Prütting ArbGG 8. Aufl. § 111 Rn. 19; GK-ArbGG/Mikosch Stand Juni 2014 § 111 Rn. 24). Ausweislich des Protokolls wurde allerdings festgestellt, dass mangels einer Einigungsmöglichkeit die Verhandlung gescheitert und den Parteien der Weg zum Arbeitsgericht eröffnet sei. Hierdurch hat der Ausschuss den Abschluss des Verfahrens zum Ausdruck gebracht. Der Prozessvoraussetzung des § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG ist damit Genüge getan. Verweigert der Ausschuss den ordnungsgemäßen Abschluss des Schlichtungsverfahrens, ist der betroffene Antragsteller prozessual nicht schlechter zu stellen, als wenn der Ausschuss die Durchführung des Verfahrens gänzlich verweigert oder mitgeteilt hätte, dass ein Spruch nicht möglich sei. Auch in diesen Fällen kann die Klage erhoben werden (vgl. Zimmermann in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 111 Rn. 28; HWK/Kalb 6. Aufl. § 111 ArbGG Rn. 22; GK-ArbGG/Mikosch Stand Juni 2014 § 111 Rn. 21). Das Unterbleiben einer Entscheidung kann dem Antragsteller nicht angelastet werden (BAG 27. November 1991 - 2 AZR 263/91 - zu B I der Gründe).

26

2. Für die beiden Feststellungsanträge ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, obwohl die Ausbildungszeit und damit das Berufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestands spätestens zum 31. Januar 2013 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 BBiG zu erteilenden Zeugnisses. Der Kläger könnte zudem ggf. weitere Vergütung sowie Schadensersatz nach § 23 BBiG verlangen(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12; 17. Juli 2007 - 9 AZR 103/07 - Rn. 11, BAGE 123, 247 zu § 16 Abs. 1 BBiG aF).

27

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat das Ausbildungsverhältnis wegen des dringenden Verdachts der rechtswidrigen Zueignung von 500,00 Euro Bargeld wirksam zum 25. Juli 2011 gekündigt.

28

1. Entgegen der Auffassung der Revision kann der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden einen wichtigen Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen.

29

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bilden(BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 14, BAGE 145, 278; vgl. auch 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 16, BAGE 146, 303). Eine auf einen solchen Verdacht gestützte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich der Verdacht auf objektive Tatsachen gründet, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr., vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 13, BAGE 143, 244). Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er in der Sache zutrifft (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 14, aaO; 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16).

30

b) Die in Art. 6 Abs. 2 MRK verankerte Unschuldsvermutung steht der Verdachtskündigung entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen. Die Unschuldsvermutung bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat (BAG 14. September 1994 - 2 AZR 164/94 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 78, 18). Bei der Verdachtskündigung geht es nicht um die Verhängung einer Strafe, sondern um die Beendigung eines privatrechtlichen Dauerschuldverhältnisses (vgl. Krause in vHH/L 15. Aufl. § 1 Rn. 466; HaKo/Gallner 4. Aufl. § 1 Rn. 633; Hoefs Die Verdachtskündigung S. 92, 93).

31

c) Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden kann auch die außerordentliche Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG rechtfertigen.

32

aa) Dies ist allerdings umstritten.

33

(1) Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 19. September 2006 (- 9 Sa 1555/05 - Rn. 26) entschieden, dass Verdachtskündigungen im Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich nicht zuzulassen seien. Eine nur in einem sehr engen Rahmen denkbare Ausnahme sei möglich, wenn der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses eine vertiefte Vertrauensbasis zwischen den Vertragsparteien erfordere. In einem normalen Ausbildungsverhältnis ohne besondere Vertrauenssituation stünden dem Ausbildenden nach erfolgtem Aufklärungsversuch die Möglichkeiten der Abmahnung, ggf. der Versetzung, weit eher zur Verfügung als bei einem Arbeitnehmer, dessen Leistung an einem bestimmten Arbeitsplatz bereits bei der Einstellung fest eingeplant worden sei (zum Erfordernis besonderen Vertrauens vgl. bereits Heinze ArbuR 1984, 237, 243).

34

(2) In der Literatur wird diese Auffassung geteilt (KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 48; ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 22 BBiG Rn. 3; APS/Biebl 4. Aufl. § 22 BBiG Rn. 16; HWK/Hergenröder 6. Aufl. § 22 BBiG Rn. 6; Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 22 Rn. 22; Schieckel/Oestreicher/Decker/Grüner BBiG Bd. 1 Stand 1. September 2013 § 22 Rn. 8; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand Mai 2014 § 22 Rn. 50c; Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 22 Rn. 48; Lakies/Nehls BBiG 3. Aufl. § 22 Rn. 47a). Es sei zu beachten, dass es sich beim Ausbildungsverhältnis nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern um ein besonderes Rechtsverhältnis handle, bei dem die charakterliche Förderung nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG eine besondere Rolle spiele(Pepping in Wohlgemuth BBiG § 22 Rn. 23).

35

(3) Nach anderer Ansicht ist die Verdachtskündigung wegen ihrer erhöhten Anforderungen auch im Berufsausbildungsverhältnis zulässig (Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 15. Aufl. § 174 Rn. 95; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 228; Hoefs Die Verdachtskündigung S. 318; Stück in Braun/Mühlhausen/Munk/Stück BBiG § 15 Rn. 113; Herkert/Töltl BBiG Bd. 1 Stand Dezember 2014 § 22 Rn. 95 ff.; differenzierend Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 62). Die besondere Bedeutung des Ausbildungsverhältnisses könne im konkreten Einzelfall allerdings weiter gehende Einschränkungen erfordern (HK-ArbR/Herrmann 3. Aufl. § 22 BBiG Rn. 14).

36

bb) Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Der dringende Tatverdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden kann dem Ausbildenden die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar machen und daher einen wichtigen Grund zur Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen. Dem besonderen Charakter des Berufsausbildungsverhältnisses ist jedoch bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Verdachtskündigung Rechnung zu tragen.

37

(1) Berufsausbildungsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse sind nicht generell gleichzusetzen, weil beide Vertragsverhältnisse unterschiedliche Pflichtenbindungen aufweisen (BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 348/02 - zu 2 a bb der Gründe, BAGE 107, 72; 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 37, BAGE 145, 371). Inhalt eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Demgegenüber schuldet der Auszubildende, sich ausbilden zu lassen, während die Hauptpflicht des Ausbildenden nach § 14 BBiG darin besteht, dem Auszubildenden die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Der Auszubildende schuldet im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung gegen Zahlung eines Entgelts, sondern hat sich nach § 13 Satz 1 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 360/10 - Rn. 13 mwN).

38

(2) An den Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes ist erkennbar, dass der Gesetzgeber es zur Erreichung des Ausbildungsziels für erforderlich gehalten hat, auf einen möglichst lange dauernden Bestand des Ausbildungsverhältnisses hinzuwirken und Kündigungen zu erschweren (BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 38, BAGE 145, 371). Die Erfüllung der Berufsausbildungsaufgabe verlangt eine besonders starke Bindung der Vertragsparteien (BT-Drs. V/4260 S. 11 zu § 15 BBiG aF). Konsequenterweise ist eine ordentliche Kündigung nach Ablauf der Probezeit durch den Ausbildenden nicht möglich. Es bedarf eines wichtigen Grundes iSv. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG. Dies entspricht dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jedes Dauerrechtsverhältnis aus einem wichtigen Grund fristlos gekündigt werden kann. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnissesbis zum Ablauf der Ausbildungszeit nicht zugemutet werden kann (BT-Drs. V/4260 aaO). Das Verständnis des wichtigen Grundes iSv. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG entspricht somit dem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB(vgl. hierzu BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 16 mwN). Diese Parallelität spricht für die grundsätzliche Zulässigkeit der Verdachtskündigung auch im Berufsausbildungsverhältnis.

39

(3) § 10 Abs. 2 BBiG steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind auf den Berufsausbildungsvertrag die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden, soweit sich aus dem Wesen und Zweck des Berufsausbildungsvertrags und aus dem Berufsbildungsgesetz nichts anderes ergibt. Dies ist bezogen auf die grundsätzliche Anerkennung eines Tatverdachts als wichtiger Grund iSv. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht der Fall. Auch bei Berücksichtigung der besonderen Verpflichtungen des Ausbildenden, welche nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG auch die charakterliche Förderung des Auszubildenden umfassen, bedarf es zur zumutbaren Durchführung des Ausbildungsverhältnisses einer tragfähigen Vertrauensbasis. Insbesondere muss der Ausbildende darauf vertrauen können, dass der Auszubildende ihn nicht vorsätzlich schädigt.

40

(4) Die vom Landesarbeitsgericht Köln und Teilen der Literatur geforderte besondere Vertrauensstellung bzw. vertiefte Vertrauensbasis ist keine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verdachtskündigung. Die Revision führt insoweit zutreffend aus, dass ein solches Kriterium zu unbestimmt wäre. Es lässt sich nicht hinreichend eingrenzen, bei welchen Ausbildungen eine solche vertiefte Vertrauensbasis gegeben sein muss. Dieses Erfordernis kann aus unterschiedlichen Gründen gegeben sein. Es gibt Ausbildungsberufe, bei denen ein hohes Maß an Vertrauen wegen der Erlangung der Kenntnis von Betriebsgeheimnissen erforderlich ist (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 6 BBiG). Ferner existieren Ausbildungsberufe, bei denen ein besonderes Risiko daraus resultiert, dass der Auszubildende Umgang mit gefährlichen Maschinen hat, welche auch Dritte gefährden können. Auch hier muss die entsprechende Vertrauensbasis bestehen. Eine solche Grundlage muss auch gegeben sein, wenn der Auszubildende Zugang zu Bargeldbeständen hat. Dies hängt allerdings nicht von der Ausbildung ab, sondern von den Verhältnissen im Ausbildungsbetrieb. Alle Ausbildungen in Betrieben mit nicht hinreichend gesicherten Barkassen wären erfasst. Unabhängig von dem Ausbildungsgang wäre die besondere Vertrauensstellung deshalb in einer Vielzahl von Fällen bezogen auf die Umstände im Betrieb zu prüfen. Dies gilt auch bei Zugang zu anderen Wertgegenständen. Zudem hat schon Heinze (ArbuR 1984, 237, 243) darauf hingewiesen, dass in größeren Betrieben der Auszubildende den Einsatzort öfter wechselt. Hierbei mag es Bereiche geben, in denen eine vertiefte Vertrauensbasis erforderlich ist, in anderen nicht. In der Gesamtschau ist die Unterscheidung zwischen einem „normalen Ausbildungsverhältnis“ und einem mit besonderer Vertrauensstellung kein taugliches Kriterium für die grundsätzliche Zulässigkeit der Verdachtskündigung. Eine besondere Vertrauensstellung ist vielmehr bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses in die Interessenabwägung einzustellen.

41

(5) Die enge Bindung der Parteien des Berufsausbildungsvertrags ist bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Verdachtskündigung im Einzelfall zu berücksichtigen. Dabei ist dem Umstand Sorge zu tragen, dass es sich bei Auszubildenden typischerweise um Personen mit geringer Lebens- und Berufserfahrung handelt und den Ausbildenden besondere Fürsorgepflichten sowohl in charakterlicher als auch körperlicher Hinsicht treffen (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 BBiG). Ein Tatverdacht kann nur dann einen wichtigen Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG zur Kündigung darstellen, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht. Dies bedarf einer Würdigung der Umstände im Einzelfall.

42

(6) Vor diesem Hintergrund dringen die weiteren Einwände der Revision nicht durch.

43

(a) Es ist zwar zutreffend, dass der mit der Kündigung verbundene faktische Abbruch der Ausbildung und das Verstreichen einer ggf. erheblichen Zeitspanne bis zur Wiederaufnahme der Ausbildung für den Auszubildenden besonders schwerwiegend ist. Dies gilt jedoch auch im Falle einer Tatkündigung, bei der nach dem Unterliegen im Kündigungsschutzverfahren zudem kein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht kommt (zu einem solchen Anspruch bei einer Verdachtskündigung vgl. ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 626 BGB Rn. 184; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 234). Bei der Verdachtskündigung ist außerdem ein strenger Maßstab anzulegen. Die besondere Schutzwürdigkeit des Auszubildenden ist dabei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Die grundsätzliche Unzulässigkeit der Verdachtskündigung ist zur Gewährleistung des Schutzniveaus nicht erforderlich.

44

(b) Auch der Hinweis auf die Möglichkeit einer verstärkten Überwachung eines in Verdacht geratenen Auszubildenden trägt nicht. Die Realisierbarkeit und Zumutbarkeit einer verstärkten Anleitung und Kontrolle muss einzelfallbezogen beurteilt werden. Eine gleichsam permanente Überwachung des Auszubildenden zur Verhinderung von Vermögensdelikten ist dem Ausbildenden in der Regel nicht zumutbar. Dies stünde auch im Widerspruch zum Charakter des Ausbildungsverhältnisses, welches dem Auszubildenden nach § 13 BBiG Pflichten auferlegt und dabei die Beachtung materieller Interessen des Ausbildenden vorschreibt(vgl. § 13 Satz 2 Nr. 5, Nr. 6 BBiG).

45

(c) Schließlich ist die Verdachtskündigung auch nicht wegen der Befristung des Ausbildungsverhältnisses auszuschließen. Dies berücksichtigt § 22 Abs. 2 BBiG bereits mit dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung nach der Probezeit. Zudem besteht insoweit kein Unterschied zum befristeten Arbeitsverhältnis.

46

2. Die streitgegenständliche Kündigung vom 22. Juli 2011 hat das zwischen den Parteien bestehende Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am 25. Juli 2011 gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG wegen des dringenden Verdachts des Diebstahls bzw. der Unterschlagung von 500,00 Euro beendet.

47

a) Die Würdigung, ob dem Auszubildenden ein Vermögensdelikt zum Nachteil seines Ausbildenden oder eine ähnlich schwerwiegende Pflichtverletzung anzulasten ist oder ob zumindest ein dahingehender dringender Verdacht besteht, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet und ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung iSd. § 286 ZPO. Diese ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht den Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob eine Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei, ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und ob sie rechtlich möglich ist (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 16, BAGE 145, 278; 18. Oktober 2012 - 6 AZR 289/11 - Rn. 43; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29).

48

b) Bei Berücksichtigung dieses revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs hat das Landesarbeitsgericht die Wirksamkeit der streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigung rechtsfehlerfrei bejaht.

49

aa) Es ist der dringende Tatverdacht der Begehung eines Vermögensdelikts zulasten der Beklagten gegeben. Dieser Verdacht ist geeignet, das für die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören.

50

(1) Das Landesarbeitsgericht ist nach Vernehmung des Zeugen K zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in dem Gespräch am 21. Juli 2011 von sich aus den Betrag von 500,00 Euro genannt hat, welcher als Kassendifferenz der Filiale G am 20. Juni 2011 festgestellt wurde. Dies habe der Zeuge K widerspruchsfrei im Rahmen seiner Darstellung des Gesprächsverlaufs in jeder Hinsicht glaubhaft ausgesagt. Durch diese Offenbarung von Täterwissen könne mit großer Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden, dass sich der Kläger und kein anderer Mitarbeiter den fehlenden Geldbetrag zugeeignet habe. Diese Beweiswürdigung ist sowohl hinsichtlich der Bewertung der Glaubwürdigkeit des Zeugen als auch seiner inhaltlichen Aussage nicht zu beanstanden. Die Preisgabe fundamentalen Täterwissens ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände geeignet, einen dringenden Tatverdacht zu begründen.

51

(2) Entgegen der Auffassung der Revision musste das Landesarbeitsgericht Herrn S nicht zu der Frage vernehmen, ob er oder der Kläger das Geld gebündelt hatte. Das Landesarbeitsgericht konnte die Bündelung durch Herrn S am 20. Juni 2011 zugunsten des Klägers unterstellen, ebenso wie Zugriffsmöglichkeiten anderer Mitarbeiter. In jedem Fall hätte auch Herr S die Gelegenheit zur Unterschlagung von Bargeld gehabt, weil er unstreitig am Ende des Arbeitstags die Geldbündel zum Versand an die Zentralbank eingeschweißt hat. Entscheidend war aber, dass sich der Kreis der Verdächtigen wegen der Nennung des Geldbetrags durch den Kläger auf diesen eingegrenzt hatte. Ein weiteres „Bild von den Geschehensabläufen“ durch Vernehmung des Zeugen S musste sich das Gericht entgegen der Revision nicht machen.

52

(3) Dieser Verdacht ist geeignet, das für die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören.

53

(a) Begeht der Auszubildende eine rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlung unmittelbar gegen das Vermögen seines Ausbildenden, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 10 Abs. 2 BBiG iVm. § 241 Abs. 2 BGB und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen(vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, BAGE 134, 349). Dies gilt auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Gegenstände von geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat. Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 27; 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 13, BAGE 145, 278).

54

(b) Ein Diebstahl bzw. eine Unterschlagung von 500,00 Euro wäre demnach eine schwerwiegende Pflichtverletzung, auch wenn es sich mit den Worten der Revision aus Sicht einer Bank um einen „überschaubaren Betrag“ handeln mag.

55

bb) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte dem Kläger ordnungsgemäß Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Die von der Revision wegen einer rechtswidrigen Anhörung des Klägers angenommenen Beweisverwertungsverbote bestehen deshalb nicht.

56

(1) Der Ausbildende hat erst dann alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, wenn er dem Auszubildenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Die Notwendigkeit der Anhörung vor Erklärung einer Verdachtskündigung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die Anhörung soll den Ausbildenden vor voreiligen Entscheidungen bewahren und der Gefahr begegnen, dass ein Unschuldiger von der Kündigung betroffen wird (vgl. zu § 626 Abs. 1 BGB BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 31). Der Umfang der Nachforschungspflichten und damit auch die Ausgestaltung der Anhörung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 17; 20. März 2014 - 2 AZR 1037/12 - Rn. 24). Die Anhörung muss sich aber immer auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Auszubildende muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Aufhellung der für den Ausbildenden im Dunkeln liegende Geschehnisse beizutragen (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 33).

57

(2) Sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung der Anhörung hat der Ausbildende auf die typischerweise bestehende Unerfahrenheit des Auszubildenden und die daraus resultierende Gefahr einer Überforderung gemäß § 10 Abs. 2 BBiG iVm. § 241 Abs. 2 BGB Rücksicht zu nehmen. Die Anhörung eines psychisch blockierten Auszubildenden kann ihren Zweck nicht erreichen. Zudem besteht bei einem Auszubildenden eher als bei einem berufserfahrenen Arbeitnehmer das Risiko der Einräumung einer nicht begangenen Tat, um sich damit der Situation zu entziehen. Auch mag ein Auszubildender sensibler auf eine Überzahl an Vertretern des Ausbildungsbetriebs reagieren als ein lebens- und berufserfahrener Arbeitnehmer mit größerem Selbstbewusstsein. Maßgeblich sind jedoch durchweg die Umstände des Einzelfalls. Dabei ist ein objektiver Maßstab aus Sicht eines verständigen Ausbildenden zugrunde zu legen.

58

(3) Hiervon ausgehend ist es entgegen der Revision grundsätzlich nicht erforderlich, den Auszubildenden vor Durchführung einer Anhörung über den beabsichtigten Gesprächsinhalt zu unterrichten.

59

(a) Die Auffassung der Revision, wonach Art. 103 Abs. 1 GG dies im Wege der mittelbaren Drittwirkung verlange, ist unzutreffend. Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat jedermann vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör. Diese Garantie gilt ausschließlich vor Gericht, das heißt bei allen staatlichen Gerichten iSd. Art. 92 GG(BeckOK GG/Radtke/Hagemeier Stand 1. Dezember 2014 GG Art. 103 Rn. 3; Kunig in v. Münch/Kunig GG 6. Aufl. Art. 103 Rn. 4; Nolte in v. Mangoldt/Klein/Starck GG 6. Aufl. Art. 103 Abs. 1 Rn. 16; aA Lembke RdA 2013, 82, 85).

60

(b) In Rechtsprechung und Literatur wird die Themenbekanntgabe vor der Anhörung gefordert (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 16. Dezember 2010 - 2 Sa 2022/10 - Rn. 31; HaKo/Gieseler 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 52; Lange/Vogel DB 2010, 1066, 1069; Klenter AiB 2012, 616, 619; vgl. auch Sasse/Freihube ArbRB 2006, 15, 16). Hierfür spricht, dass eine solche Information dem Arbeitnehmer bzw. Auszubildenden die inhaltliche und „mentale“ Vorbereitung auf das Gespräch ermöglicht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 30. März 2012 - 10 Sa 2272/11 - Rn. 75; Eylert NZA-RR 2014, 393, 402; BeckOK BGB/Fuchs Stand 1. November 2014 BGB § 626 Rn. 43). Der Betroffene wird dadurch in die Lage versetzt, schon im Vorfeld der Anhörung zu entscheiden, ob er sich einlassen will oder nicht (Fischer BB 2003, 522, 523; Eylert/Friedrichs DB 2007, 2203, 2205). Bei umfangreichen und komplexen Sachverhalten ermöglicht eine entsprechende Vorbereitung eine substantiierte Einlassung in der Anhörung (vgl. Lücke BB 1998, 2259, 2261). Auch wird dem Arbeitnehmer Gelegenheit gegeben, sich schon vor der persönlichen Konfrontation mit Verdachtsmomenten an den Betriebsrat zu wenden oder sich Rat bei einem Rechtsanwalt einzuholen. Im Falle der Anhörung eines Auszubildenden kommt die mögliche Einschaltung der Jugend- und Auszubildendenvertretung hinzu.

61

(c) Andererseits besteht jedoch in Fällen des begründeten Verdachts die Gefahr einer Verdunkelung der Tat (Lembke RdA 2013, 82, 88; Dzida NZA 2013, 412, 415; Eylert/Friedrichs DB 2007, 2203, 2205; Gaul/Schmidt-Lauber ArbRB 2012, 18, 19; Lücke BB 1998, 2259, 2261), welcher nicht immer mit Mitteln der Beweissicherung zu begegnen sein wird (so aber wohl Lange/Vogel DB 2010, 1066, 1069). Zudem wird dem Anzuhörenden die Gelegenheit entzogen, sich möglichst unbefangen mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen und möglicherweise schon mit seiner spontanen Reaktion eine Entlastung herbeizuführen (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 35).

62

(d) Eine Mitteilung des beabsichtigten Gesprächsthemas ist gegenüber dem Auszubildenden deshalb grundsätzlich nicht erforderlich (ebenso zur Anhörung eines Arbeitnehmers ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 626 BGB Rn. 178b). Die Revision weist allerdings zutreffend darauf hin, dass die Gesprächssituation den Auszubildenden erkennbar überfordern kann, sei es in psychischer Hinsicht oder wegen der Komplexität des Sachverhalts. Es entspricht dann der Rücksichtnahmepflicht des Ausbildenden, das Gespräch von sich aus oder auf Wunsch des Auszubildenden abzubrechen und eine erneute Anhörung anzuberaumen, wenn der Auszubildende grundsätzlich zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Verdachtsmomenten bereit ist. Damit erhält der Auszubildende die ggf. erforderliche Vorbereitungszeit (vgl. Dzida NZA 2013, 412, 414; ders. NZA 2014, 809, 814). Diese muss abhängig von den Umständen des Einzelfalls eine angemessene Dauer aufweisen (vgl. KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 230). Die Unterbrechung der Anhörung ist auch geboten, wenn der Auszubildende die Beratung mit einer Vertrauensperson verlangt. Der Ausbildende ist jedoch nicht verpflichtet, den Auszubildenden auf die Möglichkeit der Kontaktierung eines Rechtsanwalts hinzuweisen (vgl. Lange/Vogel DB 2010, 1066, 1069; Eylert/Friedrichs DB 2007, 2203, 2205; Lembke RdA 2013, 82, 89; Hunold Anm. NZA-RR 2010, 184). Dies gilt auch bezüglich sonstiger Vertrauenspersonen.

63

(4) Die Beklagte war demnach nicht verpflichtet, den Kläger vor der Anhörung am 21. Juli 2011 über den beabsichtigten Inhalt dieses Gesprächs zu informieren. Von einem 21-jährigen Auszubildenden darf ohnehin erwartet werden, dass er sich zu einem Kassenfehlbestand äußern kann und sei es auch nur mit der Aussage, dass er ihm nicht erklärlich sei. Für die Beklagte war eine Überforderung des Klägers während der Anhörung nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts objektiv nicht erkennbar. Der Kläger hat zur Frage der Kassendifferenz Stellung genommen, ohne einen Abbruch des Gesprächs zu verlangen.

64

(5) Die Durchführung der Anhörung ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

65

(a) Die Beklagte musste den Kläger nicht weiter über ihren Kenntnisstand bezüglich der Geschehnisse am 20. Juni 2011 in der Filiale G unterrichten oder den Kläger mit einem Bericht der Revisionsabteilung konfrontieren. Es war ausreichend, ihm mitzuteilen, dass an dem bestimmten Tag in der bestimmten Filiale ein Fehlbetrag zu verzeichnen war, und ihn zu fragen, ob er sich dies erklären könne. Dies war der maßgebliche Sachverhalt.

66

(b) Soweit der Kläger im Revisionsverfahren erstmals vorbringt, dass er durch weitere Recherchen in Erfahrung gebracht habe, dass sich der Fehlbetrag entgegen der Darstellung der Beklagtenvertreter in der Anhörung nicht nur auf die von ihm gezählten Gelder aus dem Nachttresor, sondern auch auf von ihm nicht gezähltes Geld aus dem Tresor und dem Schalterbereich beziehe, handelt es sich zum einen um neues Tatsachenvorbringen, welches in der Revisionsinstanz nicht mehr zulässig ist. Zum anderen würde die Vermengung der beiden Geldmengen nichts an dem Fehlbetrag und an der Begründung des Verdachts durch die klägerseitige Nennung der genauen Summe ändern.

67

(c) Die Anhörung erweist sich auch nicht als fehlerhaft, weil dem Kläger keine Gelegenheit zur Beiziehung eines Rechtsanwalts oder einer sonstigen Vertrauensperson gegeben wurde. Eine solche Beteiligung hat der Kläger nicht verlangt. Er kann daher mit der Revision auch nicht einwenden, dass ihm ein nahestehender Zeuge für den Gesprächsverlauf fehle.

68

(6) Entgegen der Revision handelt es sich bei der Anhörung nicht um eine nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG unzulässige Datenerhebung. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist hier nicht eröffnet.

69

(a) Die gesetzlichen Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung im Bundesdatenschutzgesetz konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe in dieses Recht zulässig sind(vgl. für das Datenschutzgesetz NRW BAG 15. November 2012 - 6 AZR 339/11 - Rn. 16, BAGE 143, 343). Dies stellt § 1 Abs. 1 BDSG ausdrücklich klar. Liegt keine Einwilligung des Betroffenen vor, ist die Datenverarbeitung nach dem Gesamtkonzept des Bundesdatenschutzgesetzes nur zulässig, wenn eine verfassungsgemäße Rechtsvorschrift diese erlaubt. Fehlt es an der danach erforderlichen Ermächtigungsgrundlage oder liegen deren Voraussetzungen nicht vor, ist die Erhebung, Verarbeitung und/oder Nutzung personenbezogener Daten verboten. Dieser das deutsche Datenschutzrecht prägende Grundsatz ist in § 4 Abs. 1 BDSG kodifiziert(BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 22, BAGE 145, 278).

70

(b) Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach dessen Begründung für seine Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Auch Auszubildende sind gemäß § 3 Abs. 11 Nr. 2 BDSG Beschäftigte. Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG dürfen zur Aufdeckung von Straftaten personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

71

(c) Bei der zur Aufklärung von Verdachtsmomenten vorgenommenen Anhörung eines Arbeitnehmers bzw. Auszubildenden handelt es sich um eine Datenerhebung iSv. § 32 Abs. 1 BDSG.

72

(aa) Nach der Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Persönliche und sachliche Verhältnisse sind Informationen über die Person des Betroffenen oder über einen auf diesen bezogenen Sachverhalt (Weichert in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 3 Rn. 19; Gola/Schomerus BDSG 11. Aufl. § 3 Rn. 6, 7). Die Anhörung bezieht sich auf eine bestimmte Person und deren Angaben zu einem Sachverhalt, der wegen des Aufklärungszwecks sie selbst betrifft. Die Angaben werden über die betroffene Person iSd. § 3 Abs. 3 BDSG beschafft und damit erhoben.

73

(bb) § 32 BDSG setzt nicht voraus, dass die Datenerhebung zum Zwecke ihrer Nutzung und Verarbeitung in automatisierten Dateien erfolgt. Durch § 32 Abs. 2 BDSG wird die grundsätzliche Beschränkung der Anwendung des dritten Abschnitts des Bundesdatenschutzgesetzes auf dateigebundene bzw. automatisierte Verarbeitungen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3, § 27 Abs. 1 BDSG) ausdrücklich aufgehoben. Die Vorschrift erfasst damit sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Regelungsgehalt die Datenerhebung durch rein tatsächliche Handlungen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 24, BAGE 145, 278). Damit sind auch Befragungen eines Beschäftigten erfasst (ErfK/Franzen 15. Aufl. § 32 BDSG Rn. 2; Stamer/Kuhnke in Plath BDSG § 32 Rn. 7; Riesenhuber NZA 2012, 771, 774).

74

(d) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Anhörung des Klägers am 21. Juli 2011 nicht unter Verletzung des § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG erfolgt. Zwar stellt sie eine Datenerhebung dar, welche zur Aufdeckung einer Straftat vorgenommen wurde. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass tatsächliche Anhaltspunkte dokumentiert wurden, die den Verdacht gegen den Kläger im Vorfeld der Anhörung begründet und seine Anhörung veranlasst hätten. Die Anhörung ist aber keine Überwachungsmaßnahme. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG bezieht sich nicht auf jede Aufklärungshandlung, sondern nur auf Kontroll- bzw. Überwachungsmaßnahmen zur Aufdeckung einer Straftat.

75

(aa) Nach der Gesetzesbegründung sollte die Regelung des § 32 BDSG die bislang von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze des Datenschutzes im Beschäftigungsverhältnis nicht ändern, sondern lediglich zusammenfassen(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 52, BAGE 146, 303; 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 26, BAGE 145, 278; vgl. auch Gola/Schomerus BDSG 11. Aufl. § 32 Rn. 2; HWK/Lembke 6. Aufl. § 32 BDSG Rn. 2; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 1). § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG orientiert sich im Wortlaut an § 100 Abs. 3 Satz 1 TKG und inhaltlich an den Anforderungen, die das Bundesarbeitsgericht ua. in seinem Urteil vom 27. März 2003 (- 2 AZR 51/02 - BAGE 105, 356) zur verdeckten Überwachung von Beschäftigten aufgestellt hat (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Der Tatbestand des § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG ist daher auf diese oder vergleichbare Fälle von Kontrollmaßnahmen zu beschränken(ErfK/Franzen 15. Aufl. § 32 BDSG Rn. 31). Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Maßnahmen zur Aufdeckung einer Straftat in der Regel besonders intensiv in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Dies ist bei (verdeckter) Überwachung von Beschäftigten der Fall, weshalb die - von der Gesetzesbegründung in Bezug genommenen - restriktiven Grundsätze der hierzu ergangenen Rechtsprechung mit § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG kodifiziert wurden. Die Vorschrift soll hinsichtlich der Eingriffsintensität vergleichbare Maßnahmen erfassen (vgl. Taeger/Gabel/Zöll § 32 BDSG Rn. 41). Die Gesetzesbegründung lässt umgekehrt darauf schließen, dass die erhöhten datenschutzrechtlichen Anforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG bei weniger belastenden Aufklärungsmaßnahmen, durch welche die Beschäftigten weder kontrolliert noch überwacht werden, keine Geltung beanspruchen sollen.

76

(bb) Demnach unterfällt die Anhörung eines Beschäftigten nicht den Anforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG(aA wohl Lembke RdA 2013, 82, 87; ders. in HWK 6. Aufl. § 32 BDSG Rn. 21). Die Anhörung ist weder Kontrolle noch Überwachung. Der Beschäftigte wird in offener Weise mit Verdachtsmomenten konfrontiert und erhält die Gelegenheit zu deren Entkräftung. Er kann sich der Anhörung - im Gegensatz zu einer Überwachungsmaßnahme - entziehen, indem er eine Einlassung verweigert. Dementsprechend hat die Rechtsprechung auch keinen einer Überwachungsmaßnahme vergleichbaren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht erkannt. Die in § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG vorgesehenen Anforderungen sind daher nicht veranlasst. Wie dargelegt wollte der Gesetzgeber mit § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG nur Aufklärungsmaßnahmen erfassen, die wegen der Intensität des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht solch erhöhte Anforderungen verlangen.

77

(cc) Die Anhörung des Klägers musste auch nicht nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG dokumentiert werden. Im Rahmen der Anhörung entstand zwar die verdachtsbegründende Tatsache der Offenbarung von Täterwissen. Die Beklagte nahm aber nach der Anhörung deswegen keine weiteren Überwachungsmaßnahmen vor. Die Ermittlungen gegen den Kläger waren mit der Anhörung abgeschlossen.

78

(7) Die Anhörung des Klägers war gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig. Die damit verbundene Datenerhebung und -nutzung erfolgte für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses und war für die Entscheidung über dessen weitere Durchführung oder Beendigung erforderlich. Die Erforderlichkeit ergibt sich schon aus den Vorgaben der Rechtsprechung zur Wirksamkeit einer etwaigen Verdachtskündigung.

79

(8) Es kann hier unentschieden bleiben, ob § 32 Abs. 1 BDSG auch § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG verdrängt(vgl. zum Streitstand BeckOK DatenSR/Riesenhuber Stand 1. November 2014 BDSG § 32 Rn. 25 f.). Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG sind erfüllt. Das berechtigte Interesse der Beklagten folgt aus ihrer Verpflichtung zur Durchführung einer Anhörung im Rahmen der gebotenen Aufklärungsbemühungen. Das Interesse des Klägers an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung der durch die Anhörung gewonnenen Daten überwiegt demgegenüber nicht. Die Durchführung der Anhörung diente ursprünglich gerade seinem Interesse an einer Stellungnahme, welche die Möglichkeit zur Klärung des Sachverhalts in seinem Sinne gab. Der Umstand, dass sich erst durch die Anhörung der kündigungsbegründende Tatverdacht ergab, ändert daran nichts. Das Interesse des Klägers an der Nichtverwertung der belastenden Aussagen ist nicht schutzwürdig. Anderenfalls könnten nur entlastende Erkenntnisgewinne iSd. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG genutzt werden, während verdachtsbegründende oder -verstärkende Umstände unberücksichtigt bleiben müssten.

80

(9) Offenbleiben kann auch, ob § 28 Abs. 1 Satz 2 BDSG neben § 32 Abs. 1 BDSG zur Anwendung kommt. Dies wird trotz der eindeutigen Gesetzesbegründung, wonach § 28 Abs. 1 Satz 2 BDSG verdrängt wird(BT-Drs. 16/13657 S. 20), wegen der damit verbundenen und gesetzlich nicht beabsichtigten Absenkung des Schutzniveaus vertreten (vgl. Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 32 Rn. 9; Thüsing NZA 2009, 865; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 28 BDSG Rn. 4). Im vorliegenden Fall diente die Anhörung nach der unbestrittenen Darstellung der Beklagten der Aufklärung des Sachverhalts, indem der Kläger zu der Kassendifferenz befragt wurde. Damit wurde der Zweck festgelegt. Anderes behauptet auch der Kläger nicht. Eine schriftliche Festlegung des Zwecks verlangt § 28 Abs. 1 Satz 2 BDSG nicht(Plath in Plath BDSG § 28 Rn. 90; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 28 Rn. 43; Taeger/Gabel/Taeger § 28 BDSG Rn. 111). Eine generelle Verpflichtung zur schriftlichen Fixierung der Zweckfestlegung lässt sich auch der allgemeinen Vorschrift des § 9 BDSG nicht entnehmen(aA jedenfalls bei Anwendbarkeit der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG Gola/Schomerus BDSG 11. Aufl. § 28 Rn. 35). Eine schriftliche Dokumentation der mit einer Anhörung verbundenen Zwecksetzung wäre iSd. § 9 BDSG nicht erforderlich, da der Aufklärungszweck evident ist. Die Unterrichtungspflicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BDSG kann auch ohne eine solche schriftliche Dokumentation erfüllt werden.

81

(10) Soweit der Kläger in der Verhandlung vor dem Senat einen Verstoß gegen § 4 Abs. 3 BDSG wegen der fehlenden Themenbekanntgabe vor der Anhörung behauptet hat, greift diese Rüge nicht durch. Etwaige Unterrichtungs- und Hinweispflichten nach § 4 Abs. 3 BDSG müssen nur vor der Datenerhebung erfüllt werden(BeckOK DatenSR/Bäcker Stand 1. November 2014 BDSG § 4 Rn. 76). Dies kann auch unmittelbar vor der Anhörung erfolgen. Weder der im Revisionsverfahren verwertbare Tatsachenvortrag des Klägers noch die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen auf entsprechende Pflichtverletzungen schließen.

82

(11) Die Anhörung des Klägers hat folglich weder datenschutzrechtliche Vorgaben noch in sonstiger Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Ein auf die Erkenntnisse der Anhörung bezogenes prozessuales Beweisverwertungsverbot (vgl. hierzu BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 48 f., BAGE 146, 303) besteht daher nicht.

