Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 04. Sept. 2015 - 10 Sa 176/15

ECLI:ECLI:DE:LAGK:2015:0904.10SA176.15.00
bei uns veröffentlicht am04.09.2015

Tenor

1.              Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.12.2014– 12 Ca 10354/13 – wird zurückgewiesen.

2.              Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3.              Die Revision wird zugelassen.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 50 Parteifähigkeit


(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist. (2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 284 Beweisaufnahme


Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet

Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 8 Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz


(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere R

Zivilprozessordnung - ZPO | § 371 Beweis durch Augenschein


(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Über

Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG | § 10 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen


Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen ist für Personen durchzuführen,1.die Zugang zu STRENG GEHEIM eingestuften Verschlußsachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,2.die Zugang zu einer hohen Anzahl GEHEIM ei

Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG | § 2 Betroffener Personenkreis


(1) Eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (betroffene Person), ist vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Die Sicherheitsüberprüfung bedarf der Zustimmung der betroffenen Person, soweit gesetzl

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2008 - 10 Sa 14/08 - aufgehoben.

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(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen; die Verarbeitung ist auch zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Ein Ersuchen des Bundesamtes für Verfassungsschutz um Übermittlung personenbezogener Daten darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die für die Erteilung der Auskunft unerlässlich sind. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden.

(2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden. In Individualrechte darf nur nach Maßgabe besonderer Befugnisse eingegriffen werden. Im Übrigen darf die Anwendung eines Mittels gemäß Satz 1 keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht. Die Mittel nach Satz 1 sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen und das Nähere zu Satz 3 regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, das das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtet.

(3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.

(4) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen.

(5) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.

Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen ist für Personen durchzuführen,

1.
die Zugang zu STRENG GEHEIM eingestuften Verschlußsachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2.
die Zugang zu einer hohen Anzahl GEHEIM eingestuften Verschlußsachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
3.
die bei einem Nachrichtendienst des Bundes oder einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes tätig werden sollen, die nach Feststellung der Bundesregierung gemäß § 34 Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wahrnimmt,
soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach § 8 oder § 9 für ausreichend hält.

(1) Eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (betroffene Person), ist vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Die Sicherheitsüberprüfung bedarf der Zustimmung der betroffenen Person, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Zustimmung ist schriftlich oder nach Maßgabe von § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder unter Verwendung einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur im Sinne von Artikel 3 Nummer 11 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73) zu erteilen. Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit darf erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres übertragen werden.

(1a) Auf eine Sicherheitsüberprüfung kann verzichtet werden, wenn

1.
für die betroffene Person bereits vor weniger als fünf Jahren eine gleich- oder höherwertige Überprüfung abgeschlossen wurde, ohne dass ein Sicherheitsrisiko festgestellt worden ist, oder
2.
dies im Einzelfall erforderlich ist zur Abwehr einer gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für
a)
eine Einrichtung nach § 1 Absatz 5 Satz 1 oder Satz 2 oder
b)
eine Anlage nach § 4 Absatz 2 oder § 12 Absatz 2 des Satellitendatensicherheitsgesetzes.
Die Entscheidung nach Satz 1 Nummer 2 trifft im öffentlichen Bereich die nach § 3 Absatz 1 zuständige Stelle und im nichtöffentlichen Bereich die nach § 25 Absatz 3 zuständige Stelle. Die nach Satz 2 zuständige Stelle bestimmt die im Fall von Satz 1 Nummer 2 zum Schutz der Verschlusssachen, der sicherheitsempfindlichen Stelle oder der Anlagen nach § 4 Absatz 2 und § 12 Absatz 2 des Satellitendatensicherheitsgesetzes erforderlichen Maßnahmen.

(2) In die Sicherheitsüberprüfung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 oder nach § 10 soll einbezogen werden:

1.
die volljährige Ehegattin oder der volljährige Ehegatte der betroffenen Person,
2.
die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner der betroffenen Person oder
3.
die volljährige Partnerin oder der volljährige Partner, mit der oder dem die betroffene Person in einer auf Dauer angelegten Gemeinschaft lebt (Lebensgefährtin oder Lebensgefährte).
Über Ausnahmen entscheidet die zuständige Stelle. Die Einbeziehung bedarf der Zustimmung dieser Person. Die Zustimmung ist schriftlich oder nach Maßgabe von § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder unter Verwendung einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur im Sinne von Artikel 3 Nummer 11 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 zu erteilen. Sofern die Person im Sinne des Satzes 1 in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen wird, ist sie mitbetroffene Person. Geht die betroffene Person die Ehe während oder nach der Sicherheitsüberprüfung ein oder begründet sie die auf Dauer angelegte Gemeinschaft während oder nach der Sicherheitsüberprüfung, so hat die betroffene Person die zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Das gleiche gilt, wenn die Volljährigkeit der Ehegattin, des Ehegatten, der Lebensgefährtin oder des Lebensgefährten während oder nach der Sicherheitsüberprüfung eintritt.

(3) Eine Sicherheitsüberprüfung ist nicht durchzuführen für

1.
die Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes,
1a.
die in der Bundesrepublik Deutschland gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments,
2.
Richterinnen und Richter, soweit sie Aufgaben der Rechtsprechung wahrnehmen,
3.
ausländische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse über- oder zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 ausüben sollen; Regelungen über- oder zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen bleiben unberührt.
Die in Satz 1 Nummer 1 bis 2 genannten Personen erhalten den Zugang zu Verschlusssachen kraft Amtes.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

(2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2008 - 10 Sa 14/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 - 3 Ca 397/07 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 12. September 2005 zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

2

Der beklagte Zweckverband betreibt ua. eine Abendrealschule. Nach baden-württembergischem Landesrecht sind Abendrealschulen Ersatzschulen, die Berufstätige vorwiegend in Abendkursen in einem Lehrgang von mindestens zwei Jahren zum Realschulabschluss führen. In sie wird nur aufgenommen, wer die Pflicht zum Besuch der Grundschule und einer auf ihr aufbauenden weiterführenden Schule erfüllt hat. Der Unterricht an Abendrealschulen, der grundsätzlich von Lehrkräften erteilt werden soll, die die Befähigung zum Lehramt an Realschulen nachweisen können, orientiert sich am Bildungsplan der Realschule. Er umfasst die Fächer Deutsch, Pflichtfremdsprachen, Mathematik, Geschichte sowie die Fächerverbünde Erdkunde/Wirtschaftskunde/Gemeinschaftskunde und Naturwissenschaftliches Arbeiten. Zur Abschlussprüfung wird nur zugelassen, wer mindestens das letzte Schuljahr der Abendrealschule ordnungsgemäß besucht hat.

3

Der 1959 geborene Kläger, der den akademischen Grad eines „Magister Artium“ besitzt, aber nicht über die Befähigung zum Lehramt an Realschulen verfügt, unterrichtete an der Abendrealschule des Beklagten vom 12. September 2005 bis zum 30. Juni 2008. Grundlage der Zusammenarbeit war zuletzt der Honorarvertrag vom 5. Februar 2007, der ua. Folgendes regelt:

        

„§ 1 Tätigkeit

        

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Unterricht in den Fächern

        

Geschichte/Gemeinschaftskunde und Biologie

        
        

Abendrealschule Ober- und Unterkurs

        
        

zu erteilen.

        

§ 2 Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit

        

Die Unterrichtszeiten werden zu Beginn der Tätigkeit einvernehmlich geregelt.

        

Grundlage für den Unterricht ist der Bildungsplan für Realschulen. Im Übrigen ist der Auftragnehmer in der inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Unterrichts frei.

        

Der Unterricht wird in den Räumen der M, erteilt.

        

Der Auftragnehmer verpflichtet sich ferner, an den Lehrerkonferenzen teilzunehmen.

        

Der Auftragnehmer wird übernommene Lehrtätigkeit persönlich ausüben.

        

§ 3 Honorar

        

Der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen ein Honorar nur für tatsächlich erteilten Unterricht. Der Honorarsatz für eine geleistete Unterrichtsstunde beträgt derzeit 22,11 €. Bei tariflichen Erhöhungen für Lehrkräfte an Realschulen erfolgt eine Anpassung des Honorarsatzes.

        

Die Fahrtkosten werden nach dem Landesreisekostengesetz Baden-Württemberg erstattet.

        

Es erfolgt keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Es besteht kein Urlaubsanspruch.

        

...

        

§ 4 Anzeige und Nachleistung bei Verhinderung

        

Im Falle der Erkrankung oder sonstigen Verhinderung verpflichtet sich der Auftragnehmer, den Schulleiter der Abendrealschule unverzüglich d.h. vor Unterrichtsbeginn, zu verständigen.

        

§ 5 Status/Beginn und Beendigung

        

Durch diesen Vertrag wird ein Arbeitsverhältnis nicht begründet. Der Auftragnehmer ist auch nicht arbeitnehmerähnliche Person. Die Tätigkeit ist nebenberuflich.

        

Der Vertrag wird mit Wirkung ab 01.09.2006 geschlossen. Er kann mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt.

        

Für die Kündigung gilt Schriftform.

        

§ 6 Verfallklausel

        

Alle wechselseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden.

        

…“   

4

Zu einem an das Regierungspräsidium F gerichteten „Antrag“ des Beklagten vom 22. August 2006 auf „Anstellung“ des Klägers teilte dieses dem Beklagten mit Schreiben vom 13. September 2006 mit, eine Unterrichtsgenehmigung für Lehrkräfte, die nicht über die Lehrbefähigung an Realschulen verfügen, sei nicht möglich. Die Unterrichtstätigkeit des Klägers wurde aber von dem Regierungspräsidium F wie in der Vergangenheit auch für das Schuljahr 2007/2008 geduldet.

5

Mit seiner am 29. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und vorgetragen, außer ihm würden alle beim Beklagten tätigen Lehrkräfte als Arbeitnehmer beschäftigt. Er sei demselben Regelungswerk unterworfen und habe sich, auch wenn er in einem Nebenfach unterrichte, an die geltenden Vorschriften zu halten. In der zeitlichen Lage seines Unterrichts sei er an die Vorgaben des Beklagten gebunden.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 12. September 2005 zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger sei als freier Mitarbeiter beschäftigt worden. Er sei nicht an einen Lehrplan gebunden gewesen, der Unterricht orientiere sich nur am Bildungsplan für Realschulen. Außerdem fänden in den vom Kläger unterrichteten Nebenfächern keine zentral gestellten schriftlichen Abschlussprüfungen statt. Neben dem Kläger sei bis zum Schuljahr 2007/2008 noch ein weiterer Nebenfachlehrer als Honorarkraft eingesetzt worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

10

Im Laufe des Rechtsstreits hat der Beklagte Kündigungen zum 30. Juni, 31. August und 30. September 2008 ausgesprochen, wegen deren Wirksamkeit ein Kündigungsschutzverfahren beim Arbeitsgericht Freiburg anhängig ist.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet.

12

I. Die Revision ist zulässig.

13

Der Kläger hat zwar die Fristen zur Einlegung und Begründung der Revision (§ 74 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG) versäumt. Auf seinen rechtzeitig (§ 234 Abs. 1 und 2 ZPO) gestellten Antrag ist ihm aber nach § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Revision, die eine Notfrist ist (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 548 ZPO) und die Frist zur Begründung der Revision einzuhalten. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage, rechtzeitig Revision einzulegen und die Revision zu begründen. Er hat innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss vom 3. Februar 2009 (- 5 AZA 1/09 -) bewilligt worden ist.