83

(12) Nach der Begründung des Verdachts im Verlauf des Gesprächs am 21. Juli 2011 war entgegen der Ansicht der Revision keine erneute Anhörung erforderlich. Die Verdachtsbegründung war mit der Nennung des Fehlbetrags durch den Kläger abgeschlossen. Der Kläger war am 21. Juli 2011 sogleich damit konfrontiert worden. Weiter gehende Ermittlungen, die neue verdachtsbegründende Tatsachen ergeben hätten, wurden von der Beklagten nicht durchgeführt (vgl. zu einem solchen Fall BAG 13. September 1995 - 2 AZR 587/94 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 81, 27). Dies gilt auch, wenn die Beklagte sich erst nach der Anhörung des Klägers mit Herrn S am 21. Juli 2011 in Verbindung gesetzt haben sollte. Die Stellungnahme von Herrn S mit seiner E-Mail vom selben Tag hat keine neuen Erkenntnisse gebracht, welche eine erneute Anhörung erforderlich gemacht hätten. Herr S hat lediglich angeführt, dass der Kläger auch die Bündelung vorgenommen habe. Wie dargestellt, ist dies jedoch wegen der Verdachtsbegründung aufgrund der Nennung des Fehlbetrags nicht ausschlaggebend.

84

cc) Schließlich ist auch die durch das Landesarbeitsgericht bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses vorgenommene Interessenabwägung nicht zu beanstanden.

85

(1) Das Landesarbeitsgericht hat die mit dem Verlust des Ausbildungsplatzes verbundenen erheblichen Nachteile für die künftige berufliche Entwicklung des Klägers ebenso wie die im Herbst 2011 erfolgreich abgelegte Zwischenprüfung berücksichtigt. Es hat zugunsten des Klägers angeführt, dass er kurz vor Vollendung seines ersten Ausbildungsjahres stand, obwohl diese relativ kurze Dauer des Ausbildungsverhältnisses eher zu seinen Lasten hätte gewertet werden können. Ferner hat das Landesarbeitsgericht die fehlende Einhaltung der Kontrollvorschriften („Vier-Augen-Prinzip“) berücksichtigt.

86

(2) Es überschreitet den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum nicht, wenn es dennoch zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Interessen der Beklagten an der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses wegen des irreparablen, dh. auch durch eine Abmahnung nicht mehr auszugleichenden, Vertrauensverlustes überwiegen.

87

(a) Dabei hat das Landesarbeitsgericht den Kontakt des Klägers mit hohen Geldbeträgen angeführt. Die Beklagte könne nicht darauf verwiesen werden, den Kläger künftig in gesteigertem Maße zu überwachen. Dies ist nachvollziehbar, denn eine solche Kontrolldichte würde angesichts der Zugriffsmöglichkeiten auf Bargeld in einem Bankbetrieb eine unverhältnismäßige Belastung darstellen. Gelegenheiten des Diebstahls oder der Unterschlagung können bei entsprechendem Willen eines Beschäftigten potentiell auch bei der von der Revision angemahnten konsequenten Umsetzung von Anforderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht an das Risikomanagement und Vorgaben der berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (UVV Kassen) geschaffen werden.

88

(b) Nicht zu beanstanden ist auch das Abstellen auf die Fehltage in der Berufsschule am 11. Februar 2011 und 30. März 2011. Hierdurch hat der Kläger seine Verpflichtung aus § 13 Satz 2 Nr. 2 iVm. § 15 Satz 1 BBiG verletzt und damit das Ausbildungsverhältnis belastet. Dies steht entgegen der Revision nicht im Widerspruch zu der erfolgreich abgelegten Zwischenprüfung. Diese bezieht sich auf die fachlichen Inhalte der Ausbildung und nicht auf das Verhalten im Ausbildungsverhältnis.

89

(c) Das Landesarbeitsgericht hat ferner in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die „Spielproblematik“ abgestellt. Der Revision ist insoweit zwar zuzugestehen, dass mangels Feststellung einer Spielsucht ein Rückschluss auf das künftige Verhalten des Klägers insoweit schwierig ist. Das Landesarbeitsgericht durfte allerdings auf die unstreitigen Therapiestunden bei der Caritas und auf die spielbedingten Fehlzeiten im Berufsschulunterricht hinweisen. Vor diesem Hintergrund musste das Landesarbeitsgericht keinen unbeanstandeten Verlauf des Ausbildungsverhältnisses hervorheben.

90

3. Die nach § 22 Abs. 3 BBiG zu wahrenden Formerfordernisse wurden beachtet. Die Kündigung erfolgte schriftlich und gab den Kündigungsgrund an.

91

a) Nach § 22 Abs. 3 BBiG muss die Kündigung schriftlich und in den Fällen des § 22 Abs. 2 BBiG unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. Der Kündigende muss dabei die Tatsachen mitteilen, die für die Kündigung maßgebend sind (vgl. zu § 15 Abs. 3 BBiG aF BAG 25. November 1976 - 2 AZR 751/75 - zu A III 1 a der Gründe). Pauschale Schlagworte und Werturteile genügen nicht (BAG 10. Februar 1999 - 2 AZR 176/98 - zu II 1 der Gründe). Der Ausbildende darf sich im Kündigungsschutzprozess nicht auf Gründe stützen, die er im Kündigungsschreiben nicht genannt hat (vgl. ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 22 BBiG Rn. 7).

92

b) Diesen Anforderungen genügt das Kündigungsschreiben vom 22. Juli 2011. Dort wird sowohl der Kassenfehlbestand als auch die Begründung des Verdachts gegen den Kläger mitgeteilt. Es bleibt nicht unklar, auf welche Pflichtverletzung sich der Verdacht richtet. Die Beklagte hat deutlich gemacht, dass sie den Kläger verdächtigt, sich den Fehlbestand iHv. 500,00 Euro „angeeignet zu haben“. Deutlich wird auch, dass die Beklagte die für die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses „unverzichtbare Vertrauensbasis“ als nicht mehr gegeben und nicht wiederherstellbar ansieht. Die Beklagte offenbart auch ihre Annahme einer Spielsucht des Klägers aufgrund der Aussagen des Klägers in dem Gespräch am 21. Juli 2011. Damit begründet sie die aus ihrer Sicht bestehende Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ausbildung. Soweit in dem Kündigungsschreiben weitere Pflichtverstöße angeführt werden (Fehlzeiten im Berufsschulunterricht; Arbeit in einer Gießerei während des Erholungsurlaubs), wird deutlich, dass die Beklagte das Ausbildungsverhältnis insgesamt als belastet ansieht. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vertragsverstöße für sich genommen das Gewicht eines Kündigungsgrundes zum Ausdruck bringen. Die Beklagte hat sich im Prozess als Kündigungsgrund nur auf den - mitgeteilten - Verdacht eines Vermögensdelikts berufen.

93

4. Die Kündigung erfolgte auch unter Wahrung der Frist des § 22 Abs. 4 Satz 1 BBiG.

94

a) Nach § 22 Abs. 4 Satz 1 BBiG ist eine Kündigung aus wichtigem Grund unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Die Vorschrift entspricht nach Inhalt und Zweck § 626 Abs. 2 BGB. Dementsprechend beginnt auch die Frist des § 22 Abs. 4 Satz 1 BBiG mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Ausbildungsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen eine Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen begänne. Dies gilt allerdings nur so lange, wie er aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen sollen. Soll der Kündigungsgegner angehört werden, muss dies innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Sie darf im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche betragen. Bei Vorliegen besonderer Umstände darf sie auch überschritten werden (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1037/12 - Rn. 14 mwN; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 15, BAGE 137, 54).

95

b) Demnach hatte die Beklagte von den der Kündigung zugrunde liegenden Tatsachen zum Zeitpunkt ihres Zugangs am 25. Juli 2011 nicht länger als zwei Wochen Kenntnis. Sie wusste zwar bereits seit dem 28. Juni 2011 von dem Kassenfehlbestand in G. Die Begründung des der Kündigung zugrunde liegenden Verdachts gegen den Kläger erfolgte jedoch erst in dessen Anhörung am 21. Juli 2011. Die Beklagte betrieb die Sachverhaltsaufklärung mit der gebotenen Eile, auch wenn die Anhörung nicht innerhalb einer Woche ab Kenntnis von der Kassendifferenz stattfand. Eine schriftliche Aufforderung zur Stellungnahme war nicht veranlasst. Durch die Anberaumung des Gesprächstermins zunächst auf den 30. Juni 2011 und dann auf den 4. Juli 2011 versuchte die Beklagte eine zeitnahe Anhörung durchzuführen. Am 30. Juni 2011 war der Kläger jedoch aus persönlichen Gründen verhindert. Den Termin am 4. Juli 2011 sagte er wegen einer angeblichen Flugreise ab. Nach dem Urlaubsende hat die Beklagte die Anhörung sodann zügig durchgeführt. Sie fand noch in der ersten Woche nach dem Urlaub statt. Nach der Verdachtsbegründung am 21. Juli 2011 hat die Beklagte die Kündigung innerhalb von zwei Wochen, nämlich bereits am 25. Juli 2011, erklärt.

96

5. Die Kündigung ist auch nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

97

a) Will der Arbeitgeber seine Kündigung auf den dringenden Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung stützen, muss er dies dem Betriebsrat mitteilen und die Umstände angeben, aus denen sich der konkrete Verdacht ergeben soll (BAG 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 24). Nach dem Grundsatz der subjektiven Determination ist der Betriebsrat dabei ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungsentschluss hat er regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 21).

98

b) Bei der Betriebsratsanhörung handelt es sich um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist (BAG 22. September 2005 - 6 AZR 607/04 - zu II 4 b bb (1) der Gründe). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. BAG 15. April 2014 - 3 AZR 435/12 - Rn. 18; 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23).

99

c) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 22. Juli 2011 genüge inhaltlich den Anforderungen des § 102 BetrVG, hält den Angriffen der Revision stand.

100

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend auf den Grundsatz der subjektiven Determination abgestellt und ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gelangt, dass bei Berücksichtigung der Gesamtumstände die beabsichtigte Erklärung einer Verdachtskündigung für den Betriebsrat erkennbar gewesen sei. Dem Betriebsrat wurde der Geschehensablauf aus Sicht der Beklagten und die wesentliche verdachtsbegründende Tatsache (Nennung des Fehlbetrags durch den Kläger) mitgeteilt. Der Formulierung „müssen wir davon ausgehen, dass er die Differenz ‚verursacht‘ hat“, kann mit dem Landesarbeitsgericht die beabsichtigte Erklärung einer Verdachtskündigung entnommen werden. Jedenfalls lässt diese Wortlautinterpretation keine Tatsachen unberücksichtigt und verstößt nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze. Durch die Beschreibung der Gesamtumstände wird dem Betriebsrat hinreichend verdeutlicht, dass die Beklagte im Sinne eines Verdachts von einem Vermögensdelikt „ausgeht“. Die Dringlichkeit des Verdachts wird mit „müssen wir“ zum Ausdruck gebracht.

101

bb) Es ist mit dem Landesarbeitsgericht auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Betriebsrat bewusst falsch über die Verursachung des Fehlbetrags von 50,00 Euro in D und über eine Spielsucht des Klägers informiert hat. Die Beklagte ging hiervon aus. Wegen des Grundsatzes der subjektiven Determinierung der Betriebsratsanhörung ist daher unbeachtlich, ob diese Vorwürfe objektiv gerechtfertigt sind.

102

cc) Der Betriebsrat wurde auch nicht fehlerhaft über den Kündigungsgrund des Verdachts eines Vermögensdelikts unterrichtet, weil in der Anhörung noch weiteres Fehlverhalten des Klägers angeführt wurde (Fehlzeiten in der Berufsschule; Arbeit in der Gießerei während des Erholungsurlaubs). Es handelt sich ersichtlich um eine für die Interessenabwägung bedeutsame Darstellung der aus Sicht der Beklagten bestehenden Belastungen des Ausbildungsverhältnisses.

103

6. Die Klage ist auch im Übrigen unbegründet. Wegen der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 25. Juli 2011 bestand zum Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung durch die ordentliche Kündigung am 30. September 2011 kein Ausbildungsverhältnis mehr. Aus demselben Grund kann der Kläger die eingeklagte Ausbildungsvergütung für die Zeit ab dem 1. August 2011 nicht beanspruchen.

104

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    M. Geyer    

                 

(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

(2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden

1.
aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
2.
von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.

(3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Absatzes 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.

(4) Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt.

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Juli 2014 - 3 Sa 523/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Probezeitkündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses und um einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Filialen im Bundesgebiet. Es ist ein Betriebsrat gebildet, welcher für die Filiale in H zuständig ist.

3

Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Ihm wurde daraufhin die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August 2013 zugesagt. Als Überbrückung für die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn bot ihm die Beklagte ein Praktikum an. Am 27. März 2013 schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“. Nach dessen § 1 soll der Kläger vom 11. März 2013 bis 31. Juli 2013 in der Filiale in H „zum Erwerb von Erfahrungen und Kenntnissen im Fachbereich Handel- Verkaufsvorbereitung“ eingesetzt werden. Es war eine Probezeit von zwei Monaten vorgesehen. Während dieser Probezeit erfolgte keine Kündigung. Unter dem 22. Juni 2013 zeichneten die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung des Klägers zum Kaufmann im Einzelhandel in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2016. Es wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Der Kläger nahm die Ausbildung wie vorgesehen in der Filiale H auf.

4

Mit Formularschreiben vom 21. Oktober 2013 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers während der Probezeit. Sie gab an, dass der Kläger seit dem 11. März 2013 bei ihr beschäftigt sei und zwar „als Praktikant, ab 01.08.2013 als KEH Azubi“. Als Grund für die beabsichtigte Kündigung wurde mitgeteilt: „Herr K hat unseren Erwartungen aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen. Er wird innerhalb der Probezeit, die am 31.10.2013 endet, gekündigt.“ Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013, welches dem Kläger am gleichen Tag zuging, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis zum 29. Oktober 2013.

5

Mit seiner am 15. November 2013 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung verlangt. Zudem hat er den zuständigen Schlichtungsausschuss bei der Industrie- und Handelskammer O angerufen. Der von diesem am 13. Dezember 2013 gefällte Versäumnisspruch wurde von der Beklagten nicht anerkannt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Ausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Das Praktikum sei im Zusammenhang mit dem bereits zugesagten Ausbildungsbeginn am 1. August 2013 durchgeführt worden und habe der Vorbereitung der Ausbildung dienen sollen. Tatsächlich habe die Beklagte bereits während des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen. So habe er gleich zu Beginn des Praktikums eine Schulung zum Thema Oberbetten absolviert. Direkt im Anschluss daran habe er Waren verkaufen dürfen. Zudem habe er im weiteren Verlauf des Praktikums nahezu sämtliche Schulungen der vorgesehenen Ausbildung besucht. Letztlich habe er „mehr oder minder“ sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die ein Auszubildender oder bereits ausgelernter Mitarbeiter zu verrichten hatte. Dazu gehörten allgemeine Lagertätigkeiten, Lagerwirtschaft, Kommissionierung sowie das Bearbeiten von Bestellungen und das Erstellen von Angeboten. Selbst die Prospektvorbereitungskontrolle sei von ihm bereits sporadisch durchgeführt worden.

7

Die Beklagte habe sich daher bereits während des Praktikums, welches seinerseits einer Probezeitvereinbarung unterfiel, ein vollständiges Bild über ihn machen können. Die Vereinbarung einer weiteren Probezeit von drei Monaten im Ausbildungsverhältnis ohne Anrechnung der Praktikumszeit sei eine unangemessene Benachteiligung. Bei Addierung der Praktikumszeit und der dreimonatigen Probezeit im Ausbildungsverhältnis liege faktisch eine Probezeit von fast acht Monaten vor. Dies sei weder mit Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis noch mit den Grundsätzen von Treu und Glauben zu vereinbaren.

8

Zudem sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei Art und Umfang des Praktikums nicht mitgeteilt worden. Für diesen sei daher nicht überprüfbar gewesen, inwiefern im Rahmen des Praktikums bereits Ausbildungskenntnisse vermittelt wurden. Der Betriebsrat hätte ansonsten beurteilen können, ob die Vereinbarung einer weiteren Probezeit eine unangemessene Benachteiligung gewesen sei und inwiefern er (der Kläger) sich im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt habe. Die Kündigungsabsicht sei nicht hinreichend konkret begründet worden. Was mit der Angabe einer angeblich fehlenden Eigeninitiative gemeint war, sei für den Betriebsrat nicht ansatzweise erkennbar gewesen.

9

Der Kläger hat deshalb beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten ausbildungsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung begründet. Diese sei während der nach den gesetzlichen Vorgaben vereinbarten Probezeit erklärt worden. Die Zeit des Praktikums sei auf die Probezeit nicht anrechenbar. Es handle sich um Rechtsverhältnisse mit unterschiedlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien. Auf den vereinbarten Inhalt und die tatsächliche Durchführung des Praktikums komme es nicht an. Zudem seien dem Kläger während des Praktikums nur die üblichen Praktikumsinhalte vermittelt worden. Er habe nicht an nahezu sämtlichen Schulungen der Ausbildung bereits während des Praktikums teilgenommen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden. Nähere Angaben zu dem Praktikum seien nicht erforderlich gewesen. Die Mitteilung des erst innerhalb der Probezeit im Ausbildungsverhältnis gebildeten Werturteils („fehlende Eigeninitiative“) sei ausreichend gewesen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat durch Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 6 AZN 814/14 - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 hat das Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist beendet. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an.

13

1. Nach § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die streitgegenständliche Kündigung wurde formgerecht während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 vereinbarten Probezeit erklärt. Die Zeit der Tätigkeit des Klägers vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 auf der Grundlage des sog. Praktikantenvertrags vom 27. März 2013 findet keine Anrechnung auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger in dieser Zeit tatsächlich ein Praktikum absolviert hat oder entgegen der vertraglichen Bezeichnung in einem Arbeitsverhältnis stand.

14

a) Nach § 20 Satz 1 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Eine Anrechnung von Zeiten, in denen zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bereits ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sieht § 20 BBiG nicht vor. Die Vorschrift knüpft allein an den rechtlichen Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Selbst bei mehreren Ausbildungsverhältnissen zwischen denselben Parteien beginnt demnach jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. Insoweit ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 29 ff.).

15

b) Demgegenüber stehen Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses derselben Parteien vor Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses weder der Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis entgegen noch findet eine Anrechnung auf die gemäß § 20 Satz 1 BBiG zu vereinbarende Probezeit statt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 20 Satz 1 BBiG und dem Zweck der Probezeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechte und Pflichten in anderen Vertragsverhältnissen.

16

aa) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35; BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 28).

17

bb) Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG möglich. Andere Vertragsverhältnisse weichen hiervon ab.

18

(1) Dies gilt zum einen für Arbeitsverhältnisse. Berufsausbildungsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse sind nicht generell gleichzusetzen, weil beide Vertragsverhältnisse unterschiedliche Pflichtenbindungen aufweisen (BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 348/02 - zu 2 a bb der Gründe, BAGE 107, 72; vgl. auch 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 37, BAGE 145, 371). Dies berücksichtigt § 10 Abs. 2 BBiG, wonach die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Berufsausbildungsvertrag nur anzuwenden sind, soweit sich aus dessen Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Inhalt eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Demgegenüber schuldet der Auszubildende, sich ausbilden zu lassen, während die Hauptpflicht des Ausbildenden nach § 14 BBiG darin besteht, dem Auszubildenden die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Der Auszubildende schuldet im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung gegen Zahlung eines Entgelts, sondern hat sich nach § 13 Satz 1 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 37; 18. Mai 2011 - 10 AZR 360/10 - Rn. 13 mwN). Folglich ist die in einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen (vgl. zu § 13 BBiG aF BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 der Gründe).

19

(2) Die Dauer anderer Vertragsverhältnisse iSd. § 26 BBiG ist wegen deren Unterschiede zu einem Berufsausbildungsverhältnis ebenfalls nicht auf eine nach § 20 BBiG vereinbarte Probezeit anzurechnen. Dies gilt auch für die hier in Streit stehende Zeit eines unmittelbar vorausgegangenen Praktikums. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es entgegen der Revision nicht an. Ihre diesbezüglich erhobenen Verfahrensrügen sind deshalb unbeachtlich.

20

(a) § 26 BBiG ordnet die Anwendbarkeit der für das Berufsausbildungsverhältnis geltenden Vorschriften der §§ 10 bis 23 und 25 BBiG für Rechtsverhältnisse an, die nicht als Arbeitsverhältnisse ausgestaltet sind und die Personen betreffen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben. § 26 BBiG erfasst damit nur solche Rechtsverhältnisse, die im Gegensatz zur Umschulung oder Fortbildung auf die erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen gerichtet sind, wie dies etwa bei Anlernlingen, Volontären oder Praktikanten der Fall ist(BAG 12. Februar 2013 - 3 AZR 120/11 - Rn. 12).

21

(b) Für die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf untersagt § 4 Abs. 2 BBiG, wonach nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf, hingegen die Vereinbarung eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 26 BBiG(BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 23, BAGE 135, 187; kritisch Benecke NZA 2012, 646). Dies ist der Struktur der Berufsausbildung geschuldet. Mit ihr soll berufliche Handlungsfähigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Bei einem Praktikum ist das nicht der Fall. Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen (BAG 29. April 2015 - 9 AZR 78/14 - Rn. 18). Dabei findet aber keine systematische Berufsausbildung statt (vgl. BAG 13. März 2003 - 6 AZR 564/01 - zu II 2 b der Gründe). Praktikanten sind auch nicht zur Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen verpflichtet (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 2, § 15 BBiG).

22

(c) An der Unterscheidung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum hat sich durch das Mindestlohngesetz nichts geändert. Zwar enthält § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG für dieses Gesetz mit Wirkung ab dem 16. August 2014 nunmehr eine Legaldefinition der Praktikantenstellung in Anlehnung an den Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (BT-Drs. 18/2010 (neu) S. 24; HK-MiLoG/Schubert/Jerchel § 22 Rn. 17). Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist ein Praktikum aber keine Berufsausbildung im Sinne des BBiG („ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes … handelt“).

23

(d) Mit dieser gesetzlichen Differenzierung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum ist eine Anrechnung von Zeiten eines Praktikums auf die Probezeit in einem späteren Berufsausbildungsverhältnis nicht vereinbar (vgl. Herkert/Töltl BBiG Stand November 2013 § 20 Rn. 6; Reinartz DB 2015, 1347; Schieckel/Oestreicher/Decker/Grüner BBiG Bd. I Stand 1. Mai 2015 § 20 nF Rn. 4; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 22; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 8; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 bis 23 BBiG Rn. 43b; LAG Berlin 12. Oktober 1998 - 9 Sa 73/98 - zu II 1 der Gründe). Die Zwecksetzung von Praktikum und Probezeit ist unterschiedlich, es besteht auch keine relevante Teilidentität (aA ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 20 BBiG Rn. 2). Wegen der grundsätzlichen Unterschiede kommt es auf die Umstände des Einzelfalls nicht an. Es ist auch ohne Bedeutung, ob Praktikum und Berufsausbildungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen (aA Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 20 Rn. 7; Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 15). Gleiches gilt bzgl. der tatsächlichen Gestaltung des Praktikums und des Besuchs eines Berufsschulunterrichts. Diese Differenzierung ist zugleich ein Gebot der Rechtssicherheit, denn die Abgrenzung eines „anrechnungsfähigen“ Praktikums von einem anderen Praktikum im Einzelfall wäre nur schwer möglich.

24

(e) Für die Nichtanrechnung einer Praktikumszeit spricht ferner, dass der Gesetzgeber sogar bei gesetzlich vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen im Vorfeld einer Berufsausbildung eine Anrechnung auf die Probezeit im folgenden Ausbildungsverhältnis nicht vorgesehen hat (vgl. LAG Baden-Württemberg 8. November 2011 - 22 Sa 35/11 -). Dies betrifft die Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III, welche der Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit dient und nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III auf der Grundlage eines Vertrags iSd. § 26 BBiG durchgeführt werden kann. Auch die Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 f. BBiG ist eine vorgelagerte Qualifizierungsmaßnahme, bzgl. deren Dauer der Gesetzgeber keine Anrechnung auf die Probezeit der späteren Berufsausbildung angeordnet hat. Dies entspricht der Unterschiedlichkeit der Rechtsverhältnisse.

25

(f) Wollen die Parteien bei der Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses den Umstand berücksichtigen, dass sie sich bereits im Rahmen eines Praktikums kennengelernt haben, bleibt ihnen daher nur die Vereinbarung der Mindestprobezeit von einem Monat gemäß § 20 Satz 2 BBiG(vgl. Reinartz DB 2015, 1347). Eine vertragliche Vereinbarung der Anrechnung eines Praktikums, die zu einer weiter gehenden Reduzierung oder zum Entfall der Probezeit führt, wäre gemäß § 25 BBiG nichtig. Es würde sich um eine Vereinbarung handeln, die zuungunsten des Auszubildenden von § 20 BBiG abweicht. Die Probezeit ermöglicht, wie ausgeführt, die beiderseitige Prüfung der Umstände des Ausbildungsberufs. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt darum gerade auch im Interesse des Auszubildenden (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39; 15. Januar 1981 - 2 AZR 943/78 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 36, 94). Eine Regelung, die von einer Probezeit absieht, ist folglich unwirksam (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 19). Die gesetzliche Vorgabe der Mindestprobezeit kann auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass vertraglich die Anrechnung eines Praktikums vereinbart wird.

26

c) Demnach erfolgte die streitgegenständliche Kündigung vom 29. Oktober 2013 während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 wirksam vereinbarten Probezeit von drei Monaten.

27

aa) Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39). Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag des Ausbildenden enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus ist jedoch regelmäßig auch dann nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 37, 40).

28

bb) Vorliegend sieht der Formularausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 eine Probezeit von drei Monaten vor. Dies ist nicht zu beanstanden. Die gesetzliche Höchstdauer wurde um einen Monat unterschritten. Die Zeit des Praktikums ist aus den genannten Gründen unbeachtlich.

29

cc) Die Kündigung erfolgte gemäß § 22 Abs. 1 BBiG während der Probezeit. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 begann diese am 1. August 2013 und endete bei einer Dauer von drei Monaten am 31. Oktober 2013. Die gemäß § 22 Abs. 3 BBiG schriftliche Kündigung ging dem Kläger am 29. Oktober 2013 und damit während der Probezeit zu.

30

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Schreiben vom 21. Oktober 2013 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterrichtet.

31

a) Ebenso wie bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist die Substantiierungspflicht bei der Anhörung des Betriebsrats im Falle einer Kündigung während der Probezeit nach § 22 Abs. 1 BBiG allein an den Umständen zu messen, aus denen der Ausbildende subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. Demnach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Ausbildenden bei Probezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Ausbildende ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Liegen dem subjektiven Werturteil des Ausbildenden nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss er den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. zu einer Kündigung während der Wartezeit BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20 ff. mwN; zustimmend Gragert ArbRAktuell 2013, 599; ablehnend Müller-Wenner AuR 2014, 85).

32

b) Bei der Betriebsratsanhörung handelt es sich um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist (BAG 22. September 2005 - 6 AZR 607/04 - zu II 4 b bb (1) der Gründe). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 98 mwN).

33

c) Vorliegend wurde dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 zur Begründung der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt, dass der Kläger den Erwartungen der Beklagten aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen habe. Das Landesarbeitsgericht ist bei Berücksichtigung des Grundsatzes der subjektiven Determination in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung gelangt, dass dies ausreichend war und dem Betriebsrat nicht mehr erläutert werden musste, aufgrund welcher Umstände der Kläger den Erwartungen der Beklagten nicht entsprochen hat. Die Mitteilung des bloßen Werturteils reicht vorliegend aus. Dieses war der Anlass für die Kündigung. Weitere Informationen waren auch hinsichtlich des Praktikums nicht erforderlich. Der Betriebsrat wurde darüber informiert, dass der Kläger bereits seit dem 11. März 2013 als Praktikant beschäftigt war. Entgegen der Revision mussten weitere Informationen zur Vertragsgrundlage sowie zu Art und Umfang des Praktikums nicht bekannt gegeben werden. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Praktikum zur Überbrückung bis zum Ausbildungsbeginn vorgesehen war. Die Revision geht im Ansatz unzutreffend davon aus, dass dem Betriebsrat durch solche Informationen die Einschätzung hätte ermöglicht werden müssen, inwiefern sich der Kläger im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt hat. Dies entspricht der nach Ansicht der Revision vorzunehmenden Anrechnung des Praktikums auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses. Wie dargelegt, steht das Praktikum aber in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dieser Probezeit. Für die Kündigungsentscheidung ist die Einschätzung der Beklagten hinsichtlich der Eignung des Klägers bezogen auf die Ausbildung maßgeblich. Der Ablauf des Praktikums ist hierbei grundsätzlich ohne Bedeutung. Anderes könnte nur gelten, wenn die Beklagte ihre Kündigungsentscheidung wegen konkreter Vorfälle im Praktikum getroffen hätte. Dies ist hier nicht ersichtlich.

34

3. Die streitgegenständliche Kündigung verstößt entgegen der Revision auch nicht gegen Treu und Glauben (vgl. hierzu BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 34). Die Beklagte hat lediglich von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht.

35

4. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gerichtet. Dieser Rechtsstreit ist mit der Entscheidung des Senats abgeschlossen (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 52).

36

5. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    W. Kreis    

                 

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Auszubildende haben sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Sie sind insbesondere verpflichtet,

1.
die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
2.
an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die sie nach § 15 freigestellt werden,
3.
den Weisungen zu folgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildenden, von Ausbildern oder Ausbilderinnen oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden,
4.
die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten,
5.
Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
6.
über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren,
7.
einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen.

(1) Ausbildende haben

1.
dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, und die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann,
2.
selbst auszubilden oder einen Ausbilder oder eine Ausbilderin ausdrücklich damit zu beauftragen,
3.
Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge, Werkstoffe und Fachliteratur zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stattfinden, erforderlich sind,
4.
Auszubildende zum Besuch der Berufsschule anzuhalten,
5.
dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden.

(2) Ausbildende haben Auszubildende zum Führen der Ausbildungsnachweise nach § 13 Satz 2 Nummer 7 anzuhalten und diese regelmäßig durchzusehen. Den Auszubildenden ist Gelegenheit zu geben, den Ausbildungsnachweis am Arbeitsplatz zu führen.

(3) Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Juli 2014 - 3 Sa 523/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Probezeitkündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses und um einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Filialen im Bundesgebiet. Es ist ein Betriebsrat gebildet, welcher für die Filiale in H zuständig ist.

3

Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Ihm wurde daraufhin die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August 2013 zugesagt. Als Überbrückung für die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn bot ihm die Beklagte ein Praktikum an. Am 27. März 2013 schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“. Nach dessen § 1 soll der Kläger vom 11. März 2013 bis 31. Juli 2013 in der Filiale in H „zum Erwerb von Erfahrungen und Kenntnissen im Fachbereich Handel- Verkaufsvorbereitung“ eingesetzt werden. Es war eine Probezeit von zwei Monaten vorgesehen. Während dieser Probezeit erfolgte keine Kündigung. Unter dem 22. Juni 2013 zeichneten die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung des Klägers zum Kaufmann im Einzelhandel in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2016. Es wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Der Kläger nahm die Ausbildung wie vorgesehen in der Filiale H auf.

4

Mit Formularschreiben vom 21. Oktober 2013 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers während der Probezeit. Sie gab an, dass der Kläger seit dem 11. März 2013 bei ihr beschäftigt sei und zwar „als Praktikant, ab 01.08.2013 als KEH Azubi“. Als Grund für die beabsichtigte Kündigung wurde mitgeteilt: „Herr K hat unseren Erwartungen aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen. Er wird innerhalb der Probezeit, die am 31.10.2013 endet, gekündigt.“ Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013, welches dem Kläger am gleichen Tag zuging, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis zum 29. Oktober 2013.

5

Mit seiner am 15. November 2013 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung verlangt. Zudem hat er den zuständigen Schlichtungsausschuss bei der Industrie- und Handelskammer O angerufen. Der von diesem am 13. Dezember 2013 gefällte Versäumnisspruch wurde von der Beklagten nicht anerkannt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Ausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Das Praktikum sei im Zusammenhang mit dem bereits zugesagten Ausbildungsbeginn am 1. August 2013 durchgeführt worden und habe der Vorbereitung der Ausbildung dienen sollen. Tatsächlich habe die Beklagte bereits während des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen. So habe er gleich zu Beginn des Praktikums eine Schulung zum Thema Oberbetten absolviert. Direkt im Anschluss daran habe er Waren verkaufen dürfen. Zudem habe er im weiteren Verlauf des Praktikums nahezu sämtliche Schulungen der vorgesehenen Ausbildung besucht. Letztlich habe er „mehr oder minder“ sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die ein Auszubildender oder bereits ausgelernter Mitarbeiter zu verrichten hatte. Dazu gehörten allgemeine Lagertätigkeiten, Lagerwirtschaft, Kommissionierung sowie das Bearbeiten von Bestellungen und das Erstellen von Angeboten. Selbst die Prospektvorbereitungskontrolle sei von ihm bereits sporadisch durchgeführt worden.

7

Die Beklagte habe sich daher bereits während des Praktikums, welches seinerseits einer Probezeitvereinbarung unterfiel, ein vollständiges Bild über ihn machen können. Die Vereinbarung einer weiteren Probezeit von drei Monaten im Ausbildungsverhältnis ohne Anrechnung der Praktikumszeit sei eine unangemessene Benachteiligung. Bei Addierung der Praktikumszeit und der dreimonatigen Probezeit im Ausbildungsverhältnis liege faktisch eine Probezeit von fast acht Monaten vor. Dies sei weder mit Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis noch mit den Grundsätzen von Treu und Glauben zu vereinbaren.

8

Zudem sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei Art und Umfang des Praktikums nicht mitgeteilt worden. Für diesen sei daher nicht überprüfbar gewesen, inwiefern im Rahmen des Praktikums bereits Ausbildungskenntnisse vermittelt wurden. Der Betriebsrat hätte ansonsten beurteilen können, ob die Vereinbarung einer weiteren Probezeit eine unangemessene Benachteiligung gewesen sei und inwiefern er (der Kläger) sich im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt habe. Die Kündigungsabsicht sei nicht hinreichend konkret begründet worden. Was mit der Angabe einer angeblich fehlenden Eigeninitiative gemeint war, sei für den Betriebsrat nicht ansatzweise erkennbar gewesen.

9

Der Kläger hat deshalb beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten ausbildungsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung begründet. Diese sei während der nach den gesetzlichen Vorgaben vereinbarten Probezeit erklärt worden. Die Zeit des Praktikums sei auf die Probezeit nicht anrechenbar. Es handle sich um Rechtsverhältnisse mit unterschiedlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien. Auf den vereinbarten Inhalt und die tatsächliche Durchführung des Praktikums komme es nicht an. Zudem seien dem Kläger während des Praktikums nur die üblichen Praktikumsinhalte vermittelt worden. Er habe nicht an nahezu sämtlichen Schulungen der Ausbildung bereits während des Praktikums teilgenommen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden. Nähere Angaben zu dem Praktikum seien nicht erforderlich gewesen. Die Mitteilung des erst innerhalb der Probezeit im Ausbildungsverhältnis gebildeten Werturteils („fehlende Eigeninitiative“) sei ausreichend gewesen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat durch Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 6 AZN 814/14 - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 hat das Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist beendet. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an.

13

1. Nach § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die streitgegenständliche Kündigung wurde formgerecht während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 vereinbarten Probezeit erklärt. Die Zeit der Tätigkeit des Klägers vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 auf der Grundlage des sog. Praktikantenvertrags vom 27. März 2013 findet keine Anrechnung auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger in dieser Zeit tatsächlich ein Praktikum absolviert hat oder entgegen der vertraglichen Bezeichnung in einem Arbeitsverhältnis stand.

14

a) Nach § 20 Satz 1 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Eine Anrechnung von Zeiten, in denen zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bereits ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sieht § 20 BBiG nicht vor. Die Vorschrift knüpft allein an den rechtlichen Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Selbst bei mehreren Ausbildungsverhältnissen zwischen denselben Parteien beginnt demnach jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. Insoweit ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 29 ff.).

15

b) Demgegenüber stehen Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses derselben Parteien vor Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses weder der Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis entgegen noch findet eine Anrechnung auf die gemäß § 20 Satz 1 BBiG zu vereinbarende Probezeit statt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 20 Satz 1 BBiG und dem Zweck der Probezeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechte und Pflichten in anderen Vertragsverhältnissen.

16

aa) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35; BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 28).

17

bb) Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG möglich. Andere Vertragsverhältnisse weichen hiervon ab.

18

(1) Dies gilt zum einen für Arbeitsverhältnisse. Berufsausbildungsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse sind nicht generell gleichzusetzen, weil beide Vertragsverhältnisse unterschiedliche Pflichtenbindungen aufweisen (BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 348/02 - zu 2 a bb der Gründe, BAGE 107, 72; vgl. auch 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 37, BAGE 145, 371). Dies berücksichtigt § 10 Abs. 2 BBiG, wonach die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Berufsausbildungsvertrag nur anzuwenden sind, soweit sich aus dessen Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Inhalt eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Demgegenüber schuldet der Auszubildende, sich ausbilden zu lassen, während die Hauptpflicht des Ausbildenden nach § 14 BBiG darin besteht, dem Auszubildenden die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Der Auszubildende schuldet im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung gegen Zahlung eines Entgelts, sondern hat sich nach § 13 Satz 1 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 37; 18. Mai 2011 - 10 AZR 360/10 - Rn. 13 mwN). Folglich ist die in einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen (vgl. zu § 13 BBiG aF BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 der Gründe).

19

(2) Die Dauer anderer Vertragsverhältnisse iSd. § 26 BBiG ist wegen deren Unterschiede zu einem Berufsausbildungsverhältnis ebenfalls nicht auf eine nach § 20 BBiG vereinbarte Probezeit anzurechnen. Dies gilt auch für die hier in Streit stehende Zeit eines unmittelbar vorausgegangenen Praktikums. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es entgegen der Revision nicht an. Ihre diesbezüglich erhobenen Verfahrensrügen sind deshalb unbeachtlich.

20

(a) § 26 BBiG ordnet die Anwendbarkeit der für das Berufsausbildungsverhältnis geltenden Vorschriften der §§ 10 bis 23 und 25 BBiG für Rechtsverhältnisse an, die nicht als Arbeitsverhältnisse ausgestaltet sind und die Personen betreffen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben. § 26 BBiG erfasst damit nur solche Rechtsverhältnisse, die im Gegensatz zur Umschulung oder Fortbildung auf die erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen gerichtet sind, wie dies etwa bei Anlernlingen, Volontären oder Praktikanten der Fall ist(BAG 12. Februar 2013 - 3 AZR 120/11 - Rn. 12).

21

(b) Für die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf untersagt § 4 Abs. 2 BBiG, wonach nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf, hingegen die Vereinbarung eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 26 BBiG(BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 23, BAGE 135, 187; kritisch Benecke NZA 2012, 646). Dies ist der Struktur der Berufsausbildung geschuldet. Mit ihr soll berufliche Handlungsfähigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Bei einem Praktikum ist das nicht der Fall. Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen (BAG 29. April 2015 - 9 AZR 78/14 - Rn. 18). Dabei findet aber keine systematische Berufsausbildung statt (vgl. BAG 13. März 2003 - 6 AZR 564/01 - zu II 2 b der Gründe). Praktikanten sind auch nicht zur Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen verpflichtet (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 2, § 15 BBiG).

22

(c) An der Unterscheidung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum hat sich durch das Mindestlohngesetz nichts geändert. Zwar enthält § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG für dieses Gesetz mit Wirkung ab dem 16. August 2014 nunmehr eine Legaldefinition der Praktikantenstellung in Anlehnung an den Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (BT-Drs. 18/2010 (neu) S. 24; HK-MiLoG/Schubert/Jerchel § 22 Rn. 17). Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist ein Praktikum aber keine Berufsausbildung im Sinne des BBiG („ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes … handelt“).

23

(d) Mit dieser gesetzlichen Differenzierung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum ist eine Anrechnung von Zeiten eines Praktikums auf die Probezeit in einem späteren Berufsausbildungsverhältnis nicht vereinbar (vgl. Herkert/Töltl BBiG Stand November 2013 § 20 Rn. 6; Reinartz DB 2015, 1347; Schieckel/Oestreicher/Decker/Grüner BBiG Bd. I Stand 1. Mai 2015 § 20 nF Rn. 4; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 22; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 8; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 bis 23 BBiG Rn. 43b; LAG Berlin 12. Oktober 1998 - 9 Sa 73/98 - zu II 1 der Gründe). Die Zwecksetzung von Praktikum und Probezeit ist unterschiedlich, es besteht auch keine relevante Teilidentität (aA ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 20 BBiG Rn. 2). Wegen der grundsätzlichen Unterschiede kommt es auf die Umstände des Einzelfalls nicht an. Es ist auch ohne Bedeutung, ob Praktikum und Berufsausbildungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen (aA Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 20 Rn. 7; Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 15). Gleiches gilt bzgl. der tatsächlichen Gestaltung des Praktikums und des Besuchs eines Berufsschulunterrichts. Diese Differenzierung ist zugleich ein Gebot der Rechtssicherheit, denn die Abgrenzung eines „anrechnungsfähigen“ Praktikums von einem anderen Praktikum im Einzelfall wäre nur schwer möglich.

24

(e) Für die Nichtanrechnung einer Praktikumszeit spricht ferner, dass der Gesetzgeber sogar bei gesetzlich vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen im Vorfeld einer Berufsausbildung eine Anrechnung auf die Probezeit im folgenden Ausbildungsverhältnis nicht vorgesehen hat (vgl. LAG Baden-Württemberg 8. November 2011 - 22 Sa 35/11 -). Dies betrifft die Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III, welche der Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit dient und nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III auf der Grundlage eines Vertrags iSd. § 26 BBiG durchgeführt werden kann. Auch die Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 f. BBiG ist eine vorgelagerte Qualifizierungsmaßnahme, bzgl. deren Dauer der Gesetzgeber keine Anrechnung auf die Probezeit der späteren Berufsausbildung angeordnet hat. Dies entspricht der Unterschiedlichkeit der Rechtsverhältnisse.

25

(f) Wollen die Parteien bei der Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses den Umstand berücksichtigen, dass sie sich bereits im Rahmen eines Praktikums kennengelernt haben, bleibt ihnen daher nur die Vereinbarung der Mindestprobezeit von einem Monat gemäß § 20 Satz 2 BBiG(vgl. Reinartz DB 2015, 1347). Eine vertragliche Vereinbarung der Anrechnung eines Praktikums, die zu einer weiter gehenden Reduzierung oder zum Entfall der Probezeit führt, wäre gemäß § 25 BBiG nichtig. Es würde sich um eine Vereinbarung handeln, die zuungunsten des Auszubildenden von § 20 BBiG abweicht. Die Probezeit ermöglicht, wie ausgeführt, die beiderseitige Prüfung der Umstände des Ausbildungsberufs. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt darum gerade auch im Interesse des Auszubildenden (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39; 15. Januar 1981 - 2 AZR 943/78 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 36, 94). Eine Regelung, die von einer Probezeit absieht, ist folglich unwirksam (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 19). Die gesetzliche Vorgabe der Mindestprobezeit kann auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass vertraglich die Anrechnung eines Praktikums vereinbart wird.

26

c) Demnach erfolgte die streitgegenständliche Kündigung vom 29. Oktober 2013 während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 wirksam vereinbarten Probezeit von drei Monaten.

27

aa) Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39). Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag des Ausbildenden enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus ist jedoch regelmäßig auch dann nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 37, 40).

28

bb) Vorliegend sieht der Formularausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 eine Probezeit von drei Monaten vor. Dies ist nicht zu beanstanden. Die gesetzliche Höchstdauer wurde um einen Monat unterschritten. Die Zeit des Praktikums ist aus den genannten Gründen unbeachtlich.

29

cc) Die Kündigung erfolgte gemäß § 22 Abs. 1 BBiG während der Probezeit. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 begann diese am 1. August 2013 und endete bei einer Dauer von drei Monaten am 31. Oktober 2013. Die gemäß § 22 Abs. 3 BBiG schriftliche Kündigung ging dem Kläger am 29. Oktober 2013 und damit während der Probezeit zu.

30

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Schreiben vom 21. Oktober 2013 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterrichtet.

31

a) Ebenso wie bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist die Substantiierungspflicht bei der Anhörung des Betriebsrats im Falle einer Kündigung während der Probezeit nach § 22 Abs. 1 BBiG allein an den Umständen zu messen, aus denen der Ausbildende subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. Demnach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Ausbildenden bei Probezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Ausbildende ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Liegen dem subjektiven Werturteil des Ausbildenden nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss er den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. zu einer Kündigung während der Wartezeit BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20 ff. mwN; zustimmend Gragert ArbRAktuell 2013, 599; ablehnend Müller-Wenner AuR 2014, 85).

32

b) Bei der Betriebsratsanhörung handelt es sich um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist (BAG 22. September 2005 - 6 AZR 607/04 - zu II 4 b bb (1) der Gründe). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 98 mwN).

33

c) Vorliegend wurde dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 zur Begründung der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt, dass der Kläger den Erwartungen der Beklagten aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen habe. Das Landesarbeitsgericht ist bei Berücksichtigung des Grundsatzes der subjektiven Determination in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung gelangt, dass dies ausreichend war und dem Betriebsrat nicht mehr erläutert werden musste, aufgrund welcher Umstände der Kläger den Erwartungen der Beklagten nicht entsprochen hat. Die Mitteilung des bloßen Werturteils reicht vorliegend aus. Dieses war der Anlass für die Kündigung. Weitere Informationen waren auch hinsichtlich des Praktikums nicht erforderlich. Der Betriebsrat wurde darüber informiert, dass der Kläger bereits seit dem 11. März 2013 als Praktikant beschäftigt war. Entgegen der Revision mussten weitere Informationen zur Vertragsgrundlage sowie zu Art und Umfang des Praktikums nicht bekannt gegeben werden. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Praktikum zur Überbrückung bis zum Ausbildungsbeginn vorgesehen war. Die Revision geht im Ansatz unzutreffend davon aus, dass dem Betriebsrat durch solche Informationen die Einschätzung hätte ermöglicht werden müssen, inwiefern sich der Kläger im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt hat. Dies entspricht der nach Ansicht der Revision vorzunehmenden Anrechnung des Praktikums auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses. Wie dargelegt, steht das Praktikum aber in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dieser Probezeit. Für die Kündigungsentscheidung ist die Einschätzung der Beklagten hinsichtlich der Eignung des Klägers bezogen auf die Ausbildung maßgeblich. Der Ablauf des Praktikums ist hierbei grundsätzlich ohne Bedeutung. Anderes könnte nur gelten, wenn die Beklagte ihre Kündigungsentscheidung wegen konkreter Vorfälle im Praktikum getroffen hätte. Dies ist hier nicht ersichtlich.

34

3. Die streitgegenständliche Kündigung verstößt entgegen der Revision auch nicht gegen Treu und Glauben (vgl. hierzu BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 34). Die Beklagte hat lediglich von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht.

35

4. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gerichtet. Dieser Rechtsstreit ist mit der Entscheidung des Senats abgeschlossen (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 52).

36

5. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    W. Kreis    

                 

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Juli 2014 - 3 Sa 523/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Probezeitkündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses und um einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Filialen im Bundesgebiet. Es ist ein Betriebsrat gebildet, welcher für die Filiale in H zuständig ist.

3

Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Ihm wurde daraufhin die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August 2013 zugesagt. Als Überbrückung für die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn bot ihm die Beklagte ein Praktikum an. Am 27. März 2013 schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“. Nach dessen § 1 soll der Kläger vom 11. März 2013 bis 31. Juli 2013 in der Filiale in H „zum Erwerb von Erfahrungen und Kenntnissen im Fachbereich Handel- Verkaufsvorbereitung“ eingesetzt werden. Es war eine Probezeit von zwei Monaten vorgesehen. Während dieser Probezeit erfolgte keine Kündigung. Unter dem 22. Juni 2013 zeichneten die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung des Klägers zum Kaufmann im Einzelhandel in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2016. Es wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Der Kläger nahm die Ausbildung wie vorgesehen in der Filiale H auf.

4

Mit Formularschreiben vom 21. Oktober 2013 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers während der Probezeit. Sie gab an, dass der Kläger seit dem 11. März 2013 bei ihr beschäftigt sei und zwar „als Praktikant, ab 01.08.2013 als KEH Azubi“. Als Grund für die beabsichtigte Kündigung wurde mitgeteilt: „Herr K hat unseren Erwartungen aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen. Er wird innerhalb der Probezeit, die am 31.10.2013 endet, gekündigt.“ Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013, welches dem Kläger am gleichen Tag zuging, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis zum 29. Oktober 2013.

5

Mit seiner am 15. November 2013 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung verlangt. Zudem hat er den zuständigen Schlichtungsausschuss bei der Industrie- und Handelskammer O angerufen. Der von diesem am 13. Dezember 2013 gefällte Versäumnisspruch wurde von der Beklagten nicht anerkannt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Ausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Das Praktikum sei im Zusammenhang mit dem bereits zugesagten Ausbildungsbeginn am 1. August 2013 durchgeführt worden und habe der Vorbereitung der Ausbildung dienen sollen. Tatsächlich habe die Beklagte bereits während des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen. So habe er gleich zu Beginn des Praktikums eine Schulung zum Thema Oberbetten absolviert. Direkt im Anschluss daran habe er Waren verkaufen dürfen. Zudem habe er im weiteren Verlauf des Praktikums nahezu sämtliche Schulungen der vorgesehenen Ausbildung besucht. Letztlich habe er „mehr oder minder“ sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die ein Auszubildender oder bereits ausgelernter Mitarbeiter zu verrichten hatte. Dazu gehörten allgemeine Lagertätigkeiten, Lagerwirtschaft, Kommissionierung sowie das Bearbeiten von Bestellungen und das Erstellen von Angeboten. Selbst die Prospektvorbereitungskontrolle sei von ihm bereits sporadisch durchgeführt worden.

7

Die Beklagte habe sich daher bereits während des Praktikums, welches seinerseits einer Probezeitvereinbarung unterfiel, ein vollständiges Bild über ihn machen können. Die Vereinbarung einer weiteren Probezeit von drei Monaten im Ausbildungsverhältnis ohne Anrechnung der Praktikumszeit sei eine unangemessene Benachteiligung. Bei Addierung der Praktikumszeit und der dreimonatigen Probezeit im Ausbildungsverhältnis liege faktisch eine Probezeit von fast acht Monaten vor. Dies sei weder mit Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis noch mit den Grundsätzen von Treu und Glauben zu vereinbaren.

8

Zudem sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei Art und Umfang des Praktikums nicht mitgeteilt worden. Für diesen sei daher nicht überprüfbar gewesen, inwiefern im Rahmen des Praktikums bereits Ausbildungskenntnisse vermittelt wurden. Der Betriebsrat hätte ansonsten beurteilen können, ob die Vereinbarung einer weiteren Probezeit eine unangemessene Benachteiligung gewesen sei und inwiefern er (der Kläger) sich im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt habe. Die Kündigungsabsicht sei nicht hinreichend konkret begründet worden. Was mit der Angabe einer angeblich fehlenden Eigeninitiative gemeint war, sei für den Betriebsrat nicht ansatzweise erkennbar gewesen.

9

Der Kläger hat deshalb beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten ausbildungsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung begründet. Diese sei während der nach den gesetzlichen Vorgaben vereinbarten Probezeit erklärt worden. Die Zeit des Praktikums sei auf die Probezeit nicht anrechenbar. Es handle sich um Rechtsverhältnisse mit unterschiedlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien. Auf den vereinbarten Inhalt und die tatsächliche Durchführung des Praktikums komme es nicht an. Zudem seien dem Kläger während des Praktikums nur die üblichen Praktikumsinhalte vermittelt worden. Er habe nicht an nahezu sämtlichen Schulungen der Ausbildung bereits während des Praktikums teilgenommen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden. Nähere Angaben zu dem Praktikum seien nicht erforderlich gewesen. Die Mitteilung des erst innerhalb der Probezeit im Ausbildungsverhältnis gebildeten Werturteils („fehlende Eigeninitiative“) sei ausreichend gewesen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat durch Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 6 AZN 814/14 - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 hat das Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist beendet. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an.

13

1. Nach § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die streitgegenständliche Kündigung wurde formgerecht während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 vereinbarten Probezeit erklärt. Die Zeit der Tätigkeit des Klägers vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 auf der Grundlage des sog. Praktikantenvertrags vom 27. März 2013 findet keine Anrechnung auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger in dieser Zeit tatsächlich ein Praktikum absolviert hat oder entgegen der vertraglichen Bezeichnung in einem Arbeitsverhältnis stand.

14

a) Nach § 20 Satz 1 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Eine Anrechnung von Zeiten, in denen zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bereits ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sieht § 20 BBiG nicht vor. Die Vorschrift knüpft allein an den rechtlichen Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Selbst bei mehreren Ausbildungsverhältnissen zwischen denselben Parteien beginnt demnach jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. Insoweit ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 29 ff.).

15

b) Demgegenüber stehen Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses derselben Parteien vor Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses weder der Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis entgegen noch findet eine Anrechnung auf die gemäß § 20 Satz 1 BBiG zu vereinbarende Probezeit statt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 20 Satz 1 BBiG und dem Zweck der Probezeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechte und Pflichten in anderen Vertragsverhältnissen.

16

aa) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35; BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 28).

17

bb) Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG möglich. Andere Vertragsverhältnisse weichen hiervon ab.

18

(1) Dies gilt zum einen für Arbeitsverhältnisse. Berufsausbildungsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse sind nicht generell gleichzusetzen, weil beide Vertragsverhältnisse unterschiedliche Pflichtenbindungen aufweisen (BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 348/02 - zu 2 a bb der Gründe, BAGE 107, 72; vgl. auch 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 37, BAGE 145, 371). Dies berücksichtigt § 10 Abs. 2 BBiG, wonach die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Berufsausbildungsvertrag nur anzuwenden sind, soweit sich aus dessen Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Inhalt eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Demgegenüber schuldet der Auszubildende, sich ausbilden zu lassen, während die Hauptpflicht des Ausbildenden nach § 14 BBiG darin besteht, dem Auszubildenden die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Der Auszubildende schuldet im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung gegen Zahlung eines Entgelts, sondern hat sich nach § 13 Satz 1 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 37; 18. Mai 2011 - 10 AZR 360/10 - Rn. 13 mwN). Folglich ist die in einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen (vgl. zu § 13 BBiG aF BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 der Gründe).

19

(2) Die Dauer anderer Vertragsverhältnisse iSd. § 26 BBiG ist wegen deren Unterschiede zu einem Berufsausbildungsverhältnis ebenfalls nicht auf eine nach § 20 BBiG vereinbarte Probezeit anzurechnen. Dies gilt auch für die hier in Streit stehende Zeit eines unmittelbar vorausgegangenen Praktikums. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es entgegen der Revision nicht an. Ihre diesbezüglich erhobenen Verfahrensrügen sind deshalb unbeachtlich.

20

(a) § 26 BBiG ordnet die Anwendbarkeit der für das Berufsausbildungsverhältnis geltenden Vorschriften der §§ 10 bis 23 und 25 BBiG für Rechtsverhältnisse an, die nicht als Arbeitsverhältnisse ausgestaltet sind und die Personen betreffen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben. § 26 BBiG erfasst damit nur solche Rechtsverhältnisse, die im Gegensatz zur Umschulung oder Fortbildung auf die erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen gerichtet sind, wie dies etwa bei Anlernlingen, Volontären oder Praktikanten der Fall ist(BAG 12. Februar 2013 - 3 AZR 120/11 - Rn. 12).

21

(b) Für die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf untersagt § 4 Abs. 2 BBiG, wonach nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf, hingegen die Vereinbarung eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 26 BBiG(BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 23, BAGE 135, 187; kritisch Benecke NZA 2012, 646). Dies ist der Struktur der Berufsausbildung geschuldet. Mit ihr soll berufliche Handlungsfähigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Bei einem Praktikum ist das nicht der Fall. Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen (BAG 29. April 2015 - 9 AZR 78/14 - Rn. 18). Dabei findet aber keine systematische Berufsausbildung statt (vgl. BAG 13. März 2003 - 6 AZR 564/01 - zu II 2 b der Gründe). Praktikanten sind auch nicht zur Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen verpflichtet (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 2, § 15 BBiG).

22

(c) An der Unterscheidung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum hat sich durch das Mindestlohngesetz nichts geändert. Zwar enthält § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG für dieses Gesetz mit Wirkung ab dem 16. August 2014 nunmehr eine Legaldefinition der Praktikantenstellung in Anlehnung an den Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (BT-Drs. 18/2010 (neu) S. 24; HK-MiLoG/Schubert/Jerchel § 22 Rn. 17). Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist ein Praktikum aber keine Berufsausbildung im Sinne des BBiG („ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes … handelt“).

23

(d) Mit dieser gesetzlichen Differenzierung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum ist eine Anrechnung von Zeiten eines Praktikums auf die Probezeit in einem späteren Berufsausbildungsverhältnis nicht vereinbar (vgl. Herkert/Töltl BBiG Stand November 2013 § 20 Rn. 6; Reinartz DB 2015, 1347; Schieckel/Oestreicher/Decker/Grüner BBiG Bd. I Stand 1. Mai 2015 § 20 nF Rn. 4; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 22; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 8; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 bis 23 BBiG Rn. 43b; LAG Berlin 12. Oktober 1998 - 9 Sa 73/98 - zu II 1 der Gründe). Die Zwecksetzung von Praktikum und Probezeit ist unterschiedlich, es besteht auch keine relevante Teilidentität (aA ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 20 BBiG Rn. 2). Wegen der grundsätzlichen Unterschiede kommt es auf die Umstände des Einzelfalls nicht an. Es ist auch ohne Bedeutung, ob Praktikum und Berufsausbildungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen (aA Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 20 Rn. 7; Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 15). Gleiches gilt bzgl. der tatsächlichen Gestaltung des Praktikums und des Besuchs eines Berufsschulunterrichts. Diese Differenzierung ist zugleich ein Gebot der Rechtssicherheit, denn die Abgrenzung eines „anrechnungsfähigen“ Praktikums von einem anderen Praktikum im Einzelfall wäre nur schwer möglich.

24

(e) Für die Nichtanrechnung einer Praktikumszeit spricht ferner, dass der Gesetzgeber sogar bei gesetzlich vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen im Vorfeld einer Berufsausbildung eine Anrechnung auf die Probezeit im folgenden Ausbildungsverhältnis nicht vorgesehen hat (vgl. LAG Baden-Württemberg 8. November 2011 - 22 Sa 35/11 -). Dies betrifft die Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III, welche der Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit dient und nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III auf der Grundlage eines Vertrags iSd. § 26 BBiG durchgeführt werden kann. Auch die Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 f. BBiG ist eine vorgelagerte Qualifizierungsmaßnahme, bzgl. deren Dauer der Gesetzgeber keine Anrechnung auf die Probezeit der späteren Berufsausbildung angeordnet hat. Dies entspricht der Unterschiedlichkeit der Rechtsverhältnisse.

25

(f) Wollen die Parteien bei der Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses den Umstand berücksichtigen, dass sie sich bereits im Rahmen eines Praktikums kennengelernt haben, bleibt ihnen daher nur die Vereinbarung der Mindestprobezeit von einem Monat gemäß § 20 Satz 2 BBiG(vgl. Reinartz DB 2015, 1347). Eine vertragliche Vereinbarung der Anrechnung eines Praktikums, die zu einer weiter gehenden Reduzierung oder zum Entfall der Probezeit führt, wäre gemäß § 25 BBiG nichtig. Es würde sich um eine Vereinbarung handeln, die zuungunsten des Auszubildenden von § 20 BBiG abweicht. Die Probezeit ermöglicht, wie ausgeführt, die beiderseitige Prüfung der Umstände des Ausbildungsberufs. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt darum gerade auch im Interesse des Auszubildenden (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39; 15. Januar 1981 - 2 AZR 943/78 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 36, 94). Eine Regelung, die von einer Probezeit absieht, ist folglich unwirksam (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 19). Die gesetzliche Vorgabe der Mindestprobezeit kann auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass vertraglich die Anrechnung eines Praktikums vereinbart wird.

26

c) Demnach erfolgte die streitgegenständliche Kündigung vom 29. Oktober 2013 während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 wirksam vereinbarten Probezeit von drei Monaten.

27

aa) Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39). Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag des Ausbildenden enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus ist jedoch regelmäßig auch dann nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 37, 40).

28

bb) Vorliegend sieht der Formularausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 eine Probezeit von drei Monaten vor. Dies ist nicht zu beanstanden. Die gesetzliche Höchstdauer wurde um einen Monat unterschritten. Die Zeit des Praktikums ist aus den genannten Gründen unbeachtlich.

29

cc) Die Kündigung erfolgte gemäß § 22 Abs. 1 BBiG während der Probezeit. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 begann diese am 1. August 2013 und endete bei einer Dauer von drei Monaten am 31. Oktober 2013. Die gemäß § 22 Abs. 3 BBiG schriftliche Kündigung ging dem Kläger am 29. Oktober 2013 und damit während der Probezeit zu.

30

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Schreiben vom 21. Oktober 2013 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterrichtet.

31

a) Ebenso wie bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist die Substantiierungspflicht bei der Anhörung des Betriebsrats im Falle einer Kündigung während der Probezeit nach § 22 Abs. 1 BBiG allein an den Umständen zu messen, aus denen der Ausbildende subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. Demnach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Ausbildenden bei Probezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Ausbildende ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Liegen dem subjektiven Werturteil des Ausbildenden nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss er den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. zu einer Kündigung während der Wartezeit BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20 ff. mwN; zustimmend Gragert ArbRAktuell 2013, 599; ablehnend Müller-Wenner AuR 2014, 85).

32

b) Bei der Betriebsratsanhörung handelt es sich um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist (BAG 22. September 2005 - 6 AZR 607/04 - zu II 4 b bb (1) der Gründe). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 98 mwN).

33

c) Vorliegend wurde dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 zur Begründung der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt, dass der Kläger den Erwartungen der Beklagten aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen habe. Das Landesarbeitsgericht ist bei Berücksichtigung des Grundsatzes der subjektiven Determination in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung gelangt, dass dies ausreichend war und dem Betriebsrat nicht mehr erläutert werden musste, aufgrund welcher Umstände der Kläger den Erwartungen der Beklagten nicht entsprochen hat. Die Mitteilung des bloßen Werturteils reicht vorliegend aus. Dieses war der Anlass für die Kündigung. Weitere Informationen waren auch hinsichtlich des Praktikums nicht erforderlich. Der Betriebsrat wurde darüber informiert, dass der Kläger bereits seit dem 11. März 2013 als Praktikant beschäftigt war. Entgegen der Revision mussten weitere Informationen zur Vertragsgrundlage sowie zu Art und Umfang des Praktikums nicht bekannt gegeben werden. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Praktikum zur Überbrückung bis zum Ausbildungsbeginn vorgesehen war. Die Revision geht im Ansatz unzutreffend davon aus, dass dem Betriebsrat durch solche Informationen die Einschätzung hätte ermöglicht werden müssen, inwiefern sich der Kläger im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt hat. Dies entspricht der nach Ansicht der Revision vorzunehmenden Anrechnung des Praktikums auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses. Wie dargelegt, steht das Praktikum aber in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dieser Probezeit. Für die Kündigungsentscheidung ist die Einschätzung der Beklagten hinsichtlich der Eignung des Klägers bezogen auf die Ausbildung maßgeblich. Der Ablauf des Praktikums ist hierbei grundsätzlich ohne Bedeutung. Anderes könnte nur gelten, wenn die Beklagte ihre Kündigungsentscheidung wegen konkreter Vorfälle im Praktikum getroffen hätte. Dies ist hier nicht ersichtlich.

34

3. Die streitgegenständliche Kündigung verstößt entgegen der Revision auch nicht gegen Treu und Glauben (vgl. hierzu BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 34). Die Beklagte hat lediglich von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht.

35

4. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gerichtet. Dieser Rechtsstreit ist mit der Entscheidung des Senats abgeschlossen (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 52).

36

5. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    W. Kreis    

                 

(1) Arbeitgeber, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung durchführen, können durch Zuschüsse in Höhe der von ihnen mit der oder dem Auszubildenden vereinbarten Vergütung zuzüglich des pauschalierten Anteils am durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitrag gefördert werden. Der Zuschuss zur Vergütung ist auf 262 Euro monatlich begrenzt. Die betriebliche Einstiegsqualifizierung dient der Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit. Soweit die betriebliche Einstiegsqualifizierung als Berufsausbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz durchgeführt wird, gelten die §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes.

(2) Eine Einstiegsqualifizierung kann für die Dauer von sechs bis längstens zwölf Monaten gefördert werden, wenn sie

1.
auf der Grundlage eines Vertrags im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes mit der oder dem Auszubildenden durchgeführt wird,
2.
auf einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 4 Absatz 1 des Berufsbildungsgesetzes, § 25 Absatz 1 Satz 1 der Handwerksordnung, des Seearbeitsgesetzes, nach Teil 2 des Pflegeberufegesetzes oder des Altenpflegegesetzes vorbereitet und
3.
in Vollzeit oder wegen der Erziehung eigener Kinder oder der Pflege von Familienangehörigen in Teilzeit von mindestens 20 Wochenstunden durchgeführt wird.

(3) Der Abschluss des Vertrags ist der nach dem Berufsbildungsgesetz, im Fall der Vorbereitung auf einen nach Teil 2 des Pflegeberufegesetzes oder nach dem Altenpflegegesetz anerkannten Ausbildungsberuf der nach Landesrecht zuständigen Stelle anzuzeigen. Die vermittelten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sind vom Betrieb zu bescheinigen. Die zuständige Stelle stellt über die erfolgreich durchgeführte betriebliche Einstiegsqualifizierung ein Zertifikat aus.

(4) Förderungsfähig sind

1.
bei der Agentur für Arbeit gemeldete Ausbildungsbewerberinnen und -bewerber mit aus individuellen Gründen eingeschränkten Vermittlungsperspektiven, die auch nach den bundesweiten Nachvermittlungsaktionen keine Ausbildungsstelle haben,
2.
Ausbildungsuchende, die noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsreife verfügen, und
3.
lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Ausbildungsuchende.

(5) Die Förderung einer oder eines Auszubildenden, die oder der bereits eine betriebliche Einstiegsqualifizierung bei dem Antrag stellenden Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens durchlaufen hat, oder in einem Betrieb des Unternehmens oder eines verbundenen Unternehmens in den letzten drei Jahren vor Beginn der Einstiegsqualifizierung versicherungspflichtig beschäftigt war, ist ausgeschlossen. Gleiches gilt, wenn die Einstiegsqualifizierung im Betrieb der Ehegatten, Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner oder Eltern durchgeführt wird.

(6) Teilnehmende an einer Einstiegsqualifizierung können durch Übernahme der Fahrkosten gefördert werden. Für die Übernahme und die Höhe der Fahrkosten gilt § 63 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 entsprechend.

Eine Vereinbarung, die zuungunsten Auszubildender von den Vorschriften dieses Teils des Gesetzes abweicht, ist nichtig.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2013 - 3 Sa 1781/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer innerhalb der Probezeit erklärten Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Die Beklagte betreibt einen speziell für Auszubildende mit Teilleistungshindernissen gegründeten „Reha-Ausbildungsbetrieb“ im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung. Zwischen den Parteien bestand zunächst in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 21. Dezember 2010 ein Ausbildungsverhältnis, das durch außerordentliche Kündigung der Beklagten, die die Klägerin nicht angriff, mit dem 21. Dezember 2010 endete. Während dieses Ausbildungsverhältnisses litt die 1988 geborene Klägerin verstärkt unter Depressionen, Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Schlafstörungen und zeigte ein selbstverletzendes Verhalten (Borderline). Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung in Aussicht, soweit sich ihre allgemeine Lebenssituation stabilisiere und die Klägerin konstruktiv an der Überwindung der Probleme arbeite. Außerdem wurde zwischen der Klägerin, der für diese zuständigen Agentur für Arbeit sowie der Beklagten vereinbart, dass die Klägerin eine vorbereitende Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger absolvieren sollte, um die Fortsetzung der Ausbildung vorzubereiten. Die Klägerin nahm im Jahr 2011 an einer solchen vorbereitenden Maßnahme teil. Dabei kam es ebenfalls zu Fehlzeiten der Klägerin, von denen die Beklagte Kenntnis erhielt, ohne deren Grund zu erfahren.

3

Am 1. September 2011 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Ausbildung im selben Ausbildungsberuf wie zuvor. In dem Berufsausbildungsvertrag, der auf einem Formular der zuständigen Handwerkskammer erstellt war, hieß es auszugsweise:

        

„A     

Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung

                 

36 .Monate. Diese verringert sich durch die

                 

Ausbildung/Vorbildung … Holzbearbeiter

                 

um 24 Monate ____ Tage. Das Berufsausbildungsverhältnis

                 

beginnt am

 01.09.2011

                 

 Tag Monat Jahr

                                   
                 

und endet am

 31.08.2012

                 

 Tag Monat Jahr

                          
        

B       

Die Probezeit beträgt 4 Monate …2)“

4

Am Fuß des verwendeten Bogens findet sich unter 2) folgende Anmerkung:

        

„Die Probezeit muß mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.“

5

Die zuständige Innung bestätigte diesen Vertrag.

6

Die Klägerin litt auch seit dem 1. September 2011 unter starken Depressionen und war in einer persönlich schwierigen Situation. Zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses war ihr die Wohnung fristlos gekündigt worden, ihr drohte Obdachlosigkeit. Dies wirkte sich negativ auf ihren Gesundheitszustand aus.

7

Nachdem im zweiten Ausbildungsverhältnis Fehlzeiten der Klägerin aufgetreten waren, kündigte die Beklagte den Ausbildungsvertrag mit Schreiben vom 24. November 2011. Das mit Einschreiben/Rückschein übermittelte Kündigungsschreiben holte die Klägerin erst am 8. Dezember 2011 ab.

8

Der von der Klägerin am 19. Dezember 2011 angerufene zuständige Schlichtungsausschuss wies ihren Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 24. November 2011 durch Spruch vom 25. Januar 2012 zurück, der der Klägerin am 1. Februar 2012 zugestellt wurde.

9

Mit ihrer am 14. Februar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die erneute Vereinbarung einer Probezeit im dritten Ausbildungsjahr sei rechtswidrig und unwirksam. Bei einer bloßen Unterbrechung des Ausbildungsverhältnisses, wie sie hier vorliege, sei es nicht gerechtfertigt, eine erneute Probezeit in einem vorformulierten Ausbildungsvertrag zu vereinbaren. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, dass ihre Ausbildung fortgesetzt werde und nicht davon, dass ein völlig neues Ausbildungsverhältnis begründet worden sei. Zudem hätten die Parteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis hinreichend Gelegenheit gehabt, die dem Sinn und Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen. Auch sei der spezielle Charakter als „Reha-Ausbildung“ zu beachten, der eine besondere, der Klägerin nicht gewährte Unterstützung erfordere. Jedenfalls verstoße die erneute Vereinbarung der maximal zulässigen Höchstdauer der Probezeit von vier Monaten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil die Probezeit ein Drittel der verbleibenden Restausbildungszeit betrage.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass ihr Berufsausbildungsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 nicht aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die vertragliche Vereinbarung einer erneuten Probezeit von vier Monaten sei aufgrund der Umstände gerechtfertigt gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die während der Probezeit erklärte Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 gemäß § 22 Abs. 1 BBiG mit Zugang dieser Kündigung am 8. Dezember 2011 beendet worden ist.

14

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Verfahren ist durchgeführt. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG Klage gegen den Spruch des Schlichtungsausschusses erhoben. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, obwohl die Ausbildungszeit und damit das Berufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestandes spätestens mit dem 31. August 2012 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 BBiG zu erteilenden Zeugnisses. Die Klägerin könnte zudem ggf. weitere Vergütung oder Schadenersatz verlangen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12).

15

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 hat das Ausbildungsverhältnis aufgelöst. Eines Kündigungsgrundes bedurfte es gemäß § 22 Abs. 1 BBiG nicht, weil die Kündigung während der Probezeit erklärt wurde. Die Vereinbarung einer erneuten Probezeit im zweiten Berufsausbildungsverhältnis der Parteien war rechtlich zulässig und wirksam. Sie begegnet, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, weder dem Grunde nach noch hinsichtlich ihrer Dauer rechtlichen Bedenken.

16

1. Die Probezeitvereinbarung als solche ist keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen.

17

a) Bei der Probezeitvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 1. September 2011 handelte es sich allerdings um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Das hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich geprüft. Es ist aber, wie seine Ausführungen unter III 2 c der Entscheidungsgründe zeigen, stillschweigend davon ausgegangen, ohne dass dem eine der Parteien entgegengetreten ist. Zudem begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des auf einem Formular der Handwerkskammer erstellten Ausbildungsvertrags, in dem eine Probezeit von vier Monaten vorgedruckt vorgesehen ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. st. Rspr., zuletzt BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 56).

18

b) § 10 Abs. 2 BBiG eröffnet die Möglichkeit einer AGB-Kontrolle auch im Berufsausbildungsverhältnis(Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Einführung Rn. 113; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einleitung Rn. 29). Die Probezeitvereinbarung als solche unterliegt jedoch keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB, weil sie zwingendes Recht ist (vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe).

19

aa) § 20 Satz 1 BBiG ordnet zwingend an, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit beginnt. Diese gesetzliche Bestimmung schränkt von vornherein die Ausübung privater Gestaltungsmacht durch den Ausbildenden ein, indem sie ihm vorschreibt, dass eine Probezeit zu vereinbaren ist. Eine abweichende Regelung, die von jeder Probezeit absieht, ist gemäß § 25 BBiG unwirksam(vgl. Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb 15. Aufl. § 174 Rn. 86). Die Folgen eines Verstoßes gegen § 20 Satz 1 BBiG ergeben sich damit bereits aus der gesetzlichen Anordnung iVm. § 25 BBiG. Für eine Angemessenheitskontrolle ist insoweit kein Raum (vgl. Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 2 ff.; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 39; vgl. auch Benedict JZ 2012, 172, 179).