14

II. Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht angenommen, zwischen den Parteien habe bis zum 30. Juni 2008 kein Arbeitsverhältnis bestanden.

15

1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) daran, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses alsbald festgestellt werde (vgl. nur Senat 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 167 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3). Trotz der zeitlichen Begrenzung ist der Feststellungsantrag nicht auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet. Ob zwischen den Parteien zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist zwischen ihnen nach wie vor streitig und Vorfrage der noch beim Arbeitsgericht anhängigen Kündigungsschutzklage. Diese kann überhaupt nur dann Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt der Kündigungen ein Arbeitsverhältnis bestand (vgl. Senat 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - Rn. 12 f., EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4).

16

2. Die Klage ist begründet. Zwischen den Parteien hat seit 12. September 2005 zumindest bis zum 30. Juni 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden.

17

a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die der Senat zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat.

18

Hiernach unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (Senat 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10; 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - BAGE 115, 1; 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - BAGE 93, 310). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - aaO; 22. April 1998 - 5 AZR 342/97 - BAGE 88, 263). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben (vgl. Senat 22. August 2001 - 5 AZR 502/99 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 109 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 86; 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - BAGE 84, 108). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - aaO; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36).

19

b) Diese Grundsätze gelten auch für Unterrichtstätigkeiten. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (Senat 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 167 = EzA BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3; 9. Juli 2003 - 5 AZR 595/02 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 158). Aufgrund dieser typisierenden Betrachtungsweise hat der Senat bereits entschieden, dass Lehrer an Abendgymnasien regelmäßig Arbeitnehmer des Schulträgers sind (12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - BAGE 84, 124).

20

c) Das Vertragsverhältnis der Parteien ist danach als Arbeitsverhältnis einzuordnen.

21

aa) Der Kläger unterrichtet an einer allgemeinbildenden Schule. Abendrealschulen sind Schulen, die Berufstätige vorwiegend in Abendkursen in einem Lehrgang von mindestens zwei Jahren zum Realschulabschluss führen, § 2 der Verordnung der Landesregierung Baden-Württemberg über die Abendrealschulen vom 16. Juli 1968 (GBl. BaWü 1968, 320; VO 1968). Als Ersatzschulen unterliegen sie den Bestimmungen des Privatschulgesetzes (§§ 1, 5 VO 1968) und damit der staatlichen Schulaufsicht. Fächerkanon und Abschlussprüfung sind detailliert durch Verordnung des Kultusministeriums geregelt (zuletzt: Verordnung des Kultusministeriums Baden-Württemberg über die Abschlussprüfung an Abendrealschulen vom 5. September 2006, GBl. BaWü 2006, 297; VO 2006).

22

Nach § 2 Abs. 2 des Honorarvertrags muss der Kläger seinem Unterricht den Bildungsplan für Realschulen zugrunde legen. Er erteilt nicht bloß - wie in dem der Entscheidung des Senats vom 9. März 2005 (- 5 AZR 493/04 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 167 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3) zugrunde liegenden Fall - Zusatzunterricht, sondern Pflichtunterricht (vgl. § 3 Abs. 1 VO 2006). Das räumt der Beklagte in seiner Revisionserwiderung auch ein. Zudem ist der Kläger zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet (§ 2 Abs. 5 Honorarvertrag), ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; vgl. auch Senat 16. Juli 1997 - 5 AZR 312/96 - zu II der Gründe, BAGE 86, 170).

23

bb) Darüber hinaus kann der Kläger nicht im Wesentlichen frei seine Arbeitszeit bestimmen, sondern ist bei der Gestaltung der Arbeitszeit eingebunden in die Unterrichtsabläufe beim Beklagten. Seinen Unterricht muss er zwischen 18:00 Uhr und 21:30 Uhr erteilen. Den Wochentag für seine Unterrichtstätigkeit kann er nicht frei wählen. Der Dienstagabend geht unstreitig auf einen Vorschlag des Beklagten bei Beginn des Vertragsverhältnisses zurück, welcher auf einer damals an diesem Tag bestehenden Lücke beruhte. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Sachvortrag des Beklagten könnte der Kläger zwar hinsichtlich des Wochentags einen anderen Terminsvorschlag machen bzw. hätte er bei Beginn des Vertragsverhältnisses Wünsche äußern können. Der Beklagte hat aber selbst nicht behauptet, dem Kläger hinsichtlich der Unterrichtstage bei Beginn des Vertragsverhältnisses oder in der Folgezeit freie Wahl gelassen zu haben.

24

Außerdem muss der Kläger an den Lehrerkonferenzen teilnehmen (§ 2 Abs. 4 Honorarvertrag), Erkrankungen oder sonstige Verhinderungen dem Schulleiter vor Unterrichtsbeginn mitteilen (§ 4 Honorarvertrag) und kann nicht außerhalb der Schulferien mit dem Unterricht aussetzen. Zudem vertritt er nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts verhinderte Lehrer, wenngleich mit Unterricht in seinen eigenen Fächern.

25

d) Dagegen fallen die sonstigen Umstände, auf die das Landesarbeitsgericht abgestellt hat, nicht entscheidend ins Gewicht.

26

aa) Die „Dichte des Regelwerks“, dem ein Lehrer an einer allgemeinbildenden Schule bei seiner Unterrichtstätigkeit unterliegt, ist für die Frage der Weisungsgebundenheit kein taugliches, weil nicht messbares Kriterium. Der Senat hat zwar seine typisierende Unterscheidung zwischen Lehrern an allgemeinbildenden Schulen einerseits und außerhalb schulischer Lehrgänge Unterrichtenden andererseits ua. darauf gestützt, dass für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen - auch des zweiten Bildungswegs - ein dichtes Regelwerk von Vorschriften bestehe (vgl. Senat 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 84, 124). Innerhalb des Unterrichts an allgemeinbildenden Schulen aber nochmals nach einer bestimmten „Dichte“ zu differenzieren, ist nicht möglich. Auch wenn der Kläger im Rahmen der Orientierung an dem Bildungsplan für Realschulen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von ihm genutzte Freiräume hatte, steht das einem Arbeitsverhältnis nicht entgegen.

27

bb) Ohne Belang ist das Fehlen zentral gestellter Abschlussprüfungen in den vom Kläger unterrichteten Nebenfächern. Auch die mündliche Prüfung und die Kompetenzprüfung, bei denen der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mitwirkte, unterliegen der staatlichen Regelung (§ 5 VO 2006).

28

cc) Das Fehlen einer Erziehungsaufgabe bei Unterricht im zweiten Bildungsweg ist wegen des Alters der Schüler kein taugliches Kriterium für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft der dort tätigen Lehrkräfte (Senat 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - BAGE 84, 124). Unerheblich ist ferner, dass Nebenarbeiten wie Elternabende, Klassenfeste oder Schulausflüge nicht anfallen. Das betrifft nicht nur den Kläger, sondern in gleicher Weise die im Arbeitsverhältnis stehenden Lehrkräfte des Beklagten. An der Abendrealschule findet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur ein vom jeweiligen Klassenlehrer ausgerichtetes Abschlussfest statt. Ansonsten gibt es weder Elternabende noch Schulausflüge und Klassenfeste.

29

e) Der Inhalt des festgestellten Arbeitsverhältnisses richtet sich grundsätzlich nach den Honorarverträgen der Parteien. Sollte ihr Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2008 hinaus fortbestehen, ist der Kläger als Lehrer für die zuletzt vereinbarten Fächer mit der in diesen Fächern im Ober- und Unterkurs anfallenden Stundenzahl (teilzeit-)beschäftigt. Hinsichtlich der Vergütung haben die Parteien eine solche nach Stunden verabredet, wobei die Vergütung eines als freier Mitarbeiter angestellten Lehrers pauschal nach bestimmten Honorarsätzen je geleisteter Unterrichtseinheit regelmäßig nur für den Fall einer tatsächlich gegebenen freien Mitarbeit vereinbart ist. Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, ist für dessen gesamte Dauer die Höhe der Vergütung nicht bestimmt. Sofern nicht eine tarifliche Vergütungsregelung unmittelbar gilt, wird die übliche Vergütung geschuldet (Senat 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - BAGE 100, 1).

30

III. Der Beklagte hat gem. § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Sappa    

        

    Kremser    

                 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.08.2014 – 1 Ca 10174/13 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 14 16 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. Dezember 2010 - 6 Sa 24/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des Klägers.

2

Der im Dezember 1947 geborene Kläger war ab dem 1. Dezember 1976 bei der S GmbH angestellt und wurde ab dem 1. Oktober 1982 zum großen Teil bei der Beklagten, einem dem R-Konzern angehörenden Unternehmen, eingesetzt. Grundlage für die Tätigkeit des Klägers war ein zwischen der Beklagten und der S GmbH geschlossener Werkvertrag, der ua. bestimmte, dass die Arbeiten von einem geeigneten und fachlich kundigen Elektroingenieur auszuführen sind, der unter der fachlichen Aufsicht und Weisungsbefugnis der S GmbH eingesetzt wird.

3

Ab dem 1. Oktober 1984 war der Kläger bei der N GmbH (im Folgenden: N), einer Tochtergesellschaft der Beklagten, angestellt. Diese erteilte dem Kläger eine Versorgungszusage. Die N erbrachte ua. für die Beklagte Ingenieurdienstleistungen aufgrund von Werkverträgen, zu deren Erfüllung der Kläger eingesetzt wurde. Der Werkvertrag vom 21. August 1986 lautet auszugsweise:

        

„Hiermit schließen wir mit Ihnen folgenden Werkvertrag ab:

        

§ 1

Gegenstand des Vertrages ist:

                 

…       

        
                 

Die Herbeiführung des Erfolges bzw. die Herstellung des geforderten Werkes erfolgt im Rahmen eines Werkvertrages nach § 631 BGB.

        

…       

        
        

§ 3

Personaleinsatz

                 

Nach Abschluß des Vertrages bitten wir unverzüglich um Bekanntgabe der von Ihnen für die Durchführung der Arbeiten vorgesehenen Person und deren Qualifikation. Das arbeitsrechtliche Weisungsrecht gegenüber Ihrem Personal liegt bei Ihnen.

                 

Soweit zur Ausführung der Leistung für Ihr Personal der Einsatz in Rufbereitschaft, im Schichtdienst oder die Leistung von Mehrarbeit erforderlich ist, werden Sie Ihrem Personal die entsprechenden Anweisungen erteilen.

                 

Sie haben dafür Sorge zu tragen, daß durch Krankheit, Urlaub oder sonstige Ausfälle Ihres Personals die Erfüllung der Leistung nicht beeinträchtigt wird.

                 

Die Arbeitszeit Ihres Personals ist mit uns abzustimmen. Für die Einhaltung der Vorschriften der Arbeitszeitordnung sind Sie für Ihr Personal allein verantwortlich.“

4

Ein weiterer Vertrag zwischen der Beklagten und der N vom 2. Januar 1989, auf dessen Grundlage der Kläger bei der Beklagten eingesetzt wurde, enthält ua. folgende Bestimmungen:

        

„Hiermit schließen wir mit Ihnen folgenden Vertrag:

        

§ 1

Gegenstand des Vertrages

                 

…       

        
                 

Vorgenannte Ingenieurleistungen sind von Ihrem Herrn K auszuführen.