20

bb) Allerdings nehmen der Bundesgerichtshof (st. Rspr. seit 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; vgl. auch 29. März 1995 - VIII ZR 102/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 186) und das zivilrechtliche Schrifttum (Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Vorb. v. § 307 BGB Rn. 56 mwN; WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 13 mwN) an, zwingende gesetzliche Vorschriften und §§ 307 ff. BGB seien nebeneinander anwendbar, so dass Klauseln, die gegen zwingendes Recht verstießen und deswegen nach § 134 BGB nichtig seien, schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht standhielten(vgl. BGH 25. September 2002 - VIII ZR 253/99 - zu B II 3 der Gründe, BGHZ 152, 121). Eine solche (zusätzliche) Heranziehung AGB-rechtlicher Kontrollmaßstäbe ist jedoch im Arbeitsrecht entbehrlich (Coester FS Löwisch (2007) S. 57, 64; Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 3). Der zivilrechtliche Rückgriff auf §§ 307 ff. BGB verfolgt den Zweck, eine Klauselkontrolle im Verbandsprozess schon im Vorfeld der Klauselanwendung zu ermöglichen (vgl. BGH 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; Krause aaO; Fuchs aaO). Eine solche Kontrolle war bis zur Schuldrechtsreform nach § 13 AGBG nur bei Verstößen gegen §§ 9 bis 11 AGBG eröffnet und ist seitdem gemäß §§ 1, 3 UKlaG bei Verstößen gegen §§ 307 bis 309 BGB möglich. Der Gesetzgeber hat aber eine solche abstrakte gerichtliche Kontrolle vorformulierter Arbeitsverträge im Wege einer Unterlassungsklage sowohl durch Verbraucherverbände als auch durch Gewerkschaften in § 15 UKlaG bewusst ausgeschlossen(BT-Drs. 14/7052 S. 189, 190; vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 b cc der Gründe, BAGE 115, 19). Darüber hinaus wird im Arbeitsrecht der Ausgleich der typischerweise gestörten Verhandlungsparität vorrangig durch zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und kollektives Arbeitsrecht angestrebt (vgl. Krause aaO; Benedict JZ 2012, 172, 175, 179).

21

2. Die erneute Vereinbarung der Probezeit zu Beginn des zweiten Berufsausbildungsverhältnisses der Parteien als solche wich nicht zuungunsten der Klägerin von § 20 BBiG ab und war deshalb nicht gemäß § 25 BBiG unwirksam.

22

a) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, ob die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig ist, wenn zwischen den Parteien eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses durch Kündigung ein weiteres Ausbildungsverhältnis in demselben oder einem artverwandten Ausbildungsberuf begründet wird.

23

aa) Nach einer Ansicht soll in einem solchen Fall die erneute Vereinbarung einer Probezeit unzulässig sein, weil die Vertragsparteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, die dem Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen (LAG Schleswig-Holstein 12. August 2010 - 4 Sa 120/10 - zu 1 der Gründe; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 27b f.).

24

bb) Die wohl überwiegende Ansicht will nach Person des Kündigenden und Kündigungsgrund differenzieren. Danach soll die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig sein, wenn der Auszubildende selbst gekündigt hat (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 14). Außerdem soll sie wirksam sein, wenn bei objektiver Betrachtung für die Kündigung des ersten Ausbildungsvertrags ein hinreichend wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorlag. In beiden Konstellationen erscheine der Auszubildende als nicht schutzwürdig (Lakies aaO Rn. 13; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 6; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 21).

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass diese Ansichten Wortlaut sowie Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Zwanges, zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, nicht gerecht werden (zustimmend ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1).

26

aa) Gemäß § 20 Satz 1 BBiG beginnt „das Berufsausbildungsverhältnis“ mit einer Probezeit. Ihrem Wortlaut nach knüpft diese Vorschrift damit allein an den (rechtlichen) Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Danach beginnt jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit.

27

bb) Eine solch enge, allein am Wortlaut haftende Auslegung würde jedoch dem Gesetzeszweck nicht gerecht.

28

(1) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35).

29

(2) Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(zu dieser Rechtsfigur BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 32 ff.). Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die wechselseitige Prüfung der wesentlichen Umstände des Ausbildungsverhältnisses ein weiteres Mal vorzunehmen und dem Ausbildenden die Möglichkeit zur entfristeten ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsgrund einzuräumen.

30

(3) Ob ein enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu berücksichtigen sind dabei neben der absoluten Dauer der Unterbrechung zwischen den Ausbildungsverhältnissen auch mögliche Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses oder der betreffenden Branche. Insbesondere hängt es vom Anlass der Unterbrechung und der Neubegründung des Ausbildungsverhältnisses ab, ob ein sachlicher Zusammenhang gegeben ist (vgl. zur Stufenausbildung BAG 27. November 1991 - 2 AZR 263/91 - zu B IV 2 und 3 der Gründe; zur Unterbrechung der Wartezeit des § 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 13). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Beendigung des vorherigen Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders oder des Auszubildenden erfolgt ist (vgl. für § 90 SGB IX BAG 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - Rn. 13, BAGE 123, 185). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines in diesem Sinne tatsächlich einheitlichen Berufsausbildungsverhältnisses trägt der Auszubildende (vgl. für ein einheitliches Arbeitsverhältnis iSd. § 1 Abs. 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 15).

31

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die im Berufsausbildungsvertrag vom 1. September 2011 vereinbarte Probezeit sei als solche wirksam, weil die Klägerin keinen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen der Parteien dargelegt habe, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums als Tatsacheninstanz. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler zeigt die Revision nicht auf.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass am 1. September 2011 ein neues, rechtlich selbständiges Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet und nicht lediglich das am 1. September 2008 begonnene Ausbildungsverhältnis fortgesetzt worden ist. Die Parteien haben am 1. September 2011 vorbehaltlos einen neuen Ausbildungsvertrag geschlossen und jedenfalls dadurch deutlich gemacht, dass es auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 21. Dezember 2010 nicht ankommen sollte (vgl. für die Befristungskontrollklage st. Rspr. seit BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, BAGE 139, 109). Ohnehin war nach Ablauf der für die erste Ausbildung vorgesehenen Ausbildungszeit am 31. August 2011 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG der Abschluss eines rechtlich selbständigen Ausbildungsverhältnisses rechtlich erforderlich, damit die Klägerin von der Beklagten erneut ausgebildet werden konnte.

33

bb) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht auf die erhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen von mehr als acht Monaten abgestellt. Es hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass im September 2011 aufgrund der nach wie vor psychisch labilen Gesundheitssituation der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Ausbildungssituation im überbetrieblichen „Reha-Ausbildungsbetrieb“ der Beklagten für diese weiterhin ein berechtigtes und sachlich begründetes Bedürfnis bestanden habe, zu prüfen, ob die Lebenssituation der Klägerin sich nachhaltig so geändert habe, dass nunmehr von ihrer Eignung für die Ausbildung in dem gewählten Beruf auszugehen sei und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden könne. Auch wenn die Beklagte speziell Jugendliche mit Teilleistungshindernissen ausbildet, muss es ihr grundsätzlich entsprechend dem Zweck des auch für solche Ausbildungsverhältnisse geltenden § 20 BBiG möglich sein, zu prüfen, ob Auszubildende unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen für den gewählten Beruf geeignet sind und von ihr mit den vorhandenen Mitteln, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine psychologische Betreuung bzw. Behandlung ermöglichen, ausgebildet werden können. Ein solcher Prüfungsbedarf bestand angesichts der psychisch labilen Situation der Klägerin auch noch zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien offenkundig.

34

cc) Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang auch nicht aus der von der Beklagten nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses in Aussicht gestellten Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung. Der Klägerin war damit nur eine „zweite Chance“ zum Abschluss der Ausbildung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden, ohne dass die Beklagte dabei auf die Vereinbarung einer weiteren Probezeit verzichtet hätte. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst darauf hinweisen lassen, dass es auch während der von ihr absolvierten Maßnahme bei einem anderen Ausbildungsträger zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen zu Fehlzeiten gekommen ist. Diese Fehlzeiten, nicht aber deren Grund, waren der Beklagten unstreitig bekannt. Danach lag die Voraussetzung für den in Aussicht genommenen Abschluss der Ausbildung, nämlich die Stabilisierung der Lebenssituation der Klägerin und die konstruktive Arbeit an der Überwindung der bestehenden Probleme, aus Sicht der Beklagten im September 2011 an sich nicht vor. Mit dem am 1. September 2011 geschlossenen Ausbildungsverhältnis wollte die Beklagte der Klägerin gleichwohl eine letzte Chance geben, durch ein neues Ausbildungsverhältnis doch noch einen Berufsausbildungsabschluss im gewählten Beruf zu erreichen, ohne sich jedoch der Möglichkeit einer Kündigung ohne Kündigungsgrund in der Probezeit zu begeben. Das stand vor dem Hintergrund der nach wie vor labilen psychischen Situation der Klägerin mit dem Zweck des § 20 BBiG im Einklang. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sie ohne Probezeit der Klägerin keine zweite Chance gegeben hätte. Insoweit lag eine andere Situation vor als bei einer Stufenausbildung iSv. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBiG, dh. einer in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander aufbauenden Stufen erfolgenden Ausbildung, bei der der Ausbildende Eignung und Neigung bereits in früheren Stufen geprüft hat und deshalb bei Zweifeln an der Eignung des Auszubildenden für die anschließende Stufe vom Abschluss eines Anschlussvertrags absehen kann und muss (vgl. dazu BAG 27. November 1991 2 AZR 263/91 - zu B IV 3 c der Gründe).

35

dd) Aus vorstehenden Gründen führt auch die Anrechnung von 24 Monaten Ausbildungszeit aus dem ersten Ausbildungsverhältnis nicht zu dem erforderlichen engen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen. Mit dieser Anrechnung wurden nur die in der ersten Ausbildung erworbenen fachlichen Vorkenntnisse der Klägerin berücksichtigt, während die erneute Probezeit aus Sicht der Beklagten gerade wegen der labilen psychischen Situation der Klägerin erforderlich war.

36

3. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass auch die Vereinbarung einer Probezeit in der gesetzlich zugelassenen Höchstdauer von vier Monaten einer Inhaltskontrolle standhält. Sie benachteiligte die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

a) Grundsätzlich unterliegen auch normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Solche Klauseln, mit denen der Verwender von einer gesetzlich vorgesehenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch macht, sind grundsätzlich keine lediglich deklaratorische Wiedergabe von Rechtsvorschriften. Eine derartige Klausel „entspricht“ zwar dem Gesetz. Gleichwohl „ergänzt“ sie die gesetzliche Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Es erfolgt eine eigenständige Regelung der Rechtslage in bestimmter, gesetzlich eröffneter Weise. Die gesetzlichen Bestimmungen, die eine bestimmte Gestaltungsmöglichkeit eröffnen, berücksichtigen aber regelmäßig das besondere Schutzbedürfnis des anderen Teils, das sich gerade aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, nicht. Ob die Ausübung der Gestaltungsmöglichkeit durch den Verwender im Vertragskontext gesehen angemessen ist, kann darum im Allgemeinen erst im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beantwortet werden. Diese soll gerade gewährleisten, dass die inhaltlichen Begrenzungen, denen die einseitige Ausübung vertraglicher Gestaltungsfreiheit begegnet, eingehalten werden (BGH 24. November 1988 - III ZR 188/87 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 106, 42; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 32; WLP/Pfeiffer AGB-Recht 6. Aufl. § 307 Rn. 338; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 260; ErfK/Preis 15. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 34). Sollten die Ausführungen des Senats in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 2004 (- 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe zu § 13 Satz 2 BBiG aF) und vom 24. Januar 2008 (- 6 AZR 519/07 - Rn. 28, BAGE 125, 325 zu § 622 Abs. 3 BGB) anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

38

b) Die Vereinbarung der Probezeit von vier Monaten ist ungeachtet der Ausbildungszeit von effektiv nur einem Jahr, die mit dem Vertrag vom 1. September 2011 vereinbart worden ist, im Vertragskontext angemessen.

39

aa) Die von § 20 BBiG vorgeschriebene Probezeit soll, wie ausgeführt, beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt also nicht nur im Interesse des Ausbildenden, sondern auch und gerade im Interesse des Auszubildenden. Der Gesetzgeber hat dafür einen Zeitrahmen von ein bis vier Monaten als angemessen angesehen (vgl. BT-Drs. 15/4752 S. 35). Eine Staffelung der Höchstdauer der Probezeit nach der Dauer der Ausbildung, die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG zwei bis drei Jahre betragen soll, wobei es vereinzelt auch Ausbildungsberufe von nur 18-monatiger oder von 42-monatiger Dauer gibt (Wohlgemuth in Wohlgemuth BBiG § 5 Rn. 4), hat der Gesetzgeber - offenkundig auch im Interesse des Auszubildenden - nicht vorgesehen. Dem Gesetz lässt sich auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 6; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 12).

40

bb) Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus auch dann regelmäßig nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. So ist es dem Auszubildenden möglich, ua. die Zusammenarbeit mit dem Ausbildenden bzw. dem konkreten Ausbilder sowie die Ausbildungsstätte zu prüfen (ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1). Stellt er dabei fest, dass der gewählte Beruf zwar seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, er aber die Ausbildungsstätte wechseln will, kann er dies nur während der Probezeit tun, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen, sofern nicht ausnahmsweise ein wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorliegt(vgl. ErfK/Schlachter aaO § 22 BBiG Rn. 5). Ein Schadenersatzanspruch ist nur bei einer Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG wegen Aufgabe der gewählten Berufsausbildung ausgeschlossen(vgl. BAG 8. Februar 1966 - 1 AZR 363/65 - BAGE 18, 118; Schnorr von Carolsfeld Anm. AP BGB § 611 Lehrverhältnis Nr. 23 zu III). Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 115, 125; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 229; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 223; Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 Rn. 71).

41

cc) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Parteien auf die Ausbildungszeit im zweiten Ausbildungsverhältnis 24 Monate des ersten Ausbildungsverhältnisses angerechnet hätten, so dass allenfalls eine Probezeit hätte vereinbart werden dürfen, deren Dauer dem Verhältnis zur verkürzten Ausbildungszeit entsprochen hätte. Wie bereits unter Rn. 35 ausgeführt, hat die Beklagte mit der Verkürzung der Ausbildungszeit lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin aus dem ersten Ausbildungsverhältnis fachliche Vorkenntnisse besaß. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin im ersten Ausbildungsverhältnis und in der Maßnahme bei einem anderen Träger konnte sie jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass sich die Klägerin in das betriebliche Geschehen und die sich daraus ergebenden Lernpflichten einordnen würde. Diesem berechtigten Interesse der Beklagten ist bei der Prüfung, ob die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbarte Länge der Probezeit den Auszubildenden unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, Rechnung zu tragen (vgl. BGH 25. Juni 1991 - XI ZR 257/90 - zu II 2 b dd der Gründe, BGHZ 115, 38). Die Beklagte durfte vor diesem Hintergrund trotz der Anrechnung eines Großteils der im ersten Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Ausbildungszeit eine Probezeit im Umfang der gesetzlichen Höchstdauer durch eine AGB-Klausel vereinbaren. Dies hat im Übrigen auch die zuständige Innung so gesehen, die die Probezeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien nicht beanstandet hat. Ob etwas anderes gegolten hätte, wenn die Dauer der vereinbarten Probezeit die Ausbildungszeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses erreicht oder sogar überschritten hätte, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    M. Geyer    

                 

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

(2) Frauen mit Behinderungen werden gleiche Chancen im Erwerbsleben zugesichert, insbesondere durch in der beruflichen Zielsetzung geeignete, wohnortnahe und auch in Teilzeit nutzbare Angebote.

(3) Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen insbesondere

1.
Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung,
2.
eine Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,
3.
die individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen Unterstützter Beschäftigung,
4.
die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,
5.
die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,
6.
die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und
7.
sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um Menschen mit Behinderungen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.

(4) Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Soweit erforderlich, wird dabei die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt; in diesem Fall werden die Kosten nach Absatz 7, Reisekosten nach § 73 sowie Haushaltshilfe und Kinderbetreuungskosten nach § 74 übernommen.

(5) Die Leistungen werden auch für Zeiten notwendiger Praktika erbracht.

(6) Die Leistungen umfassen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen sind insbesondere

1.
Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,
2.
Hilfen zur Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,
3.
die Information und Beratung von Partnern und Angehörigen sowie von Vorgesetzten und Kollegen, wenn die Leistungsberechtigten dem zustimmen,
4.
die Vermittlung von Kontakten zu örtlichen Selbsthilfe- und Beratungsmöglichkeiten,
5.
Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,
6.
das Training lebenspraktischer Fähigkeiten,
7.
das Training motorischer Fähigkeiten,
8.
die Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und
9.
die Beteiligung von Integrationsfachdiensten im Rahmen ihrer Aufgabenstellung (§ 193).

(7) Zu den Leistungen gehört auch die Übernahme

1.
der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung einer Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Teilhabe am Arbeitsleben notwendig ist sowie
2.
der erforderlichen Kosten, die mit der Ausführung einer Leistung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, insbesondere für Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Lernmittel, Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung.

(8) Leistungen nach Absatz 3 Nummer 1 und 7 umfassen auch

1.
die Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung,
2.
den Ausgleich für unvermeidbare Verdienstausfälle des Leistungsberechtigten oder einer erforderlichen Begleitperson wegen Fahrten der An- und Abreise zu einer Bildungsmaßnahme und zur Vorstellung bei einem Arbeitgeber, bei einem Träger oder einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5,
2a.
die Kosten eines Jobcoachings,
3.
die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen als Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes,
4.
die Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind
a)
zur Berufsausübung,
b)
zur Teilhabe an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben,
c)
zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz oder
d)
zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz selbst,
es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können,
5.
die Kosten technischer Arbeitshilfen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind und
6.
die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang.
Die Leistung nach Satz 1 Nummer 3 wird für die Dauer von bis zu drei Jahren bewilligt und in Abstimmung mit dem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 durch das Integrationsamt nach § 185 Absatz 5 ausgeführt. Der Rehabilitationsträger erstattet dem Integrationsamt seine Aufwendungen. Der Anspruch nach § 185 Absatz 5 bleibt unberührt.

(9) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über Voraussetzungen, Gegenstand und Umfang der Leistungen der Kraftfahrzeughilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben regeln.

(1) Die Agentur für Arbeit kann förderungsberechtigte junge Menschen durch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen fördern, um sie auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorzubereiten oder, wenn die Aufnahme einer Berufsausbildung wegen in ihrer Person liegender Gründe nicht möglich ist, ihnen die berufliche Eingliederung zu erleichtern.

(2) Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ist förderungsfähig, wenn sie

1.
nicht den Schulgesetzen der Länder unterliegt und
2.
nach Aus- und Fortbildung sowie Berufserfahrung der Leitung und der Lehr- und Fachkräfte, nach Gestaltung des Lehrplans, nach Unterrichtsmethode und Güte der zum Einsatz vorgesehenen Lehr- und Lernmittel eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt.
Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, die teilweise im Ausland durchgeführt wird, ist auch für den im Ausland durchgeführten Teil förderungsfähig, wenn dieser Teil im Verhältnis zur Gesamtdauer der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angemessen ist und die Hälfte der vorgesehenen Förderdauer nicht übersteigt.

(3) Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme kann zur Erleichterung der beruflichen Eingliederung auch allgemeinbildende Fächer enthalten und auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorbereiten.

(4) Betriebliche Praktika können abgestimmt auf den individuellen Förderbedarf in angemessenem Umfang vorgesehen werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Juli 2014 - 3 Sa 523/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Probezeitkündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses und um einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Filialen im Bundesgebiet. Es ist ein Betriebsrat gebildet, welcher für die Filiale in H zuständig ist.

3

Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Ihm wurde daraufhin die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August 2013 zugesagt. Als Überbrückung für die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn bot ihm die Beklagte ein Praktikum an. Am 27. März 2013 schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“. Nach dessen § 1 soll der Kläger vom 11. März 2013 bis 31. Juli 2013 in der Filiale in H „zum Erwerb von Erfahrungen und Kenntnissen im Fachbereich Handel- Verkaufsvorbereitung“ eingesetzt werden. Es war eine Probezeit von zwei Monaten vorgesehen. Während dieser Probezeit erfolgte keine Kündigung. Unter dem 22. Juni 2013 zeichneten die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung des Klägers zum Kaufmann im Einzelhandel in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2016. Es wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Der Kläger nahm die Ausbildung wie vorgesehen in der Filiale H auf.

4

Mit Formularschreiben vom 21. Oktober 2013 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers während der Probezeit. Sie gab an, dass der Kläger seit dem 11. März 2013 bei ihr beschäftigt sei und zwar „als Praktikant, ab 01.08.2013 als KEH Azubi“. Als Grund für die beabsichtigte Kündigung wurde mitgeteilt: „Herr K hat unseren Erwartungen aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen. Er wird innerhalb der Probezeit, die am 31.10.2013 endet, gekündigt.“ Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013, welches dem Kläger am gleichen Tag zuging, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis zum 29. Oktober 2013.

5

Mit seiner am 15. November 2013 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung verlangt. Zudem hat er den zuständigen Schlichtungsausschuss bei der Industrie- und Handelskammer O angerufen. Der von diesem am 13. Dezember 2013 gefällte Versäumnisspruch wurde von der Beklagten nicht anerkannt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Ausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Das Praktikum sei im Zusammenhang mit dem bereits zugesagten Ausbildungsbeginn am 1. August 2013 durchgeführt worden und habe der Vorbereitung der Ausbildung dienen sollen. Tatsächlich habe die Beklagte bereits während des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen. So habe er gleich zu Beginn des Praktikums eine Schulung zum Thema Oberbetten absolviert. Direkt im Anschluss daran habe er Waren verkaufen dürfen. Zudem habe er im weiteren Verlauf des Praktikums nahezu sämtliche Schulungen der vorgesehenen Ausbildung besucht. Letztlich habe er „mehr oder minder“ sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die ein Auszubildender oder bereits ausgelernter Mitarbeiter zu verrichten hatte. Dazu gehörten allgemeine Lagertätigkeiten, Lagerwirtschaft, Kommissionierung sowie das Bearbeiten von Bestellungen und das Erstellen von Angeboten. Selbst die Prospektvorbereitungskontrolle sei von ihm bereits sporadisch durchgeführt worden.

7

Die Beklagte habe sich daher bereits während des Praktikums, welches seinerseits einer Probezeitvereinbarung unterfiel, ein vollständiges Bild über ihn machen können. Die Vereinbarung einer weiteren Probezeit von drei Monaten im Ausbildungsverhältnis ohne Anrechnung der Praktikumszeit sei eine unangemessene Benachteiligung. Bei Addierung der Praktikumszeit und der dreimonatigen Probezeit im Ausbildungsverhältnis liege faktisch eine Probezeit von fast acht Monaten vor. Dies sei weder mit Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis noch mit den Grundsätzen von Treu und Glauben zu vereinbaren.

8

Zudem sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei Art und Umfang des Praktikums nicht mitgeteilt worden. Für diesen sei daher nicht überprüfbar gewesen, inwiefern im Rahmen des Praktikums bereits Ausbildungskenntnisse vermittelt wurden. Der Betriebsrat hätte ansonsten beurteilen können, ob die Vereinbarung einer weiteren Probezeit eine unangemessene Benachteiligung gewesen sei und inwiefern er (der Kläger) sich im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt habe. Die Kündigungsabsicht sei nicht hinreichend konkret begründet worden. Was mit der Angabe einer angeblich fehlenden Eigeninitiative gemeint war, sei für den Betriebsrat nicht ansatzweise erkennbar gewesen.

9

Der Kläger hat deshalb beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten ausbildungsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung begründet. Diese sei während der nach den gesetzlichen Vorgaben vereinbarten Probezeit erklärt worden. Die Zeit des Praktikums sei auf die Probezeit nicht anrechenbar. Es handle sich um Rechtsverhältnisse mit unterschiedlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien. Auf den vereinbarten Inhalt und die tatsächliche Durchführung des Praktikums komme es nicht an. Zudem seien dem Kläger während des Praktikums nur die üblichen Praktikumsinhalte vermittelt worden. Er habe nicht an nahezu sämtlichen Schulungen der Ausbildung bereits während des Praktikums teilgenommen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden. Nähere Angaben zu dem Praktikum seien nicht erforderlich gewesen. Die Mitteilung des erst innerhalb der Probezeit im Ausbildungsverhältnis gebildeten Werturteils („fehlende Eigeninitiative“) sei ausreichend gewesen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat durch Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 6 AZN 814/14 - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 hat das Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist beendet. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an.

13

1. Nach § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die streitgegenständliche Kündigung wurde formgerecht während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 vereinbarten Probezeit erklärt. Die Zeit der Tätigkeit des Klägers vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 auf der Grundlage des sog. Praktikantenvertrags vom 27. März 2013 findet keine Anrechnung auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger in dieser Zeit tatsächlich ein Praktikum absolviert hat oder entgegen der vertraglichen Bezeichnung in einem Arbeitsverhältnis stand.

14

a) Nach § 20 Satz 1 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Eine Anrechnung von Zeiten, in denen zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bereits ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sieht § 20 BBiG nicht vor. Die Vorschrift knüpft allein an den rechtlichen Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Selbst bei mehreren Ausbildungsverhältnissen zwischen denselben Parteien beginnt demnach jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. Insoweit ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 29 ff.).

15

b) Demgegenüber stehen Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses derselben Parteien vor Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses weder der Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis entgegen noch findet eine Anrechnung auf die gemäß § 20 Satz 1 BBiG zu vereinbarende Probezeit statt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 20 Satz 1 BBiG und dem Zweck der Probezeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechte und Pflichten in anderen Vertragsverhältnissen.

16

aa) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35; BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 28).

17

bb) Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG möglich. Andere Vertragsverhältnisse weichen hiervon ab.

18

(1) Dies gilt zum einen für Arbeitsverhältnisse. Berufsausbildungsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse sind nicht generell gleichzusetzen, weil beide Vertragsverhältnisse unterschiedliche Pflichtenbindungen aufweisen (BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 348/02 - zu 2 a bb der Gründe, BAGE 107, 72; vgl. auch 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 37, BAGE 145, 371). Dies berücksichtigt § 10 Abs. 2 BBiG, wonach die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Berufsausbildungsvertrag nur anzuwenden sind, soweit sich aus dessen Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Inhalt eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Demgegenüber schuldet der Auszubildende, sich ausbilden zu lassen, während die Hauptpflicht des Ausbildenden nach § 14 BBiG darin besteht, dem Auszubildenden die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Der Auszubildende schuldet im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung gegen Zahlung eines Entgelts, sondern hat sich nach § 13 Satz 1 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 37; 18. Mai 2011 - 10 AZR 360/10 - Rn. 13 mwN). Folglich ist die in einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen (vgl. zu § 13 BBiG aF BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 der Gründe).

19

(2) Die Dauer anderer Vertragsverhältnisse iSd. § 26 BBiG ist wegen deren Unterschiede zu einem Berufsausbildungsverhältnis ebenfalls nicht auf eine nach § 20 BBiG vereinbarte Probezeit anzurechnen. Dies gilt auch für die hier in Streit stehende Zeit eines unmittelbar vorausgegangenen Praktikums. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es entgegen der Revision nicht an. Ihre diesbezüglich erhobenen Verfahrensrügen sind deshalb unbeachtlich.

20

(a) § 26 BBiG ordnet die Anwendbarkeit der für das Berufsausbildungsverhältnis geltenden Vorschriften der §§ 10 bis 23 und 25 BBiG für Rechtsverhältnisse an, die nicht als Arbeitsverhältnisse ausgestaltet sind und die Personen betreffen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben. § 26 BBiG erfasst damit nur solche Rechtsverhältnisse, die im Gegensatz zur Umschulung oder Fortbildung auf die erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen gerichtet sind, wie dies etwa bei Anlernlingen, Volontären oder Praktikanten der Fall ist(BAG 12. Februar 2013 - 3 AZR 120/11 - Rn. 12).

21

(b) Für die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf untersagt § 4 Abs. 2 BBiG, wonach nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf, hingegen die Vereinbarung eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 26 BBiG(BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 23, BAGE 135, 187; kritisch Benecke NZA 2012, 646). Dies ist der Struktur der Berufsausbildung geschuldet. Mit ihr soll berufliche Handlungsfähigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Bei einem Praktikum ist das nicht der Fall. Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen (BAG 29. April 2015 - 9 AZR 78/14 - Rn. 18). Dabei findet aber keine systematische Berufsausbildung statt (vgl. BAG 13. März 2003 - 6 AZR 564/01 - zu II 2 b der Gründe). Praktikanten sind auch nicht zur Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen verpflichtet (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 2, § 15 BBiG).

22

(c) An der Unterscheidung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum hat sich durch das Mindestlohngesetz nichts geändert. Zwar enthält § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG für dieses Gesetz mit Wirkung ab dem 16. August 2014 nunmehr eine Legaldefinition der Praktikantenstellung in Anlehnung an den Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (BT-Drs. 18/2010 (neu) S. 24; HK-MiLoG/Schubert/Jerchel § 22 Rn. 17). Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist ein Praktikum aber keine Berufsausbildung im Sinne des BBiG („ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes … handelt“).

23

(d) Mit dieser gesetzlichen Differenzierung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum ist eine Anrechnung von Zeiten eines Praktikums auf die Probezeit in einem späteren Berufsausbildungsverhältnis nicht vereinbar (vgl. Herkert/Töltl BBiG Stand November 2013 § 20 Rn. 6; Reinartz DB 2015, 1347; Schieckel/Oestreicher/Decker/Grüner BBiG Bd. I Stand 1. Mai 2015 § 20 nF Rn. 4; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 22; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 8; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 bis 23 BBiG Rn. 43b; LAG Berlin 12. Oktober 1998 - 9 Sa 73/98 - zu II 1 der Gründe). Die Zwecksetzung von Praktikum und Probezeit ist unterschiedlich, es besteht auch keine relevante Teilidentität (aA ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 20 BBiG Rn. 2). Wegen der grundsätzlichen Unterschiede kommt es auf die Umstände des Einzelfalls nicht an. Es ist auch ohne Bedeutung, ob Praktikum und Berufsausbildungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen (aA Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 20 Rn. 7; Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 15). Gleiches gilt bzgl. der tatsächlichen Gestaltung des Praktikums und des Besuchs eines Berufsschulunterrichts. Diese Differenzierung ist zugleich ein Gebot der Rechtssicherheit, denn die Abgrenzung eines „anrechnungsfähigen“ Praktikums von einem anderen Praktikum im Einzelfall wäre nur schwer möglich.

24

(e) Für die Nichtanrechnung einer Praktikumszeit spricht ferner, dass der Gesetzgeber sogar bei gesetzlich vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen im Vorfeld einer Berufsausbildung eine Anrechnung auf die Probezeit im folgenden Ausbildungsverhältnis nicht vorgesehen hat (vgl. LAG Baden-Württemberg 8. November 2011 - 22 Sa 35/11 -). Dies betrifft die Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III, welche der Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit dient und nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III auf der Grundlage eines Vertrags iSd. § 26 BBiG durchgeführt werden kann. Auch die Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 f. BBiG ist eine vorgelagerte Qualifizierungsmaßnahme, bzgl. deren Dauer der Gesetzgeber keine Anrechnung auf die Probezeit der späteren Berufsausbildung angeordnet hat. Dies entspricht der Unterschiedlichkeit der Rechtsverhältnisse.

25

(f) Wollen die Parteien bei der Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses den Umstand berücksichtigen, dass sie sich bereits im Rahmen eines Praktikums kennengelernt haben, bleibt ihnen daher nur die Vereinbarung der Mindestprobezeit von einem Monat gemäß § 20 Satz 2 BBiG(vgl. Reinartz DB 2015, 1347). Eine vertragliche Vereinbarung der Anrechnung eines Praktikums, die zu einer weiter gehenden Reduzierung oder zum Entfall der Probezeit führt, wäre gemäß § 25 BBiG nichtig. Es würde sich um eine Vereinbarung handeln, die zuungunsten des Auszubildenden von § 20 BBiG abweicht. Die Probezeit ermöglicht, wie ausgeführt, die beiderseitige Prüfung der Umstände des Ausbildungsberufs. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt darum gerade auch im Interesse des Auszubildenden (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39; 15. Januar 1981 - 2 AZR 943/78 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 36, 94). Eine Regelung, die von einer Probezeit absieht, ist folglich unwirksam (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 19). Die gesetzliche Vorgabe der Mindestprobezeit kann auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass vertraglich die Anrechnung eines Praktikums vereinbart wird.

26

c) Demnach erfolgte die streitgegenständliche Kündigung vom 29. Oktober 2013 während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 wirksam vereinbarten Probezeit von drei Monaten.

27

aa) Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39). Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag des Ausbildenden enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus ist jedoch regelmäßig auch dann nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 37, 40).

28

bb) Vorliegend sieht der Formularausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 eine Probezeit von drei Monaten vor. Dies ist nicht zu beanstanden. Die gesetzliche Höchstdauer wurde um einen Monat unterschritten. Die Zeit des Praktikums ist aus den genannten Gründen unbeachtlich.

29

cc) Die Kündigung erfolgte gemäß § 22 Abs. 1 BBiG während der Probezeit. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 begann diese am 1. August 2013 und endete bei einer Dauer von drei Monaten am 31. Oktober 2013. Die gemäß § 22 Abs. 3 BBiG schriftliche Kündigung ging dem Kläger am 29. Oktober 2013 und damit während der Probezeit zu.

30

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Schreiben vom 21. Oktober 2013 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterrichtet.

31

a) Ebenso wie bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist die Substantiierungspflicht bei der Anhörung des Betriebsrats im Falle einer Kündigung während der Probezeit nach § 22 Abs. 1 BBiG allein an den Umständen zu messen, aus denen der Ausbildende subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. Demnach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Ausbildenden bei Probezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Ausbildende ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Liegen dem subjektiven Werturteil des Ausbildenden nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss er den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. zu einer Kündigung während der Wartezeit BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20 ff. mwN; zustimmend Gragert ArbRAktuell 2013, 599; ablehnend Müller-Wenner AuR 2014, 85).

32

b) Bei der Betriebsratsanhörung handelt es sich um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist (BAG 22. September 2005 - 6 AZR 607/04 - zu II 4 b bb (1) der Gründe). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 98 mwN).

33

c) Vorliegend wurde dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 zur Begründung der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt, dass der Kläger den Erwartungen der Beklagten aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen habe. Das Landesarbeitsgericht ist bei Berücksichtigung des Grundsatzes der subjektiven Determination in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung gelangt, dass dies ausreichend war und dem Betriebsrat nicht mehr erläutert werden musste, aufgrund welcher Umstände der Kläger den Erwartungen der Beklagten nicht entsprochen hat. Die Mitteilung des bloßen Werturteils reicht vorliegend aus. Dieses war der Anlass für die Kündigung. Weitere Informationen waren auch hinsichtlich des Praktikums nicht erforderlich. Der Betriebsrat wurde darüber informiert, dass der Kläger bereits seit dem 11. März 2013 als Praktikant beschäftigt war. Entgegen der Revision mussten weitere Informationen zur Vertragsgrundlage sowie zu Art und Umfang des Praktikums nicht bekannt gegeben werden. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Praktikum zur Überbrückung bis zum Ausbildungsbeginn vorgesehen war. Die Revision geht im Ansatz unzutreffend davon aus, dass dem Betriebsrat durch solche Informationen die Einschätzung hätte ermöglicht werden müssen, inwiefern sich der Kläger im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt hat. Dies entspricht der nach Ansicht der Revision vorzunehmenden Anrechnung des Praktikums auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses. Wie dargelegt, steht das Praktikum aber in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dieser Probezeit. Für die Kündigungsentscheidung ist die Einschätzung der Beklagten hinsichtlich der Eignung des Klägers bezogen auf die Ausbildung maßgeblich. Der Ablauf des Praktikums ist hierbei grundsätzlich ohne Bedeutung. Anderes könnte nur gelten, wenn die Beklagte ihre Kündigungsentscheidung wegen konkreter Vorfälle im Praktikum getroffen hätte. Dies ist hier nicht ersichtlich.

34

3. Die streitgegenständliche Kündigung verstößt entgegen der Revision auch nicht gegen Treu und Glauben (vgl. hierzu BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 34). Die Beklagte hat lediglich von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht.

35

4. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gerichtet. Dieser Rechtsstreit ist mit der Entscheidung des Senats abgeschlossen (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 52).

36

5. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    W. Kreis    

                 

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2013 - 3 Sa 1781/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer innerhalb der Probezeit erklärten Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Die Beklagte betreibt einen speziell für Auszubildende mit Teilleistungshindernissen gegründeten „Reha-Ausbildungsbetrieb“ im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung. Zwischen den Parteien bestand zunächst in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 21. Dezember 2010 ein Ausbildungsverhältnis, das durch außerordentliche Kündigung der Beklagten, die die Klägerin nicht angriff, mit dem 21. Dezember 2010 endete. Während dieses Ausbildungsverhältnisses litt die 1988 geborene Klägerin verstärkt unter Depressionen, Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Schlafstörungen und zeigte ein selbstverletzendes Verhalten (Borderline). Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung in Aussicht, soweit sich ihre allgemeine Lebenssituation stabilisiere und die Klägerin konstruktiv an der Überwindung der Probleme arbeite. Außerdem wurde zwischen der Klägerin, der für diese zuständigen Agentur für Arbeit sowie der Beklagten vereinbart, dass die Klägerin eine vorbereitende Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger absolvieren sollte, um die Fortsetzung der Ausbildung vorzubereiten. Die Klägerin nahm im Jahr 2011 an einer solchen vorbereitenden Maßnahme teil. Dabei kam es ebenfalls zu Fehlzeiten der Klägerin, von denen die Beklagte Kenntnis erhielt, ohne deren Grund zu erfahren.

3

Am 1. September 2011 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Ausbildung im selben Ausbildungsberuf wie zuvor. In dem Berufsausbildungsvertrag, der auf einem Formular der zuständigen Handwerkskammer erstellt war, hieß es auszugsweise:

        

„A     

Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung

                 

36 .Monate. Diese verringert sich durch die

                 

Ausbildung/Vorbildung … Holzbearbeiter

                 

um 24 Monate ____ Tage. Das Berufsausbildungsverhältnis

                 

beginnt am

 01.09.2011

                 

 Tag Monat Jahr

                                   
                 

und endet am

 31.08.2012

                 

 Tag Monat Jahr

                          
        

B       

Die Probezeit beträgt 4 Monate …2)“

4

Am Fuß des verwendeten Bogens findet sich unter 2) folgende Anmerkung:

        

„Die Probezeit muß mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.“

5

Die zuständige Innung bestätigte diesen Vertrag.