                 

Der überlassene Ingenieur wird gemäß Art. 1., § 1, Abs. 3, Ziff. 2, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorübergehend in unserem Unternehmen eingesetzt.

                 

Die Einsatzzeiten - ca. 900 Stunden in 1989 - werden wir je nach Bedarf, rechtzeitig mit Ihnen abstimmen.

                 

Der Auftrag gilt vom 02.01.89 bis 31.12.89.

        

…       

        
        

§ 3

Der Austausch von Herrn K ist nur mit unserer Zustimmung möglich.

                 

Sie haben dafür zu sorgen, daß Herr K unseren Anweisungen Folge leistet. Dies gilt insbesondere für die Ausführung der Arbeiten, die Einhaltung der Arbeitssicherheitsvorschriften, die Festlegung der Arbeitszeiten, die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit und die geltenden Kontrollverfahren an der Einsatzstelle.“

5

Seit dem 1. Juni 1986 war der Kläger ausschließlich bei der Beklagten eingesetzt.

6

Nachdem der Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte, es liege eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor, schlossen die Parteien am 28. November 2003 einen Arbeitsvertrag, wonach mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2003 ein Arbeitsverhältnis begründet wurde. Dieser Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

„1.     

Tätigkeit und Aufgabengebiet

                 

Sie nehmen Ihre Tätigkeit bei V als ‚Referent‘ auf.

                 

Die Ihnen übertragenen Aufgaben üben Sie als außertariflicher Mitarbeiter (AT-Gruppe 1) aus.

        

…       

        
        

6.    

Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung

                 

Die bei N GmbH im Hinblick auf betriebsrentenrechtliche Ansprüche gebildeten Rückstellungen werden auf V übertragen und in einen dementsprechenden Anspruch nach den Ruhegeldrichtlinien der V vom 19.02.90 umgewandelt.

                 

Das hierbei ermittelte Datum gilt sowohl als Eintrittsdatum in die V wie auch als Zusagedatum im Sinne der betrieblichen Altersversorgung.“

7

Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten richtet sich für die vor dem 1. Juni 1986 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetretenen Arbeitnehmer nach den Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der V GmbH vom 5. Juni 1989 (im Folgenden: RL 89); für die nach dem 31. Mai 1986 eingetretenen Mitarbeiter gelten die Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der V GmbH vom 19. Februar 1990 (im Folgenden: RL 90).

8

Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 teilte die N dem Kläger mit, dass er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung iHv. jährlich 6.415,48 Euro erworben habe und sich der Barwert dieser Anwartschaft auf 49.705,00 Euro belaufe. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, die N anzuweisen, den Betrag an die Beklagte zu überweisen, damit die Altersversorgung von der Beklagten fortgeführt werden könne. In der Folge beauftragte der Kläger die N, den Barwert iHv. 49.705,00 Euro an die Beklagte zu überweisen. Unter dem 4. März 2004 vereinbarten die Beklagte und die N, die von der N für die betriebliche Altersversorgung des Klägers gebildeten Rückstellungen an die Beklagte zu übertragen. Die Beklagte übernahm zugleich die Verpflichtung, die übertragene Versorgungsanwartschaft in anrechnungsfähige Dienstjahre für ihre Ruhegeldversorgung umzurechnen. Am 20. Januar 2004 hatte sich der Kläger mit der Übertragung der Versorgungsanwartschaft einverstanden erklärt und auf seine Ruhegeldansprüche gegenüber der N verzichtet.

9

Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, für das Arbeitsverhältnis gelte folgende Änderung der Vertragsbedingungen:

        

„zu 6.

Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung

                 

Sie erhalten eine Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe der Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung vom 19.12.1989.

                 

Als Beginn des Ruhegelddienstalters gilt der 01.07.1990.

        

Die übrigen Vertragsbestandteile bleiben unverändert.“

10

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 30. April 2008. Seit dem 1. Mai 2008 bezieht der Kläger eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte zahlte dem Kläger auf der Grundlage der RL 90 unter Zugrundelegung eines Eintrittsdatums 1. Juli 1990 zunächst ein monatliches Ruhegeld iHv. 667,11 Euro. Später berichtigte die Beklagte das Eintrittsdatum auf den 1. Juli 1988. Die monatliche Betriebsrente des Klägers auf der Grundlage der RL 90 belief sich danach auf 741,23 Euro.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine monatliche Betriebsrente iHv. 2.271,22 Euro zu. Seine Betriebsrente sei auf der Grundlage der RL 89 mit einer anrechenbaren Dienstzeit seit dem 1. Oktober 1982 zu berechnen. Er sei seit dem 1. Oktober 1982 nicht aufgrund von Werkverträgen, sondern im Rahmen einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung für die Beklagte tätig gewesen, weshalb zu diesem Zeitpunkt gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 bzw. § 13 AÜG idF vom 7. August 1972 (BGBl. I S. 1393; im Folgenden: aF) ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten entstanden sei. Nach dem Inhalt der vorgelegten Verträge sei nicht ein Erfolg geschuldet gewesen, sondern Dienstleistungen. Sämtliche Funktionen bei der Beklagten - mit Ausnahme der von ihm ausgeübten - seien durch Arbeitnehmer der Beklagten ausgeführt worden. Er sei von seinem bei der Beklagten angestellten Vorgesetzten in die Arbeitsabläufe mit einbezogen worden und habe an Montagsbesprechungen teilnehmen müssen, bei denen ihm Weisungen durch den damaligen Geschäftsführer der Beklagten erteilt worden seien. Die Beklagte habe über den Ort, den Inhalt und die Zeit der Arbeitsleistung entschieden. Für die Durchführung der anfallenden Arbeiten seien gegenseitige Absprachen erforderlich gewesen. Er habe zur Erledigung seiner Arbeiten auf Arbeitnehmer der Beklagten zurückgegriffen, die er eingesetzt, angewiesen, überprüft und korrigiert habe. Im Telefonverzeichnis der Beklagten sei er wie ein Beschäftigter der Beklagten eingetragen gewesen. Bei vielen sicherheitsrelevanten Arbeiten sei er unmittelbar von der Geschäftsleitung ohne Einschaltung der N angesprochen worden. Er habe keine Gestaltungsfreiheiten und Gestaltungsinitiativen gehabt. Von der N habe er keine Weisungen erhalten. Zwischen der Beklagten und der N sei vereinbart gewesen, letztere dürfe ihn nicht ohne Zustimmung der Beklagten an einen anderen Einsatzort versetzen. Jedenfalls sei die zulässige Überlassungsdauer überschritten worden; auf eine erlaubnisfreie sog. Konzernleihe könne sich die Beklagte aufgrund der dauerhaften Überlassung nicht berufen.

12

Die Regelung in Nr. 6 des Arbeitsvertrags vom 28. November 2003 stehe seinem Anspruch nicht entgegen. Durch diese Regelung habe er nicht darauf verzichtet, die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses nach Art. 1 § 10 Abs. 1 oder § 13 AÜG aF geltend zu machen. Er habe sein Recht, sich hierauf zu berufen, auch nicht verwirkt.

13

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine zusätzliche Betriebsrente in Höhe von 17.645,21 Euro für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 31. März 2009 zu bezahlen, sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank aus je 1.604,11 Euro seit dem 31. Mai 2008, 30. Juni 2008, 31. Juli 2008, 31. August 2008, 30. September 2008, 31. Oktober 2008, 30. November 2008, 31. Dezember 2008, 31. Januar 2009, 28. Februar 2009, 31. März 2009,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. April 2009 eine monatliche zusätzliche Betriebsrente über einen bezahlten Betrag von 667,11 Euro hinaus in Höhe von 1.604,11 Euro, jeweils monatlich nachschüssig zu bezahlen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter, wobei der Antrag zu 2. nach seinem Wortlaut auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. April 2009 eine über den gezahlten Betrag von 741,23 Euro monatlich hinausgehende Betriebsrente iHv. 1.604,11 Euro zu bezahlen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

17

I. Die Revision ist zulässig. Eine in der Revision grundsätzlich unzulässige Klageerweiterung (vgl. dazu BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 611/10 - Rn. 14) liegt nicht vor. Der Kläger begehrt mit seinem Antrag zu 2. in der Revision nunmehr die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. April 2009 über den Betrag von 741,23 Euro hinaus eine zusätzliche monatliche Betriebsrente iHv. 1.604,11 Euro zu zahlen. Der Wortlaut des Antrags könnte zwar auf eine Erhöhung des monatlichen Zahlungsbetrags um 74,12 Euro hindeuten. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger eine höhere als die von ihm errechnete monatliche Betriebsrente iHv. 2.271,22 Euro begehrt. Sein Antrag ist deshalb auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1. April 2009 über den von der Beklagten gezahlten Betrag von 741,23 Euro monatlich hinaus eine zusätzliche Betriebsrente iHv. 1.529,99 Euro und damit eine Betriebsrente von insgesamt 2.271,22 Euro zu zahlen. Mit der geänderten Antragsformulierung hat der Kläger erkennbar dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits eine monatliche Betriebsrente iHv. 741,23 Euro und nicht mehr - wie ursprünglich - iHv. 667,11 Euro gezahlt hat. Bei der Formulierung ist lediglich die entsprechende Anpassung des Differenzbetrags von 1.604,11 Euro auf 1.529,99 Euro unterblieben.

18

II. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ruhegeld nach den RL 89. Er unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der RL 89, da sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht vor dem 1. Juni 1986 begonnen hat. Es kann daher dahinstehen, ob die Regelung in Nr. 6 des Arbeitsvertrags vom 28. November 2003 der Geltendmachung eines vor dem 1. Juni 1986 begründeten Arbeitsverhältnisses entgegensteht oder ob der Kläger sein Recht, sich auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses vor diesem Zeitpunkt zu berufen, verwirkt hat. Die Frage, ob dem Kläger nach den RL 90 ein höheres Ruhegeld als 741,23 Euro monatlich zusteht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

19

1. Dem Kläger stehen keine Ruhegeldansprüche nach den RL 89 zu. Er unterfällt nicht deren Anwendungsbereich, da sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht vor dem 1. Juni 1986 begonnen hat. Nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 28. November 2003 wurde mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2003 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet. Vor dem 1. Juni 1986 ist zwischen dem Kläger und der Beklagten weder nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG idF vom 7. August 1972 (BGBl. I S. 1393; im Folgenden: aF) noch nach Art. 1 § 13 iVm. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG aF ein Arbeitsverhältnis entstanden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt hat, bei der Beklagten vor dem 1. Juni 1986 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung tätig gewesen zu sein.

20

a) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung iSd. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG aF liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (vgl. etwa BAG 19. März 2003 - 7 AZR 267/02 - zu III 5 a der Gründe mwN, BAGE 105, 317). Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (BAG 3. Dezember 1997 - 7 AZR 764/96 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 87, 186). Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat (BAG 22. Juni 1994 - 7 AZR 286/93 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 77, 102). Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 14; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 487/06 - Rn. 34 mwN).

21

Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 15; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 487/06 - Rn. 35 mwN). Dies gilt allerdings nur dann, wenn die tatsächliche Durchführung von dem Willen der am Abschluss der vertraglichen Vereinbarung beteiligten Arbeitgeber umfasst war. Es kann daher auf die Kenntnis und zumindest die Billigung der auf beiden Seiten zum Vertragsabschluss berechtigten Personen hinsichtlich einer vom schriftlichen Inhalt der Verträge abweichenden Vertragspraxis nicht verzichtet werden. Die Berücksichtigung der praktischen Vertragsdurchführung dient der Ermittlung des wirklichen Geschäftsinhalts, also dessen, was die Vertragsparteien wirklich gewollt haben. Die Vertragspraxis lässt aber nur dann Rückschlüsse auf den wirklichen Geschäftswillen der Vertragspartner zu, wenn die zum Vertragsabschluss berechtigten Personen die vom Vertragswortlaut abweichende Vertragspraxis kennen und sie zumindest billigen (BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 23; 27. Januar 1993 - 7 AZR 476/92 - zu I 3 b der Gründe).

22

Ein Arbeitnehmer, der die vertraglichen Vereinbarungen zwischen seinem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten nicht kennt, muss Tatsachen vortragen, die eine Würdigung rechtfertigen, wonach der Arbeitnehmer einem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassen ist. Es ist dann Aufgabe des Entleihers, die Tatsachen darzulegen, die gegen das Vorliegen des Tatbestands aus Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG aF sprechen. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er die eine werkvertragliche Vereinbarung begründenden Tatsachen vorträgt. In diesem Fall ist es nunmehr Sache des Arbeitnehmers, die Kenntnis der auf Seiten der beteiligten Arbeitgeber handelnden und zum Vertragsabschluss berechtigten Personen von der tatsächlichen Vertragsdurchführung vorzutragen (BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 24).

23

b) Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht angenommen, dass der Kläger von seinen Vertragsarbeitgebern - S GmbH und N - der Beklagten vor dem 1. Juni 1986 nicht zur Arbeitsleistung überlassen war.

24

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Sachvortrag des Klägers lasse nicht auf eine Eingliederung in den Betrieb der Beklagten schließen. Nach seinem Vortrag und den vorgelegten Verträgen zwischen der N und der Beklagten könne zwar kaum davon ausgegangen werden, dass die N der Beklagten einen bestimmten Erfolg geschuldet habe. Beratungsleistungen könnten jedoch auch in Form von freien Dienstleistungen erbracht werden. Die beschriebenen Leistungen könnten auch außerhalb der betrieblichen Organisation der Beklagten erbracht werden; der Eingliederung eines Arbeitnehmers bedürfe es dazu nicht. Eine Eintragung in ein Telefonverzeichnis der Beklagten sei für die Frage der Eingliederung in die betriebliche Organisation ebenso unerheblich wie die Anpassung von Terminen an betriebliche Notwendigkeiten. Entscheidend sei, ob der Beschäftigte gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet sei, seine Leistungen zu bestimmten Zeiten zu erbringen und ob er arbeitgeberseitige Weisungen des Auftraggebers, bei dem der Einsatz erfolgt, befolgen müsse. Anhaltspunkte für das Bestehen solcher Verpflichtungen habe der Kläger nicht dargelegt. Er habe nach seinem eigenen Vortrag eine Führungsposition innegehabt und wichtige Aufgabenbereiche in eigener Verantwortung erfüllt. Er habe keinen Vortrag gehalten, aus dem geschlossen werden könnte, dass er selbst verpflichtet war, Anweisungen der Beklagten zu befolgen. Die Teilnahme an den sog. Montagsbesprechungen besage hierzu nichts. Arbeitsabsprachen ließen nicht ohne Weiteres auf eine Weisungsabhängigkeit schließen. Die aufgezeigten Tätigkeiten seien auch ohne Eingliederung in den Betriebsablauf durch eine außenstehende Person möglich. Die Notwendigkeit, dabei Sicherheitsvorschriften zu beachten, gelte für Selbständige, Geschäftsführer und Arbeitnehmer gleichermaßen.

25

bb) Diese tatrichterliche Würdigung ist frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt vollständig und widerspruchsfrei gewürdigt. Die Angriffe der Revision sind nicht geeignet, diese Beurteilung in Frage zu stellen.

26

(1) Der Kläger macht mit der Revision geltend, eine Verpflichtung zur Anwesenheit bei den sog. Montags- und Freitagsgesprächen ergebe sich aus dem „Werkvertrag“ nicht. Die Anweisung zur Teilnahme sei nicht vom Geschäftsführer der N erteilt worden. Dieser habe ihn der Beklagten überlassen und der Beklagten mit dem Werkvertrag auch faktisch die Befugnis eingeräumt, über seine Arbeitskraft zu verfügen. In den sog. Montags- und Freitagsgesprächen seien Anweisungen erteilt worden, welche Arbeiten wann, von wem und bis zu welchem Zeitpunkt zu erledigen gewesen seien; dies ergebe sich aus den Protokollen. Nach den Verträgen vom 21. August 1986 und vom 2. Januar 1989 wäre ein Austausch des Klägers nur mit Zustimmung der Beklagten möglich gewesen. Erkennbar habe die Beklagte Wert auf die Leistung des Klägers gelegt. Die Werkleistung der N sei daher personenbezogen und atypisch für einen Werkvertrag.

27

(2) Mit diesen Ausführungen kann die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht in Zweifel gezogen werden. Das Erfordernis der Teilnahme an Arbeitsbesprechungen lässt nicht den Schluss auf eine arbeitsrechtliche Weisungsunterworfenheit zu. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche konkreten Weisungen im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts die Beklagte ihm gegenüber erteilt haben soll. Der Kläger verkennt, dass auch im Rahmen von Werkverträgen Weisungen des Bestellers möglich sind. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Absprachen zu Zeit und Inhalt der Leistungserbringung sind auch im Rahmen von Werk- und Dienstverträgen möglich. Soweit der Kläger auf die von ihm vorgelegten Verträge vom 21. August 1986 und 2. Januar 1989 verweist, sind diese zur Darlegung einer Arbeitnehmerüberlassung vor dem 1. Juni 1986 nicht geeignet, da sie erst später abgeschlossen wurden.

28

2. Ob dem Kläger aufgrund der RL 90 ein höherer Ruhegeldanspruch als 741,23 Euro monatlich zusteht, ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und deshalb vom Senat nicht zu entscheiden (§ 308 Abs. 1 ZPO).

29

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    C. Reiter     

        

    Schepers    

                 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 21.05.2014 - 1 Ca 1506/13 - teilweise aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, dass durch die Erklärung der Beklagten vom 08.10.2013 nicht zum 14.10.2013 aufgelöst worden ist.

3. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, wie ein zwischen ihnen bestehendes Rechtsverhältnis zu qualifizieren ist, des Weiteren über die Beendigung dieses Rechtsverhältnisses durch Kündigung sowie darüber, ob der Klägerin noch Entgeltzahlungsansprüche gegenüber der Beklagten zustehen.

2

Die Beklagte erstellt und vertreibt im Kerngeschäft eine Tageszeitung. Die Klägerin war bei der Beklagten als Korrekturleserin seit dem 01.06.2010 beschäftigt zu einer Vergütung von 10 Euro pro Stunde. Die Parteien haben den ihrem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Vertrag mündlich abgeschlossen.

3

Die Aufgabe der Klägerin, einer ausgebildeten Germanistin, bestand darin, die seitens der Redakteure der Beklagten erstellten Artikel auf grammatikalische und auf Rechtschreibfehler sowie auch auf offensichtliche inhaltliche Fehler zu überprüfen. Dafür arbeitete die Klägerin zuletzt in der Regel zwischen montags und freitags täglich von 13.00 Uhr bis 19.30 Uhr und 2 Mal pro Monat sonntags in den Räumen der Beklagten. Die Klägerin leistete ihre Tätigkeit dergestalt, dass sie aus einem Fach in den Räumen der Beklagten die zu korrigierenden Entwürfe entnahm und nach der Korrektur wieder einlegte. Sie nützte dabei einen Schreibtisch, den außer ihr an ihren dienstfreien Tagen eine weitere Korrekturleserin nutzte. Die Klägerin erhielt weder einen eigenen PC noch eine eigene Telefonnummer bzw. eine eigene Email-Adresse bei der Beklagten. Sie rechnete die gearbeiteten Stunden monatlich zu der vereinbarten Vergütung von 10 Euro pro Stunde ab und erzielte zum Beispiel im Monat September 2013 eine Monatsvergütung von 1.645,00 EUR.

4

Am 08.10.2013 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin, sie wolle das Rechtsverhältnis der Parteien in seiner bis dahin gelebten Form bis zum 14.10.2013 beenden und bei Zustimmung der Klägerin umwandeln in ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.

5

Die Klägerin hat vorgetragen,

6

sie sei Arbeitnehmerin der Beklagten. Dies folge insbesondere daraus, dass sie weisungsgebunden gearbeitet habe. So habe sie durch die bei der Beklagten tätigen Redakteure im Einzelnen vorgegeben bekommen, welche Artikel sie zu korrigieren habe und in welcher Reihenfolge dies geschehen müsse. Bei Anmerkungen zu den Korrekturen habe sie mit den Redakteuren Rücksprache gehalten. Sie habe ihre gesamte Arbeitskraft in ihre Tätigkeit bei der Beklagten investiert und bis zu 35 pro Woche für diese gearbeitet. Die Arbeitszeiten seien durch das Produkt der Beklagten vorgegeben gewesen, der Dienstplan sei im Vorhinein von einer weiteren Korrekturleserin der Beklagten, Frau Dr. D., aufgestellt worden. Urlaub habe sie in ihrer Zeit bei der Beklagten aufgrund von Personalmangel zu keinem Zeitpunkt nehmen können.

7

Die mit der Beklagten vereinbarte Vergütung von 10 Euro pro Stunde sei netto geschuldet. Dies ergebe sich aus § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, weil die Beklagte ihre Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für ihr Arbeitsverhältnis möglich habe halten müssen und billigend in Kauf genommen habe, trotz Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses keine Beiträge abzuführen.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung vom 08.10.2013 mit dem 14.10.2013 endet,

10

2. hilfsweise, festzustellen, dass es sich bei dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis handelt,

11

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie Bruttolohn für den Zeitraum August 2010 – Oktober 2013 in Höhe von 82.913,95 Euro abzüglich gezahlter 57.039,25 Euro zu zahlen, also restliche 25.874,70 Euro,

12

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie für das Jahr 2013 eine Urlaubsabgeltungsentschädigung in Höhe von netto 2.047,56 Euro (brutto 3.202,96 Euro) zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte hat vorgetragen,

16

es habe kein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bestanden. Insbesondere sei es der Klägerin aufgrund des Beschäftigungsumfangs möglich gewesen, ihre Dienste auch anderweitig anzubieten. Sie sei nicht in die betriebliche Organisation der Beklagten eingebunden gewesen und habe auch Urlaub nicht absprechen müssen, sondern vielmehr von Woche zu Woche vereinbart, wann und wie viele Stunden sie habe arbeiten wollen. Ein Weisungsrecht gegenüber der Klägerin hinsichtlich Zeit, Ort sowie Art und Weise ihrer Tätigkeit habe es nicht gegeben, sondern es sei wöchentlich neu verhandelt worden, wann die Korrekturleistungen zu erbringen sei. Gerade hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit der Klägerin sei sie nicht berechtigt gewesen, der Klägerin andere oder zusätzliche Aufgaben zu den geschuldeten korrekt geschuldeten Korrekturleistungen zuzuweisen.