6

Die Klägerin litt auch seit dem 1. September 2011 unter starken Depressionen und war in einer persönlich schwierigen Situation. Zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses war ihr die Wohnung fristlos gekündigt worden, ihr drohte Obdachlosigkeit. Dies wirkte sich negativ auf ihren Gesundheitszustand aus.

7

Nachdem im zweiten Ausbildungsverhältnis Fehlzeiten der Klägerin aufgetreten waren, kündigte die Beklagte den Ausbildungsvertrag mit Schreiben vom 24. November 2011. Das mit Einschreiben/Rückschein übermittelte Kündigungsschreiben holte die Klägerin erst am 8. Dezember 2011 ab.

8

Der von der Klägerin am 19. Dezember 2011 angerufene zuständige Schlichtungsausschuss wies ihren Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 24. November 2011 durch Spruch vom 25. Januar 2012 zurück, der der Klägerin am 1. Februar 2012 zugestellt wurde.

9

Mit ihrer am 14. Februar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die erneute Vereinbarung einer Probezeit im dritten Ausbildungsjahr sei rechtswidrig und unwirksam. Bei einer bloßen Unterbrechung des Ausbildungsverhältnisses, wie sie hier vorliege, sei es nicht gerechtfertigt, eine erneute Probezeit in einem vorformulierten Ausbildungsvertrag zu vereinbaren. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, dass ihre Ausbildung fortgesetzt werde und nicht davon, dass ein völlig neues Ausbildungsverhältnis begründet worden sei. Zudem hätten die Parteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis hinreichend Gelegenheit gehabt, die dem Sinn und Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen. Auch sei der spezielle Charakter als „Reha-Ausbildung“ zu beachten, der eine besondere, der Klägerin nicht gewährte Unterstützung erfordere. Jedenfalls verstoße die erneute Vereinbarung der maximal zulässigen Höchstdauer der Probezeit von vier Monaten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil die Probezeit ein Drittel der verbleibenden Restausbildungszeit betrage.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass ihr Berufsausbildungsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 nicht aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die vertragliche Vereinbarung einer erneuten Probezeit von vier Monaten sei aufgrund der Umstände gerechtfertigt gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die während der Probezeit erklärte Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 gemäß § 22 Abs. 1 BBiG mit Zugang dieser Kündigung am 8. Dezember 2011 beendet worden ist.

14

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Verfahren ist durchgeführt. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG Klage gegen den Spruch des Schlichtungsausschusses erhoben. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, obwohl die Ausbildungszeit und damit das Berufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestandes spätestens mit dem 31. August 2012 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 BBiG zu erteilenden Zeugnisses. Die Klägerin könnte zudem ggf. weitere Vergütung oder Schadenersatz verlangen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12).

15

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 hat das Ausbildungsverhältnis aufgelöst. Eines Kündigungsgrundes bedurfte es gemäß § 22 Abs. 1 BBiG nicht, weil die Kündigung während der Probezeit erklärt wurde. Die Vereinbarung einer erneuten Probezeit im zweiten Berufsausbildungsverhältnis der Parteien war rechtlich zulässig und wirksam. Sie begegnet, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, weder dem Grunde nach noch hinsichtlich ihrer Dauer rechtlichen Bedenken.

16

1. Die Probezeitvereinbarung als solche ist keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen.

17

a) Bei der Probezeitvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 1. September 2011 handelte es sich allerdings um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Das hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich geprüft. Es ist aber, wie seine Ausführungen unter III 2 c der Entscheidungsgründe zeigen, stillschweigend davon ausgegangen, ohne dass dem eine der Parteien entgegengetreten ist. Zudem begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des auf einem Formular der Handwerkskammer erstellten Ausbildungsvertrags, in dem eine Probezeit von vier Monaten vorgedruckt vorgesehen ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. st. Rspr., zuletzt BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 56).

18

b) § 10 Abs. 2 BBiG eröffnet die Möglichkeit einer AGB-Kontrolle auch im Berufsausbildungsverhältnis(Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Einführung Rn. 113; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einleitung Rn. 29). Die Probezeitvereinbarung als solche unterliegt jedoch keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB, weil sie zwingendes Recht ist (vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe).

19

aa) § 20 Satz 1 BBiG ordnet zwingend an, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit beginnt. Diese gesetzliche Bestimmung schränkt von vornherein die Ausübung privater Gestaltungsmacht durch den Ausbildenden ein, indem sie ihm vorschreibt, dass eine Probezeit zu vereinbaren ist. Eine abweichende Regelung, die von jeder Probezeit absieht, ist gemäß § 25 BBiG unwirksam(vgl. Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb 15. Aufl. § 174 Rn. 86). Die Folgen eines Verstoßes gegen § 20 Satz 1 BBiG ergeben sich damit bereits aus der gesetzlichen Anordnung iVm. § 25 BBiG. Für eine Angemessenheitskontrolle ist insoweit kein Raum (vgl. Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 2 ff.; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 39; vgl. auch Benedict JZ 2012, 172, 179).

20

bb) Allerdings nehmen der Bundesgerichtshof (st. Rspr. seit 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; vgl. auch 29. März 1995 - VIII ZR 102/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 186) und das zivilrechtliche Schrifttum (Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Vorb. v. § 307 BGB Rn. 56 mwN; WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 13 mwN) an, zwingende gesetzliche Vorschriften und §§ 307 ff. BGB seien nebeneinander anwendbar, so dass Klauseln, die gegen zwingendes Recht verstießen und deswegen nach § 134 BGB nichtig seien, schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht standhielten(vgl. BGH 25. September 2002 - VIII ZR 253/99 - zu B II 3 der Gründe, BGHZ 152, 121). Eine solche (zusätzliche) Heranziehung AGB-rechtlicher Kontrollmaßstäbe ist jedoch im Arbeitsrecht entbehrlich (Coester FS Löwisch (2007) S. 57, 64; Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 3). Der zivilrechtliche Rückgriff auf §§ 307 ff. BGB verfolgt den Zweck, eine Klauselkontrolle im Verbandsprozess schon im Vorfeld der Klauselanwendung zu ermöglichen (vgl. BGH 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; Krause aaO; Fuchs aaO). Eine solche Kontrolle war bis zur Schuldrechtsreform nach § 13 AGBG nur bei Verstößen gegen §§ 9 bis 11 AGBG eröffnet und ist seitdem gemäß §§ 1, 3 UKlaG bei Verstößen gegen §§ 307 bis 309 BGB möglich. Der Gesetzgeber hat aber eine solche abstrakte gerichtliche Kontrolle vorformulierter Arbeitsverträge im Wege einer Unterlassungsklage sowohl durch Verbraucherverbände als auch durch Gewerkschaften in § 15 UKlaG bewusst ausgeschlossen(BT-Drs. 14/7052 S. 189, 190; vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 b cc der Gründe, BAGE 115, 19). Darüber hinaus wird im Arbeitsrecht der Ausgleich der typischerweise gestörten Verhandlungsparität vorrangig durch zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und kollektives Arbeitsrecht angestrebt (vgl. Krause aaO; Benedict JZ 2012, 172, 175, 179).

21

2. Die erneute Vereinbarung der Probezeit zu Beginn des zweiten Berufsausbildungsverhältnisses der Parteien als solche wich nicht zuungunsten der Klägerin von § 20 BBiG ab und war deshalb nicht gemäß § 25 BBiG unwirksam.

22

a) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, ob die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig ist, wenn zwischen den Parteien eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses durch Kündigung ein weiteres Ausbildungsverhältnis in demselben oder einem artverwandten Ausbildungsberuf begründet wird.

23

aa) Nach einer Ansicht soll in einem solchen Fall die erneute Vereinbarung einer Probezeit unzulässig sein, weil die Vertragsparteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, die dem Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen (LAG Schleswig-Holstein 12. August 2010 - 4 Sa 120/10 - zu 1 der Gründe; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 27b f.).

24

bb) Die wohl überwiegende Ansicht will nach Person des Kündigenden und Kündigungsgrund differenzieren. Danach soll die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig sein, wenn der Auszubildende selbst gekündigt hat (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 14). Außerdem soll sie wirksam sein, wenn bei objektiver Betrachtung für die Kündigung des ersten Ausbildungsvertrags ein hinreichend wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorlag. In beiden Konstellationen erscheine der Auszubildende als nicht schutzwürdig (Lakies aaO Rn. 13; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 6; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 21).

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass diese Ansichten Wortlaut sowie Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Zwanges, zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, nicht gerecht werden (zustimmend ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1).

26

aa) Gemäß § 20 Satz 1 BBiG beginnt „das Berufsausbildungsverhältnis“ mit einer Probezeit. Ihrem Wortlaut nach knüpft diese Vorschrift damit allein an den (rechtlichen) Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Danach beginnt jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit.

27

bb) Eine solch enge, allein am Wortlaut haftende Auslegung würde jedoch dem Gesetzeszweck nicht gerecht.

28

(1) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35).

29

(2) Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(zu dieser Rechtsfigur BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 32 ff.). Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die wechselseitige Prüfung der wesentlichen Umstände des Ausbildungsverhältnisses ein weiteres Mal vorzunehmen und dem Ausbildenden die Möglichkeit zur entfristeten ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsgrund einzuräumen.

30

(3) Ob ein enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu berücksichtigen sind dabei neben der absoluten Dauer der Unterbrechung zwischen den Ausbildungsverhältnissen auch mögliche Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses oder der betreffenden Branche. Insbesondere hängt es vom Anlass der Unterbrechung und der Neubegründung des Ausbildungsverhältnisses ab, ob ein sachlicher Zusammenhang gegeben ist (vgl. zur Stufenausbildung BAG 27. November 1991 - 2 AZR 263/91 - zu B IV 2 und 3 der Gründe; zur Unterbrechung der Wartezeit des § 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 13). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Beendigung des vorherigen Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders oder des Auszubildenden erfolgt ist (vgl. für § 90 SGB IX BAG 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - Rn. 13, BAGE 123, 185). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines in diesem Sinne tatsächlich einheitlichen Berufsausbildungsverhältnisses trägt der Auszubildende (vgl. für ein einheitliches Arbeitsverhältnis iSd. § 1 Abs. 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 15).

31

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die im Berufsausbildungsvertrag vom 1. September 2011 vereinbarte Probezeit sei als solche wirksam, weil die Klägerin keinen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen der Parteien dargelegt habe, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums als Tatsacheninstanz. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler zeigt die Revision nicht auf.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass am 1. September 2011 ein neues, rechtlich selbständiges Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet und nicht lediglich das am 1. September 2008 begonnene Ausbildungsverhältnis fortgesetzt worden ist. Die Parteien haben am 1. September 2011 vorbehaltlos einen neuen Ausbildungsvertrag geschlossen und jedenfalls dadurch deutlich gemacht, dass es auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 21. Dezember 2010 nicht ankommen sollte (vgl. für die Befristungskontrollklage st. Rspr. seit BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, BAGE 139, 109). Ohnehin war nach Ablauf der für die erste Ausbildung vorgesehenen Ausbildungszeit am 31. August 2011 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG der Abschluss eines rechtlich selbständigen Ausbildungsverhältnisses rechtlich erforderlich, damit die Klägerin von der Beklagten erneut ausgebildet werden konnte.

33

bb) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht auf die erhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen von mehr als acht Monaten abgestellt. Es hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass im September 2011 aufgrund der nach wie vor psychisch labilen Gesundheitssituation der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Ausbildungssituation im überbetrieblichen „Reha-Ausbildungsbetrieb“ der Beklagten für diese weiterhin ein berechtigtes und sachlich begründetes Bedürfnis bestanden habe, zu prüfen, ob die Lebenssituation der Klägerin sich nachhaltig so geändert habe, dass nunmehr von ihrer Eignung für die Ausbildung in dem gewählten Beruf auszugehen sei und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden könne. Auch wenn die Beklagte speziell Jugendliche mit Teilleistungshindernissen ausbildet, muss es ihr grundsätzlich entsprechend dem Zweck des auch für solche Ausbildungsverhältnisse geltenden § 20 BBiG möglich sein, zu prüfen, ob Auszubildende unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen für den gewählten Beruf geeignet sind und von ihr mit den vorhandenen Mitteln, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine psychologische Betreuung bzw. Behandlung ermöglichen, ausgebildet werden können. Ein solcher Prüfungsbedarf bestand angesichts der psychisch labilen Situation der Klägerin auch noch zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien offenkundig.

34

cc) Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang auch nicht aus der von der Beklagten nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses in Aussicht gestellten Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung. Der Klägerin war damit nur eine „zweite Chance“ zum Abschluss der Ausbildung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden, ohne dass die Beklagte dabei auf die Vereinbarung einer weiteren Probezeit verzichtet hätte. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst darauf hinweisen lassen, dass es auch während der von ihr absolvierten Maßnahme bei einem anderen Ausbildungsträger zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen zu Fehlzeiten gekommen ist. Diese Fehlzeiten, nicht aber deren Grund, waren der Beklagten unstreitig bekannt. Danach lag die Voraussetzung für den in Aussicht genommenen Abschluss der Ausbildung, nämlich die Stabilisierung der Lebenssituation der Klägerin und die konstruktive Arbeit an der Überwindung der bestehenden Probleme, aus Sicht der Beklagten im September 2011 an sich nicht vor. Mit dem am 1. September 2011 geschlossenen Ausbildungsverhältnis wollte die Beklagte der Klägerin gleichwohl eine letzte Chance geben, durch ein neues Ausbildungsverhältnis doch noch einen Berufsausbildungsabschluss im gewählten Beruf zu erreichen, ohne sich jedoch der Möglichkeit einer Kündigung ohne Kündigungsgrund in der Probezeit zu begeben. Das stand vor dem Hintergrund der nach wie vor labilen psychischen Situation der Klägerin mit dem Zweck des § 20 BBiG im Einklang. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sie ohne Probezeit der Klägerin keine zweite Chance gegeben hätte. Insoweit lag eine andere Situation vor als bei einer Stufenausbildung iSv. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBiG, dh. einer in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander aufbauenden Stufen erfolgenden Ausbildung, bei der der Ausbildende Eignung und Neigung bereits in früheren Stufen geprüft hat und deshalb bei Zweifeln an der Eignung des Auszubildenden für die anschließende Stufe vom Abschluss eines Anschlussvertrags absehen kann und muss (vgl. dazu BAG 27. November 1991 2 AZR 263/91 - zu B IV 3 c der Gründe).

35

dd) Aus vorstehenden Gründen führt auch die Anrechnung von 24 Monaten Ausbildungszeit aus dem ersten Ausbildungsverhältnis nicht zu dem erforderlichen engen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen. Mit dieser Anrechnung wurden nur die in der ersten Ausbildung erworbenen fachlichen Vorkenntnisse der Klägerin berücksichtigt, während die erneute Probezeit aus Sicht der Beklagten gerade wegen der labilen psychischen Situation der Klägerin erforderlich war.

36

3. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass auch die Vereinbarung einer Probezeit in der gesetzlich zugelassenen Höchstdauer von vier Monaten einer Inhaltskontrolle standhält. Sie benachteiligte die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

a) Grundsätzlich unterliegen auch normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Solche Klauseln, mit denen der Verwender von einer gesetzlich vorgesehenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch macht, sind grundsätzlich keine lediglich deklaratorische Wiedergabe von Rechtsvorschriften. Eine derartige Klausel „entspricht“ zwar dem Gesetz. Gleichwohl „ergänzt“ sie die gesetzliche Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Es erfolgt eine eigenständige Regelung der Rechtslage in bestimmter, gesetzlich eröffneter Weise. Die gesetzlichen Bestimmungen, die eine bestimmte Gestaltungsmöglichkeit eröffnen, berücksichtigen aber regelmäßig das besondere Schutzbedürfnis des anderen Teils, das sich gerade aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, nicht. Ob die Ausübung der Gestaltungsmöglichkeit durch den Verwender im Vertragskontext gesehen angemessen ist, kann darum im Allgemeinen erst im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beantwortet werden. Diese soll gerade gewährleisten, dass die inhaltlichen Begrenzungen, denen die einseitige Ausübung vertraglicher Gestaltungsfreiheit begegnet, eingehalten werden (BGH 24. November 1988 - III ZR 188/87 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 106, 42; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 32; WLP/Pfeiffer AGB-Recht 6. Aufl. § 307 Rn. 338; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 260; ErfK/Preis 15. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 34). Sollten die Ausführungen des Senats in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 2004 (- 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe zu § 13 Satz 2 BBiG aF) und vom 24. Januar 2008 (- 6 AZR 519/07 - Rn. 28, BAGE 125, 325 zu § 622 Abs. 3 BGB) anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

38

b) Die Vereinbarung der Probezeit von vier Monaten ist ungeachtet der Ausbildungszeit von effektiv nur einem Jahr, die mit dem Vertrag vom 1. September 2011 vereinbart worden ist, im Vertragskontext angemessen.

39

aa) Die von § 20 BBiG vorgeschriebene Probezeit soll, wie ausgeführt, beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt also nicht nur im Interesse des Ausbildenden, sondern auch und gerade im Interesse des Auszubildenden. Der Gesetzgeber hat dafür einen Zeitrahmen von ein bis vier Monaten als angemessen angesehen (vgl. BT-Drs. 15/4752 S. 35). Eine Staffelung der Höchstdauer der Probezeit nach der Dauer der Ausbildung, die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG zwei bis drei Jahre betragen soll, wobei es vereinzelt auch Ausbildungsberufe von nur 18-monatiger oder von 42-monatiger Dauer gibt (Wohlgemuth in Wohlgemuth BBiG § 5 Rn. 4), hat der Gesetzgeber - offenkundig auch im Interesse des Auszubildenden - nicht vorgesehen. Dem Gesetz lässt sich auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 6; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 12).

40

bb) Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus auch dann regelmäßig nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. So ist es dem Auszubildenden möglich, ua. die Zusammenarbeit mit dem Ausbildenden bzw. dem konkreten Ausbilder sowie die Ausbildungsstätte zu prüfen (ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1). Stellt er dabei fest, dass der gewählte Beruf zwar seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, er aber die Ausbildungsstätte wechseln will, kann er dies nur während der Probezeit tun, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen, sofern nicht ausnahmsweise ein wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorliegt(vgl. ErfK/Schlachter aaO § 22 BBiG Rn. 5). Ein Schadenersatzanspruch ist nur bei einer Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG wegen Aufgabe der gewählten Berufsausbildung ausgeschlossen(vgl. BAG 8. Februar 1966 - 1 AZR 363/65 - BAGE 18, 118; Schnorr von Carolsfeld Anm. AP BGB § 611 Lehrverhältnis Nr. 23 zu III). Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 115, 125; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 229; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 223; Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 Rn. 71).

41

cc) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Parteien auf die Ausbildungszeit im zweiten Ausbildungsverhältnis 24 Monate des ersten Ausbildungsverhältnisses angerechnet hätten, so dass allenfalls eine Probezeit hätte vereinbart werden dürfen, deren Dauer dem Verhältnis zur verkürzten Ausbildungszeit entsprochen hätte. Wie bereits unter Rn. 35 ausgeführt, hat die Beklagte mit der Verkürzung der Ausbildungszeit lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin aus dem ersten Ausbildungsverhältnis fachliche Vorkenntnisse besaß. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin im ersten Ausbildungsverhältnis und in der Maßnahme bei einem anderen Träger konnte sie jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass sich die Klägerin in das betriebliche Geschehen und die sich daraus ergebenden Lernpflichten einordnen würde. Diesem berechtigten Interesse der Beklagten ist bei der Prüfung, ob die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbarte Länge der Probezeit den Auszubildenden unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, Rechnung zu tragen (vgl. BGH 25. Juni 1991 - XI ZR 257/90 - zu II 2 b dd der Gründe, BGHZ 115, 38). Die Beklagte durfte vor diesem Hintergrund trotz der Anrechnung eines Großteils der im ersten Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Ausbildungszeit eine Probezeit im Umfang der gesetzlichen Höchstdauer durch eine AGB-Klausel vereinbaren. Dies hat im Übrigen auch die zuständige Innung so gesehen, die die Probezeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien nicht beanstandet hat. Ob etwas anderes gegolten hätte, wenn die Dauer der vereinbarten Probezeit die Ausbildungszeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses erreicht oder sogar überschritten hätte, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    M. Geyer    

                 

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Auszubildende haben sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Sie sind insbesondere verpflichtet,

1.
die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
2.
an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die sie nach § 15 freigestellt werden,
3.
den Weisungen zu folgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildenden, von Ausbildern oder Ausbilderinnen oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden,
4.
die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten,
5.
Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
6.
über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren,
7.
einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen.

(1) Ausbildende haben

1.
dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, und die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann,
2.
selbst auszubilden oder einen Ausbilder oder eine Ausbilderin ausdrücklich damit zu beauftragen,
3.
Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge, Werkstoffe und Fachliteratur zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stattfinden, erforderlich sind,
4.
Auszubildende zum Besuch der Berufsschule anzuhalten,
5.
dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden.

(2) Ausbildende haben Auszubildende zum Führen der Ausbildungsnachweise nach § 13 Satz 2 Nummer 7 anzuhalten und diese regelmäßig durchzusehen. Den Auszubildenden ist Gelegenheit zu geben, den Ausbildungsnachweis am Arbeitsplatz zu führen.

(3) Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Juli 2014 - 3 Sa 523/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Probezeitkündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses und um einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Filialen im Bundesgebiet. Es ist ein Betriebsrat gebildet, welcher für die Filiale in H zuständig ist.

3

Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Ihm wurde daraufhin die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August 2013 zugesagt. Als Überbrückung für die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn bot ihm die Beklagte ein Praktikum an. Am 27. März 2013 schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“. Nach dessen § 1 soll der Kläger vom 11. März 2013 bis 31. Juli 2013 in der Filiale in H „zum Erwerb von Erfahrungen und Kenntnissen im Fachbereich Handel- Verkaufsvorbereitung“ eingesetzt werden. Es war eine Probezeit von zwei Monaten vorgesehen. Während dieser Probezeit erfolgte keine Kündigung. Unter dem 22. Juni 2013 zeichneten die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung des Klägers zum Kaufmann im Einzelhandel in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2016. Es wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Der Kläger nahm die Ausbildung wie vorgesehen in der Filiale H auf.

4

Mit Formularschreiben vom 21. Oktober 2013 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers während der Probezeit. Sie gab an, dass der Kläger seit dem 11. März 2013 bei ihr beschäftigt sei und zwar „als Praktikant, ab 01.08.2013 als KEH Azubi“. Als Grund für die beabsichtigte Kündigung wurde mitgeteilt: „Herr K hat unseren Erwartungen aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen. Er wird innerhalb der Probezeit, die am 31.10.2013 endet, gekündigt.“ Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013, welches dem Kläger am gleichen Tag zuging, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis zum 29. Oktober 2013.

5

Mit seiner am 15. November 2013 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung verlangt. Zudem hat er den zuständigen Schlichtungsausschuss bei der Industrie- und Handelskammer O angerufen. Der von diesem am 13. Dezember 2013 gefällte Versäumnisspruch wurde von der Beklagten nicht anerkannt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Ausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Das Praktikum sei im Zusammenhang mit dem bereits zugesagten Ausbildungsbeginn am 1. August 2013 durchgeführt worden und habe der Vorbereitung der Ausbildung dienen sollen. Tatsächlich habe die Beklagte bereits während des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen. So habe er gleich zu Beginn des Praktikums eine Schulung zum Thema Oberbetten absolviert. Direkt im Anschluss daran habe er Waren verkaufen dürfen. Zudem habe er im weiteren Verlauf des Praktikums nahezu sämtliche Schulungen der vorgesehenen Ausbildung besucht. Letztlich habe er „mehr oder minder“ sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die ein Auszubildender oder bereits ausgelernter Mitarbeiter zu verrichten hatte. Dazu gehörten allgemeine Lagertätigkeiten, Lagerwirtschaft, Kommissionierung sowie das Bearbeiten von Bestellungen und das Erstellen von Angeboten. Selbst die Prospektvorbereitungskontrolle sei von ihm bereits sporadisch durchgeführt worden.

7

Die Beklagte habe sich daher bereits während des Praktikums, welches seinerseits einer Probezeitvereinbarung unterfiel, ein vollständiges Bild über ihn machen können. Die Vereinbarung einer weiteren Probezeit von drei Monaten im Ausbildungsverhältnis ohne Anrechnung der Praktikumszeit sei eine unangemessene Benachteiligung. Bei Addierung der Praktikumszeit und der dreimonatigen Probezeit im Ausbildungsverhältnis liege faktisch eine Probezeit von fast acht Monaten vor. Dies sei weder mit Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis noch mit den Grundsätzen von Treu und Glauben zu vereinbaren.

8

Zudem sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei Art und Umfang des Praktikums nicht mitgeteilt worden. Für diesen sei daher nicht überprüfbar gewesen, inwiefern im Rahmen des Praktikums bereits Ausbildungskenntnisse vermittelt wurden. Der Betriebsrat hätte ansonsten beurteilen können, ob die Vereinbarung einer weiteren Probezeit eine unangemessene Benachteiligung gewesen sei und inwiefern er (der Kläger) sich im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt habe. Die Kündigungsabsicht sei nicht hinreichend konkret begründet worden. Was mit der Angabe einer angeblich fehlenden Eigeninitiative gemeint war, sei für den Betriebsrat nicht ansatzweise erkennbar gewesen.

9

Der Kläger hat deshalb beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten ausbildungsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung begründet. Diese sei während der nach den gesetzlichen Vorgaben vereinbarten Probezeit erklärt worden. Die Zeit des Praktikums sei auf die Probezeit nicht anrechenbar. Es handle sich um Rechtsverhältnisse mit unterschiedlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien. Auf den vereinbarten Inhalt und die tatsächliche Durchführung des Praktikums komme es nicht an. Zudem seien dem Kläger während des Praktikums nur die üblichen Praktikumsinhalte vermittelt worden. Er habe nicht an nahezu sämtlichen Schulungen der Ausbildung bereits während des Praktikums teilgenommen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden. Nähere Angaben zu dem Praktikum seien nicht erforderlich gewesen. Die Mitteilung des erst innerhalb der Probezeit im Ausbildungsverhältnis gebildeten Werturteils („fehlende Eigeninitiative“) sei ausreichend gewesen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat durch Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 6 AZN 814/14 - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 hat das Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist beendet. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an.

13

1. Nach § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die streitgegenständliche Kündigung wurde formgerecht während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 vereinbarten Probezeit erklärt. Die Zeit der Tätigkeit des Klägers vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 auf der Grundlage des sog. Praktikantenvertrags vom 27. März 2013 findet keine Anrechnung auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger in dieser Zeit tatsächlich ein Praktikum absolviert hat oder entgegen der vertraglichen Bezeichnung in einem Arbeitsverhältnis stand.

14

a) Nach § 20 Satz 1 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Eine Anrechnung von Zeiten, in denen zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bereits ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sieht § 20 BBiG nicht vor. Die Vorschrift knüpft allein an den rechtlichen Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Selbst bei mehreren Ausbildungsverhältnissen zwischen denselben Parteien beginnt demnach jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. Insoweit ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 29 ff.).

15

b) Demgegenüber stehen Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses derselben Parteien vor Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses weder der Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis entgegen noch findet eine Anrechnung auf die gemäß § 20 Satz 1 BBiG zu vereinbarende Probezeit statt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 20 Satz 1 BBiG und dem Zweck der Probezeit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechte und Pflichten in anderen Vertragsverhältnissen.

16

aa) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35; BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 28).

17

bb) Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog nach §§ 13, 14 BBiG möglich. Andere Vertragsverhältnisse weichen hiervon ab.

18

(1) Dies gilt zum einen für Arbeitsverhältnisse. Berufsausbildungsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse sind nicht generell gleichzusetzen, weil beide Vertragsverhältnisse unterschiedliche Pflichtenbindungen aufweisen (BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 348/02 - zu 2 a bb der Gründe, BAGE 107, 72; vgl. auch 16. Juli 2013 - 9 AZR 784/11 - Rn. 37, BAGE 145, 371). Dies berücksichtigt § 10 Abs. 2 BBiG, wonach die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Berufsausbildungsvertrag nur anzuwenden sind, soweit sich aus dessen Wesen und Zweck und aus dem BBiG nichts anderes ergibt. Inhalt eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Demgegenüber schuldet der Auszubildende, sich ausbilden zu lassen, während die Hauptpflicht des Ausbildenden nach § 14 BBiG darin besteht, dem Auszubildenden die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Der Auszubildende schuldet im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung gegen Zahlung eines Entgelts, sondern hat sich nach § 13 Satz 1 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 37; 18. Mai 2011 - 10 AZR 360/10 - Rn. 13 mwN). Folglich ist die in einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen (vgl. zu § 13 BBiG aF BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 der Gründe).

19

(2) Die Dauer anderer Vertragsverhältnisse iSd. § 26 BBiG ist wegen deren Unterschiede zu einem Berufsausbildungsverhältnis ebenfalls nicht auf eine nach § 20 BBiG vereinbarte Probezeit anzurechnen. Dies gilt auch für die hier in Streit stehende Zeit eines unmittelbar vorausgegangenen Praktikums. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es entgegen der Revision nicht an. Ihre diesbezüglich erhobenen Verfahrensrügen sind deshalb unbeachtlich.

20

(a) § 26 BBiG ordnet die Anwendbarkeit der für das Berufsausbildungsverhältnis geltenden Vorschriften der §§ 10 bis 23 und 25 BBiG für Rechtsverhältnisse an, die nicht als Arbeitsverhältnisse ausgestaltet sind und die Personen betreffen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben. § 26 BBiG erfasst damit nur solche Rechtsverhältnisse, die im Gegensatz zur Umschulung oder Fortbildung auf die erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen gerichtet sind, wie dies etwa bei Anlernlingen, Volontären oder Praktikanten der Fall ist(BAG 12. Februar 2013 - 3 AZR 120/11 - Rn. 12).

21

(b) Für die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf untersagt § 4 Abs. 2 BBiG, wonach nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf, hingegen die Vereinbarung eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 26 BBiG(BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 23, BAGE 135, 187; kritisch Benecke NZA 2012, 646). Dies ist der Struktur der Berufsausbildung geschuldet. Mit ihr soll berufliche Handlungsfähigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Bei einem Praktikum ist das nicht der Fall. Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen (BAG 29. April 2015 - 9 AZR 78/14 - Rn. 18). Dabei findet aber keine systematische Berufsausbildung statt (vgl. BAG 13. März 2003 - 6 AZR 564/01 - zu II 2 b der Gründe). Praktikanten sind auch nicht zur Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen verpflichtet (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 2, § 15 BBiG).

22

(c) An der Unterscheidung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum hat sich durch das Mindestlohngesetz nichts geändert. Zwar enthält § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG für dieses Gesetz mit Wirkung ab dem 16. August 2014 nunmehr eine Legaldefinition der Praktikantenstellung in Anlehnung an den Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (BT-Drs. 18/2010 (neu) S. 24; HK-MiLoG/Schubert/Jerchel § 22 Rn. 17). Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist ein Praktikum aber keine Berufsausbildung im Sinne des BBiG („ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes … handelt“).

23

(d) Mit dieser gesetzlichen Differenzierung von Berufsausbildungsverhältnis und Praktikum ist eine Anrechnung von Zeiten eines Praktikums auf die Probezeit in einem späteren Berufsausbildungsverhältnis nicht vereinbar (vgl. Herkert/Töltl BBiG Stand November 2013 § 20 Rn. 6; Reinartz DB 2015, 1347; Schieckel/Oestreicher/Decker/Grüner BBiG Bd. I Stand 1. Mai 2015 § 20 nF Rn. 4; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 22; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 8; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 bis 23 BBiG Rn. 43b; LAG Berlin 12. Oktober 1998 - 9 Sa 73/98 - zu II 1 der Gründe). Die Zwecksetzung von Praktikum und Probezeit ist unterschiedlich, es besteht auch keine relevante Teilidentität (aA ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 20 BBiG Rn. 2). Wegen der grundsätzlichen Unterschiede kommt es auf die Umstände des Einzelfalls nicht an. Es ist auch ohne Bedeutung, ob Praktikum und Berufsausbildungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen (aA Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 20 Rn. 7; Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 15). Gleiches gilt bzgl. der tatsächlichen Gestaltung des Praktikums und des Besuchs eines Berufsschulunterrichts. Diese Differenzierung ist zugleich ein Gebot der Rechtssicherheit, denn die Abgrenzung eines „anrechnungsfähigen“ Praktikums von einem anderen Praktikum im Einzelfall wäre nur schwer möglich.

24

(e) Für die Nichtanrechnung einer Praktikumszeit spricht ferner, dass der Gesetzgeber sogar bei gesetzlich vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen im Vorfeld einer Berufsausbildung eine Anrechnung auf die Probezeit im folgenden Ausbildungsverhältnis nicht vorgesehen hat (vgl. LAG Baden-Württemberg 8. November 2011 - 22 Sa 35/11 -). Dies betrifft die Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III, welche der Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit dient und nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III auf der Grundlage eines Vertrags iSd. § 26 BBiG durchgeführt werden kann. Auch die Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 f. BBiG ist eine vorgelagerte Qualifizierungsmaßnahme, bzgl. deren Dauer der Gesetzgeber keine Anrechnung auf die Probezeit der späteren Berufsausbildung angeordnet hat. Dies entspricht der Unterschiedlichkeit der Rechtsverhältnisse.

25

(f) Wollen die Parteien bei der Begründung des Berufsausbildungsverhältnisses den Umstand berücksichtigen, dass sie sich bereits im Rahmen eines Praktikums kennengelernt haben, bleibt ihnen daher nur die Vereinbarung der Mindestprobezeit von einem Monat gemäß § 20 Satz 2 BBiG(vgl. Reinartz DB 2015, 1347). Eine vertragliche Vereinbarung der Anrechnung eines Praktikums, die zu einer weiter gehenden Reduzierung oder zum Entfall der Probezeit führt, wäre gemäß § 25 BBiG nichtig. Es würde sich um eine Vereinbarung handeln, die zuungunsten des Auszubildenden von § 20 BBiG abweicht. Die Probezeit ermöglicht, wie ausgeführt, die beiderseitige Prüfung der Umstände des Ausbildungsberufs. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt darum gerade auch im Interesse des Auszubildenden (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39; 15. Januar 1981 - 2 AZR 943/78 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 36, 94). Eine Regelung, die von einer Probezeit absieht, ist folglich unwirksam (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 19). Die gesetzliche Vorgabe der Mindestprobezeit kann auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass vertraglich die Anrechnung eines Praktikums vereinbart wird.

26

c) Demnach erfolgte die streitgegenständliche Kündigung vom 29. Oktober 2013 während der im Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 wirksam vereinbarten Probezeit von drei Monaten.

27

aa) Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 39). Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag des Ausbildenden enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus ist jedoch regelmäßig auch dann nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 37, 40).

28

bb) Vorliegend sieht der Formularausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 eine Probezeit von drei Monaten vor. Dies ist nicht zu beanstanden. Die gesetzliche Höchstdauer wurde um einen Monat unterschritten. Die Zeit des Praktikums ist aus den genannten Gründen unbeachtlich.

29

cc) Die Kündigung erfolgte gemäß § 22 Abs. 1 BBiG während der Probezeit. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 begann diese am 1. August 2013 und endete bei einer Dauer von drei Monaten am 31. Oktober 2013. Die gemäß § 22 Abs. 3 BBiG schriftliche Kündigung ging dem Kläger am 29. Oktober 2013 und damit während der Probezeit zu.

30

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Schreiben vom 21. Oktober 2013 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterrichtet.

31

a) Ebenso wie bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist die Substantiierungspflicht bei der Anhörung des Betriebsrats im Falle einer Kündigung während der Probezeit nach § 22 Abs. 1 BBiG allein an den Umständen zu messen, aus denen der Ausbildende subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. Demnach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Ausbildenden bei Probezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Ausbildende ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Liegen dem subjektiven Werturteil des Ausbildenden nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss er den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. zu einer Kündigung während der Wartezeit BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20 ff. mwN; zustimmend Gragert ArbRAktuell 2013, 599; ablehnend Müller-Wenner AuR 2014, 85).

32

b) Bei der Betriebsratsanhörung handelt es sich um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist (BAG 22. September 2005 - 6 AZR 607/04 - zu II 4 b bb (1) der Gründe). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 98 mwN).

33

c) Vorliegend wurde dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 zur Begründung der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt, dass der Kläger den Erwartungen der Beklagten aufgrund fehlender Eigeninitiative nicht entsprochen habe. Das Landesarbeitsgericht ist bei Berücksichtigung des Grundsatzes der subjektiven Determination in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung gelangt, dass dies ausreichend war und dem Betriebsrat nicht mehr erläutert werden musste, aufgrund welcher Umstände der Kläger den Erwartungen der Beklagten nicht entsprochen hat. Die Mitteilung des bloßen Werturteils reicht vorliegend aus. Dieses war der Anlass für die Kündigung. Weitere Informationen waren auch hinsichtlich des Praktikums nicht erforderlich. Der Betriebsrat wurde darüber informiert, dass der Kläger bereits seit dem 11. März 2013 als Praktikant beschäftigt war. Entgegen der Revision mussten weitere Informationen zur Vertragsgrundlage sowie zu Art und Umfang des Praktikums nicht bekannt gegeben werden. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Praktikum zur Überbrückung bis zum Ausbildungsbeginn vorgesehen war. Die Revision geht im Ansatz unzutreffend davon aus, dass dem Betriebsrat durch solche Informationen die Einschätzung hätte ermöglicht werden müssen, inwiefern sich der Kläger im Rahmen des Praktikums bereits als geeignet gezeigt hat. Dies entspricht der nach Ansicht der Revision vorzunehmenden Anrechnung des Praktikums auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses. Wie dargelegt, steht das Praktikum aber in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dieser Probezeit. Für die Kündigungsentscheidung ist die Einschätzung der Beklagten hinsichtlich der Eignung des Klägers bezogen auf die Ausbildung maßgeblich. Der Ablauf des Praktikums ist hierbei grundsätzlich ohne Bedeutung. Anderes könnte nur gelten, wenn die Beklagte ihre Kündigungsentscheidung wegen konkreter Vorfälle im Praktikum getroffen hätte. Dies ist hier nicht ersichtlich.

34

3. Die streitgegenständliche Kündigung verstößt entgegen der Revision auch nicht gegen Treu und Glauben (vgl. hierzu BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 34). Die Beklagte hat lediglich von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht.

35

4. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens gerichtet. Dieser Rechtsstreit ist mit der Entscheidung des Senats abgeschlossen (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 52).

36

5. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    W. Kreis    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2013 - 3 Sa 1781/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer innerhalb der Probezeit erklärten Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Die Beklagte betreibt einen speziell für Auszubildende mit Teilleistungshindernissen gegründeten „Reha-Ausbildungsbetrieb“ im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung. Zwischen den Parteien bestand zunächst in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 21. Dezember 2010 ein Ausbildungsverhältnis, das durch außerordentliche Kündigung der Beklagten, die die Klägerin nicht angriff, mit dem 21. Dezember 2010 endete. Während dieses Ausbildungsverhältnisses litt die 1988 geborene Klägerin verstärkt unter Depressionen, Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Schlafstörungen und zeigte ein selbstverletzendes Verhalten (Borderline). Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung in Aussicht, soweit sich ihre allgemeine Lebenssituation stabilisiere und die Klägerin konstruktiv an der Überwindung der Probleme arbeite. Außerdem wurde zwischen der Klägerin, der für diese zuständigen Agentur für Arbeit sowie der Beklagten vereinbart, dass die Klägerin eine vorbereitende Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger absolvieren sollte, um die Fortsetzung der Ausbildung vorzubereiten. Die Klägerin nahm im Jahr 2011 an einer solchen vorbereitenden Maßnahme teil. Dabei kam es ebenfalls zu Fehlzeiten der Klägerin, von denen die Beklagte Kenntnis erhielt, ohne deren Grund zu erfahren.

3

Am 1. September 2011 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Ausbildung im selben Ausbildungsberuf wie zuvor. In dem Berufsausbildungsvertrag, der auf einem Formular der zuständigen Handwerkskammer erstellt war, hieß es auszugsweise:

        

„A     

Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung

                 

36 .Monate. Diese verringert sich durch die

                 

Ausbildung/Vorbildung … Holzbearbeiter

                 

um 24 Monate ____ Tage. Das Berufsausbildungsverhältnis

                 

beginnt am

 01.09.2011

                 

 Tag Monat Jahr

                                   
                 

und endet am

 31.08.2012

                 

 Tag Monat Jahr

                          
        

B       

Die Probezeit beträgt 4 Monate …2)“

4

Am Fuß des verwendeten Bogens findet sich unter 2) folgende Anmerkung:

        

„Die Probezeit muß mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.“

5

Die zuständige Innung bestätigte diesen Vertrag.

6

Die Klägerin litt auch seit dem 1. September 2011 unter starken Depressionen und war in einer persönlich schwierigen Situation. Zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses war ihr die Wohnung fristlos gekündigt worden, ihr drohte Obdachlosigkeit. Dies wirkte sich negativ auf ihren Gesundheitszustand aus.

7

Nachdem im zweiten Ausbildungsverhältnis Fehlzeiten der Klägerin aufgetreten waren, kündigte die Beklagte den Ausbildungsvertrag mit Schreiben vom 24. November 2011. Das mit Einschreiben/Rückschein übermittelte Kündigungsschreiben holte die Klägerin erst am 8. Dezember 2011 ab.

8

Der von der Klägerin am 19. Dezember 2011 angerufene zuständige Schlichtungsausschuss wies ihren Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 24. November 2011 durch Spruch vom 25. Januar 2012 zurück, der der Klägerin am 1. Februar 2012 zugestellt wurde.

9

Mit ihrer am 14. Februar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die erneute Vereinbarung einer Probezeit im dritten Ausbildungsjahr sei rechtswidrig und unwirksam. Bei einer bloßen Unterbrechung des Ausbildungsverhältnisses, wie sie hier vorliege, sei es nicht gerechtfertigt, eine erneute Probezeit in einem vorformulierten Ausbildungsvertrag zu vereinbaren. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, dass ihre Ausbildung fortgesetzt werde und nicht davon, dass ein völlig neues Ausbildungsverhältnis begründet worden sei. Zudem hätten die Parteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis hinreichend Gelegenheit gehabt, die dem Sinn und Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen. Auch sei der spezielle Charakter als „Reha-Ausbildung“ zu beachten, der eine besondere, der Klägerin nicht gewährte Unterstützung erfordere. Jedenfalls verstoße die erneute Vereinbarung der maximal zulässigen Höchstdauer der Probezeit von vier Monaten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil die Probezeit ein Drittel der verbleibenden Restausbildungszeit betrage.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass ihr Berufsausbildungsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 nicht aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die vertragliche Vereinbarung einer erneuten Probezeit von vier Monaten sei aufgrund der Umstände gerechtfertigt gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die während der Probezeit erklärte Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 gemäß § 22 Abs. 1 BBiG mit Zugang dieser Kündigung am 8. Dezember 2011 beendet worden ist.

14

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Verfahren ist durchgeführt. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG Klage gegen den Spruch des Schlichtungsausschusses erhoben. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, obwohl die Ausbildungszeit und damit das Berufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestandes spätestens mit dem 31. August 2012 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 BBiG zu erteilenden Zeugnisses. Die Klägerin könnte zudem ggf. weitere Vergütung oder Schadenersatz verlangen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12).

15

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 hat das Ausbildungsverhältnis aufgelöst. Eines Kündigungsgrundes bedurfte es gemäß § 22 Abs. 1 BBiG nicht, weil die Kündigung während der Probezeit erklärt wurde. Die Vereinbarung einer erneuten Probezeit im zweiten Berufsausbildungsverhältnis der Parteien war rechtlich zulässig und wirksam. Sie begegnet, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, weder dem Grunde nach noch hinsichtlich ihrer Dauer rechtlichen Bedenken.

16

1. Die Probezeitvereinbarung als solche ist keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen.

17

a) Bei der Probezeitvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 1. September 2011 handelte es sich allerdings um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Das hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich geprüft. Es ist aber, wie seine Ausführungen unter III 2 c der Entscheidungsgründe zeigen, stillschweigend davon ausgegangen, ohne dass dem eine der Parteien entgegengetreten ist. Zudem begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des auf einem Formular der Handwerkskammer erstellten Ausbildungsvertrags, in dem eine Probezeit von vier Monaten vorgedruckt vorgesehen ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. st. Rspr., zuletzt BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 56).

18

b) § 10 Abs. 2 BBiG eröffnet die Möglichkeit einer AGB-Kontrolle auch im Berufsausbildungsverhältnis(Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Einführung Rn. 113; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einleitung Rn. 29). Die Probezeitvereinbarung als solche unterliegt jedoch keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB, weil sie zwingendes Recht ist (vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe).

19

aa) § 20 Satz 1 BBiG ordnet zwingend an, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit beginnt. Diese gesetzliche Bestimmung schränkt von vornherein die Ausübung privater Gestaltungsmacht durch den Ausbildenden ein, indem sie ihm vorschreibt, dass eine Probezeit zu vereinbaren ist. Eine abweichende Regelung, die von jeder Probezeit absieht, ist gemäß § 25 BBiG unwirksam(vgl. Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb 15. Aufl. § 174 Rn. 86). Die Folgen eines Verstoßes gegen § 20 Satz 1 BBiG ergeben sich damit bereits aus der gesetzlichen Anordnung iVm. § 25 BBiG. Für eine Angemessenheitskontrolle ist insoweit kein Raum (vgl. Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 2 ff.; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 39; vgl. auch Benedict JZ 2012, 172, 179).

20

bb) Allerdings nehmen der Bundesgerichtshof (st. Rspr. seit 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; vgl. auch 29. März 1995 - VIII ZR 102/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 186) und das zivilrechtliche Schrifttum (Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Vorb. v. § 307 BGB Rn. 56 mwN; WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 13 mwN) an, zwingende gesetzliche Vorschriften und §§ 307 ff. BGB seien nebeneinander anwendbar, so dass Klauseln, die gegen zwingendes Recht verstießen und deswegen nach § 134 BGB nichtig seien, schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht standhielten(vgl. BGH 25. September 2002 - VIII ZR 253/99 - zu B II 3 der Gründe, BGHZ 152, 121). Eine solche (zusätzliche) Heranziehung AGB-rechtlicher Kontrollmaßstäbe ist jedoch im Arbeitsrecht entbehrlich (Coester FS Löwisch (2007) S. 57, 64; Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 3). Der zivilrechtliche Rückgriff auf §§ 307 ff. BGB verfolgt den Zweck, eine Klauselkontrolle im Verbandsprozess schon im Vorfeld der Klauselanwendung zu ermöglichen (vgl. BGH 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; Krause aaO; Fuchs aaO). Eine solche Kontrolle war bis zur Schuldrechtsreform nach § 13 AGBG nur bei Verstößen gegen §§ 9 bis 11 AGBG eröffnet und ist seitdem gemäß §§ 1, 3 UKlaG bei Verstößen gegen §§ 307 bis 309 BGB möglich. Der Gesetzgeber hat aber eine solche abstrakte gerichtliche Kontrolle vorformulierter Arbeitsverträge im Wege einer Unterlassungsklage sowohl durch Verbraucherverbände als auch durch Gewerkschaften in § 15 UKlaG bewusst ausgeschlossen(BT-Drs. 14/7052 S. 189, 190; vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 b cc der Gründe, BAGE 115, 19). Darüber hinaus wird im Arbeitsrecht der Ausgleich der typischerweise gestörten Verhandlungsparität vorrangig durch zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und kollektives Arbeitsrecht angestrebt (vgl. Krause aaO; Benedict JZ 2012, 172, 175, 179).

21

2. Die erneute Vereinbarung der Probezeit zu Beginn des zweiten Berufsausbildungsverhältnisses der Parteien als solche wich nicht zuungunsten der Klägerin von § 20 BBiG ab und war deshalb nicht gemäß § 25 BBiG unwirksam.

22

a) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, ob die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig ist, wenn zwischen den Parteien eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses durch Kündigung ein weiteres Ausbildungsverhältnis in demselben oder einem artverwandten Ausbildungsberuf begründet wird.

23

aa) Nach einer Ansicht soll in einem solchen Fall die erneute Vereinbarung einer Probezeit unzulässig sein, weil die Vertragsparteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, die dem Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen (LAG Schleswig-Holstein 12. August 2010 - 4 Sa 120/10 - zu 1 der Gründe; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 27b f.).

24

bb) Die wohl überwiegende Ansicht will nach Person des Kündigenden und Kündigungsgrund differenzieren. Danach soll die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig sein, wenn der Auszubildende selbst gekündigt hat (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 14). Außerdem soll sie wirksam sein, wenn bei objektiver Betrachtung für die Kündigung des ersten Ausbildungsvertrags ein hinreichend wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorlag. In beiden Konstellationen erscheine der Auszubildende als nicht schutzwürdig (Lakies aaO Rn. 13; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 6; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 21).

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass diese Ansichten Wortlaut sowie Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Zwanges, zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, nicht gerecht werden (zustimmend ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1).

26

aa) Gemäß § 20 Satz 1 BBiG beginnt „das Berufsausbildungsverhältnis“ mit einer Probezeit. Ihrem Wortlaut nach knüpft diese Vorschrift damit allein an den (rechtlichen) Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Danach beginnt jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit.

27

bb) Eine solch enge, allein am Wortlaut haftende Auslegung würde jedoch dem Gesetzeszweck nicht gerecht.

28

(1) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35).

29

(2) Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(zu dieser Rechtsfigur BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 32 ff.). Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die wechselseitige Prüfung der wesentlichen Umstände des Ausbildungsverhältnisses ein weiteres Mal vorzunehmen und dem Ausbildenden die Möglichkeit zur entfristeten ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsgrund einzuräumen.

30

(3) Ob ein enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu berücksichtigen sind dabei neben der absoluten Dauer der Unterbrechung zwischen den Ausbildungsverhältnissen auch mögliche Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses oder der betreffenden Branche. Insbesondere hängt es vom Anlass der Unterbrechung und der Neubegründung des Ausbildungsverhältnisses ab, ob ein sachlicher Zusammenhang gegeben ist (vgl. zur Stufenausbildung BAG 27. November 1991 - 2 AZR 263/91 - zu B IV 2 und 3 der Gründe; zur Unterbrechung der Wartezeit des § 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 13). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Beendigung des vorherigen Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders oder des Auszubildenden erfolgt ist (vgl. für § 90 SGB IX BAG 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - Rn. 13, BAGE 123, 185). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines in diesem Sinne tatsächlich einheitlichen Berufsausbildungsverhältnisses trägt der Auszubildende (vgl. für ein einheitliches Arbeitsverhältnis iSd. § 1 Abs. 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 15).

31

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die im Berufsausbildungsvertrag vom 1. September 2011 vereinbarte Probezeit sei als solche wirksam, weil die Klägerin keinen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen der Parteien dargelegt habe, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums als Tatsacheninstanz. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler zeigt die Revision nicht auf.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass am 1. September 2011 ein neues, rechtlich selbständiges Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet und nicht lediglich das am 1. September 2008 begonnene Ausbildungsverhältnis fortgesetzt worden ist. Die Parteien haben am 1. September 2011 vorbehaltlos einen neuen Ausbildungsvertrag geschlossen und jedenfalls dadurch deutlich gemacht, dass es auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 21. Dezember 2010 nicht ankommen sollte (vgl. für die Befristungskontrollklage st. Rspr. seit BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, BAGE 139, 109). Ohnehin war nach Ablauf der für die erste Ausbildung vorgesehenen Ausbildungszeit am 31. August 2011 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG der Abschluss eines rechtlich selbständigen Ausbildungsverhältnisses rechtlich erforderlich, damit die Klägerin von der Beklagten erneut ausgebildet werden konnte.

33

bb) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht auf die erhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen von mehr als acht Monaten abgestellt. Es hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass im September 2011 aufgrund der nach wie vor psychisch labilen Gesundheitssituation der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Ausbildungssituation im überbetrieblichen „Reha-Ausbildungsbetrieb“ der Beklagten für diese weiterhin ein berechtigtes und sachlich begründetes Bedürfnis bestanden habe, zu prüfen, ob die Lebenssituation der Klägerin sich nachhaltig so geändert habe, dass nunmehr von ihrer Eignung für die Ausbildung in dem gewählten Beruf auszugehen sei und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden könne. Auch wenn die Beklagte speziell Jugendliche mit Teilleistungshindernissen ausbildet, muss es ihr grundsätzlich entsprechend dem Zweck des auch für solche Ausbildungsverhältnisse geltenden § 20 BBiG möglich sein, zu prüfen, ob Auszubildende unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen für den gewählten Beruf geeignet sind und von ihr mit den vorhandenen Mitteln, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine psychologische Betreuung bzw. Behandlung ermöglichen, ausgebildet werden können. Ein solcher Prüfungsbedarf bestand angesichts der psychisch labilen Situation der Klägerin auch noch zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien offenkundig.

34

cc) Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang auch nicht aus der von der Beklagten nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses in Aussicht gestellten Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung. Der Klägerin war damit nur eine „zweite Chance“ zum Abschluss der Ausbildung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden, ohne dass die Beklagte dabei auf die Vereinbarung einer weiteren Probezeit verzichtet hätte. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst darauf hinweisen lassen, dass es auch während der von ihr absolvierten Maßnahme bei einem anderen Ausbildungsträger zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen zu Fehlzeiten gekommen ist. Diese Fehlzeiten, nicht aber deren Grund, waren der Beklagten unstreitig bekannt. Danach lag die Voraussetzung für den in Aussicht genommenen Abschluss der Ausbildung, nämlich die Stabilisierung der Lebenssituation der Klägerin und die konstruktive Arbeit an der Überwindung der bestehenden Probleme, aus Sicht der Beklagten im September 2011 an sich nicht vor. Mit dem am 1. September 2011 geschlossenen Ausbildungsverhältnis wollte die Beklagte der Klägerin gleichwohl eine letzte Chance geben, durch ein neues Ausbildungsverhältnis doch noch einen Berufsausbildungsabschluss im gewählten Beruf zu erreichen, ohne sich jedoch der Möglichkeit einer Kündigung ohne Kündigungsgrund in der Probezeit zu begeben. Das stand vor dem Hintergrund der nach wie vor labilen psychischen Situation der Klägerin mit dem Zweck des § 20 BBiG im Einklang. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sie ohne Probezeit der Klägerin keine zweite Chance gegeben hätte. Insoweit lag eine andere Situation vor als bei einer Stufenausbildung iSv. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBiG, dh. einer in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander aufbauenden Stufen erfolgenden Ausbildung, bei der der Ausbildende Eignung und Neigung bereits in früheren Stufen geprüft hat und deshalb bei Zweifeln an der Eignung des Auszubildenden für die anschließende Stufe vom Abschluss eines Anschlussvertrags absehen kann und muss (vgl. dazu BAG 27. November 1991 2 AZR 263/91 - zu B IV 3 c der Gründe).

35

dd) Aus vorstehenden Gründen führt auch die Anrechnung von 24 Monaten Ausbildungszeit aus dem ersten Ausbildungsverhältnis nicht zu dem erforderlichen engen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen. Mit dieser Anrechnung wurden nur die in der ersten Ausbildung erworbenen fachlichen Vorkenntnisse der Klägerin berücksichtigt, während die erneute Probezeit aus Sicht der Beklagten gerade wegen der labilen psychischen Situation der Klägerin erforderlich war.

36

3. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass auch die Vereinbarung einer Probezeit in der gesetzlich zugelassenen Höchstdauer von vier Monaten einer Inhaltskontrolle standhält. Sie benachteiligte die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

a) Grundsätzlich unterliegen auch normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Solche Klauseln, mit denen der Verwender von einer gesetzlich vorgesehenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch macht, sind grundsätzlich keine lediglich deklaratorische Wiedergabe von Rechtsvorschriften. Eine derartige Klausel „entspricht“ zwar dem Gesetz. Gleichwohl „ergänzt“ sie die gesetzliche Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Es erfolgt eine eigenständige Regelung der Rechtslage in bestimmter, gesetzlich eröffneter Weise. Die gesetzlichen Bestimmungen, die eine bestimmte Gestaltungsmöglichkeit eröffnen, berücksichtigen aber regelmäßig das besondere Schutzbedürfnis des anderen Teils, das sich gerade aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, nicht. Ob die Ausübung der Gestaltungsmöglichkeit durch den Verwender im Vertragskontext gesehen angemessen ist, kann darum im Allgemeinen erst im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beantwortet werden. Diese soll gerade gewährleisten, dass die inhaltlichen Begrenzungen, denen die einseitige Ausübung vertraglicher Gestaltungsfreiheit begegnet, eingehalten werden (BGH 24. November 1988 - III ZR 188/87 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 106, 42; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 32; WLP/Pfeiffer AGB-Recht 6. Aufl. § 307 Rn. 338; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 260; ErfK/Preis 15. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 34). Sollten die Ausführungen des Senats in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 2004 (- 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe zu § 13 Satz 2 BBiG aF) und vom 24. Januar 2008 (- 6 AZR 519/07 - Rn. 28, BAGE 125, 325 zu § 622 Abs. 3 BGB) anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

38

b) Die Vereinbarung der Probezeit von vier Monaten ist ungeachtet der Ausbildungszeit von effektiv nur einem Jahr, die mit dem Vertrag vom 1. September 2011 vereinbart worden ist, im Vertragskontext angemessen.

39

aa) Die von § 20 BBiG vorgeschriebene Probezeit soll, wie ausgeführt, beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt also nicht nur im Interesse des Ausbildenden, sondern auch und gerade im Interesse des Auszubildenden. Der Gesetzgeber hat dafür einen Zeitrahmen von ein bis vier Monaten als angemessen angesehen (vgl. BT-Drs. 15/4752 S. 35). Eine Staffelung der Höchstdauer der Probezeit nach der Dauer der Ausbildung, die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG zwei bis drei Jahre betragen soll, wobei es vereinzelt auch Ausbildungsberufe von nur 18-monatiger oder von 42-monatiger Dauer gibt (Wohlgemuth in Wohlgemuth BBiG § 5 Rn. 4), hat der Gesetzgeber - offenkundig auch im Interesse des Auszubildenden - nicht vorgesehen. Dem Gesetz lässt sich auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 6; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 12).

40

bb) Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus auch dann regelmäßig nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. So ist es dem Auszubildenden möglich, ua. die Zusammenarbeit mit dem Ausbildenden bzw. dem konkreten Ausbilder sowie die Ausbildungsstätte zu prüfen (ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1). Stellt er dabei fest, dass der gewählte Beruf zwar seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, er aber die Ausbildungsstätte wechseln will, kann er dies nur während der Probezeit tun, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen, sofern nicht ausnahmsweise ein wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorliegt(vgl. ErfK/Schlachter aaO § 22 BBiG Rn. 5). Ein Schadenersatzanspruch ist nur bei einer Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG wegen Aufgabe der gewählten Berufsausbildung ausgeschlossen(vgl. BAG 8. Februar 1966 - 1 AZR 363/65 - BAGE 18, 118; Schnorr von Carolsfeld Anm. AP BGB § 611 Lehrverhältnis Nr. 23 zu III). Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 115, 125; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 229; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 223; Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 Rn. 71).

41

cc) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Parteien auf die Ausbildungszeit im zweiten Ausbildungsverhältnis 24 Monate des ersten Ausbildungsverhältnisses angerechnet hätten, so dass allenfalls eine Probezeit hätte vereinbart werden dürfen, deren Dauer dem Verhältnis zur verkürzten Ausbildungszeit entsprochen hätte. Wie bereits unter Rn. 35 ausgeführt, hat die Beklagte mit der Verkürzung der Ausbildungszeit lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin aus dem ersten Ausbildungsverhältnis fachliche Vorkenntnisse besaß. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin im ersten Ausbildungsverhältnis und in der Maßnahme bei einem anderen Träger konnte sie jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass sich die Klägerin in das betriebliche Geschehen und die sich daraus ergebenden Lernpflichten einordnen würde. Diesem berechtigten Interesse der Beklagten ist bei der Prüfung, ob die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbarte Länge der Probezeit den Auszubildenden unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, Rechnung zu tragen (vgl. BGH 25. Juni 1991 - XI ZR 257/90 - zu II 2 b dd der Gründe, BGHZ 115, 38). Die Beklagte durfte vor diesem Hintergrund trotz der Anrechnung eines Großteils der im ersten Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Ausbildungszeit eine Probezeit im Umfang der gesetzlichen Höchstdauer durch eine AGB-Klausel vereinbaren. Dies hat im Übrigen auch die zuständige Innung so gesehen, die die Probezeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien nicht beanstandet hat. Ob etwas anderes gegolten hätte, wenn die Dauer der vereinbarten Probezeit die Ausbildungszeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses erreicht oder sogar überschritten hätte, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    M. Geyer    

                 

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2013 - 3 Sa 1781/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer innerhalb der Probezeit erklärten Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Die Beklagte betreibt einen speziell für Auszubildende mit Teilleistungshindernissen gegründeten „Reha-Ausbildungsbetrieb“ im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung. Zwischen den Parteien bestand zunächst in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 21. Dezember 2010 ein Ausbildungsverhältnis, das durch außerordentliche Kündigung der Beklagten, die die Klägerin nicht angriff, mit dem 21. Dezember 2010 endete. Während dieses Ausbildungsverhältnisses litt die 1988 geborene Klägerin verstärkt unter Depressionen, Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Schlafstörungen und zeigte ein selbstverletzendes Verhalten (Borderline). Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung in Aussicht, soweit sich ihre allgemeine Lebenssituation stabilisiere und die Klägerin konstruktiv an der Überwindung der Probleme arbeite. Außerdem wurde zwischen der Klägerin, der für diese zuständigen Agentur für Arbeit sowie der Beklagten vereinbart, dass die Klägerin eine vorbereitende Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger absolvieren sollte, um die Fortsetzung der Ausbildung vorzubereiten. Die Klägerin nahm im Jahr 2011 an einer solchen vorbereitenden Maßnahme teil. Dabei kam es ebenfalls zu Fehlzeiten der Klägerin, von denen die Beklagte Kenntnis erhielt, ohne deren Grund zu erfahren.

3

Am 1. September 2011 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Ausbildung im selben Ausbildungsberuf wie zuvor. In dem Berufsausbildungsvertrag, der auf einem Formular der zuständigen Handwerkskammer erstellt war, hieß es auszugsweise:

        

„A     

Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung

                 

36 .Monate. Diese verringert sich durch die

                 

Ausbildung/Vorbildung … Holzbearbeiter

                 

um 24 Monate ____ Tage. Das Berufsausbildungsverhältnis

                 

beginnt am

 01.09.2011

                 

 Tag Monat Jahr

                                   
                 

und endet am

 31.08.2012

                 

 Tag Monat Jahr

                          
        

B       

Die Probezeit beträgt 4 Monate …2)“

4

Am Fuß des verwendeten Bogens findet sich unter 2) folgende Anmerkung:

        

„Die Probezeit muß mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.“

5

Die zuständige Innung bestätigte diesen Vertrag.

6

Die Klägerin litt auch seit dem 1. September 2011 unter starken Depressionen und war in einer persönlich schwierigen Situation. Zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses war ihr die Wohnung fristlos gekündigt worden, ihr drohte Obdachlosigkeit. Dies wirkte sich negativ auf ihren Gesundheitszustand aus.

7

Nachdem im zweiten Ausbildungsverhältnis Fehlzeiten der Klägerin aufgetreten waren, kündigte die Beklagte den Ausbildungsvertrag mit Schreiben vom 24. November 2011. Das mit Einschreiben/Rückschein übermittelte Kündigungsschreiben holte die Klägerin erst am 8. Dezember 2011 ab.

8

Der von der Klägerin am 19. Dezember 2011 angerufene zuständige Schlichtungsausschuss wies ihren Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 24. November 2011 durch Spruch vom 25. Januar 2012 zurück, der der Klägerin am 1. Februar 2012 zugestellt wurde.

9

Mit ihrer am 14. Februar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die erneute Vereinbarung einer Probezeit im dritten Ausbildungsjahr sei rechtswidrig und unwirksam. Bei einer bloßen Unterbrechung des Ausbildungsverhältnisses, wie sie hier vorliege, sei es nicht gerechtfertigt, eine erneute Probezeit in einem vorformulierten Ausbildungsvertrag zu vereinbaren. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, dass ihre Ausbildung fortgesetzt werde und nicht davon, dass ein völlig neues Ausbildungsverhältnis begründet worden sei. Zudem hätten die Parteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis hinreichend Gelegenheit gehabt, die dem Sinn und Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen. Auch sei der spezielle Charakter als „Reha-Ausbildung“ zu beachten, der eine besondere, der Klägerin nicht gewährte Unterstützung erfordere. Jedenfalls verstoße die erneute Vereinbarung der maximal zulässigen Höchstdauer der Probezeit von vier Monaten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil die Probezeit ein Drittel der verbleibenden Restausbildungszeit betrage.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass ihr Berufsausbildungsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 nicht aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die vertragliche Vereinbarung einer erneuten Probezeit von vier Monaten sei aufgrund der Umstände gerechtfertigt gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die während der Probezeit erklärte Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 gemäß § 22 Abs. 1 BBiG mit Zugang dieser Kündigung am 8. Dezember 2011 beendet worden ist.

14

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Verfahren ist durchgeführt. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG Klage gegen den Spruch des Schlichtungsausschusses erhoben. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, obwohl die Ausbildungszeit und damit das Berufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestandes spätestens mit dem 31. August 2012 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 BBiG zu erteilenden Zeugnisses. Die Klägerin könnte zudem ggf. weitere Vergütung oder Schadenersatz verlangen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12).

15

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 hat das Ausbildungsverhältnis aufgelöst. Eines Kündigungsgrundes bedurfte es gemäß § 22 Abs. 1 BBiG nicht, weil die Kündigung während der Probezeit erklärt wurde. Die Vereinbarung einer erneuten Probezeit im zweiten Berufsausbildungsverhältnis der Parteien war rechtlich zulässig und wirksam. Sie begegnet, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, weder dem Grunde nach noch hinsichtlich ihrer Dauer rechtlichen Bedenken.

16

1. Die Probezeitvereinbarung als solche ist keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen.

17

a) Bei der Probezeitvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 1. September 2011 handelte es sich allerdings um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Das hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich geprüft. Es ist aber, wie seine Ausführungen unter III 2 c der Entscheidungsgründe zeigen, stillschweigend davon ausgegangen, ohne dass dem eine der Parteien entgegengetreten ist. Zudem begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des auf einem Formular der Handwerkskammer erstellten Ausbildungsvertrags, in dem eine Probezeit von vier Monaten vorgedruckt vorgesehen ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. st. Rspr., zuletzt BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 56).

18

b) § 10 Abs. 2 BBiG eröffnet die Möglichkeit einer AGB-Kontrolle auch im Berufsausbildungsverhältnis(Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Einführung Rn. 113; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einleitung Rn. 29). Die Probezeitvereinbarung als solche unterliegt jedoch keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB, weil sie zwingendes Recht ist (vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe).

19

aa) § 20 Satz 1 BBiG ordnet zwingend an, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit beginnt. Diese gesetzliche Bestimmung schränkt von vornherein die Ausübung privater Gestaltungsmacht durch den Ausbildenden ein, indem sie ihm vorschreibt, dass eine Probezeit zu vereinbaren ist. Eine abweichende Regelung, die von jeder Probezeit absieht, ist gemäß § 25 BBiG unwirksam(vgl. Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb 15. Aufl. § 174 Rn. 86). Die Folgen eines Verstoßes gegen § 20 Satz 1 BBiG ergeben sich damit bereits aus der gesetzlichen Anordnung iVm. § 25 BBiG. Für eine Angemessenheitskontrolle ist insoweit kein Raum (vgl. Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 2 ff.; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 39; vgl. auch Benedict JZ 2012, 172, 179).

20

bb) Allerdings nehmen der Bundesgerichtshof (st. Rspr. seit 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; vgl. auch 29. März 1995 - VIII ZR 102/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 186) und das zivilrechtliche Schrifttum (Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Vorb. v. § 307 BGB Rn. 56 mwN; WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 13 mwN) an, zwingende gesetzliche Vorschriften und §§ 307 ff. BGB seien nebeneinander anwendbar, so dass Klauseln, die gegen zwingendes Recht verstießen und deswegen nach § 134 BGB nichtig seien, schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht standhielten(vgl. BGH 25. September 2002 - VIII ZR 253/99 - zu B II 3 der Gründe, BGHZ 152, 121). Eine solche (zusätzliche) Heranziehung AGB-rechtlicher Kontrollmaßstäbe ist jedoch im Arbeitsrecht entbehrlich (Coester FS Löwisch (2007) S. 57, 64; Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 3). Der zivilrechtliche Rückgriff auf §§ 307 ff. BGB verfolgt den Zweck, eine Klauselkontrolle im Verbandsprozess schon im Vorfeld der Klauselanwendung zu ermöglichen (vgl. BGH 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; Krause aaO; Fuchs aaO). Eine solche Kontrolle war bis zur Schuldrechtsreform nach § 13 AGBG nur bei Verstößen gegen §§ 9 bis 11 AGBG eröffnet und ist seitdem gemäß §§ 1, 3 UKlaG bei Verstößen gegen §§ 307 bis 309 BGB möglich. Der Gesetzgeber hat aber eine solche abstrakte gerichtliche Kontrolle vorformulierter Arbeitsverträge im Wege einer Unterlassungsklage sowohl durch Verbraucherverbände als auch durch Gewerkschaften in § 15 UKlaG bewusst ausgeschlossen(BT-Drs. 14/7052 S. 189, 190; vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 b cc der Gründe, BAGE 115, 19). Darüber hinaus wird im Arbeitsrecht der Ausgleich der typischerweise gestörten Verhandlungsparität vorrangig durch zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und kollektives Arbeitsrecht angestrebt (vgl. Krause aaO; Benedict JZ 2012, 172, 175, 179).

21

2. Die erneute Vereinbarung der Probezeit zu Beginn des zweiten Berufsausbildungsverhältnisses der Parteien als solche wich nicht zuungunsten der Klägerin von § 20 BBiG ab und war deshalb nicht gemäß § 25 BBiG unwirksam.

22

a) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, ob die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig ist, wenn zwischen den Parteien eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses durch Kündigung ein weiteres Ausbildungsverhältnis in demselben oder einem artverwandten Ausbildungsberuf begründet wird.

23

aa) Nach einer Ansicht soll in einem solchen Fall die erneute Vereinbarung einer Probezeit unzulässig sein, weil die Vertragsparteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, die dem Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen (LAG Schleswig-Holstein 12. August 2010 - 4 Sa 120/10 - zu 1 der Gründe; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 27b f.).

24

bb) Die wohl überwiegende Ansicht will nach Person des Kündigenden und Kündigungsgrund differenzieren. Danach soll die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig sein, wenn der Auszubildende selbst gekündigt hat (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 14). Außerdem soll sie wirksam sein, wenn bei objektiver Betrachtung für die Kündigung des ersten Ausbildungsvertrags ein hinreichend wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorlag. In beiden Konstellationen erscheine der Auszubildende als nicht schutzwürdig (Lakies aaO Rn. 13; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 6; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 21).

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass diese Ansichten Wortlaut sowie Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Zwanges, zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, nicht gerecht werden (zustimmend ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1).

26

aa) Gemäß § 20 Satz 1 BBiG beginnt „das Berufsausbildungsverhältnis“ mit einer Probezeit. Ihrem Wortlaut nach knüpft diese Vorschrift damit allein an den (rechtlichen) Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Danach beginnt jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit.

27

bb) Eine solch enge, allein am Wortlaut haftende Auslegung würde jedoch dem Gesetzeszweck nicht gerecht.

28

(1) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35).

29

(2) Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(zu dieser Rechtsfigur BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 32 ff.). Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die wechselseitige Prüfung der wesentlichen Umstände des Ausbildungsverhältnisses ein weiteres Mal vorzunehmen und dem Ausbildenden die Möglichkeit zur entfristeten ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsgrund einzuräumen.

30

(3) Ob ein enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu berücksichtigen sind dabei neben der absoluten Dauer der Unterbrechung zwischen den Ausbildungsverhältnissen auch mögliche Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses oder der betreffenden Branche. Insbesondere hängt es vom Anlass der Unterbrechung und der Neubegründung des Ausbildungsverhältnisses ab, ob ein sachlicher Zusammenhang gegeben ist (vgl. zur Stufenausbildung BAG 27. November 1991 - 2 AZR 263/91 - zu B IV 2 und 3 der Gründe; zur Unterbrechung der Wartezeit des § 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 13). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Beendigung des vorherigen Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders oder des Auszubildenden erfolgt ist (vgl. für § 90 SGB IX BAG 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - Rn. 13, BAGE 123, 185). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines in diesem Sinne tatsächlich einheitlichen Berufsausbildungsverhältnisses trägt der Auszubildende (vgl. für ein einheitliches Arbeitsverhältnis iSd. § 1 Abs. 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 15).

31

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die im Berufsausbildungsvertrag vom 1. September 2011 vereinbarte Probezeit sei als solche wirksam, weil die Klägerin keinen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen der Parteien dargelegt habe, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums als Tatsacheninstanz. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler zeigt die Revision nicht auf.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass am 1. September 2011 ein neues, rechtlich selbständiges Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet und nicht lediglich das am 1. September 2008 begonnene Ausbildungsverhältnis fortgesetzt worden ist. Die Parteien haben am 1. September 2011 vorbehaltlos einen neuen Ausbildungsvertrag geschlossen und jedenfalls dadurch deutlich gemacht, dass es auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 21. Dezember 2010 nicht ankommen sollte (vgl. für die Befristungskontrollklage st. Rspr. seit BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, BAGE 139, 109). Ohnehin war nach Ablauf der für die erste Ausbildung vorgesehenen Ausbildungszeit am 31. August 2011 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG der Abschluss eines rechtlich selbständigen Ausbildungsverhältnisses rechtlich erforderlich, damit die Klägerin von der Beklagten erneut ausgebildet werden konnte.

33

bb) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht auf die erhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen von mehr als acht Monaten abgestellt. Es hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass im September 2011 aufgrund der nach wie vor psychisch labilen Gesundheitssituation der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Ausbildungssituation im überbetrieblichen „Reha-Ausbildungsbetrieb“ der Beklagten für diese weiterhin ein berechtigtes und sachlich begründetes Bedürfnis bestanden habe, zu prüfen, ob die Lebenssituation der Klägerin sich nachhaltig so geändert habe, dass nunmehr von ihrer Eignung für die Ausbildung in dem gewählten Beruf auszugehen sei und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden könne. Auch wenn die Beklagte speziell Jugendliche mit Teilleistungshindernissen ausbildet, muss es ihr grundsätzlich entsprechend dem Zweck des auch für solche Ausbildungsverhältnisse geltenden § 20 BBiG möglich sein, zu prüfen, ob Auszubildende unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen für den gewählten Beruf geeignet sind und von ihr mit den vorhandenen Mitteln, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine psychologische Betreuung bzw. Behandlung ermöglichen, ausgebildet werden können. Ein solcher Prüfungsbedarf bestand angesichts der psychisch labilen Situation der Klägerin auch noch zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien offenkundig.