17

Das Arbeitsgericht Trier hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 21.05.2014 - 1 Ca 1506/13 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 66 bis 72 d. A. Bezug genommen.

18

Gegen das ihr am 21.07.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 25.07.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am (Montag, den) 22.09.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

19

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis sei als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Zwar könne in der Erstellung der Tageszeitung die Herstellung eines Werks gesehen werden, die als Werkvertrag vergeben werden könne. Die Klägerin habe jedoch nur die Teilleistung "Korrekturlesen" geschuldet und somit kein eigenes abgrenzbares Werk. Sie habe in keiner Weise Einfluss auf die Themen der von ihr zu korrigierenden Artikel oder deren Gestaltung nehmen können. Beides sei ihr vorgegeben gewesen. Sie sei fachlich weisungsgebunden gewesen und habe auf Weisung der Beklagten ihre Dienstleistung zwingend in ihren Räumen erbringen müssen. Unter Nutzung von modernen Kommunikationsmitteln wie E-Mail oder Fax sei es unproblematisch gewesen, die durch die Redakteure erstellten Artikel an einen externen Arbeitsplatz, z. B. auch nach Hause, zu übermitteln, sie dort bearbeiten zu lassen und nach Korrektur durch die Klägerin wieder mittels E-Mail oder Faxe an die Beklagte zurück zu übersenden. Eine spezifische Ausstattung des Arbeitsplatzes, mit der Maßgabe, dass die Tätigkeit nur in den Räumlichkeiten der Beklagten habe durchgeführt werden können, sei zur Ausübung der Korrekturtätigkeit nicht notwendig gewesen. Einfluss auf die Eintragung in den Dienstplan habe sie im Übrigen nicht gehabt. Insbesondere habe es ihr auch nicht frei gestanden, sich ihre Arbeitszeit selbst einzuteilen. Sie habe sich an die Vorgaben des Dienstplans zu halten gehabt, der ohne Abstimmung mit ihr nach einem durch die Beklagte vorgegebenen Schema erstellt worden sei. Insgesamt sei sie in die betriebliche Organisation der Beklagten eingebunden gewesen.

20

Zu würdigen sei schließlich auch, dass die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis gekündigt und ihr zugleich angeboten habe, mit einer Servicegesellschaft der Beklagten ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen, um dort die exakt gleiche Korrekturtätigkeit am selben Arbeitsplatz auszuüben.

21

Das folglich zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei gemäß § 623 BGB nicht rechtswirksam gekündigt worden.

22

Vor diesem Hintergrund stehe der Klägerin noch Arbeitsentgelt für die Zeit vom August 2010 bis Oktober 2013 zu. Insoweit sei in erster Linie davon auszugehen, dass die vereinbarte Stundenvergütung in Höhe von 10,00 EUR als Nettostundenvergütung anzusehen sei. Hilfsweise sei sie nach Maßgabe des Manteltarifvertrages für die Angestellten in Zeitungsverlagen in den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland in Verbindung mit dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in Zeitungsverlagen in diesen Bundesländern, jeweils vom 20.11.2009 einzugruppieren, dort nach Maßgabe der Tarifgruppe 5. Insoweit sei von einem Stundenlohn von 18,99 EUR brutto auszugehen. Diese Vergütung sei als übliche Vergütung insoweit anzusehen.

23

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 22.09.2014 (Bl. 107 bis 124 d. A.) sowie ihre Schriftsätze vom 20.01.2015 (Bl. 164 bis 168 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 169 bis 203 d. A.), sowie vom 20.02.2015 (Bl. 272, 273 d. A.) Bezug genommen.

24

Die Klägerin beantragt,

25

1. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 21.05.2014, 1 Ca 1506/13, wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung der Beklagten vom 08.10.2013 zum 14.10.2013, aufgelöst worden ist,

26

2. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 21.05.2014, 1 Ca 1506/13, wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht,

27

3. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 21.05.2014, 1 Ca 1506/13, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 82.913,95 EUR brutto abzüglich gezahlter 57.039,25 EUR netto zu zahlen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die persönliche Abhängigkeit und damit die Arbeitnehmereigenschaft werde charakterisiert durch ein Weisungsrecht hinsichtlich Inhalts, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit. Daran fehle es aufgrund der Vereinbarung der Parteien vorliegend, so dass ein Arbeitsverhältnis nicht gegeben sei. Einseitige Bestimmungen durch die Beklagte seien nicht gegeben. Insbesondere spreche die Leistungserbringung im Betrieb des Auftraggebers nicht für ein Arbeitsverhältnis, wenn dafür eine betriebliche Notwendigkeit bestehe, auch über die Klägerin der Beklagten nicht ihre gesamte Arbeitszeit zur Verfügung gestellt. Sie habe bei einem wöchentlichen Einsatz von 32 Stunden durchaus die Möglichkeit gehabt, weitere 16 Stunden dazu zu nutzen, für andere Auftraggeber als die Beklagte tätig zu werden.

31

Entgegen der Auffassung der Klägerin hätten sich die Parteien nicht auf eine Netto-, sondern auf eine Bruttostundenvergütung in Höhe von 10,00 EUR geeinigt. Diese bleibe vom rechtlichen Status der Klägerin unbeeinflusst. Es habe nicht dem Willen der Parteien entsprochen, von ihrer Vergütungsvereinbarung abzuweichen für den Fall, dass sich der rechtliche Status der Klägerin ändere oder aber sie sich über die rechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses geirrt hätten. Diese Regelungen seien vorliegend nicht einschlägig. Die Nichtanwendbarkeit der von der Klägerin in Bezug genommenen tariflichen Normen folge hier schon daraus, dass die Eingruppierung der Korrekturleser in den Gruppen 3 bis 5 eine Anstellung im rechnerisch gesteuerten Textsystem voraussetze. Die Klägerin aber nicht an einem ihr zur Verfügung gestellten Computer gearbeitet, sondern Entwürfe manuell korrigiert.

32

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 27.10.2014 (Bl. 137 bis 143 d. A.), sowie ihre Schriftsätze vom 28.01.2015 (Bl. 211 bis 213 d. A.) und vom 17.02.2015 (Bl. 244 bis 247 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 248 bis 269 d. A.) Bezug genommen.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

34

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 11.12.2014 und 12.03.2015.

Entscheidungsgründe

35

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

36

II. Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg.

37

Zwar kann die Klägerin entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten die Feststellung verlangen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht und des Weiteren, dass dieses durch Kündigung der Beklagten nicht beendet worden ist. Demgegenüber kann die Klägerin aber nicht die Verurteilung der Beklagten zu der von ihr geltend gemachten Bruttovergütung verlangen; insoweit erweist sich die Berufung als unbegründet, war das Rechtsmittel also zurückzuweisen.

38

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ist das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien und der tatsächlichen Durchführung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.

39

Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Einzelfalles in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze; die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich nach den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BAG 09.06.2010 - 5 AZR 332/09 -).

40

Im Einzelnen gilt somit Folgendes:

41

Arbeitnehmer ist nach nationalem bundesdeutschem Recht, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages (oder eines diesem gleichgestellten Rechtsverhältnisses) über entgeltliche Dienste für einen anderen in persönlicher Abhängigkeit tätig ist (z.B. BAG 15.12.1999, 20.09.2000, 12.12.2001, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 78, 80, 84, 87; 20.08.2003, NZA 2004, 39; Reiserer/Freckmann NJW 2003, 180 ff.). Für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft werden zahlreiche Einzelmerkmale verwendet, die zur Feststellung der persönlichen Abhängigkeit herangezogen werden, in der das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses gesehen wird (BAG 13.01.1983, 1991 EzA § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 26, 27, 38; LAG Rheinland-Pfalz 02.05.2004 - 2 Ta 81/04 - ArbuR 2005, 161 LS; vgl. Dörner/ Luczak/ Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Auflage 2015, Kap. 1 Rz. 46 ff.).

42

Dagegen gibt es für die Abgrenzung z. B. von Arbeitnehmern und "freien Mitarbeitern" kein Einzelmerkmal, das aus der Vielzahl möglicher Merkmale unverzichtbar vorliegen muss (BAG 23.04.1980 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 21; LAG Rheinland-Pfalz 02.05.2004 - 2 Ta 81/04 - ArbuR 2005, 161 LS).

43

Maßgeblich ist in materieller Hinsicht darauf abzustellen, inwieweit durch Fremdbestimmung der Arbeit in fachlicher, zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht eine persönliche Abhängigkeit des Dienstleistenden gegeben ist (LAG Rheinland-Pfalz 12.05.2004 - 2 Ta 81/04 - ArbuR 2005, 161 LS; zum europäischen Arbeitnehmerbegriff gem. Art. 45 AEUV s. EuGH 17.07.2008, NZA 2008, 995; 11.11.2010, NZA 2011, 143; Oberthür NZA 2011, 253 ff.).

44

Insoweit sind im Einzelnen folgende Kriterien maßgeblich:

45
- fachliche Weisungsgebundenheit
46
- Örtliche und zeitliche Weisungsgebundenheit (vgl. BAG 30.09.1998, 19.11.1997 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 74, 63; 14.03.2007 EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 9), d. h. Weisungsrecht des Auftraggebers hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung und Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen am Arbeitsort;
47
- Eingliederung in den Betrieb (BAG 06.05.1998 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 66).
48
- Angewiesensein auf fremdbestimmte Organisation, d. h. Einbindung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation und Benutzung der betrieblichen Einrichtung (Arbeitsgeräte), Unterordnung bzw. Überordnung bezüglich andere im Dienste des Auftraggebers stehender Personen, Pflicht zur Übernahme von Vertretungen.
49
- Andererseits begründen Organisationsanweisungen, die den Ablauf von dritter Seite getragener Veranstaltungen regeln, nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Diese sind von arbeitsvertraglichen Weisungen zu unterscheiden. Dem selbständigen Tätigwerden steht auch nicht entgegen, dass bei der Bewirtung von Pausen- und Getränkeständen in einer Veranstaltungshalle die Ein- und Verkaufspreise für die von dem Betreiber der Halle vorgegeben werden. Denn damit werden keine arbeitsvertraglichen Weisungen erteilt, sondern nur wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen (BAG 12.12.2011 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 87);
50
- Leistungserbringung nur in eigener Person (BGH 21.10.1998 EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 30, BAG 12.12.2001 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 87); die tatsächliche Beschäftigung Dritter spricht regelmäßig gegen das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft. Dies gilt grds. auch für die - nur vertraglich vereinbarte - Berechtigung, Dritte einzuschalten.
51
- Verpflichtung, angebotene Aufträge anzunehmen, bzw. Freiheit bei der Annahme von Aufträgen (BAG 16.06.1998 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 65);
52
- Ausübung weiterer Tätigkeiten (BAG 30.09.1998 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 74);
53
- Aufnahme in einen Dienstplan, der ohne vorherige Absprache mit dem Mitarbeiter erstellt wird (BAG 16.02.1994, 16.03.1994, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 52, 53);
54
- Die Übernahme des Unternehmerrisikos (z.B. durch Vorhandensein eigenen Betriebskapitals, einer eigenen Betriebsstätte, eines Kundenstammes, eigener Mitarbeiter, unternehmerischer Entscheidungsbefugnisse, der Marktorientierung, Gewinnerzielung und Haftung) ist unerheblich (BAG 25.05.2005 EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 6), weil sich Arbeitnehmer und Selbständige nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit unterscheiden;
55
- Art der Vergütung (BAG 30.10.1991, 16.07.1997 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 44, 61);
56
- Einheitliche Behandlung von Arbeitnehmern, die mit gleichartigen Aufgaben betraut sind;
57
- Berichterstattungspflichten (Verhaltens- und Ordnungsregeln; Überwachung; BAG 19.11.1997 a. a. O.);
58
- soziale Schutzbedürftigkeit;
59
- Fremdnützigkeit der Arbeitsleistung, d. h. Arbeitnehmer z. B. von Rundfunk und Fernsehen können ihre Arbeitskraft nicht wie ein Unternehmer nach selbstgesetzten Zielen unter eigener Verantwortung und mit eigenem Risiko am Markt verwerten. Sie sind vielmehr darauf angewiesen, ihre Arbeitsleistung fremdnützig dem Arbeitgeber zur Verwertung in der Rundfunkanstalt nach dem Programmplan zu überlassen (BAG 15.03.1978, 23.04.1980 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 16, 17, 21).
60

Entscheidend für die Abgrenzung ist die praktische Durchführung des Rechtsverhältnisses (BAG 08.06.1967 AP § 611 BGB Abhängigkeit Nr. 6; LAG Schleswig-Holstein 19.09.2005, 08.04.2005, NZA-RR 2005, 656), wenn die Parteien ein Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern z. B. als freies Dienstverhältnis bezeichnen, der Beschäftigte jedoch tatsächlich weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet (BAG 25.01.2007, EzA § 233 ZPO 2002 Nr. 6).

61

Der Status eines Beschäftigten richtet sich also danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Wird der Vertrag abweichend von der ausdrücklichen Vereinbarung vollzogen, so ist i.d.R. die tatsächliche Durchführung maßgebend (BAG 03.04.1990, EzA § 2 HAG Nr: 1; 20.07.1994, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 54; LAG Schleswig-Holstein 19.09.2005 - 2 Ta 189/05 - EzA-SD 22/2005, S. 9 LS; LAG Hamm 07.02.2011, LAGE § 5 ArbGG 1979 Nr. 15; a.A. LAG Köln 21.11.1997, NZA-RR 1998, 394). Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Wille der Vertragsschließenden unbeachtlich ist. Haben die Vertragsparteien deshalb ihr Rechtsverhältnis, das die Erbringung von Diensten gegen Entgelt zum Inhalt hat, ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet, so genügt es grundsätzlich, wenn der Vertragsinhalt die für einen Arbeitsvertrag typischen Regelungen enthält. Es müssen keine Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass ein für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliches Maß an persönlicher Abhängigkeit gegeben ist (LAG Nürnberg 12.01.2004, NZA-RR 2004, 400). Denn die Parteien können auch unabhängig von der tatsächlichen Vertragsdurchführung ein Arbeitsverhältnis vereinbaren (BAG 09.03.2005, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3). Unbeachtlich ist lediglich, auf Grund fehlender Dispositionsmöglichkeiten über die Rechtsfolgen, eine sog. Falschbezeichnung. Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Vertragsbezeichnung dem Vertragsinhalt oder der tatsächlichen Handhabung widerspricht, d. h. z. B. der Handhabung ein anderer Wille entnommen werden muss als er in der Vertragsbezeichnung seinen Niederschlag gefunden hat (Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, Rz. 23, s.u. Rn. 79 f.).

62

Kommt nach den objektiven Gegebenheiten für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl ein Arbeitsverhältnis als auch ein Rechtsverhältnis als freier Mitarbeiter (freier Dienstvertrag) oder die Beschäftigung im Rahmen eines Werkvertrages in Betracht, so entscheidet der im Geschäftsinhalt zum Ausdruck gekommene Wille der Vertragsparteien darüber, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein Dienstvertragsverhältnis als freier Mitarbeiter besteht. Folglich ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BAG 09.06.2010, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18. s. a. BAG 14.09.2011, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 19; Dienstverhältnis durch Verwaltungsakt).

63

Haben die Parteien ein Rechtsverhältnis ausdrücklich als "Arbeitsverhältnis" vereinbart, so ist es dann in aller Regel auch als solches einzuordnen; ob dies auch dann gilt, wenn die Dienstleistung nicht im Rahmen einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbracht wird, hat das BAG (21.04.2005, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 8, s. a. LAG Nürnberg 21.12.2011 - 4 Ta 180/11 - EzA-SD 4/2012 S. 9 Ls) allerdings offen gelassen. Denn es ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Parteien auch unabhängig von der tatsächlichen Vertragsdurchführung ein Arbeitsverhältnis vereinbaren können (BAG 09.03.2005, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3). Nicht entscheidend ist die gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung des Vertrages, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht (BAG 13.01.1983 EzA § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 26; zur Bedeutung von Statusvereinbarungen vgl. Stoffels NZA 2000, 690 ff.). Maßgeblich ist, ob das, was die Parteien vertraglich vereinbart haben, auch tatsächlich durchgeführt wurde. Bestehen zwischen Vertrag und Durchführung keine Differenzen, ist der aus dem Vertrag ermittelte Wille der Parteien maßgeblich. Bestehen Differenzen, ist der Wille primär anhand der tatsächlichen Vertragsdurchführung zu ermitteln. Ist dies nicht möglich, ist wieder auf den Willen abzustellen, der der Vertragsurkunde zu entnehmen ist. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. So ist es z.B. nicht möglich, in den Vertrag weitgehende Pflichten und Kontrollrechte aufzunehmen und später zu argumentieren, diese seien tatsächlich nicht ausgeübt worden. Denn Kontrollrechte sind Rechte, die auch dann bestehen, wenn sie tatsächlich längere Zeit nicht ausgeübt werden; dies genügt (vgl. BAG 12.09.1996, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 58; Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, Rz. 24 ff.).

64

Nach Maßgabe dieser Kriterien ist das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten als Arbeitsverhältnis anzusehen.

65

Das Arbeitsgericht hat seine gegenteilige Auffassung wie folgt begründet.

66

"Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht dargelegt, woraus sich in dem durch die Parteien praktizierten Rechtsverhältnis eine Weisungsgebundenheit und/oder eine derartige Eingliederung in den Betrieb der Beklagten ergibt, die die Feststellung einer fremdbestimmten Tätigkeit zuließe. Kriterien für die Annahme einer ein Arbeitsverhältnis charakterisierenden Weisungsgebundenheit bzw. Eingliederung in den Betrieb sind beispielsweise das Maß an örtlicher, fachlicher und zeitlicher Weisungsgebundenheit, die Erstellung von Dienstplänen durch den Auftraggeber ohne vorherige Absprache, die Verpflichtung, angebotene Aufträge anzunehmen sowie die Möglichkeit, weitere Auftraggeber zu bedienen.

67

Dass die Klägerin wirtschaftlich von der Beklagten als ihrem einzigen Auftraggeber abhing, spricht noch nicht für eine Arbeitnehmereigenschaft. Auch die Klägerin hat nur vorgetragen, dass sie zeitweise bis zu 35 Stunden pro Woche für die Beklagte tätig wurde. Abgesehen davon, dass ihr somit im Rahmen einer Vollzeittätigkeit noch Zeit verblieb, um andere Aufträge anzunehmen, sagt dies insbesondere nichts über die Möglichkeit der Klägerin aus, in geringerem Umfang für die Beklagte und in größerem Umfang für einen anderen Auftraggeber tätig zu werden. Entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von Arbeits- und sonstigen Dienst- oder Werkverträgen ist die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, weitere Auftraggeber zu bedienen.

68

Die von der Klägerin weiter geltend gemachte fremdbestimmte Organisation hinsichtlich des Ablaufes und der örtlichen Gebundenheit bei der Erbringung ihrer Leistung ist ebenfalls nicht geeignet, auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zu schließen. Dass die Klägerin ihr Werk bzw. ihre Dienstleistung in den Räumen der Beklagten erbringen musste und zeitlich an die Abgabetermine zum rechtzeitigen Druck der Zeitung gebunden war, beruht nicht auf einer spezifischen Betriebsorganisation der Beklagten, sondern darauf, dass die Produktion einer Tageszeitung diese Rahmenbedingungen erfordert. Solche durch das zu erstellende Werk vorgegebenen Bedingungen eigenen sich gerade nicht als Beleg für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, weil es insbesondere für Werkverträge geradezu typisch ist, dass das Werk termingebunden erstellt werden muss und aufgrund der besonderen Produktionsumstände unter Umständen nur an einem bestimmten Ort erbracht werden kann.

69

Dass die Klägerin darüber hinaus in die betriebliche Organisation der Beklagten eingebunden war, hat sie selbst nicht vorgetragen. Der Klägerin wurde insbesondere kein Arbeitsplatz mit eigener Telefonnummer und Email-Adresse sowie einem eigenen Schreibtisch eingerichtet. Auch die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Beklagte die Dienstpläne erstellte, sondern vielmehr eine weitere Korrekturleserin und Kollegin der Klägerin, Frau Dr. D. Dass die Beklagte die Erstellung eines Dienstplanes an Frau Dr. D. delegierte, hat die Klägerin weder nach Zeit, Person noch Ort spezifiziert und damit unschlüssig vorgetragen.

70

Auch eine Weisungsgebundenheit in für ein Arbeitsverhältnis besonders typischen Bereichen wie der Arbeitszeit und der Arbeitsaufgabe hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie hat weder dargetan, dass die Beklagte befugt gewesen wäre, ihr andere als die sich aus den Produktionszwängen ergebenden Arbeitszeiten oder insbesondere auch andere als die vereinbarten Korrekturarbeiten zuzuweisen.

71

Eine Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin ist damit nicht feststellbar."

72

Bei der notwendigen Entscheidung anhand der zahlreichen in Betracht kommenden Einzelmerkmale im konkreten Einzelfall ist zu beachten, dass es kein Einzelmerkmal gibt, das aus der Vielzahl möglicher Merkmale vorliegen muss (BAG 23.04.1980 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 21). Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen. Auch gibt es keine einheitlichen, festen Merkmale, die in allen Fällen die gleichen Bedeutung haben; Weisungen oder Absprachen, die in dem einen Fall noch unschädlich sind, können im nächsten die Arbeitnehmereigenschaft begründen (Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbstständigkeit, Rn. 15).

73

Entscheidend ist vielmehr die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit (BAG 15.03.1978 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 17).Die meisten Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Umgekehrt gibt es Tätigkeiten, die regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann also auch aus Art oder Organisation der Tätigkeit folgen. Bei Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbracht werden können, gilt der Grundsatz, dass bei untergeordneten, einfachen Arbeiten eher eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation anzunehmen ist als bei gehobenen Tätigkeiten. Das entspricht auch der Verkehrsanschauung. Bei einfachen Tätigkeiten, insbes. manchen mechanischen Handarbeiten, bestehen von vornherein nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten. Daher können schon wenige organisatorische Weisungen den Beschäftigten in der Ausübung der Arbeit so festlegen, dass von einer im Wesentlichen freien Gestaltung der Tätigkeit nicht mehr die Rede sein kann. In derartigen Fällen kann die Arbeitnehmereigenschaft auch nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Dienstgeber die wenigen erforderlichen Weisungen bereits in den Vertrag aufnimmt (BAG 16.07.1997 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 61).