34

cc) Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang auch nicht aus der von der Beklagten nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses in Aussicht gestellten Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung. Der Klägerin war damit nur eine „zweite Chance“ zum Abschluss der Ausbildung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden, ohne dass die Beklagte dabei auf die Vereinbarung einer weiteren Probezeit verzichtet hätte. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst darauf hinweisen lassen, dass es auch während der von ihr absolvierten Maßnahme bei einem anderen Ausbildungsträger zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen zu Fehlzeiten gekommen ist. Diese Fehlzeiten, nicht aber deren Grund, waren der Beklagten unstreitig bekannt. Danach lag die Voraussetzung für den in Aussicht genommenen Abschluss der Ausbildung, nämlich die Stabilisierung der Lebenssituation der Klägerin und die konstruktive Arbeit an der Überwindung der bestehenden Probleme, aus Sicht der Beklagten im September 2011 an sich nicht vor. Mit dem am 1. September 2011 geschlossenen Ausbildungsverhältnis wollte die Beklagte der Klägerin gleichwohl eine letzte Chance geben, durch ein neues Ausbildungsverhältnis doch noch einen Berufsausbildungsabschluss im gewählten Beruf zu erreichen, ohne sich jedoch der Möglichkeit einer Kündigung ohne Kündigungsgrund in der Probezeit zu begeben. Das stand vor dem Hintergrund der nach wie vor labilen psychischen Situation der Klägerin mit dem Zweck des § 20 BBiG im Einklang. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sie ohne Probezeit der Klägerin keine zweite Chance gegeben hätte. Insoweit lag eine andere Situation vor als bei einer Stufenausbildung iSv. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBiG, dh. einer in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander aufbauenden Stufen erfolgenden Ausbildung, bei der der Ausbildende Eignung und Neigung bereits in früheren Stufen geprüft hat und deshalb bei Zweifeln an der Eignung des Auszubildenden für die anschließende Stufe vom Abschluss eines Anschlussvertrags absehen kann und muss (vgl. dazu BAG 27. November 1991 2 AZR 263/91 - zu B IV 3 c der Gründe).

35

dd) Aus vorstehenden Gründen führt auch die Anrechnung von 24 Monaten Ausbildungszeit aus dem ersten Ausbildungsverhältnis nicht zu dem erforderlichen engen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen. Mit dieser Anrechnung wurden nur die in der ersten Ausbildung erworbenen fachlichen Vorkenntnisse der Klägerin berücksichtigt, während die erneute Probezeit aus Sicht der Beklagten gerade wegen der labilen psychischen Situation der Klägerin erforderlich war.

36

3. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass auch die Vereinbarung einer Probezeit in der gesetzlich zugelassenen Höchstdauer von vier Monaten einer Inhaltskontrolle standhält. Sie benachteiligte die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

a) Grundsätzlich unterliegen auch normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Solche Klauseln, mit denen der Verwender von einer gesetzlich vorgesehenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch macht, sind grundsätzlich keine lediglich deklaratorische Wiedergabe von Rechtsvorschriften. Eine derartige Klausel „entspricht“ zwar dem Gesetz. Gleichwohl „ergänzt“ sie die gesetzliche Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Es erfolgt eine eigenständige Regelung der Rechtslage in bestimmter, gesetzlich eröffneter Weise. Die gesetzlichen Bestimmungen, die eine bestimmte Gestaltungsmöglichkeit eröffnen, berücksichtigen aber regelmäßig das besondere Schutzbedürfnis des anderen Teils, das sich gerade aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, nicht. Ob die Ausübung der Gestaltungsmöglichkeit durch den Verwender im Vertragskontext gesehen angemessen ist, kann darum im Allgemeinen erst im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beantwortet werden. Diese soll gerade gewährleisten, dass die inhaltlichen Begrenzungen, denen die einseitige Ausübung vertraglicher Gestaltungsfreiheit begegnet, eingehalten werden (BGH 24. November 1988 - III ZR 188/87 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 106, 42; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 32; WLP/Pfeiffer AGB-Recht 6. Aufl. § 307 Rn. 338; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 260; ErfK/Preis 15. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 34). Sollten die Ausführungen des Senats in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 2004 (- 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe zu § 13 Satz 2 BBiG aF) und vom 24. Januar 2008 (- 6 AZR 519/07 - Rn. 28, BAGE 125, 325 zu § 622 Abs. 3 BGB) anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

38

b) Die Vereinbarung der Probezeit von vier Monaten ist ungeachtet der Ausbildungszeit von effektiv nur einem Jahr, die mit dem Vertrag vom 1. September 2011 vereinbart worden ist, im Vertragskontext angemessen.

39

aa) Die von § 20 BBiG vorgeschriebene Probezeit soll, wie ausgeführt, beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt also nicht nur im Interesse des Ausbildenden, sondern auch und gerade im Interesse des Auszubildenden. Der Gesetzgeber hat dafür einen Zeitrahmen von ein bis vier Monaten als angemessen angesehen (vgl. BT-Drs. 15/4752 S. 35). Eine Staffelung der Höchstdauer der Probezeit nach der Dauer der Ausbildung, die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG zwei bis drei Jahre betragen soll, wobei es vereinzelt auch Ausbildungsberufe von nur 18-monatiger oder von 42-monatiger Dauer gibt (Wohlgemuth in Wohlgemuth BBiG § 5 Rn. 4), hat der Gesetzgeber - offenkundig auch im Interesse des Auszubildenden - nicht vorgesehen. Dem Gesetz lässt sich auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 6; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 12).

40

bb) Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus auch dann regelmäßig nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. So ist es dem Auszubildenden möglich, ua. die Zusammenarbeit mit dem Ausbildenden bzw. dem konkreten Ausbilder sowie die Ausbildungsstätte zu prüfen (ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1). Stellt er dabei fest, dass der gewählte Beruf zwar seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, er aber die Ausbildungsstätte wechseln will, kann er dies nur während der Probezeit tun, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen, sofern nicht ausnahmsweise ein wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorliegt(vgl. ErfK/Schlachter aaO § 22 BBiG Rn. 5). Ein Schadenersatzanspruch ist nur bei einer Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG wegen Aufgabe der gewählten Berufsausbildung ausgeschlossen(vgl. BAG 8. Februar 1966 - 1 AZR 363/65 - BAGE 18, 118; Schnorr von Carolsfeld Anm. AP BGB § 611 Lehrverhältnis Nr. 23 zu III). Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 115, 125; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 229; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 223; Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 Rn. 71).

41

cc) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Parteien auf die Ausbildungszeit im zweiten Ausbildungsverhältnis 24 Monate des ersten Ausbildungsverhältnisses angerechnet hätten, so dass allenfalls eine Probezeit hätte vereinbart werden dürfen, deren Dauer dem Verhältnis zur verkürzten Ausbildungszeit entsprochen hätte. Wie bereits unter Rn. 35 ausgeführt, hat die Beklagte mit der Verkürzung der Ausbildungszeit lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin aus dem ersten Ausbildungsverhältnis fachliche Vorkenntnisse besaß. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin im ersten Ausbildungsverhältnis und in der Maßnahme bei einem anderen Träger konnte sie jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass sich die Klägerin in das betriebliche Geschehen und die sich daraus ergebenden Lernpflichten einordnen würde. Diesem berechtigten Interesse der Beklagten ist bei der Prüfung, ob die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbarte Länge der Probezeit den Auszubildenden unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, Rechnung zu tragen (vgl. BGH 25. Juni 1991 - XI ZR 257/90 - zu II 2 b dd der Gründe, BGHZ 115, 38). Die Beklagte durfte vor diesem Hintergrund trotz der Anrechnung eines Großteils der im ersten Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Ausbildungszeit eine Probezeit im Umfang der gesetzlichen Höchstdauer durch eine AGB-Klausel vereinbaren. Dies hat im Übrigen auch die zuständige Innung so gesehen, die die Probezeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien nicht beanstandet hat. Ob etwas anderes gegolten hätte, wenn die Dauer der vereinbarten Probezeit die Ausbildungszeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses erreicht oder sogar überschritten hätte, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    M. Geyer    

                 

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Juli 2013 - 3 Sa 1781/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer innerhalb der Probezeit erklärten Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Die Beklagte betreibt einen speziell für Auszubildende mit Teilleistungshindernissen gegründeten „Reha-Ausbildungsbetrieb“ im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung. Zwischen den Parteien bestand zunächst in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 21. Dezember 2010 ein Ausbildungsverhältnis, das durch außerordentliche Kündigung der Beklagten, die die Klägerin nicht angriff, mit dem 21. Dezember 2010 endete. Während dieses Ausbildungsverhältnisses litt die 1988 geborene Klägerin verstärkt unter Depressionen, Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Schlafstörungen und zeigte ein selbstverletzendes Verhalten (Borderline). Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung in Aussicht, soweit sich ihre allgemeine Lebenssituation stabilisiere und die Klägerin konstruktiv an der Überwindung der Probleme arbeite. Außerdem wurde zwischen der Klägerin, der für diese zuständigen Agentur für Arbeit sowie der Beklagten vereinbart, dass die Klägerin eine vorbereitende Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger absolvieren sollte, um die Fortsetzung der Ausbildung vorzubereiten. Die Klägerin nahm im Jahr 2011 an einer solchen vorbereitenden Maßnahme teil. Dabei kam es ebenfalls zu Fehlzeiten der Klägerin, von denen die Beklagte Kenntnis erhielt, ohne deren Grund zu erfahren.

3

Am 1. September 2011 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Ausbildung im selben Ausbildungsberuf wie zuvor. In dem Berufsausbildungsvertrag, der auf einem Formular der zuständigen Handwerkskammer erstellt war, hieß es auszugsweise:

        

„A     

Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung

                 

36 .Monate. Diese verringert sich durch die

                 

Ausbildung/Vorbildung … Holzbearbeiter

                 

um 24 Monate ____ Tage. Das Berufsausbildungsverhältnis

                 

beginnt am

 01.09.2011

                 

 Tag Monat Jahr

                                   
                 

und endet am

 31.08.2012

                 

 Tag Monat Jahr

                          
        

B       

Die Probezeit beträgt 4 Monate …2)“

4

Am Fuß des verwendeten Bogens findet sich unter 2) folgende Anmerkung:

        

„Die Probezeit muß mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.“

5

Die zuständige Innung bestätigte diesen Vertrag.

6

Die Klägerin litt auch seit dem 1. September 2011 unter starken Depressionen und war in einer persönlich schwierigen Situation. Zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses war ihr die Wohnung fristlos gekündigt worden, ihr drohte Obdachlosigkeit. Dies wirkte sich negativ auf ihren Gesundheitszustand aus.

7

Nachdem im zweiten Ausbildungsverhältnis Fehlzeiten der Klägerin aufgetreten waren, kündigte die Beklagte den Ausbildungsvertrag mit Schreiben vom 24. November 2011. Das mit Einschreiben/Rückschein übermittelte Kündigungsschreiben holte die Klägerin erst am 8. Dezember 2011 ab.

8

Der von der Klägerin am 19. Dezember 2011 angerufene zuständige Schlichtungsausschuss wies ihren Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 24. November 2011 durch Spruch vom 25. Januar 2012 zurück, der der Klägerin am 1. Februar 2012 zugestellt wurde.

9

Mit ihrer am 14. Februar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die erneute Vereinbarung einer Probezeit im dritten Ausbildungsjahr sei rechtswidrig und unwirksam. Bei einer bloßen Unterbrechung des Ausbildungsverhältnisses, wie sie hier vorliege, sei es nicht gerechtfertigt, eine erneute Probezeit in einem vorformulierten Ausbildungsvertrag zu vereinbaren. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, dass ihre Ausbildung fortgesetzt werde und nicht davon, dass ein völlig neues Ausbildungsverhältnis begründet worden sei. Zudem hätten die Parteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis hinreichend Gelegenheit gehabt, die dem Sinn und Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen. Auch sei der spezielle Charakter als „Reha-Ausbildung“ zu beachten, der eine besondere, der Klägerin nicht gewährte Unterstützung erfordere. Jedenfalls verstoße die erneute Vereinbarung der maximal zulässigen Höchstdauer der Probezeit von vier Monaten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil die Probezeit ein Drittel der verbleibenden Restausbildungszeit betrage.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass ihr Berufsausbildungsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 nicht aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die vertragliche Vereinbarung einer erneuten Probezeit von vier Monaten sei aufgrund der Umstände gerechtfertigt gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die während der Probezeit erklärte Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 gemäß § 22 Abs. 1 BBiG mit Zugang dieser Kündigung am 8. Dezember 2011 beendet worden ist.

14

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG erforderliche Verfahren ist durchgeführt. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG Klage gegen den Spruch des Schlichtungsausschusses erhoben. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, obwohl die Ausbildungszeit und damit das Berufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestandes spätestens mit dem 31. August 2012 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 BBiG zu erteilenden Zeugnisses. Die Klägerin könnte zudem ggf. weitere Vergütung oder Schadenersatz verlangen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12).

15

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2011 hat das Ausbildungsverhältnis aufgelöst. Eines Kündigungsgrundes bedurfte es gemäß § 22 Abs. 1 BBiG nicht, weil die Kündigung während der Probezeit erklärt wurde. Die Vereinbarung einer erneuten Probezeit im zweiten Berufsausbildungsverhältnis der Parteien war rechtlich zulässig und wirksam. Sie begegnet, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, weder dem Grunde nach noch hinsichtlich ihrer Dauer rechtlichen Bedenken.

16

1. Die Probezeitvereinbarung als solche ist keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen.

17

a) Bei der Probezeitvereinbarung im Ausbildungsvertrag vom 1. September 2011 handelte es sich allerdings um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Das hat das Landesarbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich geprüft. Es ist aber, wie seine Ausführungen unter III 2 c der Entscheidungsgründe zeigen, stillschweigend davon ausgegangen, ohne dass dem eine der Parteien entgegengetreten ist. Zudem begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des auf einem Formular der Handwerkskammer erstellten Ausbildungsvertrags, in dem eine Probezeit von vier Monaten vorgedruckt vorgesehen ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. st. Rspr., zuletzt BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 56).

18

b) § 10 Abs. 2 BBiG eröffnet die Möglichkeit einer AGB-Kontrolle auch im Berufsausbildungsverhältnis(Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Einführung Rn. 113; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einleitung Rn. 29). Die Probezeitvereinbarung als solche unterliegt jedoch keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB, weil sie zwingendes Recht ist (vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe).

19

aa) § 20 Satz 1 BBiG ordnet zwingend an, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit beginnt. Diese gesetzliche Bestimmung schränkt von vornherein die Ausübung privater Gestaltungsmacht durch den Ausbildenden ein, indem sie ihm vorschreibt, dass eine Probezeit zu vereinbaren ist. Eine abweichende Regelung, die von jeder Probezeit absieht, ist gemäß § 25 BBiG unwirksam(vgl. Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb 15. Aufl. § 174 Rn. 86). Die Folgen eines Verstoßes gegen § 20 Satz 1 BBiG ergeben sich damit bereits aus der gesetzlichen Anordnung iVm. § 25 BBiG. Für eine Angemessenheitskontrolle ist insoweit kein Raum (vgl. Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 2 ff.; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 39; vgl. auch Benedict JZ 2012, 172, 179).

20

bb) Allerdings nehmen der Bundesgerichtshof (st. Rspr. seit 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; vgl. auch 29. März 1995 - VIII ZR 102/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 186) und das zivilrechtliche Schrifttum (Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Vorb. v. § 307 BGB Rn. 56 mwN; WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 13 mwN) an, zwingende gesetzliche Vorschriften und §§ 307 ff. BGB seien nebeneinander anwendbar, so dass Klauseln, die gegen zwingendes Recht verstießen und deswegen nach § 134 BGB nichtig seien, schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht standhielten(vgl. BGH 25. September 2002 - VIII ZR 253/99 - zu B II 3 der Gründe, BGHZ 152, 121). Eine solche (zusätzliche) Heranziehung AGB-rechtlicher Kontrollmaßstäbe ist jedoch im Arbeitsrecht entbehrlich (Coester FS Löwisch (2007) S. 57, 64; Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Vor § 307 Rn. 3). Der zivilrechtliche Rückgriff auf §§ 307 ff. BGB verfolgt den Zweck, eine Klauselkontrolle im Verbandsprozess schon im Vorfeld der Klauselanwendung zu ermöglichen (vgl. BGH 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - zu II 7 der Gründe; Krause aaO; Fuchs aaO). Eine solche Kontrolle war bis zur Schuldrechtsreform nach § 13 AGBG nur bei Verstößen gegen §§ 9 bis 11 AGBG eröffnet und ist seitdem gemäß §§ 1, 3 UKlaG bei Verstößen gegen §§ 307 bis 309 BGB möglich. Der Gesetzgeber hat aber eine solche abstrakte gerichtliche Kontrolle vorformulierter Arbeitsverträge im Wege einer Unterlassungsklage sowohl durch Verbraucherverbände als auch durch Gewerkschaften in § 15 UKlaG bewusst ausgeschlossen(BT-Drs. 14/7052 S. 189, 190; vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 b cc der Gründe, BAGE 115, 19). Darüber hinaus wird im Arbeitsrecht der Ausgleich der typischerweise gestörten Verhandlungsparität vorrangig durch zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und kollektives Arbeitsrecht angestrebt (vgl. Krause aaO; Benedict JZ 2012, 172, 175, 179).

21

2. Die erneute Vereinbarung der Probezeit zu Beginn des zweiten Berufsausbildungsverhältnisses der Parteien als solche wich nicht zuungunsten der Klägerin von § 20 BBiG ab und war deshalb nicht gemäß § 25 BBiG unwirksam.

22

a) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, ob die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig ist, wenn zwischen den Parteien eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses durch Kündigung ein weiteres Ausbildungsverhältnis in demselben oder einem artverwandten Ausbildungsberuf begründet wird.

23

aa) Nach einer Ansicht soll in einem solchen Fall die erneute Vereinbarung einer Probezeit unzulässig sein, weil die Vertragsparteien bereits im ersten Ausbildungsverhältnis ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, die dem Zweck der Probezeit entsprechenden Überprüfungen vorzunehmen (LAG Schleswig-Holstein 12. August 2010 - 4 Sa 120/10 - zu 1 der Gründe; Schulien in Hurlebaus/Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand September 2014 § 20 Rn. 27b f.).

24

bb) Die wohl überwiegende Ansicht will nach Person des Kündigenden und Kündigungsgrund differenzieren. Danach soll die Vereinbarung einer erneuten Probezeit zulässig sein, wenn der Auszubildende selbst gekündigt hat (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 14). Außerdem soll sie wirksam sein, wenn bei objektiver Betrachtung für die Kündigung des ersten Ausbildungsvertrags ein hinreichend wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorlag. In beiden Konstellationen erscheine der Auszubildende als nicht schutzwürdig (Lakies aaO Rn. 13; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 6; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 20 Rn. 21).

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen erkannt, dass diese Ansichten Wortlaut sowie Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Zwanges, zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, nicht gerecht werden (zustimmend ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1).

26

aa) Gemäß § 20 Satz 1 BBiG beginnt „das Berufsausbildungsverhältnis“ mit einer Probezeit. Ihrem Wortlaut nach knüpft diese Vorschrift damit allein an den (rechtlichen) Bestand des Ausbildungsverhältnisses an. Danach beginnt jedes nach einer rechtlichen Unterbrechung neu begründete Ausbildungsverhältnis erneut mit einer Probezeit.

27

bb) Eine solch enge, allein am Wortlaut haftende Auslegung würde jedoch dem Gesetzeszweck nicht gerecht.

28

(1) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist (vgl. BT-Drs. V/4260 S. 10) und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (BAG 16. Dezember 2004 - 6 AZR 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen (BT-Drs. 15/4752 S. 35).

29

(2) Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 20 Satz 1 BBiG teleologisch zu reduzieren(zu dieser Rechtsfigur BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 32 ff.). Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die wechselseitige Prüfung der wesentlichen Umstände des Ausbildungsverhältnisses ein weiteres Mal vorzunehmen und dem Ausbildenden die Möglichkeit zur entfristeten ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsgrund einzuräumen.

30

(3) Ob ein enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu berücksichtigen sind dabei neben der absoluten Dauer der Unterbrechung zwischen den Ausbildungsverhältnissen auch mögliche Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses oder der betreffenden Branche. Insbesondere hängt es vom Anlass der Unterbrechung und der Neubegründung des Ausbildungsverhältnisses ab, ob ein sachlicher Zusammenhang gegeben ist (vgl. zur Stufenausbildung BAG 27. November 1991 - 2 AZR 263/91 - zu B IV 2 und 3 der Gründe; zur Unterbrechung der Wartezeit des § 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 13). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Beendigung des vorherigen Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders oder des Auszubildenden erfolgt ist (vgl. für § 90 SGB IX BAG 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - Rn. 13, BAGE 123, 185). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines in diesem Sinne tatsächlich einheitlichen Berufsausbildungsverhältnisses trägt der Auszubildende (vgl. für ein einheitliches Arbeitsverhältnis iSd. § 1 Abs. 1 KSchG BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 790/11 - Rn. 15).

31

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die im Berufsausbildungsvertrag vom 1. September 2011 vereinbarte Probezeit sei als solche wirksam, weil die Klägerin keinen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen der Parteien dargelegt habe, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums als Tatsacheninstanz. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler zeigt die Revision nicht auf.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass am 1. September 2011 ein neues, rechtlich selbständiges Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet und nicht lediglich das am 1. September 2008 begonnene Ausbildungsverhältnis fortgesetzt worden ist. Die Parteien haben am 1. September 2011 vorbehaltlos einen neuen Ausbildungsvertrag geschlossen und jedenfalls dadurch deutlich gemacht, dass es auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 21. Dezember 2010 nicht ankommen sollte (vgl. für die Befristungskontrollklage st. Rspr. seit BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, BAGE 139, 109). Ohnehin war nach Ablauf der für die erste Ausbildung vorgesehenen Ausbildungszeit am 31. August 2011 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG der Abschluss eines rechtlich selbständigen Ausbildungsverhältnisses rechtlich erforderlich, damit die Klägerin von der Beklagten erneut ausgebildet werden konnte.

33

bb) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht auf die erhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen von mehr als acht Monaten abgestellt. Es hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass im September 2011 aufgrund der nach wie vor psychisch labilen Gesundheitssituation der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Ausbildungssituation im überbetrieblichen „Reha-Ausbildungsbetrieb“ der Beklagten für diese weiterhin ein berechtigtes und sachlich begründetes Bedürfnis bestanden habe, zu prüfen, ob die Lebenssituation der Klägerin sich nachhaltig so geändert habe, dass nunmehr von ihrer Eignung für die Ausbildung in dem gewählten Beruf auszugehen sei und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden könne. Auch wenn die Beklagte speziell Jugendliche mit Teilleistungshindernissen ausbildet, muss es ihr grundsätzlich entsprechend dem Zweck des auch für solche Ausbildungsverhältnisse geltenden § 20 BBiG möglich sein, zu prüfen, ob Auszubildende unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen für den gewählten Beruf geeignet sind und von ihr mit den vorhandenen Mitteln, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine psychologische Betreuung bzw. Behandlung ermöglichen, ausgebildet werden können. Ein solcher Prüfungsbedarf bestand angesichts der psychisch labilen Situation der Klägerin auch noch zu Beginn des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien offenkundig.

34

cc) Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang auch nicht aus der von der Beklagten nach Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses in Aussicht gestellten Möglichkeit der Fortsetzung der Ausbildung. Der Klägerin war damit nur eine „zweite Chance“ zum Abschluss der Ausbildung bei der Beklagten in Aussicht gestellt worden, ohne dass die Beklagte dabei auf die Vereinbarung einer weiteren Probezeit verzichtet hätte. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst darauf hinweisen lassen, dass es auch während der von ihr absolvierten Maßnahme bei einem anderen Ausbildungsträger zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen zu Fehlzeiten gekommen ist. Diese Fehlzeiten, nicht aber deren Grund, waren der Beklagten unstreitig bekannt. Danach lag die Voraussetzung für den in Aussicht genommenen Abschluss der Ausbildung, nämlich die Stabilisierung der Lebenssituation der Klägerin und die konstruktive Arbeit an der Überwindung der bestehenden Probleme, aus Sicht der Beklagten im September 2011 an sich nicht vor. Mit dem am 1. September 2011 geschlossenen Ausbildungsverhältnis wollte die Beklagte der Klägerin gleichwohl eine letzte Chance geben, durch ein neues Ausbildungsverhältnis doch noch einen Berufsausbildungsabschluss im gewählten Beruf zu erreichen, ohne sich jedoch der Möglichkeit einer Kündigung ohne Kündigungsgrund in der Probezeit zu begeben. Das stand vor dem Hintergrund der nach wie vor labilen psychischen Situation der Klägerin mit dem Zweck des § 20 BBiG im Einklang. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sie ohne Probezeit der Klägerin keine zweite Chance gegeben hätte. Insoweit lag eine andere Situation vor als bei einer Stufenausbildung iSv. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBiG, dh. einer in sachlich und zeitlich besonders gegliederten, aufeinander aufbauenden Stufen erfolgenden Ausbildung, bei der der Ausbildende Eignung und Neigung bereits in früheren Stufen geprüft hat und deshalb bei Zweifeln an der Eignung des Auszubildenden für die anschließende Stufe vom Abschluss eines Anschlussvertrags absehen kann und muss (vgl. dazu BAG 27. November 1991 2 AZR 263/91 - zu B IV 3 c der Gründe).

35

dd) Aus vorstehenden Gründen führt auch die Anrechnung von 24 Monaten Ausbildungszeit aus dem ersten Ausbildungsverhältnis nicht zu dem erforderlichen engen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsverhältnissen. Mit dieser Anrechnung wurden nur die in der ersten Ausbildung erworbenen fachlichen Vorkenntnisse der Klägerin berücksichtigt, während die erneute Probezeit aus Sicht der Beklagten gerade wegen der labilen psychischen Situation der Klägerin erforderlich war.

36

3. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass auch die Vereinbarung einer Probezeit in der gesetzlich zugelassenen Höchstdauer von vier Monaten einer Inhaltskontrolle standhält. Sie benachteiligte die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

a) Grundsätzlich unterliegen auch normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Solche Klauseln, mit denen der Verwender von einer gesetzlich vorgesehenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch macht, sind grundsätzlich keine lediglich deklaratorische Wiedergabe von Rechtsvorschriften. Eine derartige Klausel „entspricht“ zwar dem Gesetz. Gleichwohl „ergänzt“ sie die gesetzliche Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Es erfolgt eine eigenständige Regelung der Rechtslage in bestimmter, gesetzlich eröffneter Weise. Die gesetzlichen Bestimmungen, die eine bestimmte Gestaltungsmöglichkeit eröffnen, berücksichtigen aber regelmäßig das besondere Schutzbedürfnis des anderen Teils, das sich gerade aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, nicht. Ob die Ausübung der Gestaltungsmöglichkeit durch den Verwender im Vertragskontext gesehen angemessen ist, kann darum im Allgemeinen erst im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beantwortet werden. Diese soll gerade gewährleisten, dass die inhaltlichen Begrenzungen, denen die einseitige Ausübung vertraglicher Gestaltungsfreiheit begegnet, eingehalten werden (BGH 24. November 1988 - III ZR 188/87 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 106, 42; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 32; WLP/Pfeiffer AGB-Recht 6. Aufl. § 307 Rn. 338; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 260; ErfK/Preis 15. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 34). Sollten die Ausführungen des Senats in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 2004 (- 6 AZR 127/04 - zu II 1 der Gründe zu § 13 Satz 2 BBiG aF) und vom 24. Januar 2008 (- 6 AZR 519/07 - Rn. 28, BAGE 125, 325 zu § 622 Abs. 3 BGB) anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

38

b) Die Vereinbarung der Probezeit von vier Monaten ist ungeachtet der Ausbildungszeit von effektiv nur einem Jahr, die mit dem Vertrag vom 1. September 2011 vereinbart worden ist, im Vertragskontext angemessen.

39

aa) Die von § 20 BBiG vorgeschriebene Probezeit soll, wie ausgeführt, beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Die Vereinbarung einer Probezeit liegt also nicht nur im Interesse des Ausbildenden, sondern auch und gerade im Interesse des Auszubildenden. Der Gesetzgeber hat dafür einen Zeitrahmen von ein bis vier Monaten als angemessen angesehen (vgl. BT-Drs. 15/4752 S. 35). Eine Staffelung der Höchstdauer der Probezeit nach der Dauer der Ausbildung, die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG zwei bis drei Jahre betragen soll, wobei es vereinzelt auch Ausbildungsberufe von nur 18-monatiger oder von 42-monatiger Dauer gibt (Wohlgemuth in Wohlgemuth BBiG § 5 Rn. 4), hat der Gesetzgeber - offenkundig auch im Interesse des Auszubildenden - nicht vorgesehen. Dem Gesetz lässt sich auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar (Lakies in Lakies/Malottke BBiG 4. Aufl. § 20 Rn. 6; Pepping in Wohlgemuth BBiG § 20 Rn. 12).

40

bb) Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein Unterschreiten des vom Gesetzgeber mit § 20 BBiG für den Auszubildenden angestrebten Schutzniveaus auch dann regelmäßig nicht festzustellen, wenn der Ausbildende die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit durch eine AGB-Klausel ausschöpft. Dem gesetzlichen Schutzanliegen und den Interessen des Auszubildenden ist grundsätzlich auch bei einer viermonatigen Probezeit noch in vollem Umfang Rechnung getragen. So ist es dem Auszubildenden möglich, ua. die Zusammenarbeit mit dem Ausbildenden bzw. dem konkreten Ausbilder sowie die Ausbildungsstätte zu prüfen (ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1). Stellt er dabei fest, dass der gewählte Beruf zwar seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, er aber die Ausbildungsstätte wechseln will, kann er dies nur während der Probezeit tun, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen, sofern nicht ausnahmsweise ein wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorliegt(vgl. ErfK/Schlachter aaO § 22 BBiG Rn. 5). Ein Schadenersatzanspruch ist nur bei einer Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG wegen Aufgabe der gewählten Berufsausbildung ausgeschlossen(vgl. BAG 8. Februar 1966 - 1 AZR 363/65 - BAGE 18, 118; Schnorr von Carolsfeld Anm. AP BGB § 611 Lehrverhältnis Nr. 23 zu III). Eine Probezeit im Umfang der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer steht darum im Gerechtigkeitskern mit der gesetzlichen Bewertung und Gewichtung der von § 307 BGB geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang und ist deshalb grundsätzlich nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab WLP/Pfeiffer 6. Aufl. § 307 Rn. 115, 125; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 229; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 223; Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 Rn. 71).

41

cc) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Parteien auf die Ausbildungszeit im zweiten Ausbildungsverhältnis 24 Monate des ersten Ausbildungsverhältnisses angerechnet hätten, so dass allenfalls eine Probezeit hätte vereinbart werden dürfen, deren Dauer dem Verhältnis zur verkürzten Ausbildungszeit entsprochen hätte. Wie bereits unter Rn. 35 ausgeführt, hat die Beklagte mit der Verkürzung der Ausbildungszeit lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin aus dem ersten Ausbildungsverhältnis fachliche Vorkenntnisse besaß. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin im ersten Ausbildungsverhältnis und in der Maßnahme bei einem anderen Träger konnte sie jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass sich die Klägerin in das betriebliche Geschehen und die sich daraus ergebenden Lernpflichten einordnen würde. Diesem berechtigten Interesse der Beklagten ist bei der Prüfung, ob die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbarte Länge der Probezeit den Auszubildenden unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, Rechnung zu tragen (vgl. BGH 25. Juni 1991 - XI ZR 257/90 - zu II 2 b dd der Gründe, BGHZ 115, 38). Die Beklagte durfte vor diesem Hintergrund trotz der Anrechnung eines Großteils der im ersten Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Ausbildungszeit eine Probezeit im Umfang der gesetzlichen Höchstdauer durch eine AGB-Klausel vereinbaren. Dies hat im Übrigen auch die zuständige Innung so gesehen, die die Probezeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses der Parteien nicht beanstandet hat. Ob etwas anderes gegolten hätte, wenn die Dauer der vereinbarten Probezeit die Ausbildungszeit des zweiten Ausbildungsverhältnisses erreicht oder sogar überschritten hätte, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    M. Geyer    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Rehabilitationsträger wirken gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hin, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Anzahl und Qualität zur Verfügung stehen. Dabei achten die Rehabilitationsträger darauf, dass für eine ausreichende Anzahl von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen. Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden beteiligt.

(2) Nehmen Rehabilitationsträger zur Ausführung von Leistungen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in Anspruch, erfolgt die Auswahl danach, wer die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt. Dabei werden Rehabilitationsdienste und -einrichtungen freier oder gemeinnütziger Träger entsprechend ihrer Bedeutung für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und die Vielfalt der Träger gewahrt sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit beachtet. § 51 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 ist anzuwenden.

(3) Rehabilitationsträger können nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften Rehabilitationsdienste oder -einrichtungen fördern, wenn dies zweckmäßig ist und die Arbeit dieser Dienste oder Einrichtungen in anderer Weise nicht sichergestellt werden kann.

(4) Rehabilitationsdienste und -einrichtungen mit gleicher Aufgabenstellung sollen Arbeitsgemeinschaften bilden.

Werden Leistungen in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, werden die Teilnehmenden nicht in den Betrieb der Einrichtungen eingegliedert. Sie sind keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes und wählen zu ihrer Mitwirkung besondere Vertreter. Bei der Ausführung werden die arbeitsrechtlichen Grundsätze über den Persönlichkeitsschutz, die Haftungsbeschränkung sowie die gesetzlichen Vorschriften über den Arbeitsschutz, den Schutz vor Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf, den Erholungsurlaub und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen entsprechend angewendet.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

(2) Frauen mit Behinderungen werden gleiche Chancen im Erwerbsleben zugesichert, insbesondere durch in der beruflichen Zielsetzung geeignete, wohnortnahe und auch in Teilzeit nutzbare Angebote.

(3) Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen insbesondere

1.
Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung,
2.
eine Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,
3.
die individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen Unterstützter Beschäftigung,
4.
die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,
5.
die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,
6.
die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und
7.
sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um Menschen mit Behinderungen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.

(4) Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Soweit erforderlich, wird dabei die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt; in diesem Fall werden die Kosten nach Absatz 7, Reisekosten nach § 73 sowie Haushaltshilfe und Kinderbetreuungskosten nach § 74 übernommen.

(5) Die Leistungen werden auch für Zeiten notwendiger Praktika erbracht.

(6) Die Leistungen umfassen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen sind insbesondere

1.
Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,
2.
Hilfen zur Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,
3.
die Information und Beratung von Partnern und Angehörigen sowie von Vorgesetzten und Kollegen, wenn die Leistungsberechtigten dem zustimmen,
4.
die Vermittlung von Kontakten zu örtlichen Selbsthilfe- und Beratungsmöglichkeiten,
5.
Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,
6.
das Training lebenspraktischer Fähigkeiten,
7.
das Training motorischer Fähigkeiten,
8.
die Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und
9.
die Beteiligung von Integrationsfachdiensten im Rahmen ihrer Aufgabenstellung (§ 193).

(7) Zu den Leistungen gehört auch die Übernahme

1.
der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung einer Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Teilhabe am Arbeitsleben notwendig ist sowie
2.
der erforderlichen Kosten, die mit der Ausführung einer Leistung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, insbesondere für Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Lernmittel, Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung.

(8) Leistungen nach Absatz 3 Nummer 1 und 7 umfassen auch

1.
die Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung,
2.
den Ausgleich für unvermeidbare Verdienstausfälle des Leistungsberechtigten oder einer erforderlichen Begleitperson wegen Fahrten der An- und Abreise zu einer Bildungsmaßnahme und zur Vorstellung bei einem Arbeitgeber, bei einem Träger oder einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5,
2a.
die Kosten eines Jobcoachings,
3.
die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen als Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes,
4.
die Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind
a)
zur Berufsausübung,
b)
zur Teilhabe an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben,
c)
zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz oder
d)
zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz selbst,
es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können,
5.
die Kosten technischer Arbeitshilfen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind und
6.
die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang.
Die Leistung nach Satz 1 Nummer 3 wird für die Dauer von bis zu drei Jahren bewilligt und in Abstimmung mit dem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 durch das Integrationsamt nach § 185 Absatz 5 ausgeführt. Der Rehabilitationsträger erstattet dem Integrationsamt seine Aufwendungen. Der Anspruch nach § 185 Absatz 5 bleibt unberührt.

(9) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über Voraussetzungen, Gegenstand und Umfang der Leistungen der Kraftfahrzeughilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben regeln.

(1) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.

(2) Besondere Aufgabe der medizinischen Rehabilitation ist es, eine Beeinträchtigung nach § 99 Absatz 1 abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder die Leistungsberechtigten soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.

(3) Besondere Aufgabe der Teilhabe am Arbeitsleben ist es, die Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung der Leistungsberechtigten entsprechenden Beschäftigung sowie die Weiterentwicklung ihrer Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit zu fördern.