74

Bei der Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von freier Mitarbeit sind somit die das jeweilige Rechtsverhältnis prägenden charakteristischen Merkmalen gegeneinander abzuwägen, wie sie sich aus dem Inhalt des Beschäftigungsvertrages (vgl. instr. LAG Nds. 28.01.2000 NZA-RR 2000, 315) sowie insbes. der praktischen Durchführung und Gestaltung der Vertragsbeziehungen ergeben (BAG 09.05.1984 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 30; s. ArbG Bln. 24.11.2011 - 1 Ca 12084/11, AuR 2012, 82 LS).

75

Deshalb folgt die Kammer vorliegend der gegenteiligen Auffassung des Arbeitsgerichts nicht.

76

Entscheidend ist insoweit, dass die Klägerin vollständig in die betriebliche Organisation der Beklagten eingliedert und damit vollständig fremdbestimmt beschäftigt war. Sie hatte die bearbeiteten Manuskripte von dem Zeitpunkt an, wo sie für ihre Tätigkeit bereit lagen, zu bearbeiten, sie hatte sich an einem Endtermin zu halten um die Produktion der Zeitung nicht zu gefährden und war aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung der Beklagten auch verpflichtet, die Korrekturarbeiten im Betrieb der Beklagten an einem dort für sie bereit gestellten Arbeitsplatz auszuführen. Dass sie insoweit keine eigene Telefonnummer oder E-Mailadresse erhielt, steht dem nicht entgegen, weil es für die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht erforderlich war. Und genau diese Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation gab der Tätigkeit der Klägerin das Gepräge, zumal man ihr ausdrücklich verwehrt hat, ihre Tätigkeit von zu Hause aus zu erbringen. Worin bei der hier gegebenen Sachverhaltsgestaltung eine irgendwie geartete Entscheidungsfreiheit der Klägerin bestehen soll, erschließt sich nicht. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren darauf hingewiesen hat, dass die örtliche Einbindung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation im Einzelfall ein Indiz für eine persönliche Abhängigkeit darstellen möge, dies aber nur dann gelte, wenn die Leistung zwingend und ausschließlich mit fremden Betriebsmitteln erbracht werden könne, und darunter Fälle zu fassen seien, in denen ein "selbständiger Lkw-Fahrer" seine Arbeitsleistung anbiete, ohne über einen eigenen Lkw zu verfügen oder einen Mitarbeiter zur Leistungserbringung zwingend auf einen ausschließlich im Betrieb des Auftragnehmers vorhandenen Zugang zu spezieller EDV angewiesen sei, folgt daraus nichts anderes. Denn genau diese Voraussetzungen sind vorliegend nach Auffassung der Kammer gegeben, weil zwar grundsätzlich nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien die Tätigkeit der Klägerin auch außerhalb des Betriebes der Beklagten möglich gewesen wäre, sie aber gerade auf ausdrückliches Verlangen der Beklagten gehalten war, ihre Tätigkeit im Betrieb der Beklagten, wie dargelegt, zu verrichten.

77

Folglich ist davon auszugehen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

78

Etwas anderes folgt vorliegend auch nicht aus dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff (Art. 45 AEUV).

79

Das Eingreifkriterium für viele Bestimmungen der arbeitsrechtlichen EU-Richtlinien ist der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff. Dieser ist nicht nach innerstaatlichem Recht, sondern vielmehr nach objektiven Kriterien unionsrechtlich zu definieren, um eine einheitliche Rechtsanwendung innerhalb der EU zu gewährleisten. Der Arbeitnehmerbegriff wird als zentrale Vorschrift des Unionsrechts und zur Gewährleistung einer effektiven Rechtsanwendung weit ausgelegt (EuGH NZA 2010, 213; Oberthür NZA 2011, 254). So verlangt z. B. Art 10 der (Mutterschutz-)RL 92/85/EWG, dass die Mitgliedsaaten ein - in seinen Voraussetzungen und Ausnahmen näher beschriebenes - Kündigungsverbot für "schwangere Arbeitnehmerinnen" vorsehen. Der Begriff der Arbeitnehmerin im Sinne der Richtlinie entspricht insoweit dem allgemeinen unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 Abs. 1 AEUV). Umfasst sind alle weisungsabhängig Beschäftigten, die eine Arbeitsleistung gegen Entgelt für eine bestimmte Zeit erbringen (EuGH 11.11.2010 NZA 2011, 143). Da es sich um einen autonomen europäischen Begriff handelt, spielt es keine Rolle, wie das nationale Recht eines Mitgliedstaats Arbeitnehmer von Selbständigen abgrenzt (EuGH 11.11.2010 NZA 2011, 143; s. Junker NZA 2011, 950 ff.; Oberthür NZA 2011, 254; Dörner/ Luczak/ Wildschütz, a. a. O., Kap. 1 Rz. 100 ff.).

80

Der Unterschied zum nationalen Arbeitnehmerbegriff zeigt sich insbesondere bei der Einordnung von Organmitgliedern, hier vor allem von Fremdgeschäftsführern. Die Eigenschaft einer Mitarbeiterin als Mitglied der Unternehmensleitung - Fremdgeschäftsführerin - einer Kapitalgesellschaft schließt, so der EuGH (11.11.2010 NZA 2011, 134), es nicht per se aus, dass sie in einem für das Arbeitsverhältnis typischen Unterordnungsverhältnis zur Gesellschaft steht. Für die Zwecke der RL 92/85/EWG ist die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft zu bejahen, "wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübt und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhält". Selbst wenn sie über einen Ermessensspielraum bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügt, muss sie gegenüber dem Aufsichtsrat Rechenschaft über ihre Geschäftsführung ablegen und mit diesem zusammenarbeiten, also einem Organ, das von ihr jedenfalls nicht kontrolliert wird und das jederzeit gegen ihren Willen entscheiden kann (EuGH 11.11.2010 NZA 2011, 143). Diese Formulierungen sind so weit, dass schwer zu erkennen ist, wie der Sachverhalt beschaffen sein muss, damit eine Geschäftsführerin nicht unter den Arbeitnehmerbegriff fällt; damit kann eine rein gesellschaftsrechtlich begründete Weisungsunterworfenheit den Arbeitnehmerstatus begründen (instr. Junker NZA 2011, 950 ff.; Rebhahn, EuZW 2012, 27).

81

Daraus wird gefolgert, dass der EuGH in allen EU-Vorschriften, in denen es z. B. um die Arbeitnehmereigenschaft von GmbH-Fremdgeschäftsführern geht, die unionsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft bejaht wird. Theoretisch ist es danach möglich, für EU-induziertes Recht und für rein deutsches Recht zu unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen (s. Oberthür NZA 2011, 254). Auf die Dauer wird sich jedoch die Rechtsprechung des EuGH insgesamt auch für das deutsche Recht durchsetzen (so Wank EWiR Art. 10 Richtlinie 92/85/EWG 1/2011 S. 27 f.; s. a. Rebhahn EuZW 2012, 27 ff.; Fischer NJW 2011, 2329 ff.).

82

Selbst wenn die Entscheidung des EuGH (11.11.2010 a. a. O.) keine unmittelbaren Auswirkungen auf den innerstaatlichen Arbeitnehmerbegriff hat, liegt es jedenfalls nahe, davon auszugehen, der Fremdgeschäftsführer einer GmbH sei in richtlinienkonformer Auslegung als Arbeitnehmer i. S. v. § 6 Abs. 1 AGG zu behandeln (Meyer/Wilsing DB 2011, 341 ff.; ErfK/Schlachter § 6 AGG, Rz. 5). Das muss aber dann konsequenterweise auch für Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer gelten, die keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können, so dass sich die vollständige Anwendung des AGG auf Fremd- und Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar aus § 6 Abs. 1 i.V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG ergibt (Stegat NZA-RR 2011, 617 ff.; s. a. Fischer NJW 2011, 2329 ff.).

83

Unabhängig davon, wie sich diese Diskussionslinie um den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff auf das nationale Arbeitsrecht auswirken wird, folgen daraus allenfalls Anhaltspunkte dafür, dass auch Organe juristischer Personen, eher als bisher angenommen, Arbeitnehmer im Sinne arbeitsrechtlicher Vorschriften sein können. Dies ist für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit aber nicht maßgeblich.

84

Gründe dafür, die oben ausführlich dargestellten und angewendeten Einzelkriterien insoweit wegen des im Hinblick auf das europaweite Grundrecht der Freizügigkeit entwickelten unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff abweichend zu interpretieren, sind nicht ersichtlich.

85

Dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff lassen sich also keine Anhaltspunkte dafür nehmen, dass abweichend von der Bewertung nach dem nationalen Arbeitnehmerbegriff die Tätigkeit der Klägerin nicht als die eines Arbeitnehmers zu qualifizieren wäre.

86

Dieses Arbeitsverhältnis ist nicht durch die Erklärung der Beklagten vom 08.10.2013 zum 14.10.2013 aufgelöst worden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass eine Kündigungserklärung, die den gesetzlichen Voraussetzungen des § 623 BGB genügt, nicht gegeben ist.

87

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt daraus aber keineswegs die Begründetheit der Zahlungsklage. Hinsichtlich der Rechtsfolgen der Divergenz von Rechtsform und praktischer Vertragsdurchführung gelten folgende Grundsätze:

88

Die tariflichen Honorarsätze für freie Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, z. B. an öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, liegen regelmäßig erheblich höher als die entsprechenden Tarifgehälter für Angestellte. Aus der bloßen Zahlung der Honorare für freie Mitarbeit ist aber nicht zu schließen, dass diese Honorarvergütung auch für den Fall vereinbart wird, dass der Mitarbeiter eine rechtskräftige gericht-liche Feststellung erreicht, der zufolge er nicht freier Mitarbeiter, sondern Arbeitnehmer ist (BAG 21.11.2001 EzA § 612 BGB Nr. 23). Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, ist für dessen gesamte Dauer die Höhe der Vergütung nicht bestimmt. Liegt eine anwendbare tarifliche Vergütungsregelung nicht vor, wird die übliche Vergütung geschuldet (BAG 21.11.2001 EzA § 612 BGB Nr. 23). Außerhalb des öffent-lichen Dienstes wird sich demgegenüber abweichend von diesen Grundsätzen die vereinbarte Vergütung vielfach unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als für die Vergangenheit und sogar für die Zukunft maßgeblich erweisen (BAG 21.11.2001 EzA § 612 BGB Nr. 23).

89

Steht dem Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt folglich in Anwendung dieser Grundsätze mangels einer besonderen Vereinbarung die übliche Vergütung (§ 612 BGB) zu, hängt deren Höhe vielmehr davon ab, ob die Tätigkeit in freier Mitarbeit oder im Arbeitsverhältnis geleistet wird (BAG 21.01.1998 EzA § 612 BGB Nr. 21; LAG Köln 10.10.1996 LAGE § 611 BGB Nr. 7; a.A. LAG Bln. 08.06.1993 NZA 1994, 512; s.a. Hochrathner NZA 2000, 1083 ff.). Lässt sich aus Tarifrecht, Eingruppierungsrichtlinien oder sonstigen Umständen (z.B. bei Volkshochschuldozenten) eine übliche Vergütung nicht bestimmen, kommt ein Anspruch auf angemessene Vergütung nach den §§ 316, 315 BGB in Betracht (BAG 21.11.2001 EzA § 612 BGB Nr. 23). Handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis, können dem Arbeitnehmer für die Vergangenheit Ansprüche auf Arbeitsentgelt, Verzugslohn, Entgeltfortzahlung usw. zustehen, berechnet auf der Basis der für Arbeitnehmer üblichen Vergütung (Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbstständigkeit, Rn. 301 ff.; Niepalla/Dütemeyer NZA 2002, 712 ff.).

90

Die Veränderung des rechtlichen Status eines Mitarbeiters vom Selbständigen zum Arbeitnehmer führt allerdings nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit einer bestehenden Vergütungsvereinbarung. Dies gilt vielmehr regelmäßig nur dann, wenn der Arbeitgeber - wie insbes. im öffentlichen Dienst - Selbständige und freie Mitarbeiter in unterschiedlicher Form (Stundenpauschale bzw. Tarifgehalt) vergütet; die für ein Dienstverhältnis getroffene Vergütungsabrede ist nicht allein deshalb unwirksam oder aus anderen Gründen unbeachtlich, weil das Rechtsverhältnis in Wahrheit ein Arbeitsverhältnis ist (BAG 12.12.2001 EzA § 612 BGB Nr. 24).

91

Insgesamt gelten insoweit zusammengefasst folgende Grundsätze (BAG 12.01.2005 EzA § 612 BGB 2002 Nr. 2; s.a. Willemsen/Grau NZA 2005, 1137:

92
Legen die Parteien ihre Vergütungsvereinbarung eine unrichtige rechtliche Beurteilung darüber zugrunde, ob die Dienste abhängig oder selbständig erbracht werden, bedarf es einer (ergänzenden) Auslegung. Die Vergütung kann unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrages gewollt oder gerade an diese geknüpft sein;
93
Bestehen - etwa im öffentlichen Dienst - unterschiedliche Vergütungsordnungen für Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter, so ist zwar regelmäßig anzunehmen, dass die Parteien die Vergütung der ihrer Auffassung nach zutreffenden Vergütungsordnung entnehmen wollten. Es fehlt dann an einer Vergütungsvereinbarung für das in Wahrheit vorliegende Rechtsverhältnis; die Vergütung richtet sich nach § 612 Abs. 2 BGB;
94
Dagegen ist aber andererseits anzunehmen, dass die jeweilige Parteivereinbarung gem. § 611 Abs. 1 BGB dann maßgebend bleiben soll, wenn der Arbeitgeber Tagespauschalen nur der Höhe nach abhängig von der recht-lichen Behandlung als Selbständiger oder Arbeitnehmer zahlt. Finden im Betrieb keine Tarifverträge Anwendung und trifft der Arbeitgeber individuelle Vereinbarungen, spricht dies dafür, dass eine Pauschalvergütung gerade auf die konkrete Arbeitsleistung des Verpflichteten abstellt und im Hinblick auf den angenommenen Status nur (teilweise) die Ersparnis der Arbeitgeberanteile berücksichtigt.
95

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt in Anwendung dieser Grundsätze keineswegs, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung von 10,00 EUR als Netto-arbeitsvergütung zu verstehen wäre.

96

Im Fall einer Bruttovereinbarung ist der Arbeitgeber berechtigt, von dem vereinbarten Lohn die Arbeitnehmer-Anteile zur Sozialversicherung, die Lohnsteuer und ggf. auch die Kirchensteuer abzuziehen (BAG 24.06.2003 EzA § 125 BGB 2002 Nr. 2; 29.09.2004 EZA § 42 d EStG Nr. 2). Der Arbeitnehmer hat nur Anspruch auf Auszahlung eines im Vertrag i.d.R. nicht ausgewiesenen Nettolohns. Ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, im Falle einer steuerpflichtigen geringfügigen Beschäftigung das Einkommen des Arbeitnehmers pauschal zu versteuern und die Steuern selbst zu tragen, richtet sich ebenfalls allein nach dem Arbeitsvertrag (BAG 24.06.2003 EzA § 125 BGB 2002 Nr. 2).

97

Im Falle einer Nettolohnvereinbarung hat der Arbeitgeber für das gesamte Entgelt oder einzelne Leistungen zuzüglich zu dem vereinbarten Lohn die Lohnsteuer, ggf. die Kirchensteuer und auch die Arbeitnehmer-Anteile zur Sozialversicherung (im Innenverhältnis) zu tragen. Soweit in arbeitsrechtlichen Regelungen der Begriff netto gebraucht wird, ist damit regelmäßig lediglich auf die Abzüge von Entgeltzahlungen Bezug genommen; nach den Umständen des Einzelfalls kann aber auch eine andere Auslegung geboten sein (BAG 18.05.2010 EzA § 310 BGB 2002, Nr. 9).

98

In diesem Fall weist der Vertrag i.d.R. nur den Auszahlungsbetrag, nicht aber den tatsächlichen Lohnanspruch aus.

99

Eine Vergütungsvereinbarung stellt im Zweifel eine Bruttovereinbarung dar (BAG 18.01.1974 AP Nr. 19 zu § 670 BGB; 29.09.2004 EzA § 42d EStG Nr. 2); dies gilt auch bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gem. § 8 Abs. 4 SGB IV (LAG Brem. 28.08.2008 - 3 Sa 69/08 - EzA-SD 24/2008 S. 11 LS). Die Höhe der im Arbeitsverhältnis geschuldeten Bruttovergütung kann im Übrigen regelmäßig durch Feststellungsklage geklärt werden (BAG 28.09.2005 EzA § 611 BGB 2002 Krankenhausarzt Nr. 3).

100

Fraglich ist, ob dies auch für Verträge über Schwarzarbeit gilt (dafür BSG 22.09.1988 BB 1989, 1762; dagegen BGH 24.09.1986 St. 34, 166).

101

Für die Annahme einer Nettolohnvereinbarung ist - insbes. wegen der nachteiligen Auswirkungen für den Arbeitgeber - eine eindeutige Vereinbarung erforderlich (BAG 19.12.1963 AP Nt. 15 zu § 670 BGB s.a. LAG SchlH 16.01.2008 - 3 Sa 433/07, EzA-SD 7/2008 S. 9 zur Steuerpflichtigkeit einer Teilleistung aufgrund nachträglicher Gesetzesänderung).

102

Sofern derartige Vertragsgestaltungen in manchen Bereichen typisch sind, z. B. bei Verträgen mit Hauspersonal oder bei bestimmten Aushilfstätigkeiten, können sich derartige Erfahrungssätze auch zugunsten der Annahme einer Nettolohnvereinbarung auswirken (BAG 03.04.1974 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metall).

103

Den im Übrigen regelmäßig gegebenen Beweis des ersten Anscheins zugunsten einer Bruttolohnvereinbarung kann der Arbeitnehmer meist nur widerlegen, wenn die Lohnvereinbarung einen dahingehenden Willen des Arbeitgebers klar erkennen lässt, sodass der Arbeitnehmer dem Nachweis, der Arbeitgeber habe die Steuerschuld zuzüglich zu dem vereinbarten Lohn übernehmen wollen, durch Urkundenbeweis führen kann (§§ 415, 418 ZPO; BAG 18.01.1974 AP Nr. 19 zu § 670 BGB). Die bloße Vereinbarung Vergütung soll steuerfreigezahlt werden genügt diesen Anforderungen nicht, denn sie kann auch die Auffassung der Parteien zum Ausdruck bringen, dass das Entgelt nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegt. Gleiches gilt für den Zusatz brutto für netto (BAG 18.01.1974 AP Nr. 19 zu § 670 BGB; LAG Nds. 10.12.1984 DB 1985, 658) sowie die Übernahme der Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der Pauschalierung bei so. geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Auch dann verbleibt es bei dem Grundsatz, dass die Lohnsteuer im Zweifel von dem Arbeitnehmer selbst zu entrichten ist (LAG Köln 09.101997 NZA-RR 1998, 244).

104

Auch bei einer Nettolohnvereinbarung bleibt allerdings Schuldner der Lohnsteuer der Arbeitnehmer.

105

Nimmt der Arbeitgeber dagegen wiederholt und ausschließlich eine Barauszahlung der vereinbarten Vergütung ohne Abzüge und ohne Erstellung einer Abrechnung vor, spricht das nach Auffassung des LAG Köln (01.08.1997 NZA-RR 1998,393) vermutungsweise für eine Nettolohnvereinbarung.

106

Zur schlüssigen Begründung einer Nettolohnklage hat der Kläger jedenfalls die für den Tag des Zuflusses des Arbeitsentgelts geltenden Besteuerungsmerkmale im Einzelnen darzulegen (BAG 26.02.2003 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 163).

107

Eine Entgeltforderung ist im Übrigen nicht schlüssig dargelegt, wenn in einer Entgeltaufstellung unzulässiger Weise Brutto- und Nettoforderungen miteinander verrechnet und aufgerechnet werden (LAG Köln 18.02.2008 - 14 Sa 1029/07, EzA-SD 11/2008 S. 6 LS; s.a. BAG 15.03.2005 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 2).

108

Das LAG München (27.02.2009 LAGE § 611 BGB 2002 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 1; ebenso LSG Mainz 29.07.2009 - L 6 R 105/09, DB 2001, 2443) hat angenommen, dass dann, wenn die Parteien eine Schwarzgeldabrede treffen, wonach das Arbeitsverhältnis als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit 400 € geführt wird, tatsächlich aber mindestens 1.300 € an den Arbeitnehmer ausbezahlt werden, gem. § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV die Vereinbarung eines Nettoarbeitsentgelts fingiert wird. Der Arbeitnehmer hat also dann Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber auf das an den Arbeitnehmer bezahlte Entgelt die Lohnsteuer und die gesamtem Sozialversicherungsbeiträge übernimmt. Dem ist das BAG (17.03.2010 EzA § 611 BGB 2002 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 5) jedoch nicht gefolgt. Denn mit einer Schwarzgeldabrede bezwecken die Arbeitsvertragsparteien, Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen, nicht aber deren Übernahme durch den Arbeitgeber. Die Fiktion des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV betrifft nur das Sozialversicherungsrecht; sie dient ausschließlich der nachzufordernden Gesamtsozialversicherungsbeiträge und hat keine arbeitsrechtliche Wirkung, begründet also insbes. keine Nettolohnabrede (BAG 21.09.2011 EzA § 612 BGB 2002 Nr. 11 = NZA 2012, 145).

109

Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehen vorliegend keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Nettovereinbarung zwischen den Parteien dahin vor, dass die Beklagte verpflichtet wäre, die gesamten Lohnnebenkosten für das ausgezahlte Stundenentgelt zu tragen.

110

Auch eine Orientierung der geschuldeten Vergütung abweichend von der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien an tariflichen Regelungen kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Beklagte hat insoweit - unbestritten - vortragen, dass zwar eine Eingruppierung hinsichtlich der Tätigkeit mit Korrekturarbeiten tariflich vorgesehen ist, dies setzt aber das rechnergestützte Arbeiten voraus, eine Art der Tätigkeit, in der die Klägerin aber nicht beschäftigt war. Im Übrigen lassen sich dem Vorbringen der Klägerin keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sie die persönlichen und inhaltlichen Voraussetzungen tariflicher Eingruppierungsmerkmale auch nur annähernd erfüllen würde. Auch besteht insoweit ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen dem Klageantrag und der Höhe einer tariflichen Vergütung nicht.

111

Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, das nicht durch die Beklagte gekündigt worden ist und im Übrigen die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

112

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO.

113

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des §§ 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.

(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.

(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.

Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.