(4) Besondere Aufgabe der Teilhabe an Bildung ist es, Leistungsberechtigten eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung und schulische und hochschulische Aus- und Weiterbildung für einen Beruf zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.

(5) Besondere Aufgabe der Sozialen Teilhabe ist es, die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten nicht für schwerbehinderte Menschen,

1.
deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht oder
2.
die auf Stellen im Sinne des § 156 Absatz 2 Nummer 2 bis 5 beschäftigt werden oder
3.
deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie
a)
das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben oder
b)
Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Sechsten Buch oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben.
Satz 1 Nummer 3 (Buchstabe a und b) finden Anwendung, wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen.

(2) Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen vorgenommen werden, keine Anwendung, sofern die Wiedereinstellung der schwerbehinderten Menschen bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist.

(3) Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 152 Absatz 1 Satz 3 eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte.

(4) Der Arbeitgeber zeigt Einstellungen auf Probe und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen schwerbehinderter Menschen in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 unabhängig von der Anzeigepflicht nach anderen Gesetzen dem Integrationsamt innerhalb von vier Tagen an.

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten nicht für schwerbehinderte Menschen,

1.
deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht oder
2.
die auf Stellen im Sinne des § 156 Absatz 2 Nummer 2 bis 5 beschäftigt werden oder
3.
deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie
a)
das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben oder
b)
Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Sechsten Buch oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben.
Satz 1 Nummer 3 (Buchstabe a und b) finden Anwendung, wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen.

(2) Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen vorgenommen werden, keine Anwendung, sofern die Wiedereinstellung der schwerbehinderten Menschen bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist.

(3) Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 152 Absatz 1 Satz 3 eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte.

(4) Der Arbeitgeber zeigt Einstellungen auf Probe und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen schwerbehinderter Menschen in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 unabhängig von der Anzeigepflicht nach anderen Gesetzen dem Integrationsamt innerhalb von vier Tagen an.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag und Beschäftigung.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger zunächst vom 23. Januar 2006 bis 31. März 2006 aufgrund einer Trainingsmaßnahme. Am 4. Januar 2006 schlossen die Parteien einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2006 bis 31. März 2007. Am 14. November 2006 verlängerten sie den Arbeitsvertrag bis 31. März 2008. Der Kläger wurde als Industriemechaniker in der Abteilung „PVE Shearer“ eingesetzt. Dort werden Walzenlader entwickelt und - zumindest in Prototypen - gefertigt. Die Beklagte hatte die Abteilung zum 1. April 2006 von Großbritannien nach Deutschland verlagert. In der Abteilung arbeiteten neben dem Kläger zwölf gewerbliche Arbeitnehmer. Zehn dieser Arbeitnehmer wurden befristet beschäftigt. Sechs von ihnen wurden mit dem Kläger am 1. April 2006 oder kurz zuvor befristet eingestellt. Diese sechs Arbeitnehmer schlossen später unbefristete Arbeitsverträge mit der Beklagten.

3

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war seit Herbst 2006 Mitglied des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers bei der Beklagten. Seit August 2007 war er dessen Leiter. In dieser Eigenschaft ergriff er in einer Betriebsversammlung am 14. Dezember 2007 das Wort, sprach sich für eine Entgeltsonderzahlung aus und machte kritische Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen. Der Geschäftsführer der Beklagten bezeichnete diese Anmerkungen als „Frechheit“. Am 20. Dezember 2007 informierte der frühere Abteilungsleiter L den Kläger darüber, dass die Geschäftsführung dessen Arbeitsvertrag nicht „entfristen“ werde. Der Betriebsrat teilte dem Kläger am 21. Dezember 2007 mit, die Geschäftsführung habe erklärt, dass es Überlegungen gebe, das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zu „entfristen“. Als der Betriebsrat in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 ein Gespräch mit der Geschäftsführung wegen der „Übernahme“ des Klägers führte, wurde ihm sinngemäß mitgeteilt, er brauche doch nur in das Internet zu schauen.

4

Der Kläger verlangt mit seiner am 3. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zum 1. April 2008. Er hat sich zunächst auf vertrauensbegründende Zusagen der Beklagten und den Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot gestützt. Zuletzt hat er eine Maßregelung iSv. § 612a BGB angenommen.

5

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe mehrfach erklärt, dass er, wie die anderen befristet Beschäftigten auch, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde. Er habe im Herbst 2007 mehrere persönliche Gespräche über eine unbefristete Einstellung mit dem stellvertretenden Personalleiter der Beklagten M, dem Bereichsleiter R, dem damaligen Abteilungsleiter L und Mitgliedern des Betriebsrats geführt. In allen Gesprächen sei eine geplante unbefristete Einstellung fest in Aussicht gestellt worden. Ihm gegenüber sei erklärt worden, unbefristete Einstellungen seien im Grundsatz klar, verzögerten sich aber im Augenblick wegen der Veränderungen durch den Verkauf der Arbeitgeberin an ein US-amerikanisches Unternehmen. Der stellvertretende Personalleiter M habe ihm schon bei der Einstellung und später in einem Gespräch über die Vertragsverlängerung mitgeteilt, es sei bei der Beklagten zwar üblich, nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu verfahren. Es sei aber ebenso üblich, die Befristungen in unbefristete Verträge umzuwandeln, sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprächen. Der stellvertretende Personalleiter M habe dem Kläger noch im Herbst 2007 bestätigt, im Prinzip sei klar, dass alle in der Abteilung befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden. „Von Deutschland aus“ sei alles klar, die Verträge lägen in Amerika zur Unterschrift vor. Es „hänge“ im Moment noch „an“ dem Eigentümerwechsel. Der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L hätten sich entsprechend geäußert. Die fehlende Unterschrift aus dem in den USA gelegenen Teil der Beklagten habe sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der endgültigen Vertragsunterzeichnung bezogen. Nach dem Eigentümerwechsel hätten die Verträge zwar formal in den USA bestätigt werden sollen. Die Kompetenzen für Personalplanung und Personalentscheidungen seien aber in Deutschland geblieben. Im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) nicht übernommen werde.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 4. Januar 2006 iVm. dem Arbeitsvertrag vom 14. November 2006 unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer als Industriemechaniker mit Wirkung zum 1. April 2008 anzunehmen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des Antrags zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Bedeutung von § 612a BGB verkannt. Die Beklagte hat möglicherweise gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Deshalb kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Betracht. Mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, kann der Kläger allerdings nicht durchdringen. Einem Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags steht die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG entgegen. Da dieser rechtliche Gesichtspunkt in den Tatsacheninstanzen nicht erörtert worden ist und die nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweise nicht erteilt worden sind, wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag umzustellen, auf Geldersatz zu richten und den Schadensumfang im Einzelnen darzulegen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre.

10

A. Die Klage ist mit den bisherigen Anträgen unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Sie hat zwar möglicherweise - entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts - gegen § 612a BGB verstoßen. Daraus ergibt sich jedoch kein Einstellungsanspruch des Klägers. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG. Der Kläger kann auch nicht verlangen, über den 31. März 2008 hinaus beschäftigt zu werden.

11

I. Der auf Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten gerichtete Klageantrag zu 1. kann keinen Erfolg haben. Er ist zulässig, aber unbegründet.

12

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

a) Der Kläger erstrebt die Abgabe der Annahmeerklärung zu dem Vertragsangebot, das im Klageantrag zu 1. liegt. Mit Rechtskraft des Urteils soll durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO ein Arbeitsverhältnis entstehen(vgl. zu der Fiktion zB BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Der Wortlaut des Antrags und die Klagebegründung sind unmissverständlich auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet, durch die ein Arbeitsverhältnis erneut begründet werden soll. Sie können nicht im Sinn eines Befristungskontrollantrags nach § 17 Satz 1 TzBfG verstanden werden.

14

b) Der Antrag zu 1. ist in dieser Auslegung zulässig. Er ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist mit der Tätigkeit eines Industriemechanikers hinreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. April 2008 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind bezeichnet. Sie ergeben sich aus den Arbeitsverträgen vom 4. Januar 2006 und 14. November 2006.

15

2. Der Klageantrag zu 1. ist in seiner bisherigen Fassung unbegründet. Er ist in nicht zu beanstandender Weise auf die rückwirkende Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots. Er hat nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine rechtsgeschäftliche Zusage der Beklagten dargelegt. Einem Wiedereinstellungsanspruch unmittelbar aufgrund des Maßregelungsverbots in § 612a BGB oder aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Rechtsgedanke des § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

16

a) Der Antrag zu 1. ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. April 2008 (rück-)wirken soll.

17

aa) Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. für die st. Rspr. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

18

bb) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung herbeigeführt werden soll, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

19

b) Für den Wiedereinstellungsanspruch besteht keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht zugesagt hat.

21

(1) Der Senat hat früher angenommen, ein Arbeitnehmer könne einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Laufzeit eines wirksam befristeten Arbeitsvertrags haben, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten beim Vertragsschluss oder während der Vertragslaufzeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigterweise habe erwarten dürfen, nach dem Ende der Vertragslaufzeit weiterbeschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber sei dann durch Verschulden beim Vertragsschluss zum Schadensersatz und damit zum Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags verpflichtet (vgl. etwa BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 93/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1995 - 7 AZR 936/94 - zu II 2 der Gründe, AP AFG § 91 Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 144). Diese Rechtsprechung hat der Senat später insofern präzisiert, als allein aus in Anspruch genommenem Vertrauen kein Anspruch auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. Zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen verpflichtet lediglich zum Ersatz des Vertrauensschadens, begründet aber keinen Erfüllungsanspruch (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 17, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags besteht nur dann, wenn die Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers als Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 18, BAGE 127, 239).

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Beklagte eine solche Zusage auch auf der Grundlage des als zutreffend unterstellten Vortrags des Klägers nicht erteilt hat. Der Kläger rügt diese Würdigung mit der Revision auch nicht länger.

23

(a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dieser Inhalt kann vom objektiven Sinn des Erklärungstatbestands abweichen (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 23 mwN, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen obliegt in erster Linie den Tatsacheninstanzen. Sie ist revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 18, BAGE 121, 247).

24

(b) Solche Rechtsfehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Es hat alle für die Auslegung maßgebenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zutreffend gewürdigt, dass der stellvertretende Personalleiter M, der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L auch nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers deutlich machten, sie selbst hätten keinen Einfluss auf den Vertragsschluss. Sie bezogen sich auf Entscheidungsbefugnisse anderer Personen im Unternehmen der Beklagten, insbesondere in dem in den USA gelegenen Teil des Unternehmens. Sie selbst konnten und wollten damit nach dem Empfängerhorizont keine rechtsgeschäftliche Zusage im Sinn eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erteilen oder einen entsprechenden Antrag des Klägers annehmen.

25

bb) Die fehlende Bereitschaft der Beklagten, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, ist keine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seiner Weltanschauung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Sie führt deshalb nicht zu einem Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist zudem durch § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

26

(1) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und damit das entgangene Arbeitsentgelt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

27

(2) Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinen Vortrag gehalten, der es rechtfertigte anzunehmen, dass er wegen seiner politischen Überzeugung - seiner Nähe zur MLPD - nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wurde. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist ferner nach § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

28

(a) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dem Betriebsrat sei in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 sinngemäß mitgeteilt worden, er brauche (hinsichtlich des Klägers) doch nur in das Internet zu schauen, trägt einen solchen Schluss nicht. Diesem unstreitigen Vortrag kommt indiziell geringe Bedeutung zu, weil die Aussage nicht ausdrücklich mit der politischen Haltung des Klägers verknüpft ist. Auch das streitige Vorbringen des Klägers, im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur MLPD nicht übernommen werde, hat indiziell geringe Aussagekraft. Sie sind keiner für die Beklagte handelnden Person zugeordnet. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der Weltanschauung betrifft(ebenfalls offengelassen von BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, NZA-RR 2012, 43, vgl. dort auch die Ausführungen in Rn. 28 zu den politischen Grundrechten der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und der Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen, aus Art. 21 Abs. 1 GG; vgl. zu der Kontroverse um den Weltanschauungsbegriff des § 1 AGG zB Annuß BB 2006, 1629, 1631; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 8; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; zu dem Grundrecht auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses aus Art. 4 Abs. 1 GG noch vor Inkrafttreten des AGG BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85).

29

(b) Nach § 15 Abs. 6 AGG begründet ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 1, 7 Abs. 1 AGG auch keinen Anspruch auf Begründung eines sog. Beschäftigungsverhältnisses, hier eines Arbeitsverhältnisses, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Ein nach § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch scheidet aus (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

30

cc) Dagegen kommt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine verbotene Maßregelung des Klägers iSd. allgemeinen Maßregelungsverbots in § 612a BGB in Betracht. Der Kläger kann den Wiedereinstellungsanspruch dennoch weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Dem steht der entsprechend anzuwendende § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

31

(1) § 612a BGB bestimmt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B III 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2).

32

(a) Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21, BAGE 121, 247; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (1) der Gründe, BAGE 113, 327). Indem die Vorschrift dem Arbeitgeber untersagt, bei Vereinbarungen oder Maßnahmen den Umstand zum Nachteil des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, schränkt sie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO). Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO).

33

(b) Eine Rechtsausübung in diesem Sinn kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen. Von § 612a BGB wird auch die Ausübung von Grundrechten erfasst, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind(vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 7; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011) § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 612a BGB Rn. 12). Dazu gehören insbesondere auch das von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit(vgl. zum Schutz der freien Meinungsäußerung und der gebotenen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte bei der Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis BVerfG 19. Mai 1992 - 1 BvR 126/85 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 86, 122; zum Schutz der freien Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 62 ff., EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1).

34

(c) Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann in einem Unterlassen bestehen (vgl. MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 15; Staudinger/Richardi/Fischinger § 612a Rn. 13). Ob eine Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, ist durch einen Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme oder Vereinbarung zu beurteilen. Ein Nachteil ist stets gegeben, wenn sich die bisherige Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, seine Rechte also verkürzt werden. Eine Benachteiligung iSv. § 612a BGB kann aber auch darin bestehen, dass dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, die entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; siehe auch 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 115, 68).

35

(d) Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. etwa BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22 mwN, BAGE 121, 247; 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 108, 269).

36

(e) Ob § 612a BGB für die vorenthaltene Leistung unmittelbar anspruchsbegründende Wirkung zukommt oder ein Primäranspruch lediglich iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommt, ist noch nicht abschließend geklärt (offengelassen zB von BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 27, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22 ; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 a der Gründe mwN zu der Kontroverse, BAGE 113, 327; für eine anspruchsbegründende Wirkung in dem Sinn, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt, bspw. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186; 12. Juni 2002 - 10 AZR 340/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 101, 312). Die Frage kann auch im Streitfall offenbleiben. Jedenfalls kann ein Verstoß gegen § 612a BGB - iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder iVm. § 823 Abs. 2 BGB - Sekundäransprüche auf Schadensersatz begründen.

37

(f) Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom beklagten Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 13, BAGE 130, 347).

38

(2) Nach diesen Grundsätzen kommt hier nach dem unstreitigen und streitigen Vortrag des Klägers zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine Benachteiligung des Klägers wegen Ausübung seiner Grundrechte auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und auf individuelle Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG in Betracht. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beklagte nur deshalb weigerte, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen, weil der Kläger in der Betriebsversammlung in seiner Eigenschaft als Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers gegenüber der Beklagten Kritik geäußert und damit seine Grundrechte ausgeübt hatte.

39

(a) Ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe den Abschluss eines Folgevertrags entscheidend wegen seiner kritischen Äußerungen in der Betriebsversammlung abgelehnt, ist der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Forderung des Klägers nach einer Entgeltsonderzahlung und seine kritischen Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen als „Frechheit“ bezeichnete. Indizielle Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass die Beklagte mit dem Kläger - anders als mit den sechs etwa zeitgleich eingestellten Arbeitnehmern - keinen unbefristeten Arbeitsvertrag schloss. Hinzu kommt das streitige Vorbringen des Klägers, wonach verschiedene Verantwortungsträger der Beklagten noch im Herbst 2007 davon ausgingen, es werde zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags kommen.

40

(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Anwendung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, frei darüber zu entscheiden, ob sie nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem Kläger schließt.

41

(aa) Allerdings handelt es sich dann, wenn der Arbeitgeber sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, um keine nach § 612a BGB unzulässige Benachteiligung. Das in § 612a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben(BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22, BAGE 121, 247). Schutzzweck des Maßregelungsverbots ist es nicht, den Arbeitsvertragsparteien die rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (vgl. in dem anderen Zusammenhang eines Abfindungsanspruchs BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (2) der Gründe, BAGE 113, 327).

42

(bb) Der Arbeitgeber orientiert sein Verhalten aber nicht an der Rechtsordnung, wenn er gerade deswegen den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt, und der Arbeitgeber den Vertrag ohne die Rechtsausübung geschlossen hätte. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine verbotene Maßregelung. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Motiv dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund. Dem steht das Urteil des Senats vom 13. August 2008 (- 7 AZR 513/07 - Rn. 23, BAGE 127, 239) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung begründet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 22 f., aaO). Daran hält der Senat ausdrücklich fest. Der Arbeitgeber, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer steht, ist dennoch verpflichtet, bei der Entscheidung über den Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu beachten. Die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ist nur in den Grenzen der Rechtsordnung geschützt. Das über den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hinausgehende Maßregelungsverbot des § 612a BGB ist Teil dieser Rechtsordnung. Versagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Vertrags aus dem tragenden Beweggrund einer von § 612a BGB verbotenen Benachteiligung, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, wird dieses Motiv von der Rechtsordnung nicht anerkannt. Das ohne den benachteiligenden Beweggrund zulässige Handeln des Arbeitgebers ist wegen des Maßregelungsverbots in § 612a BGB untersagt.

43

(3) Obwohl das Landesarbeitsgericht die Bedeutung des § 612a BGB verkannt hat, ist die Abweisung des Klageantrags zu 1. in seiner bisherigen Fassung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger kommt weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Das folgt aus der gebotenen Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG, der eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB durch Wiedereinstellung ausschließt. Der Ausschlussgrund des § 15 Abs. 6 AGG ist unbeabsichtigt lückenhaft. Für das Maßregelungsverbot des § 612a BGB besteht eine vergleichbare Interessenlage wie für die Benachteiligungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG(vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie bspw. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 30; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 22, EzA TzBfG § 17 Nr. 11).

44

(a) § 612a BGB enthält spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) eine unbewusste Regelungslücke. Die Vorschrift blieb zu diesem Zeitpunkt - am 18. August 2006 - unverändert. Sie besteht noch immer in der Fassung, in der sie durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) eingeführt wurde. Abweichend vom AGG hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, ob sich aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB kommt jedoch regelmäßig ein Schadensersatzanspruch insbesondere aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. § 612a BGB ist ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. nur APS/Linck § 612a BGB Rn. 25; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 23; ErfK/Preis § 612a BGB Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Schadensersatzanspruch darauf gerichtet ist, ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die gesetzgeberische Wertung, die in § 15 Abs. 6 AGG zum Ausdruck kommt, macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Frage versehentlich nicht geregelt hat. § 15 Abs. 6 AGG knüpft an den aufgehobenen § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB an und schließt einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses aus(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38 f.). Das gilt nicht nur für das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung im aufgehobenen § 611a BGB, sondern für alle Diskriminierungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG, also für Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Darin kommt ersichtlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck. Nach ihr soll der Arbeitgeber selbst bei massivsten Diskriminierungen - etwa wegen des Geschlechts, der Rasse oder der Religion - nicht verpflichtet werden, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers ist auf Geldersatz beschränkt. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei den typischerweise deutlich weniger gewichtigen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB, etwa bei Geltendmachung von Urlaubsansprüchen oder Überarbeitsvergütung, einen Anspruch des bislang befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf Abschluss eines Folgevertrags begründen wollte. Der Gesetzgeber hat die Regelungslücke erkennbar übersehen.

45

(b) Die Regelungslücke ist mit einer entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG zu schließen. Die Interessenlage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist bei einer Verletzung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB vergleichbar mit derjenigen bei einem Verstoß gegen die Benachteiligungsverbote in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG.

46

(c) Die Entscheidung des Senats vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 - Rn. 34, NZA 2011, 970 ) hindert eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG in den Fällen des § 612a BGB nicht. Nach diesem Urteil ist eine Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG bei einer aufgrund von § 7 Abs. 2 AGG unwirksamen Befristungsabrede nicht geboten. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, der sich regelmäßig aus der Unwirksamkeit der Befristungsabrede ergibt, sondern um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses. Erst dadurch wird die grundrechtlich geschützte Auswahlfreiheit des Arbeitgebers berührt. Ihr trägt § 15 Abs. 6 AGG Rechnung(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - aaO).

47

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags anzunehmen. Sie muss ihn deswegen auch nicht beschäftigen.

48

B. Der Kläger kann mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, wegen des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 6 AGG nicht durchdringen, obwohl das Landesarbeitsgericht § 612a BGB verkannt hat. Die Revision konnte gleichwohl nicht nach § 561 ZPO zurückgewiesen werden. Dem Kläger war vielmehr nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu geben, sachdienliche Anträge zu stellen, um die entsprechende Anwendbarkeit des § 15 Abs. 6 AGG auf Fälle der Verletzung des Benachteiligungsverbots in § 612a BGB zu berücksichtigen und seinen Sachvortrag unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu ergänzen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre. Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine Klageänderung iSv. § 263 ZPO oder um einen Fall des § 264 Nr. 3 ZPO handelte. Eine objektive Klageänderung wäre jedenfalls zulässig, weil sie sachdienlich wäre und der bisherige Sachvortrag verwertet werden könnte. Das Landesarbeitsgericht wird sich nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Überzeugung darüber bilden müssen, ob die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen hat und daraus ein Anspruch auf Geldersatz aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB - jeweils iVm. §§ 612a, 251 Abs. 1, § 252 BGB - folgt. Das hängt davon ab, ob dem Kläger deshalb kein Folgevertrag angeboten wurde, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübte. Sollte die Beklagte § 612a BGB verletzt haben, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, welcher Schaden dem Kläger dadurch entstanden ist. Selbst wenn die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG entsprechend anzuwenden sein sollte, wäre sie durch die ursprünglich auf Wiedereinstellung gerichtete Klage gewahrt.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bea    

        

    Krollmann    

                 

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16. Januar 2013 - 3 Sa 744/12 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Mai 2012 - 15 Ca 144/12 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1967 geborene Kläger war vom 12. Februar 2007 bis zum 4. März 2008 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Monteur beschäftigt. Der Kläger erhielt von Februar bis April 2007 einen Bruttostundenlohn einschließlich Zulage von 8,20 Euro, ab Mai 2007 bis Februar 2008 von 8,80 Euro.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 6. Februar 2007 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Vertragsgegenstand/Tarifanwendung

        

…       

        

4. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zurzeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag). Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen des dann einschlägigen Tarifwerks. Für den Fall, dass ein Firmentarifvertrag abgeschlossen wird gilt dessen Inhalt. Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages. Wortlautwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch. Ausgenommen hiervon ist § 12 (Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen) dieses Vertrages; diese Regelung wirkt konstitutiv. Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

        

…       

        

§ 4 Vergütung

        

…       

        

5. Die Vergütung wird monatlich nachträglich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein von dem Arbeitnehmer anzugebendes Konto überwiesen. …

        

…       

        

§ 12 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

        

1. Beide Parteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

        

2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.“

4

Im Streitzeitraum 12. Februar 2007 bis 13. Februar 2008 wurde der Kläger folgenden Entleihern überlassen:

        

-       

12. Februar bis 5. April 2007 der Firma M

        

-       

9. bis 13. April 2007 der Firma R

        

-       

24. April bis 20. Juli 2007 der Firma W

        

-       

23. Juli bis 3. August 2007 der Firma G

        

-       

22. August bis 13. September 2007 der Firma E

        

-       

7. bis 11. Januar 2008 der Firma Ri

        

-       

14. bis 17. Januar 2008 der Firma B

        

-       

28. Januar bis 13. Februar 2008 der Firma Ma

5

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung im Dezember 2010 hat der Kläger mit der am 28. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage - zunächst im Wege der Stufenklage - von der Beklagten Auskunft über die Höhe der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer verlangt. In der zweiten Stufe hat er unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt begehrt, das - entsprechend der von der Beklagten zu erteilenden Auskunft - die Entleiherinnen im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben sollen. Hilfsweise hat er einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt. Im Berufungsverfahren hat er allein diesen in reduzierter Höhe weiterverfolgt und vorgetragen, nach den zwischenzeitlich von den Entleiherinnen erteilten Auskünften seien vergleichbare Stammarbeitnehmer nach „Tarif“ vergütet worden. Lege man die jeweils gezahlten Tariflöhne zugrunde, könne er Differenzvergütung in Höhe von 4.229,71 Euro beanspruchen. Hiervon habe er erst mit Bekanntgabe der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP Kenntnis erhalten. Bis dahin habe er auf die Wirksamkeit der arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge vertrauen dürfen. Es sei ihm deshalb nicht zumutbar gewesen, die Forderungen innerhalb der dreimonatigen Ausschlussfrist geltend zu machen und bei der zu erwartenden Ablehnung ein mit einem nicht unerheblichen Kostenrisiko verbundenes Arbeitsgerichtsverfahren einzuleiten. Im Übrigen könne sich die Beklagte nicht auf die Ausschlussfrist berufen, weil sie gegen ihre nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 NachwG bestehende Pflicht verstoßen habe, die Höhe des Arbeitsentgelts der Stammarbeitnehmer auszuweisen.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.229,71 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2010 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, mögliche Ansprüche seien jedenfalls nach § 12 Arbeitsvertrag verfallen. Sie bestreite, dass die Entleiherinnen vergleichbaren Stammarbeitnehmern die vom Kläger seiner Berechnung zugrunde gelegten Tariflöhne gezahlt hätten. Welche Tätigkeiten er bei den einzelnen Entleiherinnen ausgeübt habe, sei seinem Vortrag nicht zu entnehmen. Die Überlassung als Monteur besage nichts über die vom Kläger tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten und die Stammarbeitnehmern hierfür geleistete Vergütung. Etwaige Ansprüche des Klägers seien verjährt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem Zahlungsantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unbegründet.

10

I. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständlichen Zeiten der Überlassung das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherinnen ihren Stammarbeitnehmern gewährten. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge(vgl. dazu im Einzelnen BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 12 ff., BAGE 144, 306).

11

II. Der Kläger hat aber die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht substantiiert dargelegt.

12

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist deshalb ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249).

13

2. Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Anspruchs ist der Leiharbeitnehmer.

14

a) Seiner Darlegungslast kann der Leiharbeitnehmer zunächst dadurch genügen, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Denn die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen. Es obliegt dann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden. Gelingt es dem Verleiher, die Auskunft des Entleihers zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 36, BAGE 137, 249; 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 22).

15

b) Die Höhe der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden.

16

aa) Der Kläger hat sich zwar bezogen auf die einzelnen Überlassungen auf von den Entleiherinnen erteilte Auskünfte berufen, diese sind jedoch unzulänglich.

17

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies nicht schon deshalb anzunehmen, weil darin nicht auf vergleichbare Stammarbeitnehmer Bezug genommen wird. Die Rechtswirkungen einer Auskunft nach § 13 AÜG hängen nicht davon ab, ob der Entleiher vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Gibt es beim Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, muss der Entleiher dem Leiharbeitnehmer auf der Grundlage einer hypothetischen Betrachtung Auskunft darüber erteilen, welche Arbeitsbedingungen für ihn gölten, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (vgl. 19. Februar 2014 - 5 AZR 1046/12 - Rn. 31, 33).

18

(2) Die bei hypothetischer Betrachtung für den Kläger geltenden Arbeitsbedingungen können den von ihm im Rechtsstreit wiedergegebenen Auskünften nicht entnommen werden. Aus ihnen ergibt sich nicht, welche Tarifverträge die jeweiligen Entleiherinnen im Überlassungszeitraum angewendet haben und wie der Kläger danach einzugruppieren gewesen wäre. Es kann deshalb nicht nachvollzogen und überprüft werden, welches Arbeitsentgelt der Kläger erzielt hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit bei den Entleiherinnen angestellt worden wäre. Die Beklagte konnte sich deshalb auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränken. Der Vortrag des Klägers war und ist nicht weiter einlassungsfähig.

19

bb) Angesichts der unzulänglichen Auskünfte hätte der Kläger zur Darlegung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt alle für dessen Berechnung erforderlichen Tatsachen vortragen müssen.

20

(1) Stützt sich der Leiharbeitnehmer im Prozess nicht auf eine - ausreichende - Auskunft nach § 13 AÜG, muss er zur Darlegung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt alle für dessen Berechnung erforderlichen Tatsachen vortragen, soweit diese sich nicht aus der Auskunft ergeben. Dazu gehören vorrangig die Benennung eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers und das diesem vom Entleiher gewährte Arbeitsentgelt. Beruft sich der Leiharbeitnehmer - alternativ - auf ein allgemeines Entgeltschema, hat er dieses konkret zu benennen, seinen Inhalt vorzutragen und darzulegen, dass ein solches im Betrieb des Entleihers im Überlassungszeitraum tatsächlich Anwendung fand und wie er danach fiktiv einzugruppieren gewesen wäre (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 23).

21

(2) Auch diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Klägers nicht. Vergleichbare Stammarbeitnehmer hat er nicht konkret benannt. Er hat lediglich behauptet, bei den Entleiherinnen sei „Tariflohn“ gezahlt worden, ohne konkret vorzutragen, welche Tarifverträge und damit welches allgemeine Entgeltschema von den einzelnen Entleiherinnen im jeweiligen Überlassungszeitraum angewendet worden wäre. Es ist deshalb nicht ersichtlich, wie der Kläger fiktiv einzugruppieren gewesen wäre.

22

(3) Der Kläger hatte nach dem Verfahrensverlauf ausreichend Gelegenheit und Veranlassung, seinen Sachvortrag zu präzisieren und zu ergänzen. Die Beklagte hat erstinstanzlich im Schriftsatz vom 13. Januar 2011 und in der Berufungserwiderung vom 15. Oktober 2012 ausdrücklich beanstandet, der Sachvortrag des Klägers sei nicht hinreichend substantiiert. Es ist schon deshalb nicht geboten, die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem Kläger eine Ergänzung seines Sachvortrags zu ermöglichen.

23

(4) Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ist auch nicht im Hinblick auf den vom Kläger für einzelne Überlassungszeiträume angebotenen Zeugenbeweis geboten. Den fehlenden Sachvortrag konnte er hierdurch nicht ersetzen. Die Beweisantritte des Klägers waren - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Beweisantritts - bereits deshalb unzulässig, weil die Vernehmung von Zeugen einen Ausforschungsbeweis dargestellt hätte. Wird ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsache fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist dieser Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 15. Dezember 1999 - 5 AZR 566/98 - zu II 2 a aa der Gründe). Danach waren die Beweisantritte des Klägers unbeachtlich, denn er hat, wie bereits ausgeführt, die Höhe des Vergleichsentgelts nicht substantiiert dargelegt.

24

III. Die Klage ist zudem unbegründet, weil die Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 12 Arbeitsvertrag verfallen sind. Der Kläger war zwar nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP, die auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sind, einzuhalten (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 35, BAGE 144, 306; 24. September 2014 - 5 AZR 506/12 - Rn. 14). Jedoch musste er die in § 12 Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist beachten.

25

1. Diese Klausel, bei der es sich nach der nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (§ 305 Abs. 1 BGB), enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung. Das folgt schon aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 40, BAGE 144, 306). Eine abweichende anderweitige Regelung haben die Parteien nicht getroffen. Sie haben im Gegenteil in § 1 Nr. 4 Satz 7 Arbeitsvertrag ausdrücklich festgehalten, § 12 Arbeitsvertrag solle konstitutiv wirken. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren Regelungen in § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag. Diese sehen zwar an sich vor, dass eine ausdrücklich in den Vertrag aufgenommene Regelung nicht in jedem Falle eigenständige Bedeutung habe und bei sich widersprechenden Regelungen die tariflichen Bestimmungen maßgeblich sein sollten, es sei denn, der Arbeitsvertrag enthielte eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung. Das führt aber nicht zur Unanwendbarkeit von § 12 Arbeitsvertrag. Denn die Kollisionsregeln in § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag setzen - für den durchschnittlichen Vertragspartner des Klauselverwenders erkennbar - voraus, dass auf arbeitsvertraglicher Ebene überhaupt eine in Bezug genommene tarifliche und eine ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommene Regelung Anwendung finden und kollidieren können. Das ist vorliegend nicht der Fall. Wegen der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge geht die Bezugnahmeklausel insgesamt ins Leere: Die in Bezug genommenen Tarifverträge können auf arbeitsvertraglicher Ebene keine Wirkung entfalten, damit sind die dazugehörigen Kollisionsregeln hinfällig (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 16).

26

2. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist weder intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) noch unangemessen benachteiligend (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

27

a) Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48 f., BAGE 144, 306). Die Einschränkung der Rechtsfolge in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung einzuhalten, führt nicht zur Intransparenz der Klausel. Sie hält den Arbeitnehmer nicht davon ab, alle erforderlichen Schritte zur Verhinderung des Untergangs eines Anspruchs zu unternehmen, sondern entlastet ihn, wenn er jene trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ergreifen konnte (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 20; 24. September 2014 - 5 AZR 506/12 - Rn. 23).

28

b) Die Ausschlussfristenregelung lässt dem Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es auch dem Leiharbeitnehmer, der die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeitnehmer noch nicht im Einzelnen kennt, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist sich für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern(vgl. dazu im Einzelnen BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 50 ff., BAGE 144, 306).

29

3. Der Kläger hat die Ausschlussfrist nicht eingehalten. Er hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit der Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42, BAGE 144, 306), erstmals mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

30

a) Der Anspruchsverfall war nicht nach § 12 Nr. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Danach bestehen Ansprüche fort, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dreimonatige Geltendmachungsfrist einzuhalten. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor.

31

Die bloße Unkenntnis über das Bestehen eines Anspruchs oder die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung der arbeitsvertraglichen Klausel, mit der der Verleiher von der nach § 9 Nr. 2 AÜG eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, reicht für eine Verhinderung im Sinne von § 12 Nr. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag nicht aus. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gestaltung und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers (BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 25 f.; vgl. auch - zur Verjährung - BAG 13. März 2013 - 5 AZR 424/12 - Rn. 25, BAGE 144, 322; 24. September 2014 - 5 AZR 506/12 - Rn. 30).

32

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sich der im Rechtlichen irrende Arbeitnehmer von kompetenter Stelle eine falsche Rechtsauskunft oder unzutreffenden Rechtsrat erhalten hätte (vgl. zur nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage in einem solchen Falle ErfK/Kiel 15. Aufl. § 5 KSchG Rn. 17 mwN). Dazu hat der Kläger nichts vorgetragen.

33

b) Dem Verfall steht § 12 Nr. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 56, BAGE 144, 306).

34

4. Die Berufung der Beklagten auf die in § 12 Arbeitsvertrag geregelte Ausschlussfrist ist nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie aus dem NachwG folgende Pflichten missachtet hätte.

35

a) Eine Verpflichtung der Beklagten zum Nachweis der Höhe des Stammarbeitnehmern der Entleiherinnen gezahlten Entgelts ergibt sich weder aus dem Nachweisgesetz noch aus dem AÜG. Nach § 2 Abs. 1 NachwG sind dem Leiharbeitnehmer nur die Vertragsbedingungen, darunter die Höhe des Entgelts(§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG), als die in seinem Vertragsverhältnis zum Verleiher geltenden Bedingungen nachzuweisen. Eine Pflicht des Verleihers, die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Entleiherbetriebs nachzuweisen, ist auch im AÜG nicht normiert. Das AÜG unterscheidet zwischen „Vertragsbedingungen“, die das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Verleiher betreffen, und „Arbeitsbedingungen“, die in der Rechtssphäre zwischen Entleiher und Stammarbeitnehmern gelten. Diese Unterscheidung wird vom Gesetz in dem System der aufeinander abgestimmten Informations-, Dokumentations- und Auskunftspflichten im Dreiecksverhältnis Entleiher/Verleiher/Leiharbeitnehmer konsequent umgesetzt. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG bestimmt zwar ergänzende Nachweispflichten im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, diese betreffen aber nur das Vertragsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 16 ff., BAGE 137, 249). Die Vergleichsmöglichkeit zwischen den Leistungen des Verleihers und den nach dem Gleichbehandlungsgebot zustehenden Leistungen wird für den Leiharbeitnehmer durch den allein gegenüber dem Entleiher bestehenden und gerichtlich einklagbaren gesetzlichen Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG gewährleistet(vgl. BAG 24. April 2014 - 8 AZR 1081/12 - Rn. 18).

36

b) Zudem begründet eine Verletzung von Nachweispflichten für sich genommen den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht (vgl. BAG 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 75; 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 30). Ein individueller Rechtsmissbrauch der Beklagten ist nicht ersichtlich. Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihn bei Abschluss des Arbeitsvertrags bewusst über die Entgelthöhe getäuscht hätte oder durch unredliches Verhalten den Vertragsschluss, insbesondere die Vereinbarung der in § 1 Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge, herbeigeführt hätte.

37

5. Mit der Obliegenheit, Ansprüche auf Differenzvergütung nach Maßgabe von § 12 Arbeitsvertrag schriftlich geltend zu machen, wurden für den Kläger keine den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen erschwerenden, im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 GG stehenden Kostenbarrieren aufgestellt.

38

Die ausschließlich zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfrist sieht keine Obliegenheit vor, Ansprüche im Fall der Ablehnung innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend zu machen.

39

IV. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Feldmeier    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.